Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 03. Juni 2013 - 9 B 53/13

ECLI:ECLI:DE:VGMAGDE:2013:0603.9B53.13.0A
bei uns veröffentlicht am03.06.2013

Gründe

1

Die Antragsteller wenden sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Vollziehung zweier Duldungsbescheide in Gestalt eines Widerspruchsbescheides, mit denen sie zur Duldung der Zwangsvollstreckung in das seit dem 31.01.2005 in ihrem Eigentum stehende Grundstück – Gemarkung A-Stadt, Flur 1, Flurstück 902 – wegen einer auf ihm ruhenden öffentlichen Last in Form eines Anschlussbeitrags in Höhe von 4.865,79 EUR verpflichtet werden.

2

Der Antrag der Antragsteller,

3

die aufschiebende Wirkung ihrer gleichzeitig erhobenen Klage gegen die Duldungsbescheide des Antragsgegners vom 03.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Antragsgegners vom 10.01.2013 anzuordnen,

4

ist zulässig (nachfolgend 1.) und hat auch in der Sache Erfolg (nachfolgend 2.).

5

1. Der Erlass eines Duldungsbescheides, hier auf der Grundlage des § 13 Abs. 1 Nr. 4 lit. b des Kommunalabgabengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt – KAG-LSA – i.V.m. § 191 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. der AbgabenordnungAO –, stellt im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – die Anforderung einer öffentlichen Abgabe dar (vgl. VG Weimar, Beschluss vom 29.10.2012 – 6 E 547/12 – juris, m.w.N.). Der von den Antragstellern erhobene Widerspruch und die nachfolgend erhobene Klage haben damit keine aufschiebende Wirkung, ein Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. VwGO ist somit statthaft. Der Antrag begegnet auch keinen Bedenken hinsichtlich seiner Zulässigkeit im Übrigen. Die Antragsteller haben vor Anrufung des Gerichts und zwar bereits bei Einlegung ihres Widerspruchs einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung beim Antragsgegner gestellt, was gemäß § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO grundsätzlich Zugangsvoraussetzung für einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO bei Gericht ist. Über diesen hat der Antragsgegner trotz mehrfacher Fristsetzung seitens der Prozessbevollmächtigten der Antragsteller ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden (vgl. § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 VwGO).

6

2. Der Antrag ist auch begründet. Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Abgaben- und Kostenbescheide – zu denen auch die streitbefangenen Duldungsbescheide zählen – keine aufschiebende Wirkung. Das Verwaltungsgericht kann in diesen Fällen jedoch gemäß § 80 Abs. 4 S. 3, Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung einer Klage anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder die Vollziehung für die Abgabenpflichtige eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn die Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Duldungsbescheide derart überwiegen, dass ein Erfolg des Rechtsbehelfsführers wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen. Solche ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Duldungsbescheide des Antragsgegners vom 03.02.2010 bestehen hier.

7

Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 2 lit. d KAG-LSA i.V.m. § 77 Abs. 2 AO hat der Eigentümer eines Grundstücks wegen einer Beitragsforderung, die als öffentliche Last auf dem Grundstück ruht, die Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz zu dulden. Die Inanspruchnahme des duldungspflichtigen Eigentümers erfolgt gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 b KAG-LSA i.V.m. § 191 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. AO durch Erlass eines Duldungsbescheides. Voraussetzung eines rechtmäßigen Duldungsbescheides ist zunächst eine materielle Duldungspflicht in Form einer auf dem betroffenen Grundstück ruhenden, öffentlichen Last, hier resultierend aus § 6 Abs. 9 KAG-LSA. Die öffentliche Last begründet keine persönliche Schuldnerschaft des jeweiligen Grundstückseigentümers, sondern hat den Inhalt, dass der Grundstückseigentümer mit dem Grundstück auch dann für die Beitragsschuld haftet, wenn er nicht persönlich beitragspflichtig ist. Sie knüpft ausschließlich an das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht an (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.02.1987 – 8 C 25.85 – juris) und kann erst in Anspruch genommen werden, wenn die persönliche Beitragspflicht entstanden und nicht wieder erloschen ist.

8

Diese Voraussetzungen dürften zwar nach summarischer Prüfung hier erfüllt sein. Denn ausweislich des beim Verwaltungsvorgang befindlichen, an den vormaligen Eigentümer M.. gerichteten Beitragsbescheids vom 23.05.2003 wurde für den Anschluss an die öffentliche Einrichtung des Antragsgegners ein Abwasserbeitrag für das streitbefangene Grundstück Gemarkung A-Stadt, Flur 1, Flurstück 902 in Höhe von 4.865,79 EUR festgesetzt. Rechtlicher Anknüpfungspunkt für diesen Beitragsbescheid ist § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA. Danach erheben Landkreise und Gemeinden zur Deckung ihres Aufwandes u. a. für die Herstellung ihrer öffentlichen Einrichtungen von den Beitragspflichtigen i. S. v. § 6 Abs. 8 KAG LSA, denen durch die Inanspruchnahme oder die Möglichkeit derselben ein Vorteil entsteht, Beiträge auf der Grundlage einer Satzung, soweit der Aufwand nicht durch Gebühren gedeckt ist oder nicht ein sonstiges Entgelt gefordert wird. Von dieser gesetzlichen Ermächtigung hat der Antragsgegner aufgrund von § 9 GKG LSA mit Erlass der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Abwasserbeseitigung 19.10.1999 – AS –, veröffentlicht im Amtsblatt für den Landkreis B-Stadt vom 29.10.1999, Gebrauch gemacht, die in der Fassung der 8. Änderung vom 27.11.2008 die maßgebende Rechtsgrundlage bildet (vgl. ständige Rechtsprechung der Kammer, Urteil vom 29.07.2010 – 9 A 279/09 MD – m.w.N.; juris). Damit dürfte die sachliche Beitragspflicht für das im Jahr 2003 an die öffentliche Einrichtung des Antragsgegners angeschlossene streitbefangene Grundstück und daraus resultierend eine entsprechende öffentliche Last auf dem jetzt im Miteigentum der Antragsteller stehenden Grundstücks entstanden sein. Soweit die Antragsteller in diesem Zusammenhang eine wirksame Zustellung an den vormaligen Eigentümer S… bestreiten, vermag das Gericht nach summarischer Prüfung dem nicht zu folgen. Der Beitragsbescheid wurde ausweislich der beim Verwaltungsvorgang befindlichen Kopie mit Postzustellungsurkunde am 24.05.2003 Herrn S... als Eigentümer des Grundstücks zugestellt. Die Postzustellungsurkunde trägt das Aktenzeichen AWB 13000270, welches der auf dem Beitragsbescheid verwandten Kundennummer des Adressaten entspricht und für Abwasserbeitrag (AWB) stehen dürfte. Dass das Grundstück nicht angeschlossen gewesen sei, wird durch die Antragsteller gleichfalls nicht glaubhaft gemacht.

9

Die gegen den persönlich Beitragspflichtigen Steffens gerichtete Beitragsforderung dürfte nach summarischer Prüfung auch nicht wieder erloschen sein, was, worauf der Antragsteller zwar zu Recht hinweist, zu einem Untergang auch der öffentlichen Last führen würde. Die bloße Behauptung der Antragsteller aber, der Antragsgegner sei bereits durch die Deutsche Bank oder den vormaligen Eigentümer befriedigt worden, wird durch nichts belegt. Denn nach dem Verwaltungsvorgang, von dessen Vollständigkeit die Kammer ausgeht, sind Zahlungseingänge auf die streitbefangene Beitragsforderung nicht ersichtlich.

10

Die Inanspruchnahme der Antragsteller ist nach summarischer Prüfung jedoch nicht ermessensgerecht. Denn der Antragsgegner hat die ihm nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 lit. b, Nr. 4 lit. b KAG-LSA i.V.m. §§ 191 Abs. 1 Satz 1 2. Alt, 5 AO eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten und von seinem pflichtgemäßen Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht (vgl. § 114 Satz 1 VwGO).

11

Die Inanspruchnahme des Duldungsverpflichteten ist eine Ermessensentscheidung (vgl. hierzu Rüsken in Klein, AO, 8. Aufl., § 191 Rn. 30 ff.), bei der dem subsidiären Charakter des Duldungsanspruchs Rechnung zu tragen ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11.01.1989 – 6 B 79/88 – NJW 1989, 1878). Die Inanspruchnahme des persönlich Beitragspflichtigen ist in der Regel vorrangig. Das bedeutet, dass die Inanspruchnahme des Duldungspflichtigen regelmäßig erst in Betracht kommt, wenn erkennbar wird, dass der persönlich Beitragspflichtige zur Erfüllung seiner Schuld nicht (mehr) willens oder nicht (mehr) in der Lage ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.02.1987 – 8 C 25.85 – a.a.O.). Die Ermessensentscheidung kann aber auch deshalb fehlerhaft sein, weil sich die Inanspruchnahme des Duldungspflichtigen mit Rücksicht auf das vorangegangene Verhalten des Beitragsgläubigers als treuwidrig darstellt, sei es, dass der Beitragsgläubiger den Sachverhalt, auf den er die Inanspruchnahme stützt, treuwidrig herbeigeführt hat oder sei es, dass sein vorausgegangenes Verhalten die Verwirkung des Duldungsanspruchs rechtfertigt (BVerwG, Urteil vom 13.02.1987 – 8 C 25.85 – a.a.O.). In diesen Fällen ist zwar der Erlass eines Duldungsbescheides die allein erfolgversprechende Maßnahme, um den Beitrag noch zu realisieren, gleichwohl ist sein Erlass ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig, weil es aufgrund des eigenen vorwerfbaren Verhaltens des Beitragsgläubigers letztlich unbillig wäre, den neuen Grundstückseigentümer in Anspruch zu nehmen. Kriterien für die Rechtmäßigkeit der Ermessensausübung sind in diesen Fällen, ob die Behörde mit ausreichendem Nachdruck und ohne pflichtwidrige Verzögerung die Verwirklichung des Anspruchs gegen den persönlichen Beitragspflichtigen betrieben hat oder ob das Fehlschlagen der Beitreibung des Beitrags gegen den früheren Grundstückseigentümer auf einer besonders groben Pflichtverletzung der Behörde beruht (vgl. VG Dresden, Urteil vom 11.07.2012 – 2 K 839/10 – juris; VG München, Urteil vom 21.10.2010 – M 10 K 09.5458, juris; VG Halle, Urteil vom 22.01.2010 – 4 A 311/09 – juris, m.w.N.).

12

Hiernach kann der angefochtene Duldungsbescheid voraussichtlich keinen Bestand haben, weil – jedenfalls nach Aktenlage – eine Befriedigung der Beitragsforderung auf andere Weise objektiv möglich war und der Antragsgegner, das ihm – bekanntermaßen – zur Verfügung stehende Befriedigungsinstrument nicht pflichtgemäß und mit Nachdruck in Anspruch genommen hat. Dem Antragsgegner steht es zwar grundsätzlich frei, die Verjährungsfristen – hier die Zahlungsverjährung gegenüber dem persönlichen Beitragsschuldner – auszuschöpfen, ohne dass ihm entgegengehalten werden kann, der Anspruch hätte früher durchgesetzt werden müssen. Etwas anderes gilt jedoch, wenn die unterlassene oder fehlgeschlagene Beitreibung gegenüber dem persönlichen Beitragsschuldner auf einer vorsätzlichen oder sonstigen grob fahrlässigen Pflichtverletzung beruht (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 31.08.2009 – 9 LA 419/07 – juris, m.w.N.). Für Letzteres bestehen nach summarischer Prüfung hinreichend Anhaltspunkte. Dies ergibt sich aus Folgendem:

13

Nach Aktenlage hat der Antragsgegner mit Schreiben vom 06.10.2003 hinsichtlich der streitbefangenen Beitragsforderung einen Antrag auf Beitritt zum Zwangsversteigerungsverfahren beim Amtsgericht B-Stadt gestellt, welches den Beitritt zum Verfahren mit Beschluss vom 16.10.2003 zugelassen hat. In der Folge hat – wie der beim Verwaltungsvorgang befindliche Aktenvermerk des Antragsgegners vom 01.12.2003 belegt – der Vollstreckungsbedienstete des Antragsgegners – Herr S… – mit dem beurkundenden Notar K.. vereinbart, dass die einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung beim Amtsgericht B-Stadt beantragt werden solle, da im Grundstückskaufvertrag zwischen dem vormaligen Eigentümer und der B… GmbH vom 27.11.2003, die Ablösung der Forderung durch die Deutsche Bank, der im Grundbuch eingetragene Grundschuldgläubigerin vereinbart worden sei. Dieser Vereinbarung ist der Antragsgegner mit an das Amtsgericht B-Stadt gerichtetem Antrag vom 01.12.2003 nachgekommen, das mit Beschluss vom 02.12.2003 das Verfahren aufgrund der Bewilligung des Antragsgegners gemäß § 30 ZVG einstweilen einstellte. Nach der dem Beschluss beigefügten Belehrung wurde der Antragsgegner darauf hingewiesen, dass das Verfahren auf seinen Antrag, der spätestens innerhalb von sechs Monaten seit der Zustellung des Beschlusses eingegangen sein muss, hin fortgesetzt werden kann, ansonsten das Verfahren aufzuheben ist (§ 31 ZVG). Zwar hat der Antragsgegner daraufhin mit an die Deutsche Bank gerichtetem Schreiben vom 27.01.2004 bezugnehmend auf ein bereits geführtes Telefonat (hinsichtlich dessen ausweislich des Verwaltungsvorgangs kein Aktenvermerk existiert), zum Ausdruck gebracht, dass bisher keine Einigung hinsichtlich der Höhe der Ablösesumme bestehe. Ergebnisoffen führte er zudem aus, dass, sollte die Deutsche Bank die Ablösung der Gesamtforderung vornehmen wollen, der Betrag überwiesen werden solle und der Antragsgegner sodann die Verfahrensaufhebung beim Amtsgericht B-Stadt beantragen werde. In der Folge ging vom Antragsgegner jedoch kein weiteres Handeln aus. Weder erfolgte eine erneute Kontaktaufnahme gegenüber dem persönlichen Beitragsschuldner noch gegenüber dem beurkundenden Notar K… oder der Deutschen Bank, mit denen offensichtlich Vereinbarungen getroffen worden waren. Vielmehr erledigte sich allein durch Zeitablauf das Zwangsversteigerungsverfahren. Denn das Amtsgericht B-Stadt hob mit beim Antragsgegner nach Aktenlage am 08.07.2004 eingegangenen Beschluss vom 29.06.2004 das Verfahren zur Zwangsversteigerung wegen fehlenden Fortsetzungsantrags auf, was zur Löschung des Zwangsversteigerungsvermerks im Grundbuch führte. Erneut erfolgte keine Reaktion des Antragsgegners. Erst mit Schreiben vom 23.03.2006 und damit zwei Jahre nach den letzten Verfahrenshandlungen des Antragsgegners kündigte dieser dem persönlich Beitragspflichtigen (erneut) die Zwangsvollstreckung an. Der Antragsgegner hat durch sein Handeln in Kenntnis des freihändigen Verkaufs des belasteten Grundstücks diesen ermöglicht und sein (bereits ausgeübtes) Sicherungsinstrumentarium vorwerfbar ungenutzt gelassen. Soweit er einwendet, er sei davon ausgegangen, dass der Grundstückskaufvertrag nicht zustande gekommen sei, vermag dies nach summarischer Prüfung nicht zu überzeugen. Ihm ist jedenfalls entgegenzuhalten, dass er aufgrund der nicht erfolgten Einigung mit der Deutschen Bank hinsichtlich der Ablösesumme – wovon er offensichtlich selbst ausgeht – es pflichtwidrig unterlassen hat, das von ihm eingeleitete Zwangsversteigerungsverfahren fortzusetzen, obwohl er über die Frist des § 31 ZVG ordnungsgemäß belehrt worden war. Dieses vorwerfbare Verhalten wird zudem durch die Äußerung des Antragsgegners im Schreiben an die Deutsche Bank vom 27.01.2004 bekräftigt. Darin weist der Antragsgegner die Deutsche Bank darauf hin, dass der neue Grundstückseigentümer im Falle der Nichtablösung die Vollstreckung in das Grundstück dulden müsse, mithin das Problem der Zwangsvollstreckung/-versteigerung nur verschoben, nicht beseitigt wäre. Ein solches Verhalten, nämlich – in Kenntnis eines Eigentumsübergangs und eines anhängigen Zwangsversteigerungsverfahrens – den ggf. einfacheren Weg der Inanspruchnahme des dinglich Haftenden zu gehen, ist ermessensmissbräuchlich. Dies kehrt das vorgesehene Verhältnis der Inanspruchnahme von Beitrags- und Duldungsschuldner unzulässigerweise um. Der Antragsgegner hat in diesem Zusammenhang auch keine Gründe dargelegt und glaubhaft gemacht, die sein Verhalten rechtfertigen können. Sicherlich handelt es sich bei der Beitreibung von Beitragsforderungen um ein Massengeschäft beim Antragsgegner, das die Ausschöpfung von Verjährungsfristen regelmäßig rechtfertigt. Hier liegt der Fall jedoch insofern anders, als der Antragsgegner bereits mit der Entscheidung zum Betreiben eines Zwangsversteigerungsverfahrens einen erfolgsversprechenden Weg eingeschlagen hat, den er nicht konsequent weiterverfolgt hat. Das Verfahren ist nach Aktenlage offensichtlich in Vergessenheit geraten, obwohl dem Antragsgegner etwaige Folgen bekannt waren oder jedenfalls – ausweislich der Belehrung im Beschluss des Amtsgerichts B-Stadt vom 02.12.2003 – hätten bekannt sein müssen. Dies darf den dinglich Verpflichteten nicht zum Nachteil gereicht werden.

14

Mit einer Befriedigung des Antragsgegners durfte auch gerechnet werden. Mit der Ermöglichung des freihändigen Verkaufs zwischen dem vormaligen Eigentümer und der B..GmbH, dessen Gesellschafter und Geschäftsführer der vormalige Eigentümer war, zum Kaufpreis von 26.000,00 EUR, hätte die Beitragsforderung in Höhe von 4.865,79 EUR ohne weiteres gedeckt werden können. Offenbar hat jedoch die Deutsche Bank, als Grundschuldgläubigerin, die damit im Zwangsversteigerungsverfahren nachrangig zu bedienen gewesen wäre (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 3 und 4 ZVG), die Kaufpreissumme vollständig vereinnahmt.

15

Auch führt der Einwand des Antragsgegners nicht weiter, wonach er von dem Grundstückskaufvertrag vom 19.07.2004 zwischen den Antragstellern und der B… GmbH, mit dem die Verkäuferin den Eigentumsverschaffungsanspruch gegenüber dem Eigentümer S… nebst der zu ihren Gunsten eingetragenen Auflassungsvormerkung hinsichtlich des streitbefangenen Grundstücks an die Antragsteller abgetreten hat und was ausweislich des Grundbuchauszuges am 31.01.2005 zur Eigentumsumschreibung auf die Antragsteller führte, keine Kenntnis gehabt habe. Denn diese Geschehnisse sind allesamt nach der freihändigen Veräußerung des Eigentumsverschaffungsanspruchs und der Aufhebung des Verfahrens der Zwangsversteigerung erfolgt und beeinflussen die festgestellte Pflichtwidrigkeit des Verhaltens des Antragsgegners nicht.

16

Offenbleiben soll nach alledem, ob die angegriffenen Bescheide auch deshalb rechtswidrig sind, weil der Antragsgegner es unterlassen hat, bei der Ermessensentscheidung alle Möglichkeiten zur Befriedigung der offenen Ansprüche gegeneinander abzuwägen. Im Duldungsbescheid sind die zur Inanspruchnahme des Duldungspflichtigen angestellten Ermessenserwägungen anzugeben (VG Halle, Beschluss vom 02.12.2003 – 5 B 60/03 – juris). Der Widerspruchsbescheid, auf den es nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO insoweit ankommt, lässt jegliche Ermessenserwägungen in den rechtlichen Ausführungen vermissen. Zwar werden chronologisch die Befriedigungsversuche des Antragsgegners im Sachverhalt des Bescheides niedergelegt, eine rechtliche Wertung erfolgt nicht.

17

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

18

4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 des GerichtskostengesetzesGKG –, wobei in Anlehnung an Nr. 3.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. NVwZ 2004, 1327) der Wert der streitigen (festgesetzten) Abgabe zugrunde zu legen ist. Dieser Betrag ist nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs zu vierteln.

19

5. Dem Prozesskostenhilfeantrag der Antragsteller ist zu entsprechen. Gemäß §§ 166 VwGO, 114 Satz 1 ZPO ist Prozesskostenhilfe demjenigen zu gewähren, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht oder nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Rechtsverfolgung der Antragsteller, die ihre Bedürftigkeit nachgewiesen haben, erscheint nicht mutwillig und bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg.


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Verwaltungsgericht Halle Urteil, 22. Jan. 2010 - 4 A 311/09

bei uns veröffentlicht am 22.01.2010

Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen einen Duldungsbescheid der Beklagten. 2 Eigentümerin des Grundstücks Gemarkung A-Stadt, Flur 1, Flurstück 69, Größe 4.984 m², eingetragen im Grundbuch von A-S

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, eine Steuer aus Mitteln, die seiner Verwaltung unterliegen, zu entrichten, ist insoweit verpflichtet, die Vollstreckung in dieses Vermögen zu dulden.

(2) Wegen einer Steuer, die als öffentliche Last auf Grundbesitz ruht, hat der Eigentümer die Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz zu dulden. Zugunsten der Finanzbehörde gilt als Eigentümer, wer als solcher im Grundbuch eingetragen ist. Das Recht des nicht eingetragenen Eigentümers, die ihm gegen die öffentliche Last zustehenden Einwendungen geltend zu machen, bleibt unberührt.

(1) Die Gebühr für die Anmeldung eines Anspruchs zum Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz wird mit Einreichung der Anmeldungserklärung fällig. Die Auslagen des Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz werden mit dem rechtskräftigen Abschluss des Musterverfahrens fällig.

(2) Im Übrigen werden die Gebühren und die Auslagen fällig, wenn

1.
eine unbedingte Entscheidung über die Kosten ergangen ist,
2.
das Verfahren oder der Rechtszug durch Vergleich oder Zurücknahme beendet ist,
3.
das Verfahren sechs Monate ruht oder sechs Monate nicht betrieben worden ist,
4.
das Verfahren sechs Monate unterbrochen oder sechs Monate ausgesetzt war oder
5.
das Verfahren durch anderweitige Erledigung beendet ist.

(3) Die Dokumentenpauschale sowie die Auslagen für die Versendung von Akten werden sofort nach ihrer Entstehung fällig.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen einen Duldungsbescheid der Beklagten.

2

Eigentümerin des Grundstücks Gemarkung A-Stadt, Flur 1, Flurstück 69, Größe 4.984 m², eingetragen im Grundbuch von A-Stadt, Blatt 1525, mit der Lagebezeichnung {A.} 29 in A-Stadt war ursprünglich die {B.} Kunststoffverarbeitung GmbH.

3

Mit Grundsteuermessbescheid vom 28. Mai 2002 setzte das Finanzamt {C.} den Grundsteuermessbetrag für das Grundstück gegen die {B.} Kunststoffverarbeitung GmbH im Wege der Nachveranlagung auf den 1. Januar 2000 auf 1.031,99 € fest. Der Einheitswert wurde mit 128.998,00 € angegeben.

4

Mit Bescheid vom 26. November 2002 setzte die Beklagte die Grundsteuer für das Grundstück für die Jahre 2000 bis 2002 in Höhe von jährlich 3.147,57 €, insgesamt 9.442,71 €, gegen die {B.} Kunststoffverarbeitung GmbH fest. Mit weiterem Bescheid vom 10. Januar 2003 setzte die Beklagte die Grundsteuer für das Grundstück für das Jahr 2003 in Höhe von 3.147,57 € gegen die {B.} Kunststoffverarbeitung GmbH fest.

5

Mit Beschluss des Amtsgerichts B-Stadt-{D.} vom 1. September 2003 – Geschäfts-Nr.: 59 IN 301/03 – wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der {B.} Kunststoffverarbeitung GmbH eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Dr. {E.} aus {F.} bestellt.

6

Mit Forderungsanmeldung vom 20. Oktober 2003 meldete die Beklagte die Grundsteuer für die Jahre 2000 bis 2003 in Höhe von 12.590,28 € zur Insolvenztabelle an.

7

Mit Bescheid vom 6. April 2005 hob das Finanzamt den Grundsteuermessbescheid vom 28. Mai 2002 auf. Die Beklagte widerrief daraufhin die Grundsteuerbescheide für die Jahre 2000 bis 2003.

8

Mit Grundsteuermessbescheid vom 6. März 2006 setzte das Finanzamt {C.} erneut den Grundsteuermessbetrag für das Grundstück im Wege der Nachveranlagung auf den 1. Januar 2000 auf 1.031,99 € fest. Der Einheitswert wurde erneut mit 128.998,00 € angegeben. Der Bescheid war an Rechtsanwalt Dr. {E.} adressiert.

9

Mit Bescheid vom 20. März 2006 setzte die Beklagte die Grundsteuer für das Grundstück für die Jahre 2000 bis 2006 in Höhe von jährlich 3.147,57 €, insgesamt 20.032,99 € gegen Rechtsanwalt Dr. {E.} fest.

10

Dieser zeigte mit Schreiben vom 2. Mai 2006 gegenüber der Beklagten an, dass er dem Insolvenzgericht bereits die Masselosigkeit angezeigt habe. In diesem Insolvenzverfahren könnten keinerlei Zahlungen getätigt werden. Dies gelte für die Massekosten wie die Masseverbindlichkeiten und auch die einfachen Insolvenzforderungen.

11

Am 10. Juli 2006 wurde das Insolvenzverfahren mangels Masse eingestellt.

12

Mit Bescheid vom 8. Januar 2007 setzte die Beklagte die Grundsteuer für das Jahr 2007 in Höhe von 3.147,57 € gegen die {B.} Kunststoffverarbeitung GmbH fest.

13

Am 5. Februar 2007 bestimmte das Amtsgericht {C.} einen Termin zur Versteigerung des Grundstücks auf den 21. Juni 2007. Der Verkehrswert wurde mit 39.000,00 € angegeben. Der Zwangsversteigerungsvermerk war bereits am 13. Januar 2006 in das Grundbuch eingetragen worden. Die Zwangsversteigerung wurde von der Kreissparkasse {C.}-{G.} betrieben. Mit Schreiben vom 6. Juni 2007 meldete die Beklagte bei dem Amtsgericht {C.} gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG bevorrechtigte Forderungen in Höhe von 26.710,03 € an. Nach Rücknahme des Antrags auf Zwangsversteigerung wurde der Zwangsversteigerungsvermerk am 17. Oktober 2007 im Grundbuch gelöscht.

14

Bereits zuvor hatte die Klägerin das Grundstück mit Kaufvertrag vom 1. März 2007 von der {B.} Kunststoffverarbeitung GmbH erworben. In diesem Kaufvertrag hieß es, der Grundbesitz hafte für Rückstände an öffentlichen Lasten und Abgaben; der Verkäufer versichere, dass solche nicht bestünden.

15

Mit Schreiben vom 21. Januar 2008 an die Klägerin kündigte die Beklagte an, die Zwangsversteigerung des Grundstücks betreiben zu wollen, und machte die Klägerin auf das Ablösungsrecht nach § 268 Abs. 1 BGB aufmerksam.

16

Am 30. Januar 2008 wurde die Klägerin als Eigentümerin des Grundstücks in das Grundbuch eingetragen.

17

Mit dem angefochtenen Duldungsbescheid vom 19. März 2008 gab die Beklagte der Klägerin auf, wegen der als öffentliche Last auf dem Grundstück ruhenden Forderungen an Grundsteuer in Höhe von 25.180,56 € die Zwangsvollstreckung in das Grundstück zu dulden. Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2008 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Grundsteuer für die Jahre 2000 bis 2007 sei ordnungsgemäß festgesetzt worden. Sie ruhe als öffentliche Last auf dem Grundstück. Der Eigentümer habe wegen dieser öffentlichen Last die Vollstreckung in das Grundstück zu dulden. Wer verpflichtet sei, die Vollstreckung zu dulden, könne mit Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Das Ermessen sei ordnungsgemäß ausgeübt worden. Eine Vollstreckung in das Vermögen des Schuldners sei ohne Aussicht auf Erfolg gewesen. Diese werde durch die Einstellung des Insolvenzverfahrens mangels Masse belegt. Eine Geltendmachung des Absonderungsrechts sei wegen der Einstellung des Insolvenzverfahrens kurz nach Erlass des Grundsteuerbescheides nicht möglich gewesen. Auch habe ein Zwangsversteigerungsverfahren gegen die {B.} Kunststoffverarbeitung GmbH vor Eigentumsübergang nicht mehr rechtzeitig eingeleitet werden können. Die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek sei nicht angezeigt gewesen, da die Grundsteuer gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG bevorrechtigt gewesen sei. Ein Anspruch gegen den Insolvenzverwalter nach § 61 InsO bestehe nicht, da die Grundsteuer nicht durch eine Rechtshandlung begründet worden sei., Die Klägerin hätte sich vor dem Kauf des Grundstücks, etwa durch die Einsichtnahme in die Akten des Zwangsversteigerungsverfahrens, nach rückständigen Grundsteuern erkundigen können.

18

Mit Grundsteuermessbescheid vom 12. Mai 2009 setzte das Finanzamt {C.} den Grundsteuermessbetrag für das Grundstück im Wege der Neuveranlagung auf den 1. Januar 2005 auf 598,41 € fest. Der Einheitswert wurde mit 74.802,00 € angegeben. Der Bescheid war an die {B.} Kunststoffverarbeitung GmbH adressiert. Ein gleichlautender Bescheid vom 12. Mai 2009 wurde der Klägerin bekannt gegeben.

19

Mit Grundsteuerbescheid vom 8. Juni 2009 setzte die Beklagte die Grundsteuer für das Grundstück für die Jahre 2005 bis 2007 gegen die {B.} Kunststoffverarbeitung GmbH neu auf jährlich 1.825,15 € fest. Hiermit ergab sich für diesen Zeitraum eine Grundsteuer von 5.475,45 €, die um 3.967,26 € unter der ursprünglich festgesetzten Grundsteuer von 9.442,71 € lag.

20

Mit Bescheid vom 12. Juni 2009 widerrief die Beklagte den Duldungsbescheid vom 19. März 2008, soweit darin ein Betrag von mehr als 21.213,30 € gefordert werde. Hierbei berücksichtigte sie die aufgrund der Änderung des Grundsteuermessbetrages zum 1. Januar 2005 geminderte Grundsteuerforderung gegenüber der {B.} Kunststoffverarbeitung GmbH.

21

Bereits am 15. Juli 2008 hat die Klägerin beim erkennenden Gericht Klage erhoben.

22

In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten den Rechtsstreit für erledigt erklärt, soweit die Beklagte den Duldungsbescheid vom 19. März 2008 mit Bescheid vom 12. Juni 2009 teilweise widerrufen hat.

23

Die Klägerin trägt vor, der Duldungsbescheid sei im Hinblick auf die Grundsteuer für die Jahre 2000 bis 2003 rechtswidrig, da die Steuer für diesen Zeitraum nicht wirksam festgesetzt sei. Die Festsetzung gegenüber dem Insolvenzverwalter betreffe insoweit Insolvenzforderungen und sei unwirksam. Im Übrigen sei der Duldungsbescheid ermessensfehlerhaft. Die Beklagte hätte berücksichtigen müssen, dass der Einheitswert zu hoch angesetzt worden sei. Dies zeige die mit dem Bescheid vom 12. Mai 2009 vorgenommene Verminderung des Einheitswertes zum 1. Januar 2005. Der Grundsteuermessbetrag und damit die Grundsteuer seien daher für die Jahre 2000 bis 2004 zu hoch festgesetzt worden. Auch habe die Beklagte den subsidiären Charakter des Duldungsanspruchs nicht hinreichend beachtet. Sie hätte ihre Forderung auch während des Insolvenzverfahrens im Wege der Zwangsversteigerung gegenüber dem Steuerschuldner durchsetzen können und müssen. Soweit es sich bei der Grundsteuer um Masseverbindlichkeiten gehandelt habe, bestehe zudem gemäß § 61 InsO ein Anspruch gegen den Insolvenzverwalter.

24

Die Klägerin beantragt,

25

den Duldungsbescheid der Beklagten vom 19. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2008 und in der Fassung des Teilwiderrufsbescheides vom 12. Juni 2009 aufzuheben.

26

Die Beklagte beantragt,

27

die Klage abzuweisen.

28

Sie verteidigt den angefochtenen Bescheid sowie den Widerspruchsbescheid in der Fassung des Teilwiderrufsbescheides vom 19. März 2009.

29

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

30

Die Kammer kann durch den Einzelrichter entscheiden, denn der Rechtsstreit wurde gemäß § 6 VwGO mit Beschluss der Kammer vom 18. November 2009 auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

31

Das Verfahren war entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit für erledigt erklärt haben.

32

Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 19. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2008 und in der Fassung des Teilwiderrufsbescheides vom 12. Juni 2009 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit darin ein Betrag von mehr als 8.623,02 € gefordert wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) (dazu 1). Im Übrigen ist der angefochtene Bescheid rechtmäßig (dazu 2).

33

1. Der angefochtene Duldungsbescheid vom 19. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2008 und in der Fassung des Teilwiderrufsbescheides vom 12. Juni 2009 ist rechtswidrig, soweit hierin für die Jahre 2000 bis 2003 eine Grundsteuer in Höhe von 12.590,28 € (4 x 3.147,57 €) gefordert wird. Dem Duldungsbescheid steht insoweit der Grundsatz der Akzessorietät der Duldungspflicht entgegen.

34

Rechtlicher Anknüpfungspunkt ist § 191 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AO. Nach dieser Vorschrift kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden. Gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 hat der Eigentümer die Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz zu dulden wegen einer Steuer, die als öffentliche Last auf Grundbesitz ruht. Gemäß § 12 GrStG ruht die Grundsteuer auf dem Steuergegenstand als öffentliche Last. Diese Duldungspflicht ist akzessorisch. Sie setzt das Bestehen einer Steuerschuld voraus. Die Steuerschuld muss entstanden sein und darf nicht wieder untergegangen sein. Der materielle Duldungsanspruch darf durch Duldungsbescheid erst geltend gemacht werden, wenn der zugrundeliegende Steueranspruch festgesetzt, fällig und vollstreckbar ist. Ein Duldungsbescheid, der unter Verstoß gegen diesen die öffentliche Last kennzeichnenden Grundsatz der Akzessorietät („keine dingliche Haftung ohne persönliche Schuld“) ergangen ist, ist fehlerhaft (BVerwG, Urteile vom 22. Februar 1985 – BVerwG 8 C 107.83 – juris Rn. 23 und vom 13. Februar 1987 – BVerwG 8 C 25.85 – juris Rn. 22).

35

Nach diesen Grundsätzen fehlt es für die Jahre 2000 bis 2003 an den Voraussetzungen für den Erlass eines Duldungsbescheides, denn insoweit liegt keine wirksame Festsetzung der Grundsteuer vor. Der Grundsteuerbescheid vom 20. März 2006 ist unwirksam, soweit hierin die Grundsteuer für die Kalenderjahre 2000 bis 2003 festgesetzt wird. Die Befugnis der Gemeinde zum Erlass von Grundsteuerbescheiden nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners für ein in seinem Eigentum stehendes Grundstück ist eingeschränkt. Steuerbescheide dürfen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens grundsätzlich nicht mehr ergehen (Brockmeyer, in: Klein, AO, 9. Aufl. 2006, § 251 Rn. 29). Der Steuergläubiger ist gehalten, Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nach den Maßgaben des Insolvenzrechts zur Tabelle anzumelden. Hierdurch wird gemäß § 171 Abs. 13 AO die Hemmung des Ablaufs der Festsetzungsfrist bewirkt. Ein förmlicher Steuerbescheid über einen Steueranspruch, der eine Insolvenzforderung betrifft, ist unwirksam (BFH, Urteile vom 2. Juli 1997 – I R 11/97 – juris Rn. 10 und vom 10. Dezember 2008 – I R 41/07 – juris Rn. 7; FG Brandenburg, Urteil vom 14. September 2006 – 3 K 2728/03 – juris Rn. 15; Loose, in: Tipke/Kruse, AO, § 251 Rn. 44). Die Erhebung der Grundsteuer durch Verwaltungsakt ist nur zulässig, wenn es sich dabei um eine Masseverbindlichkeit im Sinne des § 55 InsO und nicht um eine Insolvenzforderung nach § 38 InsO handelt (OVG LSA, Beschluss vom 5. November 2009 – 4 L 243/08 – juris Rn. 15). Die gemäß § 9 Abs. 2 GrStG mit dem Beginn des Kalenderjahres entstehende Grundsteuer ist bei Insolvenzeröffnung mit dem gesamten Jahresbetrag Insolvenzforderung (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. Dezember 2005 – 9 B 23.05 – juris Rn. 25).

36

Hiernach war die Grundsteuer für die Jahre 2000 bis 2003 bei Insolvenzeröffnung eine Insolvenzforderung im Sinne des § 38 InsO. Die Forderung war daher zur Tabelle anzumelden. Der an den Insolvenzverwalter gerichtete Grundsteuerbescheid vom 20. März 2006 war insoweit unwirksam. Damit fehlt es an einer wirksamen Festsetzung der Grundsteuer für die Jahre 2000 bis 2003 als Voraussetzung für den Erlass eines Duldungsbescheides.

37

Im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Duldungsbescheides vom 19. März 2008 war die Grundsteuer für die Jahre 2000 bis 2003 auch nicht durch die Grundsteuerbescheide vom 26. November 2002 und 10. Januar 2003 festgesetzt, denn nach den Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung waren diese Bescheide widerrufen worden, nachdem das Finanzamt den ursprünglichen Grundsteuermessbescheid vom 28. Mai 2002 aufgehoben hatte.

38

2. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig, soweit hierin für die Jahre 2004 bis 2007 eine Grundsteuer in Höhe von 8.623,02 € (3 x 1.825,15 € + 3.147,57 €) gefordert wird. Die Voraussetzungen für den Erlass eines Duldungsbescheides liegen insoweit vor. Die Steuer entstand gemäß § 9 Abs. 2 GrStG jeweils mit Beginn des Kalenderjahres und ruht gemäß § 12 GrStG auf dem Grundstück als öffentliche Last. Die Grundsteuer für die Jahre 2004 bis 2007 wurde auch wirksam festgesetzt. Bei der Grundsteuer für die Jahre 2004 bis 2006 handelte es sich um eine Masseverbindlichkeit im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, deren Festsetzung durch Verwaltungsakt gegenüber dem Insolvenzverwalter zulässig war (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 5. November 2009 – 4 L 243/08 – a.a.O.). Die Grundsteuer für das Jahr 2007 wurde nach Einstellung des Insolvenzverfahrens ordnungsgemäß gegen die {B.} Kunststoffverarbeitung GmbH festgesetzt. Die Neufestsetzung der Grundsteuer für die Jahre 2005 bis 2007 erfolgte mit Bescheid vom 8. Juni 2009 zu Recht ebenfalls gegen die {B.} Kunststoffverarbeitung GmbH.

39

Die Beklagte hat das ihr beim Erlass des Duldungsbescheides zustehende Ermessen im Hinblick auf die Grundsteuer für die Jahre 2004 bis 2007 auch fehlerfrei ausgeübt. Bei der Ermessensausübung in Anwendung des § 191 AO ist dem subsidiären Charakter des Duldungsanspruches Rechnung zu tragen (OVG Koblenz, Beschluss vom 11. Januar 1989 – 6 B 79/88 – NJW 1989, 1878). Die Inanspruchnahme des Duldungspflichtigen kommt regelmäßig ermessensfehlerfrei erst in Betracht, wenn erkennbar wird, dass der Steuerschuldner zur Erfüllung seiner Schuld nicht willens oder nicht in der Lage ist (BVerwG, Urteil vom 13. Februar 1987 – BVerwG 8 C 25.85 – a.a.O. Rn. 24; OVG Lüneburg, Urteil vom 31. August 2009 – 9 LA 419/07 – juris Rn. 9). Dies wurde hier beachtet, denn nach Einstellung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der {B.} Kunststoffverarbeitung GmbH mangels Masse am 10. Juli 2006 war eine Realisierung der Grundsteuerforderung gegenüber dem Steuerschuldner nicht mehr zu erwarten.

40

Der Erlass des Duldungsbescheides ist im Hinblick auf die Grundsteuer für die Jahre 2004 bis 2007 auch nicht aus anderen Gründen ermessensfehlerhaft. Zwar kann die Ermessensausübung nach § 191 Abs. 1 Satz 1 AO auch dann fehlerhaft sein, wenn sich die Inanspruchnahme des Duldungspflichtigen mit Rücksicht auf das vorausgegangene Verhalten des Steuergläubigers als treuwidrig darstellt, sei es, dass der Steuergläubiger den Sachverhalt, auf den er die Inanspruchnahme stützt, treuwidrig herbeigeführt hat, oder sei es, dass sein vorangegangenes Verhalten die Annahme der Verwirkung des Duldungsanspruchs rechtfertigt (BVerwG, Urteil vom 13. Februar 1987 – BVerwG 8 C 25.85 – a.a.O. Rn. 25). Das kann der Fall sein, wenn eine vorsätzliche oder besonders grob fahrlässige Pflichtverletzung der zuständigen Behörde die Beitreibung der Steuer verhindert hat. Entscheidend ist, ob die Behörde mit ausreichendem Nachdruck und ohne vorwerfbare pflichtwidrige Verzögerung die Verwirklichung des Anspruchs gegen den Steuerschuldner betrieben hat (VGH Kassel, Urteil vom 4. Juni 1980 – V OE 20/79 – NJW 1981, 476; VGH München, Beschluss vom 12. November 2001 – 23 ZS 01.1658 – juris Rn. 6; OVG Lüneburg, Urteil vom 31. August 2009 – 9 LA 419/07 – a.a.O. Rn. 10; VG Augsburg, Urteil vom 15. Januar 2008 – Au 1 K 07.818 – juris Rn. 41).

41

Eine derartige vorsätzliche oder besonders grob fahrlässige Pflichtverletzung der Beklagten bei der Beitreibung der Steuer gegenüber der {B.} Kunststoffverarbeitung GmbH kann hier im Hinblick auf die Grundsteuer für die Jahre 2004 bis 2007 nicht festgestellt werden. Eine Realisierung der Grundsteuer während des Insolvenzverfahrens im Wege der abgesonderten Befriedigung gemäß § 49 InsO war aus Zeitgründen nicht möglich, da das Insolvenzverfahren bereits am 10. Juli 2006 und damit kurz nach Erlass des Grundsteuerbescheides vom 20. März 2006 eingestellt wurde. Ein früherer Erlass des Grundsteuerbescheides gegen den Insolvenzverwalter war nicht möglich, da das Finanzamt die Festsetzung des Grundsteuermessbetrages für das Grundstück vom 28. Mai 2002 am 6. April 2005 aufgehoben und den Grundsteuermessbetrag erst mit Bescheid vom 6. März 2006 erneut festgesetzt hatte.

42

Auch das Absehen von einer Zwangsversteigerung des Grundstücks zur Realisierung der Grundsteuerforderung nach Einstellung des Insolvenzverfahrens kann der Beklagten nicht vorgeworfen werden. Sie beabsichtigte vielmehr, im Rahmen des von der Kreissparkasse {C.}-{G.} durchgeführten Zwangsversteigerungsverfahrens ihr Vorrecht aus § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG geltend zu machen. Von dem Verkauf des Grundstücks erfuhr sie offenbar erst nach Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens. Bevor sie selbst die Zwangsversteigerung durchführen konnte, war das Eigentum an dem Grundstück bereits auf die Klägerin übergegangen. Hiernach kam nur noch der Erlass eines Duldungsbescheides in Frage. Bei dieser zeitlichen Abfolge wäre es Sache der Klägerin gewesen, sich gegen eine Inanspruchnahme aus der öffentlichen Last nach § 12 GrStG durch eine entsprechende Zurückbehaltung des Kaufpreises abzusichern (vgl. VGH München, Beschluss vom 12. November 2001 – 23 ZS 01.1658 – a.a.O.).

43

Ein Anspruch gegen den Insolvenzverwalter nach § 61 InsO besteht nicht, denn die Grundsteuer ist nicht durch eine Rechtshandlung des Insolvenzverwalters begründet worden.

44

Es bestehen auch keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass die Klägerin wegen der Grundsteuer für die Jahre ab 2004 in Anspruch genommen wird. Ein neuer Grundstückseigentümer muss die Zwangsvollstreckung in sein Grundstück auch dann wegen rückständiger Grundsteuern dulden, wenn die Erhebungszeiträume mehr als zwei Jahre vor dem Grundstückserwerb liegen (OVG Bautzen, Beschluss vom 8. Januar 2009 – 5 A 168/08 – juris Rn. 9).

45

Die Beklagte musste bei ihrer Ermessensentscheidung auch nicht berücksichtigen, dass die Festsetzung des Einheitswertes und damit auch die Festsetzung des Grundsteuermessbetrages zum 1. Januar 2000 möglicherweise fehlerhaft gewesen ist. Gemäß § 182 Abs. 2 Satz 1 AO wirkt ein Feststellungsbescheid über einen Einheitswert auch gegenüber dem Rechtsnachfolger, auf den der Gegenstand der Feststellung nach dem Feststellungszeitpunkt mit steuerlicher Wirkung übergeht. Ist der Bescheid über die Feststellung des Einheitswertes gegenüber dem Rechtsvorgänger bestandskräftig geworden, steht dem Rechtsnachfolger keine Anfechtungsbefugnis zu. Der verfassungsrechtlich gebotene Rechtsschutz des Rechtsnachfolgers wird dadurch gewahrt, dass er eine Wertfortschreibung (§ 22 Abs. 1 BewG) und eine Fortschreibung zur Fehlerbeseitigung (§ 22 Abs. 3 BewG) beantragen kann (BFH, Beschluss vom 4. August 2005 – II B 40/05 – juris Rn. 10). Es sind keine Gründe dafür ersichtlich, weshalb bei dem Erlass eines Duldungsbescheides nach § 191 Abs. 1 AO, anders als bei dem Erlass von Grundsteuerbescheiden gegen den Rechtsnachfolger, entgegen dem in § 182 Abs. 2 Satz 1 AO zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken keine Bindung, sondern eine Pflicht zur inzidenten Überprüfung der Festsetzung des Einheitswertes im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 191 Abs. 1 AO bestehen soll. In gleicher Weise wirkt gemäß § 184 Abs. 1 Satz 4 in Verbindung mit § 182 Abs. 2 AO die Festsetzung des Grundsteuermessbetrages gegen den Rechtsnachfolger (vgl. OVG Bautzen, Beschluss vom 6. April 2009 – 5 B 107/07 – juris Rn. 4). Vor diesem Hintergrund setzte eine fehlerfreie Ermessensausübung bei dem Erlass eines Duldungsbescheides keine inzidente Überprüfung der Festsetzung des Einheitswertes oder des Grundsteuermessbetrages voraus.

46

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Im Rahmen des § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO entsprach es billigem Ermessen, die Kosten des Verfahrens wegen des widerrufenen Teils des Duldungsbescheides der Klägerin aufzuerlegen, da ihre Klage insoweit bis zum Erlass des Grundsteuermessbescheides vom 12. Mai 2009 wegen der aus § 184 Abs. 1 Satz 4 in Verbindung mit § 182 Abs. 2 AO folgenden Bindungswirkung unbegründet war. Im Rahmen des § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO waren die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben, weil das Ausmaß des Obsiegens und Unterliegens auf beiden Seiten gleich war. Die Klägerin obsiegt im Hinblick auf die Jahre 2000 bis 2003 und unterliegt im Hinblick auf die Jahre 2004 bis 2007.

47

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


(1) Das Verfahren ist einstweilen einzustellen, wenn der Gläubiger die Einstellung bewilligt. Die Einstellung kann wiederholt bewilligt werden. Ist das Verfahren auf Grund einer Bewilligung des Gläubigers bereits zweimal eingestellt, so gilt eine erneute Einstellungsbewilligung als Rücknahme des Versteigerungsantrags.

(2) Der Bewilligung der Einstellung steht es gleich, wenn der Gläubiger die Aufhebung des Versteigerungstermins bewilligt.

(1) Im Falle einer einstweiligen Einstellung darf das Verfahren, soweit sich nicht aus dem Gesetz etwas anderes ergibt, nur auf Antrag des Gläubigers fortgesetzt werden. Wird der Antrag nicht binnen sechs Monaten gestellt, so ist das Verfahren aufzuheben.

(2) Die Frist nach Absatz 1 Satz 2 beginnt

a)
im Falle des § 30 mit der Einstellung des Verfahrens,
b)
im Falle des § 30a mit dem Zeitpunkt, bis zu dem die Einstellung angeordnet war,
c)
im Falle des § 30f Abs. 1 mit dem Ende des Insolvenzverfahrens, im Falle des § 30f Abs. 2 mit der Rücknahme oder der Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens,
d)
wenn die Einstellung vom Prozeßgericht angeordnet war, mit der Wiederaufhebung der Anordnung oder mit einer sonstigen Erledigung der Einstellung.

(3) Das Vollstreckungsgericht soll den Gläubiger auf den Fristbeginn unter Bekanntgabe der Rechtsfolgen eines fruchtlosen Fristablaufs hinweisen; die Frist beginnt erst zu laufen, nachdem der Hinweis auf die Rechtsfolgen eines fruchtlosen Fristablaufs dem Gläubiger zugestellt worden ist.

(1) Ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück gewähren nach folgender Rangordnung, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge:

1.
der Anspruch eines die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubigers auf Ersatz seiner Ausgaben zur Erhaltung oder nötigen Verbesserung des Grundstücks, im Falle der Zwangsversteigerung jedoch nur, wenn die Verwaltung bis zum Zuschlag fortdauert und die Ausgaben nicht aus den Nutzungen des Grundstücks erstattet werden können;
1a.
im Falle einer Zwangsversteigerung, bei der das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet ist, die zur Insolvenzmasse gehörenden Ansprüche auf Ersatz der Kosten der Feststellung der beweglichen Gegenstände, auf die sich die Versteigerung erstreckt; diese Kosten sind nur zu erheben, wenn ein Insolvenzverwalter bestellt ist, und pauschal mit vier vom Hundert des Wertes anzusetzen, der nach § 74a Abs. 5 Satz 2 festgesetzt worden ist;
2.
bei Vollstreckung in ein Wohnungseigentum die daraus fälligen Ansprüche auf Zahlung der Beiträge zu den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums, die nach § 16 Abs. 2, § 28 Absatz 1 und 2 des Wohnungseigentumsgesetzes geschuldet werden, einschließlich der Vorschüsse und Rückstellungen sowie der Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer. Das Vorrecht erfasst die laufenden und die rückständigen Beträge aus dem Jahr der Beschlagnahme und den letzten zwei Jahren. Das Vorrecht einschließlich aller Nebenleistungen ist begrenzt auf Beträge in Höhe von nicht mehr als 5 vom Hundert des nach § 74a Abs. 5 festgesetzten Wertes. Die Anmeldung erfolgt durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer werden von diesen angemeldet;
3.
die Ansprüche auf Entrichtung der öffentlichen Lasten des Grundstücks wegen der aus den letzten vier Jahren rückständigen Beträge; wiederkehrende Leistungen, insbesondere Grundsteuern, Zinsen, Zuschläge oder Rentenleistungen, sowie Beträge, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind, genießen dieses Vorrecht nur für die laufenden Beträge und für die Rückstände aus den letzten zwei Jahren. Untereinander stehen öffentliche Grundstückslasten, gleichviel ob sie auf Bundes- oder Landesrecht beruhen, im Range gleich. Die Vorschriften des § 112 Abs. 1 und der §§ 113 und 116 des Gesetzes über den Lastenausgleich vom 14. August 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 446) bleiben unberührt;
4.
die Ansprüche aus Rechten an dem Grundstück, soweit sie nicht infolge der Beschlagnahme dem Gläubiger gegenüber unwirksam sind, einschließlich der Ansprüche auf Beträge, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind; Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen, insbesondere Zinsen, Zuschläge, Verwaltungskosten oder Rentenleistungen, genießen das Vorrecht dieser Klasse nur wegen der laufenden und der aus den letzten zwei Jahren rückständigen Beträge;
5.
der Anspruch des Gläubigers, soweit er nicht in einer der vorhergehenden Klassen zu befriedigen ist;
6.
die Ansprüche der vierten Klasse, soweit sie infolge der Beschlagnahme dem Gläubiger gegenüber unwirksam sind;
7.
die Ansprüche der dritten Klasse wegen der älteren Rückstände;
8.
die Ansprüche der vierten Klasse wegen der älteren Rückstände.

(2) Das Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück besteht auch für die Kosten der Kündigung und der die Befriedigung aus dem Grundstück bezweckenden Rechtsverfolgung.

(3) Für die Vollstreckung mit dem Range nach Absatz 1 Nummer 2 genügt ein Titel, aus dem die Verpflichtung des Schuldners zur Zahlung, die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit zu erkennen sind. Soweit die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit nicht aus dem Titel zu erkennen sind, sind sie in sonst geeigneter Weise glaubhaft zu machen.

(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist

1.
der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat,
2.
der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Der Widerspruchsbescheid kann auch dann alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält. Als eine zusätzliche Beschwer gilt auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung beruht. § 78 Abs. 2 gilt entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.