Gericht

Verwaltungsgericht München

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

Aktenzeichen: M 23 K 14.377

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 29. April 2015

23. Kammer

Sachgebiets-Nr. 600

Hauptpunkte:

Italienischer Staatsangehöriger;

(kein) Verlust des Daueraufenthaltsrechts;

Förmliches Verfahren für Verlustfeststellung

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

... - Kläger -

bevollmächtigt: Rechtsanwalt ...

gegen

Landeshauptstadt München KVR HA II, Ausländerangelegenheiten vertreten durch den Oberbürgermeister Ruppertstr. 19, 80337 München

- Beklagte -

wegen Verlustfeststellung

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 23. Kammer,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., den ehrenamtlichen Richter ..., die ehrenamtliche Richterin ... ohne weitere mündliche Verhandlung am 29. April 2015 folgendes Urteil:

I.

Der Bescheid der Beklagten vom ... Januar 2014 wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die von der Beklagten getroffene Feststellung des Verlusts der Freizügigkeit.

Der im Jahr 1966 geborene Kläger ist italienischer Staatsangehöriger. Er reiste im Dezember 1987 erstmals in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er eine deutsche Staatsangehörige heiratete und (nach einem in den Akten vermerkten Wiederzuzug) jedenfalls seit Ende 1999 lebte.

Am 14. März 1995 erhielt der Kläger erstmals eine befristete Aufenthaltserlaubnis-EU/EWR (nach alter Rechtslage des bis zum 31.12.2004 geltenden Gesetzes über Einreise und Aufenthalt von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft - AufenthG/EWG), die in der Folge lückenlos bis zum 6. August 2001 verlängert wurde. Von 7. August 2001 bis 27. Januar 2002 lag kein Aufenthaltstitel vor. Im anschließenden Zeitraum vom 28. Januar bis 5. August 2002 war der Kläger - mit Ausnahme einer sechstägigen Unterbrechung - im Besitz einer Fiktionsbescheinigung. Am 27. Mai 2002 erhielt der Kläger erneut eine befristete Aufenthaltserlaubnis-EU/EWR, gültig bis zum 26. Mai 2004. In der Folge erhielt der Kläger am 11. Juni 2004 eine weitere befristete Aufenthaltserlaubnis-EU/EWR, gültig bis zum 10. Juni 2009.

Zwischen Oktober 2006 und September 2011 hielt sich der Kläger mehrfach abwechselnd in Italien und der Bundesrepublik Deutschland auf. Nachdem der Kläger an Krebs erkrankt war, verließ er im Oktober 2006 zusammen mit seiner Ehefrau die Bundesrepublik Deutschland, um sich in Italien ärztlich behandeln zu lassen. Im Frühjahr 2007 kehrte die Ehefrau des Klägers in die Bundesrepublik Deutschland zurück, während der Kläger - abgesehen von vereinzelten Besuchen in der Bundesrepublik - bis zum Jahr 2011 zum Zwecke der weiteren ärztlichen Behandlung und Pflege in Italien blieb. Im September 2011 kehrte der Kläger in die Bundesrepublik Deutschland zurück und lebt seither hier.

Im Zeitraum von Oktober 2011 bis Januar 2012 war der Kläger in verschiedenen Restaurants in ... als Kellner beschäftigt. Im Februar 2012 erkrankte der Kläger erneut und unterzog sich fortan mehreren Operationen und ärztlichen Behandlungen. Seither geht der Kläger keiner Erwerbstätigkeit mehr nach; seit Oktober 2011 empfängt er monatlich Sozialleistungen.

Im Jahr 2012 ließ sich der Kläger von seiner Ehefrau scheiden.

Mit Schreiben vom 22. Oktober 2013 hörte die Beklagte den Kläger zu der beabsichtigten Feststellung des Verlusts des Rechts auf Freizügigkeit an. Der Kläger erwiderte mit schriftlicher Stellungnahme vom 4. November 2013 und sprach am 5. November 2013 persönlich bei der Beklagten vor. Hierbei legte der Kläger unter anderem ein ärztliches Attest vom ... September 2013 vor, wonach er sich seit Mitte Oktober 2012 einer intensiven medizinischen Therapie unterzogen habe und somit keiner Erwerbstätigkeit nachgehen könne.

Mit Schreiben vom 27. November 2013 bestellte sich der Bevollmächtigte des Klägers gegenüber der Beklagten.

Mit Bescheid vom ... Januar 2014 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger das Recht auf Einreise und Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland verloren habe (Ziff. 1 des Bescheids) und gab dem Kläger auf, das Bundesgebiet innerhalb von einem Monat ab Unanfechtbarkeit des Bescheids zu verlassen; für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung nach Italien oder in einen anderen Staat, in den der Kläger einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei, angedroht (Ziff. 2 des Bescheids).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass nach Aktenlage davon auszugehen sei, dass der Kläger seit längerer Zeit, mindestens seit März 2012, seinen Lebensunterhalt ausschließlich über Sozialleistungen finanziere. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FreizügG/EU träfen auf den Kläger nicht zu, da er seit längerer Zeit weder eine selbstständige noch eine unselbstständige Erwerbstätigkeit ausübe und aufgrund seiner gesundheitlichen Situation auch für unabsehbare Zeit keine Änderung dieses Zustands zu erwarten sei. Es handle sich vorliegend nicht um einen Fall vorübergehender Erwerbsminderung infolge Krankheit nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FreizügG/EU. Auch § 2 Abs. 2 Nr. 4 FreizügG/EU sei nicht einschlägig; der Kläger könne nicht als Dienstleistungsempfänger angesehen werden. Es sei auch kein Anspruch aus § 3 FreizügG/EU als Familienangehöriger eines nach § 2 Abs. 2 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers gegeben. Damit bleibe ausschließlich ein Recht auf Freizügigkeit nach § 4 Satz 1 FreizügG/EU, sofern der Kläger für einen Aufenthalt im Bundesgebiet über ausreichende Existenzmittel verfüge und einen ausreichenden Krankenversicherungsschutz aufweisen könne, was beim Kläger jedoch nicht der Fall sei. Es sei auch für die Zukunft ungewiss, wann der Kläger dem deutschen Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung stehe. Aufgrund des mehrjährigen Auslandsaufenthalts des Klägers bis September 2011 könnten die vorher von ihm im Bundesgebiet zurückgelegten Aufenthaltszeiten keine Berücksichtigung mehr finden, da ein Auslandsaufenthalt von mehr als zwei aufeinanderfolgenden Jahren selbst zum Verlust des Daueraufenthaltsrechts-EU führe, § 4a Abs. 7 FreizügG/EU. Daher könne der Kläger auch aus seiner früheren Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen kein Aufenthaltsrecht ableiten. Die Beklagte sei somit befugt, den Verlust der Freizügigkeit gemäß § 5 Abs. 4 FreizügG/EU festzustellen. Es sei nach pflichtgemäßem Ermessen und unter Beachtung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes zu prüfen gewesen, ob die Feststellung des Rechtsverlusts geboten sei. Dies sei im Fall des Klägers gegeben, was im Einzelnen näher ausgeführt wurde.

Mit Schriftsatz des Bevollmächtigten des Klägers vom 28. Januar 2014, eingegangen bei Gericht am 30. Januar 2014, erhob dieser Anfechtungsklage zum Verwaltungsgericht München und beantragte,

den Bescheid der Beklagten vom ... Januar 2014 aufzuheben.

Zur Begründung wurde insbesondere auf die Krankheitsgeschichte des Klägers verwiesen. Diese Gründe, die derzeit der Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit entgegenstünden, seien vorübergehender Natur.

Mit Schriftsatz vom 11. Februar 2014 nahm die Beklagte zur Klage Stellung und beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen auf den streitgegenständlichen Bescheid verwiesen. Ergänzend führte die Beklagte aus, durch den mehrjährigen Auslandsaufenthalt des Klägers bis zum Jahr 2011 sei das früher erworbene Daueraufenthaltsrecht erloschen. Auch wenn der Aufenthaltszweck des Klägers in der Krankenbehandlung liege und damit der Aufenthaltszweck des Dienstleistungsempfängers erfüllt sein könne, scheitere die Freizügigkeit daran, dass der Kläger nicht in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt einschließlich des erforderlichen Krankenversicherungsschutzes eigenständig zu bestreiten.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2015 erklärten sich die Parteien mit einer Entscheidung des Gerichts im schriftlichen Verfahren einverstanden.

Mit Schriftsatz vom 31. März 2015 nahm der Bevollmächtigte des Klägers Stellung und schilderte, wie sich die Krankengeschichte des Klägers und seine Aufenthalte in Italien und Deutschland chronologisch zwischen September 2006 und September 2011 gestalteten.

Mit Schriftsatz vom 27. April 2015 nahm die Beklagte hierzu Stellung und führte insbesondere aus, dass der Bestand des Lebensmittelpunkts des Klägers in Deutschland während seines Auslandsaufenthalts von 2006 bis 2011 bezweifelt werde. Zudem verwies die Beklagte darauf, dass der Kläger nie im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis/EU bzw. einer Bescheinigung über ein Daueraufenthaltsrecht gemäß § 5 FreizügG/EU gewesen sei. Die Beklagte bezweifle, ob der Kläger jemals die Voraussetzungen für ein Daueraufenthaltsrecht besessen habe. Hierfür müsse sich der Kläger über fünf Jahre im Bundesgebiet aufgehalten und zugleich die Voraussetzungen der Freizügigkeit durchgehend erfüllt haben. Dies sei beim Kläger offensichtlich nicht der Fall; zumindest habe er hierüber keine Nachweise vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die vorgelegte Behördenakte sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage, über die im Einverständnis der Parteien ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist zulässig und begründet. Der Bescheid der Beklagten vom ... Januar 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Maßgeblicher Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage für die Beurteilung der vorliegenden Verlustfeststellung ist nach den Regelungen des Freizügigkeitsgesetzes/EU (FreizügG/EU) der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (BayVGH, B. v. 29.6.2015 - 10 ZB 15.930; BVerwG, U. v. 3.8.2004 - 1 C 30/02 - jeweils juris).

Die in Ziff. 1 des streitgegenständlichen Bescheids verfügte Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts ist rechtswidrig, da diese nicht den gesetzlichen Vorgaben für ein ordnungsgemäßes Verlustfeststellungsverfahren entspricht. Dem Kläger steht daher in der Folge nach wie vor ein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU zu.

Entgegen der Ansicht der Beklagten geht das Gericht davon aus, dass der Kläger aufgrund seines langjährigen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland nicht lediglich ein die Freizügigkeit begründendes Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU, sondern ein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU erworben hat. Damit richtet sich die vorliegende Verlustfeststellung nach § 5 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 6 i. V. m. § 4a Abs. 7 FreizügG/EU und nicht (wie von der Beklagten zitiert) nach § 5 Abs. 4 Satz 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 FreizügG/EU. Nach der somit maßgeblichen Rechtsgrundlage des § 5 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 6 i. V. m. § 4a Abs. 7 FreizügG/EU kann der Verlust des Daueraufenthaltsrechts festgestellt werden, wenn der ursprünglich Berechtigte innerhalb von fünf Jahren nach Begründung seines ständigen rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet aus einem seiner Natur nach nicht nur vorübergehenden Grund mehr als zwei aufeinander folgende Jahre abwesend ist. Hierbei bedarf es für die Verlustfeststellung eines förmlichen Verfahrens nach Maßgabe der Art. 15 Abs. 1 i. V. m. Art. 30 der Unionsbürgerrichtlinie (Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 - UnionsRL), was im vorliegenden Fall nicht gewahrt wurde.

Durch den zurückliegenden langjährigen Aufenthalt des Klägers in der Bundesrepublik hat dieser ein Daueraufenthaltsrecht gemäß § 4a Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU erworben. Nach dieser Vorschrift haben Unionsbürger, die sich seit fünf Jahren ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben, unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 FreizügG/EU das Recht auf Einreise und Aufenthalt (Daueraufenthaltsrecht). Zur Auslegung des Begriffs des „rechtmäßigen Aufenthalts“ hat der EuGH in seinem Urteil vom 21. Dezember 2011 darauf abgestellt, dass es sich bei dem maßgeblichen Begriff des „rechtmäßigen Aufenthalts“ in Art. 16 Abs. 1 Satz 1 UnionsRL um einen autonomen Begriff des Unionsrechts handelt, der in allen Mitgliedstaaten einheitlich auszulegen ist; rechtmäßig ist hiernach nur ein Aufenthalt, der im Einklang mit den in der UnionsRL vorgesehenen, insbesondere mit den in Art. 7 UnionsRL aufgeführten Voraussetzungen, steht (EuGH, U. v. 21.12.2011 - Ziolkowski, C-424/10 u. a. - juris). Das bedeutet, dass sich der Unionsbürger während des gesamten Zeitraums von fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben und zugleich freizügigkeitsberechtigt gewesen sein muss (vgl. BVerwG, U. v. 31.05.2012 - 10 C 8/12 - juris). Der fünfjährige rechtmäßige Aufenthalt muss überdies zum Zeitpunkt des Erwerbs des Daueraufenthaltsrechts andauern. Es geht hierbei um die Sicherung der Kontinuität des Aufenthalts, so dass es nicht ausreicht, dass sich ein Unionsbürger zu irgendeinem Zeitpunkt fünf Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat; die fünf Jahre rechtmäßigen Aufenthalts müssen ununterbrochen unmittelbar bis zum Erwerb des Daueraufenthaltsrechts erreicht werden (VGH BW, B. v. 14.3.2006 - 13 S 220/06 - juris; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: April 2013, § 4a FreizügG/EU, Rn. 6). Indes braucht der Fünfjahreszeitraum des ununterbrochenen Aufenthalts nicht unmittelbar bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung andauern, sondern kann auch weiter zurück in der Vergangenheit liegen (BVerwG, U. v. 31.5.2012 a. a. O.). Unerheblich ist hierbei, ob es sich um Aufenthaltszeiten handelt, die vor dem Inkrafttreten der Unionsbürgerrichtlinie bzw. vor Ablauf ihrer Umsetzungsfrist am 30. April 2006 liegen; anrechenbar zum Zweck des Erwerbs des Daueraufenthaltsrechts sind auch vor diesem Zeitpunkt zurückgelegte Zeiten, die im Einklang mit den vormals geltenden Rechtsvorschriften der Union standen. Ein anderes Ergebnis stünde im Widerspruch zu den Zielen des Daueraufenthaltsrechts und würde diesem seine praktische Wirksamkeit nehmen (vgl. EuGH, U. v. 7.10.2010 - Lassal, C-126/09 - juris; Hailbronner, Ausländerrecht, 81. Auflage 2013, § 4a FreizügG/EU, Rn. 12).

Unter dieser Maßgabe kann der Kläger, der aufgrund seiner italienischen Staatsangehörigkeit Unionsbürger ist, vorliegend einen ununterbrochenen fünfjährigen Zeitraum eines rechtmäßigen Aufenthalts in der Bundesrepublik vorweisen. In Übereinstimmung mit den Beteiligten legt das Gericht hierbei zugrunde, dass der Kläger im Dezember 1987 erstmals in die Bundesrepublik einreiste und dort - im Anschluss an einen in den Akten vermerkten Wiederzuzug aus dem Ausland - zumindest von Dezember 1999 bis zu seiner Ausreise nach Italien im September 2006 durchgehend lebte. Damit liegt ein lückenloser Aufenthalt in der Bundesrepublik von über sechs Jahren vor. Dieser war auch rechtmäßig im oben genannten unionsrechtlichen Sinn. Anhaltspunkte, die für eine Rechtswidrigkeit des Aufenthalts sprechen könnten, liegen nicht vor. Umgekehrt lässt sich den Akten entnehmen, dass dem Kläger über den gesamten Zeitraum von Dezember 1999 bis September 2006 (und auch bereits zuvor seit März 1995 sowie im Anschluss bis Juni 2009) nahezu lückenlos Aufenthaltstitel nach Unionsrecht (sog. „Aufenthaltserlaubnis-EG“ nach alter Rechtslage des bis zum 31.12.2004 geltenden AufenthG/EWG) durch die Beklagte erteilt wurden. Lediglich dreimal - von 7. August 2001 bis 27. Januar 2002, von 30. April bis 5. Mai 2002 und von 27. Mai bis 10. Juni 2004 - sind vereinzelte Unterbrechungen der durch die Beklagte ausgestellten Aufenthaltstitel festzustellen, die, soweit ersichtlich, auf verspätete Antragstellungen des Klägers zur Verlängerung seiner jeweiligen Aufenthaltstitel sowie auf vorübergehende Wohnsitzwechsel des Klägers innerhalb der Bundesrepublik (in den Landkreis ... und den Stadtverband ...), mit denen die Akten der Beklagten an die jeweils örtlich zuständige Ausländerbehörde abgegeben wurden, zurückzuführen sind. Indes ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts sowie das Freizügigkeitsrecht des Klägers bezweifelt und ihm aus diesem Grund weitere Aufenthaltstitel versagt hätte. Im Gegenteil hat die Beklagte dem Kläger dann am 11. Juni 2004 erneut einen auf fünf Jahre befristeten Aufenthaltstitel (Aufenthaltserlaubnis-EG) zuerkannt. Hieraus ist zu schließen, dass die Beklagte den Aufenthalt des Klägers in der Bundesrepublik langjährig als rechtmäßig ansah. Auch wenn der Erteilung einer (vormaligen) Aufenthaltserlaubnis-EG keine konstitutive, mithin rechtsbegründende Wirkung zukommt, ist ihr dennoch eine feststellende Wirkung insoweit zu entnehmen, als hierdurch gerade nach außen dokumentiert wird, dass der betroffene Ausländer die Rechtsstellung eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürger innehat (vgl. BVerwG, B. v. 23.5.2001 - 1 B 125.00 - juris; Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Auflage 2013, § 4a FreizügG/EU, Rn. 13). Einem Unionsbürger, der eine (vormals) gültige Aufenthaltserlaubnis-EG besitzt, kann damit regelmäßig nicht entgegengehalten werden, er erfülle nicht die Voraussetzungen der Freizügigkeit; die (vormals) erteilte Aufenthaltserlaubnis-EG soll den Unionsbürger in die Lage versetzen, seine unionsrechtliche Rechtsstellung nachzuweisen (BVerwG, B. v. 23.5.2001, a. a. O.). Nach dieser Maßgabe stellten die vorliegend von 1999 bis 2006 wiederholt an den Kläger erteilten Aufenthaltserlaubnisse-EG verbindlich fest, dass er über diesen Zeitraum die Voraussetzungen eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers in seiner Person erfüllte. Eine anderslautende Entscheidung der Beklagten, durch welche diese die Gültigkeit der von ihr vormals erteilten Aufenthaltserlaubnisse-EG abgeändert oder aufgehoben hätte, lässt sich den Akten nicht entnehmen. Damit besteht kein Anlass, die Rechtmäßigkeit des klägerischen Aufenthalts im maßgeblichen Zeitraum von Dezember 1999 bis September 2006 zu bezweifeln.

Gemäß § 4a Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU hat der Kläger somit spätestens mit Ablauf des Jahres 2004, als er bereits über fünf Jahre durchgehend rechtmäßig in der Bundesrepublik war, ein Daueraufenthaltsrecht erworben. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist hierbei unerheblich, dass sie dem Kläger nie ein solches Daueraufenthaltsrecht bzw. eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis-EG (nach altem Recht gemäß § 7a AufenthG/EWG) bescheinigt hat. Sowohl der Bescheinigung eines Daueraufenthaltsrechts nach aktueller Rechtslage, § 4a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 5 Abs. 5 Satz 1 FreizügG/EU, als auch der Bescheinigung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis nach altem Recht kommt nur deklaratorische Bedeutung für die Rechtsstellung zu, als das Freizügigkeitsrecht bereits kraft Unionsrecht entsteht und deshalb seine Entstehung nicht von der Erteilung einer Bescheinigung abhängt (vgl. grundlegend zur Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art. 48 EWGV a. F. EuGH, U. v. 8.4.1976 - Royer, 48/75 - juris; zur aktuellen Rechtslage nach § 5 Abs. 5 Satz 1 FreizügG/EU Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Auflage 2013, § 4a FreizügG/EU, Rn. 7 und § 5 FreizügG/EU, Rn. 40; Huber, Aufenthaltsgesetz, 1. Auflage 2010, § 5 FreizügG/EU, Rn. 3; Kluth/Heusch, Beckscher Online-Kommentar Ausländerrecht, 7. Edition, § 5 FreizügG/EU, Rn. 21; vgl. entsprechend zur Aufenthaltserlaubnis-EG nach alter Rechtslage des § 1 Abs. 4 AufenthG/EWG BVerwG, B. v. 23.5.2001 - 1 B 125.00 - juris).

Das vor seiner Ausreise nach Italien im September 2006 erworbene Daueraufenthaltsrecht aus § 4a Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU hat der Kläger im weiteren Verlauf auch nicht verloren, da es schon an einer ordnungsgemäßen Verlustfeststellung durch die Beklagte nach § 4a Abs. 7 i. V. m. § 5 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 6 FreizügG/EU fehlt.

Selbst im Fall des Vorliegens der Verlustvoraussetzungen des § 4a Abs. 7 FreizügG/EU tritt der Verlust des Daueraufenthaltsrechts nicht automatisch ein; vielmehr bedarf es einer gesonderten ausdrücklichen, von anderen Verlustfeststellungen zu unterscheidenden Feststellung (VG Saarlouis, U. v. 28.10.2010 - 10 K 5/10 - juris m. w. N.). Der Verlust des Daueraufenthaltsrechts muss in einem förmlichen Verfahren festgestellt werden (Hailbronner, Ausländerrecht, 81. Aktualisierung April 2013, § 5 FreizügG/EU, Rn. 39). Dies entspricht auch den grundlegenden Verfahrensvorgaben zur Feststellung des Verlusts eines Freizügigkeitsrechts aus Art. 15 Abs. 1 i. V. m. Art. 30 UnionsRL. Hiernach muss dem Betroffenen die Entscheidung der Verlustfeststellung schriftlich in einer Weise mitgeteilt werden, dass er deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann (Art. 30 Abs. 1 UnionsRL); ebenso sind die Gründe für den Wegfall des Freizügigkeitsrechts, die der Feststellungsentscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen (Art. 30 Abs. 2 UnionsRL).

Eine solche Verlustfeststellung erfolgte zu keinem Zeitpunkt und kann auch nicht in dem streitgegenständliche Bescheid vom ... Januar 2014 gesehen werden, denn die Beklagte geht hierin bereits von der unzutreffenden Annahme aus, dem Kläger stünde kein Daueraufenthaltsrecht aus § 4a Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU zu, dessen Verlust überhaupt festgestellt werden könnte. Dass die Beklagte nach wie vor den Erwerb eines Daueraufenthaltsrechts bezweifelt, verdeutlichen auch ihre ergänzenden Ausführungen im Schriftsatz vom 27. April 2015.

Dementsprechend stützt die Beklagte ihre Verlustfeststellung im streitgegenständlichen Bescheid auf die § 5 Abs. 4 Satz 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 FreizügG/EU. Tatsächlich hätte vielmehr zunächst die Rechtsgrundlage des § 4a Abs. 7 i. V. m. § 5 Abs. 6 FreizügG/EU herangezogen, subsumiert und geprüft werden müssen. Dies ist nicht geschehen. Im Gegenteil verdeutlichen die weiteren Ausführungen der Beklagten in der Bescheidsbegründung, dass es ihr hierbei nicht um die Verlustfeststellung eines Daueraufenthaltsrechts ging, sondern um die Verlustfeststellung eines Freizügigkeitsrechts aus § 2 Abs. 1 FreizügG/EU, welche an andere Voraussetzungen geknüpft ist. Ob der Kläger die Voraussetzungen der Freizügigkeit aus § 2 Abs. 1 und Abs. 2 FreizügG/EU erfüllt oder dies insbesondere angesichts der bezogenen Sozialleistungen nicht der Fall ist, wie seitens der Beklagten im Bescheid maßgeblich erläutert, ist für das vorliegende Daueraufenthaltsrecht unerheblich, vgl. § 4a Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU.

Soweit die Beklagte am Rande der Bescheidsbegründung die für den Verlust des Daueraufenthaltsrechts einschlägige Vorschrift des § 4a Abs. 7 FreizügG/EU erwähnt (vgl. S. 3, 5 und 6 des Bescheids), führt dies zu keinem anderen Ergebnis, da die Erwähnung in einem anderen, hypothetisch gedachten Kontext erfolgte, nicht hingegen der Begründung des Verlusts eines durch den Kläger tatsächlich erworbenen Daueraufenthaltsrechts diente. Die notwendige gesonderte Feststellung des Verlusts des Daueraufenthaltsrechts nach obigen Maßstäben ist hierin zweifelsohne nicht zu sehen. Hierfür hätte die Beklagte konkret sowie im Detail darlegen und feststellen müssen, dass der mehrjährige Aufenthalt des Klägers in Italien nicht nur vorübergehender Natur gewesen wäre und daher zum Verlust des Daueraufenthaltsrechts nach § 4a Abs. 7 FreizügG/EU geführt hätte. Mithin hätte für den Kläger nachvollziehbar geschildert werden müssen, dass gerade aus diesem Grund sein Daueraufenthaltsrecht verloren gegangen ist. Dies ist indes nicht geschehen.

Da der Bescheid somit bereits aus den geschilderten Gründen rechtswidrig ist, kann im Ergebnis dahingestellt bleiben, ob der fünfjährige Aufenthalt des Klägers in Italien von September 2006 bis Oktober 2011 zu Behandlungszwecken seiner Natur nach nicht nur vorübergehend war und gemäß § 4a Abs. 7 FreizügG/EU zum Verlust des Daueraufenthaltsrechts führen konnte.

Aufgrund der rechtswidrigen Verlustfeststellung (Ziff. 1 des Bescheids) ist auch die hieran anknüpfende Abschiebungsandrohung (Ziff. 2 des Bescheids) rechtswidrig.

Nach alledem war der Bescheid der Beklagten vom ... Januar 2014 in der vorliegenden Ausgestaltung aufzuheben.

Die Beklagte hat als unterliegende Partei die Kosten des Verfahren zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. Nr. 8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

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Verwaltungsgericht München Urteil, 29. Apr. 2015 - M 23 K 14.377

bei uns veröffentlicht am 29.04.2015

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht München Aktenzeichen: M 23 K 14.377 Im Namen des Volkes Urteil vom 29. April 2015 23. Kammer Sachgebiets-Nr. 600 Hauptpunkte: Italienischer Staatsangehöriger;

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 31. Mai 2012 - 10 C 8/12

bei uns veröffentlicht am 31.05.2012

Tatbestand 1 Der Kläger, ein polnischer Staatsangehöriger, begehrt die Ausstellung einer Bescheinigung über das Bestehen eines Daueraufenthaltsrechts nach § 5 Abs. 6 Sat

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 14. März 2006 - 13 S 220/06

bei uns veröffentlicht am 14.03.2006

Gründe   1  Der ausschließlich auf den Zulassungsgrund ernstlicher rechtlicher Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Antrag ist fristgerecht eingegangen (§ 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO) und begründet worden (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwG
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Verwaltungsgericht München Urteil, 29. Apr. 2015 - M 23 K 14.377

bei uns veröffentlicht am 29.04.2015

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht München Aktenzeichen: M 23 K 14.377 Im Namen des Volkes Urteil vom 29. April 2015 23. Kammer Sachgebiets-Nr. 600 Hauptpunkte: Italienischer Staatsangehöriger;

Referenzen

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein polnischer Staatsangehöriger, begehrt die Ausstellung einer Bescheinigung über das Bestehen eines Daueraufenthaltsrechts nach § 5 Abs. 6 Satz 1 FreizügG/EU.

2

Der 1977 geborene Kläger reiste im September 1989 mit seiner Mutter und seinem Bruder nach Berlin (West) ein. Nach einem erfolglosen Asylverfahren erhielt er ab Juli 1991 bis April 2006 Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen. Nachdem er die Hauptschule abgeschlossen hatte, erteilte ihm das Arbeitsamt im Mai 1994 eine unbefristete und unbeschränkte Arbeitsgenehmigung. Der Kläger brach 1996 eine Lehre als Elektroinstallateur ab. Sein 2004 unternommener Versuch, ein Reinigungsunternehmen zu eröffnen, blieb ohne Erfolg. Der Kläger bezieht seit seiner Einreise immer wieder Sozialleistungen.

3

Im Juli 2005 beantragte der Kläger die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen bzw. die Ausstellung einer Bescheinigung über sein gemeinschaftsrechtliches Aufenthaltsrecht. Im Oktober 2005 erteilte ihm das beklagte Land letztmalig eine bis April 2006 gültige Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Gleichzeitig wies es darauf hin, die Aufenthaltserlaubnis nicht über diesen Zeitpunkt hinaus verlängern zu wollen, wenn der Kläger weiterhin auf die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel angewiesen sei.

4

Mit Bescheid vom 22. März 2006 lehnte der Beklagte die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ab, da der Lebensunterhalt des Klägers nach wie vor nicht gesichert sei. Die Voraussetzungen für Aufenthaltsansprüche nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU erfülle er nicht, da er weder Arbeitnehmer sei noch einen gesicherten Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel nachweisen könne. Bis auf den gescheiterten Versuch selbstständiger Tätigkeit seien keine Arbeitsbemühungen nachgewiesen worden. Dem Kläger wurde die Abschiebung nach Polen für den Fall nicht fristgerechter Ausreise binnen 15 Tagen nach Unanfechtbarkeit des Bescheids angedroht. Über den hiergegen eingelegten Widerspruch hat der Beklagte nicht entschieden.

5

Das Verwaltungsgericht gab der Klage, die auf Ausstellung einer Bescheinigung über das Bestehen eines unbefristeten Daueraufenthaltsrechts gerichtet war, im Februar 2007 statt. Dabei ging es davon aus, dass Art. 16 der Richtlinie 2004/38/EG jedem Unionsbürger, der sich fünf Jahre rechtmäßig im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten habe, ein Daueraufenthaltsrecht gewähre, ohne dass es darauf ankomme, ob er über ausreichende Existenzmittel verfüge.

6

Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 28. April 2009 den erstinstanzlichen Gerichtsbescheid geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger erfülle nicht die Anforderungen für das Bestehen eines Daueraufenthaltsrechts nach § 4a FreizügG/EU. Er halte sich zwar seit mehr als fünf Jahren im Bundesgebiet auf. Rechtmäßig im Sinne dieser Vorschrift sei aber nur ein Aufenthalt, der nach § 2 Abs. 2 FreizügG/EU auf einem Freizügigkeitsrecht beruhe. Berücksichtigungsfähig seien zudem nur Zeiten, in denen der Herkunftsstaat Mitglied der Europäischen Union gewesen sei. Nach dem Beitritt der Republik Polen zur Europäischen Union am 1. Mai 2004 sei der Kläger nicht freizügigkeitsberechtigt gewesen, da er als nichterwerbstätiger Unionsbürger nicht über ausreichende Existenzmittel verfügt habe (§ 2 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. § 4 FreizügG/EU). Anders als bei Arbeitnehmern und selbstständig Erwerbstätigen seien in diesem Fall Zeiten des Sozialleistungsbezugs nicht als Zeiten rechtmäßigen Aufenthalts zu berücksichtigen. Dies stehe im Einklang mit Art. 16 der Richtlinie 2004/38/EG. Danach müsse ein Unionsbürger für ein Daueraufenthaltsrecht fünf Jahre die Voraussetzungen des Art. 7 der Richtlinie 2004/38/EG erfüllen. Bei Nichterwerbstätigen verlange auch Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38/EG, dass sie über ausreichende Existenzmittel verfügten, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssten.

7

Der Kläger erstrebt mit seiner Revision die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Er ist der Auffassung, für den Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt genüge ein nach dem Recht des Aufnahmemitgliedstaats rechtmäßiger Aufenthalt von fünf Jahren.

8

Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses hat sich am Verfahren beteiligt. Er hält die Revision ebenfalls für unbegründet, ist aber der Auffassung, dass § 4a FreizügG/EU nur verlangt, dass der Aufenthalt jedenfalls zuletzt nach Freizügigkeitsrecht rechtmäßig war. Insofern gehe die Vorschrift über die Richtlinie 2004/38/EG hinaus.

10

Mit Beschluss vom 13. Juli 2010 - BVerwG 1 C 14.09 - hat der seinerzeit zuständige 1. Senat das Verfahren ausgesetzt und eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zur Klärung der Voraussetzungen für den Erwerb eines Rechts auf Daueraufenthalt nach Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG eingeholt. Der EuGH hat die Vorlagefragen mit Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-424/10 u.a. - beantwortet.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 141 Satz 1 und § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ist zulässig und begründet. Das Berufungsgericht hat die Klage mit einer Begründung abgewiesen, die Bundesrecht verletzt (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Denn es ist davon ausgegangen, dass sich ein Daueraufenthaltsrecht nur aus Aufenthaltszeiten des Klägers im Bundesgebiet nach dem Beitritt Polens zur Europäischen Union ergeben kann. Nach der zwischenzeitlichen Klärung durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) können aber auch Aufenthaltszeiten eines Drittstaatsangehörigen vor dem Beitritt seines Herkunftslands zur Europäischen Union ein Recht auf Daueraufenthalt begründen. Da das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine tatsächlichen Feststellungen zum Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet vor dem Beitritt Polens zur Europäischen Union am 1. Mai 2004 getroffen hat, kann der Senat in der Sache nicht selbst abschließend entscheiden. Der Rechtsstreit ist daher zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

12

1. Gegenstand des Verfahrens ist nur das Begehren des Klägers auf Ausstellung einer Bescheinigung über das Bestehen eines Daueraufenthaltsrechts nach § 5 Abs. 6 Satz 1 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU - FreizügG/EU). Dieses Begehren zielt auf ein schlicht hoheitliches Verwaltungshandeln, das mit der allgemeinen Leistungsklage zu verfolgen ist. Die Ablehnung des Beklagten, die humanitäre Aufenthaltserlaubnis des Klägers zu verlängern, sowie die Abschiebungsandrohung sind nicht Gegenstand dieses Verfahrens geworden.

13

2. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei Verpflichtungsklagen, die auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels gerichtet sind, grundsätzlich auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz abzustellen (stRspr, vgl. Urteile vom 16. Juni 2004 - BVerwG 1 C 20.03 - BVerwGE 121, 86 <88> m.w.N. und vom 7. April 2009 - BVerwG 1 C 17.08 - BVerwGE 133, 329 Rn. 37 ff.). Nichts anderes gilt, wenn im Wege der allgemeinen Leistungsklage die Ausstellung einer Bescheinigung über das Bestehen eines unionsrechtlichen Daueraufenthaltsrechts begehrt wird. Rechtsänderungen während des Revisionsverfahrens - hier etwa das Inkrafttreten des Reformvertrags von Lissabon zum 1. Dezember 2009 - sind allerdings zu beachten, da das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie zu berücksichtigen hätte (stRspr, vgl. Urteil vom 1. November 2005 - BVerwG 1 C 21.04 - BVerwGE 124, 276 <279 f.>).

14

3. Das Berufungsurteil verstößt insoweit gegen Bundesrecht, als das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen ist, dass sich ein Daueraufenthaltsrecht des Klägers nur aus Aufenthaltszeiten im Bundesgebiet nach dem Beitritt Polens zur Europäischen Union am 1. Mai 2004 ergeben kann. Nach § 5 Abs. 6 Satz 1 FreizügG/EU wird Unionsbürgern auf Antrag unverzüglich ihr Daueraufenthalt bescheinigt. Nach der hier allein in Betracht kommenden Grundnorm des § 4a Abs. 1 FreizügG/EU haben Unionsbürger, ihre Familienangehörigen und Lebenspartner, die sich seit fünf Jahren ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben, unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 FreizügG/EU das Recht auf Einreise und Aufenthalt (Daueraufenthaltsrecht). In § 2 Abs. 2 FreizügG/EU sind die nach Unionsrecht freizügigkeitsberechtigten Personengruppen aufgezählt. Der Formulierung in § 4a FreizügG/EU "unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2" ist zu entnehmen, dass nicht jeder nach nationalem Recht rechtmäßige Aufenthalt ausreicht, sondern das Entstehen des Daueraufenthaltsrechts an das Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 FreizügG/EU anknüpft und nur ein einmal entstandenes Daueraufenthaltsrecht durch einen späteren Wegfall dieser Voraussetzungen nicht mehr berührt wird (vgl. Vorlagebeschluss vom 13. Juli 2010 - BVerwG 1 C 14.09 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 41 Rn. 14).

15

Mit dem durch das Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 eingefügten § 4a FreizügG/EU hat der Gesetzgeber das schon zuvor auf nationaler Ebene bestehende - und über das bisherige Unionsrecht hinausgehende - Daueraufenthaltsrecht für freizügigkeitsberechtigte Personen und die unionsrechtlichen Vorgaben aus Art. 16 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 - sog. Unionsbürgerrichtlinie - zusammengefasst (BTDrucks 16/5065 S. 210). Nach Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG hat jeder Unionsbürger, der sich rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat, das Recht, sich dort auf Dauer aufzuhalten. Dieses Recht ist nicht an die Voraussetzungen des Kapitel III der Richtlinie 2004/38/EG geknüpft.

16

Zur Auslegung dieser Bestimmung hat der EuGH in seinem Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-424/10 u.a., Ziolkowski u.a. - (NVwZ-RR 2012, 121) darauf hingewiesen, dass ein Unionsbürger, der im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats eine Aufenthaltszeit von über fünf Jahren nur aufgrund des nationalen Rechts dieses Staates zurückgelegt hat, nicht so betrachtet werden kann, als habe er das Recht auf Daueraufenthalt nach Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG erworben, wenn er während dieser Aufenthaltszeit die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG nicht erfüllt hat (LS 1 und Rn. 51). Zur Begründung hat der Gerichtshof darauf abgestellt, dass es sich bei dem Begriff des "rechtmäßigen Aufenthalts" in Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2004/38/EG um einen autonomen Begriff des Unionsrechts handelt, der in allen Mitgliedstaaten einheitlich auszulegen ist (Rn. 33). Rechtmäßig im Sinne des Unionsrechts ist daher nur ein Aufenthalt, der im Einklang mit den in der Richtlinie 2004/38/EG vorgesehenen, insbesondere mit den in Art. 7 der Richtlinie 2004/38/EG aufgeführten Voraussetzungen steht (Rn. 46). Hergeleitet hat der Gerichtshof diese Auslegung zum einen aus dem Ziel der Richtlinie, die bereichsspezifischen und fragmentarischen Ansätze des Freizügigkeits- und Aufenthaltsrechts zu überwinden und in einer Kodifikation zusammenzufassen (Rn. 35 ff.). Zum anderen hat er darauf abgestellt, dass sich aus der Systematik der Richtlinie ein gestuftes System von Aufenthaltsrechten ergibt, das im Recht auf Daueraufenthalt mündet (Rn. 38 ff.). Damit richtet sich die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts auch in Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG nicht nach dem im jeweiligen Aufnahmemitgliedstaat geltenden - möglicherweise günstigeren - nationalen Recht. Vielmehr setzt das Entstehen eines Rechts auf Daueraufenthalt unionsrechtlich voraus, dass der Betroffene während einer Aufenthaltszeit von mindestens fünf Jahren ununterbrochen die Freizügigkeitsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG erfüllt hat.

17

Nach der zwischenzeitlichen Klärung durch den EuGH kann sich ein Recht auf Daueraufenthalt allerdings auch aus Aufenthaltszeiten eines Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat ergeben, bevor der Drittstaat der Europäischen Union beigetreten ist. Diese Aufenthaltszeiten sind in Ermangelung spezifischer Bestimmungen in den Beitrittsakten für die Zwecke des Erwerbs des Rechts auf Daueraufenthalt gemäß Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG aber nur berücksichtigungsfähig, sofern der Betroffene nachweisen kann, dass sie im Einklang mit den Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG zurückgelegt wurden (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 a.a.O. LS 2 und Rn. 62 f.). Diese Vorwirkung der Richtlinie gilt bei der gebotenen unionskonformen Auslegung auch für die nationale Regelung in § 4a FreizügG/EU, die die unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 16 der Richtlinie 2004/38/EG umsetzt.

18

4. Der Senat kann weder in positiver noch in negativer Hinsicht abschließend in der Sache selbst entscheiden. Da nach dem Urteil des EuGH vom 21. Dezember 2011 (a.a.O.) auch Aufenthaltszeiten eines Drittstaatsangehörigen vor dem Beitritt seines Herkunftsstaats zur Europäischen Union für ein Daueraufenthaltsrecht zu berücksichtigen sind, wenn sie im Einklang mit den Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG zurückgelegt wurden, das Berufungsgericht zum Aufenthalt des Klägers vor dem Beitritt Polens am 1. Mai 2004 aber keine tatsächlichen Feststellungen getroffen hat, ist der Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

19

5. In dem erneuten Berufungsverfahren wird das Oberverwaltungsgericht zu prüfen haben, ob der Kläger über einen ununterbrochenen Zeitraum von fünf Jahren die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG erfüllt hat und sein Aufenthalt deshalb für die Prüfung des Erwerbs eines Rechts auf Daueraufenthalt dem Aufenthalt eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers gleichzustellen ist.

20

Die für diese Prüfung maßgebliche Frage, ob es für das Entstehen des Daueraufenthaltsrechts nach § 4a Abs. 1 FreizügG/EU erforderlich ist, dass der Betroffene während des gesamten Zeitraums von fünf Jahren freizügigkeitsberechtigt war, oder ob es - wie vom Vertreter des Bundesinteresses vorgetragen - ausreicht, wenn der Aufenthalt fünf Jahre lang erlaubt war und jedenfalls zuletzt auf einem Freizügigkeitsrecht beruhte (so auch Nr. 4a.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Freizügigkeitsgesetz/EU vom 26. Oktober 2009 - VwV-FreizügG/EU - GMBl S. 1270), hat der 1. Senat im Vorlagebeschluss vom 13. Juli 2010 - BVerwG 1 C 14.09 - (Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 41 Rn. 15) offengelassen. Der erkennende Senat entscheidet sie zugunsten der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung, dass sich der Betroffene während des gesamten Zeitraums von fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben muss und über den gesamten Zeitraum freizügigkeitsberechtigt war. Für eine insoweit - gemäß Art. 37 der Richtlinie 2004/38/EG zulässige - überschießende Umsetzung im Freizügigkeitsgesetz/EU sind weder dem Gesetzeswortlaut noch den Gesetzesmaterialien Anhaltspunkte zu entnehmen. Der Gesetzgeber wollte das zuvor in § 2 Abs. 5 FreizügG/EU nicht unionsrechtlich vorgezeichnete, sondern aufgrund nationaler Regelungen ausgeformte Daueraufenthaltsrecht für freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger (vgl. dazu BTDrucks 15/420 S. 102 f.) mit den durch die Unionsbürgerrichtlinie eingeführten neuen Vorgaben in § 4a FreizügG/EU zusammenfassen (BTDrucks 16/5065 S. 210). Systematisch spricht entscheidend für einen engen, auch auf die Freizügigkeitsvoraussetzungen abstellenden Begriff des rechtmäßigen Aufenthalts in § 2 Abs. 5 FreizügG/EU a.F. und § 4a FreizügG/EU, dass der Gesetzgeber in der Anrechnungsregelung des § 11 Abs. 3 FreizügG/EU "Zeiten des rechtmäßigen Aufenthalt nach diesem Gesetz" den Zeiten eines (titelabhängigen) rechtmäßigen Aufenthalts nach dem Aufenthaltsgesetz gegenüber gestellt hat (BTDrucks 15/420 S. 106). Dass es im Kontext des Freizügigkeitsgesetzes/EU für die Annahme eines rechtmäßigen Aufenthalts der Freizügigkeitsberechtigung bedarf, entspricht auch der auf eine zunehmende Integration infolge eines gesicherten Aufenthalts abstellenden Begründung des Gesetzentwurfs (BTDrucks 15/420 S. 103) sowie dem Sinn und Zweck der Regelung, der durch den freizügigkeitsgestützten Voraufenthalt erhöhten Integration durch ein Daueraufenthaltsrecht Rechnung zu tragen.

21

Die Zeitspanne, in der zur Begründung eines Daueraufenthaltsrechts fünf Jahre lang ununterbrochen die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG vorgelegen haben müssen, braucht indes nicht der Zeitraum unmittelbar vor der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz zu sein (a.A. VGH Mannheim, Beschluss vom 14. März 2006 - 13 S 220/06, AuAS 2006, 218 zu § 2 Abs. 5 FreizügG/EU). Der Senat entnimmt der Entscheidung des Gerichtshofs im Urteil vom 7. Oktober 2010 - Rs. C-162/09, Lassal - (NVwZ 2011, 32 Rn. 33 - 39), dass der ununterbrochene Fünfjahreszeitraum nicht bis zuletzt angedauert haben muss, sondern auch weiter zurück in der Vergangenheit liegen kann.

22

Im vorliegenden Fall bestimmen sich die Voraussetzungen der Freizügigkeitsberechtigung auch für Aufenthaltszeiten, die vor dem Beitritt Polens am 1. Mai 2004 liegen, nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG. Im Unterschied zu der Fallgestaltung einer Unionsbürgerin der ersten Stunde, die dem Urteil vom 7. Oktober 2010 (a.a.O. Rn. 40) zugrunde lag, hat der Gerichtshof für die hier vorliegende Fallkonstellation eines ehemaligen Drittstaaters, dessen Herkunftsland mittlerweile der Union beigetreten ist, im Urteil vom 21. Dezember 2011 (a.a.O. Rn. 61 f.) die in Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG enthaltenen Voraussetzungen als maßgeblich für den Erwerb des Daueraufenthaltsrechts erachtet.

23

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben wird das Berufungsgericht insbesondere der Frage nachzugehen haben, ob der Kläger die Stellung eines Arbeitnehmers im Sinne des Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/38/EG erworben und die Erwerbstätigeneigenschaft über fünf Jahre behalten hat. Dafür könnte sprechen, dass er nach Aktenlage im Jahr 1994 eine Lehre zum Elektroinstallateur begonnen hat. Nach der Rechtsprechung des EuGH kann eine in der Berufsausbildung befindliche Person Arbeitnehmer im Sinne des Art. 45 AEUV sein, wenn diese Ausbildung unter den Bedingungen einer tatsächlichen und echten Tätigkeit im Lohn- und Gehaltsverhältnis durchgeführt wird (EuGH, Urteile vom 26. Februar 1992 - Rs. C-3/90, Bernini - Slg. I-1071 Rn. 14 und vom 17. März 2005 - Rs. C-109/04, Kranemann - Slg. I-2421 Rn. 14, 17 f.). Mit Blick auf die Ausgestaltung der dualen Berufsausbildung in Deutschland dürfte nicht daran zu zweifeln sein, dass ein Lehrling den unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff erfüllt.

24

Zwar hat der Kläger nach Aktenlage die Lehre im Jahr 1996 abgebrochen. Das Berufungsgericht wird aber zu prüfen haben, ob er anschließend weiter als Arbeitnehmer tätig gewesen ist, so dass der (ergänzende) Bezug von Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz seine Arbeitnehmereigenschaft nicht ohne Weiteres in Frage stellen würde (vgl. EuGH, Urteil vom 3. Juni 1986 - Rs. C-139/85, Kempf - Slg. 1986, 1741 Rn. 14). Im Übrigen würde dem Kläger die Erwerbstätigeneigenschaft erhalten bleiben, solange er einen der Tatbestände des Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG erfüllt hätte.

25

Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass der Kläger die in Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2004/38/EG genannten Voraussetzungen nicht über einen ununterbrochenen Zeitraum von fünf Jahren erfüllt hat, würde sich die Frage stellen, ob er als Nichterwerbstätiger über ausreichende Existenzmittel verfügte, so dass er während seines Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen in Anspruch nehmen musste (Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38/EG). Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz sind Sozialhilfeleistungen im Sinne des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38/EG. Auch für ab dem 1. Januar 2005 bezogene Leistungen der Grundsicherung nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) spricht viel dafür, dass es sich jedenfalls bei den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§§ 19 ff. SGB II) um aufenthaltsrechtlich schädliche Sozialhilfeleistungen im Sinne des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38/EG handelt. Dafür ist es nicht entscheidend, dass finanzielle Leistungen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern sollen, nicht als Sozialhilfeleistungen im Sinne des Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG angesehen werden können (EuGH, Urteil vom 4. Juni 2009 - Rs. C-22/08 u.a., Vatsouras - Slg. 2009, I-4585 Rn. 45) und ob Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II eine solche Leistung bilden. Der in beiden Bestimmungen der Richtlinie enthaltene Begriff der Sozialhilfe muss nicht zwingend deckungsgleich sein (a.A. offenbar Breidenbach, ZAR 2011, 233 <236>). Denn die aufenthaltsrechtliche Fragestellung, ob ein Unionsbürger über ausreichend eigene Existenzmittel verfügt und keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen muss (Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38/EG), ist nach Sinn und Zweck der Regelung sowie ihrer systematischen Einordnung von der sozialrechtlichen Fragestellung zu unterscheiden, in welchem Umfange ein Aufnahmemitgliedstaat nach dem Gebot der Gleichbehandlung von Unionsbürgern mit Angehörigen des Mitgliedstaats (Art. 24 der Richtlinie 2004/38/EG) oder nach sonstigem Primär- (Art. 18 Abs. 1, Art. 21, 45 Abs. 2 AEUV) oder Sekundärrecht (vgl. z.B. der Verordnung Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit) gehindert ist, Unionsbürger aus anderen Mitgliedstaaten von dem Bezug bestimmter steuerfinanzierter Sozialleistungen auszuschließen.

Gründe

 
Der ausschließlich auf den Zulassungsgrund ernstlicher rechtlicher Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Antrag ist fristgerecht eingegangen (§ 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO) und begründet worden (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Der dargelegte Berufungszulassungsgrund ist jedoch nicht "gegeben" (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daher war auch der Prozesskostenhilfeantrag mangels Erfolgsaussicht abzulehnen (§§ 166 VwGO, 114 ZPO).  
In der von der Klägerin angefochtenen Entscheidung hat das Verwaltungsgericht auf entsprechende Klage eine Ablehnungsverfügung der Beklagten vom 12.2.2004 und den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 13.7.2004 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden; im übrigen wurde die Klage abgewiesen. Die Klägerin, die Niederländerin ist und Tochter einer deutschen Mutter und eines niederländischen Vaters, hatte als Hauptantrag die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Bescheinigung über ihr gemeinschaftsrechtliches Aufenthaltsrecht beantragt; hilfsweise sollte die Beklagte verpflichtet werden, über ihren Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes neu zu entscheiden. Der Auffassung der Klägerin, ihr stehe ein gemeinschaftsrechtliches Aufenthaltsrecht zu, ist das Verwaltungsgericht nicht gefolgt; in der angefochtenen Entscheidung hat es ausgeführt, es fehle an dem von § 2 Abs. 5 FreizügG/EU vorausgesetzten rechtmäßigen Aufenthalt von fünf Jahren. Dieser Aufenthalt müsse nicht irgendwann einmal gegeben gewesen sein, sondern gerade zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Freizügigkeitsgesetzes/EU vorgelegen haben. Allerdings stehe der Klägerin ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung hinsichtlich der von ihr hilfsweise begehrten Aufenthaltserlaubnis nach dem AufenthG (§ 25 Abs. 4) zu; im Fall der Klägerin, die seit ihrer Geburt (1945) im Bundesgebiet lebe, liege eine Sondersituation vor, die u.U. entgegenstehende Versagungsgründe überwinden könne.
Der Zulassungsantrag der Klägerin richtet sich bei sachgerechter Auslegung der geltend gemachten Zulassungsgründe nicht gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dem AufenthG, sondern gegen diejenigen Erwägungen, mit denen das Verwaltungsgericht die gemeinschaftsrechtliche Aufenthaltsberechtigung der Klägerin nach § 2 Abs. 5 FreizügG/EU und die Ausstellung einer entsprechenden Bescheinigung nach § 5 Abs. 1 FreizügG/EU verneint (und dementsprechend die Klage abgewiesen) hat; die Klägerin macht geltend, aus der vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Vorschrift des § 2 Abs. 5 FreizügG/EU folge gerade nicht, dass der erforderliche fünfjährige ständige rechtmäßige Aufenthalt im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes vorgelegen haben müsse. Dies ergebe sich auch aus der gebotenen zusätzlichen Heranziehung der europarechtlichen Richtlinie (RL) 2004/38/EG, mit der sich das Verwaltungsgericht nicht befasst habe. Sinn und Zweck der Regelung sei es, nach über fünfjährigem Inlandsaufenthalt die Fortsetzung dieses Aufenthalts jeglichem Streit zu entziehen. § 2 FreizügG/EU setze die Richtlinie nur teilweise um; im übrigen sei die Richtlinie, wie Generalanwalt T ausgeführt habe, bereits vor ihrer unmittelbaren Anwendbarkeit beachtlich. Hiervon abgesehen liege in ihrem Fall bereits ein über 60jähriger rechtmäßiger Aufenthalt vor. Die früher gegen sie ergangene Ausweisungsverfügung vom 8.1.1971 sei nämlich durch die Beklagte am 25.2.2005 rückwirkend aufgehoben worden. Sie habe auch nach der Befristung der Wirkungen der Ausweisung (1982) noch gearbeitet, aber von 1996 an habe ihr die Beklagte unter Missachtung ihrer gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis/EU erschwert. Diese Schwierigkeiten gingen nicht zu ihren Lasten. Sie habe inzwischen durchaus eine Chance auf einen Arbeitsplatz. Auch zeige die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Assoziationsrecht EWG/Türkei, dass das Aufenthaltsrecht von Gemeinschaftsangehörigen, die sich von Kindheit an in einem anderen Mitgliedstaat aufhielten, nicht von der Ausübung einer Erwerbstätigkeit abhänge. Was für assoziationsberechtigte Türken gelte, müsse erst recht für die Kinder von  Unionsbürgern gelten. Im übrigen sei in ihrem Fall eine Abschiebung in die Niederlande ohnehin ausländerrechtlich und nach Art. 8 EMRK unzulässig und werde von der Behörde auch nicht beabsichtigt; ihr stehe deshalb auch unter diesem Gesichtspunkt ein Daueraufenthaltsrecht zu. Auch deswegen sei § 2 Abs. 5 FreizügG/EU anders auszulegen als dies durch das Verwaltungsgericht geschehen sei.  
Dieser Vortrag führt nicht zu dem Ergebnis, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne der genannten Vorschrift liegen vor, wenn unter Berücksichtigung der im Zulassungsantrag dargelegten Gesichtspunkte die Richtigkeit des angefochtenen Urteils weiterer Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens also möglich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.03.2004 - 7 AV 4/03 -, DVBl. 2004, 838 f.). Es kommt dabei darauf an, ob ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt wird, dass der Erfolg des Rechtsmittels mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie sein Misserfolg (siehe BVerfG, Beschluss vom 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 -, juris, und vom 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Andererseits ist ein Zulassungsantrag abzulehnen, wenn sich schon im Zulassungsverfahren zuverlässig sagen lässt, dass das Verwaltungsgericht die Rechtssache (jedenfalls) im Ergebnis richtig entschieden hat und deswegen die angestrebte Berufung keinen Erfolg haben wird (siehe BVerwG, Beschluss vom 10.03.2004, a.a.O.).
Gemessen an diesen Grundsätzen bestehen an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts - soweit sie klageabweisend war und mit dem Zulassungsantrag angegriffen wird - keine ernstlichen Zweifel.
Soweit die Klägerin die von ihr geltend gemachten ernstlichen Zweifel hinsichtlich der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Auslegung des § 2 Abs. 5 FreizügG/EU aus der Heranziehung von Regelungen des Aufenthaltsgesetzes ableitet, rechtfertigt dies die Zulassung der Berufung schon deswegen nicht, weil es sich bei der Frage des Bestehens eines gemeinschaftsrechtlichen Aufenthaltsrechts nach § 5 Abs. 1 i.V.m. § 2 FreizügG/EU um eine Rechtsmaterie handelt, für die die von der Klägerin herangezogenen aufenthaltsrechtlichen Regelungen des § 25 und des § 60 AufenthG (auch unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK) nicht relevant sind. Dies wird auch daran deutlich, dass die für die Klägerin im Ergebnis durchaus positiven, die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den genannten Vorschriften nahe legenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dem den Hauptantrag betreffenden Berufungszulassungsverfahren nicht Streitgegenstand sind. Die von der Klägerin beantragte Bescheinigung nach § 5 Abs. 1 FreizügG/EU knüpft an die Freizügigkeitsberechtigung des Ausländers an, für deren Herleitung nach dem Vortrag der Klägerin im Berufungszulassungsverfahren ausschließlich § 2 FreizügG/EU bzw. die von der Klägerin erwähnte RL 2004/38/EG und eine entsprechende Anwendung assoziationsrechtlicher Vorschriften in Betracht kommt; sonstige zur Freizügigkeit berechtigende Vorschriften (vgl. dazu den Sachverhalt in dem von der Klägerin angeführten Verfahren Mendizabal/ Frankreich, EGMR, Urteil vom 17.01.2006 -Bsw.Nr. 51.431/99 bzw. Art. 18 EU unmittelbar) sind nicht geltend gemacht und damit vom Senat auch nicht zu prüfen.  
Nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 5 FreizügG/EU haben solche Unionsbürger unabhängig vom weiteren Vorliegen der Freizügigkeitsvoraussetzungen das Recht auf Einreise und Aufenthalt, "die sich seit fünf Jahren ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben". Der Senat teilt in diesem Zusammenhang die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass mit der vom Gesetz genannten Zeitspanne die jeweils letzte (aktuelle) Aufenthaltsdauer gemeint ist, dass es also nicht genügt, wenn ein Unionsbürger sich zu irgendeiner Zeit fünf Jahre ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten, danach aber sein Aufenthaltsrecht wieder verloren hat. Im gleichen Sinn wird der Begriff "seit" in vergleichbaren ausländerrechtlichen Vorschriften verwendet (siehe etwa §§ 18 Abs. 3 Satz 2, 19 Abs. 1, 20 Abs. 3 Satz 2, 24 Abs. 1, 26 Abs. 2 und 27 Abs. 2 AuslG und die Rechtsprechung und Literatur hierzu), und so versteht auch das zeitgleich mit dem FreizügG/EU in kraft getretene Aufenthaltsgesetz (siehe etwa § 9 Abs. 2 Nr. 1, § 26 Abs. 3 und 4, § 30 Abs. 1 Nr. 3, § 31 Abs. 1 Satz 1 und § 35 Abs. 1 Satz 2 AufenthG) diesen Begriff (zur Auslegung siehe etwa Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, Rn 22 zu § 9
m.w.N. aus der Rechtsprechung und Rn 36 zu § 31; Marx in GK-AufenthG, Rn 22 f. zu § 30). Ein früherer, später aber wieder beendeter rechtmäßiger Aufenthalt ist damit im hier interessierenden Zusammenhang kein Auslegungs-, sondern allenfalls ein Anrechnungsproblem, wie sich aus § 9 Abs. 4 AufenthG und auch aus speziellen Übergangsvorschriften (siehe etwa § 102 Abs. 2 AufenthG) ergibt, die für das Recht des FreizügG/EU gerade fehlen. Es geht der Vorschrift mit anderen Worten um die "Kontinuität" des rechtmäßigen Aufenthalts (s.auch die Vorläufigen Anwendungshinweise Ziff. 2.5.5., bei: Renner, Ausländerrecht, 2005, S. 736). Dass § 2 Abs. 5 FreizügG/EU nicht den Präsens ("aufhalten"), sondern das Perfekt verwendet ("aufgehalten haben"), ist bereits sprachlich kein Gegenargument.  
10 
Dass es für § 2 Abs. 5 FreizügG/EU nicht ausreicht, wenn sich ein Unionsbürger - selbst wenn er im Bundesgebiet geboren ist - zu irgendeiner Zeit einmal fünf Jahre "ständig rechtmäßig" im Bundesgebiet aufgehalten hat, ergibt sich auch nicht aus anderen Rechtsvorschriften, insbesondere nicht aus der von der Klägerin in das Verfahren einbezogenen RL 2004/38/EG. Dass diese - bisher noch nicht in Kraft getretene - Richtlinie keine "Vorwirkung" äußert, haben alle Ausländersenate des Verwaltungsgerichtshofs bereits entschieden - die Entscheidungen sind dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin bekannt -, und dies entspricht auch der sonstigen obergerichtlichen Rechtsprechung (siehe etwa OVG Lüneburg, Beschluss vom 5.10.2005 - 11 ME 247/05 -, InfAuslR 2005, 453; siehe auch OVG Münster, Beschluss vom 18.5.2005 - 11 A 533.05 A - ) und allgemeinen Rechtsgrundsätzen (siehe etwa VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 20.4.2005 - A 8 S 264/05 -; Beschluss vom 12.5.2005 -A 3 S 358/05 -, NVwZ 2005, 1098). Der Gegenauffassung (siehe etwa Marx, InfAuslR 2005, 219; Hess. VGH, Beschluss vom 15.9.2005 - 3 UE 2381/04 A - und Beschluss vom 2.5.2005 - 12 TG 1205/05 -, InfAuslR 2005, 295) schließt sich der Senat auch für das vorliegende Verfahren nicht an. Hiervon abgesehen wird im Berufungszulassungsantrag auch nicht dargelegt, aus welcher konkreten Bestimmung der genannten Richtlinie eine unabhängig von § 2 Abs. 5 FreizügG/EU bestehende Freizügigkeitsberechtigung der Klägerin im einzelnen abzuleiten wäre. Hinsichtlich des im Zulassungsantrag angesprochenen Umsetzungsproblems ist auch darauf hinzuweisen, dass die der (endgültigen) Umsetzung (auch) der genannten Richtlinie dienende (beabsichtigte) Änderung des FreizügG/EU insofern für die Klägerin nicht günstiger wäre (siehe dazu § 4a des Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union, abrufbar bei www.migrationsrecht. net) und dass auch die RL 2004/38/EG (wenigstens) den (hier nicht gegebenen) Besitz gültiger Personalpapiere voraussetzt.  
11 
Soweit die Klägerin auf die von ihr zitierte Entscheidung Mendizabal/Frankreich (EGMR a.a.O.) und auf Art. 8 Abs. 1 EMRK als Vorschrift Bezug nimmt, die bei Verweigerung einer EU-Aufenthaltsgenehmigung verletzt werde, ist darauf hinzuweisen, dass im dortigen Verfahren (anders als im Fall der Klägerin) "alle gesetzlichen Voraussetzungen" des Aufnahmestaates und diejenigen der VO (EWG) 1612/68, der RL 68/360/EWG - beide zur Arbeitnehmerfreizügigkeit - und auch der RL 64/221/EWG - Erwerbstätigkeit und Dienstleistungen gegeben waren (EGMR a.a.O.). Im hier zu beurteilenden Zulassungsverfahren hat die Klägerin keine dieser Vorschriften (mit entsprechendem Vortrag zu deren Voraussetzungen) zur Begründung ernstlicher rechtlicher Zweifel herangezogen.
12 
Auch die Berufung der Klägerin auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Assoziationsrecht begründet keine ernstlichen Zweifel an dem vom Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnis. Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang genannte Vorschrift (Art. 7 Satz 1 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG-Türkei) begründet zwar für die dort genannten Begünstigten auch Aufenthaltsrechte, knüpft diese aber an jeweils eigene Voraussetzungen, zu denen sich die Klägerin nicht detailliert äußert und die bei Geburt und langem Aufenthalt im Bundesgebiet allein noch nicht gegeben sind.
13 
Zur Zulassung der Berufung führt schließlich auch nicht der Vortrag der Klägerin, die gegen sie ergangene Ausweisungsverfügung aus dem Jahr 1971 sei im Februar 2005 zurückgenommen worden, so dass ihr Aufenthalt auch schon vor der Befristung der Wirkungen der Ausweisung (31.3.1982) insgesamt als rechtmäßig anzusehen sei. Wie dargelegt muss der Aufenthalt eines Unionsbürgers nach § 2 Abs. 5 FreizügG/EU seit fünf Jahren ständig rechtmäßig gewesen (und noch aktuell rechtmäßig) sein. Im Zulassungsantrag wird nicht dargelegt, dass bis zum Inkrafttreten des FreizügG/EU nach den damals maßgebenden Vorschriften des AufenthG/EWG und der FreizügV/EG für die zuletzt lediglich geduldete Klägerin die Freizügigkeitsvoraussetzungen (und damit ein rechtmäßiger, noch andauernder Aufenthalt von insgesamt 5 Jahren) gegeben waren; die nach früherem Recht geltenden Einschränkungen der Freizügigkeit (siehe §§ 4, 6 bis 8 FreizügV/EG) sprechen bereits dagegen. Auch eine rückwirkende Rücknahme der gegen die Klägerin im Jahr 1971 verfügten Ausweisung im Jahr 2005 würde damit nicht bedeuten, dass der Aufenthalt der Klägerin im hier relevanten Zeitraum (ab 2000) im Sinn des § 2 Abs. 5 FreizügG/EU "ständig rechtmäßig" war. Bei Annahme einer rückwirkenden Rücknahmeverfügung (zu ihrer Zulässigkeit s. BVerwG, Urteil vom 07.12.1999 - 1 C 13.99 -, InfAuslR 2000, 176) würde sich lediglich ergeben, dass der Annahme eines Aufenthaltsrechts § 8 Abs. 2 S. 1 AuslG bzw. die Nachfolgevorschrift § 11 Abs. 1 S. 1 AufenthG nicht entgegenstehen würde; in positiver Richtung (Begründung eines Freizügigkeitsrechts) ergäbe sich daraus nichts. Hiervon abgesehen geht der Senat auch nicht davon aus, dass die Rücknahme der Ausweisungsverfügung mit Rückwirkung versehen war; aus der Verfügung selbst ergibt sich dies jedenfalls nicht. Es spricht  mehr für das Gegenteil: Die Verfügung hebt nämlich die Ausweisung "mit sofortiger Wirkung" auf; von Rückwirkung ist gerade nicht die Rede. Letztlich kann diese Frage aber aus den dargelegten Gründen offen bleiben.  
14 
Die Kostenentscheidung (hinsichtlich der Ablehnung des Zulassungsantrags) ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO; im Prozesskostenhilfeverfahren bedarf es keiner Kostenentscheidung.
15 
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 2 GKG.
16 
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Das Gesetz dient der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland. Es ermöglicht und gestaltet Zuwanderung unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit sowie der wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Das Gesetz dient zugleich der Erfüllung der humanitären Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland. Es regelt hierzu die Einreise, den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern. Die Regelungen in anderen Gesetzen bleiben unberührt.

(2) Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf Ausländer,

1.
deren Rechtsstellung von dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern geregelt ist, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist,
2.
die nach Maßgabe der §§ 18 bis 20 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegen,
3.
soweit sie nach Maßgabe völkerrechtlicher Verträge für den diplomatischen und konsularischen Verkehr und für die Tätigkeit internationaler Organisationen und Einrichtungen von Einwanderungsbeschränkungen, von der Verpflichtung, ihren Aufenthalt der Ausländerbehörde anzuzeigen und dem Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit sind und wenn Gegenseitigkeit besteht, sofern die Befreiungen davon abhängig gemacht werden können.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.