Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 12. Okt. 2016 - 9 A 403/16
Gericht
Tatbestand
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Die Kläger begehren die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.
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Die Kläger sind syrische Staatsangehörige kurdischer (Kläger zu 1., 3.-6.) und arabischer (Klägerin zu 2.) Volks- und islamischer Glaubenszugehörigkeit und waren zuletzt in Ra`s al-´Ain wohnhaft, die in dem von den Kurden kontrollierten Gebiet im Norden Syriens liegt. Nach eigenen Angaben reisten sie gemeinsam am 01.09.2015 aus ihren Herkunftsland aus und über den Landweg kommend am 10.12.2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo sie am 30.03.2016 Asylanträge stellten, die sie auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft beschränkten.
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In ihrer persönlichen Anhörung am 10.05.2016 gaben die Kläger übereinstimmend an, zuletzt in der Stadt Ras al-Ain wohnhaft gewesen zu sein. Zu den Gründen ihrer Asylantragstellung und für ihre Flucht befragt, erklärten sie einheitlich, wegen der Kriegssituation geflohen zu sein, denn sie hätten in der ständigen Angst vor Bombardierungen und einem Einmarsch des IS gelebt. Ihre Heimatregion werde von den Kurden kontrolliert und die kurdische Regierung sei gut gewesen. Die Kläger zu 1. und 2. gaben als Eltern der Kläger zu 3. – 6. an, Angst um ihre Kinder gehabt zu haben, welche wegen der angespannten Sicherheitslage nicht mehr zur Schule haben gehen können; insbesondere um die Söhne hätten sie gefürchtet, denn diese seien fast im wehrfähigen Alter und wären bei einer Rückkehr von irgendeiner Seite gezwungen worden, an den Kampfhandlungen teilzunehmen. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens in der Anhörung wird auf den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorgangs verwiesen.
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Mit Bescheid vom 30.05.2016, zugestellt am 04.06.2016, erkannte die Beklagte den Klägern den subsidiären Schutzstatus zu und lehnte die Asylanträge im Übrigen ab. Ihre Entscheidung begründete sie damit, dass für die Kläger die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht vorlägen, denn die Kläger hätten durch ihren Sachvortrag eine Kausalität zwischen möglichen Verfolgungshandlungen und den Anknüpfungsmerkmalen des § 3 b AsylG trotz entsprechender Nachfragen nicht ausreichend substantiieren können. Sie würden zudem weder einer besonders vulnerablen Gruppe angehören noch hätten sie vor ihrer Ausreise eine exponierte Funktion inne gehabt, was beides die Furcht begründen würde, dass ihnen nunmehr bei Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungshandlungen drohen.
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Hiergegen haben die Kläger am 15.06.2016 Klage erhoben und diese damit begründet, dass die PYG in ihrem Herkunftsgebiet zwangsweise zum Militärdienst rekrutieren würde und eine Gefahr für die Kläger zu 1., 3. und 4. bestehe, eingezogen zu werden. Sie wären zudem wegen der arabischen Volkszugehörigkeit der Klägerin zu 2. Repressionen ausgesetzt, so sei es in der Vergangenheit bereits zu Drohungen gegen sie gekommen. Das Klima habe sich verschärft und es sei mit Pogromen zu rechnen. Der Bruder des Klägers zu 1. sei ferner ehemaliger Funktionär des syrischen Militärs, allerdings sei dieser bereits in die Türkei geflohen. Sie würden aber aus diesem Grund bei den Kurden als Verräter gelten und sähen sich bei einer Rückkehr wegen der Fahnenflucht des Familienmitglieds, sofern die syrische Armee sie zu fassen bekäme, der Gefahr einer Gefangennahme durch diese ausgesetzt, um auf diese Weise Druck auf den flüchtigen Bruder auszuüben.
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Sie beantragen schriftsätzlich sinngemäß,
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unter insoweitiger Aufhebung des Bescheides vom 30.05.2016 die Beklagte zu verpflichten, ihnen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.
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Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
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die Klage abzuweisen.
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Sie verteidigt ihren streitbefangenen Bescheid.
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Mit Beschluss vom 09.09.2016 (vgl. Bl. 15 f. der Gerichtsakte) hat die Kammer der Berichterstatterin das Verfahren zur Entscheidung als Einzelrichterin übertragen.
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Das Gericht hat die Kläger zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid mit Verfügung vom 07.09.2016 angehört (vgl. Bl. 11 der Gerichtsakte); eine Stellungnahme hierzu ist nicht erfolgt.
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Die Beklagte hat sich mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid ausdrücklich einverstanden erklärt (vgl. Bl. 7 f. der Gerichtsakte).
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Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen. Diese sowie die bei der Kammer geführten Erkenntnismittel zu Syrien waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
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Das Gericht kann gemäß § 84 Abs. 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten zu der Möglichkeit einer solchen Entscheidung gehört worden sind. Die Einzelrichterin ist gemäß § 76 Abs. 1 AsylG zur Entscheidung berufen, denn die Kammer hat ihr das Verfahren mit Beschluss vom 09.09.2016 zur Entscheidung übertragen.
I.
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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist in Ziffer 2 hinsichtlich der Ablehnung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Diese haben im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylG) keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG. Diese ist ihnen nicht zuzuerkennen, da sie sich nach der Überzeugung des Gerichts nicht aus begründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb Syriens befinden, § 3 Abs. 1, 4 AsylG. Sie haben Syrien weder vorverfolgt verlassen, noch droht ihnen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine solche bei einer Rückkehr.
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1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Die Verfolgung kann gemäß § 3 c AsylG ausgehen von dem Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3 d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. Die Flüchtlingseigenschaft wird nicht zuerkannt, wenn eine interne Schutzmöglichkeit besteht, vgl. § 3 e AsylG. Unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 5 AsylG insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3 c AsylG genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er aufgrund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist. Es kommt auch nicht darauf an, ob er diese Merkmale tatsächlich aufweist. Vielmehr reicht es aus, wenn ihm diese von seinem Verfolger zugeschrieben werden, § 3 b Abs. 2 AsylG.
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Für die Beurteilung der Frage, ob die Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG begründet ist, gilt auch bei einer erlittenen Vorverfolgung der einheitliche Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, Urt. v. 01.06.2011 - 10 C 25.10 -, juris). Eine bereits erlittene Vorverfolgung, ein erlittener bzw. drohender sonstiger ernsthafter Schaden, sind ernsthafte Hinweise darauf, dass die Furcht vor Verfolgung begründet ist bzw. ein Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass er erneut vor solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird (vgl. VG Augsburg, Urt. v. 25.11.2014 - Au 2 K 14.30422 -, juris). In der Vergangenheit liegenden Umständen kommt damit Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei.
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Die begründete Furcht vor Verfolgung kann gemäß § 28 Abs. 1a AsylG auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat, insbesondere auch auf einem Verhalten, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung ist. Für subjektive Nachfluchttatbestände, die bereits während eines Erstverfahrens verwirklicht worden sind, greift damit keine Einschränkung. Für die Flüchtlingsanerkennung müssen diese – anders als bei der Asylanerkennung – nicht einmal auf einer festen, bereits im Herkunftsland erkennbar betätigten Überzeugung beruhen (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 18.07.2012 - 3 L 147/12 -, juris). Erst in dem erfolglosen Abschluss des Erstverfahrens liegt eine entscheidende zeitliche Zäsur. Für nach diesem Zeitpunkt selbst geschaffene Nachfluchtgründe wird ein Missbrauch der Inanspruchnahme des Flüchtlingsschutzes in der Regel vermutet (vgl. § 28 Abs. 2 AsylG; BVerwG, Urt. v. 18.12.2008 - 10 C 27/07 -, juris). Auch soweit die begründete Furcht vor Verfolgung auf Nachfluchtgründen beruht, reicht es bei der Prüfung der Verfolgungsgründe aus, wenn diese Merkmale dem Asylantragsteller von seinem Verfolger zugeschrieben werden, vgl. § 3 b Abs. 2 AsylG.
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Schutz nach § 3 Abs. 1 AsylG kann nur derjenige beanspruchen, der politische Verfolgung bei einer Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat. Eine Verfolgungsgefahr für einen nicht verfolgt Ausgereisten und damit dessen begründete Furcht vor Verfolgung liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unter folgenden Voraussetzungen vor (BVerwG. EuGH-Vorlagebeschluss v. 07.02.2008 - 10 C 33.07 -, juris):
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„Ist der Asylsuchende unverfolgt ausgereist, liegt eine Verfolgungsgefahr und damit eine begründete Furcht vor Verfolgung vor, wenn ihm bei verständiger, nämlich objektiver, Würdigung der gesamten Umstände seines Falles mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung droht, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Heimatstaat zu bleiben oder dorthin zurückzukehren. Dabei ist eine "qualifizierende" Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Antragstellers Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann. Eine in diesem Sinne wohlbegründete Furcht vor einem Ereignis kann auch dann vorliegen, wenn aufgrund einer "quantitativen" oder mathematischen Betrachtungsweise weniger als 50 % Wahrscheinlichkeit für dessen Eintritt besteht. Beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung ist deshalb anzunehmen, wenn bei der vorzunehmenden "zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts" die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Maßgebend ist damit letztlich der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit. Die Zumutbarkeit bildet das vorrangige qualitative Kriterium, das bei der Beurteilung anzulegen ist, ob die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr "beachtlich" ist. Entscheidend ist, ob aus der Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar erscheint. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn nur ein mathematischer Wahrscheinlichkeitsgrad von weniger als 50 % für eine politische Verfolgung gegeben ist. In einem solchen Fall reicht zwar die bloße theoretische Möglichkeit einer Verfolgung nicht aus. Ein vernünftig denkender Mensch wird sie außer Betracht lassen. Ergeben jedoch die Gesamtumstände des Falles die "reale Möglichkeit" (real risk) einer Verfolgung, wird auch ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr in den Heimatstaat nicht auf sich nehmen. Ein verständiger Betrachter wird bei der Abwägung aller Umstände daneben auch die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs in einem gewissen Umfang in seine Betrachtung einbeziehen. Wenn nämlich bei quantitativer Betrachtungsweise nur eine geringe mathematische Wahrscheinlichkeit für eine Verfolgung besteht, macht es auch aus der Sicht eines besonnen und vernünftig denkenden Menschen bei der Überlegung, ob er in seinen Heimatstaat zurückkehren kann, einen erheblichen Unterschied, ob er z.B. lediglich eine Gefängnisstrafe von einem Monat oder aber die Todesstrafe riskiert (Urteil vom 5. November 1991 - BVerwG 9 C 118.90 - BVerwGE 89, 162 <169 f.> m.w.N.).”
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2. Unter Anwendung dieses Maßstabes sind die Kläger nicht vorverfolgt aus Syrien ausgereist. Eine Verfolgung durch den syrischen Staat und/oder durch nichtstaatliche Akteure im Sinne des § 3 c Nr. 3 AsylG wegen eines der oben genannten Gründe haben sie weder in ihrer persönlichen Anhörung bei der Beklagten noch im Klageverfahren substantiiert und glaubhaft geltend gemacht. Es ist jedoch Sache des Schutzsuchenden, die Umstände, aus denen sich eine politische Verfolgung ergibt, in schlüssiger Form von sich aus vorzutragen, vgl. § 15 Abs. 1, § 25 Abs. 1 und 2 AsylG. Das Gericht muss insoweit die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten individuellen Schicksals und der Richtigkeit der Prognose drohender politischer Verfolgung gewinnen. Dem persönlichen Vorbringen des Schutzsuchenden kommt dabei besondere Bedeutung zu. Ihm selbst obliegt es, seine Gründe für das Vorliegen politischer Verfolgung folgerichtig, substantiiert, widerspruchsfrei und mit genauen Einzelheiten vorzutragen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.07.1989 - 9 B 239/89 -, juris).
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a) Das Vorbringen der Kläger in ihrer Anhörung beschränkte sich weitgehend darauf, dass ihre Heimatstadt Ra`s al-´Ain mehrfach bombardiert und ihr Geschäft und ihr Restaurant zerstört worden seien, weswegen sie mehrfach haben fliehen müssen. Die Kläger zu 3. – 6. hätten die Schule nicht mehr besuchen können. Relevante Verfolgungshandlungen gegen sie selbst haben sie seinerzeit nicht vorgetragen. Soweit die Kläger zu 1. und 2. ihre Sorge über eine mögliche Einziehung ihrer Söhne (den Klägern zu 3. und 4.) zum Wehrdienst als Grund für ihre Flucht angegeben haben, begründet dies keine relevante Verfolgungshandlung. Denn eine Einberufung der Söhne ist nach den eigenen Angaben der Kläger bis zum Zeitpunkt ihrer Ausreise aus Syrien weder seitens der syrischen Armee noch seitens einer der anderen Beteiligten des Bürgerkrieges erfolgt.
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b) Der zur Klagebegründung erhobene Vortrag, sie seien wegen der ethnischen Zugehörigkeit der Klägerin zu 2. Bedrohungen ausgesetzt gewesen, ist weder substantiiert erfolgt noch sonst glaubhaft gemacht. Es ist auch nicht erkennbar, dass diese vermeintlichen Drohungen die Schwelle einer Verfolgungshandlung im Sinne des § 3 a AsylG erreicht hätten. Denn asylerheblich sind Verfolgungshandlungen gemäß § 3 a Abs. 1, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist. Verfolgung in diesem Sinne setzt mithin einen gezielten Eingriff in geschützte Rechtsgüter voraus. Für die Bewertung einer Handlung als Verfolgung sind gemäß Art. 4 Abs. 3 lit. c der Richtlinie 2011/95/EU (sog. Qualifikationsrichtlinie) die individuelle Lage und die persönlichen Umstände des Ausländers zu betrachten, jedoch muss zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Schutzgewährung prognostisch die reale Möglichkeit ("real risk") einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit der Verfolgung auszugehen sein (vgl. Bergmann in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, Kommentar, 11. Aufl. 2016, § 3 a Rn. 4). Wie sich dem Verweis in der Norm auf Art. 15 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) entnehmen lässt, der die sog. notstandsfesten Rechte bzw. Rechtsgüter bestimmt, bedarf es für die Annahme einer Asylerheblichkeit der Verfolgungshandlung einer Eingriffsschwere von erheblichem Gewicht (vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 07.11.2013 – C-199/12 – 201/12 (X, Y, Z), Rn. 53, 61). Mit dieser Vorgabe und im Lichte der in § 3 a Abs. 2 AsylG explizit aber nicht abschließend genannten Regelbeispiele für asylerhebliche Verfolgungshandlungen, kennzeichnen sich solche dadurch, dass sie an individuelle Merkmale oder Eigenschaften einer Person ansetzen und in ihrer Anwendung für diese – auch wenn sie von anderen, nicht betroffenen Personen als lediglich neutral gewertet würden – unverhältnismäßig bzw. diskriminierend wirken.
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Dies zugrunde gelegt, vermag es das Gericht nicht festzustellen, dass die Bedrohung der Klägerin zu 2., diese Behauptung als wahr unterstellt, die Schwelle der Asylerheblichkeit überschritten hatte. Die Kläger geben zwar an, dass sie wegen der arabischen Volkszugehörigkeit der Klägerin zu 2. schon früher bedroht worden seien. Wegen der von den arabischen IS-Kämpfern verübten Gräueltaten würden sie als Verräter gelten. Jetzt sei das Klima verschärft. Dieser Vortrag steht hingegen im Widerspruch zu ihren Angaben in der persönlichen Anhörung bei der Beklagten, in welcher die Klägerin zu 2. selbst das Kurdengebiet als Heimat und die Kurdenregierung als gut bezeichnete. Weitere Angaben zu der Art der Bedrohung und deren konkreten Inhalten werden von den Klägern nicht vorgetragen. In Anbetracht des Vortrags, dass diese Bedrohungen „früher” erfolgt sein sollen, besteht kein Anhalt für die Annahme einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit für ein sog. real risk der Verfolgung wegen dieser Volkszugehörigkeit. Drohende Übergriffe auf arabisch-kurdische Familien in den kurdischen Autonomiegebieten oder gar Pogrome vermag das Gericht den vorliegenden Erkenntnismitteln nicht zu entnehmen. Mit der fehlenden Substantizität des Klägervorbringens besteht aus kein hinreichender Anknüpfungspunkt für weitere Sachverhaltsaufklärung.
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c) Die Kläger sind zudem in der Eingangsverfügung des Gerichts auf die Möglichkeit der Zurückweisung verspäteten Vorbringens gem. § 74 AsylG i. V. m. § 87 b Abs. 3 VwGO hingewiesen worden. Der Vortrag, dass es bereits vor ihrer Ausreise durch die kurdische Bevölkerungsmehrheit zu Drohungen gekommen sein soll, erfolgte erstmals mehr als drei Monate nach Klageerhebung. Gleiches gilt für den Vortrag, der Bruder des Klägers zu 1. ein Funktionär in der syrischen Armee gewesen sei und Fahnenflucht begangen habe. Diese Angabe der Kläger ist gegenüber ihren Angaben in der Anhörung bei der Beklagten neuer Vortrag; die Kläger bestätigten der Beklagten gegenüber nach der Anhörung mittels ihrer Unterschrift, dass sie ihrem Vortrag nichts mehr hinzuzufügen und ausreichend Gelegenheit gehabt hätten, sich zu den Gründen für ihren Antrag zu äußern. Die nunmehr im Verfahren getätigte Aussage stellt sich daher für das Gericht als gesteigertes Vorbringen dar. Hierfür spricht zudem, dass Mitglieder der kurdischen Ethnie in Syrien nach Auswertung der vom Gericht der Entscheidung zugrunde gelegten Erkenntnismittel erst seit wenigen Jahren überhaupt zum Wehrdienst herangezogen werden; jedenfalls haben sie keine Aufgaben von wesentlicher Bedeutung übertragen erhalten, was für einen "Funktionär" sprechen würde. Dies war und ist vielmehr den Alewiten vorbehalten (vgl. hierzu Danish Rfugee Coucil, Update on Military Service, Mandatory Self-Defence Duty and Recruitment to the YPG, Stand: September 2015, S. 14).
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3. Den Klägern droht auch bei einer Rückkehr in ihre Heimat Verfolgung nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit. Das Gericht geht auf der Grundlage der in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen davon aus, dass weder dem Kläger zu 1. noch den Klägern zu 3. und 4., seinen sechzehn- bzw. dreizehnjährigen Söhnen eine Einberufung zum syrischen Wehrdienst oder dem Dienst in der YPG bzw. eine Mobilisierung zum Reservedienst droht. Dabei ist voranzustellen, dass weder für die minderjährigen Kläger zu 3. und 4. eine Einberufung zum Wehrdienst noch für den zum Zeitpunkt der Entscheidung 48-jährigen Kläger zu 1. eine Einberufung als Reservist vorlagen.
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a) Dabei geht das Gericht von Folgendem aus: Der syrische Staat rekrutiert nur in den von ihm beherrschten Gebieten. Kurden werden nur dann zum Wehrdienst eingezogen, wenn sie eingebürgert sind. Die vom Dänischen Flüchtlingsrat zum Militärdienst in Syrien und in den Kurdengebieten befragten Quellen gaben übereinstimmend an, dass die syrischen Behörden nicht in den von der kurdischen Selbstverwaltung kontrollierten Gebieten zur syrischen Armee rekrutieren (vgl. DRC, a. a. O., S. 10, 30; Finnish Immigration Service, Fact-Finding Mission Report: SYRIA: MILITARY SERVICE; NATIONAL DEFENSE FORCES; ARMED GROUPS SUPPORTING SYRIAN REGIME AND ARMED OPPOSITION; Stand: August 2016, S.). Dasselbe gilt auch für die Mobilisierung der Reservisten, wobei das Gericht den Erkenntnismitteln bereits nicht zu entnehmen vermag, dass in Syrien bereits eine landesweite Generalmobilmachung erfolgt ist (vgl. DRC, a. a. O., S.). Dies konnte nur für einzelne, unter staatlicher Kontrolle stehende Gebiete bestätigt werden (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Syrien: Mobilisierung in die syrische Armee, Stand: März 2015, S. 3).
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Die Kläger stammen aus Ras al-Ain, welche in den von der kurdischen Selbstverwaltung kontrollierten Gebieten im Norden Syriens liegt, in welchen staatliche Rekrutierungsmaßnahmen nicht erfolgen.
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b) Das Gericht vermag für die Kläger zu 1., 3. und 4. aber auch keine drohende Einberufung bzw. Mobilisierung zur YPG als militärischem Flügel der kurdischen Hauptpartei in den kurdischen Gebieten (PYG) anzunehmen. Nach den Recherchen des Dänischen Flüchtlingsrates hat die kurdische Autonomieverwaltung am 14.07.2014 ein Gesetz über den verpflichtenden Selbstverteidigungsdienst (Mandatory Self-Defence Duty) in den Demokratischen Autonomen Gebieten erlassen. Dieser Dienst ist aber nur verpflichtend für junge Männer im Alter zwischen 18 – 30 Jahren. Für Frauen und für Männer älter als 30 ist dieser Dienst freiwillig. Dieser Militärdienst ist kein Dienst in der YPG, auch wenn die Betreffenden nach ihrem Pflichtdienst entscheiden können, ob sie in den Dienst der YPG wechseln wollen; lediglich eine der befragten Quellen (Prof. Bassel Alhassan, Libernesische Universität Beirut) vertrat die Auffassung, dass die Männer anschließend weiter in der YPG dienen müssen. Die Rekrutierung Minderjähriger zu diesem Dienst vermag das Gericht anhand der in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel nicht festzustellen. Sofern anderes für die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) seitens verschiedener Organisationen im Ergebnis ihrer Recherchen festzustellen war (vgl. ACCORD, Anfragebeantwortung zu Syrien: Rekrutierung von Minderjährigen [a-9689] v. 22.06.2016 m. w. N.), ist selbst dies den neueren Erkenntnisquellen nicht mehr zu entnehmen (vgl. DRC, a. a. O., S. 28 f.).
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Der Kläger zu 1. ist zum Zeitpunkt der Entscheidung 48 Jahre alt, seine Söhne 13 und 16 Jahre. Dem Alter nach sind sie nicht bzw. nicht mehr (wehr-)dienstfähig im o. g. Sinn.
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Andere Gründe für die Annahme einer persönlichen und politischen Verfolgung der Kläger sind von ihnen weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
II.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylG.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Annotations
(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.
(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,
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Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a), - 2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt, - 3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist, - 4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt, - 5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.
(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.
(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entscheidet ein Mitglied der Kammer als Einzelrichter. Der Einzelrichter überträgt den Rechtsstreit auf die Kammer, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn er von der Rechtsprechung der Kammer abweichen will.
(5) Ein Richter auf Probe darf in den ersten sechs Monaten nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Ein Ausländer wird in der Regel nicht als Asylberechtigter anerkannt, wenn die Gefahr politischer Verfolgung auf Umständen beruht, die er nach Verlassen seines Herkunftslandes aus eigenem Entschluss geschaffen hat, es sei denn, dieser Entschluss entspricht einer festen, bereits im Herkunftsland erkennbar betätigten Überzeugung. Satz 1 findet insbesondere keine Anwendung, wenn der Ausländer sich auf Grund seines Alters und Entwicklungsstandes im Herkunftsland noch keine feste Überzeugung bilden konnte.
(1a) Die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder die tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 zu erleiden, kann auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat, insbesondere auch auf einem Verhalten des Ausländers, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung ist.
(2) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Asylantrags erneut einen Asylantrag und stützt diesen auf Umstände, die er nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung seines früheren Antrags selbst geschaffen hat, kann in einem Folgeverfahren in der Regel die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt werden.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Der Ausländer ist persönlich verpflichtet, bei der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Dies gilt auch, wenn er sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lässt.
(2) Er ist insbesondere verpflichtet,
- 1.
den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden die erforderlichen Angaben mündlich und nach Aufforderung auch schriftlich zu machen; - 2.
das Bundesamt unverzüglich zu unterrichten, wenn ihm ein Aufenthaltstitel erteilt worden ist; - 3.
den gesetzlichen und behördlichen Anordnungen, sich bei bestimmten Behörden oder Einrichtungen zu melden oder dort persönlich zu erscheinen, Folge zu leisten; - 4.
seinen Pass oder Passersatz den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden vorzulegen, auszuhändigen und zu überlassen; - 5.
alle erforderlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, die in seinem Besitz sind, den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden vorzulegen, auszuhändigen und zu überlassen; - 6.
im Falle des Nichtbesitzes eines gültigen Passes oder Passersatzes an der Beschaffung eines Identitätspapiers mitzuwirken und auf Verlangen alle Datenträger, die für die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit von Bedeutung sein können und in deren Besitz er ist, den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden vorzulegen, auszuhändigen und zu überlassen; - 7.
die vorgeschriebenen erkennungsdienstlichen Maßnahmen zu dulden.
(3) Erforderliche Urkunden und sonstige Unterlagen nach Absatz 2 Nr. 5 sind insbesondere
- 1.
alle Urkunden und Unterlagen, die neben dem Pass oder Passersatz für die Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit von Bedeutung sein können, - 2.
von anderen Staaten erteilte Visa, Aufenthaltstitel und sonstige Grenzübertrittspapiere, - 3.
Flugscheine und sonstige Fahrausweise, - 4.
Unterlagen über den Reiseweg vom Herkunftsland in das Bundesgebiet, die benutzten Beförderungsmittel und über den Aufenthalt in anderen Staaten nach der Ausreise aus dem Herkunftsland und vor der Einreise in das Bundesgebiet sowie - 5.
alle sonstigen Urkunden und Unterlagen, auf die der Ausländer sich beruft oder die für die zu treffenden asyl- und ausländerrechtlichen Entscheidungen und Maßnahmen einschließlich der Feststellung und Geltendmachung einer Rückführungsmöglichkeit in einen anderen Staat von Bedeutung sind.
(4) Die mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden können den Ausländer und Sachen, die von ihm mitgeführt werden, durchsuchen, wenn der Ausländer seinen Verpflichtungen nach Absatz 2 Nr. 4 und 5 nicht nachkommt sowie nicht gemäß Absatz 2 Nummer 6 auf Verlangen die Datenträger vorlegt, aushändigt oder überlässt und Anhaltspunkte bestehen, dass er im Besitz solcher Unterlagen oder Datenträger ist. Der Ausländer darf nur von einer Person gleichen Geschlechts durchsucht werden.
(5) Durch die Rücknahme des Asylantrags werden die Mitwirkungspflichten des Ausländers nicht beendet.
(1) Der Ausländer muss selbst die Tatsachen vortragen, die seine Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens begründen, und die erforderlichen Angaben machen. Zu den erforderlichen Angaben gehören auch solche über Wohnsitze, Reisewege, Aufenthalte in anderen Staaten und darüber, ob bereits in anderen Staaten oder im Bundesgebiet ein Verfahren mit dem Ziel der Anerkennung als ausländischer Flüchtling, auf Zuerkennung internationalen Schutzes im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 oder ein Asylverfahren eingeleitet oder durchgeführt ist.
(2) Der Ausländer hat alle sonstigen Tatsachen und Umstände anzugeben, die einer Abschiebung oder einer Abschiebung in einen bestimmten Staat entgegenstehen.
(3) Ein späteres Vorbringen des Ausländers kann unberücksichtigt bleiben, wenn andernfalls die Entscheidung des Bundesamtes verzögert würde. Der Ausländer ist hierauf und auf § 36 Absatz 4 Satz 3 hinzuweisen.
(4) Bei einem Ausländer, der verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, soll die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Asylantragstellung erfolgen. Einer besonderen Ladung des Ausländers und seines Bevollmächtigten bedarf es nicht. Entsprechendes gilt, wenn dem Ausländer bei oder innerhalb einer Woche nach der Antragstellung der Termin für die Anhörung mitgeteilt wird. Kann die Anhörung nicht an demselben Tag stattfinden, sind der Ausländer und sein Bevollmächtigter von dem Anhörungstermin unverzüglich zu verständigen.
(5) Bei einem Ausländer, der nicht verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, kann von der persönlichen Anhörung abgesehen werden, wenn der Ausländer einer Ladung zur Anhörung ohne genügende Entschuldigung nicht folgt. In diesem Falle ist dem Ausländer Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb eines Monats zu geben.
(6) Die Anhörung ist nicht öffentlich. An ihr können Personen, die sich als Vertreter des Bundes, eines Landes oder des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen ausweisen, teilnehmen. Der Ausländer kann sich bei der Anhörung von einem Bevollmächtigten oder Beistand im Sinne des § 14 des Verwaltungsverfahrensgesetzes begleiten lassen. Das Bundesamt kann die Anhörung auch dann durchführen, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand trotz einer mit angemessener Frist erfolgten Ladung nicht an ihr teilnimmt. Satz 4 gilt nicht, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand seine Nichtteilnahme vor Beginn der Anhörung genügend entschuldigt. Anderen Personen kann der Leiter des Bundesamtes oder die von ihm beauftragte Person die Anwesenheit gestatten.
(7) Die Anhörung kann in geeigneten Fällen ausnahmsweise im Wege der Bild- und Tonübertragung erfolgen.
(8) Über die Anhörung ist eine Niederschrift aufzunehmen, die die wesentlichen Angaben des Ausländers enthält. Dem Ausländer ist eine Kopie der Niederschrift auszuhändigen oder mit der Entscheidung des Bundesamtes zuzustellen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.