nachgehend
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 2 CS 16.735, 14.06.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage vom 18. Dezember 2015 (M 8 K 15.5771) gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 17. November 2015 (Az.: ...) in der Fassung des Nachgangsbescheids vom 3. Februar 2016 wird angeordnet.

II.

Die Antragsgegnerin sowie die Beigeladenen haben die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte zu tragen, die Beigeladenen gesamtschuldnerisch.

Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird auf 3.750,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Anwesens ...-straße 14, FlNr. ... der Gemarkung ..., das mit einem zweigeschossigen Wohngebäude mit einem eingeschossigen Anbau im rückwärtigen Bereich bebaut ist und den nördlichen Abschluss eines Dreispänners bildet. Sie wendet sich mit ihrer im Hauptsacheverfahren erhobenen Anfechtungsklage gegen eine für das nördlich angrenzende Grundstück FlNr. ..., ...-straße 16 erteilte Baugenehmigung für eine Dachgeschosserhöhung mit Dachgeschossausbau, Errichtung eines Balkons und energetische Sanierung am östlichen Gebäudeteil. Im westlichen, straßenseitigen Grundstücksbereich ist das Vorhabengrundstück mit einem zweigeschossigen Wohngebäude mit ausgebautem Dachgeschoss bebaut. Dieses verfügt über eine Firsthöhe von 10,87 m und eine Wandhöhe von 7,24 m. In Richtung des Grundstücks der Antragstellerin befindet sich in der Mitte des ca. 14,10 m tiefen Vordergebäudes ein Zwerchgiebel bzw. Zwerchhaus. In östlicher Richtung schließt sich an das Vordergebäude ein etwas kleineres zweigeschossiges Wohnhaus mit einer Firsthöhe von 8,10 m und einer Wandhöhe von 5,99 m an. Nach den genehmigten Planunterlagen soll der östliche Gebäudeteil im Dachgeschoss um ca. 0,7 m im Bereich des Kniestocks angehoben werden und das Satteldach von einer Neigung von ca. 35° auf eine Dachneigung von 45° angehoben werden, so dass sich eine neue Wandhöhe von 6,61 m und eine neue Firsthöhe von 9,82 m ergibt. Die gemeinsame Grundstücksgrenze zwischen dem Vorhabengrundstück und dem Grundstück der Antragstellerin weist einen schrägen Verlauf auf. Im westlichen Bereich des Vordergebäudes besteht ein Grenzabstand von 4,80 m, im Bereich des Anschlusses des rückwärtigen Gebäudes an das Vordergebäude ein Grenzabstand von 3,46 m und im östlichen Abschlussbereich des rückwärtigen Gebäudes ein Grenzabstand von 2,70 m.

In der Baugenehmigung vom 17. November 2015 wurde u. a. eine Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO wegen Nichteinhaltung der erforderlichen vollen Abstandsfläche nach Süden zum Grundstück der Antragstellerin erteilt und zur Begründung ausgeführt, bei dem beantragten Vorhaben handle es sich um eine Aufstockung des Bestandsgebäudes im östlichen Bereich (Anbau). Der straßenseitige (westliche) Gebäudeteil bleibe unverändert. Ausgelöst durch die Dachgeschosserhöhung des östlichen Gebäudeteils fielen die Abstandsflächen auf die südlichen Nachbargrundstücke. Am westlichen Gebäudeteil fielen keine zusätzlichen Abstandsflächen an. Durch die Anhebung des östlichen Gebäudeteils erhöhe sich die erforderliche Abstandsflächentiefe um 60 cm. Da es sich letztlich um ein Gebäude handle, sei eine abstandsflächenrechtliche Neubetrachtung des gesamten Baukörpers durchzuführen. Hierbei habe sich gezeigt, dass bereits der Bestand die gesetzlichen Abstandsflächen (auch im unveränderten westlichen Bereich) nicht einhalte. Die Abweichung könne erteilt werden, da objektiv betrachtet eine grundstücksbezogene atypische Sachverhaltsgestaltung gegeben sei. Diese sei bereits durch den schrägen Grenzverlauf des Vorhabengrundstücks im Norden und Süden des Vorhabengrundstücks impliziert, der eine regelgerechte Bebauung des Grundstücks in die Tiefe wesentlich erschwere. Die Abweichung habe nach pflichtgemäßer Ermessensausübung unter Berücksichtigung der jeweiligen Anforderungen und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen erteilt werden können, da die Verschlechterung der abstandsflächenrechtlichen Situation gegenüber der südlichen Nachbarin nur geringfügig sei und mit der Aufstockung um lediglich 60 cm eine Beeinträchtigung der Belichtung und Belüftung der Nachbargrundstücke nicht zu erwarten sei. Die Abweichungen von den materiell-rechtlichen Vorschriften seien letztlich gerechtfertigt, da nicht in einem so erheblichen Maß von den Regelvorschriften abgewichen werde, dass der ursprüngliche Schutzzweck der Regelung verloren ginge.

Zu den durch ihren Bevollmächtigten im Baugenehmigungsverfahren vorgebrachten Einwänden der Antragstellerin (fehlende grundstücksbezogene Atypik, Nichteinhaltung der Abstandsflächen auf dem Baugrundstück selbst, Nichteinhaltung des Mindestabstands von 3 m, Fehlen einer rückwärtigen dreigeschossigen Bebauung im Geviert, Unzulässigkeit des Dacheinschnitts nach der Satzung über besondere Siedlungsgebiete sowie denkmalschutzrechtlichen Belangen) wird im Bescheid vom 17. November 2015 ausgeführt, bei dem Bestandsgebäude würden am östlichen Gebäudeteil eine Erhöhung des Dachgeschosses, neue Bauteile (Fenstererker im EG und OG, Balkon im DG) und eine Terrasse an der Ostfassade beantragt. Bei den zuvor genannten Bauteilen handle es sich um untergeordnete Bauteile und die Terrasse sei als unbedeutende bauliche Anlage einzustufen, die keine Abstandsflächen auslösten. Zur Wohnraumschaffung müsse die Kubatur des Dachgeschosses vergrößert werden, wodurch sich die Wandhöhe erhöhe und die Abstandsflächen rechtlich neu zu beurteilen seien. Aufgrund der vorhandenen atypischen Grundstückssituation, die geringfügige Abstandsflächenüberschreitung auf das Nachbargrundstück und dem Umstand, dass eine Beeinträchtigung der Belichtung und Belüftung des Nachbarwohngebäudes nicht zu erwarten sei, könne die Abweichung erteilt werden. Die Anzahl der Geschossigkeit ändere sich durch die beantragte Erhöhung des Dachgeschosses nicht. Die Bebauungstiefe sei planungsrechtlich zulässig, sie diene im Übrigen aber auch nur städtebaulichen Zielsetzungen und nicht dem Schutz der Nachbarn. Der beantragte Dacheinschnitt könne nach der Satzung der Antragsgegnerin ausnahmsweise zugelassen werden und widerspreche auch nicht dem Denkmalschutz.

Mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2015, bei Gericht eingegangen am 22. Dezember 2015, beantragt der Bevollmächtigte der Antragstellerin:

Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 17. November 2015 (Az.: ...) wird angeordnet.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, der Grenzabstand des aufzustockenden östlichen Gebäudes zur gemeinsamen südlichen Grundstücksgrenze betrage zwischen 2,7 m im Osten und 3,46 m im Westen. Nach den Planzeichnungen betrage die südliche Wandhöhe des Bestandsgebäudes 6,01 m und nach Umbau 6,61 m, sie solle um 60 cm erhöht werden. Hinzu komme, dass die Dachneigung von ca. 34° auf 45° erhöht werden solle, so dass die Firsthöhe um 1,72 m von bislang 8,48 m auf künftig 10,20 m erhöht werde. Der Plandarstellung sei zu entnehmen, dass bereits hinsichtlich des Bestandsgebäudes weder die halbe Abstandsfläche noch der Mindestabstand von 3 m eingehalten werde, geschweige denn die hier gebotenen vollen Abstandsflächen. Die erteilte Abweichung von den Abstandsflächen sei offensichtlich rechtswidrig. Das Vorhaben könne nicht das 16-Meter-Privileg in Anspruch nehmen, da das Bestandsgebäude eine Länge von mehr als 16 m aufweise und mit einer Wandhöhe von ca. 6,0 m im östlichen Teil und 7,24 m im westlichen Teil die vollen Abstandsflächen an keiner Stelle einhalte. Der größte Abstand zur gemeinsamen Grundstücksgrenze betrage straßenseitig im Westen 4,8 m. Jegliche Erhöhung des Gebäudes führe somit zu einer weiteren Beeinträchtigung/Verletzung der Abstandsflächen bzw. intensiviere den Abstandsflächenverstoß. Entlang etwa der Hälfte des Gesamtgebäudes werde nicht einmal die Mindestabstandsfläche von 3 m beachtet.

Der von der Antragsgegnerin für das Vorliegen eines atypischen Sachverhalts angeführte schräge Grenzverlauf führe nicht zu einem atypischen Sachverhalt im Sinne der Rechtsprechung. Das Baugrundstück weise straßenseitig eine Breite von ca. 15,5 m auf und sei bereits heute unter Nichtbeachtung der Abstandsflächen zu den südlichen und nördlichen Nachbarn dicht bebaut. Der rückwärtige unbebaute Grundstücksteil verenge sich durch einen Versprung der Nordgrenze auf eine Breite von ca. 12 m und sei mit den östlich angrenzenden Grundstücken FlNrn. ... und ... wirtschaftlich vereinigt und werde durch das dortige riegelartige Garagengebäude nebst Zufahrt intensiv genutzt. Keines der östlich der ...-straße befindlichen Anwesen besitze eine Bebauungstiefe im Bestand, die mit der Bebauung auf dem Baugrundstück vergleichbar sei. Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung werde deshalb das Baugrundstück bereits im Bestand intensiv ausgenutzt. Folgte man der Argumentation der Antragsgegnerin, stünde bei einem zur Straße nicht rechtwinkligen Grenzverlauf dem Bauherrn immer ein Anspruch auf Erteilung einer Abweichung zu. Nach den in der Bayerischen Bauordnung seit 1968 geltenden Abstandsflächenvorschriften wäre die Bestandsbebauung von Anfang an nicht genehmigungsfähig gewesen. Nachdem bereits in der Vergangenheit die Abstandsflächen in keinster Weise beachtet worden seien, bestehe kein Sachverhalt, der eine weitere Nichtbeachtung der Abstandsflächen unter dem Gesichtspunkt einer Normabweichung, eines atypischen Sachverhalts, rechtfertige.

Im Zusammenhang mit der Berücksichtigung nachbarlicher Interessen habe die Antragsgegnerin unzulässige bzw. unzutreffende Ausführungen zur Nachbarwürdigung vorgenommen.

Die Antragstellerin habe in jüngster Vergangenheit selbst mit einem Bauvorbescheid für ihr Grundstück u. a. klären wollen, ob der seit den 1930er Jahren bestehende eingeschossige Anbau zu einem zweigeschossigen Baukörper aufgestockt werden könne, wobei wegen des dabei anwendbaren 16-Meter-Privilegs sich nur sehr geringe Abstandsflächenüberschreitungen ergeben hätten. Gleichwohl sei ihr auferlegt worden, die nach Art. 6 Abs. 5 BayBO erforderlichen Abstandsflächen zur ausreichenden Belichtung und Belüftung der Grundstücke einzuhalten.

Hinsichtlich der Belichtungs- und Belüftungssituation sei zu berücksichtigen, dass das 24,3 m lange Gebäude zur gemeinsamen Grundstücksgrenze teilweise nur einen Abstand von 2,5 m aufweise und im vorderen Teil eine Firsthöhe von ca. 11 m und im hier relevanten Teil eine Firsthöhe von mehr als 10 m habe. Hierdurch werde eine riegelartige Bebauung erzeugt bzw. verstärkt, die offensichtlich Auswirkungen auf die Belichtungs- und Belüftungssituation besitze.

Schließlich könnten sich die Beigeladenen auch nicht darauf berufen, dass das Verlangen der Einhaltung der Abstandsflächen rechtsmissbräuchlich sei, wenn das Nachbarbauvorhaben die Abstandsflächen in gleichwertiger Art nicht beachte. Die Abstandsflächenüberschreitung des Bestandsgebäudes betrage bereits 80 m², nach Verwirklichung des Bauvorhabens 86 m². Demgegenüber überschreite rechnerisch das Bestandsgebäude der Antragstellerin die Abstandsflächen mit 63 m² in einem deutlich geringeren Maße als das Vorhaben.

Letztendlich sei zu rügen, dass sowohl der „negative“ Balkon auf der Südseite des Vorhabens wie auch der zusätzliche Balkon an der Ostseite den Nachbarschutz verletzten. Der südseitige Balkon biete erhebliche Einsichtsmöglichkeit in das nachbarliche Grundstück ohne Beachtung der gesetzlich vorgesehenen Mindestabstandsflächen und führe somit zu einer offensichtlichen Beeinträchtigung des Wohnfriedens. Der östliche Balkon im Dachgeschoss halte für sich gesehen auch die Abstandsflächen nicht ein, da sich auf einer Höhe von 5,83 m (Unterkante) bzw. 6,4 m (Oberkante des Geländers) befinde und der Abstand des Balkons nach Norden lediglich 5,12 m betrage.

Mit Schreiben vom 8. Februar 2016 hat die Antragsgegnerin beantragt:

Der Antrag wird abgelehnt.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass das Bestandsgebäude im Jahr 1901 erstmals genehmigt und daraufhin über Jahrzehnte mehrfach geändert und erweitert worden sei. Die letzte bauliche Veränderung sei mit Bescheid vom 14. Mai 1971 bauaufsichtlich genehmigt worden. Inhalt sei die Erweiterung des Bestandes nach Osten hin gewesen. Bereits bei dieser Genehmigung sei eine Ausnahme von der Einhaltung der seinerzeit erforderlichen Abstandsflächen zum südlichen Grundstück erteilt worden. Somit wahre also auch der Bestand die gesetzlichen Abstandsflächen nicht.

Die Antragsgegnerin habe das Vorhaben unter Erteilung einer Abweichung u. a. von der Einhaltung der erforderlichen Abstandsflächen nach Süden hin genehmigt und sei bei der Genehmigungserteilung davon ausgegangen, dass auch für den vorderen - baulich nicht zu verändernden - Gebäudeteil als Teil eines Gesamtgebäudes eine abstandsflächenrechtliche Neubetrachtung vorzunehmen sei. Daher beziehe sich die nach Süden hin erteilte Abweichung auch auf die erforderliche Abstandsfläche für diesen Gebäudeteil.

Mit Datum vom 3. Februar 2016 sei zwischenzeitlich ein Nachgangsbescheid zur Baugenehmigung vom 17. November 2015 erlassen worden, der klarstelle, dass entgegen der Darstellung in den genehmigten Plänen nach Süden hin insgesamt von einer Abstandsfläche von 1 H auszugehen sei, da eine Kombination des 16-Meter-Privilegs mit einer zusätzlichen Abweichung für den westlichen Altbestand rechtlich nicht zulässig sei, die Abweichung aber auch in Ansehung einer Abstandsflächentiefe von 1 H erteilt werde, da eine atypische Situation vorliege und die Abweichung auch ermessensgerecht erteilt werden könne, dies insbesondere deshalb, da eigentlich keine bauliche Veränderung am vorderen Gebäudeteil vorgenommen werde und sich die tatsächliche Situation in diesem Bereich nicht verändere.

Die Antragsgegnerin wende sich gegen die Baugenehmigung maßgeblich mit der Begründung, dass die erteilte Abweichung rechtswidrig sei und die Unterschreitung der gesetzlichen Abstandsflächentiefe durch ihr Gebäude an der ...-straße 14 weniger intensiv sei als der durch das streitgegenständliche Anwesen, so dass zugunsten der Beigeladenen auch nicht § 242 BGB streite.

Der objektive Tatbestand des Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO, das Vorliegen einer atypischen Sachlage, sei gegeben. Zum einen verfüge das Vorhabengrundstück über einen ungewöhnlichen Zuschnitt insofern, als die südliche und nördliche Grundstücksgrenze schräg verliefen, die vorhandene straßenseitige Baulinie jedoch auf diesen Schrägverlauf keine Rücksicht nehme und somit bei einem rechtwinkligen Gebäudezuschnitt eine nicht den Grenzverläufen angepasste Bebauung vorgebe. Zum anderen, weil es sich bei dem Bestandsgebäude um ein solches handle, das zwar selbst kein Baudenkmal sei, jedoch Teil des Ensembles „...“. Es handle sich bei dem Bestandsgebäude um ein solches von historischer Bausubstanz, das zudem in einem dicht bebauten städtisch geprägten Bereich liege, in dem bereits mehrere Gebäude, u. a. das der Antragstellerin, die gesetzlichen Abstandsflächen nicht einhielten. Daher sei jedwede bauliche Veränderung am Bestandsgebäude grundsätzlich geeignet, eine Abstandsflächenüberschreitung auszulösen. Im konkreten Fall sei dies schon daraus ersichtlich, dass selbst der vordere Gebäudeteil, der baulich letztlich nicht geändert werde, über die abstandsflächenrechtliche Neubetrachtung Gegenstand der erteilten Abweichung sei, obschon sich in diesem Bereich keine tatsächliche Veränderung der entscheidenden Parameter ergebe.

Das Abwägungsergebnis zugunsten der erteilten Abweichung sei nicht zu beanstanden. Liege eine atypische Situation vor, könne nach der Rechtsprechung grundsätzlich auch das Interesse des Grundstückseigentümers, vorhandene Bausubstanz zu erhalten und sinnvoll zu nutzen oder bestehenden Wohnraum zu modernisieren, eine Verkürzung der Abstandsflächen rechtfertigen (vgl. VG München, B. v. 11.6.2015 - M 8 SN 15.1421).

Bei der Ermessensentscheidung habe die Antragsgegnerin in rechtlich nicht zu beanstandender Weise sowohl das öffentliche Interesse an der Einhaltung der gesetzlichen Abstandsflächen sowie die nachbarlichen Interessen dem Interesse des Bauherrn an einer Anpassung der vorhandenen Bausubstanz sowie dem öffentlichen Interesse an der Erteilung der Abweichung gegeneinander abgewogen. Hierbei sei vor allem zu berücksichtigen gewesen, dass das Bestandsgebäude im südwestlichen Bereich gar nicht verändert werde und somit in diesem Bereich zwar rechnerisch eine Abstandsflächenüberschreitung vorliege, die Schutzgüter des Abstandsflächenrechts jedoch nicht andersartig tangiert würden als zuvor. Im Bereich, in dem der Dachstuhl angehoben werde, ändere sich die abstandsflächenrelevante Wandhöhe nur marginal und lediglich das Satteldach werde steiler gestellt, wobei sich die Dachneigung jedoch nicht über 45° hinaus verändere. Diese Maßnahmen veränderten die vorhandene Kubatur, mit der auch die Antragstellerin konfrontiert werde, nicht wesentlich, trügen aber zugunsten der Beigeladenen zu einer erheblichen Verbesserung der durch die historische Bausubstanz vorgeprägten Wohnverhältnisse bei. Zugunsten der Beigeladenen sei auch zu berücksichtigen, dass der Ausbau des vorhandenen Dachgeschosses der Schaffung von Wohnraum diene, was vor dem Hintergrund des hohen Siedlungsdrucks einen gewichtigen öffentlichen Belang zugunsten der erteilten Abweichung darstelle (im Ergebnis auch VG München, B. v. 13.11.2014 - M 8 SN 14.3336). Jedwede sonstige spürbare Erweiterung der nutzbaren Fläche würde jedenfalls nur unter Aufgabe der historischen Bausubstanz und Errichtung eines Neubaus auf dem Vorhabengrundstück möglich sein, wobei selbst dann aufgrund der geringen Breite des Vorhabengrundstücks, der vorderen Baulinie und der zulässigen Bebauungstiefe ein Gebäude mit vergleichbarer Nutzfläche voraussichtlich nur unter Verletzung der gesetzlichen Abstandsflächen zulässig wäre. Bei der Abwägung sei zudem hinsichtlich der nachbarlichen Interessen zu berücksichtigen, dass auch das Gebäude der Antragstellerin die gesetzlichen Abstandsflächen nicht einhalte. Selbst wenn die Abstandsflächenverstöße nicht gleichwertig sein sollten, so sei hinsichtlich des Sozialabstandes zu berücksichtigen, dass die Beigeladenen ihrerseits mit vergleichbar nah an die Grundstücksgrenze herangerückten Einblickmöglichkeiten konfrontiert würden und im Übrigen im dicht bebauten innerstädtischen Bereich auch kein Recht des Eigentümers existiere, das jedwede zusätzliche Einblickmöglichkeit verhindert werde.

Soweit die Antragstellerin rüge, dass der Balkon im Dachgeschoss die Abstandsflächen nach Norden und Osten nicht einhalte, sei dies unzutreffend. Bei dem Balkon handle es sich um ein untergeordnetes Bauteil im Sinne des Art. 6 Abs. 8 Ziffer 1 BayBO, weshalb dieser keine eigene Abstandsfläche auslöse. Selbst wenn der Balkon eine Abstandsfläche auslöse, würde diese jedoch nach Norden nicht auf das Grundstück der Antragstellerin fallen. Im Hinblick auf eine etwaige Abstandsfläche vor der südlichen Balkonumwehrung sei darauf hinzuweisen, dass eine Verletzung von Nachbarrechten nur dann vorläge, wenn sich der Nachbar unmittelbar gegenüber der Außenwand befände, an die der Balkon angebracht werden solle (Dom/Franz/Rauscher, in: Simon/Busse, BayBO, 121. EL 09/2015, Art. 6 Rn. 404). Dies sei hier nicht der Fall, da sich der Balkon nicht vor der südlichen Außenwand befinde und schon aufgrund des erheblichen Rücksprungs des Balkons von der Südseite keine fiktive Außenwand für den Balkon anzunehmen sei.

Mit Schriftsatz vom 12. Februar 2016 hat der Bevollmächtigte der Antragstellerin im Hinblick auf den Nachtragsbescheid vom 3. Februar 2016 seinen Antrag wie folgt gefasst:

Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 17. November 2015 und gegen den Nachtragsbescheid vom 3. Februar 2016 (Az.: ...) wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin gehe nach dem Nachtragsbescheid vom 3. Februar 2016 selbst davon aus, dass vorliegend das 16-Meter-Privileg keine Anwendung finde und es somit einer Abweichung von der vollen Abstandsfläche bedürfe. Eine erneute Abwägung in Bezug auf diese erweiterte Abweichung in materieller Hinsicht sei nicht erfolgt, sondern es werde lediglich ausgeführt, dass hierfür letztendlich dieselben Erwägungen, die bereits im Ausgangsbescheid vom 17. November 2015 Eingang gefunden hätten, sprächen.

Auch die ergänzenden Ausführungen zur Atypik gingen ins Leere, da die Antragsgegnerin zu Unrecht annehme, dass eine Betrachtungsweise ausschließlich des nördlichen Baukörpers relevant sei, da das südliche Baukörperteil unverändert bleibe.

Mit Schriftsatz vom 19. Februar 2016 haben die Bevollmächtigten der Beigeladenen beantragt:

Der Antrag wird abgelehnt.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die streitgegenständliche Baugenehmigung sei im Hinblick auf die nachbarschützenden Vorschriften nicht zu beanstanden, insbesondere sei die von der Antragsgegnerin erteilte Abweichung von der Einhaltung der gesetzlichen Abstandsflächen zum Grundstück der Antragstellerin rechtmäßig.

Die erforderliche Atypik liege vor, wobei von Bedeutung sei, ob eine sinnvolle Ausnutzung des Baubestands unmöglich sei (BayVGH, B. v. 30.8.2001 - 15 CS 11.1640), ohne dass eine Abweichung von den Abstandsflächen notwendig sei. Im dicht bebauten innerstädtischen Bereich sei eine atypische Situation dann anzunehmen, wenn jedwede bauliche Veränderung der historischen Bausubstanz geeignet sei, eine Abstandsflächenüberschreitung auszulösen. Im vorliegenden Fall gebe das Bauplanungsrecht die Bebauung unter Beachtung der vorderen Baulinie vor. Das Grundstück der Beigeladenen weise sowohl nördlich als auch südlich einen schrägen Grundstücksverlauf auf. Dieser ungewöhnliche Grundstückszuschnitt in Verbindung mit der vorderen Baulinie bedinge eine Sondersituation, die sich jedenfalls vom Regelfall, auf den die gesetzlichen Abstandsflächenregelungen bezogen seien, unterscheide. Solle im vorliegenden Fall eine Instandsetzung, Aufwertung oder Erneuerung des Bestands ermöglicht werden, so komme man nicht umhin, Ausnahmen vom generalisierenden Abstandsflächenrecht zuzulassen (BayVGH, B. v. 5.12.2011 - 2 CS 11.1902). Dies gelte auch insbesondere deshalb, weil hier im eher dicht bebauten städtisch geprägten Umfeld bereits mehrere Anwesen, im Übrigen auch das der Antragstellerin, den notwendigen Abstand nicht wahrten. Nachdem das Grundstück der Beigeladenen zwei schräg verlaufende Grundstücksgrenzen aufweise, führe eine auch geringfügige Änderung an der Bestandsbebauung unweigerlich dazu, dass Abstandsflächen auf das Grundstück der Antragstellerin geworfen würden (vgl. VG München, B. v. 13.11.2014 - M 8 SN 14.3336). Vorliegend sei daher aufgrund des Grundstückszuschnitts und der auf dem Baugrundstück aufstehenden historischen Bausubstanz von einem atypischen Fall auszugehen, da wegen der Grundstücks- und Gebäudesituation die Einhaltung der Abstandsflächen nicht möglich bzw. unzumutbar erschwert sei (VG München, U. v. 19.11.2012 - M 8 K 11.5706). Ein Blick auf den Lageplan zeige, dass bei dem bestehenden Grundstückszuschnitt und dem Gebäudebestand keine Variante zur Erneuerung des Gebäudebestands respektive zur energetischen Sanierung ohne Abstandsflächenproblematik denkbar sei, da bereits die bestehende Bausubstanz die Abstandsflächen in rechtmäßiger Weise, da baurechtlich genehmigt, zum Grundstück der Antragstellerin nicht einhalten könne (vgl. VG Augsburg, U. v. 25.4.2012 - Au 4 K 12.31).

Bei der getroffenen Ermessensentscheidung habe die Antragsgegnerin in rechtlich nicht zu beanstandender Weise sowohl das öffentliche Interesse an der Einhaltung der gesetzlichen Abstandsflächen als auch die nachbarlichen Interessen mit dem Interesse der Beigeladenen an einer Anpassung der vorhandenen Bausubstanz sowie dem öffentlichen Interesse an der Erteilung der Abweichung gegeneinander abgewogen. Danach sei die Erteilung der Abweichung gerade im Hinblick auf die nachbarlichen Interessen der Antragstellerin gerechtfertigt. Ganz wesentlich sei im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen, dass das westliche Bestandsgebäude im Rahmen des vorliegenden Vorhabens nicht verändert werde. Dieses Bestandsgebäude löse im Wesentlichen die auf das antragstellerische Grundstück bezogenen, durch das Abstandsflächenrecht gesteuerten Wirkungen aus. Da aber bezogen auf diesen Gebäudeteil keine Veränderung stattfinde, würden die Schutzgüter des Abstandsflächenrechts nicht in anderer Weise berührt, als dies auch ohne das hier in Rede stehende Vorhaben geschehe. Im Rahmen der geplanten Maßnahme werde sich gegenüber dem Grundstück der Antragstellerin durch die Anhebung des Dachstuhls bzw. die Erhöhung der Steilheit der Dachneigung eine nur äußerst geringfügige Änderung der Bestandssituation ergeben, da das Neubauvorhaben sich um lediglich 60 cm in der Höhe verändere und dies auch nur im nicht direkt gegenüber dem antragstellerischen Gebäude liegenden östlichen Teil. Daraus werde ersichtlich, dass sich das Anwesen der Antragstellerin auch bei Außerachtlassung des wegfallenden Bestandsschutzes für das Gebäude der Beigeladenen seit Jahren einem Baukörper von nahezu gleicher Höhenentwicklung gegenüber gesehen habe. Auch wenn die Antragstellerin spürbare Beeinträchtigungen durch das streitgegenständliche Vorhaben für sich erkenne, müsse vorliegend davon ausgegangen werden, dass sich die Grundstückssituation für die Antragstellerin nicht in einer im Rahmen des Rücksichtnahmegebots zu berücksichtigenden Weise ändere (VG Augsburg, B. v. 22.8.2014 - Au 5 S 14.1046). Durch das streitgegenständliche Vorhaben werde sich zwar eine - wenn auch marginale - Veränderung der durch das Abstandsflächenrecht geschützten Belange der Belichtung, Belüftung und Besonnung ergeben, die aber nicht über das hinausgehe, was in städtischen Verdichtungslagen, die durch ähnliche Verhältnisse geprägt seien, üblich sei. Bei der Abwägung dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass sich für die Beigeladenen durch das geplante Vorhaben eine erhebliche Verbesserung der durch die historische Bausubstanz geprägten Wohnsituation ergebe und diese auch geeignet sei, dem hohen Siedlungsdruck zu begegnen.

Die gerügten erhöhten Einsichtsmöglichkeiten seien im dicht bebauten innerstädtischen Bereich unvermeidlich und auch unabhängig von der Einhaltung erforderlicher Abstandsflächen gegeben. Die Betroffenen könnten sich durch das Anbringen von Jalousien oder verspiegelten Fenstern helfen (VG München, B. v. 15.7.2015 - M 8 SN 15.2165).

Im Übrigen dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass auch das Gebäude der Antragstellerin selbst die notwendigen Abstandsflächen nicht einhalte. Im Kontext der wechselseitigen Abstandsflächenüberschreitungen komme es maßgeblich darauf an, dass sich der auf einen Abstandsflächenverstoß berufende Nachbar mit seinem Gebäude den jetzt erforderlichen Grenzabstand nicht einhalte. Auch wenn im vorliegenden Fall keine flächenmäßige Gleichwertigkeit vorliegen möge, so trage der die notwendigen Abstandsflächen selbst nicht einhaltende Gebäudebestand der Antragstellerin wesentlich zur Verkürzung des Abstands zwischen beiden Gebäuden bei. Derjenige, der selbst mit seinem Gebäude den erforderlichen Grenzabstand nicht einhalte, könne nicht verlangen, dass der Nachbar die Abstandsflächen, die er selbst auf dem eigenen Grundstück nicht zur Verfügung habe, auf dem fremden Grundstück freihalte (BayVGH, U. v. 5.7.2011 - 1 BV 08.131). Der baurechtliche Nachbarschutz beruhe auf dem Gedanken der gegenseitigen Rücksichtnahme. Seine Grundlage sei das nachbarrechtliche Gemeinschaftsverhältnis, in dessen Rahmen jeder Eigentümer zugunsten seines Nachbarn bestimmten Beschränkungen unterworfen sei und im Austausch dafür verlangen könne, dass der Nachbar diese Beschränkungen gleichfalls beachte (BVerwG, U. v. 16.9.1993 - 4 C 28.91). Auf eine Beeinträchtigung durch das Vorhaben könne sich die Antragstellerin nicht berufen, da dies demjenigen verwehrt sei, der die enge Situation zwischen den Gebäuden durch die grenznahe Errichtung des eigenen Gebäudes auch maßgeblich selbst mit hervorgerufen habe (BayVGH, B. v. 5.7.2011 - 14 CS 11.814). Als wichtiger öffentlicher Belang in der vorzunehmenden Abwägung sei zu berücksichtigen, dass durch das geplante Vorhaben mittels einer, in Bezug auf das antragstellerische Grundstück mit geringen Auswirkungen verbundenen Maßnahme eine deutliche Wohnraumverbesserung erzielt werden könne. Dies führe im Hinblick auf die sehr geringfügigen Beeinträchtigungen des Grundstücks der Antragstellerin, auch durch die nördliche Lage des Grundstücks der Beigeladenen bedingt, zu einem Überwiegen des Interesses der Beigeladenen an einer Anpassung der vorhandenen Bausubstanz.

Mit Schriftsatz ihre Bevollmächtigten vom 7. März 2016 wurde von der Antragstellerseite zu den Schreiben der Antragsgegnerin vom 8. Februar 2016 und zum Schriftsatz der Beigeladenen vom 19. Februar 2016 Stellung genommen. Hierin werden nochmals die Ausführungen zur fehlenden Atypik vertieft. Die von der Antragsgegnerin herangezogenen Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs seien vom Sachverhalt her mit dem hier vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Hinsichtlich des ungewöhnlichen Zuschnitts des Vorhabengrundstücks wird ausgeführt, dass eine unverhältnismäßig hohe Bebauung bereits vorherrsche, die weiter intensiviert werden solle. Soweit auf das Ensemble „...“ abgestellt werde, verkenne die Antragsgegnerin, dass sich das Vorhabengrundstück im Gebiet der „Satzung für besondere Siedlungsgebiete“ (ehemals Gartenstadtsatzung) befinde. Allein diese Satzungsvorgabe dokumentiere, dass es sich nicht um einen dichtbebauten, innerstädtisch geprägten Bereich handele. Die Feststellung, dass aufgrund der bereits an den Längsseiten nicht vorhandenen Abstandsflächen jedwede bauliche Veränderung in der Kubatur zu einer weiteren Abstandsflächenüberschreitung führe, lasse erkennen, dass bereits heute die gesetzlichen Mindestabstandsflächen nicht eingehalten würden und jede zusätzliche Abweichung die Situation nur zulasten des Nachbarn verschärfe.

Eine Bebauungstiefe von 23 m beidseits dicht entlang der Grundstücksgrenzen sei nicht umgebungstypisch sondern vielmehr in der Umgebung ohne auch nur annäherndes Vorbild. Die meisten Umgebungsgebäude seien kürzer als 16 m und wegen des 16 m-Privilegs ergäben sich daher keine oder geringere Abstandsflächenüberschreitungen, und zwar auch bei schrägen Grenzverläufen, die im Geviert keineswegs selten seien. Bei den wenigen Umgebungsgebäuden, die länger als 16 m seien, lägen lediglich eingeschossige Anbauten vor, die aufgrund geringerer Wand-höhen weniger auf die Nachbargrundstücke wirkten.

Auch stehe die Abstandsflächenüberschreitung des Bestandsgebäudes in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem schrägen Grenzverlauf. Es sei bei dem Vorhabengrundstück kein gerader Grundstücksverlauf denkbar, der eine Einhaltung der Abstandsflächen ermöglichen würde. Hierfür sei ein wesentlich breiteres Grundstück notwendig, um die Abstandsflächen einzuhalten. Die angebliche Unmöglichkeit der Instandsetzung, Aufwertung oder Erneuerung des Gebäudebestandes bzw. der energetischen Sanierung ohne weitere Abstandsflächenüberschreitung werde unsubstantiiert behauptet. Der östliche Gebäudeteil könne wärmetechnisch saniert werden, wie es auch im westlichen Teil kürzlich erfolgt sei.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts München vom 13. November 2014 (M 8 SN 14.3336) stelle keinen vergleichbaren Sachverhalt für eine Atypik dar, da es sich um eine Bebauung im Kernbereich der ... handle.

In Wohngebieten sei eine Reduzierung der Abstandsflächentiefe unter 0,5 H nur unter ganz besonderen Umständen zu rechtfertigen und sei eine Unterschreitung von 0,25 H nur in extremen Ausnahmefällen möglich (BayVGH, U. v. 22.11.2006 - 25 B 05.1714). An der engsten Stelle weise der Grenzabstand des westlichen Gebäudeteils Richtung Süden 2,49 m bei einer Wandhöhe von 8,52 m, mithin bereits heute 0,28 H auf. Für den östlichen Gebäudeteil betrage der Grenzabstand nach Süden an der engsten Stelle 2,70 m und somit nach der Aufstockung der Wandhöhe auf 6,59 m 0,41 H.

Hinsichtlich der Abwägung wird ausgeführt, dass eine Abweichung im Einzelfall zulässig sein könne, um vorhandene Bausubstanz zu erhalten und sinnvoll zu nutzen oder bestehenden Wohnraum zu modernisieren. Derartige Sachverhalte lägen bei einer Anhebung des Baukörpers nicht vor; stattdessen werde die Bausubstanz räumlich erweitert bzw. die Kubatur vergrößert. Durch die Anhebung des Gebäudes solle erstmals Wohnraum geschaffen werden, was in Anbetracht der vorhandenen, extrem dichten Bebauung kein relevanter Belang sei, der Berücksichtigung finden könne. Die Argumentation, der westliche Bauteil bleibe unverändert, sei nicht nachvollziehbar, da die Gesamtbetrachtung zu einer weiteren Verkürzung der nicht vorhandenen Abstandsflächen zulasten des Nachbarn führe. Ebenso sei die Argumentation nicht nachvollziehbar und widersprüchlich, die Maßnahmen veränderten die vorhandene Kubatur nicht wesentlich, trügen aber zugunsten der Beigeladenen zu einer erheblichen Verbesserung der durch die historische Bausubstanz geprägten Wohnverhältnisse bei. In die Ermessensüberlegungen seien ausschließlich städtebauliche und bausicherheitsrechtliche Belange einzustellen; rein persönliche Verhältnisse des Bauherren oder des Nachbarn fänden nur dann Eingang in die Ermessensentscheidung, wenn gesetzliche Vorschriften darauf abstellten (Simon/Busse, BayBO, Art. 63 Rn. 38).

Dass das Gebäude der Antragstellerin nicht die vollen Abstandsflächen einhalte sei nicht zu berücksichtigen, da die nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zur Rechtsmissbräuchlichkeit des Berufens auf das Abstandsflächenrecht erforderliche Merkmal der „Ausgewogenheit“ in keinster Weise bestehe. Aufgrund der Ablehnung der Aufstockung des Anbaus auf dem Grundstück der Antragstellerin wegen Nichteinhaltung der Abstandsflächen sei für das vorliegende Vorhaben jedweder Ermessensspielraum bereits verbraucht.

Zu Unrecht behaupte die Beklagte, dass der Balkon - der über das 23 m lange Gebäude nochmals um 1,50 m hinausrage - nicht abstandsrelevant sei. Der Abstand zur Grundstücksgrenze betrage im Bereich des Balkons 2,70 m bzw. aufgrund des schrägen Grenzverlaufes weniger. Der Abstand von der Außenwand zum Balkon betrage 2,42 m, mithin betrage der Abstand des Balkons zur Grenze insgesamt maximal 5,10 m. Der Balkon befinde sich mit der oberen Brüstung in einer Höhe von mindestens 6,50 m, so dass auch für den Balkon die Abstandsfläche nicht eingehalten werde.

Zusammenfassend sei festzustellen, dass die Antragsgegnerin selbst bestätige, dass das Bestandsgebäude die gesetzlichen Abstandsflächen nicht einhalte und bereits 1971 nur unter Erteilung einer großzügigen Ausnahme bzw. Abweichung habe genehmigt werden können. Durch die Anhebung der Außenwand des östlichen Gebäudeteils und des steileren Dachaufbaus werde das Gebäude im First um 1,72 m angehoben, was keine marginale, unerhebliche Veränderung der vorhandenen Bestandskubatur sei, sondern vielmehr eine weitere kumulativ wirkende Nichtbeachtung der gesetzlichen Mindestabstandsflächen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin ist zulässig und auch in der Sache begründet, da die Anfechtungsklage voraussichtlich Erfolg haben wird, da die angefochtene Baugenehmigung vom 17. November 2015 in der Gestalt, die sie durch den Nachtragsbescheid vom 3. Februar 2016 erhalten hat, bei summarischer Prüfung die Antragstellerin als Nachbarin schützende Vorschriften des Bauordnungsrechts verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Nach § 212a Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Legt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung eine Anfechtungsklage ein, so kann das Gericht auf Antrag gemäß § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die bundesgesetzlich gemäß § 212a Abs. 1 BauGB ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen. Hierbei trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind - die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streitenden Interessen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 146; Schmidt in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 71). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht alleiniges Indiz zu berücksichtigen (Schmidt, a. a. O., § 80 Rn. 73 ff.).

2. Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und ist der Nachbar darauf zu verweisen, Rechtschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung dieses Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B. v. 16.1.1997 - 4 B 244/96, NVwZ 1998, 58 - juris RdNr. 3; BayVGH, B. v. 14.10.2008 - 2 CS 08.2132 - juris RdNr. 3).

3. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung, sprechen die überwiegenden Gründe dafür, dass das mit der streitgegeständlichen Baugenehmigung zugelassene Bauvorhaben in bauordnungsrechtlicher Hinsicht gegen drittschützende Rechte der Antragstellerin verstößt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Im vorliegenden Fall wurde ein vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO durchgeführt, da das beantrage Vorhaben keinen Sonderbau im Sinn von Art. 2 Abs. 4 BayBO darstellt.

Im Hinblick auf die beantragten und erteilten Abweichungen von den Abstandsflächen gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO gehört das Abstandsflächenrecht des Art. 6 BayBO gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO zum Prüfumfang der Baugenehmigung.

4. Bei der Zulassung einer Abweichung von einer dem Nachbarschutz dienenden Vorschrift des Bauordnungsrechts kann der Nachbar nicht nur eine ausreichende Berücksichtigung seiner Interessen beanspruchen, sondern ist er auch dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Abweichung aus einem anderen Grunde objektiv rechtswidrig ist (BayVGH, B. v. 17.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 17). Die Vorschriften des Abstandsflächenrechts dienen in ihrer Gesamtheit dem Schutz der Nachbarn (BayVGH, U. v. 14.10.1985 - 14 B 85 A.1224, BayVBl. 1986, 143, 145 - juris nur LS 3).

4.1 Gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von bauaufsichtlichen Anforderungen zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind. Während bei bautechnischen Anforderungen der Zweck der Vorschriften vielfach auch durch eine andere als die gesetzlich vorgesehene Bauausführung gewahrt werden kann (die dann im Wege der Abweichung zuzulassen ist), wird der Zweck des Abstandsflächenrechts, der vor allem darin besteht, eine ausreichende Belichtung und Lüftung der Gebäude zu gewährleisten und die für Nebenanlagen erforderlichen Freiflächen zu sichern, regelmäßig nur dann erreicht, wenn die Abstandsflächen in dem gesetzlich festgelegten Umfang eingehalten werden. Da somit jede Abweichung von den Anforderungen des Art. 6 BayBO zur Folge hat, dass die Ziele des Abstandsflächenrechts nur unvollkommen verwirklicht werden, setzt die Zulassung einer Abweichung Gründe von ausreichendem Gewicht voraus, durch die sich das Vorhaben vom Regelfall unterscheidet und die die Einbuße an Belichtung und Lüftung (sowie eine Verringerung der freien Flächen des Baugrundstücks) im konkreten Fall als vertretbar erscheinen lassen. Es muss sich um eine atypische, von der gesetzlichen Regel nicht zureichend erfasste oder bedachte Fallgestaltung handeln (BayVGH, B. v. 13.2.2002 - 2 CS 01.1506 - juris Rn. 16; B. v. 23.5.2005 - 25 ZB 03.881 - juris Rn. 8; B. v. 15.11.2005 - 2 CS 05.2817 - juris Rn. 2; B. v. 29.11.2006 - 1 CS 06.2717 - juris Rn. 24; B. v. 11.1.2007 - 14 B 03.572 - juris Rn. 22; B. v. 17.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 16; B. v. 4.8.2011 - 2 CS 11.997 - juris Rn. 23; B. v. 5.12.2011 - 2 CS 11.1902 - juris Rn. 3; U. v. 22.12.2011 - 2 B 11.2231, BayVBl. 2012, 535 - juris Rn. 16). Diese kann sich etwa aus einem besonderen Grundstückszuschnitt, einer aus dem Rahmen fallenden Bebauung auf dem Bau- oder dem Nachbargrundstück oder einer besonderen städtebaulichen Situation, wie der Lage des Baugrundstücks in einem historischen Ortskern, ergeben (BayVGH, B. v. 17.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 16; B. v. 22.9.2006 - 25 ZB 01.1004 - juris Rn. 4). In solchen Lagen kann auch das Interesse des Grundstückseigentümers, vorhandene Bausubstanz zu erhalten und sinnvoll zu nutzen oder bestehenden Wohnraum zu modernisieren, eine Verkürzung der Abstandsflächen durch Zulassung einer Abweichung rechtfertigen.

Weitere Voraussetzung ist die Vereinbarkeit der Abweichung mit den öffentlichen Belangen unter Würdigung nachbarlicher Interessen. Mit der Verpflichtung zur Würdigung nachbarlicher Interessen verlangt das Gesetz - wie bei dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme - eine Abwägung zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen und den Belangen des Nachbarn (BayVGH, B. v. 17.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 17). Ob eine Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften zugelassen werden kann, beurteilt sich dabei nicht allein danach, wie stark die Interessen des betroffenen Nachbarn beeinträchtigt werden. Es ist stets auch zu prüfen, ob die Schmälerung der nachbarlichen Interessen durch überwiegende Interessen des Bauherrn oder überwiegende öffentliche Belange gerechtfertigt ist (BayVGH, B. v. 17.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 20).

Von Bedeutung ist bei der Beurteilung des Vorliegens der erforderlichen Atypik insbesondere, ob eine sinnvolle Ausnutzung des Baugrundstücks unter Beachtung der Anforderungen des Art. 6 Abs. 5 BayBO unmöglich oder unzumutbar ist (BayVGH, B. v. 30.8.2011 - 15 CS 11.1640 - juris Rn. 16). Demgegenüber ist in dicht bebauten innerstädtischen Bereichen eine atypische Situation dann anzunehmen, wenn jedwede bauliche Veränderung der historischen Bausubstanz geeignet ist, eine Abstandsflächenüberschreitung auszulösen (vgl. BayVGH, B. v. 4.8.2011 - 2 CS 11.997 - juris Rn. 23). Zu berücksichtigen ist schließlich, dass tatsächlich vorhandene abstandsflächenwidrige Bebauungsverhältnisse nach Möglichkeit bereinigt und nicht verewigt werden sollen (vgl. BayVGH, U. v. 22.11.2006 - 25 B 05.1714, BayVBl. 2007, 276 - juris Rn. 20), weshalb eine Abstandsflächenüberschreitung durch einen Altbestand als solche und für sich allein nicht geeignet ist, die erforderliche Atypik zu begründen. Die erforderliche Atypik ist in Bezug auf die Einhaltung der Abstandsflächen des Art. 6 Abs. 5 BayBO nicht stets allein schon deshalb gegeben, weil das Vorhaben Außenwände eines Altbestands einbezieht, der die Abstandsflächenvorschriften nicht einhält (BayVGH, B. v. 23.5.2005 - 25 ZB 03.881 - juris Rn. 8). Die gesetzlichen Ziele, ein bestimmtes Mindestmaß an Belichtung, Belüftung und Wohnfrieden sicherzustellen, gelten vielmehr für Neubauten und Umbauten gleichermaßen. Dass der Bauherr dadurch vor die Wahl gestellt ist, entweder seinen vom Gesetz abweichenden Altbestand im bisherigen Umfang weiter zu nutzen oder bei einer neuen Genehmigung das geltende Recht einzuhalten, ist im Gesetz selbst angelegt und kann nicht als anormaler, nicht bedachter Ausnahmefall angesehen werden (BayVGH, B. v. 23.5.2005 - 25 ZB 03.881 - juris Rn. 8). Das Vorhandensein eines Altbestandes stellt lediglich eine objektive Gegebenheit dar, die bei Hinzutreten weiterer objektiver Umstände - z. B. Anforderungen der Stadtgestaltung - im Einzelfall eine atypische Sondersituation begründen kann.

4.2 Vorliegend ist hinsichtlich des streitgegenständlichen Vorhabens keine die beantragte und erteilte Abweichung rechtfertigende Atypik erkennbar. Das Grundstück weist zwar in seinem Zuschnitt mit den schräg verlaufenden Grenzen an der Süd- und Nordseite sowie mit dem Versprung an der Nordseite in gewissem Maße eine Atypik auf. Der schräge Grenzverlauf - insbesondere der südlichen Grundstücksgrenze - ist aber nicht die Ursache dafür, dass weder das Bestandsgebäude noch das genehmigte Vorhaben die erforderliche Abstandsfläche auf dem eigenen Grundstück einhalten. Insoweit würde der schräge Grenzverlauf allein eine Atypik dahingehend begründen, dass die Abstandsflächen, die bei einem unterstellten geraden oder regelmäßigen Grenzverlauf auf dem eigenen Grundstück liegen würden, durch eine Abweichung - sofern auch die zu treffende Abwägung dem nicht entgegensteht - verkürzt werden können.

Auch der Umstand, dass das Grundstück im straßenseitigen Bereich mit ca. 15,40 m und in Höhe der östlichen Außenwand mit ca. 15,10 m relativ schmal geschnitten ist, vermag keine grundstücksbezogene Atypik zu begründen, die entsprechende Abweichungen von den Abstandsflächen rechtfertigen könnte. Die Anforderung, dass die Abstandsflächen in voller Höhe auf dem eigenen Grundstück einzuhalten sind, ist eine vom inhalt- und schrankenbestimmenden Gesetzgeber bewusst gesetzte Voraussetzung, die bei kleineren oder schmal geschnittenen Grundstücken regelmäßig dazu führt, dass diese nur in geringerem Umfang oder auch gar nicht bebaubar sind. Es handelt sich damit gerade nicht um eine von der gesetzlichen Regel nicht zureichend erfasste oder bedachte Fallgestaltung, die per se eine Atypik begründen könnte.

Auch der Umstand des vorhandenen Baubestands, der bereits ohne die streitgegenständliche Änderung die Abstandsflächen nicht einhält, vermag vorliegend keine eine Abweichung rechtfertigende Atypik zu begründen. Nach Möglichkeit sollen tatsächlich vorhandene abstandsflächenwidrige Bebauungsverhältnisse bereinigt und nicht verewigt werden (vgl. BayVGH, U. v. 22.11.2006 - 25 B 05.1714, BayVBl. 2007, 276 - juris Rn. 20). Daher ist eine Abstandsflächenüberschreitung durch einen Altbestand als solche und für sich allein nicht geeignet, die erforderliche Atypik zu begründen. Die erforderliche Atypik ist in Bezug auf die Einhaltung der Abstandsflächen des Art. 6 Abs. 5 BayBO nicht stets allein schon deshalb gegeben, weil das Vorhaben Außenwände eines Altbestands einbezieht, der die Abstandsflächenvorschriften nicht einhält (BayVGH, B. v. 23.5.2005 - 25 ZB 03.881 - juris Rn. 8). Die gesetzlichen Ziele, ein bestimmtes Mindestmaß an Belichtung, Belüftung und Wohnfrieden sicherzustellen, gelten vielmehr für Neubauten und Umbauten gleichermaßen. Dass der Bauherr dadurch vor die Wahl gestellt ist, entweder seinen vom Gesetz abweichenden Altbestand im bisherigen Umfang weiter zu nutzen oder bei einer neuen Genehmigung das geltende Recht einzuhalten, ist im Gesetz selbst angelegt und kann nicht als anormaler, nicht bedachter Ausnahmefall angesehen werden (BayVGH, B. v. 23.5.2005 - 25 ZB 03.881 - juris Rn. 8). Das Vorhandensein eines Altbestandes stellt daher lediglich eine objektive Gegebenheit dar, die bei Hinzutreten weiterer objektiver Umstände - z. B. Anforderungen der Stadtgestaltung - im Einzelfall eine atypische Sondersituation begründen kann.

Vorliegend ergibt sich die erforderliche Atypik auch nicht aus einer besonderen städtebaulichen Situation, wie der Lage des Baugrundstücks in einem historischen Ortskern (BayVGH, B. v. 17.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 16; B. v. 22.9.2006 - 25 ZB 01.1004 - juris Rn. 4). In solchen Lagen kann auch das Interesse des Grundstückseigentümers, vorhandene Bausubstanz zu erhalten und sinnvoll zu nutzen oder bestehenden Wohnraum zu modernisieren, eine Verkürzung der Abstandsflächen durch Zulassung einer Abweichung rechtfertigen. Vorliegend geht es aber nicht darum, vorhandene Bausubstanz zu erhalten und sinnvoll zu nutzen oder bestehenden Wohnraum zu modernisieren, vielmehr soll mit dem Dachgeschossausbau neue, zusätzliche Bausubstanz und damit neuer Wohnraum geschaffen werden. Auch handelt es sich vorliegend bei dem Baugrundstück und seiner Umgebung nicht um einen dicht bebauten innerstädtischen Bereich, in dem jedwede bauliche Veränderung der historischen Bausubstanz geeignet ist, eine Abstandsflächenüberschreitung auszulösen (vgl. BayVGH, B. v. 4.8.2011 - 2 CS 11.997 - juris Rn. 23).

Ebenso begründet die Tatsache, dass der Dachgeschossausbau der Schaffung von Wohnraum dient und insoweit auch im öffentlichen Interesse liegt, keine Atypik, sondern ist - bei Vorliegen der erforderlichen Atypik - ein gewichtiger öffentlicher Belang im Rahmen der gem. Art. 63 Abs. 1 BayBO vorzunehmenden Abwägung zwischen den Interessen des Bauherrn und den nachbarlichen Belangen, die jedoch mangels Atypik vorliegend nicht eröffnet ist (VG München, U. v. 30.9.2013 - M 8 K 12.3499 - juris Rn. 69).

Schließlich ergibt sich die erforderlichen Atypik auch nicht daraus, dass eine sinnvolle Ausnutzung des Baugrundstücks unter Beachtung der Anforderungen des Art. 6 Abs. 5 BayBO unmöglich oder unzumutbar wäre (BayVGH, B. v. 30.8.2011 - 15 CS 11.1640 - juris Rn. 16). Das Vorhabengrundstück ist bereits mit dem Bestandsgebäude äußerst intensiv und unter Nichteinhaltung der an sich auf dem eigenen Grundstück einzuhaltenden Abstandsflächen bebaut. Da die gesetzlichen Ziele des Abstandsflächenrechts, ein bestimmtes Mindestmaß an Belichtung, Belüftung und Wohnfrieden sicherzustellen, für Neubauten und Umbauten gleichermaßen gelten, wird der Bauherr vor die Wahl gestellt, entweder seinen vom Gesetz abweichenden Altbestand im bisherigen Umfang weiter zu nutzen oder bei einer neuen Genehmigung das geltende Recht einzuhalten. Dies ist aber im Gesetz selbst angelegt und kann nicht als anormaler, nicht bedachter Ausnahmefall angesehen werden (BayVGH, B. v. 23.5.2005 - 25 ZB 03.881 - juris Rn. 8).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladenen einen Abweisungsantrag gestellt haben, konnten ihnen gem. § 154 Abs. 3 VwGO die Kosten zur Hälfte auferlegt werden.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziff. 1.5, 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 15. März 2016 - M 8 SN 15.5768

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Verwaltungsgericht München Beschluss, 15. März 2016 - M 8 SN 15.5768 zitiert 10 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80a


(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde 1. auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,2. auf Ant

Baugesetzbuch - BBauG | § 212a Entfall der aufschiebenden Wirkung


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung. (2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absa

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Verwaltungsgericht München Beschluss, 13. Nov. 2014 - M 8 SN 14.3336

bei uns veröffentlicht am 13.11.2014

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Beklagte und die Beigeladene haben die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 3.750,- EUR festgesetzt. Gründe

Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 22. Aug. 2014 - Au 5 S 14.1046

bei uns veröffentlicht am 22.08.2014

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 3.750,-- EUR festgesetzt.

Verwaltungsgericht München Beschluss, 15. Juli 2015 - M 8 SN 15.2165

bei uns veröffentlicht am 15.07.2015

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Antragsteller tragen gesamtverbindlich die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. III. Der Streitwert wird auf 3.750,-- EUR f

Verwaltungsgericht München Beschluss, 11. Juni 2015 - M 8 SN 15.1421

bei uns veröffentlicht am 11.06.2015

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 3.750,- EUR festgese

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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 3.750,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist die Wohnungseigentümergemeinschaft des Anwesens ...-str. 33 in ..., Fl.Nr. ..., Gemarkung ... Sie begehrt als Nachbarin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer in der Hauptsache erhobenen Klage (M 8 K 15.1422) gegen eine der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung für eine Balkonerneuerung und -erweiterung des Vordergebäudes in der ...-str. 31, Fl.Nr. ..., Gemarkung ..., das unmittelbar an das Grundstück der Antragstellerin angrenzt. Beide Grundstücke sind Teil einer geschlossenen Zeilenbebauung entlang der ...-straße.

Zur Bebauungssituation siehe auch den nachfolgenden Lageplan (Maßstab 1:1000):

Bild

Am 7. Juli 2014 beantragte die Beigeladene eine Baugenehmigung für die Balkonerneuerung und -erweiterung ihres Vordergebäudes sowohl auf der Straßen- wie auf der Hofseite (Plan-Nr. ...). Auf der Hofseite sollen vom 1. bis zum 3. Obergeschoss jeweils 2 Balkone angesetzt werden, wobei die südlich (in Richtung des Anwesens der Antragstellerin) gelegenen Balkone nach dem Eingabeplan eine Grundfläche von 5,86 m² und eine Abmessung von 1,50 m x 4,10 m haben. Da die Balkonbrüstung im oberen Teil jeweils um 20 cm weiter vorragt, ergibt sich insgesamt eine Fläche von 1,70 m x 4,50 m.

Mit Bescheid vom ... März 2015 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung gemäß Art. 59 und 68 BayBO im vereinfachten Genehmigungsverfahren zur Balkonerneuerung und -erweiterung auf dem Grundstück...-str. 31. Wegen Nichteinhaltung der erforderlichen Abstandsflächen durch die hofseitigen Balkone nach Süden zum Nachbargrundstück Fl.Nr. ... (Grundstück der Antragstellerin) und nach Norden zum Nachbargrundstück Fl.Nr. ... wurden Abweichungen gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO erteilt. Die Errichtung der Balkone sei planungsrechtlich zulässig; die Anforderungen an ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung seien gewährleistet. Die nähere Umgebung sei geprägt von Gebäuden, die die nach Art. 6 BayBO erforderlichen Abstandsflächen nicht einhielten. Auch bei den Nachbarn gebe es hofseitige Balkone.

Eine Nachbarausfertigung der Baugenehmigung vom ... März 2015 wurde der Hausverwaltung der Antragstellerin am 11. März 2015 mit Postzustellungsurkunde zugestellt.

Mit Schriftsatz von Montag, dem 13. April 2015, am selben Tag per Fax bei Gericht eingegangen, erhoben die Bevollmächtigen der Antragstellerin Klage mit dem Antrag, die Baugenehmigung vom ... März 2015 insoweit aufzuheben, als auf der Rückseite des Vordergebäudes nach Süden zum Nachbarn ...-str. 33 hin 3 Balkone vom 1. - 3. Obergeschoss genehmigt wurden. Zugleich beantragten sie,

die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 13. April 2015 gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom ... März 2015 für die ... GmbH & Co. KG Vermögensverwaltung, vertreten durch den Geschäftsführer der GmbH, ..., Balkonerneuerung des Anwesens ...-str. 31, Fl.Nr. ..., Gemarkung ..., anzuordnen.

Die Baugenehmigung sei hinsichtlich der Errichtung der hofseitigen Balkone materiell rechtswidrig und verletze die Antragstellerin in ihren Rechten. Die Balkone der Beigeladenen müssten die erforderlichen Abstandsflächen einhalten, da sie keine untergeordneten Baukörper im Sinn des Art. 6 Abs. 8 BayBO seien. Sie erfüllten keine der Kriterien des Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 BayBO und würden entgegen Ziff. 2 a mehr als ein Drittel der Breite der Außenwand in Anspruch nehmen. Weiter würden sie entgegen Ziff. 2 b mehr als 1,50 m vor die Außenwand treten und seien entgegen Ziff. 2 c mit 0,60 m keine 2 m Mindestabstand von der Grundstücksgrenze entfernt. Die Balkone auf der nach Süden zum Grundstück der Antragstellerin hin zeigenden rückwärtigen Fassade hätten eine Länge von 4,10 m und eine Grundfläche von 5,86 m². Die Balkone an der rückwärtigen Fassade des Anwesens der Antragstellerin seien deutlich kleiner; man erreiche sie über einen kleinen Austritt von 0,60 m Tiefe und 1 m Breite. Die Balkone selbst seien 1,50 m tief und 3 m breit. Der Austritt halte zur Nachbargrenze den Mindestabstand von 2 m ein; der eigentliche Balkonkörper sei mehr als 3 m entfernt. Es sei nicht ersichtlich, wo es in der Nachbarschaft Gebäude gäbe, die die erforderlichen Abstandsflächen im Bereich der Balkone und Erker nicht einhielten. Andere Abstandsflächenverletzungen seien nicht relevant. Die Einhaltung des Mindestabstandes zur Grundstücksgrenze von 3 m sei nicht verzichtbar, soweit es sich nicht um untergeordnete Bauteile handele, wenn - wie hier - eine dichte innerstädtische Bebauung vorliege. Ein Mindestmaß an Abstand sei notwendig, damit sich die Nachbarn ungestört voneinander unterhalten könnten. Die Einhaltung der Abstandsflächen sei wichtig, um gesunde Wohnverhältnisse zu schaffen und zu erhalten. Es sei nicht einzusehen, warum die Antragsgegnerin von der Antragstellerin mit aufwendigen Balkonkonstruktionen die Einhaltung von Mindestabständen verlangt habe und dies bei den Nachbarn nicht tue. Die von der Antragsgegnerin gewählte Begründung der Abweichung sei jedenfalls für eine derartig einschränkende Maßnahme nicht ausreichend.

Mit Schreiben vom 8. Mai 2015 beantragte die Antragsgegnerin,

den Antrag abzulehnen.

Die Baugenehmigung vom ... März 2015 sei rechtmäßig, es liege keine Verletzung des Abstandsflächenrechtes vor. Die Antragsgegnerin habe die Abweichung zulassen können, da sie unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sei. Es sei eine atypische Situation gegeben. Diese liege im Vorhandensein historischer Bausubstanz im dichtbebauten innerstädtischen Bereich, wobei jede bauliche Veränderung der bestehenden Anwesen geeignet sei, eine Abstandsflächenüberschreitung auszulösen. Wolle man in diesen Gebieten den zeitgemäßen Wohnbedürfnissen Rechnung tragen, komme man nicht umhin, Ausnahmen vom generalisierenden Abstandsflächenrecht zuzulassen. Die Abweichung liege sowohl im Interesse der Bewohner wie auch im öffentlichen Interesse, Wohnungen mit einer zeitgemäßen Ausstattung inklusive dem Vorhandensein von Balkon zur Verfügung zu haben. Im Hinblick auf Belichtung, Besonnung und Belüftung komme es in der bestehenden Hofsituation zu keiner Verschlechterung. Die Balkone seien licht- und luftdurchlässig. Eine Einsichtnahmemöglichkeit sei schon jetzt nicht auszuschließen und im dichtbebauten innerstädtischen Bereich nicht zu vermeiden. Am Gebäude der Antragstellerin befänden sich ebenfalls Balkone. Nach den Plänen der Antragstellerin hielten diese die seitlichen Abstandsflächen zur Beigeladenen ebenfalls nicht ein. Bei der Berechnung der für die Abstandsflächen relevanten Höhen ergäben sich vergleichbare Höhen; auch die Tiefe der Balkone würden keine wesentlichen Unterschiede aufweisen. Die Situation sei daher von einer wechselseitigen Nichteinhaltung der erforderlichen Abstandsflächen geprägt.

Mit Schreiben vom 18. Mai 2015 beantragten die Bevollmächtigten der Beigeladenen,

den Antrag abzulehnen.

Die Baugenehmigung vom ... März 2015 beinhalte die streitgegenständliche Balkonerneuerung sowie die nicht gerügte Erweiterung am Vordergebäude. Das Gebäude der Antragstellerin verfüge selbst über massive Balkone. Auf dem als Anlage 1 beigefügten Foto sei deutlich erkennbar, dass diese Balkone auf der Südseite neben einem Gebäuderücksprung des Gebäudes der Antragstellerin angebracht seien, der deutlich über die Rückwand des Gebäudes hinausrage. Auf diesem Gebäuderücksprung befände sich eine Dachterrasse. Auf der als Anlage 2 beigefügten Fotografie sei die Situation auf der Rückseite der weiteren benachbarten Gebäude zu sehen. Es zeige sich, dass umliegend massive Balkonanlagen angebracht seien, und dass insoweit die seitens der Antragstellerin angesprochene vielfache Nichteinhaltung von Abstandsflächen den gesamten rückwärtigen Bereich in der Nachbarschaft präge. Zu Recht sei die Antragsgegnerin daher aufgrund der strukturellen Gegebenheiten im Inneren des Gevierts von einer atypischen Situation ausgegangen. Ganz entscheidend komme aber hinzu, dass auch die Balkonanlage am Gebäude der Antragstellerin - insbesondere aber der dort vorhandene rückwärtige Gebäuderücksprung - die Abstandsflächen zum Grundstück der Beigeladenen nicht einhalte. Gerade für den rückwärtigen Gebäuderücksprung gelte, dass dieser noch in deutlich größerem Umfang als die Balkone der Beigeladenen die Abstandsflächen nicht einhalte. In einer solchen Situation würde eine Rüge wegen Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen. Im Übrigen seien die Balkone annähernd gleich groß, so dass von ihnen insoweit keine Beeinträchtigungen ausgehen könnten, die unzumutbar oder rücksichtlos seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der nach § 80 a Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist unbegründet, da die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage voraussichtlich ohne Erfolg sein wird.

1. Nach § 212 a Abs. 1 BauGB hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Legt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung eine Anfechtungsklage ein, so kann das Gericht auf Antrag gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die bundesgesetzlich gemäß § 212 a Abs. 1 BauGB ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen.

Bei dem Antrag gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind - die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung (vgl. Schmidt in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 71). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfes in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht alleiniges Indiz zu berücksichtigen (vgl. Schmidt a. a. O., § 80 Rn. 73 ff.). Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich erfolgreich sein, so wird im Regelfall die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Erweist sich der angefochtene Bescheid dagegen schon bei summarischer Prüfung als rechtmäßig, besteht ein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung.

2. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung sprechen die überwiegenden Gründe dafür, dass das mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugelassene Bauvorhaben weder in bauplanungsrechtlicher noch in bauordnungsrechtlicher Hinsicht gegen drittschützende Rechte der Antragstellerin verstößt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen sind (Art. 59 BayBO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (vgl. BayVGH, B. v. 24.03.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20).

3. Als nachbarschützende Rechte im Bauplanungsrecht kommt vorliegend nur der Anspruch auf Wahrung der gebotenen Rücksichtnahme in Betracht, der jedoch nicht durch die streitgegenständliche Baugenehmigung verletzt worden ist.

3.1 Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlichen von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalles kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist, an (vgl. BVerwG, U. v. 18.11.2004 - 4 C 1/04 - juris Rn. 22; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - juris Rn. 16; BayVGH, B. v. 12.09.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rn. 4). Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position inne hat (vgl. BVerwG, B. v. 06.12.1996 - 4 B 215/96 - juris Rn. 9).

3.2 Nach diesen Maßstäben liegt eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes zulasten der Antragstellerin hier nicht vor. Die von dem Bauvorhaben in der genehmigten Form ausgehenden Belästigungen und die mit der Benutzung der Balkone für die nähere Umgebung verbundenen Auswirkungen sind ortsüblich und sozialadäquat und damit von den Nachbarn hinzunehmen. Eine Veränderung der Verhältnisse durch ein Vorhaben, das den Rahmen der Umgebungsbebauung wahrt und städtebaulich vorgegeben ist, ist regelmäßig als zumutbar hinzunehmen (vgl. BayVGH, B. v. 12.09.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rn. 6).

3.2.1 Im vorliegenden Fall ist es bereits fraglich, ob die Balkonerneuerung an der Hofseite des Vordergebäudes überhaupt zu einer zusätzlichen Beeinträchtigung der Belichtungssituation auf dem antragstellerseitigen Grundstück führt, aber sie führt jedenfalls nicht zu schlechthin unzumutbaren und nicht mehr hinnehmbaren Wohnverhältnissen. Eine solche Beeinträchtigung ist auch von der Antragstellerin nicht dargelegt.

3.2.2 Soweit die Antragstellerin rügt, dass durch die Balkonerweiterung der Sozialfriede und Sozialabstand bzw. der Wohnfriede beeinträchtig würde, führt dies ebenfalls zu keiner Verletzung des Rücksichtnahmegebotes.

Trifft eine Wohnnutzung auf eine vorhandene Wohnnutzung, dann kommt unter dem Gesichtspunkt der Nutzungsart ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen in Betracht (vgl. BayVGH, B. v. 12.09.2005 - 1 ZB 05.42 - juris Rn. 19). Das Rücksichtnahmegebot gibt dem Nachbarn nicht das Recht, von jeglicher Beeinträchtigung - speziell von jeglichen Einblicken - verschont zu bleiben (vgl. BayVGH, B. v. 12.09.2005 a. a. O.). Gegenseitige Einsichtnahmemöglichkeiten sind im dichtbebauten innerstädtischen Bereich unvermeidlich und führen nicht automatisch zu einer Verletzung des Sozialabstandes. Im Übrigen sind die verbleibenden Sozialabstände in der vorgegebenen städtebaulichen Situation hinzunehmen, obschon damit auch Einsichtnahmemöglichkeiten einhergehen können (vgl. BayVGH, U. v. 07.10.2010 - 2 B 09.328 - juris Rn. 30).

Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme ist insoweit nicht auszumachen.

4. Das beantragte Bauvorhaben wurde im vereinfachten Genehmigungsverfahren gemäß Art. 59 BayBO genehmigt. Da die Antragsgegnerin Abweichungen gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO von den Vorschriften des Abstandsflächenrechts nach Art. 6 BayBO erteilt hat, gehören diese auch zum Prüfumfang der streitgegenständlichen Baugenehmigung gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO, so dass im Rahmen des Nachbarrechtsbehelfes auch die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften zu prüfen sind.

4.1 Gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von bauordnungsrechtlichen Anforderungen zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind.

4.1.1 Der Zweck des Abstandsflächenrechtes besteht vor allem darin, eine ausreichende Belichtung und Belüftung der Gebäude zu gewährleisten und die für Nebenanlagen erforderlichen Freiflächen zu sichern. Da jede Abweichung von den Anforderungen des Art. 6 BayBO zur Folge hat, dass die Ziele des Abstandsflächenrechtes nur unvollkommen verwirklicht werden, setzt die Zulassung einer Abweichung Gründe von ausreichendem Gewicht voraus, durch die sich das Vorhaben vom Regelfall unterscheidet und die die Einbuße an Belichtung und Belüftung im konkreten Fall als vertretbar erscheinen lassen. Es muss sich um eine atypische, von der gesetzlichen Regel nicht zureichend erfasste oder bedachte Fallgestaltung handeln (vgl. BayVGH, B. v. 17.07.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 16; B. v. 04.08.2011 - 2 CS 11.997 - juris Rn. 23; B. v. 05.12.2011 - 2 CS 11.1902 - juris Rn. 3; U. v. 22.12.2011 - 2 B 11.2231 - juris Rn. 16).

Diese kann sich etwa aus einem besonderen Grundstückszuschnitt, einer aus dem Rahmen fallenden Bebauung auf dem Bau- oder dem Nachbargrundstück oder einer besonderen städtebaulichen Situation, wie der Lage des Baugrundstücks in einem historischen Ortskern, ergeben. In solchen Lagen kann grundsätzlich auch das Interesse des Grundstückseigentümers, vorhandene Bausubstanz zu erhalten und sinnvoll zu nutzen oder bestehenden Wohnraum zu modernisieren, eine Verkürzung der Abstandsflächen durch die Zulassung einer Abweichung rechtfertigen. In dichtbebauten innerstädtischen Bereichen ist eine atypische Situation regelmäßig dann anzunehmen, wenn jedwede bauliche Veränderung der historischen Bausubstanz geeignet ist, eine Abstandsflächenüberschreitung auszulösen (vgl. BayVGH, B. v. 04.08.2011 - 2 CS 11.997 - juris Rn. 23).

4.1.2 Weitere Voraussetzung ist die Vereinbarkeit der Abweichung mit den öffentlichen Belangen unter Würdigung nachbarlicher Interessen. Es ist stets zu prüfen, ob die Schmälerung der nachbarlichen Interessen durch überwiegende Interessen des Bauherren oder überwiegende öffentliche Belange gerechtfertigt ist (vgl. BayVGH, B. v. 17.07.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 20).

4.1.3 Ob nach diesen Maßstäben eine derartige Sondersituation im vorliegenden Fall gegeben ist, die nicht nur die Erneuerung der Balkone, sondern auch ihre Erneuerung mit dem vorliegendem Maß rechtfertigen würde, kann hier allerdings dahinstehen.

4.2 Denn im vorliegenden Fall könnte sich die Antragstellerin jedenfalls nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie durch die erteilte Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO von den nach Art. 6 BayBO erforderlichen Abstandsflächen in eigenen Rechten verletzt wird. Eine solche Rüge verstößt hier gegen den - auch im öffentlichen Recht - anwendbaren Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB).

Aus dem System nachbarlicher Ausgleichs- und Rücksichtnahmepflichten folgt, dass derjenige, der selbst mit seinem Gebäude die erforderlichen Abstands-flächen nicht einhält, billigerweise nicht verlangen kann, dass der Nachbar die Abstandsflächen freihält. Dies führt dazu, dass nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ein Nachbar sich gegenüber einer Baugenehmigung in der Regel nicht mit Erfolg auf die Einhaltung einer nachbarschützenden Vorschrift berufen kann, wenn auch die Bebauung auf seinem Grundstück nicht dieser Vorschrift entspricht und wenn die beidseitigen Abweichungen etwa gleichgewichtig sind und nicht zu - gemessen am Schutzzweck der Vorschrift - schlechthin untragbaren, als Missstand (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayBO) zu qualifizierenden Verhältnissen führen (BayVGH, U. v. 04.02.2011 - 1 BV 08.131 - juris Rn. 37; VGH BW, B. v. 29.09.2010 - 3 S 1752/10, BauR 2011, 148 - juris Rn. 5; VGH BW, B. v. 04.01.2007 - 8 S 1802/06 - juris Rn. 4).

Dabei ist es unerheblich, ob das Gebäude des klagenden Nachbarn seinerzeit in Übereinstimmung mit den geltenden Bauvorschriften errichtet worden ist oder Bestandsschutz genießt (vgl. OVG Berlin, U. v. 11.02.2003 - 2 B 16.99 - juris Rn. 29; VGH SH U. v. 15.12.1992 - 1 L 118/91 - juris; OVG Lüneburg B. v. 30.03.199 - 1 M 897/99 - juris Rn. 43; a.A. OVG Münster U. v. 24.04.2001 - 10 A 1402/98 - juris Rn. 11; kritisch Kuchler, juris, PR-UmwR 6/2014 - Anm.1). Maßgeblich ist allein, dass der klagende Nachbar den jetzt erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, denn die Versagung des Abwehranspruchs beruht darauf, dass es unbillig wäre, einem Nachbarn den durch die grenznahe bauliche Anlage des anderen Nachbarn ausgehenden Nachteilen auszusetzen, ihm selbst aber eine Ausnutzung seines Grundstücks im Grenzbereich zu verwehren.

Bei der Frage, ob wechselseitige Verletzungen der Abstandsflächenvorschriften annähernd vergleichbar sind, ist keine zentimetergenaue quantitative Entsprechung gefordert, sondern es ist eine wertende Betrachtung in Bezug auf die Qualität der mit der Verletzung der Abstandsflächenvorschriften einhergehenden Beeinträchtigungen anzustellen (OVG Berlin, U. v. 11.02.2003 - 2 B 16.99 - juris Rn. 30; OVG Lüneburg, U. v. 30.03.1999 - 1 M 897/99 - juris LS 1, Rn. 43).

4.2.1 Im vorliegenden Fall wirft das antragstellerseitige Gebäude - insbesondere der vorspringende und in den Innenhof hineinragende Gebäudeteil - eine Abstandsfläche von ca. 14,62 m² auf das streitgegenständliche Bauvorhabengrundstück.

Der Gebäuderücksprung hat nach den mit der Baugenehmigung vom ... September 2005 genehmigten Plänen eine Höhe von 16,62 m, wobei die Wandhöhe mit 15,68 m vermasst ist und daran eine Dachfläche mit einer Dachneigung von abgegriffen etwa 63° anschließt, die gemäß Art. 6 Abs. 4 Satz 3 BayBO lediglich mit einem Drittel (= 0,31 m) hinzuzurechnen ist, so dass sich eine Wandhöhe von insgesamt ca. 15,99 m ergibt. Der Gebäuderücksprung ist etwa 1,20m tief (abgegriffen aus den mit der Baugenehmigung vom ...9.2005 genehmigten Plänen) und der Abstand zur gemeinsamen Grundstücksgrenze zum benachbarten Bauvorhabengrundstück beträgt ca. 6 m (ebenfalls abgegriffen), so dass auf das streitgegenständliche Grundstück etwa 11,92 m² Abstandsfläche fallen.

Dazu kommt die Abstandsfläche, die durch die Balkone verursacht wird, da diese über den Gebäuderücksprung, der lediglich eine Tiefe von 1,20 m aufweist, mit einer Balkontiefe von etwa 1,50 m (abgegriffen aus den genehmigten Plänen) um 0,30 m vorstehen. Die Balkone lösen daher mit 0,30 m zusätzlich Abstandsflächen aus, da sie mehr als ein Drittel der Außenwand des antragstellerischen Gebäudes in Anspruch nehmen und somit nicht untergeordnet in Sinn von Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 a BayBO sind. Die Oberkante des Balkons im 3. Obergeschoss ist in den genehmigten Plänen mit 11,23 m vermasst und der Abstand zur gemeinsamen Grundstücksgrenze beträgt etwa 3 m (abgegriffen aus den genehmigten Plänen). Damit fallen zusätzlich durch den Vorsprung der Balkone von 0,30 m über den Gebäuderücksprung etwa 2,76 m² Abstandsfläche auf dem Bauvorhabengrundstück an.

Insgesamt wirft das antragstellerische Gebäude daher eine Abstandsfläche von etwa 14,62 m² auf das Vorhabengrundstück.

4.2.2 Die durch die streitgegenständliche Balkonerneuerung zur Hofinnenseite hervorgerufene Abstandsfläche beträgt etwa 17,17 m² auf dem antragstellerseitigen Grundstück.

Die Balkone haben nach dem Plan unter Berücksichtigung der Umwehrung des Balkons eine Tiefe von 1,70 m. Die Oberkante des Balkons im 3. Obergeschoss ist im Eingabeplan mit 10,90 m vermasst, der Abstand zur gemeinsamen Grundstücksgrenze beträgt unter Berücksichtigung der Balkonumwehrung etwa 0,80 m (abgegriffen aus dem Lageplan).

4.2.3 Insgesamt werfen die geplanten Balkone daher etwa 17,17 m² auf das antragstellerseitige Grundstück. Dem steht - wie oben unter 4.2.1 berechnet - eine der Antragstellerin zuzurechnende Abstandsflächenüberschreitung von ca. 14,62 m² gegenüber.

Der wechselseitige Abstandsflächenverstoß ist somit im vorliegenden Fall vergleichbar, da es sich jeweils um vergleichsweise kleine Flächen handelt, die im rückwärtigen Grundstücksbereich situiert sind. Bei solchen relativ kleinen Flächen verbietet sich auch eine prozentuale Gegenüberstellung der Abstandsflächenüberschreitung, da bei nur geringfügigen absoluten Unterschieden - hier etwa 2,55 m² - bei prozentualer Betrachtung eine größere Differenz entstehen kann (vgl. VG München, U. v. 02.01.2014 - M 8 SN 13.5141 - juris Rn. 50), die aber im Ergebnis nicht dazu führt, dass bei einer wertenden Betrachtung kein gleichwertiger Abstandsflächenverstoß mehr vorliegen würde.

Die Antragstellerin kann sich folglich nicht mit Erfolg auf einen Verstoß gegen die grundsätzlich nachbarschützenden Vorschriften des Abstandsflächenrechtes berufen, da auch die Bebauung auf ihrem Grundstück nicht diesen Vorschriften entspricht, die beidseitigen Abweichungen etwa gleichwertig sind und nicht zu - gemessen am Schutzzweck der Vorschrift - schlechthin untragbaren, als Missstand zu qualifizierenden Verhältnissen führen (vgl. BayVGH, U. v. 04.02.2011 - 1 BV 08.131 - juris Rn. 37).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Es entspricht billigem Ermessen im Sinn von § 162 Abs. 3 VwGO, der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese einen Sachantrag gestellt und sich damit entsprechend § 154 Abs. 3 VwGO auch einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.

6. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziff. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Beklagte und die Beigeladene haben die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 3.750,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist Wohnungseigentümergemeinschaft auf dem Grundstück ... Eck 1, ..., Fl.Nr. ... der Gemarkung ...

Das sechsgeschossige Gebäude der Antragstellerin grenzt westlich unmittelbar an das Vordergebäude der Beigeladenen auf dem streitgegenständliche Grundstück ... Eck 3 (Fl.Nr. ...). Das Vorhabengebäude der Beigeladenen ragt mit seinem rückwärtigen Seitengebäude in einen schmalen Hinterhof zwischen ...str. 2, 4, Fl.Nrn. ..., ... und dem Grundstück der Beigeladenen, Fl.Nr. ...

Mit Bauantrag vom 8. Oktober 2013 nach Plannr. ... beantragte die Beigeladene die Genehmigung für Umbau, Sanierung und Erweiterung des Vorder- und Rückgebäudes mit Nutzungsänderung in Teilbereichen von Büro zu Wohnen und den Einbau einer Tiefgarage im Kellergeschoß, ... Eck 3, Fl.Nr. ... in ... Nach den eingereichten Plänen ist u. a. vorgesehen, den bisher eingeschossigen südlichen Teil des Seitengebäudes terrassenförmig mit einer Traufhöhe von 12,49 m und 15,84 m bis 18,96 m aufzustocken und unmittelbar zum Grundstück ... Eck 5, Fl.Nr. ... an die dortige Brandwand anzuschließen. Das Vordergebäude soll mit seiner Rückseite um ca. 2 m in den Innenhof vorrücken, so dass es an das Nachbargebäude der Antragstellerin, ... Eck 1, Fl.Nr. ... bündig anschließt.

Zur baulichen Situation auf den Grundstücken sowie zur Umgebungsbebauung siehe folgenden Lageplan 1:1.000. Der Plan ist aufgrund des Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu.

Bild

Am ... Mai 2014 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen unter dem Aktenzeichen ... die beantragte Baugenehmigung für das Grundstück ... Eck 3, Fl.Nr... In der Baugenehmigung wurden unter anderem folgende Befreiungen und Abweichungen erteilt: Unter Nr. 1: Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB wegen Überschreitung der rückwärtigen Baugrenze durch Anbau am Vordergebäude sowie im Dachgeschoss. Unter Nr. 5: Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO wegen Nichteinhaltung erforderlicher Abstandsflächen zu den Nachbargrundstücken Fl.-Nr. ..., ... und ... durch den nördlichen Teil des Seitengebäudes um insgesamt ca. 232 m2. Unter Nr. 7: Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO wegen Nichteinhaltung erforderlicher Abstandsflächen zu den Nachbargrundstücken Fl.-Nr. ... und ... durch den südlichen Teil des Seitengebäudes um insgesamt ca. 91 m2. Zu den Nrn. 5 und 7 wurde ausgeführt, dass der Schutzzweck der Abstandsflächenvorschriften, Gewährleistung einer ausreichenden Belichtung, Belüftung und Besonnung sowohl der neu beantragten wie der bestehenden Wohnnutzungen sowohl auf dem Baugrundstück wie auf den betroffenen Nachbargrundstücken erreicht sei. Da die bestehenden Nachbargebäude ihrerseits das Baugrundstück mit Abstandsflächen belasteten, sei auch dem Gebot nachbarlicher Rücksichtnahme ausreichend Rechnung getragen.

Eine Nachbarausfertigung der Baugenehmigung wurde der Hausverwaltung der Antragstellerin, WEG ... Eck 1, am 17. Mai 2014 mit Postzustellungsurkunde zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 17. Juni 2014, am selben Tag per Fax bei Gericht eingegangen, erhoben die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin Klage gegen die der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung vom ... Mai 2014. Mit Schriftsatz vom 1. August 2014 beantragten sie,

die aufschiebende Wirkung der mit Schriftsatz vom 17.06.2014 erhobenen Anfechtungsklage (Az. M 8 K 14.2601) gegen den Baugenehmigungsbescheid der ... vom ...05.2014 (Az: ...) anzuordnen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, das Bauvorhaben der Beigeladenen verstoße gegen die nachbarschützenden Vorschriften des Abstandsflächenrechts. Der streitgegenständliche Baugenehmigungsbescheid vom ... Mai 2014 berücksichtige in den Nrn. 5 und 7 lediglich die durch den südlichen und den nördlichen Teil des Rückgebäudes verursachten Abstandsflächen. Nicht berücksichtigt seien die in Richtung Süden/Südosten aufgrund der rückseitigen Erweiterungen des straßenseitigen Bestandsgebäudes sowie aufgrund der Erhöhung der südlichen Außenwand des straßenseitigen Vordergebäudes auf 21,51 m anfallenden Abstandsflächen. Hierfür seien keine Abweichungen erteilt worden. Das führe bereits zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung. Weiter seien die in Ziffern 5 und 7 in Ansehung des nördlichen und des südlichen Teils des Seitengebäudes erteilten Abweichungen ermessensfehlerhaft. Es fehle an der detaillierten Auseinandersetzung mit den Auswirkungen der geplanten Bebauung. Auch eine Darlegung, inwieweit seitens des klägerseitigen Grundstücks ein vergleichbarer Abstandsflächenverstoß gegenüber dem Baugrundstück vorliege, sei nicht erfolgt. Daher sei sogar von einem Abwägungsausfall auszugehen. Das genehmigte Bauvorhaben überdecke mit seinen Abstandsflächen gut das gesamte klägerische Grundstück, während für das antragstellerseitige Grundstück Abstandsflächen nur geringfügig auf dem Baugrundstück der Beigeladenen anfielen. Durch die genehmigte Bebauung würden die Belichtung, Belüftung und Besonnung in erheblichem und unzumutbarem Umfang verschlechtert. Das antragstellerseitige Grundstück sei durch die vorhandene Situation bereits stark vorbelastet, die einzige Richtung für Belichtung und Belüftung sei Süd bzw. Südwest, genau hier solle nun die vier- bis sechsgeschossige Erweiterung des Seitengebäudes erfolgen. Durch diese Baumaßnahmen werde das Grundstück beinahe von jeglicher Belichtung und Belüftung abgeschottet. Dies sei weder in der Baugenehmigung noch bei der Ermessensausübung berücksichtigt worden. Selbst bei offenen Erfolgsaussichten überwiege das Interesse der Antragstellerin, da sonst Tatsachen geschaffen würden, die kaum mehr rückgängig gemacht werden könnten.

Mit Schreiben vom 14. August 2014 beantragte die Antragsgegnerin,

den Antrag abzulehnen.

Die Baugenehmigung verletze keine Nachbarrechte. Zur Begründung werde auf die Ausführungen im Baugenehmigungsbescheid und den Akteninhalt verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 12. August 2014 beantragten die Bevollmächtigten der Beigeladenen,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das bestehende fünfgeschossige Seitengebäude der Beigeladenen bereits jetzt den nördlichen Teil der Freifläche des Grundstücks der Antragstellerin vollständig überdecke und sich damit aus dem Bauvorhaben keine Verschlechterung ergäbe. Allein im südlichen Teil dieser Freifläche, der nur als Müllabstellplatz bzw. als Fahrradabstellfläche genutzt werde, ergäbe sich in geringem Umfang eine zusätzliche Verschattung. Die der Beigeladenen erteilten Abweichungen von den Abstandsflächen seien rechtmäßig. Es läge eine atypische Situation wegen der sehr dicht gedrängten innerstädtischen Bebauung vor. In der gesamten Umgebung seien gegenseitigen Abstandsflächenüberlagerungen vorzufinden, nirgendwo seien die erforderlichen Abstandsflächen eingehalten. Diese Atypik werde durch den Grundstückszuschnitt verstärkt. Es werde nur das Bestandsgebäude saniert und in gegenüber der Antragstellerin nicht abstandsrelevanter Weise erweitert. Soweit es durch das hinzukommende südliche Seitengebäude zu einer zusätzlichen Verschattung der Freifläche komme, so werde diese Fläche nur als Abstellplatz genutzt, eine Bebauung scheide aus. Auch nach Errichtung des neuen südlichen Teils des Seitengebäudes werde die Süd-West-Fassade der Antragstellerin nicht unzumutbar verschattet, denn der neue Gebäudeteil liege seitlich und sei deutlich abgesetzt. Durch die Terrassierung sei weiterhin ein Lichteinfall von 45 Grad möglich. Mögliche abstandsrechtliche Mängel des Ausgangsbescheids könnten durch einen Nachgangsbescheid jederzeit behoben werden.

Mit Schriftsatz vom 15. September 2014 erwiderten die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin, der von der Beigeladenen vorgelegte Abstandsflächenplan (Anlage BE 4) zeige deutlich, dass bereits die im Bereich des Vordergebäudes geplanten Maßnahmen zu einer maßgeblichen Erhöhung der von dort anfallenden Abstandsflächentiefe führen würden. Im Dachgeschoss würde nunmehr eine Wohnnutzung mit Dachterrasse realisiert. Hierbei handele es sich um eine abstandsflächenrechtlich relevante Nutzungsänderung, die eine abstandsflächenrelevante Neubetrachtung erforderlich mache (vgl. BayVGH, B. v. 19.02.2004 - 26 ZB 03.1559 - juris). Die erteilten Abweichungen seien lediglich pauschal und gänzlich ohne Einzelfallbetrachtung erfolgt. Die getroffenen Abweichungsentscheidungen gingen davon aus, dass das Gebäude der Antragstellerin das Baugrundstück ebenfalls in etwa gleichwertig mit Abstandsflächen belaste. Dies sei unzutreffend. Nicht alle in abstandflächenrechtlicher Hinsicht erforderlichen Abweichungen seien erteilt worden (Anlage BE 4). Der Fall normwidriger Unterlassung einer notwendigen Abweichung stehe dem Fall einer normwidrig erteilten Abweichung gleich (vgl. VG Würzburg, B. v. 03.09.2012 - W 5 S 12.729 - juris mit Verweis auf Simon/Busse Art. 66 BayBO Rn. 587 m. w. N.). Bereits deshalb sei die erteilte Baugenehmigung rechtswidrig. Es sei zwar richtig, dass das antragstellerseitige Grundstück bereits durch Abstandsflächen in östlicher, nördlicher und westlicher Richtung stark vorbelastet sei. Hieraus könne aber nicht der Schluss gezogen werden, dass eine weitere Verschlechterung der Abstandsflächensituation unproblematisch möglich sei. Ganz im Gegenteil führe die bestehende Vorbelastung zu einer gesteigerten Schutzbedürftigkeit des antragstellerseitigen Grundstücks. Die Überschneidung von bis zu 3 Abstandsflächen aus drei verschiedenen Richtungen zeige die einkesselnde Wirkung des Bauvorhabens. Eine ausreichende Belichtung, Besonnung, Belüftung sowie Sozialfrieden und Sozialabstand könnten daher nicht mehr gewährleistet werden. Nach Realisierung des Bauvorhabens werde das Grundstück der Antragstellerin künftig von beiden Längsseiten von einer Bebauung mit erheblicher Höhenentwicklung ohne Einhaltung der eigentlich erforderlichen Abstandsflächen geradezu eingekesselt. Gerade in den Wintermonaten werde mit einem niedrigen Sonnenstand die Belichtung und Besonnung aus südwestlicher bis südlicher Richtung erheblich beeinträchtigt. Die für die erteilten abstandsflächenrechtlichen Abweichungen erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen würden nicht vorliegen und von einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung könne ebenfalls nicht ausgegangen werden. Es fehle bereits an der erforderlichen atypischen Fallgestaltung. Der streitgegenständliche Bescheid setze sich mit dem Vorliegen einer atypischen Fallgestaltung nicht im Ansatz auseinander, ferner fehle eine einzelfallbezogene Betrachtung. Zahlreiche Aspekte würden überhaupt nicht in das Ermessen eingestellt, so dass von einem Ermessensausfall auszugehen sei.

Mit Schriftsatz vom 29. September 2014 ergänzten die Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen, dass entgegen den Ausführungen der Antragstellerin das Vordergebäude und der bereits bestehende nördliche Teil des rückwärtigen Seitengebäudes nicht aufgestockt würden. Es werde lediglich die Dachform abgeändert. Die streitgegenständliche Planung stelle eine Verbesserung der bisherigen Nachbarsituation dar. Die „neuen“ Dachterrassen seien deutlich von der Dachkante zurückgesetzt, die künftige Dachwohnung erhalte mit Ausnahme des Dachaustritts (bereits als Dachgaube vorhanden) auch künftig nur Dachflächenfenster. Diese seien ebenfalls deutlich von der Dachkante abgesetzt. Soweit eine Neubetrachtung der Abstandsflächen erforderlich gewesen sei, habe man dies entsprechend berücksichtigt. Die Abstandsflächen seien im genehmigten Abstandsflächenplan dargestellt und die insoweit erforderlichen Abweichungen erteilt. Soweit die Antragstellerin meine, dass die für die östliche Außenwand des rückwärtigen Seitengebäudes anfallenden Abstandsfläche erforderliche Abweichung übersehen worden sei, werde auf den genehmigten Abstandsflächenplan verwiesen. Dort seien die Abstandsflächen insbesondere im Bereich der Dachgeschossänderung sowie der Dachterrasse eingetragen und soweit hierfür erforderlich auch die entsprechenden Abweichungen gegenüber dem Grundstück der Antragstellerin erteilt worden. Dem Verschattungsszenario am 21.12. jeden Jahres für ein zunächst noch umfänglicheres und höher geplantes Neubauvorhaben auf dem streitgegenständlichen Grundstück könne entnommen werden, dass die Belichtungssituation um 9.00 Uhr und um 12.00 Uhr am Gebäude der Antragstellerin ausschließlich durch die Bebauung auf den Grundstücken Fl.Nrn. ... und ... bestimmt werde. Das gesamte rückwärtige Seitengebäude spiele hingegen keine Rolle.

Mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2014 ergänzten die Bevollmächtigten der Beigeladenen ihre Ausführungen. Die Beigeladene habe zwischenzeitlich einen Antrag hinsichtlich der vom Vordergebäude nach Süden anfallenden Abstandsflächen gestellt. Diese Abweichungen könnten auch unter Nachbargesichtspunkten erteilt werden. Die wegen des atypischen Grundstücksverlaufs zusätzlich vom streitgegenständlichen Vordergebäude auf die Freifläche fallenden Abstandsflächen überlagerten lediglich die Abstandsflächen des Gebäudes der Antragstellerin. Der Kommunanschluss des Vordergebäudes in gleicher Tiefe an das Gebäude der Antragstellerin sei planungsrechtlich zulässig. Dürfe an der Grundstücksgrenze gebaut werden, ginge das nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO dem landesrechtlichen Abstandsflächenrecht vor.

Mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2014 führten die Bevollmächtigten der Antragstellerin aus, im Dachgeschoß des Vordergebäudes sei nunmehr eine Wohnnutzung vorgesehen, wofür die Wandhöhe abstandsflächenrelevant erhöht werde. Gleiches gelte für das Seitengebäude. Auch die südwestliche Außenwand des Vordergebäudes solle abstandsflächenrelevant verschoben werde. Damit belasteten die geplanten Baumaßnahmen die abstandsflächenrechtliche Situation zulasten der Antragstellerin erheblich. Weiter dürfe die abstandsflächenrechtliche Situation nicht isoliert auf die Mehrung der Abstandsfläche vor der südlichen Außenwand des Vordergebäudes beschränkt werden. Vielmehr müsse gerade die Summenwirkung der aus Richtung Nordwesten anfallenden Abstandsflächen durch das bestehende/neue Seitengebäude berücksichtigt werden. Die Errichtung des neuen Seitengebäudes verschärfe die abstandsflächenrechtliche Situation dabei erheblich.

Wegen des Umfanges der geplanten Maßnahmen sei eine vollständige neue Abstandsflächenbetrachtung erforderlich. Dass dies im Rahmen der Baugenehmigung erfolgt sei, sei wegen der lediglich formelhaften Begründung nicht nachvollziehbar. Die wechselseitigen Abstandsflächen stünden gerade im Bereich des neuen Rückgebäudes außerhalb jeden Verhältnisses. Auf das Erfordernis eines quantitativen Vergleiches sei bereits im Schriftsatz vom 15. September 2014 hingewiesen worden. Auch das von der Beigeladenen dazu zitierte Urteil des erkennenden Gerichts vom 7. Oktober 2013 postuliere das Erfordernis eines quantitativ wie qualitativ vergleichbaren wechselseitigen Abstandsflächenverstoßes als Grundlage für eine Abweichungserteilung. Die Erteilung der erforderlichen Abweichungen sei auch nicht nachholbar. Auch in einem dicht bebauten Innenstadtbereich sei bei Erteilung von Abweichungen stets eine einzelfallbezogene Betrachtung vorzunehmen, die hier fehle. Nach den Grundsätzen der Entscheidung des Gerichts vom 27. Februar 2012 führe die Nichtausübung des Ermessens und das Fehlen der erforderlichen Einzelfallbetrachtung zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung. Auch bei einer Höhenreduzierung der Erweiterung des Seitengebäudes sei von der Möglichkeit einer adäquaten Grundstücksausnutzung auszugehen. Das Abstellen auf die Verschattungswirkung greife zu kurz, es käme nicht nur auf die Besonnung, sondern gerade auch auf adäquate Belichtungsverhältnisse an. Im vorliegenden Fall würde das Grundstück der Antragstellerin auf beiden Seiten durch eine erhebliche Bebauung eingeklammert. Gleiches gelte für den ebenfalls abstandsflächenrechtlich geschützten Sozialfrieden, da sich wegen der Dachterrassen erhebliche Einblickmöglichkeiten auf das Grundstück der Antragstellerin ergäben.

Mit Schreiben vom 24.10.2014 teilten die Bevollmächtigten der Beigeladenen mit, dass bis zum Erlass des beantragten Nachgangsbescheids keine Baumaßnahmen ausgeführt würden, durch die die Rechte der Nachbarn beeinträchtigt werden könnten.

Mit Nachgangsbescheid vom ... Oktober 2014 verfügte die Beklagten, dass

1. zwei weitere Abweichungen gem. Art 63 Abs. 1 BayBO von Art. 6 Abs. 2 BayBO zugelassen werden:

a) Eine Abweichung wegen Nichteinhaltung erforderlicher Abstandsflächen gegenüber den Grundstücken Fl.Nr. ... und ... durch die Abstandsflächen der südlichen Außenwand des Vordergebäudes, der südlichen Brüstung der auf diesem befindlichen Dachterrasse und der auf der Südseite des Vordergebäudes befindlichen Dachgaube.

b) Eine Abweichung wegen Nichteinhaltung erforderlicher Abstandsflächen gegenüber den Grundstücken Fl.Nr. ... und ... durch die Abstandsflächen der östlichen Brüstung der auf dem Vorder-/Seitengebäude befindlichen Dachterrasse.

Als Begründung zu a) und b) wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Abweichungen unter Berücksichtigung der Absichten des Abstandsflächenrechtes - Gewährleistung einer ausreichenden Belichtung, Belüftung und Besonnung nach Würdigung der Gesamtumstände und der nachbarlichen Belange - mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften vereinbar seien. Zu a): Die 3 in der Abweichung genannten Bauteile lösten bei isolierter Betrachtung Abstandsflächen aus. Da das Vordergebäude schräg zur Grenze mit dem Grundstück Fl.Nr. ... verlaufe, fielen diese primär auf den Innenhof des Grundstücks ... Eck 1. Aufgrund der Schrägstellung des Vordergebäudes ... Eck 3 bestehe eine atypische Grundstückssituation. Die Antragsgegnerin sei der Auffassung, dass durch diese „Abstandsflächenerstreckung“ geschützte Nachbarrechte nicht in unzumutbarer Weise beeinträchtigt würden. Die Bauteile lösten in der Realität so gut wie keine zusätzliche Verschattung aus. Zu b): Die östliche Brüstung der Dachterrasse auf dem Vorder-/Seitengebäude löse Abstandsflächen aus, die auf die Grundstücke Fl.Nr. ... und ... fallen würden. Größtenteils lägen sie innerhalb der Abstandsflächen der Südwand des Gebäudes ... Eck 3 und würden deren Ausmaße mit einer geringfügigen Ausnahme in einer Breite von 30 cm nicht überschreiten. Aufgrund der Schrägstellung des Vordergebäudes ... Eck 3 bestehe eine atypische Grundstückssituation. Auch hier würden die geschützten Nachbarrechte nicht in unzumutbarer Weise beeinträchtigt. Die Dachterrassenbrüstung löse in der Realität so gut wie keine zusätzliche Verschattung aus, zumal sie im Norden läge und 8,4 bis 9,4 m von der Grundstücksgrenze entfernt sei.

2. Zu den in der Baugenehmigung vom ... Mai 2014 erteilten Abweichungen in Ziffern 5 bis 7 wurde die Begründung im Nachgangsbescheid vom ...10.2014 ergänzt: Zu Ziffer 5: Die für die Abweichung erforderliche atypische Situation ergäbe sich aus der beengten Innenstadtlage und dem Gebäudebestand. Der nördliche Teil des Seitengebäudes bestehe bereits, die Traufkante werde nahezu unverändert übernommen, das anschließende Dach sei wegen seines 45 Grad Winkels abstandsflächenneutral. Eine nennenswerte zusätzliche Verschattung ergäbe sich gegenüber den Nachbargrundstücken Fl. Nrn. ..., ... und ... nicht, zumal das Gebäude im Nordwesten läge, von wo aus kein direkter Lichteinfall erfolge. Die Dachterrassen auf dem nördlichen Seitengebäude seien ausreichend weit von der Dachkante abgesetzt, so dass auch der Sozialabstand nicht unzureichend verkürzt werde. Zu Ziffer 7: Die Atypik betreffe auch den südlichen Teil des Seitengebäudes. Keines der benachbarten Gebäude könne die erforderlichen Abstandsflächen einhalten. Gegenüber den Nachbarn Fl.Nrn. ... und ... würde es nicht zu unzumutbaren Beeinträchtigungen kommen, Fl.Nr. ... sei selbst grenzständig bebaut und werfe aufgrund der Höhe massiv Abstandsflächen auf das Baugrundstück, wobei aber aufgrund der Nutzungsanordnung innerhalb der Gebäude keine ungesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse entstünden. Der Nachbar Fl.Nr. ... sei durch die Abweichung nur hinsichtlich des südlichen Teils seiner Freifläche betroffen, die er primär als Müllabstellplatz nutze. Die erteilte Abweichung führe damit auch bei ihm nicht zu unzumutbaren Verhältnissen. Das gelte auch in Zusammenschau mit den weiteren ihm gegenüber bereits erteilten Abweichungen. Gegenüber seinem im rückwärtigen Bereich über die Südfassade belichteten Räumen befände sich eine knapp 30 m tiefe Freifläche, die auch an der Fensterkante des untersten Fensters den Mindestlichteinfallwinkel von 45 Grad deutlich unterschreite. Auch die Belichtungssituation als solche werde nicht in unzumutbarer Weise verschlechtert. Das südliche Seitengebäude sei leicht nach Westen abgesetzt und nach Süden hin abgetreppt, dadurch könne mehr Licht einfallen und es verbliebe ein zusammenhängender ca. 300 m2 großer Innenhof, der die Belichtung ausreichend gewährleiste. Andere Hofbereiche im zentralen Stadtbereich seien bei gleich hoher Bebauung wesentlich kleiner. Die Dachterrassen des südlichen Seitengebäudes seien ebenfalls von der Außenwand abgesetzt, der Abstand insbesondere zum Gebäude Fl.Nr. ... sei sehr groß. Das Gesamtvorhaben füge sich planungsrechtlich in die vorhandene Umgebung ein und trage dazu bei, den öffentlichen Bedarf nach dringend benötigtem Wohnraum zu erfüllen.

Mit Schriftsatz vom 5. November 2014 erklärten die Bevollmächtigten der Beigeladenen, dass der Gebäudebestand nicht aufgestockt und der künftige Wohnraum im Dachgeschoss zurückversetzt innerhalb des Bestandes verwirklicht werde. Die geplante Dachterrasse halte einen deutlichen Sozialabstand zur Richtung der Antragstellerin ein. Hinsichtlich des Seitengebäudes wurden die in Anlage BE 12 dargestellte Dachgestaltung und die dort angegebenen First- und Traufhöhen näher dargestellt. Es sei zutreffend, dass sich auf der rückwärtigen Freifläche der Antragstellerin zahlreiche Abstandsflächen überschnitten. Das sei aber kein unzumutbarer Ausnahmefall, vielmehr würden sich in zentralen Innenstadtlagen in nahezu allen Hofbereichen Abstandsflächen überlagern. Allein das führe nicht zur Unzumutbarkeit für den Eigentümer. Vielmehr komme es nach der Rechtsprechung darauf an, ob sich hinsichtlich der auf dem Grundstück stattfindenden Nutzungen eine unzumutbare Beeinträchtigung ergäbe. Nach den Ausführungen des BayVGH vom 8.12.2011 (15 ZB 11.1882 - juris) komme es für die Rechtmäßigkeit der Abweichung auf die konkrete aktuelle Grundstückssituation zum Zeitpunkt der Erteilung an. Im südlichen Teil der Freifläche der Antragstellerin komme es infolge der geplanten Baumaßnahmen zu weiteren Abstandsflächenüberlagerungen. Dessen gegenwärtige Nutzung sei aber Abstellplatz für Mülltonnen und Fahrräder. Diese bedürfe keiner Belichtung, der Platz sei für einen längeren Aufenthalt nicht vorgesehen. Es wäre daher ermessensfehlerhaft, der Nebennutzung dieser Freifläche gegenüber dem bestehenden Baurecht Vorrang einzuräumen. Soweit die Antragstellerin den unzureichenden Sozialabstand infolge des geplanten Dachterrassenausbaues bemängelt, so würden Gaube und Dachterrasse in Zukunft zurückversetzt und so weit vom Gebäude der Antragstellerin entfernt liegen, dass ein direkter Einblick nicht möglich sei. In zentraler Innenstadtlage könne dabei nicht mehr von einem unzureichenden Sozialabstand gesprochen werden. Dasselbe gelte auch für die im Süden angrenzende Terrasse im Seitengebäude und für die Terrassen im 3. und 4. Obergeschoß. Bei der Einhaltung der östlichen Abstandsflächen des Seitengebäudes ausschließlich auf dem Baugrundstück selbst, wäre nur noch eine eingeschossige Bebauung möglich. Angesichts des aus planungsrechtlichen Gesichtspunkten möglichen Baurechts schlösse dies eine sinnvolle Grundstücksnutzung aus. Im Übrigen seien die fehlenden Abweichungen von der Beklagten inzwischen erteilt und die Abweichungsbegründungen umfänglich ergänzt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten (auch im Klageverfahren M 8 K 14.2601) sowie auf die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung sprechen die überwiegenden Gründe dafür, dass das mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugelassene Bauvorhaben weder in bauplanungsrechtlicher noch in bauordnungsrechtlicher Hinsicht gegen drittschützende Rechte der Antragstellerin verstößt, die im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren zu prüfen sind, Art. 59 Abs. 1 BayBO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

1. Nach § 212a Abs. 1 BauGB hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Legt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung eine Anfechtungsklage ein, so kann das Gericht auf Antrag gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen.

Beim Antrag gem. § 80 a Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind - die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 80 Rn. 146; Schmidt in: Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2013, § 80 Rn. 71). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht alleiniges Indiz zu berücksichtigen (Schmidt a. a. O., § 80 Rn. 73 f.). Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich erfolgreich sein, so wird im Regelfall die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Erweist sich der angefochtene Bescheid dagegen bei summarischer Prüfung als rechtmäßig, besteht ein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung.

Bei Würdigung der maßgeblichen Umstände ist das Interesse der Beigeladenen am Sofortvollzug der Baugenehmigung hier höher einzuschätzen als das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs dann nicht angeordnet werden muss, wenn eine Baugenehmigung zwar möglicherweise Rechte der Antragstellerin verletzt, dieser Mangel aber behebbar ist oder - wie hier - durch einen Nachgangsbescheid eine Rechtsverletzung jedenfalls für die Zukunft entfallen ist (vgl. BayVGH, B. v. 04.08.2011 - 2 CS 11.997 - juris Rn. 21; BayVGH, B. v. 08.08.2001 - 2 ZS 01.1331 - juris Rn. 8; BayVGH, B. v. 24.10.2000 - 26 ZS 99.3637 - juris Rn. 23; VG München, B. v. 12.07.2010 - M 8 SN 10.2346 - juris Rn. 74). Selbst die von der Antragstellerin zitierte Entscheidung des VG Würzburg vom 3. September 2012 (W 5 S 12.729 - juris Rn. 23) verweist auf die Kommentarliteratur, in der ausgeführt wird, dass die Verwaltungsbehörde die Abweichung nachträglich erteilen kann. Ein Rechtsschutzinteresse des Nachbarn an einer Entscheidung, dass der angefochtene Baugenehmigungsbescheid in seiner ursprünglichen Fassung rechtswidrig war, besteht dann im Allgemeinen nicht mehr (vgl. Simon/Busse Art. 66 BayBO Rn. 587 mit Verweis auf BayVGH, U. v. 1. 6. 1976 - 65 I 75 n.V.).

2. Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20).

3. In bauplanungsrechtlicher Hinsicht beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens gemäß § 30 Abs. 3 BauGB nach den Festsetzungen des einfachen übergeleiteten Baulinienplanes, der für das Grundstück eine vordere Baulinie sowie eine hintere und seitliche Baugrenze festsetzt, im Übrigen nach § 34 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB.

3.1 Es entspricht der ganz herrschenden Meinung, dass die Regelungen über das Maß der baulichen Nutzung, über die Bauweise und die Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, nicht nachbarschützend sind (vgl. BVerwG, B. v. 19.10.1995 - 4 B 215/95 - juris Rn. 3; BayVGH, B. v. 6.11.2008 - 14 ZB 08.2327 - juris Rn. 9; B. v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rn. 3).

3.2 Es liegt auch keine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme vor. Insoweit kann dahinstehen, ob sich dieses im vorliegenden Fall aus dem Begriff des „Einfügens“ des § 34 Abs. 1 BauGB oder aus § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 BauNVO ableitet, da im Ergebnis dieselbe Prüfung stattzufinden hat (vgl. BayVGH, B. v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rn. 4).

Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, den die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Bei der Interessengewichtung spielt es eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich - umgekehrt - um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position inne hat (vgl. BVerwG B. v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - juris Rn. 9 m. w. N.). Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalles kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist, an (vgl. BVerwG U. v. 18.11.2004 - 4 C 1/04 - juris Rn. 22; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - juris Rn. 16; BayVGH, B. v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rn. 4).

Im vorliegenden Fall stellt sich das streitgegenständliche Vorhaben weder im Hinblick auf die gerügte Verschlechterung der Belichtung, Besonnung und Belüftung noch im Hinblick auf die gerügte einmauernde bzw. einkesselnde Wirkung noch hinsichtlich der vorgetragenen Verletzung des Sozialfriedens/Sozialabstands und schließlich auch nicht im Hinblick auf den gerügten Abstandsflächenverstoß als unzumutbar und damit rücksichtslos dar.

3.2.1 Soweit die Antragstellerin rügt, dass durch das streitgegenständliche Bauvorhaben die Belichtungs-, Besonnungs- und Belüftungssituation nachhaltig verschlechtert würde, kommt vorliegend keine Verletzung des Rücksichtnahmegebots in Betracht.

Das Gebot der Rücksichtnahme gibt dem Nachbarn nicht das Recht, von jeglicher Beeinträchtigung der Licht- und Luftverhältnisse oder der Verschlechterung der Sichtachsen von seinem Grundstück aus verschont zu bleiben. Eine Rechtsverletzung ist erst dann zu bejahen, wenn von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht (BayVGH, B. v. 22.6.2011 - 15 CS 11.1101 - juris Rn. 17). Eine Veränderung der Verhältnisse durch ein Vorhaben, das den Rahmen der Umgebungsbebauung wahrt und städtebaulich vorgegeben ist, ist aber regelmäßig als zumutbar hinzunehmen (BayVGH, B. v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rn. 6).

Im vorliegenden Fall ist bereits fraglich, inwieweit der Umbau des Dachgeschosses im Vordergebäude überhaupt zu einer zusätzlichen Beeinträchtigung der Belichtungssituation auf dem antragstellerseitigen Grundstück führt. Die Frage der Beeinträchtigung durch das rückwärtige Seitengebäude ist - wie von der Antragstellerin zutreffend ausgeführt - durch keine Verschattungsstudie zum vorliegenden Bauvorhaben abschließend geklärt. Aus dem vorgelegten Verschattungsszenario zu einem - nach Angaben der Beigeladenen - höher geplanten Bauvorhaben auf dem streitgegenständlichen Grundstück wird jedoch deutlich, dass das östlich vom Vorhabengrundstück gelegene Gebäude der Antragstellerin nicht maßgeblich - allenfalls in den Abendstunden - durch das westlich geplante Bauvorhaben beeinträchtigt wird. Solche geringfügige Beeinträchtigungen durch Schattenwurf sind jedoch hinzunehmen (vgl. BayVGH B. v. 10.12.2008 - 1 CS 08.2770 - juris Rn. 24). Dazu kommt, dass das nördliche Seitengebäude der Beigeladenen bereits seit langem besteht und von der Antragstellerin bereits seit langem hingenommen werden muss. Das rückwärtige nördliche Seitengebäude und das Vordergebäude sollen bis auf den Umbau im Dachgeschosses - bei gleichbleibender Firsthöhe des Vordergebäudes - und der Errichtung einer Dachterrasse sowie einer Dachgaube weitgehend unverändert bleiben und lediglich saniert bzw. modernisiert werden. Die Aufstockung des bisher eingeschossigen südlichen Seitengebäudes lässt ebenfalls nach den vorgelegten Bildsimulationen keine derart schwerwiegende zusätzliche Beeinträchtigung der Belichtungs-, Besonnungs-, und Belüftungssituation erkennen, die zu schlechthin unzumutbaren und nicht mehr hinnehmbaren Wohnverhältnissen führen würden. Eine solche Beeinträchtigung ist auch von der Antragstellerin nicht substantiiert dargelegt. Die Sichtachse der Antragstellerin wird durch die im Bestand vorhandene Brandschutzwand des dreigeschossigen Gebäudes auf dem Grundstück Fl.Nr. ..., ... Eck 5 bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt beeinträchtigt, insoweit bewirkt das Vorhaben eine zumutbare Verschlechterung der seit langem bestehenden Situation. Außerdem verbleibt auch nach Realisierung des Bauvorhabens ein Innenhofbereich mit einer Gesamtfläche von insgesamt über 300 m², so dass nach wie vor einen ausreichende Belichtungs-, Belüftungs- und Besonnungssituation gewährleistet ist.

3.2.2 In der Rechtsprechung ist darüber hinaus anerkannt, dass eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots dann in Betracht kommt, wenn durch die Verwirklichung des genehmigten Vorhabens ein in der unmittelbaren Nachbarschaft befindliches Wohngebäude „eingemauert“ oder „erdrückt“ wird. Eine solche Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (BVerwG, U. v. 13.3.1981 - 4 C 1/78, - juris Rn. 38: 12-geschossiges Gebäude in 15 m Entfernung zum 2,5-geschossigen Nachbarwohnhaus; U. v. 23.5.1986 - 4 C 34/85, - juris Rn. 15: Drei 11,05 m hohe Siloanlagen im Abstand von 6 m zu einem 2-geschossigen Wohnanwesen; BayVGH, B. v. 10.12.2008 - 1 CS 08.2770 - juris Rn. 23; B. v. 5.7.2011 - 14 CS 11.814 - juris Rn. 21). Hauptkriterien bei der Beurteilung einer „abriegelnden“ bzw. „erdrückenden“ Wirkung sind unter anderem die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung. Für die Annahme der „abriegelnden“ bzw. „erdrückenden“ Wirkung eines Nachbargebäudes ist somit grundsätzlich kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes, was insbesondere gilt, wenn die Gebäude im dicht bebauten innerstädtischen Bereich liegen (BayVGH, B. v. 11.5.2010 - 2 CS 10.454 - juris Rn. 5; B. v. 5.12.2012 - 2 CS 12.2290 - juris Rn. 9).

Vorliegend fehlt es bereits an einer erheblichen Höhendifferenz zwischen den Vorhabengebäuden und dem Anwesen der Antragstellerin. Durch den Dachgeschossumbau im Vordergebäude bleiben die Traufhöhe von 19,13 m und die Bestands-Firsthöhe von 24,44 m unverändert. Der rückwärtige Seitenbau soll im nördlichen Gebäudeteil eine Traufhöhe von 18,96 m und eine Firsthöhe/Flachdach von 21,81 m zuzüglich der Dachterrassenumwehrung mit 1,10 m, insgesamt demnach 22,91 m erhalten und im südlichen Seitenteil eine Traufhöhe von 12,49 m - 15,48 m. Das Gebäude der Antragstellerin weist eine Traufhöhe von 18,84 m und eine Firsthöhe von 24,21 m auf. Schon insoweit ist die im dicht bebauten innerstädtischen Bereich zur Bejahung einer abriegelnden oder erdrückenden Wirkung erforderliche erhebliche Höhendifferenz nicht gegeben. Dazu kommt, dass das rückwärtige Seitengebäude terrassenförmig abgestuft werden soll und damit ebenfalls Rücksicht auf die nachbarlichen Belange nimmt. Gerade im innerstädtischen Bereich hat ein Grundstückseigentümer kein Recht auf Beibehaltung einer ungehinderten oder bislang nur geringfügig beeinträchtigten Sicht von seinem Wohngebäude aus (vgl. BayVGH B. v. 10.12.2008 - 1 CS 08.2770 - juris Rn. 23 mit Verweis auf BVerwG vom 28.10.1993 - NVwZ 1994, 686).

Auch die gerügte Summenwirkung der Überschneidung von Abstandsflächen aus drei unterschiedlichen Richtungen auf dem antragstellerseitigen Grundstück führt zu keiner einkesselnden Wirkung. Es ist zwar zutreffend, dass der Innenhof auf dem antragstellerseitigen Grundstück nach Realisierung des südlichen rückwärtigen Seitengebäudes sowohl von Westen, wie auch von Osten und Süden von Gebäuden mit nicht unerheblicher Höhenentwicklung umgeben ist. Hierbei ist aber auch zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin selbst durch ihr eigenes Bestandsgebäude Teil der nördlichen Begrenzung des Innenhofbereichs darstellt. Die Antragstellerin hat ihr vergleichsweise kleines Grundstück mit einem sechsgeschossigen Gebäude massiv bebaut. Die beachtliche Ausübung des eigenen Baurechts ist daher ebenfalls ursächlich für die im Geviert vorliegende intensive innerstädtische Bebauung. Ein Nachbar ist nach Erfüllung der eigenen Bauwünsche nicht berechtigt, in etwa gleichwertige Bauwünsche abzuwehren. Das streitgegenständliche Bauvorhaben ist zwar flächenmäßig größer als das Bestandsgebäude der Antragstellerin. Dies ist jedoch durch den unterschiedlichen Grundstückszuschnitt bedingt. Das Grundstück der Antragstellerin ist im Verhältnis zu seiner geringen Größe bereits ausgeprägt bebaut. Das Grundstück der Beigeladenen ist größer und kann daher auch entsprechend bebaut werden, ohne damit gegen das Gebot der Rücksichtnahme zu verstoßen. Zwar verändert das genehmigte Vorhaben die bauliche Situation im Hofbereich. Das Ergebnis stellt sich im Vergleich zum Normalfall verdichteter innerstädtischer Bebauung mit geschlossener Bauweise aber als noch hinnehmbar und für einen Durchschnittsbetrachter als nicht erdrückend dar. Nicht schon dann, wenn das angegriffene Vorhaben die Situation für den Nachbarn verändert, kann von einer erdrückenden Situation im Sinne einer Gefängnishofsituation die Rede sein, zumal sich das Anwesen der Antragstellerin jahrzehntelang dem bereits bestehenden Baukörper gegenübersah, der nunmehr im Vordergebäude und nördlichem Seitengebäude lediglich modernisiert und geringfügig verändert wird, ohne zu einer Erhöhung der Bestandsfirst- und Traufhöhe zu führen. Lediglich im südlichen Bereich kommt es durch die terrassenförmige Aufstockung des bisher eingeschossigen südlichen Seitengebäudes zu einer Vertiefung entlang der bestehenden Brandschutzwand des Gebäudes auf dem Grundstück, Fl.Nr. ..., ... Eck 5.

Insgesamt ist vorliegend daher schon aufgrund der geringen Höhendifferenz zwischen dem streitgegenständlichen Gebäudekomplex und dem Gebäude der Antragstellerin eine erdrückende bzw. einkesselnde Wirkung ausgeschlossen.

3.2.3 Soweit die Antragstellerin rügt, dass durch das streitgegenständliche Vorhaben der Sozialfrieden und Sozialabstand beeinträchtigt würden, führt dies ebenfalls zu keiner Verletzung des Rücksichtnahmegebots. Trifft eine Wohnnutzung auf eine vorhandene Wohnnutzung, dann kommt unter dem Gesichtspunkt der Nutzungsart ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen in Betracht (vgl. BayVGH, B. v. 12.09.2005 - 1 ZB 05.42 BayVBl. 2006, 374 - juris Rn. 19). Das Rücksichtnahmegebot gibt dem Nachbarn insbesondere nicht das Recht, vor jeglicher Beeinträchtigung, speziell vor jeglichen Einblicken verschont zu bleiben (vgl. BayVGH, B. v. 12.9.2005 a. a. O.; Sächs. OVG B. v. 23.2.2010 - 1 B 581/09 - juris Rn. 5). Gegenseitige Einsichtnahmemöglichkeiten sind im dicht bebauten innerstädtischen Bereich unvermeidlich und führen nicht automatisch zu einer Verletzung des Sozialabstands. Außerdem sind die Fenster des rückwärtigen Seitengebäudes nicht unmittelbar in Richtung des antragstellerseitigen Gebäudes ausgerichtet. Auch die Fenster auf der Rückseite des Vordergebäudes und die geplanten Loggien sind nicht unmittelbar auf das antragstellerseitige Gebäude ausgerichtet, sondern ragen vielmehr in den Innenhof und schließen bündig mit der westlichen Gebäudemauer der Antragstellerin ab, so dass dadurch keine Einblickmöglichkeiten geschaffen werden. Die geplanten Dachterrassen sind von der Gebäudekante stark zurückversetzt, so dass keine unzumutbaren Einblicke in die Fenster des antragstellerseitigen Gebäudes ermöglicht werden. Die Betroffenen können sich ferner gegebenenfalls durch das Anbringen von Jalousien, Vorhängen oder verspiegelten Fenstern behelfen. Außerdem sind die Wohnräume im Gebäude der Antragstellerin teilweise dadurch geschützt, dass ihnen ein Balkon vorgelagert ist. Im Übrigen sind die verbleibenden Sozialabstände in der vorgegebenen städtebaulichen Situation hinzunehmen, obschon damit auch Einsichtnahmemöglichkeiten einhergehen können(vgl. BayVGH U. v. 07.10.2010 - 2 B 09.328- juris Rn. 30). Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme ist insoweit nicht auszumachen.

3.2.4 Soweit sich die Antragstellerin darauf beruft, das Vorhaben der Beigeladenen verletze die Abstandsflächenvorschriften des Art. 6 BayBO, ist klarzustellen, dass zwar die Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften für das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot in tatsächlicher Hinsicht indiziert, dass auch das planungsrechtliche Rücksichtnahmegebot im Regelfall nicht verletzt ist (vgl. BVerwG, B. v. 11.01.1999 - 4 B 128/98 - juris Rn. 4; BayVGH, B. v. 15.3.2011 - 15 CS 11.9 - juris Rn. 32). Daraus lässt sich aber nicht der Umkehrschluss ableiten, dass bei einer Verletzung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften auch eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebotes zu bejahen oder indiziert wäre (vgl. BayVGH, B. v. 22.6.2011 - 15 CS 11.1101 - juris; B. v. 6.9.2011 - 1 ZB 10.1301 - juris).

Die streitgegenständliche Baugenehmigung verstößt daher gegen keine nachbarschützenden bauplanungsrechtlichen Vorschriften.

4. Nachbarschützende bauordnungsrechtliche Vorschriften werden durch den streitgegenständlichen Bescheid vom ...05.2014 unter Berücksichtigung des Nachgangsbescheids vom ...10.2014 nach der im einstweiligen Rechtschutz nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung ebenfalls nicht verletzt. Die bestehenden Mängel der Baugenehmigung vom ...05.2014 hinsichtlich der Abstandsflächenvorschriften sind nach summarischer Prüfung voraussichtlich in nicht zu beanstandender Art und Weise durch den Erlass des Nachgangsbescheids vom ...10.2014 geheilt worden.

4.1 Gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von bauordnungsrechtlichen Anforderungen zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind. Der Zweck des Abstandsflächenrechts, der vor allem darin besteht, eine ausreichende Belichtung und Lüftung der Gebäude zu gewährleisten und die für Nebenanlagen erforderlichen Freiflächen zu sichern, kann regelmäßig nur dann erreicht werden, wenn die Abstandsflächen in dem gesetzlich festgelegten Umfang eingehalten werden. Da somit jede Abweichung von den Anforderungen des Art. 6 BayBO zur Folge hat, dass die Ziele des Abstandsflächenrechts nur unvollkommen verwirklicht werden, setzt die Zulassung einer Abweichung Gründe von ausreichendem Gewicht voraus, durch die sich das Vorhaben vom Regelfall unterscheidet und die die Einbuße an Belichtung und Lüftung (sowie eine Verringerung der freien Flächen des Baugrundstücks) im konkreten Fall als vertretbar erscheinen lassen. Es muss sich um eine atypische, von der gesetzlichen Regel nicht zureichend erfasste oder bedachte Fallgestaltung handeln (BayVGH, B. v. 17.07.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 16; B. v. 04.08.2011 - 2 CS 11.997 - juris Rn. 23; B. v. 05.12.2011 - 2 CS 11.1902 - juris Rn. 3; U. v. 22.12.2011 - 2 B 11.2231 - juris Rn. 16). Diese kann sich etwa aus einem besonderen Grundstückszuschnitt, einer aus dem Rahmen fallenden Bebauung auf dem Bau- oder dem Nachbargrundstück oder einer besonderen städtebaulichen Situation, wie der Lage des Baugrundstücks in einem historischen Ortskern, ergeben. In solchen Lagen kann auch das Interesse des Grundstückseigentümers, vorhandene Bausubstanz zu erhalten und sinnvoll zu nutzen oder bestehenden Wohnraum zu modernisieren, eine Verkürzung der Abstandsflächen durch Zulassung einer Abweichung rechtfertigen. Weitere Voraussetzung ist die Vereinbarkeit der Abweichung mit den öffentlichen Belangen unter Würdigung nachbarlicher Interessen. Mit der Verpflichtung zur Würdigung nachbarlicher Interessen verlangt das Gesetz - wie bei dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme - eine Abwägung zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen und den Belangen des Nachbarn (BayVGH, B. v. 17.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 17). Ob eine Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften zugelassen werden kann, beurteilt sich dabei nicht allein danach, wie stark die Interessen des betroffenen Nachbarn beeinträchtigt werden. Es ist stets auch zu prüfen, ob die Schmälerung der nachbarlichen Interessen durch überwiegende Interessen des Bauherrn oder überwiegende öffentliche Belange gerechtfertigt ist (BayVGH, B. v. 17.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 20). Von Bedeutung ist bei der Beurteilung des Vorliegens der erforderlichen Atypik insbesondere, ob eine sinnvolle Ausnutzung des Baugrundstücks unter Beachtung der Anforderungen des Art. 6 Abs. 5 BayBO unmöglich oder unzumutbar ist (BayVGH, B. v. 30.8.2011 - 15 CS 11.1640 - juris Rn. 16). In dicht bebauten innerstädtischen Bereichen ist eine atypische Situation dann anzunehmen, wenn jedwede bauliche Veränderung der historischen Bausubstanz geeignet ist, eine Abstandsflächenüberschreitung auszulösen (vgl. BayVGH, B. v. 04.08.2011 - 2 CS 11.997 - juris Rn. 23).

4.2 Eine derartige Sondersituation (Atypik) ist im vorliegenden Fall gegeben.

Das Bauplanungsrecht gibt hier eine Bebauung unter Beachtung der vorderen Baulinie und der rückwärtigen Baugrenze vor. Soll auch in diesem Bereich Instandsetzung, Aufwertung oder Erneuerung der zum Teil überalterten Bausubstanz ermöglicht werden, so kommt man nicht umhin, Ausnahmen vom generalisierenden Abstandsflächenrecht zuzulassen (vgl. BayVGH B. v. 05.12.2011 - 2 CS 11.1902 - juris Rn. 3). Dies gilt auch insbesondere deshalb, weil hier im dicht bebauten Altstadtbereich kaum ein Anwesen die Abstandsflächen wahrt. Entscheidend ist, ob sich ein Vorhaben vom normativen Regelfall unterscheidet (vgl. BayVGH vom 7.10.2010 Az. 2 B 09.328 - juris) und dies ist hier wegen der atypischen Grundstücksituation der Fall. Das streitgegenständliche Grundstück der Beigeladenen erlaubt grundsätzlich eine Bebauung, die sich im Rahmen der festgesetzten vorderen Baulinie und der rückwärtigen Baugrenze hält. Da das streitgegenständliche Grundstück an einer nicht geradlinig verlaufenden Straße situiert ist, verlaufen auch die Grundstückgrenzen schräg. Dadurch wirft das streitgegenständliche Bestandsvordergebäude unweigerlich Abstandsflächen auf das Grundstück der Antragstellerin. Die besondere Hinterhofsituation ist ebenfalls durch die nicht rechteckig verlaufenden Grundstückschnitte bedingt. Nicht nur das streitgegenständliche Grundstück, sondern auch die benachbarten Grundstücke haben einen irregulären Grundstückszuschnitt. Die Grundstücke im vorliegenden Geviert sind fast ausnahmslos massiv bebaut und weisen nur wenig Freifläche im Verhältnis zu ihrer Grundstücksfläche auf. Diese spezifische Lage des streitgegenständlichen Grundstücks im absoluten Stadtinnenzentrum mit zum Teil historischer Bausubstanz in Verbindung mit den besonderen Grundstückszuschnitten im vorliegenden Areal und der Vielzahl von Grundstücken mit vergleichsweise massiver Bebauung begründet eine atypische Situation.

4.3 Die erforderliche Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften ist auch mit den öffentlichen und mit den geschützten nachbarlichen Belangen vereinbar.

Zwar wird durch die Verwirklichung des streitgegenständlichen Vorhabens zweifellos eine Verschlechterung der abstandsflächenrechtlich geschützten Belange der Antragstellerin - hier Belichtung und Besonnung - bewirkt. Jedoch werden die Schutzziele der Art. 3 und Art. 6 BayBO nicht dergestalt verfehlt, dass eine Abweichung mit den nachbarlichen Belangen unvereinbar wäre. Nach summarischer Prüfung überwiegen die Interessen der Beigeladenen im Rahmen der Abweichungsentscheidung. In die erforderliche Interessenabwägung ist zunächst einzustellen, dass der Um- und Ausbau auch der Schaffung von Wohnraum dient und insoweit im öffentlichen Interesse liegt (vgl. BayVGH B. v. 05.12.2011 - 2 CS 11.1902 - juris Rn. 5). Die Schaffung von Wohnraum ist zwar nicht geeignet, das Vorliegen einer atypischen Fallgestaltung zu begründen, aber - bei Vorliegen der erforderlichen Atypik - stellt die Wohnraumschaffung einen gewichtigen öffentlichen Belang dar, der im Rahmen der nach Art. 63 Abs. 1 BayBO vorzunehmenden Abwägung zu berücksichtigen ist. Außerdem musste die Antragstellerin aufgrund der vorliegenden städtebaulichen Situation damit rechnen, dass früher oder später eine der Umgebung angepasste Baulückenschließung durch die Aufstockung des eingeschossigen Seitengebäudes im rückwärtigen Bereich erfolgen würde. Darüber hinaus berücksichtigt ein Gebäude, das im Hinblick auf das Rücksichtnahmegebot eine terrassenförmige Abstufung wahrt, tendenziell auch die nachbarlichen Belange.

4.4 Die erforderlichen Abweichungen können daher von der Antragsgegnerin nach pflichtgemäßer Ermessensausübung erteilt werden. Sie hat dabei die gesetzlichen Grenzen des Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO beachtet. Das durch Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO eingeräumte Ermessen ist ein tatbestandlich intendiertes Ermessen, d. h. sind die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Abweichung gegeben, so ist sie zuzulassen, es sei denn besondere Umstände stünden dem entgegen (vgl. BayVGH B. v. 22.07.2003 - 15 ZB 02.1233 - juris Rn. 8; Dhom in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Kommentar, Stand: Januar 2014, Art. 63 Rn. 39). Denn bereits auf der Tatbestandsseite des Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO ist eine Abwägung vorzunehmen, die jeweils die vorgesehene Abweichung zu den genannten Einzelaspekten in Beziehung setzt und die betroffenen Belange untereinander koordiniert (BayVGH B. v. 22.07.2003 - 15 ZB 02.1223 - juris Rn. 8).

4.5 Die mit Bescheid vom ...05.2014 erteilten Abweichungen für das südliche und nördliche Seitengebäude sind, obschon es bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 63 BayBO auf die im Bescheid angegebenen Ermessenserwägungen nicht im Einzelnen ankommt (BayVGH vom 22.7.2003, a. a. O.), vorliegend dennoch zu knapp und pauschal. Im streitgegenständlichen Bescheid vom ...05.2014 wurde bereits die Atypik nicht ausreichend dargelegt und auch die nachbarlichen und öffentlichen Belange nur formelhaften und pauschal begründet. Die erteilten Abweichungen genügten daher in ihrer Begründung nicht den zu stellenden Anforderungen. Ferner hatte die Beigeladenen nicht alle erforderlichen Abweichungen von den Abstandsflächenvorschriften im Bauantrag vom 08.10.2013 beantragt und die Beklagte nicht alle erforderlichen Abweichungen im Bescheid vom ...05. 2014 erteilt. Diese Mängel sind allerdings voraussichtlich durch den Nachgangsbescheid vom ...10.2014 behoben worden. Auch bei einer im Ergebnis unter Umständen unbedenklichen Abweichungsentscheidung muss sich die Bauaufsichtsbehörde ein Gesamtbild der von dem Vorhaben in Anspruch genommenen Abweichungen von den Abstandsflächenanforderungen gemacht haben (vgl. Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue BayBO, Kommentar, Stand: Mai 2014, Art. 63 Rn. 18, 19). Die Antragsgegnerin hat jedenfalls im Nachgangsbescheid vom ...10. 2014 eine Gesamtschau und Gesamtwürdigung der hier im vorliegenden Fall erforderlichen abstandsrechtlichen Abweichungsentscheidungen vorgenommen, da sie nicht lediglich zwei zusätzliche Abweichungen erteilt, sondern ihre bereits erteilten Abweichungen nachträglich ergänzend begründet hat.

5. Die von der Beigeladenen bei der Antragsgegnerin beantragten weiteren Abweichungen gem. Art. 63 Abs. 1 BayBO wurden mit Nachgangsbescheid vom...10.2014 nach summarischer Prüfung rechtmäßig erteilt. Die Voraussetzungen für die Zulassung einer Abweichung von den Vorgaben des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO liegen voraussichtlich vor, da im Rahmen der Ausübung des „Abweichungsermessens“ die vorstehenden Ausführungen (unter 3.) zum Rücksichtnahmegebot gelten (vgl. BayVGH U. v. 07.10.2010 - 2 B 09.328 - juris Rn. 35).

5.1 Die geplante Dachterrasse mit Terrassenumwehrung ist nach summarischer Prüfung abstandsflächenpflichtig.

Nach Art. 6 Abs. 4 Satz 2 BayBO, der gem. Art. 6 Abs. 4 Satz 5 BayBO für Dachaufbauten gilt, ist die für die Abstandsflächenberechnung maßgebliche Wandhöhe das Maß von der Geländeoberfläche bis zum Schnittpunkt der Wand mit der Dachhaut oder bis zum oberen Abschluss der Wand. Die vorliegend zu beurteilende Dachterrassenumwehrung ist als Bestandteil der Außenwand im vorgenannten Sinn bzw. ein versetzter Außenwandteil. Oberer Bezugspunkt für die Bestimmung der Wandhöhe ist damit die Oberkante der Terrassenumwehrung.

Das Vorliegen einer Außenwand oder eines Außenwandteiles hängt grundsätzlich nicht von der Ausgestaltung der Wand ab. Nur dann, wenn bei natürlicher Betrachtungsweise die Wirkung einer Wand nicht gegeben ist, kann von einer Abstandsflächenpflicht nicht mehr ausgegangen werden (BayVGH vom 8.8.2001 Az.: 2 ZS 01.1331 - Juris; weitergehend OVG NRW vom 1.6.2007 Az.: 7 A 3852/06 - Juris: auf das jeweilige Material eines Terrassengeländers und insbesondere darauf, ob dieses offen oder transparent gestaltet ist, kommt es nicht an; a. A. Simon/Busse, BayBO, Stand: Januar 2014, Art. 6, Rn. 180, für eine überwiegend lichtdurchlässig ausgeführte Dachterrassenumwehrung).

Die geschlossene Einfassung der Dachterrasse, die einen Austritt im Dachspitz des Vordergebäudes erhalten soll, hat eine Gesamtlänge von ca. 8,7 m an der nördlichen Außenwand des Vordergebäudes und ca. 5 m an der östlichen Außenwand des nördlichen rückwärtigen Seitengebäudes sowie eine Höhe von 1,10 m (abgegriffen aus dem genehmigten Abstandsflächenplan). Diese Einfriedung ragt über die Dachfläche hinaus und ist nicht Bestandteil des Daches, sondern tritt vielmehr optisch deutlich wahrnehmbar in Erscheinung. Ein zur Verneinung einer Abstandsflächenrelevanz führender Ausnahmefall ist nach diesen Umständen voraussichtlich nicht gegeben.

Die beantragte Abweichung wurde mit Nachgangsbescheid vom ...10.2014 voraussichtlich rechtmäßig erteilt.

5.2 Die geplante Dachgaube auf der südlichen Dachseite des Vordergebäudes bleibt gem. Art. 6 Abs. 8 Nr. 3 BayBO nur dann bei der Bemessung von Abstandsflächen außer Betracht, wenn es sich um eine untergeordnete Dachgaube handelt. Dies ist hier aber nicht der Fall, da die geplante Dachgaube mit einer Breite von etwa 4 m und einer Höhe von 2,34 m eine Ansichtsfläche von deutlich über 4 m² hat, so dass die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 6 Abs. 8 Nr. 3 b BayBO nicht erfüllt sind.

Mit Antrag vom 22.10.2014 hat die Beigeladene ebenfalls die Erteilung einer Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften für die Dachgaube beantragt und die Antragsgegnerin eine entsprechende Abweichung mit Nachgangsbescheid vom ...10.2014 für die Dachgaube erteilt.

5.3 Soweit durch den bündigen Anschluss der südlichen Rückwand des Vordergebäudes die zum Teil mit Loggien versehene Rückwand um 2 m tiefer in den Innenhof hineinragt, ist dies gem. Art. 6 Abs. 1 S. 3 BayBO als Grenzanbau zulässig. Nach Art. 6 Abs. 1 S. 3 BayBO ist vor Außenwänden, die an Grundstücksgrenzen errichtet werden, keine Abstandsfläche erforderlich, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden muss oder gebaut werden darf.

Nach dem vorliegenden Lageplan ist die geschlossene Bauweise im vorliegenden Geviert vorherrschend. Die Antragsgegnerin hat für den geplanten bündigen Anschluss des Vordergebäudes eine Befreiung gem. § 31 Abs. 2 BauGB vom festgesetzten Bauraum erteilt. Die erteilte Befreiung ist auch unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar, da der Nachbar an den kommun angebaut werden soll, selbst die hintere Baugrenze überschreitet und daher selbst Auslöser für den Kommunanbau der südlichen Rückseite des streitgegenständlichen Vordergebäudes ist.

Der Grenzanbau des Vordergebäudes an das antragstellerseitige Gebäude ist somit zulässig.

5.4. Die Vertiefung der südlichen Rückwand des Bestandsvordergebäudes um 2 m und die damit teilweise Schaffung von zusätzlichem Wohnraum sowie der Anbau von Loggien kann als bauliche Veränderung abstandsflächenpflichtig sein. Wird durch einen Anbau eine neue einheitliche Außenwand hergestellt, die auch horizontal oder vertikal versetzt sein kann, so ist eine abstandsflächenrechtliche Betrachtung der gesamten Außenwand erforderlich, d. h. auch der Altbestand muss ebenso wie der hinzukommende Wandteil die Anforderungen des Art. 6 BayBO erfüllen, selbst wenn der Altbestand im Zeitpunkt seiner Errichtung keiner vergleichbaren Anforderung unterworfen war oder wenn er die zum damaligen Zeitpunkt geltenden Anforderungen erfüllt hat (vgl. Dhom in Simon/Busse, BayBO, Kommentar, Stand Januar 2014, Art. 6 Rn. 15).

Das Vorhaben bedarf daher hinsichtlich der vorgesehenen Dachgeschossänderungen im bestehenden Vordergebäude und den kommunen Wandanbau mit der damit verbundenen Vertiefung des Vordergebäudes um ca. 2 m nach der im einstweiligen Rechtschutzverfahren nur möglichen aber auch ausreichenden summarischen Prüfung voraussichtlich einer abstandsflächenrechtlichen Neubetrachtung.

Die Antragsgegnerin hat im Nachgangsbescheid vom ...10.2014 eine Abweichung gem. Art. 63 Abs. 1 BayBO von Art. 6 Abs. 2 BayBO wegen Nichteinhaltung erforderlicher Abstandsflächen durch die südliche Außenwand des Vordergebäudes, der südlichen Brüstung der auf dem Vordergebäude befindlichen Dachterrasse und der auf der Südseite des Vordergebäudes befindlichen Dachgaube erteilt.

Da im Rahmen der Ausübung des „Abweichungsermessens“ die vorstehenden Ausführungen (unter 3.) zum Rücksichtnahmegebot gelten (vgl. BayVGH U. v. 07.10.2010 - 2 B 09.328 - juris Rn. 35), erscheint es nach summarischer Prüfung überwiegend wahrscheinlich, dass die Änderungen an der Rückseite des Vordergebäudes zwar zu einer abstandsflächenrechtlichen Neubetrachtung wegen der „neuen“ Außenwand führt, aber die von der Antragsgegnerin entsprechend erteilte Abweichung gem. Art. 63 BayBO nicht zu beanstanden sein wird.

6. Soweit die Antragstellerin rügt, durch die Summenwirkung der sich von vier Seiten auf ihrem Grundstück treffenden Abstandsflächen in ihren Rechten verletzt zu sein, kann das Gericht diesem Einwand nicht folgen. Ein Fall der Erstreckung von Abstandsflächen auf das Grundstück der Antragstellerin (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 und 3 BayBO) liegt hier gerade durch das streitgegenständliche Vorhaben nicht vor, da die erteilten Abweichungen auf eine entsprechende Verkürzung der gesetzlichen Tiefe der Abstandsfläche abzielen (vgl. BayVGH B. v. 15.11.2005 - 2 CS 05.2817 - juris Rn. 2; Dhom in Simon/Busse, BayBO, Kommentar Stand Januar 2014, Art. 63 Rn. 46).

7. Nach § 80a Abs. 3 i.V. mit § 80 Abs. 5 VwGO führt die vom Verwaltungsgericht zu treffende eigenständige Ermessensentscheidung dazu, dass die kraft Gesetzes bestehende sofortige Vollziehbarkeit der Baugenehmigung aufgrund des § 212a Abs. 1 BauGB aufrechterhalten bleiben kann.

Es erscheint unverhältnismäßig und damit ermessensfehlerhaft die aufschiebende Wirkung der voraussichtlich erfolglosen Klage der Antragstellerin anzuordnen.

Soweit die Beigeladene - wie angekündigt - vor einer endgültigen Klärung im Hauptsacheverfahren mit den Bauarbeiten beginnt, wird sie auf eigenes Risiko tätig.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 4 VwGO.

Die Sonderregelungen gem. § 155 Abs. 3 und 4 VwGO gehen der Kostenverteilung nach § 154 Abs. 1 VwGO vor (Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 14. Auflage, § 154 Rn.1). Die streitgegenständliche Baugenehmigung vom ...05.2014 war ohne Berücksichtigung des zwischenzeitlich erlassenen Nachgangsbescheids vom ...10.2014 rechtswidrig, da die erteilten Abweichungen von den Abstandsflächenvorschriften gem. Art. 63 Abs. 1 BayBO trotz intendiertem Ermessen der Antragsgegnerin vorliegend zu beanstanden waren. Hinzu kommt der Umstand, dass nicht alle erforderlichen Abweichungen beantragt und genehmigt gewesen sind. Diese behebbaren Mängel rechtfertigen aufgrund des mittlerweile ergangenen Nachgangsbescheids zwar nicht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin, führen aber zur Kostentragungspflicht der Antragsgegnerin und der Beigeladenen, die einen Sachantrag gestellt und sich damit entsprechend § 154 Abs. 3 VwGO auch einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.

8. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 3.750,-- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines Neubaus von 54 Wohneinheiten, vier Büros, einem Café, Tiefgarage und Quartiersgarage.

Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. ... der Gemarkung ... (...), welches mit einem zweigeschossigen Mehrfamilienhaus mit als Vollgeschoss ausgebautem Dachgeschoss nebst Dachspitz bebaut ist. Das Grundstück liegt nördlich an die ...gasse an und befindet sich innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils nach § 34 Baugesetzbuch (BauGB).

Südlich an die ...gasse liegen die Grundstücke der Beigeladenen mit den Fl.Nrn. ... und ... jeweils der Gemarkung ... an, auf denen das Bauvorhaben verwirklicht werden soll. Die Grundstücke der Beigeladenen befinden sich im räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. ... „...“ der Antragsgegnerin vom 13. Dezember 2001, rechtsverbindlich seit dem 14. Juni 2002. Der Bebauungsplan Nr. ... der Antragsgegnerin setzt sowohl in seinen textlichen Festsetzungen (§ 3 Abs. 2) als auch in seinen zeichnerischen Festsetzungen für die Baugrundstücke ein Mischgebiet fest.

Aus der Begründung des Bebauungsplanes ergibt sich, dass das Plangebiet überwiegend mit Betriebsanlagen der Brauereien „...“ und „...“ sowie mit verschiedenen Gaststätten bebaut war. Anlass für die Bauleitplanung war, wie sich aus der Satzungsbegründung unter D.2. ergibt, dass die Verlagerung der Produktionstechnik der Brauereien aus der Innenstadt durch eine planungsrechtliche Ausweisung des Gebiets als Wohnbau- bzw. Mischgebietsfläche ermöglicht werden sollte. Dafür sollten, wie aus Punkt D.3. „Ziele der Planung“ hervorgeht, allgemeine Wohngebiete bzw. Mischgebiete mit dem Schwerpunkt auf einer Wohnnutzung zugelassen werden. Angestrebt wurden ca. 500 Geschosswohnungen mit großzügig geschnittenen Grundrissen in meist zeilenförmig angeordneten, fünfgeschossigen, bis zu 80 m langen Baukörpern. Die Höhenentwicklung der vorgesehenen Baukörper gliedere sich prinzipiell in vier Geschosse und ein zurückgesetztes Terrassengeschoss mit flach geneigten Dächern. Der „bemerkenswerte Baukörper der ehemaligen ... in der ...gasse“ solle erhalten und ergänzt werden. Die Gebäudestruktur lasse eine gemischte Nutzung als Wohn- und Geschäftshaus zu. Nachdem sich in den Folgejahren herausgestellt hatte, dass der Baukörper der ... „wegen der äußerst schlechten und maroden Bausubstanz des ...-Gebäudes“ nicht erhalten werden konnte - so der Vortrag der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 21. Juli 2014 -, wurde das ...-Gebäude, welches sich im Wesentlichen auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... befand, von der Beigeladenen mit Ausnahme eines Teils der Gebäudemauer an der nördlichen Grundstücksgrenze im März 2013 abgebrochen.

Die Beigeladene beantragte mit Formblatt vom 27. Juni 2012 die Erteilung eines Vorbescheides, der von der Beklagten am 18. März 2013 für den Neubau einer Wohnanlage mit gewerblichen Einheiten, Tiefgarage und Quartiersgarage erteilt wurde. Die Frage nach der planungsrechtlichen Zulässigkeit der im Baugebiet ... dargestellten erdgeschossigen Quartiersgarage mit einer Größe von bis 50 Stellplätzen beantwortete die Antragsgegnerin für die Beigeladene positiv. Ferner wurde eine Befreiung für die Überschreitung der zulässigen Geschossflächen in den Baugebieten ... um 151 qm, ... um 282 qm und ... um 342 qm in Aussicht gestellt. Ebenfalls wurde eine Befreiung für die Überschreitung von den zulässigen Grundflächen unter anderem im Baugebiet ... um 323 qm in Aussicht gestellt. Auch für die Überschreitung von der zulässigen Zahl der Vollgeschosse unter anderem in dem Baufeld ... um jeweils ein Vollgeschoss, in untergeordneten Teilbereichen auch darüber hinaus, wurde eine Befreiung in Aussicht gestellt. Auch eine Befreiung hinsichtlich der Zahl der Vollgeschosse für den siebengeschossigen Gebäudeteil im ... sowie einer zusätzlichen Dachaufstockung für den Treppenraum in bestimmten Bereichen wurde in Aussicht gestellt. Die antragsgegenständliche Überschreitung der zulässigen Zahl der Vollgeschosse sowie der zulässigen Firsthöhe im Baufeld ... sei städtebaulich akzeptabel. Unter anderem für das Baufeld ... wurde eine Befreiung für die Überschreitung von den Baugrenzen und Abrücken von den Baulinien inklusive Überschreitung der Straßenbegrenzungslinie in den im Baurechtsplan Nr. ... blau schraffierten Bereichen in Aussicht gestellt. Weitere Befreiungen bezüglich der zulässigen Firsthöhen, der Gestaltung der Gebäude mit Flachdächern, der Überschreitung der zulässigen Grundfläche, der Überschreitung der Baugrenzen und Flächen für Tiefgaragen, für den Entfall von festgesetzten Mauern, den Entfall von privaten Grünflächen für die Überschreitung von Baugrenzen im westlichen Bereich des ... durch die eingeschossige Quartiersgarage, den drei- bis fünfgeschossigen Baukörper und durch den siebengeschossigen Gebäudeteil wurden ebenso wie für die Nichteinhaltung der erforderlichen Abstandsflächen gemäß Abstandsflächenplan Nr. ... eine Abweichung in Aussicht gestellt.

Unter V. „Hinweise“, A. „Immissionsschutz“ wurde auf § 7 des Bebauungsplanes Nr.... und insbesondere auf die Beachtung des § 7 Abs. 5 des Bebauungsplanes hingewiesen. Entsprechend sei der Schallschutz in einem schalltechnischen Gutachten für die Einzelbauvorhaben gesondert nachzuweisen. Dieser Nachweis sei bei Einreichung der Bauanträge vorzulegen. Maßgeblich sei der Nachweis der Einhaltung der Richtwerte nach TA Lärm. Zur Frequentierung sei die aktuelle Fassung der Parkplatzlärmstudie des Bayerischen Landesamts für Umweltschutz heranzuziehen.

Der Vorbescheid wurde im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 22. März 2013 öffentlich gemäß Art. 66 Bayerische Bauordnung (BayBO) bekannt gemacht.

Soweit ersichtlich, hat der Antragsteller den Vorbescheid nicht angefochten.

Mit Bauantrag vom 30. September 2013 beantragte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung für das vorbezeichnete Vorhaben unter zahlreichen Befreiungen sowie Abweichungen von den Abstandsflächen nach Osten, Süden, Westen und Norden (A 22; Fläche von 634 m2).

Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 2. April 2014 wurde der Beigeladenen die Baugenehmigung für den Neubau von 54 Wohneinheiten, vier Büros, einem Café, Tiefgarage und Quartiersgarage (3. Bauabschnitt) für die Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... der Gemarkung ... (...gasse ...) unter zahlreichen Befreiungen, Abweichungen und Auflagen erteilt. Der Bescheid wurde für den Antragsteller am 4. April 2014 mit Einschreiben zur Post gegeben. Der Baugenehmigungsbescheid wurde im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 11. April 2014 gemäß Art. 66 BayBO öffentlich bekannt gemacht.

Der Baugenehmigungsbescheid befreit die Beigeladene von der Einhaltung der nördlichen Baulinie an der ...gasse um die Breite der Wandstärke der städtebaulich zu erhaltenden Grenzwandscheibe der ehemaligen ..., der festgesetzten südlichen, westlichen, nordwestlichen sowie östlichen Baugrenze, der Einhaltung der durch Bebauungsplan zulässigen Grundfläche (Überschreitung um 354 qm), der für die Tiefgarage festgesetzten Flächen, der durch Bebauungsplan festgesetzten Geschosszahlen (4) und festgesetzten Firsthöhen in Teilbereichen, der zulässigen Geschossfläche (Überschreitung um 508 qm), der festgesetzten Firstrichtungen und Dachformen, der Ausführungen der Absturzsicherungen an Balkonen und Fenstern, der Baumstandorte, der festgesetzten Mauern und privaten Grünflächen sowie der Einhaltung der festgelegten Flächen für einen Kinderspielplatz. Zur Begründung ist ausgeführt, die Befreiungen könnten nach § 31 Abs. 2 BauGB erteilt werden, da sie städtebaulich vertretbar seien, die Grundzüge der Planung nicht berührten und die Abweichungen auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar seien.

Bauordnungsrechtliche Abweichungen wurden hinsichtlich der geplanten Zu- und Abfahrt vor der Quartiersgarage in der ...gasse sowie hinsichtlich der Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften zur westlichen, südlichen und östlichen Grundstücksgrenze erteilt. Die Abweichungen seien gemäß Art. 63 BayBO ermessensfehlerfrei zuzulassen, da sie auch unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange auch mit den öffentlichen Belangen vereinbar seien. Aus den geplanten Gebäudelagen ergebe sich keine Verschlechterung für die nachbarlichen Interessen. Auf die weitere Begründung sowie die tenorierten Auflagen des Baugenehmigungsbescheides wird Bezug genommen.

Die Bevollmächtigten des Antragstellers erhoben gegen den Bescheid vom 2. April 2014 am 5. Mai 2014 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg mit dem Antrag, den Baugenehmigungsbescheid aufzuheben. Über diese Klage (Az. Au 5 K 14.673) ist noch nicht entschieden.

Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 11. Juli 2014, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg am 14. Juli 2014, ließ der Antragsteller im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 5. Mai 2014 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 2. April 2014 anzuordnen.

Der Bescheid sei schon deshalb rechtswidrig, weil das Vorhaben der Beigeladenen die Abstandsflächenvorschriften nach Norden nicht einhalte und eine Abweichung trotz entsprechenden Antrags nicht erteilt worden sei. Gemäß dem Abstandsflächenplan zum Bauvorhaben überschreite die Abstandsfläche nicht nur die Straßenmitte, sondern auch die Grundstücksgrenze des Klägers und reiche weit bis in dessen Grundstück hinein. Der Planer der Beigeladenen habe dies offensichtlich erkannt und deswegen auch mit der Einreichung des Bauantrages hierzu einen Antrag auf Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften gestellt. Die verfahrensgegenständliche Baugenehmigung spreche eine solche Abweichung jedoch nur bezüglich der westlichen, südlichen und östlichen Außenwandbereiche aus. § 5 Abs. 3 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr.... „...“ regele, dass unabhängig von den festgesetzten Baulinien und Baugrenzen die nach Art. 6 Abs. 4 und 5 BayBO erforderlichen Abstandsflächen einzuhalten seien. Ausgenommen hiervon seien nur hier nicht interessierende Außenwandbereiche gemäß den im Beiplan „Abstandsflächen“ gekennzeichneten Bereichen.

Der Bescheid erweise sich auch hinsichtlich der Genehmigung der Kubatur und Höhe des Gebäudes, teilweise unter Erteilung von Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplanes, aufgrund eines Verstoßes gegen das nachbarschützende Rücksichtnahmegebot als rechtswidrig. Die Festsetzungen zur Kubatur des zulässigen Gebäudes im Bereich des Vorhabens seien ausweislich der Begründung zum Bebauungsplan (D.3.) vor dem Hintergrund getroffen worden, dass vom Erhalt des an dieser Stelle damals noch bestehenden ...-Gebäudes ausgegangen worden sei. Die Abweichungen von den Abstandsflächenvorschriften, deren Anwendung für diesen Bereich nach § 5 Abs. 3 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes uneingeschränkt angeordnet werde, hätten in diesem Fall problemlos rechtmäßig erteilt werden können, ohne den Nachbarn in seinen Rechten zu verletzen. Nach dem nahezu vollständigen Abriss des Bestandsgebäudes könne diesem Konzept des Bebauungsplans allerdings nicht mehr Rechnung getragen werden. Es sei vielmehr nur noch das beantragte Gebäude, unabhängig von dem abgebrochenen Altbestand, zu beurteilen. Schon die Ausnutzung der festgesetzten Maximalmaße der Baugrenzen und Baulinien sei nicht ohne Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften möglich, die Befreiung von den Festsetzungen erst recht nicht. Die Genehmigung der beantragten Situierung auf dem Grundstück und der Ausmaße, insbesondere der Höhe des Vorhabens, widerspreche dem Rücksichtnahmegebot. Die Mindestabstände seien nicht eingehalten. Für den Antragsteller entstehe so eine erdrückende Wirkung dadurch, dass die bereits vorhandenen engen Verhältnisse im Stadtviertel verstärkt würden und seinem recht kleinen Haus eine Art massiver „Klotz“ gegenübergestellt werde. Dies werde durch die beigefügten Fotos veranschaulicht. Das Gebäude des Antragstellers sei deutlich niedriger als das verfahrensgegenständliche Gebäude. Die extremen Größenunterschiede wirkten sich im engen Altstadtbereich mit der schmalen ...gasse besonders deutlich aus und sorgten für den Eindruck, die gegenüberliegende Wand des Vorhabens befinde sich unmittelbar vor der Haustüre des Antragstellers. Dadurch entstehe ein bedrückendes Gefühl des Eingeschlossenseins. Der Antragsteller könne nicht darauf verwiesen werden, dass die Situation im Vergleich zum vorherigen Stand nicht verschlechtert werde. Jeder Bestandsschutz sei durch Abbruch des Gebäudes aufgegeben worden. Der Beigeladene könne sich hinsichtlich der Erteilung durch die Baugenehmigung ausgesprochenen Befreiungen auch nicht auf die Bindungswirkung des Vorbescheides vom 18. März 2013 berufen. Dieser habe die maßgeblichen Befreiungen noch nicht verbindlich ausgesprochen. Gleiches gelte für die erforderlichen Abweichungen von den Abstandsflächenvorschriften, die durch den Vorbescheid auch nicht erteilt worden seien.

Was die Quartiersgarage anbelange, beeinträchtige diese durch das von ihr ausgelöste Verkehrsaufkommen den Antragsteller unzumutbar durch Lärmeinwirkung und verstoße daher gegen das Rücksichtnahmegebot. Im Vorbescheidsverfahren habe die Fachstelle Immissionsschutz im Umweltamt der Antragsgegnerin in der Stellungnahme vom 1. Juli 2012 darauf hingewiesen, dass zwar hinsichtlich der Quartiersgarage keine grundsätzlichen Bedenken bestünden, allerdings der gutachterliche Nachweis der Einhaltung der Lärmschutz-Grenzwerte notwendig sein werde. Daraufhin sei die Frage nach der Genehmigungsfähigkeit der Quartiersgarage im Vorbescheid ausdrücklich nicht endgültig beantwortet, sondern dem Baugenehmigungsverfahren vorbehalten worden. Dort sei dann allerdings entgegen der vorbezeichneten Stellungnahme und § 7 Abs. 5 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes auf den gutachterlichen Nachweis verzichtet worden. Es seien willkürliche Grenzwerte (3 dB(A) unter den Grenzwerten für Mischgebiete) als Auflage angeordnet und die Konfliktlösung weiter auf §§ 26, 24 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) verlagert worden. Diese Lösung der Lärmproblematik sei in Ansehung der Rechte des Antragstellers rechtswidrig, weil sie einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot darstelle. Die TA Lärm sehe einen Verzicht auf eine Vorbelastungsbewertung nur vor, wenn der Bauherr nachweise, dass die Emissionen seines Vorhabens an den maßgeblichen Immissionsorten den Richtwert um 6 dB(A) unterschritten (Ziffer 3.2.1 der TA Lärm). Hier sei weder ein Nachweis der Vorbelastung durch andere Betriebe noch der Nachweis der Einhaltung der Unterschreitung eines Richtwerts von 6 dB(A) erfolgt. Die im Bescheid festgelegten Werte seien somit willkürlich und nachweislich einhaltbar. Damit werde der sich aufdrängende Lärmkonflikt auf das Vollzugsverfahren und damit in die Risikosphäre der Nachbarschaft verlagert. Der Vorbescheid, namentlich die Antwort zur dortigen Frage 4, entfalte zu diesen Rechtsfragen keine Bindungswirkung. Auf die weitere Antragsbegründung wird Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin beantragte mit Schriftsatz vom 21. Juli 2014, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg am 24. Juli 2014,

den Antrag abzuweisen.

Einzelne Fragen im Zusammenhang mit der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens seien bereits durch den Vorbescheid vom 18. März 2013 geklärt worden. Dabei seien zahlreiche Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. ... rechtlich bindend abgehandelt worden, wie z. B. die vorgesehene erdgeschossige Quartiersgarage, deren Nutzung mit den verkehrlichen und immissionsschutzrechtlichen Belangen als vereinbar erachtet worden sei. Zutreffend sei, dass im Vorbescheid vom 18. März 2013 (unter V. Hinweise) auf § 7 des Bebauungsplans Nr.... hingewiesen worden sei, wonach der Schallschutz in einem schalltechnischen Gutachten für die Einzelbauvorhaben gesondert nachzuweisen sei. Dort sei auch vermerkt, dass der Nachweis bei der Einreichung der Bauanträge vorzulegen sei. Dieser Hinweis sei in den Bauvorbescheid aufgenommen worden, da zum damaligen Zeitpunkt und Planungsstand nicht klar gewesen sei, wie die tatsächliche Nutzung der streitgegenständlichen Grundstücke aussehen werde. Mit den Bauantragsunterlagen sei die Nutzung ausreichend konkretisiert worden. Wie der Fachstellenbeteiligung Umweltamt vom 12. November 2013 im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens zu entnehmen sei, seien lediglich die Tiefgaragenzufahrt der Quartiersgarage, der sonstige Parkverkehr, das Café und eventuelle Lüftungsanlagen als wesentliche Geräuschquellen zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung der Situierung und der geringen Größe der Quartiersgaragenausfahrt sowie des Cafés und dessen Betriebszeiten ergebe sich keine unzumutbare Lärmeinwirkung auf das Gebäude des Antragstellers. Dies gelte auch deshalb, weil in der Umgebung kaum gewerbliche Betriebe vorhanden seien, die ein nennenswertes Emissionspotenzial hätten.

Zudem werde mit dem Vorbescheid vom 18. März 2013 einer Befreiung für die Überschreitung der zulässigen Zahl der Vollgeschosse um jeweils ein Vollgeschoss auch im fraglichen Baufeld ... zugestimmt, wenn auf den auskragenden Teil des Penthouses verzichtet werde und dies von der nördlichen Gebäudekante abrücke. Die mit dem Baugenehmigungsbescheid vom 2. April 2014 erteilten Befreiungen zum Maß der baulichen Nutzung sowie zur überbaubaren Grundstücksfläche begründeten keine Verletzung nachbarschützender Vorschriften. Die Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche hätten nur städtebaulichen Charakter. Den Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung komme keine drittschützende Funktion zu, weil ein dahingehender Planungswille nicht vorliege. Das Vorhaben verstoße auch nicht gegen das Rücksichtnahmegebot wegen einer Beeinträchtigung der Belange Besonnung, Belichtung und Belüftung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 Baunutzungsverordnung (BauNVO). Grundsätzlich scheide ein diesbezüglicher Verstoß schon dann aus, wenn das Vorhaben die erforderlichen Abstandsflächen einhalte. Der Vorbescheid entfalte hinsichtlich der erforderlichen Abstandsflächentiefen zum Nachbargrundstück wohl keinerlei Bindungswirkung. Das Vorhaben erfordere nach § 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO jedoch keine Abstandsflächen, da nach planungsrechtlichen Vorschriften infolge der festgesetzten Baulinie im Bereich der...gasse an der Grenze gebaut werden dürfe oder müsse. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass der Antragsteller selbst die erforderlichen Abstandsflächen zum Grundstück der Beigeladenen nicht wahre und es ihm daher verwehrt sei, sich auf das Abstandsflächenrecht zu berufen. Vom Vorhaben gehe auch keine erdrückende Wirkung aus, weil dies keine unverhältnismäßigen Belastungen von der Kubatur, der Bauweise bzw. der Höhe her begründe. Die Frage, ob ausnahmsweise von einer erdrückenden Wirkung auszugehen sei, könne vorliegend nicht losgelöst vom ursprünglichen baulichen Bestand beurteilt werden. Um den Belangen Besonnung, Belichtung und Wohnfrieden ausreichend Rechnung zu tragen, sei für das Vorhaben ein Staffelgeschoss vorgesehen, welches zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf die gegenüberliegende Bebauung deutlich zurückgesetzt sei. Zusätzliche unzumutbare Einsichtmöglichkeiten schaffe das Vorhaben nicht. Von ihm gingen keine unzumutbaren Lärmbelästigungen aus. Die Behauptung, dass willkürliche Grenzwerte vorgesehen worden seien, sei zurückzuweisen. Seitens der Immissionsschutzbehörde werde eine Einhaltung der um 3 dB(A) reduzierten Immissionsrichtwertanteile als ausreichend angesehen, weil sich in der unmittelbaren Umgebung keine nennenswerten technischen Anlagen befänden, insbesondere auch keine wesentlichen sonstigen gewerblichen Nutzungen. Die Reduzierung der Immissionsrichtwerte um 3 dB(A) werde als „praktikabler Mittelwert“ herangezogen, um weiterhin Raum für andere Anlagen zu haben und zugleich die Nutzung nicht unverhältnismäßig stark einzuschränken. Die Quartiersgarage mit lediglich 38 Stellplätzen diene lediglich dem Stellplatzbedarf des Quartiers und nicht der überörtlichen Nutzung als öffentliche Parkgarage. § 7 Abs. 5 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes vermittle im Übrigen keinen Drittschutz. Auf die weitere Antragserwiderung wird Bezug genommen.

Die Bevollmächtigten der mit Beschluss des Gerichts vom 15. Juli 2014 Beigeladenen beantragten mit Schriftsatz vom 29. Juli 2014,

den Antrag abzuweisen.

Die Abstandsflächenvorschriften seien nicht verletzt, weil das Vorhaben entgegen der Auffassung des Antragstellers keiner Abweichung von Abstandsflächenvorschriften nach Norden bedürfe. Die Festsetzung einer Baulinie nach Norden zur ...gasse hin habe auch nach dem Abbruch der ehemaligen ... weiterhin Gültigkeit. Gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO sei aufgrund dieser Festsetzungen für das Bauvorhaben eine Abstandsfläche nach Norden hin nicht erforderlich.

Das Rücksichtnahmegebot sei ebenfalls nicht verletzt. Die Festsetzungen des Bebauungsplans hätten auch nach Abbruch des ehemaligen ...-Gebäudes weiterhin Bestand, die im Bebauungsplan getroffenen Festsetzungen würden durch den Abbruch eines Bestandsgebäudes nicht aufgehoben. Im Rahmen der Beurteilung, ob das Rücksichtnahmegebot zulasten des Antragstellers verletzt sei, sei die konkrete, jahrzehntelang bestehende Situation an der ...gasse zu berücksichtigen. Dies gelte umso mehr, als das Bauvorhaben städtebaulich erwünscht als „Architektur der Erinnerung“ an das ehemalige ...-Gebäude errichtet werde und eine Grenzwandscheibe erhalten bleibe. Das Rücksichtnahmegebot sei auch nicht aufgrund der Anordnung des Staffelgeschosses im Bereich des Anwesens des Antragstellers verletzt. Dieses sei um das Maß seiner Höhe zurückversetzt, so dass es zu keiner Beeinträchtigung der Besonnung und Belichtung komme. Ebenso wenig sei bei diesem großen Rücksprung ein Einmauerungseffekt gegeben. Die erteilte Befreiung sei rechtmäßig. Was die Genehmigung der Quartiersgarage anbelange, so habe der Vorbescheid in Frage 4 die planungsrechtliche Zulässigkeit einer Quartiersgarage mit einer Größe von bis zu 50 Stellplätzen abgefragt. Die nun genehmigte Quartiersgarage umfasse 38 Stellplätze und sei somit von der im Vorbescheid festgestellten planungsrechtlichen Zulässigkeit einer Quartiersgarage mit bis zu 50 Stellplätzen umfasst. Außerdem ordne der Vorbescheid nicht die Einholung eines Gutachtens hinsichtlich der Auswirkungen der Quartiersgarage auf die Nachbarschaft an. Die Ausführungen zum schalltechnischen Gutachten befänden sich im Vorbescheid unter dem Punkt „Hinweise“, stellten also keine Auflage oder sonstige Nebenbestimmung des Vorbescheids dar. Ferner werde Bezug genommen auf § 7 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes, in der keine Festsetzungen enthalten seien, die den Antragsteller schützten. Auf die weitere Begründung wird ebenfalls ergänzend Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 6. August 2014 nahm der Bevollmächtigte des Antragstellers erneut Stellung wie folgt: Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin und der Beigeladenen seien nach Norden Abstandsflächen erforderlich. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO sei nicht einschlägig, sondern allein Art. 6 Abs. 5 Satz 3 BayBO. Bei einer Verkürzung der Abstandsfläche durch eine städtebauliche Satzung finde letztgenannte Vorschrift mitsamt ihrer Ausnahmeregelung Anwendung. Da die Satzung hier ausdrücklich die Anwendbarkeit des Art. 6 BayBO anordne, gelte die Verkürzung der Abstandsfläche durch die festgesetzten Grenzen des Baukörpers nicht. Für diese Betrachtung spreche auch, dass die Antragsgegnerin im Rahmen der Begründung des Bebauungsplans keine Aussage zur Verkürzung der Abstandsflächen nach Norden getroffen habe. Offensichtlich sei man vom Erhalt des ...gebäudes ausgegangen und damit einem Bestandsschutz für die Kubatur. Das Problem stelle sich nun mit dem Abbruch des Gebäudes, da hierdurch der Bestandsschutz erloschen sei. Diese Situation habe der Bebauungsplan nicht im Blick gehabt. Die Festsetzungen zur Höhe des Gebäudes im Bebauungsplan könnten mithin jedoch ohne Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften gar nicht vollständig ausgenutzt werden. Daraus müsse gefolgert werden, dass die Festsetzung zur Zahl der Vollgeschosse und zur Gebäudehöhe unwirksam seien, da sie nicht umgesetzt werden könnten. Was den Immissionsschutz anbelange, so entfalte der Vorbescheid vom 18. März 2013 keine Bindungswirkung hinsichtlich der Lärmauswirkungen der Quartiersgarage. Dort sei dieser zwar planungsrechtlich zugestimmt worden, zugleich aber auf die Notwendigkeit des Lärmschutzgutachtens nach § 7 Abs. 5 des Bebauungsplanes hingewiesen worden. Dies könne nur so ausgelegt werden, als dass die Zustimmung vorbehaltlich des Ergebnisses dieses Gutachtens ausgesprochen worden sei. Die Bindungswirkung reiche damit nur soweit, als sich aus dem noch einzuholenden Gutachten keine anderweitige Beurteilung ergebe. Jede andere Auslegung des Bescheides würde unterstellen, dass die Antragsgegnerin in bewusst rechtswidriger Weise § 7 Abs. 5 der Satzung habe umgehen wollen. Der Rückgriff auf § 15 BauNVO diene der Abwehr unzumutbarer Lärmimmissionen, die vom verfahrensgegenständlichen Vorhaben ausgingen. Die Auflage mit „3 dB(A) unter“ greife zu kurz. Die TA Lärm sehe eine solche Lösung nicht vor. Im Übrigen unterliege eine Quartiersgarage nicht dem Lärmbonus der notwendigen Stellplätze, die im Quartiersüblichen Umfang als sozialadäquat hinzunehmen seien, sondern die Quartiersgarage sei als gewerbliche Anlage zu betrachten, und zwar wie ein sonstiges Parkhaus. Der einzige Unterschied bestehe darin, dass die Benutzer monatlich und nicht täglich zahlten. Die Behauptung, dass der von dieser Garage ausgehende An- und Abfahrtsverkehr die Richtwerte für Mischgebiete um 3 dB(A) unterschreite, sei nicht glaubhaft und letztlich durch nichts bewiesen. Im Übrigen seien im Umfeld sehr wohl weitere lärmemittierende Betriebe vorhanden, und zwar in der Gaststätte im Gebäude ...gasse .... Hinzu träten die Quartiersgarage und das Café mit Außenbewirtschaftung.

Mit Schriftsätzen vom 6. August 2014 und 11. August 2014 legte die Antragsgegnerin auf Aufforderung des Gerichts noch weitere Unterlagen sowie Lichtbilder des alten ...gebäudes vor und führte aus, dass das Gebäude des Antragstellers über eine Gebäudehöhe einschließlich Dach von 12,59 m verfüge. Der aus dem Bauakt zur Abbruchanzeige des ...gebäudes vorhandene Geländeschnitt L-M zeige, dass die Höhe der auf die Baulinie gesetzten Außenwand des ...gebäudes im Bereich der ...gasse ... 13,50 m, unter Einbeziehung des zurückversetzten Turmes sogar 25,95 m betragen habe. Dagegen betrage die künftige, wiederum auf die Baulinie gesetzte Außenwand des Vorhabens 13,56 m und sei somit lediglich um 6 cm höher als das ehemalige ...gebäude. Die künftige Höhe der Außenwand einschließlich des nach Süden zurückversetzten fünften Vollgeschosses betrage 16,86 m, die weitere Staffelung durch das sechste und siebte Vollgeschoss führe zu einer Höhe von lediglich 21,07 m. Damit bleibe das antragsgegenständliche Neubaugebäude in seiner Höhenentwicklung deutlich hinter dem ursprünglichen ...gebäude und den Festsetzungen des zugrunde liegenden Bebauungsplans Nr. ... zurück. Auf die weitere Begründung wird ergänzend Bezug genommen.

Zur weiteren Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verfahrensakte Au 5 K 14.673 sowie den der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist nicht begründet.

1. Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage vom 5. Mai 2014 (Au 5 K 14.643) gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 2. April 2014. Mangels aufschiebender Wirkung der Klage gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung (§ 212a Abs. 1 BauGB i. V. m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) kann das Gericht der Hauptsache nach § 80a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage aufgrund einer eigenen Ermessensentscheidung ganz oder teilweise anordnen. Bei der im summarischen Verfahren zu treffenden Ermessensentscheidung hat das Gericht die Interessen des Antragstellers, der Antragsgegnerin und die der Beigeladenen unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache gegeneinander abzuwägen. Insoweit stehen sich das Suspensivinteresse des Nachbarn und das Interesse der Bauherrin, von der Baugenehmigung sofort Gebrauch zu machen, grundsätzlich gleichwertig gegenüber. Deshalb ist bei der Entscheidung über den Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO in erster Linie auf die Erfolgsaussichten des Nachbarrechtsbehelfs abzustellen. Dies gilt ungeachtet des durch die Bestimmung in § 212a BauGB veränderten Ansatzes der gerichtlichen Prüfung (vgl. BayVGH, B.v. 21.12.2001 - 15 ZS 01.2570 - BayVBl 2003, 48 ff.). Fällt die Erfolgsprognose zugunsten des Nachbarn aus, erweist sich also nach summarischer Prüfung die angefochtene Baugenehmigung gegenüber dem Nachbarn als rechtswidrig, so ist die Vollziehung der Genehmigung regelmäßig auszusetzen (BayVGH, B.v. 12.4.1991 - 1 CS 91.439 - BayVBl 1991, 720 ff.). Erscheint der Nachbarrechtsbehelf dagegen als offensichtlich aussichtslos, so ist der Rechtsschutzantrag abzulehnen. Stellen sich die Erfolgsaussichten nach summarischer Überprüfung als offen dar, findet eine reine Interessenabwägung statt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 152 ff.).

Nach der im Rahmen der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage wird die Klage des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 2. April 2014, der der Beigeladenen die Errichtung eines Neubaus mit 54 Wohneinheiten, vier Büros, einem Café, Tiefgarage und Quartiersgarage auf den Fl.Nrn. ..., ... der Gemarkung ... gestattet, im Hinblick auf eine Verletzung drittschützender Rechte, auf die sich der Antragsteller allein berufen kann (BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris -), voraussichtlich erfolglos bleiben. Denn der angefochtene Bescheid erscheint rechtmäßig und verletzt den Antragsteller voraussichtlich nicht in eigenen, drittschützenden Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

2. Gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind.

Bei dem streitgegenständlichen Vorhaben handelt es sich nicht um einen Sonderbau im Sinne des Art. 2 Abs. 4 BayBO, so dass ich das Prüfprogramm der Bauaufsichtsbehörde auf Art. 59 BayBO ergibt. Im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren überprüft die Bauaufsichtsbehörde die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB und den Regelungen örtlicher Bauvorschriften im Sinne des Art. 81 Abs. 1 BayBO, beantragte Abweichungen im Sinne des Art. 63 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 BayBO sowie andere öffentlich-rechtliche Anforderungen, soweit wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach anderen als öffentlich-rechtlichen Vorschriften entfällt, ersetzt oder eingeschlossen wird.

Einem Nachbarn steht ein Anspruch auf Versagung der Baugenehmigung grundsätzlich nicht zu. Er kann eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg anfechten, wenn Vorschriften verletzt sind, die auch seinem Schutz dienen, oder wenn das Vorhaben es an der gebotenen Rücksichtnahme auf seine Umgebung fehlen lässt und dieses Gebot im Einzelfall Nachbarschutz vermittelt.

Ein derartiger Fall ist bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage vorliegend nicht zu erkennen.

3. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich nach § 30 Abs. 1 BauGB, denn es befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr.... der Antragsgegnerin vom 13. Dezember 2001, rechtsverbindlich seit dem 14. Juni 2002. Das Bauvorhaben hält die Festsetzungen des maßgeblichen Bebauungsplanes betreffend die Einhaltung der nördlichen Baulinie an der ...gasse, der südlichen, westlichen, nordwestlichen und östlichen festgesetzten Baugrenze, der zulässigen Grundfläche, der festgesetzten Geschosszahlen, Firsthöhe, Firstrichtungen, Baumstandorten, Mauern und privaten Grünflächen sowie der Fläche für den Kinderspielplatz nicht ein. Insoweit wurden von der Antragsgegnerin Befreiungen nach Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO i. V. m. § 31 Abs. 2 BauGB erteilt.

Das Grundstück des Antragstellers liegt außerhalb der Grenzen des Bebauungsplangebiets und grenzt nördlich an die ...gasse. Soweit dies im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beurteilt werden kann, handelt es sich dabei entweder um ein faktisches allgemeines Wohngebiet oder ein faktisches Mischgebiet im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB bzw. um ein Gebiet sui generis. Der Antragsteller macht im Eilverfahren keinen Gebietserhaltungsanspruch im Rahmen eines gebietsübergreifenden Nachbarschutzes vor gebietsfremden Nutzungen im angrenzenden Plangebiet geltend. Dieser könnte auch nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn der Antragsteller mit seinem Grundstück ebenfalls im Bebauungsplangebiet gelegen wäre; denn nur die gemeinsame Lage der jeweiligen Grundstücke im Bebauungsplangebiet fasst die einem Plan Unterworfenen zu einer Schicksalsgemeinschaft zusammen, die es jedem von ihnen gestattet, sich zur Vermeidung der schleichenden Unterhöhlung auf die Einhaltung der festgesetzten Nutzungsart zu berufen (BayVGH, U.v. 14.7.2006 - 1 BV 03.2179 - BayVBl 2007, 334 ff.). Wenn aber, wie im vorliegenden Fall, zwischen dem Grundstück des Antragstellers und den Grundstücken der Beigeladenen nicht das für ein Plangebiet typische wechselseitige Verhältnis dergestalt besteht, dass die in einem Plangebiet zusammengefassten Grundstücke zu einer bau- und bodenrechtlichen Schicksalsgemeinschaft zusammenschließt, fehlt es an den spezifischen bauplanungsrechtlichem Grund, auf dem der nachbarschützende, von konkreten Beeinträchtigungen unabhängige Gebietserhaltungsanspruch als Abwehrrecht beruht.

4. Der Nachbarschutz eines außerhalb der Grenzen des Plangebiets gelegenen Grundstückseigentümers bestimmt sich bundesrechtlich nur nach dem in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO enthaltenen Gebot der Rücksichtnahme (BVerwG, B.v. 18.12.2007 - 4 B 55.07 - NVwZ 2008, 427).

Die Baugenehmigung verletzt voraussichtlich auch im Hinblick auf die erteilten Befreiungen den Antragsteller nicht in dem Drittschutz vermittelnden Rücksichtnahmegebot.

Ob ein Nachbar durch eine unter Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans erteilte Baugenehmigung in seinem Recht auf Einhaltung des Rücksichtnahmegebotes verletzt ist, hängt bei außerhalb des Plangebiets liegenden Grundstückseigentümern wie dem Antragsteller, der insoweit einen gebietsübergreifenden Nachbarschutz hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung geltend macht, davon ab, ob die Festsetzungen eines Bebauungsplanes, der typischerweise den Interessensausgleich von innerhalb des Plangebiets liegenden Grundstückseigentümern im Auge hat, auch Grundstückseigentümern außerhalb des Bebauungsplangebietes zugutekommen soll. Dies bemisst sich daran, ob sich aus dem Bebauungsplan mit seinen Festsetzungen und seiner Begründung oder aus sonstigen Unterlagen erkennen lässt, dass der Nachbarschutz nicht nur auf die Grundstückseigentümer im Plangebiet beschränkt bleiben soll.

Soweit der Antragsteller einen Verstoß gegen das nachbarschützende Rücksichtnahmegebot wegen der Kubatur und Höhe des Vorhabens geltend macht, ist festzustellen, dass er sich auf die Einhaltung der Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung im Bebauungsplan beruft. Festsetzungen im Bebauungsplan sind jedoch - abgesehen von der Art der baulichen Nutzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i. V. m. § 1 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 und 2 BauNVO - nicht kraft Gesetzes drittschützend (BVerwG, B.v. 19.10.1995 - 4 B 215/95 - NVwZ 1996, 888). Festsetzungen hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung haben unter anderem bereits deswegen grundsätzlich keine nachbarschützende Funktion, weil sie in der Regel den Gebietscharakter unberührt lassen und nur Auswirkungen auf das Baugebiet und die unmittelbar anschließenden Nachbargrundstücke haben (BVerwG, B.v. 23.6.1995 - 4 B 52/95 - Baurecht 1995, 823). Sie können Drittschutz nur vermitteln, wenn sie nach dem Willen des Planungsträgers diese Funktion haben sollen (BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris). Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung bzw. zur überbaubaren Grundstücksfläche erfolgen im Allgemeinen aus städtebaulichen Gründen und sind daher in der Regel nicht nachbarschützend. Von einer neben die städtebauliche Ordnungsfunktion tretenden nachbarschützenden Wirkung ist nur dann auszugehen, wenn konkrete Anhaltspunkte für einen dahingehenden planerischen Willen erkennbar sind (BayVGH, B.v. 4.11.2009 - 9 CS 09.2422 - juris). Von einer neben die städtebauliche Ordnungsfunktion tretenden nachbarschützenden Wirkung der Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung könnte lediglich ausnahmsweise dann ausgegangen werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für einen dahingehenden planerischen Willen aus dem Bebauungsplan selbst oder auch aus der Begründung der Satzung entnommen werden könnten. Der durch Auslegung zu ermittelnde Wille des Planungsträgers muss mit ausreichender Bestimmtheit aus den Willensäußerungen des Planungsträgers ableitbar sein. Erforderlich sind zureichende Anhaltspunkte und eine Deutlichkeit der Erklärungen (Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl. 2009, § 31 Rn. 68).

Im Gegensatz zur Auffassung des Antragstellers vermitteln die entsprechenden Bestimmungen des Bebauungsplans, von denen Befreiungen erteilt wurden, im vorliegenden Fall keinen Drittschutz. Aus der Planzeichnung, den textlichen Festsetzungen und der Begründung der Satzung lässt sich ein Wille der Satzungsgeberin, dass die Grundstückseigentümer im Planbereich gegenseitig einen Anspruch auf die Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen erhalten sollten, nicht herleiten. Erst recht muss dies gelten, wenn, wie im vorliegenden Fall, der Antragsteller mit seinem Grundstück nicht im räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans gelegen ist. Auch wenn die Festsetzungen des Bebauungsplans hinsichtlich der streitgegenständlichen Grundstücke im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans den Zweck hatten, den Erhalt des ehemaligen ...gebäudes, auf dessen Fläche nunmehr das streitgegenständliche Vorhaben verwirklicht werden soll, zu ermöglichen, ist weder aus den zeichnerischen noch textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans sowie aus seiner Begründung ersichtlich, dass beispielsweise die Festsetzungen zur Geschoßzahl bzw. Höhenentwicklung der Baukörper Nachbarschutz vermitteln sollten. Insbesondere ergibt sich aus der Begründung des Bebauungsplans unter D.3 „Ziele der Planung“, dass die Erwägungen der Satzungsgeberin ausschließlich von städtebaulichen Gesichtspunkten geprägt waren. In der Gesamtheit erlauben die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht den Schluss, sie seien in drittschützender Weise aufeinander bezogen. Insgesamt lassen sich keine zureichenden Anhaltspunkte für einen von der Satzungsgeberin beabsichtigten Drittschutz zugunsten der im Bebauungsplangebiet liegenden Nachbarn und erst recht nicht für die außerhalb des Bebauungsplangebiets gelegenen Grundstücke erkennen.

5. Eine Verletzung von Nachbarrechten käme daher vorliegend nur in Betracht, wenn sich das Vorhaben dem Antragsteller gegenüber nach den Grundsätzen des Rücksichtnahmegebots gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO als rücksichtslos und nicht mehr hinnehmbar darstellen würde.

Das Gebot der Rücksichtnahme findet in qualifiziert beplanten Bereichen nach § 30 Abs. 1 BauGB über § 15 Abs. 1 BauNVO bzw. bei der Gewährung von Befreiungen bezüglich nicht nachbarschützender Vorschriften gemäß § 31 Abs. 2 BauGB über das Tatbestandmerkmal der „Würdigung nachbarlicher Interessen“ Eingang in die bauplanungsrechtliche Prüfung. Das Gebot der Rücksichtnahme soll einen angemessenen Interessensausgleich gewährleisten und vermittelt insoweit Drittschutz, als die Baugenehmigungsbehörde in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Belange eines erkennbar abgrenzbaren Kreises Dritter zu achten hat (BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris). Die vorzunehmende Interessensabwägung hat sich daran zu orientieren, was dem Rücksichtnahmebegünstigten und dem Rücksichtnahmeverpflichteten jeweils nach Lage der Dinge zuzumuten ist, was sich nach der jeweiligen Situation der benachbarten Grundstücke beurteilt. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung des Rücksichtnahmebegünstigten ist, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die Interessen des Bauherrn sind, die er mit dem Vorhaben verfolgt, desto weniger muss dieser Rücksicht nehmen (BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 4 C 1/04 - NVwZ 2005, 328).

Gemessen an diesen Grundsätzen erweist sich das mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 2. April 2014 genehmigte Bauvorhaben der Beigeladenen voraussichtlich nicht als rücksichtslos. Allein die Vielzahl der Befreiungen führt nicht automatisch bereits zu einer Rechtsverletzung des Antragstellers. Vielmehr ist das Bauvorhaben mitsamt seinen von nicht drittschützenden Vorschriften erteilen Befreiungen sowohl einzeln als auch in deren Summenwirkung voraussichtlich nicht nachbarrechtsverletzend.

Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird (BVerwG, U.v. 25.2.1977 - IV C 22.75, BVerwGE 52, 122). Das Gebot der Rücksichtnahme gibt dem Nachbarn aber nicht das Recht, von jeglicher Beeinträchtigung der Licht- und Luftverhältnisse oder der Verschlechterung von Sichtachsen von seinem Grundstück aus verschont zu bleiben. Nur dann, wenn vom Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht, ist eine Rechtsverletzung zu bejahen (BayVGH, B.v. 22.6.2011 - 15 CS 11.1101 - juris). Eine Veränderung der Verhältnisse durch ein Vorhaben, das den Rahmen der Umgebungsbebauung wahrt und städtebaulich vorgegeben ist, ist regelmäßig als zumutbar hinzunehmen (BayVGH, B.v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris). Wenn ein Bauvorhaben den bauordnungsrechtlich für eine ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung erforderlichen Abstand von den Nachbargrundstücken einhält, ist für das Gebot der Rücksichtnahme grundsätzlich kein Raum mehr, weil das Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme vom Landesgesetzgeber in den bauordnungsrechtlichen Abstandsvorschriften konkretisiert worden ist (BVerwG, U.v. 16.9.1993 - 4 C 28/91 - BVerwGE 94, 151 ff.).

Die Antragsgegnerin hat im Baugenehmigungsverfahren trotz eines entsprechenden Abweichungsantrages der Beigeladenen, was die Einhaltung der Baulinie nach Norden anbelangt, sowie im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Auffassung vertreten, dass infolge der festgesetzten Baulinie im Norden des streitgegenständlichen Grundstückes zur ...gasse hin die Einhaltung einer Abstandsfläche zum Grundstück des Antragstellers hin nicht erforderlich sei, wohingegen der Bevollmächtigte des Antragstellers der Auffassung ist, dass das Vorhaben nach Norden eine Abstandsfläche einhalten müsse, eine Abweichung beantragt, aber nicht erteilt worden sei und die Baugenehmigung schon wegen der fehlenden Berücksichtigung der nachbarlichen Rechte des Antragstellers hinsichtlich der Abweichung von den drittschützenden Abstandsflächenvorschriften rechtswidrig sei.

5.1 Hier ist vorauszuschicken, dass der Antragsteller entgegen der im Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 21. Juli 2014 vorsorglich vertretenen Ansicht wegen der wechselseitigen Verletzung der Abstandsflächenvorschriften - auch das Anwesen des Antragstellers hält den erforderlichen Abstand zur Grundstücksgrenze nicht ein - nicht daran gehindert ist, die Baurechtswidrigkeit des nachbarlichen Vorhabens unter dem Aspekt des Abstandsflächenrechts anzugreifen. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Grundsätzlich kann sich ein Nachbar gegen jede Unterschreitung der Mindestabstandsfläche zur Wehr setzen. Dieses Recht unterliegt allerdings mit Rücksicht auf den das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch - BBG) Grenzen. Nach diesem Grundsatz, der auch im öffentlichen Recht Anwendung findet, kann sich ein Nachbar in der Regel nicht mit Erfolg auf die Einhaltung einer nachbarschützenden Vorschrift berufen, wenn auch die Bebauung auf seinem Grundstück nicht dieser Vorschrift entspricht. Im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis ist jeder Eigentümer zugunsten seines Nachbarn bestimmten Beschränkungen unterworfen und kann im Austausch dafür verlangen, dass der Nachbar diese Beschränkungen gleichfalls beachtet (vgl. BVerwG, U.v. 16.9.1993 - 4 C 28.91 - DVBl 1994, 284). Aus diesem System nachbarlicher Ausgleichs- und Rücksichtnahmepflichten folgt, dass derjenige, der selbst mit seinem Gebäude den erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, billigerweise nicht verlangen kann, dass der Nachbar die Abstandsfläche freihält. Der Vorwurf treuwidrigen Verhaltens entfällt nicht dadurch, dass das Gebäude des Antragstellers in Einklang mit den damals geltenden Bauvorschriften errichtet worden ist; maßgeblich ist allein, dass er mit seinem Gebäude die jetzt erforderlichen Grenzabstände nicht einhält. Ein eigener Abstandsflächenverstoß hindert den dadurch begünstigten Eigentümer jedoch nicht schlechthin daran, die Baurechtswidrigkeit eines nachbarlichen Vorhabens unter dem Aspekt des Abstandsflächenrechts anzugreifen. Das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis erlaubt in diesen Fällen eine Abwehrmaßnahme nur dann, wenn die Verletzung nachbarschützender Abstandsregelungen durch das angegriffene Vorhaben nicht vergleichbar ist, sondern schwerer wiegt als die Inanspruchnahme des Bauwichs durch den sich wehrenden Nachbarn.

Für die Bewertung des Gewichts des Abstandsflächenverstoßes ist demnach in erster Linie die Beeinträchtigung der durch die Abstandsflächenvorschriften geschützten nachbarlichen Belange des Brandschutzes, der Belichtung, der Belüftung und der Besonnung des Nachbargrundstückes sowie der Wahrung eines ausreichenden Sozialabstands in den Blick zu nehmen. Das Gewicht eines Abstandsflächenverstoßes bestimmt sich außerdem nach dem Ausmaß, in dem die jeweils erforderliche Abstandsfläche zulasten des Nachbarn nicht eingehalten wird. Andere Parameter wie First- und Traufhöhen, Länge, Breite, Grundfläche, Geschossfläche und Erscheinungsbild des geplanten Gebäudes sowie eine etwaige intensivere bauliche Ausnutzung des Nachbargrundstücks spielen hingegen entweder bei der Bemessung der Abstandsfläche keine Rolle oder gehen in der Bemessung auf (OVG NRW, B.v. 20.2.2014 - 2 A 1599/13 - juris). Bei der Frage, ob die wechselseitigen Abstandsflächenverstöße vergleichbar, d. h. etwa gleichgewichtig sind und nicht zu schlechthin untragbaren, als Missstand im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayBO zu qualifizierenden Verhältnissen führen (vgl. BayVGH, U.v. 4.2.2011 - 1 BV 08.131 - juris), ist dabei keine zentimetergenaue quantitative Entsprechung gefordert, sondern eine wertende Betrachtung in Bezug auf die Qualität der mit der Verletzung der Abstandsflächenvorschriften einhergehenden Beeinträchtigungen anzustellen (OVG NRW, B.v. 30.8.2012 - 2 B 983/12 - juris; VG München, U.v. 21.1.2013 - M 8 K 12.1226 - juris m. w. N. aus der Rechtsprechung).

In Anwendung dieser Grundsätze ist festzustellen, dass sich das Vorhaben der Beigeladenen auf die abstandsflächenrechtlich beachtlichen Nachbarbelange intensiver auswirkt als das vorhandene Gebäude des Antragstellers auf das Neubauvorhaben der Beigeladenen. Eine vergleichbare wechselseitige Abstandsflächenverletzung ist schon deshalb nicht festzustellen, weil das Bauvorhaben der Beigeladenen, wie sich aus dem „Baurechtsplan mit Abstandsflächen“ vom 26. September 2013 ergibt, auf die nördlich der ...gasse gelegenen Grundstücke insgesamt eine Abstandsfläche von 634 qm wirft. Bezogen auf das Grundstück des Antragstellers (Fl.Nr. ... der Gemarkung ...) ist diesem Plan zu entnehmen, dass vom Bauvorhaben der Beigeladenen auf dem Grundstück des Antragstellers eine Abstandsfläche mit einer Tiefe von mindestens 4,20 m bis höchstens 5,20 m beansprucht wird und es sich dabei um eine Fläche von ca. 85 qm handelt, mit der das Vorhaben der Beigeladenen das insgesamt ca. 330 qm große Grundstück des Antragstellers abstandsflächenmäßig belegt.

Wie sich aus den von der Antragsgegnerin vorgelegten Bauakten des Antragstellers zum Baugenehmigungsbescheid vom 18. Dezember 1984 für die Renovierung und Nutzung der Änderung des Mehrfamilienhauses ergibt, würde das Vorhaben des Antragstellers eine Abstandsflächentiefe von ca. 9,30 m auslösen, die auf das Grundstück der Beigeladenen bei einer Breite von 19 m eine Tiefe von weniger als 1 m (ca. 19 qm) in Anspruch nehmen würde.

Schon allein dieser Vergleich zeigt nach Auffassung des Gerichts, dass es an einer quantitativen Vergleichbarkeit des wechselseitigen Abstandsflächenverstoßes fehlt. Setzt man die Abstandsflächenüberschreitungen in Relation zueinander, ergibt sich, dass vom Vorhaben der Beigeladenen mehr als 75% mehr Abstandsfläche vom Grundstück des Antragstellers in Anspruch genommen werden, als dieser seinerseits vom Grundstück der Beigeladenen beansprucht. Dies bewirkt eine erhebliche Diskrepanz und führt dazu, dass eine Gleichwertigkeit der wechselseitigen Abstandsflächenverstöße offensichtlich nicht mehr angenommen werden kann. Der Antragsteller ist daher nicht gehindert, sich mit Rücksicht auf den das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben auf die Nichteinhaltung von Abstandsflächen durch das Vorhaben der Beigeladenen zu berufen.

5.2 Nach den genehmigten Planunterlagen hält das Bauvorhaben nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung zum Grundstück des Antragstellers hin die nach Art. 6 BayBO erforderlichen Abstandsflächen nicht ein. Der Bebauungsplan Nr. ... der Antragsgegnerin setzt im Norden des streitgegenständlichen Grundstückes zur ...gasse hin eine Baulinie nach § 23 Abs. 2 Satz 1 der BauNVO fest. Wenn eine Festsetzung wie die vorerwähnte im Bebauungsplan aufgenommen worden ist, so muss - im Gegensatz zur Baugrenze - grundsätzlich an dieser Baulinie gebaut werden. Das Vorhaben der Baugeladenen weicht allerdings, wie u. a. aus dem „Baurechtsplan mit Abstandsflächen“ vom 26. September 2013 erkennbar ist, um ca. 1 m von der Baulinie zurück. Dies hat seine Ursache darin, dass im Zuge der von der Antragsgegnerin thematisieren „Architektur der Erinnerung“ ein Teil der ca. 1 m breiten Außenwand des ehemaligen ...gebäudes („Bestandswand“) bei dem Abbruch des ...gebäudes im Übrigen erhalten geblieben ist. Um die Breite der erhaltenen Außenmauer des ehemaligen ...gebäudes an der ...gasse weicht das Bauvorhaben der Beigeladenen von der Baulinie zurück. Dies kann nicht mehr als Zurücktreten geringfügigen Ausmaßes im Sinne von § 23 Abs. 2 Satz 2 BauNVO angesehen werden. Über den Antrag auf Erteilung einer Abweichung hat die Antragsgegnerin nicht entschieden. Die Frage, ob das Bauvorhaben die Abstandsflächenvorschriften des Art. 6 BayBO einhält, gehört wegen des Antrags der Beigeladenen auf Erteilung einer Abweichung zum Prüfprogramm des vereinfachten Genehmigungsverfahrens nach Art. 59 Abs. 1 Nr. 2 BayBO. Der Vorbescheid vom 18. März 2013 stellt zwar in Frage 8 für das Abrücken von den Baulinien u. a. im Baugebiet ... eine Befreiung in Aussicht, jedoch entfaltet dieser in diesem Punkt selbst nach Auffassung der Antragsgegnerin, die diese im Schriftsatz vom 21. Juli 2014 vertreten hat, wegen der pauschal in Aussicht gestellten Abweichungen bezüglich der Nichteinhaltung der erforderlichen Abstandsflächen wohl keine Bindungswirkung, weil im Zeitpunkt der Vorbescheidserteilung lediglich etwaige erforderliche Abweichungen für die westlichen, südlichen und östlichen Außenwandbereiche in den Blick genommen wurden und diese Abweichungen schließlich auch im Baugenehmigungsbescheid vom 2. April 2014 erteilt worden sind.

Gemäß § 5 Abs. 3 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr.... sind die erforderlichen Abstandsflächen nach Art. 6 Abs. 4 und 5 BayBO (a. F.) unabhängig von den festgesetzten Baulinien und Baugrenzen einzuhalten. Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO ist eine Abstandsfläche nicht erforderlich vor Außenwänden, die an Grundstücksgrenzen errichtet werden, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften - hier durch die Festsetzung einer Baulinie im Bebauungsplan - an die Grenze gebaut werden muss oder gebaut werden darf. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO dispensiert damit den Bauherrn von der Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften, wenn beispielsweise - wie vorliegend - nach den satzungsmäßigen Vorgaben des Bebauungsplanes durch die Festlegung einer Baulinie nach § 23 Abs. 2 Satz 1 BauNVO an der Grenze gebaut werden muss und räumt dem Städtebaurecht den Vorrang ein, soweit es um die Errichtung von Gebäuden ohne Grenzabstand geht. Das Vorhaben der Beigeladenen soll allerdings - wie bereits vorstehend erwähnt - nicht auf der Baulinie an der nördlichen Grundstücksgrenze errichtet werden, sondern weicht um ca. 1 m von der Baulinie wegen des Erhalts der Mauerscheibe der ehemaligen ... zurück.

Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO ist daher nicht einschlägig, weil die Vorschrift nach ihrem klaren Wortlaut nur den unmittelbaren Anbau an die Grundstücksgrenze, nicht aber einen grenznahen Anbau mit Abstandsflächen, die kleiner als die gesetzlich vorgeschriebenen sind, regelt (BayVGH, U.v. 22.11.2006 - 25 B 05.1714 - NVwZ-RR 2007, 512 ff.; U.v. 7.5.2007 - 2 B 04.3589 - juris; B.v. 3.4.2014 - 1 ZB 13.2536 - juris). Nach der unmissverständlichen Aussage des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO setzt diese Vorschrift voraus, dass es sich um Außenwände handelt, „die an der Grundstücksgrenze errichtet werden“. An dieser Voraussetzung fehlt es, weil das Vorhaben nicht unmittelbar an der Grundstücksgrenze verwirklicht werden soll, sondern in einem Abstand von ca. 1 m. Nach der vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in der vorerwähnten Entscheidung vom 3. April 2014 vertretenen Auffassung wird dies durch Art. 6 Abs. 5 Satz 4 BayBO bestätigt, der die Zulässigkeit von „Abstandsflächen größerer oder geringerer Tiefe“ regelt und letztlich leerlaufen würde, wenn Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO generell entsprechend auf grenznahe Gebäude angewendet würde. Zwar sei hierdurch nicht ausgeschlossen, dass diese Vorschrift bei sehr geringen zeitlichen Grenzabständen ausnahmsweise entsprechend angewendet werden könne. Angesichts dessen, dass in den vorerwähnten Entscheidungen allerdings bereits ein Abstand zwischen ca. 35 und 60 cm bzw. ca. 50 und 80 cm in Fällen, in denen nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden musste, für ausreichend erachtet wurde, die Einschlägigkeit des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO zu verneinen, besteht im vorliegenden Fall angesichts des Zurückweichens des Bauvorhabens der Beigeladenen um ca. 1 m von der Grundstücksgrenze keine Veranlassung anzunehmen, die Vorschrift des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO sei vorliegend ausnahmsweise entsprechend anzuwenden.

5.3 Ist nach dem Vorstehenden daher davon auszugehen, dass das Vorhaben nach Norden hin eine Abstandsfläche gemäß Art. 6 Abs. 5 BayBO einzuhalten hat, so bedarf es einer Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO, die auch vom Beigeladenen beantragt worden ist und damit zum Prüfprogramm der Bauaufsichtsbehörde im vereinfachten Genehmigungsfahren nach Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO gehört. Allein die Tatsache, dass die Beigeladene die erforderliche Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften nach Norden beantragt hat, die Antragsgegnerin jedoch darüber keine Entscheidung getroffen hat, ist bei einer Fallkonstellation wie der vorliegenden nicht geeignet, bereits eine beachtenswerte Verletzung drittschützender Rechte des Antragstellers annehmen zu können. Die fehlende Entscheidung der Baugenehmigungsbehörde über die beantragte Abweichung und die dabei zu treffende Ermessensentscheidung entbindet das Gericht nämlich nicht von der inhaltlichen Prüfung, ob dem nachträglich erkannten Mangel der Baugenehmigung nicht durch eine nachträgliche Entscheidung über die beantragte Abweichung im Hauptsacheverfahren abgeholfen werden kann. Dass die Abweichung trotz ihres eigenen Regelungscharakters Teil der Baugenehmigung ist, gilt auch dann, wenn über den Antrag auf Abweichung erst mit gesondertem Bescheid, etwa im Hauptsacheverfahren entschieden wird (Dohm in Simon/Busse, BayBO, Stand Januar 2014, Art. 63, Rn. 58). Zwar verletzt die angefochtene Baugenehmigung den Antragsteller derzeit in öffentlich-rechtlich geschützten Nachbarrechten. Der Verstoß gegen die nachbarschützende Abstandsflächenvorschrift des Art. 6 Abs. 5 BayBO kann aber nach Überzeugung der erkennenden Kammer durch die Erteilung einer Abweichung von der Antragsgegnerin ermessensgerecht bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens ausgeräumt werden. Die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs muss dann nicht angeordnet werden, wenn eine Baugenehmigung zwar möglicherweise Rechte des Antragstellers verletzt, dieser Mangel aber - wie hier - behebbar ist, so dass die Rechtsverletzung jedenfalls für die Zukunft entfällt (BayVGH, B.v. 4.8.2011 - 2 CS 11.997 - juris).

Bei der Frage, ob die Erteilung einer Abweichung in Betracht kommt, ist auf Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO abzustellen, wonach die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von Anforderungen der Bayerischen Bauordnung zulassen kann, wenn sie unter Berücksichtigung des Zweckes der jeweiligen Anforderungen und Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen, insbesondere mit den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 BayBO, vereinbar sind. Diese Voraussetzungen sieht die Kammer im vorliegenden Fall wahrscheinlich als gegeben an. Die Erteilung einer Abweichung erscheint unter Berücksichtigung des Zweckes der jeweiligen Anforderungen, d. h. hier der Anforderungen des Abstandsflächenrechts, vertretbar. Durch das Abstandsflächenrecht sollen Gebäudeabstände gewahrt und dadurch eine ausreichende Belichtung und Belüftung der Grundstücke gewährleistet werden. Ein Zurückbleiben hinter dem angestrebten Schutzniveau erscheint vertretbar, wenn die strikte Einhaltung des Abstandsflächenrechts aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls mit Blick auf dessen Ziele nicht geboten ist (vgl. BayVGH, B.v. 8.12.2011 - 15 ZB 11.1882 - juris). Abweichungen von den Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO lassen sich deshalb in erster Linie dann rechtfertigen, wenn Gründe vorliegen, durch die sich der Einzelfall vom gesetzlichen Regelfall unterscheidet und wegen derer die Einbuße an Belichtung und Belüftung zu vernachlässigen ist (BayVGH, B.v. 8.12.2011 a.a.O).

So liegen die Dinge hier: Zum einen ist die bei der Zulassung einer Abweichung von der vorgeschriebenen Abstandsfläche zu fordernde atypische Situation gegeben. Sowohl das Grundstück des Antragstellers als auch das Grundstück der Beigeladenen liegen im dicht bebauten innerstädtischen Bereich mit zum Teil historischer Bausubstanz. Die Grundstücke befinden sich in einem Areal, in dem nahezu jede nicht unwesentliche bauliche Veränderung der bestehenden Gebäude geeignet ist, eine Abstandsflächenüberschreitung auszulösen, weil im dicht bebauten Altstadtbereich kaum ein Gebäude die Abstandsflächen wahrt, wie die Lagepläne und auch die vorgelegten Fotografien zeigen. Der für die Erteilung einer Abweichung zu fordernde atypische Sonderfall (vgl. BayVGH, U.v. 14.12.1994 - 24 B 93.4017 - juris) begründet sich zwar im vorliegenden Fall wohl nicht mit einem besonderen Grundstückszuschnitt, welcher eine sinnvolle Nutzung des Grundstücks unter Einhaltung der Abstandsflächen unmöglich macht, sondern ergibt sich voraussichtlich auch daraus, dass das Gebäude des Antragstellers selbst die Abstandsflächenvorschriften nicht einhält. Die beantragte Abweichung sorgt für eine relative Gleichbehandlung unter den Nachbarn. Der Antragsteller kann nicht mehr an Schonung beanspruchen, als er selbst mit seinem Anwesen gewährt.

In entsprechender Anwendung der Grundsätze, die die Rechtsprechung zur Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme trotz Einhaltung der baurechtlichen Abstandsvorschriften entwickelt hat, kann ein nachbarliches Anwesen in unzumutbarer Weise beeinträchtigt werden, wenn es durch die Verwirklichung eines genehmigten Vorhabens in unmittelbarer Nachbarschaft „eingemauert“ oder „erdrückt“ wird. Eine solche Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen übergroßen Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (BVerwG, U.v. 13.3.1981 - 4 C 1/78 - DVBl 1981, 928: 12-geschossiges Gebäude in 15 m Entfernung zu 2,5-geschossigem Nachbarwohnhaus; U.v. 23.5.1986 - 4 C 34/85 - NVwZ 1987, 34: drei 11,05 m hohe Siloanlagen im Abstand von 6 m zu einem 2-geschossigen Wohnanwesen). Hauptkriterien bei der Beurteilung einer abriegelnden bzw. erdrückenden Wirkung sind u. a. die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung. Der Antragsteller hat hierzu geltend gemacht, zwischen seinem Anwesen und dem Vorhaben der Beigeladenen bestehe ein extremer Größenunterschied, der im engen Altstadtbereich mit der schmalen ...gasse besonders deutlich wirke und für den Eindruck sorge, die gegenüberliegende Wand befinde sich unmittelbar vor der Haustüre des Antragstellers. Dadurch entstehe ein bedrückendes Gefühl des Eingeschlossenseins beim Verlassen des Hauses.

Eine erdrückende oder einmauernde Wirkung im vorbezeichneten Sinne ergibt sich durch das Vorhaben der Beigeladenen, welches in einem Abstand von mehr als 8 m dem Anwesen des Klägers gegenüber zu liegen kommt, mit hoher Voraussicht nicht.

Zwar verändert das genehmigte Vorhaben die städtische Kulisse an diesem Standort erheblich, auch weil das historische, aber nicht denkmalgeschützte ehemalige ...gebäude mit Ausnahme der erhaltenen Mauerscheibe einer Wohnbebauung weicht. Das Ergebnis stellt sich im Vergleich zum Normalfall verdichteter innerstädtischer Bebauung mit geschlossener Bauweise und einer höheren Anzahl an Vollgeschossen aber als noch hinnehmbar und für einen Durchschnittsbetrachter als nicht erdrückend dar. Nicht schon dann, wenn das angegriffene Vorhaben die Situation - auch nachteilig - für den Nachbarn verändert, kann schon von einer erdrückenden Situation im Sinne einer Gefängnishofsituation die Rede sein, zumal sich das Anwesen des Antragstellers jahrzehntelang einem in etwa vergleichbaren Baukörper gegenübersah.

Wie die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 11. August 2014 unter Vorlage der den Antragsteller betreffenden Bauakten vorgetragen hat, ergibt sich aus dem in der dortigen Planzeichnung dargestellten Gebäudeschnitt, dass das Gebäude des Antragstellers eine Firsthöhe von 12,59 m aufweist, während das Vorhaben der Beigeladenen bis zum vierten Obergeschoss eine Höhe zwischen 13,43 m und 13,56 m aufweist. Das um das Maß seiner Höhe zurückgesetzte fünfte Penthousegeschoss hinzugerechnet, erreicht das streitgegenständliche Gebäude insgesamt eine Höhe zwischen 16,73 m bis 16,88 m auf. Schon angesichts dieser Größenverhältnisse wird nur schwerlich von einer einmauernden oder erdrückenden Wirkung des streitgegenständlichen Vorhabens auf das Anwesen des Antragstellers ausgegangen werden können. Bei dem großen Rücksprung des Penthousegeschosses wird dieses voraussichtlich zu keinen Beeinträchtigungen der Besonnung, Belichtung und Belüftung führen und keinen Einmauerungseffekt als solches hervorrufen. Bei der Betrachtung, ob ein solcher für das Anwesen des Antragstellers vorliegt, kann, obwohl dem Bevollmächtigten des Antragstellers darin zuzustimmen ist, dass der Bestandsschutz durch den Abbruch des ehemaligen ...gebäudes erloschen ist, aus der Betrachtung auch nicht völlig ausgeblendet werden, dass sich das Anwesen des Antragstellers seit Jahrzehnten einem von Höhe, Länge, Breite und Kubatur dem streitgegenständlichen Vorhaben durchaus vergleichbaren Gebäudekörper gegenübersah. Wie die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 11. August 2014 unter Vorlage des Bauakts zur Abbruchanzeige für das ...gebäude vorgetragen hat und sich diesem Abbruchakt auch entnehmen lässt, betrug die Höhe der auf die Baulinie gesetzten Außenwand des ...gebäudes im Bereich des Anwesens des Antragstellers 13,50 m, wohingegen die künftige Außenwand des geplanten Vorhabens 13,56 m ohne Berücksichtigung des nach Süden zurückversetzten Penthousegeschosses beträgt (Gesamthöhe 16,86 m). Daraus ist ersichtlich, dass sich das Anwesen des Antragstellers - in Außerachtlassung des weggefallenen Bestandschutzes - seit Jahrzehnten einem Baukörper von vergleichbarer Höhenentwicklung gegenübersah. Eine so deutliche Diskrepanz in der Höhenentwicklung der in Relation gesetzten Gebäude, wie sie die o.a. Rechtsprechung für die Annahme einer erdrückenden oder einmauernden Wirkung gefordert hat, lässt sich nach alledem nicht feststellen. Auch wenn der Antragsteller spürbare Beeinträchtigungen durch das streitgegenständliche Vorhaben für sich erkennen mag, ist vorliegend davon auszugehen, dass sich die Grundstückssituation für den Antragsteller nicht in einer im Rahmen des Rücksichtnahmegebotes zu berücksichtigenden Weise ändert. Die sich durch das Wohnbauvorhaben zusätzlich ergebenden Einsichtsmöglichkeiten auf das Grundstück des Antragstellers führen ebenfalls nicht zu einer Rücksichtslosigkeit des Bauvorhabens. In aller Regel, so auch hier, besteht kein Schutz gegen unerwünschte Einblicksmöglichkeiten. Diese sind im innerstädtisch dicht bebauten Quartier auch hinzunehmen.

Die Erteilung einer Abweichung ist voraussichtlich mit den öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belangen des Antragstellers vereinbar. Mit der Verpflichtung zur Würdigung nachbarlicher Interessen verlangt das Gesetz - wie bei dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme - eine Abwägung zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen und den Belangen des Nachbarn (BayVGH, B.v. 17.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris). Ob eine Abweichung von Abstandsflächenvorschriften zugelassen werden kann, beurteilt sich dabei nicht allein danach, wie stark die Interessen des betroffenen Nachbarn beeinträchtigt werden. Es ist stets auch zu prüfen, ob die Schmälerung der nachbarlichen Interessen durch überwiegende Interessen des Bauherrn oder überwiegende öffentliche Belange gerechtfertigt ist (BayVGH, B.v. 17.7.2007 a. a. O.). Durch das Bauvorhaben der Beigeladenen wird zwar eine geringfügige Veränderung der durch das Abstandsflächenrecht geschützten Belange der Belichtung, Belüftung und Besonnung - im Vergleich zu dem Zustand vor Abbruch des ...gebäudes - zulasten des Antragstellers erfolgen, die aber nicht über das hinausgeht, was in städtischen Verdichtungslagen, die durch ähnliche Verhältnisse geprägt sind, üblich ist. Die Größenverhältnisse zwischen dem geplanten Wohnkomplex der Beigeladenen und dem Anwesen des Antragstellers sind nicht derart unterschiedlich, dass das Grundstück des Antragstellers im Vergleich zum geplanten Vorhaben nach dem äußeren Eindruck seine eigene baurechtliche Charakteristik verlöre. In der gegebenen, ohnehin bereits stark verdichteten innerstädtischen Lage muss mit Bauvorhaben der in Rede stehenden Dimension immer gerechnet werden. Wie die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 11. August 2014 detailliert dargelegt hat, liegt für den dem Anwesen des Antragstellers gegenüberliegenden Teil des geplanten Vorhabens eine Baurechtsmehrung zulasten des Antragstellers - verglichen mit dem vormals herrschenden Zustand - nur in ganz geringem Umfang vor. Das Anwesen des Antragstellers hält im Übrigen selbst die Abstandsflächenvorschriften nicht ein. Es kann bei der Bewertung der wechselseitigen Interessen auch nicht völlig außer Acht bleiben, dass der Bebauungsplan Nr. ... auf der nördlichen, dem Anwesen des Antragstellers zugewandten Grundstücksseite eine Baulinie nach § 23 Abs. 2 Satz 1 BauNVO festsetzt, die eigentlich erfordert hätte, dass an der Grenze gebaut werden muss. Bei einem Abstand zwischen dem Anwesen des Klägers und dem streitgegenständlichen Vorhaben von ca. 8 m wird es daher voraussichtlich zu keinen unzumutbaren Beeinträchtigungen der Belichtung, Belüftung oder des Wohnfriedens kommen. Dieser Abstand ist gerade in dem dicht bebauten Altstadtbereich nicht so gering, dass bereits deshalb von einer Unzumutbarkeit bzw. Unvereinbarkeit mit den nachbarlichen Belangen des Antragstellers auszugehen wäre. Die erforderliche Abweichung erscheint auch mit den öffentlichen Belangen vereinbar, weil keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die allgemeinen Anforderungen an bauliche Anlagen im Sinne des Art. 3 Abs. 1 BayBO, insbesondere im Hinblick auf die öffentliche Sicherheit und Ordnung und damit auch in Bezug auf den Brandschutz, nicht gewahrt werden können.

6. Die am 2. April 2014 erteilte Baugenehmigung verletzt den Antragsteller auch nicht in nachbargeschützten Rechten im Hinblick auf den von ihm vorgetragenen Gesichtspunkt der unzumutbaren Lärmbelästigungen, die seiner Ansicht nach von der Quartiersgarage ausgehen.

Hierzu ist zunächst festzustellen, dass der Vorbescheid der Antragsgegnerin vom 18. März 2013 unter II. die von der Beigeladenen gestellte Frage, ob die im Erdgeschossplan Nr. 3 dargestellte erdgeschossige Quartiersgarage im Baugebiet ... mit einer Größe von bis zu 50 Stellplätzen inklusive der dargestellten Erschließung aus planungsrechtlicher und verkehrsrechtlicher Sicht zulässig sei, bejaht hat und der Quartiersgarage planungsrechtlich gemäß § 30 Abs. 1 BauGB zugestimmt hat. Zudem sei die Nutzung mit den verkehrlichen und immissionsschutzrechtlichen Belangen vereinbar. Hierzu hat sie auf die Hinweise zum Immissionsschutz verwiesen. In den Hinweisen unter „V. A. Immissionsschutz“ hat die Antragsgegnerin auf § 7 des Bebauungsplans Nr...., insbesondere auf die Beachtung von § 7 Abs. 5 der Satzung, hingewiesen. Entsprechend sei der Schallschutz in einem schalltechnischen Gutachten für die Einzelbauvorhaben gesondert nachzuweisen. Dieser Nachweis sei bei Einreichung der Bauanträge vorzulegen.

Mit der für die Beigeladene positiven Beantwortung der Frage 4 nach der planungsrechtlichen Zulässigkeit der Quartiersgarage hat die Antragsgegnerin verbindlich über diese Frage entschieden. Die Beurteilung der planungsrechtlichen Zulässigkeit eines Bauvorhabens umfasst auch die Beurteilung der Frage, ob das Vorhaben die an es gestellten immissionsschutzrechtlichen Anforderungen einhält. Ein bestandskräftiger, unanfechtbarer Vorbescheid entscheidet abschließend über das, was Gegenstand der Prüfung des Vorbescheidsverfahrens war. Die nachfolgende Baugenehmigung übernimmt demzufolge den Inhalt eines bestandskräftigen Vorbescheides nur redaktionell oder als Hinweis, aber ohne eine eigene, Dritte beschwerende Regelung. Die von einem Dritten trotzdem gegen die Baugenehmigung erhobene Klage ist dann zwar nicht unzulässig, wohl aber unbegründet, soweit sich der Dritte auf Feststellungen stützt, die ihm gegenüber durch den Vorbescheid bereits bestandskräftig geworden sind (Decker in Simon/Busse, a. a. O., Rn. 98 ff. zu Art. 71 m. w. N. aus der Rechtsprechung). Die Bindungswirkung eines Vorbescheides könnte nur dann nicht mehr angenommen werden, wenn sich das im Baugenehmigungsverfahren behandelte Vorhaben aufgrund nachträglicher eingereichter Unterlagen nicht mehr auf das ursprünglich mittels Vorbescheid bereits ausschnittsweise beurteilte Vorhaben bezieht, sondern von diesem abweicht. Die Bindungswirkung erstreckt sich nur auf Vorhaben, die inhaltlich dem Vorbescheid vollständig entsprechen oder von diesem ohne Veränderung der Grundkonzeption allenfalls geringfügig abweichen. Das Vorhaben darf mithin nicht derart verändert werden, dass wegen dieser Änderung die Genehmigungsfrage in bodenrechtlicher und/oder bauordnungsrechtlicher Hinweist erneut aufgeworfen wird (BayVGH, U.v. 4.11.1996 - 1 B 94.2923 - BayVBl 1997, 341 f.).

Die Anwendung dieser Grundsätze ergibt für das vorliegende Verfahren, dass die dem Vorbescheid zugrunde liegenden Unterlagen, insbesondere die eingereichten Pläne im Vergleich zu den dem Baugenehmigungsverfahren zugrunde liegenden Unterlagen, insbesondere Plänen, keine bzw. allenfalls geringfügige Abweichungen von der Grundkonzeption ergeben. Insbesondere ist sowohl nach den Darstellungen in den dem Vorbescheid zugrunde liegenden Unterlagen als auch in den zum Bestandteil der Baugenehmigung gewordenen Plänen (z. B. „Grundriss Erdgeschoss - Plannr. A-G3-g-00) zu entnehmen, dass die Situierung der Einfahrt der Quartiersgarage im nordwestlichen Teil der ...gasse unverändert geblieben ist. Es ist daher davon auszugehen, dass der sachliche Umfang der Bindungswirkung des bestandskräftig gewordenen Vorbescheides das über die Frage der planungsrechtlichen Zulässigkeit der Quartiersgarage betrifft und dabei auch über die Frage, ob von dem Vorhaben unzumutbare Lärmbelästigungen ausgehen, abschließend unanfechtbar entschieden worden ist.

Daran vermag auch nichts zu ändern, dass die Antragsgegnerin im Vorbescheid unter dem Punkt „V. Hinweise/A. Immissionsschutz“ auf § 7, insbesondere § 7 Abs. 5 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes hingewiesen und gefordert hat, den „Schallschutz in einem schalltechnischen Gutachten für die Einzelbauvorhaben gesondert nachzuweisen“. Dieser Hinweis kann entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten des Antragstellers nicht so ausgelegt werden, als dass die planungsrechtliche Zustimmung zur Quartiersgarage nur vorbehaltlich der Ergebnisse eines Gutachtens ausgesprochen worden sein soll. Denn die „Hinweise“ auf ein etwa erforderliches Gutachten nehmen am Regelungscharakter des Vorbescheides und damit auch an seiner Bindungswirkung nicht teil. Über einen bloßen Hinweis ohne Regelungscharakter kann der Umfang der planungsrechtlichen Prüfung und bestandskräftigen Entscheidung nicht eingeschränkt oder erweitert werden.

§ 7 Abs. 5 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes kann auch, entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten des Antragstellers, keine nachbarschützende Wirkung für Planaußenlieger zugemessen werden. Aus diesem Grunde ist es dem Antragsteller, wie der Bevollmächtigte des Beigeladenen zu Recht vorgetragen hat, verwehrt, sich auf den nachbarschützenden Charakter des § 7 Abs. 5 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes zu berufen. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Während die in § 7 Abs. 1 bis 3 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans postulierten immissionsschutzrechtlichen Anforderungen deutlich erkennbar und ohne Zweifel ausschließlich den im räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans liegenden Grundstücken zugutekommen sollen, so wird dies aus § 7 Abs. 4 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht von vornherein ohne weiteres deutlich, erschließt sich aber dann in der Zusammenschau mit den zeichnerischen Festsetzungen des Bebauungsplans, der eine Tiefgaragenzufahrt zwischen den Anwesen Hausnr. ... und Hausnr. ... an der ...Allee festsetzt. Abgesehen davon, dass es sich um die Tiefgaragenzufahrt für die Bewohner des streitgegenständlichen Anwesens handelt, die nicht Gegenstand der Kritik des Antragstellers ist, und die zudem an der ...Allee gelegen ist, den Antragsteller daher auch unter keinem Blickwinkel des Rücksichtnahmegebots einen Ansatzpunkt für eine Nachbarrechtsverletzung böte, ist festzustellen, dass die Grundstücke mit den Hausnrn. ... und ..., jeweils ...Allee, ebenfalls im räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. ... der Antragsgegnerin liegen. In der Zusammenschau wird demnach deutlich, dass die Regelungen in § 7 Abs. 1 bis 4 der Satzung sich insgesamt ausschließlich auf die im räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans befindlichen Grundstücke beziehen und nicht den Nachbarschutz von Planaußenliegern in den Blick genommen haben. Daraus folgt, dass die Regelung in § 7 Abs. 5 der Bebauungsplansatzung, wonach der Schallschutz in einem schalltechnischen Gutachten für die Einzelbauvorhaben gesondert nachzuweisen ist, sich ebenfalls nur auf die sich im räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans befindlichen Grundstücke beziehen kann. Der Bebauungsplan sieht daher, worauf die Bevollmächtigte der Beigeladenen zu Recht hingewiesen hat, zugunsten des Antragstellers keine immissionsschutzrechtlichen Festsetzungen vor, deren Einhaltung er mittels Anforderung eines schalltechnischen Gutachtens fordern könnte.

Auch unter dem Blickwinkel des Rücksichtnahmegebots ist im Hinblick auf die vom Antragsteller vorgetragene, von der Quartiersgarage ausgehende Lärmbelästigung keine Nachbarrechtsverletzung festzustellen. Die Kammer vermag im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens auch durch das durch die Quartiersgarage ausgelöste Verkehrsaufkommen und die durch die im nordwestlichen Grundstücksbereich der Fl.Nr. ... der Gemarkung ... nahe der Einmündung der ...gasse in die ...Alle vorgesehene Ein- und Ausfahrt keine maßgebliche Belastung des Anwesens des Antragstellers zu erkennen.

Nach der Stellungnahme der Fachstelle Immissionsschutz/Umweltamt der Antragsgegnerin im Vorbescheidsverfahren vom 11. Juli 2012 handelt es sich bei der Quartiersgarage nicht um eine öffentlich genutzte Parkgarage, die jedermann innerhalb der Öffnungszeiten zugänglich ist, sondern um eine Garage, die an Personen vermietet werden soll, die im Gebiet wohnen, ansässig sind oder ihrer Berufstätigkeit nachgehen. Dem Bevollmächtigten des Antragstellers ist darin beizupflichten, dass eine Quartiersgarage nicht dem Lärmbonus notwendiger Stellplätze unterliegt, bei denen die durch die Nutzung verursachten Lärmimmissionen im Regelfall eine Vermutung der Nachbarverträglichkeit begründen und die als sozialadäquat hinzunehmen sind. Bei der Quartiersgarage handelt es sich wohl um einen im festgesetzten Mischgebiet nach § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO allgemein zulässigen sonstigen Gewerbebetrieb, dessen Geschäftsmodell darin besteht, Parkplätze monatlich an einen bestimmbaren Benutzerkreis zu vermieten und dessen Betrieb im Baugenehmigungsbescheid damit beauflagt wurde, sicherzustellen, dass die Quartiersgarage, insbesondere zur Nachtzeit, nicht als öffentliche Garage genutzt werden kann (V., E. 5. des Bescheides), wobei die Kammer der Auffassung zuneigt, dass - im Gegensatz zur Auffassung der Antragsgegnerin - zumindest eine „Quasi-Öffentlichkeit“ der Quartiersgarage anzunehmen ist. Nach § 12 Abs. 1 BauNVO sind Stellplätze und Garagen in allen Baugebieten zulässig, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 6 nichts anderes ergibt. Nur in Kleinsiedlungsgebieten, reinen Wohngebieten und allgemeinen Wohngebieten sowie Sondergebieten, die der Erholung dienen, sind Stellplätze und Garagen nur für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf zulässig (§ 12 Abs. 2 BauNVO). Nachdem die Quartiersgarage in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Mischgebiet errichtet werden soll, ist § 12 Abs. 2 BauNVO ebenso wie § 12 Abs. 3 bis 6 BauNVO vorliegend nicht einschlägig.

Wenn allerdings von der Herstellung und Nutzung von Stellplätzen Belästigungen ausgehen, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzulässig sind, greift § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO mit dem dort enthaltenen Gebot der Rücksichtnahme ein. Die Frage, wann die Benutzung von Garagen und Stellplätzen die Umgebung unzumutbar stört, lässt sich nicht abstrakt und generell nach festen Merkmalen beurteilen. Vielmehr kommt es entscheidend auf die konkrete Situation an, in der sich die Belästigungen auswirken. Nachdem der Begriff der erheblichen Störung mit dem Begriff der erheblichen Belästigung der Nachbarschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG und damit mit dem Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen vergleichbar ist, kommt es bei der Bestimmung des Maßes dessen, was an Störungen billigerweise noch zumutbar und hinzunehmen ist, auf das Ergebnis einer situationsbezogenen Abwägung und einem Ausgleich der widerstreitenden Interessen im Einzelfall an. So werden bei der Beurteilung insbesondere die Gebietsart, der konkrete Standort, die Zahl und Benutzungsart der Stellplätze, die Art und Weise der Verbindung zum öffentlichen Verkehrsraum sowie die Funktion der Stellplätze als notwendige oder zusätzliche Stellplätze eine Rolle spielen (BVerwG, B.v. 20.3.2003 - 4 B 59/12 - NVwZ 2003, 1516).

In Anwendung dieser Grundsätze ist es nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die Nutzung der Quartiersgarage zu unzumutbaren Lärmbelastungen für den Antragsteller führt.

Im festgesetzten Mischgebiet ist die Quartiersgarage, wie bereits vorstehend erwähnt, wohl als sonstiger Gewerbebetrieb nach § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO allgemein zulässig. Die Zahl der in der Quartiersgarage geplanten Stellplätze (38) und die Benutzungsart der Stellplätze lässt nicht von vorne herein den Schluss zu, die Quartiersgarage sei aus Rücksichtnahmegesichtspunkten für den Antragsteller unzumutbar. Hier ist zwar einerseits in die Betrachtung einzustellen, dass die Quartiersgarage, die zur Nachtzeit nicht betrieben werden darf, wie es im Baugenehmigungsbescheid beauflagt worden ist, einem „qausi-öffentlichen“ Personenkreis zur Benutzung offensteht; es kann aber auch nicht außer Betracht gelassen werden, dass hier nicht der Betrieb eines öffentlichen Parkhauses mit einem möglicherweise stundenweise wechselnden unbestimmbaren Personenkreis vorgesehen ist, sondern die Stellplätze an gebietsansässige bzw. in dem Quartier arbeitende Personengruppen monatlich vermietet werden sollen, was einen deutlich geringeren An- und Abfahrtsverkehr als den zu einer öffentlichen Tiefgarage stattfindenden indiziert. Die Beigeladene hat zudem nach der Auflage E Nr. 5 des Baugenehmigungsbescheides sicherzustellen, dass die Quartiersgarage, insbesondere zur Nachtzeit, nicht als öffentliche Garage genutzt werden kann. Die Art und Weise der Verbindung der Stellplätze zum öffentlichen Verkehrsraum stellt sich vorliegend so dar, dass die Zu- und Abfahrt zur Quartiersgarage im nordwestlichen Bereich der ...gasse, zur ...Allee hin situiert werden soll und ca. 45 m entfernt von der westlichen Grundstücksgrenze des klägerischen Anwesens errichtet werden soll. Nachdem der Lage, der Ausgestaltung und der Entfernung der Zufahrt zu den Stellplätzen zum Grundstück des Antragstellers eine besondere Bedeutung zukommt, weil der Lärm des Zu- und Abfahrtsverkehrs die Nachbarschaft in aller Regel am stärksten belastet, können schon angesichts der Entfernung der Ein- und Ausfahrt der Quartiersgarage, bezogen auf das Anwesen des Antragstellers, vermutlich keine unzumutbaren Auswirkungen entstehen. Die geplante Zu- und Abfahrt liegt in unmittelbarer Nähe zur öffentlichen Verkehrsfläche der ...gasse, weswegen auch in IV. A. 1. des Baugenehmigungsbescheides eine Abweichung erteilt worden ist. Eine Belastung des Antragstellers, etwa durch eine längere, an seinem Grundstück vorbeiführende Zuwegung zur Quartiersgarage auf dem Grundstück der Beigeladenen liegt daher nicht vor (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 10.4.2014 - 1 CS 14.397 - juris). Die Benutzer der Quartiersgarage fahren demnach mindestens 45 m von der westlichen Grundstücksgrenze des Antragstellers entfernt in die Tiefgarage direkt von der öffentlichen Verkehrsfläche ein bzw. auf diese aus, ohne etwa beispielsweise zu lärmintensiven Rangiermanövern oder längeren Vorbeifahrten an der Grundstücksgrenze des Antragstellers gezwungen zu sein, um ihren Abstellort zu erreichen oder sich von ihm zu entfernen.

Im Übrigen setzt der angefochtene Bescheid unter VI. Auflagen, E. Immissionsschutz 1. fest, dass der Beurteilungspegel des beim Betrieb entstehenden Lärms, unabhängig davon, ob der Lärm durch Menschen, Maschinen, Fahrzeuge, Anlagen oder Einrichtungen entsteht, aufgrund der Summenwirkung mit anderen (möglichen) Betrieben in diesem Gebiet insgesamt die reduzierten Richtwerte in der Nachbarschaft an den umliegend nächsten schutzbedürftigen Nutzungen von tagsüber 57 dB(A) und nachts von 42 dB(A) (Pegelspitzen von 22.00 bis 6.00 Uhr: 65 dB(A)) nicht überschreiten darf und erklärt die TA Lärm für bei der Ermittlung des Lärms für zu beachten. Die Antragsgegnerin hat damit eine Reduzierung der Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden, die nach Nr. 6.1 c) in Mischgebieten tags 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) betragen, um jeweils 3 dB(A) reduziert und zur Begründung angeführt, diese Reduzierung werde als „praktikabler Mittelweg“ herangezogen, um weiterhin Raum für andere Anlagen zu haben und zugleich die Nutzung nicht unverhältnismäßig stark einzuschränken. Hiergegen ist von Seiten des Gerichts nichts zu erinnern. Ausgehend davon, dass sich das Grundstück des Antragstellers (bestenfalls) im allgemeinen Wohngebiet, eventuell auch im Mischgebiet oder in einem Gebiet sui generis befindet, könnte er nur dann als angrenzender Gebietsanlieger bei angenommener Lage im allgemeinen Wohngebiet die Einhaltung der für ein allgemeines Wohngebiet geltenden Richtwerte fordern, wenn das Vorhaben der Beigeladenen auch in einem allgemeinen Wohngebiet gelegen wäre. Da sich das streitgegenständliche Vorhaben allerdings im festgesetzten Mischgebiet befindet, besteht von Seiten des Gerichts im Rahmen des summarischen Verfahrens keine Veranlassung, angesichts der reduzierten Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel von der durch den Antragsteller behaupteten Unzumutbarkeit der Lärmimmissionen auszugehen. Nähme man zugunsten des Antragstellers an, dass sein Grundstück in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet läge, wäre die westlich davon vorhandene gewerbliche Nutzung durch einen Gastronomiebetrieb (...gasse ...) schutzmindernd zu berücksichtigen. Ein solches bauplanungsrechtlich zulässiges Nebeneinander von Wohnen und gewerblicher Betätigung schlägt sich bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in der Bildung eines Mittelwerts nieder, wie er im streitgegenständlichen Bescheid angesetzt worden ist. Die Bildung eines solchen Mittelwerts ist auch nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. z. B. B.v. 3.3.2006 - 15 ZB 04.2453 - juris) geeignet, Nachbarrechte zu sichern, wenn eine Anlage bei regelmäßigem Betrieb nur so genutzt werden kann, dass die entstehenden Immissionen die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze nicht überschreiten. Selbst unter der für den Antragsteller günstigsten Annahme, sein Grundstück läge in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet, träfen hier unterschiedlich schutzwürdige Gebiete zusammen. Dabei weitet eine Mittelwertbildung der Immissionsrichtwerte die Duldungs- und Rücksichtnahmepflichten der Nachbarn aus (BayVGH, B.v. 30.6.2009 - 15 CS 08.3019 - juris), steht in Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung und ist nicht geeignet, bei summarischer Überprüfung Zweifel daran zu wecken, dass die festgesetzten Richtwerte nicht eingehalten werden könnten.

Der Antrag hat nach alledem keinen Erfolg.

7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als im Verfahren unterlegen hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen. Da sich die Beigeladene durch eigene Antragstellung einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), entsprach es der Billigkeit, ihre entstandenen außergerichtlichen Kosten dem Antragsteller aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).

8. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz - GKG - i. V. m. Nr. II. 1.5 und Nr. II. 9.7.1 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Nach den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit ist für Nachbarklagen ein Streitwert von 7.500,-- EUR anzusehen, der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren war.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragsteller tragen gesamtverbindlich die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Der Streitwert wird auf 3.750,-- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerinnen sind Miteigentümerinnen des Gebäudes ...str. 136 a, Fl.Nr. ... das westlich an das Baugrundstück ...str. 132, 134, 134 a, 136, Fl.Nr. ... und Fl.Nr. ..., Gemarkung ... ... ..., angebaut ist.

Bild

(Lageplan aufgrund Einscannens evtl. nicht mehr maßstabsgetreu)

Am 13. November 2014 beantragte die Beigeladene die Baugenehmigung für den Dachgeschossneubau und Ergänzung von Balkonen und Aufzugsanlagen.

Nach den eingereichten Plänen war der Neubau des Dachgeschosses der Gebäude ...str. 132 und 136 über dem fünften Geschoss sowie der Anbau von Balkonen auf der Nordseite der Gebäude ...str. 132 und 136, jeweils in einem Abstand von 0,39 m von der östlichen (...str. 132) bzw. westlichen (...str. 136) Grundstücksgrenze vorgesehen. Die Balkone vom Erdgeschoss (Hochparterre, dessen Fußbodenoberkante zwischen 0,58 m und 0,73 m über der Geländeoberkante liegt) bis einschließlich viertem Obergeschoss verfügen über eine Tiefe von 1,95 m und einer Länge von 3 m. Gleichartige Balkone sollen an der Ostseite des Gebäudes ...str. 134 und an der Westseite des Gebäudes ...str. 134 a jeweils in einem Abstand von 0,65 m südlich der nordöstlichen bzw. nordwestlichen Hausecke der Gebäude ...str. 134 und 134 a angebracht werden. Der Dachgeschossneubau erfolgt mansarddachähnlich mit zurückgezogenem, aufgesetzten Satteldach, wobei die Traufhöhe des Daches im Norden 17,915 m und im Süden 17,435 m beträgt; die Firsthöhe liegt bei 20,55 m. Die genannte Traufhöhe passt sich der Höhe des Mansardknicks des Anwesens ...str. 136 a profilgleich an, der First liegt 0,99 m unter dem des Firstes des Nachbargebäudes ...str. 136 a. Die beiden Aufzugsanlagen sind in den Eckbereichen zwischen den Gebäuden ...str. 132/134 und 134 a/136 vorgesehen.

Mit Bescheid vom ... April 2015 genehmigte die Antragsgegnerin den Bauantrag vom 13. November 2014 nach Plan-Nr. ... mit Handeintragungen vom 5. März 2015 und 26. März 2015 nach Plan-Nr. ... sowie Freiflächengestaltungsplan, Baumbestandsplan und Brandschutznachweis im vereinfachten Verfahren gemäß Art. 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BayBO nach Gebäudeklasse 5. Die Baugenehmigung vom ... April 2015 enthielt neben Auflagen zu Kfz- und Fahrradabstellplätzen sowie zum Denkmalschutz, Baumschutz und Naturschutz und einer Befreiung wegen Abrückens der straßenseitigen Dachgauben von der Baulinie verschiedene Abweichungen. Neben den Abweichungen wegen Überdeckung der Abstandsflächen der vorhandenen Bebauung und der Überschreitung der Straßenmitte durch die geplanten Gauben wurden mehrere Abweichungen gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO wegen Nichteinhaltung der erforderlichen Abstandsflächen zu den Nachbargrundstücken durch die geplanten Balkone erteilt, u. a. auch zum Grundstück der Kläger, ...str. 136 a, FlNr. .... Zur Begründung der Abweichungen durch die Nichteinhaltung der Abstandsflächen durch die geplanten Balkone (Abweichungen Nrn. 4 bis 8 - Nr. 4 betrifft die gegenüber dem Grundstück der Antragstellerinnen) wurde ausgeführt, dass die Abstandsflächen durch die bestehende Bebauung im Geviert in der Regel nicht eingehalten werden, weshalb eine atypische Situation vorliege, die durch die zusätzlich anfallenden Abstandsflächen nicht verschärft werde. Die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse und eine ausreichende Belichtung und Belüftung der Wohn- und Aufenthaltsräume blieben gewahrt. Die Nachbarn würden durch die erteilten Abweichungen nicht nachhaltig und gravierend in ihren schutzwürdigen Individualinteressen verletzt, weshalb die Erteilung der Abweichung nicht gehindert sei.

Die Baugenehmigung vom ... April 2015 wurde den Antragstellerinnen mit Postzustellungsurkunde vom 30. April 2015 (Antragstellerin zu 1.) und vom 6. Mai 2015 (Antragstellerin zu 2.) zugestellt.

Mit einem am 29. Mai 2015 eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tage erhoben die Bevollmächtigten der Antragstellerinnen Klage gegen den Bescheid vom ... April 2015.

Gleichzeitig beantragten sie gemäß § 80 a Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO,

die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerinnen gegen die Baugenehmigung vom ... April 2015 anzuordnen und der Antragsgegnerin aufzugeben, die Baustelle auf dem Grundstück ...str. 132 bis 136 stillzulegen.

Zur Begründung von Klage (M 8 K 15.2324) und Antrag nach § 80 a Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO wurde ausgeführt:

Die Antragstellerinnen seien Eigentümerinnen je zur Hälfte des Grundstücks ...str. 136 a. Die mit der Baugenehmigung vom ... April 2015 zugelassenen Balkone seien unstreitig nicht untergeordnet, weshalb eine Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO erteilt worden sei. Die Antragsgegnerin habe sich bei den mit der Abweichungsentscheidung zwingend zu würdigenden nachbarlichen Interessen nicht hinreichend damit auseinandergesetzt, ob die Schmälerung der nachbarlichen Interessen durch überwiegende Interessen des Bauherrn oder öffentliche Belange gerechtfertigt sei. Die angefochtene Baugenehmigung lasse nicht erkennen, dass sich die Antragsgegnerin mit dem Umstand befasst habe, dass die Nutzung der Balkonanlagen, insbesondere der unmittelbar an der westlichen Grenze befindlichen, zu einer Verschattung des Nachbargrundstücks in den Morgen- und Mittagsstunden führt und - noch entscheidender - von den Balkonen der ungeschützte Blick durch die Fenster des Nachbargebäudes - dort insbesondere auch Schlafzimmer - zugelassen werde, wodurch nachbarliche Konflikte und die Störung des sozialen Friedens vorprogrammiert seien. Ins Blaue hinein - phrasen- und formelhaft - behaupte die angefochtene Baugenehmigung, dass die Abstandsflächen durch die bestehende Bebauung im Geviert regelmäßig nicht eingehalten seien, wobei völlig außer Betracht gelassen werde, dass Balkonanlagen, wie die streitgegenständliche, in dem Geviert in entsprechender Weise überhaupt nicht zu beobachten seien. Die Antragsgegnerin sei auch ihrer Begründungspflicht nach Art. 68 Abs. 2 Satz 2 BayBO nicht nachgekommen; es sei nicht ausreichend, die Abweichung auf formelhafte Erklärungen oder Phrasen zu reduzieren. Die Antragstellerinnen würden nicht nur durch die Verletzung der Verfahrensvorschrift des Art. 68 Abs. 2 Satz 2 BayBO verletzt, da das genehmigte Bauvorhaben in einer die Antragstellerinnen beeinträchtigenden Weise rechtswidrig sei.

Die Bevollmächtigten der mit Beschluss vom 3. Juni 2015 Beigeladenen beantragten mit Schriftsatz vom 24. Juni 2015,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

Die Abstandsflächen der streitgegenständlichen Balkone lägen in der Abstandsfläche der Westwand des Gebäudes ...str. 134 a; der zurückspringende Mittelteil des Gebäudekomplexes ...str. 132 bis 136 löse bereits im Bestand eine Abstandsfläche aus, welche deutlich auf dem Grund der Antragstellerinnen zu liegen komme und die von den gegenständlichen Balkonen ausgelöste Abstandsfläche deutlich überrage; es sei deshalb keinerlei Beschwer der Antragstellerinnen erkennbar. Vor allem aber halte die Ostwand des nördlichen Schenkels des Anwesens der Antragstellerinnen die erforderlichen Abstandsflächen in Relation zum Baugrundstück selber nicht ein. Diese Wand löse, vergleichbar mit der Westwand des rückspringenden Mittelteils des Bauvorhabens, eine Abstandsfläche aus, welche zu erheblichen Teilen auf dem Baugrundstück zu liegen komme. Diese Situation entspreche üblicher innerstädtischer Bauweise, wie sie zumal im Rahmen geschlossener Bauweise auftrete. Dies habe zur Folge, dass eine atypische Situation bestehe, die nicht nur die Bestandsbauten, sondern auch die nachträgliche Hinzufügung der gegenständlichen Balkonanlagen rechtfertige, weil andernfalls eine angemessene Bebauung der beiden Grundstücke nicht möglich wäre. Darüber hinaus können sich die Antragstellerinnen - zumal in Ansehung der Rechtsprechung der 8. Kammer des Bayerischen Verwaltungsgerichts München, U.v. 30.6.2014, M 8 K 13.1102 - nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das streitgegenständliche Vorhaben die erforderlichen Abstandsflächen nicht einhalte, da diese Rüge gegen den auch im öffentlichen Recht anwendbaren Grundsatz von Treu und Glauben, § 242 BGB analog, verstoße. Hieran ändere der Umstand, dass die Abweichung vom Abstandsflächenrecht durch das Bestandsgebäude möglicherweise etwas größer sei als diejenige durch das Gebäude der Antragstellerinnen nichts, da kein schematischer oder gar zentimetergenauer Maßstab anzulegen sei.

Weiterhin wurde darauf hingewiesen, dass mit der Errichtung der streitgegenständlichen Balkonanlagen „ab ca. April 2016“ begonnen werden solle.

Mit Schriftsatz vom 3. Juli 2015 beantragte die Antragsgegnerin,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletzt sei und die Antragsgegnerin die Abweichungen habe rechtsfehlerfrei erteilen können.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts-, die vorgelegte Behördenakte sowie die genehmigten Pläne verwiesen.

II.

Der nach § 80 a Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist unbegründet, da die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage voraussichtlich ohne Erfolg sein wird.

1. Nach § 212 a Abs. 1 BauGB hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Legt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung eine Anfechtungsklage ein, so kann das Gericht auf Antrag gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die bundesgesetzlich gemäß § 212 a Abs. 1 BauGB ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen.

Bei dem Antrag gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind - die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung (vgl. Schmidt in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 71). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfes in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht alleiniges Indiz zu berücksichtigen (vgl. Schmidt a. a. O., § 80 Rn. 73 ff.). Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich erfolgreich sein, so wird im Regelfall die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Erweist sich der angefochtene Bescheid dagegen schon bei summarischer Prüfung als rechtmäßig, besteht ein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung.

2. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung sprechen die überwiegenden Gründe dafür, dass das mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugelassene Bauvorhaben weder in bauplanungsrechtlicher noch in bauordnungsrechtlicher Hinsicht gegen drittschützende Rechte der Antragstellerinnen verstößt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen sind (Art. 59 BayBO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (vgl. BayVGH, B.v. 24.03.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20).

3. Als nachbarschützendes Recht im Bauplanungsrecht kommt vorliegend nur der Anspruch auf Wahrung der gebotenen Rücksichtnahme in Betracht, der jedoch nicht durch die streitgegenständliche Baugenehmigung verletzt worden ist.

3.1 Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalles kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist, an (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 4 C 1/04 - juris Rn. 22; U.v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 12.09.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rn. 4). Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position inne hat (vgl. BVerwG, B.v. 06.12.1996 - 4 B 215/96 - juris Rn. 9).

3.2 Nach diesen Maßstäben liegt eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots zulasten der Antragstellerinnen hier nicht vor. Die von dem Bauvorhaben in der genehmigten Form ausgehenden Belästigungen und die mit der Benutzung der Balkone für die nähere Umgebung verbundenen Auswirkungen sind ortsüblich und sozialadäquat und damit von den Nachbarn hinzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 12.09.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rn. 6).

3.2.1 Im vorliegenden Fall ist es bereits fraglich, ob die streitgegenständlichen Balkonanlagen überhaupt zu einer - zusätzlichen - Beeinträchtigung der Belichtungssituation auf dem Grundstück der Antragstellerinnen führen können, da die Abstandsfläche der Balkonanlage an der Westseite der ...str. 134 a weit innerhalb der Abstandsfläche der Westwand des Gebäudes ...str. 134 a liegt und die - seitliche - Abstandsfläche der Balkonanlage in der Nord-West-Ecke der ...str. 136 deren Abstandsfläche nur geringfügig überschreitet.

Jedenfalls führen die Balkonanlagen nicht zu Belichtungs- und Besonnungsverhältnissen, die für das Wohngebäude der Antragstellerinnen schlechthin nicht zumutbar wären.

3.2.2 Soweit die Antragstellerinnen rügen, dass durch die Balkone der Sozialfriede und Sozialabstand bzw. der Wohnfriede beeinträchtig würde, führt dies ebenfalls zu keiner Verletzung des Rücksichtnahmegebots.

Trifft eine Wohnnutzung auf eine vorhandene Wohnnutzung, dann kommt unter dem Gesichtspunkt der Nutzungsart ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen in Betracht (vgl. BayVGH, B.v. 12.09.2005 - 1 ZB 05.42 - juris RdNr. 19). Das Rücksichtnahmegebot gibt dem Nachbarn nicht das Recht, von jeglicher Beeinträchtigung - speziell von jeglichen Einblicken - verschont zu bleiben (vgl. BayVGH, B.v. 12.09.2005 a. a. O.). Gegenseitige Einsichtnahmemöglichkeiten sind im dicht bebauten innerstädtischen Bereich unvermeidlich und führen nicht automatisch zu einer Verletzung des Sozialabstandes. Im Übrigen sind die verbleibenden Sozialabstände in der vorgegebenen städtebaulichen Situation hinzunehmen, obschon damit auch Einsichtnahmemöglichkeiten einhergehen können (vgl. BayVGH, U.v. 07.10.2010 - 2 B 09.328 - juris Rn. 30).

Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme ist insoweit nicht auszumachen.

4. Das beantragte Bauvorhaben wurde im vereinfachten Genehmigungsverfahren gemäß Art. 59 BayBO genehmigt. Da die Antragsgegnerin Abweichungen gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO von den Vorschriften des Abstandsflächenrechts nach Art. 6 BayBO erteilt hat, gehören diese auch zum Prüfumfang der streitgegenständlichen Baugenehmigung gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO, so dass im Rahmen des Nachbarrechtsbehelfes auch die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften zu prüfen sind.

4.1 Sowohl die Balkone an der Westseite des Gebäudes ...str. 134 a als auch die an der Nordwand des Gebäudes ...str. 136 sind abstandsflächenrelevant, da sie die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 b BayBO aufgrund ihres Vortretens vor die zugehörige Außenwand um 1,95 m nicht erfüllen.

4.2 Die Balkonanlage auf der Westseite des Gebäudes ...str. 134 a mit einer Höhe von 12,74 m (vermaßt in Ansicht Nord) und einem Abstand zur gegenüberliegenden, gemeinsamen Grundstücksgrenze mit der Antragspartei von 8,20 m wirft somit einen Teil ihrer erforderlichen Abstandsfläche ebenso wie die gleich hohe Balkonanlage an der Nordseite des Grundstücks ...str. 136, deren westliche - fiktive - Außenwand sich in einem Abstand von 0,39 m von der gemeinsamen Grundstücksgrenze mit der Antragspartei befindet, auf das Grundstück der Antragspartei.

4.3 Diese Abstandsflächenverletzung kann jedoch durch die von der Antragsgegnerin erteilte Abweichung ausgeräumt werden.

Die Voraussetzungen für die Zulassung einer Abweichung von den Vorgaben des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO liegen vor.

4.3.1 Nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von den Anforderungen des Bauordnungsrechts zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen, insbesondere den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 BayBO vereinbar sind. Nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs erfordert die Zulassung einer Abweichung Gründe, durch die sich das Vorhaben vom Regelfall unterscheidet und die etwa bewirkte Einbußen an geschützten Nachbarrechtspositionen vertretbar erscheinen lassen (vgl. BayVGH, B.v. 13.03.2002 - 2 CS 01.1506 - juris; B.v. 15.10.2014 - 2 ZB 13.530 - juris). Insoweit muss es sich um eine atypische, von der gesetzlichen Regel nicht zureichend erfasste oder bedachte Fallgestaltung handeln. Bei der Zulassung der Abweichung ist eine atypische Situation zu fordern (vgl. BayVGH, B.v. 26.03.2015 - 2 ZB 13.2395). Die Lage eines Baugrundstücks in einem dicht bebauten Bereich rechtfertigt noch nicht per se jede Abweichung von den Abstandsflächen. Soweit in einem solchen Bereich ein sinnvolles Vorhaben auch dergestalt verwirklicht werden kann, dass gleichwohl die erforderlichen Abstandsflächen eingehalten werden, kann eine Atypik nicht mehr angenommen werden. Für die Frage der Atypik ist vielmehr von Bedeutung, ob eine sinnvolle Ausnutzung des Baugrundstücks - auch unter den Anforderungen des Art. 6 Abs. 5 BayBO - möglich und zumutbar ist (vgl. BayVGH, B.v. 30.08.2011 - 15 CS 11.1640 - juris).

4.3.2 Eine atypische Situation, die die Bebaubarkeit des streitgegenständlichen Grundstücks dergestalt einschränkt, dass eine angemessene bauliche Ausnutzung nur bei Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Abstandsflächen in Betracht kommt, liegt vor. In dem dicht, in geschlossener Bauweise bebauten Quartier ...straße/... Straße/...straße/...straße, in dem sowohl das Baugrundstück als auch das Grundstück der Antragspartei liegen, werden Abstandsflächen, soweit sie anfallen, offensichtlich nahezu nirgendwo eingehalten. Aufgrund der hier vorzufindenden Baustruktur und der Höhenentwicklung der Gebäude können auch - nachträglich errichtete - Balkonanlagen, die nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayBO anfallenden Abstandsflächen mit den gemäß Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO geforderten Tiefen nahezu nirgends einhalten. Andererseits entsprechen Balkone in einer Größe, die den Aufenthalt von zwei bis drei Personen erlaubt, dem Standard moderner Wohnverhältnisse. Die Anbringung von, einem modernen Wohnstandard entsprechenden, Balkonen unter Einhaltung der erforderlichen Abstandsflächen ist vorliegend aufgrund der Gebäudestruktur der ...str. 134 a und 136 nicht möglich. Dies gilt insbesondere auch, da der für die Erschließung des sechsgeschossigen Gebäudes nachträglich errichtete Außenaufzug nur im Eckbereich zwischen den Gebäuden ...str. 134 a und 136 angebracht werden kann, was die Situierung der berechtigten Bauwünschen entsprechenden Balkone vinkuliert.

Soweit die Antragspartei ausführt, dass bislang an den benachbarten Gebäuden im Quartier keine hofseitigen Balkone angebracht seien, ändert dies nichts am Vorliegen einer atypischen Situation. Eine andere rechtliche Bewertung würde dazu führen, dass eine sukzessive Anpassung an moderne Wohnverhältnisse auf Dauer ausgeschlossen wäre.

4.3.3 Die Erteilung der Abweichung ist auch im Hinblick auf die nachbarlichen Interessen der Antragspartei gerechtfertigt.

Eine Verschlechterung der Belichtungssituation des Grundstücks der Antragspartei geht mit der Errichtung der streitgegenständlichen Balkone nicht einher, da die Balkonanlage an der Westwand des Gebäudes ...str. 134 a weit innerhalb der Abstandsflächentiefe dieser Wand liegt und die Abstandsflächentiefe der seitlichen - fiktiven - Außenwand der Balkonanlage an der Nordseite des Gebäudes ...str. 136 die Abstandsflächentiefe der Westwand des Gebäudes ...str. 134 a nur marginal um 0,35 m überschreitet.

Soweit die Antragspartei eine mangelnde Interessenabwägung zu ihren Lasten im Hinblick auf neu geschaffene Einsichtsmöglichkeiten rügt, ist festzustellen, dass diese im dicht bebauten innerstädtischen Bereich unvermeidlich sind und auch unabhängig von der Einhaltung erforderlicher Abstandsflächen bestehen. Die Betroffenen können sich durch das Anbringen von Jalousien oder verspiegelten Fenstern behelfen (vgl. BayVGH vom 7.10.2010 - 2 B 09.328 - juris).

Sie können vorliegend auch gemäß Art. 44 BayAGBGB einen Anspruch auf Errichtung eines die Einsichtnahme beschränkenden Abschlusses der westlichen Balkonseiten geltend machen. Die Balkone mit einer Größe von knapp 6 m² sind auch nicht geeignet, zu unzumutbaren Belästigungen der Bewohner des Gebäudes der Antragstellerinnen zu führen, da sie aufgrund ihrer Größe nur eingeschränkte Nutzungsmöglichkeiten zulassen.

5. Zwar ist der Antragspartei zuzugeben, dass die Antragsgegnerin in den Abweichungen Nrn. 4 - 8 das Vorliegen der atypischen Situation sehr knapp dargestellt hat und auf die nachbarlichen Belange in formelhafter Weise eingegangen ist.

Allerdings besteht nach Überzeugung des Gerichts an der grundsätzlichen Rechtmäßigkeit der hier streitgegenständlichen Abweichung Nr. 4 kein Zweifel, zumal aufgrund der Darlegungen unter Ziff. 4 auch nicht ersichtlich ist, weshalb das berechtigte Interesse der Bauherrin an einer zeitgemäßen Ausstattung ihrer Wohnungen gegenüber den nachbarlichen Interessen der Antragspartei zurückzutreten hat.

Im Rahmen der vom Gericht zu treffenden Interessenabwägung (vgl. oben Ziff. 1) überwiegt daher eindeutig das Interesse der Bauherrin am Vollzug der angefochtenen Baugenehmigung, zumal die Antragsgegnerin ihre Ermessenserwägungen im Bescheid vom ... April 2015 im Sinne der Darlegungen des Gerichts jederzeit ergänzen kann.

6. Der Kostenausspruch ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen der Antragspartei gemäß § 162 Abs. 3 VwGO aufzuerlegen, da die Beigeladenen einen Antrag gestellt und sich somit einem Kostenrisiko gemäß § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziff. 9.7.1 und Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.