Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 23. März 2016 - 8 A 85/16

ECLI:ECLI:DE:VGMAGDE:2016:0323.8A85.16.0A
23.03.2016

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 02.11.2015, mit welchem der in Deutschland am 29.07.2015 gestellte Asylantrag wegen der in Italien erlangten Zuerkennung internationalen Schutzes als unzulässig abgelehnt sowie die Abschiebung nach Italien angedroht und das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet wurde und beantragt sinngemäß,

2

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 02.11.2015 zu verpflichten, die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen, für sie den subsidiären Schutzstatus und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Italien oder einen anderen Staat festzustellen und die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes aufzuheben.

3

Die Beklagte beantragt,

4

die Klage abzuweisen

5

und verweist auf den streitbefangenen Bescheid. Die Abschiebungsandrohung sei nach § 34 a AsylG ebenfalls zulässig, da es dich hierbei um das mildere Mittel gegenüber der Abschiebungsanordnung handele.

6

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

7

1. Die Klage, über die nach § 76 Abs. 1 AsylG durch den Einzelrichter und ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO) entschieden werden konnte, hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

8

a.) Es mag dahinstehen, ob die Klage wegen des eindeutig formulierten Klageantrages auf Asylzuerkennung bereits unzulässig ist (vgl. dazu: VG Magdeburg, Urteil v. 02.09.2015, 9 A 399/14; juris). Denn die Beklagte hat den in Deutschland gestellten Asylantrag zu Recht als unzulässig abgelehnt und keine materielle Prüfung des Asylbegehrens vorgenommen. Denn ein in Deutschland gestellter Asylantrag ist unzulässig, wenn der Flüchtling in einem anderen Mitgliedstaat bereits als Flüchtling oder als subsidiär Schutzberechtigter anerkannt wurde (BVerwG, Urteil v. 17.06.2014, 10 C 7.13; juris). Dies ist vorliegend der Fall. Die Klägerin ist in Italien ausweislich des Bescheides zumindest als subsidiär Schutzberechtigte anerkannt worden. Nach dem Verwaltungsvorgang ist sogar davon auszugehen, dass die Flüchtlingsanerkennung ausgesprochen wurde (refugee status). Auch soweit die Flüchtlingsanerkennung nicht vorliegen sollte, hat die Klägerin keinen Anspruch auf die sogenannte "Aufstockung" ihres Schutzes (BVerwG, Beschluss v. 23.10.2015, 1 B 41.15; VG Magdeburg, Urteil v. 04.02.2016, 8 A 45/16; beide juris). Denn der Asylantrag ist in Deutschland am 29.07.2015 und damit nach dem 20.07.2015 als entscheidungserhebliches Datum gestellt worden.

9

b.) Die Klägerin hat auch keinen rechtlichen Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und/oder Abs. 7 AufenthG bezüglich Italiens. Denn insoweit greift nicht die Annahme, dass das italienische Asyl- und Unterbringungssystem etwa an systemischen Mängeln leiden würde, woraus sich ein Bleiberecht in Deutschland ableiten würde. Das Gericht führt in ständiger Rechtsprechung zur Lage in Italien aus (vgl. Urteil v. 16.02.2016, 8 A 51/16; juris gemeldet):

10

"Eine Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland für die Entscheidung über den Asylantrag im Wege des sogenannten Selbsteintritts besteht nicht. Es gibt keine wesentlichen Gründe für die Annahme, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in dem anderen Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU–Grundrechtecharta mit sich bringen. Die Voraussetzungen liegen vor, wenn ein Asylbewerber wegen systemischer Mängel, also strukturell bedingter, größerer Funktionsstörungen, im konkret zu entscheidenden Fall in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sein wird (vgl. EGMR, Urteil vom 04.11.2014 – 29217/12 – HUDOC Rdnr. 98;. BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 10 C 15.12 -, juris Rdnr. 24).

11

Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ergeben sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass das Asylsystem in Italien derzeit an solchen systemischen Mängeln leidet, die gerade auch den hier um Abschiebungsschutz nachsuchenden Asylbewerber der konkreten Gefahr aussetzen würden, im Fall einer Rücküberstellung nach Italien eine menschenunwürdige entwürdigende Behandlung zu erfahren. Bei der Bewertung der in Italien anzutreffenden Umstände der Durchführung des Asylverfahrens und der Aufnahme von Flüchtlingen sind diejenigen Umstände heranzuziehen, die auch auf die Situation des Klägers zutreffen. Abzustellen ist demnach auf die Situation von Flüchtlingen in einer vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen Lage, wohingegen die Situation von Flüchtlingen in anderen rechtlichen oder tatsächlichen Umständen keine unmittelbare Rolle spielt.

12

Mittlerweile ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass in Italien nur die Asylbewerber einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sind, wenn sie, weil ausschließlich auf staatliche Hilfe angewiesen, sich in einer besonderen Situation befinden (vgl. EGMR, Urteil vom 04.11.2014 - 29217/12 (Tarakhel/Schweiz) -, HUDOC Rn. 98; BVerfG, Beschluss vom 17.09.2014 - 2 BvR 732/14 -, juris; s. a. BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 10 C 15.12 – juris, United Kingdom Supreme Court, Urteil vom 19.02.2014 - EM (Eritrea) and others of the Secretary of the State for the Home Department, [2014] UKSC 12 - Rn. 62.). Dies gilt insbesondere im Fall der Betroffenheit von Kindern. Hierbei ist entscheidend auf ihre besondere Verletzlichkeit abzustellen, der der Vorrang gegenüber dem Gesichtspunkt ihres Status als illegaler Einwanderer einzuräumen ist (EGMR, Urteil vom 4. November 2014 - 29217/12 (Tarakhel/Schweiz) -, HUDOC Rn. 99).

13

Unzweifelhaft gehört der Kläger gehört keiner solchen schutzbedürftigen Personengruppe an. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geht ebenfalls in seiner Entscheidung (Urteil 51428/10 vom 13.01.2015 - A.M.E. vs. The Netherlands) davon aus, dass systemische Mängel des Asylverfahrens in Italien für den Kreis der Personen, die nicht zu einem besonders schützenswerten Personenkreis ("underprivileged and vulnerable population group in need of special protection", s. EGMR, Urteil vom 13.01.2015, a.a.O.) i. S. der Genfer Konvention und der ihr folgenden Richtlinien zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitglieds-staaten - Aufnahmerichtlinien - (Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013) gehören, nicht den Schweregrad einer Verletzung von Art. 3 EMRK erreichen. D.h., gesunde Männer ohne Familienangehörige, die den Weg aus ihrer Heimat nach Italien allein geschafft haben, sind den dort vorzufindenden Schwierigkeiten und Engpässen bei der Unterbringung und Versorgung regelmäßig weit eher gewachsenen als dies für Familien mit Kindern oder für Minderjährige zutrifft. Sie sind grundsätzlich in der Lage, auch eine Übergangsfrist unter schwierigen Bedingungen auszuhalten, ohne dass dies zu einer Rechtsverletzung im oben dargelegten Sinne führt. Dieser Auffassung folgend, scheidet ein Selbsteintritt der Beklagten aus.

14

Nichts anderes ergibt sich aus aktuellen Erkenntnissen. Zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung sind keine tagespolitischen Meldungen bekannt, wonach Italien – wie früher – im besonderen Focus der Berichterstattung hinsichtlich systemischer Mängel im Asyl- oder Unterbringungsverfahren steht.

15

Auch soweit einige Gerichte (VG Düsseldorf, Urteil v. 15.12.2015, 12 K 7303/15.A; juris; VG Darmstadt, Urteil v. 07.01.2016, 3 K 392/14.DA.A; VG Potsdam, Beschluss v. 19.10.2015, VG 12 L 816/15.A) in neuerer Rechtsprechung aufgrund eines erneuten Anstieges der Flüchtlingszahlen und der schlechten Witterung im Herbst/Winter Mängel im Unterbringungssystem annehmen, vermag dies nicht die erniedrigende unmenschliche Behandlung aufgrund eines Zusammenbruchs des italienischen Asyl- und Unterbringungssystems zu begründen. Denn auch diese Entscheidungen stellen nur eine temporäre Momentaufnahme dar und angesichts der bevorstehenden wärmeren Jahreszeit mag die Witterung nunmehr anders zu beurteilen sein.

16

Ohne Zweifel verlangt die hohe Zahl von Flüchtlingen nach wie vor enorme Anstrengungen von Italien. Es liegen jedoch keine verlässlichen Informationen darüber vor, dass Italien nicht auch unter diesen Bedingungen in der Lage wäre, darauf angemessen zu reagieren, zumal Italien mehrfach Unterstützung durch die EU und Hilfsorganisationen erfahren hat; noch im Februar 2015 erhielt Italien einen Notkredit der EU, um die Versorgung der Flüchtlinge sicherzustellen (http//www.tagesschau.de, 19.02.2015). Damit die ohne Zweifel in den bisherigen Aufnahmeeinrichtungen bestehende prekäre Situation nicht zu menschenunwürdigen Zuständen führt, bezieht Italien nunmehr im Zuge der Lösung des bislang bestehenden innerstaatlichen Verteilungsproblems alle Regionen in die Aufnahme von Flüchtlingen ein. Es mag zwar immer wieder vorkommen, dass Flüchtlinge in Italien auf sich alleine gestellt sind und besondere persönliche Anstrengungen zur Bewerkstelligung des täglichen Lebensalltags unternehmen müssen. Trotzdem bestehen funktionierende Strukturen zur Aufnahme, Behandlung und Unterbringung der Flüchtlinge in Italien. Neben den staatlichen Strukturen gibt es kirchliche und private Trägerschaften. Die Einbeziehung solcher nichtstaatlicher Träger kann und darf dem italienischen Staat auch zugerechnet werden, da sie in das Gesamtsystem eingebettet sind (vgl. OVG NRW, Urteil v. 07.03.2014, 1 A 21/12.A; juris). Eine Untätigkeit bzw. die willentliche, systemimmanente Zusteuerung auf einen Kollaps kann nicht angenommen werden.

17

Demnach ist davon auszugehen, dass in Italien vieles hinsichtlich der Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen nicht optimal läuft. Selbiges ist aber auch in Deutschland zu verzeichnen, wie die hiesigen Verhältnisse am LaGeSo in Berlin beweisen. Trotzdem wird man diese - aufgrund der hohen Zahl der Flüchtlinge bedingten - Probleme nicht mit systemischen Mängeln in Verbindung bringen können.

18

Das Gericht schließt sich somit der entsprechenden Rechtsprechung der vormals zuständigen Kammer (vgl. Eilverfahren) und weiterer Gerichte an (vgl. zuletzt: VG Ansbach, Urteil v. 11.12.2015, AN 14 K 15.50316; juris)."

19

Etwas anderes ergibt sich auch nicht für anerkannte Flüchtlinge bzw. Schutzberechtigte. Sie genießen in Italien dieselben Rechte wie Inländer. Ihr Status ist Ausfluss dessen, dass sie nicht mehr dem Dublin-System unterliegen. Mehr als den in Italien erlangten Schutz kann in Deutschland nicht erreicht werden. Es ist europarechtskonform die Klägerin auf die Rechte der italienischen Staatsbürger zu verweisen. Für Abschiebungsverbote hinsichtlich anderer Staaten ist nichts vorgetragen und auch nichts ersichtlich. Das Abschiebungsverbot für Somalia wurde ausgesprochen.

20

Das Gericht schließt sich insoweit den Ausführungen in dem streitbefangenen Bescheid an und darf zur weiteren Begründung darauf verweisen. (§ 77 Abs. 2 AsylG).

21

c.) Gleichwohl kann die Klägerin die Aufhebung der unter Ziffer 2 des Bescheides verfügten Abschiebungsandrohung nach Italien erreichen. Denn diese entbehrt einer Rechtsgrundlage; sie kann weder auf § 34 a AsylG noch auf § 34 AsylG gestützt werden. Die von der Beklagten im Bescheid vertretene Rechtsauffassung, dass die Abschiebungsandrohung ein milderes Mittel gegenüber der Abschiebungsanordnung darstelle und auf § 34 a AsylG gestützt werden könne, geht fehl.

22

Nach § 34a AsylGordnet das Bundesamt die Abschiebung an, wenn der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylG) abgeschoben werden soll, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Rechtsgrundlage deckt ihrer Rechtsfolge nach den Erlass einer Abschiebungsandrohung nicht ab; der Wortlaut des § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG lässt dies eindeutig nicht zu ("ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an").

23

Die Androhung der Abschiebung stellt auch kein zulässiges milderes Mittel gegenüber der Anordnung dar. Denn Abschiebungsanordnung und Abschiebungsandrohung stellen unterschiedliche Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung dar, die nicht teilidentisch sind. Insbesondere ist eine Abschiebungsandrohung nicht als Minus in jeder Abschiebungsanordnung enthalten. Auch der Umstand, dass beide Maßnahmen auf das gleiche Ziel gerichtet sind, nämlich auf eine Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet, und teilweise identische Prüfungsinhalte bestehen, begründet keine Teilidentität in dem Sinne, dass die Ersetzung einer (rechtswidrigen) Abschiebungsanordnung durch eine Abschiebungsandrohung als "milderes Mittel" möglich ist. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Abschiebungsandrohung einer Fristsetzung bedarf. Außerdem soll in einer Abschiebungsandrohung zwar der Staat bezeichnet werden, in den der Betroffene abgeschoben werden soll; soweit keine Abschiebungsverbote bestehen, kann er auf der Grundlage einer Abschiebungsandrohung aber auch in jeden anderen Staat abgeschoben werden, in den er ausreisen darf oder der zu seiner Rücknahme verpflichtet ist (§ 34 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 2 und 3 AufenthG). Die Abschiebungsanordnung bedarf hingegen nach § 34a Abs. 1 AsylG keiner vorherigen Androhung und Fristsetzung, darf aber nur in einen sicheren Drittstaat oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat angeordnet werden und setzt voraus, dass die Abschiebung in diesen Staat durchgeführt werden kann (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschluss vom 23. Oktober 2015 - 1 B 41.15 ; VG Gelsenkirchen, Urteil v. 19.02.2016, 2 a K 2466/15.A; VG Stade, Urteil v. 27.01.2016, 1 A 1385/14; alle juris).

24

Dazu kommt, dass sich das Bundesamt mit der "Ersetzung" der Abschiebungsanordnung durch eine Androhung der bewussten Zuständigkeitsverteilung des Gesetzgebers zu Lasten des Ausländers, der abgeschoben werden soll, entzieht, weil im Fall einer Abschiebungsandrohung im weiteren Verlauf die Ausländerbehörde für die Prüfung der inlandbezogenen Abschiebungshindernisse zuständig sein soll. Nach der gefestigten Rechtsprechung ist es im Rahmen des Verfahrens auf Erlass einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylG mit Blick auf den Wortlaut dieser Vorschrift aber Aufgabe allein des Bundesamtes, sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse - etwa das Vorliegen von krankheitsbedingter Reiseunfähigkeit oder der Voraussetzungen des deutsch-bulgarischen Rückübernahmeabkommens - zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde zur Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleiben soll (BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 - 2 BvR 1795/14 -, juris).

25

Andererseits kann auch § 34 Abs. 1 AsylG nicht als Rechtsgrundlage für die Abschiebungsandrohung herangezogen werden. Danach erlässt das Bundesamt nach den §§ 59 und 60 Abs. 10 AufenthG eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird, dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, ihm kein subsidiärer Schutz gewährt wird, die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausnahmsweise zulässig ist und der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt. Denn diese Vorschrift ist hier, unabhängig davon, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG vorliegen, nicht anwendbar. Wenn das Bundesamt einen Asylantrag - wie hier - nur nach § 26a AsylG bzw. nach § 60 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 Satz 2 AufenthG ablehnt, ist nach § 31 Abs. 4 Satz 1 AsylG lediglich festzustellen, dass dem Ausländer auf Grund seiner Einreise aus einem sicheren Drittstaat kein Asylrecht zusteht bzw. der Asylantrag unzulässig ist. Diese Entscheidung ist gemäß § 31 Abs. 1 Satz 4 AsylG "zusammen" - mithin zeitgleich - mit "der Abschiebungsanordnung nach § 34a" zu treffen und dann "dem Ausländer selbst zuzustellen". Damit wird deutlich, dass der Gesetzgeber von einer Verknüpfung des § 26a AsylG allein mit § 34a AsylG ausging. Nach der Gesetzessystematik besteht danach ein untrennbarer Zusammenhang zwischen der Asylversagung wegen der Einreise aus einem sicheren Drittstaat und der Anordnung der Abschiebung in diesen Staat.

26

Bestätigt wird dies dadurch, dass die Möglichkeit, auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 10 AufenthG zurückzugreifen und eine Abschiebungsandrohung zu erlassen, nicht voraussetzungslos ist. Der Erlass einer Abschiebungsandrohung bedarf - anders als derjenige einer Abschiebungsanordnung - stets einer ausdrücklichen Entscheidung des Bundesamtes über die in § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG genannten Voraussetzung. Daran fehlt es in diesem Fall, weil die Prüfung dieser tatbestandlichen Voraussetzungen bereits von Gesetzes wegen nach § 31 Abs. 4 Satz 1 AsylG ausgeschlossen ist, da sich Entscheidungen nach §§ 26a, 27a AsylG allein zur Zulässigkeit des Asylgesuchs im Bundesgebiet verhalten. In diesen Konstellationen nimmt das Bundesamt keine sachliche Prüfung eines Asylantrags vor, sondern verweist den Asylbewerber auf die Zuständigkeit eines anderen bzw. eines sicheren Drittstaates. Denn die Einreise aus einem sicheren Drittstaat hat - wie bereits ausgeführt - gerade zur Folge, dass sich ein Asylsuchender grundsätzlich nicht auf §§ 3 und 4 AsylG sowie die nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG berufen kann (vgl. VG Trier, Beschluss vom 28. Oktober 2014 - 5 L 1659/14.Tr -; Hess.VGH, Beschluss vom 11. August 2014 - 10 A 2348/13.Z.A. -, beide juris). Insofern passt das Prüfprogramm des § 34 Abs. 1 AsylG von vornherein nicht zu der hier gegebenen Konstellation des § 26a AsylG (VG Gelsenkirchen, Urteil v. 19.02.2016, 2 a K 2466/15.A).

27

d.) Demnach war auch die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach § 11 Abs. 1 AufenthG aufzuheben. Denn Voraussetzung dafür ist die rechtmäßige Abschiebung.

28

2.) Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 155 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.


ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 23. März 2016 - 8 A 85/16

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 23. März 2016 - 8 A 85/16

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 23. März 2016 - 8 A 85/16 zitiert 20 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 4 Subsidiärer Schutz


(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3 Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft


(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich1.aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60a Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung)


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 59 Androhung der Abschiebung


(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfal

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 34 Abschiebungsandrohung


(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn 1. der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,2. dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wir

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 34a Abschiebungsanordnung


(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 76 Einzelrichter


(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist od

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 26a Sichere Drittstaaten


(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 31 Entscheidung des Bundesamtes über Asylanträge


(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 23. März 2016 - 8 A 85/16 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 23. März 2016 - 8 A 85/16 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 11. Dez. 2015 - AN 14 K 15.50316

bei uns veröffentlicht am 11.12.2015

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Tatbestand Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Aufhebung des Bescheids der

Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 17. Feb. 2016 - 8 A 51/16

bei uns veröffentlicht am 17.02.2016

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 03.07.2015, mit welchem der Asylantrag wegen der Zuständigkeit Italiens als unzulässig abgelehnt und seine Abschiebung nach Italien angeordnet wurde. Er bean

Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 04. Feb. 2016 - 8 A 45/16

bei uns veröffentlicht am 04.02.2016

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 10.06.2015, mit welchem der Asylantrag wegen der in Italien erlangten Anerkennung subsidiären Schutzes als unzulässig abgelehnt sowie die Abschiebung nach It

Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 02. Sept. 2015 - 9 A 399/14

bei uns veröffentlicht am 02.09.2015

Tatbestand 1 Die Kläger wenden sich gegen einen Bescheid der Beklagten mit dem festgestellt wurde, dass ihnen in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zusteht und ihre Abschiebung nach Bulgarien angeordnet wird. 2 Der am 08.03.1984 gebor

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 07. März 2014 - 1 A 21/12.A

bei uns veröffentlicht am 07.03.2014

Tenor Das angefochtene Urteil wird geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, in beiden Rechtszügen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläg

Referenzen

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entscheidet ein Mitglied der Kammer als Einzelrichter. Der Einzelrichter überträgt den Rechtsstreit auf die Kammer, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn er von der Rechtsprechung der Kammer abweichen will.

(5) Ein Richter auf Probe darf in den ersten sechs Monaten nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen einen Bescheid der Beklagten mit dem festgestellt wurde, dass ihnen in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zusteht und ihre Abschiebung nach Bulgarien angeordnet wird.

2

Der am 08.03.1984 geborene Kläger zu 1. sowie seine zwei minderjährigen am 16.06.2008 und 11.11.2009 geborenen Kinder, die Kläger zu 2. und 3. sind, sind ungeklärter Staatsangehörigkeit mit letztem gewöhnlichem Aufenthalt in Syrien. Sie reisten gemeinsam mit der syrischen Staatsangehörigen Frau H. H., Ehefrau des Klägers zu 1. (nur nach traditionellem Ritus), Mutter der Kläger zu 2. und 3. und Klägerin im Verfahren 9 A 401/14 MD, aus Bulgarien kommend in das Bundesgebiet ein und stellten am 07.05.2014 einen Asylantrag.

3

Die Kläger haben bereits in Bulgarien ein Asylverfahren durchgeführt. Ihnen und der Klägerin des Verfahrens 9 A 401/14 MD wurde mit Entscheidung vom 31.01.2014 bzw. vom 14.02.2014 der Flüchtlingsstatus durch die bulgarischen Behörden zuerkannt.

4

Beim persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens gab der Kläger zu 1. an, am 08.09.2013 sein Herkunftsland verlassen zu haben und über die Türkei kommend nach Bulgarien eingereist zu sein und dort einen Asylantrag gestellt zu haben. Bei seiner Anhörung nach § 25 AsylVfG ergänzt der Kläger zu 1, dass er und seine Familie in Bulgarien anerkannt worden seien und einen Aufenthaltstitel erhalten hätten.

5

Hinsichtlich des Klägers zu 1. erzielte die Beklagte einen EURODAC-Treffer der Kategorie 1 für die Republik Bulgarien am 06.06.2014.

6

Unter Verweis auf den erzielten EURODAC-Treffer richtete die Beklagte am 17.06.2014 ein Wiederaufnahmegesuch an die Republik Bulgarien hinsichtlich des Klägers zu 1. und seiner Familie. Unter dem 17. und 19.06.2014 lehnten die bulgarischen Behörden verweisend auf die bereits erfolgte Flüchtlingsanerkennung die Wiederaufnahme der Kläger nach der Dublin III-VO ab. Es wird unter Angabe der Kontaktdaten mitgeteilt, dass zwecks Rücküberstellung der Kläger die Grenzpolizei/Innenministerium Bulgariens zuständig ist.

7

Mit Bescheid vom 02.10.2014 stellte die Beklagte fest, dass den Klägern kein Asylrecht zusteht (Ziffer 1.). Sie ordnete zudem die Abschiebung nach Bulgarien an (Ziffer 2.). Zur Begründung verwies sie aufgrund der Flüchtlingsanerkennung durch die Republik Bulgarien auf Art. 16a GG, §§ 26a, 31 Abs. 4, 34a AsylVfG. Mit Bescheid gleichen Datums hat die Beklagte einen gleichlautenden Bescheid gegenüber der Ehefrau und Mutter der Kläger erlassen, dieser ist Gegenstand des Verfahrens 9 A 401/14 MD.

8

Die Kläger haben am 17.10.2014 Klage beim erkennenden Gericht erhoben und gleichzeitig um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht (9 B 400/14 MD) sowie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Frau Rechtsanwältin … beantragt. Mit Beschluss des Gerichts vom 03.12.2014 ordnete das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 2 des Bescheides der Beklagten vom 02.10.2014 an. Den am 18.08.2015 gestellten Antrag der Beklagten nach § 80 Abs. 7 VwGO lehnte das Gericht mit Beschluss vom 18.08.2015 (9 B 688/15 MD) ab.

9

Am 16.06.2015 wurde das dritte Kind des Klägers zu 1. und der Klägerin des Verfahrens 9 A 401/14 MD (A. H.) geboren.

10

Unter dem 19.06.2015 teilte das Innenministerium Bulgariens (Chief Directorate Border Police) seine Übernahmebereitschaft hinsichtlich der Kläger mit.

11

Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger im Wesentlichen vor, dass sie sich nach der Zuerkennung des Schutzstatus in Bulgarien selbst überlassen worden seien. Ihnen sei weder eine Unterkunft zur Verfügung gestellt noch Lebensmittel oder sonstige Dinge des täglichen Bedarfs überlassen worden. Der Kläger zu 1. habe keine Arbeitserlaubnis erhalten und es habe auch keine Möglichkeit einer Schulbildung hinsichtlich des Klägers zu 2., der sich in einem schulpflichtigen Alter befände, bestanden. Nur mit der finanziellen Unterstützung ihrer Familienangehörigen in Syrien hätten sie überleben können. Ein selbstbestimmtes Leben sei in Bulgarien nicht möglich, weil ohne Unterstützung des bulgarischen Staats sie vor der Obdachlosigkeit gestanden hätten, und gezwungen gewesen seien, ihre Flucht nach Deutschland fortzusetzen. Die Beklagte sei zum Selbsteintritt nach Art. 17 Dublin III-VO aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens in Bulgarien und der dortigen Aufnahmebedingungen verpflichtet. Die Dublinvorschriften seien anwendbar. Es bestehe die tatsächliche Gefahr, einer unmenschlichen erniedrigen Behandlung in Bulgarien ausgesetzt zu sein.

12

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17.09.2014 (2 BvR 1795/14) müssten bei einer grundsätzlich zulässigen Abschiebung Vorkehrung getroffen werden, um diese verantworten zu können. Anders als bei der Abschiebung ins Herkunftsland müsse bei einer Abschiebung in einen Drittstaat berücksichtigt werden, dass ein Ausländer regelmäßig nicht auf verwandtschaftliche Beziehung bzw. ein soziales Netzwerk zurückgreifen könne, so dass die zuständige Behörde bei bestehenden Kapazitätsengpässen bei der Unterbringung zurückgeführter Ausländer dem angemessen Rechnung zu tragen habe. Kapazitätsengpässe lägen nach der derzeitigen Auskunftslage vor und die Kläger zu 2. und 3. sowie das am 16.06.2015 geborene dritte Kind gehörten einer schutzbedürftigen Personengruppe an, so dass es einer Garantieerklärung der bulgarischen Behörden bedürfe.

13

Neben der Obdachlosigkeit drohe der Mutter der Kläger zu 2. und 3. bzw. Frau des Klägers zu 1. (Klägerin im Verfahren 9 A 401/14 MD) bei Rückkehr nach Bulgarien die Gefahr gesundheitlicher Beeinträchtigung, da eine akute Gefahr einer Suizidalität bestehe. Aus Angst vor ihrer Abschiebung habe sie bereits einen psychischen Zusammenbruch erlitten und habe sich in der Zeit vom 15.10. bis 17.10.2014 – nach Erlass des streitbefangenen Bescheides – in stationärer Behandlung der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie im Fachklinikum Bernburg befunden. Die perspektivische Unsicherheit sei unter psychischen Gesichtspunkten enorm bedenklich.

14

Die Kläger beantragen,

15

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 02.10.2014 zu verpflichten, über den Asylantrag der Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

16

Die Beklagte beantragt,

17

die Klage abzuweisen.

18

Sie verteidigt ihren Bescheid und ergänzt, dass die Aufnahmesituation anerkannter Personen in Bulgarien nicht derart schlecht sei, dass von einer Abschiebung abgesehen werden müsse. Punktuelle Engpässe bei der Versorgung und Unterbringung seien hierfür nicht ausreichend. Eine Menschenrechtsverletzung drohe nicht. Dass in Europa die Schutzgewährung mit einem umfassenden Anspruch auf soziale Hilfen – wie in der Bundesrepublik Deutschland – nicht gegeben sei, führe keineswegs zu einem Schutzanspruch in Deutschland. Dass der Mensch grundsätzlich für sich selbst Verantwortung trage und seinen Lebensunterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit zu sichern habe, sei in vielen Teilen Europas gelebte Praxis, wie auch im Heimatland der Kläger.

19

Eine ausreichende Lebensgrundlage im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU stehe den Klägern in Bulgarien zur Verfügung. Bei der Beklagten handele es sich nicht um eine „europäische Sozialbehörde“. Die Kläger haben den schutzgewährenden Staat selbstständig verlassen, so dass es ihr eigenes Verschulden sei und es ihnen nunmehr schwer fallen werde, nach ihrer Rückkehr Fuß zu fassen. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestehe nicht.

20

Ein Anspruch auf Wohnraum in Bulgarien könne keineswegs durch die Beklagte in konkretes Handeln übersetzt werden. Wieso den Klägern die Anmietung von Wohnraum, übergangsweise einer Pension nicht möglich sein soll, erschließe sich nicht. Immerhin hätten sie unter Aufwendung von tausenden von Euro den Weg in die Bundesrepublik geschafft.

21

Die Beteiligten haben übereinstimmend Verzicht auf mündliche Verhandlung erklärt.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten sowie die vorliegenden Erkenntnismittel zur Republik Bulgarien (Stand: Juni 2015) verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

23

I. Die Klage, über die im Einvernehmen mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat teilweise Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 02.10.2014 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, soweit in Ziffer 2. die Abschiebung nach Bulgarien angeordnet wird. Im Übrigen – Ziffer 1. des Bescheides – begegnet der Bescheid keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Darüber hinaus besteht auch kein Anspruch der Kläger auf Neubescheidung ihres Asylbegehrens unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.

24

1. Soweit die Kläger beantragen, dass über ihren Asylantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden ist, ist der Antrag bereits unzulässig. Wegen der insoweit konkreten Formulierung des Klageantrages war das Gericht gehindert, das Begehren der Kläger gemäß § 88 VwGO dahingehend sachdienlich auszulegen, dass sie nur die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 02.10.2014 begehren, was ausreichend wäre, um das Ziel einer Durchführung eines Asylverfahrens in Deutschland zu erreichen (vgl. etwa BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 -; VG Düsseldorf, U. v. 27.6.2014 - 13 K 654/14.A -. m. w. N.; VG Regensburg, U. v. 29.4.2014 - RO 4 K 14.50022 -; U. v. 18.7.2013 - RN 5 K 13.30027 -, alle juris). Die Unzulässigkeit des so anzunehmenden Verpflichtungsbegehrens rührt daraus, dass die – von den Klägern begehrte – Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates eine der Prüfung des Asylantrages vorgelagerte Frage betrifft und deshalb – anders als z. B. im Folgeverfahren – ein „Durchentscheiden“ des Gerichts nicht in Betracht kommt (vgl. dazu OVG Münster, U. v. 07.03 2013 - 1 A 21/12 -; VGH Baden-Württemberg, U. v. 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 -; beide juris; OVG LSA, B. v. 02.03.2015 - 4 L 172/14 -). Die Klage unterliegt mithin insoweit der Abweisung.

25

2. Voranzustellen ist darüber hinaus, dass die Kläger – entgegen ihrer Rechtsauffassung – nicht mehr dem Dublin-System, insbesondere nicht den materiellen Regelungen der Dublin II-VO unterfallen. Dass Asylbewerber (noch) dem gesamteuropäischen Dublin-System zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates für die Bearbeitung von Asylanträgen mit all den daraus resultierenden Fristen und Verfahrensgarantien unterliegen könnten, liegt im Wesentlichen die Erwägung zugrunde, dass für sie noch die Dublin II-VO Anwendung findet, von der auch Asylsuchende erfasst werden, die bereits als subsidiär Schutzberechtigte in einem Mitgliedsstaat anerkannt wurden und danach in einen anderen Mitgliedsstaat weiterreisen und dort erneut einen Asylantrag stellen (so auch Bender/ Bethke, „Dublin III“, Asylmagazin 2013, S. 357 ff.), weil für sie die Notwendigkeit der Bestimmung eines zuständigen Mitgliedsstaates (noch) besteht (vgl. hierzu im Einzelnen: VG Magdeburg, U. v. 09.07.2015 – 9 A 216/15 MD –). Denn nach der Dublin II-VO gelten Asylanträge deshalb im Sinne von Artikel 16 Abs. 1 lit. e) Dublin II-VO als abgelehnt, weil diese nach Artikel 2 lit. c) Dublin-II-VO von dem jeweiligen Mitgliedsstaat inhaltlich zwingend als auf die Anerkennung als Konventionsflüchtling gerichtet anzusehen waren (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.02.2014 – 10 C 6/13 – juris). Zwar haben die Kläger vor dem nach der Überleitungsvorschrift des Art. 49 Dublin III-VO maßgebenden Stichtag am 02.10.2013 ihren Asylantrag in Bulgarien gestellt, so dass die materiellen Regelungen der Dublin II-VO einschlägig wären. Fest steht jedoch auch, dass die Kläger mit Entscheidung der bulgarischen Behörden vom 31.01.2014 bzw. vom 14.02.2014 bereits als Konventionsflüchtlinge und nicht lediglich als subsidiär Schutzberechtigte anerkannt worden sind, mithin keine Notwendigkeit mehr besteht, für sie den Mitgliedsstaat zu bestimmen, in dem der Asylantrag (weiter) bearbeitet wird bzw. sie sich nach der Ablehnung des Antrages aufzuhalten haben. Das Asylverfahren der Kläger hat zweifellos seinen Abschluss in Bulgarien gefunden, weil die Kläger nicht mehr erreichen können. Dementsprechend findet (auch) die Dublin II-VO keine Anwendung mehr, mit der Folge, dass sich die Rückführung der Kläger allein nach bilateralen Vorschriften zwischen der Republik Bulgarien und der Bundesrepublik Deutschland richtet.

26

Unterfallen die Kläger damit nicht mehr dem Dublinregime können sie auch nicht mit ihrem Vortrag gehört werden, die Beklagte müsse von ihrem Selbsteintrittsrecht nach den Dublinregelungen Gebrauch machen. Konsequenz der fehlenden Anwendbarkeit der Dublinvorschriften ist zudem, dass die Beklagte nicht zu prüfen hat, ob das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien systemische Mängel aufweist. Denn der Bezugspunkt für die Beurteilung des hinreichenden Schutzes hängt davon ab, ob der Ausländer bereits einen Schutzstatus in dem Land, in das er abgeschoben werden soll, erhalten hat oder nicht. Nur in letzterem Fall ist darauf abzustellen, ob das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische, dem ersuchenden Mitgliedstaat nicht unbekannte Mängel aufweisen, die für den Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr begründen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4 / Art. 19 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtecharta) bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 21.12.2011 – C-411/10 und C-493/10 –, juris Rdnr. 78 f., 84 ff. und 94; VG Düsseldorf, B. v. 17.07.2014 – 17 L 1018/14.A –, juris).

27

3. Ziffer 1. des streitbefangenen Bescheides, mit der festgestellt wird, dass den Klägern in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zusteht, begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken und ist so zu verstehen bzw. nach § 47 VwVfG umzudeuten, dass der von den Klägern gestellte Asylantrag unzulässig ist.

28

Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn der Asylbewerber – wie hier – bereits einen Schutzstatus im Schutzraum erlangt hat. Dies folgt aus § 60 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 AufenthG (vgl. BVerwG, U. v. 17.06.2014 – 10 C 7/13 – juris, Rdnr. 28 ff.). Das Bundesverwaltungsgericht führt hierzu aus:

29

„…Die Anerkennung eines Ausländers als Flüchtling oder als subsidiär Schutzberechtigter in einem anderen Staat wirkt zwar völkerrechtlich nicht wie eine Statusentscheidung durch deutsche Behörden und hat in diesem Sinne keine umfassende Bindungswirkung für die Bundesrepublik Deutschland (hierzu auch Marx, InfAuslR 2014, 227 <232>). Die Genfer Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951 legt einheitliche Kriterien für die Qualifizierung als Flüchtling fest, sieht aber keine völkerrechtliche Bindung eines Vertragsstaats an die Anerkennungsentscheidung eines anderen vor (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. November 1979 - 1 BvR 654/79 - BVerfGE 52, 391 <404>; BVerwG, Urteil vom 29. April 1971 - BVerwG 1 C 42.67 - BVerwGE 38, 87 <89 f.> = Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 2 S. 4 f.). Eine solche Bindungswirkung ergibt sich auch nicht aus dem Unionsrecht. Dieses ermächtigt zwar nach Art. 78 Abs. 2 Buchst. a und b AEUV zu Gesetzgebungsmaßnahmen, die einen in der ganzen Union gültigen einheitlichen Asylstatus und einen einheitlichen subsidiären Schutzstatus für Drittstaatsangehörige vorsehen, die maßgebliche Richtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 sieht eine in der ganzen Union gültige Statusentscheidung jedoch nicht vor. Die Bundesrepublik Deutschland hat aber von der nach Völker- und Unionsrecht fortbestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, durch eine nationale Regelung den Anerkennungsentscheidungen anderer Staaten in begrenztem Umfang Rechtswirkungen auch im eigenen Land beizumessen (vgl. etwa die diesbezügliche Empfehlung des UNHCR im Beschluss Nr. 12 seines Exekutivkomitees aus dem Jahr 1978). In Deutschland genießen im Ausland anerkannte Flüchtlinge schon seit Inkrafttreten des Ausländergesetzes von 1990 (dort § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2) den gleichen Abschiebungsschutz wie die im Inland anerkannten, ohne dass ein erneutes Anerkennungsverfahren durchgeführt wird. Durch § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG (n.F.) ordnet das nationale Recht eine auf den Abschiebungsschutz begrenzte Bindungswirkung der ausländischen Flüchtlingsanerkennung an (ähnlich Treiber, in: GK-AufenthG, Stand: Juli 2011, § 60 Rn. 205.3). Es besteht aber gerade kein Anspruch auf eine neuerliche Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder auf Feststellung subsidiären Schutzes (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 AufenthG n.F.) oder eine hieran anknüpfende Erteilung eines Aufenthaltstitels in Deutschland. Vielmehr ist das Bundesamt bei Vorliegen einer ausländischen Anerkennungsentscheidung zur Feststellung von subsidiärem Schutz oder der (erneuten) Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Deutschland weder verpflichtet noch berechtigt. Ein gleichwohl gestellter Antrag ist unzulässig. Das hat der Senat bereits zu der bis 30. November 2013 geltenden Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 2 und 6 AufenthG (a.F.) entschieden (Beschluss vom 26. Oktober 2010 - BVerwG 10 B 28.10 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 1 AufenthG Nr. 43). Dem entspricht die nunmehr geltende Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 2 und 3 AufenthG. Sie ist jedenfalls bei Zuerkennung internationalen Schutzes durch einen anderen Mitgliedstaat mit Unionsrecht vereinbar. Denn Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU - Asylverfahrensrichtlinie 2013 - eröffnet dem nationalen Gesetzgeber die Möglichkeit, einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zu behandeln, wenn dem Ausländer bereits ein anderer Mitgliedstaat internationalen Schutz gewährt, d.h. ihm entweder die Flüchtlingseigenschaft oder unionsrechtlichen subsidiären Schutz zuerkannt hat (vgl. Art. 2 Buchst. i der Richtlinie).

30

Durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl I S. 3474) wurde die Unzulässigkeit eines erneuten Anerkennungsverfahrens nunmehr auch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG (n.F.) erstreckt (§ 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Damit wurde die Konsequenz aus der inhaltlichen Neubestimmung des Asylantrags in § 13 Abs. 1 AsylVfG (n.F.) gezogen, der - im Einklang mit Unionsrecht - nunmehr neben dem Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch den Antrag auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz umfasst (vgl. BTDrucks 17/13063 S. 25 zu § 60 Abs. 2 AufenthG). Dies hat die verfahrensrechtliche Konsequenz, dass das Begehren auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz unzulässig ist, wenn dem Ausländer bereits im Ausland die Rechtsstellung eines Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne von § 4 AsylVfG (n.F.) zuerkannt worden ist (vgl. hierzu bereits Urteil vom 13. Februar 2014 - BVerwG 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487 Rn. 16). Da dem Kläger im vorliegenden Fall bereits in Italien die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, kann er in Deutschland nicht mehr die Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter verlangen (§ 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG)…“

31

Damit hat das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, wie entsprechende Asylanträge durch die Beklagte rechtlich zu behandeln sind, eine Bezugnahme auf § 26a AsylVfG erfolgt nicht (so auch Bay VGH, B. v. 16.06.2015 – 20 B 15.50058 – juris; Funke-Kaiser, Personen mit Schutzstatus in einem anderen EU-Land – Rechtliche Probleme, Asylmagazin 5/2015, S. 148 ff.).

32

Eines Rückgriffs auf § 26a AsylVfG bedarf es nach Auffassung des Gerichts nicht, zumal bereits fraglich ist, ob der Anwendungsbereich der Norm auf die vorliegende Fallgestaltung, dass der Asylbewerber bereits in einem sicheren Drittstaat Flüchtlingsanerkennung erlangt hat, eröffnet ist. In der Rechtsprechung wird zwar die Anwendbarkeit mit der Begründung vertreten, dass das Konzept sicherer Drittstaaten auf dem Gedanken beruht, dass in Deutschland keine Schutzbedürftigkeit besitzt, wer in einem sicheren Drittstaat Schutz hätte finden können. Diese Schutzbedürftigkeit fehlt danach erst recht, wenn der Asylbewerber nicht nur Schutz hätte finden können, sondern sogar Schutz gefunden hat. Der Umstand, dass es Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG für das Entfallen der Schutzbedürftigkeit ausreichen lässt, dass der Asylbewerber im sicheren Drittstaat die Gelegenheit hatte, Schutz zu erlangen, ungeachtet dessen, ob diese Gelegenheit genutzt wurde, kann daher kein Grund sein, den Anwendungsbereich des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG entgegen Wortlaut und Sinn auf Fälle zu beschränken, in denen der sichere Drittstaat keinen internationalen Schutz gewährt hat (vgl. OVG NRW, B. v. 11.05.2015 – 14 A 926/15.A – juris). Dem gegenüber ist zu konstatieren, dass dieses Konzept, das durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung asylverfahrens-, ausländer-, und staatsangehörigkeitsrechtlicher Vorschriften vom 30.06.1993 (BGBl. I, S. 1062ff.) Eingang in das Asylverfahrensgesetz gefunden hat, nach dem Willen des Gesetzgebers für noch nicht Schutzberechtigte entwickelt wurde (vgl. BT-Drs. 12/4450 S. 20). In der Begründung zum Gesetzesentwurf heißt es:

33

"Satz 1 normiert in Übereinstimmung mit Artikel 16 a Abs. 2 GG den Grundsatz, daß sich derjenige nicht auf Artikel 16a Abs. 1 GG berufen kann, der aus einem sicheren Drittstaat eingereist ist. Satz 2 stellt klar, daß dieser Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird. Die Regelung beruht darauf, daß ein vor politischer Verfolgung Flüchtender in dem ersten Staat um Schutz nachsuchen muß, in dem ihm dies möglich ist. Außerdem muß es dem Ausländer möglich sein, nach Rückkehr in den sicheren Drittstaat, über den er eingereist ist, ein dort eingeleitetes Verfahren auf Schutzgewährung zu Ende zu führen oder ein noch nicht gestelltes Schutzersuchen nachzuholen."

34

Der Gesetzgeber hatte also erkennbar nur Asylsuchende im Blick, für die entweder ein Asylverfahren im Drittstaat bereits eingeleitet oder für die dieses noch durchzuführen ist (zur verneinten Anwendung der Drittstaatenregelung: vgl. im Einzelnen: Funke-Kaiser, Personen mit Schutzstatus in einem anderen EU-Land – Rechtliche Probleme, Asylmagazin 5/2015, S. 148, 151¸ auch BVerwG, U. v. 17.06.2014 – a.a.O.). Es handelt sich nur um ein Instrumentarium, das gewissermaßen ein „abdrängendes“ Zuständigkeitsregime enthält, was in Art. 16a Abs. 5 GG zum Ausdruck kommt (vgl. im Einzelnen: Funke-Kaiser, Personen mit Schutzstatus in einem anderen EU-Land – Rechtliche Probleme, Asylmagazin 5/2015, S. 148, 151). Durch die Überlagerung des durch Art. 3 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I S. 1970ff.) eingefügten § 27a AsylVfG und die fortgesetzte Erweiterung der Europäischen Union sind jedoch die vom Gesetzgeber in den Blick genommenen Anwendungsfälle der Regelung weitestgehend entzogen worden. Für eine analoge Anwendung der Norm des § 26a AsylVfG – auch vor dem Hintergrund der damit im Zusammenhang stehenden Folgen, wie des Erlasses einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG – besteht davon ausgehend, dass nach § 60 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 Satz 2 AufenthG der Asylantrag bereits unzulässig ist, kein Anlass, da es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt.

35

Die Voraussetzung des § 47 VwVfG liegen vor. Nach Absatz 1 der Vorschrift kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenen Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für den Erlass vorliegen. Dies ist hier der Fall. Die Beklagte ist davon ausgegangen, dass das Dublinsystem nicht mehr greift und den Klägern kein Asylrecht wegen bestehenden Flüchtlingsstatus zusteht, so dass trotz der Bezugnahme auf § 26a AsylVfG hierin die Entscheidung zu erblicken ist, dass der Asylantrag unzulässig ist. Eine Umdeutung ist auch nicht nach § 47 Abs. 2 VwVfG ausgeschlossen, insbesondere sind die damit einhergehenden Rechtsfolgen weder ungünstiger für die Kläger noch widerspricht die Umdeutung der erkennbaren Absicht der erlassenen Behörde. Letzteres insbesondere deshalb nicht, weil gerichtsbekannt ist, dass die Beklagte in ihrer Tenorierungs- und Entscheidungspraxis unter Verweis auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bei Personen die internationalen Schutz in einem sicheren Drittstaat erlangt haben, solche Asylanträge nunmehr regelmäßig als unzulässig ablehnt und sodann mit einer Abschiebungsandrohung und nicht etwa Abschiebungsanordnung versieht.

36

4. Die in Ziffer 2. des streitbefangenen Bescheides getroffene Abschiebungsanordnung ist jedoch rechtswidrig.

37

4.1. Ausgehend davon, dass nach Auffassung des Gerichts kein Fall des § 26a AsylVfG vorliegt, ist bereits der Weg einer Entscheidung nach § 31 Abs. 4 AsylVfG sowie hierauf aufbauend der Erlass einer Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG nicht eröffnet (vgl. Funke-Kaiser, Personen mit Schutzstatus in einem anderen EU-Land – Rechtliche Probleme, Asylmagazin 5/2015, S. 148, 151, a. A.: „Erstrechtschluss“ OVG NRW, a.a.O.), so dass allein der Erlass einer Abschiebungsandrohung – was auch der seit Januar 2015 gerichtsbekannten regelmäßigen Verwaltungspraxis der Beklagten entspricht – hier statthaft gewesen wäre.

38

4.2. Selbst wenn man der Auffassung des erkennenden Gerichts nicht folgen sollte und mit dem Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (vgl. oben) und der wohl überwiegenden Rechtsprechung (vgl. VG Berlin, U. v. 04.06.2015 – 23 K 906.14 A –; VG des Saarlandes, U. v. 04.08.2015 – 3 K 1955/14 –; VG Düsseldorf, U. v. 29.06.2015 – 13 K 3215/15.A –; alle juris ) davon ausgeht, dass die Drittstaatenregelung des § 26a AsylVfG anwendbar ist, mit der Folge, dass die Beklagte dem Grunde nach berechtigt ist, eine Abschiebungsanordnung zu erlassen, wäre eine Abschiebung der Kläger angesichts des Umstandes, dass sie gemeinsam mit der nach religiösen Ritus verheirateten Ehefrau und Mutter – Klägerin des Verfahrens 9 A 401/14 MD – und des am 16.06.2015 geborenen dritten Kindes einer schutzbedürftigen Personengruppe angehören, derzeit nicht möglich.

39

4.2.1. Vorauszuschicken ist hierbei, dass die „sichere Drittstaatenregelung“ des § 26a AsylVfG in Entsprechung des Konzepts der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U. v. 14.05.1996 - 2 BvR 1938/93) bzw. des unionsrechtlichen Prinzips des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 – C-411/10 und C-493/10 –, juris) von der Annahme getragen wird, dass alle daran beteiligten Staaten, ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, die Grundrechte, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Richtlinie 2011/95/EU, der GFK sowie in der EMRK finden, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen, mit der Folge, dass unter diesen Bedingungen die - freilich widerlegbare - Vermutung gilt, die Behandlung der Kläger als schutzberechtigt anerkannte Ausländer stehe in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den genannten Rechten (zustimmend: VG Düsseldorf, B. v. 17.07.2014 – 17 L 1018/14.A –, juris; a.A. Marx, Spontane Binnenwanderung international Schutzberechtigter in der Union, InfAuslR 2014, 227 ff.).

40

Nach der aktuellen Auskunftslage (zuletzt Bericht von ProAsyl, „Erniedrigt, misshandelt, schutzlos: Flüchtlinge in Bulgarien“, April 2015) bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Verhältnisse in Bulgarien – mit Ausnahme solcher für besonders schutzbedürftige Personengruppen (vgl. Art. 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95 (EU)) – hinter dem unionsrechtlich vorgesehenen Flüchtlingsschutz zurückbleiben, mithin tatsächlich die Gefahr besteht, dass anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte in Bulgarien einer unmenschlichen oder erniedrigen Behandlung ausgesetzt sind, so dass dies einer Abschiebung nicht entgegengehalten werden kann.

41

Soweit die Genfer Flüchtlingskonvention für anerkannte Flüchtlinge Wohlfahrtsregelungen enthält (Art. 20 ff. GFK), die vom anerkennenden Drittstaat zu beachten sind, gehen diese im Wesentlichen über Diskriminierungsverbote gegenüber den jeweiligen Inländern nicht hinaus. Namentlich im Bereich der öffentlichen Fürsorge und der sozialen Sicherheit verpflichtet die GFK den Drittstaat zur Inländergleichbehandlung (vgl. Art. 23, 24 GFK). Anhaltspunkte dafür, dass Bulgarien die Verpflichtung zur Inländergleichbehandlung nicht beachten wird, sind vorliegend weder ersichtlich noch werden sie von den Klägern behauptet.

42

Für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung anerkannter Flüchtlinge in Bulgarien im Sinne von Art. 3 EMRK ist gleichfalls nichts ersichtlich. Der Inhalt des internationalen Flüchtlingsschutzes wird unionsrechtlich vorgegeben durch die Regelungen in Art. 20 bis 35 der Richtlinie 2011/95/EU. So gelten einheitliche Vorgaben etwa für die Erteilung des Aufenthaltstitels (Art. 24) und der Reisedokumente (Art. 25 Abs. 1). Einem anerkannten Schutzberechtigten stehen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung (Art. 26), zur Bildung (Art. 27), zum Erhalt von Sozialhilfeleistungen (Art. 29) und medizinischer Versorgung (Art. 30) dieselben Rechte wie den jeweiligen Staatsangehörigen zu (VG Düsseldorf, B. v. 17.07. 2014 – 17 L 1018/14.A –, juris).

43

Im Hinblick auf Bulgarien ist zwar festzustellen, dass die Lebensbedingungen (auch) für Personen mit zuerkannter Flüchtlingseigenschaft bzw. subsidiärem Schutzstatus dort nach den gegebenen Erkenntnissen prekär sind. Weder ist aber eine Verletzung der in Art. 26 ff. der Richtlinie 2011/95/EU vorgesehenen Gleichbehandlungsgebote erkennbar noch herrschen in Bulgarien derart handgreiflich eklatante Missstände, die die Annahme rechtfertigten, anerkannte Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte würden einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt und einem international Schutzberechtigten müsste unabweisbar Schutz gewährt werden. Eine solche Behandlung muss vielmehr ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um als unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK zu gelten (vgl. zum Schutzumfang: VGH Baden-Württemberg, U. v. 10.11.2014 – A 11 S 1778/14 – juris). Dieses Mindestmaß erreichen die Verhältnisse, denen anerkannte Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte in Bulgarien ausgesetzt sind, nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht.

44

Dabei geht das Gericht von folgenden Erkenntnissen in Bulgarien aus: Der UNHCR schildert in seinem Bericht "Current Situation of Asylum in Bulgaria" Schwierigkeiten anerkannter Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigter in Bulgarien (vgl. UNHCR Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria, Stand: April 2014, Ziff. 2.7.). So bestünde eine bis zu zweimonatige Lücke bei der Gesundheitsversorgung in der Zeit zwischen Anerkennung als Flüchtling oder subsidiär Schutzberechtigter aufgrund der Änderung ihres Status im System. Sie hätten außerdem - wie die bulgarischen Staatsangehörigen auch - einen monatlichen Beitrag von umgerechnet 8,70 Euro für die Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen, von dem indes Medikamente und psychologische Betreuung nicht umfasst seien. Berichtet wird außerdem von Schwierigkeiten, eine gesicherte Beschäftigung zu erlangen. Neben der schwierigen wirtschaftlichen Situation seien einige strukturelle Hindernisse wie etwa die fehlende Anerkennung von Vorkenntnissen zu überwinden. Es fehle an gezielter Unterstützung. Außerdem mangele es an angemessenen und bezahlbaren Unterkünften, was eine Integration erschwere. Ohne externe Unterstützung bei der Suche nach geeigneten Unterkünften seien die Statusinhaber auf die weitere Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen angewiesen, wo sie kaum Möglichkeit zur Integration in die bulgarische Gesellschaft hätten. Auch die für eine erfolgreiche Integration erforderliche Bildung der Schutzberechtigten, insbesondere der Kinder, sei verbesserungswürdig. Zwar hätten die Statusinhaber – wie Asylsuchende – unter 18 Jahren nach bulgarischem Recht im gleichen Maße Zugang zu Bildung wie bulgarische Staatsbürger. Voraussetzung für den Antritt des Schulbesuchs sei jedoch die erfolgreiche Teilnahme an einem SAR-Sprachkurs, der nur in einer Aufnahmeeinrichtung vorgehalten werde. In den übrigen Einrichtungen würden informelle Sprachkursen erteilt, die vom UNHCR finanziert und von der Caritas durchgeführt würden. Deren Anerkennung sei derzeit noch nicht sichergestellt.

45

Die Darstellungen des UNHCR decken sich im Wesentlichen mit dem neuesten Bericht von ProAsyl vom April 2015 (s.o.), wobei jedoch durch ProAsyl Schluss gezogen wird, dass kein anerkannter Flüchtling in Bulgarien eine reelle Chance habe, sich ein Existenzminimum zu schaffen, was dazu führe, dass eine Rückführung von Personen, die in Bulgarien einen Status erhalten haben, gegen Art. 3 EMRK verstoße. ProAsyl führt im Einzelnen aus, dass es für einen Schutzberechtigten fast unmöglich sei, eine gesicherte Unterkunft zu finden, da es an Unterstützung mangele. In kommunalen Obdachlosenunterkünften oder Sozialwohnungen könnten sie keine Unterkunft finden, da dies voraussetze, dass sie die bulgarische Staatbürgerschaft besitzen und über einen gewissen Zeitraum bereits in der Gemeinde gemeldet gewesen seien. Die danach einzig verbleibende Option sei, über Landsleute, Freunde oder Makler eine Wohnung zu suchen. Diese prekäre Situation mache sie häufig zu Opfern von Betrug und Ausbeutung, da der Mietpreis meist auf das Doppelte oder Dreifache ansteige. Ohne finanzielle Unterstützung bleibe häufig die Obdachlosigkeit. Zwar könnten die Schutzberechtigten ausnahmsweise maximal sechs Monate nach Erlangung des Status in den Flüchtlingsunterkünften verbleiben, verbessere sich jedoch nicht die finanzielle Situation, sei dies nur eine „Gnadenfrist“. Angesichts dessen, dass derzeit kein nationales Integrationsprogramm bestehe, sei es praktisch unmöglich, soziale Rechte wahrzunehmen. Ohne Sprachkenntnisse und unterstützende Sozialarbeiter werde die Situation erschwert. Es sei zwar die ambitionierte Integrationsstrategie 2014 – 2020 aufgelegt worden, allerdings fehle es an der konkreten Umsetzung und Finanzierung. Mangels Meldeadresse scheide auch eine Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt aus, die zusätzlich durch fehlende Sprachkenntnisse und Dokumentation der beruflichen Qualifikation der Schutzberechtigten erschwert werde. Diese führe dazu, dass Schutzberechtigte häufig ohne Arbeitsvertrag zu einem Lohnniveau beschäftigt würden, dass sie weiterhin in einer existenzbedrohenden Armut leben müssten. Seit 2015 biete nur noch die Caritas Bulgariens finanziert durch den UNHCR Sprachkurse an, wobei das Angebot/die Kapazität vor dem Hintergrund der Anzahl der Schutzberechtigten völlig unzureichend sei. Ähnliches gelte für den Zugang zum bulgarischen Bildungssystem, die große Mehrheit minderjähriger Schutzberechtigter besuche die Schule faktisch nicht, da die Aufnahme die Ablegung eines Eignungstest voraussetze. Zum Zugang zur medizinischen Versorgung ergänzt ProAsyl, dass Voraussetzung sei, dass der selbst versicherte Schutzberechtigte auf einer „Patientenliste“ eines Hausarztes eingetragen sein müsse, um behandelt zu werden bzw. Rezepte und Überweisungen zu erhalten. Dies gestalte sich vor dem Hintergrund, dass Ärzte mit freien Listenplätzen oft nicht willens seien, diese aufnehmen, schwierig. Hierbei spielten Vorbehalte und Vorurteile eine Rolle, aber auch Erfahrungen mit der Weiterwanderung der Schutzberechtigten, da eine Streichung von der „Patientenliste“ einen erheblichen administrativen Aufwand mit sich bringe.

46

Zur Überzeugung des Gerichts lassen die aufgezeigten Defizite jedoch noch nicht den Schluss zu, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im oben genannten Sinne vorliegt. Art. 3 EMRK verpflichtet die Konventionsstaaten nicht etwa dazu, Schutzberechtigte finanziell zu unterstützen, um ihnen einen gewissen Lebensstandard einschließlich bestimmter Standards medizinischer Versorgung zu ermöglichen (vgl. EGMR, U. v. 21.01.2011 - 30969/09 -, juris dort Rdnr. 249); auch reicht die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat nicht aus, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten (vgl. EGMR, B. v. 02.04.2013 - 27725/10 -, juris). Art. 3 EMRK ist im Kern ein Abwehrrecht gegen unwürdiges Staatsverhalten im Sinne eines strukturellen Versagens bei dem durch ihn zu gewährenden angemessenen materiellen Mindestniveau und weniger ein individuelles Leistungsrecht einzelner Antragsteller auf bestimmte materielle Lebens- und Sozialbedingungen selbst (vgl. VG Düsseldorf, B. v. 15.04.2013 - 17 L 660/13.A -, juris Rn. 43, m.w.N.; VG Düsseldorf, B. v. 04.11.2014 – 17 L 2342/14.A –, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 29.01.2015 – 14 A 134/15.A). Anerkannte Flüchtlinge in Bulgarien müssen sich nach alledem auf den dort für alle bulgarischen Staatsangehörigen geltenden Lebensstandard verweisen lassen, auch wenn dieser dem hiesigen Niveau nicht entspricht (zu Italien: VG Düsseldorf, B. v. 17.07.2014 – 17 L 1018/14.A –, juris, m.w.N.). Dass einem anerkannten Flüchtling in Bulgarien hinsichtlich Aufenthalts, Freizügigkeit, Unterkunft, Zugang zu Arbeit und medizinischer Versorgung nicht dieselben Rechte wie bulgarischen Staatsangehörigen zustehen, ist nicht ersichtlich (so bereits VG Magdeburg, B. v. 03.12.2014 – 9 B 400/14 –, juris). Bulgarien verfügt – im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland – über kein ausdifferenziertes Sozialsystem, sondern ist durch eigenverantwortliches Verhalten eines jeden Einzelnen geprägt. Dementsprechend muss verlangt werden, dass der jeweilige Schutzberechtigte grundsätzlich Willens und in der Lage ist, sich den unbestreitbar schwierigen Bedingungen zu stellen und durch eine hohe Eigeninitiative seine Integration herbeizuführen, obgleich dies in der Bundesrepublik Deutschland wesentlich einfacher wäre. Nur dadurch kann der Eingliederungsprozess gelingen. Dabei ist er gehalten, seine sich nach den vorbezeichneten Vorschriften aufzeigenden Rechte selbstständig wahrzunehmen und durchzusetzen. Hilfe hierbei können die in Bugarien tätigen Flüchtlingsorganisationen und das sich bei der Rückkehr entwickelnde soziale Umfeld bieten. Ein alleinstehender Schutzberechtigter, ohne gesundheitliche Defizite, der nicht dem Personenkreis des Art. 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU angehört, hat sich dem schwierigen Integrationsprozess in Bulgarien zu stellen und diesen eigenverantwortlich zu fördern.

47

4.2.2. Die Kläger gehören jedoch einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe an, was dem Erlass der in Ziffer 2. des streitbefangenen Bescheids verfügten Abschiebungsanordnung entgegensteht. Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen (4.2.1.) kann es im Einzelfall aus individuellen, in der Person des Ausländers liegenden Gründen – wenn auch nur vorübergehend – geboten sein, von der Überstellung in den anderen Mitgliedstaat abzusehen. Anhaltspunkt für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls kann geben, ob der Ausländer eine Personen mit besonderen Bedürfnissen gemäß Art. 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU ist, wonach die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung des Kapitels VII (Art. 20 bis 35 Richtlinie 2011/95/EU) die spezielle Situation von schutzbedürftigen Personen wie Minderjährigen, unbegleiteten Minderjährigen, Behinderten, älteren Menschen, Schwangeren, Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern, Opfern des Menschenhandels, Personen mit psychischen Störungen und Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben, zu berücksichtigen haben und der Ausländer nach einer Einzelfallprüfung (Art. 20 Abs. 4 Richtlinie 2011/95/EU) entsprechend einzustufen ist (vgl. VG Düsseldorf, B. v. 17.07.2014 – 17 L 1018/14.A –, juris). Vergleichbares ergibt sich auch nach Art. 5 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger – Richtlinie 2008/115/EG –, wonach bei der Umsetzung der Richtlinie die Mitgliedstaaten in gebührender Weise das Wohl des Kindes (lit. a), die familiären Bedingungen (lit. b), den Gesundheitszustand der betreffenden Drittstaatsangehörigen (lit. c) zu berücksichtigen und den Grundsatz der Nichtzurückweisung (Non-Refoulement-Prinzip) einzuhalten haben.

48

Beim Erlass der Abschiebungsanordnung hat die Beklagte nicht im Sinne von § 34a Abs. 1 AsylVfG berücksichtigt, dass der mittlerweile siebenjährige Kläger zu 2., der fünfjährige Kläger zu 3. sowie das am 16.06.2015 und damit im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens geborene dritte Kind des Klägers zu 1. und der Klägerin im Verfahren 9 A 401/14 MD als Minderjährige einer schutzbedürftigen Personengruppe nach § 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU bzw. Art. 5 lit. a und b Richtlinie 2008/115/EG angehören und nach der aktuellen Auskunftslage (s.o. UNHCR-Bericht von April 2014), die auch durch den Bericht von ProAsyl vom April 2015 ihre erneute Bestätigung gefunden hat, greifbare Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine gesicherte Unterkunft der Familie bei ihrer Rückkehr nach Bulgarien nicht zur Verfügung steht.

49

Das Bundesverfassungsgericht hat im Nichtannahmebeschluss vom 17.09.2014 (2 BvR 1795/14, juris) klargestellt, dass auch bei bereits Schutzberechtigten bei der Rückführung in sichere Drittstaaten zu beachten ist, dass diese – anders als bei ihrer Rückführung in ihr Heimatland – regelmäßig weder auf verwandtschaftliche Hilfe noch auf ein soziales Netzwerk bei der Suche nach Unterkunft für die Zeit unmittelbar nach ihrer Rückkehr zurückgreifen können. Bestehen jedoch aufgrund von Berichten international anerkannter Flüchtlingsorganisationen oder des Auswärtigen Amtes belastbare Anhaltspunkte für das Bestehen von Kapazitätsengpässen bei der Unterbringung rückgeführter Ausländer im sicheren Drittstaat, hat die auf deutscher Seite für die Abschiebung zuständige Behörde dem angemessen Rechnung zu tragen. Bei Vorliegen einer solchen Auskunftslage hat die Beklagte angesichts der hier berührten hochrangigen Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 6 Abs. 1 GG und der bei der Durchführung von Überstellungen allgemein besonders zu beachtenden Gesichtspunkte der Familieneinheit und des Kindeswohls (vgl. etwa Erwägungsgrund 22 und Art. 14 Abs. 1 lit. a und b, Art. 5 Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger) jedenfalls bei der Abschiebung von Familien mit Neugeborenen und Kleinstkindern bis zum Alter von drei Jahren in Abstimmung mit den Behörden des Zielstaats sicherzustellen, dass die Familie bei der Übergabe (wenigstens) eine gesicherte Unterkunft erhält, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren in dem genannten Sinne für diese in besonderem Maße auf ihre Eltern angewiesenen Kinder auszuschließen (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 17.09.2014, a.a.O.). Das erkennende Gericht geht darüber hinaus davon aus, dass eine Abstimmung mit den Behörden des Zielstaates nicht nur bei Familien mit Neugeborenen und Kleinstkindern, sondern auch bei Familien mit Kindern jedenfalls bis zum Alter von 12 Jahren notwendig ist. Denn auch diese Altersgruppe ist im besonderen Maße auf ihre Eltern angewiesen und besitzt nicht die notwendige körperliche und persönliche Reife, die eine andere Sichtweise rechtfertigen würde.

50

Dies vor dem Hintergrund der nach der aktuellen Auskunftslage bestehenden Kapazitätsengpässe bei der Unterbringung von Schutzberechtigten in Bulgarien zugrunde gelegt (siehe obige Ausführungen unter 4.2.1.), hat die Beklagte in Abstimmung mit den bulgarischen Behörden Vorkehrungen für die Rückkehr der Familie zu treffen, die eine gesicherte Unterkunft einschließen. Dies ist bisher nicht geschehen. Das bisherige Vorbringen der Beklagten zugrunde gelegt, ist nicht erkennbar, dass sie bereits geeignete Maßnahmen in Zusammenarbeit mit den bulgarischen Behörden eingeleitet hat, zumal sie sich der besonderen Schutzbedürftigkeit der Personengruppe nicht hinreichend bewusst ist. Zwar hat die Beklagte über das Bundespolizeipräsidium in Koblenz unter dem 19.06.2015 eine Übernahmeerklärung der bulgarischen Behörden unter Verweis auf das hier für die Rückübernahme maßgebende bilaterale deutsch-bulgarische Abkommen über die Übernahme und Durchbeförderung von Personen (Rücknahmeabkommen) vom 07.03.2006 (BGBl. 2006 Teil II Nr. 8 Seite 259 ff.) erhalten und dem Gericht vorgelegt. Diese schließt jedoch weder das am 16.06.2015 geborene dritte Kind ein noch sind darin Ausführungen über die Unterbringung der Familie nach ihrer Rückkehr nach Bulgarien enthalten. Allein der Umstand, dass hinsichtlich der Kläger zu 2. und 3. den bulgarischen Behörden das Geburtsdatum, mithin deren Minderjährigkeit bekannt ist, genügt nach Auffassung des Gerichts nicht. Es bedarf darüber hinaus einer ausdrücklichen Erklärung, dass die gemeinsame Unterbringung der Familie nach der Rückkehr nach Bulgarien sichergestellt ist. Erst dann stehen dem Erlass einer Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG deshalb keine Rechtsgründe mehr entgegen, weil (nur) dann die Abschiebung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht alsbald (sobald i. S. des Gesetzes) möglich ist (vgl. OVG LSA, B. v. 03.09.2014 – 2 M 68/14 – juris).

51

Gleiches gilt, soweit nach der Auskunftslage Überwiegendes dafür spricht, dass den minderjährigen – schulpflichtigen bzw. in Kürze schulpflichtigen – Klägern zu 2. und 3. ein Zugang zur Bildung verwehrt bleibt, wenn ihre Teilnahmemöglichkeit an einem anerkannten Sprachkurs nicht sichergestellt wird. Allein die (erfolgreiche) Teilnahme an einem Sprachkurs ermöglicht schulpflichtigen Ausländern den Zugang zum bulgarischen Schulsystem (siehe obige Ausführungen unter 4.2.1.). Angesichts der unbestreitbar fehlenden Kapazitäten, dem Umstand, dass nicht ersichtlich ist, dass diese Integrationsvoraussetzung – nämlich die Möglichkeit des Erlangens der Sprachbefähigung für minderjährige Schutzberechtigte – zeitnah durch die Republik Bulgarien umgesetzt wird, und dem damit (derzeit) fehlenden Zugang zur Bildung, ist gleichsam eine Überstellung der Kläger ausgeschlossen. Auch insoweit bedarf es einer Garantieerklärung der bulgarischen Behörden, aus der sich jedenfalls ergibt, dass den Klägern zu 2. und 3. die Teilnahme an einem zertifizierten Sprachkurs ermöglicht wird oder aber auch ohne diese Teilnahme, der Zugang zum bulgarischen Schulsystem eröffnet ist.

52

5. Das Gericht weist ergänzend darauf hin, dass – nach der hier vertretenen Rechtsauffassung – der Erlass einer Abschiebungsandrohung nach § 34 Abs. 1 AsylVfG als solches das richtige Instrumentarium zur Rückführung der international Schutzberechtigter darstellt, wobei die obigen Erwägungen unter § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG zu verorten wären und bei besonders schutzbedürftigen, sog. vulnerablen Personen zu einem Abschiebungshindernis führen können, weil diese dem Erlass einer Abschiebungsandrohung wegen § 34 Abs. 3 Satz 1 Ziff. 3 AsylVfG entgegen stehen würde.

53

II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, 83 b AsylVfG. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

54

III. Die Entscheidung über den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe beruht auf §§ 166 VwGO, 114 ff. ZPO.


Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 10.06.2015, mit welchem der Asylantrag wegen der in Italien erlangten Anerkennung subsidiären Schutzes als unzulässig abgelehnt sowie die Abschiebung nach Italien angedroht wurde.

2

Er begehrt die "Aufstockung seines Schutzes" und beantragt,

3

den Bescheid der Beklagten vom 10.06.2015 aufzuheben.

4

Die Beklagte beantragt,

5

die Klage abzuweisen,

6

verweist auf den streitbefangenen Bescheid und ist nach richterlichem Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Beschluss vom 23.10.2015 (1 B 41.15; juris) der Auffassung, dass der Bescheid in eine Ablehnungsentscheidung über einen Zweitantrag nach § 71 a AsylG umzudeuten sei.

7

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

8

Die Klage, über die gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch den Einzelrichter (§ 87 Abs. 2, 3 VwGO) entschieden werden konnte, hat Erfolg.

9

1.) Das klägerische Begehren ist im Wege der Anfechtungsklage zulässig (vgl. nur: BVerwG, Urteil v. 27.10.2015, 1 C 32.14; juris).

10

2.) Die Klage ist begründet. In dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) ist der streitbefangene Bescheid rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Bundesamt hat zu Unrecht festgestellt, dass der Asylantrag in Deutschland unzulässig ist und die daran anknüpfende Androhung seiner Abschiebung ausgesprochen. Der Kläger hat einen Anspruch auf Durchführung eines Asylverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland.

11

a.) Denn die vor dem 20.07.2015 gestellten Asylanträge dürfen aufgrund der Übergangsregelung in Art. 51 Unterabschnitt 1 der Richtlinie 2013/32/EU nicht allein deshalb als unzulässig behandelt werden, weil dem Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat bereits subsidiärer Schutz gewährt worden ist. Das Bundesverwaltungsgericht führt in seinem Beschluss vom 23.10.2015 (1 B 41.15; juris) zur der vorliegenden Problematik aus:

12

"Danach wenden die Mitgliedstaaten die in Umsetzung der Richtlinie nach Art 51. Abs. 1 erlassenen Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf förmlich gestellte Anträge auf internationalen Schutz nach dem 20.07.2015 oder früher an; für vor diesem Datum gestellte Anträge gelten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften "nach Maßgabe der Richtlinie 2005/85//EG" (Asylverfahrensrichtlinie a.F.). Zu den dieser Übergangsregelung unterfallenden Bestimmungen zählt auch die Ermächtigung in Art. 33 der Richtlinie 2013/32/EU, die regelt, unter welchen Voraussetzungen Mitgliedstaten zusätzlich zu den Fällen, in denen nach Maßgabe der Dublin-Verordnung ein Antrag nicht geprüft wird, einen Antrag auf internationalen Schutz wegen Unzulässigkeit nicht prüfen müssen. Folglich darf ein vor dem Stichtag (20.07.2015) gestellter Asylantrag nur nach Maßgabe der Regelung in Art. 25 der Richtlinie 2005/85/EG als unzulässig abgelehnt werden. Nach Art. 25 Abs. 2 Bucht. b der Richtlinie 2005/8/EG können die Mitgliedstaaten einen Asylantrag wegen Schutzgewährung in einem anderen Mitgliedstaat aber nur als unzulässig betrachten, wenn der andere Mitliedstaat die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat. Daran fehlt es hier.

13

Da es sich bei der den Mitgliedstaaten in Art. 33 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU eingeräumten – und gegenüber der Vorgängerregelung erweiterten – Option um eine den Antragsteller belastende Änderung handelt, ermöglicht auch die Günstigkeitsbestimmung des Art. 5 der Richtlinie 2013/32/EU keine vorzeitige Anwendung der Änderung auf vor dem 20.Juli 2015 gestellte Asylanträge. Damit steht im vorliegende Verfahren Unionsrecht der von der Beklagten angenommenen Auslegung des § 60 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 und 4 AufenthG entgegen […]."

14

b.) Die Beklagte kann sich auch nicht erfolgreich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in dem Urteil vom 17.06.2014 (10 C 7.13; juris) berufen. Denn in der dortigen Fallkonstellation war der Asylbewerber bereits im anderen Mitgliedstaat als Flüchtling anerkannt worden. Nur eine solche ausländische Flüchtlingsanerkennung hat zur Folge, dass ein - nur dann - neuerlicher Anspruch auf eine Statusanerkennung durch das Bundesamt nicht erfolgt (BVerwG, Beschluss v. 23.10.2015, (1 B 41.15; juris). Vorliegend ist die Fallkonstellation aber wegen der ausländischen bloßen subsidiären Schutzgewährung gerade anders. Die Beklagte wird daher aufgrund der Übergangsregelung die inhaltliche Prüfung der begehrten "Aufstockung" des bereits erlangten ausländischen "subsidiären Schutzes" zur Zuerkennung der "Flüchtlingseigenschaft" nachholen müssen (so auch: VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid v. 29.12.2015, 22 K 1472/15.A; VG Osnabrück, Urteil v. 04.01.2016, 5 A 83/15, beide juris). Ob diese materiell-rechtliche Prüfung des "Flüchtlingsschutzes" inhaltlich im Rahmen eines von den Dublin-Vorschriften unabhängigen "reinen inländischen" Erstverfahrens oder eines Zweitverfahrens nach § 71 a AsylG zu erfolgen hat, muss hier nicht entschieden werden und setzt weitere tatsächliche Erkenntnisse voraus. Denn fraglich ist, ob der ausländische Schutzstatus aufgrund einer inhaltlichen Prüfung der Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft erlangt wurde, ob also der andere Mitgliedstaat die Flüchtlingseigenschaft überhaupt geprüft und abgelehnt hat. Dies müsste von der Beklagten überprüft werden. Denn eine solche Prüfung beinhaltet auch, dass das Bundesamt Kenntnis von den Entscheidungsgründen der Ablehnung des Antrages im anderen Mitgliedstaat hat (BVerwG, Beschluss v. 18.02.2015, 1 B 2.15; VG Osnabrück, Beschluss v. 24.04.2015, 5 B 125/15; VG Lüneburg, Beschluss v. 11.05.2015, 2 B 13.15; VG Ansbach, Urteil v. 07.01.2016, AN 3 K 15.30960 mit Verweis auf Marx, AsylVfG, 8. Auflage 2014, § 71 a Rz. 17; alle juris). Sollte es eine explizite ausländische Ablehnung der Flüchtlingseigenschaft geben, wäre die in Deutschland begehrte "Aufstockung" jedenfalls im Rahmen eines Zweitantrages nach § 71 a AsylG von der Beklagten zu prüfen.

15

c.) Den Ausführungen der Beklagten in ihrer Stellungnahme aufgrund des richterlichen Hinweises auf die Rechtslage und Rechtsprechung, folgt das Gericht nicht. Eine Umdeutung des streitbefangenen Bescheides wegen "Unzulässigkeit aufgrund Bescheidung in einem anderen Mitgliedstaat“ in eine materiell-rechtliche „Ablehnungsentscheidung über einen Zweitantrag nach § 71 a AsylG“ ist rechtlich nicht möglich. Die Beklagte wendet auch hier nicht die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgrund des Urteils vom 16.11.2015 (1 C 4.15; juris) an. Danach kann die Ablehnung eines Asylantrages als unzulässig nicht als Entscheidung nach § 71 a AsylG umgedeutet bzw. aufrechterhalten werden (so auch: VG Düsseldorf, Urteil v. 04.01.2016, 5 A 83/15; juris).

16

Bei der Umdeutung (Konversion) wird die im Verwaltungsakt getroffene Regelung nicht lediglich auf eine andere Rechtsgrundlage gestützt, sondern durch eine andere (rechtmäßige) Regelung ersetzt. Nach § 47 Abs. 1 VwVfG kann ein fehlerhafter und damit rechtswidriger Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenen Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Nach § 47 Abs. 4 VwVfG ist § 28 VwVfG entsprechend anzuwenden. Außerdem dürfen die Rechtsfolgen für den Betroffenen nicht ungünstiger sein (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwVfG).

17

Diese Voraussetzungen für eine Umdeutung liegen nicht vor. Denn eine Umdeutung scheitert schon daran, dass die Rechtsfolgen einer Entscheidung nach § 71 a AsylG für den Kläger ungünstiger wären. Dabei sind nicht nur die unmittelbaren, sondern auch die mittelbaren Rechtsfolgen der Entscheidung zu berücksichtigen (BVerwG, Urteil v. 16.11.2015, 1 C 4.15; juris). Die Ablehnung als "unzulässig" ist qualitativ nicht mit der Prüfung eines Zweitantrages nach § 71 a Abs. 1 AsylG zu vergleichen. Denn dort muss geprüft werden, ob nach der Beendigung des – in einem anderen Mitgliedstaat durchgeführten – Asylverfahrens Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG eingetreten sind. Es muss eine Beurteilung und Auseinandersetzung mit dem inhaltlichen Vortrag des Asylbewerbers erfolgen. Die sodann nach Prüfung inhaltliche Ablehnung des neuerlichen Asylbegehrens entfaltet andere Rechtswirkungen als der ursprüngliche, streitgegenständliche Bescheid wegen Unzulässigkeit ohne materiell-rechtliche Prüfung.

18

Die Voraussetzungen zum Wiederaufgreifen hat die Beklagte bislang nicht geprüft. Dabei ist unerheblich, dass derartige Gründe, die ein Wiederaufgreifen nach Beendigung des ausländischen Asylverfahrens hinsichtlich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft - wenn diese dort explizit verneint wurde – rechtfertigen würden, bislang nicht vorgetragen wurden. Denn eine solche Entscheidung ist von der Beklagten grundsätzlich nach Anhörung noch zu treffen und kann nicht in die bisherige Entscheidung hineingelesen werden (so auch: VG Osnabrück, Urteil v. 04.01.2016, 5 A 83/15; juris).

19

3.) Demnach entfällt auch die Rechtsgrundlage für die in Ziffer 2 des Bescheides ausgesprochene Abschiebungsandrohung.

20

4.) Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.


Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 03.07.2015, mit welchem der Asylantrag wegen der Zuständigkeit Italiens als unzulässig abgelehnt und seine Abschiebung nach Italien angeordnet wurde. Er beantragt

2

den Bescheid vom 03.07.2015 aufzuheben.

3

Die Beklagte beantragt,

4

die Klage abzuweisen

5

und verweist auf den streitbefangenen Bescheid.

6

Im Eilverfahren (5 B 370/15) wurde mit Beschluss vom 22.07.2015 vorläufiger Rechtsschutz abgelehnt.

7

Mit Schriftsatz vom 21.01.2016 teilte die Beklagte mit, dass ein Überstellungsversuch am 09.12.2015 wegen Untertauchens des Klägers gescheitert sei. Den italienischen Behörden sei daher mitgeteilt worden, dass sich die Überstellungsfrist verlängert habe.

8

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

9

Die Klage, über die gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch den Einzelrichter (§ 76 Abs. 1 AsylG) entschieden werden konnte, hat keinen Erfolg. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Durchführung eines Asylverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund des sogenannten Selbsteintrittsrechts.

10

1.) Rechtsgrundlage für die Ablehnung des in Deutschland gestellten Asylantrages ist § 27a AsylG. Danach ist Italien für die Bearbeitung des Asylantrages zuständig.

11

2.) Eine Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland für die Entscheidung über den Asylantrag im Wege des sogenannten Selbsteintritts besteht nicht. Es gibt keine wesentlichen Gründe für die Annahme, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in dem anderen Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU–Grundrechtecharta mit sich bringen. Die Voraussetzungen liegen vor, wenn ein Asylbewerber wegen systemischer Mängel, also strukturell bedingter, größerer Funktionsstörungen, im konkret zu entscheidenden Fall in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sein wird (vgl. EGMR, Urteil vom 04.11.2014 – 29217/12 – HUDOC Rdnr. 98;. BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 10 C 15.12 -, juris Rdnr. 24).

12

Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ergeben sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass das Asylsystem in Italien derzeit an solchen systemischen Mängeln leidet, die gerade auch den hier um Abschiebungsschutz nachsuchenden Asylbewerber der konkreten Gefahr aussetzen würden, im Fall einer Rücküberstellung nach Italien eine menschenunwürdige entwürdigende Behandlung zu erfahren. Bei der Bewertung der in Italien anzutreffenden Umstände der Durchführung des Asylverfahrens und der Aufnahme von Flüchtlingen sind diejenigen Umstände heranzuziehen, die auch auf die Situation des Klägers zutreffen. Abzustellen ist demnach auf die Situation von Flüchtlingen in einer vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen Lage, wohingegen die Situation von Flüchtlingen in anderen rechtlichen oder tatsächlichen Umständen keine unmittelbare Rolle spielt.

13

Mittlerweile ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass in Italien nur die Asylbewerber einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sind, wenn sie, weil ausschließlich auf staatliche Hilfe angewiesen, sich in einer besonderen Situation befinden (vgl. EGMR, Urteil vom 04.11.2014 - 29217/12 (Tarakhel/Schweiz) -, HUDOC Rn. 98; BVerfG, Beschluss vom 17.09.2014 - 2 BvR 732/14 -, juris; s. a. BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 10 C 15.12 – juris, United Kingdom Supreme Court, Urteil vom 19.02.2014 - EM (Eritrea) and others of the Secretary of the State for the Home Department, [2014] UKSC 12 - Rn. 62.). Dies gilt insbesondere im Fall der Betroffenheit von Kindern. Hierbei ist entscheidend auf ihre besondere Verletzlichkeit abzustellen, der der Vorrang gegenüber dem Gesichtspunkt ihres Status als illegaler Einwanderer einzuräumen ist (EGMR, Urteil vom 4. November 2014 - 29217/12 (Tarakhel/Schweiz) -, HUDOC Rn. 99).

14

Unzweifelhaft gehört der Kläger gehört keiner solchen schutzbedürftigen Personengruppe an. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geht ebenfalls in seiner Entscheidung (Urteil 51428/10 vom 13.01.2015 - A.M.E. vs. The Netherlands) davon aus, dass systemische Mängel des Asylverfahrens in Italien für den Kreis der Personen, die nicht zu einem besonders schützenswerten Personenkreis ("underprivileged and vulnerable population group in need of special protection", s. EGMR, Urteil vom 13.01.2015, a.a.O.) i. S. der Genfer Konvention und der ihr folgenden Richtlinien zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedsstaaten - Aufnahmerichtlinien - (Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013) gehören, nicht den Schweregrad einer Verletzung von Art. 3 EMRK erreichen. D.h., gesunde Männer ohne Familienangehörige, die den Weg aus ihrer Heimat nach Italien allein geschafft haben, sind den dort vorzufindenden Schwierigkeiten und Engpässen bei der Unterbringung und Versorgung regelmäßig weit eher gewachsenen als dies für Familien mit Kindern oder für Minderjährige zutrifft. Sie sind grundsätzlich in der Lage, auch eine Übergangsfrist unter schwierigen Bedingungen auszuhalten, ohne dass dies zu einer Rechtsverletzung im oben dargelegten Sinne führt. Dieser Auffassung folgend, scheidet ein Selbsteintritt der Beklagten aus.

15

Nichts anderes ergibt sich aus aktuellen Erkenntnissen. Zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung sind keine tagespolitischen Meldungen bekannt, wonach Italien – wie früher – im besonderen Focus der Berichterstattung hinsichtlich systemischer Mängel im Asyl- oder Unterbringungsverfahren steht.

16

Auch soweit einige Gerichte (VG Düsseldorf, Urteil v. 15.12.2015, 12 K 7303/15.A; juris; VG Darmstadt, Urteil v. 07.01.2016, 3 K 392/14.DA.A; VG Potsdam, Beschluss v. 19.10.2015, VG 12 L 816/15.A) in neuerer Rechtsprechung aufgrund eines erneuten Anstieges der Flüchtlingszahlen und der schlechten Witterung im Herbst/Winter Mängel im Unterbringungssystem annehmen, vermag dies nicht die erniedrigende unmenschliche Behandlung aufgrund eines Zusammenbruchs des italienischen Asyl- und Unterbringungssystems zu begründen. Denn auch diese Entscheidungen stellen nur eine temporäre Momentaufnahme dar und angesichts der bevorstehenden wärmeren Jahreszeit mag die Witterung nunmehr anders zu beurteilen sein.

17

Ohne Zweifel verlangt die hohe Zahl von Flüchtlingen nach wie vor enorme Anstrengungen von Italien. Es liegen jedoch keine verlässlichen Informationen darüber vor, dass Italien nicht auch unter diesen Bedingungen in der Lage wäre, darauf angemessen zu reagieren, zumal Italien mehrfach Unterstützung durch die EU und Hilfsorganisationen erfahren hat; noch im Februar 2015 erhielt Italien einen Notkredit der EU, um die Versorgung der Flüchtlinge sicherzustellen (http//www.tagesschau.de, 19.02.2015). Damit die ohne Zweifel in den bisherigen Aufnahmeeinrichtungen bestehende prekäre Situation nicht zu menschenunwürdigen Zuständen führt, bezieht Italien nunmehr im Zuge der Lösung des bislang bestehenden innerstaatlichen Verteilungsproblems alle Regionen in die Aufnahme von Flüchtlingen ein. Es mag zwar immer wieder vorkommen, dass Flüchtlinge in Italien auf sich alleine gestellt sind und besondere persönliche Anstrengungen zur Bewerkstelligung des täglichen Lebensalltags unternehmen müssen. Trotzdem bestehen funktionierende Strukturen zur Aufnahme, Behandlung und Unterbringung der Flüchtlinge in Italien. Neben den staatlichen Strukturen gibt es kirchliche und private Trägerschaften. Die Einbeziehung solcher nichtstaatlicher Träger kann und darf dem italienischen Staat auch zugerechnet werden, da sie in das Gesamtsystem eingebettet sind (vgl. OVG NRW, Urteil v. 07.03.2014, 1 A 21/12.A; juris). Eine Untätigkeit bzw. die willentliche, systemimmanente Zusteuerung auf einen Kollaps kann nicht angenommen werden.

18

Demnach ist davon auszugehen, dass in Italien vieles hinsichtlich der Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen nicht optimal läuft. Selbiges ist aber auch in Deutschland zu verzeichnen, wie die hiesigen Verhältnisse am LaGeSo in Berlin beweisen. Trotzdem wird man diese - aufgrund der hohen Zahl der Flüchtlinge bedingten - Probleme nicht mit systemischen Mängeln in Verbindung bringen können.

19

Das Gericht schließt sich somit der entsprechenden Rechtsprechung der vormals zuständigen Kammer (vgl. Eilverfahren) und weiterer Gerichte an (vgl. zuletzt: VG Ansbach, Urteil v. 11.12.2015, AN 14 K 15.50316; juris).

20

3.) Die auf §§ 27a, 34a AsylG basierende Abschiebungsanordnung begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Die Überstellungsfrist hat sich nach Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-VO weiter verlängert. Der Kläger entzog sich der am 09.12.2015 angesetzten Abschiebung durch Flucht. Denn die Abschiebung konnte mangels Habhaftmachung seiner Person nicht durchgeführt werden. Ein Asylbewerber ist nicht erst dann im Sinne der Dublin-Vorschriften flüchtig, wenn er seine Wohnung dauerhaft verlässt, den Ort wechselt bzw. untertaucht und sich dadurch den Zugriff der Behörden entzieht. Die Formulierung „flüchtig“ im Sinne der Dublin-Vorschriften knüpft an die geplante Überstellung des Asylbewerbers aufgrund der Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates an. Kann diese nicht durchgeführt werden, weil sich der Asylbewerber derselben etwa durch Nichterscheinen entzieht, vereitelt gerade er die Überstellung. Dabei ist nicht entscheidend, ob die gescheiterte Überstellung vom Asylbewerber verschuldet ist. Entscheidend ist, dass die Nichtdurchführung durch ihn verursacht, also in seiner Sphäre liegt und jedenfalls nicht von der der Bundesrepublik Deutschland zu vertreten ist. Denn der Ablauf der Überstellungsfrist soll nicht den Asylbewerber schützen, sondern die Zuständigkeit des anderen Mitgliedstaats begründen; nur wenn es dieser aufgrund seiner fehlerhaften organisatorischen Maßnahmen nicht schafft, den Flüchtling in den zuständigen Mitgliedstaat zu verbringen, geht die Zuständigkeit über. Davon kann vorliegend keine Rede sein, wenn der Asylbewerber zu seiner geplanten Abschiebung nicht erscheint (vgl.: VG Magdeburg, Beschluss v. 11.12.2014, 1 B 1196/14; VG Berlin, Beschluss v.13.02.2011, 323 L 550/10.A; VG Potsdam, Urteil v. 04.06.2014; 6 K 2414/13.A; alle juris). Daher wird es auch nicht darauf ankommen, ob der Kläger etwa aufgrund Krankheit oder sonstiger nicht zu vertretender Gründe nicht erschien; entscheidend ist allein, dass die Bundesrepublik Deutschland den Fristablauf nicht zu vertreten hat.

21

4.) Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylG. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.


Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, in beiden Rechtszügen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171 172 173 174 175 176 177 178 179 180 181 182 183 184 185 186 187 188 189 190 191 192 193 194 195 196 197 198

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Aufhebung des Bescheids der Beklagten, mit dem sein Asylantrag als unzulässig abgelehnt und seine Abschiebung nach Italien angeordnet wurde.

Der am ... 1994 in ..., Äthiopien, geborene Kläger ist äthiopischer Staatsbürger, gehört der Volksgruppe der Oromo an und ist islamischen Bekenntnisses. Er reiste am 1. März 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte hier am 9. März 2015 Asylantrag.

Nach den Erkenntnissen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden Bundesamt) lagen aufgrund eines EURODAC Treffers Italien der Kategorie 1 (IT1SA01ISH) vom 26. März 2015 Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) für die Durchführung des Asylverfahrens vor. Der Antragsteller hatte bereits am 18. Februar 2015 in Italien Asyl beantragt. In seiner Befragung durch das Bundesamt am 19. Juni 2015 gab der Kläger an, er sei Anfang des Jahres 2015 mit einem Fischerboot von Libyen über das Mittelmeer nach Italien gekommen.

Am 23. April 2015 richtete das Bundesamt ein Wiederaufnahmegesuch an Italien. Eine Antwort der zuständigen italienischen Behörde erfolgte nicht innerhalb der nach Art. 25 Abs. 1 S. 2 Dublin III-VO auf zwei Wochen verkürzten Frist.

Mit Bescheid vom 7. Juli 2015, dem Kläger am 9. Juli 2015 zugestellt, hat die Beklagte den Asylantrag als unzulässig abgelehnt (Ziffer 1) und die Abschiebung des Klägers nach Italien angeordnet (Ziffer 2).

Mit Schriftsatz vom 16. Juli 2015, am selben Tag bei Gericht eingegangen, hat der Kläger Klage erhoben und einstweiligen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO beantragt. Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 19. Oktober 2015 abgelehnt (AN 14 S 15.50315).

Im Klageverfahren beantragt der Kläger,

den Bescheid der Beklagten vom 7. Juli 2015 aufzuheben,

Die Beklagte beantragt,

Klageabweisung.

Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf den Inhalt des angefochtenen Bescheids.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und die Behördenakte sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 11. Dezember 2015 Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der mit der Klage angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 7. Juli 2015 ist unter Zugrundelegung der rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1, 1. Hs. AsylG) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig und die Abschiebungsanordnung ist § 34a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 27a AsylG i. V. m. der Dublin III-VO.

Nach § 27a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Ist dies der Fall, ist nach § 34a Abs. 1 AsylG durch das Bundesamt die Abschiebung in den zuständigen Staat anzuordnen, ohne dass es einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf.

Im vorliegenden Fall ist der Asylantrag des Klägers nach § 27a AsylG unzulässig, da die Republik Italien nach Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO zur Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Die Dublin III-VO ist auf den Kläger als äthiopischen Staatsangehörigen und damit Drittstaatsangehörigen i. S. v. Art. 2 Lit. 1 Dublin III-VO anzuwenden, der noch in keinem Staat einen Schutzstatus erhalten hat. Aufgrund des EURODAC Treffers der Kategorie 1 steht fest, dass der Kläger bereits in Italien einen Asylantrag gestellt hat. Die Republik Italien treffen daher die sich aus den Art. 18 ff. Dublin III-VO ergebenden Pflichten, insbesondere die Pflicht, den Kläger wieder aufzunehmen.

Am 23. April 2015 richtete das Bundesamt das erforderliche Wiederaufnahmegesuch an Italien. Nachdem die italienischen Behörden auf dieses Gesuch nicht innerhalb der gemäß Art. 25 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO geltenden Frist von zwei Wochen geantwortet haben, ist gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO nach Ablauf der 2-Wochen-Frist, also am 8. Mai 2015, davon auszugehen, dass Italien dem Wiederaufnahmeersuchen der Beklagten stattgegeben hat.

Die Zuständigkeit Italiens ist nicht durch Ablauf der Überstellungsfrist nach Art. 29 Dublin III-VO entfallen. Nach § 29 Abs. 1 UAbs. 1 Dublin III-VO erfolgt die Überstellung eines Antragstellers aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme - oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat. Der deutsche Gesetzgeber hat auf der Grundlage des Art. 27 Abs. 3 lit. c) Dublin III-VO in § 34 a Abs. 2 Satz 2 AsylG geregelt, dass die Abschiebung bei rechtzeitiger Stellung des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO vor der gerichtlichen Entscheidung über diesen Antrag nicht zulässig ist. Damit kommt dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO aufschiebende Wirkung im Sinne des Art. 29 UAbs. 1 Dublin III-VO zu. Der Lauf der sechsmonatigen Überstellungsfrist wird demnach durch die rechtzeitige Stellung des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO unterbrochen und beginnt mit Erlass des ablehnenden Beschlusses, hier mit Zustellung des ablehnenden Beschlusses vom 19. Oktober 2015, von neuem zu laufen (so zuletzt VG Ansbach, B. v. 28.7.2015 - AN 14 S 15.50184; B. v. 11.8.2015 - AN 14 S 15.50234; ebenso: Sächs. OVG, B. v. 5.10.2015 - 5 B 259/15.A -, juris; VG Aachen, U. v. 19.8.2015 - 6 K 2553/14.A, juris, VG Minden, U. v. 29.4.2015 - 10 K 2430/14.A - juris; VG Frankfurt, B. v. 5.2.2015 - 5 K 567/14 - juris; VG Düsseldorf, B. v. 29.12.2014 - 23 L 3127/14.A - juris; VG Karlsruhe, B. v. 30.11.2014 - A 5 K 2026/14, juris; a.A. VGH Bad.-Württemberg, U. v 29.4.2015 - A 11 S 121/15 - juris und U. v. 27.8.2014 - A 11 S 1285/14 - juris; VG Würzburg, B. v. 9.4.2015 - W 3 S 15.50067 - juris, die nur von einer Fristhemmung während des vorläufigen Rechtsschutzes ausgehen mit der Folge, dass die Frist nach negativem Abschluss des Verfahrens nicht neu beginnt, sondern weiterläuft). Ausgehend davon ist die Überstellungsfrist im vorliegenden Fall nicht abgelaufen, so dass die Zuständigkeit Italiens nicht nach Art. 29 Abs. 3 Dublin III-VO entfallen ist.

Besondere Umstände, die die Zuständigkeit der Beklagten nach Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin III-VO begründen oder zur Ausübung ihres Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO führen würden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere ist die Beklagte nicht nach Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin III-VO gehindert, den Kläger nach Italien überzustellen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn es ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme gäbe, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in dem zuständigen Mitgliedstaat - hier Italien - systemische Mängel aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union - EU-Grundrechtecharta (bzw. Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK) darstellen. Davon ist im Hinblick auf den Mitgliedstaat Italien nicht auszugehen. Diese Einschätzung entspricht der bisherigen Rechtsprechung der Kammer sowie der Rechtsprechung verschiedener Verwaltungsgerichte und Obergerichte (BVerwG, B. v. 6.6.2014 - 10 B 35/14 - juris; BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris; VGH BW, U. v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris; OVG RhPf, U. v. 21.2.2014 - 10 A 10656/13 - juris; OVG NRW, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - juris und U. v. 24.4.2015 - 14 A 2356/12.A - juris; VG Augsburg, U. v. 19.10.2015 - Au 5 K 15.50416 - juris; VG des Saarlandes, U. v. 6.3.2015 - 3 K 832/14 - juris; VG Ansbach, zuletzt U. v. 28.8.2015 - AN 14 K 15.50172 - juris; B. v. 28.7.2015 - AN 14 S 15.50184 - juris; B. v. 11.8.2015 - AN 14 S 15.50234 - juris). Bestätigt wird diese Auffassung durch die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 13.1.2015 (Nr. 51428/10) sowie vom 30.6.2015 (Nr. 39350/13).

Einer der Hauptzwecke der Dublin III-VO ist die Errichtung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems (vgl. Erwägungsgründe Nr. 2 und 4 der Dublin III-VO; BVerwG, B. v. 19.3.2014, 10 B 6/14 - juris). Dieses System basiert auf dem gegenseitigen Vertrauen, dass die Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union entsprechend den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-Grundrechtecharta) behandelt werden (vgl. EuGH, große Kammer, U. v. 21.12.2011, RS: C-411/10 und C-493/10). Diese Grundannahme findet auch auf die Republik Italien als Mitgliedstaat der Europäischen Union Anwendung. Sie kann allerdings auf Grundlage von Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin III-VO widerlegt werden, wenn das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in dem betreffenden Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen. Solche systemischen Mängel können nicht allein deshalb angenommen werden, weil Asylsuchenden in dem betreffenden Mitgliedstaat in Einzelfällen Grundrechtsverletzungen drohen. Vielmehr muss sich die konkrete Gefahr einer solchen Grundrechtsverletzung aus der grundsätzlichen Behandlung von Asylsuchenden ergeben. Sie muss in dem System selbst angelegt sein, weil es so defizitär ist, dass einem Asylbewerber im konkreten Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 4 EU-Grundrechtecharta bzw. Art. 3 EMRK droht (vgl. EuGH, große Kammer, U. v. 10.12.2013, Rs. 10-394/12; BVerwG, B. v. 6.6.2014 - 10 B 35/14 - juris). Darüber hinaus müssen diese Missstände derart offensichtlich sein, dass sie auch von dem überstellenden Mitgliedstaat ohne weiteres erkannt werden können und aufgrund ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit von den Behörden und Gerichten verlässlich prognostiziert werden können (vgl. EuGH, große Kammer, U. v. 21.12.2011, RS: C-411/10 und C-493/10; BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6/14 - juris; B. v. 6.6.2014 - 10 B 35/14 - juris). In einem solchen Fall wäre die Abschiebung in den eigentlich zuständigen Mitgliedstaat unzulässig.

Für die Frage nach dem Vorliegen systemischer Mängel können verschiedene Kriterien herangezogen werden. Unter anderem ist danach zu fragen, ob überhaupt eine Struktur zur Aufnahme von Asylbewerbern besteht, wie der Zugang für Asylbewerber zu diesen Einrichtungen und zum Asylverfahren gestaltet ist, ob Zugang zu medizinischer, auch psychologischer und psychiatrischer Betreuung besteht, inwieweit Asylsuchende verpflegt werden und nicht zuletzt, ob für sie in dem betroffenen Mitgliedstaat gegen Entscheidungen im Asylverfahren effektiver Rechtsschutz möglich ist (vgl. zu diesen Kriterien auch OVG Münster, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - juris).

Ausgehend davon stehen der Rückführung des Klägers nach Italien systemische Mängel des italienischen Asylverfahrens und der dortigen Aufnahmebedingungen für Asylbewerber nach Überzeugung der Einzelrichterin nicht entgegen.

Es mag zwar immer wieder vorkommen, dass Asylsuchende während der Bearbeitung ihres Asylantrags in Italien auf sich alleine gestellt und zum Teil auch obdachlos sind. Dies und auch die zum Teil lange Dauer der Asylverfahren ist darauf zurückzuführen, dass das italienische Asylsystem aufgrund der momentan hohen Asylbewerberzahlen stark ausgelastet und an der Kapazitätsgrenze ist. Dennoch ist in dem Mitgliedstaat Italien ein an sich funktionierendes Asylsystem vorhanden. Von insgesamt 35.180 Entscheidungen über die Zuerkennung eines Schutzstatus fielen im Jahr 2014 20.580 Entscheidungen positiv aus (vgl. Pro Asyl, Zahlen und Fakten 2014). Mit ca. 59 Prozent bringt das italienische Asylverfahren damit eine seit Jahren gleichbleibend hohe Schutzquote hervor (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Italien: Aufnahmebedingungen, Aktuelle Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrenden, Bern, Oktober 2013, S. 7). Dies kann als Zeichen für ein funktionierendes System gesehen werden. So stellt auch der UNHCR fest, dass Anstrengungen unternommen wurden, die Verfahren zu beschleunigen (vgl. UNHCR, Empfehlungen zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien, Juli 2013, S. 6 f.).

Es bestehen ausdifferenzierte Strukturen zur Aufnahme von Asylbewerbern, auch speziell für Dublin-Rücküberstellte. Diese befinden sich in staatlicher, in kommunaler, kirchlicher oder privater Trägerschaft und werden zum Teil zentral koordiniert (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, a. a. O., S. 15 ff.). Die Einbeziehung solcher nichtstaatlicher Träger in die Betreuung Asylsuchender kann dem italienischen Staat auch zugerechnet werden, da diese Träger nicht ausschließlich aus eigenem Antrieb tätig werden, sondern auch auf staatlichen Auftrag hin (vgl. Ebd., S. 14, 22, 33; OVG Münster, U. v. 7.3.2014, Az.: 1 A 21/12.A). Nach Angaben des Jesuitenhilfswerkes Centro Astalli und des italienischen Innenministeriums wurde die Zahl der Unterbringungsplätze in der jüngsten Vergangenheit bedeutend erhöht (vgl. Stellungnahme der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zu einer Anfrage des VG Schwerin vom 23. April 2015). Das zeigt, dass der italienische Staat der steigenden Anzahl an Asylbewerbern nicht untätig gegenübersteht.

Das italienische Recht gewährt den Asylsuchenden ab dem Zeitpunkt des Asylantrags Zugang zu diesen Unterbringungsmöglichkeiten (Art. 5 Ziff. 5 Decreto Legislativo Nr. 140 vom 30.3.2005). Damit wurde die damalige europäische Aufnahmerichtlinie umgesetzt (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, a. a. O., S. 12). In der Praxis wird Zugang zu den Aufnahmezentren häufig erst mit der formellen Registrierung des Asylantrags (verbalizzazione) gewährt. Hierdurch kann eine Zeitspanne ohne Unterbringung entstehen. Die Behörden sind darum bemüht, diese zu verringern (vgl. Stellungnahme der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zu einer Anfrage des VG Schwerin vom 23. April 2015). Die Gewährung von Schutz wird also an die Stellung des Asylantrags geknüpft. Wenn Personen - was vorkommt - in Italien bewusst keinen Asylantrag stellen, weil sie lieber in ein anderes europäisches Land möchten, finden sie auch keinen Zugang zu den Aufnahmezentren. Dieses Verhalten ist dem italienischen Staat aber nicht zuzurechnen, weil diese Personen bewusst abseits des Systems bleiben. Dublin-Rückkehrer haben bei ihrer Ankunft in Italien nach Kapazität sofort Zugang zu bestimmten Unterkünften. Ihre Ankunft dort wird (etwa durch die Abgabe von Zugfahrkarten) von den italienischen Behörden unterstützt (vgl. Ebd., S. 13 f.). Bei ihnen ist auch gewährleistet, dass sie nach ihrer Rückkehr ihr ursprüngliches Asylverfahren weiterbetreiben können, bzw. einen Asylantrag stellen können, wenn sie das noch nicht getan haben (vgl. Ebd., S. 13 f.; UNHCR, a. a. O.).

Auch funktioniert die notfallmedizinische Versorgung und der Zugang zu Hausärzten grundsätzlich ebenso wie das Angebot von psychologischer und psychiatrischer Behandlung (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, a. a. O., S. 49 f.). Die Asylsuchenden haben während des Asylverfahrens auch Anspruch auf Verpflegung. Hierzu zählen Nahrung, Kleidung und Hygieneartikel (vgl. Stellungnahme des Auswärtigen Amtes vom 21.1.2013 für das OVG Sachsen-Anhalt, Az.: 3 L 171/12). Laut dem Lagebericht der Organisation bordermonitoring.eu vom 5. Februar 2013 ist der Nachweis eines festen Wohnsitzes Voraussetzung für den Erhalt eines Gesundheitsausweises. Andere Quellen bestätigen dies (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, a. a. O., S. 49 f.), weisen aber zugleich darauf hin, dass es für Asylsuchende ausreiche, eine virtuelle Adresse bei einer Nichtregierungsorganisation anzugeben. Auch wenn dies in der Praxis zum Teil an fehlender Information scheitern mag, kann der Umstand als solcher nicht für die Begründung systemischer Mängel herangezogen werden.

Angesichts der Tatsache, dass der Mitgliedstaat Italien beachtliche Anstrengungen unternommen hat und auch aktuell noch unternimmt, um die im italienischen Asylsystem vorhandenen Defizite und Mängel zu beseitigen, sieht auch der UNHCR die Schutzstandards im Rahmen des italienischen Asylverfahrens für ausreichend an (vgl. UNHCR, a. a. O.; diese Ansicht wird auch in den ergänzenden Informationen vom März 2014 nicht revidiert). Davon geht auch das Auswärtige Amt in seinen letzten, dem Gericht vorliegenden Auskünften aus (vgl. AA, Auskünfte an OVG Sachsen-Anhalt vom 21.1.2013 - 3 L 171/12 - und vom 21.8.2013 3 L 76/12). Neuere Erkenntnisquellen, die Anlass zu einer geänderten Beurteilung geben, sind derzeit nicht ersichtlich. Ergänzend wird auf die ausführliche Begründung des streitgegenständlichen Bescheids des Bundesamtes vom 7. Juli 2015 Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Nach alledem ist festzustellen, dass das italienische Flüchtlingsaufnahmesystem zwar insbesondere im Bereich der Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber weiterhin Mängel und Defizite aufweist. Diese sind aber für sich genommen insgesamt noch nicht als so gravierend zu bewerten, dass ein grundlegendes systemisches Versagen dieses Mitgliedstaates vorliegen würde. Der Kläger muss derzeit also nicht ernsthaft mit einer durch das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen in Italien verursachten unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta oder von Art. 3 EMRK rechnen. Insbesondere gehört der Kläger als alleinstehender, junger und kinderloser Mann nicht zu dem Kreis der besonders schutzbedürftigen bzw. verletzlichen Personen im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrecht (vgl. EGMR, Entscheidung vom 13.1.2015 - Nr. 51428/10). Darauf, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel im Einzelfall zu Unverträglichkeiten kommen kann, kommt es - wie bereits ausgeführt - in diesem Zusammenhang nicht an.

Nach alledem erweist sich die in Ziffer 1) des streitgegenständlichen Bescheids getroffene Regelung (Ablehnung des Asylantrags als unzulässig) als rechtmäßig.

Auch die in Ziffer 2) angeordnete Abschiebung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Vom Bundesamt gemäß § 34 a i. V. m. § 5 Abs. 1 Satz 2 AsylG zu prüfende inlandsbezogene Abschiebungshindernisse wurden vom Kläger weder vorgetragen noch sind solche ersichtlich.

Die Klage war daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83 b AsylG.

Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 GVG.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn

1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war,
2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder
3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.

(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.

(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn

1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war,
2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder
3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.

(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.

(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine Übersetzung der Entscheidungsformel und der Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache beizufügen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann. Das Bundesamt informiert mit der Entscheidung über die Rechte und Pflichten, die sich aus ihr ergeben.

(2) In Entscheidungen über zulässige Asylanträge und nach § 30 Absatz 5 ist ausdrücklich festzustellen, ob dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz zuerkannt wird und ob er als Asylberechtigter anerkannt wird. In den Fällen des § 13 Absatz 2 Satz 2 ist nur über den beschränkten Antrag zu entscheiden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 und in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge ist festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Davon kann abgesehen werden, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wird. Von der Feststellung nach Satz 1 kann auch abgesehen werden, wenn das Bundesamt in einem früheren Verfahren über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes entschieden hat und die Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen.

(4) Wird der Asylantrag nur nach § 26a als unzulässig abgelehnt, bleibt § 26 Absatz 5 in den Fällen des § 26 Absatz 1 bis 4 unberührt.

(5) Wird ein Ausländer nach § 26 Absatz 1 bis 3 als Asylberechtigter anerkannt oder wird ihm nach § 26 Absatz 5 internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt, soll von der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen werden.

(6) Wird der Asylantrag nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 als unzulässig abgelehnt, wird dem Ausländer in der Entscheidung mitgeteilt, welcher andere Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

(7) In der Entscheidung des Bundesamtes ist die AZR-Nummer nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über das Ausländerzentralregister zu nennen.

(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn

1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war,
2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder
3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.

(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.

(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine Übersetzung der Entscheidungsformel und der Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache beizufügen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann. Das Bundesamt informiert mit der Entscheidung über die Rechte und Pflichten, die sich aus ihr ergeben.

(2) In Entscheidungen über zulässige Asylanträge und nach § 30 Absatz 5 ist ausdrücklich festzustellen, ob dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz zuerkannt wird und ob er als Asylberechtigter anerkannt wird. In den Fällen des § 13 Absatz 2 Satz 2 ist nur über den beschränkten Antrag zu entscheiden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 und in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge ist festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Davon kann abgesehen werden, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wird. Von der Feststellung nach Satz 1 kann auch abgesehen werden, wenn das Bundesamt in einem früheren Verfahren über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes entschieden hat und die Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen.

(4) Wird der Asylantrag nur nach § 26a als unzulässig abgelehnt, bleibt § 26 Absatz 5 in den Fällen des § 26 Absatz 1 bis 4 unberührt.

(5) Wird ein Ausländer nach § 26 Absatz 1 bis 3 als Asylberechtigter anerkannt oder wird ihm nach § 26 Absatz 5 internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt, soll von der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen werden.

(6) Wird der Asylantrag nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 als unzulässig abgelehnt, wird dem Ausländer in der Entscheidung mitgeteilt, welcher andere Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

(7) In der Entscheidung des Bundesamtes ist die AZR-Nummer nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über das Ausländerzentralregister zu nennen.

(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn

1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war,
2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder
3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.

(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.

(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn

1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war,
2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder
3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.

(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.

(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.