Verwaltungsgericht München Urteil, 25. Juli 2017 - M 16 K 12.1915

bei uns veröffentlicht am25.07.2017

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Nr. 3 des Bescheids vom 22. März 2012 wird aufgehoben.

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin möchte ein öffentliches Glücksspiel, eine Zahlenlotterie namens „Champion Tipp“, im Freistaat Bayern veranstalten und vermitteln. Sie begehrt die Feststellung, dass sie zur Veranstaltung und Vermittlung dieses Glücksspiels keiner Erlaubnis nach dem Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) bedürfe. Hilfsweise strebt sie die Verpflichtung des Beklagten, über ihren Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, an.

Mit E-Mail vom 6.Oktober 2010 trat einer der Geschäftsführer der Klägerin erstmals an den Beklagten, Regierung der Oberpfalz, heran und bat um Mitteilung, ob es möglich wäre, für das öffentliche Glücksspiel „Champion Tipp“ eine Spielerlaubnis zu erhalten.

Mit Schreiben vom 6. Dezember 2010 teilte der Beklagte mit, dass es grundsätzlich einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für die Veranstaltung und Vermittlung des Glücksspiels „Champion Tipp“ bedürfe. Es wurde darauf hingewiesen, dass die in Art. 2 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3, 6 und 7 Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (AGGlüStV) genannten Anforderungen von der Klägerin erfüllt werden müssten.

Infolgedessen kam es zu zahlreichen Schriftwechseln zwischen den Beteiligten. Der Beklagte teilte mit Schreiben vom 18. August 2011 aus seiner Sicht vorhandene Mängel der bislang eingereichten Antragsunterlagen mit. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass das staatliche Lotteriemonopol, das auch Zahlenlotterien umfasse, nach einer zu erwartenden Änderung des Glücksspielstaatsvertrags weiterhin bestehen bleiben werde.

Mit Schreiben vom 19. September 2011 wurde von der Klägerin ein „vollständig überarbeiteter“ Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zur Veranstaltung und Vermittlung des öffentlichen Glücksspiels Champion Tipp eingereicht. Dieser Antrag ersetze die Vorversionen und die zwischenzeitlich übersandten Schreiben. Dem Antrag beigefügt waren umfangreiche Präsentationen. Bei dem geplanten Glücksspiel solle es sich um eine Zahlenlotterie handeln, bei der ein Spieler auf einem Tippschein aus sechs Zahlenreihen jeweils eine Zahl zwischen 1 und 10 auswähle. Zudem sei auf dem Spielschein eine bereits vorab aufgebrachte Champion Tipp-Zahl vorhanden. Es würden einmal wöchentlich die Gewinnzahlen ermittelt werden. Die Ziehung der Gewinnzahlen erfolge durch ein geeichtes Ziehungsgerät. Die Gewinnwahrscheinlichkeit für den Hauptgewinn betrage 1:10.000.000. Von 100 Prozent des Umsatzes entfielen zwei Drittel auf die Ausschüttung der Gewinnsumme und die Gewinnsteuer. Das verbleibende Drittel werde nach Abzug der Geschäftskosten zur Hälfte in einen Fond eingelegt und dort vor allem zur Förderung sozialer Projekte verwendet. Champion Tipp stelle eine seriöse Alternative zur staatlichen Lotterie 6 aus 49 in Bayern dar. Das Vertriebsgebiet beschränke sich auf den Freistaat Bayern. Der Vertrieb erfolge in ausgewählten und lizensierten Filialen des Flächen- und Reichweitenpartners, einem Lebensmitteldiscounter. Die Spieler könnten entweder Spielscheine von Hand ausfüllen oder diese digital an einem nicht online angebundenen Selbstbedienungsterminal ausfüllen und ausdrucken. Bei beiden Varianten werde der Spielschein verschlüsselt an einen Hauptserver übermittelt. Mit dem Flächen- und Reichweitenpartner werde ein Geschäftsbesorgungsvertrag geschlossen. Weiterhin wurden das Jugend- und Spielerschutzkonzept, die Einhaltung der Werbebeschränkung, das Sozialkonzept, der Nachweis über die Einhaltung der Aufklärungspflichten sowie das Sicherheitskonzept der Klägerin dargestellt. Die Umsatz- und Ertragsprognose der Klägerin geht davon aus, dass die Klägerin vor Aufnahme des Geschäftsbetriebs Investitionen (EBIT) von EUR 3.714.000,00 tätigen müsse. Die Höhe der Investitionen und der Anfangskosten werden in den eingereichten Unterlagen unter den Punkten IT/Infrastruktur und Personalkosten näher aufgeschlüsselt. Vorgelegt wurden auch jeweils der Entwurf eines Geschäftsbesorgungsvertrags mit dem Flächen- und Reichweitenpartner und einer Einzelvereinbarung zur Annahme und Bearbeitung von Champion Tipp-Spielscheinen. Eine Umsatz- und Ertragsprognose ist der Klägerin für insgesamt fünf Jahre erstellt und prognostiziert Kosten von insgesamt EUR 323.538.000,00. Demgegenüber stehe ein Umsatz von EUR 341.969.000,00 und ein Gewinn (EBIT) von EUR 18.430.000,00. Der vorgelegte „Business Case“ der Klägerin geht für das erste Geschäftsjahr davon aus, dass 5 Prozent der Lottospieler in Bayern das Glücksspiel Champion Tipp wählten. Im fünften Geschäftsjahr steige der Anteil der Spieler auf 19,65 Prozent der Lottospieler in Bayern. Weiterhin zeigte die Klägerin in ihrem „Business Case“ die Anzahl der Spielscheine auf, die abgegeben werden sollen.

Mit Schreiben vom 16. November 2011 teilte der Beklagte mit, dass der Antrag nicht erlaubnisfähig sei. Dies wurde unter anderem damit begründet, dass eine Erlaubnis gem. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGGlüStV nur erteilt werden dürfe, wenn der Veranstalter oder Vermittler die Gewähr dafür biete, dass die Veranstaltung und Vermittlung ordnungsgemäß und für die Spielteilnehmer sowie für die Erlaubnisbehörde nachvollziehbar durchgeführt werde. Unklar bleibe, wie die Finanzierung der Lotterie, insbesondere die Startfinanzierung, die erhebliche Investitionen in Personal und IT-Infrastruktur bedinge, geleistet werden solle. Die finanzielle Leistungsfähigkeit sei ein wesentliches Zuverlässigkeitskriterium, auch im Hinblick auf den Spielerschutz (§ 1 Nr. 3 GlüStV). Gleichzeitig wurde wiederholt darauf hingewiesen, dass das staatliche Lotteriemonopol, das auch Zahlenlotterien umfasse, nach einer zu erwartenden Änderung des Glücksspielstaatsvertrags weiterhin bestehen bleiben werde.

Die Klägerin teilte mit Schreiben vom 23. November 2011 mit, dass die geplanten Investitionen zur Aufnahme und zum Betrieb von Champion Tipp mit dem aktuellen Stammkapital der Antragstellerin nicht bestritten werden könnten. Auch die aktuell laufenden Kosten würden bereits heute durch ein Darlehen der Gesellschafter gedeckt werden. Die tatsächliche Leistungsfähigkeit der Veranstalterin werde aber erst durch den Einstieg eines seriösen Inverstors vollständig gewährleistet. Das staatliche Monopol im Glücksspielbereich halte einer verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht stand. Angefügt waren dem Schreiben Ergänzungen des bereits mit dem Antrag vom 19. September 2011 vorgelegten Konzepts.

Nach weiteren Schriftwechseln und Telefonaten schlug die Klägerin mit E-Mail vom 19. Januar 2011 vor, dass die Erlaubnis für die Veranstaltung und Vermittlung des Glücksspiels unter dem Vorbehalt erteilt werde, dass der Genehmigungsbehörde binnen acht Wochen nach Erlaubniserteilung ein entsprechender Kapitalnachweis / eine Ausstattungsgarantie bzw. Patronatserklärung vorgelegt und bis zu deren Vorlage der Spielbetrieb nicht aufgenommen werde. Mit E-Mail vom 20. Januar 2011 wurde dann eine Ausstattungsgarantie einer anderen Gesellschaft, der D. GmbH, übersandt. Laut dem der E-Mail angefügten Schreiben werde diese Gesellschaft bei Erteilung der Erlaubnis zur Veranstaltung des öffentlichen Glücksspiels Champion Tipp eine finanzielle Ausstattung bis zu einer Höhe von EUR 6.000.000,00 bereitstellen. Mit weiterer E-Mail vom 14. März 2017 wurde darauf hingewiesen, dass für Marketing im ersten Geschäftsjahr insgesamt EUR 4.300.000,00 eingeplant worden seien. Diese Kosten seien allein durch die Finanzierungszusage der D. GmbH abgedeckt.

Mit Bescheid vom 22. März 2012 wurde der Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Erlaubnis zur Veranstaltung und Vermittlung eines öffentlichen Glücksspiels (Zahlenlotterie Champion Tipp) abgelehnt (Nr. 1). Die Kosten des Verfahrens seien von der Klägerin zu tragen (Nr. 2). Es werde eine Gebühr in Höhe von EUR 3.297,00 erhoben (Nr. 3). Eine Veranstaltungserlaubnis dürfe gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV nur erteilt werden, wenn § 4 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. §§ 1 und Abs. 2 Satz 2 GlüStV nicht entgegenstehe. Der Erlaubnisantrag sei insbesondere an § 1 Nr. 3 und Nr. 4 GlüStV zu messen. Nach den vorliegenden Antragsunterlagen könne nicht von einer Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Spielablaufs sowie der Gewährleistung des Spielerschutzes ausgegangen werden. Unter anderem werde der Jugend- und Spielerschutz nicht ausreichend gewährleistet. Weiter sei die Einhaltung der Werbebeschränkung des § 5 GlüStV nicht sichergestellt. Eine Erlaubnis dürfe gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGGlüStV ferner nur erteilt werden, wenn der Veranstalter oder Vermittler die Gewähr dafür biete, dass die Veranstaltung und die Vermittlung ordnungsgemäß und für die Spielteilnehmer sowie für die Erlaubnisbehörde nachvollziehbar durchgeführt werde. Unklar bleibe zunächst, wie die Finanzierung der Lotterie, insbesondere die Startfinanzierung, geleistet werden solle. Die Gesellschafterinnen der Klägerin würden jedenfalls nicht über das entsprechende Kapital verfügen. Auch die D. GmbH, die eine finanzielle Ausstattung in Höhe von EUR 6.000.000,00 bereitstellen solle, verfüge ausweislich des im elektronischen Bundesanzeigers veröffentlichen Jahresabschluss nicht über entsprechende finanzielle Mittel. Die finanzielle Leistungsfähigkeit sei aber ein wesentliches Zuverlässigkeitskriterium – auch im Hinblick auf die Gewährung des Spielerschutzes (§ 1 Nr. 3 GlüStV). Dies sei der Erlaubnisbehörde nachvollziehbar und prüfbar darzulegen, was insbesondere für die Antragstellerin selbst nicht geschehen sei. Unter diesen Umständen sei eine Erlaubniserteilung im Hinblick auf den Spielerschutz nicht zu vertreten. Ferner werde nicht erläutert, auf welcher Grundlage die Schätzzahlen im sogenannten „Business Case“ fußten. Wieso 5 Prozent der Spielteilnehmer an der Lotterie 6 aus 49 ab dem ersten Quartal des Starts von Champion Tipp mitspielen sollten, bleibe rätselhaft. Im Übrigen wurde die Ablehnung des Antrags mit Mängeln im Vertriebskonzept, im Sozialkonzept und der (Nicht-)Einhaltung des Internetverbots begründet. Da die Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 1 Satz 1 GlüStV in wesentlichen Punkten nicht erfüllt würden, sei das Erlaubnisermessen nicht eröffnet. Sowohl die Veranstaltung von öffentlichen Glücksspielen durch private Veranstalter als auch deren Vermittlung seien nach der jüngsten obergerichtlichen Rechtsprechung erlaubnispflichtig. Für die Bearbeitung des Antrags auf Erteilung der Erlaubnis zur Veranstaltung bzw. Vermittlung eines öffentlichen Glücksspiels werde eine Gebühr von EUR 3.297,00 als angemessen erachtet. Angesichts des erheblichen Aufwandes für die Prüfung der wiederholt geänderten Antragsunterlagen werde die Gebühr auf diesen Betrag festgesetzt. Wegen der rechtlich anspruchsvollen Materie und des erheblichen Aufwands für die Prüfung der eingereichten Unterlagen und Dokumente seien die erhobenen Kosten auch angemessen.

Am 23. April 2012 hat die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten Klage (M 22 K 12.1915) erhoben. Sie bedürfe zur Veranstaltung und Vermittlung des öffentlichen Glücksspiels Champion Tipp keiner Erlaubnis, da die entsprechenden Vorschriften des GlüStV und des AGGlüStV verfassungswidrig seien. Zudem habe der Beklagte den Antrag der Klägerin auf die begehrte glücksspielrechtliche Erlaubnis rechtswidrig abgelehnt. Die Erlaubnisvoraussetzungen für Zahlenlotterien seien gesetzlich allenfalls rudimentär geregelt. Die Klägerin habe gegenüber dem Beklagten zu keinem Zeitpunkt behauptet, bis zur Erlaubniserteilung über die finanziellen Mittel zur Durchführung des geplanten Geschäftsbetriebs zu verfügen. Die von dem Beklagten übersandten „Checklisten“ sähen keine spezifischen Nachweispflichten zur finanziellen Leistungsfähigkeit der Klägerin vor. Es sei auch kein Mindestbetrag für die Kapitalausstattung der Klägerin gefordert worden. Die Finanzierungszusage der D. GmbH hätte zudem kurzfristig erhöht werden können. Am 29. Februar 2012 habe das Konto der D. GmbH bei der C. Bank einen positiven Saldo in Höhe von EUR 9.084.780,00 ausgewiesen. Die Klägerin hätte bei Bedarf eine unbedingte Ausstattungsgarantie zum Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit erbringen können. Warum eine Ausstattungsgarantie der D. GmbH nicht ausreichen solle, erschließe sich der Klägerin vor dem Hintergrund des § 4c Abs. 3 GlüStV, der im Konzessionierungsverfahren zur Erteilung von Sportwettlizenzen anzuwenden sei, nicht. Die Klägerin sei jederzeit bereit, eine entsprechende Eigenerklärung abzugeben, sobald der Beklagte die erforderlichen Parameter einer selbstschuldnerischen Bürgschaft mitteile. Für die Klägerin sei ferner nicht erkennbar, wie nach der Änderung des GlüStV die Öffnung des Sportwettmarkts für private Veranstalter unter Beibehaltung eines staatlichen Monopols im Bereich der Lotterien im Rahmen einer Gesamtbetrachtung aller Glücksspielbereiche zu einer kohärenten und systematischen Gesetzeslage beitragen könne. Der Beklagte berufe sich zur Begründung der Versagung der Erlaubnis nicht auf das Lotteriemonopol des Staates. Deshalb gehe auch der Beklagte von der Verfassungs- und Unionsrechtswidrigkeit des staatlichen Glücksspielmonopols im Lotteriebereich aus. Das Lotteriemonopol verstoße gegen unionsrechtliche Grundfreiheiten und gegen Grundrechte. Die unionsrechtlichen Grundfreiheiten seien im Fall der Klägerin anzuwenden. Die Klägerin habe eine Zweigniederlassung in Wien gegründet, über die die Klägerin den Vertrieb der Lotterie Champion Tipp im Freistaat Bayern an (zunächst grenznahe) österreichische Verbraucher fördern wolle. Die Klägerin habe unmittelbar nach Aufnahme der Veranstaltungstätigkeit geplant, die streitgegenständliche Lotterie insbesondere in grenznahen österreichischen Gebieten zum Freistaat zu bewerben. Es sei von der Klägerin in einem zweiten Schritt der Vertriebsausweitung beabsichtigt, ihr Lotterieprodukt vor Ort auch im EU-Mitgliedstaat Österreich zum Verkauf anzubieten. Eine kohärente und konsistente Regelung des Glücksspielbereichs gebe es nicht. Die Unions- und Verfassungswidrigkeit des Lotteriemonopols ergebe sich aus einem systematischen Vollzugsdefizit der Verwaltung im Bereich der Werbung der staatlichen Glücksspielanbieter. Die unionsrechtswidrige, allein von fiskalischen Interessen gesteuerte Werbetätigkeit im Bereich der Lotterien müsse zu einer Unanwendbarkeit der Monopolregelung führen. Inwieweit eine zum Glücksspiel auffordernde Jackpotwerbung den Zielsetzungen des § 1 GlüStV diene, insbesondere der Bekämpfung von Glücksspiel- und Wettsucht, sei nicht zu erkennen. Eine Werbung mit Höchstgewinnen, insbesondere die sogenannte Jackpotwerbung sei unzulässig. Zudem führe etwa eine Werbung durch anreizende Hinweise auf Sonderauslosungen, Imagewerbung durch systematische Hinweise auf im Gemeinwohl liegende Verwendung der Spieleinnahmen oder auch eine Werbung mit Aufforderungscharakter unter systematischer Ausnutzung abergläubischer Veranlagungen der Verbraucher zur Unionsrechtswidrigkeit des Lotteriemonopols. Die Klägerin verwies insoweit auf einen Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. Mai 2017, in dem die Unionsrechtswidrigkeit des Sportwettmonopols wegen der Werbepraxis der Landeslottogesellschaften im Bereich der Lotterien aufgezeigt werde. Die Ausführungen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs seien auf den Lotteriebereich zu übertragen.

Die Bevollmächtigten der Klägerin beantragen,

Es wird festgestellt, dass die Klägerin im Freistaat Bayern zur Veranstaltung und Vermittlung des öffentlichen Glücksspiels keiner Erlaubnis nach dem Glücksspielstaatsvertrag bedarf,

hilfsweise,

der Bescheid vom 22. März 2012 wird aufgehoben,

der Beklagte wird verpflichtet, den Antrag der Klägerin vom 19. September 2011, ergänzt durch das Schreiben vom 23. November 2011 und durch die E-Mails vom 19. Januar 2012 und vom 20. Januar 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden Der Beklagte beantragt,

Die Klage wird abgewiesen.

Zur Begründung nahm der Beklagte vollumfänglich Bezug auf die Gründe des streitgegenständlichen Bescheids. Der Europäische Gerichtshof habe den allgemeinen ordnungsrechtlichen Erlaubnisvorbehalt aus § 4 Abs. 1 und Abs. 2 GlüStV ausdrücklich bestätigt. Es sei zudem fraglich, ob die Klägerin sich auf unionsrechtliche Grundfreiheiten berufen könne. Es fehle an einem grenzüberschreitenden Bezug, der Sitz der Klägerin liege im Freistaat Bayern. Die Ablehnung des Erlaubnisantrags sei nicht auf das Lotteriemonopol gestützt worden, vielmehr habe es dem Antrag an mehreren materiellen Voraussetzungen gemangelt. Es sei seitens der Klägerin kein uneingeschränkt prüffähiges, in sich schlüssiges, nachvollziehbares und umsetzbares Konzept vorgelegt worden. Es treffe nicht zu, dass der Beklagte von der Verfassungs- und Unionsrechtswidrigkeit des Lotteriemonopols ausgehe. Dieses Monopol spiele keine Rolle, da der Antrag bereits aus anderen Gründen abzulehnen gewesen wäre. Es liege allein bei der Behörde, wie sie ihren Bescheid begründe. Durch die lange Zeit wechselnde und uneinheitliche Rechtsprechung im Bereich der Sportwetten und die unsichere Rechtslage zum Bestand des Sportwettenmonopols sei es aus Behördensicht notwendig gewesen, auch einen Antrag aus dem Lotteriesektor umfassend zu prüfen. Außerdem habe die Klägerin auf einer umfassenden Antragsprüfung in materieller Hinsicht bestanden. Dies obwohl mehrfach auf die fehlende Erlaubnisfähigkeit auch aufgrund des Lotteriemonopols hingewiesen worden sei. Die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen, die unabhängig von den Regelungen des Monopols bestünden, seien nicht erfüllt. Zudem sei das Lotteriemonopol rechtmäßig, durch das Monopol würden sämtliche Ziele des § 1 GlüStV gesichert. Wegen der Intransparenz der Gewinnermittlung und -verteilung seien Lotterien strukturell anfällig für Manipulationen und könnten wegen der hohen angesammelten Summen zu kriminellem Handeln verleiten. Nach § 5 Abs. 1 GlüStV habe sich Art und Umfang der Werbung für öffentliches Glücksspiel an den Zielen des § 1 GlüStV auszurichten. Nach dem Regelungsansatz des § 5 GlüStV werde eine Kanalisierung der Nachfrage auf legale und weniger gefährliche Formen des Glücksspiels bezweckt. Dies setze voraus, dass auf diese legalen Angebote in wirksamer Weise aufmerksam gemacht werden dürfe.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Niederschrift der mündlichen Verhandlung und die Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet. Der Haupantrag, mit dem die Klägerin die Feststellung begehrt, dass sie für die Veranstaltung und Vermittlung des öffentlichen Glücksspiels Champion Tipp keiner glücksspielrechtlichen Erlaubnis bedürfe, ist nicht begründet. Der hilfsweise gestellte Antrag ist teilweise begründet, da die Kostenentscheidung des streitgegenständlichen Bescheids rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt.

A.

Der Hauptantrag der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klage ist als Feststellungsklage im Sinne des § 43 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft.

Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann die Feststellung begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

Die Klägerin möchte das streitgegenständliche Glücksspiel ohne glücksspielrechtliche Erlaubnis in Bayern veranstalten und vermitteln. Die Klägerin hat gemäß § 43 Abs. 1 2. Halbsatz VwGO ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines entsprechenden Rechtsverhältnisses. Als berechtigtes Interesse ist jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art anzusehen. Zu bejahen ist ein solches Interesse, wenn zwischen der Klägerin und dem Beklagten Meinungsverschiedenheiten über Rechte und Pflichten bestehen und die Klägerin bevorstehende oder angedrohte nachteilige Maßnahmen der Behörde oder Sanktionen vermeiden will oder wenn von der Streitfrage bereits jetzt Dispositionen der Klägerin abhängen. Würde die Klägerin ohne eine glücksspielrechtliche Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV tätig werden, würde ihr neben einer eventuellen Untersagung dieser Tätigkeit ein Bußgeld in Höhe von bis zu EUR 500.000,00 drohen, Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV. Der Beklagte ist der Ansicht, dass die Klägerin zu Veranstaltung und Vermittlung der geplanten Zahlenlotterie einer Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV bedürfe – auch wenn das Lotteriemonopol des § 10 Abs. 2 und Abs. 6 GlüStV aufgrund unionsrechtlicher Grundfreiheiten unanwendbar wäre.

Der Statthaftigkeit der Klage steht auch nicht der Grundsatz der Subsidiarität aus § 43 Abs. 2 VwGO entgegen. Danach kann die Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies ist hier nicht der Fall. Der Klägerin steht für ihre Rechtsverfolgung – bezogen auf die von ihr angenommene glücksspielrechtliche Erlaubnisfreiheit der Veranstaltung und Vermittlung der streitgegenständlichen Lotterie – kein unmittelbareres, sachnäheres und wirksameres Verfahren zur Verfügung.

Die Feststellungsklage ist nicht begründet. Die Klägerin kann die begehrte Feststellung, dass sie das streitgegenständliche öffentliche Glücksspiel ohne glücksspielrechtliche Erlaubnis veranstalten und vermitteln darf, nicht verlangen.

Weder der Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV noch Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 AGGlüStV i.V.m. § 28 Abs. 2 GlüStV sind aus Sicht des Gerichts wegen etwaiger verfassungs- und/oder unionsrechtlicher Bedenken gegen die Ausgestaltung des Lotteriemonopols in § 10 Abs. 2 und Abs. 6 GlüStV unwirksam bzw. unanwendbar.

Der Erlaubnisvorbehalt dient unabhängig von einer möglichen Verfassungsbzw. Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols legitimen Zielen. Er soll zunächst gewährleisten, dass Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen zuverlässig sind. Insbesondere dient er dem Jugend- und Spielerschutz sowie der Bekämpfung der Kriminalität im Wege einer präventiven Überprüfung der Voraussetzungen der Erlaubnis (ständige Rechtsprechung, hierzu zuletzt BayVGH, B.v. 2.3.2017 – 10 CS 16.2149 – juris Rn. 7; vgl. auch BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 14/12 – juris Rn. 53; BVerwG, U.v. 24.11.2010 – 8 C 13/09 – juris Rn. 77; BayVGH, U.v. 24.1.2012 – 10 BV 10.2665, juris Rn. 34 ff.; im Ergebnis zustimmend Pagenkopf, NVwZ 2011, 513, 520 f.).

Sofern die Klägerin unter Verweis auf aktuelle Rechtsprechung (EuGH, U.v. 4.2.2016 – C 336/14 – juris und HessVGH, B.v. 29.5.2017– 8 B 2744/16 – juris) zum gestoppten Konzessionsvergabeverfahren im Bereich der Sportwetten meint, ohne eine glücksspielrechtliche Erlaubnis tätig werden zu dürfen, ist diese Rechtsprechung nicht auf den vorliegenden Fall im Bereich der Zahlenlotterien zu übertragen.

Vor dem Hintergrund der Unionsrechtswidrigkeit des derzeit auf gesetzlicher Grundlage, § 10a i.V.m. §§ 4a ff. GlüStV, eingeleiteten, aber gestoppten Konzessionsvergabeverfahrens im Bereich der Sportwetten und der Unionsrechtswidrigkeit des staatlichen Sportwettenmonopols besteht nach Ansicht des Hessischen Verwaltunsgerichtshofs (HessVGH, B.v. 29.5.2017– 8 B 2744/16 – juris Rn. 33 ff.) im Bereich der Sportwetten im Bundesland Hessen kein unionsrechtskonformes Verfahren bis zur Schaffung eines mit Unionsrecht vereinbaren Glücksspielregulierungssystems den Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV 2012 für einen Übergangszeitraum weiter anzuwenden. Das Land Hessen wollte auf Antrag Duldungen der Veranstaltung und/oder Vermittlung von Sportwetten im Internet gegenüber bestimmten Anbietern aussprechen (vgl. HessVGH, B.v. 29.5.2017– 8 B 2744/16 – juris Rn. 2 ff.).

Selbst bei unterstellter Unionsrechtswidrigkeit des Lotteriemonopols, § 10 Abs. 2 und Abs. 6 GlüStV, gilt auch nach der Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (HessVGH, B.v. 29.5.2017– 8 B 2744/16 – juris Rn. 34 ff.), dass aus unionsrechtlicher Sicht zunächst ein Übergangsregime geschaffen werden kann, nach dem bis zur Schaffung einer mit Unionsrecht vereinbaren Rechtslage eine zumindest temporäre Zulassung privater Anbieter zum Lotteriemarkt ermöglicht wird. Offensichtlich erlaubt ist auch die Anwendung des allgemeinen Erlaubnisvorbehalts des § 4 Abs. 1 GlüStV, sofern bestimmte Voraussetzungen – die unionsrechtlichen Gebote der Rechtssicherheit und der Transparenz – eingehalten werden (so die Ausführungen des HessVGH, B.v. 29.5.2017– 8 B 2744/16 – juris Rn. 33, 35). Die vom Land Hessen gewählte Vorgehensweise des Ausspruchs von Duldungen genügte diesen Anforderungen nicht.

Der Beklagte hat schriftsätzlich mehrfach ausgeführt, dass das Lotteriemonopol nach wie vor gelte. Die Rechtsprechung hat zur Anwendbarkeit des staatlichen Monopols im Bereich der Zahlenlotterien noch keine Stellung genommen (die Entscheidung des HessVGH, B.v. 29.5.2017– 8 B 2744/16 – juris bezieht sich nur auf das Monopol im Bereich der Sportwetten). Sobald eine Unionsrechtswidrigkeit des Lotteriemonopols feststehen sollte, muss den Parteien des Glücksspielstaatsvertrags und den entsprechenden Landesgesetzgebern die Möglichkeit gegeben werden, ein den unionsrechtlichen Geboten der Rechtssicherheit und der Transparenz genügendes Verfahren zur Zulassung zum Lotteriemarkt gegebenenfalls neu zu schaffen. Aus Sicht des Gerichts könnte auch ein Rückgriff auf den allgemeinen Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV privaten Anbietern einen Zugang zum Lotteriemarkt ermöglichen. Bevor sich die Parteien des Glücksspielstaatsvertrags und die Landesgesetzgeber auf ein mögliches neues Verfahren für einen Marktzugang einigen, gilt in Übereinstimmung mit der gefestigten Rechtsprechung (zuletzt BayVGH, B.v. 2.3.2017 – 10 CS 16.2149 – juris Rn. 7; vgl. auch BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 14/12 – juris Rn. 53; BVerwG, U.v. 24.11.2010 – 8 C 13/09 – juris Rn. 77; BayVGH, U.v. 24.1.2012 – 10 BV 10.2665, juris Rn. 34 ff.), dass der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV monopolunabhängig anzuwenden ist.

B.

Der hilfsweise gestellte Antrag ist zulässig und teilweise begründet. Die Kostenentscheidung unter Nr. 3 des Bescheids vom 22. März 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im Übrigen ist der Bescheid rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 22. März 2012 und auf Verpflichtung des Beklagten, sie neu zu bescheiden, da die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrte glücksspielrechtliche Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 AGGlüStV i.V.m. § 28 Abs. 2 GlüStV hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Der Erteilung der begehrten glücksspielrechtlichen Erlaubnis steht aus Sicht des Gerichts das in § 10 Abs. 2 und Abs. 6 GlüStV verankerte Lotteriemonopol wohl nicht entgegen, da es wegen der Werbepraxis der Landeslotteriegesellschaften aus unionsrechtlicher Sicht zumindest für grenzüberschreitende Sachverhalte nicht anwendbar und zudem vermutlich verfassungswidrig sein dürfte. Es liegt wohl kein grenzüberschreitender Sachverhalt vor. Jedoch ist die Klägerin nicht finanziell leistungsfähig. Es fehlt ihr damit an der Zuverlässigkeit, weshalb sie keinen Anspruch auf die begehrte glücksspielrechtliche Erlaubnis hat.

I. Aufgrund der Dienstleistungsfreiheit, Art. 56 ff. Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), sind die Monopolregelungen des § 10 Abs. 2 und Abs. 6 GlüStV wohl nicht anzuwenden. Ob der persönliche Anwendungsbereich der unionsrechtlichen Grundfreiheiten im Fall der Klägerin eröffnet ist, ist aus Sicht des Gerichts zweifelhaft, jedoch letztlich nicht entscheidungserheblich.

1. Das staatliche Lotteriemonopol, das in § 10 Abs. 2 und Abs. 6 GlüStV verankert ist, verletzt wohl die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit. Es fehlt im Hinblick auf den tatsächlichen Normvollzug an einer kohärenten Verfolgung des gesetzgeberischen Ziels der Suchtprävention.

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat jüngst für den Bereich der Sportwetten festgestellt, dass das faktisch fortbestehende staatliche Sportwettenmonopol gegen die Dienstleistungsfreiheit, Art. 56 ff. AEUV, verstößt (HessVGH, B.v. 29.5.2017– 8 B 2744/16 – juris Rn. 9 ff.). Begründet wurde dies mit der systematisch unzulässigen Werbepraxis der Landeslotteriegesellschaften im Bereich der Zahlenlotterien. Diese Rechtsprechung dürfte ohne weiteres auf das Lotteriemonopol für Zahlenlotterien zu übertragen sein. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (a.a.O.) hat einen Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit im Wege der Gesamtkohärenz angenommen – indem er eine Vergleichsgruppe zwischen verschiedenen Glücksspielsektoren, den Sportwetten und den Zahlenlotterien, gebildet hat. Daher gelten die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs erst recht für die Begründung einer Inkohärenz innerhalb des Bereichs der Zahlenlotterien, sogenannte Binnenkohärenz (vgl. Hartmann, EuZW 2014, S. 814, 815). Bereits im Jahr 2014 hatte das Verwaltungsgericht Ansbach erhebliche Zweifel an der Kohärenz des Lotteriemonopols und dessen Umsetzung im Hinblick auf die nach wie vor massive Werbung für Glücksspiel geäußert (vgl. VG Ansbach, U.v. 28.1.2014 – AN 4 K 12.01406 – juris Rn. 42).

Die Veranstaltung einer Zahlenlotterie ist als wirtschaftliche Betätigung von der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV gedeckt. Eine Beschränkung dieser Grundfreiheit durch ein Lotteriemonopol bedarf der Rechtfertigung. Zur Rechtfertigung dürfen zwingende Gründe des Allgemeinwohls wie die Suchtprävention und/oder Kriminalprävention herangezogen werden, diese Ziele werden auch in § 1 Satz 1 GlüStV aufgegriffen. Ausdrücklich steht das Ziel, „das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen“ gleichrangig neben anderen Zielen in § 1 Satz 1 GlüStV. Eine unionsrechtlich gerechtfertigte Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch entsprechende mitgliedstaatliche Regelungen setzt die Eignung der getroffenen Regelungen zur jeweiligen Zweckerreichung voraus. Dies erfordert, dass der Mitgliedstaat die von ihm mit der Glücksspielregulierung jeweils angestrebten Ziele sowohl im Hinblick auf den geschaffenen rechtlichen Rahmen (Normebene) als auch tatsächlich (faktischer Normvollzug) in kohärenter Weise zu erreichen sucht.

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof erläutert unter Verweis auf obergerichtliche Rechtsprechung die Voraussetzungen eines dem Kohärenzgebote genügenden staatlichen Glücksspielmonopols (HessVGH, B.v. 29.5.2017– 8 B 2744/16 – juris Rn. 16 f.): Das Ziel, die Spielsucht zu bekämpfen und den Spieltrieb von Verbrauchern in kontrollierte legale Bereiche zu lenken, wird nur dann in kohärenter Weise verfolgt, wenn ein Mitgliedstaat als Monopolträger durchgängig darauf verzichtet, die Teilnahme an öffentlichen Glücksspielen zu fördern (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.2011 - BVerwG 8 C 2.10 - Rn. 46). Die Werbung der Monopolträger muss deshalb maßvoll sein und eine Marktbeeinflussung darstellen, die die Verbraucher zu den genehmigten Spieltätigkeiten lenkt. Denn es geht allein darum, Kunden aus der Illegalität in die Legalität zu locken, nicht hingegen sie zum Glücksspiel zu verlocken. Das bedeutet, dass die Werbung nicht zum Wetten auffordern, anreizen oder ermuntern darf, sondern sich auf die Information und Aufklärung über Art und Weise legaler Wettmöglichkeiten zu beschränken hat. Dem widersprechen Werbemaßnahmen, die von einem noch nicht zum Wetten entschlossenen, durchschnittlichen Empfänger der Botschaft als Motivation zum Wetten zu verstehen sind. Insbesondere darf die Anziehungskraft des Wettspiels nicht durch zugkräftige Werbebotschaften erhöht werden, die bedeutende Gewinne in Aussicht stellen (vgl. EuGH, U.v. 8.9.2010 - C-316/07 – juris Rn. 103; U.v. 30.6.2011 - C-212/08 – juris Rn. 71; U.v. 15.9.2011 - C-347/09 - Rn. 68f). Ausgeschlossen sind damit auch stimulierende Verknüpfungen informativer Hinweise mit der Ankündigung von Sonderausschüttungen oder anderen höheren oder zusätzlichen Gewinnchancen. Auch eine Aufmachung, die etwa durch befristete Angebote Entscheidungsdruck auslösen kann, ist nicht erlaubt (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 8 C 2.10 - Rn. 34ff.).

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (HessVGH, B.v. 29.5.2017– 8 B 2744/16 – juris Rn. 16) stellt dabei heraus, dass jede Form der Image- oder Sympathiewerbung unzulässig ist, die über den Hinweis auf die Legalität der Monopolangebote hinaus Sympathien für das Wetten selbst weckt. Die Teilnahme an Wetten darf nicht als sozialadäquate Unterhaltung dargestellt werden und dem Glücksspiel auch kein positives Image verleihen, indem – über eine sachliche Information im Sinne einer Rechenschaftslegung ohne Bezug zu konkreten Spielmöglichkeiten hinausgehend – auf eine gemeinnützige Verwendung der erzielten Einnahmen hingewiesen wird und so das Wetten zum „Spenden durch Spielen“ aufgewertet wird. Das Erzielen von Einnahmen zur Finanzierung sozialer Aktivitäten mit Hilfe einer Abgabe auf die Einnahmen aus genehmigten Spielen darf nur eine erfreuliche oder nützliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der betriebenen „restriktiven“ Politik sein. Denn Hinweise auf die gemeinnützige Verwendung von Erlösen aus den Wettveranstaltungen werten das Wetten zum Sponsoring gemeinnütziger Tätigkeiten auf und stellen damit die Entscheidung für eine Teilnahme als positiv zu beurteilende Handlung dar. Gleichzeitige Hinweise auf das Wettrisiko und die Gefahren des Wettens können dazu kein ausreichendes Gegengewicht bilden, weil sie die moralische Aufwertung des Wettens zum positiv zu beurteilenden Verhalten unberührt lassen (BVerwG, U.v. 24.11.2010 - 8 C 15.09 - juris Rn. 52f., 77).

Ebenfalls unter Verweis auf bereits ergangene Rechtsprechung zeigt der Hessische Verwaltungsgerichtshof auf, dass es unionsrechtlich nicht allein entscheidend ist, ob in einem Bundesland (systematisch) unzulässig geworben wird. Vielmehr ist die Bundesrepublik als Mitgliedstaat und damit die Werbung auch der Monopolträger in den anderen Bundesländern in den Blick zu nehmen (HessVGH, B.v. 29.5.2017– 8 B 2744/16 – juris Rn. 18 ff.).

Bereits die Werberichtlinie gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 GlüStV (Werberichtlinie) der Länder vom 7. Dezember 2012 (Werberichtlinie, Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, vom 17. Januar 2013 Az.: IA4-2161.1-238), welche die § 5 Abs. 1 bis 3 GlüStV hinsichtlich erlaubter Werbung konkretisiert, berücksichtigt nicht strikt die vom Gerichtshof der Europäischen Union und vom Bundesverwaltungsgericht herausgearbeiteten Kriterien, die bei einem Glücksspielmonopol einzuhalten sind. So erlaubt § 3 Abs. 3 Satz 4 der Werberichtlinie entgegen den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, U.v. 24.11.2010 - juris Rn. 51f.) ausdrücklich Imagewerbung. Nach § 5 Nr. 1 Satz 2 und 3 der Werberichtlinie darf überdies attraktiv geworben und der gemeinnützige Charakter der Lotterien in den Vordergrund gestellt werden.

Den Anforderungen der Rechtsprechung wird die Werbepraxis der Länder als Monopolträger bzw. der Landeslotteriegesellschaften ebenfalls nicht gerecht. Die Klägerin hat dem Gericht hierzu zahlreiche Beispiele aus ihrer Sicht systematisch unzulässiger Werbung für Zahlenlotterien vorgelegt. Der Beklagte hat nicht bestritten, dass diese Werbung tatsächlich in den Medien (Fernsehen, Hörfunk, Internet sowie Print) geschaltet wurde bzw. vergleichbare Werbung weiterhin geschaltet wird. Das Gericht ist davon überzeugt, dass die von der Klägerin vorgelegten bzw. wiedergegebenen Werbemaßnahmen tatsächlich durchgeführt worden sind und in ähnlicher Form aktuell geschaltet werden.

Im Hörfunk wurde mit besonders hohen Jackpots (auch) im Freistaat Bayern geworben. Die Höhe des möglichen Gewinns wird mit einem in Aussicht gestellten künftigen Traumleben verknüpft, um Gewinnwünsche anzuregen und auch unentschlossene Bürger, die üblicherweise nicht an einem solchen Glücksspiel interessiert sind, zum Mitspielen anzuregen. Anschließende sehr kurzgehaltene Hinweise auf Gewinnwahrscheinlichkeiten, Suchtgefahren und Hilfsmöglichkeiten vermögen an dieser Anreizwirkung, die von der Anpreisung hoher Jackpots ausgeht, nichts zu ändern. Beispielsweise wurde folgender Radiospot ausgestrahlt:

„Stimme 1:

Freitag ist Eurojackpot-Tag. Diesen Freitag im Jackpot 61 Millionen Euro. Eurojackpot, die Chance auf Dein Traumleben, in jeder Lottoannahmestelle und unter LottoBayern.de“

Stimme 2:

„Lotto Bayern. Ihr Spiel in guten Händen.“

Stimme 3:

„Spielteilnahme ab 18. Chance auf den Höchstgewinn 1:95 Millionen. Glücksspiel kann süchtig machen. Infos unter Lottobayern.de“

In den von Lotto Bayern versandten Newsletter-E-Mails finden sich ebenfalls Werbehinweise auf hohe Jackpots. Dabei wird auch in den Newsletter-E-Mails der hohe Gewinn mit einem künftig (vermeintlich) besseren Leben ohne den Zwang, den Lebensunterhalt durch Arbeit verdienen zu müssen, verknüpft, um Gewinnbegehrlichkeiten zu wecken. Anschließende Hinweise auf Gewinnwahrscheinlichkeiten, Suchtgefahren und Hilfsmöglichkeiten fehlen in solchen E-Mails offenbar völlig, was die Anreizwirkung solcher Anpreisungen möglicherweise noch verstärkt, zumindest die mit der Newsletter-E-Mail gesetzte Anreizwirkung nicht mindert. Beispielsweise wurde von Lotto Bayern folgende Newsletter-E-Mail versandt:

„Sehr geehrter Herr …,

faulenzen, mal wieder so richtig die Seele baumeln lassen und einfach nur ausspannen. Nächsten Montag ist internationaler Faulpelztag und wer weiß, vielleicht können Sie ihn ganz besonders genießen? Jackpot knacken – Jeden Tag zum Faulpelztag machen.

Mit den richtigen Tipps könnte es Ihnen bald egal sein, wo und wie lange Sie Ihre Hängematte aufspannen.

Bei unserer europaweiten Lotterie Eurojackpot gibt es heute 14 Millionen Euro zu gewinnen. Wenn Sie systematisch an die Millionen rangehen wollen, nutzen Sie doch unseren Eurojackpot-Systemschein. […] Beim Lotto 6aus9 sind dieses Wochenende 13 Millionen Euro in Gewinnklasse 1 und 2 Millionen Euro in Gewinnklasse 2 zu holen. […] Viel Glück wünscht Ihr Team von Lotto Bayern“

Auch auf den Internetstartseiten der Landeslotteriegesellschaften finden sich blickfangmäßige Hervorhebungen der jeweils aktuellen Jackpotsummen. So soll nach Vortrag der Klägerin beispielsweise im Juli 2016 auf der Homepage von Lotto Bayern in grafisch besonders hervorgehobener Weise darauf hingewiesen worden sein, dass der Eurojackpot „diesen Freitag rund 40 Mio. € betrage.“ Auch solche Werbeeinblendungen dienen dem Ziel, noch unentschlossene Spieler, die möglicherweise die Homepage einer Landeslotteriegesellschaft zu Informationszwecken besuchen, zu einer Teilnahme an einer Zahlenlotterie zu bewegen.

Des Weiteren wird auch in sozialen Netzwerken auf hohe Jackpotgewinne aufmerksam gemacht. Lotto Bayern postete auf Facebook beispielsweise ein Goldfischglas mit einem „Jackpot-Fisch“. Überschrieben war diese Fotomontage mit „40 Mio. im Eurojackpot sind eine goldige Summe!“ Unter dem Foto fand sich folgender Slogan: „Ein echter Goldfisch! 40 Mio. € im Jackpot!“ Mit solchen Hinweisen in sozialen Netzwerken werden nicht nur bereits vorhandene Spielleidenschaften angesprochen, um sie in geordnete Bahnen zu lenken, sondern bei bislang Nicht-Spielinteressierten erstmalig Spielanreize geschaffen bzw. bei bereits Spielinteressierten ein gesteigertes Bedürfnis nach Glücksspielen hervorgerufen. Bemerkenswert ist auch, dass es an jeglichem Hinweis auf Gewinnwahrscheinlichkeiten, Suchtgefahren und Hilfsmöglichkeiten in solchen Posts auf Facebook fehlt.

Ferner wurden auch auf Nachrichtenwebsites Bannerwerbungen geschaltet, die auf hohe Jackpotgewinne hinweisen. So schaltete Lotto Bayern auf der Homepage der Zeitung Augsburger Allgemeine einen Werbebanner mit folgendem Inhalt: „Aktueller Jackpot, Rund 21 Mio. € Eurojackpot“ Die Schriftgröße in diesem Werbebanner war größer gewählt, als die Schlagzeilen der Zeitung. Auch für die Lotterie 6aus49 wurde beispielsweise auf der Homepage des Südkuriers Werbung geschalten. Dort hieß es „Jackpot diesen Mittwoch 9 Mio €.“ Die Aufmachung der Werbung durch die Wahl einer besonders großen Schriftgröße und das bloße Inaussichtstellen eines besonders hohen Gewinns dient ersichtlich alleine dem Zwecke, Gewinnwünsche hervorzurufen und so noch Unentschlossene zum Mitspielen anzuregen.

In den Kundenmagazinen der Landeslotteriegesellschaften wird regelmäßig auf hohe Jackpotgewinne bereits auf der Titelseite aufmerksam gemacht. Auch an Lottoannahmestellen wird nach unbestrittenem Vortrag der Klägerin sowohl im Freistaat Bayern als auch in anderen Bundesländern durch Aushänge, Aufsteller auf dem Gehweg und Hinweiswimpeln auf hohe mögliche Jackpotgewinne aufmerksam gemacht. Dadurch werden bereits vorhandene Spielleidenschaften, die etwa bei einem Leser eines Kundenmagazins einer Landeslotteriegesellschaft schon vorhanden sein dürften, noch gesteigert. Weiter werden bei bislang Nicht-Spielinteressierten, die etwa bei einem Spaziergang zufällig eine Lottoannahmestelle passieren, erstmalig Spielanreize geschaffen bzw. bei bereits Spielinteressierten ein gesteigertes Bedürfnis nach Glücksspielen hervorgerufen.

Zudem wird auch im Fernsehen auf hohe Jackpotgewinne aufmerksam gemacht. Als im Jackpot der Lotterie Eurojackpot eine Summe von EURO 82.000.000,00 zur Auslosung stand, wurde in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Ziehung am Vortag und am Tag der Ziehung der Jackpot beworben. Dabei wurde mit den Worten „Rund 82 Mio. EURO! Jetzt auf Eurojackpot.de und in Deiner Lotto-Annahmestelle!“ geworben. Gezeigt wurde der bildschirmfüllende, computeranimierte Slogan „82 Mio. Euro, Eurojackpot“. Der Textteil „82 Mio. Euro“ explodierte computeranimiert in einer Lametta-Wolke. Unter Berücksichtigung der zeitlichen Nähe zur Ziehung der Eurojackpotzahlen und der Aufmachung der Werbung, die mit einer ins Auge fallenden Computeranimationen besonders hohe Gewinne in Aussicht stellt, sollen Gewinnwünsche hervorgerufen werden und noch Unentschlossene zum Mitspielen angeregt werden.

Ferner wird unzulässige Image- oder Sympathiewerbung in der vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof (a.a.O.) als unzulässig beschriebenen Art und Weise von den Landeslotteriegesellschaften betrieben.

Beispielsweise teilte die saarländische Landeslotteriegesellschaft auf ihrer Homepage zur gemeinnützigen Verwendung von Spieleinnahmen folgendes mit:

„Viele Millionen Euro für das Gemeinwohl belegen, dass Saartoto ein „Glück für Land und Leute“ ist. Rund 20% des Umsatzes kommen dem Sport, der Kultur, dem Umweltschutz und sozialen und karitativen Belangen zugute.

16,67% des Umsatzes fließen als Lotteriesteuer in die Kassen des Landes. Seit 2000 sind das rund 357 Millionen Euro an Fördergeldern für das Gemeinwohl (Sport, Kultur, Umwelt und Soziales) und über 340 Millionen Euro an Lotteriesteuern.“

Unter dem Slogan „FÖRDERUNG GEMEINNÜTZIGER PROJEKTE DANK WESTLOTTO – GLÜCK IST; WENN MAN SEINEN MITMENSCHEN HELFEN KANN“ wurde von WestLotto unter der Rubrik Unternehmensdarstellung darauf verwiesen, dass jeder Lottoschein, jedes Los und jede Sportwette dem Land Nordrhein-Westfalen helfe, die hohe Lebensqualität und ein soziales und solidarisches Miteinander zu erhalten.

Als unzulässiger Anreiz zur Glücksspielteilnahme wirken ferner die Verlautbarungen der Landeslotteriegesellschaften über Millionäre, insbesondere wenn sie mit der Angabe des vergleichsweise geringen Spieleinsatzes des Gewinners verbunden sind. So wird beispielsweise in der 28. Ausgabe vom 11. Juli 2017 des Kundenmagazins „glücksblatt“ von Lotto Bayern bereits auf der Titelseite darauf aufmerksam gemacht, dass es im ersten Halbjahr 2017 83 Großgewinne in Bayern gegebenen habe. In dem Bericht auf Seite 6 des Kundenmagazins wird dann unter anderem ausgeführt, dass ein Keno-Spieler aus Niederbayern mit zehn Euro Einsatz den Höchstbetrag von einer Million Euro bei der täglichen Zahlenlotterie gewonnen habe.

Der Einwand des Beklagten, dass der Werbung für Lotterien eine Kanalisierungs- und Lenkungsfunktion zukomme (vgl. Begründung zum GlüStV, Bayerischer Landtag, Drucksache 16/11995, S. 26), kann vor diesem Hintergrund nicht überzeugen. Die Regelungen in der Werberichtlinie und die darauf basierende Werbepraxis für hohe Jackpotgewinne zu werben, gehen – wie aufgezeigt – weit über eine Kanalisierungs- und Lenkungsfunktion von am öffentlichen Glücksspiel interessierten Personen hinaus. Durch die praktizierte Jackpotwerbung werden aktiv und deutlich Anreize gesetzt, an öffentlichem Glücksspiel, Zahlenlotterien, teilzunehmen. Durch eine solche Werbepraxis wird letztlich auch Zielen des § 1 Satz 1 GlüStV nicht mehr genüge getan (vgl. § 4 Werberichtlinie). Da die Ziele in § 1 Satz 1 GlüStV für alle im GlüStV geregelten Glücksspielarten bereits nach dessen Wortlaut gleichermaßen gelten, kann auch für Werbemaßnahmen im Bereich der Zahlenlotterien nicht darauf verwiesen werden, dass Zahlenlotterien geringe Suchttendenzen aufwiesen und deshalb auch aufreizende, zum Spiel anregende Werbung als eine Kanalisierung der ohnehin vorhandenen Wettleidenschaft hin zu kontrollierten Wettangeboten zu verstehen sei (in diesem Sinne Pagenkopf, NVwZ 2011, S. 513, 519).

Daher können Erwägungen des von dem Beklagten angeführten Urteils des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen, das sich im Rahmen der Vermittlung von Lotterien mit der Unionsrechtswidrigkeit- und Verfassungswidrigkeit des Lotteriemonopols auseinandersetzt (VG Gelsenkirchen, U.v. 17.5.2016 – 19 K 3334/14 – juris Rn. 155 ff., insbesondere Rn. 161), ebenfalls nicht überzeugen: Laut dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen führe auch eine „ausufernde“ bzw. überzogene Werbung im Ergebnis nicht zu einer Inkohärenz oder Inkonsistenz, sofern damit das Ziel der Kanalisierungsfunktion nicht „übererfüllt“ werde, indem anderen Glücksspielbereichen Marktanteile genommen würden. Damit verkennt das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, dass das Ziel, die Spielsucht zu bekämpfen und den Spieltrieb von Verbrauchern in kontrollierte legale Bereiche zu lenken, nur dann in kohärenter Weise verfolgt wird, wenn der Monopolträger durchgängig darauf verzichtet, die Wett- und Spielbereitschaft zu fördern. Mithin kommt es – anders als das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen meint – gerade nicht auf den Erfolg einer Werbung an, sondern auf deren Zielrichtung. Auch das Vorbingen des Beklagten, dass auf legale Angebote in wirksamer Weise aufmerksam gemacht werden müsse (unter Verweis BGH, U.v. 24.1.2013 – I ZR 53/11 – juris Rn. 18 zu einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassung verbotener Werbung für legale Glücksspiele gegenüber Minderjährigen in Bayern), rechtfertigt keine Werbepraxis, die gegen die Vorgaben der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung verstößt.

2. Die Klägerin kann sich jedoch wohl nicht auf einen Anwendungsvorrang etwaiger unionsrechtlicher Regelungen berufen. Als inländische juristische Person mit Sitz im Inland ist der Anwendungsbereich der unionsrechtlichen Grundfreiheiten für die Klägerin wohl nicht eröffnet.

Aus Sicht des Gerichts kommt daher ein Anwendungsvorrang der Grundfrei-heiten der Dienstleistungsfreiheit, Art. 56 ff. AEUV, der dazu führen könnte, dass die Regelungen des § 10 Abs. 2 und Abs. 6 GlüStV nicht anzuwenden wären, wohl nicht in Betracht.

Es handelt sich offensichtlich um einen rein innerstaatlichen Sachverhalt, bei dem der Anwendungsbereich der unionsrechtlichen Grundfreiheiten nicht eröffnet ist. Die Klägerin ist eine deutsche Gesellschaft mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland, mit deutschen Gesellschaftern und deutschen Geschäftsführern. Weiter möchte die Klägerin in Deutschland, im Freistaat Bayern, das öffentliche Glücksspiel Champion Tipp veranstalten und vermitteln.

Daher sind im Fall der Klägerin die Regelungen des § 10 Abs. 2 und Abs. 6 GlüStV aus unionsrechtlicher Sicht wohl ohne weiteres anwendbar, da die in dieser Verwaltungsstreitsache gegebene Sachverhaltskonstellation vom Unionsrecht wohl nicht abgedeckt ist (vgl. Frenz, Handbuch Europarecht, Europäische Grundfreiheiten, Bd. 1, 2. Aufl. 2014, Rn. 2254 ff. und 3252 ff.; Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 9. Aufl., Rn. 180 ff. und 734 f.; Oppermann/Classen/Nettesheim, Europarecht, 6. Aufl. 2014, § 10, Rn. 32; Schulze/Zuleeg/Kadelbach, Europarecht, 3. Aufl. 2015, § 10, Rn. 10 ff.).

Sofern die Klägerin meint, dass aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) auch in ihrem Fall der Anwendungsbereich der unionsrechtlichen Grundfreiheiten eröffnet wäre, ist das nicht zutreffend. Der EuGH stellt zwar in einer Entscheidung (EuGH, U.v. 11.6.2015 – C-98/14 – juris Rn. 24 ff.) aus der jüngeren Vergangenheit darauf ab, dass der Anwendungsbereich einer Grundfreiheit eröffnet sei, wenn (überwiegend) EU-Ausländer in einem EU-Mitgliedstaat eine Dienstleistung in Anspruch nähmen. Jedoch ist das vorgenannte Urteil nicht mit dem streitentscheidenden Sachverhalt vergleichbar, da die in dem Verfahren vor dem EuGH streitgegenständlichen Spielhallen überwiegend von EU-Ausländern, Urlaubern, besucht wurden und deshalb vom EuGH ein grenzübergreifender Sachverhalt angenommen wurde (EuGH, U.v. 11.6.2015 – C-98/14 – juris Rn. 25 f.). Die Klägerin trägt nunmehr vor, dass sie an der österreichisch-bayerischen Grenze für Champion Tipp werben möchte und deshalb auch österreichische Staatsbürger an dem öffentlichen Glücksspiel teilnehmen würden. Es mag zwar zutreffen, dass durch diese Maßnahme auch österreichische Staatsbürger Champion Tipp spielen würden. Dennoch würde ein überwiegender Teil der Spieler weiterhin aus dem Freistaat Bayern stammen, wie sich aus einem Vergleich der Einwohnerzahlen des Freistaats Bayern und der Republik Österreich ergibt. Damit kann nicht davon ausgegangen werden, dass überwiegend österreichische Staatsbürger an dem geplanten Glücksspiel teilnehmen würden, dies hat die Klägerin auch nicht vorgetragen. Darüber hinaus hat das Gericht Zweifel, ob bei einer bloßen, eher zufälligen Inanspruchnahme einer Dienstleistung von EU-Ausländern die sogenannte passive Dienstleistungsfreiheit betroffen ist (ebenso kritisch OVG Saarl, U.v. 5.7.2017 – 1 A 51/15 – juris Rn. 297). Konsequent weitergedacht, würde das bedeuten, dass die passive Dienstleistungsfreiheit in der heutigen globalisierten Welt ständig betroffen wäre, da jederzeit ein EU-Ausländer in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine Dienstleistung in Anspruch nimmt. In derselben Entscheidung will es der EuGH darüber hinaus für die Eröffnung des Anwendungsbereichs der Grundfreiheiten ausreichen lassen, „dass Anbieter, die in anderen Mitgliedstaaten als Ungarn ansässig sind, ein Interesse daran hatten oder haben, im ungarischen Hoheitsgebiet Glücksspielstätten zu eröffnen“ (EuGH, U.v. 11.6.2015 – C-98/14 – juris Rn. 27). Diese Argumentation überzeugt aus Sicht des erkennenden Gerichts nicht. Damit es einen Anknüpfungspunkt mit den unionsrechtlichen Grundfreiheiten gibt, muss ein grenzübergreifender Gesichtspunkt im konkreten Fall erkennbar sein, so auch die bereits dargestellte allgemeine Ansicht. Es kann eher nicht ausreichen, dass möglicherweise irgendwann einmal ein grenzüberschreitender Sachverhalt potentiell oder hypothetisch gegeben wäre. Vielmehr ist darauf zu verweisen, dass eine Klärung einer Auslegungsfrage der unionsrechtlichen Grundfreiheiten erst dann erfolgt, wenn ein konkreter grenzüberschreitender Sachverhalt unter nationale Rechtsvorschriften fällt, die möglicherweise das Unionsrecht verletzen.

Zu guter Letzt wird auch durch die Gründung einer österreichischen Tochtergesellschaft der Klägerin kein grenzüberschreitender Tatbestand geschaffen. Veranstalterin und Vermittlerin des öffentlichen Glücksspiels Champion Tipp im Freistaat Bayern soll weiterhin die Klägerin, eine deutsche Gesellschaft, sein. Die bloße Gründung einer Tochtergesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat zur Ausweitung des Geschäftsbetriebs in diesen Mitgliedstaat begründet keinen hier relevanten grenzüberschreitenden Sachverhalt.

3. Es spricht ferner vieles dafür, dass die gesetzlichen Vorgaben des § 5 Abs. 1 bis 3 GlüStV und deren Konkretisierung durch die Werberichtlinie sowie die Werbepraxis der Landeslotteriegesellschaften eine Verfassungswidrigkeit des Lotteriemonopols des § 10 Abs. 2 und Abs. 6 GlüStV begründen (vgl. auch BVerfG, U.v. 28.3.2006 – 1 BvR 1054/01 – juris).

4. Letztendlich kann eine Klärung der Frage, ob die Klägerin sich auf unionsrechtliche Grundfreiheiten berufen kann, offen bleiben, da die Klägerin nach allen in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen keinen Anspruch auf eine Neubescheidung hat. Deshalb war das Gericht auch nicht gehalten, eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) an das Bundesverfassungsgericht wegen Verfassungswidrigkeit des Lotteriemonopols anzustrengen.

II. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte glücksspielrechtliche Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 AGGlüStV i.V.m. § 28 Abs. 2 GlüStV. Die Klägerin hat bis heute kein Konzept und keinen Geschäftsplan vorgelegt, die eine Überprüfung ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit, die Teil der Zuverlässigkeit ist, auch nur im Ansatz ermöglichen. Damit fehlt es an der Erlaubnisvoraussetzung des Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 1 Satz 2 AGGlüStV i.V.m. § 4 Abs. 1 GlüStV.

Nach dem Wortlaut des Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGGlüStV darf eine Erlaubnis nur zuverlässigen Veranstaltern und Vermittlern eines öffentlichen Glücksspiels erteilt werden. Zuverlässig nach Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGGlüStV ist insbesondere, wer die Gewähr dafür bietet, dass die Veranstaltung und die Vermittlung ordnungsgemäß und für die Spielteilnehmer sowie für die Erlaubnisbehörde nachvollziehbar durchgeführt wird. Bereits aus dem Verweis auf ordnungsgemäße Durchführung ergibt sich, dass ein Veranstalter und Vermittler eines Glücksspiels organisatorisch, personell und finanziell in der Lage sein muss, die von ihm beantragte Veranstaltung und Vermittlung eines öffentlichen Glücksspiels ordnungsgemäß sicherzustellen. Ein besonderer Aspekt muss dabei auf der finanziellen Leistungsfähigkeit eines Antragstellers liegen, sofern es um die Veranstaltung von Zahlenlotterien geht. Zahlenlotterien sind aufgrund der Intransparenz der Gewinnermittlung und -verteilung strukturell anfällig für Manipulationen. Dies insbesondere, weil die Gewinnermittlung und die Abwicklung des Spielvorgangs in der Hand des Glücksspielunternehmers liegen (vgl. Begründung zum GlüStV, Bayerischer Landtag, Drucksache 16/11995, S. 18). Um eine Manipulation bei der Gewinnermittlung und der Gewinnausschüttung bereits im Ansatz zu vermeiden, muss die finanzielle Leistungsfähigkeit eines Veranstalters und Vermittlers einer Zahlenlotterie auf jeden Fall gegeben sein. Die finanzielle Leistungsfähigkeit dient – wie bereits der Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid festgestellt hat – der Gewährleistung des Spielerschutzes, § 1 Nr. 3 GlüStV. Sie ist damit ein wesentliches Zuverlässigkeitskriterium.

Die Klägerin hat weder bei Stellung des Antrags noch im gerichtlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung Unterlagen vorgelegt oder Umstände vorgetragen, aus denen sich ihre finanzielle Leistungsfähigkeit ergibt. Unter Zugrundelegung des von der Klägerin vorgelegten Konzepts und ihres Businessplans ist die finanzielle Leistungsfähigkeit der Klägerin zum einem bereits nicht nachvollziehbar überprüfbar und zum anderen – soweit die Kosten für die Lotterie nachvollzogen werden können – auf Grundlage der finanziellen Ausstattung der Klägerin keinesfalls gegeben.

Um die finanzielle Leistungsfähigkeit eines Veranstalters oder Vermittlers von öffentlichem Glücksspiels überprüfen zu können, muss dieser die zu erwartenden Kosten, Umsätze und Gewinne im Zusammenhang mit der Veranstaltung oder Vermittlung des Glücksspiels nachvollziehbar und überprüfbar gegenüber der Behörde darlegen. Da es sich bei den vorgenannten Parametern um Tatsachen handelt, die in der Sphäre eines Veranstalters oder Vermittlers liegen, sind sie von diesem im Verwaltungsverfahren darzulegen. Auch wenn die zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Fassung des AGGlüStV anders als Art. 2 Abs. 1 Satz 2 AGGlüStV in der aktuellen Fassung nicht die Vorlage geeigneter Darstellungen, Konzepte und Bescheinigungen forderte, war es auch schon zum Zeitpunkt der Antragstellung denklogisch notwendig, dass die Klägerin zu erwartende Kosten, Umsätze und Gewinne nachvollziehbar und prüfbar darlegte, da allein der Klägerin die entsprechenden Tatsachen bekannt waren. Nur auf dieser Grundlage können Behörden und bei Bedarf auch Gerichte überprüfen, ob ein entsprechender Antragsteller die notwendige finanzielle Leistungsfähigkeit und damit die Zuverlässigkeit besitzt, um die notwendigen Investitionen für die Durchführung des öffentlichen Glücksspiels und den ordnungsgemäßen Ablauf sicherzustellen.

Die Umsatz- und Ertragsprognose der Klägerin geht davon aus, dass die Klägerin vor Aufnahme des Geschäftsbetriebs Investitionen (EBIT) von EUR 3.714.000,00 tätigen müsse. Die Höhe der Investitionen und der Anfangskosten, werden in den eingereichten Unterlagen unter den Punkten IT/Infrastruktur und Personalkosten näher aufgeschlüsselt. Im ersten Jahr des Geschäftsbetriebs soll die Klägerin nach eigenen Angaben im Ergebnis einen Verlust (EBIT) von EUR 1.834.000,00 erwirtschaften. Dieser soll sich wie folgt zusammensetzen: Entstehende Kosten – Ausschüttung an einen Fonds EUR 41.000,00, Glücksspielabgabe EUR 5.071.000,00, Gewinnausschüttung EUR 15.214.000,00, übrige Kosten EUR 11.936.000,00. Die übrigen Kosten setzen sich aus den Punkten Personalkosten, IT/Infrastruktur/Annahmegeräte, Betriebskosten, Miete, Marketing, Fuhrpark, Spesen, Versicherungen und einem Punkt „other“ zusammen. Demgegenüber soll der Umsatz bei EUR 30.428.000,00 liegen. Die Umsatz- und Ertragsprognose ist für insgesamt fünf Jahre erstellt und prognostiziert Kosten von insgesamt EUR 323.538.000,00, jeweils zusammengesetzt aus den Bereichen Ausschüttung an den Fonds, Glücksspielabgabe, Gewinnausschüttung, übrige Kosten. Auf fünf Jahre gesehen sollen die übrigen Kosten EUR 71.540.000,00 betragen. Demgegenüber soll ein Umsatz von EUR 341.969.000,00 und ein Gewinn (EBIT) von EUR 18.430.000 stehen. Der vorgelegte „Business Case“ der Klägerin geht für das erste Geschäftsjahr davon aus, dass 5 Prozent der Lottospieler in Bayern das Glücksspiel Champion Tipp wählen und in Folge dessen 93.750 Personen wöchentlich Champion Tipp spielen würden. Im fünften Geschäftsjahr steige der Anteil der Spieler auf 19,65 Prozent der Lottospieler in Bayern, dies wären dann wöchentlich 368.443 Teilnehmer an dem Glücksspiel Champion Tipp. Weiterhin zeigt die Klägerin in ihrem „Business Case“ die Anzahl der Spielscheine auf, die abgegeben werden sollen. Beispielsweise sollen im zweiten Quartal im ersten Geschäftsjahr pro Woche 107.813 Spielscheine abgegeben werden. Bei der Zahl der abgegebenen Spielscheine soll es in den ersten beiden Jahren eine Steigerung von 15 Prozent geben, im dritten und vierten Jahr dann eine Steigerung von 5 Prozent, im fünften Jahr soll das Wachstum stagnieren. Die Klägerin nimmt einen durchschnittlichen Preis pro Spielschein von EUR 5,00 an und errechnet daraus ihren Umsatz.

Auf Grundlage dieser Angaben ist eine Prüfung der Zuverlässigkeit der Klägerin nicht möglich. Statistiken, Umfragen oder wissenschaftliche Untersuchungen, mit denen die Klägerin die von ihr angenommene Anzahl von verkauften Spielscheinen, die erwartete Zahl der Spieler und den prognostizierten durchschnittlichen Preis pro Spielschein untermauert, wurden dem Antrag nicht beigefügt. Damit ist es weder für den Beklagten noch für das Gericht möglich, nachzuvollziehen, wie der von der Klägerin erwartete Umsatz tatsächlich erwirtschaftet werden soll. Es ist nicht erkennbar, auf welchen belastbaren und nachprüfbaren Tatsachen die Annahmen zu Spielteilnehmern, verkauften Spielscheinen und Umsatz pro Spielschein getroffen wurden. Folglich beruhen die Annahmen der Klägerin auf Vermutungen „ins Blaue“ hinein. Da die gesamte Umsatzberechnung der Klägerin damit hinfällig ist, kann gerade nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin Umsätze in der behaupteten Größenordnung erzielen wird. Die Umsätze der Klägerin könnten sowohl wesentlich höher als auch wesentlich niedriger als erwartet ausfallen.

Nachvollziehbar sind allein die auf Seite der Klägerin geplanten Investitionen und Ausgaben in den Bereichen Personalkosten, IT/Infrastruktur/Annahmegeräte, Betriebskosten, Miete, Marketing, Fuhrpark, Spesen, Versicherungen und dem Punkt „other“. Diese Kosten betragen in fünf Jahren EUR 71.540.000,00. Es ist nicht erkennbar, wie die Klägerin diese Kosten decken kann. Das Betriebsvermögen der Klägerin reicht keinesfalls aus, um diese Kosten bestreiten zu können. Auch die Finanzierungszusage der D. GmbH deckt nur einen Bruchteil dieser sicher zu erwartenden Kosten. Daher kommt es nicht auf die Klärung der Frage an, ob eine allein schuldrechtliche Finanzierungszusage ausreichend ist, um die finanzielle Leistungsfähigkeit und damit die Zuverlässigkeit der Klägerin zu begründen. Im Ergebnis kann die Klägerin noch nicht einmal die von ihr veranschlagten Fixkosten im Ansatz aus eigenen oder fremden Mitteln decken. Auch deshalb ist auf Grundlage der finanziellen Ausstattung nicht von einer Zuverlässigkeit der Klägerin auszugehen.

Anders als die Klägerin meint, bestand seitens des Beklagten kein Anlass, die Veranstaltung und Vermittlung des streitgegenständlichen Glücksspiels unter der Auflage der finanziellen Leistungsfähigkeit der Klägerin zu erteilen. Die finanzielle Leistungsfähigkeit betrifft die Zuverlässigkeit der Klägerin und ist damit zwingende Voraussetzung für die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGGlüStV i.V.m. § 4 Abs. 1 GlüStV. Da die finanzielle Leistungsfähigkeit auf Grundlage der eingereichten Unterlagen gesamt gesehen gar nicht und mit Blick auf die übrigen Kosten nur partiell nachprüfbar ist, ist nicht zu erkennen, wie mit einer Auflage die Zuverlässigkeit der Klägerin sichergestellt werden könnte. Zudem handelt es sich bei der Erteilung einer Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV um eine Ermessensentscheidung, § 4 Abs. 2 Satz GlüStV. Daher steht die Erteilung einer Auflage im Ermessen des Beklagten, Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 Bayerisches Verwaltungs- und Verfahrensgesetz (BayVwVfG). Vor dem Hintergrund der fehlenden Zuverlässigkeit der Klägerin ist nicht zu erkennen, inwieweit das Ermessen des Beklagten soweit reduziert ist, dass ein Anspruch auf eine Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis unter der Auflage oder auch der Bedingung der finanziellen Leistungsfähigkeit in Betracht käme. Da es bereits an der Zuverlässigkeit, genauer der finanziellen Leistungsfähigkeit, der Klägerin fehlt, musste das Gericht nicht klären, ob die übrigen Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 1 Satz 1 AGGlüStV erfüllt sind.

III. Die Kostenentscheidung des Bescheids ist ermessensfehlerhaft, rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Ablehnung des Antrags auf Vermittlung und Veranstaltung der streitgegenständlichen Lotterie hätte – entgegen der Rechtsansicht des Beklagten – aus Behördensicht einzig und alleine auf das Lotteriemonopol, § 10 Abs. 2 und Abs. 6 GlüStV, gestützt werden dürfen. Die Regelungen in § 10 Abs. 2 und Abs. 6 GlüStV waren zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses im Jahr 2012 für den Beklagten im Bereich der Zahlenlotterien anzuwenden. Weder hatte das Bundesverfassungsgericht deren Rechtswidrigkeit festgestellt noch hatten der Europäische Gerichtshof oder ein nationales Gericht einen Anwendungsvorrang der Dienstleistungsfreiheit im Bereich der Zahlenlotterien angenommen. Beides ist auch bis heute noch nicht geschehen. Sofern eine Verfassungswidrigkeit oder die Unanwendbarkeit einer nationalen Regelung vor dem Hintergrund der unionsrechtlichen Grundfreiheiten nicht offensichtlich auf der Hand liegen, haben Verwaltungsbehörden keine Normverwerfungskompetenz. Der Beklagte ging dementsprechend selbst bis zuletzt in seinen Schriftsätzen davon aus, dass das Lotteriemonopol des § 10 Abs. 2 und Abs. 6 GlüStV verfassungsgemäß und unionsrechtskonform sei.

Vor diesem Hintergrund war das Lotteriemonopol für den Beklagten und seine Behörden anzuwenden. Das Lotteriemonopol verbot damit jegliche Prüfung in der Sache hinsichtlich etwaiger Erlaubnisvoraussetzungen für die Veranstaltung und Vermittlung des streitgegenständlichen Glücksspiels. Eine Prüfung der Erlaubnisvoraussetzungen hätte allenfalls hilfsweise erfolgen dürfen. Die finanzielle Leistungsfähigkeit der Klägerin war zudem nicht gegeben, es hätte insofern auch nicht einer Nachforderung von Unterlagen bedurft. Daher ist es aufgrund sachfremder Erwägungen ermessensfehlerhaft, bei Anwendung des Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Kostengesetz (KG) den erheblichen Prüfungsaufwand von Erlaubnisvoraussetzungen auf Seiten des Beklagten heranzuziehen. Ein solcher Prüfungsaufwand ist nicht zu erkennen, da der Beklagte – wie bereits ausgeführt – das aus seiner Sicht verfassungsgemäße und unionsrechtskonforme Lotteriemonopol anzuwenden hatte. Zudem hätte der Antrag auch mit hilfsweiser Begründung wegen fehlender finanzieller Leistungsfähigkeit ohne nähere, umfangreiche Prüfung abgelehnt werden können. Die übrigen Gründe der Kostenentscheidung begegnen keinen rechtlichen Bedenken.

Der Beklagte ist nicht gehindert, erneut eine Kostenentscheidung unter Beachtung der vorgenannten Aspekte zu erlassen.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708, 709 ff Zivilprozessordnung (ZPO).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 43


(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

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(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung vom 23. Februar 2016 weiter, mit der der Antragstellerin - unter Androhung eines Zwangsgelds in Höhe von 20.000 Euro für den Fall der Zuwiderhandlung - untersagt wurde, unerlaubtes öffentliches Glücksspiel über das Internet in Bayern zu vermitteln und in Bayern hierfür zu werben.

Die in Gibraltar ansässige Antragstellerin, die im Bundesgebiet über keine Niederlassung verfügt, betreibt eine Internetseite (www.l...com), über die sie verschiedene Glücksspiele an eine ebenfalls in Gibraltar ansässige, mit einer dortigen Lizenz ausgestattete Gesellschaft vermittelt und hierfür wirbt. Dabei handelt es sich insbesondere um sog. Zweitlotterien, in deren Rahmen auf den Ausgang von in Deutschland (und in anderen Ländern) konzessionierten staatlichen Lotterien gesetzt werden kann; zugleich wird die Teilnahme an Spielen mit sofortiger Gewinnmöglichkeit (z. B. „Rubellose“) im Internet unmittelbar angeboten und dafür geworben.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die angefochtene Entscheidung ist nicht abzuändern, denn das Verwaltungsgericht Ansbach hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die angefochtene Untersagungsverfügung zu Recht abgelehnt.

Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Antragstellerin öffentliches Glücksspiel unerlaubt vermittle, da sie in Bayern nicht über eine Erlaubnis für die Vermittlung der im Internet vertriebenen Glücksspiele verfüge. Die auf § 9 Abs. 1 Satz 2, 3 Nr. 3 GlüStV gestützte Untersagung sei rechtsfehlerfrei ergangen. Der keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken unterliegende Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV könne der Antragstellerin entgegengehalten werden. Es bestünden schon erhebliche Zweifel, ob die vermittelten Zweitlotterien als Lotterien im Sinn von § 3 Abs. 3 Satz 1 GlüStV qualifiziert werden können; dies könne aber letztlich dahinstehen. Selbst bei Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Lotteriemonopols sei die Antragstellerin im Hinblick auf die materiellen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrags aus Gründen einer präventiven Kontrolle der ihr zumutbaren Durchführung eines Erlaubnisverfahrens unterworfen. Die Untersagung stelle nicht allein auf das Fehlen der erforderlichen glücksspielrechtlichen Erlaubnis ab, sondern insbesondere auf die fehlende Gewährleistung der glücksspielrechtlichen Vorschriften zum Jugend- und Spielerschutz und damit auf monopolunabhängige Erlaubnisvoraussetzungen. Auch aus der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in Sachen Ince oder aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Juni 2016 (8 C 5.15 - juris) ließen sich keine für die Antragstellerin günstigeren Rechtsfolgen ableiten; insbesondere werde durch diese Entscheidungen die Anwendbarkeit des Erlaubnisvorbehalts nicht berührt. Die Ermessensentscheidung des Antragsgegners sei nach summarischer Prüfung auch nicht rechtsfehlerhaft und verstoße nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil die formell illegale Vermittlungstätigkeit zugleich die materiell-rechtlichen, monopolunabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen nicht erfülle. Sowohl die Einhaltung der monatlichen Einsatzhöchstgrenze von 1.000 Euro wie auch die Gewährleistung des Verbots schneller Spielwiederholungen bei den angebotenen „Rubbellosen“ und der Ausschluss minderjähriger Spieler seien nicht sichergestellt. Es liege auch kein unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG willkürliches Vorgehen nur gegen die Antragstellerin vor; vielmehr gehe der Antragsgegner seit August 2014 in Verfolgung eines zeitlich gestaffelten Konzepts planmäßig gegen insgesamt neun Glücksspielanbieter vor. Das ausgesprochene Werbeverbot sei Konsequenz des Vermittlungsverbots.

Die Antragstellerin begründet ihre Beschwerde mit dem Vorbringen, der angefochtene Beschluss verkenne die Reichweite der Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs in den Rechtssachen Ince und Winner Wetten, denn es bestehe angesichts der staatlichen Monopolstellung im Lotteriebereich keine Möglichkeit, eine Erlaubnis zu erhalten. Die Aussagen des Europäischen Gerichtshofs zur staatlichen Monopolstellung im Sportwettenbereich könnten auf den Lotteriebereich übertragen werden. Weil weder ein „fiktives Erlaubnisverfahren“ für Private zur Verfügung stehe noch die unionsrechtswidrige Monopolstellung beseitigt worden sei, könne der allgemeine Erlaubnisvorbehalt der Antragstellerin nicht, wie dies im angefochtenen Urteil geschehe, zur Begründung der Rechtmäßigkeit der Untersagung entgegengehalten werden. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Juni 2016 (a.a.O., Rn. 28) zu Sportwetten sei es folgerichtig, wenn auch bei einer unionsrechtswidrigen Monopolstellung im Lotteriebereich private Angebote nicht schon deshalb untersagt werden könnten, weil sie nicht offensichtlich erlaubnisfähig seien. Die Unionsrechtswidrigkeit des Regulierungszustandes dürfe nicht weiter ignoriert werden, sodass nicht dahinstehen könne, ob die von der Antragstellerin vermittelten Angebote „Lotterieprodukte“ darstellten und ob die staatliche Monopolstellung im Lotteriebereich unionsrechtswidrig sei; außerdem biete die Antragstellerin durch den Verkauf von „Rubbellosen“ Sofortlotterien als eigenständige Spielform an. Auch Zweitlotterien seien als Lotterien im ordnungsrechtlichen Sinn einzuordnen, wie dies auch im Anwendungsbereich des § 287 StGB der Fall sei. Die staatliche Monopolstellung im Lotteriebereich sei voraussichtlich unionsrechts- und verfassungswidrig, weil mit dem Lottospiel regelmäßig keine erhöhten Suchtanreize verbunden und die vom Gesetzgeber pauschal behaupteten Manipulationsrisiken auch im Hinblick auf die anfallenden Spielentgelte nicht nachgewiesen seien. Auch das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV entfalte wegen Verstoßes gegen Unionsrecht keine Wirksamkeit. Für den Bereich der Lotterien bestünden nunmehr Befreiungsvorbehalte. Das generelle Internetverbot von Poker- und Casinospielen habe wegen seiner fehlenden Praxistauglichkeit den Eintritt eines verfassungswidrigen Zustandes zur Folge gehabt. Die gesamte Internetregelung sei nicht kohärent. Der Gesetzgeber sei seinen Darlegungspflichten für den nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die Berufsfreiheit der Anbieter von Online-Glücksspielen nicht nachgekommen. Aus den gleichen Gründen wie beim Erlaubnisvorbehalt führe somit die Durchsetzung des Internetverbots ebenso wie des allgemeinen Werbeverbots zu einer unverhältnismäßigen Beschränkung der Antragstellerin. Schließlich sei ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG im Rahmen der Ermessensausübung festzustellen, weil der Antragsgegner nicht anhand einer hinreichend differenzierten und transparenten Bewertungsmatrix für ein priorisiertes Verfahren vorgehe, jedenfalls der Forderung nach einer Offenlegung nicht nachgekommen sei, so dass es an einer Grundlage für eine sachgerechte Vergleichsbetrachtung fehle. Die Bundesländer hätten sich abgesprochen, in willkürlicher Weise bestimmte Anbieter „in die Zange“ zu nehmen und durch ein gleichzeitiges Vorgehen einen „Überraschungseffekt“ zu nutzen. Die vorgelegte „Bestandsaufnahmetabelle“ (Stand: 7.3.2016) sei nicht geeignet, erkennen zu können, gegen welchen Anbieter in welchem Bundesland priorisiert vorgegangen werde. Jedenfalls habe der Antragsgegner nicht sämtliches Tatsachenmaterial vorgelegt, mit dessen Hilfe die Frage der Schlüssigkeit der Störerauswahl hätte geprüft werden können.

Unter Berücksichtigung dieses Beschwerdevorbringens, auf dessen Prüfung der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, hat die Klage im Hauptsacheverfahren voraussichtlich keine Erfolgsaussichten.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht darauf abgestellt, dass die Antragstellerin (für Bayern) über keine Erlaubnis des Antragsgegners zur Vermittlung der von ihr im Internet vertriebenen öffentlichen Glücksspiele nach § 4 Abs. 1 Satz 1GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 5 Nr. 2 AGGlüStV verfügt. Eine möglicherweise noch bestehende, von der Regierung von Gibraltar erteilte Erlaubnis vermag nicht die für die Vermittlungstätigkeit nach nationalem Recht erforderliche Erlaubnis zu ersetzen. Nach der im angefochtenen Beschluss zitierten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts bestehen auch für den Senat im Hinblick auf die Wirksamkeit des Erlaubnisvorbehalts keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, denn er dient - unabhängig von einer möglichen Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols (vgl. § 10 Abs. 2, 3, 6 GlüStV) - den legitimen Zielen insbesondere des Jugend- und Spielerschutzes sowie der Bekämpfung der Kriminalität im Wege einer präventiven Überprüfung der Voraussetzungen der Erlaubnis (zuletzt BayVGH, B.v. 1.8.2016 - 10 CS 16.893 - juris Rn. 20). Selbst bei Rechtswidrigkeit des Monopols bliebe eine ordnungsrechtlich präventive Untersagung der Internetvermittlung bis zur Klärung der - monopolunabhängigen - Erlaubnisfähigkeit möglich; ist die Vermittlungstätigkeit materiell illegal, kann sie zur Gefahrenabwehr auf der Grundlage der jeweiligen landesrechtlichen Ermächtigungen untersagt werden (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 41.12 - juris Rn. 55 f.).

Der Senat hat auch im Hinblick auf die Rechtswirksamkeit des mit § 4 Abs. 4 GlüStV verbundenen, für alle Arten von Glücksspielangeboten geltenden Verbots der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet keine Bedenken (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 8 C 5.10 - juris Rn. 48, die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde wurde nicht angenommen: BVerfG, B.v. 30.9.2013 - 1 BvR 3196/11 - juris; BGH, U.v. 28.09.2011 - I ZR 189/08 - juris, alle zu § 4 Abs. 4 GlüStV a.F.; BayVerfGH, U.v. 23.11.2016 - 1-VII-15 - juris Rn. 93 f.; OVG Lüneburg, B.v. 17.08.2016 - 11 ME 61/16 - juris Rn. 30 ff.); von dem Verbot kann allerdings für den Eigenbetrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten nach § 4 Abs. 5 GlüStV, Art. 2 Abs. 3 AGGlüStV - bei Sicherstellung bestimmter Voraussetzungen - im Rahmen eines eigenständigen Erlaubnisverfahrens befreit werden.

Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung der materiellen Illegalität der von der Antragstellerin (online) vermittelten Zweitlotterien sowie der Sofortlotterien - ausgehend von der dargelegten Wirksamkeit des Internetverbots - auf die inhaltlichen Verstöße des Angebots gegen die sich aus § 4 Abs. 5 Nr. 1, 2 und 3 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 3 AGGlüStV ergebenden Voraussetzungen abgestellt (BA S. 13 bis 15) und näher begründet, warum weder die Einhaltung der Einsatzhöchstgrenze von monatlich 1.000 Euro je Spieler noch der vollständige Ausschluss minderjähriger Spieler durch eine entsprechende Identifizierung gewährleistet ist; zudem verstießen die angebotenen „Rubbellose“ gegen das Verbot schneller Spielwiederholungen. Auf diese für die angefochtene Entscheidung erheblichen Erwägungen geht die Beschwerde nicht ein; für das Beschwerdeverfahren ist daher davon auszugehen, dass die entsprechenden Annahmen des Verwaltungsgerichts zutreffen. Im Übrigen hat die Antragstellerin ein Erlaubnisverfahren weder eingeleitet hat noch beabsichtigt, einen solchen Antrag mit dem Ziel einer Legalisierung ihrer Tätigkeit zu stellen. Aus diesem Grund besteht schon keine Möglichkeit, im Rahmen eines Erlaubnisverfahrens die Einhaltung der sich aus § 4 Abs. 5 Nr. 1, 2 und 3 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 3 AGGlüStV ergebenden Voraussetzungen etwa durch Nebenbestimmungen (vgl. Art. 36 BayVwVfG) sicherzustellen (OVG Saarland, B.v. 12.5.2016 - 1B 199/15 - juris Rn. 44).

Anders als die Beschwerde meint, vermag ihr auch nicht in die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zum Sportwettenbereich in der Rechtssache Ince (U.v. 4.2.2016 - C-336/14) zum Erfolg zu verhelfen. In der Entscheidung wird festgestellt, dass die Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV der strafrechtlichen Ahndung unerlaubter Sportwettenvermittlung entgegensteht, wenn das für Private eröffnete Erlaubnisverfahren nicht transparent und diskriminierungsfrei ausgestaltet ist und deshalb faktisch weiterhin ein staatliches Sportwettenmonopol besteht. Der Entscheidung kann schon nicht die von der Antragstellerin gezogene Folgerung entnommen werden, auch im Bereich der über Internet vermittelten Lotterien sei kein transparentes, diskriminierungsfreies Erlaubnisverfahren eröffnet, weshalb bis zur Entscheidung über eine Neuregulierung dieses Glücksspielbereichs ein fiktives Erlaubnisverfahren eröffnet werden müsse und das Fehlen einer deutschen Erlaubnis oder „einer offensichtlichen Erlaubnisfähigkeit“ (vgl. Beschwerdebegründung v. 7.11.2016, S. 4) für eine rechtmäßige Untersagungsverfügung nicht ausreiche. Diese Sichtweise lässt außer Betracht, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen und Beschränkungen der nur ausnahmsweise erlaubnisfähigen Vermittlung von Lotterien im Internet nach § 4 Abs. 5 GlüStV von jedem Vermittler zu beachten sind. Verstöße hiergegen können ein Untersagungsverfahren auch dann nach sich ziehen, wenn eine Internetvermittlungserlaubnis erteilt worden sein sollte. Eine präventive Untersagung bis zur Klärung der im Streit befindlichen Erlaubnisfähigkeit einer Vermittlung von Glücksspielen ist nicht ausgeschlossen; selbst bei Bestehen eines rechtswidrigen Monopols verlangt das Unionsrecht keine sofortige Öffnung des Markts für alle privaten Anbieter ohne jegliche präventive Kontrolle (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 41.12 - juris Rn. 55 f.). Diese Aspekte stellt der angefochtene Beschluss (BA, S. 11, 2. Abs.) ausführlich dar, ohne dass sich die Beschwerde hiermit befasst. Aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 4. Februar 2016 (a.a.O.), in dem es um die Zulässigkeit einer strafrechtlichen (repressiven) Ahndung der ohne behördliche Erlaubnis aufgenommenen Vermittlung von Sportwetten geht, kann nicht die Unvereinbarkeit von Bestimmungen des nationalen Glücksspielrechts zur (präventiven) Gefahrenabwehr mit Unionsrecht im Bereich von Sportwetten oder anderen Glücksspielen abgeleitet werden (NdsOVG, B.v. 12.12.2016 - 11 ME 157/16 - juris Rn. 6; OVG Saarl, B.v. 12.5.2016 - 1B 199/15 - juris Rn. 43).

Vor dem Hintergrund seiner Annahmen hat das Verwaltungsgericht letztlich die Frage, ob die von der Antragstellerin vermittelten Zweitlotterien als Lotterien im rechtstechnischen Sinne nach § 3 Abs. 3 Satz 1 GlüStV und damit auch nach § 4 Abs. 5 Halbs. 1 GlüStV qualifiziert werden können oder ob es sich um bloße Wettangebote handelt, zu Recht dahinstehen lassen (BA, S. 11, 2. Abs.). Die umfangreichen Ausführungen der Antragstellerin in diesem Zusammenhang zur strittigen Frage der Auslegung des Begriffs „nach einem bestimmten Plan“ (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 1 GlüStV) sind daher nicht entscheidungserheblich. Selbst wenn man der Ansicht der Antragstellerin folgen und auch die von ihr vermittelten Zweitlotterien als Lotterien im Sinn von § 4 Abs. 5 GlüStV ansehen wollte, wäre im vorliegenden Fall die dann grundsätzlich erlaubnisfähige Internetvermittlung dieser Lotterien in der angebotenen Form materiell illegal. Dies gilt im Übrigen auch für das weitere, damit nicht entscheidungserhebliche Beschwerdevorbringen, das sich mit der behaupteten Unionsrechtswidrigkeit der staatlichen Monopolstellung im Lotteriebereich befasst.

Auch die Berufung der Beschwerde auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Juni 2016 (8 C 5.15 - juris Rn. 28) vermag nicht zu einer Abänderung der angefochtenen Entscheidung zu führen. Die Beschwerde übersieht, dass es in dieser Entscheidung ausschließlich um das (formelle) Fehlen einer Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten in einer Betriebstätte - nicht im Internet - ging, und in dieser Situation eine Untersagung dann nicht gerechtfertigt ist, wenn das für Private für eine Übergangszeit eröffnete Erlaubnisverfahren nicht transparent und diskriminierungsfrei ausgestaltet ist und daher faktisch ein staatliches (Sportwetten-)Monopol fortbesteht. Im vorliegenden Fall geht es jedoch unabhängig von der Frage der Zulässigkeit eines (Lotterie-)Monopols um die Vermittlung von - im Übrigen aktuell in Deutschland nicht zugelassenen - Glücksspielprodukten via Internet, die schon den materiellen Anforderungen der Ausnahmevorschrift des § 4 Abs. 5 GlüStV nicht entspricht.

Schließlich vermag die Antragstellerin auch nicht mit Ihrem Einwand durchzudringen, die Untersagung sei rechtswidrig, weil ihr eine nach Art. 3 Abs. 1 GG willkürliche und somit rechtsfehlerhafte Ermessensausübung zugrunde liege. Ermächtigt ein Gesetz, wie hier § 9 Abs. 1 Satz 2, 3 GlüStV, bestimmte Verhaltensweisen nach Ausübung von Ermessen zu untersagen, verlangt der Grundsatz der Gleichbehandlung von der zuständigen Behörde, Maßnahmen zur Bekämpfung rechtswidriger Zustände in vergleichbaren Fällen grundsätzlich in vergleichbarer Art und Weise zu ergreifen oder zu unterlassen. Er verlangt aber nicht, bei einer großen Anzahl an rechtswidrigen Zuständen in sämtlichen Fällen und zur gleichen Zeit gegen alle Störer vorzugehen. Allerdings ist es der Behörde verwehrt, systemlos oder willkürlich vorzugehen. Behandelt sie mehrere Fallgruppen unterschiedlich, bedarf es hierzu ebenso eines sachlichen Grundes, wie wenn sie sich auf das Herausgreifen eines Einzelfalls beschränkt (BVerwG, U.v. 9.7.2014 - 8 C 36..12 - juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 1.8.2016 - 10 CS 16.893 - juris Rn. 47; NdsOVG, B.v. 12.12.2016 - 11 ME 157/16 - juris Rn. 12).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat das Verwaltungsgericht ein willkürliches Vorgehen des Antragsgegners gegen die Antragstellerin verneint und dabei auf die im Juli 2014 festgelegten gemeinsamen Richtlinien der Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder für ihr Vorgehen gegen illegales Glücksspiel im Internet verwiesen. Sie sehen grundsätzlich ein Vorgehen gegen jede Art unerlaubten Glücksspiels im Internet vor und differenzieren zunächst danach, ob eine Legalisierung möglich ist und auch angestrebt wird. Weitere Kriterien sind die Gefährlichkeit des Spiels, die Marktstellung des Anbieters sowie die Vielfalt seines Angebots. Anhand dieser sachlich gerechtfertigten Kriterien ist im vorliegenden Fall das Einschreiten des Antragsgegners insbesondere im Hinblick auf die fehlenden Bemühungen der Antragstellerin um eine Erlaubnis, auf die bei der derzeitigen Ausgestaltung der Zweitlotterien fehlende Erlaubnisfähigkeit wegen Nichteinhaltung der Bestimmungen zum Jugend- und Spielerschutzes, auf das umfängliche Angebot von ca. 30 Zweitlotterien sowie im Hinblick auf die hohe Besucherzahl im Internet nicht willkürlich, zumal der Antragsgegner ausdrücklich darauf hinweist, er gehe seit August 2014 - zeitlich gestaffelt - gegen insgesamt neun Anbieter von Glücksspielen, darunter drei Anbieter von Zweitlotterien, vor.

Demgegenüber zeigt die Beschwerde kein willkürliches Vorgehen gegenüber der Antragstellerin auf. Zunächst bestehen keine Bedenken gegen das gemeinsame Vorgehen der Bundesländer im Bereich der Glücksspielaufsicht. Seine Zulässigkeit ergibt sich aus § 9 Abs. 3 Satz 1 GlüStV, der ausdrücklich die Zusammenarbeit der Länder „bei der Glücksspielaufsicht“ bestimmt. Damit ist der Vorwurf, die beanstandete Untersagungsverfügung sei erst als Ergebnis einer „Verfahrensabsprache“, damit „auf Zuruf“ und zudem unter Ausnutzung eines Überraschungseffekts erlassen worden, nicht geeignet, ein gleichheitssatzwidriges Vorgehen zu belegen. Die in Bezug genommenen Leitlinien vom Juli 2014 sind auch nach Auffassung des Senats grundsätzlich geeignet, ein dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechendes Konzept darzustellen, das die Grundlage für eine gleichheitssatzgemäße Verwaltungspraxis bildet (NdsOVG, B.v. 12.12.2016, a.a.O. Rn. 14). Anders als die Beschwerde meint, bedarf es auch keiner bis ins letzte Detail gehenden und regelmäßig zu aktualisierenden „Bewertungsmatrix“, aus der sich quasi mit mathematischer Genauigkeit die einzig „richtige“ Rangfolge des behördlichen Einschreitens von selbst ergibt. Derartig weitgehende Anforderungen stellt der Gleichheitsgrundsatz schon deswegen nicht, weil behördliches Einschreiten nach Ermessen das Bestehen eines Ermessensspielraums voraussetzt, dessen gesetzlich definierte Grenzen einzuhalten sind (vgl. Art. 40 BayVwVfG).

Jedenfalls im Rahmen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes, in dem lediglich eine summarische Prüfung erfolgen kann, erachtet der Senat die Darlegungen des Antragsgegners zu der erheblichen Gefahr, die von den im Internet von der Antragstellerin vermittelten Zweitlotterien ausgehen, zur Entkräftung des Vorwurfs eines willkürlichen Vorgehens als ausreichend. Zu keinem anderen Ergebnis führen auch die von der Antragstellerin im Hinblick auf die „Prioritätsliste Internetvollzug“ aufgeworfenen Fragen; in der Tat erschließen sich zwar einige der in der Liste enthaltenen Werte und ihre Bedeutung für den Vollzug der Glücksspielaufsicht nicht oder nicht ohne weiteres. Der Antragsgegner hat insoweit auch keine Aufklärung geleistet. Allerdings reichen die im Eilverfahren feststehenden Erkenntnisse für ein Einschreiten gegen die Antragstellerin aus, insbesondere die erhebliche Anzahl der Besucher der Website, die mit 161.000 im monatlichen Durchschnitt des 1. Quartals 2014 in der Liste angegeben wird. Dieser Umstand in Zusammenschau mit den Gefahren, die von der Vermittlung von Internet-Zweitlotterien für die Ziele des Staatsvertrages - insbesondere die in § 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 GlüStV genannten Ziele der Bekämpfung von Glücksspielsucht und der Gewährleistung des Jugendschutzes - ausgehen, rechtfertigt das Einschreiten des Antragsgegners jedenfalls auch unter dem Aspekt des Art. 3 Abs. 1 GG. Die von Antragstellerseite geforderte „länderspezifische Marktbetrachtung“ zur Wahrung des Föderalismusprinzips vermag zu keinem anderen Ergebnis zu führen, weil insoweit der landesgesetzliche Auftrag zur gegenseitigen Absprache der Glücksspielaufsichtsbehörden nach § 9 Abs. 3 Satz 1 GlüStV besteht, der keinen Widerspruch zum Föderalismusprinzip bildet, sondern seiner Stärkung dient.

Die noch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht beanstandete Kostenfestsetzung und die dem Bescheid beigefügte Kostenrechnung des Antragsgegners sind nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Untersagungsverfügung, mit der ihr die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung von Sportwetten verboten wurde.

2

In der G.straße ... in M. und in drei weiteren Betriebsstätten im Stadtgebiet der Beklagten vermittelte die Klägerin Sportwetten an die I. in G., die über eine dort erteilte Lizenz zur Veranstaltung von Sportwetten verfügte. Die Beklagte untersagte der Klägerin nach vorheriger Anhörung mit Verfügung vom 18. Juni 2008 die Veranstaltung, Vermittlung und Durchführung von Sportwetten sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet für jede Betriebsstätte in M. Sie gab der Klägerin auf, den Betrieb mit Ablauf des 19. Juni 2008 einzustellen, und drohte ihr ein Zwangsgeld in Höhe von 25 000 € an. Die Untersagung stützte sie auf § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 i.V.m. § 4 Abs. 1, 2 und 4 des Glücksspielstaatsvertrages in der seinerzeit geltenden Fassung (GlüStV). Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, das Wettangebot der Klägerin erfülle den Straftatbestand unerlaubten Glücksspiels gemäß § 284 Abs. 1 des Strafgesetzbuches (StGB). Eine Erlaubnis könne wegen des staatlichen Wettmonopols nach § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV nicht erteilt werden. Bei sachgerechter Ermessensausübung komme keine andere Entscheidung als eine Untersagung in Betracht. Diese sei auch verhältnismäßig.

3

Am 23. Juni 2008 hat die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht München Klage erhoben und um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Wenige Tage später wurde bei einer Polizeikontrolle in der G.straße ... die Vermittlung von Sportwetten der I. festgestellt. Daraufhin stellte die Beklagte das Zwangsgeld fällig und verfügte die Anwendung unmittelbaren Zwangs. Am 26. Juni 2008 wurde das Wettbüro der Klägerin polizeilich geschlossen und versiegelt. Dagegen erhob die Klägerin - in einem anderen Verfahren - ebenfalls Klage und bat um vorläufigen Rechtsschutz.

4

Das Verwaltungsgericht München lehnte mit Beschluss vom 3. Juli 2008 den Eilantrag betreffend die Untersagungsverfügung und die Zwangsgeldandrohung ab. Mit weiterem Beschluss vom 7. Juli 2008 ordnete es die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Anordnung unmittelbaren Zwangs unter der Auflage an, dass in der G.straße ... keine unerlaubte Sportwettenvermittlung mehr durchgeführt werde. Die Beklagte setzte das fällig gestellte Zwangsgeld vom Soll ab und hob die Versiegelung auf. Das Eilverfahren wurde nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen eingestellt; der Klage gegen die Anordnung unmittelbaren Zwangs wurde im Januar 2009 stattgegeben.

5

Die Klage gegen die Untersagungsverfügung und die Zwangsgeldandrohung hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 27. Januar 2009 abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihr Klagebegehren für die Zeit bis zur Berufungsentscheidung auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag umgestellt und an der Anfechtung nur für den anschließenden Zeitraum festgehalten. Sie meint, ihr Feststellungsinteresse für die Vergangenheit ergebe sich aus der Versiegelung ihrer Betriebsstätte in der Zeit vom 26. Juni bis zum 8. Juli 2008 sowie aus der Absicht, unionsrechtliche Staatshaftungsansprüche geltend zu machen. Darüber hinaus bestehe eine Wiederholungsgefahr und - wegen des Vorwurfes strafrechtswidrigen Verhaltens - ein Rehabilitierungsinteresse. Die Beklagte hat in ihrer Berufungserwiderung die Auffassung vertreten, die formelle Illegalität der Vermittlung rechtfertige die Untersagung auch unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Monopols. Mit Bezug darauf hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2010 die Ermessenserwägungen des angegriffenen Bescheides ausdrücklich um Ausführungen zur - nach ihrer Ansicht fehlenden - materiellen Erlaubnisfähigkeit der Veranstaltung und Vermittlung der Sportwetten ergänzt.

6

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 12. Januar 2012 das erstinstanzliche Urteil geändert, den angefochtenen Bescheid vom 18. Juni 2008 aufgehoben und dessen Rechtswidrigkeit im Zeitraum bis zur Berufungsentscheidung festgestellt. Die in die Zukunft gerichtete, zulässige Anfechtungsklage sei begründet, weil die Untersagungsverfügung ermessensfehlerhaft sei. Sie stütze sich maßgeblich auf das staatliche Sportwettenmonopol, das seinerseits gegen Unionsrecht verstoße. Es schränke die Dienstleistungsfreiheit unverhältnismäßig ein, da es nicht den Anforderungen der Geeignetheit und dem daraus abzuleitenden Erfordernis der Kohärenz entspreche. Dass es irgendeinen Beitrag zur Verwirklichung der mit dem Monopol verfolgten Ziele leiste, reiche nicht aus. Zu fordern sei vielmehr ein glücksspielsektorenübergreifender, konzeptionell und inhaltlich aufeinander bezogener, systematischer Regelungszusammenhang, mit dem diese Ziele konsequent verfolgt würden. Daran fehle es im maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsentscheidung schon wegen der gegenläufigen Regelung des gewerblichen Automatenspiels. Die Expansionspolitik in diesem Bereich führe dazu, dass die Monopolziele der Suchtbekämpfung und des Spielerschutzes nicht mehr wirksam verfolgt werden könnten. Auf Interdependenzen zwischen den beiden Glücksspielsektoren komme es dabei nicht an. Bei einem derartig widersprüchlichen Regelungs- und Schutzkonzept sei nicht nur die Geeignetheit der Beschränkung in einem Teilsegment, sondern ihre Verhältnismäßigkeit insgesamt in den Blick zu nehmen.

7

Die Untersagungsverfügung könne auch nicht mit dem Hinweis auf die formelle Illegalität und die fehlende materielle Erlaubnisfähigkeit der Wettvermittlung aufrechterhalten werden. Eine vollständige Untersagung sei nur bei fehlender Erlaubnisfähigkeit gerechtfertigt. Außerdem stehe § 114 Satz 2 VwGO einer Berücksichtigung der nachgeschobenen Ermessenserwägungen entgegen. Diesen sei auch kein Neuerlass der Untersagungsverfügung unter konkludenter Rücknahme des Ausgangsbescheides zu entnehmen. Wegen der Rechtswidrigkeit der Untersagung könne die Zwangsgeldandrohung ebenfalls keinen Bestand haben.

8

Der Antrag, die Rechtswidrigkeit der Untersagung für die Vergangenheit festzustellen, sei zulässig und begründet. Ein berechtigtes Interesse der Klägerin an dieser Feststellung bestehe jedenfalls in Gestalt eines Rehabilitierungsinteresses. Dieses ergebe sich schon aus dem Vorwurf objektiv strafbaren Verhaltens. Im Übrigen sei ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse auch wegen des tiefgreifenden Eingriffs in die Berufsfreiheit zu bejahen, da andernfalls effektiver Rechtsschutz nicht gewährleistet sei. Auf das Vorliegen eines Präjudizinteresses komme es danach nicht an. Die Begründetheit des Fortsetzungsfeststellungsantrags ergebe sich aus den Urteilserwägungen zur Anfechtungsklage.

9

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision macht die Beteiligte geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe zu Unrecht ein berechtigtes Feststellungsinteresse der Klägerin bejaht. Ein Rehabilitierungsinteresse scheide aus, da die Klägerin sich als juristische Person nicht strafbar machen könne. Die Untersagungsverfügung bewirke auch keinen tiefgreifenden Grundrechtseingriff, sondern erschöpfe sich in einer Berufsausübungsregelung. Materiell-rechtlich wende das Berufungsgericht das unionsrechtliche Kohärenzerfordernis unzutreffend an. Unabhängig davon werde die Untersagung auch von den nachgeschobenen Gründen getragen. Außerdem macht die Beteiligte Verfahrensmängel geltend.

10

Mit Schriftsatz vom 15. November 2012 hat die Beklagte erklärt, aus der angefochtenen Untersagungsverfügung ab dem 1. Juli 2012 keine Rechte mehr herzuleiten. Daraufhin haben die Hauptbeteiligten den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt.

11

Die Beteiligte beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. Januar 2012 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 27. Januar 2009 zurückzuweisen, soweit der Rechtsstreit noch nicht - in Bezug auf die Zeit seit dem 1. Juli 2012 - in der Hauptsache erledigt ist, sowie der Klägerin die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens insgesamt aufzuerlegen.

12

Die Beklagte schließt sich dem Revisionsvorbringen der Beteiligten an, ohne einen eigenen Antrag zu stellen.

13

Die Klägerin beantragt,

die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass anstelle der Aufhebung der Untersagungsverfügung deren Rechtswidrigkeit - auch - in der Zeit von der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs bis zum 30. Juni 2012 festgestellt wird, sowie die Kosten des Revisionsverfahrens insgesamt dem Freistaat Bayern aufzuerlegen.

14

Sie verteidigt das angegriffene Urteil und meint, ein ideelles Feststellungsinteresse ergebe sich auch aus dem tiefgreifenden Eingriff in unionsrechtliche Grundfreiheiten in Verbindung mit der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs nach Art. 47 Abs. 1 der Grundrechtecharta der Europäischen Union (GRC). Dazu regt die Klägerin eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union an. Für die von ihr formulierte Vorlagefrage wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift verwiesen. Ferner macht die Klägerin ein Präjudizinteresse wegen unionsrechtlicher Staatshaftungsansprüche geltend. Die formelle Illegalität ihrer Tätigkeit könne ihr nicht entgegengehalten werden, weil ihr die Erlaubnis zur Vermittlung an private Wettanbieter unionsrechtswidrig vorenthalten worden sei. Ein Verneinen des Feststellungsinteresses entwerte ihren prozessualen Aufwand und bringe sie um die Früchte des mehr als vierjährigen Verfahrens. Materiell-rechtlich hält die Klägerin den Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 GlüStV für unionsrechtswidrig und die Monopolregelung für inkohärent.

Entscheidungsgründe

15

Soweit die Hauptbeteiligten den Rechtsstreit mit Schriftsätzen vom 15. und 23. November 2012 übereinstimmend - bezüglich der Zeit seit dem 1. Juli 2012 - für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Einer Zustimmung des am Verfahren beteiligten Vertreters des öffentlichen Interesses bedurfte es nicht. Im Umfang der Teilerledigung sind das erstinstanzliche und das Berufungsurteil wirkungslos geworden.

16

Im Übrigen - soweit die Klägerin begehrt, die Rechtswidrigkeit der Untersagung bis zur Entscheidung des Berufungsgerichts und darüber hinaus bis zum 30. Juni 2012 festzustellen - ist die zulässige Revision begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs verletzt revisibles Recht, weil es unzutreffend annimmt, die Klägerin habe gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit für den bereits abgelaufenen Zeitraum. Das Urteil beruht auch auf dieser Rechtsverletzung und erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 137 Abs. 1, § 144 Abs. 4 VwGO). Bei zutreffender Rechtsanwendung hätte es die Fortsetzungsfeststellungsklage für unzulässig halten müssen. Dies führt zur Änderung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen - klagabweisenden - Urteils. Dem steht nicht entgegen, dass der Klagantrag umgestellt wurde.

17

1. In Bezug auf den noch verfahrensgegenständlichen, bereits abgelaufenen Zeitraum bis zum 30. Juni 2012 kann die Untersagungsverfügung nur mit der Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO angegriffen werden.

18

a) Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof den entsprechenden Antrag der Klägerin für die Zeit bis zur Berufungsentscheidung für statthaft gehalten, da die Untersagung sich als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung grundsätzlich fortlaufend für den jeweils abgelaufenen Zeitraum erledigt. Ein Verbot wird durch Zeitablauf gegenstandslos, weil es nicht rückwirkend befolgt oder durchgesetzt werden kann. Maßnahmen zur Vollstreckung der Untersagung schließen eine Erledigung nur aus, wenn sie bei Aufhebung der Grundverfügung noch rückgängig zu machen sind. Das ist bei der Schließung der Betriebsstätte durch unmittelbaren Zwang vom 26. Juni bis zum 8. Juli 2008 nicht der Fall.

19

b) Für den Zeitraum von der Berufungsentscheidung bis zum Ablauf der Wirkung der Untersagung infolge ihrer nachträglichen Befristung zum 30. Juni 2012 hat die Klägerin ihr Anfechtungsbegehren im Revisionsverfahren zulässig auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag umgestellt. Das Verbot der Klageänderung gemäß § 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO steht nur einer Änderung des Streitgegenstandes entgegen. Es schließt jedoch nicht aus, von der Anfechtung eines Verwaltungsakts zu einem Fortsetzungsfeststellungsantrag überzugehen. Dieser Antrag ist für die Zeit bis zum 30. Juni 2012 auch statthaft, da sich die angegriffene Untersagung bis zu diesem Tag weiter fortlaufend und mit seinem Ablauf endgültig erledigt hat. Vorher ist keine endgültige Erledigung eingetreten, weil die Klägerin ihre Betriebsstätte nach der vorübergehenden polizeilichen Schließung wieder zur Vermittlung von Pferdewetten nutzte und auch die Vermittlung von Sportwetten dort jederzeit hätte wieder aufnehmen können.

20

2. Zulässig ist die statthafte Fortsetzungsfeststellungsklage allerdings nur, wenn die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts hat. Ein solches Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position der Klägerin in den genannten Bereichen zu verbessern (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 4. März 1976 - BVerwG 1 WB 54.74 - BVerwGE 53, 134 <137> und vom 24. Oktober 2006 - BVerwG 6 B 61.06 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 24 Rn. 3). Als Sachentscheidungsvoraussetzung muss das Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen. Danach kommt es hier auf den Schluss der mündlichen Verhandlung in der Revisionsinstanz an.

21

a) Für diesen Zeitpunkt lässt sich ein berechtigtes Feststellungsinteresse nicht mit einer Wiederholungsgefahr begründen. Dazu ist nicht nur die konkrete Gefahr erforderlich, dass künftig ein vergleichbarer Verwaltungsakt erlassen wird. Darüber hinaus müssen die für die Beurteilung maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände im Wesentlichen unverändert geblieben sein (Urteil vom 12. Oktober 2006 - BVerwG 4 C 12.04 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 23 Rn. 8 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Die für die Beurteilung einer glücksspielrechtlichen Untersagung maßgeblichen rechtlichen Umstände haben sich mit dem Inkrafttreten des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011 (BayGVBl 2012 S. 318) und dessen landesrechtlicher Umsetzung in Bayern zum 1. Juli 2012 gemäß §§ 1 und 4 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland und anderer Rechtsvorschriften vom 25. Juni 2012 (BayGVBl S. 270) grundlegend geändert. Dem steht nicht entgegen, dass der allgemeine Erlaubnisvorbehalt für die Veranstaltung und Vermittlung öffentlichen Glücksspiels nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV und die Ermächtigung zur Untersagung der unerlaubten Veranstaltung und Vermittlung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV fortgelten. Für die rechtliche Beurteilung einer Untersagung kommt es auch auf die Verhältnismäßigkeit des mit ihr durchgesetzten Erlaubnisvorbehalts sowie des Verbots selbst und damit auf Fragen der materiellen Erlaubnisfähigkeit des untersagten Verhaltens an (vgl. Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 55; dazu näher unten Rn. 54 f.). Insoweit ergeben sich aus den in Bayern zum 1. Juli 2012 in Kraft getretenen, § 4 GlüStV ergänzenden Spezialregelungen betreffend die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten erhebliche Unterschiede zur früheren, bis zum 30. Juni 2012 geltenden Rechtslage. Nach § 10a Abs. 1 und 2 i.V.m. §§ 4a ff. GlüStV wird das staatliche Sportwettenmonopol - zunächst für eine Experimentierphase von sieben Jahren - durch ein Konzessionssystem ersetzt. Gemäß § 10a Abs. 3 GlüStV können bundesweit bis zu 20 Wettunternehmen eine Veranstalterkonzession erhalten. Für die Konzessionäre wird das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV, von dem ohnehin nach Absatz 5 der Vorschrift dispensiert werden darf, nach Maßgabe des § 10a Abs. 4 Satz 1 und 2 GlüStV gelockert. Die Vermittlung konzessionierter Angebote bleibt nach § 10a Abs. 5 Satz 2 GlüStV i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erlaubnispflichtig. Die Anforderungen an die gewerbliche Spielvermittlung werden aber in § 19 i.V.m. §§ 5 bis 8 GlüStV in wesentlichen Punkten neu geregelt. So wurden die Werbebeschränkungen des § 5 GlüStV deutlich zurückgenommen (dazu im Einzelnen Beschluss vom 17. Oktober 2012 - BVerwG 8 B 47.12 - Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 208 Rn. 6). Andererseits enthält § 7 Abs. 1 Satz 2 GlüStV eine weitgehende Konkretisierung der zuvor nur allgemein statuierten Aufklärungspflichten. Außerdem bindet § 8 Abs. 6 GlüStV erstmals auch die Vermittler in das übergreifende Sperrsystem nach § 23 GlüStV ein. Insgesamt schließen die erheblichen Änderungen der für die materiell-rechtliche Beurteilung der Untersagung erheblichen Vorschriften es aus, von einer im Wesentlichen gleichen Rechtslage auszugehen.

22

Aus der Befristung der experimentellen Konzessionsregelung lässt sich keine konkrete Wiederholungsgefahr herleiten. Ob der Gesetzgeber das Konzessionssystem und dessen materiell-rechtliche Ausgestaltung nach Ablauf der siebenjährigen Experimentierphase auf der Grundlage der inzwischen gewonnenen Erfahrungen fortschreiben, modifizieren oder aufgeben wird, ist ungewiss. Eine Rückkehr zur alten Rechtslage ist jedenfalls nicht abzusehen.

23

b) Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist auch nicht wegen eines Rehabilitierungsinteresses der Klägerin zu bejahen. Die gegenteilige Auffassung der Vorinstanz beruht auf der Annahme, ein solches Interesse bestehe schon wegen des Vorwurfs objektiver Strafbarkeit des untersagten Verhaltens. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.

24

Allerdings fehlt ein Rehabilitierungsinteresse nicht etwa deshalb, weil die Klägerin sich als juristische Person nicht strafbar machen kann. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Schutzbereich des Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG sich nach Art. 19 Abs. 3 GG insgesamt auf juristische Personen erstreckt. Sie können jedenfalls Ausprägungen dieses Rechts geltend machen, die nicht an die charakterliche Individualität und die Entfaltung der natürlichen Person anknüpfen, sondern wie das Recht am eigenen Wort oder das Recht auf Achtung des sozialen Geltungsanspruchs und auf Abwehr von Rufschädigungen auch Personengesamtheiten und juristischen Personen zustehen können (BVerfG, Beschluss vom 9. Oktober 2002 - 1 BvR 1611/96, 805/98 - BVerfGE 106, 28 <42 ff.>; BGH, Urteil vom 3. Juni 1986 - VI ZR 102/85 - BGHZ 98, 94 <97>). Die bloße Einschätzung eines Verhaltens als objektiv strafbar hat aber keinen den Betroffenen diskriminierenden Charakter und kann deshalb noch kein Rehabilitierungsinteresse auslösen.

25

Ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (Beschlüsse vom 4. März 1976 a.a.O. S. 138 f. und vom 4. Oktober 2006 - BVerwG 6 B 64.06 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 36 S. 4 f.). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. In der Feststellung objektiver Strafbarkeit des untersagten Verhaltens liegt noch keine Stigmatisierung. Vielmehr erschöpft sie sich in der Aussage, die unerlaubte Veranstaltung und Vermittlung der Sportwetten erfülle den objektiven Tatbestand des § 284 Abs. 1 StGB und rechtfertige deshalb ein ordnungsbehördliches Einschreiten. Damit enthält sie kein ethisches Unwerturteil, das geeignet wäre, das soziale Ansehen des Betroffenen herabzusetzen. Diese Schwelle wird erst mit dem konkreten, personenbezogenen Vorwurf eines schuldhaft-kriminellen Verhaltens überschritten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 1952 - 1 BvR 197/53 - BVerfGE 9, 167 <171> und Urteil vom 6. Juni 1967 - 2 BvR 375, 53/60 und 18/65 - BVerfGE 22, 49 <79 f.>).

26

Einen solchen Vorwurf hat die Beklagte nach der revisionsrechtlich fehlerfreien Auslegung der Untersagungsverfügung durch die Vorinstanz hier nicht erhoben. Vielmehr bleibt offen, ob angesichts der umstrittenen und seinerzeit ungeklärten Rechtslage ein Entschuldigungsgrund in Gestalt eines unvermeidbaren Verbotsirrtums vorlag (vgl. BGH, Urteil vom 16. August 2007 - 4 StR 62/07 - NJW 2007, 3078 zur Rechtslage unter dem Lotteriestaatsvertrag). Die Einschätzung, die untersagte Tätigkeit sei objektiv strafbar, hat überdies keine Außenwirkung erlangt. Der Bescheid ist nur an die Klägerin gerichtet. Eine Weitergabe an Dritte ist weder substantiiert vorgetragen worden noch aus den Akten zu ersehen.

27

Der vorübergehenden polizeilichen Schließung des Wettlokals kam zwar Außenwirkung zu, sie hatte jedoch keinen diskriminierenden Charakter. Aus dem Vollzug einer Verwaltungsmaßnahme lässt sich nur ableiten, dass dem Betroffenen ein Verstoß gegen verwaltungsrechtliche Vorschriften und Anordnungen vorgeworfen wird. Ein solcher Vorwurf bewirkt jedoch im Gegensatz zum Vorwurf schuldhafter Verletzung von Strafgesetzen keine Stigmatisierung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 1952 a.a.O.). Sie ergibt sich hier auch nicht aus der Art und Weise der Schließung des Lokals.

28

Nachteilige Auswirkungen der Untersagung in künftigen Verwaltungsverfahren - etwa zur Erlaubniserteilung nach aktuellem Recht - sind nach der im Termin zur mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegebenen Erklärung des Vertreters des Freistaates Bayern ebenfalls nicht zu besorgen. Danach werden Monopolverstöße dort zukünftig nicht als Anhaltspunkt für eine Unzuverlässigkeit von Konzessionsbewerbern oder Bewerbern um eine Vermittlungserlaubnis gewertet.

29

c) Entgegen dem angegriffenen Urteil lässt sich ein berechtigtes Feststellungsinteresse nicht mit dem Vorliegen eines tiefgreifenden Eingriffs in die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG begründen. Die Annahme des Berufungsgerichts, § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO müsse wegen der Garantie effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Sinne ausgelegt werden, trifft nicht zu. Eine Ausweitung des Tatbestandsmerkmals des berechtigten Feststellungsinteresses über die einfach-rechtlich konkretisierten Fallgruppen des berechtigten rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Interesses (aa) hinaus verlangt Art. 19 Abs. 4 GG nur bei Eingriffsakten, die sonst wegen ihrer typischerweise kurzfristigen Erledigung regelmäßig keiner gerichtlichen Überprüfung in einem Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten (bb). Eine weitere Ausdehnung des Anwendungsbereichs, die ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse allein wegen der Schwere des erledigten Eingriffs in Grundrechte oder Grundfreiheiten annimmt, ist auch aus Art. 47 GRC in Verbindung mit dem unionsrechtlichen Effektivitätsgebot nicht herzuleiten (cc).

30

aa) Aus dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und dem systematischen Zusammenhang mit § 42 VwGO ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichte nur ausnahmsweise für die Überprüfung erledigter Verwaltungsakte in Anspruch genommen werden können. Nach dem Wegfall der mit dem Verwaltungsakt verbundenen Beschwer wird gerichtlicher Rechtsschutz grundsätzlich nur zur Verfügung gestellt, wenn der Kläger ein berechtigtes rechtliches, wirtschaftliches oder ideelles Interesse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme hat (dazu oben Rn. 20). Das berechtigte Feststellungsinteresse geht in all diesen Fällen über das bloße Interesse an der Klärung der Rechtswidrigkeit der Verfügung hinaus. Dies gilt unabhängig von der Intensität des erledigten Eingriffs und vom Rang der Rechte, die von ihm betroffen waren.

31

bb) Die Garantie effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG differenziert ebenfalls nicht nach diesen beiden Kriterien. Sie gilt auch für einfach-rechtliche Rechtsverletzungen, die - von der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG abgesehen - kein Grundrecht tangieren, und für weniger schwerwiegende Eingriffe in Grundrechte und Grundfreiheiten. Umgekehrt gebietet die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG selbst bei tiefgreifenden Eingriffen in solche Rechte nicht, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse anzunehmen, wenn dies nicht erforderlich ist, die Effektivität des Rechtsschutzes zu sichern.

32

Effektiver Rechtsschutz verlangt, dass der Betroffene ihn belastende Eingriffsmaßnahmen in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren überprüfen lassen kann. Solange er durch den Verwaltungsakt beschwert ist, stehen ihm die Anfechtungs- und die Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO zur Verfügung. Erledigt sich der Verwaltungsakt durch Wegfall der Beschwer, wird nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO Rechtsschutz gewährt, wenn der Betroffene daran ein berechtigtes rechtliches, ideelles oder wirtschaftliches Interesse hat. In den übrigen Fällen, in denen sein Anliegen sich in der bloßen Klärung der Rechtmäßigkeit des erledigten Verwaltungsakts erschöpft, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nach Art. 19 Abs. 4 GG zu bejahen, wenn andernfalls kein wirksamer Rechtsschutz gegen solche Eingriffe zu erlangen wäre. Davon ist nur bei Maßnahmen auszugehen, die sich typischerweise so kurzfristig erledigen, dass sie ohne die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten. Maßgebend ist dabei, ob die kurzfristige, eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ausschließende Erledigung sich aus der Eigenart des Verwaltungsakts selbst ergibt (BVerfG, Beschlüsse vom 5. Dezember 2001 - 2 BvR 527/99, 1337/00, 1777/00 - BVerfGE 104, 220 <232 f.> und vom 3. März 2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <86> m.w.N).

33

Glücksspielrechtliche Untersagungsverfügungen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV zählen nicht zu den Verwaltungsakten, die sich in diesem Sinne typischerweise kurzfristig erledigen. Vielmehr sind sie als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung (Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 19 m.w.N.) gerade auf langfristige Geltung angelegt. Dass sie sich regelmäßig fortlaufend für den bereits zurückliegenden Zeitraum erledigen, lässt ihre gegenwärtige, sich täglich neu aktualisierende Wirksamkeit und damit auch ihre Anfechtbarkeit und Überprüfbarkeit im Hauptsacheverfahren unberührt (vgl. Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Januar 2012, § 113 Rn. 85 a.E.). Änderungen der Rechtslage führen ebenfalls nicht zur Erledigung. Vielmehr ist die Untersagung anhand der jeweils aktuellen Rechtslage zu prüfen. Dass ihre Anfechtung sich regelmäßig nur auf eine Aufhebung des Verbots mit Wirkung ab dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung richten kann, stellt keine Rechtsschutzbeschränkung dar. Vielmehr trägt dies dem Umstand Rechnung, dass das Verbot in der Vergangenheit keine Regelungswirkung mehr entfaltet, die aufgehoben werden könnte. Im Ausnahmefall, etwa bei einer noch rückgängig zu machenden Vollziehung der Untersagung, bleibt diese wegen ihrer Titelfunktion als Rechtsgrund der Vollziehung rückwirkend anfechtbar (Beschluss vom 25. September 2008 - BVerwG 7 C 5.08 - Buchholz 345 § 6 VwVG Nr. 1 Rn. 13; zur Vollzugsfolgenbeseitigung vgl. Urteil vom 14. März 2006 - BVerwG 1 C 11.05 - BVerwGE 125, 110 = Buchholz 402.242 § 63 AufenthG Nr. 2 Rn. 17).

34

Dass eine untypisch frühzeitige Erledigung im Einzelfall einer streitigen Hauptsacheentscheidung zuvorkommen kann, berührt Art. 19 Abs. 4 GG nicht. Die Rechtsweggarantie verbietet zwar, gesetzliche Zulässigkeitsanforderungen so auszulegen, dass ein gesetzlich eröffneter Rechtsbehelf leerläuft, weil das weitere Beschreiten des Rechtswegs unzumutbar und ohne sachliche Rechtfertigung erschwert wird (BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 2010 - 2 BvR 1023/08 - NJW 2011, 137 m.w.N.). Einen solchen Leerlauf hat die dargestellte Konkretisierung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses aber nicht zur Folge. Ihre sachliche Rechtfertigung und die Zumutbarkeit ihrer prozessualen Konsequenzen ergeben sich daraus, dass eine großzügigere Handhabung dem Kläger mangels berechtigten rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Interesses keinen relevanten Vorteil bringen könnte und auch nicht dazu erforderlich ist, maßnahmenspezifische Rechtsschutzlücken zu vermeiden.

35

Entgegen der Auffassung der Klägerin wird deren prozessualer Aufwand mit der endgültigen Erledigung des Verfahrens, wenn kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen ist, auch nicht entwertet. Das ursprüngliche Klageziel, die Beseitigung der Untersagung, wird infolge der zur Erledigung führenden Befristung durch das Unwirksamwerden der Verbotsverfügung mit Fristablauf erreicht. Das prozessuale Vorbringen zur Zulässigkeit und Begründetheit der Klage im Zeitpunkt der Erledigung kann sich bei der Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO zugunsten der Klägerin auswirken. Eine Hauptsacheentscheidung in jedem Einzelfall oder gar ein vollständiger Instanzenzug wird durch Art. 19 Abs. 4 GG nicht gewährleistet.

36

cc) Aus der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs im Sinne des Art. 47 GRC ergibt sich keine Verpflichtung, das Merkmal des berechtigten Interesses nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO weiter auszulegen.

37

Allerdings ist nach der unionsgerichtlichen Rechtsprechung davon auszugehen, dass der sachliche Anwendungsbereich der Grundrechtecharta nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRC eröffnet ist, weil die Klägerin Rechtsschutz wegen einer Beschränkung ihrer Dienstleistungsfreiheit begehrt. Zur mitgliedstaatlichen Durchführung des Unionsrechts im Sinne der Vorschrift rechnet der Gerichtshof nicht nur Umsetzungsakte im Sinne eines unionsrechtlich - zumindest teilweise - determinierten Vollzugs, sondern auch mitgliedstaatliche Eingriffe in Grundfreiheiten nach Maßgabe der allgemeinen unionsrechtlichen Schrankenvorbehalte. An dieser Rechtsprechung, die vor Inkrafttreten der Charta zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs unionsrechtlicher Grundrechte als allgemeiner Grundsätze des Unionsrechts entwickelt wurde (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Juni 1991 - Rs. C-260/89, ERT - Slg. 1991 I-2951 ), hält der Gerichtshof weiterhin fest. Er geht von einer mitgliedstaatlichen Bindung an die Unionsgrundrechte im gesamten Anwendungsbereich des Unionsrechts aus und verweist dazu auf die Erläuterungen zu Art. 51 GRC, die nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 3 EUV, Art. 52 Abs. 7 GRC bei der Auslegung der Charta zu berücksichtigen sind (EuGH, Urteil vom 26. Februar 2013 - Rs. C-617/10, Akerberg Fransson - EuZW 2013, 302 ). Wie diese Abgrenzungsformel im Einzelnen zu verstehen ist, inwieweit bei ihrer Konkretisierung grammatische und entstehungsgeschichtliche Anhaltspunkte für eine bewusste Begrenzung des Anwendungsbereichs durch Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRC maßgeblich und welche Folgerungen aus kompetenzrechtlichen Grenzen zu ziehen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 24. April 2013 - 1 BvR 1215/07 - NJW 2013, 1499 Rn. 88 und 90; zur Entstehungsgeschichte Borowsky, in: Meyer, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, S. 643 ff.), bedarf hier keiner Klärung. Geht man von der Anwendbarkeit des Art. 47 GRC aus, ist dieser jedenfalls nicht verletzt.

38

Mit der Verpflichtung, einen wirksamen Rechtsbehelf gegen Rechtsverletzungen zur Verfügung zu stellen, konkretisiert Art. 47 Abs. 1 GRC den allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz effektiven Rechtsschutzes (dazu vgl. EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010 - Rs. C-279/09, DEB - EuZW 2011, 137 und Beschluss vom 13. Juni 2012 - Rs. C-156/12, GREP - juris ). Er hindert den mitgliedstaatlichen Gesetzgeber aber nicht, für die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs ein qualifiziertes Interesse des Klägers zu fordern und diese Anforderung im Sinne der soeben unter aa) und bb) (Rn. 30 und 31 ff.) dargelegten Kriterien zu konkretisieren.

39

Wie sich aus den einschlägigen unionsgerichtlichen Entscheidungen ergibt, bleibt es grundsätzlich den Mitgliedstaaten überlassen, im Rahmen der Ausgestaltung ihres Prozessrechts die Klagebefugnis und das Rechtsschutzinteresse des Einzelnen zu normieren. Begrenzt wird das mitgliedstaatliche Ermessen bei der Regelung solcher Zulässigkeitsvoraussetzungen durch das unionsrechtliche Äquivalenzprinzip, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Effektivitätsgebot (EuGH, Urteile vom 11. Juli 1991 - Rs. C-87/90 u.a., Verholen u.a. ./. Sociale Verzekeringsbank - Slg. 1991 I-3783 und vom 16. Juli 2009 - Rs. C-12/08, Mono Car Styling ./. Dervis Odemis u.a. - Slg. 2009 I-6653 ; Beschluss vom 13. Juni 2012 a.a.O. ).

40

Das Äquivalenzprinzip verlangt eine Gleichwertigkeit der prozessrechtlichen Bedingungen für die Durchsetzung von Unionsrecht und mitgliedstaatlichem Recht (EuGH, Urteil vom 13. März 2007 - Rs. C-432/05, Unibet ./. Justitiekansler - Slg. 2005 I-2301 ). Es ist hier nicht betroffen, weil die dargelegte verfassungskonforme Konkretisierung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nicht danach unterscheidet, ob eine Verletzung von Unions- oder mitgliedstaatlichem Recht geltend gemacht wird.

41

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verbietet eine Zulässigkeitsregelung, die das Recht auf Zugang zum Gericht in seinem Wesensgehalt selbst beeinträchtigt, ohne einem unionsrechtlich legitimen Zweck zu dienen und im Verhältnis dazu angemessen zu sein (EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010 a.a.O. und Beschluss vom 13. Juni 2012 a.a.O. ). Hier fehlt schon eine den Wesensgehalt des Rechts selbst beeinträchtigende Rechtswegbeschränkung. Sie liegt vor, wenn dem Betroffenen der Zugang zum Gericht trotz einer Belastung durch die beanstandete Maßnahme verwehrt wird, weil die fragliche Regelung für den Zugang zum Recht ein unüberwindliches Hindernis aufrichtet (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010 a.a.O. ; Beschluss vom 13. Juni 2012 a.a.O. ). Danach kommt es - nicht anders als nach der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 19 Abs. 4 GG - maßgeblich darauf an, dass der Betroffene eine ihn belastende Eingriffsmaßnahme gerichtlich überprüfen lassen kann. Das war hier gewährleistet, da die Untersagungsverfügung bis zu ihrer endgültigen Erledigung angefochten werden konnte und § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO eine Fortsetzungsfeststellung ermöglichte, soweit diese noch zur Abwendung fortwirkender Nachteile von Nutzen sein konnte. Dass die Vorschrift keinen darüber hinausgehenden Anspruch auf eine Fortsetzung des Prozesses nur zum Zweck nachträglicher Rechtsklärung vorsieht, widerspricht nicht dem Wesensgehalt der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs. Unabhängig davon wäre selbst eine Beeinträchtigung des Rechts in seinem Wesensgehalt verhältnismäßig. Sie wäre geeignet, erforderlich und angemessen, die Prozessökonomie zur Verwirklichung des unionsrechtlich legitimen Ziels zügigen, effektiven Rechtsschutzes für alle Rechtssuchenden zu wahren.

42

Das Effektivitätsgebot ist ebenfalls nicht verletzt. Es fordert eine Ausgestaltung des mitgliedstaatlichen Rechts, die die Ausübung unionsrechtlich gewährleisteter Rechte nicht praktisch unmöglich macht oder unzumutbar erschwert (EuGH, Urteile vom 11. Juli 1991 a.a.O. und vom 13. März 2007 a.a.O. ). Bezogen auf die mitgliedstaatliche Regelung prozessualer Zulässigkeitsvoraussetzungen ergibt sich daraus, dass den Trägern unionsrechtlich begründeter Rechte gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung stehen muss, der eine wirksame Kontrolle jeder Rechtsverletzung und damit die Durchsetzbarkeit des betroffenen Rechts gewährleistet. Diese Anforderungen gehen nicht über die aus Art. 19 Abs. 4 GG herzuleitende Gewährleistung einer gerichtlichen Überprüfbarkeit jedes Eingriffs in einem Hauptsacheverfahren hinaus. Insbesondere lässt sich aus dem Effektivitätsgebot keine Verpflichtung herleiten, eine Fortsetzung der gerichtlichen Kontrolle nach Erledigung des Eingriffs unabhängig von einem rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Nutzen für den Kläger allein unter dem Gesichtspunkt eines abstrakten Rechtsklärungsinteresses vorzusehen (vgl. die Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro, in: - Rs. C-83/91, Meilicke/ADV/ORGA AG - vom 8. April 1992, Slg. 1992 I-4897 ). Das gilt erst recht, wenn die Maßnahme bereits Gegenstand einer gerichtlichen Hauptsacheentscheidung war und sich erst im Rechtsmittelverfahren erledigt hat.

43

An der Richtigkeit dieser Auslegung des Art. 47 Abs. 1 GRC und des unionsrechtlichen Grundsatzes effektiven Rechtsschutzes bestehen unter Berücksichtigung der zitierten unionsgerichtlichen Rechtsprechung keine ernsthaften Zweifel im Sinne der acte-clair-Doktrin (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. C-283/81, C.I.L.F.I.T. u.a. -, Slg. 1982, S. 3415 ). Die von der Klägerin angeregte Vorlage an den Gerichtshof ist deshalb nach Art. 267 Abs. 3 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) nicht geboten.

44

d) Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich schließlich nicht aus der Präjudizwirkung der beantragten Feststellung für den von der Klägerin angestrebten Staatshaftungsprozess. Auch das Berufungsgericht hat das nicht angenommen. Ein Präjudizinteresse kann nur bestehen, wenn die beabsichtigte Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen nicht offensichtlich aussichtslos ist. Bei der Prüfung dieses Ausschlusskriteriums ist ein strenger Maßstab anzulegen. Die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs im zivilgerichtlichen Haftungsprozess genügt nicht. Offensichtlich aussichtslos ist eine Staatshaftungsklage jedoch, wenn der geltend gemachte Anspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt besteht und dies sich ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängt (Urteile vom 14. Januar 1980 - BVerwG 7 C 92.79 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 95 S. 27, vom 29. April 1992 - BVerwG 4 C 29.90 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 247 S. 90 und vom 8. Dezember 1995 - BVerwG 8 C 37.93 - BVerwGE 100, 83 <92> = Buchholz 454.11 WEG Nr. 7). Der Verwaltungsprozess muss nicht zur Klärung öffentlich-rechtlicher Vorfragen der Staatshaftung fortgeführt werden, wenn der Kläger daraus wegen offenkundigen Fehlens anderer Anspruchsvoraussetzungen keinen Nutzen ziehen könnte. Hier drängt sich schon ohne eine detaillierte Würdigung auf, dass der Klägerin selbst bei Rechtswidrigkeit der Untersagung keine staatshaftungsrechtlichen Ansprüche zustehen.

45

Die Voraussetzungen der Amtshaftung gemäß Art. 34 Satz 1 GG, § 839 BGB oder des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs (zu dessen Herleitung vgl. EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - Rs. C-6/90 und 9/90, Francovich u.a. - Slg. 1991 I-5357 ) liegen ersichtlich nicht vor, ohne dass es insoweit einer ins Einzelne gehenden Prüfung bedürfte. Weitere Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht.

46

aa) Für den Zeitraum vom Erlass der Untersagung bis zum Ergehen der unionsgerichtlichen Urteile zu den deutschen Sportwettenmonopolen (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010 I-8069, - Rs. C-46/08, Carmen Media Group - Slg. 2010 I-8175 und - Rs. C-409/06, Winner Wetten - Slg. 2010 I-8041) scheidet ein Amtshaftungsanspruch aus, weil den Amtswaltern selbst bei Rechtswidrigkeit der zur Begründung der Untersagung herangezogenen Monopolregelung keine schuldhaft fehlerhafte Rechtsanwendung zur Last zu legen ist. Die unionsrechtliche Staatshaftung greift für diesen Zeitraum nicht ein, da ein etwaiger Verstoß gegen das Unionsrecht nicht hinreichend qualifiziert war.

47

(1) Einem Amtswalter ist auch bei fehlerhafter Rechtsanwendung regelmäßig kein Verschulden im Sinne des § 839 BGB vorzuwerfen, wenn seine Amtstätigkeit durch ein mit mehreren rechtskundigen Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht aufgrund einer nicht nur summarischen Prüfung als objektiv rechtmäßig angesehen wird (Urteil vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <105 ff.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32; BGH, Urteil vom 6. Februar 1986 - III ZR 109/84 - BGHZ 97, 97 <107>). Das Verwaltungsgericht hat die angegriffene Untersagungsverfügung im Hauptsacheverfahren - unabhängig von der Wirksamkeit und Anwendbarkeit des Monopols - für rechtmäßig gehalten. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bejahte seinerzeit in ständiger Rechtsprechung die Vereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit höherrangigem Recht sowie die Rechtmäßigkeit darauf gestützter Untersagungen unerlaubter Wettvermittlung (vgl. VGH München, Urteile vom 18. Dezember 2008 - 10 BV 07.558 - ZfWG 2009, 27 und - 10 BV 07.774/775 - juris). Er hat diese Auffassung erst im Hinblick auf die im Herbst 2010 veröffentlichten Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union zu den deutschen Sportwettenmonopolen vom 8. September 2010 (a.a.O.) sowie die daran anknüpfenden Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 2010 (BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 272, - BVerwG 8 C 15.09 - NWVBl 2011, 307 sowie - BVerwG 8 C 13.09 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 273) in einer Eilentscheidung im Frühjahr 2011 aufgegeben (VGH München, Beschluss vom 21. März 2011 - 10 AS 10.2499 - ZfWG 2011, 197 = juris Rn. 24 ff.). Die Orientierung an der berufungsgerichtlichen Rechtsprechung kann den Amtswaltern auch nicht etwa vorgeworfen werden, weil die kollegialgerichtlichen Entscheidungen bis Ende 2010 - für sie erkennbar - von einer schon im Ansatzpunkt völlig verfehlten rechtlichen Betrachtung ausgegangen wären (zu diesem Kriterium vgl. BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 a.a.O. S. 106 f.). Hinreichend geklärt war ein etwaiger Verstoß gegen unionsrechtliche Vorgaben jedenfalls nicht vor Ergehen der zitierten unionsgerichtlichen Entscheidungen (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2012 - III ZR 196/11 - EuZW 2013, 194 ), die durch die nachfolgenden Urteile des Senats in Bezug auf das bayerische Monopol konkretisiert wurden. Der Gerichtshof stellte seinerzeit erstmals klar, dass die Verhältnismäßigkeit im unionsrechtlichen Sinn nicht nur eine kohärente Ausgestaltung des jeweiligen Monopolbereichs selbst, sondern darüber hinaus eine Kohärenz auch zwischen den Regelungen verschiedener Glücksspielsektoren fordert. Außerdem präzisierte er die Grenzen zulässiger, nicht auf Expansion gerichteter Werbung für die besonders umstrittene Imagewerbung.

48

(2) Im Zeitraum bis zum Herbst 2010 fehlt es auch an einem hinreichend qualifizierten Rechtsverstoß, wie er für die unionsrechtliche Staatshaftung erforderlich ist. Diese setzt eine erhebliche und gleichzeitig offenkundige Verletzung des Unionsrechts voraus. Maßgeblich dafür sind unter anderem das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift, der Umfang des durch sie belassenen Ermessensspielraums und die Frage, ob Vorsatz bezüglich des Rechtsbruchs oder des Zufügens des Schadens vorlag, sowie schließlich, ob ein Rechtsirrtum entschuldbar war (EuGH, Urteil vom 5. März 1996 - Rs. C-46 und 48/93, Brasserie du Pêcheur und Factortame - Slg. 1996 I-1029 ). Nach diesen Kriterien kann zumindest bis zu den zitierten Entscheidungen des Gerichtshofs von einer offenkundigen erheblichen Verletzung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit durch die Monopolregelung nicht die Rede sein. Mangels Harmonisierung des Glücksspielbereichs stand den Mitgliedstaaten ein weites Regelungsermessen zur Verfügung. Seine durch die Grundfreiheiten gezogenen Grenzen waren jedenfalls bis zur unionsgerichtlichen Konkretisierung der intersektoralen Kohärenz nicht so genau und klar bestimmt, dass ein etwaiger Rechtsirrtum unentschuldbar gewesen wäre.

49

bb) Für den anschließenden Zeitraum bis zur endgültigen Erledigung der angegriffenen Untersagung am 30. Juni 2012 bedarf es keiner Prüfung, ob eine schuldhaft fehlerhafte Rechtsanwendung der Behörden oder ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen das Unionsrecht zu bejahen ist. Jedenfalls fehlt offensichtlich die erforderliche Kausalität zwischen einer etwaigen Rechtsverletzung und dem möglicherweise geltend zu machenden Schaden. Das ergibt sich schon aus den allgemeinen Grundsätzen zur Kausalität von fehlerhaften Ermessensentscheidungen für einen etwaigen Schaden.

50

(1) Die Amtshaftung setzt gemäß § 839 BGB voraus, dass der Schaden durch das schuldhaft rechtswidrige Handeln des Amtsträgers verursacht wurde. Bei Ermessensentscheidungen ist das zu verneinen, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch bei fehlerfreier Rechtsanwendung dieselbe zum Schaden führende Entscheidung getroffen worden wäre (BGH, Beschlüsse vom 21. Januar 1982 - III ZR 37/81 - VersR 1982, 275 und vom 30. Mai 1985 - III ZR 198/84 - VersR 1985, 887 f.; Vinke, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Bd. 12, Stand: Sommer 2005, § 839 Rn. 176, zur Unterscheidung von der Figur rechtmäßigen Alternativverhaltens vgl. ebd. Rn. 178).

51

Die unionsrechtliche Staatshaftung greift nur bei einem unmittelbaren Kausalzusammenhang zwischen der hinreichend qualifizierten Unionsrechtsverletzung und dem Schaden ein. Diese unionsrechtlich vorgegebene Haftungsvoraussetzung ist im mitgliedstaatlichen Recht umzusetzen (EuGH, Urteil vom 5. März 1996 a.a.O. ). Sie ist erfüllt, wenn ein unmittelbarer ursächlicher und adäquater Zusammenhang zwischen dem hinreichend qualifizierten Unionsrechtsverstoß und dem Schaden besteht (BGH, Urteil vom 24. Oktober 1996 - III ZR 127/91 - BGHZ 134, 30 <39 f.>; Papier, in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2009, § 839 Rn. 101). Bei Ermessensentscheidungen ist dieser Kausalzusammenhang nicht anders zu beurteilen als in den Fällen der Amtshaftung. Er fehlt, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Schaden auch bei rechtsfehlerfreier Ermessensausübung eingetreten wäre.

52

Nach beiden Anspruchsgrundlagen käme daher eine Haftung nur in Betracht, wenn feststünde, dass der Schaden bei rechtmäßiger Ermessensausübung vermieden worden wäre. Das ist für den noch offenen Zeitraum vom Herbst 2010 bis zum 30. Juni 2012 offenkundig zu verneinen. In dieser Zeit war eine Untersagung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV zur Durchsetzung des glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalts nach § 4 Abs. 1 GlüStV ermessensfehlerfrei gemäß Art. 40 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) möglich. Es steht auch nicht fest, dass die Beklagte in Kenntnis dieser Befugnis von einer Untersagung abgesehen hätte.

53

(2) Der Erlaubnisvorbehalt selbst war unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Sportwettenmonopols verfassungskonform (BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 ; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 13.09 - a.a.O. Rn. 73, 77 ff.) und verstieß auch nicht gegen Unionsrecht. Er diente nicht allein dem Schutz des Monopols, sondern auch unabhängig davon den verfassungs- wie unionsrechtlich legitimen Zielen des Jugend- und Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung. Das in Art. 2 des Bayerischen Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (BayAGGlüStV) näher geregelte Erlaubnisverfahren ermöglichte die präventive Prüfung, ob unter anderem die für die Tätigkeit erforderliche persönliche Zuverlässigkeit vorlag (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayAGGlüStV) und die in Art. 2 Abs. 1 BayAGGlüStV in Bezug genommenen Anforderungen des Jugend- und Spielerschutzes nach §§ 4 ff. GlüStV sowie die besonderen Regelungen der gewerblichen Vermittlung und des Vertriebs von Sportwetten nach §§ 19, 21 GlüStV beachtet wurden. Diese gesetzlichen Anforderungen waren im Hinblick auf das damit verfolgte Ziel verhältnismäßig und angemessen (Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 13.09 - a.a.O. Rn. 80 f., 83). Darüber hinaus waren sie hinreichend bestimmt, transparent und nicht diskriminierend. Gegen etwa rechtswidrige Ablehnungsentscheidungen standen wirksame Rechtsbehelfe zur Verfügung (zu diesen Anforderungen vgl. EuGH, Urteile vom 9. September 2010 - Rs. C-64/08, Engelmann - Slg. 2010 I-8219 , vom 19. Juli 2012 - Rs. C-470/11, SIA Garkalns - NVwZ 2012, 1162 sowie vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 und C-209/11, Stanleybet Int. Ltd. u.a. - ZfWG 2013, 95 ).

54

(3) Weil die Klägerin nicht über die erforderliche Erlaubnis für die Veranstaltung und die Vermittlung der von ihr vertriebenen Sportwetten verfügte, war der Tatbestand der Untersagungsermächtigung offenkundig erfüllt. Art. 40 BayVwVfG ließ auch eine Ermessensausübung im Sinne einer Untersagung zu. Sie entsprach dem Zweck der Norm, da die Untersagungsermächtigung dazu diente, die vorherige behördliche Prüfung der Erlaubnisfähigkeit der beabsichtigten Gewerbetätigkeit zu sichern und damit die mit einer unerlaubten Tätigkeit verbundenen Gefahren abzuwehren. Die Rechtsgrenzen des Ermessens schlossen ein Verbot ebenfalls nicht aus. Insbesondere verpflichtete das Verhältnismäßigkeitsgebot die Beklagte nicht, von einer Untersagung abzusehen und die formell illegale Tätigkeit zu dulden. Das wäre nur anzunehmen, wenn die formell illegale Tätigkeit die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen - mit Ausnahme der möglicherweise rechtswidrigen Monopolvorschriften - erfüllte und dies für die Untersagungsbehörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung offensichtlich, d.h. ohne weitere Prüfung erkennbar war. Dann war die Untersagung nicht mehr zur Gefahrenabwehr erforderlich. Verbleibende Unklarheiten oder Zweifel an der Erfüllung der nicht monopolabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen rechtfertigten dagegen ein Einschreiten. In diesem Fall war die Untersagung notwendig, die Klärung im Erlaubnisverfahren zu sichern und zu verhindern, dass durch die unerlaubte Tätigkeit vollendete Tatsachen geschaffen und ungeprüfte Gefahren verwirklicht wurden.

55

Aus dem Urteil des Senats vom 1. Juni 2011 (BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 55; vgl. die Parallelentscheidungen vom selben Tag - BVerwG 8 C 4.10 - ZfWG 2011, 341 und Urteile vom 11. Juli 2011 - BVerwG 8 C 11.10 und BVerwG BVerwG 8 C 12.10 - je juris Rn. 53) ergibt sich nichts anderes. Die dortige Formulierung, der Erlaubnisvorbehalt rechtfertige eine vollständige Untersagung nur bei Fehlen der Erlaubnisfähigkeit, mag Anlass zu Missverständnissen gegeben haben. Sie ist aber nicht als Verschärfung der Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit präventiver Untersagungen zu verstehen und behauptet keine Pflicht der Behörde, eine unerlaubte Tätigkeit bis zur Klärung ihrer Erlaubnisfähigkeit zu dulden. Das ergibt sich schon aus dem Zusammenhang der zitierten Formulierung mit der unmittelbar daran anschließenden Erwägung, bei Zweifeln hinsichtlich der Beachtung von Vorschriften über die Art und Weise der Gewerbetätigkeit kämen zunächst Nebenbestimmungen in Betracht. Dies beschränkt die Durchsetzbarkeit des glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalts nicht auf Fälle, in denen bereits feststeht, dass die materielle Erlaubnisfähigkeit endgültig und unbehebbar fehlt. Hervorgehoben wird nur, dass eine vollständige Untersagung unverhältnismäßig ist, wenn Nebenbestimmungen ausreichen, die Legalität einer im Übrigen offensichtlich erlaubnisfähigen Tätigkeit zu sichern. Das setzt zum einen den Nachweis der Erlaubnisfähigkeit im Übrigen und zum anderen einen Erlaubnisantrag voraus, da Nebenbestimmungen sonst nicht erlassen werden können. Solange nicht offensichtlich ist, dass die materielle Legalität vorliegt oder jedenfalls allein mit Nebenbestimmungen gesichert werden kann, bleibt die Untersagung zur Gefahrenabwehr erforderlich. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem vom Verwaltungsgerichtshof angeführten Urteil vom 24. November 2010 (BVerwG 8 C 13.09 a.a.O. ). Es erkennt eine Reduzierung des Untersagungsermessens zulasten des Betroffenen an, wenn feststeht, dass dessen unerlaubte Tätigkeit wesentliche Erlaubnisvoraussetzungen nicht erfüllt. Damit bietet es jedoch keine Grundlage für den - unzulässigen - Umkehrschluss, nur in diesem Fall sei eine Untersagung verhältnismäßig.

56

Die unionsgerichtliche Rechtsprechung, nach der gegen den Betroffenen keine strafrechtlichen Sanktionen wegen des Fehlens einer unionsrechtswidrig vorenthaltenen oder verweigerten Erlaubnis verhängt werden dürfen (EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04, Placanica u.a. - Slg. 2007 I-1932 sowie vom 16. Februar 2002 - Rs. C-72/10 und C-77/10, Costa und Cifone - EuZW 2012 275 ), schließt eine ordnungsrechtliche präventive Untersagung bis zur Klärung der - monopolunabhängigen - Erlaubnisfähigkeit ebenfalls nicht aus. Insbesondere verlangt das Unionsrecht selbst bei Rechtswidrigkeit des Monopols keine - und erst recht keine sofortige - Öffnung des Markts für alle Anbieter ohne jede präventive Kontrolle. Vielmehr steht es dem Mitgliedstaat in einer solchen Situation frei, das Monopol zu reformieren oder sich für eine Liberalisierung des Marktzugangs zu entscheiden. In der Zwischenzeit ist er lediglich verpflichtet, Erlaubnisanträge privater Anbieter nach unionsrechtskonformen Maßstäben zu prüfen und zu bescheiden (EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 u. a., Stanleybet Int. Ltd. u.a. - a.a.O. ). Einen Anspruch auf Duldung einer unerlaubten Tätigkeit vermittelt das Unionsrecht auch bei Unanwendbarkeit der Monopolregelung nicht.

57

Keiner näheren Prüfung bedarf die Verhältnismäßigkeit der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts für den Fall, dass die Betroffenen keine Möglichkeit hatten, eine Erlaubnis zu erlangen. Der Freistaat Bayern hat nämlich die Entscheidungen des Gerichtshofs vom 8. September 2010 zum Anlass genommen, das Erlaubnisverfahren nach Art. 2 BayAGGlüStV für private Anbieter und die Vermittler an diese zu öffnen. Entgegen der Auffassung der Klägerin bot diese Regelung in Verbindung mit den Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung eines Erlaubnisverfahrens. Die Zuständigkeit der Regierung der Oberpfalz ergab sich aus Art. 2 Abs. 4 Nr. 3 BayAGGlüStV. Der möglichen Rechtswidrigkeit des Sportwettenmonopols war durch Nichtanwenden der Monopol- und monopolakzessorischen Regelungen Rechnung zu tragen. Die gesetzlich normierten materiell-rechtlichen Anforderungen an das Wettangebot und dessen Vermittlung ließen sich entsprechend auf das Angebot privater Wettunternehmer und dessen Vertrieb anwenden. Einzelheiten, etwa die Richtigkeit der Konkretisierung einer solchen entsprechenden Anwendung in den im Termin zur mündlichen Verhandlung angesprochenen, im Verfahren BVerwG 8 C 15.12 vorgelegten Checklisten sowie die Frage, ob und in welcher Weise private Anbieter in das bestehende Spielersperrsystem einzubeziehen waren, müssen hier nicht erörtert werden. Aus verfassungs- und unionsrechtlicher Sicht genügt es, dass eine grundrechts- und grundfreiheitskonforme Anwendung der Vorschriften mit der Folge einer Erlaubniserteilung an private Anbieter und deren Vermittler möglich war und dass diesen gegen etwa rechtsfehlerhafte Ablehnungsentscheidungen effektiver gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung stand. Der vom Berufungsgericht hervorgehobene Umstand, eine Erlaubniserteilung sei bisher nicht bekannt geworden, ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zwangsläufig auf systematische Rechtsverstöße zurückzuführen. Er kann sich auch daraus ergeben haben, dass in den zur Kenntnis des Berufungsgerichts gelangten Fällen mindestens eine wesentliche und auch nicht durch Nebenbestimmungen zu sichernde Erlaubnisvoraussetzung fehlte.

58

(4) Im vorliegenden Falle war die materielle Erlaubnisfähigkeit der unerlaubten Tätigkeit für die Behörde der Beklagten im Zeitpunkt ihrer Entscheidung nicht offensichtlich. Vielmehr war für sie nicht erkennbar, inwieweit die gewerbliche Sportwettenvermittlung der Klägerin den ordnungsrechtlichen Anforderungen insbesondere des Jugend- und des Spielerschutzes genügte. Die Klägerin hatte dazu keine aussagekräftigen Unterlagen vorgelegt, sondern meinte, ihre unerlaubte Tätigkeit müsse aus unionsrechtlichen Gründen hingenommen werden.

59

Nach der Verwaltungspraxis der Beklagten ist auch nicht festzustellen, dass diese die unerlaubte Tätigkeit in Kenntnis der Möglichkeit einer rechtsfehlerfreien Untersagung geduldet hätte.

60

cc) Weitere Anspruchsgrundlagen für eine Staatshaftung kommen nicht in Betracht. Eine über die Amtshaftung und den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch hinausgehende Haftung für eine rechtswidrige Inanspruchnahme als Störer sieht das bayerische Landesrecht nicht vor (vgl. Art. 70 ff. des Polizeiaufgabengesetzes - BayPAG).

61

e) Andere Umstände, aus denen sich ein berechtigtes Feststellungsinteresse der Klägerin ergeben könnte, sind nicht erkennbar.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen das Verbot, in den Räumen eines Sportvereins Sportwetten an einen privaten Wettanbieter zu vermitteln.

2

Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger und Mitglied des Türkischen Sportvereins (T.S.V.) G. in N. In dessen Vereinsheim vermittelte er Sportwetten von Vereinsmitgliedern an die Firma H. GmbH mit Sitz in K. Diese verfügt über eine Lizenz nach Kärntner Landesrecht.

3

Im März 2006 begehrte der Kläger von der Beklagten festzustellen, dass seine Vermittlungstätigkeit keiner Erlaubnis bedürfe. Hilfsweise beantragte er die Erteilung einer Erlaubnis. Nach Anhörung untersagte die Beklagte ihm mit Bescheid vom 12. Juli 2006 die Vermittlung von Sportwetten im - damaligen - Vereinslokal des T.S.V. G. in der V. straße 12 in N. und verpflichtete ihn, den Betrieb bis zum 27. Juli 2006 einzustellen. Die dagegen erhobene Klage hat das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 30. Januar 2007 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Im Berufungsverfahren hat der Kläger mitgeteilt, das Vereinsheim des T.S.V. G. sei inzwischen in die F. Straße 324 in N. umgezogen, und sein Begehren entsprechend angepasst.

4

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 18. Dezember 2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, bei der Untersagungsverfügung handele es sich um einen Dauerverwaltungsakt, der sowohl nach der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Rechtslage als auch nach dem zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) rechtmäßig sei. Die Untersagung finde ihre Rechtsgrundlage nunmehr in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV. Wegen des staatlichen Veranstaltungsmonopols für Sportwetten nach § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV, des Erlaubnisvorbehalts für die private Wettvermittlung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV und wegen der Beschränkung der zulässigen Vermittlung auf die Angebote des Monopolträgers nach § 4 Abs. 2 Satz 2 GlüStV sei die Vermittlungstätigkeit des Klägers nicht erlaubnisfähig.

5

Das staatliche Sportwettenmonopol nach dem GlüStV verletze weder die Verfassung noch unionsrechtliche Grundfreiheiten.

6

Für die verfassungsrechtliche Beurteilung könne offen bleiben, ob der persönliche Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG oder der des Art. 2 Abs. 1 GG eröffnet sei. Selbst ein etwaiger Eingriff in die Berufswahlfreiheit sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Nach § 1 GlüStV diene das Wettmonopol legitimen Zielen. Insbesondere die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht könne als überragend wichtiges Gemeinwohlziel selbst den mit der Errichtung des Monopols verbundenen schwerwiegenden Eingriff in die Berufswahlfreiheit rechtfertigen. Das Veranstaltungsmonopol sei geeignet und erforderlich, das Ziel der Suchtbekämpfung zu verwirklichen. Der Gesetzgeber habe im Rahmen seines Prognosespielraums davon ausgehen dürfen, dass jede Öffnung des Wettmarktes eine Ausweitung des Sportwettenangebots und ein Zunehmen der Suchtgefahr bewirken würde. Seine Einschätzung, das Monopolsystem gewährleiste eine effektivere Kontrolle als Konzessionssysteme, sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Grundrechtseingriff sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Ausgestaltung des Sportwettenmonopols entspreche den Vorgaben der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung. Sie sei in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht konsequent an den verfolgten legitimen Zielen ausgerichtet, insbesondere an den Zielen der Suchtbekämpfung, des Spielerschutzes, des Jugend- und Verbraucherschutzes und des Schutzes vor Folge- und Begleitkriminalität. Das Gebot der Suchtbekämpfung habe nachhaltigen Niederschlag in zahlreichen - im Berufungsurteil aufgezählten - Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages gefunden. Eine unzulässige Ausrichtung an fiskalischen Interessen ließen weder der Normtext noch die Gesetzesbegründung oder die tatsächliche Ausgestaltung des Monopols erkennen.

7

§ 21 GlüStV treffe ausreichende Regelungen hinsichtlich der Art und des Inhalts der Wettangebote, indem er nur Ergebniswetten zulasse. Der Glücksspielstaatsvertrag schränke auch den Wettvertrieb erheblich ein und gestalte ihn entsprechend den gesetzlichen Schutzzielen aus. Er verbiete den Internet-, Fernseh- und Telefon- oder SMS-Vertrieb ebenso wie Live-Wetten. Darüber hinaus verlange er eine strikte Trennung des Vertriebs von Sportorganisationen, -einrichtungen und -ereignissen. Die bereits reduzierte Zahl der Annahmestellen müsse nach dem Ausführungsgesetz zum GlüStV bis Ende 2011 weiter auf 3 700 vermindert werden. Zur völligen Aufgabe des Verbundvertriebs sei der Monopolträger verfassungsrechtlich nicht verpflichtet. Ohne kundennahe Annahmestellen könne das gesetzliche Ziel, den natürlichen Spieltrieb in geordnete Bahnen zu lenken und eine weitere Verlagerung des Wettgeschehens in den illegalen Bereich zu verhindern, nicht erreicht werden. Den Zielen der Suchtbekämpfung, des Spieler- und des Jugendschutzes trage die Ausgestaltung des Vertriebs über die Annahmestellen in Verbindung mit aktiven Präventionsmaßnahmen ausreichend Rechnung. Im Gegensatz zu Wettbüros lüden Lotto-Annahmestellen nicht zum Verweilen ein und seien nicht von einer suchtfördernden Wettatmosphäre geprägt. Da die Glücksspielvermittlung in den Annahmestellen regelmäßig nur als Nebengeschäft betrieben werde, fehle dort ein Anreiz, diesen Bereich auszubauen. Die Einführung einer nur auf Vorlage eines Lichtbildausweises auszustellenden Kundenkarte, das funktionierende Sperrsystem und die in der Praxis auch in Anspruch genommene Möglichkeit der Selbstsperre genügten, den Jugend- und den Spielerschutz sowie die Suchtbekämpfung auch im Verbundvertrieb zu gewährleisten. Verfassungsrechtlich sei nicht geboten, Jugendlichen bereits den Zutritt zu den Annahmestellen der staatlichen Lotteriegesellschaften zu untersagen. Die Werbung für Glücksspiele sei ebenfalls den gesetzlichen Zielen entsprechend beschränkt worden. Allerdings könne Werbung schon begrifflich nicht auf reine Sachinformation ohne Anreiz reduziert werden. Auch das Ziel, den Spieltrieb in geordnete Bahnen zu lenken, lasse sich ohne Werbung nur unzureichend erfüllen. Deshalb sei eine zur sachlichen Botschaft hinzutretende werbetypische Umrahmung zulässig, soweit sie nicht gezielt zum Wetten anreize und das Wetten nicht verharmlose. Die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben könne wegen der Erlaubnispflicht für Vermittler auch im Verbundvertrieb sichergestellt werden. Zwar lasse die von den Klägerbevollmächtigten vorgelegte "Mystery Shopping Studie" Zweifel an einer strikten Einhaltung der Schutzvorschriften aufkommen. Einzelne Vollzugsdefizite belegten jedoch noch kein normativ-strukturelles, die Verfassungsmäßigkeit der Regelung ausschließendes Defizit. Unsanktionierte systematische Durchbrechungen der rechtlichen Vorgaben seien nicht festzustellen. Der Monopolträger und die Aufsichtsbehörden nähmen eigene Kontrollen vor und ahndeten festgestellte Verstöße effektiv. Die Ressortverschiedenheit der Staatlichen Lotterieverwaltung und der Glücksspielaufsicht gewährleiste eine ausreichende Distanz der Aufsichtsbehörden zu den fiskalischen Interessen des Staates.

8

Die unionsrechtliche Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49, 56 AEUV seien ebenfalls nicht verletzt. Die Beschränkung dieser Grundfreiheiten durch das staatliche Sportwettenmonopol werde durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt und sei verhältnismäßig.

9

Der Gesetzgeber habe von einer Suchtgefahr ausgehen und handeln dürfen, obwohl noch keine umfassenden wissenschaftlichen Forschungsergebnisse dazu vorgelegen hätten. Es genüge, dass der aktuelle Erkenntnisstand berücksichtigt und eine begleitende Forschung und Evaluierung sichergestellt worden sei. Erkenntnisse aus dem Ausland widerlegten die Gefahrenprognose des Gesetzgebers nicht, da sie nicht ohne Weiteres auf die Bundesrepublik Deutschland übertragen werden könnten. Das Sportwettenmonopol sei auch geeignet, durch systematische und kohärente Begrenzung des Wettangebots zur Suchtbekämpfung und zur Kanalisierung der Spielleidenschaft beizutragen. Schwierigkeiten, den illegalen Markt einzudämmen, schlössen die Eignung nicht aus. Für die Kohärenz der Monopolregelung sei nur auf den von ihr erfassten Sektor abzustellen, nicht auf den gesamten Glücksspielbereich. Wegen der föderalen Struktur der Bundesrepublik genüge außerdem eine auf das konkrete Bundesland bezogene Prüfung. Das Kohärenzerfordernis verpflichte den Gesetzgeber nicht, jeden Wertungswiderspruch auch im Detail zu vermeiden. Es werde nur bei einem krassen Missverhältnis von Regelungsziel und Ausgestaltung verfehlt. Bundeslandspezifische Besonderheiten wie die verbliebenen DDR-Erlaubnisse und die Zulassung eines privaten Monopolträgers in Rheinland-Pfalz führten nicht zur Inkohärenz, weil sie absehbar ausliefen.

10

Eine Diskriminierung sei mit dem staatlichen Sportwettenmonopol nicht verbunden. Auch ein Verstoß gegen das europäische Wettbewerbsrecht liege nicht vor.

11

Weitere Sachaufklärung sei nicht erforderlich. Die nur hilfsweise gestellten Beweisanträge des Klägers, die nicht sämtlich den formalen Voraussetzungen gerecht würden, beträfen erwiesene oder als wahr unterstellte Tatsachen. Im Übrigen seien sie nicht entscheidungserheblich oder dem Beweis nicht zugänglich.

12

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof - beschränkt - hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung ab Inkrafttreten des GlüStV am 1. Januar 2008 zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 284 Abs. 2 StGB, des Art. 12 Abs. 1 GG sowie der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1 AEUV.

13

§ 284 Abs. 2 StGB verbiete nur Glücksspiele unter Vereinsmitgliedern, nicht die Vermittlung von Wetten zwischen Mitgliedern und einem Dritten. Das staatliche Sportwettenmonopol verletze die Berufsfreiheit. Die gesetzliche Regelung der Art und des Zuschnitts des staatlichen Wettangebots genüge nicht den Anforderungen des Parlamentsvorbehalts. Das Sportwettenmonopol schränke die Berufswahlfreiheit unverhältnismäßig ein. Die Ziele der Suchtbekämpfung und des Spieler- und Jugendschutzes könnten ebenso bei einer beschränkten Marktöffnung erreicht werden. Zudem sei das Monopol weder rechtlich noch tatsächlich konsequent an den verfolgten Zielen ausgerichtet. Der Verbundvertrieb über Annahmestellen widerspreche ihnen ebenso wie die Werbung des staatlichen Monopolanbieters. Unzulässig sei jede den Wettentschluss fördernde Werbung, nicht nur der gezielte Anreiz zum Wetten. Dem werde die berufungsgerichtliche Auslegung des § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV nicht gerecht. Die gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen zum Spieler- und Jugendschutz seien unzureichend und würden nicht konsequent umgesetzt.

14

Der Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1 AEUV ergebe sich aus der Inkohärenz der Monopolregelung. Erforderlich sei nicht nur eine Kohärenz im von der Monopolregelung betroffenen Sektor, sondern eine Gesamtkohärenz sämtlicher Regelungen im Glücksspielbereich. Die föderale Zuständigkeitsverteilung könne dem nicht entgegengehalten werden. Maßgebend sei auch nicht allein die normativ-strukturelle Ausgestaltung des Monopols, sondern ebenso dessen tatsächliche Umsetzung. Danach sei das Sportwettenmonopol mangels bundesweiter konsequenter Ausrichtung der Glücksspielpolitik am Ziel der Suchtbekämpfung unionsrechtswidrig. Zur weiteren Klärung der Voraussetzungen der Inkohärenz und zur Vereinbarkeit von § 4 Abs. 1 und § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV mit dem Unionsrecht bittet der Kläger, dem Gerichtshof der Europäischen Union drei Fragen vorzulegen, für deren Formulierung auf die Sitzungsniederschrift verwiesen wird.

15

Er meint, die Unvereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit der Dienstleistungsfreiheit schließe auch eine Anwendung des Erlaubnisvorbehalts für die Vermittlung von Sportwetten an Wettunternehmen in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union aus. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger ergänzend vorgetragen, die Unzulässigkeit seiner Vermittlungstätigkeit folge auch nicht aus § 21 Abs. 2 GlüStV. Diese Vorschrift verbiete nur das Vermitteln von Wetten in Sporteinrichtungen, deren Veranstaltungen Gegenstand der Wetten seien.

16

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung der Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 30. Januar 2007 und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Dezember 2008 die Untersagungsverfügung der Beklagten vom 12. Juli 2006 mit Wirkung vom 1. Januar 2008 aufzuheben.

17

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

18

Sie verteidigt das angegriffene Urteil.

19

Die Beteiligte unterstützt das Vorbringen der Beklagten, ohne einen eigenen Antrag zu stellen.

Entscheidungsgründe

20

Die zulässige Revision ist unbegründet. Zwar beruht das angegriffene Urteil auf einer unzutreffenden Anwendung des Art. 12 Abs. 1 GG und der Art. 49 und 56 AEUV, soweit es davon ausgeht, diese Vorschriften ließen eine Werbung des Monopolanbieters mit der gemeinnützigen Verwendung von Wetteinnahmen zu. Darüber hinaus stützt es sich auf die fehlerhafte Annahme, Art. 49 und 56 AEUV verlangten eine Kohärenz der Monopolregelung nur im betroffenen Glücksspielsektor und im jeweiligen Bundesland. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich aber aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 137 Abs. 1, § 144 Abs. 4 VwGO).

21

Revisionsrechtlich ist nicht zu beanstanden, dass der Verwaltungsgerichtshof die Untersagung der weiteren Sportwettenvermittlung als zukunftsbezogenen Dauerverwaltungsakt eingeordnet und die Anfechtungsklage für statthaft gehalten hat. Er musste auch nicht annehmen, das Verbot habe sich mit dem Auszug des T.S.V. G. aus dem im Bescheid genannten Anwesen V. straße 12 in N. erledigt. Vielmehr durfte er davon ausgehen, dass sich die Untersagungsverfügung auch auf die Wettannahme im neuen Vereinsheim in der F. Straße 324 erstreckte. Insoweit ist entsprechend §§ 133, 157 BGB auf den Empfängerhorizont abzustellen. Danach zielte die Untersagungsverfügung erkennbar darauf ab, das Betreiben einer Wettannahmestelle im Vereinsheim grundsätzlich und unabhängig von einem möglichen Ortswechsel zu untersagen. Die Angabe der Anschrift diente nur der individualisierenden Umschreibung des untersagten Betriebs im Hinblick auf die gleichzeitig eingeleitete Verwaltungsvollstreckung. Wie sich aus der Anpassung des Klagebegehrens im Berufungsverfahren ergibt, ging auch der Kläger davon aus, das Verbot gelte seit dem Umzug des Vereins am 8. Mai 2007 für das neue Vereinslokal fort.

22

Die Annahme des Berufungsgerichts, die angefochtene Untersagungsverfügung sei hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Zeitraums ab dem 1. Januar 2008 verfassungs- und unionsrechtskonform, beruht jedoch auf einer unzutreffenden Anwendung revisiblen Rechts. Dabei ist auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats abzustellen. Der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ist bei der Anfechtungsklage nur maßgeblich, soweit sich aus dem materiellen Recht nichts anderes ergibt. Da die hier einschlägigen materiell-rechtlichen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages und des landesrechtlichen Ausführungsgesetzes irrevisibel sind, obliegt diese Beurteilung dem Berufungsgericht. An dessen Annahme, die glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung müsse sich nach der jeweils aktuellen Rechtslage als rechtmäßig erweisen, ist der Senat gebunden (vgl. Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 6 C 19.06 - BVerwGE 126, 149 Rn. 33 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 264).

23

Nach § 137 Abs. 1 i.V.m. § 173 VwGO, § 560 ZPO ist der revisionsrechtlichen Beurteilung die berufungsgerichtliche Auslegung und Anwendung des irrevisiblen Glücksspielstaatsvertrages und des dazu erlassenen bayerischen Ausführungsgesetzes vom 20. Dezember 2007 zugrunde zu legen. Der Senat hat nur zu überprüfen, ob diese mit dem revisiblen Recht in Einklang stehen.

24

Danach ist davon auszugehen, dass § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV seit dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Januar 2008 die Rechtsgrundlage der streitigen Untersagungsverfügung bildet, und dass die vom Kläger vermittelten Sportwetten nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV als Glücksspiele einzuordnen sind, die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 AGGlüStV im Freistaat Bayern nur mit Erlaubnis der bayerischen Behörden veranstaltet und vermittelt werden dürfen. Die Erteilung dieser Erlaubnis ist nach der den Senat bindenden berufungsgerichtlichen Auslegung des § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV ausgeschlossen, weil danach nur Wettangebote des staatlichen Monopolträgers vermittelt werden dürfen.

25

Zu Unrecht rügt die Revision einen Verstoß gegen § 284 Abs. 2 StGB. Diese Bestimmung ist im Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich. Der Verwaltungsgerichtshof hat sie nur zur Rechtfertigung der Untersagungsverfügung für die Zeit der Geltung des Lotteriestaatsvertrages bis zum 31. Dezember 2007 herangezogen. Für den im Revisionsverfahren noch streitigen Zeitraum seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Januar 2008 hat er auf dessen Regelungen abgestellt.

26

Seine Annahme, das der Einschränkung der Vermittlungstätigkeit zugrunde liegende staatliche Sportwettenmonopol nach dem Glücksspielstaatsvertrag sei mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, ist revisionsrechtlich jedoch nicht fehlerfrei. Sie beruht auf einer unzutreffenden Konkretisierung der Anforderungen, die das Gebot der Verhältnismäßigkeit an Eingriffe in die Berufswahlfreiheit stellt.

27

Das staatliche Sportwettenmonopol schränkt die Berufswahlfreiheit ein, weil es alle Grundrechtsträger von der gewerblichen Veranstaltung von Sportwetten außerhalb des Pferdesports ausschließt.

28

Dieser Eingriff ist vom Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 GG nur gedeckt, wenn eine formell-gesetzliche, kompetenzgerechte Regelung besteht, die durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Eingriffsintensität Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls legitimiert und verhältnismäßig ist (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <303 f.>; Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 <1340 Rn. 24>).

29

Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof angenommen, dass die Errichtung des staatlichen Sportwettenmonopols im Freistaat Bayern durch das Zustimmungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag vom 27. November 2007 und das Ausführungsgesetz vom 20. Dezember 2007 von der Landesgesetzgebungskompetenz nach Art. 70 Abs. 1, Art. 72 Abs. 1 GG gedeckt sind. Der Bund hat von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das Recht der Wirtschaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) im Bereich der Sportwetten jedenfalls nicht abschließend Gebrauch gemacht (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 304; Kammerbeschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - NVwZ 2009, 1221 <1222 Rn. 14>). Das Rennwett- und Lotteriegesetz vom 8. April 1922 (RGBl I S. 335, 393), das nach Art. 125 Nr. 1 GG als Bundesrecht fortgilt, regelt nicht die vom Glücksspielstaatsvertrag erfassten Sportwetten außerhalb des Pferdesports.

30

Der Einwand der Revision, die gesetzlichen Vorgaben für die Wahrnehmung des Monopols genügten nicht dem verfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt, trifft nicht zu. Dieser verlangt nur, dass der demokratisch legitimierte Gesetzgeber die für die Grundrechtsausübung wesentlichen Regelungen selbst trifft und nicht der Exekutive überlässt (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1998 - 1 BvR 1640/97 - BVerfGE 98, 218 <251 f.>; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl. 2009, Art. 20 Rn. 47). Die für die Ausübung der Berufsfreiheit wesentlichen Regelungen werden im Sportwettenbereich durch § 4 Abs. 1 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 bis 4 AGGlüStV und § 10 Abs. 1, 2 und 5 GlüStV getroffen. Diese Vorschriften schließen die Grundrechtsträger von der Veranstaltung solcher Wetten aus und bestimmen die Voraussetzungen, unter denen eine Vermittlungserlaubnis erteilt werden kann. Das dabei eingeräumte Ermessen ist nach § 4 Abs. 2 Satz 1 GlüStV, Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV an die in § 1 GlüStV im Einzelnen normierten Ziele des Glücksspielstaatsvertrages gebunden. Die vom Kläger für unzureichend gehaltenen Bestimmungen über Art und Zuschnitt zulässiger Sportwetten und die Vorgaben für deren Vermarktung betreffen nicht die dem Parlamentsvorbehalt unterworfene Regelung der Grundrechtsausübung privater Sportwettenanbieter oder -vermittler. Sie regeln nur das Angebot der nicht grundrechtsfähigen staatlichen oder staatlich beherrschten Monopolträger.

31

Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die gesetzliche Regelung des Sportwettenmonopols verfassungsrechtlich legitimen Zwecken dient sowie geeignet und erforderlich ist, diese zu verwirklichen. Revisionsrechtlich fehlerhaft ist aber seine Annahme, die Regelung sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne.

32

Nach der den Senat bindenden Auslegung des irrevisiblen Landesrechts bezwecken der Glücksspielstaatsvertrag und seine landesgesetzliche Umsetzung, die Spielsucht zu bekämpfen, den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten, den Spieltrieb in geordnete Bahnen zu lenken und die Gefahr des Betrugs sowie sonstiger Folge- und Begleitkriminalität des Wettens abzuwehren (vgl. § 1 GlüStV, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV). In der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung sind die Suchtbekämpfung und -vorbeugung, der Spieler- und Jugendschutz sowie der Schutz vor Folge- und Begleitkriminalität als besonders wichtige Gemeinwohlziele anerkannt, die auch Eingriffe in die Berufswahlfreiheit rechtfertigen können (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 304 ff.). Der Zweck, die Spielleidenschaft zu kanalisieren, ist ebenfalls verfassungsrechtlich legitim, auch wenn nicht alle dazu geeigneten Vertriebsformen gleichzeitig dem Ziel der Suchtbekämpfung durch Angebotsbegrenzung entsprechen. Es genügt, dass eine Ausgestaltung der Sportwetten denkbar ist, die beiden Zielen Rechnung trägt.

33

Die Eignung eines Mittels setzt nur voraus, dass mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Dazu genügt die Möglichkeit der Zweckerreichung. Insoweit steht dem Gesetzgeber ein Einschätzungs- und Prognosevorrang zu. Seine Annahme, eine Marktöffnung werde eine erhebliche Ausweitung von Wettangeboten zur Folge haben und damit einer Ausbreitung der Spielsucht Vorschub leisten, ist davon ebenso gedeckt wie die Annahme, ein Monopol ermögliche eine effizientere Kontrolle als die Überwachung einer Vielzahl von Erlaubnisnehmern. Die von der Revision hervorgehobenen Schwierigkeiten der Durchsetzung des Monopols lassen seine Eignung nicht entfallen (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 308).

34

Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit eines staatlichen Monopols steht dem Gesetzgeber ebenfalls eine Einschätzungsprärogative zu. Deren Grenzen sind erst überschritten, wenn nach den ihm bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisherigen Erfahrungen feststellbar ist, dass alternativ in Betracht kommende Grundrechtsbeschränkungen die gleiche Wirksamkeit versprechen, die Betroffenen aber weniger belasten (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 309). Nach diesen Kriterien musste der Verwaltungsgerichtshof die Annahme des Bayerischen Gesetzgebers, das Wettmonopol sei erforderlich, verfassungsrechtlich nicht beanstanden. Er hatte auch nicht zu klären, ob die Ziele des Verbraucherschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung ebenso wirksam durch weniger einschneidende Mittel zu verfolgen gewesen wären. Vielmehr durfte er darauf abstellen, dass jedenfalls zur Bekämpfung der Spielsucht keine nach den vorliegenden Erkenntnissen ebenso effektive, aber weniger einschneidende Maßnahme als die Errichtung eines Monopols zur Verfügung stand. Die entsprechende Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs berücksichtigt entgegen dem Revisionsvorbringen nicht nur die Erwägungen des Gesetzgebers (LTDrucks 15/8486 S. 9, 12), sondern geht auch auf den Vortrag des Klägers zur Eignung einer beschränkten Marktöffnung und zu den Erfahrungen im Bereich der Pferdesportwetten ein. An die berufungsgerichtliche Tatsachenfeststellung, die Errichtung eines Monopols sei effizienter als eine Konzessionslösung, ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden. Die Revision hat diese Feststellung nicht mit wirksamen substantiierten Verfahrensrügen nach § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO angegriffen. Sie hält ihr nur die eigene, abweichende Sachverhalts- und Beweiswürdigung entgegen.

35

Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beschränkung der Berufswahlfreiheit durch das staatliche Wettmonopol sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne und damit zumutbar, beruht jedoch auf einer unzutreffenden Konkretisierung der Anforderungen, die das Gebot der Verhältnismäßigkeit an die rechtliche und tatsächliche Ausgestaltung der Werbung für das Monopolangebot stellt.

36

Die Zumutbarkeit der Errichtung eines staatlichen Monopols für die Betroffenen setzt voraus, dass das Monopol tatsächlich den mit ihm verfolgten, überragend wichtigen Gemeinwohlzwecken dient (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 309 f.). Maßgebend ist dafür die konsequente Ausrichtung am Ziel der Suchtvorbeugung und -bekämpfung, dem der Gesetzgeber vorrangige Bedeutung beigemessen hat (vgl. LTDrucks 15/8486 S. 12 f.). Die weiteren in § 1 GlüStV genannten Ziele, insbesondere die Kanalisierung der Wettleidenschaft, können keine der Suchtbekämpfung widersprechende Ausgestaltung des Monopols rechtfertigen.

37

Die konsequente Ausrichtung am Ziel, die Spielsucht zu bekämpfen und problematischem Spielverhalten vorzubeugen, muss in der rechtlichen und tatsächlichen Ausgestaltung des Sportwettenmonopols positiv zum Ausdruck kommen. Dazu sind materiell-rechtliche Regelungen und strukturelle Sicherungen erforderlich, die auch gewährleisten, dass fiskalische Interessen im Konfliktfall zurücktreten (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 310, 312).

38

Die normative Ausgestaltung des Monopols muss hinreichende inhaltliche Kriterien betreffend die Art und den Zuschnitt der Sportwetten festlegen und Vorgaben zur Beschränkung ihrer Vermarktung enthalten. Die Vertriebswege sind so auszuwählen und einzurichten, dass Möglichkeiten zur Verwirklichung des Spieler- und Jugendschutzes genutzt werden. Auch die Einzelausgestaltung ist am Ziel der Suchtbekämpfung und des Spielerschutzes auszurichten. Dies verlangt eine aktive Prävention, die über das Bereithalten von Informationsmaterial hinausgeht und eine angebotsimmanente Aufklärung, Früherkennung und Förderung der Motivation zur Verhaltensänderung, etwa durch die Möglichkeit einer Selbstsperre, vorsieht. Die Werbung hat sich auf sachliche Information und Aufklärung über legale Wettmöglichkeiten zu beschränken und darf keinen Aufforderungscharakter haben. Schließlich muss organisatorisch eine Kontrolle durch geeignete Instanzen mit ausreichender Distanz zu den fiskalischen Interessen des Staates sichergestellt werden (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 318).

39

Die gesetzliche Regelung der inhaltlichen Kriterien betreffend Art und Zuschnitt der Sportwetten musste der Verwaltungsgerichtshof nicht für unzureichend halten. Zwar ist der Revision zuzugeben, dass die Ausführungen des angegriffenen Urteils zu § 21 Abs. 2 GlüStV nicht Art und Inhalt der Angebote, sondern Vertriebsregelungen betreffen. § 21 Abs. 1 Satz 1 GlüStV leistet in der für den Senat bindenden Interpretation des Berufungsgerichts aber eine ausreichende inhaltliche Beschränkung des Wettangebots, indem er nur Wetten auf das Endergebnis eines sportlichen Wettkampfs zulässt und damit Wetten auf Zwischenergebnisse - etwa einer Spielhalbzeit oder eines Satzes - sowie Wetten auf Einzelereignisse während eines Wettkampfs ausschließt. Soweit dies die nähere Konkretisierung zulässiger Angebotsformen der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV überlässt, gewährleistet die Bindung des Ermessens an die Ziele des § 1 GlüStV, dass keine die Suchtvorbeugung und -bekämpfung beeinträchtigende Wettform zuzulassen ist. Eine gesetzliche Regelung weiterer Ausgestaltungsdetails war nicht erforderlich, da diese nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs für die Suchtprävention und -bekämpfung nicht von Bedeutung waren.

40

Der Glücksspielstaatsvertrag und die dazu erlassenen bayerischen Ausführungsvorschriften werden auch im Hinblick auf die rechtlichen Vorgaben zur Beschränkung der Vermarktung von Sportwetten dem Verhältnismäßigkeitsgebot (im engeren Sinne) gerecht, soweit sie die Vertriebswege begrenzen und sicherstellen, dass bei der Einzelausgestaltung der Wettgelegenheiten dem Spieler- und Jugendschutz Rechnung getragen wird.

41

Die Einschränkung auf terrestrische Vertriebswege durch Ausschluss des Internet- und SMS-Vertriebs in § 4 Abs. 4, § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV dient dem Ziel der Suchtvorbeugung und -bekämpfung. Sie schützt Kinder und Jugendliche vor den Gefahren, die mit einer Nutzung der in dieser Altersgruppe beliebten interaktiven Medien zum Glücksspiel verbunden sind. Auf die wirtschaftliche Bedeutung der ausgeschlossenen Vertriebswege für die Monopolanbieter kommt es für die Ausrichtung am Ziel der Suchtbekämpfung nicht an.

42

Die Vorgabe des Art. 1 Abs. 3 Satz 2 AGGlüStV, die Zahl der Annahmestellen bis zum 31. Dezember 2011 weiter auf 3 700 zu reduzieren, normiert nach der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs eine Rechtspflicht und gewährleistet damit eine quantitative Begrenzung des Angebots. Der Revisionsvortrag, der Freistaat Bayern setze sich über diese Pflicht hinweg, widerspricht den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, ohne insoweit wirksame Verfahrensrügen zu erheben. Entgegen der Auffassung des Klägers musste der Gesetzgeber die Entscheidungen über weitere Anpassungen des Vertriebssystems auch nicht mit einer Übergangsfristenregelung vorwegnehmen, sondern durfte zunächst die im Staatsvertrag vorgesehene wissenschaftliche Evaluation abwarten. Auf ein Überangebot von Wettannahmestellen lässt entgegen dem Revisionsvorbringen nicht schon die vergleichsweise geringere Zahl der Postfilialen schließen. Seit der Abschaffung des Postmonopols wird ein erheblicher Teil der früher der Post vorbehaltenen Dienstleistungen durch andere Anbieter erbracht. Außerdem können Dienstleistungen der Post auch außerhalb der Niederlassungen in Anspruch genommen werden, etwa durch Briefkästen, Automaten oder die inzwischen eingeführten Internetangebote (E-Postbrief). Die Erwägung des Verwaltungsgerichtshofs, der strenge Erlaubnisvorbehalt, die Auswahl der Vermittler und deren konsequente Überwachung seien für die Suchtvorbeugung und -bekämpfung wichtiger als die bloße Reduzierung ihrer Zahl, ist nicht denkfehlerhaft. Sie widerspricht auch nicht der Annahme, ein Konzessionssystem sei zur Suchtbekämpfung weniger geeignet als ein Monopol. Denn eine wirksame Kontrolle ist nach den bindenden berufungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen im Monopolsystem effektiver durchzuführen als bei einer Marktöffnung.

43

Entgegen der Auffassung der Revision musste der Verwaltungsgerichtshof nicht annehmen, der Gesetzgeber sei verpflichtet, den Verbundvertrieb über mittelständische Einzelhandelsbetriebe völlig aufzugeben. Vielmehr durfte er davon ausgehen, die verfassungsrechtlich geforderte Abkehr vom Vertrieb der Wettangebote als allerorts verfügbarer normaler Gegenstände des täglichen Bedarfs lasse sich dadurch erreichen, dass die Zahl der Vertriebsstellen begrenzt und gleichzeitig Maßnahmen zur qualitativen Beschränkung der Vermarktung getroffen würden. Der Verbundvertrieb schließt eine konsequente Ausrichtung auf die Suchtvorbeugung und -bekämpfung nicht aus. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs genügen die detaillierten Vorgaben für die Auswahl und Kontrolle der Vermittler und die Einzelgestaltung der Wettangebote in Verbindung mit den vorgesehenen Maßnahmen zur aktiven Prävention, auch im Verbundvertrieb der Spielsucht vorzubeugen, der Spielsucht entgegenzuwirken und einen ausreichenden Spieler- und Jugendschutz zu gewährleisten. Neben der jedem Angebot beigegebenen Aufklärung über die Gefahren der Wettsucht und mögliche Hilfen dienen dazu insbesondere das Zugangserfordernis der Kundenkarte und dessen Verknüpfung mit dem Sperrsystem. Nach den berufungsgerichtlichen Feststellungen wird die Kundenkarte nur auf Vorlage eines Lichtbildausweises ausgestellt und trägt ein Foto sowie - jedenfalls seit Mai 2008 - den vollen Namen des Inhabers. Dies erlaubt eine Identifizierung problematischen Wettverhaltens und dient dem Abgleich mit der Sperrdatei, zu dem jeder Vermittler verpflichtet ist. Gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs, die Zugangskontrolle mittels individueller Kundenkarte sei mittlerweile konsequent umgesetzt und geeignet, problematischem Wettverhalten zu begegnen und Kinder und Jugendliche sowie abhängige Personen von der Teilnahme auszuschließen, hat die Revision keine wirksamen Verfahrensrügen erhoben. Dazu genügt nicht, dass sie den Sachverhalt abweichend beurteilt. Soweit der Verwaltungsgerichtshof den hilfsweise gestellten Beweisanträgen des Klägers nicht nachgegangen ist, fehlen substantiierte Rügen einer Verletzung des Aufklärungsgebots nach § 86 Abs. 1 VwGO oder des Grundsatzes rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO, jeweils i.V.m. § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO.

44

Bei der Entscheidung, den Verbundvertrieb beizubehalten, durfte der Gesetzgeber schließlich berücksichtigen, dass die alternativ mögliche Beschränkung des Vertriebs auf besondere Wettlokale dem Ziel der Suchtbekämpfung abträglich sein kann. Nach den nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz sind solche Lokale, deren Umsatz ganz vom Wettgeschäft abhängig ist, regelmäßig darauf ausgelegt, Kunden zum Verweilen einzuladen und zum Wetten zu animieren. Sie bieten soziale Kontakte, die zur Teilnahme an Wetten anreizen und eine bereits vorhandene Wettneigung verstärken (vgl. Meyer/Hayer, Das Gefährdungspotential von Lotterien und Sportwetten, 2005, S. 138 f.). Demgegenüber ermöglicht der Verbundvertrieb, in dem das Wettgeschäft nur als Nebenerwerb betrieben wird, auch eine soziale Kontrolle durch nicht zum Wetten geneigte Personen, die übermäßigem Spielen vorbeugen kann.

45

Die Feststellung des Berufungsgerichts, die rechtlichen Beschränkungen des Wettangebots würden nicht durch eine faktische Expansion unterlaufen, wird ebenso wenig mit wirksamen Verfahrensrügen angegriffen wie die Feststellung, die Monopolanbieter hätten aufgrund der Angebotseinschränkung erhebliche Umsatzrückgänge zu verzeichnen.

46

Wie der Verwaltungsgerichtshof zutreffend ausführt, war der Gesetzgeber nicht verpflichtet, weitere Vertriebsbeschränkungen wie Auslagen-, Standort- oder Provisionsverbote zu regeln. Die konsequente Ausrichtung am Ziel der Suchtbekämpfung verlangt keine Optimierung. Vielmehr genügen zur Zielverwirklichung ausreichende Maßnahmen. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts erfüllen bereits die im Glücksspielstaatsvertrag vorgesehenen und in der Praxis umgesetzten Einschränkungen des Verbundvertriebs diese Anforderung.

47

Dem Erfordernis einer unabhängigen, effektiven Kontrolle genügt die Einrichtung einer Glücksspielaufsicht, die bei einem anderen Ministerium als dem für die Lotterieverwaltung zuständigen Finanzministerium ressortiert (BVerfG, Kammerbeschluss vom 26. März 2007 - 1 BvR 2228/02 - NVwZ-RR 2008, 1 <4 Rn. 59>). Trotz der mit der "Mystery Shopping Studie" aufgezeigten Vollzugsdefizite durfte der Verwaltungsgerichtshof annehmen, dass die normativen und strukturellen Vorgaben eine hinreichend effektive Kontrolle der Sportwettenvermarktung gewährleisten. Seinen nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Tatsachenfeststellungen zufolge hat die Glücksspielaufsicht ausreichende Überwachungsmaßnahmen durchgeführt und festgestellte Verstöße angemessen sanktioniert. Die aufgedeckten Defizite insbesondere im Umgang mit Kundenkarten wurden bereits im ersten Halbjahr nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages behoben. Später festzustellende Verstöße hatten nicht den Charakter systematischer Abweichungen und wurden ebenfalls geahndet.

48

Dass der Verwaltungsgerichtshof nur strukturelle Vollzugsdefizite für geeignet hält, eine verfassungswidrige Handhabung des Sportwettenmonopols zu belegen, ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Zwar hängt die Rechtfertigung des Monopols auch von dessen tatsächlicher Ausgestaltung ab. Nicht jeder Vollzugsmangel genügt aber schon, eine Abweichung von der erforderlichen Ausrichtung zu belegen. Nur wenn das Umsetzungsdefizit bereits in der Regelung angelegt ist oder wenn gehäufte oder gar systematische Verstöße nicht konsequent geahndet und unterbunden werden, prägt dies die tatsächliche Handhabung der Monopolregelung und lässt auf Defizite der normativen Sicherung schließen (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 310, 316).

49

Nicht mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen vereinbar ist allerdings die berufungsgerichtliche Auslegung der Regelungen zur Werbung für das staatliche Wettangebot in § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV, soweit sie nur den gezielten Anreiz zum Wetten für unzulässig und eine Werbung mit der gemeinnützigen Verwendung von Wetteinnahmen für unbedenklich hält.

50

Eine konsequent am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Spielsucht ausgerichtete Werbung darf nicht zum Wetten auffordern, anreizen oder ermuntern. Damit ist nicht zu vereinbaren, die Teilnahme an Wetten als sozialadäquate oder gar positiv bewertete Unterhaltung darzustellen. Vielmehr hat die Werbung für das Monopolangebot sich bei Wahrung des Ziels, legale Wettmöglichkeiten anzubieten, auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Wetten zu beschränken (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 318).

51

Mit diesen Vorgaben steht noch in Einklang, dass die Pflicht zur Beschränkung der Werbung auf die Information und Aufklärung über legale Wettmöglichkeiten nach § 5 Abs. 1 GlüStV dem angegriffenen Urteil zufolge konkretisiert wird durch das in Absatz 2 der Vorschrift geregelte Verbot einer zur Teilnahme auffordernden oder irreführenden Werbung sowie durch die ebenfalls dort verankerte Pflicht, den Jugendschutz zu beachten und über Risiken und Gefahren des Wettens zu belehren. Diese systematische Auslegung verkürzt weder das Aufforderungsverbot, noch lässt sie das Ziel der Suchtbekämpfung hinter das Ziel einer Kanalisierung der Wettleidenschaft zurücktreten. Das Berufungsgericht stellt auch nicht in Abrede, dass die sachliche Werbung nur auf eine Lenkung des bereits vorhandenen Wettwillens gerichtet sein darf, ohne noch nicht zum Wetten Entschlossene zur Teilnahme anzureizen.

52

Dem verfassungsrechtlichen Erfordernis der konsequenten Ausrichtung des Monopols am Ziel der Suchtbekämpfung widerspricht aber seine Annahme, dies verbiete nur den gezielten Anreiz zum Mitspielen. Dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Lotteriestaatsvertrag für die Übergangszeit bis zur Neuregelung der Sportwetten jede über die sachliche Information zur Art und Weise der Wettmöglichkeit hinausgehende, gezielt zum Wetten auffordernde Werbung untersagt hat (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 319), relativiert die gebotene Beschränkung auf sachliche Information nicht durch ein zusätzliches Kriterium der Absicht des Werbenden oder der erkennbaren Zielrichtung seiner Werbung. Der Beschränkung auf die sachliche Information über legale Wettmöglichkeiten widersprechen nicht nur der absichtliche Anreiz und die direkte Aufforderung zum Wetten, sondern alle Werbemaßnahmen, die von einem noch nicht zum Wetten entschlossenen durchschnittlichen Empfänger der Botschaft als Motivierung zum Wetten zu verstehen sind. Entscheidend ist also nicht die Intention, sondern der nach dem Horizont des durchschnittlichen Empfängers zu bestimmende Aussagegehalt.

53

Für diese Beurteilung kann entgegen dem angegriffenen Urteil nicht zwischen einer auf die sachliche Information beschränkten Werbebotschaft und einer darüber hinaus zulässigen werbetypischen Umrahmung oder Aufmachung unterschieden werden. Die Botschaft oder der Aussagegehalt einer Werbung ist nicht unabhängig vom Kontext der Aufmachung zu ermitteln, sondern wird durch diese mit bestimmt. Entscheidend ist daher, dass die aus Text und Aufmachung zusammengesetzte Werbeaussage vom durchschnittlichen Empfänger nicht als Anreiz zum Wetten zu verstehen ist, sondern nur als Hinweis auf eine legale Möglichkeit, einen vorhandenen Entschluss zum Wetten umzusetzen.

54

Der Begriff der Werbung zwingt zu keiner anderen Auslegung. Er wird durch jeden an das Publikum gerichteten Hinweis eines Anbieters auf ein eigenes entgeltliches Angebot erfüllt. Dazu zählt auch die sachliche Information des Monopolanbieters über die Möglichkeit, bei ihm legal Sportwetten abzuschließen.

55

Das Ziel, die Wettleidenschaft durch den Hinweis auf legale Wettangebote zu lenken, verlangt und rechtfertigt keine über die sachliche Information hinausgehende, zum Wetten selbst motivierende Aussage. Unzulässig sind danach beispielsweise Darstellungen des Wettens als aussichtsreiche Möglichkeit materiellen Zugewinns, als attraktive Unterhaltung oder als sozialadäquate Beschäftigung. Erst recht darf die Teilnahme an Wetten nicht als positiv zu beurteilendes, wünschenswertes oder sozial verantwortliches Handeln aufgewertet werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 314; Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 <1341 f. Rn. 39, 47, 57>).

56

Das schließt zwar nicht die Verwendung einer Dachmarke aus, wohl aber jede Form der Image- oder Sympathiewerbung, die über den Hinweis auf die Legalität der Monopolangebote hinaus Sympathien für das Wetten selbst weckt. Unzutreffend ist danach die Annahme des angegriffenen Urteils, ein Hinweis auf die gemeinnützige Verwendung von Erlösen aus den Wettveranstaltungen könne zulässig sein. Ein solcher Hinweis wertet das Wetten zum Sponsoring gemeinnütziger Tätigkeiten auf und stellt damit die Entscheidung für eine Teilnahme als positiv zu beurteilende Handlung im Sinne eines "Spendens durch Spielen" dar. Gleichzeitige Hinweise auf das Wettrisiko und die Gefahren des Wettens können dazu kein ausreichendes Gegengewicht bilden. Sie relativieren nur die Verharmlosung der Suchtgefahr, lassen jedoch die moralische Aufwertung des Wettens zum positiv zu beurteilenden Verhalten unberührt. Die abweichende Auffassung des angegriffenen Urteils ist mit den Anforderungen, die an eine verhältnismäßige, konsequent und widerspruchsfrei am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Spielsucht ausgerichtete Einschränkung der Berufswahlfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG zu stellen sind, nicht vereinbar.

57

Dagegen ist der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt. Da er nur den jeweils zuständigen Normgeber verpflichtet, vergleichbare Sachverhalte gleich zu regeln, begründen Unterschiede zur bundesrechtlichen Normierung der Pferdesportwetten und des Betriebs der Geldspielautomaten keinen Gleichheitsverstoß. Die Fortgeltung der vereinzelt noch bestehenden, in der DDR erteilten Wettkonzessionen stellt mangels Regelungskompetenz des Freistaates Bayern ebenfalls keine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung dar. Zuständig sind, je nach Abgrenzung des umstrittenen Geltungsbereichs der Erlaubnisse, entweder der Bund oder die Länder, in denen die Erlaubnisnehmer ihren Sitz haben.

58

Hinsichtlich der Spielbanken und der Gewinnspiele im Rundfunk liegt ebenfalls keine Ungleichbehandlung vor. Für Spielbanken besteht in Bayern ein staatliches Monopol. § 8a Rundfunkstaatsvertrag (RStV), der unter bestimmten Einschränkungen Gewinnspiele im Rundfunk gestattet, lässt nach der amtlichen Begründung zum Zehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Zehnter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages unberührt (vgl. LTDrucks 15/9667 S. 15 zu § 8a RStV; LTDrucks 15/8486 S. 13 zu § 3 GlüStV). Soweit Rundfunkgewinnspiele nach § 3 GlüStV als Glücksspiele einzuordnen sind, sind sie daher ebenso erlaubnispflichtig und von denselben Erlaubnisvoraussetzungen abhängig wie die übrigen dem Glücksspielstaatsvertrag unterfallenden Spiele. Für Gewinnspiele in dem Rundfunk vergleichbaren Telemedien nach § 58 Abs. 4 RStV gilt dasselbe, da diese Vorschrift auf § 8a RStV verweist.

59

Das angegriffene Urteil wendet aber die Gewährleistungen der Niederlassungs- und der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 Abs. 1, Art. 56 Abs. 1 AEUV fehlerhaft an. Zu Unrecht geht es davon aus, die Monopolregelung sei, soweit sie diese Grundfreiheiten beschränke, nach dem unionsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt. Diese Annahme beruht auf einer unrichtigen Anwendung des Kohärenzkriteriums, das der Europäische Gerichtshof als Maßstab für die Geeignetheit des Eingriffs im unionsrechtlichen Sinne näher konkretisiert hat.

60

Die Vermittlung von Sportwetten an einen Wettanbieter, der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässig ist, stellt eine Dienstleistung im Sinne der Art. 56, 57 AEUV dar (EuGH, Urteil vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - Slg. 1999, I-7289 Rn. 24; vgl. Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - juris Rn. 41 m.w.N.). Ob die dem Kläger untersagte Vermittlung - seine Einbeziehung in den persönlichen Anwendungsbereich der Grundfreiheiten vorausgesetzt - in den sachlichen Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit fiele, oder ob diese Gewährleistung wegen ihrer Subsidiarität nach Art. 57 Abs. 1 und 3 AEUV hinter die der Niederlassungsfreiheit zurückträte, kann offen bleiben. Die Errichtung des staatlichen Sportwettenmonopols und der daran anknüpfende Ausschluss einer Vermittlung von Wettangeboten EU-ausländischer Veranstalter schränken, je nach Ausgestaltung der Vermittlungstätigkeit, entweder die eine oder die andere Grundfreiheit ein. Die Anforderungen an die Rechtmäßigkeit der Beschränkung sind, soweit hier entscheidungserheblich, jeweils gleich. Die beschränkende Regelung muss das Diskriminierungsverbot des Art. 57 Abs. 3 AEUV beachten. Außerdem muss sie aus den in Art. 62 i.V.m. Art. 51 oder Art. 52 AEUV genannten Gründen oder aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt und geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Zieles zu gewährleisten. Sie darf schließlich nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist (vgl. EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - Slg. 2003, I-13031 Rn. 44 ff., 59 und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - juris Rn. 61).

61

Eine unzulässige Diskriminierung im Sinne des Art. 57 Abs. 3 AEUV liegt nicht vor. Die Vorschrift verbietet, Angehörige eines Mitgliedstaates wegen ihrer Staatsangehörigkeit gegenüber Inländern zu benachteiligen. Das ist hier nicht geschehen. Die der angefochtenen Untersagung zugrunde liegenden Rechtsnormen gelten gleichermaßen für Inländer wie Ausländer. Aus dem Diskriminierungsverbot ergibt sich auch keine Pflicht zur Anerkennung von Glücksspielkonzessionen anderer Mitgliedstaaten. Vielmehr ist es mangels unionsrechtlicher Harmonisierung der Glücksspielregelungen jedem Mitgliedstaat unbenommen, nationale, nicht nach der Staatsangehörigkeit des Anbieters oder Vermittlers differenzierende und verhältnismäßige Beschränkungen vorzusehen (vgl. EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - Slg. 2007, I-1891 Rn. 48 f. und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 44).

62

Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Einschränkungen der Grundfreiheiten durch das Sportwettenmonopol nach dem Glücksspielstaatsvertrag unionsrechtlich legitimen Zwecken dienen. Dabei kann offen bleiben, ob nach Art. 62 i.V.m. Art. 52 Abs. 1 AEUV eine Rechtfertigung aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit in Betracht kommt. Jedenfalls können die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs konkretisierten zwingenden Gründe des Allgemeininteresses wie die Ziele des Verbraucherschutzes, der Betrugsvorbeugung, der Vermeidung von Anreizen zu überhöhten Ausgaben für das Spielen sowie der Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung eine Monopolregelung rechtfertigen (EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 60, 64, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - a.a.O. Rn. 45, vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07, Liga Portuguesa - NJW 2009, 3221 Rn. 56 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 45). Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Mangels unionsrechtlicher Harmonisierung im Glücksspielbereich bleibt es jedem Mitgliedstaat überlassen, das angestrebte Schutzniveau nach Maßgabe der jeweiligen soziokulturellen Besonderheiten zu bestimmen und die entsprechenden Regelungsziele festzulegen. Dabei ist es seine Sache zu beurteilen, ob es im Zusammenhang mit den verfolgten legitimen Zielen erforderlich ist, bestimmte Tätigkeiten im Glücksspielbereich vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen. Die Grundentscheidung für ein Monopol- oder Konzessionssystem liegt danach im Ermessen des jeweiligen Mitgliedstaates (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 79 sowie - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 46). Die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen ist allein im Hinblick auf das national angestrebte Schutzniveau und die verfolgten Ziele zu beurteilen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 46 m.w.N).

63

Zur Prüfung, ob die vom Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Ziele zwingende Gründe des Allgemeininteresses im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs darstellen, ist auf die Gesamtheit dieser Ziele abzustellen (vgl. EuGH, Urteile vom 24. März 1994 - Rs. C-275/92, Schindler - Slg. 1994, I-1039 Rn. 58, vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - a.a.O. Rn. 30 f. und vom 3. Juni 2010 - Rs. C-258/08, Ladbrokes - juris Rn. 22). Die Belange der Suchtbekämpfung (§ 1 Nr. 1 GlüStV), der Jugend- und Spielerschutz (§ 1 Nr. 3 GlüStV) und die Begrenzung des Glücksspielangebots und die Kanalisierung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV) sind ebenso wie die Kriminalitätsbekämpfung als zwingende Gründe des Allgemeininteresses anerkannt.

64

Nach den nicht mit wirksamen Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit der Errichtung des Sportwettenmonopols ein hohes Schutzniveau angestrebt hat. Entgegen der Auffassung der Revision war er unionsrechtlich nicht gehindert, bereits vor einer abschließenden wissenschaftlichen Klärung des Suchtpotenzials von Sportwetten mit festen Gewinnquoten zur Gefahrenabwehr tätig zu werden. Er durfte vielmehr auf der Grundlage der bisherigen Erkenntnisse und einer darauf gestützten plausiblen Gefahrenprognose präventive Regelungen erlassen, die durch begleitende Untersuchungen zur Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der getroffenen Maßnahmen ergänzt werden (vgl. EuGH, Urteile vom 13. November 2003 - Rs. C-42/02, Lindman - Slg. 2003, I-13519 Rn. 25 und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 117 Ziff. 1a). Damit in Einklang steht die berufungsgerichtliche Annahme, die Bundesländer hätten im Rahmen ihres Einschätzungs- und Prognosespielraums bereits aufgrund der ihnen vorliegenden Erkenntnisse von einer Suchtgefahr sowie davon ausgehen dürfen, dass diese bei einer Ausweitung des Wettangebots zunehmen werde. Ebenso durfte der Verwaltungsgerichtshof für ausreichend halten, dass § 10 Abs. 1 GlüStV die Beratung durch einen mit Experten der Suchtbekämpfung besetzten Fachbeirat vorsieht und § 11 GlüStV die begleitende wissenschaftliche Forschung zur Vermeidung und Abwehr von Suchtgefahren regelt. An die zugrunde liegenden Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz zum Erkenntnisstand bei Erlass der Regelungen und zur gesetzgeberischen Prognose ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, weil die Revision insoweit keine ordnungsgemäßen Verfahrensrügen nach § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO erhoben hat.

65

Die Eignung der Monopolregelung ist unionsrechtlich allerdings nicht schon zu bejahen, weil diese dem legitimen Ziel der Suchtbekämpfung dienen kann (dazu vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 79 und - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 99 ff., 105). Sie muss vielmehr geeignet sein, die Verwirklichung dieses Ziels zu gewährleisten, indem sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt. Dabei sind sowohl der normative Gehalt der Regelung als auch ihre konkreten Anwendungsmodalitäten zu berücksichtigen (EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 67 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 64 f.).

66

An einem kohärenten Beitrag zur Begrenzung der Wetttätigkeit fehlt es, wenn die Behörden eines Mitgliedstaates die Verbraucher dazu anreizen und ermuntern, an Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen (EuGH, Urteil vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 69). Die Einnahmenerzielung darf nur eine nützliche Nebenfolge, aber nicht der eigentliche Grund der restriktiven Politik sein (vgl. EuGH, Urteile vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - a.a.O. Rn. 35 f., vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 62 ff. und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 104). Darüber hinaus widerspricht es dem Ziel der Begrenzung der Wetttätigkeit, wenn der staatliche Monopolträger die Anziehungskraft der Wetten durch Werbebotschaften erhöht, die bedeutende Gewinne in Aussicht stellen. Er darf dem Wetten auch nicht durch Hinweise auf eine Einnahmenverwendung für gemeinnützige Zwecke ein positives Image verleihen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 103 f., 117 Ziff. 1d). Die Annahme des angegriffenen Urteils, solche Hinweise seien zulässig, ist unzutreffend.

67

Entgegen der ihm zugrunde liegenden Rechtsauffassung ist eine Kohärenz der Monopolregelung auch nicht nur "sektoral" für den davon betroffenen Sportwettenbereich und das jeweilige Bundesland erforderlich. Zwar muss grundsätzlich jede beschränkende Regelung gesondert auf ihre Verhältnismäßigkeit hin geprüft werden, und indiziert das Bestehen einer Konzessionsregelung in anderen Bereichen noch nicht die Inkohärenz eines auf einen bestimmten Glücksspielsektor beschränkten Monopols (vgl. EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - a.a.O. Rn. 49 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 60 m.w.N.). Läuft jedoch die Glücksspielpolitik in den nicht vom Monopol erfassten Bereichen den mit ihm verfolgten legitimen Zwecken zuwider, kann dies den Schluss zulassen, dass die Monopolregelung tatsächlich nicht den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dient, sondern der Verwirklichung fiskalischer oder anderer nicht zur Eingriffsrechtfertigung geeigneter Zwecke. Die Kohärenzprüfung muss sich daher auf die Frage erstrecken, ob die gesetzliche Regelung oder die Anwendungspraxis in anderen Glücksspielbereichen, insbesondere solchen mit vergleichbarem oder höherem Suchtpotential, die Verbraucher zur Teilnahme am Glücksspiel ermuntert oder anreizt, oder ob sie in anderer Weise - insbesondere aus fiskalischen Interessen - auf eine Expansion gerichtet ist oder diese duldet (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 69 ff.). Die danach erforderliche Prüfung der Regelungen und der Anwendungspraxis im Bereich etwa der Kasino- und Automatenspiele hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen, sondern die darauf gerichteten Beweisanregungen unzutreffend für nicht entscheidungsrelevant gehalten.

68

Die verfassungsrechtliche Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen im Bundesstaat macht die Kohärenzprüfung für Glücksspielbereiche, die der Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterliegen, unionsrechtlich nicht entbehrlich. Die interne Zuständigkeitsverteilung innerhalb eines Mitgliedstaates entbindet diesen nicht davon, seinen unionsrechtlichen Pflichten nachzukommen. Vielmehr müssen Bund und Länder zusammenwirken, um gemeinsam zu gewährleisten, dass die glücksspielrechtlichen Regelungen das unionsrechtliche Kohärenzkriterium erfüllen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 69 ff.).

69

Die Annahme des Berufungsgerichts, das Kohärenzkriterium werde erst bei einem "krasse(n) Missverhältnis" der Glücksspielpolitik im Bereich der Sportwetten einerseits und in den Bereichen der Spielbanken und des Automatenspiels andererseits verfehlt, trifft ebenfalls nicht zu. An einem Beitrag zur systematischen und kohärenten Begrenzung der Spiel- oder Wetttätigkeit fehlt es schon, wenn die legitimen Ziele des Sportwettenmonopols in anderen Glücksspielbereichen normativ oder durch die Praxis der Rechtsanwendung konterkariert werden. Das kann auch dadurch geschehen, dass diesen Zwecken entgegenlaufende Ausgestaltungen geduldet werden. Auf die besondere Schwere eines solchen Widerspruchs kommt es nicht an.

70

Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht auf der fehlerhaften Anwendung des Art. 12 Abs. 1 GG und der Art. 49, 56 AEUV. Sie hält die Untersagungsverfügung für rechtmäßig, weil sie fehlerhaft davon ausgeht, das staatliche Sportwettenmonopol schränke die Berufswahlfreiheit verhältnismäßig ein, und weil sie die Rechtfertigung des - unterstellten - Eingriffs in die Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit aufgrund einer unzutreffenden Verkürzung der Kohärenzanforderungen bejaht.

71

Das angegriffene Urteil stellt sich nach § 144 Abs. 4 VwGO aber aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar. Die Berufung gegen das klageabweisende erstinstanzliche Urteil konnte keinen Erfolg haben, weil die angefochtene Untersagungsverfügung bezüglich des verfahrensgegenständlichen Zeitraums ab dem 1. Januar 2008 den Kläger unabhängig von ihren fehlerhaften Erwägungen zur Rechtmäßigkeit des Sportwettenmonopols jedenfalls nicht in seinen Rechten verletzt (§ 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

72

Dabei kann offen bleiben, ob die Ausgestaltung des Sportwettenmonopols in Bayern auch bei Berücksichtigung zutreffender verfassungs- und unionsrechtlicher Maßstäbe den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgebots genügt. Insbesondere kann dahinstehen, ob eine Monopolwerbung betrieben wird, die den Anforderungen einer verfassungskonformen, jeden Hinweis auf die gemeinnützige Verwendung von Wetteinnahmen ausschließenden Auslegung des § 5 Abs. 1 GlüStV widerspricht. Unerheblich ist auch, ob eine im unionsrechtlichen Sinne konsistente Regelung des Glücksspiels im Hinblick auf die Entwicklung des Spielbankenrechts oder der bundesrechtlichen Vorschriften zum Betrieb von Geldspielgeräten fehlt. Allerdings wäre die Untersagungsverfügung bezüglich des hier streitigen Zeitraums bei einem Verfassungs- oder Unionsrechtsverstoß des Sportwettenmonopols nach dem Glücksspielstaatsvertrag wegen gegenteiliger rechtlicher Annahmen fehlerhaft. Damit läge aber noch keine Rechtsverletzung des Klägers vor. Zwar folgt dies entgegen der Auffassung der Beklagten nicht schon aus der formellen Illegalität der Vermittlungstätigkeit. Denn der Kläger hatte bereits im März 2006 hilfsweise beantragt, ihm die erforderliche Erlaubnis zu erteilen. Seine Vermittlungstätigkeit war jedoch unabhängig von der Wirksamkeit und der Anwendbarkeit der Regelungen zum Sportwettenmonopol jedenfalls wegen der Unzulässigkeit der Sportwettenvermittlung im Sportvereinsheim nach § 21 Abs. 2 GlüStV nicht erlaubnisfähig. Wegen dieses Verstoßes gegen die Pflicht zur organisatorischen Trennung der Sportwettenvermittlung von der Vereinstätigkeit war das Ermessen der Beklagten nicht nur hinsichtlich der Erlaubniserteilung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, Art. 2 Abs. 1 AGGlüStV, sondern auch hinsichtlich der Untersagung der unzulässigen Vermittlung nach § 9 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 Nr. 3 GlüStV zu Lasten des Klägers auf Null reduziert.

73

Der Erlaubnisvorbehalt für die Vermittlung von Sportwetten nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV besteht unabhängig von der Wirksamkeit des staatlichen Sportwettenmonopols. Er gewährleistet in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGGlüStV, dass Sportwetten nur durch zuverlässige Personen vermittelt werden, die einen ordnungsgemäßen, den gesetzlichen Vorgaben genügenden Vertrieb der Wettangebote sicherstellen. Zu diesen Vorgaben zählt auch die Einschränkung der Sportwettenvermittlung nach § 21 Abs. 2 GlüStV. Danach muss die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten organisatorisch, rechtlich, wirtschaftlich und personell getrennt sein von der Veranstaltung oder Organisation von Sportereignissen und dem Betrieb von Einrichtungen, in denen Sportveranstaltungen stattfinden. Mangels berufungsgerichtlicher Auslegung dieser Vorschrift ist das Revisionsgericht nicht gehindert, sie selbst auszulegen.

74

Dem Wortlaut und dem entstehungsgeschichtlich belegten Sinn und Zweck der Regelung wird nur eine Auslegung gerecht, die eine vollständige Trennung des aktiven Sports und der ihn organisierenden Vereinigungen von der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten verlangt. Schon der Wortlaut lässt keine organisatorisch-räumliche, wirtschaftliche oder personelle Verknüpfung von Sportvereinen und Wettannahmestellen zu. Betreibt der jeweilige Sportverein eine Einrichtung, in der Sportveranstaltungen stattfinden, ist die letzte Tatbestandsalternative des § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV einschlägig. Im Übrigen erfüllen Sportvereine jedenfalls die Alternative der Veranstaltung von Sportereignissen, indem sie Training und Wettkämpfe anbieten und organisieren.

75

Nicht zu folgen ist der im Termin zur mündlichen Verhandlung dargelegten Auffassung des Klägers, § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV erfasse nur Sportereignisse, auf die gewettet werden könne. Für eine solche einschränkende Auslegung bietet der Wortlaut der Regelung keinen Anhaltspunkt. Auch nach ihrer Entstehungsgeschichte und ihrem Sinn und Zweck beschränkt die Vorschrift sich nicht darauf, eine manipulative Einflussnahme des Veranstalters eines Sportereignisses auf den Ausgang der darauf abgeschlossenen Wetten zu verhindern. Nach der amtlichen Begründung sollen § 21 Abs. 2 und 3 GlüStV dem erhöhten Suchtpotential von Sportwetten Rechnung tragen und die Integrität des Sports sichern (LTDrucks 15/8486 S. 19). Dies schließt den Schutz vor betrügerischen Machenschaften ein (Hecker/Ruttig, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, § 21 GlüStV Rn. 33), ist aber nicht darauf begrenzt. Zum Schutz vor der erhöhten Suchtgefahr gewährleistet § 21 Abs. 2 GlüStV die Integrität des aktiven Sports auch insoweit, als er eine Verquickung der gemeinnützigen Sportförderung im Verein mit der Vermarktung suchtgefährdender Sportwetten verbietet. Damit verhindert er, dass Mitglieder des Vereins, Mitwirkende und Besucher seiner Sportveranstaltungen zur Teilnahme an Wetten angereizt werden, um dem Verein wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen. Gleichzeitig dient die Bestimmung dem Jugendschutz, indem sie ausschließt, dass der Vereinsnachwuchs zur Zielgruppe von Wettangeboten wird.

76

Der systematische Zusammenhang des § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV mit dessen Satz 2 und 3 bestätigt diese Auslegung. Das Verbot der Trikot- und Bandenwerbung für Sportwetten sowie der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten bei der Übertragung von Sportereignissen nach § 21 Abs. 2 Satz 2 GlüStV gestaltet den Grundsatz der Trennung des aktiven Sports vom Vertrieb der Sportwetten weiter aus. Es dient ebenfalls dem Jugendschutz und der Suchtvorbeugung. Dass die Trennung von Sportwetten und Sportübertragungen sich nicht im Verbot von Live-Wetten erschöpft, ergibt sich aus dessen gesonderter Regelung in § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV.

77

Weder der Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV noch die Einschränkung der Vermittlungstätigkeit durch Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGGlüStV i.V.m. § 21 Abs. 2 GlüStV sind schon wegen der verfassungs- und unionsrechtlichen Bedenken gegen die Ausgestaltung des Sportwettenmonopols im Glücksspielstaatsvertrag unwirksam. Die gegenteilige Auffassung der Revision übersieht, dass der Erlaubnisvorbehalt nicht allein dazu dient, das Angebotsmonopol durchzusetzen. Vielmehr soll er auch gewährleisten, dass die ordnungsrechtlichen Beschränkungen der Vermittlung beliebiger Angebote beachtet werden. Gleiches gilt für das Zuverlässigkeitserfordernis. Das aus § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV abzuleitende Verbot der Vermittlung von Sportwetten im Sportvereinslokal knüpft ebenfalls nicht an die problematische Monopolregelung an. Es stellt nicht auf den Anbieter der Wetten ab, sondern verbietet nur eine bestimmte Art und Weise des Vertriebs.

78

Die daraus folgende Beschränkung der Vermittlungstätigkeit ist mit den Grundrechten vereinbar. Dabei kann offen bleiben, inwieweit der Kläger sich nach Art. 2 Abs. 1 GG auf einen Verstoß des Gesetzes gegen Art. 12 Abs. 1 GG berufen könnte, obwohl der persönliche Schutzbereich der Berufsfreiheit sich nicht auf ihn erstreckt. Denn auch eine objektiv-rechtliche Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG liegt nicht vor.

79

Der Erlaubnisvorbehalt zur Sicherung der ordnungsrechtlichen Beschränkungen der Vermittlungstätigkeit und das Gebot, die Vermittlung von Sportwetten organisatorisch, rechtlich und wirtschaftlich von der Tätigkeit des Sportvereins zu trennen, greifen in die Freiheit der Berufsausübung ein. Soweit das Gebot personeller Trennung zur Folge hat, dass Mitarbeiter eines Sportvereins keine Wettannahmestelle betreiben dürfen, begrenzt es wie das Zuverlässigkeitserfordernis als subjektive Zulassungsschranke auch die Freiheit der Berufswahl. Diese Einschränkungen der Berufsfreiheit sind jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt, da sie verhältnismäßig sind.

80

Der Erlaubnisvorbehalt, das Zuverlässigkeitserfordernis und die Verpflichtung zur umfassenden Trennung von Sportvereinstätigkeit und Sportwettenvermittlung dienen dem Schutz überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter, nämlich der mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgten verfassungsrechtlich legitimen Ziele der Suchtvorbeugung und -bekämpfung sowie des Spieler- und Jugendschutzes.

81

Der Erlaubnisvorbehalt und das Zuverlässigkeitserfordernis sind geeignet und erforderlich, einen ordnungsgemäßen Vertrieb zu gewährleisten, der die Schutzbestimmungen beachtet und eine effektive Kontrolle ermöglicht. Der Ausschluss eines Anspruchs auf die Erlaubniserteilung (§ 4 Abs. 2 Satz 3 GlüStV) ist notwendig, eine der Suchtbekämpfung widersprechende Ausweitung des Angebots zu verhindern.

82

Das Trennungsgebot des § 21 Abs. 2 GlüStV kann zur Suchtbekämpfung und zum Jugendschutz beitragen, da es eine die Wettmotivation fördernde Verknüpfung der Teilnahme an Vereinsveranstaltungen mit Wettangeboten ausschließt und gewährleistet, dass Finanzierungsinteressen der Sporteinrichtungen nicht zu einer Ausweitung des Wettangebots führen. Mildere Mittel, diese legitimen Ziele zu erreichen, sind nicht erkennbar. Nur eine konsequente Trennung der Sportvereinstätigkeit von der Sportwettenvermarktung kann verhindern, dass die Beteiligung am aktiven Vereinssport ausgenutzt wird, Vereinsmitglieder einschließlich des Vereinsnachwuchses zum Wetten zu motivieren und sie damit der Suchtgefahr von Sportwetten auszusetzen. Das Fehlen eines vergleichbaren Trennungsgebots im Bereich der Pferdesportwetten schließt die Erforderlichkeit der Regelung im Bereich sonstiger Sportwetten nicht aus. Vielmehr durfte der Gesetzgeber aufgrund der jahrzehntelangen Erfahrungen im Bereich der Pferdesportwetten, wegen ihres vergleichsweise geringen Marktanteils und des äußerst geringen Anteils von Wetten mit festen Gewinnquoten davon ausgehen, dass das Suchtpotential dort deutlich geringer ist als im stark expandierenden Bereich sonstiger Sportwetten mit festen Gewinnquoten (vgl. Diegmann/Hoffmann/Ohlmann, Praxishandbuch für das gesamte Spielrecht, 2008, S. 15 Rn. 43; Hecker/Ruttig a.a.O. § 21 GlüStV Rn. 29).

83

Die Eingriffe durch den Erlaubnisvorbehalt, das Zuverlässigkeitserfordernis und das Trennungsgebot nach § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV sind auch verhältnismäßig im engeren Sinne und damit für die Betroffenen zumutbar. Sie stehen nicht außer Verhältnis zum angestrebten Zweck. Entgegen der Auffassung des Klägers sind insoweit nicht die Kriterien für die Zumutbarkeit des Sportwettenmonopols einschlägig. Diese tragen der besonderen Schwere des Eingriffs durch eine objektive, sämtliche Grundrechtsträger vom Beruf ausschließende Zulassungsschranke Rechnung. Die Eingriffe durch den Erlaubnisvorbehalt, das Trennungsgebot und das Zuverlässigkeitserfordernis, das den Zugang zum Beruf nur kanalisiert, wiegen deutlich weniger schwer. Sie stehen nicht außer Verhältnis zum damit verfolgten Zweck des Jugendschutzes und des Schutzes vor den Suchtgefahren des Wettens. Dessen überragende Bedeutung rechtfertigt auch den Ausschluss eines Anspruchs auf die Erlaubniserteilung nach § 4 Abs. 2 Satz 3 GlüStV (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 <1342 Rn. 52> und vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - NVwZ 2009, 1221 <1224>).

84

Auf die Vereinbarkeit des Erlaubnisvorbehalts, des Trennungsgebots und des Zuverlässigkeitserfordernisses mit der unionsrechtlichen Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit kommt es für die Frage einer Rechtsverletzung des Klägers durch die Untersagungsverfügung nicht an. Mangels Unionsbürgerschaft kann der Kläger sich auf diese Grundfreiheiten nicht berufen. Ihr persönlicher Anwendungsbereich erstreckt sich nach Art. 49 Abs. 1, Art. 56 Abs. 1 AEUV nur auf Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Union, nicht auf Drittstaatsangehörige wie den Kläger, der türkischer Staatsangehöriger ist. Mangels Entscheidungserheblichkeit der unionsrechtlichen Gewährleistungen erübrigt sich die dazu von der Revision angeregte Vorlage an den Europäischen Gerichtshof.

85

Das zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei geschlossene Assoziierungsabkommen (Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei, ABl EG 1964 Nr. 217/3687) bezieht ihn nicht in den persönlichen Anwendungsbereich der Grundfreiheiten ein. Art. 13 und 14 des Abkommens enthalten nur Absichtserklärungen, die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs aufzuheben. Sie treffen dazu aber keine inhaltlichen Regelungen. Das Zusatzprotokoll zum Assoziierungsabkommen vom 23. November 1970 (ABl EG 1972 Nr. L 293/4) erstreckt den Anwendungsbereich der Niederlassungs- und der Dienstleistungsfreiheit ebenfalls nicht auf türkische Staatsangehörige. Zwar entfaltet Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls unmittelbare Wirkung. Er verbietet aber nur, neue Beschränkungen der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit einzuführen (EuGH, Urteil vom 11. Mai 2000 - Rs. C-37/98, Savas - Slg. 2000 I-02927, Rn. 58 ff., 69). Gegen diese sogenannte Stillhalteklausel (a.a.O. Rn. 64) verstößt der Glücksspielstaatsvertrag nicht. Er regelt keine zusätzliche Beschränkung der Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit, sondern nur die Ausgestaltung eines Monopols, das aufgrund des Repressivverbots des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele (§ 284 StGB) und der landesrechtlichen Regelungen der staatlichen Lotteriemonopole (vgl. die Verordnung über die Errichtung einer Staatslotterie in Bayern vom 12. März 1946, BayGVBl 1946, 80) bereits bei Wirksamwerden des Zusatzprotokolls bestand und seinerzeit keinerlei Sportwetten außerhalb der Pferdesportwetten und des Fußballtotos zuließ. Auf die Frage, ob die damaligen Regelungen mit den Grundrechten und Grundfreiheiten in Einklang standen, kommt es nicht an. Das Zusatzprotokoll ging von dem damals vorgefundenen Rechtszustand und damit von den seinerzeit einschlägigen Vorschriften aus, die nicht durch bundesverfassungsgerichtliche Entscheidungen für nichtig erklärt worden waren.

86

Die Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art. 36 f. des Zusatzprotokolls ist nicht einschlägig, da sie nur den Zugang zur abhängigen Beschäftigung betrifft, und nicht die nach den berufungsgerichtlichen Feststellungen vom Kläger im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrages ausgeübte selbstständige Vermittlungstätigkeit (vgl. Vöneky, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, 40. Aufl. 2009, EGV Art. 310, Rn. 79; Khan, in: Geiger/Khan/Kotzur, AEUV, Art. 45 Rn. 12 und Art. 217, Rn. 20).

87

Beschlüsse nach Art. 41 Abs. 2 des Zusatzprotokolls zur Einbeziehung türkischer Staatsangehöriger in den persönlichen Anwendungsbereich der Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit sind bislang nicht ergangen (vgl. Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Band II, Stand: Oktober 2009, Vorbem. zu Art. 39 bis 55 EG, Rn. 35).

88

Die Unzulässigkeit der vom Kläger betriebenen Sportwettenvermittlung im Vereinslokal nach § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV reduziert das Ermessen der Beklagten sowohl hinsichtlich der Versagung der Erlaubnis als auch hinsichtlich der Untersagung der unzulässigen Tätigkeit nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV auf Null. Die gesetzliche Bindung des Untersagungsermessens an das legitime Ziel der Suchtvorbeugung und -bekämpfung lässt eine Duldung der zum Wetten anreizenden organisatorisch-räumlichen Verknüpfung der Sportvereinstätigkeit mit der Sportwettenvermittlung durch den Kläger nicht zu. Dies gilt auch, wenn im neuen Vereinsheim - anders als nach Aktenlage im früheren - kein Bildschirm zur Übertragung von Sportereignissen zur Verfügung stehen sollte. Schon der Umstand, dass die Sportwettenvermittlung im Vereinsheim regelmäßiger Bestandteil des Vereinslebens wird, führt zu einer Aufwertung des Wettens als Teil der sozialadäquaten aktiven Vereinsmitgliedschaft und ist geeignet, auch bislang nicht zum Wetten entschlossene Mitglieder zur Teilnahme an Wetten zu bewegen und der Suchtgefahr auszusetzen.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung vom 23. Februar 2016 weiter, mit der der Antragstellerin - unter Androhung eines Zwangsgelds in Höhe von 20.000 Euro für den Fall der Zuwiderhandlung - untersagt wurde, unerlaubtes öffentliches Glücksspiel über das Internet in Bayern zu vermitteln und in Bayern hierfür zu werben.

Die in Gibraltar ansässige Antragstellerin, die im Bundesgebiet über keine Niederlassung verfügt, betreibt eine Internetseite (www.l...com), über die sie verschiedene Glücksspiele an eine ebenfalls in Gibraltar ansässige, mit einer dortigen Lizenz ausgestattete Gesellschaft vermittelt und hierfür wirbt. Dabei handelt es sich insbesondere um sog. Zweitlotterien, in deren Rahmen auf den Ausgang von in Deutschland (und in anderen Ländern) konzessionierten staatlichen Lotterien gesetzt werden kann; zugleich wird die Teilnahme an Spielen mit sofortiger Gewinnmöglichkeit (z. B. „Rubellose“) im Internet unmittelbar angeboten und dafür geworben.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die angefochtene Entscheidung ist nicht abzuändern, denn das Verwaltungsgericht Ansbach hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die angefochtene Untersagungsverfügung zu Recht abgelehnt.

Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Antragstellerin öffentliches Glücksspiel unerlaubt vermittle, da sie in Bayern nicht über eine Erlaubnis für die Vermittlung der im Internet vertriebenen Glücksspiele verfüge. Die auf § 9 Abs. 1 Satz 2, 3 Nr. 3 GlüStV gestützte Untersagung sei rechtsfehlerfrei ergangen. Der keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken unterliegende Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV könne der Antragstellerin entgegengehalten werden. Es bestünden schon erhebliche Zweifel, ob die vermittelten Zweitlotterien als Lotterien im Sinn von § 3 Abs. 3 Satz 1 GlüStV qualifiziert werden können; dies könne aber letztlich dahinstehen. Selbst bei Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Lotteriemonopols sei die Antragstellerin im Hinblick auf die materiellen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrags aus Gründen einer präventiven Kontrolle der ihr zumutbaren Durchführung eines Erlaubnisverfahrens unterworfen. Die Untersagung stelle nicht allein auf das Fehlen der erforderlichen glücksspielrechtlichen Erlaubnis ab, sondern insbesondere auf die fehlende Gewährleistung der glücksspielrechtlichen Vorschriften zum Jugend- und Spielerschutz und damit auf monopolunabhängige Erlaubnisvoraussetzungen. Auch aus der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in Sachen Ince oder aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Juni 2016 (8 C 5.15 - juris) ließen sich keine für die Antragstellerin günstigeren Rechtsfolgen ableiten; insbesondere werde durch diese Entscheidungen die Anwendbarkeit des Erlaubnisvorbehalts nicht berührt. Die Ermessensentscheidung des Antragsgegners sei nach summarischer Prüfung auch nicht rechtsfehlerhaft und verstoße nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil die formell illegale Vermittlungstätigkeit zugleich die materiell-rechtlichen, monopolunabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen nicht erfülle. Sowohl die Einhaltung der monatlichen Einsatzhöchstgrenze von 1.000 Euro wie auch die Gewährleistung des Verbots schneller Spielwiederholungen bei den angebotenen „Rubbellosen“ und der Ausschluss minderjähriger Spieler seien nicht sichergestellt. Es liege auch kein unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG willkürliches Vorgehen nur gegen die Antragstellerin vor; vielmehr gehe der Antragsgegner seit August 2014 in Verfolgung eines zeitlich gestaffelten Konzepts planmäßig gegen insgesamt neun Glücksspielanbieter vor. Das ausgesprochene Werbeverbot sei Konsequenz des Vermittlungsverbots.

Die Antragstellerin begründet ihre Beschwerde mit dem Vorbringen, der angefochtene Beschluss verkenne die Reichweite der Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs in den Rechtssachen Ince und Winner Wetten, denn es bestehe angesichts der staatlichen Monopolstellung im Lotteriebereich keine Möglichkeit, eine Erlaubnis zu erhalten. Die Aussagen des Europäischen Gerichtshofs zur staatlichen Monopolstellung im Sportwettenbereich könnten auf den Lotteriebereich übertragen werden. Weil weder ein „fiktives Erlaubnisverfahren“ für Private zur Verfügung stehe noch die unionsrechtswidrige Monopolstellung beseitigt worden sei, könne der allgemeine Erlaubnisvorbehalt der Antragstellerin nicht, wie dies im angefochtenen Urteil geschehe, zur Begründung der Rechtmäßigkeit der Untersagung entgegengehalten werden. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Juni 2016 (a.a.O., Rn. 28) zu Sportwetten sei es folgerichtig, wenn auch bei einer unionsrechtswidrigen Monopolstellung im Lotteriebereich private Angebote nicht schon deshalb untersagt werden könnten, weil sie nicht offensichtlich erlaubnisfähig seien. Die Unionsrechtswidrigkeit des Regulierungszustandes dürfe nicht weiter ignoriert werden, sodass nicht dahinstehen könne, ob die von der Antragstellerin vermittelten Angebote „Lotterieprodukte“ darstellten und ob die staatliche Monopolstellung im Lotteriebereich unionsrechtswidrig sei; außerdem biete die Antragstellerin durch den Verkauf von „Rubbellosen“ Sofortlotterien als eigenständige Spielform an. Auch Zweitlotterien seien als Lotterien im ordnungsrechtlichen Sinn einzuordnen, wie dies auch im Anwendungsbereich des § 287 StGB der Fall sei. Die staatliche Monopolstellung im Lotteriebereich sei voraussichtlich unionsrechts- und verfassungswidrig, weil mit dem Lottospiel regelmäßig keine erhöhten Suchtanreize verbunden und die vom Gesetzgeber pauschal behaupteten Manipulationsrisiken auch im Hinblick auf die anfallenden Spielentgelte nicht nachgewiesen seien. Auch das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV entfalte wegen Verstoßes gegen Unionsrecht keine Wirksamkeit. Für den Bereich der Lotterien bestünden nunmehr Befreiungsvorbehalte. Das generelle Internetverbot von Poker- und Casinospielen habe wegen seiner fehlenden Praxistauglichkeit den Eintritt eines verfassungswidrigen Zustandes zur Folge gehabt. Die gesamte Internetregelung sei nicht kohärent. Der Gesetzgeber sei seinen Darlegungspflichten für den nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die Berufsfreiheit der Anbieter von Online-Glücksspielen nicht nachgekommen. Aus den gleichen Gründen wie beim Erlaubnisvorbehalt führe somit die Durchsetzung des Internetverbots ebenso wie des allgemeinen Werbeverbots zu einer unverhältnismäßigen Beschränkung der Antragstellerin. Schließlich sei ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG im Rahmen der Ermessensausübung festzustellen, weil der Antragsgegner nicht anhand einer hinreichend differenzierten und transparenten Bewertungsmatrix für ein priorisiertes Verfahren vorgehe, jedenfalls der Forderung nach einer Offenlegung nicht nachgekommen sei, so dass es an einer Grundlage für eine sachgerechte Vergleichsbetrachtung fehle. Die Bundesländer hätten sich abgesprochen, in willkürlicher Weise bestimmte Anbieter „in die Zange“ zu nehmen und durch ein gleichzeitiges Vorgehen einen „Überraschungseffekt“ zu nutzen. Die vorgelegte „Bestandsaufnahmetabelle“ (Stand: 7.3.2016) sei nicht geeignet, erkennen zu können, gegen welchen Anbieter in welchem Bundesland priorisiert vorgegangen werde. Jedenfalls habe der Antragsgegner nicht sämtliches Tatsachenmaterial vorgelegt, mit dessen Hilfe die Frage der Schlüssigkeit der Störerauswahl hätte geprüft werden können.

Unter Berücksichtigung dieses Beschwerdevorbringens, auf dessen Prüfung der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, hat die Klage im Hauptsacheverfahren voraussichtlich keine Erfolgsaussichten.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht darauf abgestellt, dass die Antragstellerin (für Bayern) über keine Erlaubnis des Antragsgegners zur Vermittlung der von ihr im Internet vertriebenen öffentlichen Glücksspiele nach § 4 Abs. 1 Satz 1GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 5 Nr. 2 AGGlüStV verfügt. Eine möglicherweise noch bestehende, von der Regierung von Gibraltar erteilte Erlaubnis vermag nicht die für die Vermittlungstätigkeit nach nationalem Recht erforderliche Erlaubnis zu ersetzen. Nach der im angefochtenen Beschluss zitierten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts bestehen auch für den Senat im Hinblick auf die Wirksamkeit des Erlaubnisvorbehalts keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, denn er dient - unabhängig von einer möglichen Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols (vgl. § 10 Abs. 2, 3, 6 GlüStV) - den legitimen Zielen insbesondere des Jugend- und Spielerschutzes sowie der Bekämpfung der Kriminalität im Wege einer präventiven Überprüfung der Voraussetzungen der Erlaubnis (zuletzt BayVGH, B.v. 1.8.2016 - 10 CS 16.893 - juris Rn. 20). Selbst bei Rechtswidrigkeit des Monopols bliebe eine ordnungsrechtlich präventive Untersagung der Internetvermittlung bis zur Klärung der - monopolunabhängigen - Erlaubnisfähigkeit möglich; ist die Vermittlungstätigkeit materiell illegal, kann sie zur Gefahrenabwehr auf der Grundlage der jeweiligen landesrechtlichen Ermächtigungen untersagt werden (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 41.12 - juris Rn. 55 f.).

Der Senat hat auch im Hinblick auf die Rechtswirksamkeit des mit § 4 Abs. 4 GlüStV verbundenen, für alle Arten von Glücksspielangeboten geltenden Verbots der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet keine Bedenken (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 8 C 5.10 - juris Rn. 48, die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde wurde nicht angenommen: BVerfG, B.v. 30.9.2013 - 1 BvR 3196/11 - juris; BGH, U.v. 28.09.2011 - I ZR 189/08 - juris, alle zu § 4 Abs. 4 GlüStV a.F.; BayVerfGH, U.v. 23.11.2016 - 1-VII-15 - juris Rn. 93 f.; OVG Lüneburg, B.v. 17.08.2016 - 11 ME 61/16 - juris Rn. 30 ff.); von dem Verbot kann allerdings für den Eigenbetrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten nach § 4 Abs. 5 GlüStV, Art. 2 Abs. 3 AGGlüStV - bei Sicherstellung bestimmter Voraussetzungen - im Rahmen eines eigenständigen Erlaubnisverfahrens befreit werden.

Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung der materiellen Illegalität der von der Antragstellerin (online) vermittelten Zweitlotterien sowie der Sofortlotterien - ausgehend von der dargelegten Wirksamkeit des Internetverbots - auf die inhaltlichen Verstöße des Angebots gegen die sich aus § 4 Abs. 5 Nr. 1, 2 und 3 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 3 AGGlüStV ergebenden Voraussetzungen abgestellt (BA S. 13 bis 15) und näher begründet, warum weder die Einhaltung der Einsatzhöchstgrenze von monatlich 1.000 Euro je Spieler noch der vollständige Ausschluss minderjähriger Spieler durch eine entsprechende Identifizierung gewährleistet ist; zudem verstießen die angebotenen „Rubbellose“ gegen das Verbot schneller Spielwiederholungen. Auf diese für die angefochtene Entscheidung erheblichen Erwägungen geht die Beschwerde nicht ein; für das Beschwerdeverfahren ist daher davon auszugehen, dass die entsprechenden Annahmen des Verwaltungsgerichts zutreffen. Im Übrigen hat die Antragstellerin ein Erlaubnisverfahren weder eingeleitet hat noch beabsichtigt, einen solchen Antrag mit dem Ziel einer Legalisierung ihrer Tätigkeit zu stellen. Aus diesem Grund besteht schon keine Möglichkeit, im Rahmen eines Erlaubnisverfahrens die Einhaltung der sich aus § 4 Abs. 5 Nr. 1, 2 und 3 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 3 AGGlüStV ergebenden Voraussetzungen etwa durch Nebenbestimmungen (vgl. Art. 36 BayVwVfG) sicherzustellen (OVG Saarland, B.v. 12.5.2016 - 1B 199/15 - juris Rn. 44).

Anders als die Beschwerde meint, vermag ihr auch nicht in die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zum Sportwettenbereich in der Rechtssache Ince (U.v. 4.2.2016 - C-336/14) zum Erfolg zu verhelfen. In der Entscheidung wird festgestellt, dass die Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV der strafrechtlichen Ahndung unerlaubter Sportwettenvermittlung entgegensteht, wenn das für Private eröffnete Erlaubnisverfahren nicht transparent und diskriminierungsfrei ausgestaltet ist und deshalb faktisch weiterhin ein staatliches Sportwettenmonopol besteht. Der Entscheidung kann schon nicht die von der Antragstellerin gezogene Folgerung entnommen werden, auch im Bereich der über Internet vermittelten Lotterien sei kein transparentes, diskriminierungsfreies Erlaubnisverfahren eröffnet, weshalb bis zur Entscheidung über eine Neuregulierung dieses Glücksspielbereichs ein fiktives Erlaubnisverfahren eröffnet werden müsse und das Fehlen einer deutschen Erlaubnis oder „einer offensichtlichen Erlaubnisfähigkeit“ (vgl. Beschwerdebegründung v. 7.11.2016, S. 4) für eine rechtmäßige Untersagungsverfügung nicht ausreiche. Diese Sichtweise lässt außer Betracht, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen und Beschränkungen der nur ausnahmsweise erlaubnisfähigen Vermittlung von Lotterien im Internet nach § 4 Abs. 5 GlüStV von jedem Vermittler zu beachten sind. Verstöße hiergegen können ein Untersagungsverfahren auch dann nach sich ziehen, wenn eine Internetvermittlungserlaubnis erteilt worden sein sollte. Eine präventive Untersagung bis zur Klärung der im Streit befindlichen Erlaubnisfähigkeit einer Vermittlung von Glücksspielen ist nicht ausgeschlossen; selbst bei Bestehen eines rechtswidrigen Monopols verlangt das Unionsrecht keine sofortige Öffnung des Markts für alle privaten Anbieter ohne jegliche präventive Kontrolle (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 41.12 - juris Rn. 55 f.). Diese Aspekte stellt der angefochtene Beschluss (BA, S. 11, 2. Abs.) ausführlich dar, ohne dass sich die Beschwerde hiermit befasst. Aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 4. Februar 2016 (a.a.O.), in dem es um die Zulässigkeit einer strafrechtlichen (repressiven) Ahndung der ohne behördliche Erlaubnis aufgenommenen Vermittlung von Sportwetten geht, kann nicht die Unvereinbarkeit von Bestimmungen des nationalen Glücksspielrechts zur (präventiven) Gefahrenabwehr mit Unionsrecht im Bereich von Sportwetten oder anderen Glücksspielen abgeleitet werden (NdsOVG, B.v. 12.12.2016 - 11 ME 157/16 - juris Rn. 6; OVG Saarl, B.v. 12.5.2016 - 1B 199/15 - juris Rn. 43).

Vor dem Hintergrund seiner Annahmen hat das Verwaltungsgericht letztlich die Frage, ob die von der Antragstellerin vermittelten Zweitlotterien als Lotterien im rechtstechnischen Sinne nach § 3 Abs. 3 Satz 1 GlüStV und damit auch nach § 4 Abs. 5 Halbs. 1 GlüStV qualifiziert werden können oder ob es sich um bloße Wettangebote handelt, zu Recht dahinstehen lassen (BA, S. 11, 2. Abs.). Die umfangreichen Ausführungen der Antragstellerin in diesem Zusammenhang zur strittigen Frage der Auslegung des Begriffs „nach einem bestimmten Plan“ (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 1 GlüStV) sind daher nicht entscheidungserheblich. Selbst wenn man der Ansicht der Antragstellerin folgen und auch die von ihr vermittelten Zweitlotterien als Lotterien im Sinn von § 4 Abs. 5 GlüStV ansehen wollte, wäre im vorliegenden Fall die dann grundsätzlich erlaubnisfähige Internetvermittlung dieser Lotterien in der angebotenen Form materiell illegal. Dies gilt im Übrigen auch für das weitere, damit nicht entscheidungserhebliche Beschwerdevorbringen, das sich mit der behaupteten Unionsrechtswidrigkeit der staatlichen Monopolstellung im Lotteriebereich befasst.

Auch die Berufung der Beschwerde auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Juni 2016 (8 C 5.15 - juris Rn. 28) vermag nicht zu einer Abänderung der angefochtenen Entscheidung zu führen. Die Beschwerde übersieht, dass es in dieser Entscheidung ausschließlich um das (formelle) Fehlen einer Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten in einer Betriebstätte - nicht im Internet - ging, und in dieser Situation eine Untersagung dann nicht gerechtfertigt ist, wenn das für Private für eine Übergangszeit eröffnete Erlaubnisverfahren nicht transparent und diskriminierungsfrei ausgestaltet ist und daher faktisch ein staatliches (Sportwetten-)Monopol fortbesteht. Im vorliegenden Fall geht es jedoch unabhängig von der Frage der Zulässigkeit eines (Lotterie-)Monopols um die Vermittlung von - im Übrigen aktuell in Deutschland nicht zugelassenen - Glücksspielprodukten via Internet, die schon den materiellen Anforderungen der Ausnahmevorschrift des § 4 Abs. 5 GlüStV nicht entspricht.

Schließlich vermag die Antragstellerin auch nicht mit Ihrem Einwand durchzudringen, die Untersagung sei rechtswidrig, weil ihr eine nach Art. 3 Abs. 1 GG willkürliche und somit rechtsfehlerhafte Ermessensausübung zugrunde liege. Ermächtigt ein Gesetz, wie hier § 9 Abs. 1 Satz 2, 3 GlüStV, bestimmte Verhaltensweisen nach Ausübung von Ermessen zu untersagen, verlangt der Grundsatz der Gleichbehandlung von der zuständigen Behörde, Maßnahmen zur Bekämpfung rechtswidriger Zustände in vergleichbaren Fällen grundsätzlich in vergleichbarer Art und Weise zu ergreifen oder zu unterlassen. Er verlangt aber nicht, bei einer großen Anzahl an rechtswidrigen Zuständen in sämtlichen Fällen und zur gleichen Zeit gegen alle Störer vorzugehen. Allerdings ist es der Behörde verwehrt, systemlos oder willkürlich vorzugehen. Behandelt sie mehrere Fallgruppen unterschiedlich, bedarf es hierzu ebenso eines sachlichen Grundes, wie wenn sie sich auf das Herausgreifen eines Einzelfalls beschränkt (BVerwG, U.v. 9.7.2014 - 8 C 36..12 - juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 1.8.2016 - 10 CS 16.893 - juris Rn. 47; NdsOVG, B.v. 12.12.2016 - 11 ME 157/16 - juris Rn. 12).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat das Verwaltungsgericht ein willkürliches Vorgehen des Antragsgegners gegen die Antragstellerin verneint und dabei auf die im Juli 2014 festgelegten gemeinsamen Richtlinien der Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder für ihr Vorgehen gegen illegales Glücksspiel im Internet verwiesen. Sie sehen grundsätzlich ein Vorgehen gegen jede Art unerlaubten Glücksspiels im Internet vor und differenzieren zunächst danach, ob eine Legalisierung möglich ist und auch angestrebt wird. Weitere Kriterien sind die Gefährlichkeit des Spiels, die Marktstellung des Anbieters sowie die Vielfalt seines Angebots. Anhand dieser sachlich gerechtfertigten Kriterien ist im vorliegenden Fall das Einschreiten des Antragsgegners insbesondere im Hinblick auf die fehlenden Bemühungen der Antragstellerin um eine Erlaubnis, auf die bei der derzeitigen Ausgestaltung der Zweitlotterien fehlende Erlaubnisfähigkeit wegen Nichteinhaltung der Bestimmungen zum Jugend- und Spielerschutzes, auf das umfängliche Angebot von ca. 30 Zweitlotterien sowie im Hinblick auf die hohe Besucherzahl im Internet nicht willkürlich, zumal der Antragsgegner ausdrücklich darauf hinweist, er gehe seit August 2014 - zeitlich gestaffelt - gegen insgesamt neun Anbieter von Glücksspielen, darunter drei Anbieter von Zweitlotterien, vor.

Demgegenüber zeigt die Beschwerde kein willkürliches Vorgehen gegenüber der Antragstellerin auf. Zunächst bestehen keine Bedenken gegen das gemeinsame Vorgehen der Bundesländer im Bereich der Glücksspielaufsicht. Seine Zulässigkeit ergibt sich aus § 9 Abs. 3 Satz 1 GlüStV, der ausdrücklich die Zusammenarbeit der Länder „bei der Glücksspielaufsicht“ bestimmt. Damit ist der Vorwurf, die beanstandete Untersagungsverfügung sei erst als Ergebnis einer „Verfahrensabsprache“, damit „auf Zuruf“ und zudem unter Ausnutzung eines Überraschungseffekts erlassen worden, nicht geeignet, ein gleichheitssatzwidriges Vorgehen zu belegen. Die in Bezug genommenen Leitlinien vom Juli 2014 sind auch nach Auffassung des Senats grundsätzlich geeignet, ein dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechendes Konzept darzustellen, das die Grundlage für eine gleichheitssatzgemäße Verwaltungspraxis bildet (NdsOVG, B.v. 12.12.2016, a.a.O. Rn. 14). Anders als die Beschwerde meint, bedarf es auch keiner bis ins letzte Detail gehenden und regelmäßig zu aktualisierenden „Bewertungsmatrix“, aus der sich quasi mit mathematischer Genauigkeit die einzig „richtige“ Rangfolge des behördlichen Einschreitens von selbst ergibt. Derartig weitgehende Anforderungen stellt der Gleichheitsgrundsatz schon deswegen nicht, weil behördliches Einschreiten nach Ermessen das Bestehen eines Ermessensspielraums voraussetzt, dessen gesetzlich definierte Grenzen einzuhalten sind (vgl. Art. 40 BayVwVfG).

Jedenfalls im Rahmen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes, in dem lediglich eine summarische Prüfung erfolgen kann, erachtet der Senat die Darlegungen des Antragsgegners zu der erheblichen Gefahr, die von den im Internet von der Antragstellerin vermittelten Zweitlotterien ausgehen, zur Entkräftung des Vorwurfs eines willkürlichen Vorgehens als ausreichend. Zu keinem anderen Ergebnis führen auch die von der Antragstellerin im Hinblick auf die „Prioritätsliste Internetvollzug“ aufgeworfenen Fragen; in der Tat erschließen sich zwar einige der in der Liste enthaltenen Werte und ihre Bedeutung für den Vollzug der Glücksspielaufsicht nicht oder nicht ohne weiteres. Der Antragsgegner hat insoweit auch keine Aufklärung geleistet. Allerdings reichen die im Eilverfahren feststehenden Erkenntnisse für ein Einschreiten gegen die Antragstellerin aus, insbesondere die erhebliche Anzahl der Besucher der Website, die mit 161.000 im monatlichen Durchschnitt des 1. Quartals 2014 in der Liste angegeben wird. Dieser Umstand in Zusammenschau mit den Gefahren, die von der Vermittlung von Internet-Zweitlotterien für die Ziele des Staatsvertrages - insbesondere die in § 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 GlüStV genannten Ziele der Bekämpfung von Glücksspielsucht und der Gewährleistung des Jugendschutzes - ausgehen, rechtfertigt das Einschreiten des Antragsgegners jedenfalls auch unter dem Aspekt des Art. 3 Abs. 1 GG. Die von Antragstellerseite geforderte „länderspezifische Marktbetrachtung“ zur Wahrung des Föderalismusprinzips vermag zu keinem anderen Ergebnis zu führen, weil insoweit der landesgesetzliche Auftrag zur gegenseitigen Absprache der Glücksspielaufsichtsbehörden nach § 9 Abs. 3 Satz 1 GlüStV besteht, der keinen Widerspruch zum Föderalismusprinzip bildet, sondern seiner Stärkung dient.

Die noch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht beanstandete Kostenfestsetzung und die dem Bescheid beigefügte Kostenrechnung des Antragsgegners sind nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Untersagungsverfügung, mit der ihr die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung von Sportwetten verboten wurde.

2

In der G.straße ... in M. und in drei weiteren Betriebsstätten im Stadtgebiet der Beklagten vermittelte die Klägerin Sportwetten an die I. in G., die über eine dort erteilte Lizenz zur Veranstaltung von Sportwetten verfügte. Die Beklagte untersagte der Klägerin nach vorheriger Anhörung mit Verfügung vom 18. Juni 2008 die Veranstaltung, Vermittlung und Durchführung von Sportwetten sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet für jede Betriebsstätte in M. Sie gab der Klägerin auf, den Betrieb mit Ablauf des 19. Juni 2008 einzustellen, und drohte ihr ein Zwangsgeld in Höhe von 25 000 € an. Die Untersagung stützte sie auf § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 i.V.m. § 4 Abs. 1, 2 und 4 des Glücksspielstaatsvertrages in der seinerzeit geltenden Fassung (GlüStV). Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, das Wettangebot der Klägerin erfülle den Straftatbestand unerlaubten Glücksspiels gemäß § 284 Abs. 1 des Strafgesetzbuches (StGB). Eine Erlaubnis könne wegen des staatlichen Wettmonopols nach § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV nicht erteilt werden. Bei sachgerechter Ermessensausübung komme keine andere Entscheidung als eine Untersagung in Betracht. Diese sei auch verhältnismäßig.

3

Am 23. Juni 2008 hat die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht München Klage erhoben und um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Wenige Tage später wurde bei einer Polizeikontrolle in der G.straße ... die Vermittlung von Sportwetten der I. festgestellt. Daraufhin stellte die Beklagte das Zwangsgeld fällig und verfügte die Anwendung unmittelbaren Zwangs. Am 26. Juni 2008 wurde das Wettbüro der Klägerin polizeilich geschlossen und versiegelt. Dagegen erhob die Klägerin - in einem anderen Verfahren - ebenfalls Klage und bat um vorläufigen Rechtsschutz.

4

Das Verwaltungsgericht München lehnte mit Beschluss vom 3. Juli 2008 den Eilantrag betreffend die Untersagungsverfügung und die Zwangsgeldandrohung ab. Mit weiterem Beschluss vom 7. Juli 2008 ordnete es die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Anordnung unmittelbaren Zwangs unter der Auflage an, dass in der G.straße ... keine unerlaubte Sportwettenvermittlung mehr durchgeführt werde. Die Beklagte setzte das fällig gestellte Zwangsgeld vom Soll ab und hob die Versiegelung auf. Das Eilverfahren wurde nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen eingestellt; der Klage gegen die Anordnung unmittelbaren Zwangs wurde im Januar 2009 stattgegeben.

5

Die Klage gegen die Untersagungsverfügung und die Zwangsgeldandrohung hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 27. Januar 2009 abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihr Klagebegehren für die Zeit bis zur Berufungsentscheidung auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag umgestellt und an der Anfechtung nur für den anschließenden Zeitraum festgehalten. Sie meint, ihr Feststellungsinteresse für die Vergangenheit ergebe sich aus der Versiegelung ihrer Betriebsstätte in der Zeit vom 26. Juni bis zum 8. Juli 2008 sowie aus der Absicht, unionsrechtliche Staatshaftungsansprüche geltend zu machen. Darüber hinaus bestehe eine Wiederholungsgefahr und - wegen des Vorwurfes strafrechtswidrigen Verhaltens - ein Rehabilitierungsinteresse. Die Beklagte hat in ihrer Berufungserwiderung die Auffassung vertreten, die formelle Illegalität der Vermittlung rechtfertige die Untersagung auch unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Monopols. Mit Bezug darauf hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2010 die Ermessenserwägungen des angegriffenen Bescheides ausdrücklich um Ausführungen zur - nach ihrer Ansicht fehlenden - materiellen Erlaubnisfähigkeit der Veranstaltung und Vermittlung der Sportwetten ergänzt.

6

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 12. Januar 2012 das erstinstanzliche Urteil geändert, den angefochtenen Bescheid vom 18. Juni 2008 aufgehoben und dessen Rechtswidrigkeit im Zeitraum bis zur Berufungsentscheidung festgestellt. Die in die Zukunft gerichtete, zulässige Anfechtungsklage sei begründet, weil die Untersagungsverfügung ermessensfehlerhaft sei. Sie stütze sich maßgeblich auf das staatliche Sportwettenmonopol, das seinerseits gegen Unionsrecht verstoße. Es schränke die Dienstleistungsfreiheit unverhältnismäßig ein, da es nicht den Anforderungen der Geeignetheit und dem daraus abzuleitenden Erfordernis der Kohärenz entspreche. Dass es irgendeinen Beitrag zur Verwirklichung der mit dem Monopol verfolgten Ziele leiste, reiche nicht aus. Zu fordern sei vielmehr ein glücksspielsektorenübergreifender, konzeptionell und inhaltlich aufeinander bezogener, systematischer Regelungszusammenhang, mit dem diese Ziele konsequent verfolgt würden. Daran fehle es im maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsentscheidung schon wegen der gegenläufigen Regelung des gewerblichen Automatenspiels. Die Expansionspolitik in diesem Bereich führe dazu, dass die Monopolziele der Suchtbekämpfung und des Spielerschutzes nicht mehr wirksam verfolgt werden könnten. Auf Interdependenzen zwischen den beiden Glücksspielsektoren komme es dabei nicht an. Bei einem derartig widersprüchlichen Regelungs- und Schutzkonzept sei nicht nur die Geeignetheit der Beschränkung in einem Teilsegment, sondern ihre Verhältnismäßigkeit insgesamt in den Blick zu nehmen.

7

Die Untersagungsverfügung könne auch nicht mit dem Hinweis auf die formelle Illegalität und die fehlende materielle Erlaubnisfähigkeit der Wettvermittlung aufrechterhalten werden. Eine vollständige Untersagung sei nur bei fehlender Erlaubnisfähigkeit gerechtfertigt. Außerdem stehe § 114 Satz 2 VwGO einer Berücksichtigung der nachgeschobenen Ermessenserwägungen entgegen. Diesen sei auch kein Neuerlass der Untersagungsverfügung unter konkludenter Rücknahme des Ausgangsbescheides zu entnehmen. Wegen der Rechtswidrigkeit der Untersagung könne die Zwangsgeldandrohung ebenfalls keinen Bestand haben.

8

Der Antrag, die Rechtswidrigkeit der Untersagung für die Vergangenheit festzustellen, sei zulässig und begründet. Ein berechtigtes Interesse der Klägerin an dieser Feststellung bestehe jedenfalls in Gestalt eines Rehabilitierungsinteresses. Dieses ergebe sich schon aus dem Vorwurf objektiv strafbaren Verhaltens. Im Übrigen sei ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse auch wegen des tiefgreifenden Eingriffs in die Berufsfreiheit zu bejahen, da andernfalls effektiver Rechtsschutz nicht gewährleistet sei. Auf das Vorliegen eines Präjudizinteresses komme es danach nicht an. Die Begründetheit des Fortsetzungsfeststellungsantrags ergebe sich aus den Urteilserwägungen zur Anfechtungsklage.

9

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision macht die Beteiligte geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe zu Unrecht ein berechtigtes Feststellungsinteresse der Klägerin bejaht. Ein Rehabilitierungsinteresse scheide aus, da die Klägerin sich als juristische Person nicht strafbar machen könne. Die Untersagungsverfügung bewirke auch keinen tiefgreifenden Grundrechtseingriff, sondern erschöpfe sich in einer Berufsausübungsregelung. Materiell-rechtlich wende das Berufungsgericht das unionsrechtliche Kohärenzerfordernis unzutreffend an. Unabhängig davon werde die Untersagung auch von den nachgeschobenen Gründen getragen. Außerdem macht die Beteiligte Verfahrensmängel geltend.

10

Mit Schriftsatz vom 15. November 2012 hat die Beklagte erklärt, aus der angefochtenen Untersagungsverfügung ab dem 1. Juli 2012 keine Rechte mehr herzuleiten. Daraufhin haben die Hauptbeteiligten den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt.

11

Die Beteiligte beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. Januar 2012 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 27. Januar 2009 zurückzuweisen, soweit der Rechtsstreit noch nicht - in Bezug auf die Zeit seit dem 1. Juli 2012 - in der Hauptsache erledigt ist, sowie der Klägerin die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens insgesamt aufzuerlegen.

12

Die Beklagte schließt sich dem Revisionsvorbringen der Beteiligten an, ohne einen eigenen Antrag zu stellen.

13

Die Klägerin beantragt,

die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass anstelle der Aufhebung der Untersagungsverfügung deren Rechtswidrigkeit - auch - in der Zeit von der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs bis zum 30. Juni 2012 festgestellt wird, sowie die Kosten des Revisionsverfahrens insgesamt dem Freistaat Bayern aufzuerlegen.

14

Sie verteidigt das angegriffene Urteil und meint, ein ideelles Feststellungsinteresse ergebe sich auch aus dem tiefgreifenden Eingriff in unionsrechtliche Grundfreiheiten in Verbindung mit der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs nach Art. 47 Abs. 1 der Grundrechtecharta der Europäischen Union (GRC). Dazu regt die Klägerin eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union an. Für die von ihr formulierte Vorlagefrage wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift verwiesen. Ferner macht die Klägerin ein Präjudizinteresse wegen unionsrechtlicher Staatshaftungsansprüche geltend. Die formelle Illegalität ihrer Tätigkeit könne ihr nicht entgegengehalten werden, weil ihr die Erlaubnis zur Vermittlung an private Wettanbieter unionsrechtswidrig vorenthalten worden sei. Ein Verneinen des Feststellungsinteresses entwerte ihren prozessualen Aufwand und bringe sie um die Früchte des mehr als vierjährigen Verfahrens. Materiell-rechtlich hält die Klägerin den Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 GlüStV für unionsrechtswidrig und die Monopolregelung für inkohärent.

Entscheidungsgründe

15

Soweit die Hauptbeteiligten den Rechtsstreit mit Schriftsätzen vom 15. und 23. November 2012 übereinstimmend - bezüglich der Zeit seit dem 1. Juli 2012 - für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Einer Zustimmung des am Verfahren beteiligten Vertreters des öffentlichen Interesses bedurfte es nicht. Im Umfang der Teilerledigung sind das erstinstanzliche und das Berufungsurteil wirkungslos geworden.

16

Im Übrigen - soweit die Klägerin begehrt, die Rechtswidrigkeit der Untersagung bis zur Entscheidung des Berufungsgerichts und darüber hinaus bis zum 30. Juni 2012 festzustellen - ist die zulässige Revision begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs verletzt revisibles Recht, weil es unzutreffend annimmt, die Klägerin habe gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit für den bereits abgelaufenen Zeitraum. Das Urteil beruht auch auf dieser Rechtsverletzung und erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 137 Abs. 1, § 144 Abs. 4 VwGO). Bei zutreffender Rechtsanwendung hätte es die Fortsetzungsfeststellungsklage für unzulässig halten müssen. Dies führt zur Änderung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen - klagabweisenden - Urteils. Dem steht nicht entgegen, dass der Klagantrag umgestellt wurde.

17

1. In Bezug auf den noch verfahrensgegenständlichen, bereits abgelaufenen Zeitraum bis zum 30. Juni 2012 kann die Untersagungsverfügung nur mit der Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO angegriffen werden.

18

a) Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof den entsprechenden Antrag der Klägerin für die Zeit bis zur Berufungsentscheidung für statthaft gehalten, da die Untersagung sich als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung grundsätzlich fortlaufend für den jeweils abgelaufenen Zeitraum erledigt. Ein Verbot wird durch Zeitablauf gegenstandslos, weil es nicht rückwirkend befolgt oder durchgesetzt werden kann. Maßnahmen zur Vollstreckung der Untersagung schließen eine Erledigung nur aus, wenn sie bei Aufhebung der Grundverfügung noch rückgängig zu machen sind. Das ist bei der Schließung der Betriebsstätte durch unmittelbaren Zwang vom 26. Juni bis zum 8. Juli 2008 nicht der Fall.

19

b) Für den Zeitraum von der Berufungsentscheidung bis zum Ablauf der Wirkung der Untersagung infolge ihrer nachträglichen Befristung zum 30. Juni 2012 hat die Klägerin ihr Anfechtungsbegehren im Revisionsverfahren zulässig auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag umgestellt. Das Verbot der Klageänderung gemäß § 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO steht nur einer Änderung des Streitgegenstandes entgegen. Es schließt jedoch nicht aus, von der Anfechtung eines Verwaltungsakts zu einem Fortsetzungsfeststellungsantrag überzugehen. Dieser Antrag ist für die Zeit bis zum 30. Juni 2012 auch statthaft, da sich die angegriffene Untersagung bis zu diesem Tag weiter fortlaufend und mit seinem Ablauf endgültig erledigt hat. Vorher ist keine endgültige Erledigung eingetreten, weil die Klägerin ihre Betriebsstätte nach der vorübergehenden polizeilichen Schließung wieder zur Vermittlung von Pferdewetten nutzte und auch die Vermittlung von Sportwetten dort jederzeit hätte wieder aufnehmen können.

20

2. Zulässig ist die statthafte Fortsetzungsfeststellungsklage allerdings nur, wenn die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts hat. Ein solches Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position der Klägerin in den genannten Bereichen zu verbessern (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 4. März 1976 - BVerwG 1 WB 54.74 - BVerwGE 53, 134 <137> und vom 24. Oktober 2006 - BVerwG 6 B 61.06 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 24 Rn. 3). Als Sachentscheidungsvoraussetzung muss das Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen. Danach kommt es hier auf den Schluss der mündlichen Verhandlung in der Revisionsinstanz an.

21

a) Für diesen Zeitpunkt lässt sich ein berechtigtes Feststellungsinteresse nicht mit einer Wiederholungsgefahr begründen. Dazu ist nicht nur die konkrete Gefahr erforderlich, dass künftig ein vergleichbarer Verwaltungsakt erlassen wird. Darüber hinaus müssen die für die Beurteilung maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände im Wesentlichen unverändert geblieben sein (Urteil vom 12. Oktober 2006 - BVerwG 4 C 12.04 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 23 Rn. 8 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Die für die Beurteilung einer glücksspielrechtlichen Untersagung maßgeblichen rechtlichen Umstände haben sich mit dem Inkrafttreten des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011 (BayGVBl 2012 S. 318) und dessen landesrechtlicher Umsetzung in Bayern zum 1. Juli 2012 gemäß §§ 1 und 4 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland und anderer Rechtsvorschriften vom 25. Juni 2012 (BayGVBl S. 270) grundlegend geändert. Dem steht nicht entgegen, dass der allgemeine Erlaubnisvorbehalt für die Veranstaltung und Vermittlung öffentlichen Glücksspiels nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV und die Ermächtigung zur Untersagung der unerlaubten Veranstaltung und Vermittlung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV fortgelten. Für die rechtliche Beurteilung einer Untersagung kommt es auch auf die Verhältnismäßigkeit des mit ihr durchgesetzten Erlaubnisvorbehalts sowie des Verbots selbst und damit auf Fragen der materiellen Erlaubnisfähigkeit des untersagten Verhaltens an (vgl. Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 55; dazu näher unten Rn. 54 f.). Insoweit ergeben sich aus den in Bayern zum 1. Juli 2012 in Kraft getretenen, § 4 GlüStV ergänzenden Spezialregelungen betreffend die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten erhebliche Unterschiede zur früheren, bis zum 30. Juni 2012 geltenden Rechtslage. Nach § 10a Abs. 1 und 2 i.V.m. §§ 4a ff. GlüStV wird das staatliche Sportwettenmonopol - zunächst für eine Experimentierphase von sieben Jahren - durch ein Konzessionssystem ersetzt. Gemäß § 10a Abs. 3 GlüStV können bundesweit bis zu 20 Wettunternehmen eine Veranstalterkonzession erhalten. Für die Konzessionäre wird das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV, von dem ohnehin nach Absatz 5 der Vorschrift dispensiert werden darf, nach Maßgabe des § 10a Abs. 4 Satz 1 und 2 GlüStV gelockert. Die Vermittlung konzessionierter Angebote bleibt nach § 10a Abs. 5 Satz 2 GlüStV i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erlaubnispflichtig. Die Anforderungen an die gewerbliche Spielvermittlung werden aber in § 19 i.V.m. §§ 5 bis 8 GlüStV in wesentlichen Punkten neu geregelt. So wurden die Werbebeschränkungen des § 5 GlüStV deutlich zurückgenommen (dazu im Einzelnen Beschluss vom 17. Oktober 2012 - BVerwG 8 B 47.12 - Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 208 Rn. 6). Andererseits enthält § 7 Abs. 1 Satz 2 GlüStV eine weitgehende Konkretisierung der zuvor nur allgemein statuierten Aufklärungspflichten. Außerdem bindet § 8 Abs. 6 GlüStV erstmals auch die Vermittler in das übergreifende Sperrsystem nach § 23 GlüStV ein. Insgesamt schließen die erheblichen Änderungen der für die materiell-rechtliche Beurteilung der Untersagung erheblichen Vorschriften es aus, von einer im Wesentlichen gleichen Rechtslage auszugehen.

22

Aus der Befristung der experimentellen Konzessionsregelung lässt sich keine konkrete Wiederholungsgefahr herleiten. Ob der Gesetzgeber das Konzessionssystem und dessen materiell-rechtliche Ausgestaltung nach Ablauf der siebenjährigen Experimentierphase auf der Grundlage der inzwischen gewonnenen Erfahrungen fortschreiben, modifizieren oder aufgeben wird, ist ungewiss. Eine Rückkehr zur alten Rechtslage ist jedenfalls nicht abzusehen.

23

b) Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist auch nicht wegen eines Rehabilitierungsinteresses der Klägerin zu bejahen. Die gegenteilige Auffassung der Vorinstanz beruht auf der Annahme, ein solches Interesse bestehe schon wegen des Vorwurfs objektiver Strafbarkeit des untersagten Verhaltens. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.

24

Allerdings fehlt ein Rehabilitierungsinteresse nicht etwa deshalb, weil die Klägerin sich als juristische Person nicht strafbar machen kann. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Schutzbereich des Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG sich nach Art. 19 Abs. 3 GG insgesamt auf juristische Personen erstreckt. Sie können jedenfalls Ausprägungen dieses Rechts geltend machen, die nicht an die charakterliche Individualität und die Entfaltung der natürlichen Person anknüpfen, sondern wie das Recht am eigenen Wort oder das Recht auf Achtung des sozialen Geltungsanspruchs und auf Abwehr von Rufschädigungen auch Personengesamtheiten und juristischen Personen zustehen können (BVerfG, Beschluss vom 9. Oktober 2002 - 1 BvR 1611/96, 805/98 - BVerfGE 106, 28 <42 ff.>; BGH, Urteil vom 3. Juni 1986 - VI ZR 102/85 - BGHZ 98, 94 <97>). Die bloße Einschätzung eines Verhaltens als objektiv strafbar hat aber keinen den Betroffenen diskriminierenden Charakter und kann deshalb noch kein Rehabilitierungsinteresse auslösen.

25

Ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (Beschlüsse vom 4. März 1976 a.a.O. S. 138 f. und vom 4. Oktober 2006 - BVerwG 6 B 64.06 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 36 S. 4 f.). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. In der Feststellung objektiver Strafbarkeit des untersagten Verhaltens liegt noch keine Stigmatisierung. Vielmehr erschöpft sie sich in der Aussage, die unerlaubte Veranstaltung und Vermittlung der Sportwetten erfülle den objektiven Tatbestand des § 284 Abs. 1 StGB und rechtfertige deshalb ein ordnungsbehördliches Einschreiten. Damit enthält sie kein ethisches Unwerturteil, das geeignet wäre, das soziale Ansehen des Betroffenen herabzusetzen. Diese Schwelle wird erst mit dem konkreten, personenbezogenen Vorwurf eines schuldhaft-kriminellen Verhaltens überschritten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 1952 - 1 BvR 197/53 - BVerfGE 9, 167 <171> und Urteil vom 6. Juni 1967 - 2 BvR 375, 53/60 und 18/65 - BVerfGE 22, 49 <79 f.>).

26

Einen solchen Vorwurf hat die Beklagte nach der revisionsrechtlich fehlerfreien Auslegung der Untersagungsverfügung durch die Vorinstanz hier nicht erhoben. Vielmehr bleibt offen, ob angesichts der umstrittenen und seinerzeit ungeklärten Rechtslage ein Entschuldigungsgrund in Gestalt eines unvermeidbaren Verbotsirrtums vorlag (vgl. BGH, Urteil vom 16. August 2007 - 4 StR 62/07 - NJW 2007, 3078 zur Rechtslage unter dem Lotteriestaatsvertrag). Die Einschätzung, die untersagte Tätigkeit sei objektiv strafbar, hat überdies keine Außenwirkung erlangt. Der Bescheid ist nur an die Klägerin gerichtet. Eine Weitergabe an Dritte ist weder substantiiert vorgetragen worden noch aus den Akten zu ersehen.

27

Der vorübergehenden polizeilichen Schließung des Wettlokals kam zwar Außenwirkung zu, sie hatte jedoch keinen diskriminierenden Charakter. Aus dem Vollzug einer Verwaltungsmaßnahme lässt sich nur ableiten, dass dem Betroffenen ein Verstoß gegen verwaltungsrechtliche Vorschriften und Anordnungen vorgeworfen wird. Ein solcher Vorwurf bewirkt jedoch im Gegensatz zum Vorwurf schuldhafter Verletzung von Strafgesetzen keine Stigmatisierung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 1952 a.a.O.). Sie ergibt sich hier auch nicht aus der Art und Weise der Schließung des Lokals.

28

Nachteilige Auswirkungen der Untersagung in künftigen Verwaltungsverfahren - etwa zur Erlaubniserteilung nach aktuellem Recht - sind nach der im Termin zur mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegebenen Erklärung des Vertreters des Freistaates Bayern ebenfalls nicht zu besorgen. Danach werden Monopolverstöße dort zukünftig nicht als Anhaltspunkt für eine Unzuverlässigkeit von Konzessionsbewerbern oder Bewerbern um eine Vermittlungserlaubnis gewertet.

29

c) Entgegen dem angegriffenen Urteil lässt sich ein berechtigtes Feststellungsinteresse nicht mit dem Vorliegen eines tiefgreifenden Eingriffs in die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG begründen. Die Annahme des Berufungsgerichts, § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO müsse wegen der Garantie effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Sinne ausgelegt werden, trifft nicht zu. Eine Ausweitung des Tatbestandsmerkmals des berechtigten Feststellungsinteresses über die einfach-rechtlich konkretisierten Fallgruppen des berechtigten rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Interesses (aa) hinaus verlangt Art. 19 Abs. 4 GG nur bei Eingriffsakten, die sonst wegen ihrer typischerweise kurzfristigen Erledigung regelmäßig keiner gerichtlichen Überprüfung in einem Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten (bb). Eine weitere Ausdehnung des Anwendungsbereichs, die ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse allein wegen der Schwere des erledigten Eingriffs in Grundrechte oder Grundfreiheiten annimmt, ist auch aus Art. 47 GRC in Verbindung mit dem unionsrechtlichen Effektivitätsgebot nicht herzuleiten (cc).

30

aa) Aus dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und dem systematischen Zusammenhang mit § 42 VwGO ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichte nur ausnahmsweise für die Überprüfung erledigter Verwaltungsakte in Anspruch genommen werden können. Nach dem Wegfall der mit dem Verwaltungsakt verbundenen Beschwer wird gerichtlicher Rechtsschutz grundsätzlich nur zur Verfügung gestellt, wenn der Kläger ein berechtigtes rechtliches, wirtschaftliches oder ideelles Interesse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme hat (dazu oben Rn. 20). Das berechtigte Feststellungsinteresse geht in all diesen Fällen über das bloße Interesse an der Klärung der Rechtswidrigkeit der Verfügung hinaus. Dies gilt unabhängig von der Intensität des erledigten Eingriffs und vom Rang der Rechte, die von ihm betroffen waren.

31

bb) Die Garantie effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG differenziert ebenfalls nicht nach diesen beiden Kriterien. Sie gilt auch für einfach-rechtliche Rechtsverletzungen, die - von der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG abgesehen - kein Grundrecht tangieren, und für weniger schwerwiegende Eingriffe in Grundrechte und Grundfreiheiten. Umgekehrt gebietet die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG selbst bei tiefgreifenden Eingriffen in solche Rechte nicht, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse anzunehmen, wenn dies nicht erforderlich ist, die Effektivität des Rechtsschutzes zu sichern.

32

Effektiver Rechtsschutz verlangt, dass der Betroffene ihn belastende Eingriffsmaßnahmen in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren überprüfen lassen kann. Solange er durch den Verwaltungsakt beschwert ist, stehen ihm die Anfechtungs- und die Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO zur Verfügung. Erledigt sich der Verwaltungsakt durch Wegfall der Beschwer, wird nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO Rechtsschutz gewährt, wenn der Betroffene daran ein berechtigtes rechtliches, ideelles oder wirtschaftliches Interesse hat. In den übrigen Fällen, in denen sein Anliegen sich in der bloßen Klärung der Rechtmäßigkeit des erledigten Verwaltungsakts erschöpft, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nach Art. 19 Abs. 4 GG zu bejahen, wenn andernfalls kein wirksamer Rechtsschutz gegen solche Eingriffe zu erlangen wäre. Davon ist nur bei Maßnahmen auszugehen, die sich typischerweise so kurzfristig erledigen, dass sie ohne die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten. Maßgebend ist dabei, ob die kurzfristige, eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ausschließende Erledigung sich aus der Eigenart des Verwaltungsakts selbst ergibt (BVerfG, Beschlüsse vom 5. Dezember 2001 - 2 BvR 527/99, 1337/00, 1777/00 - BVerfGE 104, 220 <232 f.> und vom 3. März 2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <86> m.w.N).

33

Glücksspielrechtliche Untersagungsverfügungen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV zählen nicht zu den Verwaltungsakten, die sich in diesem Sinne typischerweise kurzfristig erledigen. Vielmehr sind sie als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung (Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 19 m.w.N.) gerade auf langfristige Geltung angelegt. Dass sie sich regelmäßig fortlaufend für den bereits zurückliegenden Zeitraum erledigen, lässt ihre gegenwärtige, sich täglich neu aktualisierende Wirksamkeit und damit auch ihre Anfechtbarkeit und Überprüfbarkeit im Hauptsacheverfahren unberührt (vgl. Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Januar 2012, § 113 Rn. 85 a.E.). Änderungen der Rechtslage führen ebenfalls nicht zur Erledigung. Vielmehr ist die Untersagung anhand der jeweils aktuellen Rechtslage zu prüfen. Dass ihre Anfechtung sich regelmäßig nur auf eine Aufhebung des Verbots mit Wirkung ab dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung richten kann, stellt keine Rechtsschutzbeschränkung dar. Vielmehr trägt dies dem Umstand Rechnung, dass das Verbot in der Vergangenheit keine Regelungswirkung mehr entfaltet, die aufgehoben werden könnte. Im Ausnahmefall, etwa bei einer noch rückgängig zu machenden Vollziehung der Untersagung, bleibt diese wegen ihrer Titelfunktion als Rechtsgrund der Vollziehung rückwirkend anfechtbar (Beschluss vom 25. September 2008 - BVerwG 7 C 5.08 - Buchholz 345 § 6 VwVG Nr. 1 Rn. 13; zur Vollzugsfolgenbeseitigung vgl. Urteil vom 14. März 2006 - BVerwG 1 C 11.05 - BVerwGE 125, 110 = Buchholz 402.242 § 63 AufenthG Nr. 2 Rn. 17).

34

Dass eine untypisch frühzeitige Erledigung im Einzelfall einer streitigen Hauptsacheentscheidung zuvorkommen kann, berührt Art. 19 Abs. 4 GG nicht. Die Rechtsweggarantie verbietet zwar, gesetzliche Zulässigkeitsanforderungen so auszulegen, dass ein gesetzlich eröffneter Rechtsbehelf leerläuft, weil das weitere Beschreiten des Rechtswegs unzumutbar und ohne sachliche Rechtfertigung erschwert wird (BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 2010 - 2 BvR 1023/08 - NJW 2011, 137 m.w.N.). Einen solchen Leerlauf hat die dargestellte Konkretisierung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses aber nicht zur Folge. Ihre sachliche Rechtfertigung und die Zumutbarkeit ihrer prozessualen Konsequenzen ergeben sich daraus, dass eine großzügigere Handhabung dem Kläger mangels berechtigten rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Interesses keinen relevanten Vorteil bringen könnte und auch nicht dazu erforderlich ist, maßnahmenspezifische Rechtsschutzlücken zu vermeiden.

35

Entgegen der Auffassung der Klägerin wird deren prozessualer Aufwand mit der endgültigen Erledigung des Verfahrens, wenn kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen ist, auch nicht entwertet. Das ursprüngliche Klageziel, die Beseitigung der Untersagung, wird infolge der zur Erledigung führenden Befristung durch das Unwirksamwerden der Verbotsverfügung mit Fristablauf erreicht. Das prozessuale Vorbringen zur Zulässigkeit und Begründetheit der Klage im Zeitpunkt der Erledigung kann sich bei der Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO zugunsten der Klägerin auswirken. Eine Hauptsacheentscheidung in jedem Einzelfall oder gar ein vollständiger Instanzenzug wird durch Art. 19 Abs. 4 GG nicht gewährleistet.

36

cc) Aus der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs im Sinne des Art. 47 GRC ergibt sich keine Verpflichtung, das Merkmal des berechtigten Interesses nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO weiter auszulegen.

37

Allerdings ist nach der unionsgerichtlichen Rechtsprechung davon auszugehen, dass der sachliche Anwendungsbereich der Grundrechtecharta nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRC eröffnet ist, weil die Klägerin Rechtsschutz wegen einer Beschränkung ihrer Dienstleistungsfreiheit begehrt. Zur mitgliedstaatlichen Durchführung des Unionsrechts im Sinne der Vorschrift rechnet der Gerichtshof nicht nur Umsetzungsakte im Sinne eines unionsrechtlich - zumindest teilweise - determinierten Vollzugs, sondern auch mitgliedstaatliche Eingriffe in Grundfreiheiten nach Maßgabe der allgemeinen unionsrechtlichen Schrankenvorbehalte. An dieser Rechtsprechung, die vor Inkrafttreten der Charta zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs unionsrechtlicher Grundrechte als allgemeiner Grundsätze des Unionsrechts entwickelt wurde (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Juni 1991 - Rs. C-260/89, ERT - Slg. 1991 I-2951 ), hält der Gerichtshof weiterhin fest. Er geht von einer mitgliedstaatlichen Bindung an die Unionsgrundrechte im gesamten Anwendungsbereich des Unionsrechts aus und verweist dazu auf die Erläuterungen zu Art. 51 GRC, die nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 3 EUV, Art. 52 Abs. 7 GRC bei der Auslegung der Charta zu berücksichtigen sind (EuGH, Urteil vom 26. Februar 2013 - Rs. C-617/10, Akerberg Fransson - EuZW 2013, 302 ). Wie diese Abgrenzungsformel im Einzelnen zu verstehen ist, inwieweit bei ihrer Konkretisierung grammatische und entstehungsgeschichtliche Anhaltspunkte für eine bewusste Begrenzung des Anwendungsbereichs durch Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRC maßgeblich und welche Folgerungen aus kompetenzrechtlichen Grenzen zu ziehen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 24. April 2013 - 1 BvR 1215/07 - NJW 2013, 1499 Rn. 88 und 90; zur Entstehungsgeschichte Borowsky, in: Meyer, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, S. 643 ff.), bedarf hier keiner Klärung. Geht man von der Anwendbarkeit des Art. 47 GRC aus, ist dieser jedenfalls nicht verletzt.

38

Mit der Verpflichtung, einen wirksamen Rechtsbehelf gegen Rechtsverletzungen zur Verfügung zu stellen, konkretisiert Art. 47 Abs. 1 GRC den allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz effektiven Rechtsschutzes (dazu vgl. EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010 - Rs. C-279/09, DEB - EuZW 2011, 137 und Beschluss vom 13. Juni 2012 - Rs. C-156/12, GREP - juris ). Er hindert den mitgliedstaatlichen Gesetzgeber aber nicht, für die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs ein qualifiziertes Interesse des Klägers zu fordern und diese Anforderung im Sinne der soeben unter aa) und bb) (Rn. 30 und 31 ff.) dargelegten Kriterien zu konkretisieren.

39

Wie sich aus den einschlägigen unionsgerichtlichen Entscheidungen ergibt, bleibt es grundsätzlich den Mitgliedstaaten überlassen, im Rahmen der Ausgestaltung ihres Prozessrechts die Klagebefugnis und das Rechtsschutzinteresse des Einzelnen zu normieren. Begrenzt wird das mitgliedstaatliche Ermessen bei der Regelung solcher Zulässigkeitsvoraussetzungen durch das unionsrechtliche Äquivalenzprinzip, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Effektivitätsgebot (EuGH, Urteile vom 11. Juli 1991 - Rs. C-87/90 u.a., Verholen u.a. ./. Sociale Verzekeringsbank - Slg. 1991 I-3783 und vom 16. Juli 2009 - Rs. C-12/08, Mono Car Styling ./. Dervis Odemis u.a. - Slg. 2009 I-6653 ; Beschluss vom 13. Juni 2012 a.a.O. ).

40

Das Äquivalenzprinzip verlangt eine Gleichwertigkeit der prozessrechtlichen Bedingungen für die Durchsetzung von Unionsrecht und mitgliedstaatlichem Recht (EuGH, Urteil vom 13. März 2007 - Rs. C-432/05, Unibet ./. Justitiekansler - Slg. 2005 I-2301 ). Es ist hier nicht betroffen, weil die dargelegte verfassungskonforme Konkretisierung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nicht danach unterscheidet, ob eine Verletzung von Unions- oder mitgliedstaatlichem Recht geltend gemacht wird.

41

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verbietet eine Zulässigkeitsregelung, die das Recht auf Zugang zum Gericht in seinem Wesensgehalt selbst beeinträchtigt, ohne einem unionsrechtlich legitimen Zweck zu dienen und im Verhältnis dazu angemessen zu sein (EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010 a.a.O. und Beschluss vom 13. Juni 2012 a.a.O. ). Hier fehlt schon eine den Wesensgehalt des Rechts selbst beeinträchtigende Rechtswegbeschränkung. Sie liegt vor, wenn dem Betroffenen der Zugang zum Gericht trotz einer Belastung durch die beanstandete Maßnahme verwehrt wird, weil die fragliche Regelung für den Zugang zum Recht ein unüberwindliches Hindernis aufrichtet (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010 a.a.O. ; Beschluss vom 13. Juni 2012 a.a.O. ). Danach kommt es - nicht anders als nach der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 19 Abs. 4 GG - maßgeblich darauf an, dass der Betroffene eine ihn belastende Eingriffsmaßnahme gerichtlich überprüfen lassen kann. Das war hier gewährleistet, da die Untersagungsverfügung bis zu ihrer endgültigen Erledigung angefochten werden konnte und § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO eine Fortsetzungsfeststellung ermöglichte, soweit diese noch zur Abwendung fortwirkender Nachteile von Nutzen sein konnte. Dass die Vorschrift keinen darüber hinausgehenden Anspruch auf eine Fortsetzung des Prozesses nur zum Zweck nachträglicher Rechtsklärung vorsieht, widerspricht nicht dem Wesensgehalt der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs. Unabhängig davon wäre selbst eine Beeinträchtigung des Rechts in seinem Wesensgehalt verhältnismäßig. Sie wäre geeignet, erforderlich und angemessen, die Prozessökonomie zur Verwirklichung des unionsrechtlich legitimen Ziels zügigen, effektiven Rechtsschutzes für alle Rechtssuchenden zu wahren.

42

Das Effektivitätsgebot ist ebenfalls nicht verletzt. Es fordert eine Ausgestaltung des mitgliedstaatlichen Rechts, die die Ausübung unionsrechtlich gewährleisteter Rechte nicht praktisch unmöglich macht oder unzumutbar erschwert (EuGH, Urteile vom 11. Juli 1991 a.a.O. und vom 13. März 2007 a.a.O. ). Bezogen auf die mitgliedstaatliche Regelung prozessualer Zulässigkeitsvoraussetzungen ergibt sich daraus, dass den Trägern unionsrechtlich begründeter Rechte gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung stehen muss, der eine wirksame Kontrolle jeder Rechtsverletzung und damit die Durchsetzbarkeit des betroffenen Rechts gewährleistet. Diese Anforderungen gehen nicht über die aus Art. 19 Abs. 4 GG herzuleitende Gewährleistung einer gerichtlichen Überprüfbarkeit jedes Eingriffs in einem Hauptsacheverfahren hinaus. Insbesondere lässt sich aus dem Effektivitätsgebot keine Verpflichtung herleiten, eine Fortsetzung der gerichtlichen Kontrolle nach Erledigung des Eingriffs unabhängig von einem rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Nutzen für den Kläger allein unter dem Gesichtspunkt eines abstrakten Rechtsklärungsinteresses vorzusehen (vgl. die Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro, in: - Rs. C-83/91, Meilicke/ADV/ORGA AG - vom 8. April 1992, Slg. 1992 I-4897 ). Das gilt erst recht, wenn die Maßnahme bereits Gegenstand einer gerichtlichen Hauptsacheentscheidung war und sich erst im Rechtsmittelverfahren erledigt hat.

43

An der Richtigkeit dieser Auslegung des Art. 47 Abs. 1 GRC und des unionsrechtlichen Grundsatzes effektiven Rechtsschutzes bestehen unter Berücksichtigung der zitierten unionsgerichtlichen Rechtsprechung keine ernsthaften Zweifel im Sinne der acte-clair-Doktrin (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. C-283/81, C.I.L.F.I.T. u.a. -, Slg. 1982, S. 3415 ). Die von der Klägerin angeregte Vorlage an den Gerichtshof ist deshalb nach Art. 267 Abs. 3 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) nicht geboten.

44

d) Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich schließlich nicht aus der Präjudizwirkung der beantragten Feststellung für den von der Klägerin angestrebten Staatshaftungsprozess. Auch das Berufungsgericht hat das nicht angenommen. Ein Präjudizinteresse kann nur bestehen, wenn die beabsichtigte Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen nicht offensichtlich aussichtslos ist. Bei der Prüfung dieses Ausschlusskriteriums ist ein strenger Maßstab anzulegen. Die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs im zivilgerichtlichen Haftungsprozess genügt nicht. Offensichtlich aussichtslos ist eine Staatshaftungsklage jedoch, wenn der geltend gemachte Anspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt besteht und dies sich ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängt (Urteile vom 14. Januar 1980 - BVerwG 7 C 92.79 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 95 S. 27, vom 29. April 1992 - BVerwG 4 C 29.90 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 247 S. 90 und vom 8. Dezember 1995 - BVerwG 8 C 37.93 - BVerwGE 100, 83 <92> = Buchholz 454.11 WEG Nr. 7). Der Verwaltungsprozess muss nicht zur Klärung öffentlich-rechtlicher Vorfragen der Staatshaftung fortgeführt werden, wenn der Kläger daraus wegen offenkundigen Fehlens anderer Anspruchsvoraussetzungen keinen Nutzen ziehen könnte. Hier drängt sich schon ohne eine detaillierte Würdigung auf, dass der Klägerin selbst bei Rechtswidrigkeit der Untersagung keine staatshaftungsrechtlichen Ansprüche zustehen.

45

Die Voraussetzungen der Amtshaftung gemäß Art. 34 Satz 1 GG, § 839 BGB oder des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs (zu dessen Herleitung vgl. EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - Rs. C-6/90 und 9/90, Francovich u.a. - Slg. 1991 I-5357 ) liegen ersichtlich nicht vor, ohne dass es insoweit einer ins Einzelne gehenden Prüfung bedürfte. Weitere Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht.

46

aa) Für den Zeitraum vom Erlass der Untersagung bis zum Ergehen der unionsgerichtlichen Urteile zu den deutschen Sportwettenmonopolen (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010 I-8069, - Rs. C-46/08, Carmen Media Group - Slg. 2010 I-8175 und - Rs. C-409/06, Winner Wetten - Slg. 2010 I-8041) scheidet ein Amtshaftungsanspruch aus, weil den Amtswaltern selbst bei Rechtswidrigkeit der zur Begründung der Untersagung herangezogenen Monopolregelung keine schuldhaft fehlerhafte Rechtsanwendung zur Last zu legen ist. Die unionsrechtliche Staatshaftung greift für diesen Zeitraum nicht ein, da ein etwaiger Verstoß gegen das Unionsrecht nicht hinreichend qualifiziert war.

47

(1) Einem Amtswalter ist auch bei fehlerhafter Rechtsanwendung regelmäßig kein Verschulden im Sinne des § 839 BGB vorzuwerfen, wenn seine Amtstätigkeit durch ein mit mehreren rechtskundigen Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht aufgrund einer nicht nur summarischen Prüfung als objektiv rechtmäßig angesehen wird (Urteil vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <105 ff.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32; BGH, Urteil vom 6. Februar 1986 - III ZR 109/84 - BGHZ 97, 97 <107>). Das Verwaltungsgericht hat die angegriffene Untersagungsverfügung im Hauptsacheverfahren - unabhängig von der Wirksamkeit und Anwendbarkeit des Monopols - für rechtmäßig gehalten. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bejahte seinerzeit in ständiger Rechtsprechung die Vereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit höherrangigem Recht sowie die Rechtmäßigkeit darauf gestützter Untersagungen unerlaubter Wettvermittlung (vgl. VGH München, Urteile vom 18. Dezember 2008 - 10 BV 07.558 - ZfWG 2009, 27 und - 10 BV 07.774/775 - juris). Er hat diese Auffassung erst im Hinblick auf die im Herbst 2010 veröffentlichten Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union zu den deutschen Sportwettenmonopolen vom 8. September 2010 (a.a.O.) sowie die daran anknüpfenden Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 2010 (BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 272, - BVerwG 8 C 15.09 - NWVBl 2011, 307 sowie - BVerwG 8 C 13.09 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 273) in einer Eilentscheidung im Frühjahr 2011 aufgegeben (VGH München, Beschluss vom 21. März 2011 - 10 AS 10.2499 - ZfWG 2011, 197 = juris Rn. 24 ff.). Die Orientierung an der berufungsgerichtlichen Rechtsprechung kann den Amtswaltern auch nicht etwa vorgeworfen werden, weil die kollegialgerichtlichen Entscheidungen bis Ende 2010 - für sie erkennbar - von einer schon im Ansatzpunkt völlig verfehlten rechtlichen Betrachtung ausgegangen wären (zu diesem Kriterium vgl. BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 a.a.O. S. 106 f.). Hinreichend geklärt war ein etwaiger Verstoß gegen unionsrechtliche Vorgaben jedenfalls nicht vor Ergehen der zitierten unionsgerichtlichen Entscheidungen (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2012 - III ZR 196/11 - EuZW 2013, 194 ), die durch die nachfolgenden Urteile des Senats in Bezug auf das bayerische Monopol konkretisiert wurden. Der Gerichtshof stellte seinerzeit erstmals klar, dass die Verhältnismäßigkeit im unionsrechtlichen Sinn nicht nur eine kohärente Ausgestaltung des jeweiligen Monopolbereichs selbst, sondern darüber hinaus eine Kohärenz auch zwischen den Regelungen verschiedener Glücksspielsektoren fordert. Außerdem präzisierte er die Grenzen zulässiger, nicht auf Expansion gerichteter Werbung für die besonders umstrittene Imagewerbung.

48

(2) Im Zeitraum bis zum Herbst 2010 fehlt es auch an einem hinreichend qualifizierten Rechtsverstoß, wie er für die unionsrechtliche Staatshaftung erforderlich ist. Diese setzt eine erhebliche und gleichzeitig offenkundige Verletzung des Unionsrechts voraus. Maßgeblich dafür sind unter anderem das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift, der Umfang des durch sie belassenen Ermessensspielraums und die Frage, ob Vorsatz bezüglich des Rechtsbruchs oder des Zufügens des Schadens vorlag, sowie schließlich, ob ein Rechtsirrtum entschuldbar war (EuGH, Urteil vom 5. März 1996 - Rs. C-46 und 48/93, Brasserie du Pêcheur und Factortame - Slg. 1996 I-1029 ). Nach diesen Kriterien kann zumindest bis zu den zitierten Entscheidungen des Gerichtshofs von einer offenkundigen erheblichen Verletzung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit durch die Monopolregelung nicht die Rede sein. Mangels Harmonisierung des Glücksspielbereichs stand den Mitgliedstaaten ein weites Regelungsermessen zur Verfügung. Seine durch die Grundfreiheiten gezogenen Grenzen waren jedenfalls bis zur unionsgerichtlichen Konkretisierung der intersektoralen Kohärenz nicht so genau und klar bestimmt, dass ein etwaiger Rechtsirrtum unentschuldbar gewesen wäre.

49

bb) Für den anschließenden Zeitraum bis zur endgültigen Erledigung der angegriffenen Untersagung am 30. Juni 2012 bedarf es keiner Prüfung, ob eine schuldhaft fehlerhafte Rechtsanwendung der Behörden oder ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen das Unionsrecht zu bejahen ist. Jedenfalls fehlt offensichtlich die erforderliche Kausalität zwischen einer etwaigen Rechtsverletzung und dem möglicherweise geltend zu machenden Schaden. Das ergibt sich schon aus den allgemeinen Grundsätzen zur Kausalität von fehlerhaften Ermessensentscheidungen für einen etwaigen Schaden.

50

(1) Die Amtshaftung setzt gemäß § 839 BGB voraus, dass der Schaden durch das schuldhaft rechtswidrige Handeln des Amtsträgers verursacht wurde. Bei Ermessensentscheidungen ist das zu verneinen, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch bei fehlerfreier Rechtsanwendung dieselbe zum Schaden führende Entscheidung getroffen worden wäre (BGH, Beschlüsse vom 21. Januar 1982 - III ZR 37/81 - VersR 1982, 275 und vom 30. Mai 1985 - III ZR 198/84 - VersR 1985, 887 f.; Vinke, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Bd. 12, Stand: Sommer 2005, § 839 Rn. 176, zur Unterscheidung von der Figur rechtmäßigen Alternativverhaltens vgl. ebd. Rn. 178).

51

Die unionsrechtliche Staatshaftung greift nur bei einem unmittelbaren Kausalzusammenhang zwischen der hinreichend qualifizierten Unionsrechtsverletzung und dem Schaden ein. Diese unionsrechtlich vorgegebene Haftungsvoraussetzung ist im mitgliedstaatlichen Recht umzusetzen (EuGH, Urteil vom 5. März 1996 a.a.O. ). Sie ist erfüllt, wenn ein unmittelbarer ursächlicher und adäquater Zusammenhang zwischen dem hinreichend qualifizierten Unionsrechtsverstoß und dem Schaden besteht (BGH, Urteil vom 24. Oktober 1996 - III ZR 127/91 - BGHZ 134, 30 <39 f.>; Papier, in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2009, § 839 Rn. 101). Bei Ermessensentscheidungen ist dieser Kausalzusammenhang nicht anders zu beurteilen als in den Fällen der Amtshaftung. Er fehlt, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Schaden auch bei rechtsfehlerfreier Ermessensausübung eingetreten wäre.

52

Nach beiden Anspruchsgrundlagen käme daher eine Haftung nur in Betracht, wenn feststünde, dass der Schaden bei rechtmäßiger Ermessensausübung vermieden worden wäre. Das ist für den noch offenen Zeitraum vom Herbst 2010 bis zum 30. Juni 2012 offenkundig zu verneinen. In dieser Zeit war eine Untersagung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV zur Durchsetzung des glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalts nach § 4 Abs. 1 GlüStV ermessensfehlerfrei gemäß Art. 40 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) möglich. Es steht auch nicht fest, dass die Beklagte in Kenntnis dieser Befugnis von einer Untersagung abgesehen hätte.

53

(2) Der Erlaubnisvorbehalt selbst war unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Sportwettenmonopols verfassungskonform (BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 ; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 13.09 - a.a.O. Rn. 73, 77 ff.) und verstieß auch nicht gegen Unionsrecht. Er diente nicht allein dem Schutz des Monopols, sondern auch unabhängig davon den verfassungs- wie unionsrechtlich legitimen Zielen des Jugend- und Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung. Das in Art. 2 des Bayerischen Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (BayAGGlüStV) näher geregelte Erlaubnisverfahren ermöglichte die präventive Prüfung, ob unter anderem die für die Tätigkeit erforderliche persönliche Zuverlässigkeit vorlag (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayAGGlüStV) und die in Art. 2 Abs. 1 BayAGGlüStV in Bezug genommenen Anforderungen des Jugend- und Spielerschutzes nach §§ 4 ff. GlüStV sowie die besonderen Regelungen der gewerblichen Vermittlung und des Vertriebs von Sportwetten nach §§ 19, 21 GlüStV beachtet wurden. Diese gesetzlichen Anforderungen waren im Hinblick auf das damit verfolgte Ziel verhältnismäßig und angemessen (Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 13.09 - a.a.O. Rn. 80 f., 83). Darüber hinaus waren sie hinreichend bestimmt, transparent und nicht diskriminierend. Gegen etwa rechtswidrige Ablehnungsentscheidungen standen wirksame Rechtsbehelfe zur Verfügung (zu diesen Anforderungen vgl. EuGH, Urteile vom 9. September 2010 - Rs. C-64/08, Engelmann - Slg. 2010 I-8219 , vom 19. Juli 2012 - Rs. C-470/11, SIA Garkalns - NVwZ 2012, 1162 sowie vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 und C-209/11, Stanleybet Int. Ltd. u.a. - ZfWG 2013, 95 ).

54

(3) Weil die Klägerin nicht über die erforderliche Erlaubnis für die Veranstaltung und die Vermittlung der von ihr vertriebenen Sportwetten verfügte, war der Tatbestand der Untersagungsermächtigung offenkundig erfüllt. Art. 40 BayVwVfG ließ auch eine Ermessensausübung im Sinne einer Untersagung zu. Sie entsprach dem Zweck der Norm, da die Untersagungsermächtigung dazu diente, die vorherige behördliche Prüfung der Erlaubnisfähigkeit der beabsichtigten Gewerbetätigkeit zu sichern und damit die mit einer unerlaubten Tätigkeit verbundenen Gefahren abzuwehren. Die Rechtsgrenzen des Ermessens schlossen ein Verbot ebenfalls nicht aus. Insbesondere verpflichtete das Verhältnismäßigkeitsgebot die Beklagte nicht, von einer Untersagung abzusehen und die formell illegale Tätigkeit zu dulden. Das wäre nur anzunehmen, wenn die formell illegale Tätigkeit die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen - mit Ausnahme der möglicherweise rechtswidrigen Monopolvorschriften - erfüllte und dies für die Untersagungsbehörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung offensichtlich, d.h. ohne weitere Prüfung erkennbar war. Dann war die Untersagung nicht mehr zur Gefahrenabwehr erforderlich. Verbleibende Unklarheiten oder Zweifel an der Erfüllung der nicht monopolabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen rechtfertigten dagegen ein Einschreiten. In diesem Fall war die Untersagung notwendig, die Klärung im Erlaubnisverfahren zu sichern und zu verhindern, dass durch die unerlaubte Tätigkeit vollendete Tatsachen geschaffen und ungeprüfte Gefahren verwirklicht wurden.

55

Aus dem Urteil des Senats vom 1. Juni 2011 (BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 55; vgl. die Parallelentscheidungen vom selben Tag - BVerwG 8 C 4.10 - ZfWG 2011, 341 und Urteile vom 11. Juli 2011 - BVerwG 8 C 11.10 und BVerwG BVerwG 8 C 12.10 - je juris Rn. 53) ergibt sich nichts anderes. Die dortige Formulierung, der Erlaubnisvorbehalt rechtfertige eine vollständige Untersagung nur bei Fehlen der Erlaubnisfähigkeit, mag Anlass zu Missverständnissen gegeben haben. Sie ist aber nicht als Verschärfung der Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit präventiver Untersagungen zu verstehen und behauptet keine Pflicht der Behörde, eine unerlaubte Tätigkeit bis zur Klärung ihrer Erlaubnisfähigkeit zu dulden. Das ergibt sich schon aus dem Zusammenhang der zitierten Formulierung mit der unmittelbar daran anschließenden Erwägung, bei Zweifeln hinsichtlich der Beachtung von Vorschriften über die Art und Weise der Gewerbetätigkeit kämen zunächst Nebenbestimmungen in Betracht. Dies beschränkt die Durchsetzbarkeit des glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalts nicht auf Fälle, in denen bereits feststeht, dass die materielle Erlaubnisfähigkeit endgültig und unbehebbar fehlt. Hervorgehoben wird nur, dass eine vollständige Untersagung unverhältnismäßig ist, wenn Nebenbestimmungen ausreichen, die Legalität einer im Übrigen offensichtlich erlaubnisfähigen Tätigkeit zu sichern. Das setzt zum einen den Nachweis der Erlaubnisfähigkeit im Übrigen und zum anderen einen Erlaubnisantrag voraus, da Nebenbestimmungen sonst nicht erlassen werden können. Solange nicht offensichtlich ist, dass die materielle Legalität vorliegt oder jedenfalls allein mit Nebenbestimmungen gesichert werden kann, bleibt die Untersagung zur Gefahrenabwehr erforderlich. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem vom Verwaltungsgerichtshof angeführten Urteil vom 24. November 2010 (BVerwG 8 C 13.09 a.a.O. ). Es erkennt eine Reduzierung des Untersagungsermessens zulasten des Betroffenen an, wenn feststeht, dass dessen unerlaubte Tätigkeit wesentliche Erlaubnisvoraussetzungen nicht erfüllt. Damit bietet es jedoch keine Grundlage für den - unzulässigen - Umkehrschluss, nur in diesem Fall sei eine Untersagung verhältnismäßig.

56

Die unionsgerichtliche Rechtsprechung, nach der gegen den Betroffenen keine strafrechtlichen Sanktionen wegen des Fehlens einer unionsrechtswidrig vorenthaltenen oder verweigerten Erlaubnis verhängt werden dürfen (EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04, Placanica u.a. - Slg. 2007 I-1932 sowie vom 16. Februar 2002 - Rs. C-72/10 und C-77/10, Costa und Cifone - EuZW 2012 275 ), schließt eine ordnungsrechtliche präventive Untersagung bis zur Klärung der - monopolunabhängigen - Erlaubnisfähigkeit ebenfalls nicht aus. Insbesondere verlangt das Unionsrecht selbst bei Rechtswidrigkeit des Monopols keine - und erst recht keine sofortige - Öffnung des Markts für alle Anbieter ohne jede präventive Kontrolle. Vielmehr steht es dem Mitgliedstaat in einer solchen Situation frei, das Monopol zu reformieren oder sich für eine Liberalisierung des Marktzugangs zu entscheiden. In der Zwischenzeit ist er lediglich verpflichtet, Erlaubnisanträge privater Anbieter nach unionsrechtskonformen Maßstäben zu prüfen und zu bescheiden (EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 u. a., Stanleybet Int. Ltd. u.a. - a.a.O. ). Einen Anspruch auf Duldung einer unerlaubten Tätigkeit vermittelt das Unionsrecht auch bei Unanwendbarkeit der Monopolregelung nicht.

57

Keiner näheren Prüfung bedarf die Verhältnismäßigkeit der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts für den Fall, dass die Betroffenen keine Möglichkeit hatten, eine Erlaubnis zu erlangen. Der Freistaat Bayern hat nämlich die Entscheidungen des Gerichtshofs vom 8. September 2010 zum Anlass genommen, das Erlaubnisverfahren nach Art. 2 BayAGGlüStV für private Anbieter und die Vermittler an diese zu öffnen. Entgegen der Auffassung der Klägerin bot diese Regelung in Verbindung mit den Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung eines Erlaubnisverfahrens. Die Zuständigkeit der Regierung der Oberpfalz ergab sich aus Art. 2 Abs. 4 Nr. 3 BayAGGlüStV. Der möglichen Rechtswidrigkeit des Sportwettenmonopols war durch Nichtanwenden der Monopol- und monopolakzessorischen Regelungen Rechnung zu tragen. Die gesetzlich normierten materiell-rechtlichen Anforderungen an das Wettangebot und dessen Vermittlung ließen sich entsprechend auf das Angebot privater Wettunternehmer und dessen Vertrieb anwenden. Einzelheiten, etwa die Richtigkeit der Konkretisierung einer solchen entsprechenden Anwendung in den im Termin zur mündlichen Verhandlung angesprochenen, im Verfahren BVerwG 8 C 15.12 vorgelegten Checklisten sowie die Frage, ob und in welcher Weise private Anbieter in das bestehende Spielersperrsystem einzubeziehen waren, müssen hier nicht erörtert werden. Aus verfassungs- und unionsrechtlicher Sicht genügt es, dass eine grundrechts- und grundfreiheitskonforme Anwendung der Vorschriften mit der Folge einer Erlaubniserteilung an private Anbieter und deren Vermittler möglich war und dass diesen gegen etwa rechtsfehlerhafte Ablehnungsentscheidungen effektiver gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung stand. Der vom Berufungsgericht hervorgehobene Umstand, eine Erlaubniserteilung sei bisher nicht bekannt geworden, ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zwangsläufig auf systematische Rechtsverstöße zurückzuführen. Er kann sich auch daraus ergeben haben, dass in den zur Kenntnis des Berufungsgerichts gelangten Fällen mindestens eine wesentliche und auch nicht durch Nebenbestimmungen zu sichernde Erlaubnisvoraussetzung fehlte.

58

(4) Im vorliegenden Falle war die materielle Erlaubnisfähigkeit der unerlaubten Tätigkeit für die Behörde der Beklagten im Zeitpunkt ihrer Entscheidung nicht offensichtlich. Vielmehr war für sie nicht erkennbar, inwieweit die gewerbliche Sportwettenvermittlung der Klägerin den ordnungsrechtlichen Anforderungen insbesondere des Jugend- und des Spielerschutzes genügte. Die Klägerin hatte dazu keine aussagekräftigen Unterlagen vorgelegt, sondern meinte, ihre unerlaubte Tätigkeit müsse aus unionsrechtlichen Gründen hingenommen werden.

59

Nach der Verwaltungspraxis der Beklagten ist auch nicht festzustellen, dass diese die unerlaubte Tätigkeit in Kenntnis der Möglichkeit einer rechtsfehlerfreien Untersagung geduldet hätte.

60

cc) Weitere Anspruchsgrundlagen für eine Staatshaftung kommen nicht in Betracht. Eine über die Amtshaftung und den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch hinausgehende Haftung für eine rechtswidrige Inanspruchnahme als Störer sieht das bayerische Landesrecht nicht vor (vgl. Art. 70 ff. des Polizeiaufgabengesetzes - BayPAG).

61

e) Andere Umstände, aus denen sich ein berechtigtes Feststellungsinteresse der Klägerin ergeben könnte, sind nicht erkennbar.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen das Verbot, in den Räumen eines Sportvereins Sportwetten an einen privaten Wettanbieter zu vermitteln.

2

Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger und Mitglied des Türkischen Sportvereins (T.S.V.) G. in N. In dessen Vereinsheim vermittelte er Sportwetten von Vereinsmitgliedern an die Firma H. GmbH mit Sitz in K. Diese verfügt über eine Lizenz nach Kärntner Landesrecht.

3

Im März 2006 begehrte der Kläger von der Beklagten festzustellen, dass seine Vermittlungstätigkeit keiner Erlaubnis bedürfe. Hilfsweise beantragte er die Erteilung einer Erlaubnis. Nach Anhörung untersagte die Beklagte ihm mit Bescheid vom 12. Juli 2006 die Vermittlung von Sportwetten im - damaligen - Vereinslokal des T.S.V. G. in der V. straße 12 in N. und verpflichtete ihn, den Betrieb bis zum 27. Juli 2006 einzustellen. Die dagegen erhobene Klage hat das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 30. Januar 2007 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Im Berufungsverfahren hat der Kläger mitgeteilt, das Vereinsheim des T.S.V. G. sei inzwischen in die F. Straße 324 in N. umgezogen, und sein Begehren entsprechend angepasst.

4

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 18. Dezember 2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, bei der Untersagungsverfügung handele es sich um einen Dauerverwaltungsakt, der sowohl nach der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Rechtslage als auch nach dem zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) rechtmäßig sei. Die Untersagung finde ihre Rechtsgrundlage nunmehr in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV. Wegen des staatlichen Veranstaltungsmonopols für Sportwetten nach § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV, des Erlaubnisvorbehalts für die private Wettvermittlung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV und wegen der Beschränkung der zulässigen Vermittlung auf die Angebote des Monopolträgers nach § 4 Abs. 2 Satz 2 GlüStV sei die Vermittlungstätigkeit des Klägers nicht erlaubnisfähig.

5

Das staatliche Sportwettenmonopol nach dem GlüStV verletze weder die Verfassung noch unionsrechtliche Grundfreiheiten.

6

Für die verfassungsrechtliche Beurteilung könne offen bleiben, ob der persönliche Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG oder der des Art. 2 Abs. 1 GG eröffnet sei. Selbst ein etwaiger Eingriff in die Berufswahlfreiheit sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Nach § 1 GlüStV diene das Wettmonopol legitimen Zielen. Insbesondere die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht könne als überragend wichtiges Gemeinwohlziel selbst den mit der Errichtung des Monopols verbundenen schwerwiegenden Eingriff in die Berufswahlfreiheit rechtfertigen. Das Veranstaltungsmonopol sei geeignet und erforderlich, das Ziel der Suchtbekämpfung zu verwirklichen. Der Gesetzgeber habe im Rahmen seines Prognosespielraums davon ausgehen dürfen, dass jede Öffnung des Wettmarktes eine Ausweitung des Sportwettenangebots und ein Zunehmen der Suchtgefahr bewirken würde. Seine Einschätzung, das Monopolsystem gewährleiste eine effektivere Kontrolle als Konzessionssysteme, sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Grundrechtseingriff sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Ausgestaltung des Sportwettenmonopols entspreche den Vorgaben der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung. Sie sei in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht konsequent an den verfolgten legitimen Zielen ausgerichtet, insbesondere an den Zielen der Suchtbekämpfung, des Spielerschutzes, des Jugend- und Verbraucherschutzes und des Schutzes vor Folge- und Begleitkriminalität. Das Gebot der Suchtbekämpfung habe nachhaltigen Niederschlag in zahlreichen - im Berufungsurteil aufgezählten - Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages gefunden. Eine unzulässige Ausrichtung an fiskalischen Interessen ließen weder der Normtext noch die Gesetzesbegründung oder die tatsächliche Ausgestaltung des Monopols erkennen.

7

§ 21 GlüStV treffe ausreichende Regelungen hinsichtlich der Art und des Inhalts der Wettangebote, indem er nur Ergebniswetten zulasse. Der Glücksspielstaatsvertrag schränke auch den Wettvertrieb erheblich ein und gestalte ihn entsprechend den gesetzlichen Schutzzielen aus. Er verbiete den Internet-, Fernseh- und Telefon- oder SMS-Vertrieb ebenso wie Live-Wetten. Darüber hinaus verlange er eine strikte Trennung des Vertriebs von Sportorganisationen, -einrichtungen und -ereignissen. Die bereits reduzierte Zahl der Annahmestellen müsse nach dem Ausführungsgesetz zum GlüStV bis Ende 2011 weiter auf 3 700 vermindert werden. Zur völligen Aufgabe des Verbundvertriebs sei der Monopolträger verfassungsrechtlich nicht verpflichtet. Ohne kundennahe Annahmestellen könne das gesetzliche Ziel, den natürlichen Spieltrieb in geordnete Bahnen zu lenken und eine weitere Verlagerung des Wettgeschehens in den illegalen Bereich zu verhindern, nicht erreicht werden. Den Zielen der Suchtbekämpfung, des Spieler- und des Jugendschutzes trage die Ausgestaltung des Vertriebs über die Annahmestellen in Verbindung mit aktiven Präventionsmaßnahmen ausreichend Rechnung. Im Gegensatz zu Wettbüros lüden Lotto-Annahmestellen nicht zum Verweilen ein und seien nicht von einer suchtfördernden Wettatmosphäre geprägt. Da die Glücksspielvermittlung in den Annahmestellen regelmäßig nur als Nebengeschäft betrieben werde, fehle dort ein Anreiz, diesen Bereich auszubauen. Die Einführung einer nur auf Vorlage eines Lichtbildausweises auszustellenden Kundenkarte, das funktionierende Sperrsystem und die in der Praxis auch in Anspruch genommene Möglichkeit der Selbstsperre genügten, den Jugend- und den Spielerschutz sowie die Suchtbekämpfung auch im Verbundvertrieb zu gewährleisten. Verfassungsrechtlich sei nicht geboten, Jugendlichen bereits den Zutritt zu den Annahmestellen der staatlichen Lotteriegesellschaften zu untersagen. Die Werbung für Glücksspiele sei ebenfalls den gesetzlichen Zielen entsprechend beschränkt worden. Allerdings könne Werbung schon begrifflich nicht auf reine Sachinformation ohne Anreiz reduziert werden. Auch das Ziel, den Spieltrieb in geordnete Bahnen zu lenken, lasse sich ohne Werbung nur unzureichend erfüllen. Deshalb sei eine zur sachlichen Botschaft hinzutretende werbetypische Umrahmung zulässig, soweit sie nicht gezielt zum Wetten anreize und das Wetten nicht verharmlose. Die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben könne wegen der Erlaubnispflicht für Vermittler auch im Verbundvertrieb sichergestellt werden. Zwar lasse die von den Klägerbevollmächtigten vorgelegte "Mystery Shopping Studie" Zweifel an einer strikten Einhaltung der Schutzvorschriften aufkommen. Einzelne Vollzugsdefizite belegten jedoch noch kein normativ-strukturelles, die Verfassungsmäßigkeit der Regelung ausschließendes Defizit. Unsanktionierte systematische Durchbrechungen der rechtlichen Vorgaben seien nicht festzustellen. Der Monopolträger und die Aufsichtsbehörden nähmen eigene Kontrollen vor und ahndeten festgestellte Verstöße effektiv. Die Ressortverschiedenheit der Staatlichen Lotterieverwaltung und der Glücksspielaufsicht gewährleiste eine ausreichende Distanz der Aufsichtsbehörden zu den fiskalischen Interessen des Staates.

8

Die unionsrechtliche Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49, 56 AEUV seien ebenfalls nicht verletzt. Die Beschränkung dieser Grundfreiheiten durch das staatliche Sportwettenmonopol werde durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt und sei verhältnismäßig.

9

Der Gesetzgeber habe von einer Suchtgefahr ausgehen und handeln dürfen, obwohl noch keine umfassenden wissenschaftlichen Forschungsergebnisse dazu vorgelegen hätten. Es genüge, dass der aktuelle Erkenntnisstand berücksichtigt und eine begleitende Forschung und Evaluierung sichergestellt worden sei. Erkenntnisse aus dem Ausland widerlegten die Gefahrenprognose des Gesetzgebers nicht, da sie nicht ohne Weiteres auf die Bundesrepublik Deutschland übertragen werden könnten. Das Sportwettenmonopol sei auch geeignet, durch systematische und kohärente Begrenzung des Wettangebots zur Suchtbekämpfung und zur Kanalisierung der Spielleidenschaft beizutragen. Schwierigkeiten, den illegalen Markt einzudämmen, schlössen die Eignung nicht aus. Für die Kohärenz der Monopolregelung sei nur auf den von ihr erfassten Sektor abzustellen, nicht auf den gesamten Glücksspielbereich. Wegen der föderalen Struktur der Bundesrepublik genüge außerdem eine auf das konkrete Bundesland bezogene Prüfung. Das Kohärenzerfordernis verpflichte den Gesetzgeber nicht, jeden Wertungswiderspruch auch im Detail zu vermeiden. Es werde nur bei einem krassen Missverhältnis von Regelungsziel und Ausgestaltung verfehlt. Bundeslandspezifische Besonderheiten wie die verbliebenen DDR-Erlaubnisse und die Zulassung eines privaten Monopolträgers in Rheinland-Pfalz führten nicht zur Inkohärenz, weil sie absehbar ausliefen.

10

Eine Diskriminierung sei mit dem staatlichen Sportwettenmonopol nicht verbunden. Auch ein Verstoß gegen das europäische Wettbewerbsrecht liege nicht vor.

11

Weitere Sachaufklärung sei nicht erforderlich. Die nur hilfsweise gestellten Beweisanträge des Klägers, die nicht sämtlich den formalen Voraussetzungen gerecht würden, beträfen erwiesene oder als wahr unterstellte Tatsachen. Im Übrigen seien sie nicht entscheidungserheblich oder dem Beweis nicht zugänglich.

12

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof - beschränkt - hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung ab Inkrafttreten des GlüStV am 1. Januar 2008 zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 284 Abs. 2 StGB, des Art. 12 Abs. 1 GG sowie der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1 AEUV.

13

§ 284 Abs. 2 StGB verbiete nur Glücksspiele unter Vereinsmitgliedern, nicht die Vermittlung von Wetten zwischen Mitgliedern und einem Dritten. Das staatliche Sportwettenmonopol verletze die Berufsfreiheit. Die gesetzliche Regelung der Art und des Zuschnitts des staatlichen Wettangebots genüge nicht den Anforderungen des Parlamentsvorbehalts. Das Sportwettenmonopol schränke die Berufswahlfreiheit unverhältnismäßig ein. Die Ziele der Suchtbekämpfung und des Spieler- und Jugendschutzes könnten ebenso bei einer beschränkten Marktöffnung erreicht werden. Zudem sei das Monopol weder rechtlich noch tatsächlich konsequent an den verfolgten Zielen ausgerichtet. Der Verbundvertrieb über Annahmestellen widerspreche ihnen ebenso wie die Werbung des staatlichen Monopolanbieters. Unzulässig sei jede den Wettentschluss fördernde Werbung, nicht nur der gezielte Anreiz zum Wetten. Dem werde die berufungsgerichtliche Auslegung des § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV nicht gerecht. Die gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen zum Spieler- und Jugendschutz seien unzureichend und würden nicht konsequent umgesetzt.

14

Der Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1 AEUV ergebe sich aus der Inkohärenz der Monopolregelung. Erforderlich sei nicht nur eine Kohärenz im von der Monopolregelung betroffenen Sektor, sondern eine Gesamtkohärenz sämtlicher Regelungen im Glücksspielbereich. Die föderale Zuständigkeitsverteilung könne dem nicht entgegengehalten werden. Maßgebend sei auch nicht allein die normativ-strukturelle Ausgestaltung des Monopols, sondern ebenso dessen tatsächliche Umsetzung. Danach sei das Sportwettenmonopol mangels bundesweiter konsequenter Ausrichtung der Glücksspielpolitik am Ziel der Suchtbekämpfung unionsrechtswidrig. Zur weiteren Klärung der Voraussetzungen der Inkohärenz und zur Vereinbarkeit von § 4 Abs. 1 und § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV mit dem Unionsrecht bittet der Kläger, dem Gerichtshof der Europäischen Union drei Fragen vorzulegen, für deren Formulierung auf die Sitzungsniederschrift verwiesen wird.

15

Er meint, die Unvereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit der Dienstleistungsfreiheit schließe auch eine Anwendung des Erlaubnisvorbehalts für die Vermittlung von Sportwetten an Wettunternehmen in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union aus. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger ergänzend vorgetragen, die Unzulässigkeit seiner Vermittlungstätigkeit folge auch nicht aus § 21 Abs. 2 GlüStV. Diese Vorschrift verbiete nur das Vermitteln von Wetten in Sporteinrichtungen, deren Veranstaltungen Gegenstand der Wetten seien.

16

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung der Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 30. Januar 2007 und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Dezember 2008 die Untersagungsverfügung der Beklagten vom 12. Juli 2006 mit Wirkung vom 1. Januar 2008 aufzuheben.

17

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

18

Sie verteidigt das angegriffene Urteil.

19

Die Beteiligte unterstützt das Vorbringen der Beklagten, ohne einen eigenen Antrag zu stellen.

Entscheidungsgründe

20

Die zulässige Revision ist unbegründet. Zwar beruht das angegriffene Urteil auf einer unzutreffenden Anwendung des Art. 12 Abs. 1 GG und der Art. 49 und 56 AEUV, soweit es davon ausgeht, diese Vorschriften ließen eine Werbung des Monopolanbieters mit der gemeinnützigen Verwendung von Wetteinnahmen zu. Darüber hinaus stützt es sich auf die fehlerhafte Annahme, Art. 49 und 56 AEUV verlangten eine Kohärenz der Monopolregelung nur im betroffenen Glücksspielsektor und im jeweiligen Bundesland. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich aber aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 137 Abs. 1, § 144 Abs. 4 VwGO).

21

Revisionsrechtlich ist nicht zu beanstanden, dass der Verwaltungsgerichtshof die Untersagung der weiteren Sportwettenvermittlung als zukunftsbezogenen Dauerverwaltungsakt eingeordnet und die Anfechtungsklage für statthaft gehalten hat. Er musste auch nicht annehmen, das Verbot habe sich mit dem Auszug des T.S.V. G. aus dem im Bescheid genannten Anwesen V. straße 12 in N. erledigt. Vielmehr durfte er davon ausgehen, dass sich die Untersagungsverfügung auch auf die Wettannahme im neuen Vereinsheim in der F. Straße 324 erstreckte. Insoweit ist entsprechend §§ 133, 157 BGB auf den Empfängerhorizont abzustellen. Danach zielte die Untersagungsverfügung erkennbar darauf ab, das Betreiben einer Wettannahmestelle im Vereinsheim grundsätzlich und unabhängig von einem möglichen Ortswechsel zu untersagen. Die Angabe der Anschrift diente nur der individualisierenden Umschreibung des untersagten Betriebs im Hinblick auf die gleichzeitig eingeleitete Verwaltungsvollstreckung. Wie sich aus der Anpassung des Klagebegehrens im Berufungsverfahren ergibt, ging auch der Kläger davon aus, das Verbot gelte seit dem Umzug des Vereins am 8. Mai 2007 für das neue Vereinslokal fort.

22

Die Annahme des Berufungsgerichts, die angefochtene Untersagungsverfügung sei hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Zeitraums ab dem 1. Januar 2008 verfassungs- und unionsrechtskonform, beruht jedoch auf einer unzutreffenden Anwendung revisiblen Rechts. Dabei ist auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats abzustellen. Der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ist bei der Anfechtungsklage nur maßgeblich, soweit sich aus dem materiellen Recht nichts anderes ergibt. Da die hier einschlägigen materiell-rechtlichen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages und des landesrechtlichen Ausführungsgesetzes irrevisibel sind, obliegt diese Beurteilung dem Berufungsgericht. An dessen Annahme, die glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung müsse sich nach der jeweils aktuellen Rechtslage als rechtmäßig erweisen, ist der Senat gebunden (vgl. Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 6 C 19.06 - BVerwGE 126, 149 Rn. 33 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 264).

23

Nach § 137 Abs. 1 i.V.m. § 173 VwGO, § 560 ZPO ist der revisionsrechtlichen Beurteilung die berufungsgerichtliche Auslegung und Anwendung des irrevisiblen Glücksspielstaatsvertrages und des dazu erlassenen bayerischen Ausführungsgesetzes vom 20. Dezember 2007 zugrunde zu legen. Der Senat hat nur zu überprüfen, ob diese mit dem revisiblen Recht in Einklang stehen.

24

Danach ist davon auszugehen, dass § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV seit dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Januar 2008 die Rechtsgrundlage der streitigen Untersagungsverfügung bildet, und dass die vom Kläger vermittelten Sportwetten nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV als Glücksspiele einzuordnen sind, die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 AGGlüStV im Freistaat Bayern nur mit Erlaubnis der bayerischen Behörden veranstaltet und vermittelt werden dürfen. Die Erteilung dieser Erlaubnis ist nach der den Senat bindenden berufungsgerichtlichen Auslegung des § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV ausgeschlossen, weil danach nur Wettangebote des staatlichen Monopolträgers vermittelt werden dürfen.

25

Zu Unrecht rügt die Revision einen Verstoß gegen § 284 Abs. 2 StGB. Diese Bestimmung ist im Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich. Der Verwaltungsgerichtshof hat sie nur zur Rechtfertigung der Untersagungsverfügung für die Zeit der Geltung des Lotteriestaatsvertrages bis zum 31. Dezember 2007 herangezogen. Für den im Revisionsverfahren noch streitigen Zeitraum seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Januar 2008 hat er auf dessen Regelungen abgestellt.

26

Seine Annahme, das der Einschränkung der Vermittlungstätigkeit zugrunde liegende staatliche Sportwettenmonopol nach dem Glücksspielstaatsvertrag sei mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, ist revisionsrechtlich jedoch nicht fehlerfrei. Sie beruht auf einer unzutreffenden Konkretisierung der Anforderungen, die das Gebot der Verhältnismäßigkeit an Eingriffe in die Berufswahlfreiheit stellt.

27

Das staatliche Sportwettenmonopol schränkt die Berufswahlfreiheit ein, weil es alle Grundrechtsträger von der gewerblichen Veranstaltung von Sportwetten außerhalb des Pferdesports ausschließt.

28

Dieser Eingriff ist vom Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 GG nur gedeckt, wenn eine formell-gesetzliche, kompetenzgerechte Regelung besteht, die durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Eingriffsintensität Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls legitimiert und verhältnismäßig ist (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <303 f.>; Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 <1340 Rn. 24>).

29

Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof angenommen, dass die Errichtung des staatlichen Sportwettenmonopols im Freistaat Bayern durch das Zustimmungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag vom 27. November 2007 und das Ausführungsgesetz vom 20. Dezember 2007 von der Landesgesetzgebungskompetenz nach Art. 70 Abs. 1, Art. 72 Abs. 1 GG gedeckt sind. Der Bund hat von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das Recht der Wirtschaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) im Bereich der Sportwetten jedenfalls nicht abschließend Gebrauch gemacht (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 304; Kammerbeschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - NVwZ 2009, 1221 <1222 Rn. 14>). Das Rennwett- und Lotteriegesetz vom 8. April 1922 (RGBl I S. 335, 393), das nach Art. 125 Nr. 1 GG als Bundesrecht fortgilt, regelt nicht die vom Glücksspielstaatsvertrag erfassten Sportwetten außerhalb des Pferdesports.

30

Der Einwand der Revision, die gesetzlichen Vorgaben für die Wahrnehmung des Monopols genügten nicht dem verfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt, trifft nicht zu. Dieser verlangt nur, dass der demokratisch legitimierte Gesetzgeber die für die Grundrechtsausübung wesentlichen Regelungen selbst trifft und nicht der Exekutive überlässt (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1998 - 1 BvR 1640/97 - BVerfGE 98, 218 <251 f.>; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl. 2009, Art. 20 Rn. 47). Die für die Ausübung der Berufsfreiheit wesentlichen Regelungen werden im Sportwettenbereich durch § 4 Abs. 1 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 bis 4 AGGlüStV und § 10 Abs. 1, 2 und 5 GlüStV getroffen. Diese Vorschriften schließen die Grundrechtsträger von der Veranstaltung solcher Wetten aus und bestimmen die Voraussetzungen, unter denen eine Vermittlungserlaubnis erteilt werden kann. Das dabei eingeräumte Ermessen ist nach § 4 Abs. 2 Satz 1 GlüStV, Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV an die in § 1 GlüStV im Einzelnen normierten Ziele des Glücksspielstaatsvertrages gebunden. Die vom Kläger für unzureichend gehaltenen Bestimmungen über Art und Zuschnitt zulässiger Sportwetten und die Vorgaben für deren Vermarktung betreffen nicht die dem Parlamentsvorbehalt unterworfene Regelung der Grundrechtsausübung privater Sportwettenanbieter oder -vermittler. Sie regeln nur das Angebot der nicht grundrechtsfähigen staatlichen oder staatlich beherrschten Monopolträger.

31

Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die gesetzliche Regelung des Sportwettenmonopols verfassungsrechtlich legitimen Zwecken dient sowie geeignet und erforderlich ist, diese zu verwirklichen. Revisionsrechtlich fehlerhaft ist aber seine Annahme, die Regelung sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne.

32

Nach der den Senat bindenden Auslegung des irrevisiblen Landesrechts bezwecken der Glücksspielstaatsvertrag und seine landesgesetzliche Umsetzung, die Spielsucht zu bekämpfen, den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten, den Spieltrieb in geordnete Bahnen zu lenken und die Gefahr des Betrugs sowie sonstiger Folge- und Begleitkriminalität des Wettens abzuwehren (vgl. § 1 GlüStV, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV). In der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung sind die Suchtbekämpfung und -vorbeugung, der Spieler- und Jugendschutz sowie der Schutz vor Folge- und Begleitkriminalität als besonders wichtige Gemeinwohlziele anerkannt, die auch Eingriffe in die Berufswahlfreiheit rechtfertigen können (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 304 ff.). Der Zweck, die Spielleidenschaft zu kanalisieren, ist ebenfalls verfassungsrechtlich legitim, auch wenn nicht alle dazu geeigneten Vertriebsformen gleichzeitig dem Ziel der Suchtbekämpfung durch Angebotsbegrenzung entsprechen. Es genügt, dass eine Ausgestaltung der Sportwetten denkbar ist, die beiden Zielen Rechnung trägt.

33

Die Eignung eines Mittels setzt nur voraus, dass mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Dazu genügt die Möglichkeit der Zweckerreichung. Insoweit steht dem Gesetzgeber ein Einschätzungs- und Prognosevorrang zu. Seine Annahme, eine Marktöffnung werde eine erhebliche Ausweitung von Wettangeboten zur Folge haben und damit einer Ausbreitung der Spielsucht Vorschub leisten, ist davon ebenso gedeckt wie die Annahme, ein Monopol ermögliche eine effizientere Kontrolle als die Überwachung einer Vielzahl von Erlaubnisnehmern. Die von der Revision hervorgehobenen Schwierigkeiten der Durchsetzung des Monopols lassen seine Eignung nicht entfallen (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 308).

34

Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit eines staatlichen Monopols steht dem Gesetzgeber ebenfalls eine Einschätzungsprärogative zu. Deren Grenzen sind erst überschritten, wenn nach den ihm bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisherigen Erfahrungen feststellbar ist, dass alternativ in Betracht kommende Grundrechtsbeschränkungen die gleiche Wirksamkeit versprechen, die Betroffenen aber weniger belasten (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 309). Nach diesen Kriterien musste der Verwaltungsgerichtshof die Annahme des Bayerischen Gesetzgebers, das Wettmonopol sei erforderlich, verfassungsrechtlich nicht beanstanden. Er hatte auch nicht zu klären, ob die Ziele des Verbraucherschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung ebenso wirksam durch weniger einschneidende Mittel zu verfolgen gewesen wären. Vielmehr durfte er darauf abstellen, dass jedenfalls zur Bekämpfung der Spielsucht keine nach den vorliegenden Erkenntnissen ebenso effektive, aber weniger einschneidende Maßnahme als die Errichtung eines Monopols zur Verfügung stand. Die entsprechende Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs berücksichtigt entgegen dem Revisionsvorbringen nicht nur die Erwägungen des Gesetzgebers (LTDrucks 15/8486 S. 9, 12), sondern geht auch auf den Vortrag des Klägers zur Eignung einer beschränkten Marktöffnung und zu den Erfahrungen im Bereich der Pferdesportwetten ein. An die berufungsgerichtliche Tatsachenfeststellung, die Errichtung eines Monopols sei effizienter als eine Konzessionslösung, ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden. Die Revision hat diese Feststellung nicht mit wirksamen substantiierten Verfahrensrügen nach § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO angegriffen. Sie hält ihr nur die eigene, abweichende Sachverhalts- und Beweiswürdigung entgegen.

35

Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beschränkung der Berufswahlfreiheit durch das staatliche Wettmonopol sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne und damit zumutbar, beruht jedoch auf einer unzutreffenden Konkretisierung der Anforderungen, die das Gebot der Verhältnismäßigkeit an die rechtliche und tatsächliche Ausgestaltung der Werbung für das Monopolangebot stellt.

36

Die Zumutbarkeit der Errichtung eines staatlichen Monopols für die Betroffenen setzt voraus, dass das Monopol tatsächlich den mit ihm verfolgten, überragend wichtigen Gemeinwohlzwecken dient (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 309 f.). Maßgebend ist dafür die konsequente Ausrichtung am Ziel der Suchtvorbeugung und -bekämpfung, dem der Gesetzgeber vorrangige Bedeutung beigemessen hat (vgl. LTDrucks 15/8486 S. 12 f.). Die weiteren in § 1 GlüStV genannten Ziele, insbesondere die Kanalisierung der Wettleidenschaft, können keine der Suchtbekämpfung widersprechende Ausgestaltung des Monopols rechtfertigen.

37

Die konsequente Ausrichtung am Ziel, die Spielsucht zu bekämpfen und problematischem Spielverhalten vorzubeugen, muss in der rechtlichen und tatsächlichen Ausgestaltung des Sportwettenmonopols positiv zum Ausdruck kommen. Dazu sind materiell-rechtliche Regelungen und strukturelle Sicherungen erforderlich, die auch gewährleisten, dass fiskalische Interessen im Konfliktfall zurücktreten (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 310, 312).

38

Die normative Ausgestaltung des Monopols muss hinreichende inhaltliche Kriterien betreffend die Art und den Zuschnitt der Sportwetten festlegen und Vorgaben zur Beschränkung ihrer Vermarktung enthalten. Die Vertriebswege sind so auszuwählen und einzurichten, dass Möglichkeiten zur Verwirklichung des Spieler- und Jugendschutzes genutzt werden. Auch die Einzelausgestaltung ist am Ziel der Suchtbekämpfung und des Spielerschutzes auszurichten. Dies verlangt eine aktive Prävention, die über das Bereithalten von Informationsmaterial hinausgeht und eine angebotsimmanente Aufklärung, Früherkennung und Förderung der Motivation zur Verhaltensänderung, etwa durch die Möglichkeit einer Selbstsperre, vorsieht. Die Werbung hat sich auf sachliche Information und Aufklärung über legale Wettmöglichkeiten zu beschränken und darf keinen Aufforderungscharakter haben. Schließlich muss organisatorisch eine Kontrolle durch geeignete Instanzen mit ausreichender Distanz zu den fiskalischen Interessen des Staates sichergestellt werden (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 318).

39

Die gesetzliche Regelung der inhaltlichen Kriterien betreffend Art und Zuschnitt der Sportwetten musste der Verwaltungsgerichtshof nicht für unzureichend halten. Zwar ist der Revision zuzugeben, dass die Ausführungen des angegriffenen Urteils zu § 21 Abs. 2 GlüStV nicht Art und Inhalt der Angebote, sondern Vertriebsregelungen betreffen. § 21 Abs. 1 Satz 1 GlüStV leistet in der für den Senat bindenden Interpretation des Berufungsgerichts aber eine ausreichende inhaltliche Beschränkung des Wettangebots, indem er nur Wetten auf das Endergebnis eines sportlichen Wettkampfs zulässt und damit Wetten auf Zwischenergebnisse - etwa einer Spielhalbzeit oder eines Satzes - sowie Wetten auf Einzelereignisse während eines Wettkampfs ausschließt. Soweit dies die nähere Konkretisierung zulässiger Angebotsformen der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV überlässt, gewährleistet die Bindung des Ermessens an die Ziele des § 1 GlüStV, dass keine die Suchtvorbeugung und -bekämpfung beeinträchtigende Wettform zuzulassen ist. Eine gesetzliche Regelung weiterer Ausgestaltungsdetails war nicht erforderlich, da diese nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs für die Suchtprävention und -bekämpfung nicht von Bedeutung waren.

40

Der Glücksspielstaatsvertrag und die dazu erlassenen bayerischen Ausführungsvorschriften werden auch im Hinblick auf die rechtlichen Vorgaben zur Beschränkung der Vermarktung von Sportwetten dem Verhältnismäßigkeitsgebot (im engeren Sinne) gerecht, soweit sie die Vertriebswege begrenzen und sicherstellen, dass bei der Einzelausgestaltung der Wettgelegenheiten dem Spieler- und Jugendschutz Rechnung getragen wird.

41

Die Einschränkung auf terrestrische Vertriebswege durch Ausschluss des Internet- und SMS-Vertriebs in § 4 Abs. 4, § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV dient dem Ziel der Suchtvorbeugung und -bekämpfung. Sie schützt Kinder und Jugendliche vor den Gefahren, die mit einer Nutzung der in dieser Altersgruppe beliebten interaktiven Medien zum Glücksspiel verbunden sind. Auf die wirtschaftliche Bedeutung der ausgeschlossenen Vertriebswege für die Monopolanbieter kommt es für die Ausrichtung am Ziel der Suchtbekämpfung nicht an.

42

Die Vorgabe des Art. 1 Abs. 3 Satz 2 AGGlüStV, die Zahl der Annahmestellen bis zum 31. Dezember 2011 weiter auf 3 700 zu reduzieren, normiert nach der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs eine Rechtspflicht und gewährleistet damit eine quantitative Begrenzung des Angebots. Der Revisionsvortrag, der Freistaat Bayern setze sich über diese Pflicht hinweg, widerspricht den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, ohne insoweit wirksame Verfahrensrügen zu erheben. Entgegen der Auffassung des Klägers musste der Gesetzgeber die Entscheidungen über weitere Anpassungen des Vertriebssystems auch nicht mit einer Übergangsfristenregelung vorwegnehmen, sondern durfte zunächst die im Staatsvertrag vorgesehene wissenschaftliche Evaluation abwarten. Auf ein Überangebot von Wettannahmestellen lässt entgegen dem Revisionsvorbringen nicht schon die vergleichsweise geringere Zahl der Postfilialen schließen. Seit der Abschaffung des Postmonopols wird ein erheblicher Teil der früher der Post vorbehaltenen Dienstleistungen durch andere Anbieter erbracht. Außerdem können Dienstleistungen der Post auch außerhalb der Niederlassungen in Anspruch genommen werden, etwa durch Briefkästen, Automaten oder die inzwischen eingeführten Internetangebote (E-Postbrief). Die Erwägung des Verwaltungsgerichtshofs, der strenge Erlaubnisvorbehalt, die Auswahl der Vermittler und deren konsequente Überwachung seien für die Suchtvorbeugung und -bekämpfung wichtiger als die bloße Reduzierung ihrer Zahl, ist nicht denkfehlerhaft. Sie widerspricht auch nicht der Annahme, ein Konzessionssystem sei zur Suchtbekämpfung weniger geeignet als ein Monopol. Denn eine wirksame Kontrolle ist nach den bindenden berufungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen im Monopolsystem effektiver durchzuführen als bei einer Marktöffnung.

43

Entgegen der Auffassung der Revision musste der Verwaltungsgerichtshof nicht annehmen, der Gesetzgeber sei verpflichtet, den Verbundvertrieb über mittelständische Einzelhandelsbetriebe völlig aufzugeben. Vielmehr durfte er davon ausgehen, die verfassungsrechtlich geforderte Abkehr vom Vertrieb der Wettangebote als allerorts verfügbarer normaler Gegenstände des täglichen Bedarfs lasse sich dadurch erreichen, dass die Zahl der Vertriebsstellen begrenzt und gleichzeitig Maßnahmen zur qualitativen Beschränkung der Vermarktung getroffen würden. Der Verbundvertrieb schließt eine konsequente Ausrichtung auf die Suchtvorbeugung und -bekämpfung nicht aus. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs genügen die detaillierten Vorgaben für die Auswahl und Kontrolle der Vermittler und die Einzelgestaltung der Wettangebote in Verbindung mit den vorgesehenen Maßnahmen zur aktiven Prävention, auch im Verbundvertrieb der Spielsucht vorzubeugen, der Spielsucht entgegenzuwirken und einen ausreichenden Spieler- und Jugendschutz zu gewährleisten. Neben der jedem Angebot beigegebenen Aufklärung über die Gefahren der Wettsucht und mögliche Hilfen dienen dazu insbesondere das Zugangserfordernis der Kundenkarte und dessen Verknüpfung mit dem Sperrsystem. Nach den berufungsgerichtlichen Feststellungen wird die Kundenkarte nur auf Vorlage eines Lichtbildausweises ausgestellt und trägt ein Foto sowie - jedenfalls seit Mai 2008 - den vollen Namen des Inhabers. Dies erlaubt eine Identifizierung problematischen Wettverhaltens und dient dem Abgleich mit der Sperrdatei, zu dem jeder Vermittler verpflichtet ist. Gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs, die Zugangskontrolle mittels individueller Kundenkarte sei mittlerweile konsequent umgesetzt und geeignet, problematischem Wettverhalten zu begegnen und Kinder und Jugendliche sowie abhängige Personen von der Teilnahme auszuschließen, hat die Revision keine wirksamen Verfahrensrügen erhoben. Dazu genügt nicht, dass sie den Sachverhalt abweichend beurteilt. Soweit der Verwaltungsgerichtshof den hilfsweise gestellten Beweisanträgen des Klägers nicht nachgegangen ist, fehlen substantiierte Rügen einer Verletzung des Aufklärungsgebots nach § 86 Abs. 1 VwGO oder des Grundsatzes rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO, jeweils i.V.m. § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO.

44

Bei der Entscheidung, den Verbundvertrieb beizubehalten, durfte der Gesetzgeber schließlich berücksichtigen, dass die alternativ mögliche Beschränkung des Vertriebs auf besondere Wettlokale dem Ziel der Suchtbekämpfung abträglich sein kann. Nach den nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz sind solche Lokale, deren Umsatz ganz vom Wettgeschäft abhängig ist, regelmäßig darauf ausgelegt, Kunden zum Verweilen einzuladen und zum Wetten zu animieren. Sie bieten soziale Kontakte, die zur Teilnahme an Wetten anreizen und eine bereits vorhandene Wettneigung verstärken (vgl. Meyer/Hayer, Das Gefährdungspotential von Lotterien und Sportwetten, 2005, S. 138 f.). Demgegenüber ermöglicht der Verbundvertrieb, in dem das Wettgeschäft nur als Nebenerwerb betrieben wird, auch eine soziale Kontrolle durch nicht zum Wetten geneigte Personen, die übermäßigem Spielen vorbeugen kann.

45

Die Feststellung des Berufungsgerichts, die rechtlichen Beschränkungen des Wettangebots würden nicht durch eine faktische Expansion unterlaufen, wird ebenso wenig mit wirksamen Verfahrensrügen angegriffen wie die Feststellung, die Monopolanbieter hätten aufgrund der Angebotseinschränkung erhebliche Umsatzrückgänge zu verzeichnen.

46

Wie der Verwaltungsgerichtshof zutreffend ausführt, war der Gesetzgeber nicht verpflichtet, weitere Vertriebsbeschränkungen wie Auslagen-, Standort- oder Provisionsverbote zu regeln. Die konsequente Ausrichtung am Ziel der Suchtbekämpfung verlangt keine Optimierung. Vielmehr genügen zur Zielverwirklichung ausreichende Maßnahmen. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts erfüllen bereits die im Glücksspielstaatsvertrag vorgesehenen und in der Praxis umgesetzten Einschränkungen des Verbundvertriebs diese Anforderung.

47

Dem Erfordernis einer unabhängigen, effektiven Kontrolle genügt die Einrichtung einer Glücksspielaufsicht, die bei einem anderen Ministerium als dem für die Lotterieverwaltung zuständigen Finanzministerium ressortiert (BVerfG, Kammerbeschluss vom 26. März 2007 - 1 BvR 2228/02 - NVwZ-RR 2008, 1 <4 Rn. 59>). Trotz der mit der "Mystery Shopping Studie" aufgezeigten Vollzugsdefizite durfte der Verwaltungsgerichtshof annehmen, dass die normativen und strukturellen Vorgaben eine hinreichend effektive Kontrolle der Sportwettenvermarktung gewährleisten. Seinen nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Tatsachenfeststellungen zufolge hat die Glücksspielaufsicht ausreichende Überwachungsmaßnahmen durchgeführt und festgestellte Verstöße angemessen sanktioniert. Die aufgedeckten Defizite insbesondere im Umgang mit Kundenkarten wurden bereits im ersten Halbjahr nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages behoben. Später festzustellende Verstöße hatten nicht den Charakter systematischer Abweichungen und wurden ebenfalls geahndet.

48

Dass der Verwaltungsgerichtshof nur strukturelle Vollzugsdefizite für geeignet hält, eine verfassungswidrige Handhabung des Sportwettenmonopols zu belegen, ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Zwar hängt die Rechtfertigung des Monopols auch von dessen tatsächlicher Ausgestaltung ab. Nicht jeder Vollzugsmangel genügt aber schon, eine Abweichung von der erforderlichen Ausrichtung zu belegen. Nur wenn das Umsetzungsdefizit bereits in der Regelung angelegt ist oder wenn gehäufte oder gar systematische Verstöße nicht konsequent geahndet und unterbunden werden, prägt dies die tatsächliche Handhabung der Monopolregelung und lässt auf Defizite der normativen Sicherung schließen (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 310, 316).

49

Nicht mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen vereinbar ist allerdings die berufungsgerichtliche Auslegung der Regelungen zur Werbung für das staatliche Wettangebot in § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV, soweit sie nur den gezielten Anreiz zum Wetten für unzulässig und eine Werbung mit der gemeinnützigen Verwendung von Wetteinnahmen für unbedenklich hält.

50

Eine konsequent am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Spielsucht ausgerichtete Werbung darf nicht zum Wetten auffordern, anreizen oder ermuntern. Damit ist nicht zu vereinbaren, die Teilnahme an Wetten als sozialadäquate oder gar positiv bewertete Unterhaltung darzustellen. Vielmehr hat die Werbung für das Monopolangebot sich bei Wahrung des Ziels, legale Wettmöglichkeiten anzubieten, auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Wetten zu beschränken (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 318).

51

Mit diesen Vorgaben steht noch in Einklang, dass die Pflicht zur Beschränkung der Werbung auf die Information und Aufklärung über legale Wettmöglichkeiten nach § 5 Abs. 1 GlüStV dem angegriffenen Urteil zufolge konkretisiert wird durch das in Absatz 2 der Vorschrift geregelte Verbot einer zur Teilnahme auffordernden oder irreführenden Werbung sowie durch die ebenfalls dort verankerte Pflicht, den Jugendschutz zu beachten und über Risiken und Gefahren des Wettens zu belehren. Diese systematische Auslegung verkürzt weder das Aufforderungsverbot, noch lässt sie das Ziel der Suchtbekämpfung hinter das Ziel einer Kanalisierung der Wettleidenschaft zurücktreten. Das Berufungsgericht stellt auch nicht in Abrede, dass die sachliche Werbung nur auf eine Lenkung des bereits vorhandenen Wettwillens gerichtet sein darf, ohne noch nicht zum Wetten Entschlossene zur Teilnahme anzureizen.

52

Dem verfassungsrechtlichen Erfordernis der konsequenten Ausrichtung des Monopols am Ziel der Suchtbekämpfung widerspricht aber seine Annahme, dies verbiete nur den gezielten Anreiz zum Mitspielen. Dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Lotteriestaatsvertrag für die Übergangszeit bis zur Neuregelung der Sportwetten jede über die sachliche Information zur Art und Weise der Wettmöglichkeit hinausgehende, gezielt zum Wetten auffordernde Werbung untersagt hat (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 319), relativiert die gebotene Beschränkung auf sachliche Information nicht durch ein zusätzliches Kriterium der Absicht des Werbenden oder der erkennbaren Zielrichtung seiner Werbung. Der Beschränkung auf die sachliche Information über legale Wettmöglichkeiten widersprechen nicht nur der absichtliche Anreiz und die direkte Aufforderung zum Wetten, sondern alle Werbemaßnahmen, die von einem noch nicht zum Wetten entschlossenen durchschnittlichen Empfänger der Botschaft als Motivierung zum Wetten zu verstehen sind. Entscheidend ist also nicht die Intention, sondern der nach dem Horizont des durchschnittlichen Empfängers zu bestimmende Aussagegehalt.

53

Für diese Beurteilung kann entgegen dem angegriffenen Urteil nicht zwischen einer auf die sachliche Information beschränkten Werbebotschaft und einer darüber hinaus zulässigen werbetypischen Umrahmung oder Aufmachung unterschieden werden. Die Botschaft oder der Aussagegehalt einer Werbung ist nicht unabhängig vom Kontext der Aufmachung zu ermitteln, sondern wird durch diese mit bestimmt. Entscheidend ist daher, dass die aus Text und Aufmachung zusammengesetzte Werbeaussage vom durchschnittlichen Empfänger nicht als Anreiz zum Wetten zu verstehen ist, sondern nur als Hinweis auf eine legale Möglichkeit, einen vorhandenen Entschluss zum Wetten umzusetzen.

54

Der Begriff der Werbung zwingt zu keiner anderen Auslegung. Er wird durch jeden an das Publikum gerichteten Hinweis eines Anbieters auf ein eigenes entgeltliches Angebot erfüllt. Dazu zählt auch die sachliche Information des Monopolanbieters über die Möglichkeit, bei ihm legal Sportwetten abzuschließen.

55

Das Ziel, die Wettleidenschaft durch den Hinweis auf legale Wettangebote zu lenken, verlangt und rechtfertigt keine über die sachliche Information hinausgehende, zum Wetten selbst motivierende Aussage. Unzulässig sind danach beispielsweise Darstellungen des Wettens als aussichtsreiche Möglichkeit materiellen Zugewinns, als attraktive Unterhaltung oder als sozialadäquate Beschäftigung. Erst recht darf die Teilnahme an Wetten nicht als positiv zu beurteilendes, wünschenswertes oder sozial verantwortliches Handeln aufgewertet werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 314; Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 <1341 f. Rn. 39, 47, 57>).

56

Das schließt zwar nicht die Verwendung einer Dachmarke aus, wohl aber jede Form der Image- oder Sympathiewerbung, die über den Hinweis auf die Legalität der Monopolangebote hinaus Sympathien für das Wetten selbst weckt. Unzutreffend ist danach die Annahme des angegriffenen Urteils, ein Hinweis auf die gemeinnützige Verwendung von Erlösen aus den Wettveranstaltungen könne zulässig sein. Ein solcher Hinweis wertet das Wetten zum Sponsoring gemeinnütziger Tätigkeiten auf und stellt damit die Entscheidung für eine Teilnahme als positiv zu beurteilende Handlung im Sinne eines "Spendens durch Spielen" dar. Gleichzeitige Hinweise auf das Wettrisiko und die Gefahren des Wettens können dazu kein ausreichendes Gegengewicht bilden. Sie relativieren nur die Verharmlosung der Suchtgefahr, lassen jedoch die moralische Aufwertung des Wettens zum positiv zu beurteilenden Verhalten unberührt. Die abweichende Auffassung des angegriffenen Urteils ist mit den Anforderungen, die an eine verhältnismäßige, konsequent und widerspruchsfrei am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Spielsucht ausgerichtete Einschränkung der Berufswahlfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG zu stellen sind, nicht vereinbar.

57

Dagegen ist der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt. Da er nur den jeweils zuständigen Normgeber verpflichtet, vergleichbare Sachverhalte gleich zu regeln, begründen Unterschiede zur bundesrechtlichen Normierung der Pferdesportwetten und des Betriebs der Geldspielautomaten keinen Gleichheitsverstoß. Die Fortgeltung der vereinzelt noch bestehenden, in der DDR erteilten Wettkonzessionen stellt mangels Regelungskompetenz des Freistaates Bayern ebenfalls keine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung dar. Zuständig sind, je nach Abgrenzung des umstrittenen Geltungsbereichs der Erlaubnisse, entweder der Bund oder die Länder, in denen die Erlaubnisnehmer ihren Sitz haben.

58

Hinsichtlich der Spielbanken und der Gewinnspiele im Rundfunk liegt ebenfalls keine Ungleichbehandlung vor. Für Spielbanken besteht in Bayern ein staatliches Monopol. § 8a Rundfunkstaatsvertrag (RStV), der unter bestimmten Einschränkungen Gewinnspiele im Rundfunk gestattet, lässt nach der amtlichen Begründung zum Zehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Zehnter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages unberührt (vgl. LTDrucks 15/9667 S. 15 zu § 8a RStV; LTDrucks 15/8486 S. 13 zu § 3 GlüStV). Soweit Rundfunkgewinnspiele nach § 3 GlüStV als Glücksspiele einzuordnen sind, sind sie daher ebenso erlaubnispflichtig und von denselben Erlaubnisvoraussetzungen abhängig wie die übrigen dem Glücksspielstaatsvertrag unterfallenden Spiele. Für Gewinnspiele in dem Rundfunk vergleichbaren Telemedien nach § 58 Abs. 4 RStV gilt dasselbe, da diese Vorschrift auf § 8a RStV verweist.

59

Das angegriffene Urteil wendet aber die Gewährleistungen der Niederlassungs- und der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 Abs. 1, Art. 56 Abs. 1 AEUV fehlerhaft an. Zu Unrecht geht es davon aus, die Monopolregelung sei, soweit sie diese Grundfreiheiten beschränke, nach dem unionsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt. Diese Annahme beruht auf einer unrichtigen Anwendung des Kohärenzkriteriums, das der Europäische Gerichtshof als Maßstab für die Geeignetheit des Eingriffs im unionsrechtlichen Sinne näher konkretisiert hat.

60

Die Vermittlung von Sportwetten an einen Wettanbieter, der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässig ist, stellt eine Dienstleistung im Sinne der Art. 56, 57 AEUV dar (EuGH, Urteil vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - Slg. 1999, I-7289 Rn. 24; vgl. Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - juris Rn. 41 m.w.N.). Ob die dem Kläger untersagte Vermittlung - seine Einbeziehung in den persönlichen Anwendungsbereich der Grundfreiheiten vorausgesetzt - in den sachlichen Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit fiele, oder ob diese Gewährleistung wegen ihrer Subsidiarität nach Art. 57 Abs. 1 und 3 AEUV hinter die der Niederlassungsfreiheit zurückträte, kann offen bleiben. Die Errichtung des staatlichen Sportwettenmonopols und der daran anknüpfende Ausschluss einer Vermittlung von Wettangeboten EU-ausländischer Veranstalter schränken, je nach Ausgestaltung der Vermittlungstätigkeit, entweder die eine oder die andere Grundfreiheit ein. Die Anforderungen an die Rechtmäßigkeit der Beschränkung sind, soweit hier entscheidungserheblich, jeweils gleich. Die beschränkende Regelung muss das Diskriminierungsverbot des Art. 57 Abs. 3 AEUV beachten. Außerdem muss sie aus den in Art. 62 i.V.m. Art. 51 oder Art. 52 AEUV genannten Gründen oder aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt und geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Zieles zu gewährleisten. Sie darf schließlich nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist (vgl. EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - Slg. 2003, I-13031 Rn. 44 ff., 59 und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - juris Rn. 61).

61

Eine unzulässige Diskriminierung im Sinne des Art. 57 Abs. 3 AEUV liegt nicht vor. Die Vorschrift verbietet, Angehörige eines Mitgliedstaates wegen ihrer Staatsangehörigkeit gegenüber Inländern zu benachteiligen. Das ist hier nicht geschehen. Die der angefochtenen Untersagung zugrunde liegenden Rechtsnormen gelten gleichermaßen für Inländer wie Ausländer. Aus dem Diskriminierungsverbot ergibt sich auch keine Pflicht zur Anerkennung von Glücksspielkonzessionen anderer Mitgliedstaaten. Vielmehr ist es mangels unionsrechtlicher Harmonisierung der Glücksspielregelungen jedem Mitgliedstaat unbenommen, nationale, nicht nach der Staatsangehörigkeit des Anbieters oder Vermittlers differenzierende und verhältnismäßige Beschränkungen vorzusehen (vgl. EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - Slg. 2007, I-1891 Rn. 48 f. und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 44).

62

Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Einschränkungen der Grundfreiheiten durch das Sportwettenmonopol nach dem Glücksspielstaatsvertrag unionsrechtlich legitimen Zwecken dienen. Dabei kann offen bleiben, ob nach Art. 62 i.V.m. Art. 52 Abs. 1 AEUV eine Rechtfertigung aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit in Betracht kommt. Jedenfalls können die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs konkretisierten zwingenden Gründe des Allgemeininteresses wie die Ziele des Verbraucherschutzes, der Betrugsvorbeugung, der Vermeidung von Anreizen zu überhöhten Ausgaben für das Spielen sowie der Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung eine Monopolregelung rechtfertigen (EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 60, 64, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - a.a.O. Rn. 45, vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07, Liga Portuguesa - NJW 2009, 3221 Rn. 56 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 45). Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Mangels unionsrechtlicher Harmonisierung im Glücksspielbereich bleibt es jedem Mitgliedstaat überlassen, das angestrebte Schutzniveau nach Maßgabe der jeweiligen soziokulturellen Besonderheiten zu bestimmen und die entsprechenden Regelungsziele festzulegen. Dabei ist es seine Sache zu beurteilen, ob es im Zusammenhang mit den verfolgten legitimen Zielen erforderlich ist, bestimmte Tätigkeiten im Glücksspielbereich vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen. Die Grundentscheidung für ein Monopol- oder Konzessionssystem liegt danach im Ermessen des jeweiligen Mitgliedstaates (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 79 sowie - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 46). Die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen ist allein im Hinblick auf das national angestrebte Schutzniveau und die verfolgten Ziele zu beurteilen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 46 m.w.N).

63

Zur Prüfung, ob die vom Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Ziele zwingende Gründe des Allgemeininteresses im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs darstellen, ist auf die Gesamtheit dieser Ziele abzustellen (vgl. EuGH, Urteile vom 24. März 1994 - Rs. C-275/92, Schindler - Slg. 1994, I-1039 Rn. 58, vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - a.a.O. Rn. 30 f. und vom 3. Juni 2010 - Rs. C-258/08, Ladbrokes - juris Rn. 22). Die Belange der Suchtbekämpfung (§ 1 Nr. 1 GlüStV), der Jugend- und Spielerschutz (§ 1 Nr. 3 GlüStV) und die Begrenzung des Glücksspielangebots und die Kanalisierung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV) sind ebenso wie die Kriminalitätsbekämpfung als zwingende Gründe des Allgemeininteresses anerkannt.

64

Nach den nicht mit wirksamen Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit der Errichtung des Sportwettenmonopols ein hohes Schutzniveau angestrebt hat. Entgegen der Auffassung der Revision war er unionsrechtlich nicht gehindert, bereits vor einer abschließenden wissenschaftlichen Klärung des Suchtpotenzials von Sportwetten mit festen Gewinnquoten zur Gefahrenabwehr tätig zu werden. Er durfte vielmehr auf der Grundlage der bisherigen Erkenntnisse und einer darauf gestützten plausiblen Gefahrenprognose präventive Regelungen erlassen, die durch begleitende Untersuchungen zur Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der getroffenen Maßnahmen ergänzt werden (vgl. EuGH, Urteile vom 13. November 2003 - Rs. C-42/02, Lindman - Slg. 2003, I-13519 Rn. 25 und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 117 Ziff. 1a). Damit in Einklang steht die berufungsgerichtliche Annahme, die Bundesländer hätten im Rahmen ihres Einschätzungs- und Prognosespielraums bereits aufgrund der ihnen vorliegenden Erkenntnisse von einer Suchtgefahr sowie davon ausgehen dürfen, dass diese bei einer Ausweitung des Wettangebots zunehmen werde. Ebenso durfte der Verwaltungsgerichtshof für ausreichend halten, dass § 10 Abs. 1 GlüStV die Beratung durch einen mit Experten der Suchtbekämpfung besetzten Fachbeirat vorsieht und § 11 GlüStV die begleitende wissenschaftliche Forschung zur Vermeidung und Abwehr von Suchtgefahren regelt. An die zugrunde liegenden Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz zum Erkenntnisstand bei Erlass der Regelungen und zur gesetzgeberischen Prognose ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, weil die Revision insoweit keine ordnungsgemäßen Verfahrensrügen nach § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO erhoben hat.

65

Die Eignung der Monopolregelung ist unionsrechtlich allerdings nicht schon zu bejahen, weil diese dem legitimen Ziel der Suchtbekämpfung dienen kann (dazu vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 79 und - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 99 ff., 105). Sie muss vielmehr geeignet sein, die Verwirklichung dieses Ziels zu gewährleisten, indem sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt. Dabei sind sowohl der normative Gehalt der Regelung als auch ihre konkreten Anwendungsmodalitäten zu berücksichtigen (EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 67 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 64 f.).

66

An einem kohärenten Beitrag zur Begrenzung der Wetttätigkeit fehlt es, wenn die Behörden eines Mitgliedstaates die Verbraucher dazu anreizen und ermuntern, an Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen (EuGH, Urteil vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 69). Die Einnahmenerzielung darf nur eine nützliche Nebenfolge, aber nicht der eigentliche Grund der restriktiven Politik sein (vgl. EuGH, Urteile vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - a.a.O. Rn. 35 f., vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 62 ff. und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 104). Darüber hinaus widerspricht es dem Ziel der Begrenzung der Wetttätigkeit, wenn der staatliche Monopolträger die Anziehungskraft der Wetten durch Werbebotschaften erhöht, die bedeutende Gewinne in Aussicht stellen. Er darf dem Wetten auch nicht durch Hinweise auf eine Einnahmenverwendung für gemeinnützige Zwecke ein positives Image verleihen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 103 f., 117 Ziff. 1d). Die Annahme des angegriffenen Urteils, solche Hinweise seien zulässig, ist unzutreffend.

67

Entgegen der ihm zugrunde liegenden Rechtsauffassung ist eine Kohärenz der Monopolregelung auch nicht nur "sektoral" für den davon betroffenen Sportwettenbereich und das jeweilige Bundesland erforderlich. Zwar muss grundsätzlich jede beschränkende Regelung gesondert auf ihre Verhältnismäßigkeit hin geprüft werden, und indiziert das Bestehen einer Konzessionsregelung in anderen Bereichen noch nicht die Inkohärenz eines auf einen bestimmten Glücksspielsektor beschränkten Monopols (vgl. EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - a.a.O. Rn. 49 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 60 m.w.N.). Läuft jedoch die Glücksspielpolitik in den nicht vom Monopol erfassten Bereichen den mit ihm verfolgten legitimen Zwecken zuwider, kann dies den Schluss zulassen, dass die Monopolregelung tatsächlich nicht den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dient, sondern der Verwirklichung fiskalischer oder anderer nicht zur Eingriffsrechtfertigung geeigneter Zwecke. Die Kohärenzprüfung muss sich daher auf die Frage erstrecken, ob die gesetzliche Regelung oder die Anwendungspraxis in anderen Glücksspielbereichen, insbesondere solchen mit vergleichbarem oder höherem Suchtpotential, die Verbraucher zur Teilnahme am Glücksspiel ermuntert oder anreizt, oder ob sie in anderer Weise - insbesondere aus fiskalischen Interessen - auf eine Expansion gerichtet ist oder diese duldet (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 69 ff.). Die danach erforderliche Prüfung der Regelungen und der Anwendungspraxis im Bereich etwa der Kasino- und Automatenspiele hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen, sondern die darauf gerichteten Beweisanregungen unzutreffend für nicht entscheidungsrelevant gehalten.

68

Die verfassungsrechtliche Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen im Bundesstaat macht die Kohärenzprüfung für Glücksspielbereiche, die der Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterliegen, unionsrechtlich nicht entbehrlich. Die interne Zuständigkeitsverteilung innerhalb eines Mitgliedstaates entbindet diesen nicht davon, seinen unionsrechtlichen Pflichten nachzukommen. Vielmehr müssen Bund und Länder zusammenwirken, um gemeinsam zu gewährleisten, dass die glücksspielrechtlichen Regelungen das unionsrechtliche Kohärenzkriterium erfüllen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 69 ff.).

69

Die Annahme des Berufungsgerichts, das Kohärenzkriterium werde erst bei einem "krasse(n) Missverhältnis" der Glücksspielpolitik im Bereich der Sportwetten einerseits und in den Bereichen der Spielbanken und des Automatenspiels andererseits verfehlt, trifft ebenfalls nicht zu. An einem Beitrag zur systematischen und kohärenten Begrenzung der Spiel- oder Wetttätigkeit fehlt es schon, wenn die legitimen Ziele des Sportwettenmonopols in anderen Glücksspielbereichen normativ oder durch die Praxis der Rechtsanwendung konterkariert werden. Das kann auch dadurch geschehen, dass diesen Zwecken entgegenlaufende Ausgestaltungen geduldet werden. Auf die besondere Schwere eines solchen Widerspruchs kommt es nicht an.

70

Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht auf der fehlerhaften Anwendung des Art. 12 Abs. 1 GG und der Art. 49, 56 AEUV. Sie hält die Untersagungsverfügung für rechtmäßig, weil sie fehlerhaft davon ausgeht, das staatliche Sportwettenmonopol schränke die Berufswahlfreiheit verhältnismäßig ein, und weil sie die Rechtfertigung des - unterstellten - Eingriffs in die Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit aufgrund einer unzutreffenden Verkürzung der Kohärenzanforderungen bejaht.

71

Das angegriffene Urteil stellt sich nach § 144 Abs. 4 VwGO aber aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar. Die Berufung gegen das klageabweisende erstinstanzliche Urteil konnte keinen Erfolg haben, weil die angefochtene Untersagungsverfügung bezüglich des verfahrensgegenständlichen Zeitraums ab dem 1. Januar 2008 den Kläger unabhängig von ihren fehlerhaften Erwägungen zur Rechtmäßigkeit des Sportwettenmonopols jedenfalls nicht in seinen Rechten verletzt (§ 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

72

Dabei kann offen bleiben, ob die Ausgestaltung des Sportwettenmonopols in Bayern auch bei Berücksichtigung zutreffender verfassungs- und unionsrechtlicher Maßstäbe den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgebots genügt. Insbesondere kann dahinstehen, ob eine Monopolwerbung betrieben wird, die den Anforderungen einer verfassungskonformen, jeden Hinweis auf die gemeinnützige Verwendung von Wetteinnahmen ausschließenden Auslegung des § 5 Abs. 1 GlüStV widerspricht. Unerheblich ist auch, ob eine im unionsrechtlichen Sinne konsistente Regelung des Glücksspiels im Hinblick auf die Entwicklung des Spielbankenrechts oder der bundesrechtlichen Vorschriften zum Betrieb von Geldspielgeräten fehlt. Allerdings wäre die Untersagungsverfügung bezüglich des hier streitigen Zeitraums bei einem Verfassungs- oder Unionsrechtsverstoß des Sportwettenmonopols nach dem Glücksspielstaatsvertrag wegen gegenteiliger rechtlicher Annahmen fehlerhaft. Damit läge aber noch keine Rechtsverletzung des Klägers vor. Zwar folgt dies entgegen der Auffassung der Beklagten nicht schon aus der formellen Illegalität der Vermittlungstätigkeit. Denn der Kläger hatte bereits im März 2006 hilfsweise beantragt, ihm die erforderliche Erlaubnis zu erteilen. Seine Vermittlungstätigkeit war jedoch unabhängig von der Wirksamkeit und der Anwendbarkeit der Regelungen zum Sportwettenmonopol jedenfalls wegen der Unzulässigkeit der Sportwettenvermittlung im Sportvereinsheim nach § 21 Abs. 2 GlüStV nicht erlaubnisfähig. Wegen dieses Verstoßes gegen die Pflicht zur organisatorischen Trennung der Sportwettenvermittlung von der Vereinstätigkeit war das Ermessen der Beklagten nicht nur hinsichtlich der Erlaubniserteilung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, Art. 2 Abs. 1 AGGlüStV, sondern auch hinsichtlich der Untersagung der unzulässigen Vermittlung nach § 9 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 Nr. 3 GlüStV zu Lasten des Klägers auf Null reduziert.

73

Der Erlaubnisvorbehalt für die Vermittlung von Sportwetten nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV besteht unabhängig von der Wirksamkeit des staatlichen Sportwettenmonopols. Er gewährleistet in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGGlüStV, dass Sportwetten nur durch zuverlässige Personen vermittelt werden, die einen ordnungsgemäßen, den gesetzlichen Vorgaben genügenden Vertrieb der Wettangebote sicherstellen. Zu diesen Vorgaben zählt auch die Einschränkung der Sportwettenvermittlung nach § 21 Abs. 2 GlüStV. Danach muss die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten organisatorisch, rechtlich, wirtschaftlich und personell getrennt sein von der Veranstaltung oder Organisation von Sportereignissen und dem Betrieb von Einrichtungen, in denen Sportveranstaltungen stattfinden. Mangels berufungsgerichtlicher Auslegung dieser Vorschrift ist das Revisionsgericht nicht gehindert, sie selbst auszulegen.

74

Dem Wortlaut und dem entstehungsgeschichtlich belegten Sinn und Zweck der Regelung wird nur eine Auslegung gerecht, die eine vollständige Trennung des aktiven Sports und der ihn organisierenden Vereinigungen von der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten verlangt. Schon der Wortlaut lässt keine organisatorisch-räumliche, wirtschaftliche oder personelle Verknüpfung von Sportvereinen und Wettannahmestellen zu. Betreibt der jeweilige Sportverein eine Einrichtung, in der Sportveranstaltungen stattfinden, ist die letzte Tatbestandsalternative des § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV einschlägig. Im Übrigen erfüllen Sportvereine jedenfalls die Alternative der Veranstaltung von Sportereignissen, indem sie Training und Wettkämpfe anbieten und organisieren.

75

Nicht zu folgen ist der im Termin zur mündlichen Verhandlung dargelegten Auffassung des Klägers, § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV erfasse nur Sportereignisse, auf die gewettet werden könne. Für eine solche einschränkende Auslegung bietet der Wortlaut der Regelung keinen Anhaltspunkt. Auch nach ihrer Entstehungsgeschichte und ihrem Sinn und Zweck beschränkt die Vorschrift sich nicht darauf, eine manipulative Einflussnahme des Veranstalters eines Sportereignisses auf den Ausgang der darauf abgeschlossenen Wetten zu verhindern. Nach der amtlichen Begründung sollen § 21 Abs. 2 und 3 GlüStV dem erhöhten Suchtpotential von Sportwetten Rechnung tragen und die Integrität des Sports sichern (LTDrucks 15/8486 S. 19). Dies schließt den Schutz vor betrügerischen Machenschaften ein (Hecker/Ruttig, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, § 21 GlüStV Rn. 33), ist aber nicht darauf begrenzt. Zum Schutz vor der erhöhten Suchtgefahr gewährleistet § 21 Abs. 2 GlüStV die Integrität des aktiven Sports auch insoweit, als er eine Verquickung der gemeinnützigen Sportförderung im Verein mit der Vermarktung suchtgefährdender Sportwetten verbietet. Damit verhindert er, dass Mitglieder des Vereins, Mitwirkende und Besucher seiner Sportveranstaltungen zur Teilnahme an Wetten angereizt werden, um dem Verein wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen. Gleichzeitig dient die Bestimmung dem Jugendschutz, indem sie ausschließt, dass der Vereinsnachwuchs zur Zielgruppe von Wettangeboten wird.

76

Der systematische Zusammenhang des § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV mit dessen Satz 2 und 3 bestätigt diese Auslegung. Das Verbot der Trikot- und Bandenwerbung für Sportwetten sowie der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten bei der Übertragung von Sportereignissen nach § 21 Abs. 2 Satz 2 GlüStV gestaltet den Grundsatz der Trennung des aktiven Sports vom Vertrieb der Sportwetten weiter aus. Es dient ebenfalls dem Jugendschutz und der Suchtvorbeugung. Dass die Trennung von Sportwetten und Sportübertragungen sich nicht im Verbot von Live-Wetten erschöpft, ergibt sich aus dessen gesonderter Regelung in § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV.

77

Weder der Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV noch die Einschränkung der Vermittlungstätigkeit durch Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGGlüStV i.V.m. § 21 Abs. 2 GlüStV sind schon wegen der verfassungs- und unionsrechtlichen Bedenken gegen die Ausgestaltung des Sportwettenmonopols im Glücksspielstaatsvertrag unwirksam. Die gegenteilige Auffassung der Revision übersieht, dass der Erlaubnisvorbehalt nicht allein dazu dient, das Angebotsmonopol durchzusetzen. Vielmehr soll er auch gewährleisten, dass die ordnungsrechtlichen Beschränkungen der Vermittlung beliebiger Angebote beachtet werden. Gleiches gilt für das Zuverlässigkeitserfordernis. Das aus § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV abzuleitende Verbot der Vermittlung von Sportwetten im Sportvereinslokal knüpft ebenfalls nicht an die problematische Monopolregelung an. Es stellt nicht auf den Anbieter der Wetten ab, sondern verbietet nur eine bestimmte Art und Weise des Vertriebs.

78

Die daraus folgende Beschränkung der Vermittlungstätigkeit ist mit den Grundrechten vereinbar. Dabei kann offen bleiben, inwieweit der Kläger sich nach Art. 2 Abs. 1 GG auf einen Verstoß des Gesetzes gegen Art. 12 Abs. 1 GG berufen könnte, obwohl der persönliche Schutzbereich der Berufsfreiheit sich nicht auf ihn erstreckt. Denn auch eine objektiv-rechtliche Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG liegt nicht vor.

79

Der Erlaubnisvorbehalt zur Sicherung der ordnungsrechtlichen Beschränkungen der Vermittlungstätigkeit und das Gebot, die Vermittlung von Sportwetten organisatorisch, rechtlich und wirtschaftlich von der Tätigkeit des Sportvereins zu trennen, greifen in die Freiheit der Berufsausübung ein. Soweit das Gebot personeller Trennung zur Folge hat, dass Mitarbeiter eines Sportvereins keine Wettannahmestelle betreiben dürfen, begrenzt es wie das Zuverlässigkeitserfordernis als subjektive Zulassungsschranke auch die Freiheit der Berufswahl. Diese Einschränkungen der Berufsfreiheit sind jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt, da sie verhältnismäßig sind.

80

Der Erlaubnisvorbehalt, das Zuverlässigkeitserfordernis und die Verpflichtung zur umfassenden Trennung von Sportvereinstätigkeit und Sportwettenvermittlung dienen dem Schutz überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter, nämlich der mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgten verfassungsrechtlich legitimen Ziele der Suchtvorbeugung und -bekämpfung sowie des Spieler- und Jugendschutzes.

81

Der Erlaubnisvorbehalt und das Zuverlässigkeitserfordernis sind geeignet und erforderlich, einen ordnungsgemäßen Vertrieb zu gewährleisten, der die Schutzbestimmungen beachtet und eine effektive Kontrolle ermöglicht. Der Ausschluss eines Anspruchs auf die Erlaubniserteilung (§ 4 Abs. 2 Satz 3 GlüStV) ist notwendig, eine der Suchtbekämpfung widersprechende Ausweitung des Angebots zu verhindern.

82

Das Trennungsgebot des § 21 Abs. 2 GlüStV kann zur Suchtbekämpfung und zum Jugendschutz beitragen, da es eine die Wettmotivation fördernde Verknüpfung der Teilnahme an Vereinsveranstaltungen mit Wettangeboten ausschließt und gewährleistet, dass Finanzierungsinteressen der Sporteinrichtungen nicht zu einer Ausweitung des Wettangebots führen. Mildere Mittel, diese legitimen Ziele zu erreichen, sind nicht erkennbar. Nur eine konsequente Trennung der Sportvereinstätigkeit von der Sportwettenvermarktung kann verhindern, dass die Beteiligung am aktiven Vereinssport ausgenutzt wird, Vereinsmitglieder einschließlich des Vereinsnachwuchses zum Wetten zu motivieren und sie damit der Suchtgefahr von Sportwetten auszusetzen. Das Fehlen eines vergleichbaren Trennungsgebots im Bereich der Pferdesportwetten schließt die Erforderlichkeit der Regelung im Bereich sonstiger Sportwetten nicht aus. Vielmehr durfte der Gesetzgeber aufgrund der jahrzehntelangen Erfahrungen im Bereich der Pferdesportwetten, wegen ihres vergleichsweise geringen Marktanteils und des äußerst geringen Anteils von Wetten mit festen Gewinnquoten davon ausgehen, dass das Suchtpotential dort deutlich geringer ist als im stark expandierenden Bereich sonstiger Sportwetten mit festen Gewinnquoten (vgl. Diegmann/Hoffmann/Ohlmann, Praxishandbuch für das gesamte Spielrecht, 2008, S. 15 Rn. 43; Hecker/Ruttig a.a.O. § 21 GlüStV Rn. 29).

83

Die Eingriffe durch den Erlaubnisvorbehalt, das Zuverlässigkeitserfordernis und das Trennungsgebot nach § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV sind auch verhältnismäßig im engeren Sinne und damit für die Betroffenen zumutbar. Sie stehen nicht außer Verhältnis zum angestrebten Zweck. Entgegen der Auffassung des Klägers sind insoweit nicht die Kriterien für die Zumutbarkeit des Sportwettenmonopols einschlägig. Diese tragen der besonderen Schwere des Eingriffs durch eine objektive, sämtliche Grundrechtsträger vom Beruf ausschließende Zulassungsschranke Rechnung. Die Eingriffe durch den Erlaubnisvorbehalt, das Trennungsgebot und das Zuverlässigkeitserfordernis, das den Zugang zum Beruf nur kanalisiert, wiegen deutlich weniger schwer. Sie stehen nicht außer Verhältnis zum damit verfolgten Zweck des Jugendschutzes und des Schutzes vor den Suchtgefahren des Wettens. Dessen überragende Bedeutung rechtfertigt auch den Ausschluss eines Anspruchs auf die Erlaubniserteilung nach § 4 Abs. 2 Satz 3 GlüStV (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 <1342 Rn. 52> und vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - NVwZ 2009, 1221 <1224>).

84

Auf die Vereinbarkeit des Erlaubnisvorbehalts, des Trennungsgebots und des Zuverlässigkeitserfordernisses mit der unionsrechtlichen Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit kommt es für die Frage einer Rechtsverletzung des Klägers durch die Untersagungsverfügung nicht an. Mangels Unionsbürgerschaft kann der Kläger sich auf diese Grundfreiheiten nicht berufen. Ihr persönlicher Anwendungsbereich erstreckt sich nach Art. 49 Abs. 1, Art. 56 Abs. 1 AEUV nur auf Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Union, nicht auf Drittstaatsangehörige wie den Kläger, der türkischer Staatsangehöriger ist. Mangels Entscheidungserheblichkeit der unionsrechtlichen Gewährleistungen erübrigt sich die dazu von der Revision angeregte Vorlage an den Europäischen Gerichtshof.

85

Das zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei geschlossene Assoziierungsabkommen (Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei, ABl EG 1964 Nr. 217/3687) bezieht ihn nicht in den persönlichen Anwendungsbereich der Grundfreiheiten ein. Art. 13 und 14 des Abkommens enthalten nur Absichtserklärungen, die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs aufzuheben. Sie treffen dazu aber keine inhaltlichen Regelungen. Das Zusatzprotokoll zum Assoziierungsabkommen vom 23. November 1970 (ABl EG 1972 Nr. L 293/4) erstreckt den Anwendungsbereich der Niederlassungs- und der Dienstleistungsfreiheit ebenfalls nicht auf türkische Staatsangehörige. Zwar entfaltet Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls unmittelbare Wirkung. Er verbietet aber nur, neue Beschränkungen der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit einzuführen (EuGH, Urteil vom 11. Mai 2000 - Rs. C-37/98, Savas - Slg. 2000 I-02927, Rn. 58 ff., 69). Gegen diese sogenannte Stillhalteklausel (a.a.O. Rn. 64) verstößt der Glücksspielstaatsvertrag nicht. Er regelt keine zusätzliche Beschränkung der Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit, sondern nur die Ausgestaltung eines Monopols, das aufgrund des Repressivverbots des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele (§ 284 StGB) und der landesrechtlichen Regelungen der staatlichen Lotteriemonopole (vgl. die Verordnung über die Errichtung einer Staatslotterie in Bayern vom 12. März 1946, BayGVBl 1946, 80) bereits bei Wirksamwerden des Zusatzprotokolls bestand und seinerzeit keinerlei Sportwetten außerhalb der Pferdesportwetten und des Fußballtotos zuließ. Auf die Frage, ob die damaligen Regelungen mit den Grundrechten und Grundfreiheiten in Einklang standen, kommt es nicht an. Das Zusatzprotokoll ging von dem damals vorgefundenen Rechtszustand und damit von den seinerzeit einschlägigen Vorschriften aus, die nicht durch bundesverfassungsgerichtliche Entscheidungen für nichtig erklärt worden waren.

86

Die Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art. 36 f. des Zusatzprotokolls ist nicht einschlägig, da sie nur den Zugang zur abhängigen Beschäftigung betrifft, und nicht die nach den berufungsgerichtlichen Feststellungen vom Kläger im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrages ausgeübte selbstständige Vermittlungstätigkeit (vgl. Vöneky, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, 40. Aufl. 2009, EGV Art. 310, Rn. 79; Khan, in: Geiger/Khan/Kotzur, AEUV, Art. 45 Rn. 12 und Art. 217, Rn. 20).

87

Beschlüsse nach Art. 41 Abs. 2 des Zusatzprotokolls zur Einbeziehung türkischer Staatsangehöriger in den persönlichen Anwendungsbereich der Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit sind bislang nicht ergangen (vgl. Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Band II, Stand: Oktober 2009, Vorbem. zu Art. 39 bis 55 EG, Rn. 35).

88

Die Unzulässigkeit der vom Kläger betriebenen Sportwettenvermittlung im Vereinslokal nach § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV reduziert das Ermessen der Beklagten sowohl hinsichtlich der Versagung der Erlaubnis als auch hinsichtlich der Untersagung der unzulässigen Tätigkeit nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV auf Null. Die gesetzliche Bindung des Untersagungsermessens an das legitime Ziel der Suchtvorbeugung und -bekämpfung lässt eine Duldung der zum Wetten anreizenden organisatorisch-räumlichen Verknüpfung der Sportvereinstätigkeit mit der Sportwettenvermittlung durch den Kläger nicht zu. Dies gilt auch, wenn im neuen Vereinsheim - anders als nach Aktenlage im früheren - kein Bildschirm zur Übertragung von Sportereignissen zur Verfügung stehen sollte. Schon der Umstand, dass die Sportwettenvermittlung im Vereinsheim regelmäßiger Bestandteil des Vereinslebens wird, führt zu einer Aufwertung des Wettens als Teil der sozialadäquaten aktiven Vereinsmitgliedschaft und ist geeignet, auch bislang nicht zum Wetten entschlossene Mitglieder zur Teilnahme an Wetten zu bewegen und der Suchtgefahr auszusetzen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

18
a) Bei Prüfung der Frage, ob die beanstandete Werbung mit den Zielen des § 1 Abs. 1 GlüStV 2012 in Einklang steht, wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, dass ein Aufforderungscharakter von Werbung für sich allein nicht das Ziel beeinträchtigt "das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen". Denn mit dem gegenüber dem bisherigen Recht neuen Regelungsansatz für Glücksspielwerbung in § 5 GlüStV 2012 sollte eine Kanalisierung der Nachfrage auf legale und weniger gefährliche Formen des Glücksspiels erreicht werden. Das dürfte voraussetzen, dass auf diese legalen Angebote in wirksamer Weise aufmerksam gemacht werden darf (vgl. Erläuterungen zum Antrag auf Zustimmung zum Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag, Bayer. Landtag, Drucks. 16/11995, S. 16, 26 i.V.m. 21).

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.