Verwaltungsgericht München Urteil, 30. Juni 2016 - M 11 K 15.1755

bei uns veröffentlicht am30.06.2016

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung des Landratsamtes Starnberg (im Folgenden: Landratsamt), für das Vorhaben der Kläger auf dem Grundstück Fl.Nr. 95 Gemarkung ... eine Baugenehmigung zu erteilen.

Mit Bescheid des Landratsamts vom 19. August 2009 wurde für das Baugrundstück bereits eine Baugenehmigung für das Vorhaben „Neubau einer Gewerbeeinheit in …“ erteilt.

Mit Bauantrag vom ... Februar 2014, bei der Beigeladenen eingegangen am 4. März 2014 und beim Landratsamt am 30. April 2014, beantragten die Kläger die Erteilung einer Baugenehmigung für das oben genannte Grundstück mit der Vorhabensbezeichnung: „Nutzungsänderung der Gewerbeeinheit in einen Ausstellungs-, Verkaufs- und Lagerplatz der Post und ein Büro, sowie Anpassung der Kubatur im Erdgeschoss an die Kubatur im Obergeschoss“.

Die Beigeladene nahm hierzu mit Formularschreiben vom 30. April 2014 Stellung und teilte dem Landratsamt mit:

Mit Beschluss vom 25. März 2014 sei das gemeindliche Einvernehmen verweigert worden.

Laut der Stellungnahme der Beigeladenen liege das Vorhaben im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans Nr. 78, „Bebauungsplan Ortszentrum …, Teilbebauungsplan 1“ der Beigeladenen und entspreche nicht dessen Festsetzungen.

Dem Beschlussauszug aus der Niederschrift über die öffentliche Sitzung des Bauund Ortsplanungsausschusses der Beigeladenen vom 25. März 2014 lässt sich entnehmen, dass die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens insbesondere deswegen verweigert wurde, weil die Kubaturentwicklung nicht den Planungszielen entspreche und die Nutzungsänderung in Ausstellungs-, Verkaufs- und Lagerplatz der Post aufgrund der beengten Situation auf dem Grundstück abgelehnt werde, zumal mit starkem Kundenverkehr zu rechnen sei.

Mit Schreiben des Landratsamtes vom 23. Juni 2014 wurden die Kläger zur beabsichtigten Ablehnung des Bauantrages angehört.

Das Grundstück liege im Geltungsbereich des sich in Aufstellung befindlichen Bebauungsplanes „Nr. 78, Bebauungsplan Ortszentrum …, Teilbebauungsplan 1“. Für den Geltungsbereich dieses in Aufstellung befindlichen Planes habe die Beigeladene eine Veränderungssperre erlassen.

Den Behördenakten lässt sich entnehmen (vgl. Bl. 27 f. der Behördenakte - BA), dass die Beigeladene mit Satzung - in Kraft getreten am 3. Juli 2014 - eine bereits bestehende Veränderungssperre (in Kraft seit 4.7.2012) um ein Jahr verlängert hat.

Mit Bescheid des Landratsamtes vom 20. April 2015 wurde der Bauantrag abgelehnt. Zur Begründung wird auf die den in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan sichernde Veränderungssperre verwiesen. Eine Ausnahme von der Veränderungssperre habe nicht erteilt werden können. Die beantragte Maßnahme widerspreche dem in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan (Stand: 12.6.2012) dahingehend, dass ein Baukörper beantragt werde, der im Vergleich zum in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan außerhalb der Baugrenzen liegen würde. Damit wäre die zulässige Baugrenze nicht eingehalten.

Der Bescheid wurde den Klägern ausweislich der bei den Akten befindlichen Postzustellungsurkunde am 22. April 2015 zugestellt.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom … April 2015, beim Gericht eingegangen am 4. Mai 2015, ließen die Kläger Klage erheben und beantragen,

unter Aufhebung des Bescheides des Landratsamtes vom 20. April 2015 den Beklagten zu verpflichten, die beantragte Baugenehmigung (Antrag v. ...3.2014) hinsichtlich der Nutzungsänderung von Gewerbe in Ausstellungs-, Verkaufs- und Lagerplatz und einem Büro sowie Anpassung der Kubatur im Erdgeschoss und Obergeschoss bezüglich des Anwesens … … ... ... zu zerteilen (sic! gemeint ist wohl: erteilen).

Mit Beschluss vom 18. Mai 2015 wurde die Gemeinde … zum Verfahren beigeladen.

Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom … Juli 2015 ließen die Kläger die Klage begründen:

Die Kläger seien Eigentümer des Anwesens … … ... ... … … Das Landratsamt stütze sich in seiner Ablehnungsentscheidung ausschließlich darauf, dass der in Aufstellung befindliche Bebauungsplan im Widerspruch zum Vorhaben stehe. Zwischenzeitlich sei der Bebauungsplan in Kraft getreten. Als ausschließlicher Widerspruch zum Bebauungsplan werde darauf verwiesen, dass der Baukörper im Vergleich zum in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan außerhalb der Baugrenzen liegen würde.

Es möge zutreffen, dass das bereits errichtete Gebäude die Baugrenzen des Bebauungsplanes nicht einhalte. Das genehmigte Bauvorhaben in seiner ursprünglichen Form überschreite bereits die Baugrenzen des zwischenzeitlich in Kraft getretenen Bebauungsplanes. Durch die streitgegenständliche Änderungsgenehmigung würden die Baugrenzen nicht zusätzlich oder in erhöhtem Maße im Vergleich zur Ausgangsgenehmigung überschritten. Neben der Nutzungsänderung, die laut Landratsamt nicht in Frage stehe, werde daher nur die Anpassung der Kubatur im Erd- und im Obergeschoss beantragt.

Entgegen dem bereits mit Bescheid vom 19. August 2009 genehmigten Bauvorhaben (Planungsstand: 13.11.2008) werde im südlichen Bereich des bereits errichteten Baukörpers anstatt eines arkadenartigen Rücksprungs im Erdgeschoss nunmehr auf die Flucht des Obergeschosses auch das Erdgeschoss geschlossen. Eine Baugrenzenüberschreitung sei deshalb durch den genehmigten Bau im Obergeschoss bereits erfolgt. Eine zusätzliche Baugrenzenüberschreitung gegenüber dem genehmigten Bestand finde mit Ausnahme geringfügigster Abweichungen im Zentimeterbereich nicht statt. Die entsprechenden inhaltlichen Änderungen seien in den beiliegenden Planzeichen nochmals kenntlich gemacht.

Insofern könnten sich die Kläger auf einen Bestandsschutz des genehmigten bzw. errichteten Gebäudes berufen, mithin liege keine Baugrenzenüberschreitung gegenüber der genehmigten Planung vor.

Der Bebauungsplan stehe dem Bauvorhaben nicht entgegen, da die Baugrenzenüberschreitung bereits vorliege. Es komme städtebaulich nicht darauf an, ob es sich um einen arkadenartigen Rücksprung im Erdgeschoss handele oder der Baukörper bis an die bereits vorhandene Baugrenze hinausreiche.

Zumindest bestehe aber ein Anspruch auf Befreiung von dem zwischenzeitlich in Kraft getretenen Bebauungsplan der Beigeladenen. Die Grundzüge der Planung würden nicht tangiert, da die Kubatur grundsätzlich Bestandsschutz besitze. Die Abweichung sei städtebaulich vertretbar, da sie aus dem Bestandsschutz heraus abzuleiten sei.

Öffentliche Belange könnten nicht verletzt werden, da es städtebaulich nicht darauf ankomme, ob ein Rücksprung im Erdgeschoss „geschlossen“ werde. Zwar stehe die Entscheidung über die Erteilung einer Befreiung im Ermessen der Genehmigungsbehörde. Hier jedoch verdichte sich das auszuübende Ermessen zu einem Anspruch. In diesem Zusammenhang sei auch zu berücksichtigen, dass im Zeitpunkt der Behördenentscheidung die Wirksamkeit der zur Sicherung der Bauleitplanung erlassenen Veränderungssperre bereits entfallen bzw. die Drei-Jahres-Frist einer Veränderungssperre bereits abgelaufen gewesen sei.

Die Beigeladene habe eine erste Veränderungssperre am 20. März 2012 erlassen. Es sei jedoch am 4. Juli 2012 aus Gründen der Klarstellung eine zweite Veränderungssperre neu erlassen worden. Dies sei wohl gemäß § 17 Abs. 3 BauGB möglich gewesen. Fristbeginn der neuen Veränderungssperre sei der 4. Juli 2012 gewesen. Mit öffentlicher Bekanntmachung vom 3. Juli 2014 sei die Frist um ein Jahr bis zum 4. Juli 2015 verlängert worden (§ 17 Abs. 2 BauGB).

Nachdem jedoch die erste Veränderungssperre bereits ein Bauverbot ausgesprochen habe, habe diese zumindest „faktische“ Wirkung. Es werde davon ausgegangen, dass die maximal zulässige Drei-Jahres-Frist mit der ersten Veränderungssperre zu laufen begonnen habe, so dass die Wirkung der Veränderungssperre am 23. März 2015 - mithin vor der streitgegenständlichen Behördenentscheidung - abgelaufen sei.

Mit Schreiben des Landratsamtes vom 5. August 2015 wurden die Behördenakten vorgelegt und Klageabweisung beantragt.

Ergänzend zum Bescheid wird zur Klageerwiderung ausgeführt: Für das verfahrensgegenständliche Gebäude sei am 19. August 2009 eine Baugenehmigung erteilt worden. Neben der beantragten Nutzungsänderung sollte die Kubatur um ca. 63 m3 im Erdgeschoss erweitert werden. Der Bestandsschutz für bauliche Anlagen erstrecke sich auf den genehmigten Bestand und die genehmigte Nutzung. Der Bestandsschutz erfasse grundsätzlich nicht Bestands- oder Funktionsänderungen, weil diese über den genehmigten Zustand hinausgreifen würden und ein solches Hinausgreifen von den die Eigentümerstellung regelnden Bauvorschriften nicht gedeckt wäre. Aufgrund des Antrages auf Erweiterung der Kubatur im Erdgeschoss zur Anpassung an die Kubatur im Obergeschoss sei eine Befreiung von der Baugrenze vom rechtsgültigen Bebauungsplan erforderlich. Die beantragte Nutzungsänderung löse ebenfalls eine Neubeurteilung des gesamten Gebäudes aus, da unter anderem eine Neubeurteilung des Stellplatzbedarfs erforderlich sei. Der Baukörper liege bereits außerhalb der zulässigen Baugrenzen. Die dafür erforderliche Befreiung sei nicht beantragt worden. Eine Befreiung sei auch nicht möglich. Durch die Nichteinhaltung der Baugrenze würden die Grundzüge der Planung berührt, da hier eine spezielle, genau ausgearbeitete Festsetzung von der Beigeladenen beschlossen worden sei. Der Begründung zum Bebauungsplan sei zu entnehmen, dass eine geringfügige Minderung des derzeit vorhandenen bzw. realisierten Baurechts festgesetzt worden sei, um die künftige bauliche Entwicklung zu steuern und städtebaulichen Fehlentwicklungen entgegen zu wirken (vgl. S. 3 + 6 der Begründung des Bebauungsplanes). Die Veränderungssperre sei erst am 4. Juli 2015 ausgelaufen. Zwar habe es eine erste Fassung vom 23. März 2012 gegeben; jedoch sei am 4. Juli 2012 aus Gründen der Klarstellung die Veränderungssperre neu erlassen worden, was gemäß § 17 Abs. 3 BauGB möglich gewesen sei (vgl. VG München, U.v. 11.10.2012 - M 11 K 11.1662, S. 12, 2. Abs.).

Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 5. November 2015 ließ die Beigeladene ihre anwaltliche Vertretung anzeigen.

Mit Schreiben ihres Bevollmächtigen vom 7. Juni 2016 ließ die Beigeladene Klageabweisung beantragen.

Zur Begründung wird ausgeführt:

Der Beklagte habe bei der Ablehnung des Bauantrages die rechtswirksame Veränderungssperrensatzung der Beigeladen zu berücksichtigen gehabt. Zu Unrecht berufe sich die Klage darauf, dass die Veränderungssperrensatzung der Beigeladenen zum Entscheidungszeitpunt des Beklagten ausgelaufen gewesen sei. Letztlich komme es darauf jedoch ohnehin nicht an. Maßgeblicher Zeitpunkt für die vorliegende Klage sei ohnehin der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. In der Zwischenzeit sei der Bebauungsplan der Beigeladen „B 78 - Ortszentrum, Teilbebauungsplan 1“ mit Bekanntmachung am 25. Juni 2015 in Kraft getreten. Unstreitig begehrten die Kläger die Genehmigung eines Vorhabens, das außerhalb der mit dem genannten Bebauungsplan festgesetzten Baugrenzen liege. Damit widerspreche das Bauvorhaben den Festsetzungen dieses Bebauungsplanes. Die Kläger wiesen demgegenüber darauf hin, dass ihnen bereits im Jahr 2009 eine Baugenehmigung erteilt worden sei, die über die Baugrenzen des jetzt in Kraft getretenen Bebauungsplans hinausreiche. Die Kläger würden sich allerdings insoweit zu Unrecht auf Bestandsschutz berufen. Der durch die Realisierung der seinerzeitigen Baugenehmigung vermittelte Bestandsschutz erstrecke sich ausschließlich auf den seinerzeit genehmigten Bestand und die genehmigte Funktion. Er sei nicht in der Lage, sich im Hinblick auf die jetzt nachgesuchten Änderungen gegen die nachträglich wirksam in Kraft getretenen Festsetzungen des neuen Bebauungsplanes durchzusetzen.

Der Verweis der Kläger auf die planersetzende Vorschrift des § 34 BauGB sei unbehelflich. Die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplanes werde zu Recht von der Klage nicht in Zweifel gezogen. Ein Anspruch auf Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB stehe den Klägern nicht zur Seite. Das Vorhaben würde zu einer weiteren Verdichtung des Baubestandes im Ortszentrum der Beigeladenen führen. Den Festsetzungen des Bebauungsplanes (Ausweisung Baufenster/Baugrenzen) sei gerade in dem hier fraglichen Bereich der Grundstücke Fl.Nrn. 95 und 95/1 der Gemarkung … zu entnehmen, dass es städtebauliches Ziel des Bebauungsplanes sei, der in diesem Bereich schon durch den vorhandenen Bestand eingetretenen Verdichtung des Baubestandes entgegen zu treten, in jedem Fall aber keine weitere Verdichtung des Baubestandes außerhalb der ausgewiesenen Baufenster zuzulassen. Im Ausgleich zu der hierdurch eingetretenen Verringerung der Grundfläche gestatte der Bebauungsplan im hier fraglichen Bereich durchgängig eine Erhöhung der Firsthöhe auf 11 m.

Der Bebauungsplan der Beigeladenen beruhe auf den in Nr. A 2 der Begründung des Bebauungsplanes dargestellten städtebaulichen Zielen. Diese städtebaulichen Ziele würden unter „B 2“ der Begründung in einem Vergleich von geplantem und vorhandenem Baurecht - gerade auch im Hinblick auf den hier fraglichen Bereich (Fl.Nrn. 95 + 95/1 der Gemarkung …...), wie in der Skizze zu „B 2“ der Begründung des Bebauungsplanes im Einzelnen ausgewiesen - dargestellt.

Das Bauvorhaben berühre damit die Grundzüge der Planung der Beigeladenen, da sie entgegen diesen Zielsetzungen außerhalb der vom Bebauungsplan bestimmten Baugrenzen zu einer weiteren Verdichtung des Baubestandes führe. Diese Verdichtung könne auch nicht mit dem vorhandenen Bestand gerechtfertigt werden. Die von der Beigeladenen verfolgte städtebauliche Entwicklung in diesem Bereich - wie sie die Beigeladene mit den im Bebauungsplan verlautbarten städtebaulichen Zielen verfolge - gestatte es nicht, die von der Klage begehrte Abweichung als „städtebaulich vertretbar“ zu bezeichnen.

Etwas anderes lasse sich auch nicht aus einem vermeintlichen Bestandsschutz ableiten.

Es liege auch keine Verdichtung des Entschließungsermessens des § 31 Abs. 2 BauGB hinsichtlich einer Erteilung der Befreiung vor.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom … Juni 2016, auf den Bezug genommen wird, ließen die Kläger hierauf erwidern.

Das Gericht erhob am 30. Juni 2016 Beweis über die örtlichen Verhältnisse durch die Einnahme eines Augenscheins und führte im Anschluss daran die mündliche Verhandlung durch.

Wegen der beim Augenschein getroffenen Feststellungen sowie des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift Bezug genommen.

Die Beteiligten stellten die bereits schriftsätzlich angekündigten Anträge.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in diesem sowie in dem beigezogenen Verfahren M 11 K 11.1662 und auf die vorgelegten Behördenakten einschließlich der Bauvorlagen und des Bebauungsplanes sowie auf den in der mündlichen Verhandlung übergegebenen Eingabeplan zur ursprünglichen Baugenehmigung Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die Klage ist unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf die Erteilung der beantragten (Änderungs-)Baugenehmigung, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 BayBO. Der streitgegenständliche (Änderungs-)Bauantrag geht ins Leere, da die Baugenehmigung, auf die er sich bezieht, erloschen ist (nachfolgend unter 1.). Unabhängig davon ist auch der (Änderungs-)Bauantrag für sich betrachtet nicht genehmigungsfähig (nachfolgend unter 2.).

1. Eine Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der mit dem streitgegenständlichen Bauantrag verfolgten Baugenehmigung kommt von vorneherein deswegen nicht in Betracht, weil die ursprüngliche Baugenehmigung vom 19. August 2009, auf welcher der streitgegenständliche Bauantrag aufbaut, erloschen ist. Dabei kann offen bleiben, ob es sich beim streitgegenständlichen Bauantrag nach dem Willen des Bauherrn um einen selbständigen Bauantrag oder um einen Änderungsantrag handelt (vgl. hierzu Gaßner in: Simon/Busse, BayBO 122. EL 2016, Art. 64 Rn. 46). Denn in jedem Fall setzt der streitgegenständliche Bauantrag hinsichtlich Vorhabensbezeichnung, Beschreibung und vor allem hinsichtlich der Bauvorlagen die Existenz der ursprünglichen Baugenehmigung von 2009 voraus; ohne diese, also nur für sich betrachtet, ist er in keinem Fall genehmigungsfähig. Dafür fehlte es schon daran, dass die streitgegenständlichen Bauvorlagen unter Zugrundelegung der Vorschriften der Bauvorlagenverordnung (BauvorlV) den Anforderungen nur genügen, wenn eine Bezugnahme auf die ursprüngliche Baugenehmigung möglich ist. Ohne diese ist der gegenständliche Bauantrag, der naturgemäß nur die Änderungen zum vermeintlich genehmigten Vorhaben darstellt, untauglich, abgesehen davon, dass der gegenständliche Bauantrag davon ausgeht, dass er auf einem bereits genehmigten Vorhaben aufbauen kann.

Die ursprüngliche Baugenehmigung vom 19.August 2009 ist erloschen, weil von ihr im Rechtssinne kein Gebrauch gemacht worden ist.

Nach Art. 69 Abs. 1 Hs. 1 BayBO hatte sie eine Geltungsdauer von vier Jahren, gerechnet von ihrer Unanfechtbarkeit an. Nachdem sie den Bauherrn am 27. August 2009 zugestellt worden war, verlor sie ihre Gültigkeit mit Ablauf des 27. August 2013. Zwar war zu diesem Zeitpunkt nach den unstreitigen Angaben der Beteiligten - nach Auskunft des Landratsamts datiert die Baubeginnsanzeige vom 28. Mai 2013 - zu diesem Zeitpunkt mit den Arbeiten bereits begonnen worden, wie es die genannte Vorschrift verlangt. Darauf kommt es hier jedoch nicht an. Denn die Baugenehmigung ist zu dem angegebenen Zeitpunkt deshalb erloschen (vgl. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG), weil die Bauherren bei der Ausführung von den genehmigten Bauvorlagen so wesentlich abgewichen sind, dass im Ergebnis nicht das genehmigte, sondern ein anderes Bauvorhaben, ein sogenanntes „aliud“ erstellt wurde. Ob und inwieweit die Errichtung eines Vorhabens trotz Abweichungen noch als ein Gebrauchmachen von einer hierfür erteilten Genehmigung angesehen werden kann, bemisst sich dabei nach den durch die planabweichende Ausführung geschaffenen und nicht etwa nach dem mit einer späteren Genehmigung (wie hier der begehrten) erst angestrebten Zustand.

Als für die Identität eines Bauvorhabens wesentliche Merkmale wurden in der Rechtsprechung (vgl. hierzu Lechner in: Simon/Busse, BayBO, 122. EL Januar 2016, Art. 68 Rn. 120f.) Standort, Grundfläche, Bauvolumen, Zweckbestimmung, Höhe, Dachform oder Erscheinungsbild herausgestellt und hierbei geringfügige Abweichungen von vornherein für unbeachtlich erklärt. Die Annahme, ein Vorhaben sei wegen Abweichungen von der Baugenehmigung oder den genehmigten Bauvorlagen als ein „aliud“ zu betrachten, ist deshalb nur dann gerechtfertigt, wenn diese Abweichungen die Grenze einer gewissen „Erheblichkeit“ überschreiten. Wegen der Situationsgebundenheit des Eigentums und damit der Situationsbezogenheit der für die Zulassung von Bauvorhaben entscheidenden Umstände können bei der Bestimmung dieser Grenze nicht für alle Fälle gleiche Größen wie etwa in Zahlen ausdrückbare Maße angegeben werden. Ausschlaggebend ist vielmehr darauf abzustellen, ob die oder einige der Belange, die bei der Genehmigung des Vorhabens zu berücksichtigen waren, neuerlich oder ob andere oder zusätzlich andere Belange erstmals so erheblich berührt werden, dass sich die Zulässigkeitsfrage neu stellt. Dabei kommt es zunächst nicht darauf an, ob sich das planabweichend ausgeführte Vorhaben im Gegensatz zu dem genehmigten als nicht (mehr) genehmigungsfähig darstellt, wenngleich die fehlende Genehmigungsfähigkeit im Einzelfall ein Indiz für die Notwendigkeit einer neuen baurechtlichen Beurteilung bilden kann. Ebenso wird eine bereits von Anfang an gegebene und sich durch die Planabweichung intensivierende Unzulässigkeit vielfach das Erfordernis einer neuen baurechtlichen Prüfung anzeigen. Auf ein „aliud“ kann schließlich hinweisen, dass ein Vorhaben ohne Zerstörung seiner Substanz oder wesentlicher Teile mit der ursprünglich erteilten Genehmigung nicht in Übereinstimmung gebracht werden kann. Unter diesen Gesichtspunkten ist das bestehende Haus als „aliud“ zu qualifizieren.

Nahezu alle soeben genannten indiziell relevanten Merkmale liegen vor, so dass jedenfalls in ihrer Gesamtschau davon auszugehen ist, dass vorliegend ein „aliud“ errichtet wurde und nicht von der ursprünglichen Baugenehmigung vom 19. August 2009 Gebrauch gemacht wurde.

Im Einzelnen:

Ob es ausreicht, dass die im hier streitgegenständlichen neuen Bauantrag als einziges neu zu errichtendes Bauteil beantragte Schließung des Versprungs auf der Südwestseite des Gebäudes im Obergeschoss auch im Erdgeschoss nach Auskunft des Klägers zu 2) in der mündlichen Verhandlung (Sitzungsprotokoll S. 3 oben) nicht nur ohne Genehmigung, sondern gleichzeitig mit dem ursprünglichen Bau hergestellt wurde (Sitzungsprotokoll S. 2 unten: das Gebäude sei in einem Guss vor ca. 1 V Jahren errichtet worden“), kann dabei offen bleiben.

Insofern wäre zwar ein Unterschied zu machen zu der - hier auf Grund der Aussage des Klägers zu 2) nachgewiesenermaßen nicht vorliegenden - Situation, dass ursprünglich plankonform gebaut worden wäre und der Versprung erst nachträglich geschlossen worden wäre; dann würde allein deswegen kein aliud vorliegen, da dann von der ursprünglichen Baugenehmigung wenigstens dem äußeren Anschein nach Gebrauch gemacht worden wäre. Auf der Grundlage der hier vorliegenden Situation, in der die Bauherren gleich auch dem äußeren Anschein nach ein anderes Gebäude „hingestellt“ haben, würde es zwar in Betracht kommen, allein deswegen bereits ein „aliud“ anzunehmen, da der Versprung zwar flächenmäßig nicht viel, von der Wirkung her, wie sich das Gericht im Augenscheinstermin überzeugen konnte, aber sehr viel ausmacht. Darauf kommt es aber deswegen nicht an, weil auch eine Vielzahl weiterer Abweichungen zwischen dem ursprünglich genehmigten Plan und der tatsächlichen Ausführung zu verzeichnen sind.

Vergleicht man einerseits den genehmigten, vom 13. November 2008 datierenden Eingabeplan - Grundrisse, Ansichten, Schnitt mit den im hiesigen Verfahren eingereichten Bauvorlagen, so zeigen sich durchgehend erhebliche Abweichungen. Dabei lässt sich aus den im hiesigen Verfahren eingereichten Bauvorlagen datierend vom 2. Februar 2014 - Grundrisse, Ansichten, Schnitt wegen der entsprechend Anlage 1 Nr. 2 BauvorlV eingezeichneten Bestandsbebauung ablesen, wie das Vorhaben tatsächlich errichtet wurde.

Hinsichtlich der Grundrisse zeigen sich in allen drei Geschossen (Keller-, Erdund Obergeschoss) erhebliche Abweichungen bezogen sowohl auf die Errichtung als auch auf die genehmigte / tatsächlich vorhandene Nutzung, wobei letztere insbesondere deswegen relevant ist, weil sich insofern möglicherweise auch hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit andere Anforderungen stellen, was ebenfalls, wie oben dargelegt ein Indiz für das Vorliegen eines „aliud“ ist.

In allen drei Geschossen ist die Raumaufteilung komplett unterschiedlich. Die im Kellergeschoss mit Bescheid vom 18. August 2009 genehmigten Zwischenwände sind im Bestand größtenteils nicht umgesetzt. Im Erdgeschoss ist dagegen im Bestand eine Zwischenwand enthalten, die in dem genehmigten Plan fehlt. Im Obergeschoss wiederum sind die genehmigte Zwischenwand und die dadurch gegebene Raumaufteilung im Bestand nicht verwirklicht, dafür ist im Bestand ein im genehmigten Plan nicht enthaltenes WC eingebaut. Außerdem geht aus dem Vergleich der Baupläne hervor, dass die Treppen in sämtlichen drei Geschossen (!) komplett anders errichtet wurden als genehmigt. Auch die in den Plänen eingezeichneten Nutzungen stimmen mit einer teilweisen Ausnahme im Obergeschoss nicht überein.

Auch aus einem Vergleich der Ansichten und des Schnitts ergeben sich erhebliche Abweichungen zwischen dem ursprünglich genehmigten Plan und der tatsächlichen Ausführung. Aus sämtlichen Ansichten und dem Schnitt geht hervor, dass die Fenster und Fenstertüren komplett unterschiedlich sind, sowohl in der Anordnung als auch in der Anzahl.

Schließlich differiert auch die Stellplatzaufteilung und -anzahl, letztere kann sich ebenfalls auf die Genehmigungsfähigkeit auswirken. Obwohl die dargestellten Unterschiede bereits ausreichen, um in der erforderlichen Gesamtbetrachtung von einem errichteten „aliud“ und deswegen von einem Erlöschen der Baugenehmigung vom 19. August 2009 auszugehen, kommen noch weitere maßgebliche Umstände hinzu:

Nach dem oben Gesagten weist insbesondere der Umstand auf das Vorliegen eines „aliud“ hin, dass ein Vorhaben ohne Zerstörung seiner Substanz oder wesentlicher Teile mit der ursprünglich erteilten Genehmigung nicht in Übereinstimmung gebracht werden kann. Das liegt hier vor. Jedenfalls in Bezug auf den baugenehmigungswidrig geschlossenen Versprung im Erdgeschoss auf der Südwestseite ist das nämlich der Fall. Dieser kann ohne Substanzzerstörung wesentlicher Teile nicht rückgängig gemacht werden. Ob dieser im Wege der Befreiung legalisiert werden kann (dazu sogleich unter 2.) gehört begrifflich nicht zu der hier zu prüfenden Frage, ob ein „aliud“ vorliegt.

Zuletzt kann (siehe oben) auch die fehlende Genehmigungsfähigkeit im Einzelfall ein Indiz für die Notwendigkeit einer neuen baurechtlichen Beurteilung bilden. Auch diese ist hier gegeben. Denn zum Zeitpunkt des Baubeginns -nach der unwidersprochenen Angabe des Landratsamts datiert die Baubeginnsanzeige vom 28. Mai 2013 - war das Vorhaben so, wie es tatsächlich errichtet wurde, gar nicht (mehr) genehmigungsfähig. Denn spätestens Mitte 2012 war u.a. für das Vorhabensgrundstück erstmals die Veränderungssperre der Beigeladenen zur Sicherung des mittlerweile in Kraft getretenen Bebauungsplans erlassen worden. Danach war das Vorhaben wegen der mit den Versprüngen - sowohl mit dem genehmigten im Obergeschoss als auch mit dem nichtgenehmigten, tatsächlich aber gleichzeitig errichteten im Erdgeschoss - ausgelösten Überschreitung der Baugrenzen nicht mehr genehmigungsfähig, allerdings mit dem Unterschied, dass der obergeschossige Vorsprung deswegen, weil er Teil der Baugenehmigung vom 19. August 2009 war, formellen Bestandsschutz genossen und für sich genommen hätte errichtet werden dürfen, wohingegen der erdgeschossige Vorsprung jedenfalls einen sog. Schwarzbau darstellte. Durch die gemeinsame Errichtung fehlte dem Vorhaben jedoch ab dann insgesamt die Genehmigungsfähigkeit; der formelle Bestandsschutz ist durch das Erlöschen der Baugenehmigung nicht mehr gegeben.

2. Unabhängig davon ist das Vorhaben auch deswegen nicht genehmigungsfähig, weil jedenfalls die Anpassung der Kubatur nicht genehmigungsfähig ist, was insgesamt zu einer Nicht-Genehmigungsfähigkeit des Antrags führt, ohne dass es darauf ankommt, ob die mitbeantragte Nutzungsänderung für sich genommen genehmigungsfähig wäre.

Die Anpassung der Kubatur, i.e. die Schließung des obergeschossigen Versprungs auf der südwestlichen Gebäudeseite auch im Erdgeschoss, ist bauplanungsrechtlich unzulässig, Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Var. 1 BayBO, § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 78 für das Gebiet „Ortszentrum …“ Teilbebauungsplan 1 der Beigeladenen.

Der Bauantrag beurteilt sich in bauplanungsrechtlicher Hinsicht nach den Festsetzungen dieses Bebauungsplans. Der Streit zwischen den Beteiligten um die Frage, von wann bis wann genau die den damals noch in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan sichernde Veränderungssperre galt, ist hierfür nicht relevant. Denn zum Entscheidungszeitpunkt für diese Klage, das ist der Tag der mündlichen Verhandlung, war der Bebauungsplan unstreitig in Kraft, so dass es auf die Veränderungssperre nicht mehr ankommt.

Die Festsetzung des Bebauungsplans unter Nr. I. 3.1 bzw. 3.2 i.V.m. den zeichnerischen Festsetzungen bedeutet für das streitgegenständliche Vorhaben, dass dieses die überbaubaren Grundstücksflächen (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB) überschreitet, damit den Festsetzungen widerspricht und unzulässig ist.

Eine Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB kann hierfür nicht erteilt werden, weil es bereits an der Voraussetzung fehlt, dass die Grundzüge der Planung dadurch nicht berührt werden, so dass es nicht darauf ankommt, ob das Landratsamt zu Recht darauf hinweist, dass eine Befreiung nicht beantragt wurde.

Mit dem Begriff der Grundzüge der Planung bezeichnet das Gesetz die durch die Hauptziele der Planung bestimmte Grundkonzeption eines Bauleitplans (BayVGH, B.v.17.11.2016 - 15 ZB 15.468 -, juris Rn. 9 m.w.N.). Beim Bebauungsplan manifestieren sich die Grundzüge in den seine Hauptziele umsetzenden Festsetzungen (vgl. König, Baurecht Bayern, 5. Aufl. 2015 Rn. 431). Was zum planerischen Grundkonzept zählt, beurteilt sich jeweils nach dem im Bebauungsplan zum Ausdruck kommenden Planungswillen der Gemeinde. Unter welchen Voraussetzungen die Grundzüge der Planung berührt werden, lässt sich nicht allgemeingültig formulieren; maßgeblich ist die jeweilige Planungssituation. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in den mit der Planung gefundenen Interessenausgleich eingreift, desto eher liegt es nahe, dass das Planungskonzept in einem Maße berührt wird, das eine (Um-)Planung erforderlich macht (vgl. BVerwG, B.v.05.03.1999 - 4 B 5.99 -, NVwZ 1999, 1110; B.v.19.05.2004 - 4 B 35.04 -, BRS 67 Nr. 83; U.v.18.11.2010 - 4 C 10/09 -, BVerwGE 138, 166 = juris Rn. 37).

Danach gehören die von der Beigeladenen festgesetzten Baufenster zu den Grundzügen ihrer Planung.

Ausweislich der Begründung des Bebauungsplans ging es der Beigeladenen mit dem Bebauungsplan gerade und hauptsächlich darum, die Nachverdichtung nicht noch stärker ausgreifen zu lassen, sondern sie im Wesentlichen auf dem jetzigen Stand „einzufrieren“. Zum Teil wird hinsichtlich einiger Grundstücke auch versucht, ein geringeres Baurecht als bisher festzusetzen. Gerade auch das Zurücksetzen von Baugrenzen ist ein maßgebliches Ziel der Bauleitplanung der Beigeladenen. Vor diesem Hintergrund gehört die Festsetzung der Baufenster zu den Grundzügen der Planung, von der eine Befreiung nicht möglich ist. Es handelt sich auch bezogen auf die Flächensteigerung nicht um eine völlig unwesentliche Überschreitung. Für die Befreiung spricht lediglich der besondere Umstand, auf den der Klägerbevollmächtigte auch hinweist, dass die Überschreitung im Obergeschoss faktisch bereits geschehen ist. Doch auch abgesehen davon, dass insoweit, sogar bezogen auf das ganze Gebäude, keine Baugenehmigung vorliegt (dazu oben 1.), ändert dieser Umstand nichts daran, dass dadurch die Grundzüge der Planung berührt würden. Denn die Beigeladene hat sich ausweislich der Begründung (dort S. 3) zu ihrem Bebauungsplan, zu dieser Planung u.a. auch deswegen entschlossen, um bereits geschehenen „Fehlentwicklungen entgegenzuwirken“. Das bedeutet, dass auch das nur erdgeschossige Überschreiten der Baugrenze einen Grundzug der Planung berührt und damit nicht befreiungsfähig ist.

Nach alledem ist die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO sowie aus § 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene hat einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt (§ 154 Abs. 3 Hs. 1 VwGO), weshalb es der Billigkeit entspricht, dass die unterliegenden Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen haben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708ff. ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Baugesetzbuch - BBauG | § 31 Ausnahmen und Befreiungen


(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. (2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüg

Baugesetzbuch - BBauG | § 30 Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans


(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsfl

Baugesetzbuch - BBauG | § 9 Inhalt des Bebauungsplans


(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden: 1. die Art und das Maß der baulichen Nutzung;2. die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;2a. vom

Baugesetzbuch - BBauG | § 17 Geltungsdauer der Veränderungssperre


(1) Die Veränderungssperre tritt nach Ablauf von zwei Jahren außer Kraft. Auf die Zweijahresfrist ist der seit der Zustellung der ersten Zurückstellung eines Baugesuchs nach § 15 Absatz 1 abgelaufene Zeitraum anzurechnen. Die Gemeinde kann die Frist

Referenzen - Urteile

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Verwaltungsgericht München Urteil, 30. Juni 2016 - M 11 K 15.1755 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Urteil, 30. Juni 2016 - M 11 K 15.1755 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 17. Nov. 2016 - 15 ZB 15.468

bei uns veröffentlicht am 17.11.2016

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 195.000 € festgeset

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 18. Nov. 2010 - 4 C 10/09

bei uns veröffentlicht am 18.11.2010

Tatbestand 1 Die Klägerin ist eine als eingetragener Verein organisierte Pfarrgemeinde der Syrisch-Orthodoxen Kirche. Im Jahre 1994 beantragte sie die Erteilung einer Ba

Referenzen

(1) Die Veränderungssperre tritt nach Ablauf von zwei Jahren außer Kraft. Auf die Zweijahresfrist ist der seit der Zustellung der ersten Zurückstellung eines Baugesuchs nach § 15 Absatz 1 abgelaufene Zeitraum anzurechnen. Die Gemeinde kann die Frist um ein Jahr verlängern.

(2) Wenn besondere Umstände es erfordern, kann die Gemeinde die Frist bis zu einem weiteren Jahr nochmals verlängern.

(3) Die Gemeinde kann eine außer Kraft getretene Veränderungssperre ganz oder teilweise erneut beschließen, wenn die Voraussetzungen für ihren Erlass fortbestehen.

(4) Die Veränderungssperre ist vor Fristablauf ganz oder teilweise außer Kraft zu setzen, sobald die Voraussetzungen für ihren Erlass weggefallen sind.

(5) Die Veränderungssperre tritt in jedem Fall außer Kraft, sobald und soweit die Bauleitplanung rechtsverbindlich abgeschlossen ist.

(6) Mit der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets oder des städtebaulichen Entwicklungsbereichs tritt eine bestehende Veränderungssperre nach § 14 außer Kraft. Dies gilt nicht, wenn in der Sanierungssatzung die Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 ausgeschlossen ist.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 195.000 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung unter Befreiung von den Festsetzungen eines Bebauungsplans.

Mit Formblatt vom 14. März 2013 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung für den Neubau einer Hotelresidenz für Senioren (Haus 6) sowie eines Gebäudes für betreutes Wohnen (Haus 7) auf den südlich der B.-Straße gelegenen Grundstücken FlNr. ... bzw. ... Gemarkung K. Nach den Bauvorlagen sollen beide Gebäude mit vier Vollgeschossen und einem fünften Geschoss als Penthouse mit Flachdach errichtet werden (sog. mittlere Variante). Die unmittelbar aneinander grenzenden Grundstücke liegen im Geltungsbereich des (rückwirkend) zum 8. Juli 2011 in Kraft gesetzten Bebauungsplans Nr. 280 II „C., nördlich der H.-straße - Teilbereich Ost“ der Beklagten, der auf den betreffenden Flächen ein Mischgebiet festsetzt. Weiterhin sind mittels Baugrenzen unter anderem drei Bauräume in Nord-Süd-Richtung ausgewiesen, darunter auch jeweils ein Bauraum auf den Grundstücken der Klägerin. Als Maß der baulichen Nutzung ist die Grundflächenzahl auf 0,5, die Geschossflächenzahl auf 1,2 und die Zahl der Vollgeschosse auf mindestens drei und höchstens vier beschränkt. Als Dachform ist ein Flachdach festgesetzt. Mit Schreiben vom 21. März 2013 beantragte die Klägerin für das Vorhaben die Erteilung von Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans unter anderem bezüglich der maximal zulässigen Zahl der Vollgeschosse. Mit Bescheid vom 23. Oktober 2013 lehnte die Beklagte den Bauantrag ab.

Die auf Verpflichtung zur Erteilung der Baugenehmigung und hilfsweise auf Neuverbescheidung gerichtete Klage der Klägerin hat das Verwaltungsgericht Augsburg mit Urteil vom 11. Dezember 2014 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die begehrte Baugenehmigung, weil das Vorhaben hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung den Festsetzungen des Bebauungsplans widerspreche. Die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von der festgesetzten Zahl der Vollgeschosse lägen nicht vor, weil hierdurch die Grundzüge der Planung berührt würden.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung. Sie macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts und einen Verfahrensmangel wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend.

II. Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.

1. Der von der Klägerin geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klägerin weder einen Rechtsanspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung noch auf erneute Verbescheidung ihres Bauantrags hat, weil das Bauvorhaben in Widerspruch zu bauplanungsrechtlichen Vorschriften steht (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO, § 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).

Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens der Klägerin nach § 30 Abs. 1 BauGB i. V. m. den Festsetzungen des Bebauungsplan Nr. 280 II der Beklagten richtet und dass das Vorhaben im Widerspruch zu den Festsetzung über die maximale Zahl der Vollgeschosse (§ 16 Abs. 2 Nr. 3, § 20 Abs. 1 BauNVO) steht, stellt die Klägerin nicht infrage (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Entgegen ihrer Auffassung begegnet auch die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Voraussetzungen für eine Befreiung (§ 31 Abs. 2 BauGB) von der Festsetzung der maximalen Zahl der Vollgeschosse auf den Grundstücken FlNr. ... und ... nicht vorliegen, weil eine Abweichung von dieser Festsetzung die Grundzüge der Planung berühren würde, keinen ernstlichen Zweifeln.

Mit dem Begriff der Grundzüge der Planung bezeichnet das Gesetz die durch die Hauptziele der Planung bestimmte Grundkonzeption eines Bauleitplans. Beim Bebauungsplan manifestieren sich die Grundzüge in den seine Hauptziele umsetzenden Festsetzungen (vgl. König, Baurecht Bayern, 5. Aufl. 2015 Rn. 431). Was zum planerischen Grundkonzept zählt, beurteilt sich jeweils nach dem im Bebauungsplan zum Ausdruck kommenden Planungswillen der Gemeinde. Unter welchen Voraussetzungen die Grundzüge der Planung berührt werden, lässt sich nicht allgemeingültig formulieren; maßgeblich ist die jeweilige Planungssituation. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in den mit der Planung gefundenen Interessenausgleich eingreift, desto eher liegt es nahe, dass das Planungskonzept in einem Maße berührt wird, das eine (Um-)Planung erforderlich macht (vgl. BVerwG, B. v. 5.3.1999 - 4 B 5.99 - NVwZ 1999, 1110; B. v. 19.5.2004 - 4 B 35.04 - BRS 67 Nr. 83; U. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 - BVerwGE 138, 166 = juris Rn. 37). Eine Befreiung ist ausgeschlossen, wenn das Vorhaben in seine Umgebung Spannungen hineinträgt oder erhöht, die nur durch eine Planung zu bewältigen sind. Was den Bebauungsplan in seinen „Grundzügen“, was seine „Planungskonzeption“ verändert, lässt sich nur durch (Um-)Planung ermöglichen und darf nicht durch einen einzelfallbezogenen Verwaltungsakt der Baugenehmigungsbehörde zugelassen werden. Denn die Änderung eines Bebauungsplans obliegt nach § 2 BauGB der Gemeinde und nicht der Bauaufsichtsbehörde (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.2012 - 4 C 14/10 - BVerwGE 142, 1 = juris Rn. 22 m. w. N.). Von Bedeutung für die Beurteilung, ob die Zulassung eines Vorhabens im Wege der Befreiung die Grundzüge der Planung berührt, können auch Auswirkungen des Vorhabens im Hinblick auf mögliche Vorbild- und Folgewirkungen für die Umgebung sein (vgl. BVerwG vom 29.7.2008 - 4 B 11/08 - ZfBR 2008, 797 = juris Rn. 4). Eine Befreiung von einer Festsetzung, die für die Planung tragend ist, darf nicht aus Grün-den erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (vgl. BayVGH, U. v. 8.12.2015 - 15 B 14.1840 - juris; B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2039 - juris Rn. m. w. N.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist nicht zweifelhaft, dass die Erteilung einer Befreiung von der festgesetzten Zahl der Vollgeschosse hier ausscheidet, weil es sich dabei um einen Grundzug der Planung handelt (vgl. unten a) und dieser durch die Befreiung berührt würde (vgl. unten b).

a) Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass es sich bei der Festsetzung der maximalen Zahl der Vollgeschosse von vier um einen Grundzug der Planung im Sinn von § 31 Abs. 2 BauGB handelt. Zwar ist der Klägerin insoweit zuzugeben, dass allein dem Umstand, dass die Beklagte im Bebauungsplan mit der Festsetzung der Grundflächenzahl und der Zahl der Vollgeschosse Mindestfestsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung nach § 16 Abs. 3 BauNVO getroffen hat, noch nicht zwingend zu entnehmen ist, dass es sich bei diesen Festsetzungen um Grundzüge der Planung handelt. Maßgeblich ist vielmehr auch hier das jeweilige Planungskonzept einer Gemeinde. Dass die Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse einen Grundzug der Planung darstellt, lässt sich vorliegend aber ohne Weiteres der Planbegründung entnehmen. Danach sollte mit der Festsetzung der drei- bis viergeschossigen Bebauung im nördlichen Planbereich ein Einfügen der Bebauung in die benachbarte Baustruktur zur Gewährleistung eines einheitlichen Ortsbildes an der B.-Straße sichergestellt werden (vgl. Planbegründung S. 20). Tragendes Ziel der Planung war mithin die Schaffung eines mit der Nachbarbebauung einheitlichen Ortsbildes an der B.-Straße. Da die Begrenzung der Zahl der Vollgeschosse im streitgegenständlichen Bebauungsplan auch und gerade zur Umsetzung dieses Ziels getroffen wurde, handelt es sich hierbei um einen Grundzug der Planung.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse auch geeignet, das Ziel der einheitlichen Ortsbildgestaltung zu erreichen. Dem steht nicht entgegen, dass für die östlich angrenzende Bebauung durch den Bebauungsplans Nr. 277 „S...“ an der B.-Straße keine vier-, sondern (zwingend) eine fünf- bzw. sechsgeschossige Bebauung festgesetzt ist. Da die Planbegründung nicht näher umschreibt, was zur „benachbarten Baustruktur“ zählt und die östlich angrenzende Bebauung nicht aufführt, kann darunter in Bezug auf die festgesetzte Zahl der Vollgeschosse nur das westlich angrenzende Baugebiet des bereits am 13. August 2010 inkraft gesetzten Bebauungsplans Nr. 280 I „C., nördlich der H.-straße - Teilbereich West“ gemeint sein, in dem die Zahl der Vollgeschosse (zwingend) auf ebenfalls vier festgesetzt ist. Dafür spricht auch die Entstehungsgeschichte der Bebauungspläne Nr. 280 I und Nr. 280 II, die sich ursprünglich aus einer einzigen Planung entwickelt haben (vgl. Planbegründung S. 11 f.). Die Festsetzung der Geschosszahl dient somit erkennbar dem Ziel, an der B.-Straße im Bereich zwischen dem D... im Westen und der L.-Straße im Osten eine weitgehend einheitliche Bebauung mit maximal vier Vollgeschossen zu erreichen. Dem steht nicht entgegen, dass die Zahl der Vollgeschosse mit Rücksicht auf den geplanten zwei- bis dreigeschossigen Baukörper im südöstlichen Bereich des Bebauungsplans Nr. 280 II lediglich auf eine drei- bis viergeschossige Bebauung begrenzt und nicht, wie im Bebauungsplans Nr. 280 I, zwingend auf vier festgesetzt wurde.

Nicht weiterführend ist insoweit der Einwand der Klägerin, ein viergeschossiges Gebäude könne in zulässiger Weise mit einem fünften Nicht-Vollgeschoss im Sinn des Art. 83 Abs. 7 BayBO i.V. mit § 20 Abs. 1 BauNVO und Art. 2 Abs. 5 Satz 1 BayBO 1998 versehen werden, ohne dass dieses einen sichtbaren Unterschied zu einem weiteren Vollgeschoss aufweise. Ein solches Nicht-Vollgeschoss, das wie ein Vollgeschoss wirkt, dürfte wegen der Festsetzungen des Bebauungsplans zur Dachgestaltung (Flachdach) schon technisch nicht zu verwirklichen sein, weil die gebotene lichte Mindesthöhe für Aufenthaltsräume von 2,40 m nach Art. 45 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BayBO stets zu einer 2,30 m übersteigenden Geschosshöhe und damit zu einem Vollgeschoss führt. Ein Nicht-Vollgeschoss als Dachgeschoss mit einer lichten Raumhöhe von wenigstens 2,20 m (vgl. Art. 45 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BayBO) scheidet bei einem Flachdach aus, weil es unter einem Flachdach keinen Dachraum gibt (so zutreffend Molodovsky in Molodovsky/Famers, Bayerische Bauordnung, Stand August 2016, Art. 45 Rn. 13a). Selbst wenn eine solche Bauausführung aber möglich wäre (wenn etwa im fünften Geschoss nur Lagerräume vorgesehen sind), wie die Klägerin unter Vorlage von entsprechenden Bildern und Plänen geltend macht, könnte daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass es sich bei der Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse nicht um einen Grundzug der Planung handelt. Denn mit der Formulierung „Vollgeschosse“ (und nicht nur „Geschosse“) hat die Beklagte als Satzungsgeberin gerade in Kauf genommen, dass ein Bauherr im Rahmen des rechtlich Zulässigen diese Möglichkeit ausschöpft und ein Gebäude mit einem weiteren Nicht-Vollgeschoss versehen wird. Dies gilt dann aber nicht nur für die Gebäude der Klägerin, sondern für sämtliche von dieser Festsetzung betroffenen Gebäude an der B.-Straße, so dass die angestrebte Einheitlichkeit des Ortsbildes an dieser Straße wiederum gewahrt bliebe.

Nicht durchzudringen vermag die Klägerin auch mit dem Einwand, durch die Festsetzung der zulässigen Anzahl der Vollgeschosse könne das Ziel einer einheitlichen Höhenentwicklung nicht erreicht werden, weil ein viergeschossiges Gebäude mangels gesetzlicher Höhenbegrenzung für ein einzelnes Vollgeschoss ganz unterschiedliche Höhen aufweisen könne. Denn die Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse (§ 16 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO) dient nicht - wie die Festsetzung der Höhe der baulichen Anlage (§ 16 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO) - einer absoluten Höhenbegrenzung für bauliche Anlagen. Vielmehr handelt es sich dabei um einen das äußere Erscheinungsbild anderweitig kennzeichnenden Maßbestimmungsfaktor (vgl. dazu BVerwG, B. v. 14.3.2013 - 4 B 49/12 - ZfBR 2013, 480 = juris Rn. 5), der im Wesentlichen durch die nach außen sichtbare Anzahl von Fensterreihen geprägt ist. Auf die Höhenentwicklung eines Gebäudes hat die Festsetzung einer bestimmten Geschosszahl nur mittelbare Auswirkungen; sie gibt insoweit lediglich einen gewissen Rahmen vor, weil davon auszugehen ist, dass sich ein vernünftiger Bauherr bei der konkreten Festlegung der Höhe der Vollgeschosse an einen gewissen marktüblichen Standard hält und die Höhe der baulichen Anlagen zudem in der Regel durch weitere Faktoren (z. B. Abstandsflächenregelungen, Rücksichtnahmegebot) begrenzt ist.

b) Es ist auch nicht fraglich, dass die vorgesehene Bebauung mit einem fünften Vollgeschoss diesen Grundzug der Planung berühren würde. Denn dies würde wegen der Bezugswirkung für die (westlich) benachbarte Bebauung ein nicht nur unwesentliches Abrücken von der angestrebten einheitlichen Ortsbildgestaltung an der B.-Straße bedeuten. Die Behauptung der Klägerin, durch das Vorhaben werde keine Vorbildwirkung hervorgerufen, weil das zusätzliche Geschoss als zurückversetztes Penthouse ausgebildet werde, überzeugt schon deswegen nicht, weil die vorgelegten Bauunterlagen eine Zurückversetzung des fünften Geschosses an der maßgeblichen, zur B.-Straße gerichteten Nordseite der Gebäude gerade nicht vorsehen.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels infolge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5, § 108 Abs. 2 VwGO).

Der Anspruch auf rechtliches Gehör gibt dem an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten unter anderem ein Recht darauf, dass rechtzeitiges und möglicherweise erhebliches Vorbringen vom Gericht zur Kenntnis genommen und bei der Entscheidung in Erwägung gezogen wird, soweit es aus verfahrens- oder materiell-rechtlichen Gründen nicht ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben muss oder kann (vgl. BayVGH, B. v. 8.11.2016 - 15 ZB 15.1069 m. w. N.). Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht den von ihm entgegengenommenen Vortrag der Beteiligten in seine Erwägungen einbezogen hat. Nur wenn besondere Umstände den eindeutigen Schluss zulassen, dass es die Ausführungen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen hat, wird der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Dementsprechend erfordert eine entsprechende Rüge die substantiierte Angabe, welches tatsächliche Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder ersichtlich nicht in Erwägung gezogen worden ist. Das Prozessgrundrecht auf rechtliches Gehör verpflichtet die Gerichte indessen nicht, dem zur Kenntnis genommenen tatsächlichen Vorbringen oder der Rechtsansicht eines Beteiligten auch in der Sache zu folgen. Ebenso wenig gewährleistet es, dass die angegriffene Entscheidung frei von einfach-rechtlichen materiellen Rechtsfehlern ergeht. Es stellt vielmehr grundsätzlich nur sicher, dass die Entscheidung frei von Rechtsfehlern ergeht, die ihren Grund gerade in der unterlassenen Kenntnisnahme und der Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Beteiligten haben (BVerwG, Beschluss vom 20.7.2016 - 6 B 35/16 - juris Rn. 16; BayVGH, B. v. 16.05.2011 - 16a DZ 09.548 - juris Rn. 19 m. w. N.).

Nach diesem Maßstab hat das Verwaltungsgericht den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör nicht verletzt. Zwar trifft es zu, dass das Verwaltungsgericht auf den Einwand der Klägerin, mit der Festsetzung der Geschosszahl könne eine bestimmte Höhenentwicklung der Gebäude nicht erreicht werden, weil durch diese Festsetzung die Höhe eines Gebäudes nicht auf ein bestimmtes Maß beschränkt werde, in den Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich eingegangen ist. Dass es dieses Vorbringen dennoch nicht übergangen hat, ergibt sich aber daraus, dass es im Tatbestand diesen Vortrag, wenn auch sehr knapp, widergegeben hat (vgl. Urteilsabdruck Rn. 19). Dass das Verwaltungsgericht der Rechtsansicht der Klägerin in der Sache nicht gefolgt ist, stellt keine Gehörsverletzung dar.

Im Übrigen ist dieses Vorbringen - wie sich aus obigen Ausführungen ergibt - nicht entscheidungserheblich, weil mit der Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse keine bestimmte Höhenbegrenzung der Gebäude an der B.-Straße, sondern eine einheitliche Ortsbildgestaltung in Bezug auf die Geschosse erreicht werden sollte. Ist ein gerügter Verfahrensmangel der Entscheidung für den Ausgang des Berufungsverfahrens aber ersichtlich nicht von Bedeutung, kann die Berufung schon aus diesem Grund nicht zugelassen werden (vgl. BayVGH, B. v. 23.6.2015 - 1 ZB 13.92 - juris Rn. 3; B. v. 12.7.2016 - 15 ZB 14.1108 - juris Rn. 15; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 219; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 124 Rn. 51). Dies gilt auch für einen Gehörsverstoß, wenn sich - wie hier - die Verletzung nicht auf das Gesamtergebnis des Verfahrens, sondern nur auf eine einzelne Feststellung bezieht, auf die es für die Entscheidung nicht ankommt; denn das Berufungsgericht kann die ihm hiernach gestellte Frage, ob die angefochtene Entscheidung auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel „beruhen kann“, nur dann verneinen, wenn der Verfahrensfehler „mit Sicherheit“ für das endgültige Er-gebnis der Entscheidung bedeutungslos ist. (vgl. BVerwG, B. v. 31.3.2004 - 3 A 4016/02 - DVBl 2004, 840 = juris Rn. 7 ff; B. v. 4.7.2008 - 3 B 18/08 - juris Rn. 14; BayVGH, B. v. 29.7.2013 - 14 ZB 13.30084 - juris Rn. 3; Seibert in Sodan/Ziekow, a. a. O., § 124 Rn. 223 f.).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.1.2.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57) und entspricht dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Betrag, gegen den die Beteiligten keine Einwände erhoben haben.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tatbestand

1

Die Klägerin ist eine als eingetragener Verein organisierte Pfarrgemeinde der Syrisch-Orthodoxen Kirche. Im Jahre 1994 beantragte sie die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer "Syrisch-Orthodoxen Kirche mit Mausoleum" sowie eines "Gemeindezentrums". In der Bauzeichnung für das Untergeschoss der Kirche war eine "Krypta" mit zehn Grabkammern eingezeichnet.

2

Das Baugrundstück liegt im Geltungsbereich eines Bebauungsplans der Beigeladenen zu 1, der das gesamte Plangebiet als Industriegebiet (GI) festsetzt. In den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans sind "Ausnahmen nach § 9 Abs. 3 BauNVO und Nebenanlagen nach § 14 BauNVO" zugelassen.

3

Die Beklagte erteilte der Klägerin die beantragte Baugenehmigung für das Kirchengebäude und das Gemeindezentrum. Hinsichtlich der Krypta lehnte sie den Antrag unter Hinweis auf das versagte gemeindliche Einvernehmen der Beigeladenen zu 1 ab. Die Klägerin erhob Widerspruch gegen die Ablehnung, ließ dann aber in der Bauzeichnung ihres Bauantrags die Zweckbestimmung "Krypta" durch "Abstellraum" ersetzen und die Grabkammern streichen. Die Beklagte hob daraufhin den ablehnenden Teil des Genehmigungsbescheides auf. Die Kirche ist mittlerweile errichtet und wird von der Klägerin als solche genutzt.

4

Im Jahre 2005 beantragte die Klägerin, im betreffenden Raum im Untergeschoss der Kirche eine Krypta "als privaten Bestattungsplatz ausdrücklich ausschließlich für verstorbene Geistliche" ihrer Kirche zu genehmigen. Entsprechend der ursprünglichen Planung ist der Einbau von zehn Grabkammern in Wandnischen vorgesehen, die nach Beisetzung durch dicht verfugte Stahlbetonplatten zur Raumseite hin verschlossen und mit beschrifteten Marmorverkleidungen versehen werden sollen. Die Krypta soll nur von außen zugänglich sein.

5

Das Gesundheitsamt beim Landratsamt Heilbronn stimmte der Krypta aus hygienischer Sicht unter Auflagen zu. Die Beigeladene zu 1 versagte wiederum das gemeindliche Einvernehmen. Die Beklagte lehnte den Bauantrag ab, der hiergegen gerichtete Widerspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg.

6

Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte unter Aufhebung der ablehnenden Bescheide verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Baugenehmigung für den Einbau einer Krypta im Untergeschoss der Kirche unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

7

Auf die Berufung der Beklagten und der Beigeladenen zu 1 hat der Verwaltungsgerichtshof die erstinstanzliche Entscheidung geändert und die Klage insgesamt abgewiesen; die Berufung der Klägerin hat er zurückgewiesen. Die Umwandlung des betreffenden Abstellraums in eine Krypta sei eine genehmigungspflichtige, aber nicht genehmigungsfähige Nutzungsänderung. Sie sei bauplanungsrechtlich unzulässig, weil sie den Festsetzungen des qualifizierten Bebauungsplans widerspreche. Zwar handle es sich bei der Krypta um eine - städtebaulich gegenüber der Kirche eigenständig zu würdigende - Anlage für kirchliche Zwecke im Sinne des Ausnahmekatalogs des § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Sie sei jedoch wegen Unverträglichkeit mit dem Charakter eines Industriegebiets unzulässig. Das Ermessen für eine ausnahmsweise Zulassung nach § 31 Abs. 1 BauGB sei deshalb entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht eröffnet. Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB komme ebenfalls nicht in Betracht. Es spreche alles dafür, dass die private Bestattungsanlage schon die Grundzüge der Planung berühre, die auf ein typisches, die gewerbliche Nutzungsbreite voll ausschöpfendes Industriegebiet ohne konfliktträchtige Ausnahmenutzungen gerichtet gewesen sei. Jedenfalls fehle es aber an Befreiungsgründen. Insbesondere erforderten es Gründe des Wohls der Allgemeinheit nicht, die Krypta trotz ihrer bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit an der vorgesehenen Stelle zu errichten. Dies gelte auch im Lichte der Art. 4 und Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV. Das Bedürfnis, über eine Krypta in der eigenen Kirche zu verfügen, sei nicht zwingender Bestandteil der Religionsausübung der Klägerin. Der durch die Ablehnung unterhalb dieser Schwelle angesiedelte Eingriff in die Religionsausübungsfreiheit sei durch den Achtungsanspruch der Verstorbenen und das Recht der Angehörigen und Trauernden auf ein würdevolles Gedenken gerechtfertigt, das im Industriegebiet weder nach seiner Typik noch nach seiner Eigenart gewährleistet sei. Eine diskriminierende Ungleichbehandlung im Verhältnis zur katholischen Kirche sei ebenfalls nicht zu erkennen.

8

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Revision gegen die vorinstanzlichen Urteile und macht eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 4 Abs. 1 und 2 und Art. 3 Abs. 1 GG sowie ihrer Selbstverwaltungsgarantie aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 ff. WRV geltend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Berufungsurteil verstößt gegen Bundesrecht.

10

Die Einrichtung einer Krypta im Untergeschoss des Kirchengebäudes der Klägerin ist eine Nutzungsänderung im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB, deren bauplanungsrechtliche Zulässigkeit an §§ 30 ff. BauGB zu messen ist (1). Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, dass diese Nutzungsänderung im Industriegebiet nicht im Wege einer Ausnahme gemäß § 31 Abs. 1 BauGB zugelassen werden kann, weil sie mit dem typischen Charakter eines Industriegebiets unvereinbar ist, steht im Einklang mit Bundesrecht (2). Bundesrechtswidrig sind demgegenüber die Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof seine Auffassung gestützt hat, dass die Krypta auch nicht im Wege einer Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB genehmigt werden könne (3). Da die Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs für eine abschließende Prüfung der Befreiungsvoraussetzungen nicht ausreichen, war die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (4).

11

1. Die beantragte Nutzung des Abstellraums im Untergeschoss des Kirchengebäudes der Klägerin als Krypta ist eine vom Vorhabenbegriff des § 29 Abs. 1 BauGB umfasste, mit geringfügigen baulichen Änderungen verbundene Nutzungsänderung.

12

Eine Nutzungsänderung liegt vor, wenn durch die Verwirklichung eines Vorhabens die einer genehmigten Nutzung eigene Variationsbreite verlassen wird und durch die Aufnahme dieser veränderten Nutzung bodenrechtliche Belange neu berührt werden können, so dass sich die Genehmigungsfrage unter bodenrechtlichem Aspekt neu stellt (Urteil vom 18. Mai 1990 - BVerwG 4 C 49.89 - NVwZ 1991, 264 m.w.N.; Beschlüsse vom 14. April 2000 - BVerwG 4 B 28.00 - juris Rn. 6 und vom 7. November 2002 - BVerwG 4 B 64.02 - BRS 66 Nr. 70 S. 327). Die Variationsbreite der bisherigen Nutzung wird auch dann überschritten, wenn das bisher charakteristische Nutzungsspektrum durch die Änderung erweitert wird (Urteil vom 27. August 1998 - BVerwG 4 C 5.98 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 190 S. 64). So liegen die Dinge hier. Die Nutzung als Begräbnisstätte ist heute für eine Kirche nicht mehr charakteristisch. Im vorliegenden Fall wurde die Krypta zudem von der im Jahre 1994 erteilten Baugenehmigung für die Errichtung der Kirche ausdrücklich ausgenommen und sollte - auf Anregung des Regierungspräsidiums Stuttgart letztlich auch aus der Sicht der Klägerin - einem Nachtrags-Baugenehmigungsverfahren vorbehalten bleiben.

13

Vorhaben im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB und damit Gegenstand der bauplanungsrechtlichen Prüfung ist jedoch nicht - wie vom Verwaltungsgerichtshof angenommen - die Krypta als selbständige "Hauptanlage", sondern die Änderung von einer Kirche mit Abstellraum zu einer Kirche mit Krypta als Gesamtvorhaben. Geht es um die Änderung einer Nutzung, dürfen die bauliche Anlage und ihre Nutzung nicht getrennt beurteilt werden; sie bilden eine Einheit (Urteil vom 15. November 1974 - BVerwG 4 C 32.71 - BVerwGE 47, 185 <188>). Soll nicht die Nutzung der baulichen Anlage insgesamt, sondern - wie hier - lediglich eines bestimmten Teils der Anlage geändert werden, kann die bauplanungsrechtliche Prüfung hierauf nur beschränkt werden, wenn der betroffene Anlagenteil auch ein selbständiges Vorhaben sein könnte; er muss von dem Vorhaben im Übrigen abtrennbar sein (Urteil vom 17. Juni 1993 - BVerwG 4 C 17.91 - BRS 55 Nr. 72 S. 204). Daran fehlt es hier. Der streitgegenständliche, unter dem Altar gelegene Raum ist untrennbar mit der Kirche im Übrigen verbunden. Nur weil dies so ist, möchte die Klägerin in der Krypta ihre Gemeindepriester beisetzen. Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass nach den Glaubensvorstellungen der Klägerin die Verpflichtung besteht, syrisch-orthodoxe Priester in einem geweihten kirchlichen Bestattungsraum beizusetzen (UA S. 17 und 27). Kirche und Krypta stehen deshalb als Gesamtvorhaben zur bauplanungsrechtlichen Prüfung.

14

Die Nutzungsänderung ist auch städtebaulich relevant, weil durch die Aufnahme der neuen Nutzung bodenrechtliche Belange neu berührt werden können (Urteil vom 18. Mai 1990 - BVerwG 4 C 49.89 - a.a.O.). Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass das Trauern und Gedenken nicht nur im Innern der Kirche unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, sondern auch außerhalb des Kirchengebäudes bemerkbar sein werde. Wie sich aus den Äußerungen der Klägerin im Baugenehmigungsverfahren sowie aus den von ihr in Bezug genommenen externen Stellungnahmen zum Ritual des Totengedenkens ergebe, solle das Gedenken feierlich zelebriert werden; die Toten sollen mit gelegentlichen Feiern geehrt werden. Zudem sei es Brauch der syrisch-orthodoxen Christen, nach jedem samstäglichen Abendgottesdienst vor den Priestergruften Gedenkgebete zu zelebrieren und an bestimmten Sonntagen und an hohen kirchlichen Feiertagen die Gottesdienste mit einer feierlichen Prozession in die Krypta abzuschließen. Bereits diese Feststellungen rechtfertigen die Annahme, dass durch die beantragte Nutzungsänderung bodenrechtliche Belange neu berührt werden können, auch wenn der Verwaltungsgerichtshof Quantität und Dauer dieser "externen" Traueraktivitäten nicht näher beschrieben und sie "letztlich" selbst nicht für ausschlaggebend gehalten, sondern entscheidend auf die funktionsmäßige städtebauliche Qualität der Krypta als Begräbnisstätte abgestellt hat (UA S. 22).

15

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, dass eine Kirche mit Krypta zwar grundsätzlich unter die im Industriegebiet gemäß § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulassungsfähigen Anlagen für kirchliche Zwecke fällt, eine Ausnahme vorliegend aber wegen Unverträglichkeit dieser Nutzung mit dem typischen Charakter eines Industriegebiets nicht erteilt werden kann. Dagegen gibt es aus bundesrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.

16

Das Kirchengrundstück liegt nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans, der hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung für das gesamte Plangebiet ein Industriegebiet (GI) gemäß § 9 BauNVO festsetzt. Bedenken gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen vermocht. Anhaltspunkte dafür haben sich auch im Revisionsverfahren nicht ergeben. Maßstab für die Zulässigkeit des Vorhabens ist deshalb grundsätzlich § 30 Abs. 1 BauGB. Im Industriegebiet ist eine Kirche mit Krypta nicht gemäß § 9 Abs. 2 BauNVO allgemein zulässig. Zu Recht konzentriert der Verwaltungsgerichtshof seine Prüfung deshalb zunächst auf die Frage, ob die beantragte Nutzungsänderung im Wege einer Ausnahme gemäß § 31 Abs. 1 BauGB zugelassen werden kann.

17

a) Im Einklang mit Bundesrecht geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass das Vorhaben eine Anlage für kirchliche Zwecke im Sinne des § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ist. Unter diesen Begriff fallen Anlagen, die unmittelbar kirchlich-religiösen Zwecken dienen, wie insbesondere ein dem Gottesdienst dienendes Kirchengebäude. Die von der Klägerin errichtete Kirche erfüllt diese Voraussetzungen. Die Krypta ist - wie bereits dargelegt - untrennbar mit der Kirche verbunden. Sie ist nicht nur ein privater Bestattungsplatz im Sinne des § 9 BestattG, sondern, weil sie der Bestattung von Gemeindepriestern dienen soll, die nach der Glaubensvorstellung der Klägerin nur in einem geweihten kirchlichen Raum beigesetzt werden dürfen, selbst Anlage für kirchliche Zwecke.

18

b) In Übereinstimmung mit Bundesrecht geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass die ausnahmsweise Zulassungsfähigkeit der beantragten Nutzungsänderung aber am ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal der Gebietsverträglichkeit scheitert.

19

Die Prüfung der Gebietsverträglichkeit rechtfertigt sich aus dem typisierenden Ansatz der Baugebietsvorschriften der Baunutzungsverordnung. Der Verordnungsgeber will durch die Zuordnung von Nutzungen zu den näher bezeichneten Baugebieten die vielfältigen und oft gegenläufigen Ansprüche an die Bodennutzung zu einem schonenden Ausgleich im Sinne überlegter Städtebaupolitik bringen. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die vom Verordnungsgeber dem jeweiligen Baugebiet zugewiesene allgemeine Zweckbestimmung den Charakter des Gebiets eingrenzend bestimmt (Urteil vom 21. März 2002 - BVerwG 4 C 1.02 - BVerwGE 116, 155 <158>; Beschluss vom 28. Februar 2008 - BVerwG 4 B 60.07 - Buchholz 406.12 § 4 BauNVO Nr. 19 Rn. 6, jeweils m.w.N.). Zu Recht geht der Verwaltungsgerichtshof deshalb davon aus, dass die Gebietsverträglichkeit eine für die in einem Baugebiet allgemein zulässigen und erst recht für die ausnahmsweise zulassungsfähigen Nutzungsarten ungeschriebene Zulässigkeitsvoraussetzung ist, der eine typisierende Betrachtungsweise zugrunde liegt und die der Einzelfallprüfung auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 BauNVO vorgelagert ist.

20

Industriegebiete dienen gemäß § 9 Abs. 1 BauNVO ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind. Gewerbegebiete dienen gemäß § 8 Abs. 1 BauNVO der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben. Die Unterbringung erheblich störender Betriebe ist deshalb dem Industriegebiet vorbehalten und zugleich dessen Hauptzweck.

21

Von maßgeblicher Bedeutung für die Frage, welche Vorhaben mit dieser allgemeinen Zweckbestimmung des Industriegebiets unverträglich sind, sind die Anforderungen des jeweiligen Vorhabens an ein Gebiet, die Auswirkungen des Vorhabens auf ein Gebiet und die Erfüllung des spezifischen Gebietsbedarfs (Urteil vom 21. März 2002 a.a.O.). Da Industriegebiete der einzige Baugebietstyp der Baunutzungsverordnung sind, in dem erheblich störende Gewerbebetriebe untergebracht werden können, sind die in § 9 Abs. 3 BauNVO bezeichneten Nutzungsarten nur dann ohne Weiteres gebietsverträglich, wenn sie nicht störempfindlich sind und deshalb mit dem Hauptzweck des Industriegebiets nicht in Konflikt geraten können. Diese Voraussetzung erfüllt eine Kirche - mit oder ohne Krypta - bei typisierender Betrachtung nicht (vgl. auch Beschluss vom 20. Dezember 2005 - BVerwG 4 B 71.05 - Buchholz 406.12 § 8 BauNVO Nr. 21). Eine auf störunempfindliche Anlagen beschränkte ausnahmsweise Zulassungsfähigkeit von "Anlagen für kirchliche Zwecke" im Sinne des § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO führt auch nicht dazu, dass dieses Tatbestandsmerkmal leer liefe. Das gilt bereits deshalb, weil nicht alle Anlagen für kirchliche Zwecke in gleicher Weise störempfindlich sind (vgl. etwa die Beispiele bei Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Band V, Stand: Juni 2010, Rn. 82 zu § 4 BauNVO). Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen auch eine störempfindliche Nutzung gebietsverträglich sein kann, etwa weil sie einem aus dem Gebiet stammenden Bedarf folgt, kann offen bleiben, weil weder seitens der Verfahrensbeteiligten geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich ist, dass hier derartige die Gebietsverträglichkeit begründende Umstände gegeben sein könnten.

22

3. Bundesrechtswidrig sind jedoch die Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof seine Annahme gestützt hat, das Vorhaben könne auch nicht im Wege einer Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB genehmigt werden.

23

Ob die Umwandlung des Abstellraums in eine Krypta die Grundzüge der Planung berührt, hat der Verwaltungsgerichtshof nicht abschließend entschieden. Nach seiner Auffassung fehlt jedenfalls ein Befreiungsgrund. Auch Gründe des Wohls der Allgemeinheit erforderten es nicht, dass die Krypta trotz ihrer bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit an der vorgesehenen Stelle eingerichtet werde. Das gelte auch bei Bewertung der Grabstättennutzung im Licht der Art. 4 und 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV (UA S. 25). Die Bestattung der Gemeindepriester in der Hauskirche sei kein zwingender Bestandteil der Religionsausübung (UA S. 27). Der verbleibende Eingriff in die Religionsausübungsfreiheit sei gerechtfertigt. Die Krypta erfordere ein Umfeld der Ruhe und Andacht. Dieses Umfeld sei in dem Industriegebiet weder nach seiner Typik noch nach seiner Eigenart gewährleistet. Zudem befinde sich die Krypta nur wenige Meter von der Grenze zum östlichen Nachbargrundstück und nur ca. 17 m von der dortigen großen Produktionshalle entfernt. Diese Situation widerspreche der Würde der in solchem Umfeld bestatteten Toten in hohem Maße. Insofern werde der Achtungsanspruch der Verstorbenen verletzt, der sich nachwirkend aus Art. 1 Abs. 1 GG ergebe. Darüber hinaus werde bei objektiver Betrachtung auch das durch Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Recht der Angehörigen und Trauernden auf ein würdevolles Gedenken beeinträchtigt. Diese verfassungsimmanente Schranke setze sich gegenüber der Beeinträchtigung der Religionsausübungsfreiheit durch und sei auch verhältnismäßig. Dabei sei besonders zu berücksichtigen, dass die Krypta keinesfalls nur am vorgesehenen Ort, sondern (zusammen mit der Kirche) an anderer geeigneter Stelle errichtet werden könnte oder damals hätte errichtet werden können. Das Planungsrecht biete zahlreiche Möglichkeiten, um städtebaulich die Grundlagen für eine pietätvolle Begräbnisstätte zu schaffen (UA S. 28 f.).

24

Mit diesen Erwägungen kann das Vorliegen eines Befreiungsgrundes nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht verneint werden.

25

a) Gründe des Wohls der Allgemeinheit beschränken sich nicht auf spezifisch bodenrechtliche Belange, sondern erfassen alles, was gemeinhin unter öffentlichen Belangen oder öffentlichen Interessen zu verstehen ist, wie sie beispielhaft etwa in § 1 Abs. 5 und 6 BauGB aufgelistet sind (vgl. Urteil vom 9. Juni 1978 - BVerwG 4 C 54.75 - BVerwGE 56, 71 <76>). Vom Wortlaut des § 1 Abs. 6 Nr. 6 BauGB erfasst werden die Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge zwar nur, soweit sie von Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellt werden. Die in den Glaubensvorstellungen wurzelnden Belange privatrechtlich organisierter Kirchen und Religionsgesellschaften sind jedoch ebenfalls als öffentliche Belange zu berücksichtigen, sei es als kulturelle Bedürfnisse der Bevölkerung im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB oder als ein in dem nicht abschließenden Katalog des § 1 Abs. 6 BauGB nicht ausdrücklich erwähnter Belang (VGH München, Urteil vom 29. August 1996 - 26 N 95.2983 - VGH n.F. 49, 182 <186> = NVwZ 1997, 1016 <1017 f.> m.w.N.). Das gilt jedenfalls, wenn die betreffende Kirchengemeinde - wie dies bei der Klägerin der Fall sein dürfte - eine nicht unbedeutende Zahl von Mitgliedern hat.

26

b) Gründe des Wohls der Allgemeinheit erfordern eine Befreiung im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht erst dann, wenn den Belangen der Allgemeinheit auf eine andere Weise als durch eine Befreiung nicht entsprochen werden könnte, sondern bereits dann, wenn es zur Wahrnehmung des jeweiligen öffentlichen Interesses "vernünftigerweise geboten" ist, mit Hilfe der Befreiung das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen. Dass die Befreiung dem Gemeinwohl nur irgendwie nützlich oder dienlich ist, reicht demgegenüber nicht aus (Urteil vom 9. Juni 1978 a.a.O.; Beschluss vom 6. März 1996 - BVerwG 4 B 184.95 - Buchholz 406.11 § 31 BauGB Nr. 35). Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Dabei kann es auch auf - nach objektiven Kriterien zu beurteilende - Fragen der Zumutbarkeit ankommen (Urteil vom 9. Juni 1978 a.a.O. S. 77).

27

Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass das Bedürfnis der Klägerin, ihre verstorbenen Gemeindepriester in der eigenen Kirche beisetzen zu können, kein zwingender Bestandteil ihrer Religionsausübung ist. Nach ihrer Begräbnisregel sei es zwar verboten, syrisch-orthodoxe Priester zusammen mit den Gemeindeangehörigen auf normalen Friedhöfen zu bestatten. Es bestehe die Verpflichtung, diesen Personenkreis in einem geweihten kirchlichen Bestattungsraum beizusetzen. Die Beisetzung müsse jedoch nicht zwingend in der "Hauskirche" erfolgen (UA S. 27).

28

Diese Feststellungen stehen der Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht entgegen. Gründe des Wohls der Allgemeinheit erfordern die Zulassung der Krypta auch, wenn Alternativen zur Beisetzung in der eigenen Kirche an sich in Betracht kommen, der Klägerin aber unter den gegebenen Umständen nicht zugemutet werden können. Dass die Klägerin theoretisch an anderer Stelle eine Kirche mit Krypta neu errichten könnte, genügt nicht. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs kann eine Befreiung auch nicht mit dem Argument verweigert werden, dass es planungsrechtlich bereits bei Errichtung der Kirche möglich gewesen wäre, an anderer geeigneter Stelle die Grundlagen für eine pietätvolle Begräbnisstätte zu schaffen. Maßgebend für die Zumutbarkeit ist vielmehr, ob der Klägerin tatsächlich zu nicht unangemessenen Bedingungen ein besser geeignetes Grundstück für die Errichtung einer Kirche mit Krypta auf dem Gebiet der Beklagten zur Verfügung gestanden hätte oder, wenn dies nicht der Fall war, ob sie sich bewusst auf die Errichtung einer Kirche ohne Krypta eingelassen hat. Feststellungen hierzu hat der Verwaltungsgerichtshof nicht getroffen. Anhaltspunkte dafür, dass der Klägerin ein besser geeignetes Grundstück zur Verfügung gestanden hätte, sind jedenfalls nach Aktenlage nicht ersichtlich. Ausweislich der Verwaltungsvorgänge hat das Regierungspräsidium selbst angeregt, dass über die Zulässigkeit einer Krypta im Rahmen eines Nachtragsbaugesuchs entschieden wird. Ausgehend hiervon dürfte der Klägerin nicht entgegengehalten werden können, dass sie den Anspruch auf eine Krypta nicht bereits vor Errichtung der Kirche gerichtlich geltend gemacht hat. Mangels tatsächlicher Feststellungen kann der Senat hierüber jedoch nicht abschließend entscheiden. Eine Bestattung der Gemeindepriester in einem niederländischen Kloster kann der Klägerin wegen der großen Entfernung von fast 500 km jedenfalls nicht zugemutet werden. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat diesen Einwand "gut nachvollziehen" können (UA S. 27). Er hat ihn jedoch nicht - wie es geboten gewesen wäre - im Rahmen des "Erforderns" als für eine Befreiung sprechenden Umstand gewürdigt.

29

Die Annahme eines Befreiungsgrundes gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB scheitert auch nicht daran, dass die Krypta - wie der Verwaltungsgerichtshof anführt - an der vorgesehenen Stelle "bauplanungsrechtlich unzulässig" sei (UA S. 25). Richtig ist zwar, dass die Krypta weder allgemein zulässig ist noch im Wege einer Ausnahme zugelassen werden kann und - so ist zu ergänzen - wohl auch bereits die Kirche am betreffenden Standort nicht hätte genehmigt werden dürfen. Dies stellt jedoch kein Hindernis für die Erteilung einer Befreiung dar, sondern eröffnet im Gegenteil erst den Anwendungsbereich des § 31 Abs. 2 BauGB.

30

Schließlich darf bei der einzelfallbezogenen Prüfung des Befreiungsgrundes nicht unberücksichtigt bleiben, dass hier eine Nutzungserweiterung in Frage steht, die zwar bei typisierender Betrachtung gebietsunverträglich ist, aber "vernünftigerweise" an ein vorhandenes Kirchengebäude anknüpft, das aufgrund bestandskräftiger Baugenehmigung im genehmigten Umfang formal legal weitergenutzt werden darf. Das gilt umso mehr, wenn die bestandsgeschützte Kirchennutzung - wie hier - im Einvernehmen mit der Gemeinde genehmigt wurde, die Gemeinde also gewissermaßen selbst den Keim für "vernünftigerweise gebotene" Nutzungserweiterungen gelegt hat. Ob die sich aus der Würde der Toten und der Trauernden ergebenden städtebaulichen Anforderungen an eine Begräbnisstätte der Befreiung entgegen stehen, ist keine Frage des Befreiungsgrundes, sondern der weiteren Voraussetzung, dass die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sein muss.

31

4. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Ob die Abweichung unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist, hat der Verwaltungsgerichtshof nicht ausdrücklich geprüft. Auch mit den dargelegten grundrechtlichen Erwägungen verfehlt er die nach § 31 Abs. 2 BauGB anzulegenden Prüfungsmaßstäbe. Für eine eigene abschließende Beurteilung dieser Frage durch den Senat fehlt es an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen (a). Nicht abschließend entschieden hat der Verwaltungsgerichtshof, ob die Grundzüge der Planung berührt werden. Auch der Senat ist hierzu nicht in der Lage (b).

32

a) Der Verwaltungsgerichtshof verfehlt die gemäß § 31 Abs. 2 BauGB anzulegenden Maßstäbe, soweit er der Religionsausübungsfreiheit der Klägerin den Achtungsanspruch der Toten und das Recht der Angehörigen und Trauernden auf ein würdevolles Gedenken abstrakt gegenübergestellt und hierbei maßgebend auf die Typik und die Eigenart des Industriegebiets abgestellt hat, anstatt die Vereinbarkeit der Abweichung mit den öffentlichen Belangen anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu prüfen.

33

Geboten ist eine Betrachtung, die die bisherige Situation (hier: Kirche ohne Krypta) dem durch die Abweichung zu ermöglichenden Gesamtvorhaben (hier: Kirche mit Krypta) gegenüberstellt und die Vereinbarkeit des sich daraus ergebenden Unterschieds mit öffentlichen Belangen untersucht. Welche Umstände als öffentliche Belange im Sinne von § 31 Abs. 2 BauGB eine Befreiung ausschließen, lässt sich nicht generell beantworten. In Betracht kommen insbesondere die in § 1 Abs. 5 und 6 BauGB genannten öffentlichen Belange (vgl. Urteil vom 9. Juni 1978 - BVerwG 4 C 54.75 - BVerwGE 56, 71 <78>), auch solche, die nicht in der gemeindlichen Planungskonzeption ihren Niederschlag gefunden haben (Roeser, in: Berliner Kommentar, 3. Aufl., Stand: August 2010, Rn. 17 zu § 31; vgl. auch Urteil vom 19. September 2002 - BVerwG 4 C 13.01 - BVerwGE 117, 50 <54>). Ist die Befreiung mit einem öffentlichen Belang in beachtlicher Weise unvereinbar, so vermag sich der die Befreiung rechtfertigende Gemeinwohlgrund im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht durchzusetzen (Urteil vom 9. Juni 1978 a.a.O. S. 77 f.). Da der Plan gerade unter den Nachbarn einen Ausgleich von Nutzungsinteressen zum Inhalt hat, muss ferner darauf abgehoben werden, ob in den durch den Bebauungsplan bewirkten nachbarlichen Interessenausgleich erheblich störend eingegriffen wird (Beschluss vom 6. März 1996 - BVerwG 4 B 184.95 - Buchholz 406.11 § 31 BauGB Nr. 35). Maßgebend sind stets die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls (Urteil vom 9. Juni 1978 a.a.O. S. 77).

34

Diesen bauplanungsrechtlichen Anforderungen werden die verfassungsrechtlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs auch der Sache nach nicht in jeder Hinsicht gerecht. Zutreffend ist zwar, dass auch der Achtungsanspruch der Verstorbenen und das Recht der Angehörigen und Trauernden auf ein würdevolles Gedenken als öffentliche Belange im Sinne des § 31 Abs. 2 BauGB in Betracht kommen, wobei offen bleiben kann, ob der Verwaltungsgerichtshof mit der Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG die richtige grundrechtliche Anknüpfung gewählt hat. Mit den abstrakten Erwägungen, dass eine Krypta ein städtebauliches Umfeld der Ruhe und Andacht erfordere, um der Totenruhe und der Würde der Toten Rechnung zu tragen, und dass dieses Umfeld in einem Industriegebiet weder nach seiner Typik noch nach seiner Eigenart gewährleistet sei, ferner, dass "bei objektiver Betrachtung" das Recht der Angehörigen und Trauernden auf ein würdevolles Gedenken beeinträchtigt werde, lässt sich die Versagung einer Befreiung nicht begründen. Maßgebend ist, ob im konkreten Einzelfall ausnahmsweise auch eine Begräbnisstätte in einem Industriegebiet den sich aus der Würde der Toten und der Trauernden ergebenden städtebaulichen Anforderungen genügt. Soweit der Verwaltungsgerichtshof auch die konkreten örtlichen Verhältnisse in den Blick genommen und darauf abgehoben hat, dass sich die Krypta nur wenige Meter von der Grenze zum östlichen Nachbargrundstück und nur ca. 17 m von der dortigen großen Produktionshalle entfernt befinde, in der auch im Schichtbetrieb gearbeitet werde und teilweise auch Lkw-Verkehr im Grenzbereich stattfinde, was in hohem Maße der Würde der in solchem Umfeld bestatteten Toten widerspreche (UA S. 28), fehlen jedenfalls Feststellungen dazu, inwieweit dieser Belang durch die Geschäftigkeit und Betriebsamkeit der industriellen Umgebung konkret beeinträchtigt werden kann, obwohl die Krypta in dem gegenüber der Außenwelt abgeschirmten Kircheninnern gelegen ist. Ähnliches gilt, soweit der Verwaltungsgerichtshof "bei objektiver Betrachtung" auch das Recht der Angehörigen und Trauernden auf ein würdevolles Gedenken beeinträchtigt sieht. Insoweit ist zudem zu berücksichtigen, dass die Beisetzung in einem geweihten Kirchenraum nach den Glaubensvorstellungen nicht nur der Syrisch-Orthodoxen Kirche eine besonders würdevolle Form der Bestattung ist.

35

Es fehlen auch Feststellungen, inwieweit durch die Zulassung der Abweichung nachbarliche Interessen konkret betroffen werden können, etwa, ob und gegebenenfalls in welcher Intensität gewerbliche Nutzungen in der Umgebung der Kirche durch die Krypta mit Nutzungseinschränkungen rechnen müssen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass mögliche Nutzungskonflikte bereits mit der Errichtung und Nutzung der Kirche entstanden sein dürften. Allein auf die Feststellung, dass das Trauern und Gedenken auch außerhalb des Kirchengebäudes "bemerkbar" sein werde (UA S. 21), kann die Ablehnung einer Befreiung nicht gestützt werden, weil dies auch auf die in einer Kirche ohne Krypta abgehaltenen Beerdigungs- und Trauergottesdienste zutrifft.

36

b) Mit der Formulierung, es spreche alles dafür, dass die private Bestattungsstätte die Grundzüge der Planung berühre, hat der Verwaltungsgerichtshof zwar deutlich gemacht, dass er dieser Auffassung zuneigt. Tragend festgelegt hat er sich insoweit aber nicht. Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen lässt sich derzeit auch hierzu Abschließendes nicht sagen.

37

Ob die Grundzüge der Planung berührt sind, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung in der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist (Urteil vom 9. Juni 1978 a.a.O.; Beschlüsse vom 5. März 1999 - BVerwG 4 B 5.99 - Buchholz 406.11 § 31 BauGB Nr. 39 S. 2 und vom 19. Mai 2004 - BVerwG 4 B 35.04 - BRS 67 Nr. 83). Die Beantwortung der Frage, ob Grundzüge der Planung berührt werden, setzt einerseits die Feststellung voraus, was zum planerischen Grundkonzept gehört und andererseits die Feststellung, ob dieses planerische Grundkonzept gerade durch die in Frage stehende Befreiung berührt wird (vgl. Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Band II, Stand: Juni 2010, Rn. 35 zu § 31 BauGB).

38

Zur ersten Frage hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass die Planung - zum maßgeblichen Zeitpunkt des Planerlasses im Jahr 1970, aber auch nach der tatsächlichen Bebauung - auf ein typisches, die gewerbliche Nutzungsbreite voll ausschöpfendes Industriegebiet ohne konfliktträchtige Ausnahmenutzungen gerichtet gewesen sei (UA S. 25). Weder die Festsetzungen noch die Begründung des Bebauungsplans enthielten Hinweise für die Absicht des Plangebers, das Baugebiet in einer vom Regelfall des § 9 Abs. 1 BauGB abweichenden Weise auszugestalten. Auch die seither verwirklichten Gewerbebetriebe in der näheren und weiteren Umgebung der Kirche ließen eine geradezu "klassische" Industriegebietsnutzung erkennen (UA S. 24), die vorhandenen Betriebe im Bebauungsplangebiet entsprächen der Nutzungsstruktur eines normtypischen Industriegebiets geradezu beispielhaft (UA S. 21). Diese Feststellungen haben zwar Tatsachen (§ 137 Abs. 2 VwGO) sowie die Auslegung des Bebauungsplans als Teil des nicht revisiblen Landesrechts (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO) zum Gegenstand. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber mehrere für die Grundzüge der Planung bedeutsame Umstände außer Acht gelassen. Soweit er auf den Zeitpunkt des Planerlasses im Jahr 1970 abstellt, hat er unberücksichtigt gelassen, dass die Plangeberin in Ziffer 1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans (konfliktträchtige) Ausnahmenutzungen gemäß § 9 Abs. 3 BauNVO ausdrücklich zugelassen hat. Auch wenn diese Festsetzung nicht über das hinausgeht, was gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 9 Abs. 3 BauNVO auch ohne sie gegolten hätte, bedarf es der Prüfung, welche Bedeutung dem Umstand, dass sich die Gemeinde gleichwohl zu einer ausdrücklichen Regelung veranlasst gesehen hat, bei der Bestimmung der Planungskonzeption beizumessen ist. Soweit der Verwaltungsgerichtshof auch auf die tatsächliche Bebauung im Industriegebiet abgestellt hat, hätte er nicht unberücksichtigt lassen dürfen, dass nicht nur Gewerbebetriebe verwirklicht wurden, sondern im Einvernehmen mit der Beigeladenen zu 1 auch die Kirche der Klägerin. Das ist ein Umstand, dem eine starke Indizwirkung für eine auch gegenüber konfliktträchtigen Ausnahmenutzungen offene Planungskonzeption zukommen kann.

39

Zu der weiteren Frage, ob die planerische Grundkonzeption durch die Befreiung berührt würde, hat der Verwaltungsgerichtshof keine Feststellungen getroffen. Verlässliche Rückschlüsse lassen auch die in anderem Zusammenhang getroffenen Feststellungen nicht zu. Diese Feststellungen wird der Verwaltungsgerichtshof nachzuholen haben, falls es für seine Entscheidung hierauf ankommt. Weil eine planerische Grundkonzeption durch ein Vorhaben nicht mehr berührt werden kann, wenn der mit der Planung verfolgte Interessenausgleich bereits durch die bisherige tatsächliche Entwicklung im Baugebiet nachhaltig gestört ist (zutreffend VGH München, Urteil vom 9. August 2007 - 25 B 05.1337 - juris Rn. 41; nachfolgend Beschluss vom 28. April 2008 - BVerwG 4 B 16.08 -), wird er sich hierbei auch mit der Frage auseinanderzusetzen haben, ob die Grundzüge der Planung bereits durch die Errichtung und Nutzung der Kirche nachhaltig gestört sind und deshalb durch das Hinzutreten der Krypta nicht mehr in einer ins Gewicht fallenden Weise berührt werden können.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.