Verwaltungsgericht München Urteil, 18. Okt. 2018 - M 18 K 17.35707

published on 18/10/2018 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 18. Okt. 2018 - M 18 K 17.35707
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Gericht

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt unter entsprechender Aufhebung des ablehnenden Asylbescheids die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise eines subsidiären Schutzstatus bzw. weiter hilfsweise die Feststellung, dass Abschiebungsverbote vorliegen.

Der Kläger, der afghanischer Staatsangehöriger und schiitischer Hazara ist, stammt aus der Stadt Kabul. Er reiste nach eigenen Angaben im September 2015 aus Afghanistan aus und kam am 16. November 2015 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland. Der Kläger stellte am 1. Juli 2016 einen förmlichen Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt).

Am 3. November 2016 fand die Anhörung des Klägers beim Bundesamt statt. Der Kläger gab an, mit seiner Mutter, seinem Stiefvater und seinem Bruder zusammen in Kabul gelebt zu haben. Er habe noch drei ältere Halbschwestern, von denen eine im Iran und die anderen in Afghanistan leben würden, sowie einen Onkel mütterlicherseits in Afghanistan. Der Kläger sei 2-3 Jahre in die Schule gegangen und habe in Afghanistan als Hilfsarbeiter, im Iran als Autolackierer gearbeitet. Die finanzielle Situation der Familie in Afghanistan sei schlecht gewesen. Zu seinem Verfolgungsschicksal befragt, erklärt der Kläger zusammengefasst, er sei von seinem Stiefvater, der Sunnit sei, sehr schlecht behandelt, seit seiner Kindheit zur Zwangsarbeit gezwungen, geschlagen und gefoltert worden. Nach dem Tod des Vaters, als der Kläger sieben Jahre alt gewesen sei, habe die Mutter aus finanziellen Gründen den Stiefvater geheiratet, der gewalttätig und drogenabhängig sei. Auch aufgrund der Religionszugehörigkeit zu den Schiiten seien die Mutter des Klägers und der Kläger selbst vom Stiefvater misshandelt und gedemütigt worden. Ein Fluchtversuch nach Kandahar sei gescheitert, da Freunde seines Stiefvaters ihn dort ausfindig gemacht und gewaltsam zum Stiefvater zurückgebracht hätten. Ungefähr im Jahr 2014 sei der Kläger deshalb in den Iran geflohen und habe dort eineinhalb Jahre gelebt. Der Stiefvater habe ihn, als der Kläger bereits im Iran gewesen sei, zweimal gedroht, dass er zurückkehren solle. Der Kläger gehe davon aus, dass der Stiefvater ihn bei einer Rückkehr nach Afghanistan finden und töten werde. Der Kläger trug weiter vor, dass er sich derzeit in medizinischer Behandlung befinde und die gesundheitlichen Probleme schon in Afghanistan gehabt habe. Sie stammten von der schweren Arbeit, die er seit seiner Kindheit ausführen habe müssen.

Mit Bescheid vom 14. März 2017 erfolgte die Ablehnung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziff. 1), der Anerkennung als Asylsuchender (Ziff. 2) und der Gewährung subsidiären Schutzes (Ziff. 3). Es wurde festgestellt, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegt (Ziff. 4). Der Kläger wurde deshalb aufgefordert, die BRD innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen; für den Fall des Nichteinhaltens der Ausreisefrist wird der Kläger nach Afghanistan abgeschoben (Ziff. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wird auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziff. 6). Auf die Bescheidsbegründung wird Bezug genomen. Der Bescheid wurde dem Kläger am 16. März 2017 zugestellt.

Der Kläger erhob am 24. März 2017 zur Niederschrift Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München mit den Anträgen, den Bescheid der Beklagten vom 14. März 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen; dem Kläger subsidiären Schutz nach § 4 AsylG zuzuerkennen und die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG bestehen.

Am 12. April 2017 übersandte das Bundesamt die Behördenakte. Mit Beschluss vom 26. Juni 2017 wurde der Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen.

Mit Schriftsatz vom 3. April 2017 bestellte sich die Klägerbevollmächtigte und ergänzte den Sachvortrag dahingehend, dass der Kläger nach seinem eineinhalbjährigen Aufenthalt im Iran nach Afghanistan abgeschoben worden sei. Der Kläger sei Analphabet und hätte keine Chance in Kabul auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Ihm drohe wegen der hohen Lebenshaltungskosten in Kabul die Obdachlosigkeit. Die wirtschaftliche und humanitäre Lage in Kabul habe sich seit 2015, auch wegen des erheblichen Zuzugs von Binnenflüchtlingen und Rückkehrern, erheblich verschlechtert, sodass nicht mehr ohne weiteres davon ausgegangen werden könne, dass ein alleinstehender, erwachsener Mann in Kabul angemessen überleben könne. Eine genaue Einzelfallprüfung sei vorzunehmen, die zum Ergebnis führe, dass der Kläger in Kabul nicht sein Existenzminimum erwirtschaften könne.

Die Klägerbevollmächtige teilte mit Schriftsatz vom 25. Juni 2018 weiter mit, dass der Kläger am 2. Mai 2018 wegen eines bösartigen Tumors/Darmkrebs operiert worden sei und am 29. Mai 2018 eine Nachoperation erfolgen habe müssen. Beigefügt waren zwei Atteste des Klinikums … vom 2. und 29. Mai 2018. Auf den Inhalt wird Bezug genommen.

Mit weiterem Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 19. Juli 2018 wurden weitere Atteste des Klinikums … vom 21. November 2017 und 9. März 2018 sowie ein erläuternder Arztbericht der Gemeinschaftspraxis Dr. K., Dr. Sch. vom 3. Juli 2018 vorgelegt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird. Der Kläger leide an einer familiären adenomatösen Polyposis coli (FAP), was eine genetische Erkrankung des Dickdarms sei, bei der es zu einem Befall des Dickdarms mit Polypen komme. Die Wahrscheinlichkeit an Darmkrebs zu erkranken liege bei 100%. Eine engmaschige Tumornachsorge sei absolut erforderlich. Derzeit erhalte der Kläger aufgrund seines künstlichen Darmausganges pflegerische Hilfsmittel.

Zusammenfassend bestätigen die vorgelegten ärztlichen Atteste die Angaben der Klägerbevollmächtigten. Der beim Kläger diagnostizierte bösartige Darmtumor im Dickdarm wurde im Mai 2018 entfernt und ein künstlicher Darmausgang angelegt. Bei der Rückverlegung habe es Schwierigkeiten gegeben, sodass der künstliche Darmausgang zum Zeitpunkt des Arztbriefes vom 3. Juli 2018 weiter bestehe. Aufgrund der genetischen Erkrankung sei aus ärztlicher Sicht halbjährlich präventive Kontrolluntersuchungen notwendig, um wiederauftretende Tumore frühzeitig zu erkennen.

Die Verwaltungsstreitsache wurde am 12. Oktober 2018 mündlich verhandelt. Der Kläger gab an, dass er sich nun, da er erwachsen sei, gegen den Stiefvater durchsetzen und von diesem nicht mehr zur Zwangsarbeit gezwungen werden könne. Er sei allerdings krank und müsse daher halbjährlich untersucht werden. Der künstliche Darmausgang sei erfolgreich am 2. August 2018 zurückoperiert worden. Aktuell müsste er nichts mehr wegen der Darmerkrankung machen. Er müsse sich vier bis fünf Monate noch schonen, danach könne er wieder voll arbeiten. Die notwendigen halbjährlichen Untersuchungen könnten in Afghanistan nicht gemacht werden, insbesondere könne er diese nicht finanzieren. Seine Familie habe dafür kein Geld. Er gab auf Nachfrage an, dass sein Bruder und seine drei Halbschwestern nicht mehr in Afghanistan leben, er jedoch zwei Onkel mütterlicherseits in Kabul, eine Tante väterlicherseits in Mazar-i Sharif und viele Cousins in Kabul und Mazar-i Sharif habe.

Mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2018 legte die Klägerbevollmächtigte das Mandat nieder.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorgelegte Behördenakte sowie auf die Gerichtsakte - insbesondere auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 12. Oktober 2018 - Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG. Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will.

Der Kläger hat keinen der enumerativ aufgezählten Verfolgungsgründe aus § 3b AsylG vorgetragen. In der Anhörung und der mündlichen Verhandlung gab der Kläger an, dass er von seinem Stiefvater misshandelt worden sei und daher Afghanistan verlassen habe. Diese Misshandlungen und die vom Stiefvater erzwungene Zwangsarbeit fanden nicht im Zusammenhang mit einem der Verfolgungsgründe nach § 3b AsylG statt, sondern beruhten auf der Drogensucht des Stiefvaters und dessen Verständnig von „Erziehung“.

Der Kläger ist schiitischer Hazara. Auch eine Gruppenverfolgung der Hazara durch die Taliban oder den IS ist jedoch aktuell in Afghanistan nicht anzunehmen (BayVGH, B.v. 14.8.2017, Az. 13a ZB 17.30807 - juris Rn. 17; VGH Baden-Württemberg, U.v. 11.4.2018 - A 11 S 924/17 - juris Rn. 45ff.). Nach den neueren Erkenntnismitteln ist zwar dokumentiert, dass insbesondere der IS ab 2016 und auch noch im Jahr 2018 mehrfach große Anschläge auf schiitische Hazara vornahm (EASO, COI Report Afghanistan, Security Situation, Dezember 2017, S. 39ff; UNAMA, Protection of civilians in armed conflict: attacks against places of worship, religious leaders and worshippers, 7.11.2017, S. 1f.). Allerdings verurteilte die Mehrheit der Bevölkerung die Attentate (EASO, Individuals targeted by armed actors in the conflict, Dez 2017, S. 53ff. (57oben)), sodass nicht davon auszugehen ist, dass die erforderliche Verfolgungsdichte für eine Gruppenverfolgung erreicht ist (EASO Country Guidance, Juni 2018, S. 61f) .

Ein Anspruch auf Zuerkennung eines subsidiären Schutzes steht dem Kläger nicht zu. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Der Kläger hat das Gericht vom Vorliegen von stichhaltigen Gründen, dass ihm eine Gefahr in seinem Heimatdorf droht, nicht überzeugt. Trotz der Annahme einer Vorverfolgung durch den Stiefvater besteht aktuell keine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Gefahr für den Kläger bei Rückkehr nach Afghanistan.

Nach Maßgabe von Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU ist die Tatsache, dass der Antragsteller bereits von einem Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr laufe ernsthaften Schaden zu erleiden; es sei denn stichhaltige Gründe sprechen dagegen. Der Kläger gab im Rahmen der mündlichen Verhandlung an, dass er sich aufgrund seines nun fortgeschrittenen Alters nicht mehr in Gefahr sehe, durch seinen Stiefvater zur Zwangsarbeit geschickt oder misshandelt zu werden. Er gab an, er werde sich gegen ihn durchsetzen können. Daher sprechen stichhaltige Gründe dagegen, dass der Kläger bei einer Rückkehr wieder Misshandlungen oder einer erzwungenen Zwangsarbeit durch seinen Stiefvater ausgesetzt sein würde.

Auch eine ernsthafte Gefahr auf Grundlage des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist bei einer Rückführung des Klägers nicht zu erwarten. Demnach gilt als Drohen eines ernsthaften Schadens auch eine ersthafte individuelle Bedrohung des Lebens und der Unversehrtheit des Klägers infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen einer internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

Ein innerstaatlicher Konflikt im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist praktisch im gesamten Staatsgebiet Afghanistans anzunehmen.

Für die Ermittlung einer individuellen, ernsthaften Bedrohungslage im Sinne des § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AsylG stellt das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 27. April 2010 - 10 C 4.09 - juris Rn 32ff folgende Maßstäbe auf:

„(…) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seinem Urteil vom 17. Februar 2009 - Rs. C-465/07 - (Elgafaji a. a. O.) das Erfordernis einer ernsthaften individuellen Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Sinne von Art. 15 Buchst. c der Richtlinie [2004/83/EG] dahingehend ausgelegt, dass es sich auf schädigende Eingriffe beziehe, die sich gegen Zivilpersonen ungeachtet ihrer Identität richteten, wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreiche, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestünden, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer ernsthaften Bedrohung im Sinne der Richtlinie ausgesetzt zu sein. Mit Blick auf den 26. Erwägungsgrund und die Systematik des Art. 15 der Richtlinie bleibe dies allerdings einer außergewöhnlichen Situation vorbehalten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet sei, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestünden, dass die fragliche Person dieser Gefahr individuell ausgesetzt wäre. Liegen keine gefahrerhöhenden persönlichen Umstände vor, ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich; liegen gefahrerhöhende persönliche Umstände vor, genügt auch ein geringeres Niveau willkürlicher Gewalt. Zu diesen gefahrerhöhenden Umständen gehören in erster Linie solche persönlichen Umstände, die den Antragsteller von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen, etwa weil er von Berufs wegen - z.B. als Arzt oder Journalist - gezwungen ist, sich nahe der Gefahrenquelle aufzuhalten. Dazu können aber nach Auffassung des Senats auch solche persönlichen Umstände gerechnet werden, aufgrund derer der Antragsteller als Zivilperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte - etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit - ausgesetzt ist, (…). Auch im Fall gefahrerhöhender persönlicher Umstände muss aber ein hohes Niveau willkürlicher Gewalt bzw. eine hohe Gefahrendichte für die Zivilbevölkerung in dem fraglichen Gebiet festgestellt werden. Allein das Vorliegen eines bewaffneten Konflikts und die Feststellung eines gefahrerhöhenden Umstandes in der Person des Antragstellers reichen hierfür nicht aus. Erforderlich ist vielmehr eine jedenfalls annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, sowie eine wertende Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung. Insoweit können auch die für die Feststellung einer Gruppenverfolgung im Bereich des Flüchtlingsrechts entwickelten Kriterien entsprechend herangezogen werden.“

Das Bundesverwaltungsgericht ergänzte weiter in seinem Urteil vom 17. November 2011 - 10 C 13/10 - juris Rn. 23:

„Zwar bedarf es (…) neben dieser quantitativen Ermittlung auch einer wertenden Gesamtbetrachtung des statistischen Materials mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung (Urteil vom 27. April 2010 a. a. O. Rn. 33). Zu dieser wertenden Betrachtung gehört jedenfalls auch die Würdigung der medizinischen Versorgungslage in dem jeweiligen Gebiet, von deren Qualität und Erreichbarkeit die Schwere eingetretener körperlicher Verletzungen mit Blick auf die den Opfern dauerhaft verbleibenden Verletzungsfolgen abhängen kann. Der Mangel in der Vorgehensweise des Berufungsgerichts bleibt aber im vorliegenden Fall ohne Folgen. Denn die Höhe des vom Berufungsgericht festgestellten Risikos eines dem Kläger drohenden Schadens ist so weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt, dass sich der Mangel im Ergebnis nicht auszuwirken vermag.“

Unter Anlegung dieser Maßstäbe erreicht die willkürliche Gewalt gegen Zivilpersonen in Kabul noch nicht die Dichte, die vorausgesetzt wird, um einen subsidiären Schutzstatus auszulösen (s. BayVGH, U.v. 25.1.2017, 13a ZB 16.30374, juris - Rn. 11).

Zunächst ist festzustellen, dass die erforderliche Verdichtung der willkürlichen Gewalt bereits in quantitativer Hinsicht nicht anzunehmen ist. Das Bundesverwaltungsgericht beanstandete die Annahme nicht, dass sich die willkürliche Gewalt bei einem Verhältnis von Opfern willkürlicher Gewalt zu Einwohnern von 1:800 noch nicht ausreichend verdichtet hat (BVerwG, Urteil vom 17. 11. 2011 - 10 C 13.10 juris Rn 22). Als gefahrerhöhender Umstand in der Person des Klägers ist seine Zugehörigkeit zur schiitischen Glaubensrichtung des Islams und zur Ethnie der Hazara zu zählen. Nach den neueren Erkenntnismitteln ist dokumentiert, dass insbesondere der IS ab 2016 und auch noch bis ins Jahr 2018 mehrfach große Anschläge auf religiös Stätten von Schiiten vornahm (EASO, COI Report Afghanistan, Security Situation, Dezember 2017, S. 39ff; UNAMA, Protection of civilians in armed conflict: attacks against places of worship, religious leaders and worshippers, 7.11.2017, S. 1f.), so dass aufgrund der anzunehmenden Religionsausübung durch den Kläger in schiitischen Stätten ein erhöhtes Gefährdungspotential im Vergleich zur (überwiegend) sunnitischen Bevölkerung Afghanistans angenommen werden kann.

In der Provinz Kabul leben ca. 4,4 Million Menschen, davon ca. 3,6 Million in Kabul-Stadt (EASO COI-Bericht Security Situation vom 1.12.2017, S. 153). Im Jahr 2017 dokumentierte UNAMA in der Provinz Kabul insgesamt 1.831 zivile Opfer von Bürgerkriegsparteien. Dies entspricht einer Zunahme von 4% im Vergleich zum Jahr 2016 (UNAMA, Protection of civilians in armed conflicts, annual report 2017, S. 67). Aktuell liegt bei Annahme o.g. Zahlen aus den verfügbaren Erkenntnismittel ein Verhältnis von 1:2.403 Menschen vor, das sehr weit von einer quantitativ als ausreichender Gefahrverdichtung anzusehenden Schwelle entfernt ist. Selbst bei einer möglichen Verdreifachung der Opferzahlen im laufenden Jahr ist ein quantitativ ausreichendes Maß an willkürlicher Gewalt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (gerade) noch nicht erreicht (BVerwG, U. v. 14. Juli 2009 - 10 C 9/08 - juris Rn. 17; BVerwG, U. v. 17. November 2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 22), so dass eine aufgrund der Methodologie der UNAMA mögliche Untererfassung der Opfer aktuell noch keine ausschlagende Rolle spielt. Aus den Erkenntnismitteln des laufenden Jahres ist ersichtlich, dass die Situation sich nicht stark verschlechtert hat, sondern auf dem vorliegenden Gewaltniveau stagniert (vgl. UNAMA, Protection of the civilians, midyear-report 2018, S. 1). Bezüglich Mazar-i Sharif fallen die Zahlen noch weiter jenseits des oben beschrieben Verhältnisses aus. Für die Provinz Balkh sind bei einer Einwohnerzahl von ca. 1,38 Million 129 Opfer bei einer Reduzierung von 68% gegenüber dem Jahr 2016 anzunehmen (Einwohnerzahlen: EASO COI-Bericht Security Situation vom 1.12.2017, S. 88, 137; Opferzahlen: UNAMA, Protection of civilians in armed conflicts, annual report 2017, S. 67).

In qualitativer Hinsicht ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den Opfern - je nach Stadt - zu 1/3 bis die Hälfte um Tote handelt, während der andere Personenanteil verletzt ist. Die medizinische Versorgung Afghanistans, die im Allgemeinen als eher schlecht einzustufen ist (EASO, COI Report Afghanistan, Key socio-economic indicators, August 2017, S. 49f), ist in den Großstädten hinreichend gewährleistet. Ein starkes Stadt-Land-Gefälle in der medizinischen Versorgungslage zugunsten der Städte ist erkennbar (EASO, COI Report Afghanistan, Key socio-economic indicators, August 2017, S. 50). So haben alle oben benannte Städte staatlich geführte Krankenhäuser mit modernen Geräten und qualifiziertem Personal zur Verfügung (EASO, COI Report Afghanistan, Key socio-economic indicators, August 2017, S. 56ff.).

Als weiterer Aspekt der qualitativen Bewertung der Bedrohungslage ist, ob aus den benannten Regionen hohe Flüchtlingszahlen zu vermelden sind. Bei beiden benannten Städten ist erkennbar, dass diese eher Zufluchtspunkt für diverse Fluchtbewegungen darstellen, als Orte aus denen die Menschen fliehen (vgl. Karte über Flüchtlingsbewegungen im Zeitraum vom 1.9.2016 bis 31.5.2017, EASO COI-Bericht Security Situation vom 1.12.2017, S. 53). Für den Zeitraum bis zur mündlichen Verhandlung sind keine großen Änderungen an diesem Trend ersichtlich.

Qualitativ negativ zu bewerten ist, dass in beiden benannten Provinzen bzw. Städten die Opferzahlen größtenteils aus ungezielten Selbstmordattentaten, Bombenattentaten oder IEDs erfolgte, denen die Bevölkerung in ihrem Alltagsleben ausgesetzt sind und denen mit Vorsichtsmaßnahmen oder Vermeidungsverhalten nur bedingt begegnet werden kann (UNAMA, Protection of civilians in armed conflicts, annual report 2017, S. 67; UNHCR-Richtlinie vom 30. August 2018, S. 112f).

Insgesamt ist bei Einbezug sowohl der quantitativen, als auch der qualitativen Fakten der Bedrohungslage und des gefahrerhöhenden Umstands in der Person des Klägers noch nicht von einer ausreichenden Verdichtung der Gefahr auszugehen. Es wird festgestellt, dass der Abschiebung des Klägers kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) entgegensteht. Zur Begründung wird insoweit nach § 77 Abs. 2 AsylG auf die Bescheidsbegründung Bezug genommen. Neuere Erkenntnismittel zum Zeitpunkt der Urteilsfällung ergeben, dass die wirtschaftliche Lage sich zwar weiter verschlechtert hat, jedoch für junge Männer ohne besondere Vulnerabilitäten davon auszugehen ist, dass diese ein Existenzminimum verdienen können (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, U.v. 9.11.17 - A 11 S 789/1 juris Leitsätze; EASO COI Report, Afghanistan Networks, Jan 2018, S. 27ff.; EASO, COI Report Afghanistan, Key socio-economic indicators, August 2017, S. 22ff., 28ff.). Nach Maßgabe der UNHCR-Richtlinie vom 30. August 2018 ist bezüglich des internen Schutzes - jedenfalls in Mazar-i Sharif - bei alleinstehenden jungen gesunden Männern auch ohne familiäres Netzwerk davon auszugehen, dass sie ihr Existenzminimum erwirtschaften können (UNHCR-Richtlinie vom 30. August 2018, S. 110). Mangels Glaubhaftmachung einer drohenden Gefahr bei Rückkehr nach Kabul und wegen der in Kabul und Mazar-i-Sharif existierenden familiären Strukturen des Klägers ist davon auszugehen, dass es dem Kläger möglich sein wird, seinen Lebensunterhalt in Afghanistan zu erwirtschaften. Der Kläger ist zum aktuellen Zeitpunkt auch der Gruppe der gesunden, arbeitsfähigen Bevölkerung zuzurechnen. So zeigen die Operationen vom 2. und 29. Mai sowie vom 2. August 2018 nach Angabe des Klägers keine Nachwirkungen mehr und führen dazu, dass der Kläger wieder arbeitsfähig ist. Körperliche Einschränkungen habe dieser nicht mehr, sodass er nach Ablauf der Schonzeit ab Anfang Dezember 2018 wieder als voll arbeitsfähig einzustufen ist. Angesichts der Zeit bis zur Rechtskraft dieses Urteils ist daher mit einer Rückkehr vor Ende der Schonzeit nach der Operation nicht zu rechnen. Die weiterhin bestehende genetische Erkrankung kann im Rahmen des § 60 Abs. 5 AufenthG nicht berücksichtigt werden, da der Kläger durch sie in näherer Zeit keinen weiteren körperlichen Einschränkungen unterliegen. Der Kläger, der bereits jahrelang als Hilfsarbeiter in Kabul und im Iran als Autolackierer gearbeitet hat, wird mit Hilfe seiner familiären Netzwerke (z.B. Onkel und Cousins mütterlicherseits) mit ausreichender Wahrscheinlichkeit sein Existenzminimum durch Arbeit erwirtschaften oder von seiner Verwandtschaft erhalten werden. Es wird festgestellt, dass der Abschiebung des Klägers kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) entgegensteht. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll festgestellt werden, wenn im Zielland für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Bei Erkrankungen liegt eine erhebliche konkrete Gefahr nach Maßgabe des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung alsbald wesentlich verschlechtern würden, vor.

Nach Überzeugung des Gerichts hat der Kläger substantiiert vorgetragen derzeit an einer schwerwiegenden und lebensgefährlichen Erkrankung zu leiden und dies durch die vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen untermauert. Aufgrund der genetischen Erkrankung ist davon auszugehen, dass der Kläger im Lauf der nächsten Jahre mit einer an die 100 Prozent reichenden Wahrscheinlichkeit erneut an Darmkrebs erkranken wird. Nach Ansicht des Gerichts liegt eine chronische, lebensgefährliche Erkrankung vor.

Eine konkrete, erhebliche Gefahr für das Leben bzw. den Leib des Klägers ist bei Abschiebung nach Afghanistan aufgrund der schwerwiegenden Erkrankung jedoch nicht zu erwarten. Für die Bestimmung der „Gefahr“ gilt der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, d.h. die drohende Rechtsgutverletzung darf nicht nur im Bereich des Möglichen liegen, sondern muss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein (BVerwG, B.v. 2.11.1995 - 9 B 710/94 - juris). Eine Gefahr ist „erheblich“, wenn eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das wäre der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Eine wesentliche Verschlechterung ist nicht schon bei einer befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustandes anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden. Außerdem muss die Gefahr konkret sein, was voraussetzt, dass die Verschlechterung des Gesundheitszustands alsbald nach der Rückkehr des Betroffenen in sein Herkunftsland eintreten wird, weil er auf die dort unzureichenden Möglichkeiten zur Behandlung seiner Leiden angewiesen wäre und anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte (vgl. BVerwG, U.v. 29.7.1999 - 9 C 2/99 - juris Rn. 8).

Unter Anlegung der oben benannten Maßstäbe ist mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intenstität durch die chronische Erkrankung zu erwarten, da der Kläger mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit erneut an Darmkrebs erkranken wird. Jedoch ist die Gefahr nicht konkret genug, da sich der Gesundheitszustand des Klägers nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr nach Afghanistan verschlechtern wird. Trotz der hohen Wahrscheinlichkeit des Klägers, an Darmkrebs zu erkranken, handelt es sich um eine latente Gefahr, die zwar irgendwann innerhalb der nächsten Jahre zu tragen kommen wird, aber nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bereits alsbald nach seiner Rückkehr nach Afghanistan eintreten muss. Auch bei einer wohl erforderlichen Ausdehnung der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „alsbald“ angesichts der sehr hohen Wahrscheinlichkeit (100%) eines sehr intensiven Krankheitsausbruchs (Darmkrebs) steht jedoch für das Gericht nicht fest, dass der Kläger innerhalb einiger Monate nach seiner Rückkehr wieder an Darmkrebs erkranken wird. Dagegen sprechen die ärztlicherseits präventiv angeordneten, halbjährlichen Untersuchungsintervalle. Die letzte Untersuchung fand nach Angaben des Klägers erst Anfang Oktober 2018 statt und brachte kein positives Ergebnis. Sinn und Zweck des zeitlich sehr eng gefassten § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG besteht darin, Abschiebungsverbote aufgrund chronischer Erkrankungen zur Vermeidung von übermäßiger Zuwanderung gerade chronisch kranker Personen und daraus folgender Überlastung der Gesundheitssysteme nicht zuzulassen. Unter Betrachtung dieses Gesetzeszweckes ist ein Abschiebungsverbot mangels einer ausreichenden Konkretisierung der Gefahr durch die lebensgefährliche Erkrankung des Klägers abzulehnen.

Auch ist das Vorliegen von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Anwendung abzulehnen. Auch bei Prüfung des Vorliegens eines Abschiebungsverbotes aufgrund § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG in verfassungskonformer Anwendung ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung darauf abzustellen, ob mit hoher Wahrscheinlichkeit eine „erhebliche konkrete Gefahr“ im Sinne einer Extremgefahr alsbald nach der Rückkehr in das Herkunftsland besteht (BVerwG, Urteil vom 17.10.2006 - 1 C 18.05 - juris Rn. 17ff.; BVerwG, Urteil vom 29.6.2010 - 10 C 10.09 - juris Rn. 15f, 20). Hierzu kann auf die Ausführungen zu § 60 Abs. 7 AufenthG Bezug genommen werden, da die Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Konkretheit der Gefahr in zeitlicher Hinsicht parallel läuft, wenn nicht sogar noch strenger zu fassen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG.Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 S. 1 VwGO i.V.m. § 708, 711 ZPO.

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:

1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;
2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind;
3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird;
4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn
a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und
b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft;
5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.

(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.