Verwaltungsgericht München Beschluss, 30. Sept. 2014 - M 12 K 13.5907

bei uns veröffentlicht am30.09.2014

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Das Verfahren wird eingestellt.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Zwischen den Parteien besteht Streit über die Frage, für welche Dauer die mittels Wohnungsfürsorgedarlehen geförderten und im Eigentum der Kläger stehenden Mietwohnungen der Zweckbindung als Staatsbedienstetenwohnungen unterliegen.

Der Kläger zu 2. stellte am ... September 1972 beim Finanzamt München - Wohnungsfürsorgestelle - einen Antrag auf Gewährung von Wohnungsfürsorgemitteln zum Bau von ... Mietwohnungen mit Stellplätzen auf drei Grundstücken in der ...-straße ..., ... und ... in ... Die Mietwohnungen sollten Staatsbediensteten zur Verfügung gestellt werden. Beantragt wurde ein zinsverbilligtes Baudarlehen in Höhe von insgesamt 2.160.000 DM sowie ein achtjähriger Aufwendungszuschuss von zunächst jährlich 40.305 DM.

Nach bautechnischer und bauwirtschaftlicher Überprüfung des Antrags und Genehmigung durch das Bayerische Staatsministerium der Finanzen erließ das Finanzamt München - Wohnungsfürsorgestelle - den Förderungsschein Nr. ... vom ... Februar 1973. Darin erklärte sich das Finanzamt München mit der Gewährung eines Staatsbedienstetendarlehens in Höhe von 720.000 DM, eines zinsverbilligten Kapitalmarktdarlehens in Höhe von 1.440.000 DM sowie eines achtjährigen Aufwendungszuschusses von zunächst jährlich 40.304 DM jeweils durch die Bayerische Landesbodenkreditanstalt an den Kläger zu 2. einverstanden. Die Gewährung der Förderungen wurde an mehrere im Förderungsschein dargelegte Bedingungen und Auflagen geknüpft. Unter anderem wurde in Nr. 9.a) des Förderungsscheins geregelt, dass die ... geförderten Mietwohnungen während der Laufzeit des Staatsbedienstetendarlehens, mindestens aber für die Dauer von 30 Jahren ab Bezugsfertigkeit, zu den im Förderungsschein festgelegten Bedingungen nur an Personen vermietet werden dürften, die die Wohnungsfürsorgestelle bestimme. Auf die weiteren Bedingungen und Auflagen wird Bezug genommen.

Dem Kläger zu 2. und seiner Ehefrau wurde am ... Mai 1973 die Darlehenszusage der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt zusammen mit dem Entwurf eines Schuldbekenntnisses übersandt. Mit Schreiben vom ... August 1973 bestätigten der Kläger zu 2. und seine Ehefrau, dass sie Kenntnis sowohl von den im Förderungsschein Nr. ... vom ... Februar 1973, als auch den im Schuldbekenntnisentwurf und in der Darlehenszusage vom ... Mai 1973 der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt enthaltenen Bestimmungen und Bedingungen genommen hätten und diese vorbehaltlos anerkennen würden.

Am ... Juli 1974 bestellten der Kläger zu 2. und seine Ehefrau zugunsten der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt eine Buchhypothek und gaben ein notarielles Schuldbekenntnis ab. Aus Ziffer II. der notariellen Urkunde geht hervor, dass sowohl für das Staatsbediensteten- als auch für das Kapitalmarktdarlehen die der Niederschrift als Anlage beigefügten „Darlehensbedingungen“ anzuwenden seien. Diese wurden dem Kläger zu 2. und seiner Ehefrau zur Kenntnis vorgelegt. Auf deren Vorlesen wurde verzichtet. In den „Darlehensbedingungen“ findet sich unter XIV. „Zweckbindung der Wohnungen“ ebenfalls eine Regelung, wonach die ... geförderten Wohnungen mindestens für 30 Jahre der öffentlichen Bindung als Staatsbedienstetenwohnungen unterlägen. Auf die weiteren in der notariellen Schuldurkunde und in den „Darlehensbedingungen“ enthaltenen Regelungen wird Bezug genommen.

Die ... Mietwohnungen wurden laut der Schlussabrechnung vom ... September 1977 am 30. November 1974 bezugsfertig.

Zur Finanzierung entstandener Mehrkosten erklärte sich das Finanzamt München nach Einholung der Zustimmung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen mit Förderungsschein Nr. ... vom ... Juli 1978 mit der Nachbewilligung eines zusätzlichen Wohnungsfürsorgedarlehens in Höhe von 325.000 DM einverstanden. Ausweislich des Förderungsscheins sollten hinsichtlich der Verzinsung, Tilgung, Sicherung und Auszahlung des Darlehens die Bestimmungen des ersten Förderungsscheins Nr. ... vom ... Februar 1973 sowie die Bedingungen der Landesbodenkreditanstalt gelten. Das Schreiben selbst solle Bestandteil des Förderungsscheins Nr. ... sein. Die hierin und auch mit der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt vereinbarten Förderungsvoraussetzungen seien uneingeschränkt auch auf diese Darlehensbewilligung anzuwenden.

Mit Schreiben vom ... September 1978 übersandte die Bayerische Landesbodenkreditanstalt dem Kläger zu 2. eine Darlehenszusage zusammen mit dem Entwurf eines Schuldurkundenmusters. Der Kläger zu 2. und seine Ehefrau erklärten mit Anerkenntnis vom ... Oktober 1978, sowohl von den im Förderungsschein Nr. ... vom ... Juli 1978 als auch den im Schuldbekenntnisentwurf und in der Darlehenszusage vom ... September 1978 der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt enthaltenen Bestimmungen und Bedingungen Kenntnis genommen zu haben und diese vorbehaltlos anzuerkennen.

Am ... Oktober 1978 bestellten der Kläger zu 2. und seine Ehefrau zugunsten der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt eine weitere Buchhypothek und gaben im Hinblick auf das nachbewilligte Darlehen ein notarielles Schuldbekenntnis ab. Laut Ziffer II. der notariellen Urkunde würden für das nachbewilligte Darlehen die der Niederschrift als Anlage beigefügten „Darlehensbedingungen“ gelten. Diese wurden dem Kläger zu 2. und seiner Ehefrau zur Kenntnis vorgelegt und auf der letzten Seite von ihnen unterzeichnet. Ziffer XII. „Zweckbindung der Wohnungen“ der „Darlehensbedingungen“ sieht nunmehr vor, dass die Darlehensnehmer und Grundstückseigentümer verpflichtet seien, sämtliche ... Wohnungen für die Dauer der Laufzeit des Wohnungsfürsorgedarlehens, mindestens aber für die Dauer von 50 Jahren von der amtlich festgestellten Bezugsfertigkeit an gerechnet, nur zu Wohnzwecken und nur an solche Personen zu überlassen, die von der Wohnungsfürsorgestelle bestimmt würden. In Ziffer III.a. „Bestellung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit“ der notariellen Urkunde ist geregelt, dass die Grundstückseigentümer zur Sicherstellung der Zweckbindung der Wohnungen des Weiteren dazu verpflichtet seien, eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit zugunsten des Freistaates mit dem Inhalt zu bestellen, dass die Wohnungen auf die Dauer der Laufzeit des Wohnungsfürsorgedarlehens der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt, mindestens jedoch auf die Dauer von 50 Jahren, nur an Personen überlassen werden dürfen, die dem in Nr. XII bezeichneten Personenkreis angehören. Auf die weiteren in der notariellen Schuldurkunde und in den „Darlehensbedingungen“ enthaltenen Regelungen wird Bezug genommen. Ziffern I - VI der notariellen Urkunden wurden vorgelesen und genehmigt. Auf ein Vorlesen der „Darlehensbedingungen“ wurde verzichtet.

Ein vom Kläger zu 2. gestellter Antrag auf Wegfall des Belegungsrechts wurde 1986 vom Bayerischen Staatsministerium der Finanzen abgelehnt. Im Antwortschreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen wurde auf die durch privatrechtlichen Vertrag vereinbarte Verlängerung der Mindestbindungsfrist hingewiesen.

1988 wurde die Klägerin zu 1. zur Hälfte Miteigentümerin der ... Mietwohnungen in ...

Mit Schreiben vom ... Mai 2011 erklärte die Bayerische Landesbodenkreditanstalt auf Nachfrage der Kläger, dass sie von einem unbeabsichtigten Fehler und auch im Hinblick auf das zweite Darlehen von einer Bindung von 30 Jahren ausgehe.

Die Kläger baten daraufhin mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom ... Mai 2012 das Landesamt für Finanzen um Auskunft, ob und wann die öffentliche Bindung bei Rückführung der Darlehen falle.

Mit Schreiben vom ... Juni 2012 führte das Landesamt für Finanzen (LfF) aus, dass den Darlehensnehmern die Darlehensbedingungen und damit auch die Mindestlaufzeit von 50 Jahren bekannt gewesen seien. Das Schuldbekenntnis sei der bestehende Vertrag und Grundlage für die Eintragungen im Grundbuch. Auch das LfF gehe deshalb von einer Mindestlaufzeit von 50 Jahren aus. Ob der Förderschein vom ... Januar 1978 um die Erhöhung der Mindestlaufzeit hätte ergänzt werden müssen oder ob ein „Tippfehler“ vorliege, könne nur vom Finanzministerium entschieden werden, da es dem LfF nicht obliege, Förderscheine oder Schuldbekenntnisse zu ändern.

Die Prozessbevollmächtigte der Kläger bat mit Schreiben vom ... September 2012 das Bayerische Staatsministerium der Finanzen um den Erlass eines verbindlichen, rechtsmittelfähigen Bescheides, aus dem hervorgehe, dass bei vollständiger vorzeitiger Rückführung der Darlehen die öffentliche Bindung falle. Der im Schreiben des LfF vom ... Juni 2012 geäußerten Meinung könne nicht gefolgt werden, da zum einen eine uneingeschränkte Bezugnahme auf den ersten Förderschein mit der Laufzeit von 30 Jahren nachweislich vorliege und damit eindeutig ein Tippfehler in den dem notariellen Schuldbekenntnis beigefügten „Darlehensbedingungen“ anzunehmen sei. Des Weiteren sei festzuhalten, dass die „Darlehensbedingungen“ auch bei Abschluss des notariellen Schuldbekenntnisses gerade nicht verlesen worden seien, so dass der Schreibfehler damals nicht erkannt habe werden können und auch im Folgenden unbemerkt geblieben sei. Es liege somit in den dem notariellen Schuldbekenntnis beigefügten „Darlehensbedingungen“ keine notarielle abändernde Vereinbarung oder überholende Vereinbarung vor. Hierauf komme es jedoch nicht an, da die maßgeblichen rechtlichen Grundlagen abschließend und endgültig in dem Förderschein festgeschrieben seien.

Das Bayerische Staatsministerium der Finanzen teilte mit Schreiben vom ... Oktober 2012 mit, dass es der gängigen Praxis entsprochen habe, dass bei Ausreichen weiterer Förderdarlehen im Rahmen der Schlussabrechnung unter Anhebung der staatlichen Förderquote - wie hier Nachsubventionierung zur Abdeckung von Mehrkosten - eine Verlängerung der Belegungsbindungsmindestdauer einhergehe. Im Rahmen des Schreibens des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom ... Februar 1986 sei klarstellend auf die Belegungsmindestdauer von 50 Jahren hingewiesen worden. Ferner sei im Rahmen der Gewährung einer zusätzlichen Förderung zur dinglichen Sicherung des Wohnungsbelegungsrechts für mindestens 50 Jahre vor dem Notar eine entsprechende beschränkte persönliche Dienstbarkeit (vgl. III. a. der notariellen Urkunde vom ... Oktober 1978) bestellt worden. Nach eingehender Prüfung seien deshalb keine Schreib- oder Übertragungsfehler zu erkennen. Rein vorsorglich werde auf die abgelaufene Anfechtungsfrist des § 121 BGB hingewiesen. Es sei im Übrigen unschädlich, dass die verlängerte Belegungsbindung nicht ausdrücklich im Förderschein aufgeführt worden sei. Die Vereinbarung über das Schuldbekenntnis und die Hypothekenbestellung vom ... Oktober 1978 sei rechtlich ausreichend und weiterhin für beide Vertragsparteien bindend. Der von den Klägern vertretenen Rechtsauffassung, dass die rechtlichen Grundlagen abschließend und endgültig im Förderschein festzuschreiben seien, werde insoweit widersprochen. Das Staatsministerium der Finanzen erlasse keinen rechtsmittelfähigen Bescheid in dieser Angelegenheit. Der Erlass von Förderbescheiden und die Verwaltung der Belegungsrechte obliege dem LfF. Unabhängig davon bestehe aus hiesiger Sicht ein nachvollziehbares Verbescheidungsinteresse, da lediglich auf einen möglichen Tippfehler in der zivilrechtlichen Vereinbarung rekurriert werde.

Die Kläger wandten sich mit Schreiben vom ... Februar 2013 erneut an das LfF, in dem sie um den Erlass eines rechtsmittelfähigen Bescheides baten. Das LfF führte mit Schreiben vom ... April 2013 aus, dass sich die Kläger im Schuldbekenntnis und der Hypothekenbestellung vom ... Oktober 1978 abweichend vom ersten Darlehensvertrag zu einer Zweckbindung der Wohnungen für mindestens 50 Jahre verpflichtet hätten.

Ein rechtsmittelfähiger Bescheid wurde nicht erlassen.

Mit Schriftsatz vom ... Dezember 2013 hat die Bevollmächtigte der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben mit den Anträgen,

1. festzustellen, dass bei vorzeitiger vollständiger Rückführung der öffentlichen Wohnungsfürsorgedarlehen durch die Kläger für die Wohnungen ...-straße ..., ... und ... in ... ... gemäß Förderscheins Nr. ... und Nr. ... die öffentliche Bindung falle, - hilfsweise zum Ablauf des durch das Gericht festzulegenden Zeitpunktes

2. für den Fall, dass das Gericht von der Anwendbarkeit des § 18 Abs. 1 Satz 1 BayWoBindG und der Erforderlichkeit einer Verpflichtungsklage ausgehe, werde hilfsweise Verpflichtungsklage auf verbindliche Bestätigung erhoben, von welchem Zeitpunkt an die Wohnungen...-straße ..., ... und ... in ... ... bei vollständiger vorzeitiger Rückführung der Wohnungsfürsorgedarlehen nicht mehr als öffentlich gefördert gelten würden.

Zur Begründung führte die Klägerbevollmächtigte aus, die Kläger hätten an der baldigen Feststellung ein berechtigtes Interesse, da sie angesichts der erheblichen Renovierungslasten der Wohnungen dringende wirtschaftliche Entscheidungen treffen müssten, die von der Feststellung des Endes der öffentlichen Bindung nach Rückführung der Darlehen abhingen. Für die Frage, wie lange die Wohnungen der Zweckbindung unterlägen, seien die Bedingungen des Förderungsscheines maßgeblich. Der einschlägige Förderungsschein Nr. ... nehme uneingeschränkt Bezug auf die Bedingungen des ersten Förderungsscheins Nr. ..., dem eine Mindestbindungsfrist von 30 Jahren zugrunde liege. Eine Abänderung der Bedingungen des staatlichen Förderscheins Nr. ... durch die nachträgliche Beifügung der nicht verlesenen Darlehensbedingungen in der notariellen Schuldurkunde vom ... Oktober 1978 zwischen der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt und den Klägern sei rechtlich nicht möglich gewesen. Die Kläger seien aufgrund der als Rechtsgrundlage dienenden Förderscheine von einer Mindestbindungsfrist von 30 Jahren ausgegangen und hätten deshalb auf das Verlesen der Darlehensbedingungen durch den Notar verzichtet. Die in den Darlehensbedingungen festgelegte Frist von 50 Jahren stelle einen Vertragsdissens dar, der durch Vertragsanpassung korrigiert werden müsse. Die Änderung der Mindestbindungsfrist sei überdies eine überraschende Klausel, mit der die Kläger nicht hätten rechnen müssen. Die Erhöhung der Frist nahezu um das Doppelte von 30 auf 50 Jahre stehe zudem außer Verhältnis zur Erhöhung des Darlehensbetrages von 720.000 DM um lediglich 325.000 DM. Hätten die Kläger von Anfang an die Gesamtsumme von 1.045.000 DM als Darlehen aufgenommen, wäre die Laufzeit der öffentlichen Bindung im ersten Förderschein ebenfalls für 30 Jahre vereinbart worden. Damit liege eine Ermessenfehlausübung vor. Nach alledem sei von einer vereinbarten Mindestbindungsfrist von 30 Jahren auszugehen, welche am ... November 2004 geendet habe. Damit sei die öffentliche Bindungswirkung gemäß der vorliegenden Förderscheine nur noch von der Laufzeit des Staatsbedienstetendarlehens abhängig. Zeitgleich mit der vorzeitigen und vollständigen Rückführung der Darlehensbeträge entfalle damit die öffentliche Bindungswirkung gemäß § 88c Abs. 3 Satz 3 II. WoBauG. Zu dem hilfsweise gestellten Klageantrag zu 2. führte die Klägerbevollmächtigte aus, dass auch bei einer Anwendbarkeit des Art. 16 BayWoBindG die öffentliche Bindung bei vorzeitiger, vollständiger Rückführung des Darlehens spätestens 10 Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres beendet sei, in dem die Darlehen vollständig vorzeitig getilgt worden seien.

Mit Schriftsatz vom ... Januar 2014 führte der Beklagte aus, der Bau der Mietwohnungen sei mit Wohnungsfürsorgemitteln nach § 87 a II. WoBauG gefördert worden. Wohnungsfürsorgemittel für Angehörige des öffentlichen Dienstes stellten keine öffentliche Mittel im Sinne des II. WoBauG dar, so dass auch die Wohnungen nicht als öffentlich gefördert gelten würden (§ 6 Abs. 2 des II. WoBauG). Es handle sich vielmehr um steuerbegünstigte Wohnungen, für die ein Darlehen aus Wohnungsfürsorgemitteln zur Erlangung und unter Vereinbarung eines Wohnungsbesetzungsrechts gewährt werde. § 88c Abs. 3 Satz 3 II. WoBauG sei damit nicht einschlägig, da die Norm für Aufwendungsdarlehen, den sog. Zweiten Förderweg, gelte. Die Belegungsbindung resultiere aus den Förderscheinen i. V. m. der jeweiligen Schuldurkunde. Die zeitliche Festlegung und auch Ausdehnung der Belegungsbindung könne zwischen Darlehensnehmer und Darlehensgeber individualvertraglich vereinbart werden. Eine Rückführung der Wohnungsfürsorgedarlehen führe erst nach Ablauf der vereinbarten Mindestbindungsfrist, hier mit Ablauf des ... November 2024, zum Erlöschen des Belegungsrechts und der Mietpreisbindung. Art. 18 BayWoFG sei nicht anwendbar auf Belegungsbindungen, die aus einer Förderung mit Wohnungsfürsorgemitteln nach § 87a II.WoBauG resultierten. Der privatrechtlich ausgestaltete Darlehensvertrag sei auf der Grundlage des Verwaltungsaktes (Förderscheins) geschlossen worden. Auf das Vorlesen der Darlehensbestimmungen sei im Rahmen des Notartermins vom ... Oktober 1978 verzichtet worden, da die Darlehensbedingungen uneingeschränkt bekannt gewesen seien, wie die Kläger auch im Anerkenntnis vom ... Oktober bestätigt hätten. Der Umstand, dass die Darlehensbedingungen nicht verlesen worden seien, führe nicht zur Unwirksamkeit der Vereinbarung einer längeren Frist, zumal Ziffer III.a. der notariellen Urkunde, die auf die 50-jährige Mindestbindungsfrist verweise, vorgelesen worden sei. Die Verlängerung der Mindestbindungsfrist auf 50 Jahre sei beabsichtigt und den Klägern bekannt gewesen. Ein Tippfehler sei auszuschließen. Es handle sich insoweit auch nicht um eine überraschende Klausel. Das Verhältnis zwischen Laufzeitverlängerung zu Darlehenserhöhung sei mit rund 66% zu 45% nicht unangemessen und könne mit den Darlehensnehmern frei vereinbart werden. Bei der Annahme, dass bei Gewährung eines Darlehens von bereits anfänglich 1.045.000 DM eine nur 30-jährige Bindungsfrist vereinbart worden wäre, handle es sich um eine reine Spekulation. § 17 BayWoFG sei nicht einschlägig, da die Wohnungen nicht öffentlich gefördert seien.

Mit Schriftsatz vom ... Juli 2014 erwiderte die Klägerbevollmächtigte, dass nach den Ausführungen des Beklagten die streitgegenständlichen Wohnungen zwar nicht unter den öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau nach Teil III des II. WoBauG fielen. Es handle sich aber um steuerbegünstigten und frei finanzierten Wohnungsbau nach Teil IV. des II. WoBauG, so dass gemäß §§ 87a ff. II. WoBauG die gesetzlichen Regelungen über Wohnungen, die mit Wohnungsfürsorgemittel gefördert worden seien, maßgeblich seien. Den Klägern seien für den Bau von ... Mietwohnungen für Staatsbedienstete ein Aufwendungsdarlehen sowie jährliche Aufwendungszuschüsse gemäß § 88 Abs. 1 II. WoBauG bewilligt worden. Die Belegungsbindung habe deshalb im Förderschein gemäß § 88a II. WoBauG festgehalten werden müssen. Im Förderschein Nr. ... sei eine Laufzeit des Darlehens und die Belegungsbindung von 30 Jahren festgesetzt worden. Ein Fortbestehen der Belegungsbindung trotz vorheriger, vollständiger Rückzahlung des Darlehens und Verzicht auf weitere Aufwendungszuschüsse könne nach den Regelungen in § 88c Abs. 3 Satz 1 und 3 II. WoBauG nicht angenommen werden. Dies gelte umso mehr, als die Verlängerung der Laufzeit nur in den Darlehensbedingungen, nicht jedoch im zweiten Förderschein auftauche. Zudem bestimme § 88d Abs. 1 Ziffer 2 II. WoBauG, dass die Dauer einer Zweckbestimmung der Belegungsrechte 15 Jahre nicht überschreiten solle, sofern nicht aufgrund der Zielsetzung oder der Art der Förderung ein längerer Zeitraum geboten sei. Auch Art. 17 BayWoFG sei hier entgegen der Ansicht der Beklagten anwendbar, da nach Art. 1 Satz 2 BayWoFG die Vorschriften des Gesetzes für die Wohnraumförderung u. a. durch Bereitstellung von Mitteln der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt gelten würden. Dementsprechend hätte der Förderschein Bestimmungen zur Dauer der Bindung auch für den Fall vorzeitiger Rückzahlung treffen müssen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakte verwiesen.

II.

1. Die Parteien haben das Verfahren in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Verfahren ist daher in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen.

2. Über die Kosten des Verfahrens ist gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen zu entscheiden. Billigem Ermessen entspricht es im vorliegenden Fall, die Kosten dem Beklagten aufzuerlegen, da die Kläger im Falle einer streitigen Entscheidung voraussichtlich obsiegt hätten. Die Klage erweist sich bei überschlägiger Prüfung als zulässig und begründet.

a) Das Gericht teilt vorliegend die Ansicht der Kläger, wonach eine Verlängerung der Mindestbelegungsfrist von 30 auf 50 Jahren nicht rechtswirksam mit dem zweiten Förderungsscheins vom ... Juli 1978 vorgenommen wurde.

Der Förderungsschein vom ... Juli 1978 stellt einen Verwaltungsakt i. S. v. Art. 35 S. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) dar. Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsaktes ist entsprechend den zu §§ 133, 157 BGB entwickelten Regeln zu ermitteln. Dabei ist nicht der innere Wille der Behörde, sondern der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (BVerwG, B. v. 30. 06. 2011 - 3 B 87/10 - juris Rn. 3; BVwerG, U. v. 18. 06. 1980 - 6 C 55/79 - juris Rn. 22). Gemessen an diesen Vorgaben mussten die Kläger auf Grundlage des zweiten Förderungsscheins vom ... Juli 1978 im vorliegenden Fall nicht von einer Verlängerung der Mindestbelegungsfrist von 30 auf 50 Jahre ausgehen. Nach dem klaren Wortlaut des Förderungsscheins vom ... Juli 1978 sollte dieser Bestandteil des ersten Förderungsscheins vom ... Februar 1973 sein und die darin und auch mit der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt vereinbarten Förderungsvoraussetzungen uneingeschränkt auch auf das nachbewilligte Darlehen Anwendung finden. Nach der Festlegung in Nr. 9.a) des ersten Förderungsscheins vom ... Februar 1973 beträgt die Mindestbelegungsfrist lediglich 30 Jahre. Dies deckt sich auch mit dem Inhalt der zwischen der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt und den Kläger vereinbarten Regelungen (vgl. XIV. „Zweckbindung der Wohnungen“ der der notariellen Schuldurkunde vom ... Juli 1974 beigefügten „Darlehensbedingungen“). Eine hoheitliche Änderung der Mindestbelegungsfrist lässt sich dem zweiten Förderungsschein deshalb hier nicht entnehmen.

b) Entgegen der Auffassung des Beklagten konnte die in dem bestandskräftig gewordenen Förderungsschein vom ... Februar 1973 festgelegte Mindestbindungsfrist von 30 Jahren aus Sicht der Kammer nur durch den Erlass eines weiteren Verwaltungsaktes geändert werden. Eine etwaige Verlängerung der Mindestbelegungsfrist im Wege einer privatrechtlichen Vereinbarung, die nicht mit dem Beklagten, sondern der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt getroffen worden ist, genügt jedenfalls nicht, um eine öffentlich-rechtliches Belegungsrecht für 50 Jahre entstehen zu lassen.

Die förderrechtlichen Beziehungen zwischen dem Beklagten und den Kläger werden öffentlich-rechtlich durch die beiden Förderungsscheine vom ... Februar 1973 und vom ... Juli 1978 bestimmt. Durch diese wird hoheitlich geregelt, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Förderung mittels Wohnungsfürsorgemitteln gewährt wird. Die Abwicklung der Förderung auf Grundlage der Förderungsscheine und die Festlegung von Einzelheiten des Darlehensvertrages erfolgt dagegen zivilrechtlich auf einer zweiten Ebene zwischen der Landesbodenkreditanstalt einerseits und den Klägern andererseits. Die Entscheidungsbefugnis, ob und unter welchen Rahmenbedingungen eine Förderung gewährt wird, verbleibt dabei jedoch ausschließlich beim Beklagten. Dieser muss jedenfalls die wesentlichen Förderungsvoraussetzungen selbst bestimmen und kann diese Entscheidung auch nicht einem Dritten überlassen. Ebenso wenig ist die Bayerische Landesbodenkreditanstalt als Dritte befugt, in das hoheitliche Rechtsverhältnis zwischen Beklagten und Kläger einzugreifen und die wesentlichen Förderungsvoraussetzungen, die in den Förderungsscheinen festgelegt worden sind, zu verändern. Als wesentliche Veränderung der Förderungsvoraussetzungen vermag daher eine etwaige zivilrechtlich vereinbarte Verlängerung der Mindestbelegungsfrist auf 50 Jahre nicht ein öffentlich-rechtliches Belegungsrecht zu begründen.

Für eine Unterscheidung zwischen den Wirkungen eines zivilrechtlich vereinbarten Belegungsrechts von 50 Jahren und einem öffentlich-rechtlich festgelegten Belegungsrecht spricht auch Nr. 13.4 der Verwaltungsvorschriften zum Vollzug des Wohnungsbindungsrechts (VVWoBindR). Danach ist es denkbar, dass die Eigenschaft „öffentlich gefördert“ endet, während ein im Darlehensvertrag vereinbartes Wohnungsbelegungsrecht noch weiter wirkt. Da es sich bei den streitgegenständlichen Wohnungen um steuerbegünstigte Wohnungen handelt, die gemäß § 6 Abs. 2 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG) nicht als öffentlich gefördert gelten, ist Nr. 13.4 VVWoBindR zwar nicht direkt anwendbar; die Verwaltungsvorschrift ist vorliegend jedoch aufgrund der vergleichbaren Interessenlage zwischen öffentlich rechtlich geförderten und steuerbegünstigten Wohnungen im Hinblick auf das Belegungsrecht analog anzuwenden. Bei analoger Anwendung von Nr. 13.4 VVWoBindR ergibt sich, dass ein öffentlich-rechtlich vereinbartes Belegungsrecht und ein privatrechtliches vereinbartes Belegungsrecht auseinander fallen können.

Ob im vorliegenden Fall zivilrechtlich eine Mindestbelegungsfrist von 50 Jahren wirksam im Wege eines Vertrags zugunsten Dritter i. S. v. § 328 BGB erfolgt ist, vermag im Verwaltungsrechtsweg nicht entschieden werden, vgl. § 40 Abs. 1 VwGO.

3. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) im Hinblick auf beide Kläger.

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(2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

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Gründe

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Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Hauptentschädigung, die ihr und ihrer Mutter als Erben des unmittelbar Geschädigten für festgestellte Wegnahmeschäden an Gesellschaftsanteilen und weiterem Vermögen der ehemaligen Firma ... OHG in N. gewährt worden war. Im Jahr 2003 stellte das Sächsische Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen (LROV) fest, dass Ansprüche nach dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz (EALG) bestünden. Mit Bescheid vom 16. Dezember 2008 stellte die Landesdirektion Dresden - Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen - den Betrag der gekürzten Bemessungsgrundlage der Entschädigung für den Gesellschaftsanteil des unmittelbar Geschädigten fest und teilte mit, die nach Abzug des Rückforderungsbetrages verbleibende Entschädigung werde vom Entschädigungsfonds ausgezahlt. In der Begründung des Bescheides wird die Bemessungsgrundlage auch aus den Bemessungsgrundlagen für die Anteile am Grundvermögen und am land- und forstwirtschaftlichen Vermögen berechnet. Der Beklagte, der die Bemessungsgrundlage als vollen Schadensausgleich gemäß § 349 Abs. 3 Lastenausgleichsgesetz (LAG) betrachtete, forderte daraufhin von der Klägerin die Hauptentschädigung durch zwei Rückforderungsbescheide zur Verrechnung zurück. Während des Klageverfahrens fasste die Landesdirektion Dresden Nr. 1 des Bescheides vom 16. Dezember 2008 mit Änderungsbescheid vom 2. März 2010 neu. Die gekürzte Bemessungsgrundlage der Entschädigung wurde nunmehr neben dem Gesellschaftsanteil der OHG auf die geschädigten Anteile am land- und forstwirtschaftlichen Vermögen und am Wohn- und Geschäftsgebäude gestützt. Zur Begründung heißt es, es bestehe Anlass zur Neufassung, um klarzustellen, dass sich der im Entscheidungssatz genannte Betrag aus den Teilbeträgen für alle drei verfahrensgegenständlichen Vermögenswerte ergebe, die in den Gründen zusammengerechnet worden seien. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und bestätigt, dass im Bescheid vom 16. Dezember 2008 alle drei im Schadensfeststellungsverfahren nach dem Beweissicherungs- und Feststellungsgesetz (BFG) angemeldeten Vermögenswerte zugrunde gelegt worden seien.

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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Gerichtsbescheid bleibt ohne Erfolg.

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1. Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache nicht zu. Die Klägerin will im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geklärt wissen, ob bei der Auslegung des Entscheidungssatzes eines Verwaltungsakts die zur Begründung gegebenen Ausführungen des Verwaltungsakts heranzuziehen sind. Es bedarf indes keines Revisionsverfahrens, um diese Frage im Sinne des angefochtenen Urteils zu bejahen. Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist entsprechend den zu den §§ 133, 157 BGB entwickelten Regeln zu ermitteln. Dabei ist der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (stRspr, vgl. Beschluss vom 4. Dezember 2008 - BVerwG 2 B 60.08 - juris Rn. 2 m.w.N.). Bei der Ermittlung dieses objektiven Erklärungswertes sind alle dem Empfänger bekannten oder erkennbaren Umstände heranzuziehen, insbesondere auch die Begründung des Verwaltungsakts (vgl. Urteil vom 18. Juni 1980 - BVerwG 6 C 55.79 - BVerwGE 60, 223 <228 f.> = Buchholz 448.0 § 25a WPflG Nr. 2). Sie hat einen, von der Klägerin zu Unrecht in Abrede gestellten, unmittelbaren Zusammenhang mit dem Regelungsgehalt; denn die Begründung ist die Erläuterung der Behörde, warum sie den verfügenden Teil ihres Verwaltungsakts so und nicht anders erlassen hat. Die Begründung bestimmt damit den Inhalt der getroffenen Regelung mit, sodass sie in aller Regel unverzichtbares Auslegungskriterium ist (vgl. U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 7. Auflage 2008, § 39 Rn. 26 m.w.N.). Dies gilt etwa in Fällen, in denen ein im Entscheidungssatz ausgeworfener Betrag (hier: die Bemessungsgrundlage) durch Berechnungen im Begründungsteil des Verwaltungsakts verdeutlicht wird.

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2. Die Beschwerde hat auch dann keinen Erfolg, wenn man annimmt, die Klägerin mache sinngemäß einen Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend, indem sie rügt, das Verwaltungsgericht habe den Bescheid des LROV in der Fassung des Änderungsbescheides der Landesdirektion Dresden falsch ausgelegt. Die Feststellung des Inhalts von Verwaltungsakten ist grundsätzlich Tatsachenermittlung. Für das Revisionsgericht sind die tatrichterlichen Feststellungen über den Wortlaut von Bescheiden, ihren Erklärungswert und ihre Begleitumstände bindend. Das Ergebnis dieser Feststellung ist revisionsgerichtlich nur darauf überprüfbar, ob allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln verletzt sind (Urteile vom 4. Dezember 2001 - BVerwG 4 C 2.00 - BVerwGE 115, 274 <280> = Buchholz 406.27 § 31 BBergG Nr. 2 und vom 24. März 2011 - BVerwG 3 C 23.10 - juris Rn. 11 m.w.N.). Für einen solchen Verstoß legt die Beschwerde nichts dar.

(1) Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern.

(2) In Ermangelung einer besonderen Bestimmung ist aus den Umständen, insbesondere aus dem Zwecke des Vertrags, zu entnehmen, ob der Dritte das Recht erwerben, ob das Recht des Dritten sofort oder nur unter gewissen Voraussetzungen entstehen und ob den Vertragschließenden die Befugnis vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern.

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.