Verwaltungsgericht München Beschluss, 22. Dez. 2015 - M 4 K0 15.1520

bei uns veröffentlicht am22.12.2015

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

Der Antrag auf Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin, eine kenianische Staatsangehörige, wendet sich u. a. gegen ihre Ausweisung.

Die Antragstellerin, die 1993/1994 bereits einmal im Bundesgebiet gelebt hat, reiste 1997 erneut in das Bundesgebiet ein. Seit dem ... 2000 ist die Antragstellerin Inhaberin einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis.

Die geschiedene Antragstellerin ist Mutter von fünf Kindern von (mindestens) vier Vätern. Die ältesten beiden Kinder sind kenianische Staatsangehörige, wobei ein Kind in Kenia und ein Kind in der Bundesrepublik Deutschland lebt. Ein weiteres Kind wurde 1993 geboren und ist deutscher Staatsangehöriger. Das zweitjüngste Kind wurde am ... 2001 geboren und ist kenianischer Staatsangehöriger; sein Vater lebt in ... Inwieweit Kontakt zwischen dem Vater und dem Sohn besteht, ist unbekannt. Das jüngste Kind wurde am ... 2008 geboren und besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit; der Vater ist mittlerweile verstorben. Beide Kinder befinden sich derzeit in einem Waisenhaus; das zweitjüngste Kind geht zur Schule, das jüngste Kind in einen Kindergarten.

Durch Strafurteil des Landgerichts Landshut (Az.: 4 KLs 46 Js 15226/13) vom 24. Januar 2014 (rechtskräftig seit 26.06.2014) wurde die Antragstellerin wegen der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt. Die Antragstellerin befindet sich in Haft; die voraussichtliche Haftentlassung ist für den ... 2019 vorgesehen. Dieser Verurteilung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Im Mai 2013 reiste die Antragstellerin mit ihrem jüngsten Kind nach ... Dort hielt sie sich einige Tage bei ihren Verwandten auf und flog dann zurück nach ... Dabei führte sie einen Koffer mit „doppeltem Boden“ mit, in dem sich 3.920,7 g Heroin befanden.

Am ... 2014 wurde die Antragstellerin zur Ausweisung angehört.

Nach dem Bericht des Sozialreferats der Antragsgegnerin vom 15. Februar 2015 stellt sich die aktuelle Situation der beiden jüngsten Kinder der Antragstellerin, für die sie die Sorge besitzt, wie folgt dar: Die Antragstellerin sei für alle Fragen der elterlichen Sorge erreichbar und arbeite im Interesse und zum Wohle der Kinder gut zusammen. Sie zeige sich an der Entwicklung und dem Wohlergehen der Kinder sehr interessiert. Die Zusammenarbeit verlaufe mit Unterstützung des Sozialen Dienstes in der JVA reibungslos und schnell. Beide Kinder besuchen die Antragstellerin in der Regel einmal im Monat in der JVA; das ältere Kind habe des Weiteren telefonischen Kontakt zur Mutter. Beide Kinder haben auch untereinander Kontakt sowie jeweils auch zur älteren Schwester, dem drittältesten Kind der Antragstellerin. Auch dieses Kind besuche die Antragstellerin in der JVA in regelmäßigen Abständen.

Mit streitgegenständlichen Bescheid vom 23. März 2015 wies die Antragsgegnerin die Antragstellerin aus der Bundesrepublik Deutschland aus (Nr. 1), untersagte die Wiedereinreise für acht Jahre (Nr. 2) und drohte die Abschiebung nach erfülltem Strafanspruch des Staates aus der Haft nach Kenia an (Nr. 3).

Die Antragsgegnerin begründete den Bescheid im Wesentlichen wie folgt: Durch die rechtskräftige Verurteilung vom 24. Januar 2014 sei der Tatbestand des § 53 Nr. 1, Nr. 2 des Aufenthaltsgesetzes -AufenthG- erfüllt. Zwar liege ein besonderer Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 4 AufenthG vor, dennoch seien schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung hier zu bejahen. Somit sei die Antragstellerin in der Regel auszuweisen (§ 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG). Die von der Antragstellerin begangene Betäubungsmittelstraftat sei im Bereich der Schwerkriminalität anzusiedeln. Strafrechtlichen Entscheidungen lägen general- und spezialpräventive Überlegungen zugrunde. Im Fall der Antragstellerin sei hervorzuheben, dass es sich um Heroin gehandelt habe, das zu den gefährlichsten Rauschgiften zähle. Die Antragstellerin habe zudem in Gewinnerzielungsabsicht gehandelt, ohne dass bei ihr eine Betäubungsmittelabhängigkeit gegeben gewesen sei. Hieraus lasse sich ableiten, dass die Antragstellerin gewillt sei, erhebliche soziale Schäden durch die Drogenabhängigkeit Dritter in Kauf zu nehmen, um ihr eigenes Gewinnstreben zu befriedigen. Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin zuletzt von Sozialleistungen gelebt habe. Besonders verwerflich sei zudem, dass die Antragstellerin ihren vierjährigen Sohn mit nach Kenia genommen habe und ihn dadurch bedenkenlos einer gefährlichen Situation ausgesetzt habe. Es könne für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden, dass die Antragstellerin beim weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet erneut strafbare Handlungen begehe. Darin ändere sich auch nichts durch die Tatsache, dass die Antragstellerin nicht vorbestraft sei. Ferner sei auf der anderen Seite zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin seit 18 Jahren ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland habe. Sie sei zum Familiennachzug zu einem deutschen Staatsangehörigen in das Bundesgebiet eingereist und habe hier eine Kernfamilie gegründet. Vier ihrer Kinder würden in Deutschland leben, wobei zwei die deutsche Staatsangehörigkeit besäßen. Für die beiden minderjährigen Kinder besäße die Antragstellerin zudem das volle Sorgerecht. Zwar sei wegen der konkreten Gefahr weiterer Straftaten die Ausweisungsverfügung im öffentlichen Interesse unerlässlich. Andererseits hätte der Vollzug der Ausreiseverfügung zur Folge, dass die Antragstellerin ihr Sorgerecht für die beiden Kinder nicht mehr ausüben könne. Dies stelle eine besondere Härte für die Kinder dar und stehe dem Kindeswohl entgegen. Somit lägen die Voraussetzungen für eine Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG vor. Der Aufenthalt der Antragstellerin werde somit bis auf weiteres zur Ausübung des Sorgerechts für ihre beiden Kinder geduldet.

Im Rahmen der Erörterung der Abschiebungsandrohung heißt es nachfolgend im Bescheid: Aufgrund der festgestellten Duldungsgründe nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG werde der Aufenthalt der Antragstellerin nach Haftentlassung zur Ausübung des Sorgerechts über deren beide Kinder geduldet.

Mit Schreiben vom 21. April 2015, bei Gericht am selben Tag eingegangen, beantragte die Bevollmächtigte der Antragstellerin,

der Antragstellerin für die erste Instanz Prozesskostenhilfe zu bewilligen und der Antragstellerin die Unterzeichnerin als Rechtsanwältin beizuordnen.

Zur Begründung verwies die Bevollmächtigte auf den anliegenden Klageentwurf. Diese würde im Wesentlichen wie folgt begründet: Von der Antragstellerin gehe keine gegenwärtige hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit aus. Es bestehe keine konkrete Wiederholungsgefahr nach der Haftentlassung, dass die Antragstellerin erneut Drogen einführe. Bei einem Erstverbüßer dürfe grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der erfolgte nicht unbeträchtliche Freiheitsentzug nachhaltig beeindruckend wirke, so dass nunmehr eine begründete Aussicht auf straffreie Führung bestehe. Hervorzuheben sei zudem, dass die Antragstellerin niemals vorher strafrechtlich in Erscheinung getreten sei. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin vor ihrer Inhaftierung mit den beiden jüngsten Kindern in häuslicher Gemeinschaft gelebt habe und nach der Haftentlassung mit diesen wieder in einer solchen leben wolle. Diese häusliche Gemeinschaft könne nur in Deutschland verwirklicht werden. Die ausgesprochene Duldung sei nicht ausreichend, um die Belange der Antragstellerin zu wahren, da sie weder einen rechtmäßigen Aufenthaltstitel darstelle noch die Antragstellerin ohne weiteres berechtigte, eine Arbeit aufzunehmen oder Arbeitslosengeld II bzw. Sozialhilfe zu beziehen. Wie die Antragstellerin im Rahmen einer Duldung für ihre beiden minderjährigen Kinder sorgen solle, sei nicht erkennbar. Die für die Antragstellerin und ihre beiden minderjährigen Kinder mit der Duldung verbundenen Folgen seien völlig unberücksichtigt gelassen worden. Die Entscheidung der Antragsgegnerin sei daher nicht mit Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 6 GG vereinbar.

Auch sei die Befristung rechtswidrig. Die Ausweisung treffe die Antragstellerin als sogenannte faktische Inländerin hart, sie verliere ihren gesamten Lebensraum, in welchem sie seit fast 18 Jahren in Deutschland gelebt habe. Der Kontakt zu ihren in Deutschland lebenden Kindern würde nicht mehr möglich sein, insbesondere sei es der Antragstellerin nicht mehr möglich, das Sorgerecht für ihre beiden minderjährigen Kinder auszuüben. Auch sei der Antragstellerin zugute zu halten, dass ihre Führung in der Haft ordnungsgemäß sei; dies lasse erkennen, dass sie Autorität und Regeln anerkenne und befolge.

Nach dem Versicherungsverlauf der Antragstellerin vom ... 2015 hat diese über große Zeiträume in der Vergangenheit Transferleistungen (ALG II) bezogen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der sonstigen Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat keinen Erfolg.

Einer Partei ist auf ihren Antrag hin Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 166 der Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO- i. V. m. § 114 Satz 1 der Zivilprozessordnung -ZPO-). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

Die beabsichtigte Klage hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid ist nach Aktenlage rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Das Gericht nimmt zunächst auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid Bezug und verzichtet insoweit auf die Darstellung eigener Entscheidungsgründe (§§ 122, 117 Abs. 5 VwGO analog). Darüber hinaus gilt Folgendes:

1. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung ist vorliegend auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts über den Prozesskostenhilfeantrag abzustellen (BVerwG v. 15.11.2007, Az.: 1 C 45/06, juris).

2. Rechtlicher Maßstab für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ausweisungsentscheidung sind § 53 Nr. 1 und 2, § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 4, Satz 2 bis 4 und § 55 Abs. 1 und Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes -AufenthG-.

a) Die Antragsgegnerin ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Antragstellerin den zwingenden Ausweisungstatbestand des § 53 Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG erfüllt, da die Antragstellerin vom Landgericht München mit dem Urteil vom 24. Januar 2014 (Az.: 4 KLs 46 Js 15226/13) wegen der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt wurde.

b) Die Antragstellerin genießt besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 4 AufenthG, da sie seit Juni 2000 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis besitzt, die gemäß § 101 Abs. 1 Satz 1 als Niederlassungserlaubnis fort gilt (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG). Auch kann sich die Antragstellerin auf § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG berufen, da sie mit ihren beiden Kindern, von denen das jüngste die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, in familiärer Lebensgemeinschaft lebt(e) (vgl. BVerfG v. 9.1. 2009, Az.: 2 BvR 1064/08, juris). Die beiden Kinder lebten vor der Haft in familiärer Gemeinschaft mit der Antragstellerin; diese soll nach dem Wunsch der Antragstellerin nach der Haft wieder aufgenommen werden. Hierfür bestehen auch konkrete Anhaltspunkte (vgl. Besuchsliste der Justizvollzugsanstalt, Stellungnahme des Sozialreferats; Alter des jüngsten Kinds ca. 10 ½ Jahre zum Zeitpunkt der voraussichtlichen Haftentlassung der Antragstellerin) (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: September 2015, § 56 Rn. 12).

c) Trotz des Vorliegens des besonderen Ausweisungsschutzes nach § 56 Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die Antragstellerin ausgewiesen werden, da bei ihr schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung anzunehmen sind (§ 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Solche liegen nämlich in der Regel in den Fällen des § 53 AufenthG vor (§ 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Ein Ausnahmefall aus spezialpräventiven oder generalpräventiven Überlegungen ist vorliegend nicht gegeben.

aa) Bei der Antragstellerin besteht in spezialpräventiver Hinsicht kein atypischer Sonderfall dergestalt (wie eine einmalige Beziehungstat, BayVGH v. 28.2. 2007, Az.: 24 ZB 06.1435, juris; BayVGH v. 15.9.2009, Az.: 19 B 09.1312, InfAuslR 2010, 198), dass die Gefahr, dass der Ausländer erneut erhebliche Straftaten begehen könnte, positiv ausgeschlossen werden kann.

Die der Verurteilung zugrundeliegende Tat zeigt ein planmäßiges, kalkuliertes und von Gewinnstreben getragenes Vorgehen. Sie führte das gefährliche Rauschgift Heroin nicht ein, weil sie selbst süchtig war - stand also nicht unter Beschaffungsdruck -, sondern um sich zu bereichern. Bei der Tatausführung nahm sie auch ihr jüngstes, nur wenige Jahre altes Kind mit und setzte es so einem gefährlichen kriminellen Umfeld und den Gefahren bei Konflikten mit den kriminellen Kontaktpersonen oder bei einem Zugriff der Sicherheitskräfte aus. Auch ist die Verurteilung zu fünf Jahren und 10 Monaten ohne Bewährung ein Indiz bzgl. der Gefährlichkeit und des Schutzbedürfnisses der Allgemeinheit (vgl. VG München, U. v. 15.12. 2014 - M 12 K 14.2232 - juris 84). Aufgrund der gezeigten hohen kriminellen Energie rückt die Tatsache, dass die Antragstellerin bisher strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten ist, in den Hintergrund. Nach ihrer bisherigen Erwerbsbiographie spricht nichts dafür, dass die Antragstellerin nach ihrer Haftentlassung mit mindestens einem unterhaltsberechtigten Kind ohne Bezug von Sozialleistungen auskommen wird. Mithin sind zukünftige Betäubungsmittelstraftaten aus Geldmangel nicht ausgeschlossen. Bei dieser Sachlage besitzt das positive Vollzugsverhalten der Antragstellerin als Erstverbüßer nur geringe Aussagekraft bezüglich ihres Verhaltens nach der Haftentlassung (vgl. auch BayVGH, B. v. 12.1.2010 - 19 C 09.2219 - juris Rn. 9; VG München, U. v. 15.12.2014 - M 12 K 14.2232 - Rn. 94 a.E.).

bb) Die Ausweisung ist auch aus Gründen der Generalprävention gerechtfertigt.

Diese erfordert, dass die den Ausweisungsanlass bildende Straftat besonders schwer wiegt und deshalb ein dringendes Bedürfnis daran besteht, über die strafrechtliche Sanktion hinaus durch die Ausweisung andere Ausländer von Straftaten ähnlicher Art und Schwere abzuhalten. Dabei kommt es stets auf die besondere Schwere der Straftat im Einzelfall an. Dies erfordert im Hinblick auf die verhaltenssteuernde Wirkung der Ausweisung auf andere Ausländer, dass von einer derartigen Straftat eine besonders hohe Gefahr für den Staat oder die Gesellschaft ausgeht, wie dies insbesondere bei Drogendelikten oder Straftaten aus dem Bereich der organisierten Kriminalität der Fall sein kann (BVerwG, U. v. 14.2.2012 - 1 C 7/11 - juris Rn. 24; BayVGH, U. v. 22.1.2013 - 10 B 12.2008 - juris Rn. 42).

Im Rahmen der den Ausweisungsanlass bildenden Drogenstraftat wurde mit Heroin eine äußerst gefährlich Droge in einer erheblichen Menge ins Bundesgebiet eingeführt, die die Gesundheit vieler Menschen schwer schädigen und bei den davon süchtigen Personen weitere Beschaffungskriminalität nach sich ziehen kann. Aufgrund dieser breiten Schädigungswirkung ist eine Abschreckung anderer Ausländer dringend geboten. In diesem Fall kommt hinzu, dass die Drogen im Rahmen eines Herkunftslandbesuchs der Antragstellerin ins Bundesgebiet eingeführt wurden. Damit weist die Tat einen spezifischen Auslandsbezug auf, so dass es auch insoweit geboten ist, andere Ausländer von der Begehung gleich gelagerter Fälle abzuschrecken.

d) Die zur Regelausweisung herabgestufte Ausweisung ist jedoch (nochmals) zur Ermessensausweisung herabzustufen. Denn die Worte „in der Regel“ i. S. v. § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG beziehen sich auf Regelfälle, die sich nicht durch besondere Umstände von der Menge gleichliegender Fälle unterscheiden. Dagegen sind Ausnahmefälle durch einen atypischen Geschehensablauf gekennzeichnet, der so bedeutsam ist, dass er jedenfalls das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regel beseitigt (vgl. BVerwG, B. v. 13.11.1995 - 1 B 237/94 - juris Rn. 6). Ein Ausnahmefall ist schon dann gegeben, wenn durch höherrangiges Recht oder durch Vorschriften der Europäischen Menschenrechtskonvention geschützte Belange des Ausländers eine Einzelfallwürdigung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles gebieten (BVerwG, U. v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 - juris Rn. 24; BayVGH, U. v. 22.1.2013 - 10 B 12.2008 - juris Rn. 42). Die Beurteilung, ob ein Regelfall oder ein Ausnahmefall gegeben ist, unterliegt dabei der vollen gerichtlichen Überprüfung (vgl. BVerwG, B. v. 13.11.1995 - 1 B 237/94 - juris Rn. 6).

Vorliegend gebietet der Umstand, dass die Antragstellerin zwei minderjährige Kinder hat, deren Vater nicht verfügbar bzw. tot ist, vor dem Hintergrund des Art. 6 Abs. 1 GG und des Art. 8 Abs. 1 EMRK eine Ermessensentscheidung; denn dieser Aspekt ist von § 56 Abs. 1 AufenthG nicht (voll) erfasst (vgl. BVerwG, U. v. 23.10.2007 - 1 C 10/07 - juris Rn. 25; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: September 2015, § 56 Rn. 32).

e) Die Ermessensausweisung der Antragstellerin durch die Antragsgegnerin, die nach § 114 Satz 1 VwGO nur eingeschränkt vom Gericht überprüfbar ist, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere verstößt die Ausweisung nicht gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK bzw. Art. 6 Abs. 1 GG oder ist unverhältnismäßig.

aa) Alle relevanten, insbesondere auch die bei der Ermessensausweisung nach § 55 Abs. 3 AufenthG zu berücksichtigenden privaten Belange der Antragstellerin und die öffentlichen Interessen an einer Ausweisung sind fehlerfrei abgewogen. Die Antragsgegnerin hat zugunsten der Antragstellerin ihren langjährigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und die Gründung einer Kernfamilie berücksichtigt. Dabei wurde nicht nur die Bedeutung des Art. 6 Abs.1 GG erkannt, sondern auch hervorgehoben, dass die Antragstellerin vier in Deutschland lebende Kinder hat, von denen zwei noch minderjährig sind und zwei die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Weiter würdigte die Antragsgegnerin zugunsten der Antragstellerin, dass diese auch in der Haft Kontakt mit ihren Kindern unterhält. Die (negativen) Folgen, die der Vollzug der Ausweisung der Antragstellerin für ihre minderjährigen Kinder hat, wurden gesehen. Dies veranlasste die Antragsgegnerin, den Aufenthalt der Antragstellerin - jedenfalls ab Haftentlassung - „bis auf weiteres zur Ausübung des Sorgerechts für ihre beiden Kinder“ zu dulden. Auf diese Weise wird der staatlichen Schutzpflicht aus Art. 6 Abs. 1 GG für die Familie hinreichend Rechnung getragen.

Zulasten der Antragstellerin wurde gesehen, dass diese die ersten 27 Jahre ihres Lebens in ihrem Heimatland verbracht hat und dort auch noch Verwandte besitzt, so dass unter diesem Aspekt eine Rückkehr zumutbar ist. Weiter hat die Antragsgegnerin zu Recht die Schwere der begangenen Straftat und die bestehende konkrete Wiederholungsgefahr in den Vordergrund gestellt. Diese Erwägungen sind im Ergebnis nicht zu beanstanden. Weder sind die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten, noch wurde von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht. Sie entsprechen vielmehr gerade den gesetzlichen Zwecken der Ausweisung, die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten der Betroffenen zu schützen und gegenüber anderen Ausländern generalpräventiv zu wirken (zur Berücksichtigungsfähigkeit von generalpräventiven Erwägungen in der Ermessensentscheidung vgl. BayVGH, U. v. 22.1.2013 - 10 B 12.2008 - juris Rn. 47, 49).

bb) Die Ausweisung verstößt nicht gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK. Zwar ist die Ausweisung ein Eingriff in das Familienleben der Antragstellerin, der jedoch nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt ist. Er ist in § 53 Nr. 1, Nr. 2 AufenthG vorgesehen, dient den berechtigten Interessen der öffentlichen Sicherheit, der Verhütung von Straftaten und dem Schutz der Rechte und Freiheiten anderer und ist verhältnismäßig. Die Antragstellerin ist in ihrem Herkunftsland sozialisiert worden und keine faktische Inländerin. Es liegen jedoch sowohl spezial- als auch präventivrechtliche Gründe aufgrund der begangenen schweren Straftat vor, die die Ausweisung im Hinblick auf die Schrankenregelung des Art. 8 Abs. 2 EMRK legitimieren. Die Ausweisung ist erforderlich. Die Antragsgegnerin hat durch die Duldung der Antragstellerin zur Ausübung ihres Sorgerechts bereits das mildeste Mittel gewählt, um den durch Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 6 Abs. 1 GG geschützten Belangen Rechnung zu tragen. Dabei kann offen bleiben, ob diese Duldung bereits selbst der verfügende Verwaltungsakt ist (hierfür spricht die Formulierung auf Seite 11 des Bescheids „wird … geduldet“) oder eine Zusicherung (Art. 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG) des Erlasses einer Duldung nach Haftentlassung (hierfür spricht die Formulierung auf Seite 13 des Bescheids „wird … nach Haftentlassung … geduldet“). Denn in beiden Fällen wird der Antragstellerin eine den Anforderungen aus Art. 8 Abs. 1 EMRK bzw. Art. 6 Abs. 1 GG genügende „Rechtsposition“ zugestanden. Mit einer Duldung kann die Antragstellerin grundsätzlich auch arbeiten (§ 32 Verordnung über die Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern -BeschV-).

Die Ausweisung ist schließlich im Hinblick auf die bereits im Rahmen der Ermessenentscheidung dargelegten Belange auch angemessen.

3. Auch das Einreise- und Aufenthaltsverbot für acht Jahre ist zum jetzigen Zeitpunkt rechtmäßig. Die erwähnten spezial- und generalpräventiven Gründe, die eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung belegen, rechtfertigen auch vor dem Hintergrund des Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 6 Abs. 1 GG die Sperrfrist (§ 11 Abs. 3 AufenthG). Insbesondere besteht kein Wertungswiderspruch zur Duldung des Aufenthalts für voraussichtlich 7 ½ Jahre. Diese Duldung ist alleine dem Umstand geschuldet, dass die Antragstellerin die elterliche Sorge für ihr minderjähriges halbwaises Kind mit deutscher Staatsangehörigkeit besitzt. Während der Duldungszeit unterliegt die Antragstellerin somit faktisch der Bewährung. Bei einem positiven normtreuen Verhalten kann die Antragstellerin jederzeit nach § 11 Abs. 4 AufenthG nachträglich beantragen, die Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot zu verkürzen oder aufzuheben.

4. Gegen die Abschiebungsandrohung bestehen keine rechtlichen Bedenken (§ 59 AufenthG). Dies gilt auch im Hinblick auf die ausgesprochene Duldung bzw. Zusicherung (§ 59 Abs. 1 Satz 5 AufenthG). Das Vorliegen von Abschiebungshindernissen oder -verboten hindert die Abschiebungsandrohung grundsätzlich nicht (§ 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG; Bauer, in: Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Auflage 2013, § 59 Abs. 42).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 22. Dez. 2015 - M 4 K0 15.1520

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 22. Dez. 2015 - M 4 K0 15.1520

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht München Beschluss, 22. Dez. 2015 - M 4 K0 15.1520 zitiert 22 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 117


(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 166


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60a Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung)


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 59 Androhung der Abschiebung


(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfal

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 122


(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse. (2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 8


(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. (2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 55 Bleibeinteresse


(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer 1. eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,2. eine Aufenthaltserlaubnis besitzt

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 53 Ausweisung


(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 56 Überwachung ausreisepflichtiger Ausländer aus Gründen der inneren Sicherheit


(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei de

Beschäftigungsverordnung - BeschV 2013 | § 32 Beschäftigung von Personen mit Duldung oder Aufenthaltsgestattung


(1) Ausländerinnen und Ausländern, die eine Duldung besitzen, kann eine Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung erteilt werden, wenn sie sich seit drei Monaten erlaubt, geduldet oder mit einer Aufenthaltsgestattung im Bundesgebiet aufhalten. Die

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht München Beschluss, 22. Dez. 2015 - M 4 K0 15.1520 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Beschluss, 22. Dez. 2015 - M 4 K0 15.1520 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht München Urteil, 15. Dez. 2014 - M 12 K 14.2232

bei uns veröffentlicht am 15.12.2014

Tenor I. Der Bescheid der Beklagten vom ... Mai 2014 wird in Nr. 2 insoweit aufgehoben, als darin die Wiedereinreise für mehr als zwei Jahre untersagt wurde. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. II. Von den Kosten des Verfah

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 14. Feb. 2012 - 1 C 7/11

bei uns veröffentlicht am 14.02.2012

Tatbestand 1 Der Kläger, ein kosovarischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen seine Ausweisung aus der Bundesrepublik Deutschland.

Referenzen

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

Tenor

I.

Der Bescheid der Beklagten vom ... Mai 2014 wird in Nr. 2 insoweit aufgehoben, als darin die Wiedereinreise für mehr als zwei Jahre untersagt wurde. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Von den Kosten des Verfahrens hat der Kläger 9/10 und die Beklagte 1/10 zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung aus der Bundesrepublik Deutschland.

Der Kläger wurde am ... 1977 in Nigeria geboren und ist nigerianischer Staatsangehöriger. Er reiste erstmals am 1. Oktober 2000 unter einer Aliasidentität in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte Asyl (Bl. 19 d. Behördenakte - BA). Der Antrag wurde bestandskräftig abgelehnt (Bl. 20 d. BA; Bl. 24 d. Gerichtsakte - GA).

Am ... 2002 kam aus der Verbindung mit Frau ... A. der Sohn des Klägers ... zur Welt, der deutscher Staatsangehöriger ist und mit seiner Mutter in ... lebt. Der Kläger erkannte die Vaterschaft an. Aus der Verbindung mit Frau ... B. wurde am ... 2002 die Tochter des Klägers ... geboren (Bl. 36 d. BA). Am ... 2004 kam ebenfalls aus der Verbindung mit Frau B. die Tochter des Klägers ... zur Welt. Beide Töchter des Klägers haben die deutsche Staatsangehörigkeit und der Kläger erkannte jeweils die Vaterschaft an. In diesem Zusammenhang gab er auch seine wahre Identität preis (Bl. 38 d. BA). Die Töchter wohnen bei ihrer Mutter in ... Die elterliche Sorge üben der Kläger und Frau B. gemeinsam aus. Am ... 2006 kam aus der Verbindung mit Frau ... C. der Sohn des Klägers ... zur Welt, der deutscher Staatsangehöriger ist und mit seiner Mutter in ... lebt. Der Kläger erkannte die Vaterschaft an (Bl. 214 f. d. BA). Aus der Verbindung mit Frau ... D. kam am ... 2012 die Tochter des Klägers ... D. zur Welt (Bl. 187 d. BA), die deutsche Staatsangehörige ist und mit ihrer Mutter in ... lebt. Der Kläger erkannte die Vaterschaft an (Bl. 186 d. BA) und teilt sich mit der Mutter das Sorgerecht. ... D. ist die Lebensgefährtin und seit 24. Dezember 2012 die Verlobte des Klägers (Bl. 188 d. BA).

Der Kläger war seit 5. Mai 2003 im Besitz von jeweils befristeten Aufenthaltserlaubnissen (Bl. 55, 58, 64, 66 d. BA), seit 10. August 2007 war er im Besitz einer Niederlassungserlaubnis (Bl. 93, 137 d. BA). Aus dem Rentenversicherungsverlauf ergibt sich, dass der Kläger vom 1. Mai 2005 bis 30. September 2012 teilweise berufstätig war und teilweise ergänzende Leistungen bezog (Bl. 206 d. BA).

Seit ungefähr 2009 bewegte sich der Kläger in der Drogenszene. Am ... April 2009 wurde der Kläger wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz vorläufig festgenommen und befand sich bis ... September 2009 in Untersuchungshaft (Bl. 122, 150 d. BA). Am ... September 2009 verurteilte das Amtsgericht ... den Kläger wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tatmehrheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln rechtlich zusammentreffend mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtgeldstrafe von 170 Tagessätzen zu je 30,- €. Das Gericht ordnete den Verfall von 100,- € an (Bl. 125 ff. d. BA).

Bis zu seiner Festnahme am ... April 2009 konsumierte der Kläger häufig, nicht jedoch täglich Kokain und gelegentlich Cannabis. Nach seiner Entlassung konsumierte der Kläger nur noch sehr selten Kokain (Bl. 151, 232 d. BA).

Am ... Januar 2013 nahm der Kläger Kontakt zu einer Vertrauensperson der Polizei auf. Dieser Person verkaufte und übergab er 4,6 Gramm Kokaingemisch (Wirkstoffgehalt 32%) zu einem Preis von 400,- €. Am ... Januar 2013 verkaufte und übergab er der Vertrauensperson weitere 1,4 Gramm Kokaingemisch (Wirkstoffgehalt 32%) zu einem Preis von 120,- €. Darauffolgend vereinbarten der Kläger und die Vertrauensperson ein Geschäft über weitere 500 Gramm Kokaingemisch zu einem Preis von 30.000,- €, wobei sich der Kläger hieraus einen Gewinn i. H. v. 2.500,- € versprach. Am ... Februar 2013 übergab der Kläger an die Vertrauensperson nochmals drei verschiedene Proben Kokaingemisch mit einem Gewicht von 0,43 Gramm, 0,76 Gramm und 0,88 Gramm (Wirkstoffgehalt 32%, 40% und 30%). Am selben Tag wurde der Kläger bei der Übergabe von 486,77 Gramm Kokaingemisch (Wirkstoffgehalt 35%) an die Vertrauensperson festgenommen (Bl. 152 f. d. BA). Seitdem befand er sich in Untersuchungshaft (Bl. 140 d. BA).

Am ... August 2013 verurteilte das Landgericht ... den Kläger wegen vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen in Tatmehrheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren. Das Gericht ordnete den Wertverfall von 520,- € an (Bl. 147 ff. d. BA).

Aufgrund dieser Verurteilung befindet sich der Kläger derzeit in Strafhaft in der JVA ... Er wird am 16. Februar 2015 die Hälfte und am 16. Oktober 2015 zwei Drittel seiner Strafe verbüßt haben. Reguläres Haftende ist am 16. Februar 2017 (Bl. 160, 163 d. BA).

Im März und April 2014 hörte die Beklagte den Kläger sowie die Mütter von dessen Kindern zu möglichen aufenthaltsbeendenden Maßnahmen an (Bl. 164, 168, 170, 175, 176 177, 189, 191, 193, 202, 203, 204 d. BA).

Der Kläger teilte der Beklagten mit Schreiben vom 16. März 2014 (Bl. 178 d. BA) ausführlich mit, dass er mit allen Müttern seiner Kinder in gutem Kontakt stehe. Er habe für alle seine Kinder die Vaterschaft anerkannt und habe das gemeinsame Sorgerecht mit allen Verpflichtungen. Die Erziehung seiner Kinder erfolge in ständigem Kontakt mit den Müttern. Seine Kinder wüssten über die jetzige Lage Bescheid, seien sehr traurig und freuten sich, ihn bald wiederzusehen. In seiner Verlobten ... D. und deren Familie habe er ein Zuhause gefunden. Er liebe alle seine Kinder und bereue die Tat sehr. Eine Abschiebung hätte schwerwiegende Folgen für die gesamte Familie. Er bereue die Tat zutiefst und ein Rückfall sei für ihn undenkbar (Bl. 178 d. BA).

Frau D. teilte der Beklagten mit Schreiben vom 16. März 2014 (Bl. 185 d. BA) mit, dass sie mit dem Kläger verlobt sei und die Ehevorbereitungen liefen. Vor der Inhaftierung des Klägers hätten sie zwar in getrennten Wohnungen gelebt, jedoch das Ziel gehabt, irgendwann zusammenzuziehen. Dies sei bei der Wohnungssituation in ... nicht einfach gewesen. Sie seien immer zwischen den Wohnungen gependelt. Seit der Kläger in Haft sei, würden sie und ihre Tochter ihn regelmäßig besuchen. Auch wenn die Situation nicht einfach sei, könne man trotzdem ein bisschen Familienleben spüren. In ihrer eigenen Familie habe der Kläger einen positiven Eindruck hinterlassen. Sie wünsche sich für die Zukunft, dass sie Weihnachten, Geburtstage und den Alltag wieder als Familie leben könnten. Der Kläger sei ein liebenswerter und fürsorglicher Mann und Papa. Eine Familie gehöre zusammen (Bl. 185 d. BA).

Frau C. teilte der Beklagten mit Schreiben vom 1. April 2014 (Bl. 209 d. BA) mit, dass ihr Sohn bis zur Festnahme des Klägers ein sehr gutes Verhältnis zu diesem gehabt habe. Obwohl sie 500 km von ... entfernt wohnten, habe ihr Sohn regelmäßig den Kläger in ... besucht und habe auch telefonischen Kontakt gehabt. Der Kläger habe Fehler gemacht, aber für seine Kinder sei er immer da gewesen. Sie habe jederzeit anrufen können, wenn sie etwas für den gemeinsamen Sohn brauchte und er habe sich immer gleich gekümmert (Bl. 209 d. BA).

Frau A. teilte der Beklagten mit Schreiben vom 3. April 2014 (Bl. 201 d. BA) mit, dass sie das alleinige Sorgerecht habe. Vater und Sohn seien vor der Inhaftierung in regelmäßigem Kontakt gestanden. Besuchen in der Haft würde sie aber nur zustimmen, wenn diese ausdrücklich von ihrem Sohn gewünscht würden. Der Sohn wisse von der Verurteilung des Vaters. Er vermisse seinen Vater und warte darauf, ihn wieder in seiner gewohnten Umgebung sehen zu können.

Frau B. äußerte sich bis zum Bescheiderlass nicht.

Mit Bescheid vom ... Mai 2014 (Bl. 23 d. GA) wies die Beklagte den Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland aus (Ziff. 1) und untersagte ihm die Einreise für sieben Jahre (Ziff. 2). Sie ordnete die Abschiebung des Klägers an. Für den Fall, dass der Kläger aus der Haft entlassen wird, bevor die Abschiebung durchgeführt werden kann, wurde die Abschiebung angedroht (Ziff. 3). Kosten für den Bescheid wurden nicht erhoben.

Der Bescheid wurde damit begründet, dass der Tatbestand des § 53 Nr. 1 bzw. Nr. 2 AufenthG aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung vom ... August 2013 erfüllt sei. Völkerrechtliche Verträge stünden der Ausweisung nicht entgegen (Bl. 28 f. d. GA).

Der Kläger genieße aufgrund seiner Niederlassungserlaubnis einen besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG. Er könne sich jedoch nicht auf den besonderen Ausweisungsschutz des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG berufen, da der Kläger mit keinem seiner fünf deutschen Kinder bis zur Festnahme in familiärer Lebensgemeinschaft gelebt habe (Bl. 29 d. GA).

Der Kläger dürfe aufgrund des besonderen Ausweisungsschutzes aus § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden, welche in der Regel in den Fällen der §§ 53 und 54 Nrn. 5, 5a und 7 AufenthG vorlägen (Bl. 29 d. GA). Es lägen hier keine Umstände vor, die ein Abweichen von der Regelbewertung des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG rechtfertigen würden (Bl. 31 d. GA).

Die Beklagte überprüfte sodann, ob ein von der Regelbewertung des § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG abweichender Gesetzesvollzug notwendig sei. Hier liege ein Umstand vor, der einen atypischen Sachverhalt darstelle, nämlich insbesondere die Bindung des Klägers zu dessen fünf Kindern. Daher erfolgte eine weitere Reduzierung der Ausweisung zu einer Ermessensentscheidung (Bl. 32 d. GA). Die Beklagte prüfte nach Ermessen, ob die Ausweisung geboten war. I.R.d. Güter- und Interessenabwägung berücksichtigte sie folgende Punkte:

Die Beklagte ging von dem vom Strafgericht festgestellten Tathergang aus (Bl. 32 d.GA). Sie stufte die abgeurteilten Straftaten als erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ein. Es bestünden Anhaltspunkte dafür, dass die öffentliche Sicherheit bei der weiteren Anwesenheit des Klägers im Bundesgebiet auch künftig schwerwiegend gefährdet sei (Bl. 32 d. GA). Auch wenn der Kläger vor der Verurteilung durch das Landgericht ... nur mit einer Verurteilung zu einer Geldstrafe in Erscheinung getreten sei, müsse der Umfang der Drogengeschäfte berücksichtigt werden. Der Kläger sei in die Drogenszene fest eingebunden. Dieser Gefahr sei mit allen zulässigen Mitteln des Ausländerrechts zu begegnen. Die Beklagte weist ausdrücklich auf die Sozialschädlichkeit des Rauschgifthandels sowie darauf hin, dass durch das Handeln des Klägers die öffentliche Sicherheit, Ordnung und Gesundheit in besonderem Maße bedroht worden seien (Bl. 32 f. d. GA). Darüber hinaus berücksichtigte sie die für die öffentliche Hand entstehenden Kosten durch Versorgungs-, Betreuungs- und Rehabilitationsmaßnahmen bei Drogenabhängigen, deren Zahl zu vergrößern der Kläger beigetragen habe (Bl. 33 d. GA). Der Kläger sei aus Gewinnsucht in den Drogenhandel eingestiegen und habe bedenkenlos dazu beigetragen, die Notlage zahlreicher Abhängiger auszunutzen, um sich selbst zu bereichern (Bl. 33 d. GA). Die vom Kläger begangenen Straftaten seien im Bereich der Schwerkriminalität anzusiedeln. Eine strafgerichtliche Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung sei ein hinreichender Gradmesser des im Rahmen des Verwaltungsrechts bestehenden Bedürfnisses vorbeugender Schutzmaßnahmen (Bl. 33 d. GA). In einer Gesamtbetrachtung all dieser Umstände stellte die Beklagte fest, dass sowohl die erforderlichen schwerwiegenden Gründe als auch die konkrete Wiederholungsgefahr vorlägen, die eine Ausweisung im Ermessen rechtfertigten (Bl. 33 d. GA).

Neben dem öffentlichen Interesse ging die Beklagte auf die nach § 55 Abs. 3 AufenthG zu berücksichtigenden Umstände sowie auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK ein. Diese persönlichen Interessen des Klägers stünden dem Bescheiderlass nicht entgegen. Hierzu führte die Beklagte aus:

Dem Kläger könne der Status des faktischen Inländers nicht zuerkannt werden. Er sei als Erwachsener im Jahr 2000 mit 23 Jahren in das Bundesgebiet eingereist. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger seine Muttersprache beherrsche und ihm die Gebräuche und Sitten seiner Heimat vertraut seien. (Bl. 34 d. GA).

Zum Schutzgebot des Art. 6 Abs. 1 GG führte die Beklagte aus, dass der Kläger Vater von fünf deutschen Kindern von vier verschiedenen Frauen sei. Mit keiner der Mütter sei der Kläger verheiratet gewesen und er habe mit keinem der Kinder zum Zeitpunkt der Festnahme einen gemeinsamen Wohnsitz gehabt. Zum Haftende des Klägers im Februar 2017 würden die Kinder des Klägers ... und ... bereits 15 Jahre alt sein. Dies sei ein Alter, in dem Kinder begönnen, sich nach und nach von ihren Eltern zu trennen (Bl. 34 d.GA). Die Beklagte bezieht sich auf das Schreiben von Frau A., die angegeben habe, dass gerade in den ersten Jahren der Kontakt zwischen Vater und Sohn von der Mutter ausging und eher sporadisch gewesen sei. Nach einem Kontaktabbruch und erneuter Kontaktaufnahme seien die Besuchskontakte eher spärlich gewesen. Trotz der geringen Entfernung von ... und ... habe der Kläger ... nur alle sechs Wochen gesehen. ... habe den Telefonkontakt zum Kläger aufgenommen und sei sehr enttäuscht gewesen, als dieser aufgrund der Festnahme nicht mehr zu Stande kam und die Besuche ausblieben (Bl. 34 d. GA).

Bei ... sei nach Aussage von Frau C. der Kontakt von der Mutter ausgegangen. Sie sei es gewesen, die mit ... alle sechs Wochen 500 km von Sachsen nach ... gefahren sei, damit der Kontrakt nicht abreiße. Obwohl der Kläger im Besitz eines Autos gewesen sei, sei er nicht bereit gewesen, nach ... zu fahren, um ... zu sehen (Bl. 34 d. GA). Frau C. schreibe zwar, dass sich der Kläger gekümmert habe. Welcher Art dieses „Kümmern“ gewesen sei, habe sie jedoch nicht angegeben. Bei der großen Entfernung von 500 km könne sich dies lediglich auf telefonische Unterstützung bei Erziehungsschwierigkeiten und der Klärung von außergewöhnlichen Entscheidungen beschränkt haben. Frau C. sei mit der täglichen Erziehung alleine. Die Mütter könnten schon aufgrund der Entfernung nicht immer mit der sofortigen Abklärung der Probleme rechnen (Bl. 35 d. GA).

Frau B. habe sich bis zum Bescheiderlass nicht geäußert. Aufgrund der Entfernung zwischen ... und ... geht die Beklagte allerdings davon aus, dass sich der Kontakt auch hier auf gelegentliche Besuche und Telefongespräche beschränkt habe (Bl. 35 d. GA).

Lediglich zu seiner Tochter ... habe der Kläger bis zur Festnahme engen Kontakt gehabt. ... sei zum Zeitpunkt der Festnahme 10 Monate alt gewesen und sei derzeit mit 23 Monaten noch nicht in der Lage, das Ausmaß des Geschehenen zu begreifen. Sie sei das einzige Kind des Klägers, das ihn bisher in der JVA besucht habe. Auch wenn die Besuche weiterhin regelmäßig stattfänden, werde ... den Kläger nur an einigen Stunden im Monat in einer fremden Umgebung sehen. Gerade bei Kleinkindern führten auch kurze Trennungen zu einer schnellen Entfremdung und ... habe den Kläger durch die frühe Trennung als Vater nicht kennengelernt, zumal auch kein gemeinsamer Wohnsitz bestanden habe. Es sei nicht davon auszugehen, dass ... zum Kläger in den ersten 10 Lebensmonaten eine tiefe Bindung aufgebaut habe. Frau D. werde daher für das Kind die einzige Bezugsperson sein. Die Erziehung werde in Zukunft - wie auch in der Vergangenheit - ausschließlich durch Frau D. erfolgen (Bl. 35 d. GA).

Im Fall des Klägers müsse bei allen fünf Kindern derzeit eine Beistandsgemeinschaft im Sinne einer familiären Lebensgemeinschaft verneint werden (Bl. 35 d. GA). Bei der Tochter des Klägers ... geht die Beklagte von einer bloßen Begegnungsgemeinschaft aus. Eine nicht unwesentliche Lebenshilfe in Betreuung und Erziehung des Kindes leiste der Kläger nicht. Bei den anderen vier Kindern bestünde derzeit auch keine Begegnungsgemeinschaft (Bl. 36 d. GA).

Es werde nicht verkannt, dass es für die Kinder des Klägers optimal wäre, wenn neben den Müttern auch der Vater anwesend wäre und einen Erziehungsbeitrag leisten könnte. Bei ..., ..., ... und ... sei dies schon bisher nicht der Fall gewesen (Bl. 36 d. GA). Außerdem habe die Verantwortung des Klägers gegenüber den Kindern ihn nicht davon abgehalten, strafrechtlich in Erscheinung zu treten.

Eine Integration im Bundesgebiet habe vor allem im Hinblick auf die Straftaten des Klägers und die Verurteilung nicht stattgefunden. Deswegen könne der bisherige lange Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet zu keiner anderen Entscheidung führen (Bl. 36. d. GA). Die Interessen des Klägers und der Kinder müssten gegenüber diesen Erwägungen zurücktreten. Anderes könnte hier allenfalls gelten, wären Umstände erkennbar, die eine besondere Fürsorgebedürftigkeit begründeten. Solche Umstände seien weder ersichtlich noch vorgetragen (Bl. 36 d. GA).

Durch die vom Kläger begangenen Straftaten beeinträchtige er die deutsche Rechtsordnung erheblich. Vom Kläger gingen ein hohes Gefährdungspotenzial sowie eine Wiederholungsgefahr aus, daher sei dem Schutz vor weiteren Straftaten ein besonderes Gewicht zuzumessen. Dieser Schutz vor künftigen Beeinträchtigungen sei höher anzusiedeln als die berechtigten Interessen des Klägers am Schutz von dessen Privat- und Familienleben im Bundesgebiet. Die Ausweisung widerspreche somit nicht dem in Art. 8 Abs. 2 EMRK verankerten Schutz der Verhältnismäßigkeit. Aufgrund der drohenden Wiederholungsgefahr müssten im Fall des Klägers die privaten Belange zurückstehen (Bl. 36 d. GA).

Dem Kläger und den Kindesmüttern sei Gehör zu der aufenthaltsbeendenden Maßnahme erteilt worden. Dabei seien keine Gesichtspunkte vorgebracht worden, die der im öffentlichen Interesse gelegenen Ausweisung entgegenstünden. Durch ein milderes Mittel sei der mit der Ausweisung verfolgte Zweck nicht zu erreichen. Die Ausweisung sei nicht unverhältnismäßig und verstoße nicht gegen höherrangiges Recht wie z. B. Art. 8 EMRK und Art. 6 GG oder gegen die Rechtsprechung des Bundesverwaltungs- und des Bundesverfassungsgerichts (Bl. 37 d.GA).

Das Wiedereinreise- und Aufenthaltsverbot befristete die Beklagte auf sieben Jahre (Bl. 37 d. GA). Ein Befristungszeitraum von über fünf Jahren sei vorliegend möglich. Zur Fristlänge führte die Beklagte aus, dass wegen des Gewichts der gefährdeten Rechtsgüter und der festgestellten hohen Wiederholungsgefahr auch im Hinblick auf die familiären und persönlichen Bindungen des Klägers im Bundesgebiet ein Zeitraum von sieben Jahren erforderlich sei, um dem hohen Gefahrpotenzial Rechnung zu tragen. Vor dem Hintergrund der allgemeinen Rückfallgefahr bei den vom Kläger verübten Straftaten sowie von dessen familiären Umfeld sei nicht zu erwarten, dass er die maßgebliche Gefahrenschwelle des § 53 Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG vor Ablauf der festgesetzten Frist unterscheite (Bl. 38 d. GA).

Zur Abschiebungsanordnung führte die Beklagte aus, dass der Aufenthalt des Klägers sofort nach erfülltem Strafanspruch des Staates durch Abschiebung zu beenden sei. Es sei nicht möglich, eine Ausreisefrist zu setzen und die Abschiebung nur anzudrohen. Der Kläger befinde sich nach richterlicher Anordnung in Haft. Seine Ausreise bedürfe der Überwachung, § 58 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG. Einer Fristsetzung bedürfe es nicht, § 59 Abs. 1 AufenthG. Außerdem sei der Kläger nach § 58 Abs. 3 Nr. 3 i. V. m. Abs. 1 AufenthG abzuschieben, da er nach § 53 AufenthG ausgewiesen worden sei. Abschiebungsverbote seien nicht ersichtlich (Bl. 39 f. d. GA).

Der Kläger hat am 23. Mai 2014 durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage erhoben und beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom ... Mai 2014 (Az.: ...) aufzuheben (Bl. 22 d. GA).

Er trägt vor, dass er vor der Haft seine Kinder regelmäßig gesehen und telefonischen Kontakt mit ihnen gehabt habe. Auch aus der Haft heraus versuche er mit Hilfe von Frau D., den Kontakt zu all seinen Kindern aufrecht zu halten (Bl. 85 d. GA).

Der Kläger verweist darauf, dass sich die Mütter in den Anhörungen dahingehend geäußert hätten, dass der Kontakt zwischen dem Kläger und seinen Kindern sehr gut sei (Bl. 88 f. d. GA). Es sei nicht ersichtlich, weshalb die Beklagte das Wort „Kümmern“ weiter spezifiziert hätte, da nach Aussage von Frau C. von einem normalen „Kümmern“ um ein Kind ausgegangen werden könne (Bl. 89 d. GA). Der Kläger müsse seine Zeit auf seine fünf Kinder verteilen. Er sei dabei sehr bemüht, ein harmonisches Verhältnis zwischen allen Beteiligten herzustellen und auch den Kontakt zwischen den Geschwistern zu ermöglichen. Allein diese überdurchschnittliche Harmonie zwischen den Beteiligten spreche dafür, dass alle sehr bemüht seien, ein familiäres Umfeld zu schaffen (Bl. 90 d. GA).

Der Kläger legt ein Schreiben von Frau B. vor, das einen Faxvermerk vom Juli 2014 trägt und sich bisher nicht in den Behördenakten befand (Bl. 95 d. GA). Frau B. gibt an, dass sie sich aufgrund eines langen Aufenthalts im Krankenhaus nicht rechtzeitig habe melden können. Sie sei von 2001 bis 2010 mit dem Kläger in einer Beziehung gewesen. In dieser Beziehung habe sich der Kläger um die Familie gekümmert und viel mit den Kindern unternommen. Die Kinder liebten ihren Vater und vermissten ihn sehr. Als sie dann getrennt lebten, habe er die Kinder jedes zweite Wochenende und in allen Ferien nach ... geholt. Er habe sich immer um Kleidung für die Kinder bemüht, Schulsachen und Brillen habe er gekauft. Frau B. fände es sehr schlimm, den Kindern den Vater zu nehmen.

Des Weiteren legt der Kläger ein undatiertes Schreiben von Frau D. vor, das sich ebenfalls bisher nicht in den Behördenakten befand und in dem Frau D. nähere Auskunft zu den beiden Wohnverhältnissen gibt (Bl. 96 d. GA).

Der Kläger ist der Meinung, dass er Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG genieße. Bis zu seiner Festnahme habe er in familiärer Lebensgemeinschaft mit seiner Verlobten ... D. sowie der gemeinsamen Tochter ... gelebt (Bl. 85 d. GA).

Die Darstellung der Beklagten im Ausweisungsbescheid, nur Frau D. hätte in der Vergangenheit für die gemeinsame Tochter gesorgt, sei falsch. Die Stellungnahmen der Kindsmütter würden von der Beklagten teilweise inhaltlich ignoriert. Auch angesichts der Gefühle, die Frau D. für die beiden älteren Töchter des Klägers empfinde, sei es schleierhaft, wie davon ausgegangen werden könne, dass Frau D. sich nicht in einer familiären Lebensgemeinschaft mit dem Kläger befunden habe (Bl. 85 f. d. GA).

Im Rahmen des Ermessens hätte zugunsten des Klägers entschieden werden müssen (Bl. 86 d. GA).

In diesem Zusammenhang trägt der Kläger vor, handschriftliche Aktennotizen sprächen dafür, dass vorliegend gar keine Abwägung stattgefunden habe, sondern die Ausweisungsentscheidung schon vor der Anhörung der Kindesmütter getroffen worden sei. Hierfür wird ein handschriftlicher Faxvermerk der Sachbearbeiterin vorgelegt, in der um die Bestätigung einer Adresse gebeten und formuliert wird, dass sie den Kläger „ausweisen möchte“ (Bl. 87 d. GA).

Darüber hinaus führt der Kläger an, dass die Pflicht des Staates zum Schutz der Familie einwanderungspolitische Belange regelmäßig zurückdränge, wenn eine Lebens- und Erziehungsgemeinschaft zwischen dem Ausländer und seinem Kind bestehe und diese nur in der Bundesrepublik Deutschland verwirklicht werden könne (BayVGH, Urt.v. 22.1.2013 - 10 B 12.2008). Der verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zum Schutz der Familie entspreche ein Anspruch des Klägers aus Art. 6 GG, dass die zuständigen Behörden und Gerichte bei der Entscheidung über das Aufenthaltsbegehren seine familiären Bindungen an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen berücksichtigten (Bl. 87 d. GA).

Auch im Verhältnis des Klägers zu seinen anderen Kindern sei von einer familiären Lebensgemeinschaft auszugehen (Bl. 87 d. GA). Eine solche sei in der Regel im Falle eines regelmäßigen Umgangs des ausländischen Elternteils, der dem sonst Üblichen entspreche, anzunehmen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof sei dabei bereits von einem solchen Verhältnis zwischen Vater und Kind ausgegangen, obwohl sich der Kontakt zwischen Vater und Sohn auf regelmäßige Telefon- bzw. Briefkontakte beschränkt habe und er für seinen Sohn weder personensorge- oder umgangsberechtigt gewesen sei noch tatsächlichen Umgang ausgeübt habe (Bl. 88 d. GA). Der Kläger habe neben seiner Tochter ... auch mit seinen anderen Kindern einen dem sonst Üblichen entsprechenden Umgang. Der Kläger versuche insbesondere durch Briefe, den Kontakt zu seinen Kindern aufrecht zu erhalten. Vor der Haft habe er regelmäßigen Umgang mit seinen Kindern gehabt (Bl. 88 d. GA).

Inwiefern die Tatsache, dass der Kläger nicht bei der täglichen Erziehung seiner Kinder involviert sein kann, da er von den Müttern getrennt lebe, dazu führe, dass er mit ihnen in keiner Beistandsgemeinschaft lebe, sei nicht nachzuvollziehen. Nach diesem Argumentationsmuster sei es generell unmöglich für getrennt lebende Väter, für ihre Kinder da zu sein und eine nicht unwesentliche Lebenshilfe in Betreuung und Erziehung zu leisten (Bl. 89 d. GA).

Die Auffassung der Beklagten, zwischen dem Kläger und seiner jüngsten Tochter ... bestehe keine Beistandsgemeinschaft, sei nicht korrekt. Der Kläger habe seit der Geburt von ... gemeinsam mit ihrer Mutter in den beiden Wohnungen in einer häuslichen Gemeinschaft gelebt und eine tiefe Beziehung zu seiner Tochter aufgebaut. Frau D. besuche den Kläger alle zwei Wochen in Haft und nehme regelmäßig ... mit. Mit zwei Jahren seien Kinder in ihrer Entwicklung bereits in der Lage, ihre Eltern zu kennen und hätten eine Bindung zu diesen (Bl. 91 d. GA).

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen (Bl. 55 d. GA).

Dem Gericht liegt ein Führungsbericht der JVA ... vor (Bl. 126 d. GA): Der Kläger sei seit 24. Oktober 2013 in einem anstaltsinternen Versorgungsbetrieb zur Arbeit eingeteilt. Dort leiste er gute Arbeit, sei bemüht und fleißig. Gegenüber Bediensteten verhalte er sich freundlich und tadellos. Im Kontakt mit anderen Gefangenen zeige er sich verträglich und kameradschaftlich. Er lasse sich von anderen Mitgefangenen nicht beeinflussen. Disziplinarisch sei der Kläger bisher nicht in Erscheinung getreten. Trotz des Drogenkonsums in der Vergangenheit werde vom Sozialdienst nicht von einer behandlungsbedürftigen Suchtproblematik ausgegangen.

Eine aktuelle Besuchsliste zeigt regelmäßige Besuche von Frau D., teilweise in Begleitung von ... (Bl. 128 ff. d. GA). Einmal erhielt der Kläger außerdem Besuch von seinen Töchtern ... und ...

In der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2014 hat das Gericht Beweis erhoben über die Tatsache, dass der Kläger eine familiäre Gemeinschaft mit seinen Kindern führt durch Einvernahme der Zeuginnen ... B., ... A. und ... D. Darüber hinaus hat der Kläger ein Attest betreffend den Gesundheitszustand von Frau B. vorgelegt. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2014 verwiesen.

Im Anschluss an die Beweisaufnahme hat der Beklagtenvertreter ein Schreiben übergeben und seine Ermessenserwägungen wie folgt ergänzt:

Es werde zugunsten des Klägers davon ausgegangen, dass der Kläger vor der Inhaftierung zu allen fünf Kindern eine Beziehung unterhielt, die den Tatbestand des § 56 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG erfüllt. Die Tochter ... habe den Kläger jedenfalls während des letzten Jahres regelmäßig besucht (11 Besuche). Rein vorsorglich werde davon ausgegangen, dass ab heute eine enge emotionale Bindung zwischen dem Kläger und allen fünf Kindern bestehe. Die Kinder seien minderjährig und besäßen die deutsche Staatsangehörigkeit. Die Beziehung werde insbesondere von Art. 6 GG geschützt und besitze daher erhebliches Gewicht.

Zugunsten des Klägers werde berücksichtigt, dass dessen Vollzugsverhalten im Wesentlichen positiv beurteilt werde. Er habe nicht disziplinarisch geahndet werden müssen, Drogentests hätten zu einem negativen Ergebnis geführt. Jedoch habe das Vollzugsverhalten geringe Aussagekraft bezüglich des Verhaltens nach Haftentlassung, da der Kläger unter der besonderen Kontrolle des Strafvollzugs und unter dem Druck des Ausweisungsverfahrens stehe.

Die Beziehung zur jetzigen Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind bestehe ausweislich etlicher Besuche weiterhin.

Nach Mitteilung der JVA bestehe keine therapiebedürftige Drogenproblematik. Freilich sei auch bisher davon auszugehen gewesen, dass Gewinnstreben wesentliches Motiv der Drogendelikte gewesen sei.

Es sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger ausweislich der Liste der Telefonkontakte weiterhin Kontakt zu seiner in Nigeria lebenden Mutter habe. Nach eigenen Angaben habe der Kläger in Nigeria das Abitur erreicht und im elterlichen Betrieb in der Baubranche gearbeitet. Die Bindungen zum Heimatland und die dortigen Lebensbedingungen für den Kläger hätten Gewicht für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit.

Die Einschätzung der JVA, der Kläger sei „gering“ strafrechtlich vorbelastet, werde nicht geteilt. Unter anderem wegen Handeltreibens sei ein Strafbefehl in erheblicher Höhe verhängt worden. Mithin sei ein Regelausweisungsgrund erfüllt.

Es dürften nach wie vor Unterhaltsschulden in erheblicher Höhe bestehen. Die Verschuldung sei ein nachrangiger Indikator für die Gefahr weiterer Straftaten.

Nach den Straftaten habe - von ... abgesehen - lediglich ein Besuch der Kinder ... und ... am 28. August 2014 stattgefunden. Ebenfalls im letzten Jahr habe sich der Kontakt zu den Kindern - abgesehen von ... - auf schriftliche Kontakte und einen Telefonanruf beschränkt.

Unter Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen überwiege nach wie vor das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung. Die Ausweisung sei geeignet, erforderlich und verhältnismäßig.

Offenkundig sei der Kläger besonders schwerwiegend straffällig. Es seien zwei zwingende Ausweisungsgründe erfüllt, der Kläger sei bereits zuvor einschlägig in Erscheinung getreten. Aufgrund der Einschlägigkeit, der besonderen Schwere der Straffälligkeit und der erheblichen Verschuldung bestehe konkrete Wiederholungsgefahr. Unabhängig von der Spezialprävention sei die Ausweisung aber auch zur Abschreckung anderer Ausländer von ähnlichen Straftaten erforderlich.

Ob der Kläger als Immobilienmakler angesichts der erheblichen Verurteilung, die erst sehr langfristig aus dem Bundeszentralregister getilgt werde, arbeiten dürfte, werde offen gelassen.

In der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2014 hat der Beklagtenvertreter erklärt, dass der Bescheid vom ... Mai 2014 in Ziff. 2 insoweit geändert werde, als die Wiedereinreise nunmehr für vier Jahre untersagt werde.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

Verfahrensgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom ... Mai 2014 (Az.: ...) in der Gestalt der Änderungsverfügung des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2014.

Die Entscheidung konnte im schriftlichen Verfahren ergehen, da beide Parteien sich in der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2014 damit ausdrücklich einverstanden erklärten.

Die Klage ist zwar zulässig, aber überwiegend unbegründet.

1. Die in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids vom ... Mai 2014 verfügte Ausweisung des Klägers ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.

Die Ausweisung ist formell rechtmäßig, insbesondere wurde der Kläger mit Schreiben vom 3. März 2014 (Bl. 164 d. BA) ordnungsgemäß angehört, Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG.

Sie ist auch materiell rechtmäßig.

Rechtlicher Maßstab für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ausweisungsentscheidung sind § 53 Nr. 1 und 2, § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 4, Satz 2 bis 4 und § 55 Abs. 1 und Abs. 3 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG). Die Ausweisung des Klägers ist nur als Ermessensausweisung zulässig (a) und hält als solche rechtlicher Überprüfung stand (b). Auch unter Berücksichtigung der familiären Bindungen des Klägers im Bundesgebiet erweist sich die Ausweisung als verhältnismäßig (c).

a) Die Ausweisung des Klägers ist nur als Ermessensausweisung zulässig.

Der Kläger erfüllt den Tatbestand des § 53 Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG, da er am... August 2013 durch das Landgericht ... ... wegen vorsätzlicher Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt wurde. Aufgrund seiner Niederlassungserlaubnis genießt er besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG. Zudem genießt der Kläger wegen der familiären Lebensgemeinschaft mit seinen deutschen Kindern und mit seiner deutschen Verlobten besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG. Zu Recht hat dies die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2014 anerkannt. Das Vorliegen eines besonderen Ausweisungsschutzes führt dazu, dass eine Ausweisung nur unter den Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Satz 2 bis 5 möglich ist.

Nach § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG darf der Kläger nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden. Solche Gründe liegen nach § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG in der Regel vor, wenn der Ausländer - wie hier der Kläger - einen zwingenden Ausweisungstatbestand des § 53 AufenthG erfüllt hat. Zutreffend geht die Beklagte davon aus, dass hier keine Umstände gegeben sind, die ein Abweichen von dieser Regelbewertung rechtfertigen würden. Denn eine Ausnahme vom Vorliegen schwerwiegender Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung i. S. d. § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG lässt sich nur dann begründen, wenn die Umstände der Straftat so erheblich von der im Gesetz vorausgesetzten Normalsituation abweichen, dass eine Ausweisung schon von vornherein - ohne umfassende Überprüfung aller Einzelfallumstände - ausscheidet (Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: September 2014, § 56 Rn. 23). Hier liegen jedoch schon mit Blick auf das verhängte Strafmaß und die Menge der vom Kläger beschafften Drogen keine Tatumstände vor, die die Straftat im Vergleich zur gesetzlich vorausgesetzten Gefährdungslage als weniger gewichtig erscheinen lassen. Mit Blick auf die Tatsache, dass der Kläger die Taten ohne Beschaffungsdruck beging, fehlt es auch nicht von vornherein an Anhaltspunkten für eine vom Kläger ausgehende Gefahr der Begehung ähnlicher Straftaten (vgl. auch Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: September 2014, § 56 Rn. 25 ff.), so dass schwerwiegende Gründe i. S. d. § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG gegeben sind.

Von der Regelbewertung des § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG ist dagegen vorliegend ein Abweichen erforderlich. Nach § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG wird der Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn die Voraussetzungen des § 53 AufenthG vorliegen. Zutreffend hat die Beklagte aufgrund der familiären Bindungen des Klägers hier keinen Regelfall in diesem Sinne, sondern einen Ausnahmefall angenommen und die Regelausweisung des § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG infolgedessen zu einer Ermessensausweisung reduziert. Denn die Worte „in der Regel“ beziehen sich auf Regelfälle, die sich nicht durch besondere Umstände von der Menge gleichliegender Fälle unterscheiden. Dagegen sind Ausnahmefälle durch einen atypischen Geschehensablauf gekennzeichnet, der so bedeutsam ist, dass er jedenfalls das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regel beseitigt (vgl. BVerwG, B.v. 13.11.1995 - 1 B 237/94 - juris Rn. 6). Ein Ausnahmefall ist schon dann gegeben, wenn durch höherrangiges Recht oder durch Vorschriften der Europäischen Menschenrechtskonvention geschützte Belange des Ausländers eine Einzelfallwürdigung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles gebieten (BVerwG, U.v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 - juris Rn. 24; BayVGH, U.v. 22.1.2013 - 10 B 12.2008 - juris Rn. 42). Die Beurteilung, ob ein Regelfall oder ein Ausnahmefall gegeben ist, unterliegt dabei der vollen gerichtlichen Überprüfung (vgl. BVerwG, B.v. 13.11.1995 - 1 B 237/94 - juris Rn. 6).

Die familiäre Beziehung des Klägers zu seinen fünf deutschen Kindern sowie zu seiner deutschen Verlobten, die durch Art. 6 GG und Art. 8 EMRK geschützt sind, stellen solch einen atypischen Sachverhalt dar, aufgrund dessen nur eine Ermessensausweisung i. S. d. § 55 AufenthG zulässig ist.

b) Die Ermessensausweisung des Klägers durch die Beklagte hält rechtlicher Überprüfung stand. Die Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Aufenthalt des Klägers die öffentliche Sicherheit und Ordnung der BRD auch in Zukunft schwerwiegend beeinträchtigen wird (aa). Ihre Ermessenserwägungen sind rechtlich nicht zu beanstanden (bb).

aa) Es ist zu erwarten, dass durch die weitere Anwesenheit des Klägers in der BRD die öffentliche Sicherheit und Ordnung auch künftig schwerwiegend gefährdet wird.

Bei Bestehen eines besonderen Ausweisungsschutzes bedarf es schwerwiegender Ausweisungsgründe. Zusätzlich ist eine Ausweisung aus spezialpräventiven Gründen nur dann gerechtfertigt, wenn für eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung durch neue Verfehlungen des Ausländers gewichtige Anhaltspunkte bestehen und damit vom Ausländer eine bedeutsame Gefahr für ein wichtiges Schutzgut ausgeht (BayVGH, U.v. 22.1.2013 - 10 B 12.2008 - juris Rn. 42; BVerwG, U.v. 31.8.2004 - 1 C 25/03 - Juris Rn. 16). Eine generalpräventive Ausweisung ist bei Bestehen eines besonderen Ausweisungsschutzes allenfalls zulässig, wenn die Straftat besonders schwer wiegt und deshalb ein besonderes Bedürfnis dafür besteht, über die strafrechtliche Sanktion hinaus durch die Ausweisung andere Ausländer von Straftaten ähnlicher Art und Schwere abzuhalten (BayVGH, U.v. 22.1.2013 - 10 B 12.2008 - juris Rn. 42; BVerwG, U.v. 31.8.2004 - 1 C 25.03 - juris Rn. 16; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: September 2014, § 56 Rn. 35 ff.).

Die abgeurteilten Straftaten des Klägers stellen einen Ausweisungsanlass von hinreichendem Gewicht dar. Zutreffend beurteilt die Beklagte die durch den Kläger begangenen Straftaten als schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Der Kläger ist vorliegend wegen vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tatmehrheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Der illegale Drogenhandel birgt ein hohes Maß an Sozialschädlichkeit und gehört zu den Bereichen der Schwerkriminalität. Daher ist es ein Grundinteresse der Gesellschaft, die Bevölkerung vor Betäubungsmitteln zu schützen. Zutreffend verweist die Beklagte auf die für die öffentliche Hand entstehenden Kosten durch Versorgungs-, Betreuungs- und Rehabilitationsmaßnahmen bei Drogenabhängigen. Bei den vom Kläger begangenen Taten ist zwar zu seinen Gunsten die Beteiligung einer Vertrauensperson der Polizei zu berücksichtigen. Dieser Umstand vermag jedoch nicht den begangenen Taten ihr schweres Gewicht zu nehmen. Der Kläger handelte aus Gewinnsucht heraus und war in die Drogenszene fest eingebunden. Er war dazu in der Lage, sich eine große Menge an Rauschgift zu besorgen. Darüber hinaus ist Kokain aufgrund seines großen Suchtpotentials eine besonders gefährliche, sogenannte harte Droge.

Die Kammer teilt die Prognoseentscheidung der Beklagten, dass durch die weitere Anwesenheit des Klägers in der BRD die öffentliche Sicherheit und Ordnung auch künftig schwerwiegend gefährdet wird. Dabei gilt für die im Rahmen tatrichterlicher Prognose festzustellende Wiederholungsgefahr ein mit zunehmendem Ausmaß des möglichen Schadens abgesenkter Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts (BVerwG, U.v. 4.10.2012 - 1 C 13/11 - juris Rn. 18). Zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung besteht unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass vom Kläger die Gefahr der Begehung weiterer Drogendelikte ausgeht. Hierfür spricht, dass der Kläger seine Taten ohne Beschaffungsdruck, sondern allein aus Gewinnsucht heraus begangen hat. Wie die Beklagte zutreffend ausführt, hat er die Notlage zahlreicher Abhängiger ausgenutzt, um sich zu bereichern. Daneben muss der Umfang der Drogengeschäfte berücksichtigt werden. Der Kläger war in die Drogenszene fest eingebunden. Wie die Beklagte zu Recht vorträgt, ist die strafgerichtliche Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung ein hinreichender Gradmesser des im Rahmen des Verwaltungsrechts bestehenden Bedürfnisses vorbeugender Schutzmaßnahmen. Auch wenn der Kläger - was zu seinen Gunsten unterstellt wird - nach der Haftentlassung eine Stelle als Facility Manager sicher hat, stehen demgegenüber hohe finanzielle Verpflichtungen des Klägers. Er hat Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seinen fünf deutschen Kindern und der von den Jugendämtern geleistete Unterhaltsvorschuss ist noch nicht vollständig abbezahlt.

Da die Anforderungen an eine Ausweisung aus spezialpräventiven Gründen erfüllt sind, kommt es nicht mehr darauf an, ob vorliegend auch eine Ausweisung aus generalpräventiven Gründen zulässig wäre.

bb) Die Ermessensausübung der Beklagten ist unter Berücksichtigung der von ihr nach § 114 Satz 2 VwGO ergänzend vorgetragenen Ermessenserwägungen rechtlich nicht zu beanstanden.

Soweit die Behörde nach ihrem Ermessen handeln darf, kann gerichtlich nach § 114 Satz 1 VwGO nur überprüft werden, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Es ist nicht zu überprüfen, ob eine andere Lösung zweckmäßiger gewesen wäre (BayVGH, U.v. 27.10.2011 - 10 B 08.1325 - juris Rn. 50).

Die Ausweisung stand vorliegend im Ermessen der Behörde i. S. d. § 55 Abs. 1 AufenthG. Dabei musste sie aufgrund einer individuellen Einzelfallprüfung über die Ausweisung entscheiden und zwischen dem öffentlichen Interesse an der Ausweisung und dem Interesse des Klägers, nicht ausgewiesen zu werden, abwägen (BayVGH, U.v. 22.1.2013 - 10 B 12.2008 - juris Rn. 43). Hierfür musste die Beklagte die gegenläufigen Interessen in tatsächlicher Hinsicht zutreffend erfassen und in rechtlicher Hinsicht zutreffend gewichten. Insbesondere waren die in § 55 Abs. 3 AufenthG und die sich aus Art. 6 GG und Art. 8 EMRK ergebenden Aspekte hinreichend zu berücksichtigen.

Gemessen an diesen Vorgaben ist die Ausweisung des Klägers rechtmäßig. Die im Bescheid vom ... Mai 2014 angestellten sowie die ergänzend in der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2014 vorgetragenen Ermessenserwägungen der Beklagten berücksichtigen die maßgeblichen Umstände hinreichend.

Die Beklagte hat den der Abwägung zugrundeliegenden Sachverhalt ausreichend ermittelt. Insbesondere erkannte sie in der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2014 an, dass der Kläger vor seiner Inhaftierung zu seinen fünf deutschen Kindern eine familiäre Beziehung unterhielt. Die regelmäßigen Besuche der jüngsten Tochter des Klägers in der JVA und die derzeitigen Bindungen zu seinen Kindern wurden berücksichtigt. Die Beklagte berücksichtigte das positive Vollzugsverhalten des Klägers.

Soweit der Kläger vorträgt, eine Abwägung habe gar nicht stattgefunden, sondern die Ausweisungsentscheidung sei vor der Anhörung der Kindesmütter getroffen worden (Bl. 87 d. GA), kann dem nicht gefolgt werden. Zwar ist es richtig, dass in der handschriftlichen Notiz auf dem Fax vom 14. März 2014 die Formulierung gewählt wurde, dass die Sachbearbeiterin den Kläger „ausweisen möchte“. Jedoch handelt es sich hier allenfalls um eine etwas unsaubere Formulierung, aus der nicht geschlossen werden kann, es habe von vornherein keine Abwägung stattgefunden. Dass die Entscheidung, den Kläger auszuweisen, zu diesem Zeitpunkt noch nicht getroffen war, zeigt gerade auch die Tatsache, dass sämtliche Kindesmütter zur möglichen Ausweisung des Klägers angehört wurden, um deren Stellungnahmen bei der anschließenden Entscheidung zu berücksichtigen.

Zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt hat die Beklagte die betroffenen Belange des Klägers, insbesondere die Schutzgüter des Art. 8 EMRK und des Art. 6 GG sowie die in § 55 Abs. 3 AufenthG genannten Aspekte, hinreichend gewürdigt.

Für die Rechtmäßigkeit von Ausweisungsentscheidungen ist der maßgebliche Zeitpunkt der der gerichtlichen Entscheidung, so dass die Behörde die Pflicht zur ständigen verfahrensbegleitenden Kontrolle der Rechtmäßigkeit ihrer Verfügung trifft (BVerwG, U.v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 - juris Rn. 12 und 18 ff.). Entsprechend konnte die Beklagte ihre Ermessenserwägungen auch im gerichtlichen Verfahren noch ergänzen (BVerwG, U.v. 13.12.2011 - 1 C 14.10 - juris Rn. 10 ff.; BayVGH, U.v. 22.1.2013, 10 B 12.2008 - juris Rn. 46).

Im Hinblick auf das Privat- und Familienleben des Klägers hat die Beklagte berücksichtigt, dass der Kläger Vater von fünf deutschen Kindern ist. Sie hat nicht verkannt, dass es optimal wäre, wenn neben den Müttern auch der Vater, also der Kläger, anwesend wäre. In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte ihr Ermessen in zulässiger Weise ergänzt und geht nunmehr davon aus, dass der Kläger vor der Inhaftierung zu allen seinen fünf deutschen Kindern eine Beziehung unterhielt, die den Tatbestand des § 56 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG erfüllt, die also eine familiäre Lebensgemeinschaft darstellt. Die Beklagte hat in ihre Entscheidung die Tatsache mit einbezogen, dass die Beziehung zur Verlobten des Klägers sowie zu seiner jüngsten Tochter weiterhin besteht, seit der Kläger in Haft ist. Sie geht darauf ein, dass die jüngste Tochter ... den Kläger regelmäßig in der JVA besucht. Außerdem würdigte die Beklagte den Umstand, dass der Kläger auch einmal Besuch von seinen anderen beiden Töchtern ... und ... erhielt. Die Beklagte hat zutreffend berücksichtigt, dass der Kläger zu seinen Söhnen aus der Haft heraus nur telefonischen und Briefkontakt hat. Sie hat anerkannt, dass ab dem Tag der mündlichen Verhandlung eine enge emotionale Bindung zwischen dem Kläger und allen seinen fünf deutschen Kindern besteht. Außerdem würdigte die Beklagte die positive Bewertung des Vollzugsverhaltens des Klägers. Allerdings hat sie zutreffend darauf hingewiesen, dass das Vollzugsverhalten nur geringe Aussagekraft bezüglich des Verhaltens nach der Haftentlassung besitzt.

Trotz der vorhandenen schutzwürdigen Belange des Klägers ist es unter Zugrundlegung des Maßstabs des § 114 Satz 1 VwGO rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte im Rahmen ihres Ermessens das öffentliche Interesse an der Ausweisung höher bewertet hat als die privaten Belange des Klägers. Sie hat sämtliche in ihre Entscheidung einzustellenden Gesichtspunkte berücksichtigt und im Ergebnis rechtsfehlerfrei gewichtet. Aufgrund der bestehenden Wiederholungsgefahr durfte die Beklagte dem öffentlichen Interesse an der Ausweisung des Klägers den Vorzug vor dessen schutzwürdigen Belangen geben.

c) Die Ausweisung ist auch unter Berücksichtigung von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK verhältnismäßig und damit rechtmäßig.

Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens. Die Behörde darf nach Art. 8 Abs. 2 EMRK in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.

Da Art. 8 Abs. 2 EMRK eindeutig Ausnahmen von den in Art. 8 Abs. 1 EMRK zugesicherten Rechten vorsieht, kann aus Art. 8 Abs. 1 EMRK kein absolutes Recht auf Nichtausweisung abgeleitet werden (Bauer in Renner/Bermann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, Vor §§ 53-56 Rn. 128). Vielmehr bedarf es einer einzelfallbezogenen Verhältnismäßigkeitsprüfung, für die nach der Rechtsprechung des EGMR in Bezug auf den Schutz des Privat- und Familienlebens folgende - nicht zwingend abschließende - Kriterien maßgeblich sind: Art und Schwere der vom Ausländer begangenen Straftat; die Dauer des Aufenthalts des Ausländers in dem Land, aus dem er ausgewiesen werden soll; die seit der Tatzeit verstrichene Zeitspanne und das Verhalten des Betroffenen in dieser Zeit; die Staatsangehörigkeit der einzelnen Betroffenen; die familiäre Situation des Ausländers und insbesondere gegebenenfalls die Dauer seiner Ehe und andere Faktoren, welche die Effektivität eines Familienlebens bei einem Paar belegen; die Frage, ob der Ehegatte von der Straftat wusste, als die familiäre Beziehung aufgenommen wurde; die Frage, ob aus der Ehe Kinder hervorgegangen sind und wenn ja, welches Alter sie haben; das Maß an Schwierigkeiten, denen der Ehegatte in dem Land unter Umständen begegnet, in das der Ausländer auszuweisen ist; die Belange und das Wohl der Kinder, insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen die Kinder des Beschwerdeführers in dem Land begegnen können, in das der Betroffene auszuweisen ist; die Festigkeit der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Gaststaat und zum Bestimmungsland (EGMR, U.v. 18.10.2006 - Üner, Nr. 46410/99 - juris; EGMR, U.v. 2.8.2001 - Boultif, Nr. 54273/00 - InfAuslR 2001, 476-481; vgl. Bauer in Renner/Bermann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, Vor §§ 53-56 Rn. 129 ff.;).

Nach der wertentscheidenden Grundsatznorm des Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG hat der Staat die Pflicht, die Familie zu schützen und zu fördern. Jedoch ergibt sich auch hieraus kein unmittelbarer Anspruch auf Aufenthalt (vgl. nur BVerfG, B.v. 9.1.2009 - 2 BvR 1064/08 - juris Rn. 14). Vielmehr verpflichtet Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG die Ausländerbehörde wie auch die Gerichte, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des Klägers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen bei der Entscheidung zu berücksichtigen (BVerfG, B.v. 23.1.2006 - 2 BvR 1935/05 - juris - Rn. 16; BVerfG, B.v. 9.1.2009 - 2 BvR 1064/08 - juris Rn. 14). Insofern beanspruchen die oben zu Art. 8 EMRK genannten Kriterien auch Geltung für die Beantwortung der Frage, ob der vorliegende Eingriff verhältnismäßig im Sinne von Art. 6 GG, Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 20 Abs. 3 GG ist.

Dem Kläger kann in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung der Beklagten nicht der Status eines faktischen Inländers zuerkannt werden, so dass unter diesem Gesichtspunkt keine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in Betracht kommt. Solch eine Verletzung kann sich bei Ausländern ergeben, die aufgrund ihrer gesamten Entwicklung faktisch zu Inländern geworden sind und denen wegen der Besonderheiten des Falles ein Leben im Staat ihrer Staatsangehörigkeit, zu dem sie keinen Bezug haben, nicht zuzumuten ist (BVerwG, U.v. 29.9.1998 - 1 C 8/96 - juris Rn. 30). Dies ist beim Kläger nicht der Fall. Denn er ist erst als Erwachsener im Alter von 23 Jahren in die BRD eingereist. Eine irreversible Einfügung in die deutschen Lebensverhältnisse durch den Kläger liegt - gerade auch im Hinblick auf dessen Straftaten - nicht vor. Der Kläger hat in seinem Heimatland die Schule besucht, eigenen Angaben zufolge das Abitur erreicht und im Baugeschäft seines Vaters gearbeitet. Der Großteil seiner Familie lebt in Nigeria. Der Kläger hat derzeit jedenfalls Kontakt zu seiner dort lebenden Mutter. Nach eigenen Angaben hat er nicht nur guten Kontakt zu seiner Mutter, sondern auch zu seinen in Nigeria lebenden Geschwistern. Einer Reintegration des Klägers in seinem Heimatland stehen keine Hindernisse von erheblichem Gewicht entgegen.

Unter Berücksichtigung der oben genannten Kriterien stellt die Ausweisung zwar einen gravierenden Eingriff in die familiären Beziehungen des Klägers zu seinen fünf deutschen Kindern sowie zu seiner deutschen Verlobten dar. Dennoch erweist sich die Ausweisung des Klägers im Hinblick auf die Schwere und die Art der begangenen Straftaten sowie auf die bestehende Wiederholungsgefahr als verhältnismäßig.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vom 13. November 2014 ist davon auszugehen, dass der Kläger - wie er auch selbst vorträgt - zu seinen fünf deutschen Kindern und zu seiner deutschen Verlobten familiäre Beziehungen pflegt. Der Kläger hat sich vor der Inhaftierung um seine Kinder gekümmert und versucht auch aus der Haft heraus, seiner Rolle als Vater gerecht zu werden. Abgesehen vom Sohn des Klägers ... ... übt der Kläger mit den Müttern jeweils das gemeinsame Sorgerecht aus. Bis zur Trennung von der Mutter seiner Töchter ... und ... hat er neun Jahre mit ihr und den beiden Töchtern in einer familiären Lebensgemeinschaft gelebt. Während dieser Zeit hat sich der Kläger intensiv um seine beiden Töchter gekümmert. Auch nach der Trennung hat er die beiden Kinder bis zum Zeitpunkt seiner Inhaftierung regelmäßig zu sich geholt. Aus der Haft heraus besteht Briefkontakt, seine beiden ältesten Töchter haben ihn einmal in der JVA besucht. Zur jüngsten Tochter des Klägers besteht ein liebevolles und herzliches Verhältnis. Nach der Haftentlassung möchte der Kläger mit seiner Verlobten und der gemeinsamen Tochter zusammenwohnen und die übrigen Kinder auch weiterhin sehen. Die Mutter der beiden ältesten Töchter erhofft sich aufgrund ihres ernsten gesundheitlichen Zustands Hilfe durch den Kläger und dessen Verlobte, sobald der Kläger aus der Haft entlassen ist. Zwischen den gesamten Beteiligten besteht ein freundschaftliches Verhältnis Der Kläger wird von den Kindsmüttern durchweg als guter Familienvater beschrieben. In diese intensiven Bindungen des Klägers an die Bundesrepublik Deutschland wird durch dessen Ausweisung massiv eingegriffen.

Dennoch ist die Ausweisung des Klägers vor dem Hintergrund der Art und Schwere der vom Täter begangenen Delikte sowie der bestehende Wiederholungsgefahr verhältnismäßig. Zwar drängt - wie der Kläger zu Recht ausführt - die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, einwanderungspolitische Belange regelmäßig zurück, wenn die Lebensgemeinschaft zwischen einem Ausländer und seinem Kind nur in der Bundesrepublik Deutschland stattfinden kann. Dabei wird bei einer Vater-Kind-Beziehung der spezifische Erziehungsbeitrag des Vaters nicht durch Betreuungsleistungen der Mutter oder dritter Personen entbehrlich, sondern kann eigenständige Bedeutung für die Entwicklung des Kindes haben (BVerfG, B.v. 23.1.2006 - 2 BvR 1935/05 - juris Rn. 17). Jedoch setzen sich auch gewichtige familiäre Belange nicht stets gegenüber gegenläufigen öffentlichen Interessen durch (BVerfG, B.v. 23.1.2006 - 2 BvR 1935/05 - juris Rn. 23). Die vom Kläger begangenen Drogendelikte sind besonders schwerwiegende Straftaten und dürfen daher in die Abwägung mit den persönlichen Interessen des Klägers mit dem entsprechendem Gewicht eingestellt werden (BayVGH, U.v. 22.1.2013 - 10 B 12.2008 - juris Rn. 48 m. w. N.). Illegaler Drogenhandel gehört zu den Bereichen besonders schwerer Kriminalität, da er das Leben und die Gesundheit anderer Menschen gefährdet und Abhängigkeiten schafft. Die Bekämpfung von Drogenkriminalität ist ein Grundinteresse der Gesellschaft, das auch gravierende Eingriffe in das Familienleben des Betroffenen rechtfertigt (BayVGH, U.v. 22.1.2013 - 10 B 12.2008 - juris Rn. 54). Im Falle des Klägers ist zu berücksichtigen, dass die Beschaffung einer solch großen Menge an Drogen erhöhte kriminelle Energie voraussetzt. Das positive Vollzugsverhalten des Klägers hat nur geringe Aussagekraft bezüglich des wahrscheinlichen Verhaltens des Klägers nach dem Strafvollzug und beseitigt die gegebene Gefahr der Begehung weiterer Drogendelikte durch den Kläger daher nicht. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände erweist sich die Ausweisung und die damit verbundene zeitliche Trennung des Klägers von seiner deutschen Familie als verhältnismäßig und damit rechtmäßig. Die Ausweisung ist im Ergebnis notwendig i. S. d. Art. 8 Abs. 2 EMRK.

2. Die Abschiebung aus der Haft ergibt sich aus § 58 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 3 Nr. 1 AufenthG. Die Abschiebungsandrohung für den Fall, dass eine Abschiebung vor Haftentlassung nicht möglich ist, ist nicht zu beanstanden. Insbesondere erscheint die Ausreisefrist von vier Wochen als angemessen, vgl. § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenhG.

3. Bezüglich einer angemessenen Befristung der Wirkungen der Ausweisung (Ziff. 2 des streitgegenständlichen Bescheids) ist die Klage insoweit begründet, als eine Sperrfrist von mehr als zwei Jahren unverhältnismäßig ist.

Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2014 in verfahrensrechtlich zulässiger Weise die Wirkungen der Ausweisung auf vier Jahre befristet. Der Antrag des Klägers auf angemessene Befristung der Wirkungen der Ausweisung ist in der Anfechtung der Ausweisung als Minus für den Fall der Bestätigung der Ausweisungsentscheidung enthalten (vgl. Maor in BeckOK, AuslR, Stand: September 2014, AufenthG § 11 Rn. 11).

Die Befristung der Wirkungen der Ausweisung bestimmt sich nach präventiven Gesichtspunkten (vgl. auch Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: September 2014, § 11 Rn. 22). Nach § 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG ist die Frist unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände festzusetzen und darf fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht. Bei der Bemessung der Länge der Frist sind das Gewicht des Ausweisungsgrundes und der mit der Ausweisung verfolgte Zweck zu berücksichtigen (vgl. Kluth/Heusch in BeckOK, AuslR, Stand: September 2014, AufenthG § 11 Rn. 17). Es bedarf einer Einzelfallprognose, wie lange das Verhalten des Klägers das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag. Jedoch muss sich die Länge der Frist an höherrangigem Recht messen lassen. Die verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen der Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 6 GG sowie Art. 8 EMRK sind zu berücksichtigen, so dass die schutzwürdigen Belange des Klägers und die Folgen der Ausweisung für seine Angehörigen in die Befristungsentscheidung einzubeziehen sind (vgl. zu dem Ganzen VG München, U.v. 13.2.2014 - M 10 K 13.2626 - juris Rn. 48). Denn auch die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ist ein Mittel, den gemäß Art. 6 GG und Art. 8 EMRK geschützten Belangen ausreichend Rechnung zu tragen (vgl. auch BVerfG, B.v. 22.8.2000 - 2 BvR 1363/00 - juris).

Unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität, die der Kläger ohne Beschaffungsdruck unter Einsatzes eines hohen Maßes an krimineller Energie begangen hat, sowie der vorhandenen Wiederholungsgefahr rechtfertigt sich zwar die Prognose, dass zur reinen Gefahrenabwehr ein Befristungszeitraum von vier Jahren erforderlich ist.

Jedoch ist vor dem Hintergrund von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK eine weitere Reduzierung dieses - zur Gefahrenabwehr notwendigen - Befristungszeitraums erforderlich. Im Hinblick auf die familiären Bindungen des Klägers im Bundesgebiet zu seinen fünf deutschen Kindern sowie zu seiner deutschen Verlobten ist die Kammer davon überzeugt, dass eine Befristung der Wirkungen der Ausweisung von zwei Jahren einen sachgerechten Ausgleich zwischen dem öffentlichen Interesse an der Gefahrenabwehr und dem persönlichen Interesse des Klägers am Schutz seiner persönlichen Bindungen darstellt. Durch die Befristung der Wirkungen der Ausweisung auf zwei Jahre ist sichergestellt, dass der persönliche Kontakt des Klägers zu seiner Verlobten und zu seinen Töchtern nur für maximal zwei Jahre unterbrochen ist. Briefkontakt und Telefonate sind auch während dieser Zeit möglich. Der derzeit bestehende telefonische und Briefkontakt zu den Söhnen des Klägers kann auch - jedenfalls über einen begrenzten Zeitraum - von Nigeria aus aufrechterhalten werden. Für die Zeit, in der dem Kläger die Wiedereinreise untersagt ist, besteht für ihn zudem die Möglichkeit, Betretenserlaubnisse nach § 11 Abs. 2 AufenthG zu erhalten. Bei der Rückkehr des Klägers wird - ausgehend vom regulären Haftende am 17. Februar 2017 und einer unmittelbar hiernach erfolgenden Ausreise des Klägers - die jüngste Tochter des Klägers ... knapp sieben Jahre alt sein. Der Kläger hat damit durchaus die Möglichkeit, sich an der Erziehung seiner jüngsten Tochter zu beteiligen und seine jüngste Tochter aufwachsen zu sehen. Sein Sohn ... wird zu diesem Zeitpunkt zwölfeinhalb Jahre alt sein, die Tochter des Klägers ... vierzehneinhalb Jahre. Die Kinder des Klägers ... und ... ... werden zu diesem Zeitpunkt sechzehneinhalb Jahre alt sein. Auch bezüglich der älteren Kinder wird dem Kläger durch den kurzen Befristungszeitraum nicht die Möglichkeit genommen, einen Erziehungsbeitrag zu leisten und die Beziehung zu seinen Kindern aufrecht zu erhalten.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Im Verhältnis zur Anfechtung der Ausweisung wird die Befristungsentscheidung mit 1/5 gewichtet. Diesbezüglich obsiegte der Kläger nur zum Teil. Denn weder hat er einen konkreten Befristungsantrag gestellt, noch erfolgte eine Befristung auf null. Insgesamt ist das Obsiegen des Klägers daher mit 1/10 zu gewichten.

5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein kosovarischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen seine Ausweisung aus der Bundesrepublik Deutschland.

2

Der 1978 geborene Kläger reiste 1996 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Nach einem erfolglos gebliebenen Asylverfahren heiratete er im Juni 1999 eine deutsche Staatsangehörige. Er erhielt daraufhin Mitte 2000 zunächst eine befristete und im Oktober 2004 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die ab Januar 2005 als Niederlassungserlaubnis fortgalt. Nach Scheidung seiner Ehe im Jahre 2006 und einer nur kurze Zeit dauernden zweiten Ehe mit einer Kosovarin heiratete der Kläger im Januar 2008 im Kosovo in dritter Ehe eine kosovarische Staatsangehörige. Zu einem Nachzug der Ehefrau nach Deutschland kam es nicht.

3

Der Kläger, der seit mehreren Jahren eine feste Arbeitsstelle als Staplerfahrer besaß, wurde im Juni 2008 in Untersuchungshaft genommen und im Februar 2009 vom Landgericht Heidelberg wegen Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl in zwölf Fällen und zum versuchten schweren Bandendiebstahl in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Daraufhin wies ihn das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Bescheid vom 23. Juni 2009 aus der Bundesrepublik Deutschland aus (Nr. 1) und drohte ihm die Abschiebung in den Kosovo an (Nr. 2). In der Begründung hieß es, der Kläger genieße zwar besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG und könne deshalb nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden. Solche Gründe lägen aber hier wegen der schweren, in hoher Zahl und über einen längeren Zeitraum hinweg begangenen Eigentumsdelikte vor. Die Ausweisung sei sowohl aus spezialpräventiven Gründen wegen der von ihm ausgehenden Wiederholungsgefahr als auch aus generalpräventiven Gründen wegen der besonderen Schwere der Straftaten gerechtfertigt. Bei der im Rahmen der Ermessensausübung vorzunehmenden Interessenabwägung überwiege das öffentliche Interesse an der Ausweisung die persönlichen Interessen des Klägers an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet, zumal seine Ehefrau im Kosovo lebe.

4

Das Verwaltungsgericht hat die dagegen gerichtete Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Zwar gehe von dem Kläger, der inzwischen nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe unter Aussetzung des Strafrests zur Bewährung aus der Haft entlassen worden sei, keine Wiederholungsgefahr mehr aus. Die Ausweisung sei aber wegen der besonderen Schwere der von ihm begangenen Straftaten, die der organisierten Kriminalität zuzurechnen seien, aus generalpräventiven Gründen gerechtfertigt. Sie sei auch unter Berücksichtigung der persönlichen Situation des Klägers, der erst als Erwachsener nach Deutschland eingereist sei, nicht unverhältnismäßig, zumal der Kläger auch noch starke Kontakte zum Kosovo habe.

5

Auf die Berufung des Klägers hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Urteil vom 18. März 2011 die Ausweisung und die Abschiebungsandrohung für den Fall der Haftentlassung (Nr. 2 Abs. 2 des Bescheides) aufgehoben. Zur Begründung hat er ausgeführt: Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsverhandlung lägen keine schwerwiegenden Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vor, wie sie für eine Ausweisung des Klägers erforderlich seien. Die Ausweisung könne nicht auf spezialpräventive Gründe gestützt werden, weil von dem Kläger derzeit keine Wiederholungsgefahr mehr ausgehe. Die Ausweisung werde vom Beklagten allein tragend zur - generalpräventiven - Abschreckung anderer Ausländer aufrechterhalten. Ein allein auf diesen Gesichtspunkt gestütztes öffentliches Interesse an der Ausweisung stelle bei der Personengruppe der "verwurzelten" Ausländer, zu der der Kläger gehöre, im Lichte von Art. 8 EMRK regelmäßig keinen schwerwiegenden Grund im Sinne von § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG dar. Dies ergebe sich in einer Gesamtschau aus den neueren Rechtsprechungslinien sowohl des Bundesverfassungsgerichts als auch des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte - EGMR - und im Übrigen auch aus der Rechtsauffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union - EuGH - in Bezug auf Unionsbürger sowie des Bundesverwaltungsgerichts in Bezug auf assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige. Dies gelte jedenfalls seit Inkrafttreten des EU-Reformvertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009. Der vom Bundesverfassungsgericht besonders betonte Verhältnismäßigkeitsgrundsatz stehe bei nachhaltig verwurzelten Ausländern, die sich auf den qualifizierten Schutz von Art. 8 EMRK berufen könnten, einer Ausweisung aus generalpräventiven Gründen in der Regel entgegen. Auch die Rechtsprechung des EGMR laufe in rechtstatsächlicher Hinsicht sehr stark auf eine Ausweisung - nur oder nur auch - aus spezialpräventiven Gründen zu. Bei freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgern und assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen könne der Aufenthalt nach der Rechtsprechung des EuGH und des Bundesverwaltungsgerichts nicht mehr allein aus generalpräventiven Gesichtspunkten beendet werden. Daraus ergebe sich unter Berücksichtigung der ebenfalls aufenthaltsrechtlich besonders geschützten drittstaatsangehörigen Familienmitglieder dieser Personengruppen für rund zwei Drittel aller in Deutschland lebenden Ausländer ein Verbot der Ausweisung aus generalpräventiven Gründen. Die richterrechtliche Schöpfung der Ausweisung aus generalpräventiven Gründen habe deshalb auch bezüglich der in Deutschland nachhaltig "verwurzelten" Ausländer ihre Berechtigung grundsätzlich verloren. Bei ihnen könne eine generalpräventiv begründete Ausweisung nur ausnahmsweise im Fall besonders schwerwiegender staats- oder gesellschaftsgefährdender Delikte zulässig sein, wie sie etwa in Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG - Qualifikationsrichtlinie - ("Terrorismusdelikte") oder in Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG - Unionsbürgerrichtlinie - genannt seien. Entsprechend dem Vorbild der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Verschiebung des maßgeblichen Zeitpunkts bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Ausweisungen müsse das grundsätzliche Verbot der generalpräventiven Ausweisung mit Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages und der dadurch bedingten Aufwertung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und der Rechtsprechung des EGMR auf nachhaltig "verwurzelte" Ausländer erstreckt werden. Der Kläger gehöre zu dieser Personengruppe: Er lebe seit 14 Jahren im Bundesgebiet, wo seine gesamte berufliche Entwicklung erfolgt sei. Hier lebten enge Familienangehörige und sein Freundeskreis, er verfüge über einen Arbeitsplatz, der ihn ohne ergänzende Sozialleistungen unterhalte, und verbringe sein Privatleben mit seiner deutschen Partnerin. Auf eine gleichzeitige tiefgreifende "Entwurzelung" aus dem Heimatland komme es dabei nicht an.

6

Dagegen richtet sich die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision des Beklagten. Er macht geltend, dass sich weder aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts noch der des EGMR das vom Verwaltungsgerichtshof angenommene grundsätzliche Verbot einer generalpräventiven Ausweisung für "verwurzelte" Ausländer aus Drittstaaten ergebe.

7

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und stellt darüber hinaus die Berechtigung einer allein generalpräventiv motivierten Ausweisung grundsätzlich in Frage. Die behauptete abschreckende Wirkung von Ausweisungen sei nicht durch empirische Studien belegt und könne schon deshalb einen derartigen Grundrechtseingriff nicht rechtfertigen. Zudem setze die richterrechtliche Figur der generalpräventiven Ausweisung eine zur Verhaltenssteuerung geeignete kontinuierliche Ausweisungspraxis voraus. Diese liege angesichts der großen Anzahl unionsrechtlich privilegierter Ausländer, die nur noch aus spezialpräventiven Gründen ausgewiesen werden dürften, in der Realität nicht mehr vor.

8

Der Vertreter des Bundesinteresses hat sich an dem Verfahren beteiligt und unterstützt die Auffassung des Beklagten.

9

Der Kläger hat inzwischen während einer Besuchsreise in den Kosovo im November 2011 in vierter Ehe eine in Deutschland lebende kosovarische Staatsangehörige geheiratet. Anschließend ist ihm von der Deutschen Botschaft in Pristina für die Wiedereinreise ein Visum zum Familiennachzug erteilt worden. Die Beteiligten haben daraufhin in der Revisionsverhandlung den Rechtsstreit hinsichtlich der Abschiebungsandrohung in Nr. 2 Abs. 2 des Bescheides vom 23. Juni 2009 übereinstimmend für erledigt erklärt.

Entscheidungsgründe

10

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 141, 125 Abs. 1 VwGO einzustellen. Zugleich ist die Unwirksamkeit der vorinstanzlichen Entscheidungen hinsichtlich der Abschiebungsandrohung in Nr. 2 Abs. 2 des angefochtenen Bescheides festzustellen (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO in entsprechender Anwendung).

11

Hinsichtlich der allein noch in Streit befindlichen Ausweisung (Nr. 1 des angefochtenen Bescheides) ist die Revision der Beklagten begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs beruht insoweit auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof hat die Ausweisung als rechtswidrig angesehen, weil er das Vorliegen schwerwiegender Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG bei dem Kläger verneint hat. Die hierfür angeführte Begründung ist mit Bundesrecht nicht vereinbar (1.). Da der Senat mangels ausreichender Feststellungen im Berufungsurteil nicht selbst abschließend entscheiden kann, ob bei dem Kläger schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorliegen (2.), und sich die Ausweisung auch nicht bereits aus anderen Gründen als rechtswidrig erweist (3.), ist die Sache gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (4.).

12

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der Ausweisung ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts, hier also des Verwaltungsgerichtshofs (Urteil vom 15. November 2007 - BVerwG 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 Rn. 12). Rechtsänderungen während des Revisionsverfahrens sind allerdings zu beachten, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie zu berücksichtigen hätte (stRspr, etwa Urteil vom 11. Januar 2011 - BVerwG 1 C 1.10 - BVerwGE 138, 371 Rn. 10 m.w.N.). Maßgeblich sind deshalb die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2011 (BGBl I S. 2854). Damit sind insbesondere auch die Änderungen durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex vom 22. November 2011 (BGBl I S. 2258) - im Folgenden: Richtlinienumsetzungsgesetz 2011 - zu beachten.

13

Der Verwaltungsgerichtshof ist - in Übereinstimmung mit dem Beklagten - zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger mit seiner rechtskräftigen Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten den (Regel-)Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 1 AufenthG verwirklicht hat, dass er aber aufgrund des Besitzes einer Niederlassungserlaubnis und seines mehr als fünfjährigen rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG besonderen Ausweisungsschutz genießt. Der Kläger kann daher nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne von § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG und nur aufgrund einer sämtliche Umstände des Einzelfalles berücksichtigenden Ermessensentscheidung der Beklagten nach § 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG ausgewiesen werden.

14

1. Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, dass schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG hier nicht vorlägen, beruht indes auf einer fehlerhaften Auslegung dieser Vorschrift.

15

a) Soweit sich diese Annahme auf die vom Beklagten ursprünglich auch angeführten spezialpräventiven Gründe für die Ausweisung des Klägers, nämlich die von ihm ausgehende Gefahr der erneuten Begehung vergleichbarer Straftaten, bezieht, ist sie revisionsrechtlich allerdings nicht zu beanstanden. Nachdem bereits das Verwaltungsgericht das Vorliegen spezialpräventiver Gründe verneint hatte, ist auch der Verwaltungsgerichtshof aufgrund der ihm vorliegenden Erkenntnismittel zu der Überzeugung gelangt, dass von dem Kläger inzwischen keine gesteigerte Wiederholungsgefahr mehr ausgeht. Mit dem Begriff der gesteigerten Wiederholungsgefahr ist dabei erkennbar die auch von der Rechtsprechung des Senats verlangte ernsthaft drohende Gefahr erneuter schwerer Verfehlungen des Ausländers - im Gegensatz zur lediglich entfernten Möglichkeit solcher Verfehlungen - gemeint (vgl. Urteile vom 13. Januar 2009 - BVerwG 1 C 2.08 - Buchholz 402.242 § 54 AufenthG Nr. 7 Rn. 16 und vom 11. Juni 1996 - BVerwG 1 C 24.94 - BVerwGE 101, 247 <253>). Dies wird durch die Bezugnahme des Verwaltungsgerichtshofs auf die entsprechenden Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts deutlich, die auf diese Rechtsprechung zurückgreifen. Auch vom Beklagten werden die Feststellungen zum Fehlen einer Wiederholungsgefahr nicht angegriffen. Vielmehr wird die Ausweisung nunmehr tragend allein auf generalpräventive Gründe gestützt.

16

b) Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, dass es für eine allein generalpräventiv begründete Ausweisung an schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung schon deshalb fehle, weil bei "verwurzelten" Ausländern eine so begründete Ausweisung regelmäßig unzulässig sei, hält einer revisionsgerichtlichen Prüfung dagegen nicht stand.

17

aa) Schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung können nicht nur bei Verwirklichung der Ausweisungstatbestände der §§ 53 und 54 Nr. 5, 5a und 7 AufenthG, bei denen die Vermutung des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG eingreift, sondern auch bei Vorliegen sonstiger (Regel- und Ermessens-)Ausweisungsgründe gegeben sein. Erforderlich ist jedoch stets, dass dem Ausweisungsanlass ein besonderes Gewicht zukommt. Dieses kann sich bei Straftaten insbesondere aus deren Art, Schwere und Häufigkeit ergeben (stRspr, zuletzt Urteil vom 13. Januar 2009 a.a.O.). Darüber hinaus ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt, dass strafrechtliche Verurteilungen nicht nur dann einen solchen schwerwiegenden Ausweisungsanlass bilden können, wenn von dem betreffenden Ausländer die Gefahr der erneuten Begehung von Straftaten ausgeht (Spezialprävention), sondern auch dann, wenn durch die Ausweisung andere Ausländer von der Begehung solcher Straftaten abgehalten werden sollen (Generalprävention). Allerdings liegt bei einer allein auf generalpräventive Gründe gestützten Ausweisung im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ein schwerwiegender Ausweisungsanlass nur ausnahmsweise vor, wenn die Straftat besonders schwer wiegt und deshalb ein dringendes Bedürfnis daran besteht, über eine strafrechtliche Sanktion hinaus durch Ausweisung andere Ausländer von Straftaten ähnlicher Art und Schwere abzuhalten (Urteile vom 11. Juni 1996 a.a.O. <254 ff.> m.w.N. und vom 31. August 2004 - BVerwG 1 C 25.03 - BVerwGE 121, 356 <362>).

18

An dieser Rechtsprechung, die ihrerseits schon sehr hohe Anforderungen an die Annahme schwerwiegender Gründe im Sinne von § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG bei einer allein generalpräventiv motivierten Ausweisung stellt, ist auch weiterhin festzuhalten.

19

bb) Soweit der Klägervertreter die abschreckende Wirkung von Ausweisungen auf andere Ausländer generell in Frage stellt, weil sie nicht durch empirische Studien belegt sei, und meint, aufgrund der großen Anzahl privilegierter Ausländer, die nur noch aus spezialpräventiven Gründen ausgewiesen werden dürften, habe die richterrechtliche Figur der generalpräventiven Ausweisung mangels kontinuierlicher Ausweisungspraxis inzwischen ihre Berechtigung verloren, kann dem nicht gefolgt werden. Denn die grundsätzliche Möglichkeit einer generalpräventiv begründeten Ausweisung von Ausländern, die nicht zu einem unionsrechtlich privilegierten Personenkreis gehören, beruht nicht auf einer rein richterrechtlichen Schöpfung, sondern liegt erkennbar auch der gesetzlichen Regelung sowohl des Ausländergesetzes 1990 als auch des Aufenthaltsgesetzes zugrunde. Dies ergibt sich schon aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber bei bestimmten schwerwiegenden Verurteilungen in § 53 AufenthG (im Anschluss an die Vorgängerregelung in § 47 Abs. 1 AuslG 1990) eine zwingende Ausweisung vorgeschrieben hat. Das zeigt, dass er die Ausweisung jedenfalls in diesen Fällen unabhängig vom Vorliegen einer Wiederholungsgefahr und damit auch bei Fehlen spezialpräventiver Gründe - also allein aus generalpräventiven Erwägungen - als zulässig und geboten angesehen hat. Auch dem Umstand, dass der Gesetzgeber des Ausländergesetzes 1990 und des Aufenthaltsgesetzes sich in Kenntnis der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht von der Vorstellung einer generalpräventiv motivierten Ausweisung abgewandt hat, ist zu entnehmen, dass er diese in seinen Willen aufgenommen hat. Das wird durch die Ausführungen zu den Ausweisungsvorschriften (§§ 45 ff. AuslG 1990) im Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Neuregelung des Ausländerrechts vom 27. Januar 1990 bestätigt (BTDrucks 11/6321 S. 49 ff.). Dort wird eingangs allgemein auf die verhaltenssteuernde - also generalpräventive - Wirkung des Ausweisungsrechts für die Ausländer verwiesen und u.a. von der "Notwendigkeit der Generalprävention" sowohl im Rahmen der Strafzumessung als auch im Rahmen der verwaltungsrechtlichen Beurteilung der Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung gesprochen (a.a.O. S. 50). Durch das Aufenthaltsgesetz, das die Ausweisungsvorschriften zwar neu strukturiert, aber die hier entscheidenden Regelungen inhaltlich übernommen hat, hat sich an diesem Befund nichts geändert (BTDrucks 15/420 S. 90 f.). Da der Gesetzgeber selbst grundsätzlich generalpräventive Motive im Ausweisungsrecht anerkennt und gerade bei strafrechtlichen Verurteilungen auch als alleinigen Grund für eine Ausweisung billigt, können die Gerichte und Behörden bei der Anwendung der einschlägigen Vorschriften dies nicht wegen eines fehlenden empirischen Nachweises der Abschreckungswirkung für andere Ausländer oder wegen des zunehmenden Anteils nur spezialpräventiv auszuweisender Ausländer in Frage stellen. Denn insoweit ist die Einschätzung des Gesetzgebers, die im Rahmen des ihm zustehenden weiten gesetzgeberischen Ermessens liegt und nicht erkennbar willkürlich ist, zu respektieren. Im Übrigen sind bei der von dem Klägervertreter aufgeworfenen Frage, ob Ausweisungen angesichts der erhöhten Anforderungen an ihre Zulässigkeit und der dadurch bedingten rückläufigen Ausweisungspraxis überhaupt noch geeignet sind, verhaltenssteuernd auf andere Ausländer zu wirken, nicht nur die rein generalpräventiv begründeten Ausweisungen, sondern auch die spezialpräventiven Ausweisungen oder Aufenthaltsbeendigungen infolge der Begehung von Straftaten in den Blick zu nehmen. Auch diese spezialpräventiven Maßnahmen können nämlich verhaltenssteuernd auf andere Ausländer wirken.

20

cc) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs ist das Erfordernis schwerwiegender Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG auch nicht einschränkend dahin auszulegen, dass es jedenfalls bei nachhaltig "verwurzelten" Ausländern im Falle einer allein auf generalpräventive Gründe gestützten Ausweisung regelmäßig nicht vorliegt. Eine derartige regelhafte Einschränkung, die ihrerseits die Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles - etwa der Schwere der konkreten Straftat oder auch der "Entwurzelung" des Ausländers in seinem Herkunftsstaat - von vornherein ausblendet, stimmt weder mit der bisherigen Rechtsprechung des Senats zu § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG überein, noch ist sie, wie der Verwaltungsgerichtshof meint, im Lichte von Art. 8 EMRK aufgrund einer Gesamtschau der neueren Rechtsprechungslinien des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte - EGMR - in Verbindung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union - EuGH - und des Bundesverwaltungsgerichts zu Unionsbürgern und assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen geboten.

21

Das Bundesverfassungsgericht hat auch in seiner neueren Kammerrechtsprechung zur Verhältnismäßigkeit des durch eine Ausweisung bewirkten Eingriffs in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG die Bedeutung generalpräventiver Erwägungen im Ausweisungsrecht (unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 1979 - 1 BvR 650/77 - BVerfGE 51, 386 <397>) anerkannt und betont, dass eine am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierte Entscheidung allerdings voraussetzt, dass die Ausländerbehörde die Umstände der Straftat und die persönlichen Verhältnisse des Betroffenen von Amts wegen sorgfältig ermittelt und eingehend würdigt. Insbesondere kann das Gewicht der für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Interessen nicht allein anhand der Typisierung der den Ausweisungsanlass bildenden Straftaten in den Ausweisungsvorschriften des Aufenthaltsgesetzes bestimmt werden. Vielmehr sind auch bei strafrechtlichen Verurteilungen nach § 53 AufenthG im Einzelfall die Umstände der begangenen Straftat, wie sie sich aus dem Strafurteil und dem vorangegangenen Strafverfahren ergeben, individuell zu würdigen. Dies gilt naturgemäß erst recht bei unterhalb der Schwelle des § 53 AufenthG liegenden strafrechtlichen Verurteilungen nach § 54 Nr. 1 AufenthG. Darüber hinaus sind in gleicher Weise die gegen die Ausweisung sprechenden privaten Belange des Betroffenen im Einzelnen zu ermitteln und individuell zu würdigen, um sie dann unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen abwägen zu können (BVerfG, Beschlüsse vom 10. Mai 2007 - 2 BvR 304/07 - BVerfGK 11, 153 und vom 10. August 2007 - 2 BvR 535/06 - NVwZ 2007, 1300). Diese vom Bundesverfassungsgericht nunmehr präzisierten Prüfungsanforderungen lassen keinen Schluss auf die vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellte Auslegungsregel zu, die sowohl im Hinblick auf die den Ausweisungsanlass bildende Straftat als auch im Hinblick auf die schutzwürdigen Belange des Betroffenen die Berücksichtigung und Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalles ausblendet und durch eine typisierende Betrachtung - wenn auch zugunsten des Ausländers - ersetzt.

22

Die vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellte Auslegungsregel kann auch nicht aus der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 8 EMRK hergeleitet werden. Die Entscheidungen des EGMR zum Schutz des Privat- und Familienlebens in Fällen der Ausweisung straffällig gewordener Ausländer enthalten kein ausdrückliches Verbot generalpräventiv begründeter Ausweisungen. Im Gegenteil hat der Gerichtshof in einzelnen Fällen, in denen generalpräventive Gründe für die Ausweisung maßgeblich waren, eine Konventionsverletzung verneint (EGMR, Urteile vom 28. Juni 2007 - Nr. 31753/02 - Kaya/Deutschland - InfAuslR 2007, 325 und vom 6. Dezember 2007 - Nr. 69735/01 - Chair/Deutschland - InfAuslR 2008, 111). Auch die vom EGMR aufgestellten sog. "Boultif/Üner-Kriterien" (vgl. EGMR, Urteil vom 18. Oktober 2006 - Nr. 46410/99 - Üner/Niederlande - NVwZ 2007, 1279 Rn. 57 f.) laufen der Sache nach nicht auf ein de-facto-Verbot solcher Ausweisungen hinaus (a.A. OVG Bremen, zuletzt Urteil vom 10. Mai 2011 - 1 A 306.10 u.a. - InfAuslR 2011, 341 <343>). Sowohl die Art und Schwere der begangenen Straftat als auch die seit der Straftat vergangene Zeit und das Nachtatverhalten des Betroffenen können sinnvoll auch bei einer generalpräventiv begründeten Ausweisung als Gesichtspunkte im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung berücksichtigt werden. Auch das Bundesverfassungsgericht, das die Rechtsprechung des EGMR und die von ihm entwickelten Kriterien ausdrücklich in Bezug genommen hat, hat daraus ersichtlich kein Regelverbot einer generalpräventiven Ausweisung hergeleitet.

23

Soweit der Verwaltungsgerichtshof sich bei seiner Gesamtschau auf die Rechtsprechung des EuGH zur Aufenthaltsbeendigung von Unionsbürgern und deren Familienangehörigen sowie die Rechtsprechung zu assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen berufen hat, derzufolge bei diesem Personenkreis eine generalpräventiv motivierte Aufenthaltsbeendigung ausgeschlossen ist, können daraus keine Schlüsse für die übrigen Drittstaatsangehörigen gezogen werden. Denn bei den genannten Personen handelt es sich um unionsrechtlich privilegierte Gruppen, die sich durch erhöhten Ausweisungsschutz von den übrigen Drittstaatsangehörigen unterscheiden. Entsprechendes gilt im Übrigen auch für die aufenthaltsrechtlich stärker geschützten Inhaber einer Daueraufenthaltserlaubnis-EG (vgl. Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2003/109/EG).

24

2. a) Ist eine einschränkende Auslegung des Begriffs der schwerwiegenden Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne von § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG in Gestalt der vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellten Regel damit nicht durch höherrangiges Recht geboten, verbleibt es bei der nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats maßgeblichen Auslegung der Bestimmung. Danach sind, wie oben bereits ausgeführt, bei allein generalpräventiv begründeten Ausweisungen an die Annahme schwerwiegender Gründe der öffentliche Sicherheit und Ordnung im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit besonders hohe Anforderungen zu stellen. In diesen Fällen ist erforderlich, dass die den Ausweisungsanlass bildende Straftat besonders schwer wiegt und deshalb ein dringendes Bedürfnis daran besteht, über die strafrechtliche Sanktion hinaus durch die Ausweisung andere Ausländer von Straftaten ähnlicher Art und Schwere abzuhalten. Dabei kommt es stets auf die besondere Schwere der Straftat im Einzelfall an. Dies setzt voraus, dass die konkreten Umstände der begangenen Straftat oder Straftaten, wie sie sich aus dem Strafurteil und dem vorangegangenen Strafverfahren ergeben, ermittelt und individuell gewürdigt werden. Die besondere Schwere der Straftat im Hinblick auf die verhaltenssteuernde Wirkung der Ausweisung auf andere Ausländer erfordert, dass von einer derartigen Straftat eine besonders hohe Gefahr für den Staat oder die Gesellschaft ausgeht, wie dies insbesondere bei Drogendelikten oder Straftaten aus dem Bereich der organisierten Kriminalität der Fall sein kann.

25

Sind diese Anforderungen an das Vorliegen eines schwerwiegenden Ausweisungsanlasses im Sinne von § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG für eine generalpräventiv begründete Ausweisung erfüllt, ist darüber hinaus zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit - in der Regel im Rahmen der erforderlichen Ermessensausübung nach § 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG - das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Ausweisung mit dem Gewicht des schutzwürdigen privaten Interesses des Ausländers an dem Verbleib in Deutschland abzuwägen. Dadurch wird sichergestellt, dass gerade die Belange "verwurzelter" Ausländer je nach ihrem Gewicht im Einzelfall zum Tragen kommen.

26

b) Für den Fall des Klägers bedeutet dies, dass der Senat nicht selbst abschließend darüber entscheiden kann, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für die angefochtene Ausweisung, nämlich schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, vorliegen. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat - nach seiner Rechtsauffassung folgerichtig - keine Feststellungen zu den konkreten Umständen der Begehung der Straftaten, insbesondere zur Bedeutung des Tatbeitrages des Klägers, sowie zu weiteren Umständen des Einzelfalles wie etwa zu seinem Verhalten nach der Tat im Ermittlungs- und Strafverfahren getroffen. Ohne eine solche tatrichterliche Feststellung und Würdigung ist eine Entscheidung über das Vorliegen schwerwiegender Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung aber nicht möglich. Denn die Straftaten des Klägers sind nicht schon von vornherein gänzlich ungeeignet, ein schwerwiegendes öffentliches Interesse an einer Ausweisung in dem oben dargestellten Sinn zu begründen. Schwere Bandendiebstähle nach § 244a StGB sind Delikte, die der Gesetzgeber der organisierten Kriminalität zurechnet. Der qualifizierte Straftatbestand des § 244a StGB ist mit dem Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) vom 15. Juli 1992 (BGBl I S. 1302) in das Strafgesetzbuch eingefügt und - anders als der einfache Bandendiebstahl - als Verbrechen eingestuft worden. Dabei ging es dem Gesetzgeber u.a. darum, eine höhere individuelle wie allgemeine Abschreckungswirkung zu erzielen (BTDrucks 12/989 S. 25). Die vom Kläger begangenen Straftaten kommen deshalb als Anlass einer allein generalpräventiven Ausweisung grundsätzlich in Betracht. Auch der Umstand, dass der Kläger nur wegen Beihilfe verurteilt worden ist, führt angesichts des nach den Ausführungen im Strafurteil nahe an der Mittäterschaft liegenden Tatbeitrags nicht dazu, dass ohne nähere tatrichterliche Feststellung und Würdigung im Einzelfall bereits von vornherein ein schwerwiegender Ausweisungsanlass verneint werden kann.

27

4. Die Aufhebung der Ausweisung durch den Verwaltungsgerichtshof erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).

28

a) Allerdings müssen bei einer allein auf generalpräventive Erwägungen gestützten Ausweisung eines Ausländers mit besonderem Ausweisungsschutz (§ 56 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) die Wirkungen der Ausweisung regelmäßig von Amts wegen zugleich mit der Ausweisung befristet werden. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG darf ein Ausländer, der ausgewiesen worden ist, nicht erneut in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten. Ihm darf nach Satz 2 der Vorschrift kein Aufenthaltstitel nach diesem Gesetz erteilt werden. Diese kraft Gesetzes eintretenden Wirkungen werden nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG auf Antrag befristet. Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, schließt diese Regelung es nicht aus, dass die Ausländerbehörde zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung im Einzelfall von Amts wegen verpflichtet ist, die Wirkungen der Ausweisung schon bei Erlass der Ausweisung zu befristen. Ob dies erforderlich ist, hängt von den gesamten Umständen des Einzelfalles, insbesondere dem Ausmaß der von dem Ausländer ausgehenden Gefahr, der Vorhersehbarkeit der zukünftigen Entwicklung dieser Gefahr und den schutzwürdigen Belangen des Ausländers und seiner Angehörigen ab (Urteile vom 15. März 2005 - BVerwG 1 C 2.04 - Buchholz 451.901 Assoziationsrecht Nr. 42, vom 23. Oktober 2007 - BVerwG 1 C 10.07 - BVerwGE 129, 367 Rn. 18 und vom 2. September 2009 - BVerwG 1 C 2.09 - Buchholz 451.901 Assoziationsrecht Nr. 54 Rn. 25 sowie Beschluss vom 20. August 2009 - BVerwG 1 B 13.09 - Buchholz 402.242 § 11 AufenthG Nr. 4 Rn. 8). Dies führt bei einer allein generalpräventiv motivierten Ausweisung eines Ausländers mit besonderem Ausweisungsschutz - außer in den Fällen des Ausschlusses der Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 7 AufenthG - regelmäßig dazu, dass eine Befristung der Wirkungen der Ausweisung von Amts wegen zugleich mit der Ausweisung auszusprechen ist. Ist die Ausweisung zunächst sowohl auf spezialpräventive als auch auf generalpräventive Gründe gestützt und ergibt sich - wie hier - erst im gerichtlichen Verfahren, dass die spezialpräventiven Gründe nicht (mehr) vorliegen und die Ausweisung allein auf generalpräventive Gründe gestützt wird, kann und muss die Ausländerbehörde die Befristung der Wirkungen der Ausweisung nachholen.

29

Wird ein Ausländer infolge einer besonders schweren Straftat nach Maßgabe von § 56 Abs. 1 AufenthG allein zu generalpräventiven Zwecken ausgewiesen und geht somit von ihm selbst in dem für die Ausweisungsentscheidung maßgeblichen Zeitpunkt keine relevante Gefahr der erneuten Straffälligkeit mehr aus, erfordert das bei einem derartigen Eingriff besonders zu beachtende Gebot der Verhältnismäßigkeit grundsätzlich eine Befristung der Wirkungen der Ausweisung. In diesem Fall lässt sich bereits in dem für die Ausweisung maßgeblichen Zeitpunkt beurteilen, wie lange der Betroffene unter Berücksichtigung seiner schützwürdigen privaten Belange vom Bundesgebiet ferngehalten werden muss, damit die notwendige generalpräventive Wirkung erzielt werden kann. Es wäre deshalb unverhältnismäßig, ihn über diesen für seine Lebensplanung wichtigen Umstand im Unklaren zu lassen, ohne dass hierfür ein rechtfertigender sachlicher Grund besteht. Gerade weil der Betroffene bei einer allein generalpräventiv begründeten Ausweisung - anders als bei einer spezialpräventiv begründeten Ausweisung - keinen Einfluss auf das Entfallen des Ausweisungszwecks nehmen kann, wiegt es bei schützenswerten Bindungen an das Bundesgebiet besonders schwer, wenn ihm mit der Ausweisung keine konkrete zeitliche Perspektive für die Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots sowie der Sperre für die Erteilung eines Aufenthaltstitels aufgezeigt wird. Sollten sich seine persönlichen Bindungen an die Bundesrepublik Deutschland zu einem späteren Zeitpunkt - etwa durch Änderung der familiären Situation - noch verstärken, kann dem durch eine Verkürzung der Befristung Rechnung getragen werden. Sollte der Betroffene nachträglich trotz der positiven Prognose erneut straffällig werden, kann dies bei der erneuten Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Ablauf der Sperrwirkung berücksichtigt werden.

30

b) Das Fehlen einer Befristung der Wirkungen der Ausweisung hat aber nicht zur Folge, dass die - ansonsten rechtmäßige - Ausweisung aufzuheben ist, sondern führt dazu, dass der Ausländer schon mit der Anfechtung der Ausweisung zugleich seinen Anspruch auf Befristung der Wirkungen der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG durchsetzen kann. Das materiellrechtliche Erfordernis, dass eine allein generalpräventiv motivierte Ausweisung in den Fällen des § 56 Abs. 1 AufenthG in ihren Wirkungen grundsätzlich zugleich zu befristen ist, ist verfahrensrechtlich dadurch zu verwirklichen, dass der bestehende Anspruch auf Befristung schon im Rechtsstreit um die Ausweisungsverfügung realisiert werden kann. Damit wird dem Anspruch des Betroffenen auf gleichzeitige Entscheidung über die Ausweisung und die Befristung ihrer Wirkungen Rechnung getragen und die Verhältnismäßigkeit der Aufenthaltsbeendigung im Ergebnis gewährleistet. Diese verfahrensrechtliche Ausgestaltung entspricht der gesetzlichen Systematik, die zwei getrennte Verwaltungsakte - nämlich die Ausweisung einerseits und die Befristung ihrer Wirkungen andererseits - vorsieht (vgl. hierzu Beschluss vom 10. Dezember 1993 - BVerwG 1 B 160.93 - Buchholz 402.240 § 47 AuslG 1990 Nr. 2 zur Vorgängerregelung in § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG 1990). Prozessual wird dieses Ergebnis dadurch sichergestellt, dass in der Anfechtung der Ausweisung zugleich - als minus - für den Fall der Bestätigung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung ein (Hilfs-)Antrag auf Verpflichtung der Ausländerbehörde zu einer angemessenen Befristung der Wirkungen der Ausweisung gesehen wird. Der Ausländer darf insoweit nicht auf ein eigenständiges neues Verfahren verwiesen werden. Im Fall der rechtskräftigen Bestätigung der Ausweisung wird vielmehr auf den Hilfsantrag des Betroffenen hin zugleich eine Entscheidung über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung getroffen.

31

c) Erachtet das Gericht die Ausweisung für rechtmäßig, hat es auf den Hilfsantrag des Betroffenen hin zunächst darüber zu befinden, ob ihm bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts ein Anspruch auf die Befristung der Wirkungen der Ausweisung zusteht. Sollte ein Befristungsanspruch bestehen, hat das Gericht sodann über die konkrete Dauer der Befristung zu befinden. Die Bemessung der Dauer steht nämlich seit dem Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 nicht mehr im Ermessen der Ausländerbehörde. Es handelt sich vielmehr um eine gebundene Entscheidung. Dies ergibt sich aus den folgenden Erwägungen:

32

Weder der Wortlaut des nunmehr geltenden § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG n.F. noch derjenige seiner Vorgängerreglungen in § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG a.F. oder § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG 1990 verhalten sich ausdrücklich zur Frage, ob die Bemessung der Frist in das Ermessen der Ausländerbehörden gestellt ist. Seit dem Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 ist der Anspruch auf Befristung der Wirkungen der Ausweisung nicht mehr allein im Regelfall gegeben, wie dies zuvor in § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG a.F. bestimmt gewesen ist. Vielmehr besteht ein solcher Anspruch - vorbehaltlich der Ausnahme nach § 11 Abs. 1 Satz 7 AufenthG - in jedem Fall. Hinsichtlich der Dauer der Frist ist nunmehr geregelt, dass sie unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles festzusetzen ist und fünf Jahre nur überschreiten darf, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht (§ 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG n.F.). Die Änderungen des § 11 AufenthG dienen der Umsetzung des Art. 11 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 - Rückführungsrichtlinie. Mit dieser Richtlinie, die auf Art. 63 Abs. 3 Buchst. b EG (jetzt: Art. 79 Abs. 2 Buchst. c AEUV) gestützt ist und also der Bekämpfung der illegalen Einwanderung zu dienen bestimmt ist, soll eine wirksame Rückkehrpolitik als notwendiger Bestandteil einer gut geregelten Migrationspolitik mit klaren, transparenten und fairen Vorschriften unterlegt werden (4. Erwägungsgrund). Im Einklang mit allgemeinen Grundsätzen des EU-Rechts sollen Entscheidungen gemäß dieser Richtlinie auf Grundlage des Einzelfalls und anhand objektiver Kriterien getroffen werden (6. Erwägungsgrund). Um die Interessen der Betroffenen wirksam zu schützen, sollen für Entscheidungen in Bezug auf die Rückkehr eine Reihe gemeinsamer rechtlicher Mindestgarantien gelten (11. Erwägungsgrund). Die Wirkung der einzelstaatlichen Rückführungsmaßnahmen soll einen europäischen Zuschnitt erhalten (14. Erwägungsgrund). Daher garantiert Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie, dass gegen Entscheidungen nach ihrem Art. 12 Abs. 1 - also Rückkehrentscheidungen sowie gegebenenfalls Entscheidungen über ein Einreiseverbot oder eine Abschiebung - ein wirksamer Rechtsbehelf eingelegt werden kann.

33

Neben dieser nunmehr unionsrechtlichen Prägung von § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG, die das Interesse des Einzelnen an der zeitlichen Beschränkung des Einreiseverbots und an einem darauf bezogenen wirksamen Rechtsschutz rechtlich erheblich aufwertet, ist auch die Bedeutung der Befristung für die Verhältnismäßigkeit der Aufenthaltsbeendigung mit Blick auf Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 GG sowie Art. 8 EMRK zu berücksichtigen. So zieht der EGMR die Frage der Befristung bei der Prüfung von Ausweisungen am Maßstab des Art. 8 Abs. 2 EMRK als ein wesentliches Kriterium heran (EGMR, Urteile vom 17. April 2003 - Nr. 52853/99 - Yilmaz/Deutschland - NJW 2004, 2147; vom 27. Oktober 2005 - Nr. 32231/02 - Keles/Deutschland - InfAuslR 2006, 3 <4>; vom 22. März 2007 - Nr. 1638/03 - Maslov/Österreich - InfAuslR 2007, 221 <223> und vom 25. März 2010 - Nr. 40601/05 - Mutlag/Deutschland - InfAuslR 2010, 325 <327>). In der Gesamtschau der sich aus den Grundrechten des Grundgesetzes und der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie aus dem Unionsrecht ergebenden Argumente und der erstmals mit dem Richtlinienumsetzungsgesetz 2011 im Grundsatz eingeführten Höchstfrist von fünf Jahren sind die schützenswerten privaten Interessen des Betroffenen an der Befristung nunmehr in einer Weise aufgewertet, dass vor dem Hintergrund des insoweit offenen Wortlauts des § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG n.F. nicht mehr angenommen werden kann, der Verwaltung sei ein Spielraum zur Rechtskonkretisierung im Einzelfall eingeräumt, der nur auf die Einhaltung äußerer Grenzen gerichtlich überprüfbar wäre. Die Regelung ist in ihrem europäischen Gesamtzusammenhang betrachtet nunmehr so zu verstehen, dass dem Betroffenen ein Recht auf eine vollständige gerichtliche Kontrolle der Dauer der Befristung eingeräumt ist, um sein Recht auf eine verhältnismäßige Aufenthaltsbeendigung zu sichern. An dem bisherigen Verständnis des § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG a.F., der nach allgemeiner Meinung die Dauer der Befristung in das Ermessen der Ausländerbehörde stellte (h.M. vgl. etwa Dienelt, in: Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl. 2011 § 11 AufenthG Rn. 44), ist angesichts der neuen Rechtslage seit Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 am 26. November 2011 nicht mehr festzuhalten.

34

Sofern die Ausländerbehörde rechtsfehlerhaft keine Befristung ausgesprochen hat oder die von ihr verfügte Frist zu lang ist, hat das Gericht die Behörde deshalb zu verpflichten, die Wirkungen der Ausweisung auf einen konkreten, von ihm für geboten gehaltenen Zeitraum zu befristen. Damit ist gewährleistet, dass mit der abschließenden gerichtlichen Entscheidung über die Ausweisung auch die Dauer der Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG feststeht und der Ausländer sich in seiner Lebensplanung darauf einstellen kann.

35

c) Ob die Notwendigkeit einer zugleich mit der Ausweisung zu verfügenden Befristung des Einreiseverbots künftig auch unmittelbar aus Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2008/115/EG hergeleitet werden könnte, bedarf hier keiner Klärung. Insbesondere kann offenbleiben, ob die Ausweisung als solche, gegebenenfalls in Verbindung mit der Abschiebungsandrohung, als Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie anzusehen ist (verneinend VGH Mannheim, Urteil vom 10. Februar 2012 - 11 S 1361/11 - juris). Denn selbst wenn dies der Fall wäre, würde die hier streitige, im Juli 2009 verfügte und mit der Klage angegriffene Ausweisung von der Richtlinie, die von den Mitgliedstaaten bis zum 24. Dezember 2010 umzusetzen war, noch nicht erfasst (vgl. zur intertemporalen Anwendung von Richtlinien: EuGH, Urteil vom 4. Oktober 2007 - Rs. C-349/06, Polat - Slg. 2007, I-8167 Rn. 25 ff.). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass Art. 15 Abs. 5 und 6 der Richtlinie für bereits vor deren Umsetzung begonnene und darüber hinaus andauernde Inhaftierungen gelten (vgl. EuGH, Urteil vom 30. November 2009 - Rs. C-357/09 PPU, Kadzoev - Slg. 2009, I-11189 Rn. 38). Denn Regelungen zur Dauer der Abschiebungshaft betreffen zukünftige Auswirkungen eines noch andauernden Sachverhalts und nicht die gerichtliche Kontrolle einer Behördenentscheidung, die vor Ablauf der Frist für die Umsetzung der Richtlinie getroffen worden ist. Im Übrigen dürften sich aus der Richtlinie, sofern sie Ausweisungsentscheidungen erfassen sollte, auch keine weitergehenden Rechtsfolgen hinsichtlich der Befristung des Einreiseverbots ergeben, als sie für die bereits aus Gründen der Verhältnismäßigkeit gebotene Befristung der Wirkungen der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG gelten.

36

5. Erweist sich die Berufungsentscheidung damit nicht bereits aus anderen Gründen als richtig, ist die Sache zur weiteren Aufklärung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen. In dem erneuten Berufungsverfahren wird der Beklagte, sofern er auch angesichts der aktuellen persönlichen Verhältnisse des Klägers an der Ausweisung festhalten will, Gelegenheit haben, seine maßgeblichen Ermessenserwägungen unter Beachtung der hierfür vom Senat aufgestellten formalen Anforderungen (Urteil vom 13. Dezember 2011 - BVerwG 1 C 14.10 - Leitsatz 2, zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung BVerwGE vorgesehen) zu ergänzen und die erforderliche Entscheidung über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung nachzuholen. Der Verwaltungsgerichtshof wird seinerseits die erforderlichen Feststellungen zur Schwere der konkreten Straftat des Klägers treffen und die festgestellten Umstände würdigen müssen. Sollte er schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bejahen und auch die - nachzuholende - Ermessensentscheidung des Beklagten einschließlich der Verhältnismäßigkeitsprüfung als rechtsfehlerfrei ansehen, müsste er auch noch über den im Begehren des Klägers als minus enthaltenen Antrag auf Verpflichtung des Beklagten zur Befristung der Wirkungen des Ausweisung oder gegebenenfalls über die Rechtmäßigkeit einer inzwischen von dem Beklagten ausgesprochen Befristung befinden.

37

Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten. Einer gesonderten Kostenentscheidung in Bezug auf den übereinstimmend für erledigt erklärten Teil des Rechtsstreits (Abschiebungsandrohung in Nr. 2 Abs. 2 des Bescheides) bedarf es nicht. Der Abschiebungsandrohung, die allein auf der Ausweisung beruht, kommt im vorliegenden Fall kostenmäßig keine eigenständige Bedeutung zu. Es entspricht daher billigem Ermessen im Sinne von § 161 Abs. 2 VwGO, hier in Anwendung des Rechtsgedankens des § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO von einer gesonderten Kostenregelung hinsichtlich der Abschiebungsandrohung abzusehen.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Ausländerinnen und Ausländern, die eine Duldung besitzen, kann eine Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung erteilt werden, wenn sie sich seit drei Monaten erlaubt, geduldet oder mit einer Aufenthaltsgestattung im Bundesgebiet aufhalten. Die §§ 39, 40 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 sowie § 41 des Aufenthaltsgesetzes gelten entsprechend.

(2) Keiner Zustimmung bedarf die Erteilung einer Erlaubnis zur Ausübung

1.
eines Praktikums nach § 22 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 bis 4 des Mindestlohngesetzes,
2.
einer Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf,
3.
einer Beschäftigung nach § 18b Absatz 2 Satz 1 und § 18c Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes, § 5, § 14 Absatz 1, § 15 Nummer 2, § 22 Nummer 3 bis 6 und § 23,
4.
einer Beschäftigung von Ehegatten, Lebenspartnern, Verwandten und Verschwägerten ersten Grades eines Arbeitgebers in dessen Betrieb, wenn der Arbeitgeber mit diesen in häuslicher Gemeinschaft lebt oder
5.
jeder Beschäftigung nach einem ununterbrochen vierjährigen erlaubten, geduldeten oder gestatteten Aufenthalt im Bundesgebiet.

(3) Der Absatz 2 findet auch Anwendung auf Ausländerinnen und Ausländer mit einer Aufenthaltsgestattung.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.