Verwaltungsgericht Minden Urteil, 19. März 2015 - 10 K 2658/14.A
Gericht
Tenor
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 23. September 2014 wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt die Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der nicht durch amtliche Dokumente seines Heimatlandes ausgewiesene Kläger gibt an, am 26. Februar 1983 geboren zu sein und aus Marokko zu stammen.
3Am 2. Januar 2014 stellte er beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (künftig: Bundesamt) einen Asylantrag. Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt schilderte der Kläger, er habe sich zunächst in Italien, der Schweiz, Frankreich und Belgien aufgehalten, bevor er in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sei. Eine Anfrage des Bundesamtes an die EURODAC-Datenbank ergab, dass der Kläger im Juni 2013 in der Schweiz einen Asylantrag gestellt hatte. Am 21. März 2014 richtete das Bundesamt ein Übernahmeersuchen an die schweizerischen Behörden, das diese unbeantwortet ließen.
4Mit Bescheid vom 23. September 2014, dem Kläger zugestellt am 31. Oktober 2014, stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag des Klägers unzulässig ist und ordnete seine Abschiebung in die Schweiz an. Dieses Land und nicht die Bundesrepublik Deutschland sei nach den einschlägigen Bestimmungen der Dublin III-VO für die Entscheidung über den Asylantrag des Klägers zuständig.
5Der Kläger hat am 7. November 2014 Klage erhoben. Nachdem er in seiner Klageschrift zunächst den Klageantrag angekündigt hatte, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 23. September 2014 zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise ihm subsidiären Schutz zuzuerkennen, weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen, beantragt er nunmehr,
6den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 23. September 2014 aufzuheben.
7Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
8die Klage abzuweisen.
9Mit Beschluss vom 8. Dezember 2014 - 10 L 863/14.A - hat das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bescheid des Bundesamtes enthaltene Abschiebungsanordnung angeordnet.
10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten der Verfahren 10 K 2658/14.A und 10 L 863/14.A sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamts (ein Heft) Bezug genommen.
11E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
12Das Gericht kann trotz des Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung eine Entscheidung treffen, da diese ordnungsgemäß geladen und mit der Ladung gemäß § 102 Abs. 2 VwGO darauf hingewiesen wurde, dass auch im Falle ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann.
13A. Die Klage ist als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) statthaft
14- vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, DVBl. 2014, 790 (juris Rn. 28 ff.); OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 2. Oktober 2013 - 3 L 643/12 -, juris Rn. 21 ff.; Bayerischer VGH, Urteil vom 28. Februar 2014 - 13a B 13.30295 -, BayVBl. 2014, 628 (juris Rn. 22); VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 16. April 2014 - A 11 S 1721/13 -, InfAuslR 2014, 293 (juris Rn. 18) und vom 18. November 2014 - A 3 S 265/14 -, Abdruck S. 5; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 2. Februar 2015- 1 Bf 208/14.AZ -, juris Rn. 12 ff.; a.A. VG Würzburg, Urteil vom 23. Mai 2014 - W 7 K 14.30072 - Abdruck S. 5, welches eine Verpflichtungsklage auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO für statthaft hält -
15und auch im Übrigen zulässig. Die Umformulierung des Klageantrags in der mündlichen Verhandlung ist ohne weiteres zulässig, da sie - wie die Erörterung in der mündlichen Verhandlung gezeigt hat - lediglich der Klarstellung des von Anfang an mit der Klage verfolgten Klagebegehrens dient.
16I. Der angefochtene Bescheid enthält zwei Verwaltungsakte, nämlich zum einen die unter Ziffer 2 verfügte, auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG gestützte Abschiebungsanordnung und zum anderen die unter Ziffer 1 enthaltene Feststellung, dass der Asylantrag unzulässig ist. Dieser auf § 27a AsylVfG gestützte Ausspruch erschöpft sich nicht in der konkludent zum Ausdruck kommenden verfahrensrechtlichen Folge der Beendigung des vom Kläger eingeleiteten Asylverfahrens, sondern regelt auch mit unmittelbarer Wirkung nach außen (§ 35 Satz 1 VwVfG) dessen materielle Rechtsposition.
17Vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 28. Februar 2014 - 13a B 13.30295 -, BayVBl. 2014, 628 (juris Rn. 22); BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 - 9 C 264.94 -, DVBl. 1995, 857 (juris Rn. 12) zu einer auf §§ 32, 33 AsylVfG gestützten Feststellung, dass das Verfahren eingestellt ist.
18Denn infolge der Beendigung des Asylverfahrens kann der Kläger das mit seinem Asylantrag verfolgte Ziel der Schutzgewährung in Deutschland nicht mehr erreichen, ohne dass der angefochtene Bescheid aufgehoben wird. Ferner erlischt die dem Kläger durch die Stellung eines Asylantrags vermittelte Aufenthaltsgestattung (§ 55 Abs. 1 AsylVfG) gemäß § 67 Abs. 1 Nr. 6 AsylVfG auch unabhängig vom Erlass einer Abschiebungsanordnung (§§ 67 Abs. 1 Nr. 5, 34a AsylVfG), sobald Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids unanfechtbar geworden ist. Deren Wortlaut steht dem Eintritt dieser Rechtsfolge nicht entgegen; der Sinngehalt der Feststellung, dass der Asylantrag unzulässig ist, ist identisch mit demjenigen einer Ablehnung des Asylantrags als unzulässig und steht letzterer der Sache nach gleich.
19A.A. VG Frankfurt/Main, Beschluss vom 1. April 2014 - 7 L 401/14.F.A -, juris Rn. 12 ff.
20II. Die Anfechtungsklage ist nicht wegen des Vorrangs einer Verpflichtungsklage im Hinblick darauf unzulässig, dass für das vom Kläger verfolgte Ziel, in der Bundesrepublik Deutschland Schutz vor Verfolgung oder anderen Gefahren zu erhalten, an sich die Verpflichtungsklage die richtige Klageart ist. Allerdings wird im Bereich gebundener begünstigender Verwaltungsakte aus § 113 Abs. 5 VwGO in Verbindung mit dem Amtsermittlungsprinzip des § 86 Abs. 1 VwGO allgemein abgeleitet, dass bei fehlerhafter oder verweigerter sachlicher Entscheidung der Behörde die dem Rechtsschutzbegehren des Klägers allein entsprechende Verpflichtungsklage die richtige Klageart ist mit der Konsequenz, dass das Verwaltungsgericht die Sache spruchreif zu machen hat und sich nicht auf eine Entscheidung über die Anfechtungsklage beschränken darf, die im Ergebnis einer Zurückverweisung an die Verwaltungsbehörde gleichkäme. Dieser Grundsatz, der auch im Asylverfahren Geltung beansprucht
21- vgl. BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 - 9 C 264.94 -, DVBl. 1995, 857 (juris Rn. 14), Beschluss vom 28. Mai 1982 - 9 B 1152.82 -, NVwZ 1982, 630 (juris Rn. 5) -,
22gilt jedoch nicht ausnahmslos. Jedenfalls dann, wenn das Bundesamt - wie hier - noch keine Sachentscheidung getroffen hat, steht die besondere, auf Beschleunigung und Konzentration auf eine Behörde gerichtete Ausgestaltung des Asylverfahrens durch das Asylverfahrensgesetz dem Vorrang einer auf die Asylanerkennung gerichteten Verpflichtungsklage, auf die hin das Verwaltungsgericht die Sache spruchreif zu machen hätte, entgegen. Eine Verpflichtung des Gerichts, auch in Fällen der (konkludenten) Beendigung des Asylverfahrens wegen fälschlich angenommener Zuständigkeit eines anderen Staats über das Asylbegehren in der Sache zu entscheiden, würde die dem Bundesamt vom Gesetzgeber im Bemühen um Verfahrensbeschleunigung zugewiesenen Gestaltungsmöglichkeiten unterlaufen. Gelangt das Bundesamt nach sachlicher Prüfung des Asylbegehrens zu dem Ergebnis, das Begehren sei gemäß §§ 29a, 30 AsylVfG offensichtlich unbegründet, so sieht § 36 AsylVfG eine starke Beschleunigung der gerichtlichen Kontrolle dieser Entscheidung und gegebenenfalls eine kurzfristige Beendigung des Aufenthalts des betroffenen Asylbewerbers vor. Eine vergleichbare Möglichkeit steht dem Gericht nicht zu, denn es kann eine Abschiebungsandrohung gemäß § 34 AsylVfG unter Fristsetzung (§ 36 Abs. 1 AsylVfG) nicht aussprechen. Stellt sich das Asylbegehren nach Ansicht des Verwaltungsgerichts als schlicht unbegründet dar, bemisst § 38 Abs. 1 AsylVfG die Ausreisefrist auf 30 Tage; sie müsste, da sie nicht vom Gericht ausgesprochen werden kann, nachträglich von der Behörde festgesetzt werden.
23Vgl. BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 - 9 C 264.94 -, DVBl. 1995, 857 (juris Rn. 15) zu einer auf §§ 32, 33 AsylVfG gestützten Feststellung, dass das Verfahren eingestellt ist.
24Darüber hinaus ginge dem betroffenen Asylbewerber, wenn einer Verpflichtungsklage Vorrang zukäme, eine mit umfassenderen Verfahrensgarantien ausgestattete Tatsacheninstanz verloren. Das gilt sowohl für die Verpflichtung der Behörde zur persönlichen Anhörung (§ 24 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG) als auch für ihre Verpflichtung zur umfassenden Sachaufklärung sowie der zur Erhebung der erforderlichen Beweise von Amts wegen (§ 24 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) ohne die einmonatige Präklusionsfrist, wie sie für das Gerichtsverfahren vorgesehen ist (§§ 74 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG, 87b Abs. 3 VwGO).
25Vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 2. Oktober 2013 - 3 L 643/12 -, juris Rn. 24 ff.; Bayerischer VGH, Urteil vom 28. Februar 2014 - 13a B 13.30295 -, BayVBl. 2014, 628 (juris Rn. 22); BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 - 9 C 264.94 -, DVBl. 1995, 857 (juris Rn. 16) zu einer auf §§ 32, 33 AsylVfG gestützten Feststellung, dass das Verfahren eingestellt ist.
26Aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Herstellung der Spruchreife bei Folgeanträgen i.S.d. § 71 Abs. 1 AsylVfG lässt sich ein Vorrang der Verpflichtungsklage für Fälle der hier vorliegenden Art ebenfalls nicht herleiten. Die Frage, ob die Bundesrepublik Deutschland oder ein anderer Staat für die Durchführung eines Asylverfahrens zuständig ist, ist anders als die in §§ 71 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG, 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG normierten Voraussetzungen für ein obligatorisches Wiederaufgreifen eines bereits bestandkräftig abgeschlossenen Asylverfahrens
27- vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Februar 1998 - 9 C 28.97 -, BVerwGE 106, 171 (juris Rn. 10) -
28nicht den Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 16a GG, §§ 3 und 4 AsylVfG und §§ 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG für die Gewährung von Asyl, Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder des subsidiären Schutzstatus oder der Feststellung eines Abschiebungsverbots gleich zu stellen. Vielmehr handelt es sich bei der nach den Kriterien der Dublin Verordnungen durchzuführenden Bestimmung des für die Durchführung eines Asylverfahrens zuständigen Staates um ein eigenständiges, der inhaltlichen Prüfung des Asylantrags vorgelagertes Verfahren.
29Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, DVBl. 2014, 790 (juris Rn. 36); Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 6. November 2014 - 13 LA 66/14 -, InfAuslR 2015, 74 (juris Rn. 7); Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 11. Februar 2015 - 13 a ZB 15.50005 -, juris Rn. 6).
30III. Eine auf die Aufhebung des angefochtenen Bescheids gerichtete Anfechtungsklage bietet dem Kläger auch effektiven Rechtsschutz. Werden die beiden in diesem Bescheid enthaltenen Verwaltungsakte aufgehoben, ist das Bundesamt gesetzlich verpflichtet, das Asylverfahren des Klägers fortzuführen (§§ 24, 31 AsylVfG). Anhaltspunkte dafür, dass das Bundesamt seiner gesetzlichen Verpflichtung nicht nachkommt, liegen nicht vor.
31IV. Die Klage ist auch ansonsten zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben. Dabei kann offen bleiben, ob diese Frist zwei Wochen (§ 74 Abs. 1 Halbsatz 1 AsylVfG)
32- so z.B. VG Stuttgart, Urteil vom 26. Mai 2014 - A 12 K 12/14 -, Abdruck S. 3 -
33oder in Anknüpfung an die gemäß § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG einwöchige Frist für die Stellung eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO eine Woche (§ 74 Abs. 1 Halbsatz 2 AsylVfG) ab Zustellung des Bescheids vom 23. September 2014 beträgt.
34So z.B. VG Ansbach, Urteil vom 8. April 2014 - AN 11 K 14.30189 -, juris Rn. 15.
35Im vorliegenden Fall wäre auch die Wochenfrist eingehalten. Der angefochtene Bescheid wurde dem Kläger ausweislich der im Verwaltungsvorgang befindlichen Empfangsbestätigung am 31. Oktober 2014 zugestellt; seine Klage ist am 7. November 2014 beim Verwaltungsgericht eingegangen.
36B. Die Klage ist auch begründet. Die in dem Bescheid des Bundesamtes vom 23. September 2014 enthaltenen Verwaltungsakte, nämlich die Feststellung, dass der Asylantrag des Klägers unzulässig ist (I.) und die Anordnung seiner Abschiebung in die Schweiz (II.), sind in dem nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
37I. Die Feststellung, dass der Asylantrag des Klägers unzulässig ist, ist rechtswidrig und verletzt dem Kläger in seinen Rechten. Rechtsgrundlage für diese Feststellung ist § 27a AsylVfG. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Diese Voraussetzungen sind nicht mehr erfüllt. Zwar war zunächst die Schweiz für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig (1.). Diese Zuständigkeit ist jedoch mittlerweile auf die Beklagte übergegangen (2.). Durch den unveränderten Fortbestand des Ausspruchs unter Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids ist der Kläger auch in seinen Rechten verletzt (3.). Eine Aufrechterhaltung der Regelung in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides auf anderer tatsächlicher oder rechtlicher Grundlage oder eine Umdeutung dieser Regelung in eine rechtmäßige Regelung kommen ebenfalls nicht in Betracht (4.).
381. Nach den hier gemäß Art. 49 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (ABl. L 180, 31; im Folgenden: Dublin III-VO) maßgeblichen Bestimmungen war zunächst die Schweiz für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Diese Verordnung gilt auch für die Schweiz, die zwar nicht Mitglied der Europäischen Union ist, aber auf der Grundlage eines Assoziierungsabkommens mit der Europäischen Union am Dublin-System teilnimmt.
39Die Dublin III-VO und nicht deren Vorgängerin, die Verordnung (EU) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (ABl. L 50, 1; im Folgenden: Dublin II-VO), findet hier Anwendung, weil der Antragsteller seinen Asylantrag, d.h. seinen Antrag auf internationalen Schutz i.S.d. Art. 2 lit. b) Dublin III-VO, am 2. Januar 2014 und damit nach dem 1. Januar 2014 als dem gemäß Art. 49 Unterabs. 2 Sätze 1 und 2 Dublin III-VO für die Eröffnung des Anwendungsbereichs dieser Verordnung maßgeblichen Zeitpunkt gestellt hat.
40Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO sieht vor, dass Anträge auf internationalen Schutz von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft werden. Welcher Mitgliedstaat dies ist, bestimmt sich nach den Kriterien der Art. 8 bis 15 Dublin III-VO und zwar in der Rangfolge ihrer Nummerierung (Art. 7 Abs. 1 Dublin III-VO). Lässt sich anhand dieser Kriterien nicht bestimmen, welcher Mitgliedstaat zuständig ist, so ist der erste Mitgliedstaat zuständig, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde (Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO).
41Die primäre Zuständigkeit der Schweiz folgt aus Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO. Im vorliegenden Fall lässt sich anhand der Kriterien gemäß Art. 8 bis 15 Dublin III-VO nicht feststellen, welcher Mitgliedstaat zuständig ist, insbesondere lässt sich nicht zur Überzeugung des Gerichts feststellen, über welchen Mitgliedstaat der Kläger in das Gebiet der Europäischen Union eingereist ist. Folglich ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Kläger zuerst einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Dies ist hier ausweislich des im Verwaltungsvorgang des Bundesamts dokumentierten Eurodac-Treffers der Kategorie 1 die Schweiz. Dieser Treffer besteht aus der Länderkennung CH für die Schweiz und einer 11-stelligen Zahlenfolge. Die Ziffer unmittelbar nach der Länderkennung - im vorliegenden Fall eine 1 - gibt den Grund für die Abnahme von Fingerabdrücken an, wobei eine 1 für „Asylbewerber“ und damit für die Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz steht.
42Vgl. Art. 2 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 407/2002 des Rates vom 28. Februar 2002 zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) 2725/2000 über die Einrichtung von Eurodac für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens (ABl. L 62, S. 1); Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Entscheiderbrief 1/2012, S. 1.
432. Im für die Entscheidung des Gerichts maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ist nicht mehr die Schweiz, sondern die Beklagte für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig. Die Zuständigkeit für dieses Verfahren ist gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO auf die Beklagte übergegangen, weil zwischenzeitlich die Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO verstrichen ist. Nach dieser Norm erfolgt die Überstellung eines Antragstellers aus dem ersuchenden Mitgliedstaat (hier: Deutschland) in den Mitgliedstaat, der die Wiederaufnahme akzeptiert hat (hier: Schweiz), spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat (Alt. 1) oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf, wenn dieser gemäß Art. 27 Abs. 3 aufschiebende Wirkung hat (Alt. 2).
44Diese Frist ist hier inzwischen abgelaufen: Das Bundesamt hat am 21. März 2014 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b) Dublin III-VO gestütztes Ersuchen auf Wiederaufnahme des Klägers an die Schweiz gerichtet. Dieses hat die Schweiz nicht binnen der - hier einschlägigen - zweiwöchigen Frist des Art. 25 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO beantwortet, so dass die Zustimmung zur Übernahme gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO am 4. April 2014 als erteilt galt und die sechsmonatige Übernahmefrist des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO am 4. Oktober 2014 ablief. Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Überstellungsfrist auf ein Jahr bzw. 18 Monate (Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO) vorliegen, sind weder dargelegt noch anderweitig ersichtlich. Aus diesem Grund kann offen bleiben, ob sich die Frist beim Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO ohne Weiteres verlängert oder ob dafür eine Absprache zwischen ersuchendem und ersuchtem Mitgliedstaat erforderlich ist.
45Vgl. hierzu VG Magdeburg, Urteil vom 28. Februar 2014 - 1 A 413/13 -, juris Rn.19.
46Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass das Gericht mit Beschluss vom 8. Dezember 2014 (10 L 863/14.A) die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die in Ziffer 2. des streitgegenständlichen Bescheides verfügte Abschiebungsanordung angeordnet hat. Zwar ist die 2. Alternative des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO dahingehend zu verstehen, dass dann, wenn einer Klage - wie aufgrund des vorliegenden Beschlusses - aufschiebende Wirkung zukommt, die sechsmonatige Überstellungsfrist mit der abschließenden Entscheidung über diese Klage zu laufen beginnt.
47Vgl. EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 - C-19/08 (Petrosian) -, NVwZ 2009, 639 (juris Rn.46 und 53) zu Art. 19 Abs. 3 Unterabs. 1 Alt. 2 Dublin II-VO.
48Dies gilt aber jedenfalls dann nicht, wenn die Frist des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Alt. 1 Dublin III-VO - wie im vorliegenden Fall - bereits abgelaufen ist (hier: 4. Oktober 2014), bevor die aufschiebende Wirkung angeordnet wird (8. Dezember 2014).
49Vgl. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 6. Februar 2013- 13 LA 270/11 -, juris Rn. 6 ff.; a.A. wohl VG Düsseldorf, Urteil vom 12. September 2014 - 13 K 8286/13.A -, juris Rn. 63 ff.;
50Im vorliegenden Fall war die Überstellungsfrist sogar schon vor der Zustellung des angefochtenen Bescheids am 31. Oktober 2014 abgelaufen.
51Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Alt. 2 Dublin III-VO soll dem ersuchenden Mitgliedstaat ausreichend Zeit für die Vorbereitung der Überstellung in den ersuchten Mitgliedstaat einräumen
52- vgl. EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 - C-19/08 (Petrosian) -, NVwZ 2009, 639 (juris Rn. 44 f.) zu Art. 19 Abs. 3 Unterabs. 1 Alt. 2 Dublin II-VO -,
53nicht aber eine neue Überstellungsfrist in Lauf setzen, wenn die aufschiebende Wirkung gerade wegen der Überschreitung der Überstellungsfrist angeordnet wird.
54c) Dass die Schweiz erneut für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig geworden ist, lässt sich nicht feststellen. Ist die Zuständigkeit eines Mitgliedstaats aufgrund Fristablaufs entfallen, so kann dessen erneute Zuständigkeit nur begründet werden, wenn die normativen Voraussetzungen hierfür vorliegen. Im vorliegenden Fall kommt insoweit nur in Betracht, dass die Schweiz (konkludent) von ihrem Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO Gebrauch macht, indem sich die schweizerischen Behörden weiterhin mit der Überstellung des Klägers dorthin einverstanden erklären. Dass die Ausübung des Selbsteintrittsrechts die Anwesenheit der betroffenen Person auf dem Staatsgebiet des betreffenden Staats voraussetzt
55- so Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand: Juni 2012, § 27a Rn. 199 -,
56lässt sich weder dem Wortlaut der Norm, noch den Gesetzgebungsmaterialien entnehmen.
57Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist, den ein Staatsangehöriger eines dritten Landes in einem Mitgliedstaat gestellt hat, KOM (2001) 447 endgültig, S. 11; die Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinnen in der Rechtssache C-4/11 (Puid) vom 18. April 2013, Rn. 70, gehen ebenfalls nicht von einer entsprechenden Einschränkung aus.
58Daraus, dass die schweizerischen Behörden der Überstellung des Klägers konkludent zugestimmt haben, indem sie das Ersuchen des Bundesamts vom 21. März 2014 unbeantwortet ließen (Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO), kann nicht geschlossen werden, dass sie unbefristet mit einer Überstellung des Klägers einverstanden sind. Die Zustimmungserklärung ist vielmehr im Kontext der Dublin III-VO zu verstehen, wonach Zuständigkeiten auf den ersuchenden Mitgliedstaat übergehen, wenn bestimmte Fristen nicht eingehalten werden.
59Vgl. VG Würzburg, Urteil vom 13. Januar 2015 - W 3 K 14.30092 -, juris Rn. 17; VG Ansbach, Urteil vom 16. Januar 2015 - AN 14 K 14.50166 -, juris Rn. 20; VG Sigmaringen, Urteil vom 28. Januar 2015 - A 1 K 500/14 -, juris Rn. 35.
60Auch der Unionsgesetzgeber ist davon ausgegangen, dass sich die Zustimmung des ersuchten Mitgliedstaats mit dem Ablauf der Überstellungsfrist erledigt.
61Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist, den ein Staatsangehöriger eines dritten Landes in einem Mitgliedstaat gestellt hat, KOM (2001) 447 endgültig, S. 21.
62Aus diesen Gründen kann nicht bis zu einem ausdrücklichen Widerruf der (konkludenten) Zustimmung bzw. einer ausdrücklichen Ablehnung der Überstellung durch den ersuchten Mitgliedstaat davon ausgegangen werden, dass dieser weiterhin mit einer Überstellung einverstanden ist.
63A.A. OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 24. Februar 2015 - 2 LA 15/15 -, juris Rn. 13.
64Anhaltspunkte dafür, dass die schweizerischen Behörden trotz des zwischenzeitlichen Übergangs der Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens weiterhin mit der Überstellung des Klägers einverstanden sind, sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Die Beklagte hat weder im vorliegenden Fall noch in anderen beim erkennenden Gericht anhängigen Fällen eine entsprechende einzelfallbezogene Erklärung der Behörden des ersuchten Mitgliedstaats oder Nachweise dafür vorgelegt, dass sich im Verhältnis zu bestimmten Mitgliedstaaten eine entsprechende Verwaltungspraxis herausgebildet hätte.
653. Durch den unveränderten Fortbestand des Ausspruchs unter Nr. 1 des angefochtenen Bescheids trotz Ablaufs der Überstellungsfrist und Übergangs der Zuständigkeit für das Asylverfahren des Klägers auf die Bundesrepublik Deutschland ist dieser auch in seinen Rechten verletzt.
66Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. August 2013 – 12 S 675/13 -, InfAuslR 2014, 29 (juris Rn. 13); VG Minden, Urteil vom 12. Dezember 2014 - 6 K 1843/14.A -, Abdruck S. 8 f.; VG Düsseldorf, Urteil vom 12. Januar 2015 - 11 K 1640/14.A -, juris Rn. 24; VG Würzburg, Urteil vom 13. Januar 2015 - W 3 K 14.30092 -, juris Rn. 18; VG Ansbach, Urteil vom 16. Januar 2015 - AN 14 K 14.50166 -, juris Rn. 21 ff.; VG Sigmaringen, Urteil vom 28. Januar 2015 - A 1 K 500/14 -, juris Rn. 34 f.; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 17. Februar 2015- 6a L 239/15.A -, juris Rn. 12 ff.; a.A. Hessischer VGH, Beschluss vom 25. August 2014 - 2 A 975/14.A -, juris Rn. 17; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27. August 2014 - A 11 S 1285/14 -, InfAuslR 2014, 452 (juris Rn. 59, mit der Einschränkung, dass die Überstellung noch zeitnah möglich sein muss); Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 6. November 2014- 13 LA 66/14 -, InfAuslR 2015, 74 (juris Rn. 11 f.); OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 24. Februar 2015 - 2 LA 15/15 -, juris Rn. 7; Berlit, jurisPR-BVerwG 12/2014 Anm. 3, S. 2; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand: November 2014, § 27a Rn. 234.
67Diese Rechtsverletzung ergibt sich aus dem nationalen Recht (a). Das Unionsrecht steht der Anwendung des nationalen Rechts nicht entgegen (b). Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergibt sich nichts anderes (c). Dass sich der Kläger auf die Verletzung seiner Rechte beruft, verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben (d).
68a) Nach nationalem Recht verletzt die einer Ablehnung des Asylantrags als unzulässig gleichkommende (s.o. A. I.) Feststellung, dass der Asylantrag unzulässig ist, den Kläger in seinen Rechten, weil dem Kläger gemäß §§ 24, 31 AsylVfG ein Anspruch auf sachliche Prüfung seines Asylantrags durch die Beklagte zusteht. Die Beklagte darf allerdings gemäß § 27a AsylVfG dann von einer sachlichen Prüfung eines Asylantrags absehen, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Liegen diese Voraussetzungen - so wie hier - nicht vor, verletzt der objektiv rechtswidrige Verwaltungsakt das subjektiv-öffentliche Recht des Klägers aus §§ 24, 31 AsylVfG, da dann nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine Prüfung des Asylbegehrens überhaupt bzw. innerhalb angemessener Frist erfolgt. Dies gilt unabhängig vom Schutzzweck des § 27a AsylVfG. Auf den Schutzzweck der verletzten Norm kommt es hier angesichts der Verletzung anderweitiger subjektiver Rechte nicht an.
69Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. August 2013-12 S 675/13 -, InfAuslR 2014, 29 (juris Rn. 13); VG München, Gerichtsbescheid vom 26. November 2014 - M 21 K 14.30334 -, Abdruck S. 15 ff.; VG Würzburg, Urteil vom 13. Januar 2015- W 3 K 14.30092 -, juris Rn. 18; VG Düsseldorf, Urteil vom 5. Februar 2015 - 22 K 2262/14.A -, juris Rn. 43; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 17. Februar 2015 - 6a L 239/15.A -, juris Rn. 12 ff.
70b) Das Unionsrecht steht der Anwendung der vorstehend dargelegten Rechtsgrundsätze nicht entgegen. Allerdings hat das Unionsrecht Vorrang gegenüber dem nationalen Recht; daraus folgt die Verpflichtung der nationalen Gerichte und Behörden, unmittelbar geltendes Unionsrecht ohne Rücksicht auf nationales Recht anzuwenden und entgegenstehendes nationales Recht unberücksichtigt zu lassen.
71Vgl. EuGH, Urteile vom 15. Juli 1964 - Rechtssache 6/64 (Costa) -, juris S. 6 f., vom 9. März 1978 - Rechtssache 106/77-, NJW 1978, 1741 (juris S. 5), und vom 19. Januar 2010 - C-555/07 (Kücükdeveci) -, NJW 2010, 427 (juris Rn. 54).
72Im vorliegenden Fall steht das Unionsrecht dem nationalen Recht aber jedenfalls deshalb nicht entgegen, weil Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO Asylbewerbern ebenfalls ein subjektives Recht einräumt, sich auf den Ablauf der Überstellungsfrist und den damit verbundenen Übergang der Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens zu berufen.
73Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. August 2013-12 S 675/13 -, InfAuslR 2014, 29 (juris Rn. 13); VG Ansbach, Urteil vom 16. Januar 2015 - AN 14 K 14.50166 -, juris Rn. 21 ff.; weitergehend (Zuständigkeitsregelungen der Dublin-Verordnungen begründen generell Rechte der betroffenen Asylbewerber) VG Düsseldorf, Urteil vom 5. Februar 2015- 22 K 2262/14.A -, juris Rn. 47 ff.; a.A. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27. August 2014 - A 11 S 1285/14 -, InfAuslR 2014, 452 (juris Rn. 59) unter Bezugnahme auf VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 - A 11 S 1721/13 -, InfAuslR 2014, 293 (juris Rn. 25 ff.); Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 6. November 2014 - 13 LA 66/14 -, InfAuslR 2015, 74 (juris Rn. 11 f.); OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 24. Februar 2015 - 2 LA 15/15 -, juris Rn. 7; Berlit, jurisPR-BVerwG 12/2014 Anm. 3, S. 2; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand: November 2014, § 27a Rn. 234.
74Zwar räumen die Dublin-Verordnungen einem Antragsteller kein Recht auf Prüfung seines Antrags in einem bestimmten Staat ein
75- vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6. August 2013- 12 S 675/13 -, InfAuslR 2014, 29 (juris Rn. 13); Niedersächs-isches OVG, Beschluss vom 6. November 2014 - 13 LA 66/14 -, InfAuslR 2015, 74 (juris Rn. 11), jeweils zur Dublin II-VO; VG Ansbach, Urteil vom 16. Januar 2015 - AN 14 K 14.50166 -, juris Rn. 22 zur Dublin III-VO -
76und dienen die Zuständigkeitsregelungen der Dublin-Verordnungen einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedstaats und einer zeitnahen Überstellung in diesen Staat
77- vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 - A 11 S 1721/13 -, InfAuslR 2014, 293 (juris Rn. 25); OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 24. Februar 2015 - 2 LA 15/15 -, juris Rn. 7, jeweils zur Dublin II-VO; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 29. Januar 2015 - 13a B 14.50039 -, juris Rn. 24 zur Dublin III-VO -
78und damit in erster Linie dem Schutz öffentlicher Interessen.
79Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18. November 2014- A 3 S 265/14 -, Abdruck S. 9.
80Dies gilt jedoch nicht ausnahmslos. Jedenfalls einzelne Regelungen der Dublin-Verordnungen dienen zumindest auch dem Schutz der Antragsteller. Dies ist in der Rechtsprechung für einige Regelungen der Dublin II-VO z.B. für Art. 6 Abs. 2 Dublin II-VO (Zuständigkeit für unbegleitete Minderjährige, vgl. Art. 8 Abs. 4 Dublin III-VO)
81- vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 9. Dezember 2014 - 2 A 313/13 -, juris Rn. 38; s.a. EuGH, Urteil vom 6. Juni 2013 - C-648/11 -, InfAuslR 2013, 299 (juris Rn. 55).
82sowie Art. 15 Abs. 2 Dublin II-VO (Zusammenführung von Familienmitgliedern bei Hilfsbedürftigkeit, vgl. Art. 16 Abs. 1 Dublin III-VO)
83- vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18. November 2014 - A 3 S 265/14 -, Abdruck S. 9 -
84anerkannt. Dementsprechend trifft die zur Dublin II-VO geäußerte Auffassung des Generalanwalts Jääskinnen, die Dublin-Verordnungen seien nicht darauf gerichtet, Rechte des Einzelnen zu begründen, sondern (nur) darauf die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten zu regeln
85- vgl. Schlussanträge in der Rechtssache C-4/11 (Puid) vom 18. April 2013, Rn. 58 -,
86zwar im Grundsatz, nicht aber absolut zu.
87Auch die Regelung in Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO dient nicht nur dem Schutz öffentlicher Interessen, sondern - gleichrangig - auch dem Schutz des Interesses des betroffenen Antragstellers an einer zügigen Durchführung seines Asylverfahrens. Aus Erwägungsgrund Nr. 5 zur Dublin III-VO ergibt sich, dass die Verordnung "insbesondere eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ermöglichen" soll, "um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Gewährung des internationales Schutzes zu gewährleisten und das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Anträge auf internationalen Schutz nicht zu gefährden." Schon diese offen formulierte, nicht auf den Schutz staatlicher Interessen beschränkte Erwägung deutet darauf hin, dass jedenfalls einzelne Regelungen der Verordnung zumindest auch dem Schutz der Interessen der betroffenen Antragsteller, nämlich dem effektiven Zugang zu einem Asylverfahren innerhalb angemessener Frist und - soweit die rechtlichen Voraussetzungen dafür vorliegen - der Verleihung eines Schutzstatus dienen. Dies wird durch die Ziele bestätigt, die der Unionsgesetzgeber mit der Verordnung erreichen wollte. Danach soll die Verordnung u.a. sicherstellen, "dass jeder Asylbewerber effektiv Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft hat, indem … Bestimmungen festgelegt werden, die im Falle einer Fristüberschreitung Konsequenzen ermöglichen" (Hervorhebungen durch das Gericht).
88Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist, den ein Staatsangehöriger eines dritten Landes in einem Mitgliedstaat gestellt hat, KOM (2001) 447 endgültig, S. 3.
89In einem Arbeitspapier der Kommission zur Überarbeitung des Dublin-Übereinkom- mens wird die Gewährleistung eines effektiven Zugangs zum Asylverfahren für alle Antragsteller ("for all applicants") sogar als Hauptzweck ("fundamental purpose") dieses Übereinkommens bezeichnet.
90Vgl. Commission of the European Communities; Commission staff working paper, Revisiting the Dublin Convention, SEC (2000) 522.
91Insbesondere wollte der Unionsgesetzgeber mit der im Wesentlichen Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO entsprechenden Regelung in Art. 20 Abs. 1 lit. d) Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO das Problem des "refugee in orbit" vermeiden, dessen Asylantrag über längere Zeit in keinem Mitgliedstaat geprüft wird. Dieses Ziel wird gleichrangig neben der Erwägung genannt, dass der Mitgliedstaat, der die gemeinsamen Zielvorgaben zur Kontrolle der illegalen Zuwanderung nicht umsetzt, gegenüber den Partnerländern die Folgen tragen soll.
92Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist, den ein Staatsangehöriger eines dritten Landes in einem Mitgliedstaat gestellt hat, KOM (2001) 447 endgültig, S. 20; Filzwieser/Sprung, Dublin II- VO, 1. Auflage 2010, Art. 19 Rn. 34; dies., Dublin III-VO, 1. Auflage 2014, Art. 29 Rn. 9.
93Auch der Gerichthof der Europäischen Union erkennt an, dass die Dublin-Verord-nungen hauptsächlich bezwecken, die Bearbeitung der Anträge im Interesse sowohl der Asylbewerber als auch der teilnehmenden Staaten zu beschleunigen
94- vgl. Urteile vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 u.a. (N.S. u.a.) -, NVwZ 2012, 417 (juris Rn. 79), und vom 10. Dezember 2013 - C-394/12 (Abdullahi) -, ZAR 2014, 199 (juris Rn. 53) jeweils zur Dublin II-VO -,
95und dass der Mitgliedstaat, in dem sich ein Asylbewerber befindet, darauf zu achten hat, dass eine Situation, in der dessen Grundrechte verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats verschlimmert wird.
96Vgl. Urteile vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 u.a. (N.S. u.a.) -, NVwZ 2012, 417, (juris Rn. 98), und vom 14. November 2013 - C-4/11 (Puid) -, NVwZ 2014, 129 (juris Rn. 35).
97Verzögerungen bei der Überstellung eines Asylbewerbers in den zuständigen Mitgliedstaat stehen dem Ziel des Verordnungsgebers - Gewährleistung, dass trotz Durchführung des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats über Asylanträge innerhalb angemessener Frist entschieden wird - in gleicher Weise entgegen wie ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats.
98Dass sich aufgrund Zeitablaufs eine Verpflichtung der Beklagten ergeben kann, zur sachlichen Prüfung des Asylantrags überzugehen, erkennen auch einige Vertreter der Gegenansicht, wonach sich Asylbewerber nicht auf den Ablauf der Überstellungsfrist und den damit verbundenen Zuständigkeitsübergang berufen können, an. Danach hat die zuständige Behörde im Falle einer unangemessen langen Verfahrensdauer von einer Überstellung abzusehen und das Verfahren mit der sachlichen Prüfung des Asylantrags fortzusetzen. Keine Einigkeit besteht allerdings bezüglich dessen, was unangemessen ist.
99Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27. August 2014- A 11 S 1285/14 -, InfAuslR 2014, 452 (juris Rn. 59: solange Überstellung noch zeitnah möglich ist); VG Düsseldorf, Urteil vom 12. September 2014 - 13 K 8286/13.A -, juris Rn. 88 ff. (zwölf Monate unter Berücksichtigung der Entscheidungsfrist aus § 24 Abs. 4 AsylVfG).
100Abgesehen davon, dass es sich verbieten dürfte, die (unionsrechtliche) Unangemessenheit der Verfahrensdauer unter Rückgriff auf dem nationalen Recht entliehene Wertungen zu bestimmen, entnimmt das Gericht der Regelung in Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO und dem vom Unionsgesetzgeber mit dieser Regelung (auch) verfolgten Ziel, eine unangemessene Verzögerung der sachlichen Prüfung von Asylanträgen auszuschließen, dass der Unionsgesetzgeber für die Durchführung der Überstellung eine Dauer von sechs Monaten als angemessen erachtet hat.
101c) Mit seiner Auffassung, die Regelung in Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO verleihe Asylbewerbern ein subjektives Recht, sich auf den Ablauf der Überstellungsfrist und den damit verbundenen Zuständigkeitsübergang zu berufen, setzt sich das Gericht nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des Gerichtshofs der europäischen Union. Dies gilt insbesondere auch für dessen Urteil vom 10. Dezember 2013
102- C-394/12 (Abdullahi) -, ZAR 2014, 199 (juris) -,
103auf das sich die Gegenansicht, wonach sich Asylbewerber nicht auf den Ablauf der Überstellungsfrist und den damit verbundenen Zuständigkeitsübergang berufen können, stützt.
104Vgl. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 6. November 2014 - 13 LA 66/14 -, InfAuslR 2015, 74 (juris Rn. 11 f.); OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 24. Februar 2015 - 2 LA 15/15 -, juris Rn. 8 f.; Berlit, jurisPR-BVerwG 12/2014 Anm. 3, S. 2.
105Mit diesem Urteil hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO niedergelegten Kriteriums (Mitgliedstaat der ersten Einreise, vgl. Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO) zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht.
106Vgl. EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 - C-394/12 (Abdul-lahi) -, ZAR 2014, 199 (juris Rn. 62).
107Weder verhält sich diese Entscheidung zu sämtlichen der in Kapitel III (Art. 5 bis 14) der Dublin II-VO (jetzt Art. 7 bis 13 Dublin III-VO) aufgeführten Kriterien, noch enthält sie die Aussage, dass Asylbewerber sich gegen eine Überstellung in den Staat, der ihrer Aufnahme bzw. Wiederaufnahme zugestimmt hat, unabhängig vom jeweiligen Zuständigkeitskriterium allein darauf berufen können, dass dort systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen vorliegen. Dasselbe gilt bezüglich der hier relevanten Frage, ob Asylbewerber sich auf den Ablauf der Überstellungsfrist und den damit verbundenen Zuständigkeitsübergang berufen können.
108Vgl. VG Düsseldorf, Urteile vom 12. Januar 2015 - 11 K 1640/14.A -, juris Rn. 26 ff. und vom 5. Februar 2015 - 22 K 2262/14.A -, juris Rn. 70 ff.; VG Sigmaringen, Urteil vom 28. Januar 2015 - 1 K 500/14 -, juris Rn. 35; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 17. Februar 2015 - 6a L 239/15.A -, juris Rn. 16.
109Vielmehr ist ausgehend von dem Grundsatz, dass die Dublin-Verordnungen nicht darauf gerichtet sind, Rechte des Einzelnen zu begründen
110- vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinnen in der Rechtssache C-4/11 (Puid) vom 18. April 2013, Rn. 58 -,
111für jede Zuständigkeitsregelung der Dublin III-VO einzeln zu untersuchen, ob sie subjektive Rechte zugunsten von Asylbewerbern begründet. Dies ist in Bezug auf die Regelung in Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO - wie bereits unter b) dargelegt - der Fall.
112d) Dass sich der Kläger auf den Ablauf der Überstellungsfrist und den damit verbundenen Zuständigkeitsübergang beruft, verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben, insbesondere nicht gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens.
113So aber VG Düsseldorf, Urteil vom 12. September 2014 - 13 K 8286/13.A -, juris Rn. 83 ff.; VG Cottbus, Beschluss vom 3. März 2015 - VG 5 L 108/15.A -, Rn. 19.
114Die Rechtsordnung lässt widersprüchliches Verhalten grundsätzlich zu. Ein solches Verhalten ist nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. Eine Rechtsausübung kann unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen. Das ist der Fall, wenn der Betroffene zumindest daran mitgewirkt hat, dass bei dem anderen Teil der Eindruck entstehen musste, er werde sich im Nachhinein nicht auf eine bestimmte Rechtsposition berufen.
115Vgl. dazu etwa BVerwG, Urteil vom 9. Oktober 2014 - 5 C 26.13 -, NVwZ-RR 2015, 46 (juris Rn. 31); OVG NRW, Urteil vom 13. August 2014 - 8 B 340/14 -, NVwZ-RR 2014, 918 (juris Rn. 28); VG Hamburg, Urteil vom 17. März 2014 - 8 A 445/14 -, juris Rn. 18; Grüneberg, in: Palandt, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 74. Auflage 2015, § 242 Rn. 55.
116Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Der Kläger hat keinen Vertrauenstatbestand geschaffen, der einer erfolgreichen Berufung auf das Verstreichen der Überstellungsfrist entgegenstehen würde. Vor allem ist weder substanziiert dargelegt noch sonst ersichtlich, dass der Kläger gegenüber der Beklagten den Eindruck erweckt hätte, er werde die Bundesrepublik Deutschland innerhalb der Überstellungsfrist freiwillig verlassen, und eine fristgerechte Abschiebung gerade mit Blick auf ein solches Verhalten des Klägers unterblieben wäre.
1174. Eine Aufrechterhaltung der Regelung in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids auf anderer tatsächlicher oder rechtlicher Grundlage oder eine Umdeutung dieser Regelung in eine rechtmäßige Regelung kommen ebenfalls nicht in Betracht.
118a) Erweist sich, dass die Begründung eines angefochtenen Bescheids dessen Regelung nicht trägt, hat das Gericht zu prüfen, ob diese gestützt auf andere, in der Begründung des angefochtenen Bescheids nicht enthaltene tatsächliche oder rechtliche Erwägungen ganz oder teilweise aufrechterhalten werden kann. Etwas anderes gilt nur, wenn die Schranke eingreift, die der Zulässigkeit eines Nachschiebens von Gründen entgegen steht, wenn also die anderweitige rechtliche Begründung oder die erstmals zugrundegelegten Tatsachen zu einer Wesensveränderung des angefochtenen Bescheids führten.
119Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Januar 1982 - 8 C 12.81 -, BVerwGE 64, 356 (juris Rn. 12), sowie vom 19. August 1988- 8 C 29.87 -, BVerwGE 80, 96 (juris Rn. 11 ff.); Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 113 Rn. 17.
120Dies gilt grundsätzlich auch für das Asylverfahren.
121Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1998 - 9 C 53.97 -, BVerwGE 108, 30 (juris Rn. 16).
122Von der Aufrechterhaltung der Regelung eines Bescheids auf anderer tatsächlicher oder rechtlicher Grundlage ist die Umdeutung (§ 47 VwVfG) zu unterscheiden. Während bei ersterer die Regelung des angefochtenen Verwaltungsakts unangetastet bleibt und lediglich auf eine neue Grundlage gestellt wird, wird die Regelung des angefochtenen Verwaltungsakts bei der Umdeutung durch eine neue Regelung ersetzt. Dazu sind im gerichtlichen Verfahren auch die Verwaltungsgerichte ermächtigt.
123Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. August 1988 - 8 C 29.87 -, BVerwGE 80, 96 (juris Rn. 12).
124Auch dies gilt grundsätzlich für das Asylverfahren.
125Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. September 2001 - 1 C 4.01 -, BVerwGE 115, 111 (juris Rn. 10).
126b) Eine Aufrechterhaltung der Regelung in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids auf anderer rechtlicher oder tatsächlicher Grundlage ist weder gestützt auf § 26a AsylVfG noch gestützt auf § 71a AsylVfG möglich.
127Siehe hierzu auch BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2015- 1 B 2.15 -, juris Rn. 8, sowie Bayerischer VGH, Urteil vom 9. Oktober 2014 - 20 B 13.30332 -, juris Rn. 20, die diese Frage für einen auf §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG gestützten Bescheid offen lassen.
128aa) Die Regelung in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids kann nicht gestützt auf § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG aufrecht erhalten werden. Nach dieser Norm kann sich ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 GG (sicherer Drittstaat) eingereist ist, nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen. Ergänzend hierzu bestimmt § 31 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG, dass dann, wenn ein Asylantrag nur nach § 26a AsylVfG abgelehnt wird, nur festzustellen ist, dass dem Ausländer aufgrund seiner Einreise aus einem sicheren Drittstaat kein Asylrecht zusteht.
129Zwar ist die Schweiz gemäß Art. 16a Abs. 2 Satz 2 GG, § 26a Abs. 2 AsylVfG i.V.m. der Anlage I zum Asylverfahrensgesetz ein sicherer Drittstaat. Jedoch findet die Drittstaatenregelung gemäß § 26a Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 AsylVfG keine Anwendung, wenn die Beklagte - wie hier (s.o. 2.) - aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union bzw. eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.
130bb) Eine Aufrechterhaltung der Regelung in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids auf Grundlage des § 71a Abs. 1 AsylVfG scheidet ebenfalls aus. Nach dieser Norm ist ein weiteres Asylverfahren dann, wenn ein Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat i.S.d. § 26a AsylVfG, für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag) stellt, nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.
131Die Regelung in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids kann nicht auf Grundlage des § 71a Abs. 1 AsylVfG aufrecht erhalten werden, weil dies angesichts der besonderen Ausgestaltung des Asylverfahrensgesetzes zu einer Wesensveränderung dieser Regelung führte. Das Bundesamt hat sich bisher auf die der eigentlichen Sachentscheidung vorgelagerte Prüfung der Zuständigkeit der Beklagten beschränkt und ist nicht in die sachliche Prüfung des Asylbegehrens eingetreten, zu der nicht nur die Prüfung der in §§ 71 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG, 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG (s.o. A. II.), sondern auch die Prüfung der in § 71a Abs. 1 AsylVfG, 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG normierten Voraussetzungen gehört. Die sachliche Prüfung des Asylbegehrens ist jedoch - wie bereits unter A. II. dargelegt - aufgrund der besonderen Ausgestaltung des Asylverfahrensgesetzes (Beschleunigung des Verfahrens, Konzentration des Verfahrens auf Bundesamt, umfassende Verfahrensgarantien) dem Bundesamt vorbehalten.
132Die mit einer Aufrechterhaltung auf Grundlage des § 71a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG verbundene Wesensänderung der Regelung unter Ziffer 1 wird auch bei einem Blick auf die mit einer auf § 27a AsylVfG sowie die mit einer auf § 71a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG gestützten Entscheidung verbundenen "Nebenentscheidungen" deutlich. Da diese Entscheidungen regelhaft zusammen mit der Entscheidung gemäß § 27a bzw. 71a Abs. 1 AsylVfG ergehen, sind letztere nicht isoliert zu betrachten, sondern sind die "Nebenentscheidungen" in die Betrachtung, ob eine Wesensveränderung vorliegt, mit einzubeziehen.
133Während bei einer Entscheidung gemäß § 27a AsylVfG - wie auch im vorliegenden Fall - eine Abschiebungsanordnung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat ergeht (§ 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG), ist bei einer auf § 71a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG gestützten Entscheidung zunächst zu prüfen, ob Abschiebungsverbote bezüglich des Herkunftsstaats des Ausländers vorliegen (§§ 71a Abs. 2 Satz 1, 24 Abs. 2 AsylVfG) und auf Grundlage dieser Prüfung die Abschiebung in den Herkunftsstaat anzudrohen (§§ 71a Abs. 4, 34 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG). Schon beim Austausch des Zielstaats der Abschiebung handelt es sich um eine weitgehende inhaltliche Änderung.
134Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 10 C 7.13 -, BVerwGE 150, 29 (juris Rn. 35).
135c) Die Regelung in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids kann auch nicht gemäß § 47 Abs. 1 VwVfG in die rechtmäßige Ablehnung eines Zweitantrags (§ 71a AsylVfG) umgedeutet werden.
136Vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 23. Januar 2015 - 13a ZB 14.50071 -, juris Rn. 9; VG Regensburg, Urteil vom 21. Oktober 2014 - RO 9 K 14.30217 -, juris Rn. 22 ff.; VG München, Gerichtsbescheid vom 26. November 2014 - M 21 K 14.30334 -, Abdruck, S. 19 ff.; VG Würzburg, Urteil vom 13. Januar 2015 - W 3 K 30092 -, juris Rn. 19 ff.; VG Ansbach, Urteil vom 16. Januar 2015 - AN 14 K 14.50166 -, juris Rn. 24 ff.; VG Oldenburg, Urteil vom 11. März 2015 - 1 A 156/15 -, juris Rn. 24 ff.; s.a. BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2015 - 1 B 2.15 -, juris Rn. 8, und Bayerischer VGH, Urteil vom 9. Oktober 2014 - 20 B 13.30332 -, juris Rn. 20, die diese Frage für einen auf §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG gestützten Bescheid offen lassen.
137§ 47 Abs. 1 VwVfG bestimmt, dass ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden kann, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Dies gilt gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwVfG nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsakts.
138Das Gericht lässt offen, ob eine Umdeutung auch schon deshalb ausgeschlossen ist, weil sie der in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids zum Ausdruck gekommenen Absicht des Bundesamts widerspricht, nicht in eine sachliche Prüfung des Asylantrags des Klägers einzutreten, oder ob der angefochtene Bescheid aufgehoben werden muss, um den Asylantrag des Kläger überhaupt sachlich prüfen zu können. Die Voraussetzungen für eine Umdeutung liegen hier jedenfalls deshalb nicht vor, weil die Ablehnung der Prüfung eines Zweitantrags nicht auf dasselbe Ziel gerichtet ist und für den Betroffenen mit ungünstigeren Rechtsfolgen verbunden ist wie bzw. als die vom Bundesamt getroffene Regelung. Die Frage nach dem für die Prüfung des Asylverfahrensgesetzes zuständigen Mitgliedstaats ist der Prüfung des Asylantrags - wie bereits unter A. II. dargelegt - vorgelagert und betrifft nicht das Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Asylanspruchs, zu denen auch die Voraussetzungen gehören, unter denen nach §§ 71a Abs. 1 AsylVfG, 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG ein in einem anderen Staat abgeschlossenes Asylverfahren wiederaufzugreifen ist. Vielmehr kommt es für die Entscheidung nach § 27a AsylVfG allein darauf an, ob die Beklagte nach den Vorschriften der Dublin-Verordnungen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder nicht. Außerdem hat die Ablehnung eines Zweitantrags nach § 71a AsylVfG eine entscheidend andere Rechtswirkung. Dies ergibt sich bereits daraus, dass im Falle der Ablehnung eines Zweitantrags keine Abschiebungsanordnung in den zuständigen Mitgliedstaat, sondern regelmäßig eine Abschiebungsandrohung in den jeweiligen Herkunftsstaat ergeht. Die Beklagte müsste somit im Rahmen der Prüfung des Zweitantrags nicht nur die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG, sondern gemäß §§ 71a Abs. 2 Satz 1, 24 Abs. 2 AsylVfG auch zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG prüfen.
139Ferner steht einer Umdeutung entgegen, dass hier über eine Anfechtungsklage zu entscheiden ist, während im Falle der Ablehnung eines Zweitantrags die Verpflichtungsklage die statthafte Klageart ist.
140VG Ansbach, Urteil vom 16. Januar 2015 - AN 14 K 14.50166 -, juris Rn. 31.
141II. Die auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG gestützte Abschiebungsanordnung in die Schweiz in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheides ist inzwischen ebenfalls rechtswidrig geworden und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Nach dieser Norm ordnet das Bundesamt, wenn der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Wie bereits ausgeführt, ist die Schweiz nicht mehr für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig. Außerdem steht nicht i.S.d. § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG fest, dass die Schweiz nach Ablauf der Überstellungsfrist weiter bereit ist, den Kläger wiederaufzunehmen (s.o. I. 2. d).
142Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylVfG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.
(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.
(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.
(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.
(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.
(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.
(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.