Verwaltungsgericht München Urteil, 01. Aug. 2018 - M 17 K 17.5823

bei uns veröffentlicht am01.08.2018

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Beihilfefähigkeit eines für die zahnärztliche Behandlung der Ehefrau des Klägers aufgewandten Rechnungsbetrages in Höhe von insgesamt 3.689,08 €.

Der Kläger ist als Beamter in Diensten des Beklagten dem Grunde nach beihilfeberechtigt. Der Bemessungssatz zu krankheitsbedingten Aufwendungen seiner Ehefrau beträgt 70 v. H.

Mit Formblatt vom … Oktober 2017 beantragte der Kläger die Gewährung von Beihilfe für eine Zahnarztrechnung der Facharztpraxis … für seine Ehefrau vom … September 2017 über einen Betrag von 3.689,08 € (3.628,82 € zahnärztliches Honorar und 60,26 € Materialaufwendungen).

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 13. Oktober 2017 wurde seitens der Beihilfestelle von der Rechnungssumme ein Betrag in Höhe von insgesamt 2.877,34 € als beihilfefähig anerkannt (2.817,08 € zahnärztliches Honorar und 60,26 € für Materialaufwendungen) und dem Kläger dementsprechend eine Beihilfe in Höhe von 2.014,14 € (70% von 2.877,34 €) gewährt. Begründet wurden die Kürzungen der Beihilfestelle in Bezug auf die Honorarforderung in Höhe von insgesamt 811,74 € damit, dass die behandelnden Zahnärzte hinsichtlich der Rechnungsziffern GOZ 0100, 2040 und 2080 (Behandlung vom …2017); GOZ 9000 (Behandlung vom …2018); GOZ 0100, 2100 (Region 47 ovl und Region 46 ovl) und 2080 (Behandlung vom …2017); GOZ 2030, 2040, 2400, GOÄ 5000, GOZ 2410, 2420, 2430 (Behandlung vom …2017); GOZ 2040, 2100 und 2080 (Behandlung vom …2017) sowie GOZ 2040, 2400, GOÄ 5000, GOZ 2420, 2440, 2197, 2030 und 2060 (Behandlung vom …2017) das Überschreiten des 2,3fachen Gebührensatzes (sog. Schwellenwert) nicht ausreichend begründet hätten.

Die in der Rechnung der Zahnarztpraxis enthaltenen Begründungen der Schwellenwertüberschreitung lauten im Einzelnen wie folgt:

„1. GOZ Ziffer 0100 (Intraorale Leitungsanästhesie):“

Erhöhter Zeitaufwand der Injektion bedingt durch langsame und schrittweise Injektion der Anästhesieflüssigkeit zur Vermeidung von Weichgewebsschäden Vorgenommene Kürzung des beihilfefähigen Betrags hinsichtlich dieser Ziffer: 7,47 € (3,93 € hinsichtlich der Behandlung vom … Juli 2017 und 3,54 € hinsichtlich der Behandlung vom …Juli 2017).

2. GOZ Ziffer 2040 (Anlegen von Spanngummi, je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich):

Erhöhter Zeitaufwand bedingt durch Individualisieren konfektionierter Klammern zur entsprechenden Anpassung und Fixierung Vorgenommene Kürzung des beihilfefähigen Betrags hinsichtlich dieser Ziffer: 32,90 € (8,04 € hinsichtlich der Behandlung vom … Juli 2017; 8,78 € hinsichtlich der Behandlung vom … Juli 2017; 4,02 € hinsichtlich der Behandlung vom … August 2017; 8,04 € hinsichtlich der Behandlung vom … August 2017 und 4,02 € hinsichtlich der Behandlung vom … August 2017)

3. GOZ Ziffer 2080 (Präparieren einer Kavität und Restauration mit Kompositmaterialien, in Adhäsivtechnik (Konditionieren), zweiflächig, ggf. einschließlich Mehrschichttechnik, einschließlich Polieren, ggf. einschließlich Verwendung von Inserts):

Erhöhter Zeitaufwand durch minimalinvasive Präparation bei maximaler Schonung der Zahnhartsubstanz; Erhöhter Zeitaufwand durch extrem tiefe approximale Kavität mit schwerem Zugang bzw. Erhöhter Schwierigkeitsgrad durch erschwerte Retentionsgewinnung für Füllung in Adhäsivtechnik Vorgenommene Kürzung des beihilfefähigen Betrags hinsichtlich dieser Ziffer: 262,71 € (zweimal 37,53 € hinsichtlich der Behandlung vom … Juli 2017; viermal 37,53 € hinsichtlich der Behandlung vom … Juli 2017 und einmal 37,53 € hinsichtlich der Behandlung vom … August 2017).

4. GOZ Ziffer 2100 (Präparieren einer Kavität und Restauration mit Kompositmaterialien, in Adhäsivtechnik (Konditionieren), dreiflächig, ggf. einschließlich Mehrschichttechnik, einschließlich Polieren, ggf. einschließlich Verwendung von Inserts):

Erhöhter Zeitaufwand durch minimalinvasive Präparation bei maximaler Schonung der Zahnhartsubstanz; Erhöhter Schwierigkeitsgrad durch erschwerte Retentionsgewinnung für Füllung in Adhäsivtechnik bzw. Erhöhter Zeitaufwand auf Grund funktioneller, aufwendiger Frontzahn-/Kauflächengestaltung bzw. Erschwerte Umstände der Ausführung bedingt durch weit distal gelegenem Behandlungsgebiet; dadurch verminderte Sicht und eingeschränkte Behandlungsmöglichkeit (hinsichtlich Präparation von Zahn Nr. 48).

Vorgenommene Kürzung des beihilfefähigen Betrags hinsichtlich dieser Ziffer: 256,37 € (zweimal 43,33 € und einmal 126,38 € hinsichtlich der Behandlung vom … Juli 2017; einmal 43,33 € hinsichtlich der Behandlung vom … August 2017).

5. GOZ Ziffer 9000 (Implantatbezogene Analyse und Vermessung des Alveolarfortsatzes, des Kieferkörpers und der angrenzenden knöchernen Strukturen sowie der Schleimhaut, einschließlich metrischer Auswertung von radiologischen Befundunterlagen, Modellen und Fotos zur Feststellung der Implantatposition, ggf. mit Hilfe einer individuellen Schablone zur Diagnostik, einschließlich Implantatauswahl, je KieferKompositfüllung in Adhäsivtechnik, einflächig):

Erhöhter Zeitaufwand auf Grund eingehende Analyse und umfangreicher Diagnostik wegen Nähe zur Kieferhöhle; Überdurchschnittliche Umstände wegen schwieriger knöcherner Strukturen Vorgenommene Kürzung des beihilfefähigen Betrags hinsichtlich dieser Ziffer: 59,66 €.

6. GOZ Ziffer 2030 (Besondere Maßnahmen beim Präparieren oder Füllen von Kavitäten (z. B. Separieren, Beseitigen störenden Zahnfleisches, Stillung einer übermäßigen Papillenblutung), je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich):

Erschwerte Umstände bei der Ausführung auf Grund vermehrter Salvation Vorgenommene Kürzung des beihilfefähigen Betrags hinsichtlich dieser Ziffer: 7,30 € (3,65 € hinsichtlich der Behandlung vom … August 2017 und 3,65 € hinsichtlich der Behandlung vom … August 2017).

7. GOZ Ziffer 2400 (Elektrometrische Längenbestimmung eines Wurzelkanals):

Erhöhte Schwierigkeit bei der Ausführung auf Grund Mehrfachmessungen in Folge von Messungenauigkeiten durch Restfeuchtigkeit Vorgenommene Kürzung des beihilfefähigen Betrags hinsichtlich dieser Ziffer: 23,60 € (4,72 € hinsichtlich der Behandlung vom … August 2017 und 18,88 € hinsichtlich der Behandlung vom … August 2017).

8. GOZ Ziffer 2410 (Aufbereitung eines Wurzelkanals auch retrograd, je Kanal, gegebenenfalls in mehreren Sitzungen):

Erhöhter Zeitaufwand bei der Aufbereitung bedingt durch schrittweises langsames Vorgehen zur Aufbereitung auch aller Kanäle sowie Finnen/Isthmen (Nebenkanäle).

Vorgenommene Kürzung des beihilfefähigen Betrags hinsichtlich dieser Ziffer: 52,90 €.

9. GOZ Ziffer 2420 (Zusätzliche Anwendung elektrophysikalisch-chemischer Methoden, je Kanal):

Erhöhter Zeitaufwand wegen starker bakterieller Besiedelung des Wurzelkanalsystems, mehrfache Maßnahmen notwendig Vorgenommene Kürzung des beihilfefähigen Betrags hinsichtlich dieser Ziffer: 18,88 € (9,44 € hinsichtlich der Behandlung vom … August 2017 und 9,44 € hinsichtlich der Behandlung vom … August 2017).

10. GOZ Ziffer 2430 (Medikamentöse Einlage in Verbindung mit Maßnahmen nach den Nummern 2360, 2380 und 2410, je Zahn und Sitzung):

Erhöhter Zeitaufwand bei der Aufbereitung bedingt durch mehrfaches Trockenlegen des Wurzelkanals zur verbesserten Anhaftung des Medikaments Vorgenommene Kürzung des beihilfefähigen Betrags hinsichtlich dieser Ziffer: 12,62 €.

GOZ Ziffer 2440 (Füllung eines Wurzelkanals):

Erhöhter Zeitaufwand bei der Wurzelfüllung bedingt durch schwieriges Abfüllen der Unregelmäßigkeiten wie zusätzliche Finnen/Isthmen (Nebenkanäle).

Vorgenommene Kürzung des beihilfefähigen Betrags hinsichtlich dieser Ziffer: 34,84 €.

12. GOZ Ziffer 2197 (Adhäsive Befestigung (plastischer Aufbau, Stift, Inlay, Krone, Teilkrone, Veneer etc.).

Erhöhte Schwierigkeit wegen extrem tiefer Kavität Vorgenommene Kürzung des beihilfefähigen Betrags hinsichtlich dieser Ziffer: 8,77 €.

13. GOZ Ziffer 2060 (Präparieren einer Kavität und Restauration mit Kompositmaterialien, in Adhäsivtechnik (Konditionieren), einflächig, ggf. einschließlich Mehrschichttechnik, einschließlich Polieren, ggf. einschließlich Verwendung von Inserts):

Erhöhte Schwierigkeit wegen extrem tiefer unterminierender Kavität mit erhöhtem Materialverbrauch Vorgenommene Kürzung des beihilfefähigen Betrags hinsichtlich dieser Ziffer: 29,64 €.

14. GOÄ Ziffer 5000 (Strahlendiagnostik Zähne, je Projektion):

Erhöhter Zeitaufwand durch strahlenarme digitale Röntgentechnik Vorgenommene Kürzung des beihilfefähigen Betrags hinsichtlich dieser Ziffer: 4,08 € (2,04 € hinsichtlich der Behandlung vom … August 2017 und 2,04 € hinsichtlich der Behandlung vom … August 2017).

Mit Schreiben vom 01. November 2017 legte der Kläger Widerspruch gegen den Beihilfebescheid vom … Oktober 2017 ein. Zur Begründung verwies er darauf, dass die Begründungen der Zahnarztpraxis für seine private Krankenversicherung ausreichend gewesen seien. Außerdem legte er eine Stellungnahme des Abrechnungsinstituts vom … Oktober 2017 bei, in dem dieses ausführt, die angegebenen Begründungen ließen eindeutig eine hohe Schwierigkeit, einen erheblich höheren Zeitaufwand sowie Umstände der einzelnen Leistungen erkennen, würden also eine Gebührensatzerhöhung rechtfertigen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16. November 2017 wurde der Widerspruch des Klägers gegen den Beihilfebescheid zurückgewiesen.

Hiergegen erhob der Kläger am 14. Dezember 2017 Klage mit dem Antrag,

den Bescheid des Beklagten vom 13. Oktober 2017 in Form des Widerspruchsbescheids vom 16. November 2017 dahingehend abzuändern, dass der Beklagte verpflichtet wird, dem Kläger weitere beihilfefähige Kosten für die Zahnarztrechnung vom …09.2017 in Höhe von 568,21 € zu erstatten.

Die Überschreitung des Gebührensatzes hinsichtlich der strittigen Ziffern sei aus zahnmedizinischer Sicht angemessen und ausreichend begründet worden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die vorgelegten Begründungen seien allesamt nicht geeignet, eine Überschreitung des Schwellenwerts von 2,3 entsprechend den Anforderungen des § 5 Abs. 2 GOZ zu rechtfertigen.

Zur Begründung der Ungeeignetheit der Begründungen im Einzelnen, aufgeschlüsselt je nach abgerechneter GOZ Ziffer, wird auf die Schriftsätze des Beklagten vom 18. Januar 2018 und … Februar 2018 verwiesen.

Im Rahmen des Schriftsatzes vom 18. Januar 2018 und der übermittelten Aufstellung vom … Juli 2018 wies der Beklagtenvertreter außerdem daraufhin, dass bei der Beihilfeberechnung zulasten des Klägers hinsichtlich der für die Behandlung vom … Juli 2017 abgerechneten GOZ Ziffer 2040 versehentlich eine Kürzung der beihilfefähigen Aufwendungen des Klägers um 8,78 € statt richtig um 8,04 € vorgenommen worden sei, weil von einem falschen Rechnungsbetrag hinsichtlich dieser Ziffer ausgegangen worden sei. Zudem seien die beihilfefähigen Aufwendungen hinsichtlich der für die Behandlung am gleichen Tag abgerechnete GOZ Ziffer 2100 versehentlich nur zweistatt dreimal anerkannt worden: Bei der abgerechneten GOZ Ziffer 2100 für die Region 48 ovl seien die beihilfefähigen Aufwendungen irrtümlich auf 0 € angesetzt worden, anstatt richtigerweise, wie bei den anderen beiden an diesem Tag auch abgerechneten GOZ Ziffern 2100, eine Beihilfefähigkeit in Höhe von 83,05 € (Gebührensatz 2,3 statt 3,5) anzunehmen. Dies wirkt sich in einer Kürzung der beihilfefähigen Aufwendungen des Klägers hinsichtlich dieser Ziffer im Bescheid um 126,38 € statt richtigen 43,33 € aus (für die rechnerische Darstellung wird auf die übermittelte Übersicht des Beklagten vom … Juli 2018 verwiesen).

Zugunsten des Klägers sei jedoch auch übersehen worden, dass die zweifache Abrechnung der Ziffer GOZ 2100 am Behandlungsdatum … Juli 2017 ebenfalls eine nicht ausreichend gerechtfertigte Schwellenwertüberschreitung enthalte. Richtigerweise hätte die Beihilfestelle hier ebenfalls eine Kürzung der beihilfefähigen Aufwendungen um 86,66 € (43,33 € mal zwei) vornehmen müssen. Außerdem seien hinsichtlich der Ziffern 2040 und 2400 mit Behandlungsdatum … August 2017 sowie der Ziffer 2040 mit Behandlungsdatum … August 2017 lediglich Kürzungen der beihilfefähigen Aufwendungen um jeweils nur 4,02 € (Ziffern 2040) bzw. 4,72 € (Ziffer 2400) statt richtig jeweils 8,04 € bzw. 18,88 € vorgenommen worden. Übersehen worden sei auch, dass auch hinsichtlich der abgerechneten Ziffern 2030 und 2100 (Region 14 mdv) mit Behandlungsdatum … August 2017 die Schwellenwertüberschreitungen nicht ausreichend begründet wurden (Die Begründung der Schwellenwertüberschreitung hinsichtlich der Ziffer 2030 lautet hier: Erhöhter Zeitaufwand bei der Ausführung bedingt durch Behandlung verschiedener Maßnahmen in der gleichen Kieferhälfte, z.B. Fäden legen, Separieren, Stillung einer Blutung; die Begründung hinsichtlich Ziffer 2100 (Region 14 mdv) lautet: Erhöhter Zeitaufwand durch minimalinvasive Präparation bei maximaler Schonung der Zahnhartsubstanz; Erhöhter Schwierigkeitsgrad durch erschwerte Retentionsgewinnung bedingt durch Sulcusfluid). Hier hätte daher auch eine Kürzung der beihilfefähigen Aufwendungen in Höhe von nochmal 4,02 € und 43,33 € erfolgen müssen.

Da sich die Fehler bei einer Zusammenrechnung insgesamt zulasten des Klägers auswirken würden (nach Meinung des Beklagten wurde dem Kläger insgesamt eine Beihilfe in Höhe von 50,70 € zu Unrecht gewährt, weil die beihilfefähigen Aufwendungen im Beihilfebescheid insgesamt nur um 811,74 € statt richtig um 884,16 € gekürzt wurden), könne dem Kläger, so der Beklagtenvertreter, kein Anspruch auf Gewährung einer weiteren Beihilfe zustehen.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom … Dezember 2017, der Beklagte mit Schriftsatz vom … Februar 2018 auf eine mündliche Verhandlung verzichtet. Mit Schreiben vom … Juli 2018 und 16. Juli 2017 erklärten zudem beide Parteien ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

Eine Entscheidung über die Klage durfte im Einverständnis mit den Beteiligten nach §§ 87a Abs. 2 und 3 VwGO durch den Berichterstatter und nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung ergehen.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet und hat daher keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer weiteren Beihilfe in Höhe von 528,21 € folglich kann ihn deren Ablehnung durch Bescheid vom 13. Oktober 2017 und Widerspruchsbescheid vom 16. November 2017 auch nicht in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Die Annahme der Beihilfestelle, dass die Honorarforderung der Zahnarztpraxis allenfalls bis zu einer Höhe von 2.817,08 € beihilfefähig sei, erweist sich nach gerichtlicher Überprüfung als korrekt. Der Beklagte hat insoweit zu Recht darauf verwiesen, dass die Begründungen der Zahnärztin hinsichtlich der abgerechneten Gebührenziffern GOZ 0100, 2040, 2080 und 2100 (Behandlung vom …2017); GOZ 9000 (Behandlung vom …2018); GOZ 0100, 2040, 2100, 2080 (Behandlung vom …2017); GOZ 2030, 2040, 2400, GOÄ 5000, GOZ 2410, 2420, 2430 (Behandlung vom …2017); GOZ 2040, 2100, 2080 (Behandlung vom …2017) sowie GOZ 2040, 2400, GOÄ 5000, GOZ 2420, 2440, 2197, 2030 und 2060 (Behandlung vom …2017) die jeweilige Überschreitung des 2,3fachen Gebührensatzes nicht rechtfertigen.

1. Zahnärztliche Leistungen sind gemäß § 8 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 BayBhV beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach medizinisch notwendig und der Höhe nach angemessen sind. Die Angemessenheit beurteilt sich gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 BayBhV insoweit ausschließlich nach dem Gebührenrahmen der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ). Soweit keine begründeten besonderen Umstände vorliegen, kann nur eine Gebühr, die den Schwellenwert des Gebührenrahmens nicht überschreitet, als angemessen angesehen werden (§ 7 Abs. 1 Satz 3 BayBhV).

Nach § 5 Abs. 4 Satz 2 GOZ bildet der 2,3-fache Gebührensatz die nach Schwierigkeit und Zeitaufwand durchschnittliche Leistung ab; ein Überschreiten dieses Gebührensatzes ist nur zulässig, wenn Besonderheiten, das heißt die Schwierigkeit und der Zeitaufwand der einzelnen Leistung sowie die Umstände bei der Ausführung, dies rechtfertigen. Bemessungskriterien, die bereits in der Leistungsbeschreibung berücksichtigt worden sind, haben hierbei außer Betracht zu bleiben (§ 5 Abs. 4 Satz 3 GOZ).

Zwar ist dem Zahnarzt bei der Bestimmung des Steigerungsfaktors durch § 5 Abs. 2 Satz 1 GOZ ein gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbares Ermessen eingeräumt (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 14.12.2011 – 5 LA 237/10 – juris Rn. 21). Dieses besteht jedoch nur auf der Rechtsfolgenseite. Das Vorliegen von „Besonderheiten“ im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 2 GOZ auf der Tatbestandsseite unterliegt dagegen der vollen gerichtlichen Überprüfbarkeit (BVerwG, U.v. 17.2.1994 – 2 C 10/92 – NJW 1994, 3023, 3024; VG München, U.v. 23.5.2013 – M 17 K 11.4984).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 17.2.1994 – 2 C 10/92 – NJW 1994, 3023) müssen Besonderheiten in diesem Sinn gerade bei der Behandlung des betreffenden Patienten, abweichend von der Mehrzahl der Behandlungsfälle, aufgetreten sein. Eine in jeder Hinsicht durchschnittliche Art und Weise der Behandlung kann ein Überschreiten des 2,3-fachen Gebührensatzes (Schwellenwert) nach § 5 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 2 GOZ nicht rechtfertigen. Die Vorschrift hat Ausnahmecharakter und ist dementsprechend eng auszulegen. Diesem Ausnahmecharakter widerspräche es, wenn schon eine vom Arzt allgemein oder häufig, jedenfalls nicht nur bei einzelnen Patienten wegen in ihrer Person liegender Schwierigkeiten, angewandte Verfahrensweise bei einer Ausführung einer im Gebührenverzeichnis beschriebenen Leistung das Überschreiten des Schwellenwerts rechtfertigen würde. Erforderlich ist somit eine gerade in der Person des Betroffenen liegende Besonderheit. Der den Ausschlag für die Schwellenwertüberschreitung gebende vermehrte Aufwand muss auf eine beim betreffenden Patienten bestehende außergewöhnliche Konstitution zurückzuführen sein; rein verfahrensbezogene Besonderheiten genügen dagegen nicht (vgl. BayVGH, B.v. 15.04.2011 – 14 ZB 10.1544 – juris Rn. 4; VG Stuttgart, U.v. 28.01.2011 – 3 K 2870/10; VG München, U.v. 23.05.2013 – M 17 K 12.59; U.v. 23.05.2013 – M 17 K 11.4984; a.A. noch: VGH BW U.v. 17.9.1992 – 4 S 2084/91 – juris Rn. 48). Zwar sollte es nicht so sein, dass der Arzt bzw. Zahnarzt für die Begründung der Schwellenwertüberschreitung mehr Zeit aufwenden muss als für die eigentliche Behandlung. Ausführliche ärztliche Berichte oder gar Gutachten können daher nicht verlangt werden. Allerdings muss sich aus der gegebenen Begründung entnehmen lassen, weshalb bei dem Patienten eine von der Masse der behandelnden Fälle abweichende Besonderheit vorlag und insbesondere, worin denn diese Besonderheit bestand (VG Hannover, Gerichtsbescheid vom 07.12.2009 – 13 A 2981/09 – juris Rn. 165). Hierbei ist auch zu beachten, dass die Begründung allein vom behandelnden Zahnarzt selbst gegeben werden kann. Die Klagepartei ist dazu als Adressat der Begründung weder berechtigt noch im Stande (VG Stuttgart, U.v. 21.9.2009 – 12 K 6383/07 – juris Rn. 64).

2. Unter Anwendung dieses Maßstabs auf den konkreten Fall ergibt sich, dass die in der Rechnung der Zahnarztpraxis vom … September 2017 enthaltenen, im Beihilfebescheid beanstandeten Begründungen allesamt nicht geeignet sind, den Anforderungen der Rechtsprechung und des § 5 GOZ entsprechend eine Überschreitung des 2,3fachen Gebührensatzes zu rechtfertigen.

Im Einzelnen ergibt sich dies wie folgt:

„2.1. Die Abrechnung einer 3,3fachen (Behandlungsdatum … Juli 2017) bzw. 3,2fachen (Behandlungsdatum … Juli 2017) Gebühr anstelle einer 2,3fachen Gebühr hinsichtlich der GOZ Ziffer 0100 wurde jeweils mit einem erhöhter Zeitaufwand der Injektion bedingt durch langsame und schrittweise Injektion der Anästhesieflüssigkeit zur Vermeidung von Weichgewebsschäden begründet.“

Dass bei Vornahme einer Leitungsanästhesie Weichgewebsschäden vermieden werden sollten, versteht sich von selbst. Eine langsame und schrittweise Injektion der Anästhesieflüssigkeit entspricht daher zahnärztlichem Standard und kann nicht für die Begründung eines besonderen Erschwernisses der konkreten Behandlung herangezogen werden. Die Begründung ist daher nicht geeignet, eine Abrechnung des 3,3fachen bzw. 3,2fachen Gebührensatzes anstatt des üblichen 2,3fachen Gebührensatzes zu rechtfertigen.

2.2. Die Schwellenwertüberschreitungen hinsichtlich der abgerechneten Gebührenziffer 2040 wurden allesamt mit einem erhöhten Zeitaufwand bedingt durch Individualisieren konfektionierter Klammern zur entsprechenden Anpassung und Fixierung begründet. Dass eine Kofferdamklammer bereits von sich aus den sehr variablen anatomischen Verhältnissen entspricht, ist in den seltensten Fällen der Fall. Eine Individualisierung der Klammern ist fast immer nötig, dies zeigt sich schon daraus, dass ausweislich der Rechnung der Zahnarztpraxis in sämtlichen Zahnregionen, an denen solche Klammern gelegt wurden (Ziffer 2040 wurde sowohl für die Region 38-41, als auch für die Regionen 11-27, 16-21 und 13-25 abgerechnet) laut Rechnungsbegründungen eine Individualisierung der Klammern erfolgte. Ein von der Mehrzahl der Fälle abweichender, besonders aufwändiger Behandlungsfall lässt sich daher auch hier nicht erkennen. Die Begründung reicht nicht aus, um die Steigerung des Gebührensatzes über den Schwellenwert hinaus zu rechtfertigen.

2.3. Die Abrechnung einer durchgängigen 3,5fachen Gebühr anstelle einer 2,3fachen Gebühr hinsichtlich der GOZ Ziffer 2080 wurde jeweils mit erhöhtem Zeitaufwand durch minimalinvasive Präparation bei maximaler Schonung der Zahnhartsubstanz; erhöhtem Zeitaufwand durch extrem tiefe approximale Kavität mit schwerem Zugang bzw. erhöhtem Schwierigkeitsgrad durch erschwerte Retentionsgewinnung für Füllung in Adhäsivtechnik begründet.

Dass bei der Präparation und Restauration einer Kavität die Zahnhartsubstanz maximal geschont werden sollte, versteht sich von selbst. Die minimalinvasive Präparation entspricht daher zahnärztlichem Standard. Tiefe approximale (im Zahnzwischenraum bestehende) Kavitäten, die naturgemäß schwieriger zugänglich sind, treten häufig auf und stellen keine Besonderheit dar.

Warum die Retentionsgewinnung erschwert gewesen sein soll, wird in der Begründung nicht dargelegt und ist damit nicht nachvollziehbar. Patientenbezogene und einzelfallabhängige Besonderheiten werden nicht dargelegt. Auch diese Begründung ist daher nicht ausreichend, um eine Schwellenwertüberschreitung zu rechtfertigen.

2.4. Die Abrechnung einer durchgängigen 3,5fachen Gebühr anstelle einer 2,3fachen Gebühr hinsichtlich der GOZ Ziffer 2100 wurde jeweils mit erhöhtem Zeitaufwand durch minimalinvasive Präparation bei maximaler Schonung der Zahnhartsubstanz; erhöhtem Schwierigkeitsgrad durch erschwerte Retentionsgewinnung für Füllung in Adhäsivtechnik bzw. erhöhtem Zeitaufwand auf Grund funktioneller, aufwendiger Frontzahn-/Kauflächengestaltung bzw. erschwerten Umständen der Ausführung bedingt durch weit distal gelegenem Behandlungsgebiet; dadurch verminderter Sicht und eingeschränkter Behandlungsmöglichkeit (hinsichtlich Präparation von Zahn Nr. 48) begründet.

Dass bei der Präparation und Restauration einer Kavität die Zahnhartsubstanz maximal geschont werden sollte, versteht sich von selbst. Die minimalinvasive Präparation entspricht daher zahnärztlichem Standard. Warum die Retentionsgewinnung erschwert gewesen sein soll, wird in den Begründungen nicht dargelegt und ist damit nicht nachvollziehbar (s.o.). Lediglich die Rechnungsbegründung zu Ziffer 2100 hinsichtlich der Region 14 mdv (Fußnote 37 der Rechnung) begründet die erschwerte Retentionsgewinnung nachvollziehbar mit dem Vorliegen von Sulcusfluid (einem Sekret, das sich in Zahnfleischtaschen bildet und auf eine Zahnfleischentzündung hinweist), aus diesem Grund hat die Beihilfestelle auch im Beihilfebescheid vom 13. Oktober 2017 zu Recht – und nicht wie der Beklagtenvertreter meint, zu Unrecht – eine Kürzung der beihilfefähigen Aufwendungen auf den 2,3fachen statt 3,5fachen Gebührensatz hinsichtlich dieser Rechnungsposition unterlassen.

Eine funktionelle Frontzahn- bzw. Kauflächengestaltung ist bei einer Füllung immer erforderlich und somit keine Besonderheit. Warum sie hier besonders aufwendig gewesen sein soll, wird nicht dargelegt und ist somit nicht nachvollziehbar. Zumal die Begründung unabhängig vom konkret behandelten Zahn pauschal eine aufwendige Frontzahn- oder Kauflächengestaltung behauptet, obwohl je nach behandelten Zahn naturgemäß nur entweder ein Frontzahn oder eine Kaufläche gestaltet werden muss. Eine einzelfallabhängige und auf die konkrete Leistung bzw. den konkret behandelten Zahn bezogene Begründung eines besonderen Erschwernisses lässt die Rechnung vermissen.

Hinsichtlich der Begründung zum behandelten Zahn 48 ist zunächst im Einklang mit dem Beklagten festzustellen, dass dieser aufgrund seiner hinteren Lage stets schlecht eingesehen werden kann und schwer zugänglich ist. Dass die GOZ davon ausgeht, dass bei sämtlichen Behandlungen von – naturgemäß schwer zugänglichen – Seitenzähnen ein, gegenüber der Behandlung von leicht zugänglichen Frontzähnen erhöhter Gebührensatz angesetzt werden kann, ist schwer vorstellbar, da der Großteil der Zähne im Mund im schwerer zugänglichen Seitenmundbereich liegt und die Ansetzung eines über den 2,3fachen Gebührenfaktors hinausgehenden Faktors somit die Regel wäre – was sie aber, wie oben dargestellt, gerade nicht sein soll. Es ist davon auszugehen, dass der 2,3fache Gebührensatz den durchschnittlichen Aufwand für jeden beliebigen Zahn, unabhängig von seiner Lage pauschaliert abbilden soll und somit Erschwernisse, die eine Überschreitung des Schwellenwerts rechtfertigen sollen, nicht allein mit der Lage des Zahns begründet werden können. Personenbezogene, besondere Umstände der behandelten Patientin wurden hier ohnehin nicht dargelegt.

Sämtliche der in der Rechnung enthaltenen Begründungen für die Schwellenwertüberschreitungen hinsichtlich der GOZ Ziffer 2100 sind daher, mit Ausnahme der oben genannten Begründung zu der Behandlung in Region 14 mdv, nicht ausreichend, um die Begründungsanforderungen des § 5 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 2 GOZ zu erfüllen. Dies gilt auch für die für das Behandlungsdatum … Juli 2017 abgerechneten GOZ Ziffern 2100. Eine Kürzung der beihilfefähigen Aufwendungen auf den 2,3fachen statt 3,5fachen Gebührensatz ist hier im streitgegenständlichen Beihilfebescheid zugunsten des Klägers hinsichtlich dieser Positionen zu Unrecht unterlassen worden. Der Beklagtenvertreter weist insoweit zu Recht daraufhin, dass bezüglich dieser Positionen dem Kläger ein Zuviel an Beihilfe gewährt worden ist.

2.5. Die Abrechnung einer 3,5fachen Gebühr anstelle einer 2,3fachen Gebühr hinsichtlich der GOZ Ziffer 9000 wurde mit einem erhöhten Zeitaufwand auf Grund eingehender Analyse und umfangreicher Diagnostik wegen Nähe zur Kieferhöhle und überdurchschnittlichen Umständen wegen schwieriger knöcherner Strukturen begründet.

Allein die Lage der behandelten bzw. untersuchten Zähne in der Nähe zur Kiefernhöhle kann nicht für die Begründung einer besonderen Schwierigkeit, welche die Schwellenwertüberschreitung rechtfertigt, herangezogen werden (s.o.). Warum und inwiefern die knöchernen Strukturen sich besonders schwierig darstellten, wird nicht näher begründet und ist nicht nachvollziehbar, zumal bei der Notwendigkeit von Implantationen in der Regel Knochendefizite vorhanden sein werden. Die Begründung der Schwellenwertüberschreitung ist daher auch hier nicht ausreichend.

2.6. Die Schwellenwertüberschreitung hinsichtlich der Abrechnungsziffer 2030 für die Zahnregion 25 wurde jeweils mit erschwerten Umständen bei der Ausführung auf Grund vermehrter Salvation begründet.

Ein vermehrter Speichelfluss ist eine typische Stressreaktion auf eine zahnärztliche Behandlung. Inwiefern bei der Ehefrau des Klägers ein außergewöhnlich, gegenüber der Mehrzahl der Fälle besonders erhöhte Speichelproduktion vorlag, wird nicht nachvollziehbar dargelegt. Was genau unter einem „vermehrten“ Speichelfluss zu verstehen ist, ist unklar und somit viel zu allgemein formuliert und objektiv zu wenig nachprüfbar, um Besonderheiten des Einzelfalls zu rechtfertigen. Hinzu kommt, dass sich ein vermehrter Speichelfluss leicht mit entsprechenden Absaugvorrichtung bewältigen lässt (so auch VG Hannover, Gerichtsbescheid vom 07.12.2009 – 13 A 2981/09 – juris Rn. 201). Auch hier ist die Begründung daher nicht geeignet, eine Abrechnung des 3,3fachen Gebührensatzes anstatt des üblichen 2,3fachen Gebührensatzes zu rechtfertigen.

2.7. Die Abrechnung einer 3,5fachen Gebühr anstelle einer 2,3fachen Gebühr hinsichtlich der GOZ Ziffer 2400 wurde mit einer erhöhten Schwierigkeit bei der Ausführung auf Grund Mehrfachmessungen in Folge von Messungenauigkeiten durch Restfeuchtigkeit begründet.

Ein Mundraum ist stets feucht, es sei denn, dem wurde durch entsprechende Maßnahmen seitens des Zahnarztes entgegengewirkt. Insbesondere ein trockener Wurzelkanal kann nie erwartet werden. Die Messungenauigkeiten aufgrund von Restfeuchtigkeit sind daher keine gegenüber der Mehrzahl der Behandlungsfälle herausstechende Besonderheit, die einen erhöhten, überdurchschnittlichen Aufwand des behandelnden Zahnarztes erkennen lassen. Auch diese Begründung ist daher für die Rechtfertigung einer Schwellenwertüberschreitung nicht ausreichend.

2.8. Die Schwellenwertüberschreitung hinsichtlich der Abrechnungsziffer 2410 wurde mit einem erhöhten Zeitaufwand bei der Aufbereitung bedingt durch schrittweises langsames Vorgehen zur Aufbereitung auch aller Kanäle sowie Finnen/Isthmen (Nebenkanäle) begründet.

Die GOZ Ziffer 2410 hat die Abrechnung der Aufbereitung eines Wurzelkanals zum Gegenstand, sie wird je behandeltem Wurzelkanal (hier also zweifach) abgerechnet. Die in der Begründung angegebene „Aufbereitung aller Kanäle“, einschließlich – regelmäßig vorhandener – Nebenkanäle ist damit Leistungsinhalt und kann kein besonderes Erschwernis der konkreten Behandlung begründen. Auch ein langsames und schrittweises Vorgehen ist bei einer Wurzelkanalaufbereitung, angesichts der schmalen und schwer einsehbaren Zahnwurzelkanäle, regelmäßig erforderlich. Patientenspezifische Besonderheiten lässt auch diese Begründung vermissen, sodass auch hier die Schwellenwertüberschreitung nicht gerechtfertigt ist.

2.9. Die Schwellenwertüberschreitung hinsichtlich der Abrechnungsziffer 2420 wurde mit einem erhöhten Zeitaufwand wegen starker bakterieller Besiedelung des Wurzelkanalsystems und notwendigen mehrfachen Maßnahmen begründet.

Eine bakterielle Besiedelung der Wurzelkanäle ist Voraussetzung einer Wurzelkanalbehandlung, da diese dem Entfernen der Keime dient (siehe GOZ Kommentar der Bundeszahnärztekammer (Stand Dezember 2017, abrufbar unter: https://www.bzaek. de/fileadmin/PDFs/GOZ/nov/GOZ-kommentar-bzaek.pdf) zu Ziffer 2410). Sie kann daher nicht als Begründung eines besonderen Erschwernisses der Behandlung herangezogen werden. Dass eine im Vergleich zu den üblichen Fällen außergewöhnlich starke und ausgeprägte bakterielle Besiedelung der behandelten Zahnwurzeln vorlag, wurde nicht ausreichend dargelegt. Zumal die Wurzelkanalreinigung nach GOZ Ziffer 2420 am gleichen Zahn laut Rechnung zweimal innerhalb von einem Monat vorgenommen wurde, sodass jedenfalls bei der zweiten Behandlung, nach bereits vorhergegangener Säuberung der Wurzelkanäle in der ersten Behandlung, eine noch vorhandene besonders starke bakterielle Besiedelung der Zahnwurzel nicht mehr plausibel erscheint. Die notwendigen mehrfachen Maßnahmen sind bereits dadurch abgegolten, dass die GOZ Ziffer 2420 jeweils zweifach, je behandeltem Kanal abgerechnet wurden. Dass mehrfache Maßnahmen pro behandeltem Kanal notwendig gewesen wären, lässt sich der Rechnungsbegründung nicht entnehmen. Auch diese Begründung rechtfertigt daher die Schwellenwertüberschreitung nicht.

2.10. Die Schwellenwertüberschreitung hinsichtlich der Abrechnungsziffer 2430 wurde mit einem erhöhten Zeitaufwand bei der Aufbereitung bedingt durch mehrfaches Trockenlegen des Wurzelkanals zur verbesserten Anhaftung des Medikaments begründet.

Ein komplett trockener Wurzelkanal kann, wie oben bereits dargelegt, nie erwartet werden. Dass bei der Patientin der Wurzelkanal abweichend von der Mehrzahl der Fälle besonders feucht gewesen sein soll, wird nicht dargelegt. Zumal hier ohnehin hinsichtlich des behandelten Zahnes ein Kofferdam gelegt wurde, der die durch Speichel bedingte Feuchtigkeit des Zahnes eigentlich abhalten sollte, die beschriebene besondere Feuchtigkeit des Wurzelkanals also nicht nachvollziehbar erscheint.

Auch die Begründung der Schwellenwertüberschreitung hinsichtlich dieser Abrechnungsziffer ist daher nicht ausreichend.

2.11. Die erschwerte, unter der Ziffer 2440 abgerechnete Füllung der Wurzelkanäle wurde mit einem erhöhten Zeitaufwand bei der Wurzelfüllung bedingt durch schwieriges Abfüllen der Unregelmäßigkeiten wie zusätzliche Finnen/Isthmen (Nebenkanäle) begründet.

Das Vorhandensein von Nebenkanälen an der Zahnwurzel ist keine Besonderheit. Dass bei der Patientin abweichend von den durchschnittlichen Fällen besonders viele und/oder schwer zugängliche Nebenkanäle an der Zahnwurzel vorlagen, wird in der Rechnungsbegründung nicht vorgetragen. Zumal die zuvor durchgeführte Aufbereitung der Zahnwurzel eigentlich dazu führen sollte, dass Unregelmäßigkeiten in den Wurzelkanälen weitestmöglich beseitigt werden.

Auch diese Begründung reicht daher nicht für eine Rechtfertigung des Ansatzes des erhöhten Gebührenfaktors.

2.12. Die Schwellenwertüberschreitung hinsichtlich der Abrechnungsziffer 2197 wurde mit einer erhöhten Schwierigkeit wegen extrem tiefer Kavität begründet.

Tiefe Kavitäten stellen (wie bereits oben festgestellt) keine Besonderheit dar. Im Übrigen ist objektiv zu wenig nachprüfbar, was unter einer „tiefen“ Kavität zu verstehen ist, sodass diese Begründung auch hier zu allgemein und losgelöst von den patientenspezifischen Besonderheiten formuliert ist, um eine einzelfallbezogene Überschreitung des Schwellenwertes zu rechtfertigen.

2.13. Die Schwellenwertüberschreitung hinsichtlich der Abrechnungsziffer 2060 wurde mit einer erhöhten Schwierigkeit wegen extrem tiefer unterminierender Kavität mit erhöhtem Materialverbrauch begründet.

Eine tiefe Kavität stellt keine Besonderheit dar (s.o). Das für die Restauration erforderliche Material ist laut Leistungsbeschreibung des GOZ Kommentars der Bundeszahnärztekammer von der Gebührenziffer erfasst.

Insoweit kann offen bleiben, die GOZ Ziffern 2060, 2080, 2100, 2120 mit der Ziffer 2197 an einem behandelten Zahn überhaupt gleichzeitig abrechenbar sind (ablehnend: Stellungnahme der Bundeszahnärztekammer vom März 2014, abrufbar unter: https://www.bzaek.de/fuer-zahnaerzte/gebuehrenordnung-fuer-zahnaerzte-GOZ/ informationen-zur-GOZ.html#c3596; AG Stuttgart, U. v. 28.06.2016 – 9 C 1059/16; VG Stuttgart, U. v. 18.11.2014 – 13 K 757/13; bejahend: AG Siegburg, U. v. 24.07.2017 – Az. 116 C 29/15).

2.14. Die erschwerte, unter der GOÄ Ziffer 5000 abgerechnete Füllung der Wurzelkanäle wurde mit einem erhöhten Zeitaufwand bedingt durch strahlenarme, digitale Röntgentechnik begründet.

Die digitale Röntgentechnik unterscheidet sich von der herkömmlichen lediglich dadurch, dass die Röntgenbilder nicht mehr auf analogen Röntgenfilmen, sondern digital aufgenommen werden (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Digitales_Röntgen). Inwiefern durch Verwendung dieser Technik ein zeitlicher Mehraufwand entstehen sollte, ist nicht nachvollziehbar, zumal die Verwendung dieser Technik mittlerweile allgemein üblich ist. Zwar mag das Anfertigen eines Röngtenbildes in digitalisierter Form aufgrund der möglicherweise höheren Investitionskosten für derartige Röntgengeräte finanziell nicht so attraktiv sein. Dies darf jedoch nicht zulasten des Patienten über einen erhöht angesetzten Gebührenfaktor ausgeglichen werden. Jedenfalls wurden patientenspezifische Besonderheiten, die die Schwellenwertüberschreitung rechtfertigen, nicht dargelegt.

3. Insofern der Beklagtenvertreter darauf hinweist, dass bei der Beihilfeberechnung zulasten des Klägers hinsichtlich der für die Behandlung vom … Juli 2017 abgerechneten GOZ Ziffer 2040 versehentlich eine Kürzung der beihilfefähigen Aufwendungen des Klägers um 8,78 € statt richtig um nur 8,04 € und beihilfefähigen Aufwendungen hinsichtlich der für die Behandlung am gleichen Tag abgerechnete GOZ Ziffer 2100 versehentlich nur zweistatt dreimal anerkannt worden seien, trifft dies zu. Diese unberechtigte Kürzung der beihilfefähigen Aufwendungen hinsichtlich dieser Ziffern in Höhe von insgesamt 83,79 € (0,74 € für Ziffer 2040 und 83,05 € für Ziffer 2100) wird jedoch durch eine zugunsten des Klägers im angegriffenen Bescheid versehentlich unterlassene Kürzung der beihilfefähigen Aufwendungen in Höhe von insgesamt jedenfalls 108,86 € wieder aufgewogen:

3.1. Hinsichtlich der Ziffern 2040 und 2400 mit Behandlungsdatum … August 2017 sowie der Ziffer 2040 mit Behandlungsdatum … August 2017 sind aufgrund eines Übertragungsfehlers lediglich Kürzungen der beihilfefähigen Aufwendungen um jeweils nur 4,02 € (Ziffern 2040) bzw. 4,72 € (Ziffer 2400) erfolgt. Tatsächlich hätten die Rechnungspositionen bei der korrekten Anwendung eines 2,3fachen Gebührenfaktors um einen Betrag von insgesamt 34,96 € (jeweils 8,04 € für die Ziffer 2040 und 18,88 € für die Ziffer 2400) gekürzt werden müssen, es ergibt sich eine zugunsten des Klägers unterlassene Kürzung in Höhe von 22,20 € (34,96 € abzüglich vorgenommener Kürzung in Höhe von 12,76 €).

3.2. Wie oben bereits dargelegt, hätte auch hinsichtlich der zweimalig abgerechneten GOZ Ziffer 2100 mit Behandlungsdatum … Juli 2017 eine Kürzung der beihilfefähigen Aufwendungen erfolgen müssen, da die für die Schwellenwertüberschreitung in der Rechnung dargelegten Begründungen auch hier nicht ausreichend sind (siehe unter 2.4.). Es ergibt sich eine zugunsten des Klägers im Beihilfebescheid unterlassene Kürzung der beihilfefähigen Aufwendungen in Höhe von 86,66 € (zweimal 43,33 €).

3.3. Unrichtig ist der Einwand des Beklagten, auch hinsichtlich der abgerechneten Ziffer 2100 (Region 14 mdv) mit Behandlungsdatum … August 2017 wäre die Schwellenwertüberschreitungen nicht ausreichend begründet worden (siehe oben). Hier hat die Beihilfestelle im angegriffenen Bescheid vielmehr korrekterweise eine Kürzung unterlassen.

3.4. Da die zu Unrecht unterlassenen Kürzungen der beihilfefähigen Aufwendungen die zu Unrecht erfolgten Kürzungen im Beihilfebescheid schon jetzt überwiegen, kann die Frage, ob die für Ziffer 2030 in der Rechnung enthaltene Begründung („Erhöhter Zeitaufwand bei der Ausführung bedingt durch Behandlung verschiedener Maßnahmen in der gleichen Kieferhälfte, z.B. Fäden legen, Separieren, Stillung einer Blutung“) ausreicht, um eine Abrechnung des 3,4 fachen Gebührensatzes an Stelle des 2,3fachen Gebührensatzes zu rechtfertigen, dahinstehen. Dafür spricht, dass in mehreren verschiedenen besonderen Maßnahmen i.S.d. GOZ Ziffer 2030 in einer Kiefernhälfte ein Indiz für einen zusätzlichen Aufwand für die Leistung nach der Ziffer 2030 gesehen werden könnte (so der Kommentar der Bundeszahnärztekammer zu GOZ Ziffer 2030). Allerdings liefert die Rechnungsbegründung keine nähere Stellungnahme, welche konkreten verschiedenen Maßnahmen getroffen wurden, sondern begnügt sich mit pauschaler, beispielhafter Aufzählung. Dies verwirkt die Überzeugungskraft der Rechnungsbegründung und lässt sie lediglich losgelöst vom Einzelfall formelhaft aufgesagt wirken.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer weiteren Beihilfe. Die beihilfefähigen Aufwendungen wurden im angegriffenen Bescheid nicht zu niedrig, sondern vielmehr zu hoch angesetzt.

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzu-weisen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

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(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

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(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,1.über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;2.bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auc

Gebührenordnung für Zahnärzte - GOZ 1987 | § 5 Bemessung der Gebühren für Leistungen des Gebührenverzeichnisses


(1) Die Höhe der einzelnen Gebühr bemißt sich nach dem Einfachen bis Dreieinhalbfachen des Gebührensatzes. Gebührensatz ist der Betrag, der sich ergibt, wenn die Punktzahl der einzelnen Leistung des Gebührenverzeichnisses mit dem Punktwert vervielfac

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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 21. Sept. 2009 - 12 K 6383/07

bei uns veröffentlicht am 21.09.2009

Tenor Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger für Aufwendungen aufgrund der Rechnung von Dr. K./Dr. E. vom 02.04.2007 weitere Kassenleistungen in Höhe von 188,59 EUR zu gewähren. Die Bescheide der Beklagten vom 08.
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Verwaltungsgericht München Urteil, 25. Feb. 2019 - M 17 K 18.494

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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegu

Verwaltungsgericht München Urteil, 25. Feb. 2019 - M 17 K 18.2000

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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegu

Verwaltungsgericht München Urteil, 07. Feb. 2019 - M 17 K 17.4947

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Tenor I. Unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 5. Mai 2017 und Nachberechnungsbescheides vom 19. September 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2017 wird der Beklagte verpflichtet, der Klägerin eine

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(1) Die Höhe der einzelnen Gebühr bemißt sich nach dem Einfachen bis Dreieinhalbfachen des Gebührensatzes. Gebührensatz ist der Betrag, der sich ergibt, wenn die Punktzahl der einzelnen Leistung des Gebührenverzeichnisses mit dem Punktwert vervielfacht wird. Der Punktwert beträgt 5,62421 Cent. Bei der Bemessung von Gebühren sind sich ergebende Bruchteile eines Cents unter 0,5 abzurunden und Bruchteile von 0,5 und mehr aufzurunden; die Rundung ist erst nach der Multiplikation mit dem Steigerungsfaktor nach Satz 1 vorzunehmen.

(2) Innerhalb des Gebührenrahmens sind die Gebühren unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwandes der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen. Die Schwierigkeit der einzelnen Leistung kann auch durch die Schwierigkeit des Krankheitsfalles begründet sein. Bemessungskriterien, die bereits in der Leistungsbeschreibung berücksichtigt worden sind, haben hierbei außer Betracht zu bleiben. Der 2,3fache Gebührensatz bildet die nach Schwierigkeit und Zeitaufwand durchschnittliche Leistung ab; ein Überschreiten dieses Gebührensatzes ist nur zulässig, wenn Besonderheiten der in Satz 1 genannten Bemessungskriterien dies rechtfertigen; Leistungen mit unterdurchschnittlichem Schwierigkeitsgrad oder Zeitaufwand sind mit einem niedrigeren Gebührensatz zu berechnen.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.

(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Höhe der einzelnen Gebühr bemißt sich nach dem Einfachen bis Dreieinhalbfachen des Gebührensatzes. Gebührensatz ist der Betrag, der sich ergibt, wenn die Punktzahl der einzelnen Leistung des Gebührenverzeichnisses mit dem Punktwert vervielfacht wird. Der Punktwert beträgt 5,62421 Cent. Bei der Bemessung von Gebühren sind sich ergebende Bruchteile eines Cents unter 0,5 abzurunden und Bruchteile von 0,5 und mehr aufzurunden; die Rundung ist erst nach der Multiplikation mit dem Steigerungsfaktor nach Satz 1 vorzunehmen.

(2) Innerhalb des Gebührenrahmens sind die Gebühren unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwandes der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen. Die Schwierigkeit der einzelnen Leistung kann auch durch die Schwierigkeit des Krankheitsfalles begründet sein. Bemessungskriterien, die bereits in der Leistungsbeschreibung berücksichtigt worden sind, haben hierbei außer Betracht zu bleiben. Der 2,3fache Gebührensatz bildet die nach Schwierigkeit und Zeitaufwand durchschnittliche Leistung ab; ein Überschreiten dieses Gebührensatzes ist nur zulässig, wenn Besonderheiten der in Satz 1 genannten Bemessungskriterien dies rechtfertigen; Leistungen mit unterdurchschnittlichem Schwierigkeitsgrad oder Zeitaufwand sind mit einem niedrigeren Gebührensatz zu berechnen.

Tenor

Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger für Aufwendungen aufgrund der Rechnung von Dr. K./Dr. E. vom 02.04.2007 weitere Kassenleistungen in Höhe von 188,59 EUR zu gewähren.

Die Bescheide der Beklagten vom 08.05.2007, 12.07.2007, 18.07.2007 und 26.07.2007 und deren Widerspruchsbescheid vom 21.11.2007 werden aufgehoben, soweit sie dem entgegenstehen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 4/5 und die Beklagte zu 1/5.

Tatbestand

 
Der Kläger ist A-Mitglied der Beklagten. Mitversichert ist sein Sohn A.
Am 06.04.2007 stellte der Kläger einen Antrag auf Kassenleistungen für Aufwendungen aufgrund der Rechnung der Zahnärzte Dr. K./Dr. E. vom 02.04.2007 über 2.192,88 EUR für Behandlungen des Sohnes A.
Mit Bescheid vom 08.05.2007 gewährte die Beklagte hierfür Kassenleistungen von 1.087,71 EUR.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und legte hierzu Info-Blätter der Zahnärzte und ein Schreiben der Bezirkszahnärztekammer Stuttgart vom 06.06.2005 vor.
Mit Bescheiden vom 12.07.2007, 18.07.2007 und 26.07.2007 gewährte die Beklagte weitere Kassenleistungen; insgesamt gewährte sie 1.269,06 EUR. Gegen diese Bescheide erhob der Kläger jeweils Widerspruch.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.2007 gewährte die Beklagte weitere Kassenleistungen in Höhe von 133,56 EUR, d. h. nun von insgesamt 1.402,62 EUR. Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie insbesondere aus, Portokosten gehörten zu den allgemeinen Praxiskosten. Schutzwachs gehöre zum Sprechstundenbedarf. Die Begründungen für die Schwellenwertüberschreitungen genügten nicht den rechtlichen Anforderungen. Im Übrigen äußerte sie sich zu einzelnen Nummern der GOZ und der GOÄ.
Am 21.12.2007 hat der Kläger Klage erhoben. Er beruft sich insbesondere darauf, die Portokosten könnten angesetzt werden, ebenso die Kosten für das Schutzwachs. Die Begründungen für die Schwellenwertüberschreitungen seien ausreichend. Leistungen der Nr. 203 GOZ seien nicht durch die Leistungen der Nrn. 610 und 612 GOZ erfasst. Nr. 200 GOZ sei auch für die übrigen Zähne anzuerkennen, für die die Beklagte keine Leistungen gewährt habe. Das Kleben von Brackets sei nicht mit Nr. 610 GOZ abgegolten, sondern stelle eine eigene Leistung dar. Ebenso stellten die mit Nr. 2697 GOÄ abgerechneten Maßnahmen eine eigene Leistung dar. Das Ausmaß der kieferorthopädischen Behandlung mache die Einleitung und Koordinierung flankierender therapeutischer und sozialer Maßnahmen notwendig.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, ihm für Aufwendungen aufgrund der Rechnung von Dr. K./Dr. E. vom 02.04.2007 weiter Kassenleistungen in Höhe von 923,81 EUR zu gewähren, und die Bescheide der Beklagten vom 08.05.2007, 12.07.2007, 18.07.2007 und 26.07.2007 und deren Widerspruchsbescheid vom 26.11.2007 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Sie beruft sich zusätzlich insbesondere darauf, § 4 Abs. 3 GOZ schließe den Ansatz von Portokosten und Schutzwachs aus. Der Ansatz der Nr. 102 GOZ erfolge unabhängig von der Zahl der behandelten Zähne. Nr. 203 GOZ sei nur in Verbindung mit Füllungen und Kronen ansetzbar. Die Nrn. 610 bis 617 GOZ enthielten alle Leistungen die für die Behandlung mit fest sitzenden Geräten erforderlich seien.
13 
Mit Beschluss vom 11.05.2009 ist der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.
14 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die Klage ist zulässig. Sie ist aber nur zum Teil begründet.
16 
Der Kläger hat Anspruch auf weitere Kassenleistungen in Höhe von 188,59 EUR; insoweit sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Im Übrigen hat er keinen Anspruch auf weitere Kassenleistungen. Insoweit sind die angefochtenen Bescheide im Umfang der Klage rechtmäßig und verletzen ihn nicht in seinen Rechten.
17 
Der Anspruch auf Kassenleistungen ist in der Satzung der Beklagten geregelt. Dabei ist jeweils die Fassung der Satzung einschlägig, die zu dem Zeitpunkt galt, in dem die ärztlichen Leistungen erbracht wurden. Nach § 30 Abs. 1 der Satzung haben die Mitglieder für sich und die mitversicherten Angehörigen Anspruch auf die in den §§ 31 bis 48 der Satzung festgelegten Leistungen. Die Leistungen richten sich nach den entstandenen Aufwendungen nach näherer Maßgabe der §§ 30 ff. der Satzung. Erstattungsfähig sind Aufwendungen wenn sie beihilfefähig und Leistungen dafür in der Satzung vorgesehen sind.
18 
Aufwendungen für zahnärztliche Leistungen sind erstattungsfähig (§ 32 Abs. 1 der Satzung). Die Rechnungen müssen nach der Gebührenordnung für Zahnärzte erstellt sein (§ 32 Abs. 2 Satz 2 der Satzung).
19 
Die jetzt noch streitigen Positionen entsprechen nur zum Teil der Gebührenordnung für Zahnärzte.
20 
Nr. 200 GOZ analog
21 
Nr. 200 GOZ erfasst die Versiegelung von kariesfreien Zahnfissuren mit aushärtenden Kunststoffen. Vorliegend wurde die Nr. 200 GOZ analog angesetzt, und zwar für die Versiegelung des Bracketumfeldes. Sie wurde 23 Mal, d. h. für 23 Zähne, angesetzt. Die Beklagte hat den Ansatz 12 Mal anerkannt, und zwar für die Versiegelung von drei Molaren je Kieferhälfte.
22 
Der Ansatz der Nr. 200 GOZ analog war zulässig. Dieser analoge Ansatz bietet sich für die durchgeführte Maßnahme an. Dabei kann offenbleiben, ob der Ansatz der Nr. 200 GOZ sich auf die Seitenzähne beschränkt (so Meurer, Gebührenordnung für Zahnärzte, 2. Auflage [1990], S. 154) oder ob eine solche Einschränkung nicht gemacht wird (vgl. Liebold/Raff/Wissing, Kommentar zur GOZ, S. 2.2-5). Denn diese Äußerungen beziehen sich auf den unmittelbaren Ansatz der Nr. 200 GOZ, nicht auf deren analogen Ansatz. Beim analogen Ansatz für die Versiegelung des Bracketumfeldes ist nicht ersichtlich, welchen Sinn eine Unterscheidung bei den behandelten Zähnen machen würde.
23 
Die Nr. 200 GOZ analog konnte auch neben der Nr. 610 GOZ angesetzt werden. Denn diese Nummer schließt nicht die Versorgung der Zahnoberfläche ein (Liebold, a.a.O., S. 7.1-129).
24 
Der Kläger hat deshalb Anspruch auf weitere Kassenleistungen hierfür in Höhe von 122,43 EUR (11 x 11,13 EUR).
25 
Nr. 203 GOZ analog
26 
Nr. 203 GOZ erfasst besondere Maßnahmen beim Präparieren oder Füllen von Kavitäten (z. B. Separieren, ...).
27 
Der Kläger trägt hierzu vor, die mit dieser Nummer - analog -abgerechneten Leistungen seien nicht bereits von den Nrn. 610 und 612 GOZ erfasst, sondern stellten eigene Leistungen dar. Sie seien auch nicht mit den unter die Nr. 203 GOZ fallenden Maßnahmen deckungsgleich. Die Beklagte beruft sich darauf, mit der Leistung nach Nr. 203 GOZ seien besondere Maßnahmen beim Präparieren oder Füllen von Kavitäten erfasst. Dies stehe der Verwendung im Zusammenhang mit kieferorthopädischen Behandlungen entgegen. Die beim Anbringen von Klebebrackets und Bändern angewandten besonderen Maßnahmen seien mit den Gebühren nach den Nrn. 610 und 612 GOZ abgegolten.
28 
Vorliegend ist der Ansatz der Nr. 203 GOZ analog vertretbar. Ein Separieren kommt auch im Zusammenhang mit der kieferorthopädischen Behandlung mit festsitzenden Apparaturen in Betracht; dies wird bei der Nr. 203 GOZ erörtert (vgl. Liebold/Raff/Wissing, a.a.O., S. 2.2-18). Es kann dabei als zusätzliche Maßnahme neben Nr. 610 GOZ abgerechnet werden (vgl. Liebold/Raff/Wissing, a.a.O., S. 7.1-130). Demgegenüber wird allerdings auch vertreten, dass Nr. 203 GOZ nicht neben Nr. 610 GOZ angesetzt werden darf (Meurer, a.a.O., S. 203).
29 
Damit liegt eine zweifelhafte Auslegung der Gebührenordnung vor. Dies führt dazu, dass der Ansatz der Gebühr als angemessen anzusehen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.02.1994, ZBR 1994, 225). Dies hat das OVG Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 20.01.1995 (2 A 11206/94, juris) gerade zur vorliegenden Konstellation entschieden.
30 
Auch der Ansatz des Faktors 3,5 ist hier nicht zu beanstanden. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 GOZ bemisst sich die Höhe der einzelnen Gebühr nach dem Einfachen bis Dreieinhalbfachen des Gebührensatzes. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 GOZ sind die Gebühren innerhalb des Gebührenrahmens unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwandes der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen. Nach § 5 Abs. 2 Satz 4 GOZ darf eine Gebühr in der Regel nur zwischen dem Einfachen und dem 2,3fachen des Gebührensatzes bemessen werden; ein Überschreiten des 2,3fachen des Gebührensatzes ist nur zulässig, wenn Besonderheiten der in § 5 Abs. 2 Satz 1 GOZ genannten Bemessungskriterien dies rechtfertigen. Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 GOZ muss die Überschreitung des 2,3fachen des Gebührensatzes schriftlich begründet werden. Besonderheiten, die das Überschreiten des Schwellenwertes rechtfertigen, liegen nur vor, wenn sie gerade bei der Behandlung des betreffenden Patienten, abweichend von der großen Mehrzahl der Behandlungsfälle, aufgetreten sind. Dem Ausnahmecharakter des Überschreitens des Schwellenwertes widerspräche es, wenn schon eine vom Arzt allgemein oder häufig, jedenfalls nicht nur bei einzelnen Patienten wegen in ihrer Person liegenden Schwierigkeiten angewandte Behandlung als eine solche Besonderheit angesehen würde (BVerwG, Urt. v. 30.05.1996, Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 12 m.w.N.). Die vom Zahnarzt gegebene Begründung muss geeignet sein, das Vorliegen solcher Umstände nachvollziehbar zu machen, die nach dem materiellen Gebührenrecht eine Überschreitung des Schwellenwertes und insbesondere den Ansatz des Höchstwertes rechtfertigen können. Dabei genügen grundsätzlich nicht allein wertende Schlussfolgerungen; die Begründung muss auch einen nachvollziehbaren Tatsachenkern enthalten (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 03.12.1999 - 12 A 2889/99 -, juris).
31 
Vorliegend genügt die bei Nr. 203 GOZ analog gegebene Begründung für die Überschreitung des 2,3fachen des Gebührensatzes diesen Anforderungen.
32 
Der Kläger hat deshalb Anspruch auf weitere Kassenleistungen hierfür in Höhe von 43,92 EUR.
33 
Nr. 0706 BEB
34 
Nr. 0706 BEB erfasst eine Foto- oder Videodokumentation. Diese Gebührennummer wurde angesetzt für "Foto oder Video Dokumentation einschließlich diagn. Auswertung".
35 
Der Ansatz dieser Nummer war zulässig. Zwar wurde in der Rechnung gleichzeitig die Nr. 610 GOZ angesetzt, in der grundsätzlich die Material- und Laborkosten enthalten sind (Anmerkung nach Nr. 617 GOZ). Bei der Foto- oder Videodokumentation handelt es sich aber nicht um eigentliche Laborkosten. Eine Foto- oder Videodokumentation wird vielmehr vor Beginn der eigentlichen Laborarbeiten erstellt. Darüber hinaus sind diagnostische Leistungen nicht in den Nrn. 610 bis 615 enthalten (Liebold/Raff/Wissing, a.a.O., S. 7.1-141). Nach den Angaben in den Info-Blättern der Zahnärzte beinhaltete die Foto- bzw. Videodokumentation aber gerade auch diagnostische Auswertungen. Dies ergibt sich auch aus dem Ansatz der Gebührennummer in der Rechnung.
36 
Entgegen der Auffassung der Beklagten kann statt Nr. 0706 BEB nicht die - kosten-günstigere - Nr. 600 GOZ angesetzt werden. Denn es handelt sich um verschiedene Leistungsinhalte. Insbesondere fehlt es bei Nr. 600 GOZ an der in Nr. 0706 BEB vorausgesetzten Dokumentation.
37 
Der Kläger hat deshalb Anspruch auf weitere Kassenleistungen hierfür in Höhe von 11,12 EUR.
38 
Schutzwachs
39 
Schutzwachs fällt unter "Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen" im Sinne von § 33 Abs. 1 der Satzung der Beklagten. Aufwendungen hierfür sind erstattungsfähig, wenn sie vom Arzt, Zahnarzt oder Heilpraktiker bei Leistungen nach den §§ 31 und 32 verbraucht oder nach Art und Umfang schriftlich verordnet worden sind. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Das Schutzwachs wurde nicht von den Zahnärzten verbraucht. Denn es war für die Selbstanwendung durch den Sohn des Klägers zu Hause bestimmt, wie sich aus den vom Kläger im Widerspruchsverfahren vorgelegten Unterlagen der Zahnärzte ergibt. Eine ärztliche Verordnung lag nicht vor.
40 
Die übrigen noch streitigen Positionen entsprechen nicht der Gebührenordnung für Zahnärzte.
41 
Porto/Versand/Telefongebühren
42 
Diese Kosten gehören zu den Praxiskosten (vgl. Meurer, a.a.O., S. 106). Sie sind mit den allgemeinen Gebühren abgegolten (§ 4 Abs. 3 Satz 1 GOZ) und können nicht gesondert berechnet werden (§ 4 Abs. 4 GOZ).
43 
Nr. 15 GOÄ
44 
Nr. 15 GOÄ erfasst die Einleitung und Koordination flankierender therapeutischer und sozialer Maßnahmen während der kontinuierlichen ambulanten Betreuung eines chronisch Kranken. Dabei gilt diese Nummer nicht für die kontinuierliche Betreuung selbst, sondern für die "Einleitung und Koordination flankierender therapeutischer und sozialer Maßnahmen" (Dr. Dr. Schlüter, Der Kassenarzt vom 01.05.2008). Hierzu genügt nicht die fortlaufende Behandlung des Sohnes des Klägers. Soziale Maßnahmen sind vielmehr z. B. Tätigkeiten, die einen Kontakt zu sozialen Einrichtungen, Krankenversicherungen oder anderen Leistungsträgern beinhalten (vgl. Pieritz, Deutsches Ärzteblatt 2009, 106 (13): A-626). Solche "flankierenden therapeutischen und sozialen" Maßnahmen hat der Zahnarzt vorliegend nicht angegeben. Sie werden auch im Schriftsatz des Klägers vom 04.02.2009, der Ausführungen hierzu enthält, nicht näher benannt.
45 
Nr. 75 GOÄ
46 
Nr. 75 GOÄ erfasst einen ausführlichen schriftlichen Krankheits- und Befundbericht zur epikritischen Bewertung und gegebenenfalls zur Therapie. Vorliegend wurde er für die Bearbeitung des Widerspruchsbescheides angesetzt.
47 
Die Bearbeitung des Widerspruchsbescheids ist keine medizinische Maßnahme eines Kieferorthopäden, für die eine Nummer der GOÄ angesetzt werden kann. Eine solche Begründung durch den Zahnarzt hatte die Beklagte auch nicht gefordert.
48 
Nr. 2697 GOÄ
49 
Nr. 2697 GOÄ erfasst das Anlegen von Drahtligaturen, Drahthäkchen oder dergleichen.
50 
Der Ansatz der Nr. 2697 GOÄ ist (nur) im Zusammenhang mit der Behandlung eines Kieferbruchs zulässig (vgl. Hoffmann, GOÄ, 3. Aufl., S. 156). Aus den Allgemeinen Bestimmungen zum Abschnitt "L. Chirurgie, Orthopädie" der GOÄ, zu dem Nr. 2697 GOÄ gehört, ergibt sich darüber hinaus, dass die in diesem Abschnitt enthaltenen Nummern nur für operative Leistungen angesetzt werden können. Solche Leistungen wurden beim Sohn des Klägers aber nicht erbracht.
51 
Nr. 510 GOÄ
52 
Nr. 510 GOÄ umfasst eine Übungsbehandlung auch mit Anwendung mediko-mechanischer Apparate.
53 
Nr. 510 GOÄ gehört zu Abschnitt E. II. der GOÄ. Nach § 6 Abs. 1 GOZ können Gebühren aus diesem Teilabschnitt nicht berechnet werden. Nicht in § 6 Abs. 1 GOZ genannte Positionen der GOÄ darf der Zahnarzt nicht berechnen; die Aufzählung dort ist abschließend (vgl. Meurer, a.a.O., S. 119).
54 
Bracket Kleben, Konditionieren
55 
Diese Positionen wurden bei den Laborkosten angesetzt. Es handelt sich dabei um "echte" Laborarbeiten, nicht nur um Vorarbeiten wie bei der Foto- und Videodokumentation (siehe hierzu oben). Dies ergibt sich auch aus den vom Kläger im Widerspruchsverfahren vorgelegten Info-Blättern der Zahnärzte, hier zu "Indirekte Klebetechnik".
56 
Material- und Laborkosten sind aber schon in den Nrn. 610 bis 615 GOZ enthalten, wie oben näher dargelegt worden ist. Dabei werden die "Laborkosten" insoweit nicht weiter differenziert. In der Rechnung vom 02.04.2007 wurden auch die Nrn. 610 und 615 GOZ angesetzt.
57 
Überschreiten des 2,3fachen des Gebührensatzes
58 
Soweit das Überschreitend es 2,3fachen des Gebührensatzes im Übrigen noch im Streit ist, genügen die hierfür gegebenen Begründungen nicht den Anforderungen des § 10 Abs. 3 Satz 1 GOZ, wie sie oben näher dargelegt worden sind. Dies betrifft die Nrn. 102, 610, 615 GOZ.
59 
Bei Nr. 102 GOZ wurde die Überschreitung mit der hohen Anzahl der zu fluoridierenden Flächen begründet. Eine solche Begründung ist unzulässig. Denn die Gebühr wird unabhängig von der Zahl der behandelten Zähne vergütet (Meurer, a.a.O., S. 153). Die Anzahl der Flächen, die von der Anzahl der Zähne abhängt, kann daher nicht in der Gebührenhöhe Berücksichtigung finden.
60 
Bei Nr. 610 GOZ wurde die Überschreitung folgendermaßen begründet: "Patientenspezifischer, überdurchschnittlicher Schwierigkeitsgrad/Zeitaufwand bei ungünstiger Zahnstellung u. 'indirekter Klebetechnik' und/oder Überkorrektur zur Erhöhung der Stabilität des Endergebnisses".
61 
Diese Begründung ist zum einen nicht eindeutig und nachvollziehbar. Denn es wird nicht klar, ob der Schwierigkeitsgrad oder der Zeitaufwand herangezogen werden soll. Ebenso wird wegen der Verwendung von "und/oder" nicht klar, ob die erste Alternative oder die zweite Alternative der Begründung oder gar beide einschlägig sein sollen. § 10 Abs. 3 Satz 1 GOZ verlangt aber - wie oben ausgeführt - eine für den Empfänger verständliche und nachvollziehbare Begründung.
62 
Darüber hinaus wurde zur Begründung eine allgemeine Behandlungsmethode (indirekte Klebetechnik) herangezogen, mit der das Überschreitens nicht begründet werden darf, wie ebenfalls oben ausgeführt worden ist. Das erkennende Gericht kann dabei diesen Teil der Begründung nicht einfach ausblenden. Denn es kann das nach § 5 Abs. 2 GOZ bei der Ausschöpfung des Gebührenrahmens auszuübende Ermessen nicht - auch nicht für einzelne (Teil-)Begründungen - anstelle des Zahnarztes ausüben.
63 
Diese Ausführungen gelten entsprechend für die Begründung, die bei Nr. 615 GOZ gegeben wurde: Patientenspezifischer, überdurchschnittlicher Schwierigkeitsgrad/Zeitaufwand bei ungünstiger Zahnstellung und Verwendung von Metall-Ligaturen zur Verringerung der Reibung.
64 
Soweit der Schriftsatz des Klägers vom 04.02.2009 zur Überschreitung des 2,3fachen des Gebührensatzes Ausführungen enthält, kann er keine Berücksichtigung finden. Denn eine Begründung nach § 10 Abs. 3 Satz 1 GOZ kann nur der Zahnarzt selbst geben, sie muss überdies schriftlich erfolgen. Der Kläger kann sie nicht geben, er ist vielmehr Adressat der Begründung.
65 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO.
66 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.
67 
Beschluss vom 21. September 2009
68 
Der Streitwert wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 3 GKG auf EUR 923,81 festgesetzt.

Gründe

 
15 
Die Klage ist zulässig. Sie ist aber nur zum Teil begründet.
16 
Der Kläger hat Anspruch auf weitere Kassenleistungen in Höhe von 188,59 EUR; insoweit sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Im Übrigen hat er keinen Anspruch auf weitere Kassenleistungen. Insoweit sind die angefochtenen Bescheide im Umfang der Klage rechtmäßig und verletzen ihn nicht in seinen Rechten.
17 
Der Anspruch auf Kassenleistungen ist in der Satzung der Beklagten geregelt. Dabei ist jeweils die Fassung der Satzung einschlägig, die zu dem Zeitpunkt galt, in dem die ärztlichen Leistungen erbracht wurden. Nach § 30 Abs. 1 der Satzung haben die Mitglieder für sich und die mitversicherten Angehörigen Anspruch auf die in den §§ 31 bis 48 der Satzung festgelegten Leistungen. Die Leistungen richten sich nach den entstandenen Aufwendungen nach näherer Maßgabe der §§ 30 ff. der Satzung. Erstattungsfähig sind Aufwendungen wenn sie beihilfefähig und Leistungen dafür in der Satzung vorgesehen sind.
18 
Aufwendungen für zahnärztliche Leistungen sind erstattungsfähig (§ 32 Abs. 1 der Satzung). Die Rechnungen müssen nach der Gebührenordnung für Zahnärzte erstellt sein (§ 32 Abs. 2 Satz 2 der Satzung).
19 
Die jetzt noch streitigen Positionen entsprechen nur zum Teil der Gebührenordnung für Zahnärzte.
20 
Nr. 200 GOZ analog
21 
Nr. 200 GOZ erfasst die Versiegelung von kariesfreien Zahnfissuren mit aushärtenden Kunststoffen. Vorliegend wurde die Nr. 200 GOZ analog angesetzt, und zwar für die Versiegelung des Bracketumfeldes. Sie wurde 23 Mal, d. h. für 23 Zähne, angesetzt. Die Beklagte hat den Ansatz 12 Mal anerkannt, und zwar für die Versiegelung von drei Molaren je Kieferhälfte.
22 
Der Ansatz der Nr. 200 GOZ analog war zulässig. Dieser analoge Ansatz bietet sich für die durchgeführte Maßnahme an. Dabei kann offenbleiben, ob der Ansatz der Nr. 200 GOZ sich auf die Seitenzähne beschränkt (so Meurer, Gebührenordnung für Zahnärzte, 2. Auflage [1990], S. 154) oder ob eine solche Einschränkung nicht gemacht wird (vgl. Liebold/Raff/Wissing, Kommentar zur GOZ, S. 2.2-5). Denn diese Äußerungen beziehen sich auf den unmittelbaren Ansatz der Nr. 200 GOZ, nicht auf deren analogen Ansatz. Beim analogen Ansatz für die Versiegelung des Bracketumfeldes ist nicht ersichtlich, welchen Sinn eine Unterscheidung bei den behandelten Zähnen machen würde.
23 
Die Nr. 200 GOZ analog konnte auch neben der Nr. 610 GOZ angesetzt werden. Denn diese Nummer schließt nicht die Versorgung der Zahnoberfläche ein (Liebold, a.a.O., S. 7.1-129).
24 
Der Kläger hat deshalb Anspruch auf weitere Kassenleistungen hierfür in Höhe von 122,43 EUR (11 x 11,13 EUR).
25 
Nr. 203 GOZ analog
26 
Nr. 203 GOZ erfasst besondere Maßnahmen beim Präparieren oder Füllen von Kavitäten (z. B. Separieren, ...).
27 
Der Kläger trägt hierzu vor, die mit dieser Nummer - analog -abgerechneten Leistungen seien nicht bereits von den Nrn. 610 und 612 GOZ erfasst, sondern stellten eigene Leistungen dar. Sie seien auch nicht mit den unter die Nr. 203 GOZ fallenden Maßnahmen deckungsgleich. Die Beklagte beruft sich darauf, mit der Leistung nach Nr. 203 GOZ seien besondere Maßnahmen beim Präparieren oder Füllen von Kavitäten erfasst. Dies stehe der Verwendung im Zusammenhang mit kieferorthopädischen Behandlungen entgegen. Die beim Anbringen von Klebebrackets und Bändern angewandten besonderen Maßnahmen seien mit den Gebühren nach den Nrn. 610 und 612 GOZ abgegolten.
28 
Vorliegend ist der Ansatz der Nr. 203 GOZ analog vertretbar. Ein Separieren kommt auch im Zusammenhang mit der kieferorthopädischen Behandlung mit festsitzenden Apparaturen in Betracht; dies wird bei der Nr. 203 GOZ erörtert (vgl. Liebold/Raff/Wissing, a.a.O., S. 2.2-18). Es kann dabei als zusätzliche Maßnahme neben Nr. 610 GOZ abgerechnet werden (vgl. Liebold/Raff/Wissing, a.a.O., S. 7.1-130). Demgegenüber wird allerdings auch vertreten, dass Nr. 203 GOZ nicht neben Nr. 610 GOZ angesetzt werden darf (Meurer, a.a.O., S. 203).
29 
Damit liegt eine zweifelhafte Auslegung der Gebührenordnung vor. Dies führt dazu, dass der Ansatz der Gebühr als angemessen anzusehen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.02.1994, ZBR 1994, 225). Dies hat das OVG Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 20.01.1995 (2 A 11206/94, juris) gerade zur vorliegenden Konstellation entschieden.
30 
Auch der Ansatz des Faktors 3,5 ist hier nicht zu beanstanden. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 GOZ bemisst sich die Höhe der einzelnen Gebühr nach dem Einfachen bis Dreieinhalbfachen des Gebührensatzes. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 GOZ sind die Gebühren innerhalb des Gebührenrahmens unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwandes der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen. Nach § 5 Abs. 2 Satz 4 GOZ darf eine Gebühr in der Regel nur zwischen dem Einfachen und dem 2,3fachen des Gebührensatzes bemessen werden; ein Überschreiten des 2,3fachen des Gebührensatzes ist nur zulässig, wenn Besonderheiten der in § 5 Abs. 2 Satz 1 GOZ genannten Bemessungskriterien dies rechtfertigen. Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 GOZ muss die Überschreitung des 2,3fachen des Gebührensatzes schriftlich begründet werden. Besonderheiten, die das Überschreiten des Schwellenwertes rechtfertigen, liegen nur vor, wenn sie gerade bei der Behandlung des betreffenden Patienten, abweichend von der großen Mehrzahl der Behandlungsfälle, aufgetreten sind. Dem Ausnahmecharakter des Überschreitens des Schwellenwertes widerspräche es, wenn schon eine vom Arzt allgemein oder häufig, jedenfalls nicht nur bei einzelnen Patienten wegen in ihrer Person liegenden Schwierigkeiten angewandte Behandlung als eine solche Besonderheit angesehen würde (BVerwG, Urt. v. 30.05.1996, Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 12 m.w.N.). Die vom Zahnarzt gegebene Begründung muss geeignet sein, das Vorliegen solcher Umstände nachvollziehbar zu machen, die nach dem materiellen Gebührenrecht eine Überschreitung des Schwellenwertes und insbesondere den Ansatz des Höchstwertes rechtfertigen können. Dabei genügen grundsätzlich nicht allein wertende Schlussfolgerungen; die Begründung muss auch einen nachvollziehbaren Tatsachenkern enthalten (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 03.12.1999 - 12 A 2889/99 -, juris).
31 
Vorliegend genügt die bei Nr. 203 GOZ analog gegebene Begründung für die Überschreitung des 2,3fachen des Gebührensatzes diesen Anforderungen.
32 
Der Kläger hat deshalb Anspruch auf weitere Kassenleistungen hierfür in Höhe von 43,92 EUR.
33 
Nr. 0706 BEB
34 
Nr. 0706 BEB erfasst eine Foto- oder Videodokumentation. Diese Gebührennummer wurde angesetzt für "Foto oder Video Dokumentation einschließlich diagn. Auswertung".
35 
Der Ansatz dieser Nummer war zulässig. Zwar wurde in der Rechnung gleichzeitig die Nr. 610 GOZ angesetzt, in der grundsätzlich die Material- und Laborkosten enthalten sind (Anmerkung nach Nr. 617 GOZ). Bei der Foto- oder Videodokumentation handelt es sich aber nicht um eigentliche Laborkosten. Eine Foto- oder Videodokumentation wird vielmehr vor Beginn der eigentlichen Laborarbeiten erstellt. Darüber hinaus sind diagnostische Leistungen nicht in den Nrn. 610 bis 615 enthalten (Liebold/Raff/Wissing, a.a.O., S. 7.1-141). Nach den Angaben in den Info-Blättern der Zahnärzte beinhaltete die Foto- bzw. Videodokumentation aber gerade auch diagnostische Auswertungen. Dies ergibt sich auch aus dem Ansatz der Gebührennummer in der Rechnung.
36 
Entgegen der Auffassung der Beklagten kann statt Nr. 0706 BEB nicht die - kosten-günstigere - Nr. 600 GOZ angesetzt werden. Denn es handelt sich um verschiedene Leistungsinhalte. Insbesondere fehlt es bei Nr. 600 GOZ an der in Nr. 0706 BEB vorausgesetzten Dokumentation.
37 
Der Kläger hat deshalb Anspruch auf weitere Kassenleistungen hierfür in Höhe von 11,12 EUR.
38 
Schutzwachs
39 
Schutzwachs fällt unter "Arzneimittel, Verbandmittel und dergleichen" im Sinne von § 33 Abs. 1 der Satzung der Beklagten. Aufwendungen hierfür sind erstattungsfähig, wenn sie vom Arzt, Zahnarzt oder Heilpraktiker bei Leistungen nach den §§ 31 und 32 verbraucht oder nach Art und Umfang schriftlich verordnet worden sind. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Das Schutzwachs wurde nicht von den Zahnärzten verbraucht. Denn es war für die Selbstanwendung durch den Sohn des Klägers zu Hause bestimmt, wie sich aus den vom Kläger im Widerspruchsverfahren vorgelegten Unterlagen der Zahnärzte ergibt. Eine ärztliche Verordnung lag nicht vor.
40 
Die übrigen noch streitigen Positionen entsprechen nicht der Gebührenordnung für Zahnärzte.
41 
Porto/Versand/Telefongebühren
42 
Diese Kosten gehören zu den Praxiskosten (vgl. Meurer, a.a.O., S. 106). Sie sind mit den allgemeinen Gebühren abgegolten (§ 4 Abs. 3 Satz 1 GOZ) und können nicht gesondert berechnet werden (§ 4 Abs. 4 GOZ).
43 
Nr. 15 GOÄ
44 
Nr. 15 GOÄ erfasst die Einleitung und Koordination flankierender therapeutischer und sozialer Maßnahmen während der kontinuierlichen ambulanten Betreuung eines chronisch Kranken. Dabei gilt diese Nummer nicht für die kontinuierliche Betreuung selbst, sondern für die "Einleitung und Koordination flankierender therapeutischer und sozialer Maßnahmen" (Dr. Dr. Schlüter, Der Kassenarzt vom 01.05.2008). Hierzu genügt nicht die fortlaufende Behandlung des Sohnes des Klägers. Soziale Maßnahmen sind vielmehr z. B. Tätigkeiten, die einen Kontakt zu sozialen Einrichtungen, Krankenversicherungen oder anderen Leistungsträgern beinhalten (vgl. Pieritz, Deutsches Ärzteblatt 2009, 106 (13): A-626). Solche "flankierenden therapeutischen und sozialen" Maßnahmen hat der Zahnarzt vorliegend nicht angegeben. Sie werden auch im Schriftsatz des Klägers vom 04.02.2009, der Ausführungen hierzu enthält, nicht näher benannt.
45 
Nr. 75 GOÄ
46 
Nr. 75 GOÄ erfasst einen ausführlichen schriftlichen Krankheits- und Befundbericht zur epikritischen Bewertung und gegebenenfalls zur Therapie. Vorliegend wurde er für die Bearbeitung des Widerspruchsbescheides angesetzt.
47 
Die Bearbeitung des Widerspruchsbescheids ist keine medizinische Maßnahme eines Kieferorthopäden, für die eine Nummer der GOÄ angesetzt werden kann. Eine solche Begründung durch den Zahnarzt hatte die Beklagte auch nicht gefordert.
48 
Nr. 2697 GOÄ
49 
Nr. 2697 GOÄ erfasst das Anlegen von Drahtligaturen, Drahthäkchen oder dergleichen.
50 
Der Ansatz der Nr. 2697 GOÄ ist (nur) im Zusammenhang mit der Behandlung eines Kieferbruchs zulässig (vgl. Hoffmann, GOÄ, 3. Aufl., S. 156). Aus den Allgemeinen Bestimmungen zum Abschnitt "L. Chirurgie, Orthopädie" der GOÄ, zu dem Nr. 2697 GOÄ gehört, ergibt sich darüber hinaus, dass die in diesem Abschnitt enthaltenen Nummern nur für operative Leistungen angesetzt werden können. Solche Leistungen wurden beim Sohn des Klägers aber nicht erbracht.
51 
Nr. 510 GOÄ
52 
Nr. 510 GOÄ umfasst eine Übungsbehandlung auch mit Anwendung mediko-mechanischer Apparate.
53 
Nr. 510 GOÄ gehört zu Abschnitt E. II. der GOÄ. Nach § 6 Abs. 1 GOZ können Gebühren aus diesem Teilabschnitt nicht berechnet werden. Nicht in § 6 Abs. 1 GOZ genannte Positionen der GOÄ darf der Zahnarzt nicht berechnen; die Aufzählung dort ist abschließend (vgl. Meurer, a.a.O., S. 119).
54 
Bracket Kleben, Konditionieren
55 
Diese Positionen wurden bei den Laborkosten angesetzt. Es handelt sich dabei um "echte" Laborarbeiten, nicht nur um Vorarbeiten wie bei der Foto- und Videodokumentation (siehe hierzu oben). Dies ergibt sich auch aus den vom Kläger im Widerspruchsverfahren vorgelegten Info-Blättern der Zahnärzte, hier zu "Indirekte Klebetechnik".
56 
Material- und Laborkosten sind aber schon in den Nrn. 610 bis 615 GOZ enthalten, wie oben näher dargelegt worden ist. Dabei werden die "Laborkosten" insoweit nicht weiter differenziert. In der Rechnung vom 02.04.2007 wurden auch die Nrn. 610 und 615 GOZ angesetzt.
57 
Überschreiten des 2,3fachen des Gebührensatzes
58 
Soweit das Überschreitend es 2,3fachen des Gebührensatzes im Übrigen noch im Streit ist, genügen die hierfür gegebenen Begründungen nicht den Anforderungen des § 10 Abs. 3 Satz 1 GOZ, wie sie oben näher dargelegt worden sind. Dies betrifft die Nrn. 102, 610, 615 GOZ.
59 
Bei Nr. 102 GOZ wurde die Überschreitung mit der hohen Anzahl der zu fluoridierenden Flächen begründet. Eine solche Begründung ist unzulässig. Denn die Gebühr wird unabhängig von der Zahl der behandelten Zähne vergütet (Meurer, a.a.O., S. 153). Die Anzahl der Flächen, die von der Anzahl der Zähne abhängt, kann daher nicht in der Gebührenhöhe Berücksichtigung finden.
60 
Bei Nr. 610 GOZ wurde die Überschreitung folgendermaßen begründet: "Patientenspezifischer, überdurchschnittlicher Schwierigkeitsgrad/Zeitaufwand bei ungünstiger Zahnstellung u. 'indirekter Klebetechnik' und/oder Überkorrektur zur Erhöhung der Stabilität des Endergebnisses".
61 
Diese Begründung ist zum einen nicht eindeutig und nachvollziehbar. Denn es wird nicht klar, ob der Schwierigkeitsgrad oder der Zeitaufwand herangezogen werden soll. Ebenso wird wegen der Verwendung von "und/oder" nicht klar, ob die erste Alternative oder die zweite Alternative der Begründung oder gar beide einschlägig sein sollen. § 10 Abs. 3 Satz 1 GOZ verlangt aber - wie oben ausgeführt - eine für den Empfänger verständliche und nachvollziehbare Begründung.
62 
Darüber hinaus wurde zur Begründung eine allgemeine Behandlungsmethode (indirekte Klebetechnik) herangezogen, mit der das Überschreitens nicht begründet werden darf, wie ebenfalls oben ausgeführt worden ist. Das erkennende Gericht kann dabei diesen Teil der Begründung nicht einfach ausblenden. Denn es kann das nach § 5 Abs. 2 GOZ bei der Ausschöpfung des Gebührenrahmens auszuübende Ermessen nicht - auch nicht für einzelne (Teil-)Begründungen - anstelle des Zahnarztes ausüben.
63 
Diese Ausführungen gelten entsprechend für die Begründung, die bei Nr. 615 GOZ gegeben wurde: Patientenspezifischer, überdurchschnittlicher Schwierigkeitsgrad/Zeitaufwand bei ungünstiger Zahnstellung und Verwendung von Metall-Ligaturen zur Verringerung der Reibung.
64 
Soweit der Schriftsatz des Klägers vom 04.02.2009 zur Überschreitung des 2,3fachen des Gebührensatzes Ausführungen enthält, kann er keine Berücksichtigung finden. Denn eine Begründung nach § 10 Abs. 3 Satz 1 GOZ kann nur der Zahnarzt selbst geben, sie muss überdies schriftlich erfolgen. Der Kläger kann sie nicht geben, er ist vielmehr Adressat der Begründung.
65 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO.
66 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.
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Beschluss vom 21. September 2009
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Der Streitwert wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 3 GKG auf EUR 923,81 festgesetzt.

(1) Die Höhe der einzelnen Gebühr bemißt sich nach dem Einfachen bis Dreieinhalbfachen des Gebührensatzes. Gebührensatz ist der Betrag, der sich ergibt, wenn die Punktzahl der einzelnen Leistung des Gebührenverzeichnisses mit dem Punktwert vervielfacht wird. Der Punktwert beträgt 5,62421 Cent. Bei der Bemessung von Gebühren sind sich ergebende Bruchteile eines Cents unter 0,5 abzurunden und Bruchteile von 0,5 und mehr aufzurunden; die Rundung ist erst nach der Multiplikation mit dem Steigerungsfaktor nach Satz 1 vorzunehmen.

(2) Innerhalb des Gebührenrahmens sind die Gebühren unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwandes der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen. Die Schwierigkeit der einzelnen Leistung kann auch durch die Schwierigkeit des Krankheitsfalles begründet sein. Bemessungskriterien, die bereits in der Leistungsbeschreibung berücksichtigt worden sind, haben hierbei außer Betracht zu bleiben. Der 2,3fache Gebührensatz bildet die nach Schwierigkeit und Zeitaufwand durchschnittliche Leistung ab; ein Überschreiten dieses Gebührensatzes ist nur zulässig, wenn Besonderheiten der in Satz 1 genannten Bemessungskriterien dies rechtfertigen; Leistungen mit unterdurchschnittlichem Schwierigkeitsgrad oder Zeitaufwand sind mit einem niedrigeren Gebührensatz zu berechnen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.