Verwaltungsgericht München Beschluss, 05. Jan. 2016 - M 7 S 16.44

published on 05/01/2016 00:00
Verwaltungsgericht München Beschluss, 05. Jan. 2016 - M 7 S 16.44
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Gericht

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Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Vertreter des Antragstellers zeigte beim Landratsamt Miesbach (im Folgenden: Landratsamt) am Vormittag des 5. Januar 2016 für Mittwoch, den ... Januar 2015 eine Versammlung unter freiem Himmel zum Thema Asylpolitik auf einer Rasenfläche in der Zufahrtsstraße von der Bundesstraße 307 zum Tagungsort der CSU in Wildbadkreuth an. Als Kundgebungsmittel wurden ein Transparent, Amnesty-Jacken und -Informationsblätter, evtl. ein Megafon, eine Ratsche und Pfeifen angegeben, die Zahl der erwarteten Teilnehmer mit drei bis vier Personen. Mit Schreiben von 15:33 Uhr zeigte er an, dass die Versammlung in der Zeit von 10:00 bis 14:00 Uhr stattfinden solle.

Mit Bescheid vom 5. Januar 2016 beschränkte das Landratsamt gestützt auf Art. 15 Abs. 1, 2, Art. 13 Abs. 5, 6 BayVersG die angemeldete Versammlung in Nummer 1.a. des angefochtenen Bescheides unter anderem dahingehend, dass als Versammlungsort ausschließlich die im öffentlichen Eigentum stehende Fläche an der B 307 an der Abzweigung zur Jost-Hurler-Brücke, Höhe Raineralmweg ..., gegenüber der südlichen Hauptstraße ... entsprechend dem dem Bescheid beigefügten Auszug aus dem geographischen Informationssystem/optischer Lageplan sowie nach den näheren straßenverkehrsrechtlichen Festlegungen der Gemeinde Kreuth zugelassen werde. Grund für die örtliche Verlegung sei, dass der beantragte Versammlungsort Zufahrt zur Tagungsstätte sei und als Not- und Rettungsweg und Aufstellungsfläche für polizeiliche Einsatzkräfte diene. Auch aufgrund eines zu erwartenden hohen Aufkommens an Ferienrückreiseverkehr am ... Januar sei an diesem Standort mit Risiken für die Versammlungsteilnehmer sowie alle Verkehrsteilnehmer zu rechnen. Die Versammlungsleitung habe keinen Alternativstandort vorgeschlagen. Der zugewiesene Versammlungsort sei die beste Alternative, da der als Alternative in Betracht kommende, in unmittelbarer Nähe befindliche große Parkplatz an der Abzweigung nach Wildbad Kreuth ebenso wie die gegenüberliegende Wiese in Privateigentum stünden und ein Einverständnis des Eigentümers in der Kürze der Zeit nicht einzuholen gewesen sei. Die weiter in Betracht kommende Fläche in der Nähe, Hauptstraße 10 - 14 in Kreuth, die einer weiteren Versammlung als Aufstellungsort diene, habe die Versammlungsleitung abgelehnt. Der zugewiesene Alternativstandort liege zwar weiter von Wildbad Kreuth entfernt, sei aber in vergleichbarem Umfang öffentlich wahrnehmbar, da insbesondere alle Teilnehmer der Klausurtagung diesen Standort passieren würden. Die Einschränkung des Veranstalters sei daher als gering zu bewerten. Das Interesse an einer sicheren Verkehrsführung und an der Unversehrtheit der Versammlungsteilnehmer überwiege daher das Interesse des Veranstalters, am ursprünglichen Standort festzuhalten. Auf die Gründe des Bescheides im Übrigen wird Bezug genommen.

Diesen Bescheid focht der Antragsteller am selben Tag um 17:43 Uhr an (M 7 K 16.13), soweit die beantragte Aufstellungsfläche abgelehnt worden sei, und beantragte gleichzeitig,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, anlässlich der Klausurtagung der CSU wolle der Antragsteller für eine menschenwürdige Asylpolitik demonstrieren. Die Idee zu dieser Aktion sei erst am Abend des 4. Januar 2016 aufgekommen. Als Aufstellungsort seine eine Art Verkehrsinsel gewählt worden, die direkt an der Bundesstraße 307 liege, wo Gäste des Wildbades Kreuth auf einen Parkplatz abbiegen würden. Dort werde die Versammlung besser wahrgenommen als am zugewiesenen Alternativstandort etwa auf halber Strecke zwischen Kreuth und der beantragten Aufstellfläche, wo die Fahrezuge mit 80 km/h oder mehr fahren würden. Außerdem bestehe dort nicht (in gleicher Weise) die Möglichkeit, mit den angereisten Delegierten und Medienvertretern in Kontakt zu kommen, und es komme der Zusammenhang zwischen ihrem Anliegen und der Tagung nicht so klar zum Ausdruck. Was die angeführten Sicherheitsgründe anbetreffe, werde nicht deutlich, ob damit die Sicherheit der Versammlungsteilnehmer oder Dritter gemeint sei. Die Versammlungsteilnehmer fühlten sich an dem gewählten Standort nicht in ihrer Sicherheit bedroht; von ihnen sei in der Vergangenheit auch nie ein Sicherheitsrisiko ausgegangen. Das Argument, dass die Fläche von der Polizei als Aufstellungsfläche benötigt werde, sei spät in die Debatte eingeführt worden und erscheine in Anbetracht der geringen Personenzahl mit nur einem einzigen Transparent fraglich. Man hätte auch über eine Alternative im Umkreis von fünf bis zwölf Metern nachdenken können. Die Frage, wo genau die Grenze zwischen privatem und öffentlichem Grund verlaufe, sei nicht beantwortet worden. Ein Vertreter der Deutschen Presseagentur habe versichert, dass vor zehn Jahren an der gewählten Stelle der Deutsche Beamtenbund demonstriert habe. Es bleibe der Eindruck, dass Vorwände gesucht worden seien, um die Versammlung am Aufstellungsort verhindern zu können. Not- und Rettungseinsätzen würden die Versammlungsteilnehmer sich nicht in den Weg stellen. Die Polizei benötige mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht die gesamte Fläche zur Aufstellung. Eine sichere Verkehrsführung werde durch eine recht kleine Versammlung sicher nicht beeinträchtigt.

Mit Beschluss vom 5. Januar 2016 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird gem. § 117 Abs. 3 VwGO analog auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag gem. § 80 Abs. 5 VwGO hat keinen Erfolg.

Entfaltet ein Rechtsbehelf - wie hier nach § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i. V. m. Art. 25 BayVersG - keine aufschiebende Wirkung, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Bei der vom Gericht im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu treffenden Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen, die ein wesentliches, wenn auch nicht das alleinige Indiz für bzw. gegen die Begründetheit des Begehrens im einstweiligen Rechtsschutz sind. Zum Schutz von Versammlungen, die auf einen einmaligen Anlass bezogen sind, ist schon im Eilverfahren durch eine intensivere Prüfung dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Sofortvollzug der umstrittenen Maßnahme in der Regel zur endgültigen Verhinderung der Versammlung in der beabsichtigten Form führt (BVerfG, B. v. 12. Mai 2010 - 1 BvR 2636/04 - juris Rn. 18 m. w. N.). Soweit möglich, ist als Grundlage der gebotenen Interessenabwägung die Rechtmäßigkeit der Maßnahme daher in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht nicht nur summarisch zu prüfen (BVerfG, a. a. O., u. B. v. 20. Dezember 2012 - 1 BvR 2794/10 - juris Rn. 18). Sofern dies nicht möglich ist, haben die Fachgerichte jedenfalls eine sorgfältige Folgenabwägung vorzunehmen und diese hinreichend substantiiert zu begründen, da ansonsten eine Umgehung der beschriebenen strengen Voraussetzungen für Beschränkungen der Versammlungsfreiheit möglich erschiene (B. v. 20. Dezember 2012 - 1 BvR 2794/10 - juris Rn. 18).

Vorliegend ist eine profunde Prüfung der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen beschränkenden Verfügung in Anbetracht der zur Verfügung stehenden Zeit nicht mehr möglich. Aufgrund der allein möglichen summarischen Folgenabwägung war der Antrag aus den in dem versammlungsrechtlichen Bescheid genannten Gründen, auf die entsprechend § 117 Abs. 5 VwGO Bezug genommen wird, abzulehnen. Anders als der Antragsteller meint, ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Polizei die angeführten Sicherheitsgründe nur vorgeschoben hat. In Wildbad Kreuth werden morgen nicht nur der bayerische Ministerpräsident und andere hochrangige Landes- und Bundespolitiker erwartet, sondern auch die Bundeskanzlerin (http://www.faz.net/-gpf-8c027), so dass von einem besonders hohen Aufgebot an Sicherheitskräften mit entsprechenden Fahrzeugen auszugehen ist. Ein erhöhtes Sicherungsbedürfnis ergibt sich ferner daraus, dass ein zentrales Thema der Klausurtagung der politisch heftig umstrittene Umgang mit den derzeitigen Flüchtlingsströmen ist, welches sowohl in das Blickfeld von Terroristen als auch von sog. Trittbrettfahrern gerückt ist. Die Örtlichkeit, an der mindestens drei Vertreter des Antragstellers zu demonstrieren beabsichtigen, ist dem Gericht aus eigener Anschauung bekannt. Sie ist mit einem mittleren Aufgebot an Sicherheitskräften und dem An- und Abfahrtsverkehr der Tagungsteilnehmer und des Versorgungsverkehrs der in und um die Tagungsstätte arbeitenden Personen bzw. Anliegern und als Not- und Rettungsstrecke belegt bzw. ausgelastet. Auch eine sehr kleine Gruppe von Demonstranten mit einem Transparent stört hier nicht nur die Handlungsmöglichkeiten der Sicherheitskräfte, sondern zieht unter derartigen Umständen mit großer Wahrscheinlichkeit auch weitere notwendige Aufmerksamkeit von einer viel befahrenen Bundesstraße ab und stellt somit im Hinblick auf das erhöhte Rückreise- und Ausflugsverkehrsaufkommen am ... Januar eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit dar. Zu den anerkannten Schutzgütern der öffentlichen Sicherheit zählt neben Leben, Gesundheit, Ehre, Freiheit und Vermögen auch im Versammlungsrecht nach traditionellem polizeirechtlichen Verständnis die Unversehrtheit der Rechtsordnung einschließlich der Vorschriften über die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs (vgl. BVerwG, U. v. 21. April 1989 - 7 C 50.88 - juris Rn. 15 m.w.N; BVerfG, B. v. 14. Mai 1985 - 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81 - juris Rn. 77). Bei verständiger Würdigung besteht eine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Gefahreneintritts und nicht nur bloße Mutmaßungen in dieser Richtung (vgl. BVerfG, B. v. 12. Mai 2010 - 1 BvR 2636/04 - Rn. 17 m. w. N., B. v. 4. September 2009 - 1 BvR 2147/09 - juris Ls 2a und B. v. 6. Juni 2007 - 1 BvR 1423/07 - juris Rn. 17). Im Rahmen der Folgenabwägung teilt das Gericht die Auffassung des Landratsamtes, dass einer Demonstration, die weder zeitlich noch hinsichtlich ihrer Kundgebungsmittel beschränkt worden ist, auch an dem unmittelbar an der B 307, also der Zufahrt zur Tagungsstätte, liegenden zugewiesenen Aufstellungsort hinreichende öffentliche Aufmerksamkeit zuteilwerden wird.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 (BayVGH, B. v. 10. April 2014 - 10 C 14.587 - juris Rn. 8 m. w. N.).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
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published on 10/04/2014 00:00

Tenor Die Beschwerde wird verworfen. Gründe Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 5. September
published on 20/12/2012 00:00

Tenor 1. Die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 15. Oktober 2010 - 3 L 1556/10 - und des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 15. Oktober 2010 - 3 B 307/10 - verletzen die Beschwerde
published on 12/05/2010 00:00

Tenor Das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 16. April 2003 - 11 K 671/02 -, soweit darin die Klage des Beschwerdeführers auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Auflage Nr. 4 in dem
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(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.