Verwaltungsgericht München Urteil, 10. Dez. 2014 - M 2 E 16.2189

bei uns veröffentlicht am10.12.2014

Tenor

I.

Der Beklagte wird verpflichtet, den sichergestellten Bargeldbetrag in Höhe von 13.200,- Euro und 100,- US Dollar an den Kläger herauszugeben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Aufhebung der Sicherstellungsverfügung vom ... 2012, mit der bei ihm Bargeld i. H. v. 13.200,- Euro und 100,- US Dollar sichergestellt wurde, sowie die Herausgabe dieses Bargeldes.

Der Kläger, nigerianischer Staatsangehöriger, der im Bundesgebiet auch unter verschiedenen Aliasnamen aufgetreten ist, ist mehrfach vorbestraft. So wurde er u. a. wegen Erschleichens von Leistungen, Betruges, mittelbarer Falschbeurkundung sowie Körperverletzung verurteilt. Wegen unerlaubten Erwerbs bzw. Besitzes von Betäubungsmitteln verurteilte ihn das Amtsgericht M. am ... November 2008 und am ... Juli 2011 (Az.: ... und ...) zu einer Geldstrafe von 60 bzw. 50 Tagessätzen. Mit Urteil vom ... September 2011, rechtkräftig am selben Tag, wurde er vom Amtsgericht K. (Az. ...) wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit diesen zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zum Tatgeschehen ist in den Urteilsgründen festgestellt, dass der Kläger am ... Februar 2011 mit dem Zug ICE ... über den Grenzbahnhof E. aus den Niederlanden in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist und dabei 992,5 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 58,2 Gramm THC mit sich geführt hat. Der Kläger habe das Rauschgift als Kurier für einen Lohn von 300,- Euro für einen unbekannt gebliebenen Auftraggeber transportiert. Mit Urteil des Amtsgerichts M. vom ... Februar 2014 (Az. ...), rechtskräftig seit ... Februar 2014, wurde der Kläger wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Dem Urteil lag zugrunde, dass der Kläger zusammen mit einem weiteren Angeklagten im Januar 2013 Handel mit Marihuana in der Größenordnung von 1,7 kg getrieben hat. Er hatte eingeräumt, das Marihuana in A. von einer dritten Person auf Kommission erhalten und entsprechend vorheriger Absprache mit dem weiteren Angeklagten nach M. verbracht zu haben. Die 1,7 kg sollten gemeinschaftlich verkauft werden. Aufgrund dieser Verurteilung befindet sich der Kläger aktuell in Strafhaft, an die sich die Strafhaft aufgrund der Verurteilung des Amtsgerichts K. anschließt.

Am ... September 2011 wurde der Kläger wegen eines Rotlichtverstoßes in M. von der Polizei angehalten. Bei der Erläuterung der begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit machte der Kläger einen sehr nervösen Eindruck. Bei einer INPOL-Abfrage stellten die Polizeibeamten fest, dass der Kläger in der Vergangenheit einen Alias-Namen verwandt hatte. Da der Kläger auf Nachfrage, wem das Fahrzeug gehöre, zunächst nur vage Angaben machte, untersuchten die Polizeibeamten mit Einwilligung des Klägers das Fahrzeug. Dabei wurden im Handschuhfach ein Geldbeutel mit insgesamt 10.200,- Euro Bargeld (davon 10.000,- Euro in 500-Euro-Scheinen, gefaltet im Ausweisfach, und ein 100-Euro-Schein und zwei 50-Euro-Scheine im Geldscheinfach) und in einer Fototasche weitere 3.300,- Euro Bargeld (Stückelung: 6 x 100-Euro-Scheine und 48 x 50-Euro-Scheine) gefunden. Auf Frage nach der Herkunft des Bargeldes gab der Kläger an, dass er dies von Leuten aus Nigeria bekommen habe, um in Deutschland ein Fahrzeug für seinen Onkel zu kaufen. Das Geld sei ihm durch Boten aus Nigeria überbracht worden. Zum genauen Herkunftsort sagte er „Wechselstube“. Die Polizeibeamten beschlagnahmten das Bargeld (einschließlich 100,- US Dollar) und zwei im Fahrzeug aufgefundene Mobiltelefone (iPhone und Windows Smartphone). Nachdem dem Kläger das Verzeichnis der Beschlagnahme der Gegenstände ausgehändigt worden war, verlangte er lautstark „seine“ 200,- Euro zurück, da es sich hierbei um sein Verpflegungsgeld handele.

Am ... September 2011 bestellte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers und wandte sich gegen die Beschlagnahme. Er machte insbesondere geltend, dass die Geldscheine mit dem Gesamtbetrag von 13.200,- Euro dem Kläger nicht gehörten. Er habe dieses Geld von Herrn P. A. in bar übergeben bekommen mit dem Auftrag, dieses Geld bei der Fa. ... GmbH in B... abzuliefern, weil dort ein Geschäft in einem Volumen von 575.000,- Euro angebahnt werden sollte durch Übergabe dieser Anzahlung. Er legte eine eidesstattliche Versicherung von Herrn A. sowie eine Proforma-Rechnung der Fa. ... GmbH vom ... Juli 2011 über 575.000,- Euro an die Fa. ... Ltd. in Nigeria vor, die bis ... August 2011 gültig war. Weiter legte er eine E-Mail von der Fa. ... GmbH vor, gesendet am ... August 2011 an Herrn P. A., mit der dieser aufgefordert wurde, einen Betrag i. H. v. 20.000,- Euro auf ein angegebenes Konto zu überweisen, sowie die Flugdaten von Herrn A., wonach dieser am ... Juli 2011 von L. kommend in F. gelandet ist.

Die Beschlagnahme der Gegenstände wurde mit Beschluss des Amtsgerichts M. vom ... November 2011 gemäß § 111b Abs. 1 Satz 1, § 111e Abs. 2 StPO bestätigt. In den Gründen wird festgestellt, dass der Kläger unter Verdacht stehe, am ... September 2011 als Kurier für einen Rauschgifthändler tätig gewesen zu sein, und gewusst habe, dass es sich bei dem Bargeld um die Bezahlung für eine erhebliche Menge an Betäubungsmitteln gehandelt habe. Das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft M. ... vom ... August 2012 (Az. ...) gemäß § 154 Abs. 1 StPO eingestellt, da die zu erwartende Strafe angesichts der in diesem Verfahren verfolgten Tat sowie dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts K. vom ... Dezember 2011 nicht erheblich ins Gewicht falle.

Mit Bescheid des Beklagten vom ... August 2012 wurden die am ... September 2011 anlässlich der Durchsuchung des vom Kläger benutzten Fahrzeuges beschlagnahmten Bargelder i. H. v. 13.200,- Euro, 100,- US Dollar, sowie die zwei Mobiltelefone im Falle der Aufhebung der Beschlagnahme durch die Staatsanwaltschaft M. ... gemäß Art. 25 Nr. 1 und 2 PAG sichergestellt und in öffentliche Verwahrung genommen. Weiter wurden ein Veräußerungs- und Verfügungsverbot und der sofortige Vollzug der Anordnungen bestimmt. In den Gründen des Bescheids wird ausgeführt, dass Rechtsgrundlage für die Anordnung der Sicherstellung zunächst Art. 25 Nr. 1 PAG sei. Es bestehe die gegenwärtige Gefahr, dass der Kläger mit dem Bargeld und den zwei Mobiltelefonen weitere Straftaten begehen würde, wie illegalen Handel mit Betäubungsmitteln. Der Nachweis der rechtmäßigen Erlangung des Geldes sei ihm nicht gelungen. Er sei bereits mehrfach polizeilich in Erscheinung getreten, u. a. auch einschlägig wegen Handels mit Betäubungsmitteln. Weitere Rechtsgrundlage für die Anordnung der Sicherstellung sei Art. 25 Nr. 2 PAG. Die Angabe des Klägers, dass ihm das Bargeld von Herrn P. A. für eine Anzahlung an die Fa. ... ... GmbH übergeben worden sei, mache keinen Sinn. Aus dem Schreiben vom ... Juli 2007 sei ersichtlich, dass die Proforma-Rechnung bis ... August 2011 Gültigkeit habe. Weiter sei Herr A. am ... August 2011 aufgefordert worden, eine Anzahlung von 20.000,- Euro auf ein Konto der Postbank zu überweisen. Mit dem Geldbetrag i. H. v. 13.200,- Euro, mit dem der Kläger am ... September 2011 in M. angetroffen worden sei, bestehe kein Zusammenhang. Der Kläger habe zunächst angegeben, dass er das Geld über einen Boten von Leuten aus Nigeria bekommen habe, um in Deutschland ein Fahrzeug für seinen Onkel zu kaufen. Seine Aussagen seien widersprüchlich und nicht glaubhaft. Mit Schreiben vom ... September 2012 teilte die Staatsanwaltschaft dem Beklagten mit, dass die sichergestellten Mobiltelefone und das sichergestellte Bargeld freigegeben werden.

Gegen den am 16. August 2012 zugestellten Bescheid erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 17. September 2012 Klage und beantragte,

unter Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom ... August 2012 den Beklagten zu verpflichten, die in diesem Bescheid beschlagnahmten Bargelder i. H. v. 13.200,- Euro und 100,- US Dollar sowie zwei Mobiltelefone an den Kläger bzw. dessen Vertreter herauszugeben.

Weiter beantragte er die Gewährung von Prozesskostenhilfe.

Die Strafverfolgungsbehörden hätten über ein Jahr Zeit gehabt, dem Kläger nachzuweisen, dass insbesondere das Geld aus kriminellen Handlungen stamme. Dies sei ihnen nicht gelungen. Der pure Verdacht reiche nicht aus, um nun das Geld „für alle Zeiten im Asservat zu halten“. Es werde auf die eidesstattliche Versicherung von Herrn A. verwiesen. Der Inhaber der Fa. ... habe sich kontinuierlich seit der Beschlagnahme beim Prozessbevollmächtigten gemeldet, um nachzufragen, wie es um das Geld bestellt sei. Er sei sehr an der Weiterführung des Geschäftes interessiert, müsse aber verständlicherweise darauf drängen, dass die Gelder wie vereinbart fließen.

Der Beklagte beantragte mit Schreiben vom 5. November 2012,

die Klage abzuweisen.

Die Sicherstellung des Bargeldes und der Mobilfunktelefone sei zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr (Art. 25 Nr. 1 PAG) und, um den Eigentümer oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung zu schützen (Art. 25 Nr. 2 PAG), erforderlich. Es bestünden hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass das sichergestellte Geld bereits aus Straftaten hervorgegangen sei und künftig zusammen mit den Mobilfunktelefonen zur Begehung weiterer Straftaten verwendet werden sollte. Es sei davon auszugehen, dass sich der Kläger auf einer sog. Drogenfahrt befunden habe. Insbesondere die widersprüchlichen Angaben des Klägers zum Reiseziel und -zweck, zur Herkunft und Verwendung des Bargeldes, die strafrechtlich einschlägigen Verurteilungen des Klägers und seine persönlichen Kontakte zum Drogenmilieu sprächen gegen eine legale Herkunft des sichergestellten Bargeldes. Zu den sichergestellten 100,- US Dollar habe sich der Kläger bis jetzt nicht geäußert. Die nunmehr vorgetragenen Behauptungen seien reine Schutzbehauptungen. Soweit er zunächst einen geplanten Autokauf für seinen Onkel vorgetragen habe, handle es sich um einen typischen Sachvortrag bei sog. Drogenfahrten. Der Kläger habe ausdrücklich 200,- Euro als sein Verpflegungsgeld verlangt. Ein Zusammenhang der geschäftlichen Beziehungen zwischen der Fa. ... GmbH und Herrn A. mit dem bei dem Kläger sichergestellten Bargeld sei nicht ersichtlich. Auch die unterschiedlichen Fundorte der Summen sprächen gegen den vorgetragenen einheitlichen Verwendungszweck. Auch bei der Drogenkurierfahrt, wegen der der Kläger rechtskräftig verurteilt worden sei, habe es sich um einen geringen Verdienst gehandelt. Der Kläger sei zudem wegen des Besitzes und Erwerbs von Betäubungsmitteln verurteilt worden und pflege seit mindestens sechs Jahren Kontakt zu Personen, die selbst auch Betäubungsmittel konsumierten. Am ... Juni 2011 sei der Kläger in einem Personenzug der Deutschen Bahn AG kontrolliert worden und habe einen Geldbetrag von 11.000,- Euro mit sich geführt. Eine Sicherstellung des Geldes bzw. Weiterverfolgung des Sachverhalts sei damals nicht erfolgt. Angesichts der Erwerbslosigkeit des Klägers sei das wiederholte Mitführen hoher Bargeldsummen nicht nachzuvollziehen. Bei der Gesamtschau bestehe der dringende Verdacht der Herkunft der Geldmittel aus dem Drogenhandel. Auch die Benutzung neuer Handys sei typisch für Drogenfahrten. Denn bei Benutzung solcher Telefone könnte ein Abhören der Gespräche ausgeschlossen werden. Dass das aus Drogengeschäften herrührende Geld ohne die angeordnete Sicherstellung erneut in Drogengeschäfte investiert werden würde, liege auf der Hand. Die Sicherstellung lasse sich zudem auch auf Art. 25 Nr. 2 PAG stützen.

Mit Schreiben vom 8. Januar 2013 hat der Beklagte die Sicherstellung der beiden Mobiltelefone aufgehoben. Insoweit hat das Gericht das Verfahren mit Beschluss vom 14. Januar 2013 abgetrennt (Az.: M 7 K 13.113), so dass es in dem vorliegenden Verfahren allein um die Sicherstellung der im Fahrzeug aufgefundenen Geldmittel geht.

Mit Beschluss vom 14. Februar 2013 hat das Gericht den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, da die Klage gegen den Sicherstellungsbescheid vom ... August 2012, soweit er noch Verfahrensgegenstand ist, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. In der mündlichen Verhandlung vom 22. Mai 2013 wiederholte der Kläger seinen Vortrag, dass er das Geld erhalten habe, um es bei der Fa. ... GmbH abzuliefern. Er habe das Geld von Herrn A. erhalten. Die Parteien erklärten sich mit einem Übergang in das schriftliche Verfahren einverstanden.

Das Amtsgericht M. hatte mit Beschluss vom ... Juni 2013 ...) in dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft M. ... (Az. ...) den dinglichen Arrest i. H. v. 15.000,- Euro in das Vermögen des Klägers angeordnet. Gegen diesen Beschluss legte der Bevollmächtigte des Klägers im Strafverfahren am ... März 2014 Beschwerde ein und beantragte dessen Aufhebung, da das Gericht einen Verfall von Wertersatz im Rahmen des schriftlichen Urteils nicht angeordnet habe. Der Betrag sei freizugeben und an den Bevollmächtigten auf dessen Konto zu überweisen. Ein Großteil des Betrages sei bereits durch Abtretungserklärung des Klägers vom 20. Februar 2014 an den Bevollmächtigten abgetreten worden. Mit Beschluss des Amtsgerichts M. vom ... September 2014 wurde der angeordnete dingliche Arrest aufgehoben.

Der Beklagte nahm aufgrund der neueren Erkenntnisse zu der Klage nochmals Stellung. Durch die Verurteilung des Klägers am ... Februar 2014 wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge habe sich der Verdacht, dass das Geld aus Straftaten im Zusammenhang mit dem Handel von Betäubungsmitteln stamme, weiter erhärtet. Die gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bestehe auch während der zwischenzeitlich angetretenen Strafhaft des Klägers fort. Es sei davon auszugehen, dass er im September 2011, wie bereits zuvor, als Kurier eingesetzt worden sei. Die Auftraggeber des Klägers dürften weiterhin ein großes Interesse an der Übergabe des Geldes haben und ohne Weiteres einen anderen Drogenkurier zur Verfügung stellen können. Daneben bestehe die Gefahr, dass der Kläger das Geld zum Drogenhandel innerhalb der Haftanstalt verwende. Auch bestehe der Sicherstellungsgrund des Art. 25 Nr. 2 PAG fort. Eine Herausgabe des Geldes an den Rechtsanwalt, der den Kläger im Strafverfahren vertreten habe, komme nicht in Betracht. Der Kläger habe zwar eine Abtretungserklärung unterschrieben, in der er erkläre, dass er seine Ansprüche gegenüber der Staatskasse aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts M. vom ... Juni 2013 i. H. v. 10.996,79 Euro an den Bevollmächtigten und dessen Kollegen abtrete. Das hier streitgegenständliche Bargeld sei jedoch nie Teil dieses Strafverfahrens gewesen. Weiter verstoße die Abtretung gegen das in dem Bescheid unter Nr. 2 verfügte Veräußerungs- bzw. Verfügungsverbot. Die vom Bevollmächtigten gestellte Rechnung sei auch deutlich überhöht.

Ergänzend wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Das Gericht konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Das Gericht legt die Klage dahingehend aus (§ 88 VwGO), dass der Kläger neben der Aufhebung des Sicherstellungsbescheides des Beklagten vom... August 2012, bezogen auf die sichergestellten Bargeldmittel und verbunden mit ihrer Rückzahlung, hilfsweise einen Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts geltend macht. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat sich nach Ablehnung des Antrags auf Prozesskostenhilfe nicht mehr im Verfahren geäußert.

Die Klage ist begründet, soweit der Kläger einen Herausgabeanspruch zum Entscheidungszeitpunkt des Gerichts geltend macht. Sie ist unbegründet, soweit der Kläger die Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom ... August 2012 begehrt, da der Kläger hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Voraussetzungen für die Sicherstellung des Bargeldes zum Zeitpunkt der Sicherstellungsanordnung vorlagen. Bei Erlass des Bescheides vom ... August 2012 lagen hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme vor, es bestehe die gegenwärtige Gefahr, der Kläger werde das zuvor beschlagnahmte Geld im Falle einer Herausgabe unmittelbar zur Begehung von Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz verwenden. Diese Gefahr besteht jedoch nicht mehr zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts. Die Sicherstellungsanordnung kann zu diesem Zeitpunkt auch nicht auf Art. 25 Nr. 2 PAG gestützt werden.

Nach Art. 25 Nr. 1 und 2 PAG kann die Polizei eine Sache sicherstellen, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren, oder um den Eigentümer oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung einer Sache zu schützen. Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG sind die Sachen, sobald die Voraussetzungen für die Sicherstellung weggefallen sind, an denjenigen herauszugeben, bei dem sie sichergestellt worden sind. Für die Rechtmäßigkeit der Sicherstellungsanordnung ist daher auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung abzustellen (vgl. auch OVG Bremen, U. v. 24.6.2014 - 1 A 255/12 - juris Rn. 25). Im Hinblick auf Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG, der einen eigenständigen Herausgabeanspruch bei späterem Wegfall der Sicherstellungsvoraussetzungen normiert, besteht kein Bedürfnis, den Zeitpunkt der maßgeblichen Sach- und Rechtslage auf einen späteren Zeitpunkt zu verlegen (vgl. BVerwG, B. v. 4.7.2006 - 5 B 90/05 - juris).

Die präventive Sicherstellung einer Sache nach Art. 25 Nr. 1 PAG ist auch dann möglich, wenn die Gefahr nicht von der Sache ausgeht, sondern die Sache Gegenstand eines die Gefahr begründenden Verhaltens des Besitzers ist (vgl. BayVGH, B. v. 7.12.2009 - 10 ZB 09.1354 - ZfS 2010, 174). Liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass mit Geld Straftaten vorbereitet oder gefördert werden sollen, kann das Geld sichergestellt werden (vgl. Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, 3. Aufl., Art. 25 Rn. 12). Dabei ermächtigt Art. 25 Abs. 1 Nr. 1 PAG die Polizei grundsätzlich nur zur präventiven, der Gefahrenabwehr dienenden Sicherstellung von Sachen, nicht hingegen zur repressiven, allein der Bestrafung eines Beschuldigten dienenden Wegnahme von Gegenständen (vgl. BayVGH, U. v. 26.1.2009 - 10 BV 08.1422 - juris Rn. 22). Voraussetzung für die Sicherstellung ist, dass eine konkrete und gegenwärtige Gefahr vorliegt.

Eine konkrete Gefahr ist gegeben, wenn nach der allgemeinen Lebenserfahrung aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in der nächsten Zeit eine Störung der öffentlichen Sicherheit zu erwarten ist. Die Gefahr ist gegenwärtig, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder wenn diese Einwirkung unmittelbar oder in allernächster Zeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bevorsteht. Die „gegenwärtige“ Gefahr erfordert eine besondere zeitliche Nähe und einen besonders hohen Grad an Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Die Gefahrenprognose muss eine hohe Sicherheit aufweisen (vgl. OVG Bremen, U. v. 24.6.2014 - 1 A 255/12 - juris Rn. 25 m. w. N.). Dabei sind allerdings nach einem das Polizei- und Ordnungsrecht beherrschenden Rechtsgedanken an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (vgl. BVerwG, U. v. 26.2.1974 - I C 31.72 - juris Rn. 41; Schmidbauer/Steiner a. a. O., Art. 11 Rn. 35 m. w. Nachw.). Der Gefahrenprognose müssen dabei konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte zugrunde liegen; bloße Verdachtsmomente oder Vermutungen reichen hierzu nicht aus. Es muss stets gewährleistet bleiben, dass Annahmen und Schlussfolgerungen einen konkret umrissenen Ausgangspunkt im Tatsächlichen haben (vgl. BVerfG, U. v. 27.7.2005 - 1 BvR 668/04 - juris Rn. 151).

Ausgehend von diesen Voraussetzungen ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass Geldbeträge, die zur Begehung von Straftaten, insbesondere Rauschgiftgeschäften, verwandt werden sollen, aus präventiv-polizeilichen Gründen sichergestellt werden können. Eine gegenwärtige Gefahr ist hier anzunehmen, wenn das sichergestellte Bargeld aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse aller Wahrscheinlichkeit nach aus Drogengeschäften stammt und im Fall einer Herausgabe dafür unmittelbar wieder eingesetzt werden soll (vgl. OVG Lüneburg, U. v. 2.7.2009 - 11 LC 4/08 - NVwZ-RR 2009, 954). Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Bremen bedarf es dabei für die Prognoseentscheidung, dass der Geldbetrag in allernächster Zeit für Betäubungsmittelgeschäfte verwendet würde, konkreter Anhaltspunkte. Allein aus der deliktischen Herkunft des Geldes folgt dies nicht (vgl. OVG Bremen, B. v. 14.7.2014 - 1 PA 77/14 - juris Rn. 6). Für die Herkunft eines sichergestellten Bargeldbetrages aus dem Drogenhandel können folgende Gesichtspunkte sprechen: Hoher Geldbetrag, Versteckthalten oder zumindest Aufbewahrung an einem ungewöhnlichen Ort, szenetypische Stückelung der Geldscheine, nicht plausibel erklärte Herkunft der Mittel, Verdachtsmomente aus der organisierten Kriminalität, einschlägige strafrechtliche Ermittlungsverfahren bzw. Verurteilungen. Für die Prognose einer zukünftigen Verwendung für Drogengeschäfte kann die kriminalistische Erfahrung (mit)berücksichtigt werden, dass Ankauf und Verkauf von Drogen in der Regel in einem geschlossenen Kreislauf stattfinden, so dass das aus Drogengeschäften gewonnene Geld zumindest teilweise wieder in die Beschaffung von Betäubungsmitteln investiert wird (vgl. OVG Lüneburg, U. v. 7.3.2013 - 11 LB 438/10 - juris Rn. 37; Söllner, Bargeld im Sicherheitsrecht, NJW 2009, 3339 ff.).

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben hat der Beklagte bei dem Erlass der Sicherstellungsanordnung zu Recht angenommen, es bestehe die gegenwärtige Gefahr, der Kläger werde das zuvor beschlagnahmte Geld im Fall einer Herausgabe unmittelbar zur Begehung von Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz verwenden.

So ist der Kläger nach den polizeilichen Erkenntnissen seit einigen Jahren im Drogenmilieu aufgefallen. Dies wird auch bestätigt durch die Feststellung der persönlichen Verhältnisse in dem Urteil des Amtsgerichts M. vom ... Februar 2014 (Az.: ...). Danach hat der Kläger in der Vergangenheit Marihuana und Kokain konsumiert. Zeitweise hat er intensiv Kokain konsumiert und ist deshalb in stationärer Entgiftungsbehandlung gewesen. Zuletzt ist er im Jahr 2010 auf Entgiftung gewesen. Er hat danach Kokain und Marihuana gelegentlich konsumiert. 2008 bzw. 2011 ist er wegen unerlaubten Erwerbs bzw. Besitzes von Betäubungsmitteln verurteilt worden. Von besonderer Bedeutung ist, dass der Kläger bereits einschlägig als Kurier Rauschgift transportiert hat. Er wurde deshalb mit Urteil des Amtsgerichts K. vom ... September 2011 (Az.: ...) zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten verurteilt. Auch bei der Beschlagnahme des Geldes am ... September 2011 wurde gegen den Kläger strafrechtlich ermittelt, weil er unter Verdacht stand, am ... September 2011 als Kurier für einen Rauschgifthändler tätig gewesen zu sein und damit einem anderen Hilfe geleistet zu haben, unerlaubt mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel zu treiben. Das Ermittlungsverfahren gegen ihn wurde nicht wegen fehlenden Tatnachweises eingestellt, sondern weil der Kläger erst zuvor als Kurier im Betäubungsmittelhandel zu einer hohen Strafe verurteilt worden ist. Eine Einstellung nach § 154 Abs. 1 StPO setzt voraus, dass der Betroffene der beschuldigten Tat hinreichend verdächtig ist. Die Prognoseentscheidung des Beklagten, dass das beim Kläger aufgefundene Geld aus dem Betäubungsmittelhandel stammt bzw. hierfür wieder eingesetzt werden soll, wird auch durch die aktuelle Verurteilung des Klägers durch das Amtsgericht M. vom ... Februar 2014 (Az.: ...) bestätigt. Der Verurteilung lag hier zugrunde, dass der Kläger auf Kommissionsbasis Handel mit Marihuana getrieben hatte. Weiter ist das in der Fototasche aufgefundene Bargeld i. H. v. 3.300,- Euro in einer im Drogenhandel üblichen Stückelung vorhanden gewesen. Da Drogen typischerweise portionsweise in Größenordnungen von 50,- Euro an die Konsumenten verkauft werden und dieses Geld wieder zum Ankauf von weiteren Drogen dient, besteht bei einer auffälligen Häufung von 50-Euro-Scheinen der Verdacht der Herkunft aus dem Drogenhandel (vgl. OVG Lüneburg, U. v. 2.7.2009, a. a. O.). Für die Annahme einer Kuriertätigkeit des Klägers konnte der Beklagte auch den Umstand mit berücksichtigen, dass dieser am ... Juni 2011 bei der polizeilichen Kontrolle in einem Personenzug der Deutschen Bahn AG einen Geldbetrag i. H. v. 11.000,- Euro mit sich geführt hat. Weil der Kläger nach eigenen Angaben zu diesem Zeitpunkt bereits arbeitslos war und nicht über Ersparnisse verfügt hat, konnte es sich hier nicht um seine eigenen Geldmittel handeln.

Weiter konnte der Kläger keine glaubhafte Begründung für das Mitführen des hohen Geldbetrages am ... September 2011 geben. Sein Vortrag, dass er das Geld von Leuten aus Nigeria bekommen habe, um in Deutschland ein Fahrzeug für seinen Onkel zu kaufen, wurde kurze Zeit später bereits nicht mehr aufrechterhalten. Soweit er im strafrechtlichen und verwaltungsrechtlichen Verfahren vorgetragen hat, dass er das Geld von Herrn P. A. in bar übergeben bekommen habe mit dem Auftrag, dieses Geld bei der Fa. ... GmbH in B. abzuliefern, weil dort ein Geschäft in einem Volumen von 575.000,- Euro angebahnt werden sollte durch Übergabe einer Anzahlung in der sichergestellten Höhe, ist dieser Vortrag nicht nachvollziehbar. So sprechen weder die vorgelegte Proforma-Rechnung, die bis zum ... August 2011 gültig war, noch die E-Mail vom ... August 2011, in der gebeten wurde, eine Anzahlung von 20.000,- Euro auf ein angegebenes Konto zu überweisen, für den Sachvortrag des Klägers. Auch lässt sich aus der unterschiedlichen Aufbewahrung des Geldes nicht herleiten, dass das Geld als einheitliche Summe einem Geschäftsmann übergeben werden sollte. Insoweit wäre zu erwarten gewesen, dass das Geld zusammen, z. B. in einem Umschlag, verwahrt wird. Eine Erklärung für die unterschiedliche Aufbewahrung der Geldmittel wurde nicht gegeben. Stattdessen hat der Kläger die 200,- Euro, die sich im Geldscheinfach des Geldbeutels befanden, sofort als sein Verpflegungsgeld reklamiert, was für seine Kuriertätigkeit und nicht für eine vorgesehene Übergabe des Geldes als einheitlichen Betrag i. H. v. 13.200,- Euro spricht. Aber auch diesen Sachvortrag hat der Kläger offensichtlich nicht weiter aufrechterhalten. So hat er einen Betrag i. H. v. 10.996,79 Euro an seinen Pflichtverteidiger im Strafverfahren abgetreten, der diesen Betrag nunmehr aus dem sichergestellten Geld für sich reklamiert. Eine weitere Aufklärung des vorgetragenen Geschäfts mit der Fa. ... GmbH durch das Gericht war daher nicht mehr veranlasst. Bei einer Gesamtwürdigung der genannten Umstände liegen konkrete Anhaltspunkte sowohl für die Annahme vor, dass die sichergestellten Bargeldmittel aus dem Betäubungsmittelhandel stammen, als auch für die Prognose, dass sie zu diesem Zweck wieder eingesetzt werden sollten.

Diese zum Zeitpunkt der Sicherstellungsanordnung vorliegende gegenwärtige Gefahr, das Geld werde im Falle einer Herausgabe unmittelbar zur Begehung von Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz verwendet, besteht zur Überzeugung des Gerichts aber zum Entscheidungszeitpunkt des Gerichts nicht mehr.

Der Kläger befindet sich derzeit in Strafhaft, die auch noch längere Zeit (mindestens bis Mitte 2016) dauern wird. Wie das Gericht eingangs festgestellt hat, erfordert die „gegenwärtige“ Gefahr die besondere zeitliche Nähe und einen besonders hohen Grad an Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Auch wenn man den Grundsatz berücksichtigt, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist, ist für eine Sicherstellung nach Art. 25 Nr. 1 PAG nach Auffassung der Kammer jedenfalls eine höhere Wahrscheinlichkeit der Gefahr erforderlich, auch wenn sie nicht eine an Sicherheit grenzende Gefahr sein mag (vgl. BVerwG, U. v. 26.2.1974 - I C 31.72 - juris Rn. 42; BVerfG, U. v. 27.7.2005 - 1 BvR 668/04 - juris Rn. 152). Eine derartige Gefährdungsprognose ist zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht mehr gerechtfertigt. Dabei unterstellt das Gericht den Vortrag des Beklagten als richtig, dass es trotz der Erschwernisse durch die Haft und gezielter Gegenmaßnahmen der Justizvollzugsanstalten auch in der Haft möglich ist, Betäubungsmittel zu erwerben bzw. mit Betäubungsmittel zu handeln. Diese Erkenntnisse sind allerdings empirisch wenig gesichert, insbesondere existieren keine belastbaren Zahlen. Die Möglichkeit, dass der Kläger mit dem Geld, obwohl er in der Strafhaft sitzt, Betäubungsmittel erwirbt bzw. mit diesen handelt, ist aber nicht ausreichend. Weiter ist zugunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass er bereits in der Vergangenheit versucht hat, vom Drogenkonsum wegzukommen. Der Beklagte hat selbst vorgetragen, dass die Mehrheit der Konsumenten den Drogenkonsum bei Haftantritt reduziert oder beendet. Auch die Tatsache, dass der Kläger erstmals zu einer längeren Freiheitsstrafe verurteilt worden ist bzw. die zur Bewährung ausgesetzte frühere Freiheitsstrafe absitzen muss, wird nicht ohne Einfluss auf den Kläger bleiben. Weiter spricht gegen eine Reinvestition des sichergestellten Geldbetrages in Betäubungsmittelgeschäfte, dass der Kläger einen ganz erheblichen Teil davon seinem Strafverteidiger versprochen hat, der diesen mit Nachdruck fordert. Zudem hat der Kläger im zuletzt abgeschlossenen Strafverfahren und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Schulden, die er nicht beglichen hat. Da der Kläger offensichtlich über den sichergestellten Geldbetrag verfügen kann, besteht auch nicht die Gefahr, dass er die Geldmittel an andere Personen zur deliktischen Verwendung weiterleitet. Hierfür fehlen jedenfalls konkrete Anhaltspunkte.

Die Sicherstellung des Geldes kann zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts auch nicht auf Art. 25 Nr. 2 PAG gestützt werden. Zwar hat der Beklagte zu Recht vorgetragen, dass bei der Annahme, dass das sichergestellte Geld direkt aus dem Betäubungsmittelhandel stammt, ein Eigentumserwerb an den Geldscheinen nicht möglich war, da aus dem Verbot des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln auch die Nichtigkeit der Übereignung des als Kaufpreis gezahlten Geldes folgt (vgl. BGH, U. v. 4.11.1982 - 4 StR 451/82 - juris Leitsatz). Voraussetzung für den Schutz der privaten Rechte ist aber, dass die Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 2 PAG vorliegen. Danach obliegt der Schutz privater Rechte der Polizei nach diesem Gesetz nur dann, wenn gerichtlicher Rechtschutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde. Die polizeiliche Maßnahme zum Zweck der Eigentumssicherung erfolgt ausschließlich zugunsten des Eigentümers und zudem in dessen Interesse. Dabei ist vorrangig die Frage zu beantworten, ob die Maßnahme dem mutmaßlichen Willen des Berechtigten entspricht, was dann der Fall ist, wenn sie dessen objektivem Interesse entspricht (vgl. BVerwG, B. v. 3.5.1999 - 3 B 48/99 - BayVBl 2000, 380 mit Verweis auf BGH, U. v. 20.4.1967 - VII ZR 326/64 - BGHZ 47, 370/374). Drogenkonsumenten, die den gewünschten Stoff erhalten haben, wollen aber kein Rückgaberecht und keine Rückzahlung des Geldes geltend machen und bedürfen dazu auch nicht der polizeilichen Hilfe. Eine Fallkonstellation, die der oben genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, U. v. 4.11.1982, a. a. O.) zugrunde lag, in der ein V-Mann einen größeren Geldbetrag für den Kauf von Betäubungsmitteln zur Verfügung gestellt hatte, kann hier nicht angenommen werden. Dementsprechend sind trotz der inzwischen verstrichenen Zeit auch keine Rückgabeansprüche gegenüber dem Beklagten geltend gemacht worden. Zwar können grundsätzlich auch Sachen zum Schutz eines unbekannten Berechtigten nach Art. 25 Nr. 2 PAG sichergestellt werden. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat dies aber bereits für den Fall relativiert, dass im Zeitpunkt der Sicherstellung nicht mehr damit gerechnet werden kann, den wahren Berechtigten zu ermitteln (vgl. BayVGH, B. v. 17.3.2010 - 10 C 09.3011, 10 C 0910 C 09.3012 - juris Rn. 15). Jedenfalls geht das Gericht bei Erlösen aus dem Betäubungsmittelhandel davon aus, dass die Voraussetzungen für eine Sicherstellung nach Art. 25 Nr. 2 PAG dann entfallen sind, wenn Ansprüche Berechtigter über einen langen Zeitraum - wie vorliegend - nicht geltend gemacht wurden.

Damit sind die sichergestellten Geldmittel nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG an den Kläger herauszugeben, da die Voraussetzungen für die Sicherstellung weggefallen sind. Die Herausgabe an ihn ist auch nicht nach Art. 28 Abs. 1 Satz 2 PAG unmöglich. Soweit der Bevollmächtigte des Klägers im Strafverfahren gegenüber der Staatsanwaltschaft bzw. der Polizei eine Forderungsabtretung geltend gemacht hat, die dem Gericht im Einzelnen nicht bekannt ist, ist es nicht Aufgabe der Polizei bzw. vorliegend des Gerichts zu entscheiden, wer ein stärkeres Recht an der Sache hat (vgl. Schmidbauer/Steiner a. a. O., Art. 28 Rn. 2). Weiter schließt sich das Gericht der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts Bremen an (U. v. 24.6.2014 - 1 A 255/12 - juris Rn. 26), dass die dauerhafte Einziehung deliktisch erlangter Vermögensgegenstände und die Übertragung des Eigentums an diesen Gegenständen auf den Staat Gegenstand der strafrechtlichen Gewinnabschöpfung in Gestalt des einfachen und erweiterten Verfalls (§§ 73 ff. StGB) ist. Der erweiterte Verfall (§ 73d StGB) ermöglicht es dem Strafgericht, den Verfall für Gegenstände eines Täters anzuordnen, wenn Umstände die Annahme rechtfertigen, dass diese Gegenstände für rechtswidrige Taten oder aus ihnen erlangt worden sind. Mit dem erweiterten Verfall werden präventive Ziele dahingehend verfolgt, dass verhindert werden soll, dass die bereits eingetretene Störung der Vermögensordnung auch zukünftig fortdauert. Der betroffene Straftäter soll deliktisch erlangte Gegenstände nicht behalten; die mit der Bereicherung des Täters verbundene Störung der Rechtsordnung soll nicht auf Dauer bestehen bleiben; dies soll durch die Gewinnabschöpfung verhindert werden. Weiter sollen Anreize für gewinnorientierte Delikte reduziert werden (vgl. BVerfG, B. v. 14.1.2004 - 2 BvR 564/95 - BVerfGE 110, 1 ff.). Neben den geltenden strafrechtlichen Vorschriften über die Gewinnabschöpfung ist eine präventiv-polizeiliche Gewinnabschöpfung weder notwendig noch zulässig. Auch im vorliegenden Fall bestand die Möglichkeit, im Rahmen eines Strafverfahrens die zunächst beschlagnahmten Barmittel einzuziehen. Die Strafverfolgungsbehörden haben sich aber dazu entschlossen, das Strafverfahren nach § 154 Abs. 1 StPO einzustellen und die Geldmittel freizugeben. Soweit keine polizeilichen Eingriffsbefugnisse bestehen, kann daher auch das sichergestellte Bargeld nicht abgeschöpft werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 88


Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafgesetzbuch - StGB | § 73d Bestimmung des Wertes des Erlangten; Schätzung


(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden is

Strafprozeßordnung - StPO | § 111b Beschlagnahme zur Sicherung der Einziehung oder Unbrauchbarmachung


(1) Ist die Annahme begründet, dass die Voraussetzungen der Einziehung oder Unbrauchbarmachung eines Gegenstandes vorliegen, so kann er zur Sicherung der Vollstreckung beschlagnahmt werden. Liegen dringende Gründe für diese Annahme vor, so soll die B

Strafprozeßordnung - StPO | § 111e Vermögensarrest zur Sicherung der Wertersatzeinziehung


(1) Ist die Annahme begründet, dass die Voraussetzungen der Einziehung von Wertersatz vorliegen, so kann zur Sicherung der Vollstreckung der Vermögensarrest in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Betroffenen angeordnet werden. Liegen dringen

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Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 25. Nov. 2014 - 1 A 255/12

bei uns veröffentlicht am 25.11.2014

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung der Gefährlichkeit seines Hundes durch die Beklagte und deren Anordnung, den Hund außerhalb ausbruchssicherer Grundstücke nur an der Leine und mit einem Maulkorb versehen, zu führen.

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(1) Ist die Annahme begründet, dass die Voraussetzungen der Einziehung oder Unbrauchbarmachung eines Gegenstandes vorliegen, so kann er zur Sicherung der Vollstreckung beschlagnahmt werden. Liegen dringende Gründe für diese Annahme vor, so soll die Beschlagnahme angeordnet werden. § 94 Absatz 3 bleibt unberührt.

(2) Die §§ 102 bis 110 gelten entsprechend.

(1) Ist die Annahme begründet, dass die Voraussetzungen der Einziehung von Wertersatz vorliegen, so kann zur Sicherung der Vollstreckung der Vermögensarrest in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Betroffenen angeordnet werden. Liegen dringende Gründe für diese Annahme vor, so soll der Vermögensarrest angeordnet werden.

(2) Der Vermögensarrest kann auch zur Sicherung der Vollstreckung einer Geldstrafe und der voraussichtlichen Kosten des Strafverfahrens angeordnet werden, wenn gegen den Beschuldigten ein Urteil ergangen oder ein Strafbefehl erlassen worden ist.

(3) Zur Sicherung der Vollstreckungskosten ergeht kein Arrest.

(4) In der Anordnung ist der zu sichernde Anspruch unter Angabe des Geldbetrages zu bezeichnen. Zudem ist in der Anordnung ein Geldbetrag festzusetzen, durch dessen Hinterlegung der Betroffene die Vollziehung des Arrestes abwenden und die Aufhebung der Vollziehung des Arrestes verlangen kann; § 108 Absatz 1 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(5) Die §§ 102 bis 110 gelten entsprechend.

(6) Die Möglichkeit einer Anordnung nach § 324 der Abgabenordnung steht einer Anordnung nach Absatz 1 nicht entgegen.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung der Gefährlichkeit seines Hundes durch die Beklagte und deren Anordnung, den Hund außerhalb ausbruchssicherer Grundstücke nur an der Leine und mit einem Maulkorb versehen, zu führen.

2

Der Kläger ist Halter eines männlichen Border Collie-Mischlings mit dem Namen „R.“, geb. am 22.04.2008. Die als Zeugin geladene Frau D. ist Halterin eines Chihuahua-Dackel-Mischlings, geb. am 19.03.2008 namens „T.“.

3

Am 19.08.2011 hielten sich der Zeuge E. mit dem Hund des Klägers sowie die Zeugin D. mit ihrem Hund im Bereich der Grünanlage „Schroteanlage südlich des GuthsMuths-Stadions“ im Stadtteil Stadtfeld West in der Landeshauptstadt A-Stadt auf. Die Grünanlage ist unter Nr. 15 in der Anlage 3 zu § 2 Abs. 3 der Grünanlagensatzung der Beklagten vom 11.11.2010 als Anlage aufgenommen, die vom Leinenzwang für Hunde ausgenommen ist.

4

Gegen 18.30 Uhr kam es zwischen den beiden Hunden zu einer Rangelei im Bereich der so genannten Hundeauslaufwiese, in deren Folge der Hund der Zeugin D. nach deren Beobachtung eine Verletzung am linken Ohr erlitt. Ausweislich des tierärztlichen Berichts der Tierärztlichen Klinik für Kleintiere, Dr. N. und Dr. L. vom 19.08.2011 wurde eine Bissverletzung am linken Ohr festgestellt und eine Wundbehandlung durchgeführt. Die Zeugin D. zeigte der Beklagten am 23.08.2011 den Vorfall vom 19.08.2011 u. a. mit der Erklärung an, der Hund des Klägers habe ihrem Hund die Verletzung zugefügt. Zeugen des Vorfalls seien F. und G. gewesen.

5

Die Beklagte teilte hierauf dem Kläger mit Schreiben vom 05.09.2011 ihre Absicht mit, die Gefährlichkeit des Hundes festzustellen und gab ihm Gelegenheit, sich hierzu zu äußern. Von dieser Möglichkeit machte der Kläger mit Schreiben vom 23.09.2011 Gebrauch. Dabei teilte er u. a. mit, der Sohn seiner Lebensgefährtin habe zum maßgeblichen Zeitpunkt den Hund ausgeführt. Was er und auch die Halterin von „T.“ gemerkt hätten, sei gewesen, dass sich eine läufige Hündin auf der Hundelaufwiese befunden habe. Das habe unter den anwesenden Tieren, vor allem unter den Rüden, Erregung und Unruhe ausgelöst. So sei es auch zu einer Rangordnungsrangelei zwischen „R.“ und „T.“ mit der Folge einer Verletzung des kleinen Rüden „nach Angaben der Halterin“ gekommen. Einen gezielten Biss von „R.“ oder gar mehrerer glaube er nicht, diese hätte schwerwiegende Folgen gehabt. (der Sohn der Lebensgefährtin) habe ihm gesagt, die Wunde habe nicht mehr geblutet, als die Halterin mit „T.“ den Platz verlassen habe. Der Aufforderung zu einer Zeugenbefragung durch die Beklagte kam Herr F. nicht nach.

6

Mit Bescheid vom 24.11.2011, dem Kläger zugestellt am 26.11.2011, stellte die Beklagte die Gefährlichkeit des Hundes des Klägers fest (Ziffer 1) und gab dem Kläger auf, bis zur Entscheidung über den Antrag auf Erlaubnis zur Haltung des Hundes, den Hund außerhalb ausbruchssicherer Grundstücke nur von dem Kläger persönlich an einer Leine und mit Maulkorb versehen zu führen (Ziffer 2).

7

Am 22.12.2011 suchte der Kläger bezüglich der streitbefangenen Verfügung wegen darin enthaltenen Sofortvollzuges das Gericht um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach. Den Eilrechtsschutzantrag lehnte das Gericht mit Beschluss 1 B 404/11 MD vom 16. Januar 2012 als unbegründet ab, da sich der von dem Kläger angefochtene Bescheid der Beklagten vom 24.11.2011 als rechtmäßig erweise.

8

Am 17.04.2012 stellte der Kläger gegenüber der Beklagten den Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zur Haltung eines gefährlichen Hundes und teilte diesbezüglich u. a. mit, „R.“ werde vier Jahre alt und sei mindestens 2.000 Mal auf diesem Hundeplatz ausgelaufen. Der einmalige und ohne größere Schäden (6,81 Euro Wundbehandlungskosten) verlaufende Vorfall rechtfertige nicht derartige massive Übergriffe durch das Magdeburger Ordnungsamt.

9

Mit Widerspruchsbescheid vom 27.07.2012 wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt den gegen den streitbefangenen Bescheid der Beklagten gerichteten Widerspruch vom 18.05.2012 als unbegründet zurück.

10

Am 25.08.2012 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor: Es beständen berechtigte Zweifel an den Angaben der Hundehalterin von „T.“. Als „T.“ auf die Hundelaufwiese gekommen sei, hätten die Hunde „P.“, eine französische Bulldogge, und „R.“ miteinander gespielt. „T.“ habe „P.“ unablässig verfolgt und bedrängt. „R.“ habe „T.“ nicht ohne Vorwarnung angegriffen, sondern „T.“ sei auf „R.“ losgegangen, indem er in Richtung „R.“ gesprungen sei und diesen zu beißen versucht habe, wobei „T.“ dem „R.“ leicht an dessen Maul verletzt habe, wodurch „R.“ leicht am Maul geblutet habe. „R.“ habe dann „T.“ gedroht, wie es unter Rüden nicht unüblich sei, indem er „T.“ zurückgedrängt und diesen angeknurrt, sowie sich über den körperlich kleinen Hund gestellt habe, ohne jedoch „T.“ zu beißen, wie von der Hundehalterin behauptet.

11

Zudem sei das Gesetz zur Vorsorge gegen die von Hunden ausgehenden Gefahren verfassungswidrig, und werde diesbezüglich darauf hingewiesen, dass wegen der „verfassungswidrigen Anwendung“ des Hundegesetzes in Sachsen-Anhalt mehrere Tierschutzvereine Protest im Landtag eingelegt hätten. Der Kläger hat Frau F. und Frau H. als Zeugen des Vorfalls benannt.

12

Der Kläger beantragt,

13

wie erkannt.

14

Die Beklagte beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.

17

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, den in der Sache ergangenen Eilbeschluss 1 B 404/11 MD vom 16.01.2012, den von der Beklagten übersandten Verwaltungsvorgang sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 25.11.2014.

Entscheidungsgründe

18

Die zulässige Klage ist begründet.

19

Der Bescheid der Beklagten vom 24.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 25.07.2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

20

Im Ergebnis der mündlichen Verhandlung einschließlich der Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen D., F., H. und E. ist nicht erwiesen, dass der Hund des Klägers den Hund der Zeugin D. gebissen oder sonst ein verhalten gezeigt hat, welches auf eine über das natürliche Maß hinausgehende Aggressivität hinweist.

21

Nach § 4 Abs. 4 GefHuG LSA hat die zuständige Behörde, die einen Hinweis darauf erhält, dass ein Hund eine gesteigerte Aggressivität aufweist, insbesondere Menschen oder Tiere gebissen oder sonst eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust oder Aggressivität gezeigt hat, diesen Hinweis von Amts wegen zu prüfen (Satz 1). Ergibt die Prüfung Tatsachen, die den Verdacht rechtfertigen, dass von dem Hund eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, so stellt die Behörde fest, dass der Hund gefährlich ist (Satz 2).

22

Nach der gesetzlichen Wertung ist dabei für ein Einschreiten der zuständigen Behörde nicht erforderlich, dass bereits Tatsachen vorliegen, welche die Gefährlichkeit eines Hundes i. S. d. § 3 Abs. 3 GefHuG LSA belegen. Dies betrifft vorliegend insbesondere die Voraussetzungen von Ziffer 2) der vorgenannten Regelung, wonach im Einzelfall gefährliche Hunde insbesondere Hunde sind, die sich als bissig erwiesen haben. Es reicht hierzu aus, wenn aufgrund von Tatsachen lediglich ein „Verdacht“ auf die Gefährlichkeit des Hundes im vorgenannten Sinn besteht. Denn nach Sinn und Zweck des Gesetzes zur Vorsorge gegen die von Hunden ausgehenden Gefahren vom 23.01.2009 (BVBl. LSA 2009, 22 - vgl. § 1 GefHuG LSA) soll den zuständigen Behörden eine wirksame Vorsorge gegen durch Hundeangriffe drohende Schäden für Menschen oder Tiere ermöglicht werden. Hintergrund dieses Gesetzes sind immer wieder in den Blick der Öffentlichkeit geratene bundesweit aufgetretene Unglücksfälle mit Hunden, bei denen Menschen oder Tiere zum Teil schwere Verletzungen erlitten haben und es auch zu Todesfällen gekommen ist. Im Gemeinwohlinteresse an einer effektiven Gefahrenvorsorge im Hinblick auf die von Hunden ausgehenden potentiellen Gefahren hat der Landesgesetzgeber dementsprechend mit § 4 Abs. 4 GefHuG LSA eine Rechtsgrundlage geschaffen, mit der bereits bloße Risiken zukünftiger Schädigungen durch Hunde vermieden werden sollen (vgl. Nds. OVG, B. v. 12.05.2005 - 11 ME 92/05 -, zitiert nach juris, zur insoweit wortgleichen Regelung des § 3 Abs. 2 Nds. Gesetz über das Halten von Hunden vom 12.12.2002, Nds. GVBl. 2003, 2). Der Gesetzgeber in Sachsen-Anhalt hat eine niedrige ordnungsrechtliche Eingriffsschwelle bestimmt, indem er für die Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes im Einzelfall im Sinne einer Gefahrenvorsorge einen bloßen Gefahrenverdacht ausreichen lässt. Erhält die zuständige Behörde, etwa durch die Anzeige eines betroffenen Hundehalters, aufgrund einer Information der Fachaufsichtsbehörde, Presseberichten oder allgemeinen polizeilichen Hinweisen, die Kenntnis auf eine gesteigerte Aggressivität eines Hundes, so hat sie dem von Amts wegen nachzugehen (§ 4 Abs. 4 S. 1 GefHuG LSA). Ergeben sich hiernach Tatsachen, die den Verdacht rechtfertigen, dass von dem Hund eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, so stellt die Behörde dessen Gefährlichkeit fest (§ 4 Abs. 4 S. 2 GefHuG LSA). Ein ordnungsbehördliches Einschreiten ist demnach bereits dann gerechtfertigt, wenn aufgrund der festgestellten Tatsachen zwar nicht gewiss ist, es aber zumindest als möglich erscheint, dass der Hund zukünftig ein Rechtsgüter Dritter schädigendes Verhalten zeigt (vgl. zum Begriff des Gefahrenverdachts: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Auflage 2007, Kapitel E, Rn. 48). Der Gesetzgeber in Sachsen-Anhalt wollte ein möglichst frühzeitiges ordnungsbehördliches Einschreiten ermöglichen, um dadurch künftige Beißvorfälle mit Hunden weitgehend zu minimieren und Gefahren für die öffentliche Sicherheit wirksam vorzubeugen, die mit dem Halten und Führen von Hunden verbunden sein können (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs in LT-Drs. 5/1011, S. 11; Pietzsch, LKV 2010, 241). Die Fähigkeit eines Hundes zu sozialverträglichem Verhalten ist nach Feststellung der Gefährlichkeitsvermutung allein im Rahmen eines Wesenstests i. S. v. § 10 Abs. 1 GefHuG LSA nachzuweisen (OVG LSA, B. v. 29.11.2011 - 3 M 484/11 -, zitiert nach juris, Rn. 5 m. w. N.).

23

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben, denn ungeachtet der zu treffenden Prognoseentscheidung setzt diese eine Tatsachenermittlung durch die Behörde voraus. Erst wenn die Behörde ihrer Pflicht aus §§ 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfG LSA, 24 VwVfG (Untersuchungsgrundsatz) hinreichend nachgekommen ist, eröffnet sich der Raum für die Gefährlichkeitsprognose. Letzteres war weder im Zeitpunkt des Erlasses des hier angefochtenen Bescheides, noch bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2012 der Fall. Zwar hatte die Zeugin D. einen Vorfall bei der Beklagten am 23.08.2011 angezeigt und erklärt, dass der Hund des Klägers ihren eigenen Hund in das linke Ohr gebissen habe. Dagegen hatte der Kläger indes erklärt, dass er nicht glaube, dass es sich um einen gezielten Biss gehandelt habe, sondern vielmehr um die Folge einer Rangordnungsrangelei. Ausgehend hiervon hätte die anschließende Gefährlichkeitsprognose einer weiteren Sachverhaltsermittlung von Amts wegen, etwa durch Befragung aller von der Anzeigenerstatterin angegebenen Zeugen bedurft.

24

Im Ergebnis der Beweisaufnahme durch die Kammer konnte nicht mit der hierfür nötigen Überzeugungsgewissheit des Gerichts aufgeklärt werden, dass der Hund des Klägers den Hund der Zeugin D. gebissen hat. Die Zeugin erklärte, sie habe die Rangelei der Hunde erst gesehen, als ihr Hund aufjaulte. Hier habe sich der Hund des Klägers bereits über ihrem Hund befunden und Kopfbewegungen nach unten in Richtung ihres Hundes gemacht. Hieraus habe sie geschlossen, dass es sich um Beißversuche handelte. Später habe sich die Verletzung am Ohr und Blut bei ihrem Hund gesehen. Hiermit stimmt im Wesentlichen die Aussage des Zeugen E. überein, nur dass dieser keine „Beißbewegungen“ des klägerischen Hundes gesehen hat. Alle weiteren durch das Gericht vernommenen Zeugen schilderten die Begleitumstände des Vorfalls unterschiedlich, haben aber – insoweit übereinstimmend – ebenfalls keinen Beißvorgang im Sinne des Zusammenklappens beider Kiefer des Hundes mit einer hierdurch verursachten Verletzung gesehen. Übereinstimmend erklärten der Zeuge F. und die Zeugin H. allerdings, dass es eine Rangordnungsstreitigkeit zwischen den Hunden wegen einer läufigen Hündin gegeben habe. Ob es im Zuge dieser Rangelei bereits zu der Verletzung des Hundes der Zeugin D. gekommen ist, konnte nicht geklärt werden und kann auch dahinstehen. Denn ob ein Hund im Rahmen eines artgerechten Verteidigungsverhaltens gebissen hat (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.11.2013 – 11 LA 100/13 -, n. juris), bedarf erst der näheren Aufklärung, wenn feststeht, dass er überhaupt gebissen hat. Letzteres ist vorliegend indes nicht feststellbar.

25

Mithin rechtfertigt das Vorkommnis am 19.08.2011 nicht den Verdacht, dass von dem Hund des Klägers eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes zur Vorsorge gegen die von Hunden ausgehenden Gefahren reicht dieser Vorfall für die streitgegenständliche Feststellung der Gefährlichkeit des Hundes „R.“ nicht aus.

26

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

27

Die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

28

Die Streitwertentscheidung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG.


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung der Gefährlichkeit seines Hundes durch die Beklagte und deren Anordnung, den Hund außerhalb ausbruchssicherer Grundstücke nur an der Leine und mit einem Maulkorb versehen, zu führen.

2

Der Kläger ist Halter eines männlichen Border Collie-Mischlings mit dem Namen „R.“, geb. am 22.04.2008. Die als Zeugin geladene Frau D. ist Halterin eines Chihuahua-Dackel-Mischlings, geb. am 19.03.2008 namens „T.“.

3

Am 19.08.2011 hielten sich der Zeuge E. mit dem Hund des Klägers sowie die Zeugin D. mit ihrem Hund im Bereich der Grünanlage „Schroteanlage südlich des GuthsMuths-Stadions“ im Stadtteil Stadtfeld West in der Landeshauptstadt A-Stadt auf. Die Grünanlage ist unter Nr. 15 in der Anlage 3 zu § 2 Abs. 3 der Grünanlagensatzung der Beklagten vom 11.11.2010 als Anlage aufgenommen, die vom Leinenzwang für Hunde ausgenommen ist.

4

Gegen 18.30 Uhr kam es zwischen den beiden Hunden zu einer Rangelei im Bereich der so genannten Hundeauslaufwiese, in deren Folge der Hund der Zeugin D. nach deren Beobachtung eine Verletzung am linken Ohr erlitt. Ausweislich des tierärztlichen Berichts der Tierärztlichen Klinik für Kleintiere, Dr. N. und Dr. L. vom 19.08.2011 wurde eine Bissverletzung am linken Ohr festgestellt und eine Wundbehandlung durchgeführt. Die Zeugin D. zeigte der Beklagten am 23.08.2011 den Vorfall vom 19.08.2011 u. a. mit der Erklärung an, der Hund des Klägers habe ihrem Hund die Verletzung zugefügt. Zeugen des Vorfalls seien F. und G. gewesen.

5

Die Beklagte teilte hierauf dem Kläger mit Schreiben vom 05.09.2011 ihre Absicht mit, die Gefährlichkeit des Hundes festzustellen und gab ihm Gelegenheit, sich hierzu zu äußern. Von dieser Möglichkeit machte der Kläger mit Schreiben vom 23.09.2011 Gebrauch. Dabei teilte er u. a. mit, der Sohn seiner Lebensgefährtin habe zum maßgeblichen Zeitpunkt den Hund ausgeführt. Was er und auch die Halterin von „T.“ gemerkt hätten, sei gewesen, dass sich eine läufige Hündin auf der Hundelaufwiese befunden habe. Das habe unter den anwesenden Tieren, vor allem unter den Rüden, Erregung und Unruhe ausgelöst. So sei es auch zu einer Rangordnungsrangelei zwischen „R.“ und „T.“ mit der Folge einer Verletzung des kleinen Rüden „nach Angaben der Halterin“ gekommen. Einen gezielten Biss von „R.“ oder gar mehrerer glaube er nicht, diese hätte schwerwiegende Folgen gehabt. (der Sohn der Lebensgefährtin) habe ihm gesagt, die Wunde habe nicht mehr geblutet, als die Halterin mit „T.“ den Platz verlassen habe. Der Aufforderung zu einer Zeugenbefragung durch die Beklagte kam Herr F. nicht nach.

6

Mit Bescheid vom 24.11.2011, dem Kläger zugestellt am 26.11.2011, stellte die Beklagte die Gefährlichkeit des Hundes des Klägers fest (Ziffer 1) und gab dem Kläger auf, bis zur Entscheidung über den Antrag auf Erlaubnis zur Haltung des Hundes, den Hund außerhalb ausbruchssicherer Grundstücke nur von dem Kläger persönlich an einer Leine und mit Maulkorb versehen zu führen (Ziffer 2).

7

Am 22.12.2011 suchte der Kläger bezüglich der streitbefangenen Verfügung wegen darin enthaltenen Sofortvollzuges das Gericht um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach. Den Eilrechtsschutzantrag lehnte das Gericht mit Beschluss 1 B 404/11 MD vom 16. Januar 2012 als unbegründet ab, da sich der von dem Kläger angefochtene Bescheid der Beklagten vom 24.11.2011 als rechtmäßig erweise.

8

Am 17.04.2012 stellte der Kläger gegenüber der Beklagten den Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zur Haltung eines gefährlichen Hundes und teilte diesbezüglich u. a. mit, „R.“ werde vier Jahre alt und sei mindestens 2.000 Mal auf diesem Hundeplatz ausgelaufen. Der einmalige und ohne größere Schäden (6,81 Euro Wundbehandlungskosten) verlaufende Vorfall rechtfertige nicht derartige massive Übergriffe durch das Magdeburger Ordnungsamt.

9

Mit Widerspruchsbescheid vom 27.07.2012 wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt den gegen den streitbefangenen Bescheid der Beklagten gerichteten Widerspruch vom 18.05.2012 als unbegründet zurück.

10

Am 25.08.2012 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor: Es beständen berechtigte Zweifel an den Angaben der Hundehalterin von „T.“. Als „T.“ auf die Hundelaufwiese gekommen sei, hätten die Hunde „P.“, eine französische Bulldogge, und „R.“ miteinander gespielt. „T.“ habe „P.“ unablässig verfolgt und bedrängt. „R.“ habe „T.“ nicht ohne Vorwarnung angegriffen, sondern „T.“ sei auf „R.“ losgegangen, indem er in Richtung „R.“ gesprungen sei und diesen zu beißen versucht habe, wobei „T.“ dem „R.“ leicht an dessen Maul verletzt habe, wodurch „R.“ leicht am Maul geblutet habe. „R.“ habe dann „T.“ gedroht, wie es unter Rüden nicht unüblich sei, indem er „T.“ zurückgedrängt und diesen angeknurrt, sowie sich über den körperlich kleinen Hund gestellt habe, ohne jedoch „T.“ zu beißen, wie von der Hundehalterin behauptet.

11

Zudem sei das Gesetz zur Vorsorge gegen die von Hunden ausgehenden Gefahren verfassungswidrig, und werde diesbezüglich darauf hingewiesen, dass wegen der „verfassungswidrigen Anwendung“ des Hundegesetzes in Sachsen-Anhalt mehrere Tierschutzvereine Protest im Landtag eingelegt hätten. Der Kläger hat Frau F. und Frau H. als Zeugen des Vorfalls benannt.

12

Der Kläger beantragt,

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wie erkannt.

14

Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

16

Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.

17

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, den in der Sache ergangenen Eilbeschluss 1 B 404/11 MD vom 16.01.2012, den von der Beklagten übersandten Verwaltungsvorgang sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 25.11.2014.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist begründet.

19

Der Bescheid der Beklagten vom 24.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 25.07.2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

20

Im Ergebnis der mündlichen Verhandlung einschließlich der Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen D., F., H. und E. ist nicht erwiesen, dass der Hund des Klägers den Hund der Zeugin D. gebissen oder sonst ein verhalten gezeigt hat, welches auf eine über das natürliche Maß hinausgehende Aggressivität hinweist.

21

Nach § 4 Abs. 4 GefHuG LSA hat die zuständige Behörde, die einen Hinweis darauf erhält, dass ein Hund eine gesteigerte Aggressivität aufweist, insbesondere Menschen oder Tiere gebissen oder sonst eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust oder Aggressivität gezeigt hat, diesen Hinweis von Amts wegen zu prüfen (Satz 1). Ergibt die Prüfung Tatsachen, die den Verdacht rechtfertigen, dass von dem Hund eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, so stellt die Behörde fest, dass der Hund gefährlich ist (Satz 2).

22

Nach der gesetzlichen Wertung ist dabei für ein Einschreiten der zuständigen Behörde nicht erforderlich, dass bereits Tatsachen vorliegen, welche die Gefährlichkeit eines Hundes i. S. d. § 3 Abs. 3 GefHuG LSA belegen. Dies betrifft vorliegend insbesondere die Voraussetzungen von Ziffer 2) der vorgenannten Regelung, wonach im Einzelfall gefährliche Hunde insbesondere Hunde sind, die sich als bissig erwiesen haben. Es reicht hierzu aus, wenn aufgrund von Tatsachen lediglich ein „Verdacht“ auf die Gefährlichkeit des Hundes im vorgenannten Sinn besteht. Denn nach Sinn und Zweck des Gesetzes zur Vorsorge gegen die von Hunden ausgehenden Gefahren vom 23.01.2009 (BVBl. LSA 2009, 22 - vgl. § 1 GefHuG LSA) soll den zuständigen Behörden eine wirksame Vorsorge gegen durch Hundeangriffe drohende Schäden für Menschen oder Tiere ermöglicht werden. Hintergrund dieses Gesetzes sind immer wieder in den Blick der Öffentlichkeit geratene bundesweit aufgetretene Unglücksfälle mit Hunden, bei denen Menschen oder Tiere zum Teil schwere Verletzungen erlitten haben und es auch zu Todesfällen gekommen ist. Im Gemeinwohlinteresse an einer effektiven Gefahrenvorsorge im Hinblick auf die von Hunden ausgehenden potentiellen Gefahren hat der Landesgesetzgeber dementsprechend mit § 4 Abs. 4 GefHuG LSA eine Rechtsgrundlage geschaffen, mit der bereits bloße Risiken zukünftiger Schädigungen durch Hunde vermieden werden sollen (vgl. Nds. OVG, B. v. 12.05.2005 - 11 ME 92/05 -, zitiert nach juris, zur insoweit wortgleichen Regelung des § 3 Abs. 2 Nds. Gesetz über das Halten von Hunden vom 12.12.2002, Nds. GVBl. 2003, 2). Der Gesetzgeber in Sachsen-Anhalt hat eine niedrige ordnungsrechtliche Eingriffsschwelle bestimmt, indem er für die Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes im Einzelfall im Sinne einer Gefahrenvorsorge einen bloßen Gefahrenverdacht ausreichen lässt. Erhält die zuständige Behörde, etwa durch die Anzeige eines betroffenen Hundehalters, aufgrund einer Information der Fachaufsichtsbehörde, Presseberichten oder allgemeinen polizeilichen Hinweisen, die Kenntnis auf eine gesteigerte Aggressivität eines Hundes, so hat sie dem von Amts wegen nachzugehen (§ 4 Abs. 4 S. 1 GefHuG LSA). Ergeben sich hiernach Tatsachen, die den Verdacht rechtfertigen, dass von dem Hund eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, so stellt die Behörde dessen Gefährlichkeit fest (§ 4 Abs. 4 S. 2 GefHuG LSA). Ein ordnungsbehördliches Einschreiten ist demnach bereits dann gerechtfertigt, wenn aufgrund der festgestellten Tatsachen zwar nicht gewiss ist, es aber zumindest als möglich erscheint, dass der Hund zukünftig ein Rechtsgüter Dritter schädigendes Verhalten zeigt (vgl. zum Begriff des Gefahrenverdachts: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Auflage 2007, Kapitel E, Rn. 48). Der Gesetzgeber in Sachsen-Anhalt wollte ein möglichst frühzeitiges ordnungsbehördliches Einschreiten ermöglichen, um dadurch künftige Beißvorfälle mit Hunden weitgehend zu minimieren und Gefahren für die öffentliche Sicherheit wirksam vorzubeugen, die mit dem Halten und Führen von Hunden verbunden sein können (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs in LT-Drs. 5/1011, S. 11; Pietzsch, LKV 2010, 241). Die Fähigkeit eines Hundes zu sozialverträglichem Verhalten ist nach Feststellung der Gefährlichkeitsvermutung allein im Rahmen eines Wesenstests i. S. v. § 10 Abs. 1 GefHuG LSA nachzuweisen (OVG LSA, B. v. 29.11.2011 - 3 M 484/11 -, zitiert nach juris, Rn. 5 m. w. N.).

23

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben, denn ungeachtet der zu treffenden Prognoseentscheidung setzt diese eine Tatsachenermittlung durch die Behörde voraus. Erst wenn die Behörde ihrer Pflicht aus §§ 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfG LSA, 24 VwVfG (Untersuchungsgrundsatz) hinreichend nachgekommen ist, eröffnet sich der Raum für die Gefährlichkeitsprognose. Letzteres war weder im Zeitpunkt des Erlasses des hier angefochtenen Bescheides, noch bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2012 der Fall. Zwar hatte die Zeugin D. einen Vorfall bei der Beklagten am 23.08.2011 angezeigt und erklärt, dass der Hund des Klägers ihren eigenen Hund in das linke Ohr gebissen habe. Dagegen hatte der Kläger indes erklärt, dass er nicht glaube, dass es sich um einen gezielten Biss gehandelt habe, sondern vielmehr um die Folge einer Rangordnungsrangelei. Ausgehend hiervon hätte die anschließende Gefährlichkeitsprognose einer weiteren Sachverhaltsermittlung von Amts wegen, etwa durch Befragung aller von der Anzeigenerstatterin angegebenen Zeugen bedurft.

24

Im Ergebnis der Beweisaufnahme durch die Kammer konnte nicht mit der hierfür nötigen Überzeugungsgewissheit des Gerichts aufgeklärt werden, dass der Hund des Klägers den Hund der Zeugin D. gebissen hat. Die Zeugin erklärte, sie habe die Rangelei der Hunde erst gesehen, als ihr Hund aufjaulte. Hier habe sich der Hund des Klägers bereits über ihrem Hund befunden und Kopfbewegungen nach unten in Richtung ihres Hundes gemacht. Hieraus habe sie geschlossen, dass es sich um Beißversuche handelte. Später habe sich die Verletzung am Ohr und Blut bei ihrem Hund gesehen. Hiermit stimmt im Wesentlichen die Aussage des Zeugen E. überein, nur dass dieser keine „Beißbewegungen“ des klägerischen Hundes gesehen hat. Alle weiteren durch das Gericht vernommenen Zeugen schilderten die Begleitumstände des Vorfalls unterschiedlich, haben aber – insoweit übereinstimmend – ebenfalls keinen Beißvorgang im Sinne des Zusammenklappens beider Kiefer des Hundes mit einer hierdurch verursachten Verletzung gesehen. Übereinstimmend erklärten der Zeuge F. und die Zeugin H. allerdings, dass es eine Rangordnungsstreitigkeit zwischen den Hunden wegen einer läufigen Hündin gegeben habe. Ob es im Zuge dieser Rangelei bereits zu der Verletzung des Hundes der Zeugin D. gekommen ist, konnte nicht geklärt werden und kann auch dahinstehen. Denn ob ein Hund im Rahmen eines artgerechten Verteidigungsverhaltens gebissen hat (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.11.2013 – 11 LA 100/13 -, n. juris), bedarf erst der näheren Aufklärung, wenn feststeht, dass er überhaupt gebissen hat. Letzteres ist vorliegend indes nicht feststellbar.

25

Mithin rechtfertigt das Vorkommnis am 19.08.2011 nicht den Verdacht, dass von dem Hund des Klägers eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes zur Vorsorge gegen die von Hunden ausgehenden Gefahren reicht dieser Vorfall für die streitgegenständliche Feststellung der Gefährlichkeit des Hundes „R.“ nicht aus.

26

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

27

Die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

28

Die Streitwertentscheidung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG.


(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.

(2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.