Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 14. Juni 2016 - 5 A 109/13

ECLI:ECLI:DE:VGMAGDE:2016:0614.5A109.13.0A
bei uns veröffentlicht am14.06.2016

Tatbestand

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Der Kläger begehrt die Anerkennung eines Bandscheibenvorfalls und seiner bandscheibenbedingten Erkrankungen der Lendenwirbelsäule als Dienstunfall.

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Der am 16.01.1976 geborene Kläger war seit dem 01.04.2002 im Bereich des Beklagten als Einsatzbeamter des Spezialeinsatzkommandos (SEK) beschäftigt. Am 02.09.2011 nahm er an einem einsatzbezogenen Schießtraining teil. Hierbei handelt es sich um Übungseinheiten, die jeder Einsatzbeamte des Spezialeinsatzkommandos annähernd wöchentlich zu absolvieren hat. Den am 02.09.2011 erlittenen Unfall schilderte der Kläger mit der am 11.10.2011 erstellten Unfallanzeige wie folgt:

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„Im Rahmen eines Schießparcours schoss ich kniend hinter einer Deckung hervor. Als ich dort aufstand, um mich laufend zur nächsten Station zu bewegen, bemerkte ich einen heftigen Schmerz im unteren Rückenbereich. Anschließend war nur noch ein Gehen in gebückter Haltung und unter starken Schmerzen möglich.“

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Der Kläger begab sich daraufhin in ärztliche Behandlung. Am 11.11.2011 erfolgte eine Kernspintomographie seines Lendenwirbelbereiches, aufgrund derer ein Bandscheibenprolaps (Vorfall) L4/L5 und eine Bandscheibenprotrusion (Vorwölbung) L5/S1 diagnostiziert wurden.

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Mit Bescheid vom 06.08.2012 lehnte der Beklagte die Anerkennung der vom Kläger angezeigten Verletzung als Dienstunfall mit der Begründung ab, dass nach Mitteilung des Polizeiärztlichen Zentrums vom 18.07.2012 aus gutachterlicher Sicht nicht vom Vorliegen eines Unfalls mit Dienstunfallfolgen auszugehen sei. Es habe sich um ein schon zuvor bestehendes Leiden gehandelt. Den hiergegen erhobenen Widerspruch vom 31.08.2012 begründete der Kläger damit, dass von einer degenerativen Vorschädigung seiner Bandscheiben nicht ausgegangen werden könne.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 07.02.2013 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, nach den polizeiärztlichen Feststellungen des Polizeivertragsarztes, Herrn Oberarzt Dr. med. E., vom 29.05.2012 könne ein kausaler Zusammenhang eines Bandscheibenvorfalls mit einem Unfallereignis ausschließlich dann angenommen werden, wenn sofort bei Unfallereignis eine Ausstrahlung des vorhandenen Schmerzes in eine oder beide der unteren Extremitäten vorhanden sei. Dies sei nach vorliegender Dokumentation nicht der Fall gewesen, was der Kläger im Rahmen der Dienstunfallverhandlung auf Nachfrage auch ausdrücklich bestätigt habe. Somit habe es sich bei dem Ereignis lediglich um ein „auslösendes Agens“ für eine vorbestehende Erkrankung gehandelt.

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Der Kläger hat am 06.03.2013 Klage erhoben.

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Zur Begründung trägt er ergänzend zu seinem Widerspruchsvorbringen vor, die am 02.09.2011 erfolgte Schießausbildung habe zu einer außerordentlich großen körperlichen Belastung geführt. Immerhin sei die Spezialausrüstung, die er an diesem Tag – wie auch sonst bei derartigen Trainingseinheiten – am Körper zu tragen gehabt habe, ca. 36 bis 40 kg schwer gewesen. Im Übrigen hätten die Schmerzen am Unfalltag auch die unteren Extremitäten betroffen. Dies folge aus dem Inhalt der Unfallanzeige, soweit er dort mitgeteilt habe, dass er nur noch gebückt und unter starken Schmerzen habe gehen können. Auch nach dem Inhalt eines am 26.09.2014 erstellten privatärztlichen Gutachtens von Dr. med. G. (Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie der HELIOS Fachklinik GmbH) sei davon auszugehen, dass das Unfallereignis vom 02.09.2011 mit hinreichender Wahrscheinlichkeit als auslösende Ursache des Bandscheibenvorfalls anzusehen sei. Danach müsse bei einem Bandscheibenvorfall nicht zwingend eine Schmerzausstrahlung in eine oder beide untere Extremitäten erfolgen; genauere Aussagen zu degenerativen Vorschädigungen der Wirbelsäule könnten nicht getätigt werden, da es keine Voraufnahmen gebe.

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Unabhängig hiervon seien seine Wirbelsäulenerkrankungen als Berufskrankheit anzuerkennen und einem Dienstunfall damit gleichzustellen. Denn er sei langjährig für das SEK tätig und damit regelmäßig hohen körperlichen Belastungen ausgesetzt gewesen. Zwar treffe es zu, dass er sich von April 2004 bis Februar 2007 in der Aufstiegsausbildung befunden und er während dieser Zeit keinen körperlichen Belastungen ausgesetzt gewesen sei. Deshalb habe der Beklagte auch richtig darauf hingewiesen, dass er seit dem Beginn seiner Tätigkeit als SEK-Beamter im April 2002 bis zum Unfallereignis am 02.09.2011 insgesamt lediglich ca. 6,5 Jahre einer hohen körperlichen Belastung ausgesetzt gewesen sei. Zum einen sei allerdings zu berücksichtigen, dass er bereits vor April 2002 zum Zwecke einer „Grundausbildung“ von der Landesbereitschaftspolizei zum SEK abgeordnet gewesen sei. Während dieser Zeit sei er für die Dauer von fünf Monaten den typischen körperlichen Belastungen einen SEK-Beamten ausgesetzt gewesen. Zum anderen sei auch seine vorherige Tätigkeit bei der Landesbereitschaftspolizei mit körperlichen Belastungen verbunden gewesen, da während dieser Zeit bei Einsätzen zum Teil auch eine schusssichere Weste habe tragen müssen. Nicht zuletzt komme auch das seitens des Gerichts eingeholte Gutachten von Prof. Dr. D. vom 15.01.2016 zu dem Schluss, dass seine Wirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit anzuerkennen sei.

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Der Kläger beantragt,

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den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 06.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.02.2013 zu verpflichten, den Unfall des Klägers vom 02.09.2011 als Dienstunfall anzuerkennen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er verteidigt die angefochtenen Bescheide. Zur Begründung verweist er auf eine ergänzende Stellungnahme von Herrn Dr. E. vom 18.11.2014 (Bl. 118 d.A.), das sich mit dem Gutachten von Dr. med. G. auseinandersetze. Danach lasse das eineinhalb Jahre nach dem Unfallereignis erstellte Gutachten außer Acht, dass am 11.11.2011 auch eine „Osteochondrose“ und eine „Spondylarthritis“ diagnostiziert worden seien. Hierbei handele es sich um degenerative Erkrankungen der Wirbelsäule.

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Was die Frage der Anerkennung der Wirbelsäulenerkrankung des Klägers als Berufskrankheit anbelange, so könne sich der Kläger auf den Inhalt des Gutachtens von Prof. Dr. D. vom 15.01.2016 nicht berufen. Der Gutachter ziehe seine Schlussfolgerungen ohne substantiierte und nachvollziehbare Begründung. Auch fehle eine Auseinandersetzung mit den dienstlichen Angaben zur körperlichen Belastung des Klägers, zu denen er – der Beklagte – mit Schreiben vom 01.07.2015 Stellung genommen habe. Überdies gehe der Gutachter fälschlicherweise von einer über zehnjährigen Belastung des Klägers aus. Tatsächlich habe eine körperliche Belastung lediglich von April 2002 bis April 2004 (Laufbahngruppe 1.2) und von März 2007 bis September 2011 (Laufbahngruppe 2.1) – insgesamt also für lediglich 6,5 Jahre – bestanden. Diese Belastungszeit genüge für die Anerkennung der Wirbelsäulenerkrankung des Klägers als Berufskrankheit nicht. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass SEK-Beamte in den Trainingseinheiten gezielt körperlich gekräftigt würden. Deshalb sei davon auszugehen, dass SEK-Beamte den unzweifelhaft bestehenden körperlichen Belastungen sehr viel besser gewachsen seien als andere Beamte.

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Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zu den Fragen, ob das Ereignis vom 02.09.2011 eine wesentlich mitwirkende Teilursache für den beim Kläger am 11.11.2011 diagnostizierten Bandscheibenvorfall darstelle und ob die langjährige Tätigkeit des Klägers als Einsatzbeamter die festgestellten Erkrankungen der Lendenwirbelsäule verursacht habe. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das Gutachten von Prof. Dr. D. vom 15.01.2016 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

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Der Bescheid des Beklagten vom 06.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.02.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Anerkennung des Ereignisses vom 02.09.2011 als Dienstunfall (hierzu unter I). Seine Wirbelsäulenerkrankung ist auch nicht als Berufskrankheit anzuerkennen (hierzu unter II).

I.

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Rechtlicher Anknüpfungspunkt für die Anerkennung eines Dienstunfalls ist § 31 Abs. 1 Satz 1 des BeamtenversorgungsgesetzesBeamtVG – in der Fassung der Bekanntmachung vom 24.02.2010 (BGBl. I S. 150), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15.08.2012 (BGBl. I S. 1670). Danach ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist.

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Das Vorliegen eines Dienstunfalls ist hier nicht schon deshalb in Frage zu stellen, weil es an einer „äußeren Einwirkung“ i.S.d. § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG fehlte. Die tatbestandliche Voraussetzung der „äußeren Einwirkung“ bringt lediglich zum Ausdruck, dass Ursache des Dienstunfalls nur in der Außenwelt auftretende Ereignisse sind und dass solche Vorgänge ausgeschlossen werden, die ausschließlich im Innern des menschlichen Körpers ablaufen (vgl. Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 39). Die äußere Einwirkung kann deshalb auch von dem Beamten selbst ausgehen. Auch wenn es daher vorliegend zu keinerlei Fremdeinwirkungen gekommen ist, so sind die im Zusammenhang mit dem Schießtraining erfolgten Bewegungen des Klägers als „äußere Einwirkungen“ i.S.d. § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG anzusehen.

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Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Anerkennung der beim Schießtraining erlittenen Verletzung als Dienstunfall, da nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden kann, dass der Bandscheibenvorfall im Sinne des Dienstunfallrechts ursächlich auf der Teilnahme an diesem Training beruht.

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Ursächlich im Sinne des Dienstunfallrechts sind nur solche Bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen (natürlich-logischen) Sinn, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg nach natürlicher Betrachtungsweise an dessen Eintritt mitgewirkt haben. Keine Ursache im Rechtssinn sind so genannte Gelegenheitsursachen, d.h. Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht. Dies ist der Fall, wenn etwa die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte. Der im Dienstunfallrecht maßgebende Ursachenbegriff soll zu einer dem Schutzbereich der Dienstunfallfürsorge entsprechenden sachgerechten Risikoverteilung führen. Der Dienstherr soll nur die spezifischen Gefahren der Beamtentätigkeit tragen und mit den auf sie zurückzuführenden Unfallursachen belastet werden. Dem Beamten sollen dagegen diejenigen Risiken verbleiben, die sich aus anderen als dienstlichen Gründen, insbesondere aus persönlichen Anlagen, Gesundheitsschäden und Abnutzungserscheinungen ergeben (ständige Rechtsprechung des BVerwG, vgl. Urteil vom 18.04.2002 – 2 C 22/01 – juris; Beschluss vom 08.03.2004 – 2 B 54/03 – juris).

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In Anwendung dieser Grundsätze kann vorliegend nicht festgestellt werden, dass das Ereignis vom 02.09.2011 als wesentliche Ursache im Sinne des Dienstunfallrechts den erlittenen Bandscheibenvorfall bewirkt hat.

24

Zur Überzeugung der Kammer steht allerdings fest, dass zum Zeitpunkt des Ereignisses am 02.09.2011 bereits degenerative Veränderungen an der Lendenwirbelsäule des Klägers vorgelegen haben. Zwar meint Herr Dr. med. G. in seinem Gutachten vom 26.09.2014, dass hierzu keine genaueren Aussagen getätigt werden könnten, da es keine Voraufnahmen gebe. Allerdings treffen sowohl Herr Dr. E. in seiner Stellungnahme vom 18.11.2014 als auch Prof. Dr. D. in seinem Gutachten vom 15.01.2016 die Feststellung, dass bei der MRT-Untersuchung am 11.11.2011 auch eine Osteochondrose (eine durch Abnutzung der Bandscheiben bedingte knöcherne Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule) und eine Spondylarthritis (Wirbelsäulen-/Gelenkentzündung) diagnostiziert worden seien. Hierbei handele es sich – so die übereinstimmende Bewertung durch beide Ärzte – um degenerative Erkrankungen der Wirbelsäule. Prof. Dr. D. führt hierzu aus, dass degenerative Veränderungen zwar nicht mit 100%iger Sicherheit bestätigt werden könnten, da der Kläger im Vorfeld des Ereignisses über keinerlei Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule zu berichten wusste. Gleichwohl sei es unwahrscheinlich, dass die festgestellten Erkrankungen an der Wirbelsäule im Zeitraum zwischen dem Unfall am 02.09.2011 und der MRT-Kontrolle am 11.11.2011 entstanden seien. Von einer degenerativen Vorschädigung sei auch deshalb auszugehen, weil es sich bei dem auslösenden Ereignis um eine willentlich gesteuerte Bewegung gehandelt habe. Gesundheitsschädigende typisch unfallbedingte Veränderungen der Lendenwirbelsäule (Wirbelkörperfrakturen, Bandzerreißungen, Instabilitätsfolgen) seien gerade nicht festgestellt worden. Prof. Dr. D. stellt zudem fest, dass der Bandscheibenvorfall zu derselben Zeit auch ohne das auslösende Ereignis vom 02.09.2011 hätte auftreten können. Das Gericht hat keinerlei Veranlassung, die (insoweit) schlüssigen Ausführungen des Gutachters in Zweifel zu ziehen. Auch der Kläger hat den Inhalt des Gutachtens in der mündlichen Verhandlung nicht weiter in Frage gestellt.

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Im Ergebnis ist zur Überzeugung der Kammer deshalb davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt des Unfallereignisses degenerative Veränderungen an der Lendenwirbelsäule des Klägers vorgelegen haben, die annähernd (mindestens) die gleiche Bedeutung für den Bandscheibenvorfall wie das auslösende Ereignis (Teilnahme am Schießtraining) hatten. Es lässt sich nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit nachweisen, dass das Unfallereignis schwer genug und nach seiner Mechanik geeignet war, den Körperschaden als wesentliche Mitursache auszulösen.

II.

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Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung seiner Bandscheibenerkrankungen als Berufskrankheit.

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Gemäß § 31 Absatz 3 Satz 1 BeamtVG gilt es als Dienstunfall, wenn ein Beamter, der nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung an bestimmten Krankheiten besonders ausgesetzt ist, an einer solchen Krankheit erkrankt, es sei denn, dass der Beamte sich die Erkrankung außerhalb des Dienstes zugezogen hat. Diese Regelung will nicht die Folgen jeglicher Krankheit abmildern, die sich der Beamte im Dienst zuzieht, sondern nur besonderen Gefährdungen Rechnung tragen, denen ein Beamter im Vergleich zur Beamtenschaft insgesamt ausgesetzt ist (BVerwG, Urteil vom 12.12.2015 – 2 C 467/13 – juris m.w.N.). Die in Betracht kommenden Krankheiten bestimmt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung (§ 31 Absatz 3 Satz 3 BeamtVG). Nach § 1 der insoweit erlassenen Verordnung zur Durchführung des § 31 des Beamtenversorgungsgesetzes (Bestimmung von Krankheiten für die beamtenrechtliche Unfallfürsorge) vom 20.06.1977 (BGBl. I S. 1004) sind als Berufskrankheiten die in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) vom 08.12.1976 (BGBl. I S. 3329) in der jeweils geltenden Fassung genannten Krankheiten mit den dort im Einzelnen bezeichneten Maßgaben bestimmt. Nach § 1 BKV vom 31.10.1997 (BGBl. I S. 2623), zuletzt geändert durch Artikel 1 der dritten Verordnung zur Änderung der BKV vom 22.12.2014 (BGBl. I S. 2397), sind Berufskrankheiten die in der Anlage 1 bezeichneten Krankheiten, die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch begründenden Tätigkeit erleiden.

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Vorliegend sind beim Kläger am 11.11.2011 ein Bandscheibenprolaps L4/L5, eine Bandscheibenprotrusion L5/S1, eine Osteochondrose und eine Spondylarthritis diagnostiziert worden.

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Nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung zählen zu den Berufskrankheiten „bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugenhaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können“. Danach ist Voraussetzung, dass ein langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung (sog. arbeitstechnische Voraussetzungen), zu einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule (Gesundheitsschaden) geführt hat, und ein Kausalzusammenhang zwischen der Tätigkeit und der Erkrankung besteht.

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Der Kläger erfüllt bereits nicht die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung seiner Krankheit als Berufskrankheit. In seinem Falle ist nicht von einem langjährigen Heben oder Tragen schwerer Lasten im Sinne der Nr. 2108 der Anlage zur BKV auszugehen.

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Zur Beantwortung der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten zu einer Wirbelsäulenerkrankung führen kann, die als Berufskrankheit im Sinne der Nr. 2108 der Anlage zur BKV anerkannt werden kann, hat das Oberverwaltungsgericht Hamburg in einer Entscheidung vom 07.07.2005 (1 Bf 82/02 – juris) auf das sog. Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) abgestellt und hierzu ausgeführt:

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„Dieses Modell wurde von einer Arbeitsgruppe aus Juristen, Mitarbeitern des Technischen Aufsichtsdienstes verschiedener Berufsgenossenschaften, einem Gewerbearzt und Arbeitsmedizinern entwickelt auf der Basis der im Ärztlichen Merkblatt und in der wissenschaftlichen Begründung zur BK Nr. 2108 genannten epidemiologischen Untersuchungen verschiedener betroffener Berufsgruppen. Es basiert auf der wissenschaftlichen Erkenntnis, dass bandscheibenbedingte Erkrankungen der Wirbelsäule durch äußere Einwirkungen verursacht werden können und dafür eine gewisse Belastungsdosis im Sinne eines Drucks auf die Bandscheiben notwendig ist. Nach genauer Analyse der Belastungen hat man aus den vorhandenen Studien eine kritische Dosis für eine Arbeitsschicht und für das gesamte Berufsleben abgeleitet (vgl. Jäger, Luttmann, Bolm-Audorff, Schäfer, Hartung, Kuhn, Paul, Francks, Retrospektive Belastungsermittlung für risikobehaftete Tätigkeitsfelder, ASUMed 1999 S. 101 ff). […]

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Dieses Modell berücksichtigt, dass es einer bestimmten Mindestbelastung bedarf, um eine körperliche Belastung als schädigend für die Bandscheiben der Wirbelsäule einzustufen. Zur Beurteilung der arbeitstechnischen Voraussetzungen wird ein zweistufiges Verfahren durchgeführt, nach dem in einem ersten Schritt die Vorprüfung und in einem zweiten Schritt die Hauptprüfung erfolgt. Die Vorprüfung umfasst als Mindestanforderungen, dass die Lastgewichte bei Männern 15 kg erreichen oder überschreiten müssen, pro Arbeitsschicht mindestens 50 Lastenmanipulationen von maximal 5 m oder 30 Lastenmanipulationen mit Trageentfernungen von deutlich über 5 m vorgelegen haben oder in extremer Rumpfbeugehaltung durchgeführt worden sein müssen. Des weiteren muss die belastende Tätigkeit an mindestens 60 Arbeitsschichten pro Jahr zu verrichten gewesen sein und die gesamte berufliche Belastungsdauer mindestens 7 Jahre betragen haben (vgl. Hartung, Schäfer, Jäger, Luttmann, Bolm-Audorff, Kuhn, Paul, Francks, Vorschlag zur Beurteilung der arbeitstechnischen Voraussetzungen im Berufskrankheiten-Feststellungsverfahren, ASUMed 1999 S. 112, 113; Hartung, Entstehungsgedanke und Entwicklung des Mainz-Dortmunder-Dosismodells zur Beurteilung der beruflichen Belastung der Lendenwirbelsäule bei Verdacht auf Berufskrankheit Nr. 2108, in Bericht über die Tagung vom 23. November 2000 in Frankfurt im Rahmen des 3. Symposiums Bandescheibenbedingte Berufskrankheiten, veranstaltet vom Institut für Arbeitsmedizin, Klinikum der J.W.Goethe-Universität, Frankfurt am Main und vom Hessischen Sozialministerium Wiesbaden, S. 19) (im folgenden Symposiumsbericht). Erst wenn diese Mindestkriterien erreicht bzw. überschritten sind, muss in einem weiteren Hauptprüfungsverfahren die Wirbelsäulenbelastung genau ermittelt werden. Insoweit werden nach dem MDD die nach dem Merkblatt für die ärztliche Untersuchung aufgestellten Mindestvoraussetzungen zugunsten des Klägers herabgestuft.“

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In einer Entscheidung vom 30.10.2007 hat das Bundessozialgericht das Mainz-Dortmunder-Dosismodell als Maßstab zur Ermittlung der kritischen Belastungsdosis beim Heben und Tragen schwerer Lasten sowie bei Arbeiten in extremer Rumpfbeugehaltung im Sinne der BK Nr. 2108 bestätigt, da derzeit kein den Vorgaben der BK Nr. 2108 gerecht werdendes Alternativmodell zur Verfügung stehe. Allerdings stelle das MDD lediglich Orientierungswerte zur Verfügung, die im Lichte der durch den Abschlussbericht der „Deutschen Wirbelsäulenstudie“ niedergelegten neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu modifizieren seien. Aufgrund der in einer Studie offenkundig gewordenen Mängel des MDD müssten zum einen bei der Dosisberechnung auch Belastungen berücksichtigt werden, die in die Berechnungen nach dem MDD keinen Eingang finden. Zum anderen müssten die Grenzwerte, ab denen von einem erhöhten Krankheitsrisiko durch die in der BK Nr. 2108 genannten Einwirkungen auszugehen ist, deutlich niedriger bemessen werden (BSG, Urteil vom 30.10.2007 – B 2 U 4/06 – juris). Mit weiterem Urteil vom 23.04.2015 (B 2 U 10/14 R – juris) hat das Bundessozialgericht im Wesentlichen seine bisherige Rechtsprechung fortgesetzt, dass bei Beurteilung der haftungsbegründenden Kausalität bei der BK 2108 als aktueller Stand der medizinischen Wissenschaft das MDD anzusehen ist.

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Basis der Beurteilung nach dem MDD sind die „Tagesdosis“ und die „Lebensdosis“ der biomechanischen Belastung der Lendenwirbelsäule. Die Tagesdosis wird aus der kumulierten Belastung durch Lastenhandhabung und extreme Rumpfbeugehaltung unter Berücksichtigung der täglichen Expositionsdauer, die aus der Dauer und Häufigkeit der relevanten Handhabungsvorgänge und Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung resultiert, ermittelt. Die Lebensdosis errechnet sich aus der Summe der relevanten Tagesdosiswerte des gesamten Berufslebens. Bezogen auf die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nr. 2108 legen die Bewertungsvorgaben des MDD nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Größenordnung fest, ab der wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten als potentiell gesundheitsschädigend anzusehen sind.

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„Langjähriges" Heben und Tragen schwerer Lasten oder „langjährige“ Tätigkeit in extremer Rumpfbeugehaltung bedeutet hiernach, dass zehn Berufsjahre als im Durchschnitt untere Grenze der belastenden Tätigkeit zu fordern sind (vgl. hierzu BSG vom 23.04.2015, a.a.O. juris Rn. 13 m.w.N. unter Verweis auf das aktuelle Merkblatt 2108, Bundesarbeitsblatt 2006, Heft 10, S.30, Abschnitt IV). Das Bundessozialgericht hat allerdings für die Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzungen auch einen kürzeren Zeitraum als 10 Jahre ausreichen lassen und insoweit auf die sich aus dem MDD rechnerisch bei maximaler Exposition ergebende Mindestdauer von 7 Jahren verwiesen (Bayr. LSG, Urteil vom 25.11.2015 – L 2 U 120/13 – juris Rn. 44 unter Hinweis auf BSG vom 20.06.2004 – B 2 U 22/03 R – juris Rn. 27).

37

Zwar hat das Bundessozialgericht bisher keine konkrete Untergrenze zur BK 2108 genannt, sondern lediglich eine sieben Jahre und neun Monate als möglicherweise ausreichende Belastung genügen lassen (vgl. BSG vom 04.07.2013 – B 2 U 11/12 R – juris Rn. 15). Gleichwohl geht die Kammer davon aus, dass die berufliche Belastungsdauer von 7 Jahren den unteren Grenzwert markiert, bei dessen Unterschreitung nach gegenwärtigem Wissensstand ein Kausalzusammenhang zwischen beruflichen Einwirkungen und bandscheibenbedingter Erkrankung der Lendenwirbelsäule ausgeschlossen ist und deshalb auf einzelfallbezogene medizinische Ermittlungen verzichtet werden kann.

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Die Änderungen, die das MDD durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 30.10.2007 erfahren hat („BSG-Modell“), lassen sich anschaulich einer wissenschaftlichen Abhandlung von Ditchen/Lundershausen/Ellegast entnehmen, die im Tagungsbericht der X. Potsdamer BK-Tage vom 23. und 24. Mai 2014 (S. 124 ff.) enthalten ist („DWS II: Expositionsbeispiele aus der Praxis“, zu finden unter: http://www.dguv.de/medien/landesverbaende/de/veranstaltung/bk-tage/2014/documents/Tagungsbericht_2014.pdf). In dieser Abhandlung werden die Auswirkungen der Anwendung verschiedener Schwellenwerte bei der Expositionsermittlung zum Heben und Tragen schwerer Lasten und zum Arbeiten in (extremer) Rumpfbeugehaltung anhand verschiedener Praxisbeispiele dargestellt. Im Modell-Beispiel I (Tabelle 4: Beruf: Maurer; Tätigkeitsmodul: Verarbeiten von großformatigen Steinen, ca. 4 m³/ Mann und Tag; Grundlage: 220 Schichten/Jahr) handelt es sich um die typische Tätigkeit eines Maurers, der im Sinne der BK 2108 relativ hoch belastende Tätigkeiten an allen Schichten des Jahres ausübt. Es wird dargelegt, dass ein Maurer bei dieser Belastung und bei Anwendung des „BSG-Modells“ den relevanten Lebensdosisrichtwert (12,5 Mega-Newton-Stunden) rechnerisch erst nach 7,9 Jahren erreicht. Vor diesem Hintergrund ist die Annahme, die Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzungen setze rechnerisch bei maximaler Exposition eine Mindestdauer von 7 Jahren voraus, nachvollziehbar und plausibel (ebenso: Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung (BKV), Kommentar, Loseblatt, Stand: Mai 2016, M 2108 S. 27; siehe auch Dr. Grosser, „Kritische Bewertung der Aussagekraft der DWS bezüglich der BK 2108“, Tagungsbericht der X. Potsdamer BK-Tage vom 23. und 24. Mai 2014, S. 153, wonach durch das Urteil des Bundessozialgericht ein Grenzwert definiert worden sei, unterhalb dessen eine medizinische Prüfung des Ursachenzusammenhanges entfallen könne).

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Nach diesen Grundsätzen ist die berufliche Belastungsdauer von 7 Jahren im Fall des Klägers nicht erreicht. Dies gilt selbst dann, wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass die körperlichen Belastungen des Klägers mit den dargelegten körperlichen Belastungen eines Maurers vergleichbar sind und er deshalb an 220 Tagen im Jahr jeweils eine Tagesdosis von 7,2 Kilo-Newton-Stunden erreicht hat (vgl. hierzu allerdings das Gutachten von Prof. Dr. D., wonach der Kläger lediglich „2-3 Mal wöchentlich unter Vollschutz“ trainiert habe). Denn diesen Belastungen ist er jedenfalls nicht mindestens 7 Jahre ausgesetzt gewesen. Der Beklagte hat hierzu vorgetragen, dass die erhöhte körperliche Belastung lediglich von April 2002 bis April 2004 und sodann nochmals von März 2007 bis September 2011 gedauert habe, was einer Gesamtbelastungsdauer von insgesamt 6,5 Jahren entsprochen habe. Der Kläger hat dieser Berechnung nicht widersprochen. In der mündlichen Verhandlung hat er lediglich eingewandt, dass er bereits vor April 2002 zum Zwecke einer „Grundausbildung“ von der Landesbereitschaftspolizei zum SEK abgeordnet und während dieser Zeit für die Dauer von fünf Monaten den typischen körperlichen Belastungen einen SEK-Beamten ausgesetzt gewesen sei. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers hat die relevante körperliche Belastung damit lediglich 6 Jahre und 11 Monate bestanden.

40

Entgegen der Auffassung des Beklagten kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, dass sich der Kläger von April 2004 bis Februar 2007 in der Aufstiegsausbildung befunden hat. Denn Zeiträume mit Wirbelsäulenbelastungen werden auch dann addiert, wenn dazwischen längere belastungsfreie Zeiträume liegen (Merkblatt 2108, Bundesarbeitsblatt 2006, Heft 10, S.30, Abschnitt IV sowie Mehrtens/Brandenburg, a.a.O.; a.A. scheinbar Schur/Koch, in: Lauterbach, Unfallversicherung, SGB VII, Kommentar, Loseblatt, Stand: Januar 2016, § 9 Anh. IV, 2108 Ziffer 6a, wonach eine längere Unterbrechung der die Wirbelsäule belastenden Tätigkeit mit Blick auf eine ggf. eintretende Regeneration „im Rahmen einer Zusammenhangsbeurteilung zu berücksichtigen“ sei).

41

Etwaige Belastungen des Klägers, die nach dem 11.11.2011 (dem Tag der MRT-Untersuchung) bestanden haben sollten, sind zur Berechnung des Lebensdosisrichtwertes ohne Relevanz, weil es insoweit schon am Kausalzusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und dem festgestellten Gesundheitsschaden fehlt.

42

Ohne Erfolg beruft sich der Kläger zudem darauf, er sei auch während seiner vorherigen Tätigkeit bei der Landesbereitschaftspolizei erhöhten körperlichen Belastungen ausgesetzt gewesen, weil er während dieser Zeit bei Einsätzen zum Teil auch eine schusssichere Weste getragen habe. Zwar sind nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 30.10.2007 bei der Dosisberechnung auch Belastungen zu berücksichtigen, die nach dem ursprünglichen Mainz-Dortmunder-Dosismodell die relevante Tagesdosis von 5,5 Kilo-Newton-Stunden nicht erreichen. Allerdings erfordert das Kriterium „schweres Heben und Tragen“ nach der geltenden Legaldefinition der BK Nr. 2108 eine Mindestdruckkraft pro Arbeitsvorgang, die mit 2.700 Newton angesetzt wurde und nach den Bestimmungsgleichungen des MDD einer Druckkraft beim Tragen von 20 kg entspricht (BVerwG, Urteil vom 30.10.2007, a.a.O., Rn. 23). Das Gewicht einer kugelsicheren Weste der Schutzkategorie 1 beträgt je nach Größe lediglich 1,8 bis 4,9 kg (https://www.bundeswehr-und-mehr.de/a-4108/) und erreicht damit nicht annähernd die Druckkraft-Schwelle von 2,7 Kilo-Newton. Die Zeiten des Klägers bei der Landesbereitschaftspolizei sind bei der Berechnung des Lebensdosisrichtwertes daher nicht zu berücksichtigen.

43

Auf den Inhalt des Gutachtens von Prof. Dr. D. vom 15.01.2016 vermag sich der Kläger nicht zu berufen. Der Gutachter kommt darin zu dem Ergebnis, dass der Kläger ausweislich der Arbeitsplatzanalyse des Beklagten über 10 Jahre lang extremen körperlichen Belastungen ausgesetzt gewesen sei, weshalb aus medizinischer Sicht eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 anzunehmen sei. Zum einen lässt sich die Annahme des Gutachters zu den tatsächlichen Belastungen des Klägers („2-3 Mal wöchentlich unter Vollschutz beim Taktiktraining über 110 Tage pro Jahr“) der in Bezug genommenen Arbeitsplatzanalyse des Beklagten in dieser Weise nicht entnehmen, weil dort eine wochen- oder tageweise Betrachtung nicht stattfindet. Zum anderen geht das Gutachten von der falschen Annahme aus, dass der Kläger tatsächlich über 10 Jahre diesen Belastungen ausgesetzt gewesen ist. Überdies bleibt offen, aufgrund welcher medizinisch-wissenschaftlichen Tatsachenbasis der Gutachter seine Schlussfolgerungen getroffen hat.

44

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die sofortige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Berufung ist gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, weil die von der Kammer begehrte Frage, ob eine berufliche Belastungsdauer von 7 Jahren den unteren Grenzwert markiert, bei dessen Unterschreitung nach gegenwärtigem Wissensstand ein Kausalzusammenhang zwischen beruflichen Einwirkungen und bandscheibenbedingter Erkrankung der Lendenwirbelsäule ausgeschlossen ist und deshalb auf einzelfallbezogene medizinische Ermittlungen verzichtet werden kann, in der höchstrichterlichen Rechtsgrundlage und in der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts noch nicht geklärt ist.


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Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 14. Juni 2016 - 5 A 109/13 zitiert 13 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 2 Versicherung kraft Gesetzes


(1) Kraft Gesetzes sind versichert 1. Beschäftigte,2. Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,3. Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnliche

Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG | § 31 Dienstunfall


(1) Dienstunfall ist ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung des Dienstes eingetreten ist. Zum Dienst gehören auch 1. Dienstreisen und die die

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 6 Freiwillige Versicherung


(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern 1. Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfisch

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 3 Versicherung kraft Satzung


(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf1.Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,2.Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2

Berufskrankheiten-Verordnung - BKV | § 1 Berufskrankheiten


Berufskrankheiten sind die in der Anlage 1 bezeichneten Krankheiten, die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch begründenden Tätigkeit erleiden.

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Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 14. Juni 2016 - 5 A 109/13 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 14. Juni 2016 - 5 A 109/13 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Urteil, 23. Apr. 2015 - B 2 U 10/14 R

bei uns veröffentlicht am 23.04.2015

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 29. Januar 2014 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 04. Juli 2013 - B 2 U 11/12 R

bei uns veröffentlicht am 04.07.2013

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 20. September 2011 wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Dienstunfall ist ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung des Dienstes eingetreten ist. Zum Dienst gehören auch

1.
Dienstreisen und die dienstliche Tätigkeit am Bestimmungsort,
2.
die Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen und
3.
Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst oder in dem ihm gleichstehenden Dienst, zu deren Übernahme der Beamte gemäß § 98 des Bundesbeamtengesetzes verpflichtet ist, oder Nebentätigkeiten, deren Wahrnehmung von ihm im Zusammenhang mit den Dienstgeschäften erwartet wird, sofern der Beamte hierbei nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert ist (§ 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch).

(2) Als Dienst gilt auch das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges zu und von der Dienststelle. Hat der Beamte wegen der Entfernung seiner ständigen Familienwohnung vom Dienstort an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft, so gilt Satz 1 auch für den Weg zwischen der Familienwohnung und der Dienststelle. Der Zusammenhang mit dem Dienst gilt als nicht unterbrochen, wenn der Beamte

1.
von dem unmittelbaren Weg zwischen der Wohnung und der Dienststelle in vertretbarem Umfang abweicht,
a)
um ein eigenes Kind, für das ihm dem Grunde nach Kindergeld zusteht, wegen seiner eigenen Berufstätigkeit oder der Berufstätigkeit seines Ehegatten in fremde Obhut zu geben oder aus fremder Obhut abzuholen oder
b)
weil er mit anderen berufstätigen oder in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personen gemeinsam ein Fahrzeug für den Weg zu und von der Dienststelle benutzt, oder
2.
in seiner Wohnung Dienst leistet und Wege zurücklegt, um ein Kind im Sinne des Satzes 3 Nummer 1 Buchstabe a in fremde Obhut zu geben oder aus fremder Obhut abzuholen.
Ein Unfall, den der Verletzte bei Durchführung des Heilverfahrens (§ 33) oder auf einem hierzu notwendigen Wege erleidet, gilt als Folge eines Dienstunfalles.

(3) Erkrankt ein Beamter, der wegen der Art seiner dienstlichen Verrichtungen der Gefahr der Erkrankung an einer bestimmten Krankheit besonders ausgesetzt ist, an dieser Krankheit, so gilt die Erkrankung als Dienstunfall, es sei denn, dass der Beamte sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat. Die Erkrankung gilt jedoch stets als Dienstunfall, wenn sie durch gesundheitsschädigende Verhältnisse verursacht worden ist, denen der Beamte am Ort seines dienstlich angeordneten Aufenthalts im Ausland besonders ausgesetzt war. Als Krankheiten im Sinne des Satzes 1 kommen die in Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2623) in der jeweils geltenden Fassung genannten Krankheiten mit den dort bezeichneten Maßgaben in Betracht. Für die Feststellung einer Krankheit als Dienstunfall sind auch den Versicherungsschutz nach § 2, § 3 oder § 6 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch begründende Tätigkeiten zu berücksichtigen, wenn sie ihrer Art nach geeignet waren, die Krankheit zu verursachen, und die schädigende Einwirkung überwiegend durch dienstliche Verrichtungen nach Satz 1 verursacht worden ist.

(4) Dem durch Dienstunfall verursachten Körperschaden ist ein Körperschaden gleichzusetzen, den ein Beamter außerhalb seines Dienstes erleidet, wenn er im Hinblick auf sein pflichtgemäßes dienstliches Verhalten oder wegen seiner Eigenschaft als Beamter angegriffen wird. Gleichzuachten ist ferner ein Körperschaden, den ein Beamter im Ausland erleidet, wenn er bei Kriegshandlungen, Aufruhr oder Unruhen, denen er am Ort seines dienstlich angeordneten Aufenthaltes im Ausland besonders ausgesetzt war, angegriffen wird.

(5) Unfallfürsorge wie bei einem Dienstunfall kann auch gewährt werden, wenn ein Beamter, der zur Wahrnehmung einer Tätigkeit, die öffentlichen Belangen oder dienstlichen Interessen dient, beurlaubt worden ist und in Ausübung dieser Tätigkeit einen Körperschaden erleidet.

(6) (weggefallen)

Berufskrankheiten sind die in der Anlage 1 bezeichneten Krankheiten, die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch begründenden Tätigkeit erleiden.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
2.
Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2 Absatz 3 Satz 4 erster Halbsatz gilt entsprechend,
3.
Personen, die
a)
im Ausland bei einer staatlichen deutschen Einrichtung beschäftigt werden,
b)
im Ausland von einer staatlichen deutschen Einrichtung anderen Staaten zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt werden;
Versicherungsschutz besteht nur, soweit die Personen nach dem Recht des Beschäftigungsstaates nicht unfallversichert sind,
4.
ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte,
5.
Kinder und Jugendliche während der Teilnahme an Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für

1.
Haushaltsführende,
2.
Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien oder Imkereien und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
3.
Personen, die aufgrund einer vom Fischerei- oder Jagdausübungsberechtigten erteilten Erlaubnis als Fischerei- oder Jagdgast fischen oder jagen,
4.
Reeder, die nicht zur Besatzung des Fahrzeugs gehören, und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner.

(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien, von nicht gewerbsmäßig betriebenen Unternehmen nach § 123 Abs. 1 Nr. 2 und ihre Ehegatten oder Lebenspartner sowie Fischerei- und Jagdgäste,
2.
Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
3.
gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen,
4.
Personen, die in Verbandsgremien und Kommissionen für Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sowie anderen selbständigen Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
5.
Personen, die ehrenamtlich für Parteien im Sinne des Parteiengesetzes tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 kann auch die Organisation, für die die Ehrenamtsträger tätig sind, oder ein Verband, in dem die Organisation Mitglied ist, den Antrag stellen; eine namentliche Bezeichnung der Versicherten ist in diesen Fällen nicht erforderlich. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 4 und 5 gilt Satz 2 entsprechend.

(2) Die Versicherung beginnt mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt. Die Versicherung erlischt, wenn der Beitrag oder Beitragsvorschuß binnen zwei Monaten nach Fälligkeit nicht gezahlt worden ist. Eine Neuanmeldung bleibt so lange unwirksam, bis der rückständige Beitrag oder Beitragsvorschuß entrichtet worden ist.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 29. Januar 2014 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten auch des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr 2108 (BK 2108) der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).

2

Der im Jahre 1958 geborene Kläger absolvierte bis Mai 1977 eine Ausbildung zum Baufacharbeiter. Im Anschluss war er bis einschließlich 1997 als Eisenflechter und Zimmerer tätig. Diese Tätigkeiten gab er aufgrund einer Erkrankung seiner Wirbelsäule 1998 auf. Zu diesem Zeitpunkt bestand beim Kläger eine Chondrose Grad III mit Bandscheibenvorfall im Segment L5/S1 und eine altersuntypische Chondrose Grad I im Segment L4/L5.

3

Mit Bescheid vom 5.4.2006 und Widerspruchsbescheid vom 26.7.2006 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Die Wirbelsäulenerkrankung könne nicht als BK anerkannt werden, weil insbesondere die medizinischen Voraussetzungen für eine BK 2108 nicht vorlägen. Da in allen Wirbelsäulenabschnitten Verschleißerscheinungen bestünden, spreche das Schadensbild gegen eine berufliche Verursachung.

4

Das SG Chemnitz hat die Klagen mit Urteil vom 6.4.2011 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, beim Kläger bestehe zwar eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule bei L4/L5. Die Voraussetzungen für eine Anerkennung als BK lägen jedoch nach den Konsensempfehlungen (U. Bolm-Audorff et al, Medizinische Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule, Trauma und Berufskrankheiten 2005/3, S 211, 214 ff) nicht vor. Das Sächsische LSG hat mit Urteil vom 29.1.2014 das Urteil des SG sowie die Bescheide der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass bei dem Kläger eine BK 2108 vorliege. Zur Begründung hat es ua ausgeführt, die bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule sei wesentlich durch die berufliche Einwirkung verursacht. Entsprechend den Konsensempfehlungen liege eine ausreichende Exposition für die Anerkennung einer BK 2108 vor. Der Ursachenzusammenhang zwischen dieser Belastung und der Wirbelsäulenerkrankung des Klägers sei zu bejahen. Konkurrierende Ursachen seien nicht ersichtlich. Das bei Aufgabe der beruflichen Tätigkeit bestehende Schadensbild entspreche der Konstellation B2 der Konsensempfehlungen, bei deren Vorliegen die Verursachung hinreichend wahrscheinlich sei. Es liege zum einen eine besonders intensive Belastung im Sinne des zweiten Zusatzkriteriums dieser Konstellation vor, weil im Hinblick auf die Entscheidung des BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - auf die Hälfte des Richtwertes von 25 Meganewtonstunden (MNh) nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) für die Lebensdosis für Männer in weniger als 10 Jahren und damit auf 12,5 MNh abzustellen sei. Dieser Wert sei in dem 10-Jahreszeitraum vom 1.6.1977 bis 31.5.1987 mit rund 15 MNh erreicht worden. Zum anderen bestehe beim Kläger auch eine Höhenminderung und ein Prolaps an mehreren Bandscheiben im Sinne des ersten Zusatzkriteriums der Konstellation B2 der Konsensempfehlungen, weil dieses Zusatzkriterium auch bei einem lediglich bisegmentalen Bandscheibenschaden erfüllt sei.

5

Die Beklagte rügt mit der vom Senat zugelassenen Revision die Verletzung des § 9 SGB VII iVm Nr 2108 der Anlage 1 zur BKV. Das Vorliegen einer BK 2108 könne nicht auf die Konstellation B2 der Konsensempfehlungen gestützt werden, weil der erforderliche wissenschaftliche Konsens nicht mehr vorliege. Divergierende Entscheidungen der LSGe zur Höhe des Richtwertes für die Lebensdosis als Indiz für eine besonders intensive Belastung im Sinne des zweiten Zusatzkriteriums zur Konstellation B2 der Konsensempfehlungen zeigten, dass hinsichtlich ihrer Anwendung nicht mehr von einem einheitlichen Meinungsstand ausgegangen werden könne. Die Konsensempfehlungen könnten deshalb nicht mehr als aktueller Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse betrachtet und die Anerkennung einer BK 2108 nicht mehr auf sie gestützt werden. Auch seien die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 2108 nicht gegeben.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 29. Januar 2014 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 6. April 2011 zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend. Das LSG habe seiner Entscheidung den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zum Ursachenzusammenhang bei einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule zugrunde gelegt. Dieser sei weiterhin den Konsensempfehlungen zur BK 2108 zu entnehmen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet. Zu Recht hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide der Beklagten das Vorliegen einer BK 2108 festgestellt.

10

Die erhobenen Klagen sind als Anfechtungsklage gegen die ablehnenden Entscheidungen verbunden mit der auf Feststellung einer BK gerichteten Feststellungsklage zulässig. Der Übergang im Berufungsverfahren von der zunächst erhobenen Verpflichtungs- auf eine Feststellungsklage war nach § 99 Abs 3 SGG zulässig(vgl BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 22/10 R - UV-Recht Aktuell 2012, 42 = NZS 2012, 151).

11

Der Rechtsstreit richtet sich nach den Vorschriften des SGB VII (§ 212 SGB VII),weil der Versicherungsfall erst nach Inkrafttreten des SGB VII eingetreten ist. Rechtsgrundlage für die Anerkennung der streitigen BK ist § 9 Abs 1 SGB VII iVm Nr 2108 der Anlage 1 zur BKV vom 31.10.1997 (BGBl I 2623), die lautet: "Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können". Nach § 9 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind BKen nur diejenigen Krankheiten, die durch die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als solche bezeichnet sind (sog Listen-BK) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist für die Feststellung einer Listen-BK erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) sowie, dass eine Krankheit vorliegt (dazu unter A). Des Weiteren muss die Krankheit durch die Einwirkungen verursacht sein (haftungsbegründende Kausalität; dazu unter B). Schließlich ist Anerkennungsvoraussetzung, dass der Versicherte deshalb seine Tätigkeit aufgeben musste sowie alle gefährdenden Tätigkeiten unterlässt (dazu unter C). Fehlt eine dieser Voraussetzungen, ist die BK nicht anzuerkennen (BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - BSGE 99, 162 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 5, RdNr 17). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK. Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (BSG vom 4.7.2013 - B 2 U 11/12 R - BSGE 114, 90 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2109 Nr 1, RdNr 12; BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 30/07 R - BSGE 103, 45 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 3101 Nr 4, RdNr 16 mwN; BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 9/08 R - BSGE 103, 59 = SozR 4-2700 § 9 Nr 14, RdNr 9 mwN; zuletzt BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 26/10 R - UV-Recht Aktuell 2012, 412; BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 22/10 R - NZS 2012, 151; BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 25/10 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4111 Nr 3 RdNr 14). Diese Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 2108 sind hier erfüllt.

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A.1. Der Kläger war im Anschluss an seine Ausbildung zum Baufacharbeiter von September 1975 bis Mai 1977 bis einschließlich 1997 und auch darüber hinaus als Eisenflechter und Zimmerer beschäftigt. Er war damit "Versicherter" iS von § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII.

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2. Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) unterlag der Kläger während seiner versicherten Tätigkeit im Zeitraum vom 1.9.1975 bis 30.6.1998 einer kumulativen Einwirkungsbelastung in Form von Hebe- und Tragevorgängen von 31 MNh (zur Bestimmung des Ausmaßes der beruflichen Einwirkungen bei der BK 2108 vgl auch BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - BSGE 99, 162 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 5, RdNr 17 f, sowie zur Feststellung der tatbestandlich vorausgesetzten Einwirkung in Form von Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung BSG vom 23.4.2015 - B 2 U 20/14 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

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3. Diese Belastungen erfolgten - wie der Tatbestand der Nr 2108 voraussetzt - auch langjährig, nämlich von September 1975 bis jedenfalls Ende 1997 und damit 22 Jahre. Langjährig bedeutet, dass zehn Berufsjahre als im Durchschnitt untere Grenze der belastenden Tätigkeit zu fordern sind (so wörtlich das aktuelle Merkblatt 2108, BArbBl 2006, Heft 10, S 30, Abschnitt IV; vgl zum Merkmal "langjährig" bei der BK 2109 BSG vom 4.7.2013 - B 2 U 11/12 R - BSGE 114, 90 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2109 Nr 1, RdNr 15; s zur BK 2108 bereits BSG vom 18.3.2003 - B 2 U 13/02 R - BSGE 91, 23 = SozR 4-2700 § 9 Nr 1, RdNr 10; BSG vom 22.6.2004 - B 2 U 22/03 R - USK 2004-101; vgl auch: Römer in Hauck/Noftz, SGB VII, Anh zu K § 9 Anl zu BKV BK Nr 2108 - 2110 RdNr 7 mwN; "mindestens 10 Jahre" fordern Ricke in Kasseler Kommentar, Stand 5/2014, § 9 SGB VII RdNr 42; Mehrtens/Brandenburg, BKV, Stand 12/2013, M 2108 Anm 2.2.2).

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4. Nach den weiteren Feststellungen des LSG litt der Kläger im Juli 1998 an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule. Es lag eine Chondrose Grad III mit Bandscheibenvorfall im Segment L5/S1 sowie eine Chondrose Grad I im Segment L4/L5 vor.

16

B. Im Ergebnis zu Recht hat das LSG den Ursachenzusammenhang zwischen gefährdenden Einwirkungen und der Bandscheibenerkrankung des Klägers bejaht. Für die Anerkennung einer BK ist neben der Kausalität zwischen versicherter Tätigkeit und den schädigenden Einwirkungen (Einwirkungskausalität) ein Ursachenzusammenhang zwischen Einwirkungen und der Erkrankung erforderlich. Für die BK 2108 bedeutet dies, dass die Lendenwirbelsäulenerkrankung des Klägers durch langjähriges schweres Heben und Tragen bzw Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit verursacht worden sein muss. Für den Ursachenzusammenhang zwischen Einwirkung und Erkrankung gilt im Berufskrankheitenrecht, wie auch sonst in der gesetzlichen Unfallversicherung, die Theorie der wesentlichen Bedingung (s zum Arbeitsunfall die Entscheidungen des erkennenden Senats vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 44 RdNr 34 ff sowie BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 37; zu BKen s BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 26/10 R - UV-Recht Aktuell 2012, 412; BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 13 sowie - B 2 U 26/04 R - UV-Recht Aktuell 2006, 497), die zunächst auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie beruht, nach der jedes Ereignis (jede Bedingung) Ursache eines Erfolgs ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Steht die versicherte Tätigkeit als eine der Wirkursachen fest, muss auf der zweiten Stufe die Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller auf der ersten Stufe festgestellten mitwirkenden unversicherten Ursachen die Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr sein. Die Wesentlichkeit der Wirkursache ist zusätzlich und eigenständig nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung zu beurteilen (zur Theorie der wesentlichen Bedingung: zuletzt eingehend BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 37 f sowie BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1, RdNr 28 ff).

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1. Vorliegend hat das LSG unter Zugrundelegung des bindend festgestellten Einwirkungswerts iHv 31 MNh ausgehend vom MDD zutreffend angenommen, dass die versicherten Einwirkungen durch schweres Heben und Tragen ausreichten, um einen Bandscheibenschaden zu verursachen. Mit der Heranziehung des MDD zur Bestimmung der für eine Krankheitsverursachung erforderlichen Belastungsdosis folgt das LSG der Rechtsprechung des erkennenden Senats, der seit 2003 (BSG vom 18.3.2003 - B 2 U 13/02 R - BSGE 91, 23 = SozR 4-2700 § 9 Nr 1, RdNr 11 ff; BSG vom 19.8.2003 - B 2 U 1/02 R - USK 2003-219; BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - BSGE 99, 162 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 5, RdNr 18 und zuletzt BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 14/07 R - UV-Recht Aktuell 2009, 295) dieses Modell als eine geeignete Grundlage zur Konkretisierung der im Text der BK 2108 mit den unbestimmten Rechtsbegriffen "langjähriges" Heben und Tragen "schwerer" Lasten oder "langjährige" Tätigkeit in "extremer Rumpfbeugehaltung" nur ungenau und allenfalls nur richtungsweisend umschriebenen Einwirkungen angesehen hat. Die aufgrund einer retrospektiven Belastungsermittlung für risikobehaftete Tätigkeitsfelder ermittelten Werte, insbesondere die Richtwerte für die Gesamtbelastungsdosis des MDD, sind nicht als Grenzwerte, sondern als Orientierungswerte oder -vorschläge zu verstehen (s zur Handhabung der hälftigen Orientierungswerte als Mindestbelastungswerte BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 14/07 R - UV-Recht Aktuell 2009, 295; BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - BSGE 99, 162 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 5, RdNr 25; sowie BSG vom 23.4.2015 - B 2 U 6/13 R und B 2 U 20/14 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Für Männer legt das MDD als Gesamtbelastungsdosis den Wert von 25 MNh fest, der hier mit 31 MNh erheblich überschritten war. Es kommt daher im hier zu entscheidenden Fall nicht darauf an, ob bereits ein geringerer, ggf hälftiger Wert dieses Orientierungswertes ausreichen würde, um von einem erhöhten Erkrankungsrisiko auszugehen und deshalb auf einzelfallbezogene medizinische Ermittlungen nicht mehr verzichtet werden kann (vgl für Männer BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - BSGE 99, 162 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 5, RdNr 25). Deshalb muss hier auch nicht entschieden werden, ob aufgrund der mittlerweile vorliegenden Ergebnisse der DWS-Richtwertestudie (DWS II; "Erweiterte Auswertung der Deutschen Wirbelsäulenstudie mit dem Ziel der Ableitung geeigneter Richtwerte", Kurztitel: "DWS-Richtwerteableitung", veröffentlicht unter http://www.dguv.de/ifa/Forschung/Projektverzeichnis/FF-FB_0155A.jsp) eine weitere Absenkung der Orientierungswerte angezeigt ist. Der Senat weist aber in diesem Zusammenhang darauf hin, dass gemäß § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII generelle Voraussetzung für die Einführung eines BK-Tatbestandes die gruppenspezifische Risikoerhöhung gegenüber der Gesamtbevölkerung ist, deren Erreichen jedenfalls bei Werten iHv 3 MNh bedenklich erscheint(s nur Kranig, Was schadet den Bandscheiben?, DGUV Forum 2013, Nr 6, S 27, 31; vgl auch LSG Baden-Württemberg vom 25.9.2008 - L 10 U 5965/06 - Breith 2009, 307, RdNr 34 ff).

18

2. Das LSG hat auch in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise den erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen gefährdenden Einwirkungen im Sinne der BK 2108 und der Bandscheibenerkrankung des Klägers bejaht. Während die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK zum einen das Vorhandensein der tatbestandlich vorausgesetzten Einwirkungen und zum anderen die Kausalität zwischen diesen Einwirkungen und einer Erkrankung beinhalten, betreffen die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen ebenfalls zwei Aspekte der Anerkennungsvoraussetzungen, nämlich zum einen das Vorliegen der tatbestandlich vorausgesetzten Krankheit und zum anderen das Vorliegen eines Schadensbildes, welches mit der rechtlich-wesentlichen Verursachung dieser Krankheit durch die beruflichen Einwirkungen zumindest im Einklang steht (Bieresborn, Die Umsetzung der BK 2108 aus sozialrechtlicher Sicht, in: Grosser/Schiltenwolf/Thomann , Berufskrankheit "Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule" , Frankfurt 2014, S 193, 194, 199). Aus dem Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen kann angesichts der multifaktoriellen Entstehung von bandscheibenbedingten Erkrankungen der LWS (BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - BSGE 99, 162 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 5, RdNr 26) nicht automatisch auf das Bestehen der Anspruchsvoraussetzungen der BK 2108 geschlossen werden; vielmehr müssen medizinische Kriterien hinzukommen (BSG vom 27.6.2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr 7, RdNr 19; BSG vom 30.1.2007 - B 2 U 15/05 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4104 Nr 2, RdNr 23; vgl BSG vom 27.6.2006 - B 2 U 7/05 R - UV-Recht Aktuell 2006, 510 zur BK nach Nr 4302 der Anlage zur BKV; BSG vom 7.9.2004 - B 2 U 34/03 R - USK 2004-107).

19

Zutreffend hat das Berufungsgericht bei der Bestimmung des maßgeblichen aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands sowohl die Konsensempfehlungen aus dem Jahre 2005 zugrunde gelegt (dazu unter a) als auch das festgestellte Schadensbild diesen Erkenntnissen zugeordnet, mit dem Ergebnis, dass ein belastungskonformes Schadensbild im Sinne der sog Konstellation B2 der Konsensempfehlungen vorliegt (dazu unter b).

20

a) Nicht zu beanstanden ist, dass das LSG die Konsensempfehlungen aus dem Jahre 2005 (U. Bolm-Audorff et al, Medizinische Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule, Trauma und Berufskrankheit 2005/3, S 211, 216 ff, 228 ff) zugrunde gelegt hat. Diese bilden nach Überzeugung des Senats weiterhin den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand ab. Die naturwissenschaftliche Kausalitätsprüfung ist zwar eine der Bindung fähige tatsächliche Feststellung der Instanzgerichte (vgl Heinz in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 163 RdNr 9), jedoch sind nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats die die einzelnen Tatbestandsmerkmale der jeweiligen BK unterfütternden allgemeinen (generellen) Tatsachen, die für alle einschlägigen BK-Fälle gleichermaßen von Bedeutung sind, anhand des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands auch revisionsrechtlich überprüfbar (grundlegend: BSG vom 27.6.2006 - B 2 U 5/05 R - BSGE 96, 297 = SozR 4-5671 § 6 Nr 2, RdNr 19 sowie BSG vom 27.6.2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr 7, RdNr 23; s auch BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 25/10 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4111 Nr 3 RdNr 23; s zur älteren Senatsrechtsprechung, wonach diesbezügliche Feststellungen dem Anwendungsbereich des § 163 SGG zugerechnet wurden: BSG vom 2.5.2001 - B 2 U 16/00 R - SozR 3-2200 § 551 Nr 16 S 83 = SozR 3-2700 § 9 Nr 4 = SozR 3-5670 Anl 1 Nr 2108 Nr 4, Juris RdNr 28; BSG vom 18.3.2003 - B 2 U 13/02 R - BSGE 91, 23 = SozR 4-2700 § 9 Nr 1, RdNr 15, jeweils mwN). Dies muss zunächst jedenfalls immer dann gelten, wenn diese zulässig gerügt werden (vgl hierzu BSG vom 23.4.2015 - B 2 U 6/13 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Eine Bindung besteht allerdings nicht, wenn das LSG von einem offenkundig falschen medizinischen Erfahrungssatz ausgegangen ist (vgl BSG vom 27.10.2009 - B 2 U 16/08 R - UV-Recht Aktuell 2010, 418). Inwieweit in der Rechtsprechung anderer Senate des BSG (zur Überprüfung sog "genereller Tatsachen" in der sonstigen Rechtsprechung des BSG vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 163 RdNr 7 sowie speziell im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung BSG vom 16.6.1999 - B 1 KR 4/98 R - BSGE 84, 90, 94 = SozR 3-1500 § 163 Nr 7, Juris RdNr 17 sowie BSG vom 12.8.2009 - B 3 KR 10/07 R - BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 27 und zuletzt BSG vom 12.9.2012 - B 3 KR 10/12 R - BSGE 112, 15 = SozR 4-2500 § 137 Nr 1, RdNr 55; s zu "Rechtstatsachen" BSG vom 25.10.1994 - 3/1 RK 57/93 - SozR 3-1500 § 163 Nr 5, Juris RdNr 27, zu "allgemeinkundigen Tatsachen historischer Natur" BSG vom 7.2.1985 - 9a RV 5/83 - BSGE 58, 38, 42 = SozR 3100 § 5 Nr 7, Juris RdNr 17 sowie zu "gerichtskundigen Tatsachen" BSG vom 27.1.1977 - 7 RAr 16/75 - BSGE 43, 124, 127 = SozR 4100 § 41 Nr 28, Juris RdNr 30) eine solche Überprüfung genereller Tatsachen erfolgt, kann hier dahinstehen. Denn jedenfalls im Bereich des Rechts der BKen hat das BSG aufgrund der in den Normtexten der jeweiligen BKen in der Anlage zur BKV regelmäßig vertypisierten wissenschaftlichen Aussagen die Existenz der einschlägigen Erfahrungssätze selbst festzustellen. Das über das Vorliegen von BKen befindende Gericht muss sich folglich Klarheit darüber verschaffen, welches in der streitigen Frage der aktuelle Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ist. Die heranzuziehenden Quellen, Fachbücher, Standardwerke, Merkblätter des zuständigen Ministeriums, Begründungen des Sachverständigenbeirats, Konsensempfehlungen etc hat das Gericht eigenständig kritisch zu würdigen und auf ihre Aktualität hin - ggf durch Sachverständige - zu überprüfen (vgl BSG vom 24.7.2012 - B 2 U 100/12 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 24 RdNr 18; BSG vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 44 RdNr 68 f; BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 25/10 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4111 Nr 3 RdNr 20; vgl auch BSG vom 27.6.2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr 7, RdNr 20; BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17 mwN).

21

Hierbei ist zunächst die Zugrundelegung der Konsensempfehlungen durch das LSG als Orientierungshilfe bei der Beurteilung, ob der Bandscheibenschaden des Klägers nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand durch die festgestellten beruflichen Einwirkungen verursacht wurde, revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Denn die Konsensempfehlungen aus dem Jahre 2005 sind nach wie vor eine hinreichende Grundlage für die Bestimmung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands, wie der Senat zuletzt 2009 klargestellt hat (BSG vom 27.10.2009 - B 2 U 16/08 R - UV-Recht Aktuell 2010, 418). Seitdem wurden zwar in Folge der Veröffentlichung der DWS II Fachaufsätze publiziert, die Zweifel an den Aussagen auch der Konsensempfehlungen äußern. Weder aus der DWS II noch den sonstigen Veröffentlichungen ist jedoch zu entnehmen, dass die Erkenntnisse der Konsensarbeitsgruppe aus dem Jahre 2005 gerade hinsichtlich der hier zugrunde gelegten Befundkonstellation inzwischen veraltet sein könnten. Sofern vertreten wird, dass inzwischen die Ergebnisse der DWS II die wesentlichen Grundannahmen aus den Konsenskriterien widerlegten, etwa weil die bisher angenommenen Einwirkungsgrößen zu hoch seien, die Lokalisation und Häufigkeit der Verteilung von Bandscheibenschäden zu 96% mit denen der Normalbevölkerung identisch sei, die Auswertungen der DWS II keine deutliche Abhängigkeit der Begleitspondylose von der MDD-Gesamtbelastungsdosis gezeigt habe oder Schäden an der HWS keine Aussagekraft zur Verursachung von LWS-Schäden hätten (M. Kentner und K. Frank, Kommentar zur DWS-Richtwertestudie und Implikationen hinsichtlich BK 2108 - Biomechanik vs. Pathophysiologie, zur Veröffentlichung in ASUMed 8/2015 vorgesehen; Linhardt/Grifka, Auswirkungen der Deutschen Wirbelsäulenstudie auf die Berufskrankheit der Lendenwirbelsäule , MedSach 111 <2015>, 20, 21; Bergmann, Bolm-Audorff, Ditchen, Ellegast, Haerting, Kersten, Jäger, Skölziger, Kuß, Morfeld, Schäfer, Seidler, Luttmann, Lumbaler Bandscheibenvorfall mit Radikulärsyndrom und fortgeschrittene Osteochondrose, ZblArbeitsmed 2014, 233), handelt es sich erkennbar um wissenschaftliche Einzelmeinungen.

22

Die zitierten Publikationen setzen sich zum einen jeweils inhaltlich nicht mit der grundsätzlichen Kritik an der angewandten Methodik der Nachuntersuchung auseinander (s nur Grosser, Ergebnisse der Konsensarbeitsgruppe zur Begutachtung der BK 2108 - Status quo und Konsequenzen aus der DWS, in: Grosser/Schiltenwolf/Thomann, Berufskrankheit "Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule" , Frankfurt 2014, S 84 ; Zagrodnik, Fragliche Belastungsdosis, DGUV Forum 2014, Nr 7/8, S 10 ff), zum anderen schöpfen sie ihre Kritik an den Aussagen der Konsensempfehlungen alleine aus den Ergebnissen der DWS II und wenden sich im Wesentlichen gegen die Bestimmung und Höhe der Einwirkungsgrößen, nicht aber gegen die Grundaussage der Konsensempfehlungen, dass Bandscheibenschäden aufgrund beruflich erworbener Druckbelastungs-Dosen entstehen können. Der Senat verkennt nicht, dass ein wissenschaftlicher Erkenntnisstand auch dadurch erschüttert werden kann, dass grundlegende und fundierte Zweifel seitens der großen Mehrheit der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Fachwissenschaftler diesem den Boden entziehen, ohne dass sich diese in ihrer Mehrheit auf einen neuen Konsens geeinigt hätten. Einzelne Gegenstimmen sind demgegenüber nicht geeignet, einen einmal gebildeten und sich in schriftlichen Beurteilungskriterien manifestierenden wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu erschüttern, solange nicht die daran beteiligten Autoren in ihrer Mehrheit diesen Konsens in wesentlichen Punkten aufkündigen oder eine (zumindest teilweise) personell anders zusammengesetzte große Mehrheit der mit dieser Materie befassten Fachwissenschaftler diesem Konsens entgegentritt.

23

b) Nicht zu beanstanden ist im Rahmen des soeben aufgezeigten Prüfumfangs die Aussage des LSG, dass bei dem Kläger die Konstellation B2 der Konsensempfehlungen vorliegt, für die diese eine Anerkennungsempfehlung aussprechen. So wie der erkennende Senat im Recht der BKen nicht gehindert ist, den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu Verursachungszusammenhängen festzustellen, ist er ebenso wenig gehindert, die korrekte Zuordnung des Sachverhalts seitens des Berufungsgerichts unter diesen einschlägigen Erkenntnisstand zu überprüfen. Dies gilt umso mehr, wenn dieser in Konsensempfehlungen verdichtet ist. Bei diesen handelt es sich freilich nicht um einen normativen Text oder ein antizipiertes Sachverständigengutachten, weil die Konsensempfehlungen weder vom demokratisch legitimierten Gesetzgeber erlassen, noch von unabhängigen und der Neutralität verpflichteten Autoren verfasst wurden (P. Becker, ASUMed 2009, 592, 595). Daher sind sie für Verwaltung, Gerichte oder Gutachter auch nicht unmittelbar verbindlich (Siefert, ASR 2011, 45, 48) und es verbietet sich deren Auslegung unter strikter Anwendung der Regeln der juristischen Methodenlehre (vgl Bieresborn, Die Umsetzung der BK 2108 aus sozialrechtlicher Sicht aaO, S 199).Konsensempfehlungen dienen lediglich zur Erleichterung der Beurteilung im Einzelfall, um typische Befundkonstellationen im Hinblick auf die Kausalbeziehungen unter Zugrundelegung des aktuell wissenschaftlichen Erkenntnisstands einordnen zu können (Duell, Kranig, Palfner, BK-Begutachtungsempfehlungen - Wissen von Experten für Experten, DGUV Forum 2012, Nr 4 S 14, 16). Andererseits muss bei diesem Erkenntnisvorgang überprüfbar bleiben, ob das LSG nach allgemeinem Verständnis den von ihm festgestellten Sachverhalt (noch) vertretbar den in den Konsensempfehlungen aufgeführten Kategorien zugeordnet hat.

24

Für sämtliche Befundkonstellationen wird in den Konsensempfehlungen vorausgesetzt, dass die (gesicherte) bandscheibenbedingte Erkrankung nach ihrer Lokalisation die Segmente L5/S1 und/oder L4/L5 betrifft und eine Ausprägung als Chondrose Grad II oder höher und/oder als Vorfall hat. Sofern zusätzlich eine Begleitspondylose besteht (Befundkonstellation B1), gilt der Zusammenhang als wahrscheinlich. Liegt hingegen - wie hier nach den bindenden Feststellungen des LSG - keine Begleitspondylose vor, so wird der Zusammenhang nach den Konsensempfehlungen ua dann als wahrscheinlich betrachtet, wenn eine Höhenminderung und/oder Prolaps an mehreren Bandscheiben besteht (Befundkonstellation "B2", 1. Spiegelstrich - 1. Zusatzkriterium - 1. Alt). Alternativ müssen bei nur monosegmentaler/m Chondrose/Vorfall in L5/S1 oder L4/L5 im Magnetresonanztomogramm in mindestens zwei angrenzenden Segmenten "black discs" vorliegen (Befundkonstellation "B2", 1. Spiegelstrich - 1. Zusatzkriterium - 2. Alt). Als weitere Alternativen genügt für die Konstellation B2 entweder das Bestehen einer besonders intensiven Belastung, wobei hierfür als "Anhaltspunkt" das Erreichen des "Richtwertes für die Lebensdosis" in weniger als 10 Jahren (Befundkonstellation "B2", 2. Spiegelstrich - 2. Zusatzkriterium) gilt, oder eines besonderen Gefährdungspotenzials durch hohe Belastungsspitzen, wofür als "Anhaltspunkt" das Erreichen der Hälfte des "MDD-Tagesdosis-Richtwertes" durch hohe Belastungsspitzen (Frauen ab 4 1/2 kN, Männer ab 6 kN) (Befundkonstellation "B2", 3. Spiegelstrich - 3. Zusatzkriterium) verlangt wird.

25

Das LSG ist in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass beim Kläger die Befundkonstellation "B2" - 2. Zusatzkriterium - das Erreichen des "Richtwertes für die Lebensdosis" in weniger als 10 Jahren - vorlag, bei der der Ursachenzusammenhang hinreichend wahrscheinlich ist. Es hat für den erkennenden Senat bindend festgestellt, dass eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule in Form einer Chondrose Grad III mit Bandscheibenvorfall im Segment L5/S1 sowie eine Chondrose Grad I im Segment L4/L5 ohne Begleitspondylose und keine konkurrierenden Ursachen vorlagen, sowie dass der Kläger im Zeitraum vom 1.6.1977 bis 31.5.1987 Belastungen von 15 MNh ausgesetzt war. Damit erreichte der Kläger also in weniger als 10 Jahren zwar nicht den Orientierungswert für Männer nach dem MDD iHv 25 MNh, überschritt jedoch mit 15 MNh die Hälfte dieses Wertes von 12,5 MNh.

26

Das LSG ist weiter davon ausgegangen, dass beim Kläger wegen dieses Überschreitens der hälftigen MDD-Dosis in Höhe von 12,5 MNh in weniger als 10 Jahren die für den Kausalzusammenhang der Befundkonstellation "B2" - 2. Zusatzkriterium - erforderliche besonders intensive Belastung vorlag. Den Konsensempfehlungen hat das LSG mithin den generellen wissenschaftlichen Erfahrungssatz entnommen, dass für die bei der Befundkonstellation "B2" - 2. Zusatzkriterium - erforderliche besonders intensive Belastung bei Männern das Erreichen der hälftigen MDD-Dosis iHv 25 MNh, nämlich des Wertes von 12,5 MNh in weniger als 10 Jahren genügt. Dieser Erfahrungssatz ist jedenfalls nicht offenkundig falsch. Der vom LSG aufgestellte allgemeine Erfahrungssatz kann vom Revisionsgericht zwar in den oben aufgezeigten Grenzen überprüft werden, denn die Feststellungen des LSG zum aktuellen medizinischen Erkenntnisstand im Recht der BKen unterliegen nicht von vornherein der in § 163 SGG angeordneten Bindung des Revisionsgerichts an tatrichterliche Feststellungen(vgl zB BSG vom 27.6.2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr 7).

27

Der Senat konnte aber im Rahmen seiner hierzu durchgeführten Überprüfung nicht zu der Erkenntnis gelangen, dass der vom LSG zugrunde gelegte Erfahrungssatz hinsichtlich der erforderlichen besonders intensiven Belastung des 2. Zusatzkriteriums der Konstellation B2 in der Wissenschaft allgemein angegriffen wird und deshalb offenkundig nicht dem aktuellen Erkenntnisstand entspricht. Der Wortlaut der Konsensempfehlungen selbst verlangt jedenfalls in der Befundkonstellation "B2" - 2. Zusatzkriterium - nur das Erreichen des "Richtwertes für die Lebensdosis" in weniger als 10 Jahren, ohne dort konkret die "MDD-Lebensdosis" wie im 3. Zusatzkriterium zu erwähnen. Auch in der wissenschaftlichen Literatur wird (Seidler und Bolm-Audorff in: Grosser/Schiltenwolf/Thomann, BK 2108, S 135, 138) teilweise auf die Hälfte des MDD-Richtwerts und damit für Männer auf eine Belastung von 12,5 MNh abgestellt. Allein dass auch eine andere Auffassung vertreten wird (für den Wert von 25 MNh wohl Grosser in: Grosser ua, BK 2108, S 83, 102) und die LSGe hier jeweils zu unterschiedlichen Einschätzungen gelangen (vgl LSG Niedersachsen-Bremen vom 19.2.2010 - L 14 U 78/06 - und vom 25.5.2011 - L 3 U 28/07; LSG Berlin-Brandenburg vom 6.5.2010 - L 3 U 19/06 - und vom 19.1.2012 - L 2 U 24/09 ZVW - sowie Bayerisches LSG vom 31.1.2013 - L 17 U 244/06), reicht nicht dafür aus, die Feststellungen des LSG zum aktuellen medizinischen Erkenntnisstand als offensichtlich fehlerhaft in Frage zu stellen.

28

Ein medizinischer Erfahrungssatz entspricht in der Regel dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand, wenn er von allen oder den meisten in dem entsprechenden Fachgebiet Kundigen vertreten wird. Er kann aber auch dann den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen, wenn er nicht von allen im jeweiligen Erkenntnissystem Handelnden geteilt wird und auch abweichende Auffassungen vertreten werden. Ein Erkenntnisstand kann sich fortlaufend verändern (vgl hierzu Hase, Sozialrecht und die Integration gesellschaftlichen Wissens, in Masuch ua , Grundlagen und Herausforderungen des Sozialstaats, 2014, S 423, 429 ff). Deshalb kann allein aus dem Vorliegen unterschiedlicher Auffassungen bei den im entsprechenden Fachgebiet Kundigen nicht geschlossen werden, dass ein Erfahrungssatz falsch ist oder nicht mehr dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand entspricht. Für den Senat war danach nicht erkennbar, dass der vom LSG zugrunde gelegte wissenschaftliche Erfahrungssatz hinsichtlich der besonders intensiven Belastung bei dem 2. Zusatzkriterium der Konstellation B2 offenkundig falsch ist oder in der Wissenschaft allgemein angegriffen wird. Dies ist auch dem Vorbringen der Revision nicht zu entnehmen. Sie stützt sich lediglich darauf, dass die Konsensempfehlungen im Ganzen und hinsichtlich der Befundkonstellation "B2" - 2. Zusatzkriterium - im Besonderen aufgrund der dargestellten divergierenden Auffassungen keine hinlänglich zuverlässige Grundlage mehr für die Bestimmung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands seien. Dies ist jedoch - wie oben ausgeführt - hinsichtlich der Konsensempfehlungen insgesamt unzutreffend. Der Senat sieht sich nach seinen eigenen Erkenntnissen jedenfalls auch nicht veranlasst, diesen vom LSG zugrunde gelegten wissenschaftlichen Erfahrungssatz zu korrigieren.

29

Insofern besteht zwar aufgrund des durchaus kontroversen Stands der wissenschaftlichen Erkenntnisse im konkreten Anwendungsfall der BK 2108 die auch von der Beklagten beschriebene Gefahr, dass Tatsachengerichte zur Feststellung unterschiedlicher Erfahrungssätze gelangen können, die dann jeweils revisionsrechtlich - in den aufgezeigten Grenzen - akzeptiert werden müssten. Dieses Ergebnis ist jedoch zum einen die logische Folge der den Gerichten nur eingeschränkt eröffneten Möglichkeiten, sich den tatsächlichen aktuellen medizinischen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu verschaffen. Die damit verbundene Rechtsunsicherheit ist aber zum anderen zumindest partiell auch Folge des Normtatbestands der BK 2108, dessen Reform der Senat bereits mehrfach angemahnt hat (vgl insbesondere BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - BSGE 99, 162 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 5, RdNr 28 ff). Der Senat hat bereits im Jahre 2007 (aaO) betont, dass eine gleichmäßige Rechtsanwendung nur gewährleistet ist, wenn sich die zur Definition einer BK verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe mit Hilfe des von den Gerichten feststellbaren wissenschaftlichen Erkenntnisstands hinreichend konkretisieren lassen. Eine rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechende Handhabung der BK-Tatbestände und insbesondere des Tatbestands der BK 2108 ist nicht mehr möglich, wenn sich eine tragfähige wissenschaftliche Grundlage für die Beurteilung der jeweils zu untersuchenden Ursachenzusammenhänge im Prozess nicht mehr ermitteln lässt, sei es, weil einschlägige Forschungsergebnisse überhaupt fehlen oder weil sie keine allgemein akzeptierten Erkenntnisse (mehr) liefern (so bereits BSG vom 18.3.2003 - B 2 U 13/02 R - BSGE 91, 23 = SozR 4-2700 § 9 Nr 1, RdNr 8 ff). Der Senat hat hierbei auch darauf hingewiesen, dass der Verordnungsgeber mittels ggf erst zu schaffender oder besser auszustattender Fachgremien den wissenschaftlichen Erkenntnisstand über Ursachenzusammenhänge zwischen beruflichen Einwirkungen und der Entstehung von Krankheiten umfassend ermitteln kann (allgemein zu den Problemen der Feststellung des Stands der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft im BK-Recht auch für den Verordnungsgeber vgl Spellbrink, SR 2014, 140, 144 ff). Es ist allerdings nicht ersichtlich, dass sich der Verordnungsgeber in den letzten Jahren dieser Aufgabe gestellt und etwa im Rahmen seiner gesetzlichen Ermächtigung (§ 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII) abstrakt-generelle Voraussetzungen der BK 2108 zB in Form von Dosiswerten diskutiert hätte. Auf die Angabe solcher "Grenzwerte" oder anderer Präzisierungen hat der Verordnungsgeber bei der BK 2108 bislang gerade verzichtet, woraus sich ein Großteil der auch im vorliegenden Fall erheblichen Anwendungsprobleme der Norm erklärt. Ob der erkennende Senat diese Anwendungsprobleme bei der BK 2108 auch in Zukunft als rechtsstaatlich noch tolerierbar betrachten kann, wird hier ausdrücklich offengelassen.

30

Da mithin bereits revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass das 2. Zusatzkriterium der Befundkonstellation "B2" vorliegt, kann hier dahinstehen, ob für die Befundkonstellation "B2", 1. Spiegelstrich - 1. Zusatzkriterium - 1. Alt als "Höhenminderung und/oder Prolaps an mehreren Bandscheiben" auch ein bisegmentaler Befund ausreichen würde (so Sächsisches LSG vom 21.6.2010 - L 2 U 170/08 LW - und LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 11.7.2013 - L 6 U 59/11; Seidler und Bolm-Audorff in Grosser ua BK 2108, S 134, 138; anders Hessisches LSG Urteil vom 18.8.2009 - L 3 U 202/04 - und vom 27.3.2012 - L 3 U 81/11; Bayerisches LSG Urteil vom 31.1.2013 - L 17 U 244/06 ; Grosser in: Grosser ua BK 2108, S 83, 101), was das LSG ebenfalls angenommen hat.

31

C. Schließlich ist auch die weitere Voraussetzung der Aufgabe der die Wirbelsäule belastenden Tätigkeit für die Anerkennung einer BK 2108 erfüllt. Nach den bindenden Feststellungen des LSG war der Kläger nur bis Juni 1998 in seiner versicherten Tätigkeit Belastungen der Wirbelsäule ausgesetzt und gab sämtliche wirbelsäulenbelastenden Tätigkeiten im Juli 1998 auf.

32

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 Abs 1 SGG.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 20. September 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr 2109 der Anlage (seit 1.7.2009 Anlage 1) zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) und die Zahlung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

2

Der Kläger arbeitete von März 1960 bis Oktober 2003 als Zimmerer bei der Firma S. Holzbau GmbH in G. Seit 1998 befand er sich wegen schmerzhafter Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule in ambulanter orthopädischer Behandlung. Der Rentenversicherungsträger bescheinigte ihm im April 2003 eine chronisch-degenerative Hals- und Lendenwirbelsäulenerkrankung.

3

Im Mai 2004 zeigte der Kläger der Beklagten an, dass er seit Jahren unter erheblichen Einschränkungen des Bewegungsapparates leide, und beantragte, seine Erkrankung als BK anzuerkennen. Mit Bescheid vom 2.2.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aufgrund einer BK nach Nr 2108 der Anlage zur BKV (BK 2108) sowie nach Nr 2109 der Anlage zur BKV (BK 2109) ab, weil die Voraussetzungen dieser BKen nicht gegeben seien. Der Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 27.4.2005).

4

Mit der zum SG Gießen erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Das SG hat den Rechtsstreit wegen Feststellung einer BK 2109 von dem Verfahren wegen Feststellung einer BK 2108 abgetrennt und das Verfahren betreffend die BK 2108 zum Ruhen gebracht. Nach arbeitstechnischen und medizinischen Ermittlungen hat das SG mit Urteil vom 6.7.2007 die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, bei dem Kläger eine BK 2109 anzuerkennen und ihm wegen der Folgen der BK Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 vH zu zahlen. Der Kläger sei im Rahmen der versicherten Beschäftigung als Zimmerer schädigenden Einwirkungen im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) ausgesetzt gewesen. Die Betätigung als Zimmerer habe in besonderer Weise auf die HWS eingewirkt. Der Kläger leide unter Bandscheibenschäden im Bereich der HWS. Diese seien mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch das Tragen schwerer Lasten auf der Schulter in einer Vielzahl von Arbeitsschichten verursacht worden. Die dadurch verursachte MdE betrage 20 vH. Die Beklagte habe dem Kläger eine entsprechende Rente zu zahlen.

5

Gegen das Urteil hat die Beklagte Berufung zum Hessischen LSG eingelegt. Das LSG hat nach Durchführung weiterer Ermittlungen das Urteil des SG aufgehoben und die Klagen abgewiesen. Die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 2109 seien nicht erfüllt. Zur Begründung seines Urteils vom 20.9.2011 hat es ausgeführt, während seiner Tätigkeit als Zimmerer sei der Kläger nicht den erforderlichen beruflichen Einwirkungen ausgesetzt gewesen, die zur Anerkennung einer BK 2109 führen könnten. Der BK-Tatbestand erfordere anhand der Materialien und des vom BMAS herausgegebenen Merkblatts zur ärztlichen Begutachtung der BK eine berufliche Exposition im Rahmen einer mindestens zehnjährigen Tätigkeit mit dem Tragen von Lastgewichten von 50 kg und mehr auf der Schulter. Die Lasten müssten in einer gewissen Regelmäßigkeit und Häufigkeit in der überwiegenden Zahl der Arbeitsschichten getragen worden sein. Diese Voraussetzung sei nur gegeben, wenn pro Arbeitsschicht mindestens eine Stunde lang Lasten von 50 kg und mehr auf der Schulter getragen worden seien. Das Tragen der Lasten müsse zugleich mit einer nach vorn und seitwärts erzwungenen Zwangshaltung des Kopfes einhergehen. Diese Voraussetzungen beruhten auf den bei Aufnahme der BK 2109 in die BKV vorliegenden epidemiologischen Studien, nach denen neben der Schwere der Last auch eine nach vorne und seitwärts erzwungene Kopfbeugehaltung erforderlich sei. Da eine Zwangshaltung im Rahmen der Tätigkeit des Klägers nur für wenige Bewegungsabläufe beim Aufnehmen, Ablegen und Weiterreichen von Lasten auf der Schulter und mit einem ganz untergeordneten Anteil der Arbeitszeit bestanden habe, liege eine BK 2109 nicht vor.

6

Der Kläger hat die vom BSG zugelassene Revision eingelegt und vorgetragen, das Urteil des LSG beruhe auf einer unzutreffenden Auslegung und Anwendung des § 9 Abs 1 SGB VII iVm Nr 2109 der Anlage 1 zur BKV. Das Berufungsgericht habe zu Unrecht die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 2109 verneint. Insoweit habe es angenommen, für das Tragen von Lasten auf der Schulter sei eine gleichzeitig nach vorn und seitwärts erzwungene Kopfhaltung (Zwangshaltung) erforderlich. Diese Anforderung lasse sich dem Wortlaut des BK-Tatbestands nicht entnehmen. Auch soweit das LSG annehme, dass ein HWS-belastend tätiger Versicherter mindestens eine Stunde (netto) pro Arbeitsschicht Lasten von 50 kg und mehr auf der Schulter getragen haben müsse, lasse sich diese Anforderung weder dem Wortlaut des BK-Tatbestands noch dem Merkblatt für die ärztliche Untersuchung zur BK 2109 entnehmen.

7

Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 20. September 2011 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 6. Juli 2007 zurückzuweisen.

8

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet. Das LSG hat zu Recht das Urteil des SG aufgehoben und die Klagen abgewiesen. Der Kläger hat keine Ansprüche auf Feststellung einer BK 2109, weil er nicht, wie dort vorausgesetzt, regelmäßig schwere Lasten unter Zwangshaltung des Kopfes getragen hat (1.). Deshalb steht ihm auch kein Anspruch auf Zahlung einer Verletztenrente nach § 56 SGB VII zu (2.). Die erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch (3.).

11

1. Ein Anspruch auf Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr 2109 der Anlage 1 zur BKV besteht nicht.

12

a) Nach § 9 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind BKen nur diejenigen Krankheiten, die durch die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als solche bezeichnet sind (sog Listen-BK) und die der Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleidet. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist für die Feststellung einer Listen-BK erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und diese Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK. Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 30/07 R - BSGE 103, 45 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 3101 Nr 4, RdNr 16 mwN; BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 9/08 R - BSGE 103, 59 = SozR 4-2700 § 9 Nr 14, RdNr 9 mwN; zuletzt BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 26/10 R - UV-Recht Aktuell 2012, 412; BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 22/10 R - NZS 2012, 151; BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 25/10 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4111 Nr 3).

13

In der Anlage 1 zur BKV ist durch die 2. ÄndVO vom 18.12.1992 (BGBl I 2343) unter Nr 2109 folgende BK eingefügt worden und dort aktuell noch wie folgt bezeichnet: "Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbelsäule durch langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können."

14

Wie das LSG zutreffend aufgezeigt hat, definiert der Tatbestand der BK 2109 die Tatbestandsmerkmale der erforderlichen beruflichen Einwirkungen nicht anhand exakter numerischer Einwirkungsgrößen. Er verwendet stattdessen unbestimmte Rechtsbegriffe wie "langjährig" oder "schwer" (vgl zu dem insoweit vergleichbaren Problem bei BK 2108 schon: BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 14/08 R - UV-Recht Aktuell 2009, 287). Der Senat hat allerdings klargestellt, dass der Umstand, dass Rechtsbegriffe in einer BK-Definition auslegungsbedürftig und -fähig sind, nicht das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot verletzt (so schon zur BK 2108: BSG vom 23.3.1999 - B 2 U 12/98 R - BSGE 84, 30 = SozR 3-2200 § 551 Nr 12; BSG vom 18.3.2003 - B 2 U 13/02 R - BSGE 91, 23 = SozR 4-2700 § 9 Nr 1; BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 14/08 R - UV-Recht Aktuell 2009, 287). Vielmehr ist es Aufgabe der Versicherungsträger und Gerichte unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien (vgl zu den Motiven bei der Aufnahme der BK 2109 in die BKV die amtliche Begründung: BR-Drucks 773/92, S 9) sowie anhand der Vorgaben des vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung herausgegebenen Merkblatts für die ärztliche Untersuchung zur BK 2109 (BArbBl 3/1993, S 53 - im Folgenden: Merkblatt BK 2109), die für diese BK vorausgesetzten beruflichen Einwirkungen näher zu konkretisieren. Solchen Merkblättern kommt zwar keine rechtliche Verbindlichkeit zu (BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 6/04 R - SozR 4-2700 § 9 Nr 5), sie sind allerdings als Interpretationshilfe und zur Wiedergabe des bei seiner Herausgabe aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstands heranzuziehen (BSG vom 18.8.2004 - B 8 KN 1/03 U R - BSGE 93, 149, 154 = SozR 4-5670 Anl 1 Nr 2402 Nr 1 mwN).

15

b) Die unbestimmten Rechtsbegriffe des BK-Tatbestands der BK 2109 sind so zu verstehen, dass eine versicherte Person zur Erfüllung der Voraussetzungen des Tatbestands der BK 2109 den nachfolgend aufgezeigten beruflichen Einwirkungen ausgesetzt gewesen sein muss (vgl zu dem insoweit vergleichbaren Problem bei BK 2108 auch BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 14/08 R - UV-Recht Aktuell 2009, 287). Fehlt eine dieser Voraussetzungen, ist der Tatbestand der BK 2109 nicht erfüllt (zur Bestimmung des Ausmaßes der beruflichen Einwirkungen bei der BK 2108 vgl auch BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - BSGE 99, 162 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 5, RdNr 16 f):

        

1.    

Das Tragen von schweren Lasten auf der Schulter setzt Lastgewichte von 50 kg und mehr voraus (Merkblatt BK 2109, Abschnitt IV Abs 2; Bayerisches LSG vom 13.11.2007 - L 3 U 287/06; Sächsisches LSG vom 30.9.2009 - L 6 U 32/09; LSG Berlin-Brandenburg vom 18.4.2013 - L 3 U 209/10; Mehrtens/Brandenburg, BKV, Stand II/2001, M 2109 Anm 2; Schur/Koch in Lauterbach, UV, Stand 01/2006, § 9 SGB VII Anh IV, 2109 erg Erl Anm 5.b> mwN; aA "40 kg genügen" Becker in Becker et. al., Gesetzliche Unfallversicherung - Kommentar, § 9 - 288 zu BK Nr 2109 Anm 1).

        

2.    

Die Lasten müssen langjährig getragen worden sein. Langjährig bedeutet, dass zehn Berufsjahre als die im Durchschnitt untere Grenze der belastenden Tätigkeit zu fordern ist (so wörtlich das Merkblatt 2109, Abschnitt IV Abs 3). Danach muss die belastende Tätigkeit über einen Zeitraum von etwa zehn Jahren ausgeübt worden sein (zum Merkmal langjährig auch: Römer in Hauck/Noftz, SGB VII, Anh zu K § 9 Anl zu BKV BK-Nr 2108 - 2110 RdNr 7 mwN; aA "mindestens 10 Jahre" Ricke in Kasseler Kommentar, Stand 10/2011, § 9 SGB VII RdNr 42). Insoweit umschreibt das Merkmal "langjährig" in der Norm nur eine aus Erfahrungswissen gewonnene Dauer der Belastung, die mit "etwa zehn Jahren" angenommen wird (Mehrtens/Brandenburg, BKV, Stand II/2001, M 2109 Anm 2 iVm M 2108 Anm 2.2.2; "in der Regel 10 Jahre" LSG Bremen vom 13.2.1997 - L 2 U 67/96 - HVBG-Info 1997, 1683). Es handelt sich nicht um eine starre Untergrenze. Geringe Unterschreitungen dieses Wertes schließen die Anwendung des BK-Tatbestands daher nicht von vornherein aus; dies gilt besonders in den Fällen, in denen Versicherte Lasten mit noch höherem Gewicht bewegt haben (ähnlich zur BK 2108 schon BSG vom 18.3.2003 - B 2 U 13/02 R - BSGE 91, 23, 27 f = SozR 4-2700 § 9 Nr 1; BSG vom 22.6.2004 - B 2 U 22/03 R - Juris RdNr 25; Schur/Koch in Lauterbach, UV, Stand 01/2006, § 9 Anh IV, 2108 erg Erl Anm 6.a> mwN). Wird allerdings eine Belastungsdauer von acht Jahren nicht erreicht, ist die BK 2109 ausgeschlossen (keine konkrete Untergrenze nannte der Senat bisher zur BK 2108, ließ aber sieben Jahre und neun Monate als möglicherweise ausreichende Belastung genügen: BSG vom 22.6.2004 - B 2 U 22/03 R - Juris RdNr 25; Becker, SGb 2001, 488, 492, der sieben Jahre als Untergrenze vorschlägt). Bei Belastungen mit einer Dauer von weniger als zehn Jahren ist aber die haftungsbegründende Kausalität sorgfältig zu prüfen.

        

3.    

Erforderlich ist eine Regelmäßigkeit des Tragens schwerer Lasten auf der Schulter, wobei das Tragen schwerer Lasten in der ganz überwiegenden Anzahl der Arbeitsschichten ausreicht, ohne dass eine genaue Zeitgrenze pro Arbeitsschicht genannt werden kann (vgl unter 1.d>). Wie bei der Belastungsdauer (Kriterium 2.) können geringere oder fehlende Einwirkungen in einer Arbeitsschicht durch stärkere oder länger dauernde Belastungen in anderen Schichten ausgeglichen werden. Insoweit lässt sich dem BK-Tatbestand, der Begründung des Verordnungsgebers und dem Merkblatt nur das Erfordernis eines regelmäßigen Tragens nicht aber eines arbeitstäglichen Tragens von schweren Lasten auf der Schulter entnehmen (zum Verzicht auf eine Mindesttagesdosis bei BK 2108 auch BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - BSGE 99, 162 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 5; Römer in Hauck/Noftz, SGB VII, Stand 08/2012, Anh zu K § 9 Anl zu BKV BK-Nr 2108 - 2110 RdNr 11a).

        

4.    

Das Tragen schwerer Lasten muss mit einer nach vorn und seitwärts erzwungenen Zwangshaltung einhergehen (vgl dazu unten 1.c>).

        

5.    

Als Folge dieses Zwangs muss die Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit tatsächlich erfolgt sein, wie sich dem BK-Tatbestand unmittelbar entnehmen lässt.

16

c) Die soeben unter 1.b) als Nummer 4. bezeichnete Anforderung ergibt sich aus dem Willen des Verordnungsgebers, nur solche Gruppen von Versicherten in den BK-Tatbestand einbeziehen zu wollen, bei denen die außergewöhnliche Belastung der Wirbelsäule durch Heben und Tragen von Lasten mit einer nach vorn und seitwärts erzwungenen Kopfbeugehaltung und gleichzeitiger maximaler Anspannung der Nackenmuskulatur zu einer Hyperlordosierung und auch zu einer Verdrehung der HWS führte (vgl BR-Drucks 773/92, S 8 f). Dies wurde bei Schaffung des BK-Tatbestands zB für die Berufsgruppe der Fleischträger sowie für Träger von Säcken mit entsprechendem Gewicht angenommen. Diese Voraussetzung einer Zwangshaltung erschließt sich auch aus dem Merkblatt BK 2109 (BArbBl 3/1993, S 53), das in Abschnitt I als berufliche Gefahrenquelle "fortgesetztes Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, einhergehend mit einer statischen Belastung der cervikalen Bewegungssegmente und außergewöhnlicher Zwangshaltung der HWS" bezeichnet. An anderer Stelle (Abschnitt IV) ist ausgeführt, für den begründeten Verdacht auf das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der BK sei neben dem Ausschluss anderer Krankheitsursachen der Nachweis einer langjährigen, außergewöhnlich intensiven mechanischen Belastung der HWS erforderlich.

17

Es entspricht auch der herrschenden Meinung in Schrifttum und Rechtsprechung, dass die BK 2109 wegen der Einwirkung des Gewichts in Achsrichtung auf die Wirbelsäule einerseits höhere Lastgewichte erfordert als die BK 2108, andererseits das bloße Tragen schwerer Lasten noch nicht zu den hier zu erfassenden Veränderungen der HWS führt. Vielmehr muss das Tragen schwerer Lasten mit einer Zwangshaltung der HWS einhergehen (vgl LSG Berlin-Brandenburg vom 19.1.2012 - L 2 U 134/11; Sächsisches LSG 30.9.2009 - L 6 U 32/09 - Juris RdNr 22; Hessisches LSG vom 12.2.2008 - L 3 U 20/05; LSG Baden-Württemberg vom 22.5.2003 - L 10 U 4524/01; LSG Nordrhein-Westfalen vom 21.1.1997 - L 2 U 231/95 - NZS 1997, 578; aus der Literatur: Zeitschrift für die gesamte Hygiene und ihre Grenzgebiete, 17, 1971, 841; Mehrtens/Brandenburg, BKV, Stand II/2001, M 2109 Anm 2; Römer in Hauck/Noftz, SGB VII, Stand 08/2012, Anh zu K § 9 Anl zu BKV BK-Nr 2108 - 2110 RdNr 13; Schönberger et. al., Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl 2010, 495; Schur/Koch in Lauterbach, UV, Stand 01/2006, § 9 SGB VII Anh IV, 2109 erg Erl Anm 5.b>; Becker in Becker et. al., Gesetzliche Unfallversicherung - Kommentar, § 9 - 288 zu BK Nr 2109 Anm 1; HVBG , BK-Report 2/03, Wirbelsäulenerkrankungen, 32 f).

18

d) Der vom LSG entwickelten Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe des Tatbestands der BK 2109 ist nur insoweit nicht zu folgen, als das Merkmal einer gewissen Regelmäßigkeit und Häufigkeit des Tragens (Kriterium 3 oben unter 1.b > ) schwerer Lasten nur erfüllt werden könne, wenn der Versicherte täglich pro Arbeitsschicht mindestens eine Stunde lang schwere Lasten im Sinne der BK 2109 in Zwangshaltung auf der Schulter getragen habe. Eine solche Mindestbelastungszeit pro Arbeitsschicht lässt sich weder den Materialien noch dem Merkblatt zur BK 2109 noch sonstigen Hinweisen zur Auslegung des Tatbestands der BK 2109 entnehmen.

19

Der Senat verkennt dabei nicht, dass in der Literatur abweichend von der hier vertretenen Auffassung ein einschlägig belastender Anteil des Tragens schwerer Lasten von bis zu 30 vH der Arbeitszeit einer Schicht gefordert wird (vgl Grosser/Seide, Berufsbedingte Erkrankungen der Wirbelsäule in Trauma und Berufskrankheit, 2001, 143; Sächsisches LSG vom 30.9.2009 - L 6 U 32/09 - Juris RdNr 23). Andere Autoren wollen eine geringere Tragezeit pro Arbeitsschicht genügen lassen (Schäfer et. al., Zbl Arbeitsmed 2008, 82; auf die Anzahl von Hüben je Arbeitsschicht stellt ab: Mehrtens/Brandenburg, BKV, Stand II/2001, M 2109 Anm 2). Da aber in den Materialien und dem Merkblatt für die Bestimmung einer konkreten Einwirkungszeit pro Arbeitsschicht keinerlei Anhaltspunkte enthalten sind, ist die Anforderung einer täglichen Mindestarbeitszeit mit dem Tragen schwerer Lasten auf der Schulter nicht begründbar (so auch Schur/Koch in Lauterbach, UV, Stand 01/2006, § 9 SGB VII Anh IV, 2109 erg Erl Anm 5.b>).

20

Erforderlich ist aber eine Regelmäßigkeit des Tragens schwerer Lasten auf der Schulter mit Zwangshaltung, wobei die Einwirkung in der ganz überwiegenden Anzahl der Arbeitsschichten stattfinden muss, auch wenn eine genaue Zeitgrenze pro Arbeitsschicht nicht hergeleitet werden kann.

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e) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass beim Kläger die Anforderungen an die berufliche Exposition iS der BK 2109 nicht erfüllt sind, weil es an der Voraussetzung des regelmäßigen Tragens schwerer Lasten in Zwangshaltung fehlt (Kriterien Nr 3 und 4 oben unter 1.b>).

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Der Kläger hat zwar nach den verstreuten, aber noch hinreichend klaren und nachvollziehbaren Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) in einer den Voraussetzungen der BK 2109 entsprechenden Dauer und Häufigkeit schwere Lasten (über 50 kg) auf der Schulter bewegt (vgl insoweit die Kriterien Nr 1 - 3 oben unter 1.b>).

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Das Tragen der Lasten ging aber nicht regelmäßig, sondern nur in ganz geringem zeitlichen Umfang mit einer außergewöhnlichen Belastung der HWS im Sinne einer Zwangshaltung des Kopfes einher. Das LSG hat insoweit, da Verfahrensrügen insoweit nicht erhoben worden sind, für den Senat bindend festgestellt (§ 163 SGG), dass der Kläger nur mit einem sehr untergeordneten Anteil der Arbeitszeit als Zimmerer beim Tragen der schweren Lasten eine Zwangshaltung der HWS einnehmen musste. Dies war aber nicht regelmäßig, sondern allenfalls dann der Fall, wenn der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit Lasten (insbesondere Balken) aufnehmen, ablegen oder weiterreichen musste. An anderer Stelle des Urteils ist festgestellt, dass die Zwangshaltung des Kopfes beim Kläger in Bezug auf die ausgeübte Tätigkeit des Zimmerers "äußerst kurzzeitig" war und keineswegs das Tätigkeitsbild prägte. Ausgehend von diesen Feststellungen (§ 163 SGG) war der Kläger den nach BK 2109 erforderlichen beruflichen Einwirkungen im Sinne eines regelmäßigen Tragens schwerer Lasten bei bestehender Zwangshaltung der HWS nicht in hinreichendem Maße ausgesetzt.

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Das LSG hat es deshalb im Ergebnis zu Recht abgelehnt, beim Kläger das Vorliegen einer BK 2109 anzuerkennen.

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2. Da der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung einer BK 2109 hat, kann die Beklagte auch nicht verurteilt werden, ihm wegen des Versicherungsfalls "BK 2109" Verletztenrente (§ 56 SGB VII) zu zahlen. Aufgrund der Trennung der Rechtsstreite hat der Senat im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits nur zu entscheiden, ob infolge des Versicherungsfalls der BK 2109 ein Anspruch auf Rente besteht.

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3. Die Verfahrensrügen des Klägers greifen nicht durch. Der Senat hat oben (unter 1.d>) im Einzelnen begründet, dass dem Tatbestand der BK 2109 nicht entnommen werden kann, dass der Versicherte täglich pro Arbeitsschicht mindestens eine Stunde lang schwere Lasten getragen haben muss. Da die vom LSG angesetzte Stundengrenze pro Arbeitsschicht mithin nicht maßgeblich ist, kommt es auf die gegen die Feststellungen des LSG zu diesem Punkt erhobene Verfahrensrüge nicht mehr an.

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Soweit der Kläger daneben eine Sachaufklärungsrüge wegen der Verneinung der medizinischen Voraussetzungen der BK 2109 erhoben hat, ist auch diese Rüge unbeachtlich, weil seine Ansprüche nicht erst an den medizinischen Voraussetzungen scheitern. Lediglich beiläufig ist darauf hinzuweisen, dass Maßstab für die objektive Kausalitätsbeurteilung der neueste anerkannte Stand des Erfahrungswissens ist (vgl hierzu zuletzt auch BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 25/10 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4111 Nr 3 - RdNr 23 f "in der Regel 100 Feinstaubjahre"). Die medizinische Aussage des LSG, dass für eine Anerkennung der BK 2109 oberhalb der Wirbelsegmente C 5/C 6 bis zu C 2/C 3 degenerative Veränderungen zu fordern sind, könnte sich allerdings auf Abschnitt II des Merkblatts BK 2109 stützen. Dort wird ausgeführt, die vor der Aufnahme der BK 2109 in die BKV erstellten epidemiologischen Studien hätten gezeigt, dass bei bestimmten Personengruppen wie zB Fleischträgern insbesondere oberhalb von C 5/C 6 bis zu C 2/C 3 degenerative Veränderungen beobachtet wurden, die bei der Allgemeinbevölkerung weniger häufig anzutreffen waren (vgl auch LSG Nordrhein-Westfalen vom 25.4.2006 - L 2 KN 32/03 U). Hierzu wurde weder geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich, dass dieses dem Merkblatt zugrunde liegende Erfahrungswissen inzwischen überholt sein könnte.

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4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.