Verwaltungsgericht München Beschluss, 17. Okt. 2018 - M 1 S 17.52238
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO.
II.
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.
(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:
- 1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2, - 2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Juni 2013 (A 12 K 331/13) geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens beider Rechtszüge.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 30. Juli 2014 geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, in beiden Instanzen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der am 3. Oktober 19.. geborene Kläger algerischer Staatsangehörigkeit stellte am 18. Oktober 2013 in Deutschland einen Asylantrag. Bei seiner Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) erklärte er, er habe weder in einem anderen Staat der EU Asyl beantragt noch sei er erkennungsdienstlich behandelt worden. Er sei im Januar 2012 zu Fuß nach Marokko gegangen, von dort aus mit dem Schiff nach Barcelona gefahren und weiter über Paris und Lüttich nach Deutschland gereist. Nachdem das Bundesamt Kenntnis davon erlangt hatte, dass dem Kläger am 16. Mai 2013 von italienischen Behörden in Algier ein vom 3. bis 24. Juni 2013 gültiges Schengen-Visum erteilt worden ist, ersuchte es unter dem 22. November 2013 Italien um Aufnahme des Klägers auf der Grundlage der Dublin-Verordnung. Eine Antwort der italienischen Behörden erfolgte nicht.
3Durch Bescheid vom 11. Februar 2014 stellte das Bundesamt auf der Grundlage des § 27a AsylVfG (jetzt: AsylG) unter Hinweis auf die Zuständigkeit Italiens fest, der Asylantrag des Klägers sei unzulässig, (Ziffer 1) und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an (Ziffer 2).
4Am 21. Februar 2014 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Klage erhoben. Mit Beschluss vom 17. März 2014 ordnete das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung nach Italien an (7a L 284/14.A).
5Zur Klagebegründung hat der Kläger geltend gemacht, das italienische Asylverfahren sei aufgrund der offensichtlichen Überforderung der dortigen Behörden mangelhaft. Er habe keine Garantie, dass in Italien über sein Asylgesuch rechtmäßig entschieden werde.
6Der Kläger hat beantragt,
71. den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 11. Februar 2014 aufzuheben,
82. die Beklagte zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen,
93. die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass
10Abschiebungshindernisse gem. § 60 Abs. 2 - 7
11AufenthG vorliegen.
12Die Beklagte hat beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie hat ausgeführt, das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Italien wiesen keine systemischen Mängel auf. Dies sei auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung geklärt.
15Mit Urteil vom 30. Juli 2014 hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen den Bescheid des Bundesamts vom 11. Februar 2014 aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei mit dem Antrag zu 1. zulässig, mit dem Verpflichtungsantrag (Anträge zu 2. und 3) unzulässig, weil die Anfechtungsklage die richtige Klageart sei. Die Anfechtungsklage sei auch begründet. Die Beklagte sei nach der hier maßgeblichen Dublin II-VO zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts verpflichtet, weil Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien auch derzeit noch systemische Mängel aufwiesen, die die Prognose rechtfertigten, dass der Asylbewerber dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sei.
16Zur Begründung der vom früher für das Verfahren zuständigen 11. Senat zugelassenen Berufung trägt die Beklagte vor: Nach der Rechtsprechung des OVG NRW bestünden in Italien keine systemischen, die Grenze zur Grundrechtsverletzung nach Art. 4 GR-Charta überschreitenden Mängel des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen einschließlich der Gesundheitsversorgung.
17Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
18das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 30. Juli 2014 zu ändern und die Klage abzuweisen.
19Der Kläger beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Gerichtsakte des Eilverfahrens sowie die Verwaltungsvorgänge des Bundesamts Bezug genommen.
22Entscheidungsgründe:
23Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der im Berufungsverfahren nur noch streitgegenständlichen Anfechtungsklage zu Unrecht stattgegeben. Diese Klage ist zulässig, aber unbegründet.
24Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens sind gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG das Asylgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 394), sowie das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), ebenfalls zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 394).
25A. Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO zulässig.
26Die isolierte Anfechtungsklage ist die allein statthafte Klageart, wenn ein Asylbewerber die Aufhebung einer Entscheidung über die Unzuständigkeit Deutschlands für die Prüfung seines Asylantrags nach den unionsrechtlichen Regelungen der Dublin-Verordnung begehrt.
27Vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteile vom 27. Oktober 2015 - 1 C 32.14 -, NVwZ 2016, 154 = juris, Rn. 13 f., und vom 16. November 2015 ‑ 1 C 4.15 -, DVBl. 2016, 313 = juris, Rn. 9, sowie Beschluss vom 12. Januar 2016 - 1 B 64.15 -, juris, Rn. 2; OVG NRW, Urteile vom 16. September 2015 - 13 A 800/15.A -, juris, Rn. 22 ff., und vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, DVBl. 2014, 790 = juris, Rn. 31; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16. April 2014 ‑ A 11 S 1721/13 -, juris, Rn. 18.
28Das Bundesamt hat in Ziffer 1 des Bescheids auch eine rechtsgestaltende Regelung über die Zulässigkeit des Asylantrags getroffen, deren Aufhebung mit der Anfechtungsklage begehrt werden kann. Ungeachtet der gewählten Formulierung („Der Asylantrag ist unzulässig.“) liegt nicht lediglich eine Feststellung, sondern eine rechtsgestaltende Entscheidung über die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig vor, wie dies § 31 Abs. 1 Satz 4, Abs. 6 AsylG verlangt.
29Vgl. BVerwG, Urteile vom 16. November 2015 ‑ 1 C 4.15 -, juris, Rn.10, und vom 17. September 2015 - 1 C 26.14 -, NVwZ 2016, 67 = juris, Rn. 12.
30B. Die Klage ist aber unbegründet. Der Bescheid des Bundesamts vom 11. Februar 2014 ist im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
31I. Die Rechtmäßigkeit des auf §§ 27a, 34a AsylG gestützten Bescheids beurteilt sich nach der Dublin II-VO. Diese ist aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts ungeachtet des § 77 Abs. 1 AsylG anwendbar.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. November 2015 ‑ 1 C 4.15 -, juris, Rn. 17.
33Auch die Ersetzung durch die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (im Folgenden: Dublin III-VO) ist insoweit unerheblich. Nach Art. 49 Satz 3 Dublin III-VO erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats weiterhin nach den Kriterien der Dublin II-VO, wenn der Asylantrag vor dem 1. Januar 2014 gestellt worden ist. Das ist hier der Fall. Der Kläger hat sein maßgebliches Schutzgesuch am 18. Oktober 2013 angebracht. Die Dublin III-VO gilt zwar ab dem 1. Januar 2014 – ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung – für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern, wenn sie nicht bereits vor diesem Datum gestellt wurden.
34Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 10 C 7.13 -, BVerwGE 150, 29 = juris, Rn. 27, und vom 17. September 2015 - 1 C 26.14 -, juris, Rn. 14.
35Hier ist aber das Wiederaufnahmeersuchen bereits am 22. November 2013 und damit vor dem Stichtag gestellt worden.
36II. Der formell rechtmäßige Bescheid vom 11. Februar 2014 ist sowohl hinsichtlich der Regelung in Ziffer 1 (1.) als auch hinsichtlich der Abschiebungsanordnung in Ziffer 2 (2.) materiell rechtmäßig.
371. Rechtsgrundlage der Ablehnung des Asylantrags als unzulässig in Ziffer 1 ist § 31 Abs. 1 Satz 4, Abs. 6 AsylG i. V. m. § 27a AsylG. Nach § 27a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 4, Abs. 6 AsylG ist in solchen Fällen der Asylantrag als unzulässig abzulehnen.
38Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren, der nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG entscheidungserheblich ist, ist der Asylantrag des Klägers gemäß § 27a AsylG unzulässig. Italien ist nach der Dublin II-VO für die sachliche Prüfung und Entscheidung des Asylantrags zuständig (a.). Es bestehen auch keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Italien, die der Rückführung entgegenstünden (b.). Ein Zuständigkeitsübergang auf die Beklagte ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer unangemessenen Verfahrensdauer (c.).
39a. Nach der Dublin II-VO ist Italien zuständig für das Asylverfahren. Dies ergibt sich aus Art. 9 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 Dublin II-VO, weil Italien dem Kläger ein Visum ausgestellt hat, das im maßgeblichen Zeitpunkt der Asylantragstellung in Deutschland (Art. 5 Abs. 2 Dublin II-VO) weniger als sechs Monate abgelaufen war. Die Asylantragstellung in Deutschland erfolgte am 18. Oktober 2013, das Visum war gültig bis zum 24. Juni 2013. Die Zuständigkeit ist nicht auf Deutschland übergegangen, insbesondere ist die Überstellungsfrist nach Art. 19 Abs. 3 Dublin II-VO nicht – mit der Folge eines Zuständigkeitswechsels – verstrichen. Danach erfolgt die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Antrags auf Aufnahme oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Da Italien auf das Aufnahmeersuchen nicht reagiert hat, begann die Frist gemäß Art. 18 Abs. 7 Dublin II-VO am 23. Januar 2014 zu laufen. Das Verwaltungsgericht ordnete mit Beschluss vom 17. März 2014 die aufschiebende Wirkung der Klage an (7a L 284/14.A). In einem solchen Fall endet die Überstellungsfrist – wenn und solange die Überstellung (weiter) ausgesetzt ist – erst sechs Monate nach Entscheidung über die vorliegende Klage, d. h. nach rechtskräftiger Beendigung des Hauptsacheverfahrens.
40Vgl. OVG NRW, Urteile vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 56, und vom 16. Juni 2015 ‑ 11 A 890/14.A -, juris, Rn. 26; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 21. Februar 2014 - 10 A 10656/13.OVG -, juris, Rn. 35; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19. Juni 2012 - A 2 S 1355/11 -, AuAS 2012, 213 = juris, Rn. 24; Hess. VGH, Beschluss vom 23. August 2011 - 2 A 1863/10.Z.A -, InfAuslR 2011, 463 = juris, Rn. 7.
41Die aufgrund des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 23. Januar 2014 bestehende aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage dauert fort. Sie endet, da der erst-instanzlichen Klage stattgegeben worden ist, gemäß § 80 b Abs. 1 Satz 1 VwGO erst mit der Unanfechtbarkeit des Bescheids.
42Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 4. Februar 2016 - 13 A 59/15.A -, juris, Rn. 39 ff.
43b. Der Beklagten ist auch nicht deshalb die Berufung auf die Zuständigkeit Italiens für den Asylantrag des Klägers verwehrt, weil der Kläger wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in Italien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta ausgesetzt wäre.
44aa. Die auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens beruhende Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der EU (im Folgenden: GR-Charta), der Genfer Flüchtlingskonvention sowie der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) steht, kann widerlegt werden. Eine Widerlegung ist aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die asylrecht-lichen Richtlinien der EU – Richtlinie 2003/9/EG bzw. 2013/33/EU (Aufnahme-richtlinie), Richtlinie 2004/83/EG bzw. 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie), Richt-linie 2005/85/EG bzw. 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie) – genügen. Vielmehr müssen die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebe-dingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta – der Art. 3 EMRK entspricht – ausgesetzt zu werden.
45Vgl. EuGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 - C- 411/10 und C-493/10 (N.S.) -, NVwZ 2012, 417 = juris, Rn. 78 ff., vom 14. November 2013 - C-4/11 (Puid) -, juris, Rn. 30 ff., und vom 10. Dezember 2013 - C-394/12 (Abdullahi ) -, NVwZ 2014, 208 = juris, Rn. 52; EGMR, Urteile vom 21. Januar 2011 - 30696/09 (M.S.S.) -, ZAR 2011, 395, Rn. 216 ff., und vom 4. November 2014 ‑ 29217/12 (Tarakhel ./. Schweiz) -, Rn. 93 und102 ff.; BVerwG, Beschlüsse vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, NVwZ 2014, 1039 = juris, Rn. 5 ff., vom 6. Juni 2013 - 10 B 35.14 -, NVwZ 2014, 1677 = juris, Rn. 5, und vom 15. April 2014 - 10 B 17.14 -, juris, Rn. 3 ff.; vgl. zum Ganzen ausführlich OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 ‑ 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 65 ff.
46Wegen des in Deutschland geltenden Untersuchungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO) muss sich der Tatrichter die Überzeugungsgewissheit verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Systemische Mängel liegen danach vor, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im eigentlich zuständigen Mitgliedstaat regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht.
47Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, juris, Rn. 9.
48Zwar setzt dies nicht voraus, dass in jedem Falle das gesamte Asylsystem einschließlich der Aufnahmebedingungen und der zugehörigen Verfahren schlechthin als gescheitert einzustufen ist, jedoch müssen die in jenem System festzustellenden Mängel so gravierend sein, dass sie in einer Vielzahl von Fällen zu der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung führen. Das kann darauf beruhen, dass die Fehler bereits im System selbst angelegt sind und deswegen Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern nicht zufällig und im Einzelfall, sondern (objektiv) vorhersehbar von ihnen betroffen sind. Ein systemischer Mangel kann daneben aber auch daraus folgen, dass ein in der Theorie nicht zu beanstandendes Aufnahmesystem - mit Blick auf seine empirisch feststellbare Umsetzung in der Praxis - faktisch in weiten Teilen funktionslos wird.
49Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 89 ff.
50Hingegen kommt es nicht darauf an, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung kommen kann und ob ein Antragsteller dem in der Vergangenheit schon einmal ausgesetzt war. Derartige individuelle Erfahrungen sind in die Gesamtwürdigung einzubeziehen, ob im maßgeblichen Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung (hier: der Berufungsverhandlung) systemische Mängel im Zielland der Abschiebung vorliegen, wobei zu beachten ist, dass persönliche Erlebnisse Betroffener durch neuere Entwicklungen in dem betreffenden Staat überholt sein können.
51Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Juni 2013 - 10 B 35.14 -, juris, Rn. 6; s. auch EGMR, Urteil vom 13. Januar 2015 - 51428/10 (A.M.E. ./. Niederlande) -, juris, Rn. 30.
52Bei der Bewertung der in Italien anzutreffenden Umstände der Durchführung des Asylverfahrens und der Aufnahme von Asylbewerbern ist maßgeblich auf Ausländer in einer vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen Lage wie der des Klägers abzustellen, eines allein stehenden, jungen, arbeitsfähigen Mannes, der in Italien vor seiner Weiterreise nach Deutschland noch keinen Asylantrag gestellt hatte.
53bb. Hiervon ausgehend steht nach dem im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung vorliegenden Erkenntnismaterial zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger im Falle seiner Überstellung nach Italien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Gefahr läuft, wegen systemischer Mängel des dortigen Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden.
54Vgl. ebenso für Italien – in unterschiedlichen Fallkonstellationen – EGMR, Urteil vom 30. Juni 2015 - 39350/13 (A.S. v. Schweiz) -, Rn. 36, vom 13. Januar 2015 - 51428/10 (A.M.E. ./. Niederlande) -, juris, Rn. 35, und vom 4. November 2014 - 29217/12 (Tarakhel ./. Schweiz) -, juris, Rn. 114 f.; OVG NRW, Urteile vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, vom 24. April 2015 - 14 A 2356/12.A -, juris, Rn. 35 ff., und vom 10. Juli 2015 - 15 A 1048/14.A -, juris; Nds. OVG, Urteil vom 25. Juni 2015 - 11 LB 248/14 -, juris, Rn. 47 ff.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16. April 2014 - A 11 S 1721/13 -, juris, Rn. 43 ff.; Bay. VGH, Urteil vom 28. Februar 2014 - 13a B 13.30295 -, BayVBl. 2014, 628 = juris; Hess. VGH, Beschluss vom 28. Februar 2014 - 10 A 681/13.Z.A -, juris; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 21. Februar 2014 - 10 A 10656/13 -, juris; OVG S.-A., Beschluss vom 14. November 2013 - 4 L 44/13 -, juris.
55(1) Bei der Würdigung der Erkenntnisse ist zunächst davon auszugehen, dass Italien - sowohl im Hinblick auf das dortige Rechtssystem als auch die Verwaltungspraxis - über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes Asylverfahren verfügt.
56Vgl. zum Asylverfahren im Einzelnen Auswärtiges Amt (AA), Auskünfte an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, 1.1, sowie an das OVG S.-A. vom 21. Januar 2013, 2. und 3.; CIR (Consiglio Italiano per i Rifugiati), Asylum Information Database (aida): Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 16 ff.; EASO Special Support Plan to Italy, 11. März 2015, S. 4; s. auch EGMR, Urteil vom 4. November 2014 - 29217/12 (Tarakhel ./. Schweiz) -, Rn. 37.
57Ob Art. 4 GR-Charta die vollständige Umsetzung der diesbezüglichen Richtlinien erfordert, kann offen bleiben. Das Asylverfahren in Italien ist inzwischen richt-linienkonform. Mit Wirkung vom 30. September 2015 wurden die Neufassungen der Verfahrensrichtlinie 2013/32/EU und der Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU in das italienische Recht übernommen (Gesetzesdekret 142/2015: decreto legislative 18 agosto 2015, n 143 „Attuazione della direttiva 2013/33/UE recante norme relative all’accoglienza die richiedenti protezione internazionale, noché della direttiva 2013/32/UE, recante procedure comuni ai fini del riconoscimento e della revoca dello status die protezione internazionale“).
58Vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH), Auskunft an das OVG NRW vom 7. April 2016, S. 2; CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 9 und 12.
59Der Senat ist auch davon überzeugt, dass das Asylsystem trotz ggf. einzelner Unzulänglichkeiten prinzipiell funktionsfähig ist. Es ist weder in Bezug auf die tatsächliche Dauer noch auf die Qualität menschenrechtswidrig. In etwa der Hälfte der Fälle ist in den letzten Jahren ein Schutzstatus gewährt worden (2013: 61 %, 2014: 59 %, 2015: 42 %).
60Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16. April 2014 ‑ A 11 S 1721/13 -, juris, Rn. 44 f.; AA, Auskunft an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, 1.1.; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 133 ff.; SFH, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, S. 7; zur Schutzquote vgl. Eurostat, recognition rates, 2013, 2014, 2015, abrufbar von http://ec.europa.eu/eurostat.
61Bisher ist regelmäßig vor allem gerügt worden, dass für die formelle Registrierung als Asylbewerber (verbalizzazione) eine Wohnsitzbestätigung erforderlich sei und in der mitunter langen Zeit bis zur verbalizzazione eine Unterbringung nicht gewährleistet sei. Es kann offen bleiben, ob insoweit systemische Mängel anzunehmen wären. Nach der aktuellen Rechtslage (Gesetzesdekret 142/2015) wird ein Wohnsitz nicht verlangt und beträgt die Frist zwischen Asylgesuch und formeller Registrierung drei, maximal zehn Tage. Selbst wenn das Verfahren in der Praxis länger dauert, ist die Unterbringung in der Regel gewährleistet.
62Vgl. SFH, Auskunft an das OVG NRW vom 7. April 2016, S. 2; AA, Auskunft an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, 1.1.
63Gesetzesdekret 142/2015 stellt klar, dass die Adresse der Unterbringungseinrichtung, in dem der Antragsteller wohnt, als Wohnsitz zu betrachten ist.
64Vgl. CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 21.
65(2) Dublin-Rückkehrer wie der Kläger müssen nach der aktuellen Erkenntnislage auch während der Durchführung ihres Asylverfahrens in Italien nicht beachtlich wahrscheinlich damit rechnen, dass sie wegen der Aufnahmebedingungen in ihrem Grundrecht aus Art. 4 GR-Charta verletzt werden. Die dem Senat vorlie-genden Erkenntnisse rechtfertigen nicht den Schluss, dass der Kläger während der Dauer des Asylverfahrens die elementaren Grundbedürfnisse des Menschen (wie z.B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme, Hygienebedürfnisse, medizinische Grundversorgung) nicht in einer noch zumutbarer Weise wird befriedigen können. Die zweifellos bestehenden Mängel der Aufnahmebedingungen sind nicht derart gravierend, dass bei jedem Rückkehrer die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 4 GR-Charta zu bejahen wäre.
66Die sich aus der Aufnahmerichtlinie ergebenden Verpflichtungen, die als Konkretisierung des für ein menschenwürdiges Dasein einzuhaltenden Maßstabs im Sinne des Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GR-Charta angesehen werden,
67vgl. EGMR, Urteile vom 30. Juni 2015 - 39350/13 (A.S. v. Schweiz) -, Rn. 28 f., vom 4. November 2014 - 29217/12 (Tarakhel ./. Schweiz) -, Rn. 96 f., und vom 21. Januar 2011 - 30696/09 - (M.S.S.), EuGRZ 2011, 243, Rn. 250 f. und 263; zurückhaltender EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 ‑ Rs. C-411/10 u.a. (N.S.) -, Rn. 84 (nicht jeder geringste Verstoß genügt); OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 120 ff.; kritisch Hailbronner/Thym, NVwZ 2012, 406 (407), sowie Hailbronner, AuslR, Stand März 2015, § 27a Rn. 22,
68hat Italien, wie bereits ausgeführt, in innerstaatliches Recht übernommen. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die rechtlichen Vorgaben in der Praxis im erheblichen Ausmaß nicht beachtet werden.
69(a) Das in Art. 17 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 g) Aufnahmerichtlinie verankerte Recht auf Unterkunft bleibt auch nicht systematisch unbeachtet, so dass etwa mit monatelanger Obdachlosigkeit zu rechnen wäre.
70Vgl. für Griechenland EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - 30696/09 (M.S.S.) -, EuGRZ 2011, 243 = juris, Rn. 253, 263.
71Eine solchermaßen dramatische Lage lässt sich aktuell für Italien aufgrund belastbarer Tatsachen nicht feststellen.
72Wer – wie der Kläger – noch keinen Asylantrag in Italien gestellt hat, kann bei der Questura desjenigen Flughafens, an den er rücküberstellt wird, einen Asylantrag stellen (Verbalizzazione) und erhält etwa bei der Nichtregierungsorganisation (non-governmental organization, NGO) am Flughafen in Rom einen Unterbringungsplatz in einem CAS (Centro die accoglienza straordinaria)-Zentrum in der Umgebung von Rom. Wer vor der Weiterreise bereits ein Asylgesuch in Italien gestellt hatte, muss zur zuständigen Questura reisen, um das Asylverfahren weiterzuführen. Dazu erhält er an der Grenze, etwa auch bei seiner Ankunft am Flughafen in Rom, von NGOs ein Bahnticket zur Verfügung gestellt. Bei der zuständigen Präfektur wird die Unterkunft beantragt. Wer das Unterbringungszentrum ohne Meldung verlassen hat, verliert zwar grundsätzlich seinen Unterkunfts-anspruch, kann aber einen neuen Platz beantragen.
73Vgl. SFH, Auskunft an das OVG NRW vom 7. April 2016, S. 4 ff.; AA, Auskünfte an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, 1.2 und 2.1., und vom 11. September 2013; zu letztgenanntem Gesichtspunkt s. auch CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 75.
74Ende 2015 verfügte Italien nach einer massiven Aufstockung über rund 104.000 Unterbringungsplätze in CAS-, CPSA (Centro di primo soccorso e accoglienza)-, CDA (centro di accoglienza)-, CARA (Centro di accoglienza per richiedenti asilo; jetzt: „centri governativi di accoglienza“)- und SPRAR (Sistema di protezione per richiedenti asilo e refugiati“)-Einrichtungen, wovon der größte Anteil auf die temporären Aufnahmeeinrichtungen des CAS-Systems entfällt (76.683 Plätze).
75Dem standen 2015 rund 84.000 neue Asylanträge gegenüber, knapp 20.000 mehr als im Vorjahr.
76Vgl. die Eurostat-Statistik „Asylum and new asylum applicants – annual aggregated data –“, abrufbar von http://ec.europa.eu/eurostat.
77Hinzu kommen noch die Personen, die sich bereits zuvor im Asylverfahren befanden, und die Dublin-Rückkehrer.
78Am 29. Februar 2016 waren insgesamt 107.387 Personen in diversen national unterhaltenen Unterkunftszentren untergebracht.
79Vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) der Republik Österreich, Kurzinformation der Staatendokumentation, Italien, Wien, 22. März 2016.
80Unterstützt von EASO (European Asylum Support Office der EU) hat Italien die Unterkunftskapazitäten erheblich erhöht.
81Vgl. EASO Special Support Plan to Italy, 11. März 2015, S. 1.
82Das SPRAR-System, ein kommunales Unterbringungssystem, das vom italienischen Staat zentral verwaltet wird und eine Unterbringung bei privaten oder kommunalen Trägern vorsieht, wird ständig ausgebaut und soll von 20.000 auf mindestens 35.000 Plätze aufgestockt werden.
83Vgl. AA, Auskunft an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, 2.4.
84Die Unterbringung in den staatlichen Einrichtungen wird grundsätzlich für die Zeit des Asylverfahrens und eines etwaigen Rechtsmittelverfahrens gewährleistet.
85Vgl. CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 74.
86Eine zuvor angenommene maximale Aufenthaltsdauer von 20 bzw. 35 Tagen in CARA-/CDA-Zentren oder sechs Monaten in SPRAR-Einrichtungen, die im Übrigen oft wesentlich überschritten wurde,
87vgl. ASGI (Associazione Studi Giuridici sull’Immigrazione), The Dublin System and Italy: A Wavering Balance, März 2015, S. 13 f., 23 f.; aida (Asylum Information Database): Country Report Italy, Januar 2015, S. 53; AA, Auskunft an das OVG NRW vom 11. September 2013; UNHCR, Recommendations on important aspects of refugee protection in Italy, Juli 2012, S. 12; borderline-europe e.V., Auskunft an VG Braunschweig, Dezember 2012, S. 34 f. und 51,
88gibt es für Asylantragsteller nicht (mehr). Eine Obergrenze für die Dauer des Aufenthaltes ist im Gesetzesdekret 142/2015, das die entsprechenden Vorgaben der Aufnahmerichtlinie umsetzt, nicht vorgesehen.
89Vgl. CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 74.
90Ergänzend zu den staatlichen Unterbringungseinrichtungen stellen verschiedene kirchliche oder kommunale Einrichtungen sowie lokale Hilfsorganisationen zur Vermeidung von Obdachlosigkeit Unterkünfte zur Verfügung.
91Vgl. SFH, Auskunft an das OVG NRW vom 7. April 2016, S. 7 f.; AA, Auskunft an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, 2.4, und an das OVG S.-A. vom 21. Januar 2013, 4.4; borderline-europe e.V., Auskunft an das VG Braunschweig, Dezember 2012, S. 21.
92Insgesamt kann angesichts dieser Zahlen nicht davon ausgegangen werden, dass die Unterbringung, auch wenn sie von unterschiedlicher Qualität ist und nicht in jedem Fall den Mindeststandards entspricht,
93vgl. zu den Bedingungen in den Einrichtungen CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 70 ff.; SFH, Auskunft an das VG Schwerin vom 23. April 2015, S. 4,
94im Sinne systemischer Mängel defizitär ist.
95Selbst wenn man aber unterstellt, die in Italien aktuell vorhandenen Kapazitäten zur Unterbringung von Asylbewerbern reichten derzeit oder in naher Zukunft nicht aus, ergäbe sich daraus nach Auffassung des Senats noch kein systemisches, die Grenze zur drohenden Grundrechtsverletzung nach Art. 4 GR-Charta überschreitendes Versagen des Staates. Die Menschenrechte verpflichten die Staaten weder, eine absolut bestimmbare Mindestanzahl von Unterkünften zur Verfügung zu stellen, noch dazu, rein vorsorglich Unterkunftskapazitäten im Umfang einer „Spitzenbelastung“ vorzuhalten.
96Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 158.
97Nach den vorliegenden Erkenntnissen reagiert Italien jedenfalls inzwischen flexibel auf den Zustrom. Das System ist durch die kurze Auftragsdauer für die temporären CAS-Zentren (Ausschreibung alle sechs Monate) sehr flexibel in Bezug auf Schwankungen. Ferner waren jüngst unter dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der EU (AMIF) verschiedene Projekte ausgeschrieben, die auch die Unterbringung von Asylbewerbern umfassten.
98Vgl. SFH, Auskunft an das OVG NRW vom 7. April 2016, S. 7 f.
99Hiervon ausgehend ist die Erwartung, dass künftig zunehmend mehr Flüchtlinge den Weg über das Mittelmeer suchen und in Italien die Grenze zur EU überschreiten werden, nicht ausreichend, um derzeit systemische Mängel anzunehmen. Die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien würde erst dann überschritten, wenn – was hier nicht der Fall ist – absehbar wäre, dass auf die erhöhte Zahl von Einwanderern keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung dieses Problems ergriffen würden.
100Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. April 2015 - 14 A 2356/12.A -, juris, Rn. 41.
101(b) Auch die Versorgung mit Lebensmitteln, Kleidung, Hygieneartikeln und der Zugang zu einer medizinischen Mindestversorgung (vgl. Art. 19 Richtlinie 2013/33/EU) ist während des Asylverfahrens grundsätzlich in menschenrechtskonformer Weise gewährleistet. Asylbewerber haben Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem, insbesondere ist eine kostenfreie Notversorgung gewährleistet. Die übrige Versorgung erfolgt über die Unterbringungseinrichtungen, teilweise auch über karitative Organisationen.
102Vgl. SFH, Auskünfte an das OVG NRW vom 7. April 2016, S. 8 f., und vom 18. Mai 2016, S. 4; AA, Auskünfte an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, 3.1, an das VG Schwerin vom 25. März 2015, sowie an das OVG S.-A. vom 21. Januar 2013, 5. und 6.; CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 64, 82; EASO Special Support Plan to Italy, 11. März 2015, S. 5.
103Zudem ist es Asylbewerbern nach Art. 22 Abs. 1 des Gesetzesdekrets 142/2015 bereits 60 Tage nach Stellung des Asylgesuchs erlaubt zu arbeiten.
104Vgl. CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 81.
105(3) Aus der Tarakhel-Entscheidung des EGMR vom 4. November 2014, mit der die Rückführung nach Italien von Garantien italienischer Behörden abhängig gemacht worden ist, kann der Kläger nichts zu seinen Gunsten ableiten. Sie beruht auf der besonderen Situation einer Familie mit sechs minderjährigen Kindern, der spezifischen Schutzbedürftigkeit von Kindern und dem Gebot der Wahrung der Familieneinheit. Für den Fall eines alleinstehenden (jungen) Mannes hat der EGMR in späteren Entscheidungen (Urteile vom 13. Januar 2015 - 51428/10 (A.M.E. ./. Niederlande) - und vom 30. Juni 2015 – 39350/13 (A.S. ./.Schweiz) -) gerade keine Grundlage für die Annahme gesehen, ihm drohe im Fall der Rückführung nach Italien eine ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK.
106Individuelle, in der Person des Klägers liegende besondere Gründe, die eine Zuordnung zur Gruppe der besonders verletzlichen Personen erfordern und eine Überstellung als menschenrechtswidrig erscheinen lassen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
107c. Ein Zuständigkeitsübergang auf die Beklagte ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer unangemessenen Verfahrensdauer.
108Aus der Rechtsprechung des EuGH lässt sich unter diesem Gesichtspunkt eine Pflicht zum Selbsteintritt nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO nur ableiten, wenn in einer Situation, in der Grundrechte des Antragstellers im Falle der Überstellung an den an sich zuständigen Mitgliedstaat wegen systemischer Mängel des Asyl-verfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber verletzt würden, die Lage des Antragstellers durch eine unangemessen lange Verfahrensdauer noch verschlimmert würde.
109Vgl. EuGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 (N.S. u.a.) -, juris, Rn. 98 und 108, sowie vom 14. November 2013 - C-4/11 (Puid) - juris, Rn. 35; BVerwG, Beschluss vom 7. Dezember 2015 - 1 B 66.15 -, juris, Rn. 5; Hailbronner, AuslR, Stand März 2015, § 271 Rn. 66.
110Mit einer solchen Konstellation ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Der EuGH geht von der Prämisse aus, dass im eigentlich zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel und demzufolge eine Verletzung des Art. 4 GR-Charta in Rede stehen. Bei der dann gebotenen Prüfung, ob anhand der Kriterien der Dublin II-Verordnung ein anderer Mitgliedstaat als für die Prüfung des Asylantrags zuständig bestimmt werden kann, ist die Verfahrensdauer im Blick zu behalten. Ein solcher Fall ist hier, wie ausgeführt, nicht gegeben. Vielmehr ist die Überstellung in den als zuständig ermittelten Mitgliedstaat Italien möglich.
111Selbst wenn man aber der Rechtsprechung des EuGH einen allgemeinen Anspruch auf eine angemessene Verfahrensdauer entnehmen wollte, bezieht sich die Verfahrensdauer in diesem Sinne auf die Zuständigkeitsbestimmung durch das Bundesamt, d. h. auf das Verwaltungsverfahren.
112So im Ergebnis auch BVerwG, Urteile vom 27. Oktober 2015 - 1 C 32.14, 1 C 33.1 C 33.14 und 1 C 34.1 C 34.14 -, jeweils juris, Rn. 21, sowie Beschluss vom 7. Dezember 2015 - 1 B 66.15 -, juris, Rn. 5.
113Die Einbeziehung der Dauer des gerichtlichen Verfahrens zu Lasten der Beklagten scheidet jedenfalls dann aus, wenn der Asylbewerber – wie hier in Bezug auf Ziffer 1 des Bescheids – eine rechtmäßige Verwaltungsentscheidung angreift. Denn in diesem Fall hat bei normativer Betrachtung nicht die Beklagte die Ursache für die lange Verfahrensdauer gesetzt.
114Vgl. OVG Rh.-Pf., Urteil vom 18. Februar 2016 ‑ 1 A 11081/14 -, juris, Rn. 33.
115Das Verwaltungsverfahren der Zuständigkeitsbestimmung dauerte hier von der Asylantragstellung am 18. Oktober 2013 bis zum Eintritt der Annahmefiktion, wie ausgeführt, am 23. Januar 2013. Bezieht man weiter das Ergehen des Bescheids am 11. Februar 2014 ein, ist auch dies noch keine unangemessene Verfahrensdauer.
116Der Kläger kann sich ferner nicht auf Art. 19 Abs. 4 Dublin II-VO berufen. Nach Satz 2 der Vorschrift kann die Überstellungsfrist höchstens auf 18 Monate verlängert werden, wenn der Asylbewerber flüchtig ist. Erfolgt die Überstellung nicht innerhalb dieser Frist, geht nach Satz 1 die Zuständigkeit auf den Mitgliedstaat über, in dem der Asylantrag eingereicht wurde. Daraus lässt sich, auch wenn der Dublin II-VO ein Beschleunigungszweck immanent ist, keine Höchstdauer eines Dublin-Verfahrens ableiten. Die Vorschrift regelt lediglich im Verhältnis der Staaten zueinander, nach welchem Zeitraum eine zulässige, aber nicht durchgeführte Überstellung in Gestalt eines Zuständigkeitsübergangs zu Lasten des unzuständigen Staates geht. Eine entsprechende Anwendung auf den vorliegenden Fall, in dem der Überstellung nach Italien der vom Kläger erwirkte stattgebende Eilbeschluss entgegensteht, scheidet mit Blick auf die klare Regelung in Art. 19 Abs. 3 Dublin II-VO aus. Da nach dieser Vorschrift, wie ausgeführt, eine Überstellungsfrist von sechs Monaten ab der Entscheidung über die Klage vorgesehen ist, wenn diese aufschiebende Wirkung hat, kann der Verordnungsgeber die Frist von 18 Monaten bei Flüchtigkeit nicht im Sinne einer generellen Höchstgrenze verstanden haben. Eine entsprechende Anwendung lässt sich aufgrund der gänzlich unterschiedlich gelagerten Sachverhalte auch nicht mit dem Gleichbehandlungsgebot begründen. Schließlich widerspräche sie der Auffassung des EuGH, wonach für die Überstellung volle sechs Monate zur Verfügung stehen sollen.
117Vgl. EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 Rs. C-19/08 (Petrosian u.a.) -, Slg. 2009, I-495; BVerwG, Beschluss vom 7. Dezember 2015 - 1 B 66.15 -, juris, Rn. 9.
118Daran fehlt es aber, wenn aufgrund eines gerichtlichen Beschlusses die Überstellung über längere Zeit nicht durchgeführt werden kann.
1192. Die auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gestützte Abschiebungsanordnung in Ziff. 2 des angefochtenen Bescheids ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt, soll der Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylG) abgeschoben werden, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Das bedeutet, dass die Rück-nahmebereitschaft im positiven Sinne geklärt sein muss. Dem Bundesamt obliegt die Prüfung, dass weder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse vorliegen noch inlandsbezogene Vollzugshindernisse der Abschiebung entgegenstehen. Dies gilt auch für nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretende Abschie-bungshindernisse und Duldungsgründe.
120Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 - 2 BvR 732/14 -, juris, Rn. 11 f.; OVG NRW, Beschlüsse vom 30. August 2011 - 18 B 1060/11 -, juris, und vom 3. März 2015 - 14 B 102/15.A -, juris.
121Anhaltspunkte für das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses im Sinne von § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind nicht ersichtlich. Die Voraussetzungen für ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis im Sinne von § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben. Die Rückführung ist tatsächlich möglich. Da die Überstellungsfrist noch nicht verstrichen ist, ist aufgrund der gerichtsbekannten ständigen Praxis die Übernahmebereitschaft Italiens zu bejahen, auch wenn dieses auf das Aufnahmeersuchen nicht reagiert hat. Anhaltspunkte für eine krankheitsbedingte Reiseunfähigkeit oder eine aus sonstigen Gründen resultierende Unmöglichkeit einer Abschiebung sind nicht ersichtlich.
122C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
123Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
124Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Aufhebung des Bescheids der Beklagten, mit dem sein Asylantrag als unzulässig abgelehnt und seine Abschiebung nach Italien angeordnet wurde.
Der am ... 1994 in ..., Äthiopien, geborene Kläger ist äthiopischer Staatsbürger, gehört der Volksgruppe der Oromo an und ist islamischen Bekenntnisses. Er reiste am
Nach den Erkenntnissen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden Bundesamt) lagen aufgrund eines EURODAC Treffers Italien der Kategorie 1 (IT1SA01ISH)
Am
Mit Bescheid vom
Mit Schriftsatz vom 16. Juli 2015, am selben Tag bei Gericht eingegangen, hat der Kläger Klage erhoben und einstweiligen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO beantragt. Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach
Im Klageverfahren beantragt der Kläger,
den Bescheid der Beklagten vom
Die Beklagte beantragt,
Klageabweisung.
Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf den Inhalt des angefochtenen Bescheids.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und die Behördenakte sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 11. Dezember 2015 Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der mit der Klage angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom
Rechtsgrundlage für die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig und die Abschiebungsanordnung ist § 34a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 27a AsylG i. V. m. der Dublin III-VO.
Nach § 27a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Ist dies der Fall, ist nach § 34a Abs. 1 AsylG durch das Bundesamt die Abschiebung in den zuständigen Staat anzuordnen, ohne dass es einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf.
Im vorliegenden Fall ist der Asylantrag des Klägers nach § 27a AsylG unzulässig, da die Republik Italien nach Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO zur Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Die Dublin III-VO ist auf den Kläger als äthiopischen Staatsangehörigen und damit Drittstaatsangehörigen i. S. v. Art. 2 Lit. 1 Dublin III-VO anzuwenden, der noch in keinem Staat einen Schutzstatus erhalten hat. Aufgrund des EURODAC Treffers der Kategorie 1 steht fest, dass der Kläger bereits in Italien einen Asylantrag gestellt hat. Die Republik Italien treffen daher die sich aus den Art. 18 ff. Dublin III-VO ergebenden Pflichten, insbesondere die Pflicht, den Kläger wieder aufzunehmen.
Am
Die Zuständigkeit Italiens ist nicht durch Ablauf der Überstellungsfrist nach Art. 29 Dublin III-VO entfallen. Nach § 29 Abs. 1 UAbs. 1 Dublin III-VO erfolgt die Überstellung eines Antragstellers aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme - oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat. Der deutsche Gesetzgeber hat auf der Grundlage des Art. 27 Abs. 3 lit. c) Dublin III-VO in § 34 a Abs. 2 Satz 2 AsylG geregelt, dass die Abschiebung bei rechtzeitiger Stellung des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO vor der gerichtlichen Entscheidung über diesen Antrag nicht zulässig ist. Damit kommt dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO aufschiebende Wirkung im Sinne des Art. 29 UAbs. 1 Dublin III-VO zu. Der Lauf der sechsmonatigen Überstellungsfrist wird demnach durch die rechtzeitige Stellung des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO unterbrochen und beginnt mit Erlass des ablehnenden Beschlusses, hier mit Zustellung des ablehnenden Beschlusses vom 19. Oktober 2015, von neuem zu laufen (so zuletzt VG Ansbach, B. v. 28.7.2015 - AN 14 S 15.50184;
Besondere Umstände, die die Zuständigkeit der Beklagten nach Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin III-VO begründen oder zur Ausübung ihres Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO führen würden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere ist die Beklagte nicht nach Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin III-VO gehindert, den Kläger nach Italien überzustellen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn es ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme gäbe, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in dem zuständigen Mitgliedstaat - hier Italien - systemische Mängel aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union - EU-Grundrechtecharta (bzw. Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK) darstellen. Davon ist im Hinblick auf den Mitgliedstaat Italien nicht auszugehen. Diese Einschätzung entspricht der bisherigen Rechtsprechung der Kammer sowie der Rechtsprechung verschiedener Verwaltungsgerichte und Obergerichte (BVerwG, B. v. 6.6.2014 - 10 B 35/14 - juris; BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris; VGH BW, U. v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris; OVG RhPf, U. v. 21.2.2014 - 10 A 10656/13 - juris; OVG NRW, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - juris und
Einer der Hauptzwecke der Dublin III-VO ist die Errichtung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems (vgl. Erwägungsgründe Nr. 2 und 4 der Dublin III-VO; BVerwG, B. v. 19.3.2014, 10 B 6/14 - juris). Dieses System basiert auf dem gegenseitigen Vertrauen, dass die Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union entsprechend den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-Grundrechtecharta) behandelt werden (vgl. EuGH, große Kammer, U. v. 21.12.2011, RS: C-411/10
Für die Frage nach dem Vorliegen systemischer Mängel können verschiedene Kriterien herangezogen werden. Unter anderem ist danach zu fragen, ob überhaupt eine Struktur zur Aufnahme von Asylbewerbern besteht, wie der Zugang für Asylbewerber zu diesen Einrichtungen und zum Asylverfahren gestaltet ist, ob Zugang zu medizinischer, auch psychologischer und psychiatrischer Betreuung besteht, inwieweit Asylsuchende verpflegt werden und nicht zuletzt, ob für sie in dem betroffenen Mitgliedstaat gegen Entscheidungen im Asylverfahren effektiver Rechtsschutz möglich ist (vgl. zu diesen Kriterien auch OVG Münster, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - juris).
Ausgehend davon stehen der Rückführung des Klägers nach Italien systemische Mängel des italienischen Asylverfahrens und der dortigen Aufnahmebedingungen für Asylbewerber nach Überzeugung der Einzelrichterin nicht entgegen.
Es mag zwar immer wieder vorkommen, dass Asylsuchende während der Bearbeitung ihres Asylantrags in Italien auf sich alleine gestellt und zum Teil auch obdachlos sind. Dies und auch die zum Teil lange Dauer der Asylverfahren ist darauf zurückzuführen, dass das italienische Asylsystem aufgrund der momentan hohen Asylbewerberzahlen stark ausgelastet und an der Kapazitätsgrenze ist. Dennoch ist in dem Mitgliedstaat Italien ein an sich funktionierendes Asylsystem vorhanden. Von insgesamt 35.180 Entscheidungen über die Zuerkennung eines Schutzstatus fielen im Jahr 2014 20.580 Entscheidungen positiv aus (vgl. Pro Asyl, Zahlen und Fakten 2014). Mit ca. 59 Prozent bringt das italienische Asylverfahren damit eine seit Jahren gleichbleibend hohe Schutzquote hervor (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Italien: Aufnahmebedingungen, Aktuelle Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrenden, Bern, Oktober 2013, S. 7). Dies kann als Zeichen für ein funktionierendes System gesehen werden. So stellt auch der UNHCR fest, dass Anstrengungen unternommen wurden, die Verfahren zu beschleunigen (vgl. UNHCR, Empfehlungen zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien, Juli 2013, S. 6 f.).
Es bestehen ausdifferenzierte Strukturen zur Aufnahme von Asylbewerbern, auch speziell für Dublin-Rücküberstellte. Diese befinden sich in staatlicher, in kommunaler, kirchlicher oder privater Trägerschaft und werden zum Teil zentral koordiniert (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, a. a. O., S. 15 ff.). Die Einbeziehung solcher nichtstaatlicher Träger in die Betreuung Asylsuchender kann dem italienischen Staat auch zugerechnet werden, da diese Träger nicht ausschließlich aus eigenem Antrieb tätig werden, sondern auch auf staatlichen Auftrag hin (vgl. Ebd., S. 14, 22, 33; OVG Münster, U. v. 7.3.2014, Az.: 1 A 21/12.A). Nach Angaben des Jesuitenhilfswerkes Centro Astalli und des italienischen Innenministeriums wurde die Zahl der Unterbringungsplätze in der jüngsten Vergangenheit bedeutend erhöht (vgl. Stellungnahme der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zu einer Anfrage des VG Schwerin
Das italienische Recht gewährt den Asylsuchenden ab dem Zeitpunkt des Asylantrags Zugang zu diesen Unterbringungsmöglichkeiten (Art. 5 Ziff. 5 Decreto Legislativo Nr. 140 vom 30.3.2005). Damit wurde die damalige europäische Aufnahmerichtlinie umgesetzt (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, a. a. O., S. 12). In der Praxis wird Zugang zu den Aufnahmezentren häufig erst mit der formellen Registrierung des Asylantrags (verbalizzazione) gewährt. Hierdurch kann eine Zeitspanne ohne Unterbringung entstehen. Die Behörden sind darum bemüht, diese zu verringern (vgl. Stellungnahme der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zu einer Anfrage des VG Schwerin
Auch funktioniert die notfallmedizinische Versorgung und der Zugang zu Hausärzten grundsätzlich ebenso wie das Angebot von psychologischer und psychiatrischer Behandlung (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, a. a. O., S. 49 f.). Die Asylsuchenden haben während des Asylverfahrens auch Anspruch auf Verpflegung. Hierzu zählen Nahrung, Kleidung und Hygieneartikel (vgl. Stellungnahme des Auswärtigen Amtes vom 21.1.2013 für das OVG Sachsen-Anhalt,
Angesichts der Tatsache, dass der Mitgliedstaat Italien beachtliche Anstrengungen unternommen hat und auch aktuell noch unternimmt, um die im italienischen Asylsystem vorhandenen Defizite und Mängel zu beseitigen, sieht auch der UNHCR die Schutzstandards im Rahmen des italienischen Asylverfahrens für ausreichend an (vgl. UNHCR, a. a. O.; diese Ansicht wird auch in den ergänzenden Informationen vom März 2014 nicht revidiert). Davon geht auch das Auswärtige Amt in seinen letzten, dem Gericht vorliegenden Auskünften aus (vgl. AA, Auskünfte an OVG Sachsen-Anhalt
Nach alledem ist festzustellen, dass das italienische Flüchtlingsaufnahmesystem zwar insbesondere im Bereich der Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber weiterhin Mängel und Defizite aufweist. Diese sind aber für sich genommen insgesamt noch nicht als so gravierend zu bewerten, dass ein grundlegendes systemisches Versagen dieses Mitgliedstaates vorliegen würde. Der Kläger muss derzeit also nicht ernsthaft mit einer durch das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen in Italien verursachten unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta oder von Art. 3 EMRK rechnen. Insbesondere gehört der Kläger als alleinstehender, junger und kinderloser Mann nicht zu dem Kreis der besonders schutzbedürftigen bzw. verletzlichen Personen im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrecht (vgl. EGMR, Entscheidung vom 13.1.2015 - Nr. 51428/10). Darauf, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel im Einzelfall zu Unverträglichkeiten kommen kann, kommt es - wie bereits ausgeführt - in diesem Zusammenhang nicht an.
Nach alledem erweist sich die in Ziffer 1) des streitgegenständlichen Bescheids getroffene Regelung (Ablehnung des Asylantrags als unzulässig) als rechtmäßig.
Auch die in Ziffer 2) angeordnete Abschiebung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Vom Bundesamt gemäß § 34 a i. V. m. § 5 Abs. 1 Satz 2 AsylG zu prüfende inlandsbezogene Abschiebungshindernisse wurden vom Kläger weder vorgetragen noch sind solche ersichtlich.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83 b AsylG.
Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 GVG.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Juni 2013 (A 12 K 331/13) geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens beider Rechtszüge.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrags als unzulässig und die Anordnung seiner Überstellung nach Italien im Rahmen des so genannten „Dublin-Verfahrens“.
Der am ... in ... geborene Kläger ist pakistansicher Staatsangehöriger. Eigenen Angaben zufolge reiste er am
Bei dem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am Tag der Antragstellung, gab der Kläger unter anderem an, dass er sein Herkunftsland am 8. Juli 2013 verlassen habe. Er sei über Katar nach Libyen gelangt, wo er sich ca. ein Jahr und drei Monate aufgehalten habe. Anschließend sei er 15 Tage lang in Italien gewesen und von dort aus mit dem Zug über Österreich nach Deutschland gekommen. Ein Aufenthaltsdokument für die Bundesrepublik Deutschland oder einen anderen Staat besitze er nicht. Er habe in keinem anderen Staat Asyl beantragt oder zuerkannt bekommen.
Ein Abgleich der Fingerabdrücke des Klägers am
Mit Bescheid vom
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, da Italien aufgrund der dortigen illegalen Einreise gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dulbin III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Der Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland werde materiell nicht geprüft. Die Anordnung der Abschiebung nach Italien beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger mit Schreiben vom ... Mai 2015, bei Gericht am 11. Mai 2015 eingegangen, Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt,
den Bescheid vom
Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom ... Mai 2015, bei Gericht am selben Tag eingegangen, hat der Kläger beantragt,
1. den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom
2. die Beklagte zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen,
3. die Beklagte zu verpflichten, ein Asylverfahren durchzuführen und dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG zuzuerkennen, hilfsweise: die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, ob Abschiebeverbote gemäß § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG beim Kläger vorliegen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Verhältnisse in Italien für Flüchtlinge und Asylbewerber, insbesondere in Sizilien, entgegen der Auffassung der Beklagten so unmenschlich seien, dass eine Rückübersendung des Klägers und der Verweis auf die Durchführung eines Asylverfahrens in Italien ermessensfehlerhaft seien. Der Kläger sei in Sizilien in einer geschlossenen, haftähnlichen Asylbewerberunterkunft untergebracht gewesen. Dort sei er auf Gedeih und Verderb gewalttätigen Sicherheitskräften, sowie der Lagerleitung ausgeliefert gewesen, welche ihre Macht unter anderem durch Essensentzug und Prügelstrafe ausgeübt hätten. Hilfe von den italienischen Behörden, insbesondere der Polizei, habe der Kläger trotz entsprechender Versuche nicht erhalten.
Ein gleichzeitig mit der Klageerhebung gestellter Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wurde mit Beschluss des Gerichts vom
Die Beklagte hat mit Schreiben vom
die Klage abzuweisen.
Am
Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss vom 22. Dezember 2015
Mit Bescheid vom
Mit Schreiben des Gerichts vom ... Februar 2016 wurde der Bevollmächtigte des Klägers aufgefordert, eine ladungsfähige Anschrift des Klägers mitzuteilen. Eine Reaktion hierauf erfolgte nicht.
Die Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde dem Bevollmächtigten des Klägers ausweislich des Empfangsbekenntnisses am
Nach telefonischer Auskunft des Landratsamtes München wurde der Kläger am
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren sowie in dem Verfahren M 12 S 15.50486 und die vorgelegte Behördenakte des Bundesamts Bezug genommen.
Gründe
Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. Mai 2016 entschieden werden, obwohl seitens der Beteiligten niemand zur mündlichen Verhandlung erschienen ist. Denn die Beteiligten wurden zur mündlichen Verhandlung form- und fristgerecht geladen (der Klägerbevollmächtigter ausweislich des Empfangsbekenntnis am 14. 4. 2016, die Beklagte am 18. 4. 2016) und in den Ladungsanschreiben vom 12. April 2016 jeweils darauf hingewiesen, dass auch im Fall ihres Nichterscheinens verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO-). Der Umstand, dass der Bevollmächtigte des Klägers dem Gericht am 19. April 2016 die Niederlegung des Mandats angezeigt hat, bewirkt nicht die Unwirksamkeit der Ladung. Denn eine Ladung zur mündlichen Verhandlung, die dem Prozessbevollmächtigten eines Prozessbeteiligten ordnungsgemäß zugestellt worden ist, verliert nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 13.12.1982 - 9 C 894.80 - BayVBl 1983, 667) ihre Wirkung für und gegen den Prozessbeteiligten nicht dadurch, dass dem Gericht nach Ladungszustellung das Erlöschen der Prozessvollmacht angezeigt wird. Darüber hinaus ist im vorliegenden Fall zudem davon auszugehen, dass der Bevollmächtigte des Klägers weiterhin zustellungsbevollmächtigt nach § 67 Abs. 6 Satz 5 VwGO ist. Denn allein die Mitteilung des Bevollmächtigten des Klägers, er vertrete den Kläger nicht mehr, hat das der Prozessvollmacht zugrundeliegenden Rechtsverhältnis noch nicht zur Auflösung gebracht. Dies setzt vielmehr eine wirksame Kündigung des Vollmachtsvertrages voraus, die gegenüber dem Vollmachtgeber erklärt werden muss (vgl. BayVGH, B. v. 27.11.2003 - 24 CS 03.2421 - juris Rn. 14). Eine entsprechende Kündigung des Vollmachtsverhältnisses hat der Klägerbevollmächtigte bislang jedoch nicht nachgewiesen. Insbesondere wird das Vertragsverhältnis auch nicht durch die Nichterreichbarkeit des Mandanten das Vertragsverhältnis beendet (vgl. BGH, B. v. 24.11.1976 - IV ZB 20/76 - juris Rn. 8).
Die gegen den Bescheid des Bundesamts vom
1. Die Klage ist bereits unzulässig.
1.1. Die Klage genügt nicht den Voraussetzungen des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO, wonach die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift zu den Mindestanforderungen einer ordnungsgemäßen Klageerhebung gehört. Dies gilt auch dann, wenn zwar in der Klageschrift zunächst eine ladungsfähige Anschrift genannt wurde, diese jedoch im Laufe des Verfahrens unbekannt wird (vgl. BayVGH, B. v. 5. 12. 2007 - 19 ZB 06.2329 - juris Rn. 6). Unter der ladungsfähigen Anschrift ist die Anschrift zu verstehen, unter der die Partei tatsächlich zu erreichen ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 82 Rn. 4). Bei einer natürlichen Person ist dies in der Regel die Wohnungsanschrift (Anlehner in Sodan/Ziekow, VwGO, § 82 Rn. 8).
Die Mitteilung einer ladungsfähigen Anschrift ist dabei auch in Fällen erforderlich, in denen der Kläger durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten wird. Den Kläger trifft insoweit eine Mitwirkungspflicht (vgl. Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 82 Rn. 3). Denn die Angabe der ladungsfähigen Anschrift dient nicht nur der hinreichenden Sicherstellung der Individualisier- und Identifizierbarkeit des Klägers sowie der Ermöglichung der Zustellung von Entscheidungen, Ladungen sowie gerichtlichen Verfügungen; vielmehr soll sie darüber hinaus auch gewährleisten, dass der Kläger nach entscheidungserheblichen Tatsachen befragt und sich im Falle des Unterliegens seiner Kostentragungspflicht nicht entziehen kann (Geiger in Eyermann, VwGO, § 82 Rn. 3). Die Mitwirkungspflicht entfällt nur dann, wenn deren Erfüllung ausnahmsweise unmöglich oder unzumutbar wird. Dies ist dann der Fall, wenn der Angabe der Anschrift unüberwindliche oder nur schwer zu beseitigende Schwierigkeiten oder schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen entgegenstünden (vgl. BVerwG, U. v. 13. 4. 1999 - 1 C 24/97 - juris).
Im vorliegenden Fall wurde zwar bei der Klageerhebung die Wohnungsanschrift des Klägers mitgeteilt; diese ist jedoch im Laufe des Gerichtsverfahrens unbekannt geworden. Nach den Angaben der zuständigen Ausländerbehörde ist der Aufenthaltsort des Klägers derzeit nicht zu ermitteln. Auch der Klägerbevollmächtigte hat auf die Aufforderung des Gerichts vom 11. Februar 2016 hin, die ladungsfähige Anschrift des Klägers zu benennen, keine weiteren Angaben gemacht. Des Weiteren ist auch ein schützenswertes Interesse des Klägers dahingehend, seine Anschrift nicht mitteilen zu müssen, nicht zu erkennen.
1.2. Darüber hinaus ist auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für die Klage entfallen. Der Kläger wurde vorliegend in Vollzug der Abschiebungsanordnung in Nummer 2 des Bescheides vom 17. April 2015 am 16. September 2015 nach Italien abgeschoben. Durch die erfolgte Überstellung nach Italien hat sich der angegriffene Bescheid damit im Hinblick auf die Abschiebungsanordnung erledigt und entfaltet diesbezüglich keine den Kläger betreffenden Rechtswirkungen mehr (vgl. VG Frankfurt, U. v. 28.11.2012 - 3 K 525/11.A - juris; VG München,
1.3. Weiterhin ist die Klage auch unstatthaft, soweit der Kläger über die Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides hinaus die Verpflichtung der Beklagten begehrt, ein Asylverfahren durchzuführen und ihn als Asylberechtigten anzuerkennen sowie festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, bzw. hilfsweise festzustellen, dass die Voraussetzungen der § 60 Abs. 2 bis 5 und 7 AufenthG bezüglich des Klägers vorliegen (vgl. die Klageanträge zu 2. und 3. im Schriftsatz vom 19. 5. 2015).
Lehnt das Bundesamt auf der Grundlage der §§ 27a, 34a AsylG die Durchführung eines Asylverfahrens als unzulässig ab und ordnet die Abschiebung in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union an, besteht die Besonderheit, dass das Bundesamt lediglich die Frage nach dem für die Prüfung des Asylbegehrens des Klägers zuständigen Mitgliedstaat erwogen hat, sich aber mit der geltend gemachten politischen Verfolgung im Herkunftsstaat des Betroffenen und der Frage der Abschiebung dorthin inhaltlich noch nicht befasst hat. Die Zuständigkeitsprüfung nach der Dublin II-VO bzw. der Dublin III-VO einerseits und die inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens andererseits sind damit zwei unterschiedliche, voneinander getrennte Verfahren. Die Frage nach dem für die Prüfung des Asylverfahrens zuständigen Mitgliedstaat ist der inhaltlichen Prüfung des Asylantrags vorgelagert. Entscheidungen nach §§ 27a und 34a Abs. 1 AsylG stellen belastende Verwaltungsakte dar, deren isolierte Aufhebung - anders als in sonstigen Fällen eines Verpflichtungsbegehrens - ausnahmsweise zulässig ist, weil schon ihre Beseitigung grundsätzlich zur formellen und materiellen Prüfung des gestellten Asylantrages führt. Denn bei Stattgabe der isolierten Anfechtungsklage, d. h. im Falle einer gerichtlichen Aufhebung eines auf der Grundlage von § 27a AsylG ergangenen Bescheides und der hierauf gestützten Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG, ist das Asylverfahren wegen § 31 Abs. 2, Abs. 3 AsylG kraft gesetzlicher Verpflichtung durch die Beklagte weiterzuführen und das Asylbegehren des Klägers von ihr - sei es als herkömmlicher Erstantrag, sei es als Zweitantrag gemäß § 71a AsylG - in der Sache zu prüfen. Nach gefestigter höchst- und obergerichtlicher Rechtsprechung ist deshalb statthafte Klageart gegen eine Feststellung nach § 27a AsylG allein die Anfechtungsklage (vgl. BVerwG, U. v. 27.10.2015 - 1 C 32.14 - juris Rn. 13 ff.; BayVGH, B. v. 20.5.2015 - 11 ZB 14.50036 - juris Rn. 11; BayVGH, B. v. 11.2.2015 - 13a ZB 15.50005 - juris Rn. 8 ff.; OVG RhPf, U. v. 5.8.2015 - 1 A 11020/14 - juris Rn. 19; OVG NRW, B. v.
2. Im Übrigen ist die Klage auch unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom
2.1. Die Beklagte hat den Asylantrag des Klägers vom
2.1.1. Gemäß § 27a AsylG ist ein Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Das Bundesamt kann in einem solchen Fall die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG anordnen, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
Im Fall des Klägers ist Italien aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union i. S. v. § 27a AsylG für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.
Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist vorliegend die am
Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Bei Anwendung dieser Kriterien ist vorliegend Italien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO ist derjenige Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist, über dessen Grenze der Asylbewerber aus einem Drittstaat illegal eingereist ist. Ausweislich des bei einer EURODAC-Abfrage für den Kläger erzielten Treffers mit der Kennzeichnung „IT2“ wurde dieser in Italien bei dem illegalen Überschreiten der Grenze auf dem Land-, See- oder Luftweg von den zuständigen italienischen Kontrollbehörden aufgegriffen (vgl. Art. 24 Abs. 4 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 vom 26. Juni 2013 (EURODAC-VO). Anhaltspunkte dafür, dass diese Daten unzutreffend sind, bestehen nicht. Vielmehr hat der Kläger bei seiner Anhörung durch das Bundesamt am 17. April 2015 bestätigt, sich vor seiner Einreise nach Deutschland ca. 15 Tage in Italien aufgehalten zu haben. Die Zuständigkeit Italiens ist auch nicht gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO erloschen, da zum Zeitpunkt der erstmaligen Asylantragstellung der illegale Grenzübertritt noch nicht länger als zwölf Monate zurücklag (vgl. Art. 7 Abs. 2 Dublin III-VO). Damit ist Italien gemäß Art. 18 Abs. 1 a) Dublin III-VO verpflichtet, den Kläger nach Maßgabe der Art. 21, 22 und 29 wieder aufzunehmen. Da die italienischen Behörden auf das Aufnahmegesuch der Beklagten nicht innerhalb der nach Art. 22 Abs. 1 Dublin III-VO maßgeblichen Frist von zwei Monaten reagiert haben, kann auch davon ausgegangen werden, dass dem Aufnahmeersuchen stattgegeben wurde (Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO).
2.1.2. Die Zuständigkeit Italiens ist auch nicht aus verfahrensbezogenen Gründen auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen. Insbesondere ergibt sich auf Grundlage von Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO keine Zuständigkeit der Beklagten, da der Kläger innerhalb der dort geregelten sechsmonatigen Überstellungsfrist am 16. September 2015 nach Italien rücküberstellt wurde.
2.1.3. Besondere Umstände, die die Zuständigkeit der Beklagten nach Art. 3 Abs. 2 UnterAbs. 2 Dublin III-VO begründen oder zur Ausübung ihres Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO führen würden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere kann der Kläger einer Überstellung nach Italien auch nicht mit dem Einwand entgegentreten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Italien systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so dass eine Überstellung nach Italien unmöglich wäre (Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO).
Das gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK - finden (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10
Die diesem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011, a. a. O.) bzw. dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ (vgl. BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93 und 2 BvR 2315/93
In Bezug auf Italien ist nach aktuellem Kenntnisstand nicht davon auszugehen, dass dem Kläger bei einer Rücküberstellung eine menschenunwürdige Behandlung im eben beschriebenen Sinn droht. Es ist nicht hinreichend ersichtlich, dass in Italien systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber vorliegen. Das Gericht schließt sich insoweit der Bewertung des umfangreichen aktuellen Erkenntnismaterials durch verschiedene Obergerichte und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte an (vgl. OVG NRW, U. v. 24.04.2015 - 14 A 2356/12.A - juris 20 ff. m. w. N.; OVG Lüneburg, U. v. 25.06.2015 - 11 LB 248/14 - juris Rn. 47 ff. m. w. N.; BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris; VGH BW, U. v. 16.4.2014, a. a. O., Rn. 43 ff.; OVG NW, U. v. 7.3.2014, a. a. O.; OVG RhPf, U. v. 21.2.2014 - 10 A 10656/13 - juris Rn. 41 ff; OVG Nds., B. v. 30.1.2014 - 4 LA 167/13 - juris u. 18.3.2014 - 13 LA 713 LA 75/13 - juris Rn. 15 ff.; OVG BB,
Auch die Lage der Personen, die in Italien einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, begründet noch keine systemischen Mängel. Dies gilt auch in Ansehung des Umstands, dass Italien kein mit dem in der Bundesrepublik bestehenden Sozialleistungssystem vergleichbares landesweites Recht auf Fürsorgeleistungen kennt und hier nur im originären Kompetenzbereich der Regionen und Kommunen ein sehr unterschiedliches und in weiten Teilen von der jeweiligen Finanzkraft abhängiges Leistungsniveau besteht (VGH BW, U. v. 16.4.2014, a. a. O., juris).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des EGMR vom 4. November 2014 im Verfahren Tarakhel ./. Schweiz (Az. 29217/12
Auch aus neueren Erkenntnismitteln können keine Hinweise auf systemische Mängel entnommen werden. Insbesondere stellt auch die gegenwärtig besonders hohe Zahl von Einwanderern nach Italien keinen Umstand dar, der eine veränderte Beurteilung rechtfertigen könnte. In dem vom Europäischen Rat für Flüchtlinge und im Exil lebende Personen (ECRE) für das Projekt AIDA - Asylum Information Database erstellten Länderbericht zu Italien vom Dezember 2015 (abrufbar unter http://www.asylumineurope.org/reports/country/italy) wird zwar ausgeführt (vgl. S. 62 ff. des Berichts), dass dort zumindest in der Vergangenheit nicht für alle Asylbewerber adäquate Aufnahmeeinrichtungen zur Verfügung gestanden haben und die Zahl von Unterbringungsplätzen nur unzureichend war. Bei Dublin-Rückkehrern wie dem Antragsteller kann es längere Zeit dauern, bis sie einer Aufnahmeeinrichtung zugewiesen werden. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der italienische Staat hiergegen erfolgsversprechende Gegenmaßnahmen ergreift. Zum einen werden die Kapazitäten der Aufnahmeeinrichtungen dem vorgenannten Bericht zufolge seit 2013 deutlich erhöht. UNHCR und Nichtregierungsorganisationen beraten die staatlichen Stellen bei der Verbesserung der Aufnahmebedingungen. Speziell für Dublin-Rückkehrer wurden zum anderen Zentren zur übergangsweisen Unterbringung eingerichtet (vgl. S. 63 f. des Berichts.). Ein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen lässt sich dem AIDA-Bericht angesichts dessen nicht entnehmen. Ein systemischer Mangel der Aufnahmebedingungen kann daher gerade auch für die Personengruppe, welcher der Antragsteller angehört, nicht angenommen werden.
Des Weiteren bestehen auch in der Person des Klägers keine individuellen, außergewöhnlichen humanitären Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO notwendig machen würden.
Nach alledem erweist sich die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig in Nummer 1 des streitgegenständlichen Bescheids daher als rechtmäßig.
2.2. Auch die in Nummer 2 des verfahrensgegenständlichen Bescheids auf Grundlage von § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG angeordnete Abschiebung nach Italien ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Gegen die rechtliche und tatsächliche Durchführbarkeit der Abschiebung des Klägers nach Italien bestehen keine Bedenken. Da die italienischen Behörden auf das Aufnahmegesuch der Beklagten nicht innerhalb der nach Art. 22 Abs. 1 Dublin III-VO maßgeblichen Zweiwochenfrist reagiert haben, ist gemäß Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO davon auszugehen, dass dem Aufnahmeersuchen stattgegeben wurde, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen. Inlandsbezogene Abschiebungshindernisse wurden vom Kläger weder vorgetragen noch sind solche ersichtlich.
3. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei.
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,-- Euro festgesetzt.
Gründe
die Antragsgegnerin auch passivlegitimiert. Entgegen der vom Verwaltungsgericht im Beschluss vom 10. Februar 2014 (Az. M 12 S7 14.30227) vertretenen Auffassung hat das Bundesamt im Rahmen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG die (rechtliche und tatsächliche) Durchführbarkeit der Abschiebung und damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde für die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (st. Rspr. des Senats; vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 28.10.2013 - 10 CE 13.2257 - juris Rn. 4; B.v. 20.11.2012 - 10 CE 12.2428 - juris Rn. 4; NdsOVG, U.v. 4.7.2012 - 2 LB 163/10 - juris Rn. 41; OVG Berlin-Bbg, B.v. 1.2.2012 - 2 S 6/12 - juris Rn. 4; VGH BW, B.v. 31.5.2011 - A 11 S 1523/11 - juris Rn. 4). Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe. Bei nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretenden Abschiebungshindernissen hat das Bundesamt gegebenenfalls die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von der Vollziehung der Abschiebungsanordnung abzusehen (OVG NRW, B.v. 30.8.2011 - 18 B 1060/11 - juris Rn. 4).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.