Verwaltungsgericht Köln Beschluss, 22. Sept. 2016 - 7 L 2029/16


Gericht
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 225.000,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe
2I.
3Die Antragstellerin ist Inhaberin mehrerer Zulassungen für Fertigarzneimittel (Infusionslösungen mit dem Wirkstoff Hydroxyethylstärke – HES - ), die in der Notfall- und Intensivmedizin eingesetzt werden. Auf der Grundlage des Durchführungsbeschlusses der EU-Kommission vom 19.12.2013 im Verfahren nach Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG (Referral-Verfahren) änderte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) durch Bescheid vom 05.02.2014 die betroffenen Zulassungen, schränkte die Anwendungsgebiete ein und erließ Auflagen. Unter anderem hatten die Zulassungsinhaber verschiedene Studien durchzuführen. Nachdem die Antragstellerin angekündigt hatte, keine Studien zu erstellen, ordnete das BfArM durch Bescheid vom 30.09.2015 das Ruhen ihrer Zulassungen bis zum 30.09.2016 an und erklärte, die Anordnung sei kraft Gesetzes sofort vollziehbar.
4Durch Beschluss vom 03.12.2015 - 7 L 2483/15 - stellte das Verwaltungsgericht Köln auf Antrag der Antragstellerin fest, dass ihr Widerspruch gegen den Bescheid vom 30.09.2015 aufschiebende Wirkung habe. In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Voraussetzungen des § 30 Abs. 3 Satz 4 AMG, wonach eine Entscheidung über das Ruhen der Zulassung in den Fällen des § 25 Abs. 2 Nr. 5 AMG sofort vollziehbar ist, nicht erfüllt seien. Die Entscheidung des BfArM beruhe nicht auf einem negativen Nutzen-Risiko-Verhältnis. In den verbliebenen Anwendungsgebieten sei das Nutzen-Risiko-Verhältnis nicht negativ, sondern ungewiss. Die von der Antragstellerin nicht durchgeführten Studien dienten nicht der Bekämpfung des Risikos, sondern seiner Erforschung. Gefahrerforschungseingriffe rechtfertigten keinen gesetzlichen Sofortvollzug.
5Daraufhin ordnete das BfArM durch Verfügung vom 15.12.2015 die sofortige Vollziehung des Ruhensbescheides an. Durch Beschluss vom 13.05.2016 – 7 L 3009/15 – stellte das Verwaltungsgericht Köln die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid des BfArM vom 30.09.2015 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 15.12.2015 wieder her. In der Begründung wurde ausgeführt, es bestünden bereits erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des zu vollziehenden Bescheides. Die erforderliche Ermessensentscheidung sei diesem nicht zu entnehmen. Dies könne jedoch offen bleiben, da bei einer Abwägung aller betroffenen Interessen das private Interesse der Antragstellerin an einer Aussetzung des Vollzuges überwiege. Weder die Arzneimittelsicherheit noch der Grundsatz effektiver Umsetzung des Unionsrechts oder die angeführte Gleichbehandlung der betroffenen Zulassungsinhaber geböten den Sofortvollzug der Ruhensanordnung.
6Die Beschwerde der Antragsgegnerin wies das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen durch Beschluss vom 06.09.2016 – 13 B 621/16 – zurück.
7Streitgegenstand der zuvor genannten Verwaltungsentscheidungen und Gerichtsbeschlüsse war auch das Arzneimittel der Antragstellerin „Q. W. S. “ mit der Zulassungsnummer 00000.00.00. Für dieses Arzneimittel wurde am 16.03.2007 in Deutschland die Zulassung erteilt. In der Folge wurden im Verfahren der gegenseitigen Anerkennung am 29.07.2008 in 25 EU-Mitgliedsstaaten (Concerned Member States – CMS) weitere Zulassungen erteilt. In diesem Verfahren war Deutschland Reference Member State (RMS).
8Am 29.08.2011 wurde beim BfArM sowie bei einem Teil der betroffenen EU-Mitgliedsstaaten die Verlängerung der Zulassung für das Arzneimittel beantragt. In dem Antrag wurde Deutschland wiederum als Reference Member State benannt.
9Mit e-mail vom 06.10.2015 unterrichtete das BfArM die Antragstellerin sowie die CMS über den Beginn des Verlängerungsverfahrens am 27.11.2015. Unter Bezugnahme auf den Ruhensbescheid des BfArM vom 30.09.2015 beantragte die Antragstellerin mit e-mail vom 12.10.2015 die Aussetzung des Verlängerungsverfahrens während der Dauer des Ruhens der Zulassung. Diesen Antrag lehnte das BfArM mit e-mail vom 21.10.2015 unter Berufung auf eine Forderung der CMDh (Coordination Group for Mutual Recognition and Decentralised Procedures – Human) ab.
10In der Folgezeit wurde das Verlängerungsverfahren in Übereinstimmung mit einer Verfahrensvorschrift der CMDh („CMDh Best Practice Guide on the Processing of Renewals in the Mutual Recognition and Decentralised Procedures“ – CMDh/004/2005/Rev. 14 von Februar 2016) durchgeführt. Diese Vorschrift sieht in Annex 1 einen genauen Zeitplan für die Durchführung des Verfahrens vor, wonach das Verfahren an Tag 90 nach dem Beginn endet. Unter dem 11.02.2016 verfasste das BfArM den sog. „Preliminary Renewal Assessment Report“, der der Antragstellerin und den CMS zugestellt wurde. In diesem einleitenden Beurteilungsbericht erklärte die Antragsgegnerin als RMS, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis des Arzneimittels negativ sei. Daher könne die Verlängerung der Zulassung nicht erteilt werden, weil mögliche schwerwiegende Gefahren für die öffentliche Gesundheit („potential serious risks for public health“) festgestellt worden seien. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis müsse als negativ angesehen werden, weil die Antragstellerin es abgelehnt habe, die im Kommissionsbeschluss als Auflage für die Zulassung angeordneten klinischen Studien durchzuführen.
11Innerhalb der Stellungnahmefrist äußerten sich die Zulassungsbehörden der CMS Polen und Schweden zustimmend zur Empfehlung der Antragsgegnerin. Die Antragstellerin erklärte mit Schreiben vom 14.03.2016, dass eine Versagung der Verlängerung wegen Nichtdurchführung der auferlegten klinischen Studien rechtswidrig sei, weil eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Gesundheit nach der Definition der einschlägigen Guideline nicht vorliege und wies auf den Beschluss des VG Köln vom 03.12.2015 – 7 L 2483/15 – hin.
12Mit dem sog. „Final Renewal Assessment Report“ vom 10.08.2016 bestätigte die Antragsgegnerin nahezu wortgleich die Empfehlung des ersten Berichtes, die Verlängerung der Zulassung aus den bereits genannten Gründen zu versagen. Der zwischenzeitlich ergangene Beschluss des VG Köln vom 13.05.2016 wurde nicht erwähnt.
13Am 26.08.2016 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Köln im vorliegenden Verfahren Eilrechtsschutz beantragt und zunächst die folgenden Anträge gestellt:
14der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben,
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1. es zu unterlassen, den weiteren Mitgliedsländern Österreich, Dänemark, Spanien, Finnland, Italien, Norwegen, Polen, Portugal und Schweden Empfehlungen über die Verlängerung der Zulassung für das Arzneimittel Q. W. S. auszusprechen und den Mitgliedsländern Beurteilungsberichte zu dem Arzneimittel zu übermitteln und/oder
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2. die folgenden sinngemäßen Äußerungen zu unterlassen:
- Von dem Arzneimittel Q. W. S. ... gehen potenzielle schwerwiegende Gefahren für die öffentliche Gesundheit aus, weil die Antragstellerin nicht die gem. Beschluss der Kommission der EU vom 19.12.2013 ... angeordneten zwei klinischen Prüfungen der Phase IV durchgeführt werden und/oder
20- die Risiko-Nutzen-Bewertung für das Arzneimittel Q. W. S. ... ist negativ, weil die Antragstellerin die zwei klinischen Prüfungen der Phase IV gem. Beschluss der EU vom 19.12.2013 ... nicht durchführt.
21Zur Begründung hat die Antragstellerin im Wesentlichen ausgeführt, es sei zu erwarten, dass die übrigen CMS maßgeblich die Empfehlung der Antragsgegnerin ihrer Entscheidung über die Verlängerung der Zulassung zugrunde legen würden und somit die Verlängerung versagen würden. Die Antragstellerin müsste sodann separat in den einzelnen Mitgliedsstaaten gegen die Versagungen vorgehen. Hierdurch würde die Rechtsposition der Antragstellerin erheblich erschwert.
22Das Vorgehen der Antragsgegnerin sei rechtswidrig. Diese sei nicht berechtigt, gegenüber den übrigen Mitgliedsstaaten Empfehlungen im Verlängerungsverfahren auszusprechen. Hierfür gebe es weder in der Richtlinie 2001/83/EG noch im Arzneimittelgesetz eine Rechtsgrundlage. Im Übrigen sei die Aussage, das Nutzen-Risiko-Verhältnis des streitgegenständlichen Arzneimittels sei ungünstig bzw. es bestehe eine potentiell schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Gesundheit, unzutreffend. Dies habe das Verwaltungsgericht Köln zuletzt im Beschluss vom 13.05.2016 festgestellt. Die Antragstellerin habe die übrigen betroffenen Mitgliedsstaaten mit Schreiben vom 25.08.2016 über den Inhalt dieses Beschlusses informiert.
23Das Verfahren sei dringlich, weil die Stellungnahmefrist für die CMS am 30.08.2016 ablaufe und 10 Tage später eine Entscheidung über die Verlängerung der Zulassung getroffen werden solle.
24Am Freitag, den 09.09.2016 hat das erkennende Gericht die Antragsgegnerin durch Beschluss verpflichtet, die Versendung eines „End-of-procedure-letters“ bis zur endgültigen Entscheidung des Gerichts über den Eilantrag zurückzustellen, da am 10.09.2016 das europäische Abstimmungsverfahren über den Verlängerungsantrag gemäß dem Zeitplan des „CMDh Best Practice Guide“ endete.
25Aufgrund einer Organisationspanne bei der Antragsgegnerin wurde der Beschluss den zuständigen Sachbearbeitern jedoch nicht rechtzeitig vorgelegt. Daher wurde der „End-of-procedure-letter“ am Montag, dem 12.09.2016 um 8.58 Uhr in Unkenntnis des Beschlusses per e-mail an die CMS und die Antragstellerin verschickt. In dieser Mitteilung ist lediglich die Empfehlung enthalten, die Zulassung nicht zu verlängern. Eine Begründung ist nicht beigefügt. Nachdem dieser Sachverhalt bekannt geworden war, hat die Antragsgegnerin auf Bitte der Kammer den Beschluss des Gerichts vom 09.09.2016 ebenfalls an die übrigen betroffenen Mitgliedsstaaten übersandt.
26Der Anregung des Gerichts, das Verfahren nunmehr für erledigt zu erklären, ist die Antragstellerin jedoch nicht gefolgt. Sie ist der Auffassung, das Verfahren sei nicht erledigt. Die Antragstellerin habe keine Kenntnis darüber, ob die CMS nun in die nationale Phase des Verlängerungsverfahrens eingetreten seien, zumal die Antragsgegnerin den „End-of-procedure-letter“ widerrufen habe. Da das Verlängerungsverfahren rechtlich nicht verbindlich geregelt sei, könne die Antragsgegnerin den „Final Assessment Report“ auch widerrufen und damit den Verlängerungsverfahren in den anderen Mitgliedsstaaten die Grundlage entziehen. Im Falle eines Widerrufs sei nicht ausgeschlossen, dass die Antragsgegnerin die streitgegenständlichen Behauptungen im Rahmen des weiter anhängigen Verlängerungsverfahrens wiederum äußere.
27Die Antragstellerin beantragt daher zusätzlich,
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3. die Antragsgegnerin zu verpflichten, den „Final Assessment Report“ vom 10.08.2016 zu widerrufen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
31die Anträge abzulehnen.
32Sie widerspricht außerdem der Antragsänderung in Form des Antrags zu 3.
33Die Antragsgegnerin vertritt die Auffassung, die Anträge seien bereits mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Die Antragstellerin könne ausreichenden Rechtsschutz gegen die Versagung der Verlängerung der Zulassung durch Widerspruch und Anfechtungsklage in Anspruch nehmen. In den übrigen Mitgliedsstaaten könne sie ebenfalls Rechtsbehelfe einlegen.
34Im Übrigen bestehe weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch. Mit den gestellten Unterlassungsanträgen könnten Rechte der Antragstellerin nicht - mehr - gesichert werden. Die abschließende Bewertung und Empfehlung im Verlängerungsverfahren sei bereits im „Final Assessment Report“ erfolgt. Hierzu habe nur einer der CMS eine positive Stellungnahme abgegeben. Weitere Änderungen erfolgten nach Ablauf der Kommentierungsfrist nicht mehr. Der „End-of-procedure-letter“ habe keine Auswirkungen auf die Rechtsstellung der Antragstellerin in den anderen Mitgliedsstaaten, sondern führe nur zum formalen Abschluss des europäischen Verfahrens.
35Die Antragstellerin habe keinen materiell-rechtlichen Anspruch darauf, dass die Antragsgegnerin als Reference Member State keine Empfehlung über die Verlängerung der Zulassung abgebe. Zur Aufrechterhaltung der im Zulassungsverfahren erzielten Harmonisierung sei auch bei Änderungen und Verlängerungen eine inhaltliche Abstimmung zwischen den Mitgliedsstaaten erforderlich. Eine Rechtsgrundlage sei hierfür nicht erforderlich. Ein Eingriff in Rechte der Antragstellerin erfolge erst durch eine Versagung der Verlängerung der Zulassung, die in der Zuständigkeit der jeweiligen Mitgliedsstaaten liege und auf nationaler Rechtsgrundlage erlassen werde.
36Die Antragsänderung sei nicht sachdienlich, da sie nicht auf eine Änderung der Sachlage zurückzuführen sei. Der „Final Assessment Report“ sei im Zeitpunkt der Antragstellung bereits an die übrigen Mitgliedsstaaten versandt worden.
37II.
38Der Antrag ist insgesamt unzulässig. Der Antragstellerin fehlt das erforderliche Rechtsschutzinteresse für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO.
39Soweit sie beantragt hat, die Antragsgegnerin zu verpflichten, Empfehlungen und Beurteilungsberichte im Verlängerungsverfahren des streitgegenständlichen Arzneimittels gegenüber den übrigen betroffenen EU-Mitgliedsstaaten - CMS - zu unterlassen (Antrag zu 1.), kann sie dieses Rechtsschutzziel nicht mehr erreichen. Der Antrag geht insoweit ins Leere. Das in der europäischen Verwaltungsvorschrift „CMDh Best Practice Guide“ vom Februar 2016 geregelte europäische Abstimmungsverfahren für die Verlängerung von dezentral zugelassenen Arzneimittel ist entweder durch Zeitablauf am 10.09.2016 oder durch die Versendung des „End-of-procedure-letter“ am 12.09.2016 abgeschlossen. Nach Abschluss dieses Verfahrens sind keine weiteren Empfehlungen oder Bewertungen der Antragsgegnerin mehr vorgesehen und auch nicht konkret beabsichtigt. Für diese besteht auch keine Veranlassung, weil die Beurteilung des streitgegenständlichen Verlängerungsantrags durch die Mitgliedsstaaten einstimmig erfolgt ist.
40Ob die betroffenen EU-Mitgliedsstaaten die weitere Bearbeitung des Verlängerungsantrages bezüglich der nationalen Zulassungen bereits aufgenommen haben oder nicht, ist für die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs gegenüber der Antragsgegnerin unerheblich. Maßgeblich ist, dass der Abstimmungsprozess beendet ist und nunmehr allein die Mitgliedsstaaten für die Entscheidung über die Verlängerung zuständig sind. Das BfArM hat in diesem Verfahrensstadium keine Mitwirkungsbefugnisse als Referenzmitgliedsstaat mehr und kann daher auch nicht zur Unterlassung von Empfehlungen verpflichtet werden.
41Auch der Antrag zu 2.), der Antragsgegnerin aufzugeben, bestimmte Äußerungen zum Nutzen-Risiko-Verhältnis bzw. zum Vorliegen einer schwerwiegenden Gesundheitsgefahr zu unterlassen, ist gegenstandslos geworden. Das Gericht geht bei der gebotenen Auslegung dieses Antrags davon aus, dass auch diese Aussagen gegenüber den im Verlängerungsverfahren beteiligten anderen EU-Mitgliedsstaaten unterbleiben sollen. Denn das erklärte Ziel der Antragstellerin ist es, die Versagung der Verlängerung in allen betroffenen EU-Mitgliedsstaaten zu verhindern.
42Jedoch würde auch eine gerichtliche Untersagung dieser Äußerungen das Ziel der Antragsstellerin verfehlen. Denn die Antragsgegnerin hat eine abschließende rechtliche Bewertung zum Nutzen-Risiko-Verhältnis bzw. zum Vorliegen einer schwerwiegenden Gesundheitsgefahr bereits mit dem Final Assessment Report abgeben. Nach dem Ablauf der Kommentierungsfrist und dem Abschluss des Abstimmungsverfahrens sind weitere Aussagen mit diesem Inhalt nicht mehr zu erwarten. Die Antragsgegnerin ist zwischenzeitlich auch von dem Inhalt dieser Aussagen abgerückt. Sie hat vorgetragen, der eigentliche Versagungsgrund sei die Nichterfüllung von Auflagen. Dieser sei nur aus formalen Gründen dem Oberbegriff der „schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Gesundheit“ zugeordnet worden.
43Die Antragstellerin kann die Erledigung ihrer Unterlassungsanträge auch nicht durch die Änderung ihres Antrags verhindern. Es kann offen bleiben, ob die Antragsänderung durch die Hinzufügung des Antrags zu 3. zulässig ist. Denn der Antrag zu 3.), der Antragsgegnerin nach § 123 VwGO aufzugeben, den „Final Assessment Report“ zu widerrufen, hat keinen Erfolg.
44Für diesen Antrag fehlt ebenfalls das Rechtsschutzbedürfnis. Denn es handelt sich um einen Antrag auf vorbeugenden Rechtsschutz, weil die Antragstellerin bereits im Vorfeld den Erlass von Versagungsentscheidungen im Verlängerungsverfahren des streitgegenständlichen Arzneimittels verhindern will. Vorbeugender Rechtsschutz kommt jedoch nicht in Betracht, wenn der Betroffene zumutbarerweise auf nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann, den die Verwaltungsgerichtsordnung als grundsätzlich angemessen und ausreichend ansieht. Für die Gewährung vorbeugenden Rechtsschutzes ist ein qualifiziertes Rechtsschutzinteresse erforderlich, das nur dann ausnahmsweise gegeben ist, wenn der nachgängige Rechtsschutz mit unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre und deshalb dem verfassungsmäßigen Gebot effektiven Rechtsschutzes, Art. 19 Abs. 4 GG, nicht mehr genügte. Dies kann der Fall sein, wenn durch die zu erwartende behördliche Maßnahme vollendete Tatsachen oder irreparable Schäden zu befürchten wären,
45vgl. BVerwG, Urteil vom 03.06.1983 - 8 C 43/81 - ; VGH Mannheim, Urteil vom 11.02.2010 - 9 S 1130/08 - ; OVG Lüneburg, Beschluss vom 12.07.2000 - 3 M 1605/00 - ; OVG Münster, Beschluss vom 22.07.2008 - 13 A 1834/06 - zum vorbeugenden Rechtsschutz gegen die Erteilung von arzneimittelrechtlichen Zulassungen an Konkurrenten.
46Besondere Gründe, die im vorliegenden Verfahren die Gewährung vorbeugenden Rechtsschutzes gebieten, sind nicht ersichtlich. Es ist der Antragstellerin zumutbar, die Versagung der Verlängerung der Zulassung abzuwarten und hiergegen die in der VwGO vorgesehenen Rechtsmittel, also Widerspruch und Anfechtungsklage, einzulegen. Da diese Rechtsmittel aufschiebende Wirkung haben bzw. diese durch das Gericht auf einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO wiederhergestellt werden kann, ist der Eintritt vollendeter Tatsachen nicht zu befürchten.
47Auch der Umstand, dass die Antragstellerin wegen der faktischen Vorwirkung der Empfehlungen der Antragsgegnerin im europäischen Abstimmungsverfahren damit rechnen muss, dass einheitliche Versagungsentscheidungen in den CMS ergehen, vermag ein qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis für vorbeugenden Rechtsschutz nicht zu begründen.
48Die Antragstellerin hat auch in den anderen EU-Mitgliedsstaaten die Möglichkeit, gegen die Versagungsentscheidungen gerichtlich vorzugehen. Es ist weder ersichtlich, noch von der Antragstellerin substantiiert vorgetragen, dass der nachträgliche Rechtsschutz in den Mitgliedsstaaten nicht ausreichend ist.
49Es ist auch nicht erkennbar, dass der Antragstellerin die Einlegung von Rechtsmitteln in einer Vielzahl von anderen EU-Mitgliedsstaaten (hier in 9 Mitgliedsstaaten) nicht zumutbar ist. Die Antragstellerin ist Inhaberin von nationalen Zulassungen in diesen Mitgliedsstaaten und kann ihr Arzneimittel daher dort gewinnbringend vermarkten. Das Risiko einer negativen Veränderung des Zulassungsstatus bzw. die Aufwendungen für die Inanspruchnahme von nationalem Rechtsschutz sind ihr daher zuzumuten.
50Im Übrigen hat die Antragstellerin durch die Erlangung von zahlreichen Zulassungen in anderen Mitgliedsstaaten im erleichterten, harmonisierten Verfahren der gegenseitigen Anerkennung erhebliche Vorteile genutzt. Im Fall einer positiven Empfehlung der Antragsgegnerin im Verlängerungsverfahren wäre sie auch in den Genuss weiterer Erleichterungen gekommen. Das Risiko, im Fall einer abgestimmten Versagung der Zulassung, in allen Mitgliedsstaaten gegen die negativen Entscheidungen vorgehen zu müssen, erscheint demgegenüber nicht unangemessen. Auch hierbei dürften wegen der einheitlichen Begründung nicht unerhebliche Synergieeffekte entstehen. Unzumutbare Nachteile können hierin nicht gesehen werden.
51Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die von der Antragstellerin begehrte Verpflichtung der Antragsgegnerin zum Widerruf des „Final Assessment Report“ einen Eingriff der Rechtsprechung in das vorgelagerte europäische Abstimmungsverfahren, und damit in ein der Verwaltung zugewiesenes Handlungsfeld, zur Folge hätte. Dieser Eingriff würde die Funktionalität und Effektivität des Verfahrens und damit den von der Arzneimittelrichtlinie bezweckten Harmonisierungseffekt im Bereich der dezentralen Zulassungen erheblich beeinträchtigen. Der Rechtsgedanke des § 44 a VwGO, dass Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden können, kann daher auch hier zur Anwendung kommen. Daher ist es der Antragstellerin zumutbar, ihre Einwendungen gegen das im „CMDh Best Practice Guide“ geregelte Verfahren mit den Rechtsmitteln gegen die Versagung der Verlängerung geltend zu machen.
52Unabhängig davon steht der Antragstellerin auch kein materiell-rechtlicher Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Widerruf des „Final Assessment Report“ und damit kein Anordnungsanspruch zu. Ein öffentlich-rechtlicher Anspruch auf Widerruf einer Aussage besteht nur im Hinblick auf unwahre Tatsachenbehauptungen. Bei dem „Final Assessment Report“ handelt es sich jedoch schon nach der Bezeichnung nicht um einen Tatsachenbericht, sondern um eine fachliche und rechtliche Bewertung des Verlängerungsantrages. Derartige Bewertungen sind weder einem Wahrheitsbeweis noch einer Widerlegung zugänglich und können daher auch nicht Gegenstand einer Zwangsvollstreckung sein,
53vgl. OVG Münster, Beschluss vom 23.04.2012 - 13 B 127/12 - unter Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 09.11.2009 - 7 B 10.09 - , NVwZ 2010, 186.
54Der Antrag war daher insgesamt mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO zurückzuweisen.
55Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Hierbei hat die Kammer das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin an der Verhinderung der Versagung der Verlängerung der Zulassung pauschal mit jeweils 50.000,00 Euro in jedem betroffenen EU-Mitgliedsland bemessen. Da der Antrag nur auf eine vorläufige Sicherung des Status-Quo gerichtet war, war die Hälfte dieses Wertes zugrunde zu legen. Daraus ergab sich ein Gesamtstreitwert 225.000,00 Euro (25.000 x 9 EU-Mitgliedsländer).

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(1) Die Zulassung ist zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass einer der Versagungsgründe des § 25 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2, 3, 5, 5a oder 7 bei der Erteilung vorgelegen hat; sie ist zu widerrufen, wenn einer der Versagungsgründe des § 25 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3, 5, 5a oder 7 nachträglich eingetreten ist. Die Zulassung ist ferner zurückzunehmen oder zu widerrufen, wenn
- 1.
sich herausstellt, dass dem Arzneimittel die therapeutische Wirksamkeit fehlt, - 2.
in den Fällen des § 28 Abs. 3 die therapeutische Wirksamkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse unzureichend begründet ist.
(1a) Die Zulassung ist ferner ganz oder teilweise zurückzunehmen oder zu widerrufen, soweit dies erforderlich ist, um einer Entscheidung oder einem Beschluss der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union nach Artikel 34 der Richtlinie 2001/83/EG zu entsprechen. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet bei Rechtsmitteln gegen Entscheidungen der zuständigen Bundesoberbehörde nach Satz 1 nicht statt. In den Fällen des Satzes 1 kann auch das Ruhen der Zulassung befristet angeordnet werden.
(2) Die zuständige Bundesoberbehörde kann die Zulassung
- 1.
zurücknehmen, wenn in den Unterlagen nach § 22 oder § 24 unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht worden sind, - 2.
widerrufen, wenn der Versagungsgrund des § 25 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 nachträglich eingetreten ist oder wenn eine der nach § 28 angeordneten Auflagen nicht eingehalten und diesem Mangel nicht innerhalb einer von der zuständigen Bundesoberbehörde zu setzenden angemessenen Frist abgeholfen worden ist; dabei sind Auflagen nach § 28 Abs. 3 und 3a jährlich zu überprüfen, - 3.
im Benehmen mit der zuständigen Behörde widerrufen, wenn die für das Arzneimittel vorgeschriebenen Prüfungen der Qualität nicht oder nicht ausreichend durchgeführt worden sind, - 4.
im Benehmen mit der zuständigen Behörde widerrufen, wenn sich herausstellt, dass das Arzneimittel nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt worden ist.
(2a) In den Fällen der Absätze 1 und 1a ist die Zulassung zu ändern, wenn dadurch der in Absatz 1 genannte betreffende Versagungsgrund entfällt oder der in Absatz 1a genannten Entscheidung entsprochen wird. In den Fällen des Absatzes 2 kann die Zulassung durch Auflage geändert werden, wenn dies ausreichend ist, um den Belangen der Arzneimittelsicherheit zu entsprechen.
(3) Vor einer Entscheidung nach den Absätzen 1 bis 2a muss der Inhaber der Zulassung gehört werden, es sei denn, dass Gefahr im Verzuge ist. Das gilt auch, wenn eine Entscheidung der zuständigen Bundesoberbehörde über die Änderung der Zulassung, Auflagen zur Zulassung, den Widerruf, die Rücknahme oder das Ruhen der Zulassung auf einer Einigung der Koordinierungsgruppe nach Artikel 107g, 107k oder Artikel 107q der Richtlinie 2001/83/EG beruht. Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet in den Fällen des Satzes 2 nicht statt. In den Fällen des § 25 Absatz 2 Satz 1 Nummer 5 ist die Entscheidung sofort vollziehbar. Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.
(4) Ist die Zulassung für ein Arzneimittel zurückgenommen oder widerrufen oder ruht die Zulassung, so darf es
Die Rückgabe des Arzneimittels an den pharmazeutischen Unternehmer ist unter entsprechender Kenntlichmachung zulässig. Die Rückgabe kann von der zuständigen Behörde angeordnet werden.(1) Die zuständige Bundesoberbehörde erteilt die Zulassung schriftlich unter Zuteilung einer Zulassungsnummer. Die Zulassung gilt nur für das im Zulassungsbescheid aufgeführte Arzneimittel und bei Arzneimitteln, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt sind, auch für die in einem nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachten Ergebnis genannten und im Zulassungsbescheid aufgeführten Verdünnungsgrade.
(2) Die zuständige Bundesoberbehörde darf die Zulassung nur versagen, wenn
- 1.
die vorgelegten Unterlagen, einschließlich solcher Unterlagen, die auf Grund einer Verordnung der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union vorzulegen sind, unvollständig sind, - 2.
das Arzneimittel nicht nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend geprüft worden ist oder das andere wissenschaftliche Erkenntnismaterial nach § 22 Abs. 3 nicht dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht, - 3.
das Arzneimittel nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt wird oder nicht die angemessene Qualität aufweist, - 4.
dem Arzneimittel die vom Antragsteller angegebene therapeutische Wirksamkeit fehlt oder diese nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse vom Antragsteller unzureichend begründet ist, - 5.
das Nutzen-Risiko-Verhältnis ungünstig ist, - 5a.
bei einem Arzneimittel, das mehr als einen Wirkstoff enthält, eine ausreichende Begründung fehlt, dass jeder Wirkstoff einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leistet, wobei die Besonderheiten der jeweiligen Arzneimittel in einer risikogestuften Bewertung zu berücksichtigen sind, - 6.
das Inverkehrbringen des Arzneimittels gegen gesetzliche Vorschriften oder gegen eine Verordnung oder eine Richtlinie oder eine Entscheidung oder einen Beschluss der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union verstoßen würde.
(3) Die Zulassung ist für ein Arzneimittel zu versagen, das sich von einem zugelassenen oder bereits im Verkehr befindlichen Arzneimittel gleicher Bezeichnung in der Art oder der Menge der Wirkstoffe unterscheidet. Abweichend von Satz 1 ist ein Unterschied in der Menge der Wirkstoffe unschädlich, wenn sich die Arzneimittel in der Darreichungsform unterscheiden.
(4) Ist die zuständige Bundesoberbehörde der Auffassung, dass eine Zulassung auf Grund der vorgelegten Unterlagen nicht erteilt werden kann, teilt sie dies dem Antragsteller unter Angabe von Gründen mit. Dem Antragsteller ist dabei Gelegenheit zu geben, Mängeln innerhalb einer angemessenen Frist, jedoch höchstens innerhalb von sechs Monaten abzuhelfen. Wird den Mängeln nicht innerhalb dieser Frist abgeholfen, so ist die Zulassung zu versagen. Nach einer Entscheidung über die Versagung der Zulassung ist das Einreichen von Unterlagen zur Mängelbeseitigung ausgeschlossen.
(5) Die Zulassung ist auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen und auf der Grundlage der Sachverständigengutachten zu erteilen. Zur Beurteilung der Unterlagen kann die zuständige Bundesoberbehörde eigene wissenschaftliche Ergebnisse verwerten, Sachverständige beiziehen oder Gutachten anfordern. Die zuständige Bundesoberbehörde kann in Betrieben und Einrichtungen, die Arzneimittel entwickeln, herstellen, prüfen oder klinisch prüfen, zulassungsbezogene Angaben und Unterlagen, auch im Zusammenhang mit einer Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Artikel 3 Abs. 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 überprüfen. Zu diesem Zweck können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten, Unterlagen einsehen sowie Auskünfte verlangen. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner die Beurteilung der Unterlagen durch unabhängige Gegensachverständige durchführen lassen und legt deren Beurteilung der Zulassungsentscheidung und, soweit es sich um Arzneimittel handelt, die der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, dem der Zulassungskommission nach Absatz 6 Satz 1 vorzulegenden Entwurf der Zulassungsentscheidung zugrunde. Als Gegensachverständiger nach Satz 5 kann von der zuständigen Bundesoberbehörde beauftragt werden, wer die erforderliche Sachkenntnis und die zur Ausübung der Tätigkeit als Gegensachverständiger erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Dem Antragsteller ist auf Antrag Einsicht in die Gutachten zu gewähren. Verlangt der Antragsteller, von ihm gestellte Sachverständige beizuziehen, so sind auch diese zu hören. Für die Berufung als Sachverständiger, Gegensachverständiger und Gutachter gilt Absatz 6 Satz 5 und 6 entsprechend.
(5a) Die zuständige Bundesoberbehörde erstellt ferner einen Beurteilungsbericht über die eingereichten Unterlagen zur Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit und gibt darin eine Stellungnahme hinsichtlich der Ergebnisse von pharmazeutischen und vorklinischen Versuchen, von klinischen Prüfungen sowie zum Risikomanagement- und zum Pharmakovigilanz-System ab. Der Beurteilungsbericht ist zu aktualisieren, wenn hierzu neue Informationen verfügbar werden.
(5b) Absatz 5a findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt werden, sofern diese Arzneimittel dem Artikel 16 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG unterliegen.
(6) Vor der Entscheidung über die Zulassung eines Arzneimittels, das den Therapierichtungen Phytotherapie, Homöopathie oder Anthroposophie zuzurechnen ist und das der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegt, ist eine Zulassungskommission zu hören. Die Anhörung erstreckt sich auf den Inhalt der eingereichten Unterlagen, der Sachverständigengutachten, der angeforderten Gutachten, die Stellungnahmen der beigezogenen Sachverständigen, das Prüfungsergebnis und die Gründe, die für die Entscheidung über die Zulassung wesentlich sind, oder die Beurteilung durch die Gegensachverständigen. Weicht die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung über den Antrag von dem Ergebnis der Anhörung ab, so hat sie die Gründe für die abweichende Entscheidung darzulegen. Das Bundesministerium beruft die Mitglieder der Zulassungskommission unter Berücksichtigung von Vorschlägen der Kammern der Heilberufe, der Fachgesellschaften der Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Heilpraktiker sowie der für die Wahrnehmung ihrer Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenverbände der pharmazeutischen Unternehmer, Patienten und Verbraucher. Bei der Berufung sind die jeweiligen Besonderheiten der Arzneimittel zu berücksichtigen. In die Zulassungskommissionen werden Sachverständige berufen, die auf den jeweiligen Anwendungsgebieten und in der jeweiligen Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie) über wissenschaftliche Kenntnisse verfügen und praktische Erfahrungen gesammelt haben.
(7) Für Arzneimittel, die nicht der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, werden bei der zuständigen Bundesoberbehörde Kommissionen für bestimmte Anwendungsgebiete oder Therapierichtungen gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Die zuständige Bundesoberbehörde kann zur Vorbereitung der Entscheidung über die Verlängerung von Zulassungen nach § 105 Abs. 3 Satz 1 die zuständige Kommission beteiligen. Betrifft die Entscheidung nach Satz 3 Arzneimittel einer bestimmten Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie), ist die zuständige Kommission zu beteiligen, sofern eine vollständige Versagung der Verlängerung nach § 105 Abs. 3 Satz 1 beabsichtigt oder die Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung ist; sie hat innerhalb von zwei Monaten Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung nach Satz 4 die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar.
(7a) Zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit für Kinder und Jugendliche wird beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Kommission für Arzneimittel für Kinder und Jugendliche gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels, das auch zur Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen bestimmt ist, beteiligt die zuständige Bundesoberbehörde die Kommission. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines anderen als in Satz 3 genannten Arzneimittels, bei dem eine Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen in Betracht kommt, die Kommission beteiligen. Die Kommission hat Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar. Die Kommission kann ferner zu Arzneimitteln, die nicht für die Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen zugelassen sind, den anerkannten Stand der Wissenschaft dafür feststellen, unter welchen Voraussetzungen diese Arzneimittel bei Kindern oder Jugendlichen angewendet werden können. Für die Arzneimittel der Phytotherapie, Homöopathie und anthroposophischen Medizin werden die Aufgaben und Befugnisse nach den Sätzen 3 bis 7 von den Kommissionen nach Absatz 7 Satz 4 wahrgenommen.
(8) Bei Sera, Impfstoffen, Blutzubereitungen, Gewebezubereitungen, Allergenen, xenogenen Arzneimitteln, die keine Arzneimittel nach § 4 Absatz 9 sind, erteilt die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung entweder auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen oder auf Grund eigener Untersuchungen oder auf Grund der Beobachtung der Prüfungen des Herstellers. Dabei können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten und in diesen sowie in den dem Betrieb dienenden Beförderungsmitteln Besichtigungen vornehmen. Auf Verlangen der zuständigen Bundesoberbehörde hat der Antragsteller das Herstellungsverfahren mitzuteilen. Bei diesen Arzneimitteln finden die Absätze 6, 7 und 7a keine Anwendung.
(8a) (weggefallen)
(9) Werden verschiedene Stärken, Darreichungsformen, Verabreichungswege oder Ausbietungen eines Arzneimittels beantragt, so können diese auf Antrag des Antragstellers Gegenstand einer einheitlichen umfassenden Zulassung sein; dies gilt auch für nachträgliche Änderungen und Erweiterungen. Dabei ist eine einheitliche Zulassungsnummer zu verwenden, der weitere Kennzeichen zur Unterscheidung der Darreichungsformen oder Konzentrationen hinzugefügt werden müssen. Für Zulassungen nach § 24b Abs. 1 gelten Einzelzulassungen eines Referenzarzneimittels als einheitliche umfassende Zulassung.
(10) Die Zulassung lässt die zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeit des pharmazeutischen Unternehmers unberührt.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.