Verwaltungsgericht Köln Urteil, 06. Jan. 2016 - 23 K 861/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
1
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin stand als Soldatin auf Zeit, zuletzt im Dienstgrad einer Stabsärztin, im Dienst der Beklagten. Zum 1. Januar 2000 trat sie als Anwärterin für die Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes in den Dienst der Beklagten und wurde aufgrund ihrer Verpflichtungserklärung vom 10. November 1999 über 17 Jahre in das Dienstverhältnis einer Soldatin auf Zeit berufen. In der Verpflichtungserklärung bestätigte die Klägerin unter anderem, dass ihr bekannt sei, dass sie nach § 56 Abs. 4 SG das während der Ausbildung bezogene Ausbildungsgeld zu erstatten habe, wenn sie auf eigenen Antrag vorzeitig aus dem Dienst ausscheide.
3Für den Zeitraum vom 5. Oktober 2000 bis zum 18. Dezember 2006 beurlaubte die Beklagte die Klägerin unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge vom militärischen Dienst zum Zwecke des Studiums der Humanmedizin. Mit Urkunde vom 28. September 2006, ausgehändigt am 2. Januar 2007, ernannte die Beklagte die Klägerin zur Stabsärztin. Am 20. Dezember 2006 erhielt sie von der Bezirksregierung Köln die Approbationsurkunde. Ab dem 19. Dezember 2006 wurde die Klägerin zur klinischen Weiterbildung im Fach Chirurgie an das Bundeswehrkrankenhaus L. versetzt. Während der Zeit der klinischen Weiterbildung nahm sie zudem unter anderem an folgenden Sonderlehrgängen teil:
4- Strahlenschutz-Grundkurs für Röntgendiagnostiker vom 3. Mai 2007 bis zum 5. Mai 2007
5- Einführungskurs Intensivmedizin vom 15. Februar 2008 bis zum 22. Februar 2008
6- Sonderlehrgang Notfallmedizin vom 1. Juli 2008 bis zum 18. Juli 2008
7Mit Urkunde vom 22. Dezember 2008 ernannte der Rektor der Universität Köln die Klägerin mit Wirkung vom 30. Dezember 2008 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit zur Akademischen Rätin. Damit schied die Klägerin nach dem damals geltenden § 125 BRRG von Gesetzes wegen aus dem Soldatenverhältnis aus.
8Nach Ermittlung der Höhe des gezahlten Ausbildungsgeldes und der weiteren Ausbildungskosten setzte die Beklagte nach Anhörung den von der Klägerin nach § 56 Abs. 4 SG zu erstattenden Betrag mit Bescheid vom 3. August 2011 auf 135.497,15 Euro fest. Dabei ließ sie kurzfristige Zeiträume der Abkommandierung, in denen die Klägerin Dienstbezüge statt Ausbildungsgeld erhalten hatte, vollständig unberücksichtigt. Die Beklagte gewährte der Klägerin eine verzinsliche Stundung der Schuld durch Einräumung von Ratenzahlungen in Höhe von monatlich 810,00 Euro. Als Zinssatz für die ab Bestandskraft oder spätestens ab 15. September 2011 fälligen Zinsen setzte die Beklagte 4 % p.a. fest. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, Rechtsgrundlage für die Rückforderung sei § 56 Abs. 4 SG. Danach müsse ein früherer Soldat auf Zeit, der vor Ablauf der festgesetzten Dienstzeit auf eigenen Antrag entlassen worden sei oder als auf eigenen Antrag entlassen gelte, die durch ein Studium oder eine Fachausbildung entstandenen Kosten erstatten. Während des Studiums der Humanmedizin habe die Klägerin Ausbildungsgeld in Höhe von 128.422,40 Euro erhalten. Für die Sonderlehrgänge, an denen sie teilgenommen habe, seien an Lehrgangskosten 1.939,69 Euro und an Nebenkosten (Reisekosten, Umzugskosten, Trennungsgeld) 5.135,06 Euro entstanden. Im Rahmen einer Härtefallprüfung könne zwar grundsätzlich die Abdienzeit berücksichtigt werden; nach Abschluss des Studiums sei die Klägerin jedoch bis zum Ausscheiden aus dem Dienst ausschließlich in der Weiterbildung gewesen, so dass eine Abdienquote in ihrem konkreten Fall nicht habe berücksichtigt werden können.
9Hiergegen legte die Klägerin am 16. August 2011 Widerspruch ein. Zur Begründung machte sie geltend, es fehle schon an einer verfassungskonformen Rechtsgrundlage für die Rückforderung, denn § 56 Abs. 4 Satz 2 SG verstoße gegen das verfassungsmäßige Recht der Soldaten auf Besoldung und Versorgung. Trotz der Beurlaubung habe auch während des Studiums das Soldatenverhältnis weiter bestanden. Zudem verstoße die Vorschrift gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Denn Soldaten mit einer akademischen Ausbildung, die auch das Ausbildungsgeld erstatten müssten, und Soldaten mit sonstigen Fachausbildungen, die „nur“ die Fachausbildungskosten erstatten müssten, würden ungerechtfertigt ungleich behandelt. Ferner seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 56 SG nicht gegeben. Hier sei zu beachten, dass nach § 97 SG die Vorschrift des § 56 SG in der vor dem 19. Dezember 2000 geltenden Fassung anzuwenden sei. Danach sei Voraussetzung für die Erstattungspflicht, dass der Soldat auf eigenen Antrag aus dem Soldatenverhältnis entlassen worden sei. Einen solchen Antrag habe die Klägerin aber nie gestellt. Die Härteklausel habe die Beklagte gleichfalls nicht zutreffend angewandt. Mit Blick auf die Alimentationspflicht müsse ihr so viel vom Ausbildungsgeld belassen werden, dass auch rückwirkend noch eine hinreichende Alimentation gegeben sei. Auch müsse die Zahlungsdauer begrenzt werden; es sei ihr nicht zuzumuten, über ihre gesamte Berufstätigkeit hinweg mit den Ratenzahlungen an die Beklagte belastet zu sein. Bei richtiger Ausübung des Ermessens hätte die Beklagte zudem auf die Forderung von Zinsen verzichten müssen. Darüber hinaus sei die Abdienquote falsch berechnet: Die Weiterbildungszeit müsse hier ganz oder jedenfalls hinsichtlich des während der Weiterbildung – auch – geleisteten normalen Dienstes teilweise berücksichtigt werden. Die Beklagte habe auch nicht die besonderen Umstände der grob fehlerhaften Personalführung und Personalplanung, die zu ihrem Ausscheiden aus dem Dienst geführt hätten, berücksichtigt. Überdies hätten bei der Rückforderung des Ausbildungsgeldes nicht die Brutto-, sondern nur die Nettobeträge veranschlagt werden dürfen. Bei der Berechnung der Raten sei außerdem ein zu hohes Einkommen berücksichtigt worden. Insbesondere Verbindlichkeiten der Klägerin aus Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherungen hätten in Abzug gebracht werden müssen, ebenso Verbindlichkeiten aus einem Darlehensvertrag zur Finanzierung ihres hälftigen Erwerbs einer Eigentumswohnung. Wenn die Beklagte Mieteinnahmen der Klägerin als Einkommen berücksichtige, müsse sie gleichzeitig anteilige Unterhaltungs- und Instandsetzungskosten von diesem Einkommen wieder abziehen. Die Beklagte habe es zudem versäumt, ihrer Berechnung des pfändbaren Betrags des Einkommens die aktuelle Pfändungstabelle zugrundezulegen. Schließlich fehle es für die Rückforderung der Weiterbildungskosten insgesamt an einer Rechtsgrundlage.
10Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2014 wies die Beklagte den Widerspruch – im Kern aus den Gründen des Ausgangsbescheides – zurück und führte zusätzlich aus, nach der Rechtsprechung bestehe grundsätzlich kein Anspruch auf Berücksichtigung von Abdienzeiten. In welcher Art und Weise und in welchem Umfang sie gleichwohl Abdienzeiten berücksichtige, stehe in ihrem Ermessen. Nach ihrer Verwaltungspraxis rechne sie Zeiten der Facharztausbildung nicht als Abdienzeit an; dies sei durch die Rechtsprechung bislang durchweg bestätigt worden. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der herangezogenen Rechtsgrundlage bestünden nicht.
11Am 13. Februar 2014 hat die Klägerin Klage erhoben.
12Am 21. Oktober 2015 änderte die Beklagte den Bescheid vom 3. August 2011 dahingehend ab, dass die Rückzahlung des geforderten Betrages und der angefallenen Zinsen auf den 9. Dezember 2033 begrenzt und die letzte Rate damit im Dezember 2033 fällig wird.
13Zur Begründung ihrer Klage wiederholt und vertieft die Klägerin die Gründe ihres Widerspruchs.
14Die Klägerin beantragt,
15den Leistungsbescheid der Beklagten vom 3. August 2011 und den Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2014 aufzuheben.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Auch sie wiederholt die Gründe aus ihrem Ausgangs- und dem Widerspruchsbescheid und führt zusätzlich aus, einer Reduzierung des Erstattungsbetrages auf den Nettobetrag des Ausbildungsgeldes stünden die Vorschriften des Steuerrechts entgegen.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
21Die zulässige Klage ist unbegründet. Der streitige Leistungsbescheid der Beklagten vom 3. August 2011 und der Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2014 sind rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
22Rechtsgrundlage für den Leistungsbescheid ist nach der Übergangsregelung des § 97 SG die Bestimmung des § 56 Abs. 4 SG in der Fassung der Neubekanntmachung vom 15. Dezember 1995 (BGBl. I, 1737), geändert durch das Gesetz vom 29. Juni 1998 (BGBl. I, 1666) – SG 1995 –, da die Klägerin ihr Studium vor dem 19. Dezember 2000 aufgenommen hat. Hiernach muss ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, die entstandenen Kosten des Studiums oder der Fachausbildung u.a. dann erstatten, wenn er auf seinen Antrag hin entlassen wird. Unter den gleichen Voraussetzungen bestimmt § 56 Abs. 4 Satz 2 SG 1995 für den früheren Soldaten auf Zeit in der Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes, dass er das ihm als Sanitätsoffiziersanwärter gewährte Ausbildungsgeld zu erstatten hat.
23Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit dieser Norm bestehen nicht. Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt diese Norm nicht gegen Art. 33 Abs. 5 GG i.V.m. Art. 14 Abs. 1 GG. Der Dienstherr, der dem Soldaten auf Zeit im dienstlichen Interesse ein mit hohen Kosten verbundenes Studium ermöglicht und diesem während der Beurlaubung zum Zwecke des Studiums ein Ausbildungsgeld gewährt, tut dies in der berechtigten Erwartung, der Soldat auf Zeit werde die im Studium erlangten Kenntnisse und Fähigkeiten für die vereinbarte Zeit zur Verfügung stellen. Wird das Dienstverhältnis auf Antrag oder Initiative des Soldaten auf Zeit vorzeitig beendet, hat der Soldat einen erheblichen Vorteil erlangt, ohne dem Dienstherrn die durch die Verpflichtung zugesagte Gegenleistung zu erbringen. Für die dadurch entstehende „Schieflage“ schafft § 56 Abs. 4 SG einen billigen Ausgleich.
24Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 18/05 –, VG Köln, Urteil vom 17. September 2014 – 23 K 3238/13 –.
25Soweit die Klägerin meint, der Dienstherr enthalte dem Soldaten mit dem auf das Ausbildungsgeld bezogenen Erstattungsbegehren rückwirkend eine ihm zustehende Alimentierung vor, blendet sie aus, dass der Sanitätsoffiziersanwärter während des Studiums unter Fortfall von Geld- und Sachbezügen vom militärischen Dienst befreit wird. Dem in diesem Zeitraum gewährten und später zurückgeforderten Ausbildungsgeld kommt daher keine Alimentierungs-, sondern eine Anreizfunktion zu. Es stellt sich als besondere finanzielle Förderung der Ausbildung dar, die der Dienstherr leistet, um den Soldaten im künftigen Dienst bedarfsgerecht einsetzen zu können. Dabei ist es nicht zu beanstanden, dass der Dienstherr – wie etwa bei einem Stipendium – gewisse Vorgaben aufstellt, um einen ordnungsgemäßen Studienablauf und Erfolg sicherzustellen.
26Vgl. VG Köln, Urteil vom 15. November 2013 – 9 K 6900/12 –.
27Die festgesetzte Erstattung verletzt auch nicht das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG. Die unterschiedliche Behandlung von Sanitätsoffiziersanwärtern gegenüber Soldaten, die außerhalb der Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes eine (akademische) Ausbildung durchlaufen und bei vorzeitiger Beendigung des Dienstverhältnisses die Kosten der Ausbildung erstatten müssen, jedoch die als Zeitsoldat erhaltenen Dienstbezüge behalten dürfen, ist durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. Im Gegensatz zu dieser Gruppe, die die Ausbildung während ihrer Dienstzeit absolviert hat, war der Sanitätsoffiziersanwärter während seines Studiums beurlaubt und damit von den Dienstpflichten als Soldat freigestellt.
28Vgl. VG Köln, Urteile vom 15. November 2013 – 9 K 6900/12 – und vom 17. September 2014 – 23 K 3238/13 –.
29Soweit die Klägerin in Zeiten der Abkommandierung Dienst als Soldatin verrichtet hat, durfte auch sie die insoweit erhaltenen Dienstbezüge behalten.
30Gemessen am daher anzuwendenden § 56 Abs. 4 Satz 2 SG 1995 ist die Klägerin dem Grunde nach erstattungspflichtig für das während des Studiums gewährte Ausbildungsgeld und die von der Beklagten aufgewendeten Fachausbildungskosten. Dem Erstattungsverlagen steht nicht entgegen, dass die Klägerin nicht aufgrund eines förmlichen Entlassungsantrags, sondern nach dem damals geltenden § 125 Abs. 1 BRRG von Gesetzes wegen aus dem Dienst ausgeschieden ist, nachdem sie mit Wirkung vom 30. Dezember 2008 zur Beamtin ernannt wurde. Dies ist der Entlassung auf eigenen Antrag gleichgestellt.
31Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 1987 – 6 C 87.84 –, juris, Rz. 22, Bay. VGH, Urteil vom 4. Juli 2007 – 6 BV 12.19, juris, Rz. 24.
32Die militärische Ausbildung der Klägerin bestand nicht nur aus dem Studium der Humanmedizin. Vielmehr hat die Beklagte zu Recht darüber hinaus auch die von der Klägerin durchlaufenen Fachausbildungen (Klinische Weiterbildung Chirurgie, Strahlenschutz-Grundkurs für Röntgendiagnostiker, Einführungskurs Intensivmedizin, Sonderlehrgang Notfallmedizin) in die Erstattungspflicht einbezogen. Soweit in § 56 Abs. 4 Satz 1 SG 1995 von den „Kosten des Studiums oder der Fachausbildung“ die Rede ist, geht die Vorschrift nach ihrer erkennbaren Zielsetzung nicht davon aus, dass nur die Kosten einer von mehreren (Fach-)Ausbildungen zu erstatten sind. Vielmehr dient die Norm dem umfassenden Ausgleich für die – aus Sicht des Dienstherrn infolge des vorzeitigen Ausscheidens – vergeblich aufgewendeten Ausbildungskosten und die erworbenen beruflichen Kenntnisse auf Seiten des ausgeschiedenen Soldaten. Hiermit wäre es nicht zu vereinbaren, nur einen Teil der erfolgten Ausbildung zu berücksichtigen.
33Die klinische Verwendung der Klägerin im Bundeswehrkrankenhaus in L. sowie die von ihr absolvierten Lehrgänge in den Bereichen Strahlenschutz, Intensivmedizin und Notfallmedizin hat die Beklagte ohne Rechtsfehler als Fachausbildung gewertet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist Fachausbildung im Sinne des § 56 SG eine besondere, für alle Teilnehmer einheitlich gestaltete Ausbildung mit einem bestimmten Ausbildungsziel, die – sei es nach einer Prüfung oder nach einem planmäßigen Abschluss – zu einer zusätzlichen Befähigung oder Berechtigung führt. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es, wenn es sich um eine neben der allgemeinen militärischen Ausbildung, die jeder Soldat entsprechend seiner Laufbahn erhält, vermittelte besondere Ausbildung handelt, zu der dienstliche Gründe den Anstoß gaben und die den Soldaten befähigen soll, eine militärische Funktion zu übernehmen, die er nach der Einschätzung der verantwortlichen Stellen der Bundeswehr ohne die zu vermittelnden Kenntnisse oder Fertigkeiten nicht sachgerecht wahrnehmen kann.
34Ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. etwa Beschluss vom 28. September 1983 – 6 B 13/83 –, juris, Rz. 4, Urteil vom 21. April 1982 – 6 C 3/81 –, juris, Rz. 27, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, juris, Rz. 38.
35Hiervon ausgehend erweist sich gerade die Verwendung der Klägerin in der Abteilung Chirurgie des Bundeswehrkenhauses L. als Fachausbildung. Die dabei erfolgte Weiterbildung war geeignet, zu der von der Klägerin begonnenen Facharztausbildung beizutragen. Auch die Weiterbildung eines Soldaten in einem Bundeswehrkrankenhaus, durch die ihm fachärztliche Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, ist als Fachausbildung im Sinne des § 56 Abs. 4 SG 1995 anzusehen.
36So auch BVerwG, Beschluss vom 28. September 1983 – 6 B 13/83 –, Bay. VGH, Urteil vom 4. Juli 2013 – 6 BV 12.19 –, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2014 – 2 B 96/13 –.
37Dass die Zeit der klinischen Weiterbildung in eine – mit einer Besoldung als Stabsärztin vergütete – Berufstätigkeit eingebettet war, steht der Berücksichtigung dieser Zeiten als Fachausbildung nicht entgegen, da die Weiterbildungszwecke Art und Inhalt der Verwendung mitbestimmt haben, die Klägerin also nicht uneingeschränkt für eine militärische Verwendung zur Verfügung stand.
38Vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 25. März 1987 – 6 C 87.84 – (zu § 46 SG) und OVG NRW Urteil vom 30. September 1999 – 12 A 1828/98 – und BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2014 – 2 B 96.13 –.
39Auch gaben dienstliche Gründe zu der Ausbildung den Anstoß. Die dank der Weiterbildung erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse der Klägerin wollte die Beklagte bei den weiteren Verwendungen der Klägerin nutzen.
40Bedenken gegen die Ermittlung der erstattungsfähigen Ausbildungskosten bestehen nicht. Die Beklagte hat ihrer Berechnung nur diejenigen Zeiträume zugrundegelegt, in denen die Klägerin tatsächlich Ausbildungssold bezog; Zeiträume, in denen die Klägerin aufgrund von Abkommandierungen Dienstbezüge erhielt, hat die Beklagte insofern unberücksichtigt gelassen. Zu den Kosten der Ausbildung gehören alle Kosten, die in einem adäquaten Zusammenhang mit der Ausbildung stehen. Ausbildungskosten sind daher etwa Ausbildungsgebühren, Aufwendungen für Ausbildungsmittel und Ausbildungsausrüstung und die mittelbaren Ausbildungskosten wie Reisekosten, Trennungsgelder, Umzugskosten und dergleichen. Der Begriff der Kosten umfasst bei Ausbildungen in Einrichtungen der Bundeswehr zudem die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen errechneten, anteilig auf den einzelnen Soldaten entfallenden Kosten der erforderlichen Ausbildungseinrichtung, d.h. die so genannten „Rahmenkosten“.
41Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, juris, Rz. 41, OVG NRW, Urteil vom 20. September 1999 – 12 A 1828/98 –.
42Ausgehend hiervon konnte die Beklagte bei der Berechnung der Ausbildungskosten neben dem an die Klägerin gezahlten Ausbildungssold sämtliche auf Seite 5 des streitigen Bescheides aufgelisteten Fachausbildungskosten ansetzen. Der Berücksichtigung der militärischen Notwendigkeiten solcher Kurse steht nicht entgegen, dass diese – zivil – für die Klägerin möglicherweise nicht mehr nutzbar sind. Denn nach den oben dargelegten Grundsätzen ist schon bei der Frage, ob ein Kurs eine Fachausbildung im Sinne des § 56 SG darstellt, der militärische Ausbildungszweck zu berücksichtigen. Nichts anderes gilt auf der Kostenseite.
43Als Folge der Tatbestandsverwirklichung sieht § 56 Abs. 4 Satz 1 und 2 SG 1995 grundsätzlich bindend die Erstattung der Kosten in vollem Umfang vor. Nach Satz 3 dieser Bestimmung kann auf die Erstattung ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn sie für den früheren Soldaten eine besondere Härte bedeuten würde. Von dem hierdurch eröffneten Ermessen hat die Beklagte zutreffend Gebrauch gemacht. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte regelmäßig zur Vermeidung besonderer Härten den Erstattungsbetrag in dem Umfang mindert, in dem der ausgeschiedene Soldat nach Abschluss der Ausbildung mit den im Rahmen der Ausbildung erworbenen Kenntnissen uneingeschränkt dem Dienstherrn zur Verfügung stand. Dies dient dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen; einerseits des Dienstherrn, der ein berechtigtes Interesse daran hat, Soldaten, die eine teure und langjährige Ausbildung genossen haben, möglichst lange zu halten. Andererseits dient es aber auch dem möglichen Interesse des Soldaten, die Bundeswehr vorzeitig zu verlassen. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte mit Blick auf Sinn und Zweck der Norm nur diejenigen Zeiten als Abdienzeit berücksichtigt, in denen der Zeitsoldat nach Abschluss seiner Fachausbildung(en) der Bundeswehr uneingeschränkt, d.h. frei von irgendwelchen Ausbildungszwecken, die die Verwendungsmöglichkeit beschränken, zur Verfügung gestanden hat.
44Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.75 –, OVG NRW, Urteil vom 30. September 1999 - 12 A 1828/98 –, juris, Rz. 48, Bay. VGH, Urteil vom 4. Juli 2013 – 2 BV 12.19 –, BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2014 – 2 B 96.13 –.
45Gemessen hieran ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte keine Abdienzeiten der Klägerin berücksichtigt hat, da sie nach dem Studium sogleich in die Facharztausbildung gewechselt ist und aus der Facharztausbildung heraus aus der Bundeswehr ausgeschieden ist. Insbesondere begegnet es keinen Bedenken, dass die Beklagte die Zeit der klinischen Weiterbildung nicht als Abdienzeit berücksichtigt hat. Auch war die Beklagte nicht etwa gehalten, in dem Umfang, in dem sie von der Tätigkeit der Klägerin während der Zeit der klinischen Weiterbildung einen Nutzen gehabt hat, eine Abdienquote zu berücksichtigen. Zum einen ist dies schon deshalb nicht zwingend notwendig, weil das Gesetz – wie zuvor ausgeführt – grundsätzlich die volle Erstattung der Ausbildungskosten vorsieht. Damit überhaupt Ermessen eröffnet ist, muss eine besondere Härte gegeben sein. Dies ist im Fall einer klinischen Weiterbildung, die Teil der Facharztausbildung ist, schon deshalb fraglich, weil die Klägerin selbst dauerhaft und in erheblichem Maße von dieser Weiterbildung profitiert. Hierbei ist zudem zu berücksichtigen, dass die Klägerin die jetzt auszugleichende Schieflage zwischen Ausbildungsleistung des Dienstherrn und fehlender Abdienzeit verursacht hat, indem sie vorzeitig aus dem Dienst ausgeschieden ist. Schon dies mindert ihre Schutzwürdigkeit. Zum andern darf die Beklagte in ihre Ermessensüberlegungen einbeziehen, dass die umfassende Inanspruchnahme eine abschreckende Wirkung hat und gerade Verhaltensweisen wie der der Klägerin entgegenwirken soll.
46Vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2014 – 2 B 96/13 –, OVG NRW, Urteil vom 30. September 1999 – 12 A 1828/98 –, Bay. VGH, Urteil vom 4. Juli 2013 – 2 BV 12.19 –, BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2014 – 2 B 96.13 –.
47Mit dieser Funktion der Erstattungspflicht wäre es kaum zu verbinden, eine Ermessensausübung dergestalt zu verlangen, dass Zeiten einer Fachausbildung auch nur teilweise als Abdienzeit anerkannt werden. Darüber hinaus würde es der Systematik der §§ 49 und 56 SG widersprechen, eine Zeit der Fachausbildung, wie es bei der klinischen Weiterbildung der Fall ist, als Abdienzeit anzuerkennen, obwohl diese zugleich eine sog. Stehzeit auslöst. Im Übrigen liegt es im Interesse der Allgemeinheit, die zweckverfehlt aufgewandten Mittel möglichst umfassend wieder für öffentliche Zwecke zur Verfügung zu haben, etwa für die Ausbildung von Sanitätsoffizieren, die entsprechend der eingegangenen Verpflichtung auch eingesetzt werden können.
48Vgl. VG Köln, Urteil vom 17. September 2014 – 23 K 3238/13 –.
49Nicht berücksichtigt werden mussten im Rahmen der Ermessensentscheidung die Gründe der Klägerin für das Ausscheiden aus der Bundeswehr. Zwar sind für die Kammer Fallkonstellationen denkbar, in denen es einem Soldaten auf Zeit schlicht unzumutbar sein kann, weiterhin im Dienst der Bundeswehr zu bleiben. Eine solche Konstellation ist vorliegend aber nicht gegeben. Weder die Tatsache, dass die Klägerin ihre Dienstzeit um drei Jahre hätte verlängern müssen, um ihre Facharztqualifikation zu erhalten, noch die Einschränkung bei der Auswahl der Facharztrichtung noch die Gesamtschau dieser Umstände erreicht ein solches Ausmaß, dass es für die Klägerin nicht mehr zumutbar war, weiterhin in der Bundeswehr Dienst zu tun.
50Die Beklagte war berechtigt, die Brutto-Bezüge des Ausbildungsgeldes zurückzuverlangen, denn sie hat in diesem Umfang der Klägerin das Ausbildungsgeld tatsächlich gewährt. Eine besondere Härte resultiert daraus nicht; die Klägerin erhält vielmehr eine hinreichende Kompensation dadurch, dass sie die Erstattungsbeträge steuerrechtlich geltend machen kann.
51Vgl. dazu VG Gelsenkirchen, Urteil vom 17.12.2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rz. 59 und VG Koblenz, Urteil vom 8. Januar 2014 – 1 K 381/13.KO –.
52Die Beklagte hat auch nicht ermessensfehlerhaft gehandelt, indem sie die gesetzlichen Pfändungsschutzvorschriften für Arbeitseinkommen (§§ 850 ff. ZPO) zur Berechnung der Teilzahlungsraten herangezogen,
53vgl. dazu VG Gießen, Urteil vom 26. Oktober 2005 – 8 E 2875/04 –, juris, Rz. 22, BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1994 – 2 C 19.92 –, juris, Rz. 21, VG Münster, Urteil vom 21. August 2014 – 5 K 2265/12 –, juris, Rz. 81 ff.,
54und den so ermittelten pfändbaren Betrag entsprechend der Erlasslage um weitere 30 % reduziert hat. Die festgesetzte Rate in Höhe von 810,00 Euro überschreitet nicht den sich in Anwendung dieser Grundsätze ergebenden Betrag. Die Pfändungsgrenzen nach § 850c ZPO knüpfen an das nach § 850e ZPO zu berechnende Arbeitseinkommen an. Nach § 850e Nr. 1 ZPO sind u. a. Beträge nicht mitzurechnen, die unmittelbar aufgrund sozialrechtlicher Vorschriften zur Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen des Schuldners abzuführen sind. Diesen Beträgen stehen gleich die auf den Auszahlungszeitraum entfallenden Beträge, die der Schuldner nach den Vorschriften der Sozialversicherungsgesetze zur Weiterversicherung entrichtet oder an eine Ersatzkasse oder an ein Unternehmen der privaten Krankenversicherung leistet, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen. Zu diesen Beträgen gehören aber die Beiträge für Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherungen ebenso wenig wie die monatlich zu bedienenden Darlehensverpflichtungen der Klägerin.
55Vgl. VG Münster, Urteil vom 21. August 2014 – 5 K 2265/12 –, juris, Rz. 83.
56Entgegen der Ansicht der Klägerin hat die Beklagte auch den Pfändungsschutz im Sinne von § 851b ZPO ausreichend berücksichtigt, obwohl sie den Mietzins, den die Klägerin als Vermieterin ihrer hälftig in ihrem Eigentum stehenden Eigentumswohnung erhält, vollständig als Einkommen angerechnet hat. § 851b ZPO sieht einen Pfändungsschutz dergestalt vor, dass die Pfändung von Miete auf Antrag des Schuldners vom Vollstreckungsgericht insoweit aufzuheben ist, als diese Einkünfte für den Schuldner (u.a.) zur laufenden Unterhaltung des Grundstücks bzw. der Eigentumswohnung oder zur Vornahme notwendiger Instandsetzungsarbeiten unentbehrlich sind. Einen Abzug in Höhe einer Darlehensverpflichtung, die aus dem Erwerb des Grundstücks bzw. der Eigentumswohnung resultiert, sieht § 851b ZPO gerade nicht vor. Hinsichtlich unentbehrlicher Unterhaltungs- und Instandsetzungskosten hat die Klägerin bislang keinen bezifferten Aufwand benannt, der einen Abzug erforderlich oder auch nur möglich gemacht hätte. Den Abzug eines pauschal angesetzten Betrages für Unterhaltungs- und Instandsetzungskosten, wie von der Klägerin vorgeschlagen, erlaubt die Vorschrift des § 851b ZPO jedenfalls nicht.
57Ein Ermessensfehler ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte ihrer Berechnung der Raten die Pfändungsfreigrenzen vom 9. Mai 2011 zugrundegelegt hat. Dabei kann dahinstehen, ob maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Härteklausel der Zeitpunkt der ersten oder der letzten Behördenentscheidung und damit des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 14. Januar 2014,
58für die zweite Alternative vgl. VG Koblenz, Urteil vom 8. Januar 2014 – 1 K 381/13.KO –,
59ist. Zwar ist nach den zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides bereits geltenden Pfändungsfreigrenzen vom 26. März 2013 bei einem bereinigten Einkommen von 2.705,42 Euro – im Gegensatz zu den im Leistungsbescheid bestimmten 1.169,78 Euro – ein Betrag von lediglich 1.158,47 Euro pfändbar. Dieser Unterschied wirkt sich jedoch nicht aus, weil auch bei dem geringeren Betrag die von der Beklagten zusätzlich vorgenommene Reduzierung um 30 % einen Betrag von über 810,00 Euro ergibt.
60Die in Ziffern 2 und 3 des Bescheides bestimmte verzinsliche Gewährung von Ratenzahlungen ist gleichfalls nicht zu beanstanden. Die Bestimmung von Stundungszinsen findet unmittelbar in § 56 Abs. 4 S. 3 SG ihre rechtliche Grundlage. Diese Vorschrift erwähnt zwar nur die Möglichkeit eines völligen oder teilweisen Verzichts auf die Erstattung. Dies schließt jedoch nicht aus, dass eine mit der Erstattung verbundene besondere Härte auch durch andere Maßnahmen wie z. B. Stundung oder Gewährung von Ratenzahlung verhindert werden kann, d. h. die Beklagte hat bezüglich der Konkretisierung und näheren Ausgestaltung der zur Verhinderung einer besonderen Härte geeigneten Maßnahmen einen Ermessensspielraum. Dieser beinhaltet auch die Entscheidung, ob und in welcher Höhe für eine Stundung Zinsen gefordert werden. Da infolge der aufgeschobenen Tilgung die Hauptforderung dem Haushalt der Beklagten nicht sofort zur Verfügung steht und hierdurch auf Seiten der Beklagten ein Zinsverlust eintritt, ist es grundsätzlich nicht ermessensfehlerhaft, wenn versucht wird, dies über eine Verzinsung der gestundeten Beträge auszugleichen. Insbesondere ist der Zinssatz von 4% nicht zu beanstanden.
61Vgl. OVG NRW, Urteile vom 16. August 1996 – 12 A 2476/94 –, vom 20. April 2015 – 1 A 1242/12 – und vom 1. Juni 2015 – 1 A 930/14 –.
62Dabei ist hinsichtlich der Zinshöhe zu berücksichtigen, dass der gestundete Betrag nicht dinglich abgesichert ist und daher als Vergleichsgröße die marktüblichen Konditionen unbesicherter Konsumentendarlehen heranzuziehen sind.
63Durch die Änderung des Erstattungsbescheides am 21. Oktober 2015 und die damit vorgenommene zeitliche Beschränkung der Ratenzahlungspflicht hat die Beklagte nunmehr eine etwaige dauerhafte – für das gesamte Berufsleben bestehende – knebelnde Wirkung der Ratenzahlungen ausgeschlossen.
64Vgl. dazu OVG NRW, Urteile vom 20. April 2015 – 1 A 1242/12 – und vom 1. Juni 2015 – 1 A 930/14 –.
65Gründe dafür, dass diese nachträgliche Änderung des Bescheides nicht zulässig sein könnte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere mit Blick darauf, dass es hierbei um eine Regelung zur Vermeidung einer Härte geht, ist eine nachträgliche Änderung des Bescheides zulässig.
66Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.
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(1) Mit der Beendigung seines Dienstverhältnisses durch Zeitablauf nach § 54 Abs. 1, durch Entlassung nach § 55 oder durch Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 endet die Zugehörigkeit des Soldaten auf Zeit zur Bundeswehr.
(2) Mit der Entlassung entsprechend dem § 46 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 und 8 und nach § 55 Abs. 5 sowie mit dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit verliert der Soldat seinen Dienstgrad.
(3) Nach dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit und, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach der Entlassung hat der frühere Soldat auf Zeit keinen Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung mit Ausnahme der Beschädigtenversorgung.
(4) Ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, muss die Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten, wenn er
- 1.
auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag entlassen gilt, - 2.
seine Entlassung nach § 55 Absatz 4 vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, - 3.
nach § 55 Absatz 5 entlassen worden ist, - 4.
seine Rechtsstellung verloren hat oder - 5.
durch Urteil in einem gerichtlichen Disziplinarverfahren aus dem Dienstverhältnis entfernt worden ist.
Der Beamte ist entlassen, wenn er zum Berufssoldaten oder zum Soldaten auf Zeit ernannt wird. Die Entlassung gilt als Entlassung auf eigenen Antrag.
(1) Mit der Beendigung seines Dienstverhältnisses durch Zeitablauf nach § 54 Abs. 1, durch Entlassung nach § 55 oder durch Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 endet die Zugehörigkeit des Soldaten auf Zeit zur Bundeswehr.
(2) Mit der Entlassung entsprechend dem § 46 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 und 8 und nach § 55 Abs. 5 sowie mit dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit verliert der Soldat seinen Dienstgrad.
(3) Nach dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit und, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach der Entlassung hat der frühere Soldat auf Zeit keinen Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung mit Ausnahme der Beschädigtenversorgung.
(4) Ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, muss die Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten, wenn er
- 1.
auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag entlassen gilt, - 2.
seine Entlassung nach § 55 Absatz 4 vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, - 3.
nach § 55 Absatz 5 entlassen worden ist, - 4.
seine Rechtsstellung verloren hat oder - 5.
durch Urteil in einem gerichtlichen Disziplinarverfahren aus dem Dienstverhältnis entfernt worden ist.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Mit der Beendigung seines Dienstverhältnisses durch Zeitablauf nach § 54 Abs. 1, durch Entlassung nach § 55 oder durch Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 endet die Zugehörigkeit des Soldaten auf Zeit zur Bundeswehr.
(2) Mit der Entlassung entsprechend dem § 46 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 und 8 und nach § 55 Abs. 5 sowie mit dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit verliert der Soldat seinen Dienstgrad.
(3) Nach dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit und, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach der Entlassung hat der frühere Soldat auf Zeit keinen Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung mit Ausnahme der Beschädigtenversorgung.
(4) Ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, muss die Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten, wenn er
- 1.
auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag entlassen gilt, - 2.
seine Entlassung nach § 55 Absatz 4 vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, - 3.
nach § 55 Absatz 5 entlassen worden ist, - 4.
seine Rechtsstellung verloren hat oder - 5.
durch Urteil in einem gerichtlichen Disziplinarverfahren aus dem Dienstverhältnis entfernt worden ist.
(1) Auf Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit, die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes und anderer Vorschriften vom 19. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1815) ein Studium oder eine Fachausbildung begonnen haben, sind § 49 Abs. 4 und § 56 Abs. 4 in der bisherigen Fassung anzuwenden.
(2) Auf die bei Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes und anderer Vorschriften vom 19. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1815) vorhandenen Soldaten auf Zeit ist § 55 Abs. 4 in der bisherigen Fassung anzuwenden.
(1) Mit der Beendigung seines Dienstverhältnisses durch Zeitablauf nach § 54 Abs. 1, durch Entlassung nach § 55 oder durch Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 endet die Zugehörigkeit des Soldaten auf Zeit zur Bundeswehr.
(2) Mit der Entlassung entsprechend dem § 46 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 und 8 und nach § 55 Abs. 5 sowie mit dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit verliert der Soldat seinen Dienstgrad.
(3) Nach dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit und, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach der Entlassung hat der frühere Soldat auf Zeit keinen Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung mit Ausnahme der Beschädigtenversorgung.
(4) Ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, muss die Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten, wenn er
- 1.
auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag entlassen gilt, - 2.
seine Entlassung nach § 55 Absatz 4 vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, - 3.
nach § 55 Absatz 5 entlassen worden ist, - 4.
seine Rechtsstellung verloren hat oder - 5.
durch Urteil in einem gerichtlichen Disziplinarverfahren aus dem Dienstverhältnis entfernt worden ist.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Auf Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit, die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes und anderer Vorschriften vom 19. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1815) ein Studium oder eine Fachausbildung begonnen haben, sind § 49 Abs. 4 und § 56 Abs. 4 in der bisherigen Fassung anzuwenden.
(2) Auf die bei Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes und anderer Vorschriften vom 19. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1815) vorhandenen Soldaten auf Zeit ist § 55 Abs. 4 in der bisherigen Fassung anzuwenden.
(1) Mit der Beendigung seines Dienstverhältnisses durch Zeitablauf nach § 54 Abs. 1, durch Entlassung nach § 55 oder durch Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 endet die Zugehörigkeit des Soldaten auf Zeit zur Bundeswehr.
(2) Mit der Entlassung entsprechend dem § 46 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 und 8 und nach § 55 Abs. 5 sowie mit dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit verliert der Soldat seinen Dienstgrad.
(3) Nach dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit und, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach der Entlassung hat der frühere Soldat auf Zeit keinen Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung mit Ausnahme der Beschädigtenversorgung.
(4) Ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, muss die Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten, wenn er
- 1.
auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag entlassen gilt, - 2.
seine Entlassung nach § 55 Absatz 4 vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, - 3.
nach § 55 Absatz 5 entlassen worden ist, - 4.
seine Rechtsstellung verloren hat oder - 5.
durch Urteil in einem gerichtlichen Disziplinarverfahren aus dem Dienstverhältnis entfernt worden ist.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Mit der Beendigung seines Dienstverhältnisses durch Zeitablauf nach § 54 Abs. 1, durch Entlassung nach § 55 oder durch Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 endet die Zugehörigkeit des Soldaten auf Zeit zur Bundeswehr.
(2) Mit der Entlassung entsprechend dem § 46 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 und 8 und nach § 55 Abs. 5 sowie mit dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit verliert der Soldat seinen Dienstgrad.
(3) Nach dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit und, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach der Entlassung hat der frühere Soldat auf Zeit keinen Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung mit Ausnahme der Beschädigtenversorgung.
(4) Ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, muss die Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten, wenn er
- 1.
auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag entlassen gilt, - 2.
seine Entlassung nach § 55 Absatz 4 vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, - 3.
nach § 55 Absatz 5 entlassen worden ist, - 4.
seine Rechtsstellung verloren hat oder - 5.
durch Urteil in einem gerichtlichen Disziplinarverfahren aus dem Dienstverhältnis entfernt worden ist.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Mit der Beendigung seines Dienstverhältnisses durch Zeitablauf nach § 54 Abs. 1, durch Entlassung nach § 55 oder durch Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 endet die Zugehörigkeit des Soldaten auf Zeit zur Bundeswehr.
(2) Mit der Entlassung entsprechend dem § 46 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 und 8 und nach § 55 Abs. 5 sowie mit dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit verliert der Soldat seinen Dienstgrad.
(3) Nach dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit und, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach der Entlassung hat der frühere Soldat auf Zeit keinen Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung mit Ausnahme der Beschädigtenversorgung.
(4) Ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, muss die Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten, wenn er
- 1.
auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag entlassen gilt, - 2.
seine Entlassung nach § 55 Absatz 4 vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, - 3.
nach § 55 Absatz 5 entlassen worden ist, - 4.
seine Rechtsstellung verloren hat oder - 5.
durch Urteil in einem gerichtlichen Disziplinarverfahren aus dem Dienstverhältnis entfernt worden ist.
Der Beamte ist entlassen, wenn er zum Berufssoldaten oder zum Soldaten auf Zeit ernannt wird. Die Entlassung gilt als Entlassung auf eigenen Antrag.
(1) Mit der Beendigung seines Dienstverhältnisses durch Zeitablauf nach § 54 Abs. 1, durch Entlassung nach § 55 oder durch Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 endet die Zugehörigkeit des Soldaten auf Zeit zur Bundeswehr.
(2) Mit der Entlassung entsprechend dem § 46 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 und 8 und nach § 55 Abs. 5 sowie mit dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit verliert der Soldat seinen Dienstgrad.
(3) Nach dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit und, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach der Entlassung hat der frühere Soldat auf Zeit keinen Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung mit Ausnahme der Beschädigtenversorgung.
(4) Ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, muss die Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten, wenn er
- 1.
auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag entlassen gilt, - 2.
seine Entlassung nach § 55 Absatz 4 vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, - 3.
nach § 55 Absatz 5 entlassen worden ist, - 4.
seine Rechtsstellung verloren hat oder - 5.
durch Urteil in einem gerichtlichen Disziplinarverfahren aus dem Dienstverhältnis entfernt worden ist.
Tenor
-
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. Juli 2013 wird zurückgewiesen.
-
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
-
Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 78 258,95 € festgesetzt.
Gründe
- 1
-
Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde ist unbegründet.
- 2
-
1. Der 1966 geborene Kläger stand bis zu seiner Entlassung als Berufssoldat im Rang eines Oberstabsarztes im Dienst der Beklagten. Für das sechs Jahre dauernde Studium der Humanmedizin war der Kläger vom militärischen Dienst freigestellt. Nach der Ablegung der ärztlichen Prüfung absolvierte der Kläger mehrere Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen in den Bereichen Strahlenschutz, Innere Medizin, Notfallmedizin, Allgemeinmedizin und Endoskopie. Nachdem der Freistaat Bayern den Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum akademischen Rat zur Anstellung ernannt hatte, entließ die Beklagte den Kläger mit Ablauf des 14. März 2006. Die Beklagte verpflichtete den Kläger zur Erstattung des ihm während seines Medizinstudiums gewährten Ausbildungsgeldes in Höhe von 78 317,44 €. Der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht stattgegeben. Demgegenüber hat der Verwaltungsgerichtshof die Verpflichtung des Klägers zur Erstattung des Ausbildungsgeldes grundsätzlich als rechtmäßig angesehen und den Bescheid lediglich in Höhe eines Betrages von 58,49 € aufgehoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:
- 3
-
Da sich der Kläger vom Freistaat zum Beamten habe ernennen lassen, gelte die darauf zurückzuführende Entlassung aus dem Berufssoldatenverhältnis nach § 125 Abs. 1 Satz 3 BRRG als Entlassung auf Antrag. Zum Zeitpunkt der Entlassung am 15. März 2006 sei die für den Kläger maßgebliche Abdienzeit des § 46 Abs. 3 des Soldatengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1995 (- SG 1995-, BGBl I S. 1737) von zehn Jahren nach dem Ende des Studiums, d.h. dem Tag der Ablegung der ärztlichen Prüfung am 9. Oktober 1992, noch nicht abgelaufen gewesen, so dass er nach § 49 Abs. 4 Satz 2 SG 1995 das Ausbildungsgeld zu erstatten habe. Von seiner Abdienzeit von zehn Jahren (3 600 Tage) habe der Kläger bis zu seiner Entlassung aus dem Soldatenverhältnis lediglich 1 362 Tage abgedient. Wegen seiner ärztlichen Weiterbildung sowohl zum praktischen Arzt als auch zum Facharzt Innere Medizin/Gastroenterologie, die der Kläger außerhalb von Bundeswehreinrichtungen teils in einer zivilen Arztpraxis teils an einer Universitätsklinik absolvierte, habe er der Bundeswehr nicht uneingeschränkt zur Verfügung gestanden. Auch die Zeit, die der Kläger im Rahmen der Weiterbildung als Assistenzarzt in einem Bundeswehrkrankenhaus tätig gewesen sei, zähle nicht zur Abdienzeit. Denn der Kläger sei in dieser Zeit nur für solche ärztliche Tätigkeiten verwendbar gewesen, die sich im Rahmen der von den jeweiligen ärztlichen Weiterbildungsordnungen gestellten Anforderungen an die Weiterbildungszeit gehalten hätten. Für eine allgemeine militärische Verwendung im Rahmen der Laufbahn als Sanitätsoffizier, etwa als Truppenarzt, sei der Kläger hingegen nicht einsetzbar gewesen.
- 4
-
2. Die Beschwerde sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in der Frage,
-
„ob Zeiten einer Fortbildung zum Facharzt oder einer Fortbildung, die zum Führen einer Zusatzbezeichnung berechtigt, hinsichtlich der Ausbildung zum Humanmediziner als Abdienstzeit anerkannt werden können oder diese, also den zehnjährigen Zeitraum, hemmen."
- 5
-
Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr., u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage vermag die Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen, weil der Begriff der Dienstzeit i.S.v. § 46 Abs. 3 SG 1995 in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits im Sinne des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs geklärt und die neuerliche grundsätzliche Bedeutung dieser Frage nicht dargelegt ist.
- 6
-
Durch das Gesetz zur Änderung des Wehrrechts und des Zivildienstrechts vom 24. Februar 1983 (BGBl I S. 179) ist mit § 49 Abs. 4 SG die Pflicht zur Erstattung von Ausbildungskosten wieder eingeführt worden (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 9/1879, S. 17). Die früher in § 46 Abs. 4 SG bestehende Erstattungspflicht (in der Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes vom 10. Januar 1968, BGBl I S. 56) war Ende 1977 wegen der gleichzeitig in Kraft getretenen Änderung der Regelungen über die Entlassung von Berufssoldaten aufgehoben worden (Art. 1 Nr. 1 Buchst. a und b des Zwölften Gesetz zur Änderung des Soldatengesetzes vom 23. Dezember 1977, BGBl I S. 3114), weil sie nicht mehr erforderlich war. Denn Berufssoldaten, deren militärischer Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, konnten nach der ab dem 1. Januar 1978 geltenden Rechtslage ihre Entlassung - bis auf besondere Härtefälle - erst nach einer Dienstzeit, die der dreifachen Dauer des Studiums oder Fachausbildung entsprach, längstens nach zehn Jahren, verlangen und mussten damit ihre Ausbildung abdienen.
- 7
-
Die Erstattungspflicht dient nicht primär dem Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Beklagten, indem verhindert werden soll, dass ein Berufssoldat die Kenntnisse und Fähigkeiten, die ihm das Studium oder die Fachausbildung vermittelt haben, unentgeltlich im zivilen Berufsleben verwertet. Die Regelungen über die Entlassung von Berufssoldaten wie über die Erstattungspflicht sollen vielmehr die Personalplanung und damit die Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr sicherstellen. Durch unterschiedlich ausgestaltete Sanktionen soll dem vorzeitigen Ausscheiden von besonders ausgebildeten und deswegen in ihrer Funktion nicht ohne Weiteres zu ersetzenden Berufssoldaten aus der Bundeswehr wirksam entgegengewirkt werden, um die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr zu sichern. Die Kostenerstattungspflicht ist dabei lediglich ein Mittel, um dieses eigentliche, für die gesamte staatliche Gemeinschaft bedeutsame Ziel zu erreichen (BVerfG, Beschluss vom 22. Januar 1975 - 2 BvL 51/71 und 10, 14/73 - BVerfGE 39, 128 <141 ff.>, BVerwG, Urteile vom 11. Februar 1977 - BVerwG 6 C 135.74 - BVerwGE 52, 84 <88>, vom 21. April 1982 - BVerwG 6 C 3.81 - BVerwGE 65, 203 <205 ff.> und vom 25. März 1987 - BVerwG 6 C 87.84 - Buchholz 236.1 § 46 SG Nr. 17 S. 7 m.w.N.).
- 8
-
Aus diesem Sanktionscharakter auch der Erstattungspflicht leitet sich ab, dass der Begriff der sich an das Studium oder die Fachausbildung anschließenden Dienstzeit i.S.v. § 49 Abs. 4 i.V.m. § 46 Abs. 3 SG 1995 auf diejenigen Zeiträume beschränkt ist, in denen der Berufssoldat die durch das Studium oder die Fachausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten dem Dienstherrn (Bundeswehr) uneingeschränkt zur Verfügung gestellt hat, ohne sich dadurch zugleich im Rahmen einer gesonderten Fachausbildung weiterbilden zu wollen oder zu sollen. Dies trifft selbst auf die Tätigkeit eines Sanitätsoffiziers in einem Bundeswehrkrankenhaus, durch die ihm fachärztliche Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, nicht zu, mag er dabei auch den üblichen Dienst eines Klinikarztes verrichtet haben (BVerwG, Urteil vom 25. März 1987 a.a.O. m.w.N.).
- 9
-
Zwar kann eine bereits revisionsgerichtlich geklärte Rechtsfrage wieder im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO klärungsbedürftig werden. Das setzt aber voraus, dass neue Gesichtspunkte von Gewicht vorgebracht werden, die die bisherige Rechtsprechung in Frage stellen und eine erneute revisionsgerichtliche Entscheidung geboten erscheinen lassen (Beschluss vom 25. November 1992 - BVerwG 6 B 27.92 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 306 S. 224 m.w.N.). Dies ist der Beschwerdebegründung des Klägers nicht zu entnehmen. Insbesondere setzt sie sich nicht mit dem maßgeblichen Aspekt auseinander, dass die vom Gesetzgeber unverändert vorgesehene Erstattungspflicht als Sanktion Berufssoldaten im Interesse der Einsatzfähigkeit der Bundeswehr vom Antrag auf Entlassung aus dem auf Dauer angelegten Berufssoldatenverhältnis abhalten soll.
- 10
-
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG.
(1) Ein Berufssoldat ist entlassen, wenn er die Eigenschaft als Deutscher im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes verliert. Das Bundesministerium der Verteidigung entscheidet darüber, ob diese Voraussetzung vorliegt, und stellt den Tag der Beendigung des Dienstverhältnisses fest.
(2) Ein Berufssoldat ist zu entlassen,
- 1.
wenn er aus einem der in § 38 genannten Gründe nicht hätte ernannt werden dürfen und das Hindernis noch fortbesteht, - 2.
wenn er seine Ernennung durch Zwang, arglistige Täuschung oder Bestechung herbeigeführt hat, - 3.
wenn sich herausstellt, dass er vor seiner Ernennung eine Straftat begangen hat, die ihn der Berufung in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten unwürdig erscheinen lässt, und er deswegen zu einer Strafe verurteilt war oder wird, - 4.
wenn er sich weigert, den Eid abzulegen, - 5.
wenn er zur Zeit der Ernennung Mitglied des Europäischen Parlaments, des Bundestages oder eines Landtages war und nicht innerhalb der vom Bundesministerium der Verteidigung gesetzten angemessenen Frist sein Mandat niederlegt, - 6.
wenn in den Fällen des § 44 Abs. 1 bis 3 die Voraussetzungen des § 44 Abs. 5 nicht erfüllt sind, - 7.
wenn er als Kriegsdienstverweigerer anerkannt ist; diese Entlassung gilt als Entlassung auf eigenen Antrag, oder - 8.
wenn er ohne Genehmigung des Bundesministeriums der Verteidigung seinen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes nimmt.
(3) Der Berufssoldat kann jederzeit seine Entlassung verlangen; soweit seine militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, gilt dies jedoch erst nach einer sich daran anschließenden Dienstzeit, die der dreifachen Dauer des Studiums oder der Fachausbildung entspricht, längstens nach zehn Jahren. In einer Rechtsverordnung kann für bestimmte Verwendungen wegen der Höhe der mit dem Studium oder der Fachausbildung verbundenen Kosten oder auf Grund sonstiger studien- oder ausbildungsbedingter Besonderheiten eine längere als die dreifache Dauer bestimmt werden; die in Satz 1 genannte Höchstdauer darf nicht überschritten werden.
(3a) Ein Berufssoldat ist entlassen, wenn er zum Beamten ernannt wird. Die Entlassung gilt als solche auf eigenen Antrag. Satz 1 gilt nicht, wenn der Berufssoldat
- 1.
in ein Beamtenverhältnis als Ehrenbeamter oder - 2.
als Professor, Juniorprofessor, wissenschaftlicher oder künstlerischer Mitarbeiter an einer nach Landesrecht staatlich anerkannten oder genehmigten Hochschule, deren Personal im Dienste des Bundes steht, in ein Beamtenverhältnis auf Zeit
(4) Hat der Berufssoldat Elternzeit nach § 28 Abs. 7 im Anschluss an ein Studium oder eine Fachausbildung in Anspruch genommen, verlängert sich die Dienstzeit nach Absatz 3 um diese Zeit entsprechend, soweit das Studium oder die Fachausbildung mehr als sechs Monate gedauert hat; die Höchstdauer von zehn Jahren bleibt unberührt. Gleiches gilt für einen Berufssoldaten, der eine Teilzeitbeschäftigung nach § 30a in Anspruch genommen hat; die Dienstzeit nach Absatz 3 verlängert sich um die Differenz der Teilzeitbeschäftigung zur Vollzeitbeschäftigung.
(5) Der Berufsoffizier kann auch dann, wenn er weder ein Studium noch eine Fachausbildung erhalten hat, seine Entlassung erst nach Ende des sechsten Dienstjahres als Offizier verlangen.
(6) Vor Ablauf der in den Absätzen 3, 4 und 5 genannten Dienstzeiten ist der Berufssoldat auf seinen Antrag zu entlassen, wenn das Verbleiben im Dienst für ihn wegen persönlicher, insbesondere häuslicher, beruflicher oder wirtschaftlicher Gründe eine besondere Härte bedeuten würde.
(7) Das Verlangen auf Entlassung muss dem Disziplinarvorgesetzten schriftlich erklärt werden. Die Erklärung kann, solange die Entlassungsverfügung dem Soldaten noch nicht zugegangen ist, innerhalb zweier Wochen nach Zugang bei dem Disziplinarvorgesetzten zurückgenommen werden, mit Zustimmung der für die Entlassung zuständigen Stelle auch nach Ablauf dieser Frist. Die Entlassung ist für den beantragten Zeitpunkt auszusprechen; sie kann jedoch so lange hinausgeschoben werden, bis der Berufssoldat seine dienstlichen Obliegenheiten ordnungsgemäß erledigt hat, längstens drei Monate.
(8) Ein Leutnant kann in Ausnahmefällen bis zum Ende des dritten Dienstjahres als Offizier, spätestens vor dem Ende des zehnten Jahres der Gesamtdienstzeit in der Bundeswehr, wegen mangelnder Eignung als Berufsoffizier entlassen werden. Die in diesen Fällen zu gewährende Dienstzeitversorgung regelt das Soldatenversorgungsgesetz.
(1) Mit der Beendigung seines Dienstverhältnisses durch Zeitablauf nach § 54 Abs. 1, durch Entlassung nach § 55 oder durch Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 endet die Zugehörigkeit des Soldaten auf Zeit zur Bundeswehr.
(2) Mit der Entlassung entsprechend dem § 46 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 und 8 und nach § 55 Abs. 5 sowie mit dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit verliert der Soldat seinen Dienstgrad.
(3) Nach dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit und, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach der Entlassung hat der frühere Soldat auf Zeit keinen Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung mit Ausnahme der Beschädigtenversorgung.
(4) Ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, muss die Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten, wenn er
- 1.
auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag entlassen gilt, - 2.
seine Entlassung nach § 55 Absatz 4 vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, - 3.
nach § 55 Absatz 5 entlassen worden ist, - 4.
seine Rechtsstellung verloren hat oder - 5.
durch Urteil in einem gerichtlichen Disziplinarverfahren aus dem Dienstverhältnis entfernt worden ist.
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. Juli 2013 wird zurückgewiesen.
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Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
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Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 78 258,95 € festgesetzt.
Gründe
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Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde ist unbegründet.
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1. Der 1966 geborene Kläger stand bis zu seiner Entlassung als Berufssoldat im Rang eines Oberstabsarztes im Dienst der Beklagten. Für das sechs Jahre dauernde Studium der Humanmedizin war der Kläger vom militärischen Dienst freigestellt. Nach der Ablegung der ärztlichen Prüfung absolvierte der Kläger mehrere Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen in den Bereichen Strahlenschutz, Innere Medizin, Notfallmedizin, Allgemeinmedizin und Endoskopie. Nachdem der Freistaat Bayern den Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum akademischen Rat zur Anstellung ernannt hatte, entließ die Beklagte den Kläger mit Ablauf des 14. März 2006. Die Beklagte verpflichtete den Kläger zur Erstattung des ihm während seines Medizinstudiums gewährten Ausbildungsgeldes in Höhe von 78 317,44 €. Der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht stattgegeben. Demgegenüber hat der Verwaltungsgerichtshof die Verpflichtung des Klägers zur Erstattung des Ausbildungsgeldes grundsätzlich als rechtmäßig angesehen und den Bescheid lediglich in Höhe eines Betrages von 58,49 € aufgehoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:
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Da sich der Kläger vom Freistaat zum Beamten habe ernennen lassen, gelte die darauf zurückzuführende Entlassung aus dem Berufssoldatenverhältnis nach § 125 Abs. 1 Satz 3 BRRG als Entlassung auf Antrag. Zum Zeitpunkt der Entlassung am 15. März 2006 sei die für den Kläger maßgebliche Abdienzeit des § 46 Abs. 3 des Soldatengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1995 (- SG 1995-, BGBl I S. 1737) von zehn Jahren nach dem Ende des Studiums, d.h. dem Tag der Ablegung der ärztlichen Prüfung am 9. Oktober 1992, noch nicht abgelaufen gewesen, so dass er nach § 49 Abs. 4 Satz 2 SG 1995 das Ausbildungsgeld zu erstatten habe. Von seiner Abdienzeit von zehn Jahren (3 600 Tage) habe der Kläger bis zu seiner Entlassung aus dem Soldatenverhältnis lediglich 1 362 Tage abgedient. Wegen seiner ärztlichen Weiterbildung sowohl zum praktischen Arzt als auch zum Facharzt Innere Medizin/Gastroenterologie, die der Kläger außerhalb von Bundeswehreinrichtungen teils in einer zivilen Arztpraxis teils an einer Universitätsklinik absolvierte, habe er der Bundeswehr nicht uneingeschränkt zur Verfügung gestanden. Auch die Zeit, die der Kläger im Rahmen der Weiterbildung als Assistenzarzt in einem Bundeswehrkrankenhaus tätig gewesen sei, zähle nicht zur Abdienzeit. Denn der Kläger sei in dieser Zeit nur für solche ärztliche Tätigkeiten verwendbar gewesen, die sich im Rahmen der von den jeweiligen ärztlichen Weiterbildungsordnungen gestellten Anforderungen an die Weiterbildungszeit gehalten hätten. Für eine allgemeine militärische Verwendung im Rahmen der Laufbahn als Sanitätsoffizier, etwa als Truppenarzt, sei der Kläger hingegen nicht einsetzbar gewesen.
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2. Die Beschwerde sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in der Frage,
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„ob Zeiten einer Fortbildung zum Facharzt oder einer Fortbildung, die zum Führen einer Zusatzbezeichnung berechtigt, hinsichtlich der Ausbildung zum Humanmediziner als Abdienstzeit anerkannt werden können oder diese, also den zehnjährigen Zeitraum, hemmen."
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Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr., u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage vermag die Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen, weil der Begriff der Dienstzeit i.S.v. § 46 Abs. 3 SG 1995 in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits im Sinne des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs geklärt und die neuerliche grundsätzliche Bedeutung dieser Frage nicht dargelegt ist.
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Durch das Gesetz zur Änderung des Wehrrechts und des Zivildienstrechts vom 24. Februar 1983 (BGBl I S. 179) ist mit § 49 Abs. 4 SG die Pflicht zur Erstattung von Ausbildungskosten wieder eingeführt worden (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 9/1879, S. 17). Die früher in § 46 Abs. 4 SG bestehende Erstattungspflicht (in der Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes vom 10. Januar 1968, BGBl I S. 56) war Ende 1977 wegen der gleichzeitig in Kraft getretenen Änderung der Regelungen über die Entlassung von Berufssoldaten aufgehoben worden (Art. 1 Nr. 1 Buchst. a und b des Zwölften Gesetz zur Änderung des Soldatengesetzes vom 23. Dezember 1977, BGBl I S. 3114), weil sie nicht mehr erforderlich war. Denn Berufssoldaten, deren militärischer Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, konnten nach der ab dem 1. Januar 1978 geltenden Rechtslage ihre Entlassung - bis auf besondere Härtefälle - erst nach einer Dienstzeit, die der dreifachen Dauer des Studiums oder Fachausbildung entsprach, längstens nach zehn Jahren, verlangen und mussten damit ihre Ausbildung abdienen.
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Die Erstattungspflicht dient nicht primär dem Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Beklagten, indem verhindert werden soll, dass ein Berufssoldat die Kenntnisse und Fähigkeiten, die ihm das Studium oder die Fachausbildung vermittelt haben, unentgeltlich im zivilen Berufsleben verwertet. Die Regelungen über die Entlassung von Berufssoldaten wie über die Erstattungspflicht sollen vielmehr die Personalplanung und damit die Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr sicherstellen. Durch unterschiedlich ausgestaltete Sanktionen soll dem vorzeitigen Ausscheiden von besonders ausgebildeten und deswegen in ihrer Funktion nicht ohne Weiteres zu ersetzenden Berufssoldaten aus der Bundeswehr wirksam entgegengewirkt werden, um die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr zu sichern. Die Kostenerstattungspflicht ist dabei lediglich ein Mittel, um dieses eigentliche, für die gesamte staatliche Gemeinschaft bedeutsame Ziel zu erreichen (BVerfG, Beschluss vom 22. Januar 1975 - 2 BvL 51/71 und 10, 14/73 - BVerfGE 39, 128 <141 ff.>, BVerwG, Urteile vom 11. Februar 1977 - BVerwG 6 C 135.74 - BVerwGE 52, 84 <88>, vom 21. April 1982 - BVerwG 6 C 3.81 - BVerwGE 65, 203 <205 ff.> und vom 25. März 1987 - BVerwG 6 C 87.84 - Buchholz 236.1 § 46 SG Nr. 17 S. 7 m.w.N.).
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Aus diesem Sanktionscharakter auch der Erstattungspflicht leitet sich ab, dass der Begriff der sich an das Studium oder die Fachausbildung anschließenden Dienstzeit i.S.v. § 49 Abs. 4 i.V.m. § 46 Abs. 3 SG 1995 auf diejenigen Zeiträume beschränkt ist, in denen der Berufssoldat die durch das Studium oder die Fachausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten dem Dienstherrn (Bundeswehr) uneingeschränkt zur Verfügung gestellt hat, ohne sich dadurch zugleich im Rahmen einer gesonderten Fachausbildung weiterbilden zu wollen oder zu sollen. Dies trifft selbst auf die Tätigkeit eines Sanitätsoffiziers in einem Bundeswehrkrankenhaus, durch die ihm fachärztliche Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, nicht zu, mag er dabei auch den üblichen Dienst eines Klinikarztes verrichtet haben (BVerwG, Urteil vom 25. März 1987 a.a.O. m.w.N.).
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Zwar kann eine bereits revisionsgerichtlich geklärte Rechtsfrage wieder im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO klärungsbedürftig werden. Das setzt aber voraus, dass neue Gesichtspunkte von Gewicht vorgebracht werden, die die bisherige Rechtsprechung in Frage stellen und eine erneute revisionsgerichtliche Entscheidung geboten erscheinen lassen (Beschluss vom 25. November 1992 - BVerwG 6 B 27.92 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 306 S. 224 m.w.N.). Dies ist der Beschwerdebegründung des Klägers nicht zu entnehmen. Insbesondere setzt sie sich nicht mit dem maßgeblichen Aspekt auseinander, dass die vom Gesetzgeber unverändert vorgesehene Erstattungspflicht als Sanktion Berufssoldaten im Interesse der Einsatzfähigkeit der Bundeswehr vom Antrag auf Entlassung aus dem auf Dauer angelegten Berufssoldatenverhältnis abhalten soll.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG.
(1) Die Zugehörigkeit des Berufssoldaten zur Bundeswehr endet mit der Beendigung seines Dienstverhältnisses durch Entlassung nach § 46 oder durch Verlust seiner Rechtsstellung als Berufssoldat nach § 48.
(2) In den Fällen des § 46 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 und 8 und des § 48 verliert der Soldat seinen Dienstgrad.
(3) Nach dem Verlust seiner Rechtsstellung als Berufssoldat und nach der Entlassung hat der frühere Berufssoldat keinen Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung mit Ausnahme der Beschädigtenversorgung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.
(4) Ein früherer Berufssoldat, der vor Ablauf der nach § 46 Abs. 3 sich bestimmenden Mindestdienstzeit
- 1.
auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag entlassen gilt, - 2.
seine Entlassung nach § 46 Abs. 8 vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, - 3.
seine Rechtsstellung verloren hat oder - 4.
durch Urteil in einem gerichtlichen Disziplinarverfahren aus dem Dienstverhältnis entfernt worden ist,
(5) Einem entlassenen Berufssoldaten kann das Bundesministerium der Verteidigung die Erlaubnis erteilen, seinen Dienstgrad mit dem Zusatz "außer Dienst (a. D.)" zu führen. Die Erlaubnis ist zurückzunehmen, wenn der frühere Berufssoldat sich ihrer als nicht würdig erweist. Das Bundesministerium der Verteidigung kann seine Zuständigkeit auf andere Stellen übertragen.
(1) Mit der Beendigung seines Dienstverhältnisses durch Zeitablauf nach § 54 Abs. 1, durch Entlassung nach § 55 oder durch Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 endet die Zugehörigkeit des Soldaten auf Zeit zur Bundeswehr.
(2) Mit der Entlassung entsprechend dem § 46 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 und 8 und nach § 55 Abs. 5 sowie mit dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit verliert der Soldat seinen Dienstgrad.
(3) Nach dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit und, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach der Entlassung hat der frühere Soldat auf Zeit keinen Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung mit Ausnahme der Beschädigtenversorgung.
(4) Ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, muss die Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten, wenn er
- 1.
auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag entlassen gilt, - 2.
seine Entlassung nach § 55 Absatz 4 vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, - 3.
nach § 55 Absatz 5 entlassen worden ist, - 4.
seine Rechtsstellung verloren hat oder - 5.
durch Urteil in einem gerichtlichen Disziplinarverfahren aus dem Dienstverhältnis entfernt worden ist.
Tenor
Ziffer 3. des Bescheides des Personalamtes der Bundeswehr vom 17. November 2010 und der Widerspruchsbescheid vom 21. November 2012 werden aufgehoben, soweit Stundungszinsen von mehr als 1,5 vom Hundert festgesetzt werden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 5/6 und die Beklagte zu 1/6.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 20. Februar 1979 geborene Kläger stand als Soldat auf Zeit, zuletzt mit dem Dienstgrad eines Stabsarztes, im Dienst der Beklagten. Am 1. Oktober 1998 trat er als Wehrpflichtiger in die Bundeswehr ein. Durch schriftliche Erklärung vom 4. Juni 1999 verpflichtete er sich, 18 Jahre Wehrdienst zu leisten. Die Erklärung enthält außerdem das Einverständnis, als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen zu werden, sowie folgende Passage:
3„Im Übrigen ist mir bekannt, dass ich nach § 56 Abs. 4 des Soldatengesetzes verpflichtet bin, das Ausbildungsgeld, das ich während meiner Beurlaubung zum Studium erhalten habe, zurückzuzahlen, wenn ich
4a) aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit auf eigenen Antrag entlassen werde …“.
5Durch Urkunde vom 10. Juni 1999 wurde der Kläger in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen. Durch Bescheid vom 10. Juni 1999 setzte das Personalamt der Bundeswehr (Personalamt) die Dienstzeit zunächst auf 5 Jahre fest. Durch Bescheid vom 17. April 2002 wurde die Dienstzeit auf 18 Jahre festgesetzt (Dienstende: 30. September 2016).
6Der Kläger wurde wie folgt befördert:
7Am 1. Januar 1999 zum Gefreiten,
8am 1. April 1999 zum Obergefreiten (A 3),
9am 1. Oktober 1999 zum Seekadett (A 5),
10am 1. Juli 2000 zum Fähnrich zur See (A 7),
11am 1. April 2002 zum Oberfähnrich zur See (A 8 Z),
12am 1. Mai 2004 zum Leutnant zur See (A 9),
13am 31. Mai 2006 zum Stabsarzt (A 13).
14Durch Bescheid vom 25. Februar 2000 beurlaubte das Personalamt den Kläger für die Zeit vom 4. April 2000 zum Studium der Medizin unter Fortfall der Geld- und Sachbezüge gemäß § 11 Soldatenurlaubsverordnung (SUV). In dem Bescheid heißt es u. a.: „Während der Beurlaubungszeit haben Sie Anspruch auf die Zahlung von Ausbildungsgeld …. . Bezüglich der eventuellen Erstattung des gewährten Ausbildungsgeldes verweise ich auf die anläßlich Ihrer Einstellung bzw. Übernahme durchgeführte Belehrung.“
15Unter dem 17. Mai 2006 erteilte das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung Rheinland-Pfalz dem Kläger die Approbation als Arzt. Am 31. Mai 2006 begann der Kläger seine Facharztausbildung als Internist am Bundeswehrkrankenhaus V. . Am 1. Juni 2008 wurde er an das Sanitätszentrum W. versetzt.
16Am 15. Oktober 2008 ernannte der Rektor der Universität Duisburg-Essen den Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit zum Akademischen Rat. Seit Februar 2012 war der Kläger beurlaubt, um als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der University of D. T. E. (USA) tätig zu sein.
17Durch Schreiben vom 11. Mai 2009 wies das Personalamt den Kläger darauf hin, dass er gemäß § 56 Abs. 4 SG zur Erstattung des gezahlten Ausbildungsgeldes und der entstandenen Fachausbildungskosten heranzuziehen sei, da er durch die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit gemäß § 125 BRRG mit Ablauf des 14. Oktober 2008 aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit entlassen worden sei; die Entlassung gelte als eine solche auf eigenen Antrag. Im Schreiben vom 13. August 2010 bezifferte das Personalamt das Ausbildungsgeld mit 128.085,21 Euro und die Fachausbildungskosten mit 17.685,78 Euro. Der Kläger legte daraufhin die formularmäßige Erklärung über seine wirtschaftlichen Verhältnisse vom 15. September 2010 vor. Die Ehefrau des Klägers ist als ehemalige Stabsärztin einer Rückforderung von Ausbildungskosten in Höhe von 139.430,34 Euro ausgesetzt, die Gegenstand des Klageverfahrens 1 K 1786/13 ist.
18Durch Bescheid vom 17. November 2010 forderte das Personalamt den Kläger zur Erstattung des Ausbildungsgeldes und der Fachausbildungskosten in Höhe von 141.456,94 Euro auf (Ziffer 1.), gewährte eine verzinsliche Stundung durch Einräumung von monatlichen Raten in Höhe von 640 Euro (Ziffer 2.) und setzte eine Verzinsung in Höhe von 4 vom Hundert ab 3. Januar 2011 fest (Ziffer 3.). Gemäß Ziffer 4. des Bescheides wird die verzinsliche Stundung im Hinblick auf eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers jährlich überprüft. Zur Prüfung eines Härtefalles machte die Beklagte geltend, dass der Kläger eine Abdienzeit von lediglich 133 Tagen aufzuweisen habe; die Fachausbildungszeiten würden nicht als Abdienzeit gelten, weil er dem Dienstherrn während dieser Zeiten nicht zur freien Verfügung gestanden habe. Wegen der 133 Tage Abdienzeit werde die Rückforderung des Ausbildungsgeldes um 4.252,43 Euro auf 123.832,78 Euro reduziert. Der besonderen Härte der grundsätzlich gebotenen sofortigen Erstattung in Höhe von 141.456,94 Euro werde durch den teilweisen Verzicht und die Stundung mit Ratenzahlungsregelung Rechnung getragen.
19Mit Schreiben vom 10. Dezember 2010 legte der Kläger Widerspruch ein und machte zur Begründung geltend, die Erstattungspflicht bestehe nicht, weil die Verpflichtungserklärung nicht wirksam sei. Eine Verpflichtungszeit von 18 Jahren sei verfassungswidrig; dies folge aus Art. 3 Abs. 1 GG. Bei Berufssoldaten bestehe gemäß § 46 Abs. 3 SG lediglich eine Bindung von 10 Jahren. Die Bindung von 18 Jahren für Zeitsoldaten stelle im Vergleich dazu eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung dar. Abgesehen davon verstoße eine derart lange Verpflichtungszeit gegen Art. 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 GG. Die Wirksamkeit einer Verpflichtung auf 18 Jahre unterstellt, sei jedenfalls die Erstattungsregelung des § 56 Abs. 4 Satz 1 und 2 SG wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig.
20Es liege kein Fall der Entlassung im Sinne von § 56 Abs. 4 SG a. F. vor, weil der Kläger einen Entlassungsantrag nicht gestellt habe. Vielmehr gelte er kraft Gesetzes (§ 125 Abs. 1 Satz 2 BRRG a. F.) als entlassen. Gemäß § 97 SG sei diese alte, bis 18. Dezember 2000 geltende Fassung des § 56 Abs. 4 SG auf den Kläger anzuwenden.
21Abgesehen davon sei die Härteklausel des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG ermessensfehlerhaft angewendet worden. Dem Kläger sei im Ergebnis so viel zu belassen, dass eine Alimentierung in verfassungskonformer Höhe bestehen bleibe; er dürfe nicht so gestellt werden, als sei er besoldungstechnisch nie Soldat gewesen. Schließlich liege eine besondere Härte vor, weil die Rückforderungsverpflichtung zeitlich nicht begrenzt sei. Denn die Rückzahlungsdauer erstrecke sich einschließlich der Zinsleistung auf mindestens 25 Jahre. Bei richtiger Ausübung des Ermessens hätte insbesondere auf eine Verzinsung gänzlich verzichtet werden müssen.
22Die Abdienquote sei fehlerhaft berechnet worden; die Zeiten der Fachausbildung hätten berücksichtigt werden müssen, da er während der Weiterbildung Arbeit im Rahmen der vorgesehenen Verwendung als Arzt geleistet habe.
23Die Beklagte habe ermessensfehlerhaft nicht beachtet, dass die maßgeblichen Umstände, die ihn zum Wechsel in das Zivilbeamtenverhältnis veranlasst hätten, in ihrer Sphäre gelegen hätten. Angesichts der bekannten Unzulänglichkeiten des Sanitätsdienstes der Bundeswehr habe er die ihm in Aussicht gestellte Möglichkeit einer beruflichen Selbstverwirklichung nicht in einem Mindestmaß realisieren können.
24Die Höhe der Rückforderung begegne ebenfalls Bedenken. Dies gelte zunächst für die Rückforderung der Bruttobeträge anstelle der vom Kläger lediglich erhaltenen Nettobeträge. Außerdem fehle es an einer Rechtsgrundlage für die Rückforderung der Weiterbildungskosten.
25Durch Widerspruchsbescheid vom 21. November 2012, zugestellt am 27. November 2012, wies das Personalamt den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte es aus, die Ernennung zum Beamten stelle bereits nach der alten Fassung des § 56 Abs. 4 SG eine Entlassung auf eigenen Antrag dar. Die Gesetzesänderung habe nur klarstellenden Charakter. Eine zeitliche Begrenzung der Ratenzahlungsverpflichtung komme nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur in Fällen der Entlassung aus Gewissensgründen in Betracht. Selbst wenn im vorliegenden Fall darüber nachgedacht werden müsse, wäre sie hier nicht einzuräumen. Eine durch die Erstattungspflicht ausgelöste wirtschaftliche Knebelung auf unabsehbare Zeit sei nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Sonstige Gründe, an der Recht- und Zweckmäßigkeit des Ausgangsbescheides zu zweifeln, bestünden nicht.
26Der Kläger hat am 21. Dezember 2012 Klage erhoben. Er wiederholt sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und trägt ergänzend vor, eine zeitliche Begrenzung der Rückzahlungsverpflichtung komme nicht nur für Kriegsdienstverweigerer in Betracht. Eine wirtschaftliche Knebelung liege bei ihm vor, weil deutlich mehr als zwei Drittel seines verbleibenden Berufslebens davon betroffen sei. Bei einer Monatsrate von 640 Euro sei die Hauptforderung mehr als 18 Jahre lang zu bedienen. Bei Einbeziehung der Zinsen müsse er länger als 25 Jahre zahlen.
27Der Kläger beantragt,
28den Bescheid des Personalamtes der Bundeswehr vom 17. November 2010 und den Widerspruchsbescheid vom 21. November 2012 aufzuheben.
29Der Beklagte beantragt,
30die Klage abzuweisen.
31Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angegriffenen Bescheide.
32Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Akte des Verfahrens 1 K 1786/13, der Personalakte des Klägers und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
33Entscheidungsgründe:
34Die zulässige Klage ist nur im Hinblick auf einen Teil der Stundungszinsen begründet; im Wesentlichen ist sie unbegründet.
35Der Bescheid vom 17. November 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides ist abgesehen von den in Ziffer 3. geregelten, über 1,5 vom Hundert hinausgehenden Stundungszinsen rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
36Der Kläger ist nach § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SG verpflichtet, das Ausbildungsgeld und die Kosten der Fachausbildung zu erstatten, weil er durch die Ernennung zum Zeitbeamten als auf eigenen Antrag aus dem Soldatenverhältnis auf Zeit entlassen gilt (§ 125 BRRG a. F., nunmehr § 55 Abs. 1 SG in Verbindung mit § 46 Abs. 3a SG).
37Vgl. zur Verfassungsmäßigkeit – insbesondere im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 3, Art. 12 Abs. 1 und Art. 33 Abs. 5 GG – der Regelungen über die Verpflichtungszeit, die Entlassung und die Kostenerstattung: BVerfG, Beschluss vom 22. Januar 1975 – 2 BvL 51/71 – BVerfGE 39, 128 und juris; BVerwG, Urteil vom 21. April 1982 – 6 C 3.81 - juris; Beschluss vom 22. Juli 1999 – 1 WB 12.99 – juris; OVG NRW, Urteile vom 16. August 1996 – 12 A 2476/94 – juris, und vom 30. September 1999 – 12 A 1828/98 – juris; VG Gießen, Urteil vom 5. November 2012 – 5 K 785/11.GI – juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. September 2014 – 1 K 623/13 – nrwe; Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Auflage, § 56 SG, Rn. 17.
38Auch nach der alten Fassung des § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SG ist der Tatbestand erfüllt. Denn der Antrag auf Ernennung zum Zeitbeamten, der die mittelbare Folge einer Entlassung kraft Gesetzes auslöst, kann als Antrag auf Entlassung aus dem Soldatenverhältnis aufgefasst werden. Dies ist bereits mit dem Wortlaut der alten Fassung vereinbar und erst recht mit deren Zweck, ein vom Soldaten aus eigener Initiative herbeigeführtes vorzeitiges Ausscheiden aus dem Soldatenverhältnis finanziell zu sanktionieren. Insoweit hat die Änderung des § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SG lediglich klarstellende Bedeutung. Deshalb kommt es im vorliegenden Fall nicht darauf an, ob auf den Kläger noch die alte Fassung des § 56 Abs. 4 SG anzuwenden ist (vgl. § 97 Abs. 1 SG).
39Die Erstattungspflicht erfasst nicht nur das während des Medizinstudiums gezahlte Ausbildungsgeld, sondern auch die Kosten der Facharztausbildung, weil der Kläger während dieser Zeit dem Dienstherrn nicht uneingeschränkt – etwa auch für Auslandseinsätze - zur Verfügung stand.
40BVerwG, Beschlüsse vom 14. Mai 2014 – 2 B 96.13 – juris, Rn. 8, und vom 28. September 1983 – 6 B 13.83 – juris, Urteil vom 21. April 1982 – 6 C 3.81 – juris, Rn. 28; OVG NRW, Urteil vom 30. September 1999 – 12 A 1828/98 –juris, Rn. 27 und 48; Bay. VGH, Urteil vom 4. Juli 2013 – 6 BV 12.19 – juris, Rn. 37; VG Gießen, Urteil vom 5. November 2012 – 5 K 785/11. GI – juris, Rn. 28ff.; a. A. VG Ansbach, Urteil vom 22. November 2011 – AN 15 K 11.00904 – juris, Rn. 42.
41Aus dieser Bewertung folgt zugleich, dass die Facharztausbildung nicht als „Abdienzeit“ im Rahmen der besonderen Härte (§ 56 Abs. 4 Satz 3 SG) berücksichtigungsfähig ist.
42Nach der für Zeitsoldaten geltenden Regelung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG (vgl. für Berufssoldaten § 49 Abs. 4 Satz 3 SG) kann auf die Erstattung ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn sie für den früheren Soldaten eine besondere Härte bedeuten würde. Diese Koppelungsvorschrift setzt als Tatbestandsmerkmal das Vorliegen einer atypischen besonderen Härte voraus. Wenn eine solche Härte gegeben ist, muss sich eine Ermessensentscheidung des Dienstherrn anschließen.
43Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 - BVerwGE 52, 84, 93.
44Für den Kläger bedeutet die durch den angefochtenen Bescheid ihm auferlegte Erstattungspflicht – abgesehen von den über 1,5 vom Hundert hinausgehenden Stundungszinsen - keine besondere Härte. In der vorliegenden Konstellation bedarf es keiner Klärung, in welchem Verhältnis die Gründe, die eine besondere Härte bei der Entlassung eines Zeitsoldaten gemäß § 55 Abs. 3 SG ausmachen können, zu der besonderen Härte bei der Erstattungspflicht des § 56 Abs. 4 SG stehen.
45Vgl. OVG NRW, Urteile vom 16. August 1996– 12 A 2476/94 - und vom 30. September 1999- 12 A 1828/98 - juris; Walz/Eichen/Sohm, § 56 SG,Rn. 22.
46Für den Fall der Entlassung wegen einer Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer ist es anerkannt, dass dieser Entlassungsgrund, der wegen Art. 4 Abs. 3 GG eine besondere Härte im Sinn von § 55 Abs. 3 SG darstellt, zugleich eine besondere Härte im Sinn des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG begründet. In dieser Konstellation ist § 56 Abs. 4 Satz 3 SG verfassungskonform (Art. 4 Abs. 3 GG) dahin auszulegen, dass die Erstattungspflicht eine besondere Härte darstellt, die zu Ermessenserwägungen über den vollständigen oder teilweisen Verzicht auf einen Ausgleich der Ausbildungskosten zwingt.
47BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 18.05 – juris, Scherer/Alf/Poretschkin, Soldatengesetz, 9. Auflage, § 49 SG, Rn. 10.
48Beim Kläger liegt eine besondere Härte im Sinne des § 55 Abs. 3 SG nicht vor. Der Übertritt in das Beamtenverhältnis auf Zeit stellt sich vielmehr als eine aus allgemeinen beruflichen und wirtschaftlichen Gründen motivierte Entscheidung dar, die keine Atypik aufweist. Die vom Kläger im vorliegenden Zusammenhang noch geltend gemachte mangelnde berufliche Selbstverwirklichung ist kein Gesichtspunkt, der hier Bedeutung erlangt. Angesichts der generell gegebenen Notwendigkeit, sich im Soldatenberuf auf unvorhergesehene Entwicklungen einstellen zu müssen und zur Erfüllung des Verteidigungsauftrags der Bundeswehr beizutragen, rechtfertigen derartige berufliche Erwartungen keinen Vertrauensschutz, zumal der Kläger eine rechtlich verbindliche Zusage in Bezug auf seine Facharztausbildung nicht erhalten hat. Derartige schutzwürdige Erwartungen konnten insbesondere nicht durch das Informationsmaterial erzeugt werden, das der Kläger mit seinem Schriftsatz vom 15. Dezember 2014 vorgelegt hat. In der Information „Weiterbildung, Nebentätigkeit, Beförderungen … in jeder Hinsicht weiterkommen“ heißt es lediglich, dass Sanitätsoffiziere „grundsätzlich“ zum Arzt für Allgemeinmedizin weitergebildet werden und dass sie statt dieser Weiterbildung zu Fachärzten mit anderen Gebietsbezeichnungen weitergebildet werden „können“, wobei dann regelmäßig der Übertritt in das Berufssoldatenverhältnis erfolgt.
49Bei dem Kläger liegt in Bezug auf die Erstattungspflicht eine besondere Härte im Sinn des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten – abgesehen von der Zinshöhe - nicht vor. Unabhängig von eventuellen Härtegründen, die sich aus den Entlassungsumständen - etwa demjenigen der Kriegsdienstverweigerung - ergeben, kann eine besondere Härte durch die wirtschaftlichen Verhältnisse des ehemaligen Zeitsoldaten begründet sein. Die Erstattung darf die wirtschaftliche Existenz des früheren Soldaten nicht gefährden. Sie darf ihn auch nicht in eine wirtschaftliche Notlage bringen und keine dauerhafte wirtschaftliche Knebelung bedeuten. Derartigen Gefahren kann durch eine sachgerechte Anwendung der Härteklausel, die die soziale Lage und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des früheren Soldaten berücksichtigt, begegnet werden. In der Regel kann auch bei einer hohen Erstattungspflicht einer besonderen Härte dadurch abgeholfen werden, dass dem früheren Soldaten Stundung und Ratenzahlung bewilligt werden. Bei der Gewährung von Ratenzahlungen darf die Zahlungspflicht grundsätzlich nicht während des gesamten weiteren Berufslebens des ehemaligen Soldaten andauern, sondern sie muss zeitlich begrenzt sein; diese zeitliche Begrenzung muss bereits im ersten Leistungsbescheid selbst geregelt sein. Denn bereits der Ausgangsbescheid muss das Problem der besonderen Härte bewältigen. Dies gebieten sowohl der Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG), der einen Verweis auf spätere Möglichkeiten des Wiederaufgreifens (§ 51 VwVfG) nicht zulässt, als auch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn (§ 31 Abs. 1 SG).
50Vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Januar 1975 – 2 BvL 51/71 – juris, Rn. 49; BVerwG, Urteile vom 30. März 2006– 2 C 18 und 19.05 – juris, Rn. 24; OVG NRW, Urteil vom 16. August 1996 – 12 A 2476/94 – juris; Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, § 56 SG, Rn. 23.
51Diesen Grundsätzen zur Vermeidung einer besonderen Härte aus wirtschaftlichen Gründen kann die Beklagte in der Regel dadurch entsprechen, dass sie die Verpflichtung zur Zahlung der Tilgungsraten auf einen Zeitraum von zwei Dritteln der Zeit von der Entlassung aus dem Zeitsoldatenverhältnis bis zum Eintritt in das Rentenalter (§ 35 SGB VI) begrenzt. Auch unter Berücksichtigung der nach diesem Zeitraum noch zu zahlenden Stundungszinsen ist dann gewährleistet, dass die Zahlungspflicht – entsprechend der Anforderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts – nicht während des gesamten weiteren Berufslebens andauert, sondern deutlich vor der Vollendung des 67. Lebensjahres endet. Diese zeitliche Grenze trägt dem Umstand Rechnung, dass das Einkommen in der letzten Phase des Berufslebens – möglicherweise anders als in den früheren Phasen – nicht mehr stetig steigt, sondern wegen etwa gesundheitlich bedingter Einschränkungen der Leistungsfähigkeit oder wegen der Inanspruchnahme von Altersteilzeitmodellen sogar sinkt. Außerdem kann sich der verfügbare Teil des Einkommens dadurch verringern, dass der ehemalige Soldat Vorsorge für die eigene Alterssicherung trifft.
52Eine in dieser Weise festgelegte zeitliche Grenze der Tilgungsraten gewährleistet einerseits die Vermeidung einer besonderen Härte auf der Klägerseite und ist andererseits im Interesse der Beklagten flexibel genug, um bei deutlich steigendem Einkommen des ehemaligen Zeitsoldaten eine vollständige Erstattung der gesamten Ausbildungskosten zuzüglich Stundungszinsen herbeizuführen. Wenn die Beklagte die von ihr gewünschte jährliche Überprüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse des ehemaligen Zeitsoldaten vornimmt und dieser seiner Pflicht zu wahrheitsgemäßen und vollständigen Angaben – jedenfalls nach Bestandskraft eines entsprechenden Bescheides – nachkommt, kann die Beklagte die monatlichen Tilgungsraten unter Berücksichtigung der verbesserten wirtschaftlichen Lage des ehemaligen Zeitsoldaten gegebenenfalls derart höher festsetzen, dass der gesamte Erstattungsbetrag vor Ablauf des vorgenannten Zweidrittelzeitraumes geleistet ist.
53VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. September 2014 – 1 K 623/13 – nrwe.
54Der angegriffene Bescheid entspricht mit seinen vier Teilregelungen im Wesentlichen den vorstehenden Grundsätzen zur Vermeidung einer besonderen wirtschaftlichen Härte des Klägers. Bei einer unveränderten Höhe der festgesetzten Monatsraten von 640 Euro würde sich die Zahlungspflicht betreffend allein die Tilgungsraten auf rund 18,4 Jahre erstrecken. Der Kläger wäre dann – bei Zahlungsbeginn zum Zeitpunkt der Entlassung im Alter von 29,7 Jahren - 48 Jahre alt.
55In der vorliegenden Konstellation bedarf es keiner Festlegung eines Zeitpunktes im Ausgangsbescheid, ab dem der Kläger keine Tilgungsleistungen mehr erbringen muss. Der angegriffene Bescheid bewältigt das Problem der besonderen Härte auch ohne eine derartige Festlegung hinreichend. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides war durch die Festsetzung der vergleichsweise hohen Monatsraten von 640 Euro gewährleistet, dass die Zahlungspflicht nicht über den vorgenannten Zeitraum von zwei Dritteln der Zeit von der Entlassung aus dem Soldatenverhältnis bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres hinausreicht. Wenn die Beklagte künftig von Ziffer 4. des Bescheides Gebrauch macht und die Monatsraten in einem Maße absenkt, dass die Gefahr besteht, dass der Zweidrittelzeitraum überschritten wird, muss der dann ergehende Änderungsbescheid das sich ergebende Problem der besonderen Härte dadurch bewältigen, dass er ein Tilgungsende festlegt; sofern dieser Bescheid insoweit Defizite aufweisen sollte, hat der Kläger ausreichende Gelegenheit dazu, diesen Änderungsbescheid einer gerichtlichen Prüfung zu unterziehen. Diese prozessuale Situation ist deutlich günstiger als die Lage, bei der von vornherein im Ausgangsbescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides angesichts niedriger Monatsraten absehbar ist, dass der Zweidrittelzeitraum mangels Festlegung eines Tilgungsendes überschritten wird.
56Die verzinsliche Stundung mit dem am 3. Januar 2011 beginnenden Zinslauf ist dem Grunde nach ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden. Die Ermessenvorschrift des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG erlaubt bei Einräumung einer Stundung auch die Erhebung von Zinsen.
57Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16. August 1996 – 12 A 2476/94 – juris, Rn. 18.
58Eine solche Regelung ist auch im Vergleich zu einer Rückzahlung des gesamten Betrages ohne zusätzliche Zinsleistung als rechtmäßig zu bewerten. Stundung und Verzinsung stellen ein Gesamtpaket dar, das sich für den ehemaligen Soldaten insgesamt als vorteilhafter und damit einer besonderen Härte Rechnung tragend darstellt. Dass der Zinslauf bereits vor Bestandskraft des Bescheides beginnt, während derjenige ehemalige Soldat, der die Gesamtsumme nach Bestandskraft in einem Betrag ohne Zinsen zurückzahlt, ist im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu beanstanden.
59- 60
A. A. VG Köln, Urteil von 19. März 2014 – 23 K 3238/13 –.
Diese Ungleichbehandlung ist sachlich gerechtfertigt. Wie bei Zahlungspflichten in anderen Rechtsbereichen auch schafft diese Zinserleichterung bei Rückzahlung des gesamten Betrages in einer Summe insbesondere im Interesse der Verwaltungsvereinfachung einen entsprechenden Anreiz. Die Beklagte spart einen oftmals mehrere Jahrzehnte lang bedeutsamen Verwaltungsaufwand zur Beitreibung der Monatsraten.
62Die Höhe des Erstattungsbetrages von 141.456,94 Euro ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte fordert zu Recht den Bruttobetrag der vom Kläger erhaltenen Leistungen zurück. Ohne dass eine besondere Härte durch die Erstattung der über die Nettobeträge hinausgehenden Beträge zu befürchten ist, erhält der Kläger durch die Möglichkeit, die Erstattungsbeträge steuerrechtlich geltend zu machen, eine hinreichende Kompensation.
63Die Kosten für den Lehrgang Notfallmedizin sind ebenfalls erstattungsfähig. Dies gilt auch unter Würdigung des Umstandes, dass die von der Beklagten in Ansatz gebrachten Kosten höher sind als die Aufwendungen, die der Kläger für eine ähnliche Ausbildung im zivilen Bereich hätte tätigen müssen.
64Vgl. VG Münster, Urteil vom 21. August 2014 – 5 K 2265/12 –
65juris, Rn. 71 - 75.
66Soweit der angefochtene Bescheid in Ziffer 3. Stundungszinsen von mehr als 1,5 vom Hundert festsetzt, ist er rechtswidrig und verletzt den Kläger seinen Rechten. Insoweit besteht für den Kläger eine besondere Härte, weil ein Zinssatz von 4 vom Hundert der derzeitigen Marktlage und bereits der bei Erlass des Widerspruchsbescheides bestehenden Marktlage nicht entspricht. Im vorliegenden rechtlichen Zusammenhang ist es sachnah, auf die Finanzierungskosten der Beklagten abzustellen. Diese nicht nur kurzfristig relevante Marktlage hätte die Beklagte bei der Ausübung ihres Ermessens berücksichtigen müssen.
67Vgl. VG Münster, Urteil vom 21. August 2014 – 5 K 2265/12 – juris, Rn. 97; Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 206 vom 5. September 2014, Seite 28: z. B. durch Hypotheken abgesicherte Darlehn für unter 2 % Zinsen; kritisch zur Höhe des Zinssatzes bereits: VG Gelsen-kirchen, Urteil vom 8. September 2014 – 1 K 623/13 - nrwe.
68Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
69Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Tenor
Der Bescheid des Personalamtes der Bundeswehr vom 01.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.06.2012 wird insoweit aufgehoben, als Stundungszinsen in Höhe von mehr als 1,5 Prozentpunkten festgesetzt werden; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt 4/5, die Beklagte 1/5 der Kosten des Verfahrens. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig erklärt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger trat im Anschluss an seinen Grundwehrdienst zum 1. Juli 1997 als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit ein. Seine Dienstzeit wurde gemäß der von ihm unterzeichneten Verpflichtungserklärung vom 12. Juni 1997 letztlich auf siebzehn Jahre festgesetzt mit Dienstzeitende 1. November 2013. Die vom Kläger unterschriebene Verpflichtungserklärung enthielt u. a. einen ausdrücklichen Hinweis auf die Unwiderruflichkeit der Erklärung sowie die gesetzliche Regelung des § 56 Abs. 4 des Soldatengesetzes (SG). Über den Inhalt der Norm wurde der Kläger zusätzlich noch einmal am 30. Juni 1997 belehrt.
3Im Zeitraum vom 2. April 1998 bis 10. Mai 2004 studierte der Kläger unter Beurlaubung vom militärischen Dienst und Gewährung von Ausbildungsgeld in Höhe von insgesamt 117.691,26 Euro Humanmedizin an den Universitäten N. und N1. . Am 1. Oktober 2004 wurde ihm die Approbation als Arzt erteilt; am selben Tag wurde er zum Stabsarzt ernannt. Vom 1. Oktober 2004 bis zum 31. Juli 2007 absolvierte der Kläger den klinischen Weiterbildungsabschnitt Chirurgie im Bundeswehrzentralkrankenhaus L. . Zudem absolvierte er während dieser Zeit mehrere Lehrgänge, für die Kosten in folgender Höhe entstanden: Spezialkurs Strahlenschutz (unmittelbare Kosten: 230,- €), Einführungskurs Intensivmedizin (unmittelbare Kosten: 230,- €; mittelbare Kosten: 327,20 €), Plastische Wiederherstellungschirurgie (unmittelbare Kosten: 188,- €; mittelbare Kosten: 188,- €), Lehrgang Notfallmedizin (unmittelbare Kosten: 1.805,51 €; mittelbare Kosten: 473,72 €). Mit Urkunde der X. X1. -V. N2. vom 28. März 2008 wurde der Kläger mit Wirkung zum 1. April 2008 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit zum Akademischen Rat ernannt.
4Mit Schreiben vom 22. Dezember 2008 teilte das Personalamt der Bundeswehr dem Kläger die im Hinblick auf das bereits zuvor angekündigte Rückforderungsverfahren bislang ermittelten Kosten der von ihm absolvierten Fachausbildungen sowie die Höhe des ihm ausgezahlten Ausbildungsgeldes mit. Unter Hinweis auf die Regelung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG bat es um ausführliche Stellungnahme anhand eines beigefügten Formblattes sowie durch Vorlage aussagekräftiger Unterlagen. Von der Gelegenheit zur Stellungnahme machte der Kläger unter dem 5. Januar sowie dem 21. Januar 2009 Gebrauch.
5Unter dem 1. Dezember 2009 erließ das Personalamt der Bundeswehr einen an den Kläger gerichteten Leistungsbescheid. Mit Nr. 1 des Bescheids forderte es die Erstattung des dem Kläger während seiner Beurlaubung zum Studium gewährten Ausbildungsgeldes sowie der im Rahmen der ärztlichen Aus- und Weiterbildung entstandenen Fachausbildungskosten; es setzte den Erstattungsbetrag auf 100.420,73 Euro fest. Mit Nr. 2 und 3 des Leistungsbescheids gewährte das Personalamt dem Kläger eine ab Bestandskraft des Bescheides, spätestens ab dem 15. Januar 2010 mit 4 % verzinsliche Stundung durch Einräumung von Ratenzahlungen, wobei die monatliche Zahlungsrate auf 440,- Euro festgesetzt wurde. Mit Nr. 4 des Bescheids stellte es die Stundung sowie die Höhe der monatlichen Teilzahlungsrate unter den Vorbehalt gleichbleibender wirtschaftlicher Verhältnisse. Zur Begründung führte das Personalamt im Wesentlichen aus, der Kläger sei durch die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit nach § 125 Abs. 1 Satz 2 Beamtenrechtsrahmengesetz (BRRG) a. F. als Soldat auf Zeit entlassen; er habe demnach gemäß § 56 Abs. 4 Sätze 1 und 2 SG die Kosten seiner Ausbildung zu erstatten. Hierbei handele es sich zum einen um das ihm während seiner Beurlaubung zum Studium gewährte Ausbildungsgeld i. H. v. 117.691,26 Euro sowie zum anderen um im Rahmen verschiedener Fachausbildungen angefallene Kosten i. H. v. 2.453,51 Euro (unmittelbare Kosten) bzw. 988,92 Euro (mittelbare Kosten). Diese Kosten könnten jedoch unter Berücksichtigung der bereits „abgedienten“ Dienstzeit in Ausübung der Härtefallregelung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG auf die letztlich festgesetzte Summe reduziert sowie dem Kläger eine verzinsliche Ratenzahlung gewährt werden.
6Mit am 20. Juni 2012 zugestellten Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2012 wies das Personalamt der Bundeswehr den am 23. Dezember 2009 eingegangenen Widerspruch des Klägers vom 21. Dezember 2009 zurück. Zur Begründung berief es sich als Rechtsgrundlage auf § 56 Abs. 4 SG i. d. F. vom 15. Dezember 1995 i. V. m. § 97 Abs. 1 SG. Insbesondere sei die Härtefallklausel des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG ordnungsgemäß angewandt worden; eine weitere Reduzierung des Erstattungsbetrages komme nicht in Betracht, da die insoweit ergangene Rechtsprechung Anwendung nur bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern finde.
7Der Kläger hat am 17. Juli 2012 Klage erhoben. Er rügt, die Beklagte habe ihn weder vor Erlass des Leistungsbescheides noch des Widerspruchsbescheides ausreichend angehört. Er ist der Ansicht, § 56 Abs. 4 SG verstoße sowohl gegen Art. 33 Abs. 5 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) als auch gegen Art. 33 Abs. 5 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG. Jedenfalls sei eine weitergehende Reduzierung des Erstattungsbetrages nach Maßgabe der für anerkannte Kriegsdienstverweigerer angewandten Grundsätze angezeigt, da mit der Festsetzung einer langfristigen Dienstzeit die Unerfahrenheit und Notlage eines jungen Menschen ausgenutzt werde, sich zudem seine Erwartungen im Hinblick auf sein berufliches Fortkommen in der Bundeswehr nicht erfüllt hätten und sich die Bundeswehr u. a. durch Umstrukturierungsmaßnahmen und die zuvor undenkbare Teilnahme an Auslandseinsätzen stark gewandelt habe; er könne sich insoweit auf Art. 2 Abs. 1 GG berufen. Zudem sei die errechnete Abdienquote nicht korrekt, da fälschlicherweise seine klinische Weiterbildung nicht als Abdienzeit berücksichtigt werde. Schließlich überfordere ihn die festgesetzte Erstattungspflicht in wirtschaftlicher Hinsicht.
8Der Kläger beantragt,
9- 10
1. den Bescheid des Personalamtes der Bundeswehr vom 01.12.2009 – PK 291076-I-41713 – sowie den Widerspruchsbescheid vom 14.06.2012 – 39-21-05/002/10 – aufzuheben,
- 11
2. die Hinzuziehung der Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie ist der Ansicht, sie habe den Erfordernissen des § 28 Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) ausreichend Rechnung getragen. Ein Verstoß gegen das Grundgesetz liege nicht vor; auch sei ihre Handhabung des § 56 Abs. 4 SG nicht zu beanstanden, insbesondere handele es sich bei der klinischen Weiterbildung des Klägers um eine Fachausbildung, die im Rahmen der Abdienquote keine Berücksichtigung finden könne.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.
16E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
17Die zulässige Klage ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
18Insoweit erweist sich der angefochtene Leistungsbescheid des Personalamtes der Bundeswehr vom 1. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 2012 als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im Übrigen ist die Klage hingegen unbegründet.
19Rechtmäßig ist die Rückforderung des Ausbildungsgeldes und der Fachausbildungskosten i. H. v. insgesamt 100.420,73 Euro nach Nr. 1 des Leistungsbescheides unter Berücksichtigung der unter Nr. 2 geregelten und nach Nr. 4 unter Vorbehalt stehenden Stundung durch Einräumung von Ratenzahlungen (1.). Die in Nr. 3 des Bescheids geregelte Erhebung von Stundungszinsen ist hingegen nur bis zu einer Höhe von 1,5 %-Punkten rechtmäßig, im Übrigen hingegen rechtswidrig (2.).
201. Die Rückforderung des Ausbildungsgeldes und der Fachausbildungskosten in der festgesetzten Höhe ist rechtmäßig.
21a) Rechtsgrundlage für die Rückforderung des Ausbildungsgeldes ist § 56 Abs. 4 Satz 1 SG in der Fassung vom 15. Dezember 1995. Diese vom 1. Januar 1996 bis zum 23. Dezember 2000 gültige Fassung der Norm ist nach § 97 Abs. 1 SG anzuwenden auf Soldaten auf Zeit, die – wie der Kläger vorliegend mit seinem Studium der Humanmedizin zum 2. April 1998 – vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes und anderer Vorschriften vom 19. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1815) ein Studium oder eine Fachausbildung begonnen haben.
22Nach § 56 Abs. 4 Satz 1 SG muss ein Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, die entstandenen Kosten des Studiums oder der Fachausbildung unter anderem dann erstatten, wenn er auf seinen Antrag entlassen worden ist.
23Dem Begriff der Kosten des Studiums im Sinne der vorgenannten Vorschrift unterfällt das dem Kläger auf der Grundlage von § 30 Abs. 2 SG gezahlte Ausbildungsgeld. Hierfür kommt der ausdrücklich die Rückforderung von Ausbildungsgeld regelnde § 56 Abs. 4 Satz 2 SG als Rechtsgrundlage nicht in Betracht, weil der Kläger bei seinem Ausscheiden aus dem Soldatenverhältnis nicht mehr Sanitätsoffizier-Anwärter, sondern als Stabsarzt Soldat auf Zeit in der Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes war. Für diesen Personenkreis regelte § 56 Abs. 4 Satz 1 SG in der hier anwendbaren Fassung abschließend sowohl die Erstattung der Fachausbildungskosten als auch die Rückforderung von Ausbildungsgeld, obwohl es an einer dem § 49 Abs. 4 Satz 2 SG entsprechenden, auf Sanitätsoffiziere zugeschnittenen Fassung fehlte.
24Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. September 1999 - 12 A 1828/98 -, juris, Rn. 25 f. m. w. N.
25Rechtsgrundlage für die Rückforderung der Fachausbildungskosten ist hingegen – der im Wesentlichen inhaltsgleiche – § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SG in der aktuellen Fassung, weil die Zeiten der geltend gemachten Fachausbildungen nach dem 23. Dezember 2000 liegen.
26b) An der Vereinbarkeit des § 56 Abs. 4 SG mit dem Grundgesetz bestehen keine Zweifel.
27(aa) Die Vorschrift verstößt zunächst nicht gegen Art. 33 Abs. 5 GG. Dabei kann offen bleiben, ob das dort als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums verankerte Alimentationsprinzip auch – gegebenenfalls vermittelt über Art. 14 Abs. 1 GG – für Soldaten gilt.
28Vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 18. April 1991 - 2 WDB 3.91 -, BVerwGE 93, 69 = juris, Rn. 9 m. w. N.
29Bei den Kosten des Studiums oder der Fachausbildung handelt es sich schon nicht um besoldungsähnliche Leistungen, die vom Alimentationsprinzip erfasst sind.
30Vgl. S. Sohm, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. 2010, § 56 Rn. 17; U. Lucks, in: Scherer/Alff/Poretschkin, Soldatengesetz, 9. Aufl. 2013, § 56 Rn. 8.
31Im Übrigen trägt § 56 Abs. 4 SG hinsichtlich der hier in Rede stehenden Kosten der Fachausbildung wie auch des auf der Grundlage von § 30 Abs. 2 SG gewährten Ausbildungsgeldes in gerechtfertigter Weise dem Umstand Rechnung, dass der Dienstherr, der einem Soldaten auf Zeit im dienstlichen Interesse ein mit hohen Kosten verbundenes Studium ermöglicht und ihm während der Beurlaubung zum Zwecke des Studiums ein Ausbildungsgeld gewährt oder aber eine kostspielige Fachausbildung zuteilwerden lässt, grundsätzlich davon ausgehen kann, dass ihm der Soldat die erworbenen Spezialkenntnisse und Fähigkeiten bis zum Ende der Verpflichtungszeit zur Verfügung stellen wird. Wenn der Soldat auf Zeit auf eigenen Antrag oder eigene Initiative aus dem Dienstverhältnisses ausscheidet, stellen für ihn die auf Kosten des Dienstherrn erworbenen Spezialkenntnisse und Fähigkeiten im weiteren Berufsleben einen erheblichen Vorteil dar, während der Dienstherr die ihm entstandenen Kosten ganz oder teilweise vergeblich aufgewendet hat. Für diese Lage schafft der Erstattungsanspruch einen billigen Ausgleich.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 - 2 C 18.05 -, DokBer 2006, 295 = juris, Rn. 14 m. w. N.; VG Gießen, Urteil vom 5. November 2012 - 5 K 785/11.GI -, juris, Rn. 24; VG Düsseldorf, Urteil vom 30. Dezember 2013 - 10 K 5420/13 -, juris, Rn. 17.
33(bb) Ebenso wenig ist Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Es stellt schon keine gleichheitsrechtlich relevante Ungleichbehandlung dar, dass – wie klägerseits vorgetragen – ein Soldat auf Zeit, der eine Pilotenausbildung absolviert, im Falle des Ausscheidens u. U. die Kosten dieser Ausbildung, nicht aber seine erhaltenen Dienstbezüge erstatten muss, während ein früherer Sanitätsoffizier-Anwärter (auch) zur Rückzahlung des ihm gewährten Ausbildungsgeldes verpflichtet ist. Denn während der exemplarisch herangezogene Pilot die Ausbildung im Laufe seiner Dienstzeit und unter vollständiger Einbindung in die Befehls- und Strukturgewalt der Bundeswehr absolviert, ist ein Sanitätsoffizier-Anwärter für die Zeit seines Studiums beurlaubt und von seinen Dienstpflichten freigestellt.
34Vgl. auch VG Gießen, Urteil vom 5. November 2012 - 5 K 785/11.GI -, juris, Rn. 24; VG Düsseldorf, Urteil vom 30. Dezember 2013 - 10 K 5420/13 -, juris, Rn. 21.
35c) Der angefochtene Verwaltungsakt ist formell rechtmäßig, namentlich liegt kein Verstoß gegen § 28 Abs. 1 VwVfG vor. Nach der Vorschrift ist einem Beteiligten vor Erlass eines Verwaltungsaktes, der in seine Rechte eingreift, Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Insbesondere beschränkte sich die Gelegenheit zur Äußerung nicht nur auf die Abfrage der wirtschaftlichen Verhältnisse und damit, wie der Kläger meint, einen kleinen Ausschnitt der für die Entscheidung erheblichen Tatsachen. Der Kläger wurde nach seiner Entlassung bereits mit Schreiben vom 24. April 2008 und 6. Mai 2008 auf die Erstattungspflicht nach § 56 Abs. 4 SG hingewiesen. Sodann wurde ihm mit Schreiben vom 22. Dezember 2008 unter Nennung der bislang ermittelten Fachausbildungskosten sowie der Höhe des gezahlten Ausbildungsgeldes unter ausdrücklichem Hinweis auf die Härtefall-Klausel des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Anhörungsschreiben sind dem Kläger zugegangen, wie sich ausweislich seines Schreibens vom 5. Januar 2009 zeigt.
36d) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 56 Abs. 4 Satz 1 SG liegen vor.
37(aa) Der Kläger ist mit Ernennungsverfügung vom 10. Juni 1997 in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen worden. Er wurde auch „auf seinen Antrag entlassen“ i. S. d. § 56 Abs. 4 Satz 1 SG i. d. F. vom 15. Dezember 1995. Die vorgenannte Vorschrift erfasst auch jene Fälle, in denen ein (früherer) Soldat auf Zeit als auf eigenen Antrag entlassen gilt. Hierfür spricht zunächst schon, dass es gerade der Zweck einer solchen gesetzlichen Fiktion ist, die entsprechenden Rechtsfolgen der in Bezug genommenen Konstellation herbeizuführen. Nichts anderes lässt sich aus der mit Wirkung zum 24. Dezember 2000 in Kraft getretenen Änderung des § 56 Abs. 4 SG herleiten, die jene gesetzliche Fiktion nunmehr explizit aufnimmt. Denn die vorgenannte Änderung erfolgte nicht, um eine Änderung der Rechtslage herbeizuführen, sondern entsprang ausweislich der Entwurfsbegründung lediglich sprachlichen Motiven.
38Vgl. BT-Drs. 14/4062, S. 23; siehe zum Ganzen auch VG Gießen, Urteil vom 5. November 2012 - 5 K 785/11.GI -, juris, Rn. 26; ebenso BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 - 2 C 18.05 -, DokBer 2006, 295 = juris, Rn. 10.
39Nach § 125 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BRRG i. d. F. v. 27. Dezember 2004 gilt der Kläger mit seiner mit Wirkung vom 1. April 2008 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit erfolgten Ernennung zum Akademischen Rat an der X. X1. -V. N2. als auf eigenen Antrag entlassen. Die Vorschrift ist in der genannten Fassung anzuwenden, da diese zum Zeitpunkt der Ernennung des Klägers in Kraft war.
40(bb) Die militärische Ausbildung des Klägers war mit einem Studium – hier der Humanmedizin an den Universitäten N. und N1. von 1998 bis 2004 – sowie mit verschiedenen Fachausbildungen verbunden. Eine Fachausbildung i. S. d. Soldatengesetzes ist jede einem dienstlichen Zweck dienende, für alle Teilnehmer einheitlich gestaltete Ausbildung eines Berufssoldaten bzw. Soldaten auf Zeit, die zu seiner allgemeinen militärischen Ausbildung hinzukommt und zu einer zusätzlichen Befähigung oder Berechtigung führt.
41Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 21. April 1982 - 6 C 3.81 -, BVerwGE 65, 203 = juris, Rn. 27.
42Dass es sich bei den von der Beklagten in Anschlag gebrachten Kursen Strahlenschutz, Intensivmedizin, Plastische Wiederherstellungschirurgie und Notfallmedizin um so verstandene Fachausbildungen handelt, hat auch der Kläger nicht in Abrede gestellt. Soweit er vorbringt, die klinische Weiterbildung Chirurgie sei keine Fachausbildung i. S. d. § 56 Abs. 4 SG, bezieht sich dies allein auf die Anrechnung jener Zeit im Rahmen der sog. Abdienquote.
43e) Die Erstattungspflicht erstreckt sich nach § 56 Abs. 4 Satz 1 SG auf die entstandenen Kosten des Studiums und der Fachausbildungen. Zu erstatten sind dabei grundsätzlich alle Kosten, die in einem adäquaten Zusammenhang mit dem Studium oder der Fachausbildung stehen. Hierzu gehören nicht nur unmittelbare Ausbildungskosten im engeren Sinne, wie Ausbildungs- bzw. Studiengebühren, Aufwendungen für Ausbildungsmittel und -ausrüstungen, sondern auch mittelbare Ausbildungskosten. Zu diesen persönlichen Kosten zählen beispielsweise Reisekosten, Trennungsgeld und Umzugskosten.
44Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. September 1999 - 12 A 1828/98 -, juris, Rn. 31; S. Sohm, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. 2010, § 56 Rn. 18.
45An dem Bestehen einer Erstattungspflicht änderte es nichts, falls man den Wortlaut der vom Kläger unterzeichneten Verpflichtungserklärung in mehrfacher Hinsicht (u. a. auch auf die zurückgeforderten Bruttobeträge) als unscharf ansähe. Denn der Hinweis in der Verpflichtungserklärung auf die gesetzliche Regelung des § 56 Abs. 4 SG hat keine Auswirkungen auf das tatsächliche Bestehen und den Umfang einer Erstattungspflicht. So ist sogar anerkannt, dass es nicht erforderlich ist, dass der Soldat vor seiner Verpflichtungserklärung über das Bestehen einer Erstattungspflicht belehrt wurde.
46Vgl. S. Sohm, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. 2010, § 56 Rn. 20 m. w. N.
47Erst recht kann dann aber eine – möglicherweise – als unscharf empfundene Wiedergabe der gesetzlichen Regelung keine Auswirkungen auf das Bestehen der Erstattungspflicht haben.
48Der insoweit von der Beklagten ermittelte Betrag ist rechtlich nicht zu beanstanden.
49(aa) Zu den Kosten des Studiums gehört das einem früheren Sanitätsoffizier-Anwärter gewährte Ausbildungsgeld.
50Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. September 1999 - 12 A 1828/98 -, juris, Rn. 25 f. m. w. N.
51Der von der Beklagten ermittelte Betrag von 117.691,26 Euro für den Zeitraum vom 2. April 1998 bis zum 10. Mai 2004 ist nicht zu beanstanden; Anhaltspunkte für eine unzutreffende Ermittlung der Rückforderungssumme sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist es der Beklagten nicht verwehrt, die von ihr tatsächlich erbrachten Bruttobeträge zur Grundlage ihrer Rückforderungsberechnungen zu machen. Die insoweit von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Rückforderung zu viel gezahlter Dienst- und Versorgungsbezüge bei Beamten,
52vgl. dazu Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 8. Aufl. 2013, § 15 Rn. 65 f. m. w. N.,
53denen sich das Gericht anschließt, sind auf die Rückforderung von Ausbildungsgeld übertragbar. Hiernach kann grundsätzlich der Bruttobetrag angesetzt werden, da es sich bei der Differenz zwischen Brutto- und Nettobetrag um eine „mittelbare Zuwendung“ des Dienstherren handelt, die dieser für die „Rechnung“ des Beamten – oder hier Soldaten – unmittelbar an das Finanzamt abführt. Der Kläger wird hierdurch nicht unbillig im Sinne einer doppelten Inanspruchnahme – einmal bei erstmaligem Anfall der Lohnsteuer und sodann bei der Rückzahlung des Ausbildungsgeldes – benachteiligt, da es ihm freisteht, den zurückgezahlten Bruttobetrag im Kalenderjahr der Zahlung gegenüber den Finanzbehörden als sog. Negativeinkünfte geltend zu machen, um damit eine Verringerung der Steuerschuld zu erreichen.
54Vgl. VG Gießen, Urteil vom 5. November 2012 - 5 K 785/11.GI -, juris, Rn. 27; VG Düsseldorf, Urteil vom 30. Dezember 2013 - 10 K 5420/13 -, juris, Rn. 26 ff.
55Dass eine steuerliche Geltendmachung beim Kläger ausnahmsweise nicht möglich sein soll, hat dieser nicht vorgetragen; dem Gericht liegen hierfür auch keine Anhaltspunkte vor.
56(bb) Ebenso wenig sind die Kosten der Fachausbildung i. H. v. 2.453,51 Euro (unmittelbare Kosten) sowie 988,92 Euro (mittelbare Kosten) zu beanstanden. Weder greift der Kläger die Berechnungen an – seine Beanstandung der Kosten für die Fachausbildung Notfallmedizin bezieht sich nicht auf die Ermittlung der Kosten, sondern darauf, dass die Ausbildung außerhalb der Bundeswehr deutlich günstiger gewesen wäre – noch hat das Gericht sonstige Anhaltspunkte für eine unzutreffende Ermittlung.
57f) Schließlich hat die Beklagte in nicht zu beanstandender Weise die Härtefallklausel des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG angewandt und das ihr zustehende Ermessen in einer vom Gericht nicht zu beanstandenden Weise ausgeübt (vgl. § 114 Satz 1 VwGO).
58Nach § 56 Abs. 4 Satz 3 SG kann auf die Erstattung ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn sie für den Soldaten eine besondere Härte bedeuten würde. Mit dieser Regelung sollen unzumutbare Belastungen vermieden werden. Derartige Härtevorschriften dienen dem Zweck, den von den Regelvorschriften nicht erfassten Ausnahmefällen und Grenzsituationen Rechnung zu tragen. Sie haben ihren inneren Grund in den aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit von Zweck und Mittel sowie des Übermaßverbots.
59Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 - 6 C 135.74 -, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 44; siehe auch OVG NRW, Urteil vom 22. August 2013 - 1 A 2278/11 -, juris, Rn. 28.
60Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Beklagte die Vorschrift des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG in nicht zu beanstandender Weise angewandt.
61(aa) Keinen Bedenken begegnet die Entscheidung der Beklagten, zur Vermeidung einer besonderen Härte durch Rückforderung der gesamten Ausbildungskosten eine sog. Abdienquote festzusetzen und den insoweit errechneten „abgedienten“ Teil der Ausbildungskosten von dem ursprünglich errechneten Erstattungsbetrag in Abzug zu bringen. Mit dieser Abdienquote wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der frühere Soldat auf Zeit unter Umständen Teile seiner Ausbildungskosten bereits dadurch abgedient hat, indem er dem Dienstherrn mit den durch die Ausbildung erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten nach Beendigung der Ausbildung uneingeschränkt zur Verfügung stand. Zur Berechnung der Abdienquote wird zunächst die Zeit festgestellt, die der frühere Soldat nach Abschluss der jeweiligen Maßnahme gemäß seiner Verpflichtungserklärung noch hätte ableisten müssen. Das Verhältnis der bereits abgeleisteten Dienstzeit zu jener Bleibeverpflichtung ergibt sodann die Abdienquote. Im Rahmen dieser Rechenoperation ist es der Beklagten insbesondere mit Blick auf die von der Dienstzeit abhängende unterschiedliche Wertigkeit der Dienstleistungen nicht verwehrt, die abgeleisteten Dienstzeiten unterschiedlich gestaffelt zu gewichten, d. h. das erste Drittel mit einem Multiplikator von 0,75, das zweite Drittel mit einem von 1,05 und das dritte Drittel mit einem von 1,2 zu versehen.
62Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. September 1999 - 12 A 1828/98 -, juris, Rn. 48; siehe auch BayVGH, Urteil vom 4. Juli 2013 - 6 BV 12.19 -, juris, Rn. 41.
63Die Kammer hält auch in Anbetracht erst kürzlich geäußerter Kritik an dieser gefestigten Rechtsprechung -
64vgl. VG Schleswig, Urteil vom 6. März 2014 - 12 A 130/13 -, Umdruck S. 7 ff. -
65an der Auffassung fest, dass eine entsprechende Gewichtung bei der Ermittlung der Abdienquote nicht ermessensfehlerhaft ist.
66Auf Basis der vorstehenden Grundsätze hat die Beklagte in ermessensgerechter Weise für den Kläger einen Verzichtsanteil i. H. v. 17,24 % errechnet und demgemäß den Erstattungsbetrag für das Ausbildungsgeld auf 97.401,29 Euro und für die unmittelbaren Fachausbildungskosten auf 2.030,52 Euro reduziert. Den vorangestellten Maßstäben entspricht es insbesondere, dass die Beklagte bei den Berechnungen sowohl hinsichtlich des Ausbildungsgeldes als auch der einzelnen Fachausbildungen eine einheitliche Abdienquote i. H. v. zunächst 22,99 % zu Grunde gelegt hat. Denn zu Beginn des als abgeleistete Dienstzeit berücksichtigten Zeitraums vom 1. August 2006 bis zu seiner Entlassung mit Ablauf des 31. März 2008 erhielt der Kläger kein Ausbildungsgeld mehr und waren bereits sämtliche im Rahmen der Rückforderung herangezogenen Maßnahmen abgeschlossen. Den vorstehenden Maßstäben genügt es ebenfalls, dass die Beklagte zur Errechnung des Verzichtsanteils die zuvor bestimmte Abdienquote mit einem Multiplikator von 0,75 versehen hat. Der Kläger befand sich bis zu seinem Ausscheiden mit Ablauf des 31. März 2008 mit 600 abgeleisteten Tagen noch im ersten Drittel seiner gemäß der Verpflichtungserklärung 2.610 Tage – bis zum 1. November 2013 – dauernden Bleibeverpflichtung.
67Rechtsfehlerfrei ist dabei auch die Entscheidung der Beklagten, die Zeit vom 1. Oktober 2004 bis 31. Juli 2006, in der der Kläger seine klinische Weiterbildung Chirurgie absolvierte, nicht als geleistete Dienstzeit im Rahmen der Errechnung der Abdienquote in Ansatz zu bringen. Berücksichtigungsfähig ist nämlich allein die Zeit, die der Soldat nach Abschluss seiner Fachausbildung der Bundeswehr uneingeschränkt zur Verfügung gestanden hat.
68Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. September 1999 - 12 A 1828/98 -, juris, Rn. 48 f. m. w. N.; BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2014 - 2 B 96.13 -, juris, Rn. 8.
69Befindet sich der Soldat dagegen in einer Fachausbildung, so stellt er dem Dienstherrn nicht seine erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten uneingeschränkt zur Verfügung, mag er im Rahmen seiner Tätigkeit auch den üblichen Dienst eines Klinikarztes verrichten.
70Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 1987 - 6 C 87.84 -, Buchholz 236.1 § 46 SG Nr. 17 = juris, Rn. 29; Beschluss vom 14. Mai 2014 - 2 B 96.13 -, juris, Rn. 8.
71Erforderlich, aber auch ausreichend für eine Fachausbildung i. S. d. Soldatengesetzes ist es, wenn es sich um eine neben der allgemeinen militärischen Ausbildung, die jeder Soldat entsprechend seiner Laufbahn erhält, vermittelte besondere Ausbildung handelt, zu der dienstliche Gründe den Anstoß gaben und die den Soldaten befähigen soll, eine militärische Funktion zu übernehmen, die er nach der Einschätzung der verantwortlichen Stellen der Bundeswehr ohne die zu vermittelnden Kenntnisse oder Fertigkeiten nicht sachgerecht wahrnehmen kann. Inwieweit eine solche Fachausbildung auch im zivilen Bereich Ausbildungscharakter hat oder ob sie zu einer Berechtigung führt, die auch außerhalb der Bundeswehr anzuerkennen ist, hat hingegen für die Auslegung des soldatenrechtlichen und der Sache nach auf den Militärdienst bezogenen Begriffs „Fachausbildung“ keine Bedeutung. Dass die Weiterbildung eines approbierten Arztes nach den berufsrechtlichen Vorschriften für Ärzte möglicherweise z. T. nicht als ergänzende Ausbildung, sondern als Vervollkommnung des beruflichen Wissens angesehen wird, schließt es mithin nicht aus, sie bei einem Berufssoldaten des Sanitätsdienstes als Fachausbildung im Sinne des Soldatenrechts zu werten. Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht die – berufsrechtlich ebenfalls nicht als Ausbildung angesehene – Weiterbildung eines Berufssoldaten des Sanitätsdienstes, durch die ihm fachärztliche Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt wurden, als eine solche Fachausbildung behandelt.
72Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. April 1982 - 6 C 3.81 -, BVerwGE 65, 203 = juris, Rn. 27; BayVGH, Urteil vom 4. Juli 2013 - 6 BV 12.19 -, juris, Rn. 29, 36.
73Nach Maßgabe dieser Grundsätze stellt die in Rede stehende klinische Weiterbildung Chirurgie des Klägers eine Fachausbildung i. S. d. § 56 Abs. 4 SG dar. Dass es sich insoweit um eine neben der allgemeinen militärischen Ausbildung vermittelte besondere Ausbildung handelt, zu der dienstliche Gründe den Anstoß gaben, stellt auch der Kläger nicht in Abrede. Etwas anderes ist auch für das Gericht nicht ersichtlich, insbesondere unter Berücksichtigung der Beurteilung vom 7. Dezember 2005, die den Ausbildungscharakter klar hervortreten lässt. Die vom Kläger – auch in der mündlichen Verhandlung noch einmal – erhobenen Einwände zielen demgegenüber auf etwaige „Mängel“ der klinischen Weiterbildung, die – selbst als zutreffend unterstellt – ohne Einfluss auf ihren grundsätzlichen Ausbildungscharakter i. S. d. soldatenrechtlichen Fachausbildungsbegriffs bleiben. Es fehlt schließlich auch nicht an der geplanten militärischen Verwendung. Wie sich aus den Aktenvermerken über die Personalgespräche vom 11. Februar 2004 sowie vom 21. Februar 2006 ergibt, wurde eine Verwendung des Klägers im Fachgebiet Orthopädie bzw. Allgemeinchirurgie vorgesehen. Überdies wurde der Kläger jeweils ausweislich der Vermerke explizit darauf hingewiesen, dass es sich bei der Weiterbildung um eine Fachausbildung handelt.
74(bb) Der angefochtene Verwaltungsakt ist auch nicht insoweit fehlerhaft, als die Beklagte keine – über die Abdienquote hinausgehende – Reduktion der für die Fachausbildung Notfallmedizin angefallenen unmittelbaren Kosten i. H. v. 1.805,51 Euro vorgenommen hat. Zwar wird gelegentlich in der Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass die Härtefallklausel eine Begrenzung der Erstattungspflicht auf solche Kosten gebiete, die in Ausbildungseinrichtungen außerhalb der Bundeswehr für die im zivilen Bereich verwertbaren Spezialkenntnisse und -fähigkeiten hätten aufgewendet werden müssen. Freilich handelt es sich insoweit vornehmlich um Fallkonstellationen, in denen entweder eine besondere Auslegung des § 56 Abs. 4 SG im Lichte des Art. 4 Abs. 3 GG geboten erscheint,
75vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 2. Juli 1996 - 2 B 49.96 -, DVBl. 1996, 1152 = juris, Rn. 7,
76oder aber ein deutliches Missverhältnis zwischen den tatsächlich entstandenen und den fiktiven Kosten im zivilen Bereich besteht,
77vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 - 6 C 135.74 -, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 49 f.; BayVGH, Beschluss vom 13. März 1996 - 3 B 95.1092 -, juris, Leitsatz 3.
78Beide Konstellationen sind hier nicht einschlägig. Weder kann sich der Kläger für sein Ausscheiden aus der Bundeswehr auf Art. 4 Abs. 3 GG berufen noch besteht ein deutliches Missverhältnis der Kosten. Zur Begründung des Bestehens eines derartigen Missverhältnisses kann insbesondere nicht auf die vom Kläger vorgelegten Unterlagen zurückgegriffen werden, nach denen er für einen 8-tätigen Kurs „Notfallmedizin“ am Universitätsklinikum F. im Jahre 2008 400,- Euro hätte aufwenden müssen. Die beiden Kurse sind nicht miteinander vergleichbar. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass der bei der Bundeswehr absolvierte Lehrgang bereits im Jahre 2006 und nicht – wie der Kurs am Universitätsklinikum F. – 2008 stattfand. Zum anderen stehen einer Vergleichbarkeit die unterschiedliche Dauer und damit womöglich unterschiedlichen Inhalte der Kurse entgegen: Während die Fachausbildung Notfallmedizin bei der Bundeswehr vom 15. Mai bis 2. Juni 2006 dauerte, waren ausweislich der vom Kläger vorgelegten Unterlagen für den Kurs am Universitätsklinikum F. lediglich acht Tage vorgesehen. Auch ansonsten hat das Gericht keine Anhaltspunkte für das Bestehen eines deutlichen Missverhältnisses zwischen den tatsächlich entstandenen und den fiktiven Kosten im zivilen Bereich, zumal eine etwa bestehende Differenz bei den reinen Lehrgangskosten noch geschmälert würde durch die Lebenshaltungskosten, die sich der Kläger im jeweiligen Zeitraum erspart hätte. Hierzu rechnen beispielsweise Kosten für Unterkunft und Verpflegung.
79(cc) Die Beklagte war auch nicht gehalten, eine weitere Reduzierung des Erstattungsbetrags unter den Gesichtspunkten einer möglichen wirtschaftlichen Knebelung des Klägers auf unabsehbare Zeit oder einer ernstlichen Gefährdung dessen wirtschaftlicher Existenz vorzunehmen. Zwar können diese Erwägungen grundsätzlich die Annahme einer besonderen Härte begründen.
80Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 - 6 C 135.74 -, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 54.
81Jedoch kann wirtschaftlichen Härten in der Regel mit einer verzinslichen Stundung und Ratenzahlungen ausreichend Rechnung getragen werden.
82Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16. Juni 1993 - 11 S 3031/92 -, juris, Rn. 20; siehe auch Hess. VGH, Beschluss vom 28. November 2008 - 1 UZ 2203/07 -, juris, Rn. 14.
83Vorliegend hat die Beklagte den wirtschaftlichen Belangen des Klägers unter Härtegesichtspunkten dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass sie ihm unter Berücksichtigung seiner Einkommensverhältnisse eine verzinsliche Stundung unter Einräumung von Teilzahlungen in Höhe von 440,- Euro monatlich gewährt hat.
84Es überschreitet nicht die Grenzen des der Beklagten eingeräumten Ermessens, die gesetzlichen Pfändungsschutzvorschriften für Arbeitseinkommen (§§ 850 ff. ZPO) bei der Berechnung der Teilzahlungsraten heranzuziehen,
85vgl. VG Gießen, Urteil vom 26. Oktober 2005 - 8 E 2875/04 -, juris, Rn. 22; siehe auch VG Düsseldorf, Beschluss vom 24. Februar 2009 - 23 L 96/09 -, juris, Rn. 29; BVerwG, Urteile vom 27. Januar 1994 - 2 C 19.92 -, juris, Rn. 21, und vom 8. Oktober 1998 - 2 C 21.97 -, juris, Rn. 25,
86sowie den pfändbaren Betrag entsprechend der Erlasslage um weitere 30 % zu reduzieren. Die festgesetzte Rate in Höhe von 440,- Euro überschreitet nicht den sich in Anwendung dieser Grundsätze ergebenden Betrag. Die Pfändungsgrenzen nach § 850c ZPO knüpfen an das nach § 850e ZPO zu berechnende Arbeitseinkommen an. Nach § 850e Nr. 1 ZPO sind u. a. – und hier allein relevant – Beträge nicht mitzurechnen, die unmittelbar aufgrund sozialrechtlicher Vorschriften zur Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen des Schuldners abzuführen sind. Diesen Beträgen stehen gleich die auf den Auszahlungszeitraum entfallenden Beträge, die der Schuldner a) nach den Vorschriften der Sozialversicherungsgesetze zur Weiterversicherung entrichtet oder b) an eine Ersatzkasse oder an ein Unternehmen der privaten Krankenversicherung leistet, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen. Zu diesen Beträgen gehören die Beiträge für Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherungen ebenso wenig wie die monatlich aus verschiedenen Gründen zu bedienenden Darlehensverpflichtungen des Klägers. Über das Vorstehende hinaus wird die konkrete Berechnung der Teilzahlungsraten vom Kläger nicht angegriffen; die Berechnungen sind auch sonst nicht ersichtlich fehlerhaft.
87Nicht zu beanstanden ist schließlich, dass die Beklagte gemäß § 56 Abs. 4 Satz 3 SG oder jedenfalls nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG die verzinsliche Stundung unter Einräumung von Ratenzahlung unter den Vorbehalt gleichbleibender wirtschaftlicher Verhältnisse gestellt hat.
88(dd) Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, über das vorstehende Maß hinausgehend die Erstattung auf jenen Betrag zu beschränken, der dem Kläger als geldwerter Vorteil aus der Fachausbildung für sein weiteres Berufsleben real und nachprüfbar verblieben ist. Die insoweit ergangene Rechtsprechung,
89vgl. dazu nur BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 - 2 C 18.05 -, DokBer 2006, 295 = juris, Rn. 15,
90trägt bei der Auslegung des § 56 Abs. 4 SG allein im Lichte des Art. 4 Abs. 3 GG den Besonderheiten der Fälle anerkannter Kriegsdienstverweigerer Rechnung. Der Kläger hat aber, wie er selber vorträgt, weder vor noch nach seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr einen entsprechenden Antrag gestellt.
91(ee) Ebenso wenig kann sich der Kläger darauf berufen, sich in einer mit dem Fall eines anerkannten Kriegsdienstverweigerers vergleichbaren Lage befunden zu haben. Die von ihm angeführten Motive können – selbst bei Wahrunterstellung – eine solche Gleichstellung nicht rechtfertigen. Sie sind auch nicht geeignet, ihrerseits eine über das vorstehende Maß hinaus zu berücksichtigende besondere Härte im Sinne des Gesetzes zu begründen.
92Soweit der Kläger zunächst abstrakt Gewissensgründe als für das Ausscheiden aus der Bundeswehr maßgeblich geltend macht, so hätte es ihm – unabhängig von der Plausibilität der vorgetragenen Aspekte – freigestanden, einen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer zu stellen. Es kann weiterhin keine Rede davon sein, dass die Beklagte die Unerfahrenheit des Klägers sowie eine bestehende Notlage im Hinblick auf die Finanzierung des Studiums in unangemessener Weise ausgenutzt hat. Zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Verpflichtungserklärung am 00.00.0000 war der am 00.00.0000 geborene Kläger 00 Jahre alt und musste sich der Folgen seines Handelns bewusst gewesen sein, zumal die von ihm unterzeichnete Verpflichtungserklärung u. a. einen ausdrücklichen Hinweis auf die Unwiderruflichkeit der Erklärung sowie die gesetzliche Regelung des § 56 Abs. 4 SG enthielt. Jedenfalls ermöglichte ihm die Beklagte ein Studium sowie verschiedene Fachausbildungen und wendete hierfür erhebliche Kosten auf. Die im Gegenzug eingegangene Verpflichtungszeit stellte hierfür eine angemessene Gegenleistung dar. Die „unerfüllten Aussichten, Versprechungen und Erwartungen“ – auch unter Berücksichtigung der mit Schriftsatz vom 18. August 2014 vorgelegten persönlichen Stellungnahme des Klägers –, der Wandel des Aufgabenspektrums der Bundeswehr sowie Umstrukturierungsmaßnahmen begründen ebenfalls keine besondere Härte, die einen teilweisen oder vollständigen Verzicht auf die Erstattung nach sich ziehen könnten. Hierbei handelt es sich nicht um atypische Fälle, vielmehr treffen sie alle Soldaten regelmäßig gleich.
93Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 - 6 C 135.74 -, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 46.
94Auch wenn es hierauf nicht in entscheidungserheblicher Weise ankommt, trifft es nicht zu, dass im Zeitpunkt der Abgabe der Verpflichtungserklärung im Jahre 1997 an Auslandseinsätze der Bundeswehr nicht zu denken gewesen sein soll. Bereits seit Anfang der 1990er-Jahre gab es entsprechende politische Debatten und auch entsprechende Einsätze. Im vorliegenden Zusammenhang ebenfalls nicht weiterführend sind die Hinweise des Klägers auf die Umstrukturierungen im Sanitätsdienst der Bundeswehr und die dortige Personalsituation sowie die – auch noch einmal in der mündlichen Verhandlung geschilderten – Umstände seines Auslandseinsatzes im Kosovo.
952. Der angefochtene Bescheid ist hingegen im Hinblick auf die in Nr. 3 des Leistungsbescheids festgesetzten Zinsen nur bis zu einer Höhe von 1,5 %-Punkten rechtmäßig, im Übrigen rechtswidrig.
96Die festgesetzten Zinsen finden ihre Rechtsgrundlage unmittelbar in § 56 Abs. 4 Satz 3 SG.
97Vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 28. November 2008 - 1 UZ 2203/07 -, juris, Rn. 18; OVG NRW, Urteil vom 30. September 1999 - 12 A 1828/98 -, juris, Rn. 64 ff., jeweils m. w. N.
98Der der Beklagten zustehende Ermessensspielraum schließt auch die Entscheidung mit ein, ob und in welcher Höhe sie für die Stundung bzw. die Bewilligung von Ratenzahlung Stundungszinsen fordert. Da infolge der aufgeschobenen Tilgung die Hauptforderung dem Haushalt der Beklagten nicht sofort zur Verfügung steht und hierdurch auch auf Seiten der Beklagten ein Zinsverlust eintritt, ist es grundsätzlich nicht ermessensfehlerhaft, wenn sie dies über eine Verzinsung der gestundeten Beträge zumindest im gewissen Umfange auszugleichen sucht.
99Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16. August 1996 - 12 A 2476/94 -, juris, Rn. 18.
100Mit der Höhe des festgesetzten Zinssatzes von 4 % hat die Beklagte die Grenzen des ihr zustehenden Ermessens jedoch überschritten. Die Höhe der festgesetzten Zinsen hat sich an dem Liquiditätsnachteil der Beklagten zu orientieren, d. h. in Zeiten eines Haushaltsdefizits an dem Zinssatz, den die Beklagte aufwenden muss, um sich ihrerseits Liquidität zu verschaffen. Hierbei ist es der Beklagten im Rahmen ihres Ermessens nicht verwehrt, sich an der durchschnittlichen Zinshöhe der letzten sechs Monate vor dem maßgeblichen Zeitpunkt der letzten behördlichen Handlung zu orientieren. Insbesondere unter Berücksichtigung der statistischen Erhebung der Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen erweist sich zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids im Juni 2012 ein Zinssatz i. H. v. 1,5 % noch als angemessen. Eine hierüber hinausgehende Erhebung von Stundungszinsen lässt sich angesichts der deutlich veränderten Verhältnisse auch nicht auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen stützen, nach dem eine Zinshöhe von 4 % keine unverhältnismäßige Belastung darstelle, da sie im Verhältnis zu den auf dem Kapitalmarkt üblichen Soll- und Kreditzinsen relativ niedrig bemessen sei.
101Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16. August 1996 - 12 A 2476/94 -, juris, Rn. 18.
102Das Anfallen von Stundungszinsen bereits ab dem 15. Januar 2010 und damit vor Bestandskraft des über die Hauptforderung ergangenen Leistungsbescheides ist nicht zu beanstanden, da die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage die Fälligkeit des Erstattungsanspruchs unberührt lässt.
103Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16. August 1996 - 12 A 2476/94 -, juris, Rn. 18.
104Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Das Gericht hält eine Kostenteilung zwischen den Beteiligten für angemessen. Es hat hierbei der Höhe der bis zur vollständigen Tilgung anfallenden Zinsen im Vergleich zur Hauptforderung Rechnung getragen. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären, weil es der Kläger nach seinen persönlichen Verhältnissen für erforderlich halten durfte, sich schon in diesem Stadium einer rechtskundigen Person zu bedienen, um seine Rechte in dem vorliegenden tatsächlich und rechtlich komplex gestalteten Fall ausreichend wahren zu können.
105Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.
(1) Arbeitseinkommen ist unpfändbar, wenn es, je nach dem Zeitraum, für den es gezahlt wird, nicht mehr als
beträgt.(2) Gewährt der Schuldner auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung seinem Ehegatten, einem früheren Ehegatten, seinem Lebenspartner, einem früheren Lebenspartner, einem Verwandten oder nach den §§ 1615l und 1615n des Bürgerlichen Gesetzbuchs einem Elternteil Unterhalt, so erhöht sich der Betrag nach Absatz 1 für die erste Person, der Unterhalt gewährt wird, und zwar um
Für die zweite bis fünfte Person, der Unterhalt gewährt wird, erhöht sich der Betrag nach Absatz 1 um je(3) Übersteigt das Arbeitseinkommen den Betrag nach Absatz 1, so ist es hinsichtlich des überschießenden Teils in Höhe von drei Zehnteln unpfändbar. Gewährt der Schuldner nach Absatz 2 Unterhalt, so sind für die erste Person weitere zwei Zehntel und für die zweite bis fünfte Person jeweils ein weiteres Zehntel unpfändbar. Der Teil des Arbeitseinkommens, der
übersteigt, bleibt bei der Berechnung des unpfändbaren Betrages unberücksichtigt.(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz macht im Bundesgesetzblatt Folgendes bekannt (Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung):
- 1.
die Höhe des unpfändbaren Arbeitseinkommens nach Absatz 1, - 2.
die Höhe der Erhöhungsbeträge nach Absatz 2, - 3.
die Höhe der in Absatz 3 Satz 3 genannten Höchstbeträge.
(5) Um den nach Absatz 3 pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens zu berechnen, ist das Arbeitseinkommen, gegebenenfalls nach Abzug des nach Absatz 3 Satz 3 pfändbaren Betrages, auf eine Zahl abzurunden, die bei einer Auszahlung für
- 1.
Monate bei einer Teilung durch 10 eine natürliche Zahl ergibt, - 2.
Wochen bei einer Teilung durch 2,5 eine natürliche Zahl ergibt, - 3.
Tage bei einer Teilung durch 0,5 eine natürliche Zahl ergibt.
(6) Hat eine Person, welcher der Schuldner auf Grund gesetzlicher Verpflichtung Unterhalt gewährt, eigene Einkünfte, so kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers nach billigem Ermessen bestimmen, dass diese Person bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens ganz oder teilweise unberücksichtigt bleibt; soll die Person nur teilweise berücksichtigt werden, so ist Absatz 5 Satz 3 nicht anzuwenden.
Für die Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens gilt Folgendes:
- 1.
Nicht mitzurechnen sind die nach § 850a der Pfändung entzogenen Bezüge, ferner Beträge, die unmittelbar auf Grund steuerrechtlicher oder sozialrechtlicher Vorschriften zur Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen des Schuldners abzuführen sind. Diesen Beträgen stehen gleich die auf den Auszahlungszeitraum entfallenden Beträge, die der Schuldner - a)
nach den Vorschriften der Sozialversicherungsgesetze zur Weiterversicherung entrichtet oder - b)
an eine Ersatzkasse oder an ein Unternehmen der privaten Krankenversicherung leistet, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen.
- 2.
Mehrere Arbeitseinkommen sind auf Antrag vom Vollstreckungsgericht bei der Pfändung zusammenzurechnen. Der unpfändbare Grundbetrag ist in erster Linie dem Arbeitseinkommen zu entnehmen, das die wesentliche Grundlage der Lebenshaltung des Schuldners bildet. - 2a.
Mit Arbeitseinkommen sind auf Antrag auch Ansprüche auf laufende Geldleistungen nach dem Sozialgesetzbuch zusammenzurechnen, soweit diese der Pfändung unterworfen sind. Der unpfändbare Grundbetrag ist, soweit die Pfändung nicht wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche erfolgt, in erster Linie den laufenden Geldleistungen nach dem Sozialgesetzbuch zu entnehmen. Ansprüche auf Geldleistungen für Kinder dürfen mit Arbeitseinkommen nur zusammengerechnet werden, soweit sie nach § 76 des Einkommensteuergesetzes oder nach § 54 Abs. 5 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch gepfändet werden können. - 3.
Erhält der Schuldner neben seinem in Geld zahlbaren Einkommen auch Naturalleistungen, so sind Geld- und Naturalleistungen zusammenzurechnen. In diesem Fall ist der in Geld zahlbare Betrag insoweit pfändbar, als der nach § 850c unpfändbare Teil des Gesamteinkommens durch den Wert der dem Schuldner verbleibenden Naturalleistungen gedeckt ist. - 4.
Trifft eine Pfändung, eine Abtretung oder eine sonstige Verfügung wegen eines der in § 850d bezeichneten Ansprüche mit einer Pfändung wegen eines sonstigen Anspruchs zusammen, so sind auf die Unterhaltsansprüche zunächst die gemäß § 850d der Pfändung in erweitertem Umfang unterliegenden Teile des Arbeitseinkommens zu verrechnen. Die Verrechnung nimmt auf Antrag eines Beteiligten das Vollstreckungsgericht vor. Der Drittschuldner kann, solange ihm eine Entscheidung des Vollstreckungsgerichts nicht zugestellt ist, nach dem Inhalt der ihm bekannten Pfändungsbeschlüsse, Abtretungen und sonstigen Verfügungen mit befreiender Wirkung leisten.
Tenor
Der Bescheid des Personalamtes der Bundeswehr vom 01.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.06.2012 wird insoweit aufgehoben, als Stundungszinsen in Höhe von mehr als 1,5 Prozentpunkten festgesetzt werden; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt 4/5, die Beklagte 1/5 der Kosten des Verfahrens. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig erklärt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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T a t b e s t a n d
2Der Kläger trat im Anschluss an seinen Grundwehrdienst zum 1. Juli 1997 als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit ein. Seine Dienstzeit wurde gemäß der von ihm unterzeichneten Verpflichtungserklärung vom 12. Juni 1997 letztlich auf siebzehn Jahre festgesetzt mit Dienstzeitende 1. November 2013. Die vom Kläger unterschriebene Verpflichtungserklärung enthielt u. a. einen ausdrücklichen Hinweis auf die Unwiderruflichkeit der Erklärung sowie die gesetzliche Regelung des § 56 Abs. 4 des Soldatengesetzes (SG). Über den Inhalt der Norm wurde der Kläger zusätzlich noch einmal am 30. Juni 1997 belehrt.
3Im Zeitraum vom 2. April 1998 bis 10. Mai 2004 studierte der Kläger unter Beurlaubung vom militärischen Dienst und Gewährung von Ausbildungsgeld in Höhe von insgesamt 117.691,26 Euro Humanmedizin an den Universitäten N. und N1. . Am 1. Oktober 2004 wurde ihm die Approbation als Arzt erteilt; am selben Tag wurde er zum Stabsarzt ernannt. Vom 1. Oktober 2004 bis zum 31. Juli 2007 absolvierte der Kläger den klinischen Weiterbildungsabschnitt Chirurgie im Bundeswehrzentralkrankenhaus L. . Zudem absolvierte er während dieser Zeit mehrere Lehrgänge, für die Kosten in folgender Höhe entstanden: Spezialkurs Strahlenschutz (unmittelbare Kosten: 230,- €), Einführungskurs Intensivmedizin (unmittelbare Kosten: 230,- €; mittelbare Kosten: 327,20 €), Plastische Wiederherstellungschirurgie (unmittelbare Kosten: 188,- €; mittelbare Kosten: 188,- €), Lehrgang Notfallmedizin (unmittelbare Kosten: 1.805,51 €; mittelbare Kosten: 473,72 €). Mit Urkunde der X. X1. -V. N2. vom 28. März 2008 wurde der Kläger mit Wirkung zum 1. April 2008 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit zum Akademischen Rat ernannt.
4Mit Schreiben vom 22. Dezember 2008 teilte das Personalamt der Bundeswehr dem Kläger die im Hinblick auf das bereits zuvor angekündigte Rückforderungsverfahren bislang ermittelten Kosten der von ihm absolvierten Fachausbildungen sowie die Höhe des ihm ausgezahlten Ausbildungsgeldes mit. Unter Hinweis auf die Regelung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG bat es um ausführliche Stellungnahme anhand eines beigefügten Formblattes sowie durch Vorlage aussagekräftiger Unterlagen. Von der Gelegenheit zur Stellungnahme machte der Kläger unter dem 5. Januar sowie dem 21. Januar 2009 Gebrauch.
5Unter dem 1. Dezember 2009 erließ das Personalamt der Bundeswehr einen an den Kläger gerichteten Leistungsbescheid. Mit Nr. 1 des Bescheids forderte es die Erstattung des dem Kläger während seiner Beurlaubung zum Studium gewährten Ausbildungsgeldes sowie der im Rahmen der ärztlichen Aus- und Weiterbildung entstandenen Fachausbildungskosten; es setzte den Erstattungsbetrag auf 100.420,73 Euro fest. Mit Nr. 2 und 3 des Leistungsbescheids gewährte das Personalamt dem Kläger eine ab Bestandskraft des Bescheides, spätestens ab dem 15. Januar 2010 mit 4 % verzinsliche Stundung durch Einräumung von Ratenzahlungen, wobei die monatliche Zahlungsrate auf 440,- Euro festgesetzt wurde. Mit Nr. 4 des Bescheids stellte es die Stundung sowie die Höhe der monatlichen Teilzahlungsrate unter den Vorbehalt gleichbleibender wirtschaftlicher Verhältnisse. Zur Begründung führte das Personalamt im Wesentlichen aus, der Kläger sei durch die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit nach § 125 Abs. 1 Satz 2 Beamtenrechtsrahmengesetz (BRRG) a. F. als Soldat auf Zeit entlassen; er habe demnach gemäß § 56 Abs. 4 Sätze 1 und 2 SG die Kosten seiner Ausbildung zu erstatten. Hierbei handele es sich zum einen um das ihm während seiner Beurlaubung zum Studium gewährte Ausbildungsgeld i. H. v. 117.691,26 Euro sowie zum anderen um im Rahmen verschiedener Fachausbildungen angefallene Kosten i. H. v. 2.453,51 Euro (unmittelbare Kosten) bzw. 988,92 Euro (mittelbare Kosten). Diese Kosten könnten jedoch unter Berücksichtigung der bereits „abgedienten“ Dienstzeit in Ausübung der Härtefallregelung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG auf die letztlich festgesetzte Summe reduziert sowie dem Kläger eine verzinsliche Ratenzahlung gewährt werden.
6Mit am 20. Juni 2012 zugestellten Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2012 wies das Personalamt der Bundeswehr den am 23. Dezember 2009 eingegangenen Widerspruch des Klägers vom 21. Dezember 2009 zurück. Zur Begründung berief es sich als Rechtsgrundlage auf § 56 Abs. 4 SG i. d. F. vom 15. Dezember 1995 i. V. m. § 97 Abs. 1 SG. Insbesondere sei die Härtefallklausel des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG ordnungsgemäß angewandt worden; eine weitere Reduzierung des Erstattungsbetrages komme nicht in Betracht, da die insoweit ergangene Rechtsprechung Anwendung nur bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern finde.
7Der Kläger hat am 17. Juli 2012 Klage erhoben. Er rügt, die Beklagte habe ihn weder vor Erlass des Leistungsbescheides noch des Widerspruchsbescheides ausreichend angehört. Er ist der Ansicht, § 56 Abs. 4 SG verstoße sowohl gegen Art. 33 Abs. 5 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) als auch gegen Art. 33 Abs. 5 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG. Jedenfalls sei eine weitergehende Reduzierung des Erstattungsbetrages nach Maßgabe der für anerkannte Kriegsdienstverweigerer angewandten Grundsätze angezeigt, da mit der Festsetzung einer langfristigen Dienstzeit die Unerfahrenheit und Notlage eines jungen Menschen ausgenutzt werde, sich zudem seine Erwartungen im Hinblick auf sein berufliches Fortkommen in der Bundeswehr nicht erfüllt hätten und sich die Bundeswehr u. a. durch Umstrukturierungsmaßnahmen und die zuvor undenkbare Teilnahme an Auslandseinsätzen stark gewandelt habe; er könne sich insoweit auf Art. 2 Abs. 1 GG berufen. Zudem sei die errechnete Abdienquote nicht korrekt, da fälschlicherweise seine klinische Weiterbildung nicht als Abdienzeit berücksichtigt werde. Schließlich überfordere ihn die festgesetzte Erstattungspflicht in wirtschaftlicher Hinsicht.
8Der Kläger beantragt,
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1. den Bescheid des Personalamtes der Bundeswehr vom 01.12.2009 – PK 291076-I-41713 – sowie den Widerspruchsbescheid vom 14.06.2012 – 39-21-05/002/10 – aufzuheben,
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2. die Hinzuziehung der Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie ist der Ansicht, sie habe den Erfordernissen des § 28 Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) ausreichend Rechnung getragen. Ein Verstoß gegen das Grundgesetz liege nicht vor; auch sei ihre Handhabung des § 56 Abs. 4 SG nicht zu beanstanden, insbesondere handele es sich bei der klinischen Weiterbildung des Klägers um eine Fachausbildung, die im Rahmen der Abdienquote keine Berücksichtigung finden könne.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.
16E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
17Die zulässige Klage ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
18Insoweit erweist sich der angefochtene Leistungsbescheid des Personalamtes der Bundeswehr vom 1. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 2012 als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im Übrigen ist die Klage hingegen unbegründet.
19Rechtmäßig ist die Rückforderung des Ausbildungsgeldes und der Fachausbildungskosten i. H. v. insgesamt 100.420,73 Euro nach Nr. 1 des Leistungsbescheides unter Berücksichtigung der unter Nr. 2 geregelten und nach Nr. 4 unter Vorbehalt stehenden Stundung durch Einräumung von Ratenzahlungen (1.). Die in Nr. 3 des Bescheids geregelte Erhebung von Stundungszinsen ist hingegen nur bis zu einer Höhe von 1,5 %-Punkten rechtmäßig, im Übrigen hingegen rechtswidrig (2.).
201. Die Rückforderung des Ausbildungsgeldes und der Fachausbildungskosten in der festgesetzten Höhe ist rechtmäßig.
21a) Rechtsgrundlage für die Rückforderung des Ausbildungsgeldes ist § 56 Abs. 4 Satz 1 SG in der Fassung vom 15. Dezember 1995. Diese vom 1. Januar 1996 bis zum 23. Dezember 2000 gültige Fassung der Norm ist nach § 97 Abs. 1 SG anzuwenden auf Soldaten auf Zeit, die – wie der Kläger vorliegend mit seinem Studium der Humanmedizin zum 2. April 1998 – vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes und anderer Vorschriften vom 19. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1815) ein Studium oder eine Fachausbildung begonnen haben.
22Nach § 56 Abs. 4 Satz 1 SG muss ein Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, die entstandenen Kosten des Studiums oder der Fachausbildung unter anderem dann erstatten, wenn er auf seinen Antrag entlassen worden ist.
23Dem Begriff der Kosten des Studiums im Sinne der vorgenannten Vorschrift unterfällt das dem Kläger auf der Grundlage von § 30 Abs. 2 SG gezahlte Ausbildungsgeld. Hierfür kommt der ausdrücklich die Rückforderung von Ausbildungsgeld regelnde § 56 Abs. 4 Satz 2 SG als Rechtsgrundlage nicht in Betracht, weil der Kläger bei seinem Ausscheiden aus dem Soldatenverhältnis nicht mehr Sanitätsoffizier-Anwärter, sondern als Stabsarzt Soldat auf Zeit in der Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes war. Für diesen Personenkreis regelte § 56 Abs. 4 Satz 1 SG in der hier anwendbaren Fassung abschließend sowohl die Erstattung der Fachausbildungskosten als auch die Rückforderung von Ausbildungsgeld, obwohl es an einer dem § 49 Abs. 4 Satz 2 SG entsprechenden, auf Sanitätsoffiziere zugeschnittenen Fassung fehlte.
24Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. September 1999 - 12 A 1828/98 -, juris, Rn. 25 f. m. w. N.
25Rechtsgrundlage für die Rückforderung der Fachausbildungskosten ist hingegen – der im Wesentlichen inhaltsgleiche – § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SG in der aktuellen Fassung, weil die Zeiten der geltend gemachten Fachausbildungen nach dem 23. Dezember 2000 liegen.
26b) An der Vereinbarkeit des § 56 Abs. 4 SG mit dem Grundgesetz bestehen keine Zweifel.
27(aa) Die Vorschrift verstößt zunächst nicht gegen Art. 33 Abs. 5 GG. Dabei kann offen bleiben, ob das dort als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums verankerte Alimentationsprinzip auch – gegebenenfalls vermittelt über Art. 14 Abs. 1 GG – für Soldaten gilt.
28Vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 18. April 1991 - 2 WDB 3.91 -, BVerwGE 93, 69 = juris, Rn. 9 m. w. N.
29Bei den Kosten des Studiums oder der Fachausbildung handelt es sich schon nicht um besoldungsähnliche Leistungen, die vom Alimentationsprinzip erfasst sind.
30Vgl. S. Sohm, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. 2010, § 56 Rn. 17; U. Lucks, in: Scherer/Alff/Poretschkin, Soldatengesetz, 9. Aufl. 2013, § 56 Rn. 8.
31Im Übrigen trägt § 56 Abs. 4 SG hinsichtlich der hier in Rede stehenden Kosten der Fachausbildung wie auch des auf der Grundlage von § 30 Abs. 2 SG gewährten Ausbildungsgeldes in gerechtfertigter Weise dem Umstand Rechnung, dass der Dienstherr, der einem Soldaten auf Zeit im dienstlichen Interesse ein mit hohen Kosten verbundenes Studium ermöglicht und ihm während der Beurlaubung zum Zwecke des Studiums ein Ausbildungsgeld gewährt oder aber eine kostspielige Fachausbildung zuteilwerden lässt, grundsätzlich davon ausgehen kann, dass ihm der Soldat die erworbenen Spezialkenntnisse und Fähigkeiten bis zum Ende der Verpflichtungszeit zur Verfügung stellen wird. Wenn der Soldat auf Zeit auf eigenen Antrag oder eigene Initiative aus dem Dienstverhältnisses ausscheidet, stellen für ihn die auf Kosten des Dienstherrn erworbenen Spezialkenntnisse und Fähigkeiten im weiteren Berufsleben einen erheblichen Vorteil dar, während der Dienstherr die ihm entstandenen Kosten ganz oder teilweise vergeblich aufgewendet hat. Für diese Lage schafft der Erstattungsanspruch einen billigen Ausgleich.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 - 2 C 18.05 -, DokBer 2006, 295 = juris, Rn. 14 m. w. N.; VG Gießen, Urteil vom 5. November 2012 - 5 K 785/11.GI -, juris, Rn. 24; VG Düsseldorf, Urteil vom 30. Dezember 2013 - 10 K 5420/13 -, juris, Rn. 17.
33(bb) Ebenso wenig ist Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Es stellt schon keine gleichheitsrechtlich relevante Ungleichbehandlung dar, dass – wie klägerseits vorgetragen – ein Soldat auf Zeit, der eine Pilotenausbildung absolviert, im Falle des Ausscheidens u. U. die Kosten dieser Ausbildung, nicht aber seine erhaltenen Dienstbezüge erstatten muss, während ein früherer Sanitätsoffizier-Anwärter (auch) zur Rückzahlung des ihm gewährten Ausbildungsgeldes verpflichtet ist. Denn während der exemplarisch herangezogene Pilot die Ausbildung im Laufe seiner Dienstzeit und unter vollständiger Einbindung in die Befehls- und Strukturgewalt der Bundeswehr absolviert, ist ein Sanitätsoffizier-Anwärter für die Zeit seines Studiums beurlaubt und von seinen Dienstpflichten freigestellt.
34Vgl. auch VG Gießen, Urteil vom 5. November 2012 - 5 K 785/11.GI -, juris, Rn. 24; VG Düsseldorf, Urteil vom 30. Dezember 2013 - 10 K 5420/13 -, juris, Rn. 21.
35c) Der angefochtene Verwaltungsakt ist formell rechtmäßig, namentlich liegt kein Verstoß gegen § 28 Abs. 1 VwVfG vor. Nach der Vorschrift ist einem Beteiligten vor Erlass eines Verwaltungsaktes, der in seine Rechte eingreift, Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Insbesondere beschränkte sich die Gelegenheit zur Äußerung nicht nur auf die Abfrage der wirtschaftlichen Verhältnisse und damit, wie der Kläger meint, einen kleinen Ausschnitt der für die Entscheidung erheblichen Tatsachen. Der Kläger wurde nach seiner Entlassung bereits mit Schreiben vom 24. April 2008 und 6. Mai 2008 auf die Erstattungspflicht nach § 56 Abs. 4 SG hingewiesen. Sodann wurde ihm mit Schreiben vom 22. Dezember 2008 unter Nennung der bislang ermittelten Fachausbildungskosten sowie der Höhe des gezahlten Ausbildungsgeldes unter ausdrücklichem Hinweis auf die Härtefall-Klausel des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Anhörungsschreiben sind dem Kläger zugegangen, wie sich ausweislich seines Schreibens vom 5. Januar 2009 zeigt.
36d) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 56 Abs. 4 Satz 1 SG liegen vor.
37(aa) Der Kläger ist mit Ernennungsverfügung vom 10. Juni 1997 in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen worden. Er wurde auch „auf seinen Antrag entlassen“ i. S. d. § 56 Abs. 4 Satz 1 SG i. d. F. vom 15. Dezember 1995. Die vorgenannte Vorschrift erfasst auch jene Fälle, in denen ein (früherer) Soldat auf Zeit als auf eigenen Antrag entlassen gilt. Hierfür spricht zunächst schon, dass es gerade der Zweck einer solchen gesetzlichen Fiktion ist, die entsprechenden Rechtsfolgen der in Bezug genommenen Konstellation herbeizuführen. Nichts anderes lässt sich aus der mit Wirkung zum 24. Dezember 2000 in Kraft getretenen Änderung des § 56 Abs. 4 SG herleiten, die jene gesetzliche Fiktion nunmehr explizit aufnimmt. Denn die vorgenannte Änderung erfolgte nicht, um eine Änderung der Rechtslage herbeizuführen, sondern entsprang ausweislich der Entwurfsbegründung lediglich sprachlichen Motiven.
38Vgl. BT-Drs. 14/4062, S. 23; siehe zum Ganzen auch VG Gießen, Urteil vom 5. November 2012 - 5 K 785/11.GI -, juris, Rn. 26; ebenso BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 - 2 C 18.05 -, DokBer 2006, 295 = juris, Rn. 10.
39Nach § 125 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BRRG i. d. F. v. 27. Dezember 2004 gilt der Kläger mit seiner mit Wirkung vom 1. April 2008 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit erfolgten Ernennung zum Akademischen Rat an der X. X1. -V. N2. als auf eigenen Antrag entlassen. Die Vorschrift ist in der genannten Fassung anzuwenden, da diese zum Zeitpunkt der Ernennung des Klägers in Kraft war.
40(bb) Die militärische Ausbildung des Klägers war mit einem Studium – hier der Humanmedizin an den Universitäten N. und N1. von 1998 bis 2004 – sowie mit verschiedenen Fachausbildungen verbunden. Eine Fachausbildung i. S. d. Soldatengesetzes ist jede einem dienstlichen Zweck dienende, für alle Teilnehmer einheitlich gestaltete Ausbildung eines Berufssoldaten bzw. Soldaten auf Zeit, die zu seiner allgemeinen militärischen Ausbildung hinzukommt und zu einer zusätzlichen Befähigung oder Berechtigung führt.
41Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 21. April 1982 - 6 C 3.81 -, BVerwGE 65, 203 = juris, Rn. 27.
42Dass es sich bei den von der Beklagten in Anschlag gebrachten Kursen Strahlenschutz, Intensivmedizin, Plastische Wiederherstellungschirurgie und Notfallmedizin um so verstandene Fachausbildungen handelt, hat auch der Kläger nicht in Abrede gestellt. Soweit er vorbringt, die klinische Weiterbildung Chirurgie sei keine Fachausbildung i. S. d. § 56 Abs. 4 SG, bezieht sich dies allein auf die Anrechnung jener Zeit im Rahmen der sog. Abdienquote.
43e) Die Erstattungspflicht erstreckt sich nach § 56 Abs. 4 Satz 1 SG auf die entstandenen Kosten des Studiums und der Fachausbildungen. Zu erstatten sind dabei grundsätzlich alle Kosten, die in einem adäquaten Zusammenhang mit dem Studium oder der Fachausbildung stehen. Hierzu gehören nicht nur unmittelbare Ausbildungskosten im engeren Sinne, wie Ausbildungs- bzw. Studiengebühren, Aufwendungen für Ausbildungsmittel und -ausrüstungen, sondern auch mittelbare Ausbildungskosten. Zu diesen persönlichen Kosten zählen beispielsweise Reisekosten, Trennungsgeld und Umzugskosten.
44Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. September 1999 - 12 A 1828/98 -, juris, Rn. 31; S. Sohm, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. 2010, § 56 Rn. 18.
45An dem Bestehen einer Erstattungspflicht änderte es nichts, falls man den Wortlaut der vom Kläger unterzeichneten Verpflichtungserklärung in mehrfacher Hinsicht (u. a. auch auf die zurückgeforderten Bruttobeträge) als unscharf ansähe. Denn der Hinweis in der Verpflichtungserklärung auf die gesetzliche Regelung des § 56 Abs. 4 SG hat keine Auswirkungen auf das tatsächliche Bestehen und den Umfang einer Erstattungspflicht. So ist sogar anerkannt, dass es nicht erforderlich ist, dass der Soldat vor seiner Verpflichtungserklärung über das Bestehen einer Erstattungspflicht belehrt wurde.
46Vgl. S. Sohm, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. 2010, § 56 Rn. 20 m. w. N.
47Erst recht kann dann aber eine – möglicherweise – als unscharf empfundene Wiedergabe der gesetzlichen Regelung keine Auswirkungen auf das Bestehen der Erstattungspflicht haben.
48Der insoweit von der Beklagten ermittelte Betrag ist rechtlich nicht zu beanstanden.
49(aa) Zu den Kosten des Studiums gehört das einem früheren Sanitätsoffizier-Anwärter gewährte Ausbildungsgeld.
50Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. September 1999 - 12 A 1828/98 -, juris, Rn. 25 f. m. w. N.
51Der von der Beklagten ermittelte Betrag von 117.691,26 Euro für den Zeitraum vom 2. April 1998 bis zum 10. Mai 2004 ist nicht zu beanstanden; Anhaltspunkte für eine unzutreffende Ermittlung der Rückforderungssumme sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist es der Beklagten nicht verwehrt, die von ihr tatsächlich erbrachten Bruttobeträge zur Grundlage ihrer Rückforderungsberechnungen zu machen. Die insoweit von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Rückforderung zu viel gezahlter Dienst- und Versorgungsbezüge bei Beamten,
52vgl. dazu Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 8. Aufl. 2013, § 15 Rn. 65 f. m. w. N.,
53denen sich das Gericht anschließt, sind auf die Rückforderung von Ausbildungsgeld übertragbar. Hiernach kann grundsätzlich der Bruttobetrag angesetzt werden, da es sich bei der Differenz zwischen Brutto- und Nettobetrag um eine „mittelbare Zuwendung“ des Dienstherren handelt, die dieser für die „Rechnung“ des Beamten – oder hier Soldaten – unmittelbar an das Finanzamt abführt. Der Kläger wird hierdurch nicht unbillig im Sinne einer doppelten Inanspruchnahme – einmal bei erstmaligem Anfall der Lohnsteuer und sodann bei der Rückzahlung des Ausbildungsgeldes – benachteiligt, da es ihm freisteht, den zurückgezahlten Bruttobetrag im Kalenderjahr der Zahlung gegenüber den Finanzbehörden als sog. Negativeinkünfte geltend zu machen, um damit eine Verringerung der Steuerschuld zu erreichen.
54Vgl. VG Gießen, Urteil vom 5. November 2012 - 5 K 785/11.GI -, juris, Rn. 27; VG Düsseldorf, Urteil vom 30. Dezember 2013 - 10 K 5420/13 -, juris, Rn. 26 ff.
55Dass eine steuerliche Geltendmachung beim Kläger ausnahmsweise nicht möglich sein soll, hat dieser nicht vorgetragen; dem Gericht liegen hierfür auch keine Anhaltspunkte vor.
56(bb) Ebenso wenig sind die Kosten der Fachausbildung i. H. v. 2.453,51 Euro (unmittelbare Kosten) sowie 988,92 Euro (mittelbare Kosten) zu beanstanden. Weder greift der Kläger die Berechnungen an – seine Beanstandung der Kosten für die Fachausbildung Notfallmedizin bezieht sich nicht auf die Ermittlung der Kosten, sondern darauf, dass die Ausbildung außerhalb der Bundeswehr deutlich günstiger gewesen wäre – noch hat das Gericht sonstige Anhaltspunkte für eine unzutreffende Ermittlung.
57f) Schließlich hat die Beklagte in nicht zu beanstandender Weise die Härtefallklausel des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG angewandt und das ihr zustehende Ermessen in einer vom Gericht nicht zu beanstandenden Weise ausgeübt (vgl. § 114 Satz 1 VwGO).
58Nach § 56 Abs. 4 Satz 3 SG kann auf die Erstattung ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn sie für den Soldaten eine besondere Härte bedeuten würde. Mit dieser Regelung sollen unzumutbare Belastungen vermieden werden. Derartige Härtevorschriften dienen dem Zweck, den von den Regelvorschriften nicht erfassten Ausnahmefällen und Grenzsituationen Rechnung zu tragen. Sie haben ihren inneren Grund in den aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit von Zweck und Mittel sowie des Übermaßverbots.
59Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 - 6 C 135.74 -, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 44; siehe auch OVG NRW, Urteil vom 22. August 2013 - 1 A 2278/11 -, juris, Rn. 28.
60Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Beklagte die Vorschrift des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG in nicht zu beanstandender Weise angewandt.
61(aa) Keinen Bedenken begegnet die Entscheidung der Beklagten, zur Vermeidung einer besonderen Härte durch Rückforderung der gesamten Ausbildungskosten eine sog. Abdienquote festzusetzen und den insoweit errechneten „abgedienten“ Teil der Ausbildungskosten von dem ursprünglich errechneten Erstattungsbetrag in Abzug zu bringen. Mit dieser Abdienquote wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der frühere Soldat auf Zeit unter Umständen Teile seiner Ausbildungskosten bereits dadurch abgedient hat, indem er dem Dienstherrn mit den durch die Ausbildung erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten nach Beendigung der Ausbildung uneingeschränkt zur Verfügung stand. Zur Berechnung der Abdienquote wird zunächst die Zeit festgestellt, die der frühere Soldat nach Abschluss der jeweiligen Maßnahme gemäß seiner Verpflichtungserklärung noch hätte ableisten müssen. Das Verhältnis der bereits abgeleisteten Dienstzeit zu jener Bleibeverpflichtung ergibt sodann die Abdienquote. Im Rahmen dieser Rechenoperation ist es der Beklagten insbesondere mit Blick auf die von der Dienstzeit abhängende unterschiedliche Wertigkeit der Dienstleistungen nicht verwehrt, die abgeleisteten Dienstzeiten unterschiedlich gestaffelt zu gewichten, d. h. das erste Drittel mit einem Multiplikator von 0,75, das zweite Drittel mit einem von 1,05 und das dritte Drittel mit einem von 1,2 zu versehen.
62Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. September 1999 - 12 A 1828/98 -, juris, Rn. 48; siehe auch BayVGH, Urteil vom 4. Juli 2013 - 6 BV 12.19 -, juris, Rn. 41.
63Die Kammer hält auch in Anbetracht erst kürzlich geäußerter Kritik an dieser gefestigten Rechtsprechung -
64vgl. VG Schleswig, Urteil vom 6. März 2014 - 12 A 130/13 -, Umdruck S. 7 ff. -
65an der Auffassung fest, dass eine entsprechende Gewichtung bei der Ermittlung der Abdienquote nicht ermessensfehlerhaft ist.
66Auf Basis der vorstehenden Grundsätze hat die Beklagte in ermessensgerechter Weise für den Kläger einen Verzichtsanteil i. H. v. 17,24 % errechnet und demgemäß den Erstattungsbetrag für das Ausbildungsgeld auf 97.401,29 Euro und für die unmittelbaren Fachausbildungskosten auf 2.030,52 Euro reduziert. Den vorangestellten Maßstäben entspricht es insbesondere, dass die Beklagte bei den Berechnungen sowohl hinsichtlich des Ausbildungsgeldes als auch der einzelnen Fachausbildungen eine einheitliche Abdienquote i. H. v. zunächst 22,99 % zu Grunde gelegt hat. Denn zu Beginn des als abgeleistete Dienstzeit berücksichtigten Zeitraums vom 1. August 2006 bis zu seiner Entlassung mit Ablauf des 31. März 2008 erhielt der Kläger kein Ausbildungsgeld mehr und waren bereits sämtliche im Rahmen der Rückforderung herangezogenen Maßnahmen abgeschlossen. Den vorstehenden Maßstäben genügt es ebenfalls, dass die Beklagte zur Errechnung des Verzichtsanteils die zuvor bestimmte Abdienquote mit einem Multiplikator von 0,75 versehen hat. Der Kläger befand sich bis zu seinem Ausscheiden mit Ablauf des 31. März 2008 mit 600 abgeleisteten Tagen noch im ersten Drittel seiner gemäß der Verpflichtungserklärung 2.610 Tage – bis zum 1. November 2013 – dauernden Bleibeverpflichtung.
67Rechtsfehlerfrei ist dabei auch die Entscheidung der Beklagten, die Zeit vom 1. Oktober 2004 bis 31. Juli 2006, in der der Kläger seine klinische Weiterbildung Chirurgie absolvierte, nicht als geleistete Dienstzeit im Rahmen der Errechnung der Abdienquote in Ansatz zu bringen. Berücksichtigungsfähig ist nämlich allein die Zeit, die der Soldat nach Abschluss seiner Fachausbildung der Bundeswehr uneingeschränkt zur Verfügung gestanden hat.
68Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. September 1999 - 12 A 1828/98 -, juris, Rn. 48 f. m. w. N.; BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2014 - 2 B 96.13 -, juris, Rn. 8.
69Befindet sich der Soldat dagegen in einer Fachausbildung, so stellt er dem Dienstherrn nicht seine erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten uneingeschränkt zur Verfügung, mag er im Rahmen seiner Tätigkeit auch den üblichen Dienst eines Klinikarztes verrichten.
70Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 1987 - 6 C 87.84 -, Buchholz 236.1 § 46 SG Nr. 17 = juris, Rn. 29; Beschluss vom 14. Mai 2014 - 2 B 96.13 -, juris, Rn. 8.
71Erforderlich, aber auch ausreichend für eine Fachausbildung i. S. d. Soldatengesetzes ist es, wenn es sich um eine neben der allgemeinen militärischen Ausbildung, die jeder Soldat entsprechend seiner Laufbahn erhält, vermittelte besondere Ausbildung handelt, zu der dienstliche Gründe den Anstoß gaben und die den Soldaten befähigen soll, eine militärische Funktion zu übernehmen, die er nach der Einschätzung der verantwortlichen Stellen der Bundeswehr ohne die zu vermittelnden Kenntnisse oder Fertigkeiten nicht sachgerecht wahrnehmen kann. Inwieweit eine solche Fachausbildung auch im zivilen Bereich Ausbildungscharakter hat oder ob sie zu einer Berechtigung führt, die auch außerhalb der Bundeswehr anzuerkennen ist, hat hingegen für die Auslegung des soldatenrechtlichen und der Sache nach auf den Militärdienst bezogenen Begriffs „Fachausbildung“ keine Bedeutung. Dass die Weiterbildung eines approbierten Arztes nach den berufsrechtlichen Vorschriften für Ärzte möglicherweise z. T. nicht als ergänzende Ausbildung, sondern als Vervollkommnung des beruflichen Wissens angesehen wird, schließt es mithin nicht aus, sie bei einem Berufssoldaten des Sanitätsdienstes als Fachausbildung im Sinne des Soldatenrechts zu werten. Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht die – berufsrechtlich ebenfalls nicht als Ausbildung angesehene – Weiterbildung eines Berufssoldaten des Sanitätsdienstes, durch die ihm fachärztliche Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt wurden, als eine solche Fachausbildung behandelt.
72Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. April 1982 - 6 C 3.81 -, BVerwGE 65, 203 = juris, Rn. 27; BayVGH, Urteil vom 4. Juli 2013 - 6 BV 12.19 -, juris, Rn. 29, 36.
73Nach Maßgabe dieser Grundsätze stellt die in Rede stehende klinische Weiterbildung Chirurgie des Klägers eine Fachausbildung i. S. d. § 56 Abs. 4 SG dar. Dass es sich insoweit um eine neben der allgemeinen militärischen Ausbildung vermittelte besondere Ausbildung handelt, zu der dienstliche Gründe den Anstoß gaben, stellt auch der Kläger nicht in Abrede. Etwas anderes ist auch für das Gericht nicht ersichtlich, insbesondere unter Berücksichtigung der Beurteilung vom 7. Dezember 2005, die den Ausbildungscharakter klar hervortreten lässt. Die vom Kläger – auch in der mündlichen Verhandlung noch einmal – erhobenen Einwände zielen demgegenüber auf etwaige „Mängel“ der klinischen Weiterbildung, die – selbst als zutreffend unterstellt – ohne Einfluss auf ihren grundsätzlichen Ausbildungscharakter i. S. d. soldatenrechtlichen Fachausbildungsbegriffs bleiben. Es fehlt schließlich auch nicht an der geplanten militärischen Verwendung. Wie sich aus den Aktenvermerken über die Personalgespräche vom 11. Februar 2004 sowie vom 21. Februar 2006 ergibt, wurde eine Verwendung des Klägers im Fachgebiet Orthopädie bzw. Allgemeinchirurgie vorgesehen. Überdies wurde der Kläger jeweils ausweislich der Vermerke explizit darauf hingewiesen, dass es sich bei der Weiterbildung um eine Fachausbildung handelt.
74(bb) Der angefochtene Verwaltungsakt ist auch nicht insoweit fehlerhaft, als die Beklagte keine – über die Abdienquote hinausgehende – Reduktion der für die Fachausbildung Notfallmedizin angefallenen unmittelbaren Kosten i. H. v. 1.805,51 Euro vorgenommen hat. Zwar wird gelegentlich in der Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass die Härtefallklausel eine Begrenzung der Erstattungspflicht auf solche Kosten gebiete, die in Ausbildungseinrichtungen außerhalb der Bundeswehr für die im zivilen Bereich verwertbaren Spezialkenntnisse und -fähigkeiten hätten aufgewendet werden müssen. Freilich handelt es sich insoweit vornehmlich um Fallkonstellationen, in denen entweder eine besondere Auslegung des § 56 Abs. 4 SG im Lichte des Art. 4 Abs. 3 GG geboten erscheint,
75vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 2. Juli 1996 - 2 B 49.96 -, DVBl. 1996, 1152 = juris, Rn. 7,
76oder aber ein deutliches Missverhältnis zwischen den tatsächlich entstandenen und den fiktiven Kosten im zivilen Bereich besteht,
77vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 - 6 C 135.74 -, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 49 f.; BayVGH, Beschluss vom 13. März 1996 - 3 B 95.1092 -, juris, Leitsatz 3.
78Beide Konstellationen sind hier nicht einschlägig. Weder kann sich der Kläger für sein Ausscheiden aus der Bundeswehr auf Art. 4 Abs. 3 GG berufen noch besteht ein deutliches Missverhältnis der Kosten. Zur Begründung des Bestehens eines derartigen Missverhältnisses kann insbesondere nicht auf die vom Kläger vorgelegten Unterlagen zurückgegriffen werden, nach denen er für einen 8-tätigen Kurs „Notfallmedizin“ am Universitätsklinikum F. im Jahre 2008 400,- Euro hätte aufwenden müssen. Die beiden Kurse sind nicht miteinander vergleichbar. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass der bei der Bundeswehr absolvierte Lehrgang bereits im Jahre 2006 und nicht – wie der Kurs am Universitätsklinikum F. – 2008 stattfand. Zum anderen stehen einer Vergleichbarkeit die unterschiedliche Dauer und damit womöglich unterschiedlichen Inhalte der Kurse entgegen: Während die Fachausbildung Notfallmedizin bei der Bundeswehr vom 15. Mai bis 2. Juni 2006 dauerte, waren ausweislich der vom Kläger vorgelegten Unterlagen für den Kurs am Universitätsklinikum F. lediglich acht Tage vorgesehen. Auch ansonsten hat das Gericht keine Anhaltspunkte für das Bestehen eines deutlichen Missverhältnisses zwischen den tatsächlich entstandenen und den fiktiven Kosten im zivilen Bereich, zumal eine etwa bestehende Differenz bei den reinen Lehrgangskosten noch geschmälert würde durch die Lebenshaltungskosten, die sich der Kläger im jeweiligen Zeitraum erspart hätte. Hierzu rechnen beispielsweise Kosten für Unterkunft und Verpflegung.
79(cc) Die Beklagte war auch nicht gehalten, eine weitere Reduzierung des Erstattungsbetrags unter den Gesichtspunkten einer möglichen wirtschaftlichen Knebelung des Klägers auf unabsehbare Zeit oder einer ernstlichen Gefährdung dessen wirtschaftlicher Existenz vorzunehmen. Zwar können diese Erwägungen grundsätzlich die Annahme einer besonderen Härte begründen.
80Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 - 6 C 135.74 -, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 54.
81Jedoch kann wirtschaftlichen Härten in der Regel mit einer verzinslichen Stundung und Ratenzahlungen ausreichend Rechnung getragen werden.
82Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16. Juni 1993 - 11 S 3031/92 -, juris, Rn. 20; siehe auch Hess. VGH, Beschluss vom 28. November 2008 - 1 UZ 2203/07 -, juris, Rn. 14.
83Vorliegend hat die Beklagte den wirtschaftlichen Belangen des Klägers unter Härtegesichtspunkten dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass sie ihm unter Berücksichtigung seiner Einkommensverhältnisse eine verzinsliche Stundung unter Einräumung von Teilzahlungen in Höhe von 440,- Euro monatlich gewährt hat.
84Es überschreitet nicht die Grenzen des der Beklagten eingeräumten Ermessens, die gesetzlichen Pfändungsschutzvorschriften für Arbeitseinkommen (§§ 850 ff. ZPO) bei der Berechnung der Teilzahlungsraten heranzuziehen,
85vgl. VG Gießen, Urteil vom 26. Oktober 2005 - 8 E 2875/04 -, juris, Rn. 22; siehe auch VG Düsseldorf, Beschluss vom 24. Februar 2009 - 23 L 96/09 -, juris, Rn. 29; BVerwG, Urteile vom 27. Januar 1994 - 2 C 19.92 -, juris, Rn. 21, und vom 8. Oktober 1998 - 2 C 21.97 -, juris, Rn. 25,
86sowie den pfändbaren Betrag entsprechend der Erlasslage um weitere 30 % zu reduzieren. Die festgesetzte Rate in Höhe von 440,- Euro überschreitet nicht den sich in Anwendung dieser Grundsätze ergebenden Betrag. Die Pfändungsgrenzen nach § 850c ZPO knüpfen an das nach § 850e ZPO zu berechnende Arbeitseinkommen an. Nach § 850e Nr. 1 ZPO sind u. a. – und hier allein relevant – Beträge nicht mitzurechnen, die unmittelbar aufgrund sozialrechtlicher Vorschriften zur Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen des Schuldners abzuführen sind. Diesen Beträgen stehen gleich die auf den Auszahlungszeitraum entfallenden Beträge, die der Schuldner a) nach den Vorschriften der Sozialversicherungsgesetze zur Weiterversicherung entrichtet oder b) an eine Ersatzkasse oder an ein Unternehmen der privaten Krankenversicherung leistet, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen. Zu diesen Beträgen gehören die Beiträge für Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherungen ebenso wenig wie die monatlich aus verschiedenen Gründen zu bedienenden Darlehensverpflichtungen des Klägers. Über das Vorstehende hinaus wird die konkrete Berechnung der Teilzahlungsraten vom Kläger nicht angegriffen; die Berechnungen sind auch sonst nicht ersichtlich fehlerhaft.
87Nicht zu beanstanden ist schließlich, dass die Beklagte gemäß § 56 Abs. 4 Satz 3 SG oder jedenfalls nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG die verzinsliche Stundung unter Einräumung von Ratenzahlung unter den Vorbehalt gleichbleibender wirtschaftlicher Verhältnisse gestellt hat.
88(dd) Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, über das vorstehende Maß hinausgehend die Erstattung auf jenen Betrag zu beschränken, der dem Kläger als geldwerter Vorteil aus der Fachausbildung für sein weiteres Berufsleben real und nachprüfbar verblieben ist. Die insoweit ergangene Rechtsprechung,
89vgl. dazu nur BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 - 2 C 18.05 -, DokBer 2006, 295 = juris, Rn. 15,
90trägt bei der Auslegung des § 56 Abs. 4 SG allein im Lichte des Art. 4 Abs. 3 GG den Besonderheiten der Fälle anerkannter Kriegsdienstverweigerer Rechnung. Der Kläger hat aber, wie er selber vorträgt, weder vor noch nach seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr einen entsprechenden Antrag gestellt.
91(ee) Ebenso wenig kann sich der Kläger darauf berufen, sich in einer mit dem Fall eines anerkannten Kriegsdienstverweigerers vergleichbaren Lage befunden zu haben. Die von ihm angeführten Motive können – selbst bei Wahrunterstellung – eine solche Gleichstellung nicht rechtfertigen. Sie sind auch nicht geeignet, ihrerseits eine über das vorstehende Maß hinaus zu berücksichtigende besondere Härte im Sinne des Gesetzes zu begründen.
92Soweit der Kläger zunächst abstrakt Gewissensgründe als für das Ausscheiden aus der Bundeswehr maßgeblich geltend macht, so hätte es ihm – unabhängig von der Plausibilität der vorgetragenen Aspekte – freigestanden, einen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer zu stellen. Es kann weiterhin keine Rede davon sein, dass die Beklagte die Unerfahrenheit des Klägers sowie eine bestehende Notlage im Hinblick auf die Finanzierung des Studiums in unangemessener Weise ausgenutzt hat. Zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Verpflichtungserklärung am 00.00.0000 war der am 00.00.0000 geborene Kläger 00 Jahre alt und musste sich der Folgen seines Handelns bewusst gewesen sein, zumal die von ihm unterzeichnete Verpflichtungserklärung u. a. einen ausdrücklichen Hinweis auf die Unwiderruflichkeit der Erklärung sowie die gesetzliche Regelung des § 56 Abs. 4 SG enthielt. Jedenfalls ermöglichte ihm die Beklagte ein Studium sowie verschiedene Fachausbildungen und wendete hierfür erhebliche Kosten auf. Die im Gegenzug eingegangene Verpflichtungszeit stellte hierfür eine angemessene Gegenleistung dar. Die „unerfüllten Aussichten, Versprechungen und Erwartungen“ – auch unter Berücksichtigung der mit Schriftsatz vom 18. August 2014 vorgelegten persönlichen Stellungnahme des Klägers –, der Wandel des Aufgabenspektrums der Bundeswehr sowie Umstrukturierungsmaßnahmen begründen ebenfalls keine besondere Härte, die einen teilweisen oder vollständigen Verzicht auf die Erstattung nach sich ziehen könnten. Hierbei handelt es sich nicht um atypische Fälle, vielmehr treffen sie alle Soldaten regelmäßig gleich.
93Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 - 6 C 135.74 -, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 46.
94Auch wenn es hierauf nicht in entscheidungserheblicher Weise ankommt, trifft es nicht zu, dass im Zeitpunkt der Abgabe der Verpflichtungserklärung im Jahre 1997 an Auslandseinsätze der Bundeswehr nicht zu denken gewesen sein soll. Bereits seit Anfang der 1990er-Jahre gab es entsprechende politische Debatten und auch entsprechende Einsätze. Im vorliegenden Zusammenhang ebenfalls nicht weiterführend sind die Hinweise des Klägers auf die Umstrukturierungen im Sanitätsdienst der Bundeswehr und die dortige Personalsituation sowie die – auch noch einmal in der mündlichen Verhandlung geschilderten – Umstände seines Auslandseinsatzes im Kosovo.
952. Der angefochtene Bescheid ist hingegen im Hinblick auf die in Nr. 3 des Leistungsbescheids festgesetzten Zinsen nur bis zu einer Höhe von 1,5 %-Punkten rechtmäßig, im Übrigen rechtswidrig.
96Die festgesetzten Zinsen finden ihre Rechtsgrundlage unmittelbar in § 56 Abs. 4 Satz 3 SG.
97Vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 28. November 2008 - 1 UZ 2203/07 -, juris, Rn. 18; OVG NRW, Urteil vom 30. September 1999 - 12 A 1828/98 -, juris, Rn. 64 ff., jeweils m. w. N.
98Der der Beklagten zustehende Ermessensspielraum schließt auch die Entscheidung mit ein, ob und in welcher Höhe sie für die Stundung bzw. die Bewilligung von Ratenzahlung Stundungszinsen fordert. Da infolge der aufgeschobenen Tilgung die Hauptforderung dem Haushalt der Beklagten nicht sofort zur Verfügung steht und hierdurch auch auf Seiten der Beklagten ein Zinsverlust eintritt, ist es grundsätzlich nicht ermessensfehlerhaft, wenn sie dies über eine Verzinsung der gestundeten Beträge zumindest im gewissen Umfange auszugleichen sucht.
99Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16. August 1996 - 12 A 2476/94 -, juris, Rn. 18.
100Mit der Höhe des festgesetzten Zinssatzes von 4 % hat die Beklagte die Grenzen des ihr zustehenden Ermessens jedoch überschritten. Die Höhe der festgesetzten Zinsen hat sich an dem Liquiditätsnachteil der Beklagten zu orientieren, d. h. in Zeiten eines Haushaltsdefizits an dem Zinssatz, den die Beklagte aufwenden muss, um sich ihrerseits Liquidität zu verschaffen. Hierbei ist es der Beklagten im Rahmen ihres Ermessens nicht verwehrt, sich an der durchschnittlichen Zinshöhe der letzten sechs Monate vor dem maßgeblichen Zeitpunkt der letzten behördlichen Handlung zu orientieren. Insbesondere unter Berücksichtigung der statistischen Erhebung der Umlaufrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen erweist sich zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids im Juni 2012 ein Zinssatz i. H. v. 1,5 % noch als angemessen. Eine hierüber hinausgehende Erhebung von Stundungszinsen lässt sich angesichts der deutlich veränderten Verhältnisse auch nicht auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen stützen, nach dem eine Zinshöhe von 4 % keine unverhältnismäßige Belastung darstelle, da sie im Verhältnis zu den auf dem Kapitalmarkt üblichen Soll- und Kreditzinsen relativ niedrig bemessen sei.
101Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16. August 1996 - 12 A 2476/94 -, juris, Rn. 18.
102Das Anfallen von Stundungszinsen bereits ab dem 15. Januar 2010 und damit vor Bestandskraft des über die Hauptforderung ergangenen Leistungsbescheides ist nicht zu beanstanden, da die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage die Fälligkeit des Erstattungsanspruchs unberührt lässt.
103Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16. August 1996 - 12 A 2476/94 -, juris, Rn. 18.
104Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Das Gericht hält eine Kostenteilung zwischen den Beteiligten für angemessen. Es hat hierbei der Höhe der bis zur vollständigen Tilgung anfallenden Zinsen im Vergleich zur Hauptforderung Rechnung getragen. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären, weil es der Kläger nach seinen persönlichen Verhältnissen für erforderlich halten durfte, sich schon in diesem Stadium einer rechtskundigen Person zu bedienen, um seine Rechte in dem vorliegenden tatsächlich und rechtlich komplex gestalteten Fall ausreichend wahren zu können.
105Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.
(1) Die Pfändung von Miete und Pacht ist auf Antrag des Schuldners vom Vollstreckungsgericht insoweit aufzuheben, als diese Einkünfte für den Schuldner zur laufenden Unterhaltung des Grundstücks, zur Vornahme notwendiger Instandsetzungsarbeiten und zur Befriedigung von Ansprüchen unentbehrlich sind, die bei einer Zwangsvollstreckung in das Grundstück dem Anspruch des Gläubigers nach § 10 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung vorgehen würden. Das Gleiche gilt von der Pfändung von Barmitteln und Guthaben, die aus Miet- oder Pachtzahlungen herrühren und zu den in Satz 1 bezeichneten Zwecken unentbehrlich sind.
(2) Wird der Antrag nicht binnen einer Frist von zwei Wochen gestellt, so ist er ohne sachliche Prüfung zurückzuweisen, wenn das Vollstreckungsgericht der Überzeugung ist, dass der Schuldner den Antrag in der Absicht der Verschleppung oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher gestellt hat. Die Frist beginnt mit der Pfändung.
(3) Anordnungen nach Absatz 1 können mehrmals ergehen und, soweit es nach Lage der Verhältnisse geboten ist, auf Antrag aufgehoben oder abgeändert werden.
(4) Vor den in den Absätzen 1 und 3 bezeichneten Entscheidungen ist, soweit dies ohne erhebliche Verzögerung möglich ist, der Gläubiger zu hören. Die für die Entscheidung wesentlichen tatsächlichen Verhältnisse sind glaubhaft zu machen. Die Pfändung soll unterbleiben, wenn offenkundig ist, dass die Voraussetzungen für die Aufhebung der Zwangsvollstreckung nach Absatz 1 vorliegen.
(1) Mit der Beendigung seines Dienstverhältnisses durch Zeitablauf nach § 54 Abs. 1, durch Entlassung nach § 55 oder durch Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 endet die Zugehörigkeit des Soldaten auf Zeit zur Bundeswehr.
(2) Mit der Entlassung entsprechend dem § 46 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 und 8 und nach § 55 Abs. 5 sowie mit dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit verliert der Soldat seinen Dienstgrad.
(3) Nach dem Verlust seiner Rechtsstellung als Soldat auf Zeit und, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach der Entlassung hat der frühere Soldat auf Zeit keinen Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung mit Ausnahme der Beschädigtenversorgung.
(4) Ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, muss die Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten, wenn er
- 1.
auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag entlassen gilt, - 2.
seine Entlassung nach § 55 Absatz 4 vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, - 3.
nach § 55 Absatz 5 entlassen worden ist, - 4.
seine Rechtsstellung verloren hat oder - 5.
durch Urteil in einem gerichtlichen Disziplinarverfahren aus dem Dienstverhältnis entfernt worden ist.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Der Leistungsbescheid des Personalamts der Bundeswehr vom 9. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2010 wird aufgehoben, soweit ein Erstattungsbetrag von mehr als 40.998,00 Euro gefordert wird.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Der am 22. Mai 1977 geborene Kläger trat am 1. März 2000 – er war zu diesem Zeitpunkt schon Stabsunteroffizier der Reserve – als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes unter Berufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit wieder in die Bundeswehr ein. Sein Wehrdienst wurde aufgrund einer Verpflichtungserklärung vom 18. Oktober 1999 auf 19 Jahre festgesetzt; als Dienstzeitende war der Ablauf des 11. Februar 2018 bestimmt.
3Im Zeitraum vom 5. Oktober 2000 bis zum 9. Mai 2006 setzte der Kläger unter Beurlaubung vom militärischen Dienst ein bereits vor dem Wiedereintritt in das Soldatenverhältnis begonnenes Studium der Humanmedizin an der K. -H. -Universität N. fort. Am 25. April 2006 erhielt er die Approbation als Arzt. Mit Urkunde vom 5. April 2006 wurde der Kläger am 10. Mai 2006 zum Stabsarzt ernannt. Vom 10. Mai 2006 bis zum 30. Juni 2007 absolvierte er eine klinische Weiterbildung für Anästhesiologie im Bundeswehrzentralkrankenhaus in L. .
4Durch Ernennungsurkunde der Westfälischen-Wilhelms-Universität vom 14. Juni 2007 wurde der Kläger mit Wirkung zum 1. Juli 2007 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit zum Akademischen Rat ernannt.
5Mit Blick auf die hierdurch kraft Gesetzes eingetretene Entlassung aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit, welche als Entlassung auf eigenen Antrag gelte, forderte das Personalamt der Bundeswehr von dem Kläger mit Leistungsbescheid vom 9. Oktober 2009 die Erstattung des ihm als Sanitätsoffiziers-Anwärter gewährten Ausbildungsgeldes sowie der darüber hinaus im Rahmen seiner ärztlichen Aus‑ und Weiterbildungen entstandenen Fachausbildungskosten in der festgesetzten Gesamthöhe von 119.976,07 Euro (Ziffer 1 des Bescheides). Zur Vermeidung einer besonderen Härte wurde dem Kläger aufgrund der von ihm dargelegten wirtschaftlichen Situation zugleich eine verzinsliche Stundung eingeräumt; die monatlich zu leistenden Raten wurden auf 220,00 Euro festgesetzt (Ziffer 2 des Bescheides). Stundungszinsen in Höhe von 4 % sollten mit Bestandskraft des Leistungsbescheides, spätestens aber ab 20. November 2009 anfallen (Ziffer 3 des Bescheides). Die verzinsliche Stundung durch Einräumung von Ratenzahlungen wurde unter den Vorbehalt gleichbleibender wirtschaftlicher Verhältnisse gestellt. Dies sollte von der für die Einziehung der Forderung zuständigen Stelle jährlich überprüft werden. Unvorhergesehene Verbesserungen in den Einkommens- oder Vermögensverhältnissen waren vom Kläger unverzüglich anzuzeigen (Ziffer 4 des Bescheides).
6Zur Begründung war in dem Bescheid u.a. ausgeführt: Die Erstattungsforderung gründe auf § 56 Abs. 4 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 4 Satz 2 des Soldatengesetzes (SG). Bezogen auf die Härteregelung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG komme hier – über die gewährte Stundung durch Gewährung von Teilzahlungen hinaus – ein teilweiser Verzicht auf die Rückforderung des Ausbildungsgeldes aufgrund einer Abdienzeit nicht in Betracht. Denn der Kläger habe sich nach dem Medizinstudium bis zum Ausscheiden aus der Bundeswehr ausschließlich in der Fachausbildung befunden und habe daher dem Dienstherrn zu keinem Zeitpunkt mit den erworbenen Kenntnissen uneingeschränkt zur Verfügung gestanden.
7Seinen gegen diesen Leistungsbescheid gerichteten Widerspruch, welchen der Kläger auf den eine Erstattungssumme von 40.998,00 Euro übersteigenden Betrag beschränkte, stützte er im Wesentlichen auf den Gesichtspunkt einer defizitären Ausschöpfung der bestehenden Härtefallregelung. Er, der Kläger, habe die Bundeswehr aus Gewissensgründen verlassen. Hierbei habe es sich – im Sinne der Rechtsprechung zum Begriff der „besonderen Härte“ in § 56 Abs. 4 Satz 3 SG – um schwerwiegende Umstände gehandelt, denen er sich nicht habe entziehen und nur durch ein sofortiges Ausscheiden aus dem Wehrdienst habe Rechnung tragen können. Eine solche Ausnahmesituation könne nicht nur – was das Bundesverwaltungsgericht bereits anerkannt habe – in den Fällen der Ausübung des Grundrechts auf Kriegsdienstverweigerung bestehen, sondern auch dann, wenn – wie hier – der Zeitsoldat eine Gewissensentscheidung anderer Art, d.h. eine solche im Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 GG, getroffen habe. Die betreffende Grundrechtsausübung habe keinen „geringeren“ Rang als die Ausübung des Grundrechts nach Art. 4 Abs. 3 GG.
8Der Widerspruchsbegründung fügte der Kläger eine detaillierte schriftliche Darstellung derjenigen Gründe bei, die ihn zum Ausscheiden aus der Bundeswehr bewogen hätten: Aus Gewissensgründen habe er den in den letzten zehn Jahren eingetretenen Wandel der Bundeswehr von einer auf die Aufgabe der Landesverteidigung und echte Nothilfe für die Verbündeten beschränkten Armee hin zu einer weltweit einzusetzenden und unspezifisch-„präventiv“ tätig werdenden Interventionsarmee nicht mehr mittragen können. Diese seines Erachtens falsche Militärdoktrin habe er nach seiner in langen und schweren Kämpfen gewonnenen, auch in Gesprächen mit Vorgesetzten gereiften inneren Überzeugung nicht mit seinem Gewissen vereinbaren können. Allerdings fühle er sich weiterhin seiner Überzeugung und dem Eid verpflichtet, woraus sich seine Dienstpflicht zur Landesverteidigung als Reserveoffizier ergebe. Dieser Überzeugung entspringe auch sein Engagement, als Reservist in Wehrübungen und im Reservistenverband aktiv zu sein und an Ausbildung und Training für Reservisten aktiv teilzunehmen. Gerade deshalb sei für ihn eine generelle Kriegsdienstverweigerung niemals in Frage gekommen. Wenn auch seine Entscheidung, das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit bei der Bundeswehr zu verlassen, maßgeblich auf die moralische Unvereinbarkeit mit den Rahmenbedingungen des Dienstes zurückgehe, seien davon abgesehen auch die Arbeitsbedingungen bei der Bundeswehr innerhalb des Sanitätsdienstes derart belastend und ausweglos gewesen, dass für ihn ein weiterer Verbleib objektiv nicht zumutbar gewesen sei. Es sei dort keine ordnungsgemäße Aus‑ und Weiterbildung gewährleistet, es existierten keine zivilen Arbeitszeiten, das Patientenwohl sei durch die nicht haltbaren Zustände gefährdet und er selbst habe aufgrund der Gegebenheiten sich ständig der Gefahr der Begehung rechtswidriger Handlungen ausgesetzt gesehen.
9Mit Widerspruchsbescheid vom 18. August 2010 wies das Personalamt der Bundeswehr den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück und führte im Wesentlichen aus: Ein vollständiger oder auch nur teilweiser Verzicht auf die begründete Erstattungsforderung komme hier nicht in Betracht. Ein Härtefalltatbestand im Sinne von § 56 Abs. 4 Satz 3 SG sei nicht gegeben. Mit Blick auf die Gewährung von Ratenzahlungen sei eine ernstliche Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz nicht zu erwarten. Der Kläger habe auch weder seine Entlassung aus der Bundeswehr betrieben, um als Kriegsdienstverweigerer anerkannt zu werden, noch sei eine solche Anerkennung nach seinem Ausscheiden erfolgt. Soweit der Kläger darauf verweise, dass sein Ausscheiden aus der Bundeswehr gleichwohl maßgeblich aus Gewissensgründen erfolgt sei, sei dies für den Rückforderungsanspruch nach § 56 Abs. 4 SG rechtlich nicht von Belang. Für den Wechsel in das Beamtenverhältnis und die daran knüpfende Entlassung aus dem Soldatenverhältnis seien die Motivation sowie die persönlichen Beweggründe unerheblich. Da der Kläger einem anderen Personenkreis angehöre als dem der anerkannten Kriegsdienstverweigerer, liege insoweit auch keine dem Gleichbehandlungsanspruch widersprechende Benachteiligung vor. Die schließlich geltend gemachte Unzufriedenheit mit den dienstlichen Verhältnissen bzw. der Einplanungssituation könne nach der Rechtsprechung die Annahme einer persönlichen Härte im Sinne von § 56 Abs. 4 Satz 3 SG nicht begründen.
10Am 7. September 2010 hat der Kläger Klage erhoben. Er hat darin den Leistungsbescheid angegriffen, soweit eine Erstattung von mehr als 40.998,00 Euro gefordert wird. Diese Beschränkung hat er damit begründet, dass er gegen eine Erstattung in Höhe desjenigen Betrages, den er als Studierender für seinen Lebensunterhalt ohnehin aufgewandt hätte, keine Einwände erhebe. Weiter hat er seine Auffassung bekräftigt, dass auch in seinem Fall eine „besondere Härte“ im Sinne des § 56 SG bejaht werden müsse. Er habe zwar keine Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe getroffen, jedoch eine Gewissensentscheidung, die es ihm unmöglich mache, sich an den kriegerischen Auseinandersetzungen, welche die Bundeswehr führe, zu beteiligen. Diese Entscheidung sei grundrechtlich geschützt durch die Gewissensfreiheit des Art. 4 Abs. 1 GG. Auch diese Gewissensentscheidung habe ein solches Gewicht, dass ihm das Verbleiben in der Bundeswehr nicht möglich gewesen sei. Entscheidend sei in diesem Zusammenhang nicht, welchen formalen Weg er für die Entlassung gewählt habe, sondern das Motiv der Entlassung. Demgemäß sei dieser Umstand bei der Ermessensentscheidung im Rahmen der Härtefallregelung zur Rückforderung von Ausbildungskosten zu berücksichtigen.
11Der Kläger hat beantragt,
12den Leistungsbescheid des Personalamtes der Bundeswehr vom 8. (richtig: 9). Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2010 insoweit aufzuheben, als ein Betrag von mehr als 40.998,00 Euro geltend gemacht wird.
13Die Beklagte hat beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Sie hat sich zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide bezogen und die darin zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung bekräftigt und vertieft. Die von dem Kläger in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in den Kriegsdienstverweigererfällen sei davon ausgehend hier nicht einschlägig. Da es der Kläger unterlassen habe, seinerzeit die Entlassung aus den von ihm genannten Gründen zu beantragen, könnten diese Gründe für die Festsetzung der Höhe der Rückforderungssumme auch nicht mehr maßgeblich sein.
16Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Es hat dabei keine durchgreifenden Gründe für eine weitergehende Berücksichtigung der in Rede stehenden Härtefallregelung feststellen können. Sei von dem betroffenen Soldaten – wie hier – kein Verfahren auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer angestrengt worden, lasse sich auf sonst angeführte Gewissensgründe eine besondere Härte nicht erfolgreich stützen.
17Zur Begründung der vom Senat mit Beschluss vom 17. April 2014 zugelassenen Berufung wiederholt und vertieft der Kläger – unter ergänzender Bezugnahme auf sein Vorbringen im vorausgegangenen Zulassungsverfahren – den Rechtsstandpunkt, dass hier ein Fall vorliege, in welchem die von der Beklagten geforderte Erstattung von Ausbildungskosten für den früheren Soldaten eine „besondere Härte“ im Sinne des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG bedeuten würde.
18Diesbezüglich komme es nicht darauf an, dass er kein förmliches Verfahren zur Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer durchlaufen habe. Für eine derartige Beschränkung biete die in Rede stehende Härtefallregelung keine Anhaltspunkte. Entscheidend sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die Erstattung allein ein Instrument des wirtschaftlichen Vorteilsausgleichs sei und kein Druckmittel darstellen dürfe, welches geeignet sei, den Soldaten von der Grundrechtsausübung auszuschließen. Auch wenn das einschlägige Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu einem anerkannten Kriegsdienstverweigerer ergangen sei, sei es in seinen Auswirkungen nicht auf eine Absicherung der Ausübung des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 3 GG beschränkt. Denn ob ein Soldat wegen Kriegsdienstverweigerung oder aus moralischen Gründen im Sinne des Art. 4 Abs. 1 GG aus der Bundeswehr ausscheide, mache keinen beachtlichen Unterschied, zumal es nach dem derzeitigen Recht für Soldaten auf Zeit, welche den Kriegsdienst mit der Waffe verweigern wollten, kein förmliches Anerkennungsverfahren mehr gebe.
19Er, der Kläger, habe – wie schon mit seinem Widerspruch gegen den streitgegenständlichen Leistungsbescheid ausführlich dargelegt – eine Gewissensentscheidung getroffen, die es ihm nicht möglich mache, an den kriegerischen Auseinandersetzungen, die die Bundeswehr führe, teilzunehmen. Diese Entscheidung gegen die Teilnahme an bestimmten kriegerischen Auseinandersetzungen sei durch Art. 4 Abs. 1 GG geschützt. Schutzgut der Gewissensfreiheit sei die moralische Identität und Integrität des Einzelnen. Eine Gewissensentscheidung sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts „jede ernstliche sittliche, d. h. an den Kategorien von Gut und Böse orientierte Entscheidung (….), die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend erfährt, so dass er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte“. Mit Blick auf die etwa an verschiedenen Interviews damaliger Spitzenpolitiker (Köhler, 22.05.2010; zu Guttenberg, 9. November 2010) festzumachende Neuausrichtung der Bundeswehr in Gestalt der Umwandlung von einer Institution zur Landesverteidigung hin zu einer allseits tätigen und weltweit einsatzfähigen Interventionsarmee habe er, der Kläger, eine den vorgenannten Anforderungen entsprechende Gewissensentscheidung getroffen und sei aus diesem Grunde vorzeitig aus dem Dienstverhältnis eines Zeitsoldaten ausgeschieden. Diese Gewissensentscheidung habe sich gegen die konkrete Tätigkeit der Bundeswehr nach deren Neuausrichtung, von deren Auswirkungen auch der Sanitätsdienst in besonderer Weise betroffen sei (bezogen auf Afghanistan etwa: Einsatz unter Gefechtsbedingungen, äußerst ungünstige Infrastruktur) gerichtet, nicht aber gegen den Zwang zum Dienst an der Waffe.
20Eine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer habe er folglich nicht erreichen können. Insoweit sei aber anerkannt, dass das Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 GG nicht durch das Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung verdrängt werde, denn Art. 4 Abs. 3 GG regele die Wirkungen der Gewissensfreiheit nur für den Bereich der Wehrpflicht, also des Zwanges zum Wehrdienst, abschließend, nicht aber auch im Übrigen für das Soldatenverhältnis. Letzteres ergebe sich aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.06.2005 – 2 WD 12.04 -.
21Die von ihm getroffene Gewissensentscheidung sei auch von gleichem Gewicht wie eine solche im Rahmen der Ausübung des Grundrechts auf Kriegsdienstverweigerung. Es habe für ihn eine erhebliche Zwangslage bestanden, die er nur in der geschehenen Weise habe lösen können. Seinen Gewissenskonflikt habe er dabei gegenüber Vorgesetzten (den schon erstinstanzlich benannten Zeugen Dr. M. und Dr. W. ) bereits im Herbst 2006 nach Erscheinen des Weißbuches der Bundeswehr in mehreren Gesprächen zum Ausdruck gebracht.
22In diesem Zusammenhang sei auch der Weg, den der Soldat auf Zeit zum Verlassen der Bundeswehr konkret gewählt habe (hier: Übertritt in den Beamtenstatus) unerheblich. In besonderer Weise müsse dies für Angehörige des Sanitätsdienstes der Bundeswehr gelten. Denn bis zu einer Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erst im Jahre 2012 hätten die betreffenden Zeitsoldaten, da sie „waffenlosen“ Dienst leisteten, nicht erfolgversprechend einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung stellen und auf jenem Weg ihre Entlassung aus der Bundeswehr herbeiführen können; ihnen sei hierfür vielmehr das Rechtsschutzinteresse abgesprochen worden. Für die Anwendung der in Rede stehenden Härtefallregelung könne es deswegen allein auf das Motiv für die Entlassung ankommen.
23Bei Anwendung der Härtefallregelung brauchten die Ausbildungskosten nur in Höhe des geldwerten Vorteils erstattet zu werden, der dem früheren Soldaten „real und nachprüfbar“ verblieben sei. Das entspreche hier den ersparten Ausbildungskosten. Für deren Berechnung sei der Unterhaltsbedarf eines Studenten zugrunde zu legen, wie er sich aus der Düsseldorfer Tabelle ergebe. Das führe hier für den Gesamtzeitraum auf einen zu erstattenden Betrag von 40.988,00 Euro. Wegen der darüber hinausgehenden Erstattungsforderung sei die Klage begründet. Jedenfalls sei der angefochtene Bescheid aufzuheben und habe ggf. eine Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erfolgen.
24Der Kläger beantragt,
25das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Klageantrag erster Instanz zu erkennen.
26Die Beklagte beantragt,
27die Berufung zurückzuweisen.
28Sie bezweifelt zum einen, dass der Kläger bei seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr im Wege des Übertritts in den Beamtenstatus in einem Gewissenskonflikt gestanden hat, wie er ihn später, nämlich erst nach Ergehen des Erstattungsbescheides im Oktober 2009 im Rahmen der Begründung des dagegen erhobenen Widerspruchs schriftlich behauptet hat. Der als maßgeblicher Grund für das Ausscheiden angeführte verteidigungspolitische Paradigmenwechsel erscheine hier nur vorgeschoben, um eine Reduzierung des Erstattungsbetrages zu erreichen. Auslandseinsätze (z.B. im Kosovo) habe es nämlich auch schon zu Zeiten gegeben, als der Kläger als Offiziersanwärter in den Dienst der Bundeswehr wieder eingetreten sei. Zum anderen lägen die Voraussetzungen für eine Reduzierung des Erstattungsbetrages im Rahmen der Anwendung der Härtefallklausel aber selbst dann nicht vor, wenn sich der Kläger damals tatsächlich in dem behaupteten Gewissenskonflikt befunden hätte. Denn es fehle hier an einer mit anerkannten Kriegsdienstverweigerern vergleichbaren Situation, insbesondere an einer entsprechend existenziellen Zwangslage. Die Ablehnung bestimmter Kriege aus politischen Gründen habe nicht den Charakter einer unbedingten und unteilbaren Gewissensentscheidung. Der Kläger verhalte sich widersprüchlich, wenn er auf der anderen Seite als Reservist weiterhin aktiv tätig sei und sich der Landesverteidigung verpflichtet fühle.
29Der Senat hat in der mündlichen Berufungsverhandlung zu der Frage, ob, wann, und ggf. in welcher Weise der Kläger mit den Zeugen Generalarzt a.D. Dr. W. und Oberstarzt Dr. M. darüber gesprochen hat, dass er mit der Neuausrichtung der Bundeswehr im Gefolge einer geänderten Sicherheitspolitik Probleme habe, Beweis erhoben durch Vernehmung der vorbenannten Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift über den Verhandlungstermin verwiesen.
30Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (3 Hefte) Bezug genommen.
31E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
32Die zulässige Berufung ist begründet.
33Die Anfechtungsklage des Klägers hat im Ergebnis Erfolg. Der angegriffene Leistungsbescheid vom 9. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2010 ist in dem Umfang, in dem sich der Kläger mit seiner – wie schon im Widerspruchsverfahren – auf einen Teilbetrag beschränkten Klage gegen ihn wendet, aufzuheben. Denn dieser Bescheid ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
341. Nach § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Soldatengesetzes (SG) – hier wegen der in § 97 Abs. 1 SG enthaltenen Übergangsregelung noch anzuwenden in der bis zum Inkrafttreten des Änderungsgesetzes vom 19. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1815) gültig gewesenen Fassung – muss ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war und der auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag als entlassen gilt, die entstandenen Kosten des Studiums oder der Fachausbildung seinem Dienstherrn grundsätzlich erstatten. Nach dem Satz 2 der Vorschrift gilt das unter den gleichen Voraussetzungen für einen früheren Zeitsoldaten in der Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes, der als Sanitätsoffizier-Anwärter Ausbildungsgeld erhalten hat.
35Hierunter fällt auch der Kläger. Dieser war bis zu seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr Soldat auf Zeit und gehörte der Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes an. Während der Zeit, in welcher der Kläger im Status des Soldaten auf Zeit unter Freistellung vom militärischen Dienst Humanmedizin an einer Hochschule außerhalb der Bundeswehr studierte, erhielt er – als Sanitätsoffiziersanwärter – Ausbildungsgeld in der Gesamthöhe von 119.976,07 Euro. Das entspricht dem mit Leistungsbescheid zurückgeforderten Betrag; Kosten einer Fachausbildung sind in diesem nicht enthalten. Aufgrund der Regelung des § 125 Abs. 1 Satz 2 und 3 BRRG a. F. galt der Kläger mit seiner Ernennung zum Akademischen Rat bei der X1. X. -Universität N1. zum 1. Juli 2007 schließlich auch als auf eigenen Antrag entlassen.
362. Die danach bestehende (vollständige) Erstattungspflicht greift jedoch nicht in jedem Falle. So kann nach § 56 Abs. 4 Satz 3 SG auf die Erstattung ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn sie für den früheren Soldaten eine besondere Härte bedeuten würde. Hierbei handelt es sich um eine sog. Kopplungsvorschrift, die als Tatbestandsmerkmal das gerichtlich voll überprüfbare Vorliegen einer– gemessen am Regelfall atypischen – besonderen Härte voraussetzt. Ist dieses Tatbestandsmerkmal erfüllt, muss sich daran noch eine Ermessensentscheidung des Dienstherrn anschließen, die nach Maßgabe des § 114 VwGO nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegt.
37Die Beklagte hat mit ihrem Leistungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides dem Vorliegen eines solchen Härtefalles jedenfalls in einem Punkte zu Unrecht nicht Rechnung getragen. Sie hat damit zur Frage der Härtefallregelung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG eine nicht ermessensgerechte Entscheidung getroffen, was im Ergebnis die Rechtswidrigkeit des gesamten Bescheides und (im Umfang des Streitgegenstandes) seine Aufhebung zur Folge hat.
38a) Unter welchen Voraussetzungen eine „besondere Härte“ angenommen werden kann, konkretisiert das Gesetz nicht unmittelbar. Mit dem Zusatz „besondere“ weist allerdings schon der Gesetzeswortlaut in die Richtung, dass es sich um deutlich aus dem üblichen Rahmen fallende, eben atypische und dabei zugleich als schwerwiegend zu bewertende (Ausnahme-)Situationen in Bezug auf das als Anknüpfungspunkt betroffene Erstattungsverhältnis handeln muss. In diesem Zusammenhang ist zur näheren Konkretisierung des Norminhalts namentlich dem inneren Grund, also dem Zweck der betreffenden Härtefallregelung Rechnung zu tragen. Dieser geht dahin, es über die vom Gesetzgeber in der Regelvorschrift vorgenommene Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen hinaus für besondere Einzelfälle oder Gruppen von solchen zu ermöglichen, dass den dem Rechtsstaatsprinzip zuzuordnenden Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit von Zweck und Mittel und des Übermaßverbots die gebührende Beachtung geschenkt werden kann.
39Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 44; ferner etwa das Urteil des Senats vom 22. August 2013 – 1 A 2278/10 –, NZWehrr 2014, 122 = juris, Rn. 28.
40Den Begriff der „besonderen Härte“ verwendet das Soldatengesetz allerdings auch im Zusammenhang mit den Entlassungsgründen (§ 55 Abs. 3 SG und entsprechend für Berufssoldaten § 46 Abs. 6 SG). In jenem Zusammenhang ist gesetzlich näher bestimmt worden, dass sich die Härte auf persönliche, insbesondere häusliche, berufliche oder wirtschaftliche Gründe beziehen muss. Ob eine entsprechende Festlegung bzw. Eingrenzung der beachtlichen Gründe auch für das Merkmal der besonderen Härte in § 56 Abs. 4 Satz 3 SG anzunehmen ist und wie sich die jeweils wortgleichen Tatbestandsmerkmale in den genannten Vorschriften inhaltlich zueinander verhalten, braucht aus Anlass des vorliegenden Verfahrens nicht abschließend entschieden zu werden.
41Vgl. zu nicht nur sprachlichen, sondern auf einer gemeinsamen Zielsetzung beruhenden auch inhaltlichen Parallelen BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 45; zu systematischen Bedenken gegen eine sachlich übereinstimmende Auslegung unter Hinweis u.a. auf die Entstehungsgeschichte des Gesetzes etwa OVG NRW Urteil vom 16. August 1996 – 12 A 2476/94 –, RiA 1997, 145 = juris, Rn. 12, sowie Sohm, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. 2010, § 56 Rn. 22.
42Denn hier geht es mit Blick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des früheren Zeitsoldaten (siehe näher unter c) entscheidungstragend um einen Anwendungsfall einer „besonderen Härte“, dessen Zuordnung zu den im Rahmen des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG beachtlichen Härtegründen nicht in Frage steht.
43b) Unter den vom Kläger im Verlauf des Verfahrens angeführten Gesichtspunkten kann die begehrte teilweise Aufhebung des Leistungsbescheides mit Blick auf eine Anwendung der Härtefallklausel des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG allerdings nicht erfolgen.
44Soweit das Bundesverwaltungsgericht für die Gruppe der anerkannten Kriegsdienstverweigerer einen Härtefall angenommen hat,
45Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 18.05 –, Buchholz 449 § 56 SG Nr. 3 = Schütz/Maiwald, BeamtR, ES/A II 1 Nr. 11 = juris, Rn. 13, 15 ff., und zuvor (evtl. weniger weitgehend) schon Beschluss vom 2. Juli 1996– 2 B 49.96 –, DVBl. 1996, 1152 = juris, Rn. 5 ff.,
46hilft das dem Kläger nicht unmittelbar weiter. Denn er ist kein anerkannter Kriegsdienstverweigerer und hat auch einen solchen Antrag schon nicht gestellt.
47Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch darauf, nach der von ihm geltend gemachten Motivationslage, insbesondere einer reklamierten Gewissensentscheidung, die für seine Entscheidung, durch Ernennung zum Beamten aus dem aktiven Soldatenverhältnis auszuscheiden, maßgeblich gewesen sei, mit der Fallgruppe der anerkannten Kriegsdienstverweigerer gleichbehandelt zu werden. In diesem Zusammenhang braucht der Senat nicht zu entscheiden, in welchem Verhältnis das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung nach Art. 4 Abs. 3 GG zu der in Art. 4 Abs. 1 GG vorbehaltlos gewährleisteten Gewissensfreiheit steht, wenn die vorgegeben Gewissensentscheidung zum Ausscheiden aus dem aktiven Soldatenverhältnis führt (nachfolgend bb)). Denn dem Kläger ist bereits eine derartige Gewissensentscheidung nicht abzunehmen (nachfolgend aa)).
48aa) Der Kläger hat den Senat nicht davon überzeugen können, dass sein Entschluss, die Bundeswehr zum Juli 2007 durch Eintritt in ein Beamtenverhältnis zu verlassen, ursächlich auf Gewissensgründe zurückzuführen ist, welche dem Schutz des Grundrechts der Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG unterfallen können. Solches erschließt sich weder aus seinem schriftlichen Vorbringen noch folgt es aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Senat.
49Nach Art. 4 Abs. 1 GG ist (u. a.) die Freiheit des Gewissens unverletzlich. Ob der Begriff des Gewissens angesichts der Vielzahl möglicher prägender Bezugspunkte überhaupt einer einfachen (einheitlichen) Definition zugänglich ist, wird zum Teil bezweifelt.
50Vgl. etwa Bethge, in: Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI , § 158 Rn. 4.
51Das Bundesverfassungsgericht versteht „Gewissen“ im Sinne des „allgemeinen Sprachgebrauchs“, und zwar als ein (wie auch immer begründbares, jedenfalls aber) real erfahrbares seelisches Phänomen, dessen Forderungen, Mahnungen und Warnungen für den Menschen unmittelbar evidente Gebote unbedingten Sollens sind. Als eine Gewissensentscheidung ist dementsprechend jede ernste sittliche, d. h. an den Kategorien „Gut“ und „Böse“ orientierte Entscheidung anzusehen, die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, so dass er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte.
52Vgl. – grundlegend – BVerfG, Beschluss vom 20. Dezember 1960 – 1 BvL 21/60 –, BVerfGE 12, 45 = juris, Rn. 28, 30; unbeschadet eines gewandelten, den Begriff der Gewissenentscheidung in Richtung auf eine „relative“ Entscheidung über die Zweckmäßigkeit menschlichen Verhaltens ausweitenden Verständnisses in der Öffentlichkeit hieran festhaltend Urteil vom 13. April 1978 – 2 BvR 1/77 u.a. –, BVerfGE 48, 127 = juris, Rn. 83.
53Die Anwendung dieser Verfassungsnorm im Einzelfall darf dabei dem Phänomen „Gewissen“ nur so weit nachgehen, als sie mit den ihr zu Gebote stehenden Erkenntnismitteln zu prüfen hat, ob, was sich nach außen als Gewissensentscheidung kundgibt, wirklich den Charakter eines unabweisbaren Gebots, einer inneren Wahrung vor dem Bösen und eines unmittelbaren Aufrufs zum Guten, trägt. Praktische Schwierigkeiten bei der Beurteilung solcher Sachverhalte müssen in Kauf genommen werden; in die Prüfungskompetenz der Gerichte fällt es insbesondere nicht, eine – einmal als solche erkannte – Gewissensentscheidung in irgendeinem Sinne zu bewerten, etwa als „irrig“, „falsch“ oder „richtig“.
54BVerfG, Beschluss vom 20. Dezember 1960, a.a.O., juris, Rn. 31.
55Das insoweit erforderliche Prüfprogramm setzt sich im Kern aus vier Kriterien zusammen, die kumulativ vorliegen müssen: Individualität, Moralität, Existentialität und Plausibilität. Individualität kennzeichnet den Charakter als reines Individualgrundrecht. Es kommt somit nicht auf ein „verobjektiviertes“ Durchschnittsgewissen an, sondern das Grundrecht dient dem Schutz der moralischen Identität und Integrität des Einzelnen. Moralität meint die erforderliche prägende Ausrichtung der in Rede stehenden persönlichen Überzeugung an ethisch-moralischen Kriterien („Gut“ und „Böse). Existentialität kommt der gewonnenen Überzeugung nur zu, wenn sie für den Grundrechtsträger in einem derart hohen Maß wesentlich ist, dass ihr für seine Persönlichkeit existentielle Bedeutung zukommt. Die Hürden hierfür liegen eher hoch, und zwar aus systematischen Gründen und auch, um eine missbräuchliche Berufung auf das Grundrecht zu verhindern. Eine gewisse Orientierungshilfe können in diesem Zusammenhang die Anforderungen an das spezielle Grundrecht des Art. 4 Abs. 3 GG geben. Das Merkmal der Plausibilität geht darauf zurück, dass, obwohl die Gewissensentscheidung naturgemäß individuell-subjektive Züge hat, die bloße verbale Berufung auf das Grundrecht nicht ausreicht. Den Betroffenen trifft vielmehr eine Darlegungslast, welche der Kontrolle der (formalen, nicht inhaltlichen) Plausibilität seiner Haltung dient.
56Vgl. Mückl, in: Bonner Kommentar zum GG, Loseblatt (Stand: Februar 2015), Art. 4 Rn. 79 ff.
57Im Ergebnis muss das „Ob“ des Vorliegens einer durch Art. 4 Abs. 1 GG geschützten Gewissensentscheidung – ggf. im Wege der Beweisaufnahme – positiv festgestellt werden, soweit daran wie hier weitere rechtliche Folgen geknüpft werden sollen. Für eine solche Feststellung wird (dem vorgenannten Merkmal der Plausibilität zuzuordnen) von Rechtsprechung und Literatur der Sache nach eine nach außen tretende, rational mitteilbare und dem Kontext intersubjektiv nachvollziehbare Darlegung der Ernsthaftigkeit, Tiefe und Unabdingbarkeit der Gewissensentscheidung gefordert.
58Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2005 – 2 WD 12.04 –, a.a.O. und juris, Rn. 160, m.w.N.
59Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen des Klägers in mehrfacher Hinsicht nicht. Auch insgesamt zeichnet sich nicht das Bild eines Handelns aus einer ernsthaften, tiefgreifenden, innerlich unbedingt verpflichtenden Gewissensnot, der nicht in anderer Weise als durch das vollständige Ausscheiden aus dem aktiven Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit Rechnung getragen werden konnte.
60Der Kläger hat schon nicht klar und überzeugend, dabei widerspruchsfrei und auch im Übrigen plausibel, dem Senat vermitteln können, dass es überhaupt innerlich verpflichtende ethisch-moralische Kriterien waren, die ihn letztlich dazu veranlasst haben, seinen Dienst als Arzt im Sanitätsdienst der Bundeswehr nicht über Juni 2007 hinaus fortzusetzen.
61Das gilt zunächst schon für seine schriftlichen Darlegungen. Zwar führt der Kläger im Anhang zu seiner Widerspruchsbegründung „größte innere Widerstände“ an und verweist zur Erläuterung auf seine „feste Überzeugung“, dass er als Soldat eines rechtsstaatlich-demokratischen Staates nur in einem äußerst begrenzten objektiv-rechtstaatlich (nicht ausschließlich parlamentarisch) legitimierten Notfall, nämlich der Landesverteidigung im engeren Sinne, aktiv werden oder mit seiner Tätigkeit die kämpfende Truppe unterstützen dürfe. Hierzu bezieht er sich weiter u. a. auf die „historisch begründete(n) einzigartige(n) Verantwortung bei der Aufstellung der deutschen Armee“ und auf die dem widersprechende „Kehrtwendung der deutschen Sicherheitspolitik“, wie sie etwa im Weißbuch 2006 ihren Ausdruck gefunden habe. Als Beispiele führt der Kläger namentlich den „Kriegseinsatz“ der Bundeswehr in Afghanistan und auch (als noch bedrückender empfunden) das Engagement der Bundeswehr im zweiten (als völkerrechtswidrig zu bewertenden) Irakkrieg an. Als er sich im Jahre 1999 als Soldat auf Zeit verpflichtet habe, habe er dies demgegenüber unter Maßgabe der seinerzeitigen Verteidigungsdoktrin getan. Die neue Linie, welche den Einsatz todbringender Waffen mit ggf. zahlreichen Opfern auch außerhalb der Landesverteidigung unter zum Teil unspezifisch präventivem Tätigwerden umfasse, widerspreche seinem christlich geprägten Weltbild; für sie gebe es keine sittliche Rechtfertigung. Schließlich hätten ihn auch persönliche Erfahrungen seiner Ehefrau, die sich auf den Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern bezögen, in die gleiche Richtung beeinflusst.
62Diese Ausführungen lassen zwar hervortreten, dass der Kläger den wahrgenommenen Wandel in der Ausrichtung des Einsatzes der Bundeswehr aus seiner individuell-persönlichen Sicht nicht gutgeheißen hat. Für die Glaubhaftmachung einer tiefgründigen moralisch-ethischen Unterfütterung dieser Position fehlt es indes an detaillierten Darlegungen von Substanz, etwa schon an einer Erläuterung seiner moralischen Wertvorstellungen in den sich hier stellenden konkreten Bezügen.
63Entsprechendes gilt im Wesentlichen für die ergänzenden Angaben des Klägers in der Berufungsverhandlung. Dort hat er zwar ausgeführt, im Unterschied zu den vorangegangenen Einsätzen in Ex-Jugoslawien, welche er insbesondere angesichts der Vorkommnisse in Srebrenica für moralisch gerechtfertigt gehalten habe, sei beim Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan eine Unterscheidung von „Gut“ und „Böse“ nicht mehr möglich gewesen. Solches habe er Berichten sowohl von Ärzten als auch von Angehörigen der Kampftruppen entnommen. Entsprechende Kontakte habe er namentlich in der Zeit seiner Tätigkeit im Bundeswehrzentralkrankenhaus in L. gehabt. All dies macht aber vor allem nicht hinreichend deutlich, inwiefern der Kläger als maßgebliche Grundlage seines Ausscheidens aus der Bundeswehr zu dem damaligen Zeitpunkt eine eigene Gewissensentscheidung getroffen hat, welche gerade an den Kategorien von „Gut“ und „Böse“ hätte orientiert sein müssen und sich einer Zuordnung nicht hätte enthalten dürfen.
64Die Aussagen der in der mündlichen Verhandlung gehörten Zeugen sind nicht geeignet, den Vortrag des Klägers zu einem bei ihm persönlich vorhanden gewesenen Gewissenskonflikt weiter zu stützen. Der Zeuge Dr. M. konnte sich schon nicht an irgendein unmittelbar mit dem Kläger geführtes Gespräch erinnern. Dem Zeugen Dr. W. war zwar noch ein persönliches Gespräch mit dem Kläger zu dessen persönlichen Beweggründen erinnerlich; an den Inhalt dieses Gesprächs hatte er aber keine Erinnerung mehr. Die Aussage des Zeugen Dr. W. ist allerdings unter einem anderen Gesichtspunkt von Interesse. Sie verdeutlicht nämlich, dass es zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt unter den am Bundeswehrzentralkrankenhaus in L. tätig gewesenen jungen Ärzten Angst und Unruhe mit Blick auf die nicht unrealistische Erwartung gegeben hat, im Rahmen von sog. beweglichen Ärztetrupps möglicherweise an Kampfeinsätzen in Afghanistan teilnehmen zu müssen. Außerdem hat dieser Zeuge bekundet, dass seinerzeit etwa hundert Sanitätsoffiziere den Weg des § 125 BRRG (a.F.) gewählt hätten, um das Soldatenverhältnis durch den Übertritt in ein Beamtenverhältnis zu verlassen.
65Die Darlegungen des Klägers zu seiner Gewissensentscheidung sind im Übrigen von Pauschalurteilen geprägt, welche in dieser Form die Lebenswirklichkeit verfehlen. So werden etwa die Auslandseinsätze der Bundeswehr (allgemein) als „Hasardeureinsätze unklarer moralischer Legitimation im fernen Ausland“ bezeichnet (Seite 3 der Anlage zur Widerspruchsbegründung). Dabei fehlt jede Differenzierung nach Anlass und Art der Einsätze, etwa mit Blick auf eine ggf. nur humanitäre oder lediglich dem Aufbau von Sicherheitsstrukturen in einem Land dienende Zielsetzung. Auch findet der Umstand keine Berücksichtigung, dass bewaffnete Auseinandersetzungen im Rahmen der Auslandseinsätze der Bundeswehr grundsätzlich nur zulässig sind, um sich oder Dritte gegen Angriffe zu schützen. Es fehlt auch jede erkennbare tiefere moralische Auseinandersetzung mit dem zum Teil unermesslichen Leid, welches „Schurkenstaaten“ und „Terrorregime“ – gleich in welchem Teil der Welt – über die jeweilige Bevölkerung gebracht haben und weiter bringen, bevor (nach häufig komplizierten und ggf. auch kontrovers geführten Verhandlungen) ein internationaler Einsatz letztendlich beschlossen wird, wobei sich die Bundeswehr an solchen Einsätzen grundsätzlich auch nur innerhalb bestimmter Bündnisse und nach Zustimmung des Parlaments beteiligt. Ebenso wird nicht auf die (zumindest abstrakte und ggf. auch konkrete) Gefahr für die deutsche Bevölkerung durch eine ungezügelte weltweite Ausbreitung terroristischer Aktivitäten eingegangen. Der Hinweis auf die moralische Legitimation des Bundeswehreinsatzes in Ex-Jugoslawien überzeugt dabei wenig. Zum einen hatte auch dieser Einsatz mit der Landesverteidigung im engeren Sinne oder mit Bündnisverpflichtungen nichts zu tun, verlässt der Kläger damit also die Linie seiner übrigen Argumentation. Zum anderen erscheint es aber auch kaum plausibel und hätte jedenfalls näherer Darlegung bedurft, etwa gegenüber dem Vorgehen der Taliban in Afghanistan im Verhältnis zu der dortigen Bevölkerung und in Anbetracht ihrer (damals wohl nicht unbegründet zumindest vermuteten) Rolle als Unterstützer eines ggf. weltweit um sich greifenden Terrorismus einen anderen moralischen Standpunkt einzunehmen. Der plakative Hinweis, bei dem Afghanistan-Einsatz lasse sich nicht zwischen „Gut“ und „Böse“ unterscheiden, womit offensichtlich gemeint ist, dass auch völlig Unbeteiligte durch Einsätze der Bundeswehr zu Schaden kommen (können), lässt eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Für und Wider nicht erkennen.
66Zu bedenken bleibt ferner, dass das Vorbringen des Klägers unbeschadet der verbalen Berufung auf moralische Prinzipien eine bestimmte (verteidigungs-)politische Auffassung zum Ausdruck bringt. Politische Überzeugungen fallen als solche aber in aller Regel noch nicht dem Schutzbereich des Grundrechts der Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG. Ansonsten wäre einer Überbeanspruchung bzw. einem Missbrauch dieses Grundrechts Tür und Tor geöffnet. Deshalb ist es – jedenfalls einen großen Teil jener Fälle betreffend – in hohem Maße fragwürdig, ob bei Soldaten, welche (nur) Auslandseinsätze der Bundeswehr bzw. (wie im Falle des Klägers) den Dienst mit Blick auf die Einbeziehung auch solcher Einsätze in die politisch festgelegte Verteidigungsstrategie verweigern, wirklich die Kriterien der „Moralität“ und der „Existentialität“ leitend sind, auch wenn sich diese Soldaten hierfür verbal auf ihr „Gewissen“ berufen.
67Vgl. Mückl, in: Bonner Kommentar zum GG, a.a.O., Art. 4 Rn. 193 a.E.
68Dafür, dass der Kläger sich jedenfalls nicht in Gestalt einer absoluten, also unbedingten Verpflichtung durch sein Gewissen innerlich gebunden gefühlt hat, als er Mitte 2007 sein aktives Dienstverhältnis als Zeitsoldat zu beendete, gibt es davon abgesehen eine Reihe von Gegenindizien. So erscheint es insbesondere weder konsequent, dass der Kläger sich noch im Oktober 1999 langjährig zur Dienstleistung verpflichtet hatte, noch leuchtet es ein, warum er keine Gewissensbedenken dagegen (gehabt) hat, als Offizier der Reserve für die Institution Bundeswehr – zum Teil auch aktiv – weiterhin tätig zu sein.
69Zunächst ist die Einbeziehung von Auslandseinsätzen in das Aufgabenspektrum der Bundeswehr nicht Ergebnis einer abrupten Neuausrichtung gewesen, die erst mit dem Erscheinen des Weißbuchs 2006 eingesetzt hätte. Vielmehr hat es solche Einsätze schon seit Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts gegeben (u.a. auf dem Balkan, in der Adria und in Somalia) und hatte auch die Debatte darüber schon zu jener Zeit eingesetzt.
70Vgl. Weißbuch 2006 (Online-Ausgabe), Seite 89 ff., Gliederungspunkt 4. „Die Bundeswehr im Einsatz“; siehe auch Wikipedia, Stichwort: „Auslandseinsätze der Bundeswehr“; ferner etwa VG Münster, Urteil vom 21. August 2014 – 5 K 2265/12 –, juris, Rn. 91.
71Das war geraume Zeit vor dem Wiedereintritt des Klägers in die Bundeswehr als Soldat auf Zeit am 1. März 2000 und hat ihn von diesem Schritt offenbar weder moralisch noch sonst abgehalten. Die in der Berufungsverhandlung behauptete anfängliche Naivität erscheint als Erklärung wenig glaubhaft. Immerhin war der Kläger zu dem Zeitpunkt nach seinem Wehrdienst schon ein „gestandener“ Unteroffizier der Reserve, hatte zwei Jahre Rechtswissenschaften studiert und das Studium der Medizin bereits aufgenommen. Auch während der ersten Jahre seines Status als Zeitsoldat hat der Kläger keine erkennbaren Probleme mit seinem Gewissen gehabt, der Bundeswehr anzugehören (das hat nach seinem schriftlichen Vorbringen erst im Jahre 2006 eingesetzt), obwohl etwa der von ihm als „besonders bedrückend“ empfundene zweite Irak-Krieg im Frühjahr 2003 begann. Auch wenn der Kläger zu jener Zeit unter Freistellung vom Dienst studierte, musste ihm schon damals klar sein, dass er nach dem Studium (und einer ggf. weiteren Fachausbildung) bei einer Bundeswehr aktueller verteidigungspolitischer Prägung und Ausrichtung zur Dienstleistung auch konkret verpflichtet sein würde. Konsequenzen daraus hat er aber zu jener Zeit noch nicht gezogen. Was sein Gewissen dann im Jahr 2006 entscheidend dazu gebracht hat, ein Ausscheiden aus der Bundeswehr als moralisch unbedingt verpflichtend anzusehen, bleibt auch bei Einbeziehung seiner ergänzenden Angaben in der Berufungsverhandlung diffus. Eine Art „Schlüsselerlebnis“ lässt sich dem Vorbringen nicht entnehmen. Nach den Angaben im Termin sollen letztlich wohl die Eindrücke während der Tätigkeit im Bundeswehrzentralkrankenhaus in L. , namentlich solche aus Gesprächen mit im Afghanistan-Einsatz verwundeten Soldaten und den sie besuchenden Kameraden über die Rahmenbedingungen des Einsatzes, die Entscheidung des Klägers maßgeblich beeinflusst haben. Das führt indes keineswegs zwingend auf eine Gewissensentscheidung, sondern kann – zumal in der konkreten, vom Zeugen Dr. W. näher geschilderten Situation der jungen Ärzte an jenem Krankenhaus – auch anders gearteten Überlegungen geschuldet gewesen sein, etwa der – verständlichen – Sorge und Angst, ggf. nur unzureichend geschützt selbst in einen solchen Kampfeinsatz geschickt zu werden.
72Soweit der Kläger in seinem schriftlichen Vorbringen auf Vorgänge aus den Jahren nach 2007 verweist, wie z.B. auf den Luftangriff in Kundus vom 4. September 2009 („überforderter deutscher Oberst“) und auf Erklärungen des früheren Bundespräsidenten Köhler von Mai 2010 und des früheren Verteidigungsministers zu Guttenberg von November 2010, konnten all diese Umstände schon aus Zeitgründen die im Jahr 2007 getroffene Entscheidung des Klägers, die Bundeswehr zu verlassen, nicht mehr schlüssig beeinflusst haben.
73Eher gegen die Glaubhaftigkeit der Behauptung, eine Gewissensentscheidung getroffen zu haben, spricht auch, dass der Kläger jedenfalls in Form von schriftlichen Eingaben auf den angeblichen Gewissenskonflikt erst mehrere Jahre nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Soldatenverhältnis, nämlich im Zusammenhang mit der Rückforderung des Ausbildungsgeldes (Widerspruchsverfahren) Anfang 2010 aufmerksam gemacht. Mit welchem konkreten Inhalt ggf. zuvor Gespräche mit Vorgesetzten geführt worden waren, hat die Beweisaufnahme nicht ergeben. Hinzuweisen bleibt allerdings darauf, dass der Kläger sich im zeitlichen Zusammenhang mit seinem Ausscheiden einem Verfahren, in welchem als etwaige Härtegründe Gewissensgründe hätten konkret angeführt werden können, nämlich einem Entlassungsverfahren nach § 55 Abs. 3 SG, nicht gestellt hat; er hat sich vielmehr für den insofern leichteren Weg des unmittelbaren Übertritts in ein Beamtenverhältnis entschieden.
74Als in der Sache widersprüchlich, jedenfalls aber nicht schlüssig stellt sich weiter insbesondere auch das Verhalten des Klägers nach seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr dar. Er ist wieder Offizier der Reserve der Bundeswehr und hat als solcher auch an Wehrübungen im Inland teilgenommen. Diese Haltung lässt sich zunächst schwerlich in Einklang bringen mit dem Vorbringen der Prozessbevollmächtigten des Klägers in dem Schriftsatz vom 16. Oktober 2012 im Berufungszulassungsverfahren. Dort ist auf Seite 3 ausgeführt:
75„Das Gesamtkonzept der Bundeswehr widersprach den moralischen Empfindungen des Klägers. Dabei ging es nicht nur um einzelne Befehle. Der Kläger konnte es mit seinem Gewissen grundsätzlich nicht vereinbaren, ein aktives Mitglied einer Institution zu sein, die seinen Vorstellungen und Überzeugungen deutlich zuwider war. Es war für ihn schlechthin unvereinbar als aktives Mitglied der Bundeswehr diese zugleich als Repräsentant zu vertreten.“
76Auf der Grundlage dieses Vortrags ist nicht verständlich, wieso der Kläger, welcher nach dieser Einlassung nicht etwa nur die eigene Teilnahme an bestimmten Auslandseinsätzen der Bundeswehr, sondern die Gesamtkonzeption der Bundeswehr als solche ablehnt, offenbar keinerlei Probleme mit dem Status als Reservist und mit der Teilnahme an Wehrübungen hat. Ausgehend von der seinerzeit gültig gewesenen „Konzeption für die Reservisten und Reservistinnen der Bundeswehr“ (Fassung 2003), von deren Text den Beteiligten in der Berufungsverhandlung eine Kopie überreicht wurde, waren/sind nämlich auch die Reservisten – ohne Weiteres einleuchtend – ein Teil des Gesamtkonzepts der Bundeswehr; damit repräsentieren auch sie die Institution Bundeswehr mit. Das bezieht im Grundsatz auch mögliche Auslandsverwendungen ein. So heißt es etwa in den „Vorbemerkungen“ der angesprochenen Konzeption:
77„Verteidigung im Sinne des Grundgesetzes umfasst heute mehr als die herkömmliche Verteidigung an den Landesgrenzen gegen einen konventionellen Angriff; als strukturbestimmende Aufgabe der Bundeswehr entspricht diese nicht mehr den aktuellen sicherheitspolitischen Erfordernissen. … Diese Neuausrichtung der Bundeswehr bestimmt Organisation, Ausbildung, Verwendung und Verfügbarkeit der Reservisten und Reservistinnen. Ziel ist es, auch deren Einsatz ohne den Rückgriff auf Mobilmachung auf eine sichere Grundlage zu stellen“.
78In ähnlichem Sinne hat sich der damalige Bundesminister der Verteidigung Dr. Peter Struck anlässlich der Einführung der in Rede stehenden Konzeption am 17. September 2003 in einer Pressekonferenz geäußert, wobei der Text auf der Internet-Seite des BMVg abrufbar ist. Der Minister hat dabei u.a. ausgeführt:
79„Die Bundeswehr benötigt den Beitrag der Reservistinnen und Reservisten für ihr gesamtes Aufgabenspektrum – auch für die mittlerweile wahrscheinlichsten Aufgaben der Konfliktverhütung und Konfliktbewältigung. Ich habe immer wieder betont, dass Verteidigung heute mehr als die herkömmliche Verteidigung an den Landesgrenzen gegen einen konventionellen Angriff umfasst. Dem muss auch die neuen Reservistenkonzeption Rechnung tragen. Einsatzorientierung der Bundeswehr und ein zeitgemäßes Reservistenkonzept schließen sich nicht aus, sondern ergänzen einander.“
80Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, dass die Neuausrichtung der Bundeswehr den Kläger aus Gewissensgründen nur an einer „aktiven“ Zugehörigkeit zur Bundeswehr hindern soll, nicht aber auch an einem Engagement als Reservist. Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus der Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, er habe bei seiner Wehrübung keinen „Spiegeldienstposten“ bekleidet, also keinen im Einsatz befindlichen Sanitätsoffizier vertreten (und damit Auslandseinsätze nicht aktiv unterstützt). Denn auch eine Tätigkeit wie die von ihm angegebene Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung für Wehrpflichtige trägt dazu bei, dass die als Ganzes zu betrachtende Bundeswehr insgesamt ihre Aufgaben im In- und Ausland erfüllen kann. Zudem erscheint zweifelhaft, ob ein Reservist bei seiner Heranziehung zu einer Wehrübung stets sicherstellen kann, nicht auf einem „Spiegeldienstposten“ eingesetzt zu werden.
81Anderes ergibt sich auch nicht, wenn in Rechnung gestellt wird, dass der Kläger keine Einwände gegen die Aufgabe der Landesverteidigung im engeren Sinn geltend macht, der er offenbar die Tätigkeit als Reservist zuordnet. Zum einen verkennt dieser Ansatz, dass nach der vorerwähnten Konzeption für den Einsatz von Reservisten in der Bundeswehr auch diese zum Gelingen der vom Kläger abgelehnten Auslandseinsätze beitragen. Zum anderen steht es dem einzelnen (Reserve-)Soldaten und damit auch dem Kläger als Offizier der Reserve nicht zu, die Bundeswehr in einen „bösen“ (aktive Soldaten) und einen „guten“ (Reservisten) Teil aufzuteilen und bei letzterem auch noch zu differenzieren, ob „Spiegeldienstposten“ wahrgenommen werden.
82Schließlich mindert die Glaubhaftigkeit des Vorbringens des Klägers zur Maßgeblichkeit einer Gewissensentscheidung für sein Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis eines Zeitsoldaten als weiteres Indiz noch der Umstand, dass der Kläger zugegebenermaßen auch noch andere Gründe für seinen Entschluss zum Ausscheiden gehabt hat. Dies waren die aus seiner Sicht schlechten, unzumutbaren Arbeits- und sonstigen Rahmenbedingungen im Sanitätsdienst der Bundeswehr, welche er namentlich während seiner Tätigkeit als Stabsarzt am Bundeswehrzentralkrankenhaus in L. – also unmittelbar zeitnah vor seinem Ausscheiden – wahrgenommen haben will (vgl. Gliederungspunkt 2. der Anlage zur Widerspruchsbegründung). Zwar betont der Kläger zu Beginn der Ausführungen zu jenem Gliederungspunkt, jene Gründe seien nicht die „maßgeblich“(en) Gründe für sein Ausscheiden gewesen, und weist ihnen damit sinngemäß nur eine ergänzende Bedeutung zu. Glaubhaft ist das angesichts der zum Teil massiven Vorwürfe und der Gesamtbewertung der Zustände als unzumutbar aber nicht. So spricht der Kläger am Ende des angesprochenen Gliederungspunktes des Anhangs der Widerspruchsbegründung dann auch davon, dass er „sowohl“ wegen der ausgeführten Gewissensgründe „als auch“ wegen der unzumutbaren dienstlichen Rahmenbedingungen kurzfristig gewechselt habe. Das stellt die beklagten dienstlichen Rahmenbedingungen auf eine Stufe mit den vorgegebenen Gewissensgründen und zieht die Maßgeblichkeit letztgenannter Gründe für die Entscheidung, den aktiven Dienst als Soldat der Bundeswehr aufzugeben, in Zweifel.
83bb) Ist ein Ausscheiden des Klägers aus der Bundeswehr aus Gewissensgründen nach alledem nicht glaubhaft gemacht, bedarf es keiner Entscheidung des Senats darüber, welche Folgewirkungen eine gegebene, Art. 4 Abs. 1 GG unterfallende Gewissensentscheidung für die Anwendung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG hätte.
84Insoweit nimmt der Senat allerdings die Gelegenheit wahr, auf die folgenden rechtlichen Bedenken hinzuweisen:
85Zweifelhaft ist, ob allein schon die Betroffenheit in Grundrechten als solche (in jedem Fall) auf die Annahme einer besonderen Härte im Sinne des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG führen muss. Eher scheint es, als knüpfe das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 18.05 – (a.a.O.) in dem betreffenden Zusammenhang (Drucksituation, wegen einer finanziellen Belastung von der Grundrechtsausübung Abstand zu nehmen) an die besondere Situation bei der Ausübung gerade des Grundrechts auf Verweigerung des Kriegsdienstes mit der Waffe nach Art. 4 Abs. 3 GG an. Diese Situation zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie eine grundlegende Bedeutung hinsichtlich der Frage hat, ob überhaupt – also im Ganzen – Wehrdienst in der Bundeswehr geleistet werden kann bzw. ob ein ggf. schon bestehendes Soldatenverhältnis insgesamt fortgesetzt werden darf. Damit unterscheidet sich die Situation bei Kriegsdienstverweigerern nicht unerheblich von derjenigen bei der Betroffenheit anderer, darunter auch sog. „einschränkungsloser“ Grundrechte wie Art. 4 Abs. 1 GG. Deren Ausübung kann nämlich im Rahmen der Herstellung „praktischer Konkordanz“
86– hierzu vgl. aus jüngster Zeit etwa BVerfG, Beschlüsse vom 10. März 2014 – 1 BvR 377/13 –, juris, Rn. 22, vom 22. Oktober 2014 – 2 BvR 661/12 –, NZA 2014, 1387 = juris, Rn. 124 und 177, sowie vom 15. Januar 2015 – 1 BvR 2796/13 –, WM 2015, 526 = juris, Rn. 8 –
87häufig ohne erforderliche Auflösung des aktiven Soldatenverhältnisses in einen schonenden Ausgleich mit den Belangen der Bundeswehr (Verteidigungsbereitschaft, Funktionsfähigkeit) gebracht werden.
88Zum verfassungsrechtlichen Rang der Einrichtung und Funktionsfähigkeit der Bundeswehr vgl. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 10. März 2014 – 1 BvR 377/13 –, juris, Rn. 22 bis 24, und vom 28. April 2007 – 2 BvR 71/07 –, NVwZ-RR, 2008, 330 = juris, Rn. 16, jeweils m.w.N.
89Davon ausgehend kann zumeist auch ernsthaften Gewissensnöten solcher Soldaten, die nicht umfassend den Kriegsdienst mit der Waffe bzw. ein Verbleiben in der Bundeswehr ablehnen, durch die Verpflichtung des Dienstherrn zur Bereitstellung einer gewissenschonenden Handlungsalternative (z.B. Verwendung im Inland) ausreichend Rechnung getragen werden.
90Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2005 – 2 WD 12.04 –, BVerwGE 127, 302 = DVBl. 2005, 1455 = juris, Rn. 116 ff., 345, 348.
91Das gilt im Übrigen auch für den Kläger, weil dessen Behauptung, er lehne aus Gewissensgründen die Institution Bundeswehr in ihrer derzeitigen Konzeption als Ganzes ab, angesichts seiner Einstellung zum Status des Reservisten aus den oben genannten Gründen sachlich nicht nachvollzogen werden kann. Die Ausübung des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 1 GG wirkt somit für den aktiven Soldaten in der Regel nicht „absolut“ im Sinne einer Rechtfertigung zum Ausscheiden. Zugleich besteht in solchen Fällen – anders als bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern – auch nicht typischerweise die Situation, dass mit Blick auf eine erforderliche Beendigung des Dienstverhältnisses bisher entstandene Ausbildungskosten vom Dienstherrn nicht mehr nutzbringend (weiter) verwendet werden können. Entsprechend gemindert ist damit auch die „Drucksituation“, von der Ausübung des Grundrechts mit Blick auf die wegen der Erstattung von Ausbildungskosten zu erwartende finanzielle Belastung (vollständig) Abstand zu nehmen.
92Darüber hinaus ist schon fraglich, ob Art. 4 Abs. 1 GG in Fällen der vorliegenden Art überhaupt neben Art. 4 Abs. 3 GG anwendbar ist. Insoweit könnte von einer Ausschlusswirkung wegen Spezialität des Absatzes 3 auszugehen sein. Eine solche Ausschlusswirkung könnte jedenfalls dann zu bejahen sein, wenn es – wie hier – um (angebliche) Gewissensgründe geht, die es dem betroffenen Soldaten ausgehend von seiner kundgetanen inneren Überzeugung zwingend verwehren, überhaupt bei der Bundeswehr (aktiven) Dienst zu tun und nicht etwa nur einzelnen Befehlen nicht nachkommen zu können.
93Vgl. zu der letztgenannten Konstellation in Richtung auf einen fehlenden Ausschluss des Art. 4 Abs. 1 GG durch Art. 4 Abs. 3 GG BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2005 – 2 WD 12.04 -, a.a.O. und juris; ablehnend etwa Mager, in: v. Münch/Kunig, GG, 6. Aufl. 2012, Art. 4 Rn. 65 und 84, jeweils Stichwort „Befehlsverweigerung“, m.w.N. zur zum Teil zustimmenden, verbreitet aber auch kritischen Aufnahme des Urteils in der Literatur; u.U. anders auch noch BVerwG, Beschluss vom 31. Juli 1996 – 2 WD 21.96 -, BVerwGE 103, 361 = NJW 1997, 536 (538) = juris, insb. Rn. 30, betreffend die (dort bejahte) Dienstpflichtwidrigkeit der Verweigerung sog. „out of area“-Einsätze.
94Der Ausschluss dürfte ggf. auch unabhängig davon eintreten, ob die konkret geltend gemachten Gründe voraussichtlich ausreichen können, eine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer zu erreichen. Denn eine für einen bestimmten Bereich bestehende Spezialvorschrift wie Art. 4 Abs. 3 GG kann auch Bedeutung dafür haben, ob in Fällen, in denen ihre (besonderen) Voraussetzungen nicht erfüllt sind, in ihrem Anwendungsbereich noch auf eine allgemeinere Vorschrift zurückgegriffen werden darf. Gäbe es insoweit keine Sperrwirkung, wäre hier unter Berufung auf das allgemeinere Grundrecht – die Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG – eine Kriegsdienstverweigerung unter erleichterten Bedingungen möglich, nämlich die vollständige Verweigerung des Dienstes bei der Bundeswehr aus anderen, nicht durch Art. 4 Abs. 3 GG geschützten Gewissensgründen. Das hätte insbesondere – und auch hier – Bedeutung für die sog. situationsbedingte Kriegsdienstverweigerung, welche im Rahmen des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 3 GG im Ergebnis nicht zur Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer führt. Jene Fälle sind dadurch gekennzeichnet, dass die Betroffenen den Kriegsdienst mit der Waffe aus Gewissensgründen nicht wie nach dem speziellen Grundrecht erforderlich schlechthin, also insgesamt ablehnen, sondern solches nur in Bezug auf bestimmte Situationen bzw. Konstellationen tun (z.B. Verweigerung der Teilnahme an kriegerischen Auseinandersetzungen bei Betroffenheit oder Nichtbetroffenheit bestimmter Staaten als Gegner bzw. als um Unterstützung ersuchende Verbündete; dies ggf. in Abhängigkeit von den in den betroffenen Staaten/Regionen herrschenden politischen Systemen oder unter Berücksichtigung von bestimmten historischen Situationen; Verweigerung der Teilnahme in Abhängigkeit von der Art der zum Einsatz kommenden Waffen; Wunsch, nur zur unmittelbaren Verteidigung der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland eingesetzt zu werden).
95Vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Dezember 1960 – 1 BvL 21/60 –, BVerfGE 12, 45 = juris, Rn. 34, 35 ff., 38 f.; BVerwG, Urteil vom 5. März 1986– 6 C 34.84 –, BVerwGE 74, 72 = juris, Rn. 14, und namentlich auch Beschluss vom 8. November 1993 – 6 B 48.93 –, NJW 1994, 603 = juris, Rn. 2; ferner z. B. Thüringer OVG, Urteil vom 17. Mai 2010 – 2 KO 63/10 –, juris, Rn. 30.
96Die vom Kläger geltend gemachten Gründe, nämlich die Ablehnung von kriegerischen Auseinandersetzungen, welche über die „Landesverteidigung im engeren Sinne“ als historische Kernaufgabe der Bundeswehr sowie über „echte Bündnisfälle“ hinausgehen, fallen in den Kreis dieser Gründe. Da sie sich auf einen bestimmten Sektor militärischen Handelns beziehen, betreffen sie (partiell) zugleich den „Kriegsdienst mit der Waffe“ im Sinne des Art. 4 Abs. 3 GG. Würde man in solchen Fällen dem Soldaten unter Berufung auf sein Grundrecht der allgemeinen Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG erlauben, vollständig aus dem aktiven Dienst der Bundeswehr auszuscheiden, stellte sich dies letztlich als Umgehung der auch begrenzend wirkenden Sonderstellung des Grundrechts der Kriegsdienstverweigerung im Sinne des Art. 4 Abs. 3 GG bezogen auf den militärischen Bereich und das Soldatenverhältnis dar.
97Im Übrigen entspricht es auch der Wehrpflichtige betreffenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts, eine im Verhältnis zum Absatz 1 abschließende Sonderstellung des Absatzes 3 des Grundrechts aus Art. 4 GG hinsichtlich von Gewissensgründen anzunehmen, aus denen heraus sich die Berechtigung eines Wehrpflichtigen ergeben soll, das Leisten von Wehrdienst insgesamt abzulehnen.
98Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 1965– 1 BvR 112/63 –, BVerfGE 19, 135 = juris, Rn. 9, und Beschluss vom 26. Mai 1970 – 1 BvR 83/69, 244/69, 345/69 –, NJW 1970, 1729 (1731) = juris, Rn. 65; BVerwG, z. B. Urteile vom 2. April 1970 – VIII C 114.68 –, Buchholz 448.0 § 25 WpflG Nr. 30, am Ende, und vom 11. November 1974 – VIII C 100.69 –, BVerwGE 39, 53 = NJW 1972, 653 = juris, Rn. 8.
99Da sich auch Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit auf das Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung berufen dürfen, spricht in Bezug auf jene nichts dafür, das Verhältnis von Art. 4 Abs. 3 GG zu Art. 4 Abs. 1 GG anders als für Wehrpflichtige zu beurteilen, soweit es darum geht, ob sie aus Gewissensgründen die Bundeswehr vorzeitig verlassen dürfen.
100Vgl. in diesem Zusammenhang auch BVerwG, Urteil vom 31. Juli 1996 – 2 WD 21.96 –, BVerwGE 103, 361 = juris, Rn. 30, am Ende (einen Stabsoffizier betreffend), und VG Münster, Urteil vom 21. August 2014 – 5 K 2265/12 –, juris, Rn. 85 ff., 88 ff.
101In diesem Zusammenhang könnte der Kläger auch nicht mit Erfolg darauf verweisen, dass im Jahre 2007 eine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer für Soldaten im Sanitätsdienst der Bundeswehr nach der seinerzeitigen ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts von vorneherein nicht in Betracht gekommen sei. Es trifft allerdings zu, dass das Bundesverwaltungsgericht seinerzeit in diesem Sinne entschieden hat. Diese Rechtsprechung wurde erst im Jahre 2012 aufgegeben.
102Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2012 – 6 C 11.11 –, BVerwGE 142, 48 = juris.
103Die vormalige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts datiert aus den 1980er und 1990er Jahren. Gerade im Hinblick auf die von dem Kläger in den Mittelpunkt seiner Argumentation gestellte Neuausrichtung der Bundeswehr konnte auch schon vor dem vorzitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 2012 nicht davon ausgegangen werden, dass eine Neubewertung des Kriegsdienstverweigerungsrechts für Sanitätssoldaten der Bundeswehr offensichtlich ausgeschlossen war.
104Vgl. hierzu und zu der insoweit durch Verzicht auf die Revisionsinstanz anzunehmenden mangelnden Ausschöpfung des Rechtswegs BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 2011 – 2 BvR 862/10 –, BVerfGK 19, 106 = juris, Rn. 17.
105cc) Die auf den behaupteten Mängeln des Dienstbetriebs fußende Unzufriedenheit des Klägers mit den im Sanitätsdienst der Bundeswehr seinerzeit angeblich vorherrschenden und nicht seinen Erwartungen entsprechenden innerdienstlichen Arbeits- und Rahmenbedingungen führt als solche nicht auf einen Härtefall im Sinne des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG, weil diese Umstände alle Soldaten des Sanitätsdienstes regelmäßig gleich betroffen haben.
106Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 46.
107Hiergegen hat sich der Kläger im Berufungsverfahren auch nicht mehr gewandt.
108c) Bei dem Kläger liegt allerdings eine „besondere Härte“ im Sinne des § 46 Abs. 4 Satz 3 SG unter dem wirtschaftlichen Gesichtspunkt des möglichen Eintritts einer zu vermeidenden Existenzgefährdung vor. Dieser Gesichtspunkt wurde in den Regelungen des angegriffenen Leistungsbescheides der Beklagten nicht (ausreichend) berücksichtigt.
109Die Erstattung von Ausbildungskosten wie hier dem Ausbildungsgeld darf den früheren Soldaten in Anwendung der Härteklausel nicht in einer Weise belasten, dass er in die Gefahr einer existenzgefährdenden wirtschaftlichen Notlage gerät.
110Vgl. dazu allgemein etwa BVerfG, Beschluss vom 22. Januar 1975 – 2 BvL 51/71 –, BVerfGE 39, 128 = juris, Rn. 49; BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 54; OVG NRW, 26. Juni 1975– 1 A 927/74 –, DÖV 1975, 792 = juris (LS 2); VG Gießen, Urteil vom 26. Oktober 2005 – 8 E 2875/04 –, Rpfleger 2006, 90 = juris, Rn. 20; Sohm, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. 2010, § 56 Rn. 23.
111Dabei muss u.a. eine dauerhafte wirtschaftliche Knebelung, wie sie insbesondere bei einer sehr hohen Erstattungspflicht und einem (bei eingeräumter Ratenzahlung) entsprechend sehr langen Erstattungszeitraum eintreten kann, unterbleiben. In diesem Zusammenhang hat das Bundesverwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass sich dann, wenn die Beklagte – wie etwa auch in dem vorliegenden Leistungsbescheid – Ratenzahlungen gewährt, die Zahlungspflicht grundsätzlich nicht während des gesamten weiteren Berufslebens des Soldaten andauern darf, sondern zeitlich begrenzt sein muss.
112Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 18.05 –, Schütz/Maiwald, BeamtR, ES/A II 1 Nr. 11 = juris, Rn. 24; dem grundsätzlich folgend u.a. VG Gelsenkirchen, Urteile vom 8. September 2014 – 1 K 623/13 –, juris, Rn. 38, und vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 47; VG Düsseldorf, Urteil vom 30. Dezember 2013 – 10 K 5420/13 –, juris, Rn. 32; a.A. VG Gießen, Urteil vom 5. November 2012 – 5 K 785/11.GI –, juris, Rn. 38, VG Schleswig, Urteil vom 6. März 2014 – 12 A 153/13 –, juris, Rn. 41, und wohl auch Sohm, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. 2010, § 56 Rn. 23.
113Die betreffende Formulierung in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist systematisch eingebettet in Ausführungen zu der Frage, ob der in Anwendung der Härteklausel zu erstattende Betrag „von einem bestimmten ehemaligen Zeitsoldaten“ verlangt werden dürfe, was von seiner individuellen Vermögenslage abhänge. Das verdeutlicht, dass es an dieser Stelle um generelle Erwägungen zur Frage der (individuellen) wirtschaftlichen Zumutbarkeit geht und damit nicht um einen etwaigen weiteren „Bonus“ im Rahmen der Anwendung der Härteklausel speziell auf die Gruppe der anerkannten Kriegsdienstverweigerer. Insofern hat es in diesem Punkt auch keine Bedeutung, dass die Entscheidung einen Fall betroffen hat, in dem es um die Erstattung der Ausbildungskosten eines Kriegsdienstverweigerers ging. Allein ein solches Verständnis der betreffenden Urteilspassage ergibt im Übrigen auch Sinn, weil es der Sache nach – wie schon ausgeführt – um eine Konkretisierung des im Rahmen der Härteklausel für alle betroffenen früheren Soldaten geltenden Gesichtspunktes gegangen ist, dass diese durch die Erstattung und die Modalitäten ihrer Abwicklung nicht in existentielle wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sollen.
114Soweit es Gegenstimmen zu einer gebotenen zeitlichen Begrenzung des Erstattungszeitraums gibt (VG Gießen, VG Schleswig, jeweils a.a.O.), setzen diese dabei an, dass grundsätzlich die Pflicht bestehe, den Erstattungsbetrag in einer Summe zu zahlen. Würden den Soldaten Ratenzahlungen eingeräumt, bleibe es ihnen unbenommen, die hierdurch bewirkte Zahlungsdauer im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten durch höhere Ratenzahlungen zu verkürzen. Diese Argumentation überzeugt schon deswegen nicht, weil sie die angesprochene Verkürzungsmöglichkeit offenbar als regelmäßig gegeben unterstellt. Diese hängt aber entscheidend von den wirtschaftlichen Verhältnissen im jeweiligen Einzelfall ab. Ferner wird wohl nicht hinreichend bedacht, dass die Pflicht zur Zahlung in einer Summe angesichts der Höhe der zumeist in Rede stehenden Beträge gerade wegen der bestehenden Härteklausel in der Praxis kaum zum Tragen kommen dürfte. Die ggf. bestehende Härte in Anwendung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG auszugleichen, bleibt dabei Aufgabe der Beklagten, kann also nicht, jedenfalls nicht vollständig, einem Handeln der betroffenen ehemaligen Soldaten (auch im Rahmen von deren finanziellen Möglichkeiten) überlassen bleiben.
115Die danach erforderliche zeitliche Begrenzung des Erstattungszeitraums (Zeitraums der Ratenzahlungspflicht) in Richtung auf nur einen Teilzeitraum des gesamten Berufslebens muss auch bereits in dem Leistungsbescheid (Ausgangsbescheid) selbst erfolgen; dort sind die hierzu notwendigen Regelungen zu treffen. Das ist keine Besonderheit, sondern entspricht auch im Übrigen der Anwendung der Härteklausel des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG. Diese unterscheidet sich insoweit im Kern nicht von der Billigkeitsentscheidung bei der Rückforderung zuviel gezahlter Bezügen (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG). Dazu ist anerkannt, dass die Billigkeitsentscheidung nicht lediglich die Vollziehung oder Vollstreckung des Rückforderungsbescheides, sondern den materiellen Bestand des (insofern modifizierten) Rückforderungsanspruchs betrifft. Ein Rückforderungsbescheid darf deshalb nicht ergehen, ohne dass bzw. bevor eine Billigkeitsentscheidung getroffen wurde.
116Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 26. April 2012– 2 C 4.11 –, Schütz/Maiwald, BeamtR, ES/C V 5 Nr. 84 = juris, Rn. 23, m.w.N.; sinngemäß entsprechend zur Härteklausel des Soldatengesetzes wohl auch BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, BVerwGE 52, 84 = ZBR 1977, 287 = juris, Rn. 56, unter Abgrenzung der Anwendung der Härteklausel von lediglich haushaltsrechtlichen Zahlungserleichterungen.
117Ob das gleiche Ergebnis in Fällen der vorliegenden Art auch unmittelbar aus dem Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes und aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn hergeleitet werden kann,
118vgl. etwa VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. September 2014 – 1 K 623/13 –, juris, Rn. 38 am Ende,
119braucht hier nicht entschieden zu werden.
120Der Anforderung der zeitlichen Begrenzung des Erstattungszeitraums kann die Beklagte regelmäßig in der Weise ermessensgerecht entsprechen, dass sie die Verpflichtung zur Zahlung von Tilgungsraten auf einen Zeitraum von zwei Dritteln der Zeit von der Entlassung aus dem Zeitsoldatenverhältnis bis zum Eintritt in das Rentenalter (§ 35 SGB VI) begrenzt. Denn hierdurch ist auch unter Berücksichtigung etwa zusätzlich zu zahlender Stundungszinsen in aller Regel ausreichend gewährleistet, dass unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu der Anwendung der Härteklausel die Zahlungspflicht nicht während des gesamten (weiteren) Berufslebens andauert, sondern deutlich vor dem 67. Lebensjahr endet.
121Vgl. in diesem Sinne auch VG Gelsenkirchen, Urteile vom 8. September 2014 – 1 K 623/13 –, juris, Rn. 40, und vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 49.
122Das bedeutet allerdings nicht zwangsläufig, dass der im Leistungsbescheid festgesetzte Erstattungsbetrag am Ende nicht vollständig getilgt werden muss. Das gilt selbst dann, wenn ausgehend von der im Bescheid bestimmten Höhe der Rate eine vollständige Tilgung bis zu dem betreffenden Zeitpunkt rechnerisch nicht möglich ist. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang nämlich, dass der streitige Leistungsbescheid (wie auch in ähnlichen Fällen) unter Ziffer 4 eine (Neben-)Regelung enthält, derzufolge eine jährliche Überprüfung der Ratenhöhe anhand der Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse des früheren Soldaten zu erfolgen hat. Das kann es ermöglichen, die Raten vorübergehend oder ggf. auch dauerhaft höher festzusetzen. In einem solchen Fall kann ggf. erreicht werden, dass der gesamte Erstattungsbetrag schon vor Ablauf des vorgenannten Zweidrittelzeitraums getilgt ist. Es ist mit anderen Worten Aufgabe der Beklagten, diese begleitende Kontrolle auch tatsächlich effektiv wahrzunehmen.
123Wegen dieser möglichen Veränderungen der Tilgungshöhe, welche ggf. auch in Richtung auf eine wirtschaftlich gebotene Verringerung der Ratenhöhe gehen können, ist es aus Sicht des Senats sogar erforderlich ist, die Zeitdauer der Zahlungspflicht in dem Leistungsbescheid nicht nur dann begrenzend zu regeln, wenn ausgehend von der Höhe der dort festgesetzten Raten eine Tilgung innerhalb des Zweidrittelzeitraums nicht gelingen kann. Vielmehr ist solches auch dann geboten, wenn ausgehend von jenen u.U. recht hohen Raten eine rechtzeitige Tilgung gelingen könnte.
124Anders im Ergebnis VG Gelsenkirchen, Urteil vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 53.
125Denn ob es dann auch wirklich gelingen wird, ist angesichts der künftigen Veränderbarkeit der Höhe der Rate im Zeitpunkt des Ergehens des Leistungsbescheides keineswegs sicher. Gerade mit Blick darauf bedarf es aber schon in diesem Bescheid einer begrenzenden Regelung genereller Natur, die etwa an das Erreichen eines bestimmten Lebens- oder Kalenderjahres (bzw. Datums) anknüpft. Die Gegenauffassung des VG Gelsenkirchen, wonach es in jenen Fällen ausreichen soll, dass mit Blick auf eine mögliche Absenkung der Rate erst in dem diesbezüglichen Änderungsbescheid die zeitliche Begrenzung erforderlichenfalls geregelt wird,
126vgl. Urteil vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 53,
127erscheint inkonsequent zu der auch dort eingenommenen Grundposition, dass über das Vorliegen einer besonderen Härte bereits im Ausgangsbescheid entschieden werden muss.
128Ist die für die Erstattung in zeitlicher Hinsicht bestehende Grenze erreicht, ohne dass der Gesamtbetrag getilgt werden konnte, dürfte die Beklagte im Übrigen verpflichtet sein, die Restsumme zu erlassen. Denn die Stundung unberührt zu lassen und weiterhin Stundungszinsen zu fordern, würde (in Abhängigkeit von der Zinshöhe einerseits und der Höhe des noch nicht getilgten Betrages andererseits) die wirtschaftliche Belastung jedenfalls zum Teil fortbestehen lassen und damit zu einer Belastung bis zum Ende der Berufstätigkeit oder sogar noch darüber hinaus führen.
129Der vom Kläger angefochtene Leistungsbescheid entspricht mit seinen vier Teilregelungen den vorstehenden Grundsätzen nicht. Das ist bereits deswegen der Fall, weil er im Zusammenhang mit der eingeräumten Ratenzahlung keine zeitliche Begrenzung des Zahlungszeitraums enthält. Darüber hinaus würde sich im Fall des Klägers bei einer unverändert bleibenden Höhe der bestimmten Monatsraten von 220 Euro ohne Berücksichtigung der Stundungszinsen ein Tilgungszeitraum von über 45 Jahren ergeben. Der Kläger wäre bei Zahlungsende dann 77 Jahre alt.
130Hinzu kämen als Belastungsfaktor noch die Stundungszinsen. Ob diese wie geschehen in Höhe von 4 Prozent erhoben werden durften, muss hier nicht entschieden werden, da der angefochtene Bescheid wegen der fehlenden Regelung einer Begrenzung des Erstattungszeitraums in Anbetracht der inhaltlichen Verknüpfung seiner einzelnen Teilregelungen nicht nur in Bezug auf einzelne Ziffern (Teilregelungen), sondern insgesamt aufzuheben ist. Allerdings weist der Senat in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Zinshöhe schon an dieser Stelle darauf hin, dass es u.a. auch im Hinblick auf den Sanktionscharakter der Erstattungspflicht,
131vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2014 – 2 B 96.13 –, juris, Rn. 7, zur Erstattungspflicht eines Berufssoldaten,
132jedenfalls nicht auf der Hand liegt, dass sich das Ermessen der Beklagten in jenem Zusammenhang zwingend an ihren eigenen Refinanzierungsmöglichkeiten orientieren muss. Selbst bei Zugrundelegung dieser Variante ist darüber hinaus mit Blick auf die fehlende Sicherung der Forderung problematisch, ob als Maßstab für die „Marktlage“ (ausschließlich) durch Hypotheken abgesicherte Darlehen zugrunde gelegt werden können.
133Vgl. in diesem Zusammenhang etwa VG Gelsenkirchen, Urteile vom 8. September 2014– 1 K 623/13 –, juris, Rn. 43 ff., und vom17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 62 f.; VG Münster, Urteil vom 21. August 2014 – 5 K 2265/12 –, juris, Rn. 97, aber auch– im Ergebnis keine rechtlichen Bedenken gegen einen Zinssatz von 4 % äußernd – VG Düsseldorf, Urteil vom 30. Dezember 2013 – 10 K 5420/13 –, juris, Rn. 2, 44 f., sowie Bayerischer VGH, Urteil vom 4. Juli 2013 – 6 BV 12/19 –,juris, Rn. 4, 42.
134Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
135Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
136Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Der Leistungsbescheid der Beklagten vom 10. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2013 wird hinsichtlich der Ziffer 1 des Leistungsbescheides in Höhe von 52.362,76 Euro und hinsichtlich Ziffer 3 des Leistungsbescheides, soweit diese einen Erstattungsbetrag von 52.362,76 Euro aufgehoben; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Beklagte zu 90 vom Hundert und der Kläger zu 10 vom Hundert.
Die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Der Kläger ist ehemaliger Berufssoldat der Beklagten, zuletzt im Dienstgrad eines Oberstabsarztes. Zum 1. Juli 1996 trat er – auf der Grundlage einer Verpflichtungserklärung vom 23. März 1996 über 16 Jahre – als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes in den Dienst der Beklagten und wurde in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen. In der Verpflichtungserklärung vom 23. März 1996 bestätigte der Kläger unter anderem, dass ihm bekannt sei, dass er nach § 56 Abs. 4 SG das während der Ausbildung bezogene Ausbildungsgeld u.a. dann zu erstatten habe, wenn er auf eigenen Antrag aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit ausscheide. Vom 2. April 1997 bis zum 21. Mai 2003 studierte der Kläger unter Beurlaubung vom militärischen Dienst Humanmedizin. Seine Dienstzeit wurde zunächst auf 5, dann auf 15 und mit Bescheid vom 9. November 2004 schließlich auf die vollen 16 Jahre festgesetzt. Im Anschluss an das Studium leistete der Kläger vom 22. Mai 2003 bis 30. September 2004 die nach der damaligen Approbationsordnung erforderliche Zeit als „Arzt im Praktikum“ am Bundeswehrzentralkrankenhaus in L. ab. Mit Urkunde der Bezirksregierung L1. vom 1. Oktober 2004 wurde ihm die Approbation als Arzt erteilt; am gleichen Tag wurde er zum Stabsarzt ernannt. Aufgrund einer erneuten Weiterverpflichtungserklärung vom September 2006 über eine Dienstzeit von insgesamt 20 Jahren setzte die Beklagte das Dienstzeitende auf den 30. Juni 2016 fest. Vom 1. Oktober 2004 bis 31. Juli 2005 und vom 1. Januar 2007 bis 5. Januar 2008 befand sich der Kläger im Bundeswehrzentralkrankenhaus L. in der klinischen Weiterbildung im Fach „Innere Medizin“. Diese Weiterbildung setzte er vom 1. April 2008 bis zum Dienstende am 7. Oktober 2008 in der Universitätsklinik N. fort. Neben der Weiterbildung im Fach „Innere Medizin“ nahm der Kläger vom 15. Februar 2005 bis 4. März 2005 an einem Lehrgang „Notfallmedizin“ und im November 2004 und Januar sowie April 2005 an insgesamt 11 Tagen an Notarzteinsätzen teil. Daraufhin wurde ihm am 7. Juni 2005 der Fachkundenachweis „Rettungsdienst“ zuerkannt. Am 17. Januar 2007 wurde der Kläger zum Oberstabsarzt ernannt. Auf seinen Antrag wurde er am 27. Dezember 2007 in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten übernommen. Am 8. Oktober 2008 übernahm die Universität C. den Kläger als Akademischen Rat in das Beamtenverhältnis auf Zeit; damit schied der Kläger von Gesetzes wegen aus dem Soldatenverhältnis aus.
3Mit Schreiben vom 3. Juli 2009 wies die Beklagte den Kläger – erneut – auf die Pflicht zur Erstattung der Ausbildungskosten (nach § 49 SG) hin. Unter dem 28. Mai 2010 hörte die Beklagte den Kläger zur Rückforderung von maximal 20.145,10 Euro Kosten der Fachausbildungen und 118.267,50 Euro Ausbildungsvergütung an.
4Mit Bescheid des Personalamtes der Bundeswehr vom 10. September 2010 forderte die Beklagte den Kläger zur Erstattung von Ausbildungsgeld und der im Rahmen der Aus‑ und Weiterbildung entstandenen Fachausbildungskosten auf; den Erstattungsbetrag setzte die Beklagte auf 121.312,49 Euro fest (Ziffer 1). Zugleich gewährte die Beklagte dem Kläger eine verzinsliche Stundung durch Ratenzahlung von monatlichen Raten in Höhe von 690,00 Euro (Ziffer 2). Ferner erhob die Beklagte mit „Bestandskraft des Leistungsbescheides, spätestens ab 25. Oktober 2010“ fällig werdende Stundungszinsen in Höhe von jährlich vier vom Hundert, deren Berechnung und Einziehung nach Erledigung der Hauptforderung erfolgen sollte und auf die sich die eingeräumte Stundung mit erstreckte (Ziffer 3). Die Stundung stand unter dem Vorbehalt gleichbleibender wirtschaftlicher Verhältnisse und sollte jährlich überprüft werden (Ziffer 4).
5Zur Begründung führte die Beklagte im Kern aus, Rechtsgrundlage für die Rückforderung sei § 49 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SG. Danach müsse ein früherer Berufssoldat, der auf eigenen Antrag entlassen worden sei oder als auf eigenen Antrag entlassen gelte, die durch ein Studium oder eine Fachausbildung entstandenen Kosten erstatten. Während des Studiums der Humanmedizin habe der Kläger Ausbildungsgeld in Höhe von 118.267,50 Euro erhalten. Für die Zeit als Arzt im Praktikum seien Kosten in Höhe von 4.324,08 Euro und für die Weiterbildung „Innere Medizin“ Kosten in Höhe von 13.362,43 Euro, insgesamt also 17.686,51 Euro, angefallen. Während das Studium und die Weiterbildung „Innere Medizin“ nicht im Sinne des § 46 Abs. 3 SG „abgedient“ seien, sei dies hinsichtlich der Fachausbildung „Rettungsmedizin“ der Fall. Daher seien die hierfür entstandenen Kosten nicht mehr zu erstatten. Unter Härtegesichtspunkten berücksichtige die Beklagte auch Abdienzeiten unterhalb der Zeitspanne des § 46 Abs. 3 SG. Nach Abschluss des Studiums sei der Kläger für insgesamt 1.447 Tage im Dienst gewesen. Hiervon entfielen jedoch 853 Tage auf die weiteren Fachausbildungen, so dass eine Abdienzeit von 594 Tagen verbleibe. Diese würden in einen Verzichtsanteil von 12,38 vom Hundert umgerechnet, so dass von dem gezahlten Ausbildungsgeld nur 103.625,98 Euro zurückgefordert würden; die Kosten der Weiterbildung „Innere Medizin“ seien hingegen voll zurückzuzahlen. Die Berechtigung, für die darüber hinaus gewährte Ratenzahlung Stundungszinsen zu fordern, ergebe sich unmittelbar aus § 49 Abs. 4 Satz 3 SG. Im Vergleich zum Kapitalmarkt bewege sich der festgesetzte Zinssatz von 4 vom Hundert auf niedrigem Niveau.
6Hiergegen legte der Kläger am 11. Oktober 2010 Widerspruch ein. Zur Begründung machte er geltend, der Rückforderungsbescheid sei „in Teilen“ rechtswidrig. So sei die Zeit als Assistenzarzt in vollem Umfang bei der Berechnung der Abdienquote zu berücksichtigen. Ferner dürften die Zeiten vom 23. Februar 1998 bis 15. März 1998 (Pflegepraktikum), vom 1. August 2001 bis 31. August 2001 (Famulatur) sowie der 10. und 11. Dezember 2002 (Personalgespräch) nicht berücksichtigt werden, weil er in diesen Zeiten kein Ausbildungsgeld sondern ganz normale Dienstvergütung erhalten habe. Auch die Umzugskostenvergütung für den Umzug nach L. sei von den zu erstattenden Kosten abzuziehen, weil dieser „Erstumzug“ in jedem Fall vom Dienstherrn hätte erstattet werden müssen. Die Kosten für die Tätigkeit in N. könnten ebenfalls nicht zurückgefordert werden, weil die dortige Ausbildung von der Ärztekammer Nordrhein nicht anerkannt worden sei und es sich daher nicht um eine Fachausbildung gehandelt habe.
7Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2013 – zugestellt am 24. Januar 2013 – reduzierte die Beklagte mit Blick auf bestimmte Zeiten, für die fälschlicherweise davon ausgegangen worden sei, der Kläger habe auch dort Ausbildungsgeld erhalten, den Rückforderungsbetrag auf 118.695,95 Euro; im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück.
8Am 8. Februar 2013 hat der Kläger Klage erhoben. Er hat geltend gemacht, der angefochtene Bescheid sei teilweise rechtswidrig, und hierzu im Wesentlichen die Gründe seines Widerspruchs wiederholt: Die Beklagte hätte seine volle Dienstzeit von 1.447 Tagen nach Abschluss des Medizinstudiums als Abdienzeit berücksichtigen müssen. Hieraus ergebe sich eine Abdienquote von 40,19 vom Hundert. Hier sei zu berücksichtigen, dass der Betrieb in einem Bundeswehrkrankenhaus ebenso wie in jedem zivilen Krankenhaus ohne Assistenzärzte nicht aufrechterhalten werden könne. Die Kosten des Umzugs nach L. könnten nicht zurückverlangt werden, weil dieser Umzug in jedem Fall hätte bezahlt werden müssen. Seine Tätigkeit in N. sei keine Fachausbildung gewesen, deshalb könnten auch die hierauf bezogenen Kosten nicht zurückgefordert werden.
9Der Kläger hat schriftsätzlich angekündigt zu beantragen, den angefochtenen Bescheid aufzuheben, soweit dieser einen Betrag von 68.949,73 Euro übersteigt, und festzustellen, „dass Stundungszinsen erst ab Bestandskraft des Leistungsbescheides erhoben werden dürfen“.
10In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger beantragt,
11den Leistungsbescheid der Beklagten vom 10. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2013 hinsichtlich der Ziffer 1 in Höhe von 52.362,76 Euro und hinsichtlich der Ziffer 3 insgesamt aufzuheben sowie die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
12Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie hat vorgetragen: Nach ihrer von der Rechtsprechung bestätigten Auffassung werde während einer Facharztausbildung ein zuvor absolviertes Medizinstudium nicht schon „abgedient“. Nur das entspreche auch der Gesetzessystematik. In die Fachausbildungskosten seien hier zu Recht auch die mittelbaren Kosten einbezogen worden. Die Berücksichtigung der Ausbildung in N. scheitere nicht an der vom Kläger vorgebrachten fehlenden Anerkennung durch die Ärztekammer Nordrhein. Das Verlangen von Stundungszinsen ggf. schon vor Bestandskraft des Bescheides stehe im Einklang mit der Rechtslage und namentlich auch mit § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
15Durch das angefochtene Urteil hat das Verwaltungsgericht Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides aufgehoben, die Klage im Übrigen abgewiesen und die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt.
16Sowohl der Kläger als auch die Beklagte haben die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung rechtzeitig eingelegt und begründet.
17Der Kläger wiederholt im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen und rügt nunmehr auch das von der Beklagten zugrunde gelegte, nicht lineare Berechnungsmodell zur Ermittlung der Abdienquote. Hinsichtlich der Stundungszinsen verweist der Kläger darauf, dass die Beklagte in einem gleichgelagerten Fall vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof selbst erklärt habe, „Verzugszinsen erst ab Rechtskraft zu fordern“. Im Sinne der Gleichbehandlung müsse sie sich auch im vorliegenden Verfahren daran halten.
18Der Kläger beantragt,
19das angefochtene Urteil zu ändern, den Leistungsbescheid der Beklagten vom 10. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2013 auch hinsichtlich der Ziffer 1 in Höhe von 52.362,76 Euro aufzuheben und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
20Die Beklagte beantragt,
21das angefochtene Urteil zu ändern, die Klage des Klägers auch hinsichtlich Ziffer 3 des Leistungsbescheides vom 10. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2013 abzuweisen und die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
22Die Beklagte vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen, wobei sie bezüglich der Stundungszinsen bekräftigt, dass deren Erhebung nach der ganz überwiegenden Rechtsprechung auch schon für die Zeit vor Bestandskraft des Leistungsbescheides für rechtmäßig gehalten werde. Der insoweit vom Verwaltungsgericht angenommene Verstoß gegen Art. 3 GG sei nicht nachvollziehbar. Die dort zugrunde gelegte Verwaltungspraxis bestehe in ihrem Geschäftsbereich nicht. Bei der vom Kläger erwähnten, vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof abgegebenen Erklärung des seinerzeitigen Sitzungsvertreters habe es sich um eine nicht abgestimmte Äußerung gehandelt, die in der Sache eine falsche Einzelfallentscheidung dargestellt habe.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (2 Hefte) Bezug genommen.
24E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
25Die Berufungen sowohl des Klägers als auch der Beklagten haben im tenorierten Umfang Erfolg.
261. Ziffer 1 des Leistungsbescheides der Beklagten vom 10. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2013 ist im angefochtenen Umfang rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Bescheid ist daher insoweit aufzuheben.
27Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass der Kläger gemäß § 49 Abs. 4 des Soldatengesetzes (SG) grundsätzlich zur Rückzahlung von Ausbildungskosten verpflichtet ist. Dies betrifft zum einen das ihm als Sanitätsoffiziersanwärter gewährte Ausbildungsgeld, zum anderen aber auch die Kosten der nach Studium und Approbation durchlaufenen Fach(arzt)ausbildung namentlich in Gestalt der klinischen Weiterbildung im Fach „Innere Medizin“ in L. und N. mitsamt Sekundärkosten wie u. a. Erstattung von Umzugskosten. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die diesbezüglichen Ausführungen in dem angegriffenen Urteil und macht sie sich zu eigen (§ 130b Satz 2 VwGO).
28Ebenfalls zutreffend hat das Verwaltungsgericht entschieden, dass die Härtefallregelung des § 49 Abs. 4 Satz 3 SG es nicht gebietet, von dem ermittelten Rückzahlungsbetrag insbesondere unter dem Gesichtspunkt der „Abdienquote“ noch weitere Beträge abzuziehen. Dies gilt namentlich für die Zeiten der klinischen Weiterbildung des Klägers am Bundeswehrzentralkrankenhaus L. und bei der Universität N. , die Teil seiner Facharztausbildung im Bereich der Inneren Medizin waren. Auch insoweit nimmt der Senat auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug (§ 130b Satz 2 VwGO). Zu ergänzen ist lediglich, dass auch das Bundesverwaltungsgericht mittlerweile entschieden hat, dass der Begriff der sich an das Studium oder die Fachausbildung anschließenden Dienstzeit auf diejenigen Zeiträume beschränkt ist, in denen der Berufs- bzw. Zeitsoldat die durch das Studium oder die Fachausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten dem Dienstherrn (Bundeswehr) uneingeschränkt zur Verfügung gestellt hat, ohne sich dadurch zugleich im Rahmen einer gesonderten Fachausbildung weiterbilden zu wollen oder zu sollen. Dies trifft u.a. auf die Tätigkeit eines Sanitätsoffiziers in einem Bundeswehrkrankenhaus, durch die ihm fachärztliche Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, nicht zu, mag er dabei auch den üblichen Dienst eines Klinikarztes verrichtet haben.
29BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2014 – 2 B 96.13 –, juris, Rn. 8, zu § 49 Abs. 4 i.V.m. § 46 Abs. 3 SG 1995.
30Soweit der Kläger als Truppenarzt außerhalb einer Facharztausbildung oder Weiterbildung (vom 1. August 2005 bis zum 31. Dezember 2006) oder im Ausland (vom 6. Januar 2008 bis zum 31. März 2008) eingesetzt war, sind diese Zeiten als Abdienzeit berücksichtigt worden (vgl. S. 9 des Leistungsbescheides und S. 4 oben des Widerspruchsbescheides).
31Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass das von der Beklagten in Anwendung der sog. Bemessungsgrundsätze der Berechnung der Abdienzeit zugrunde gelegte Modell (ansteigender Multiplikator mit einem Faktor von 0,75 für das erste, 1,05 für das zweite und 1,20 für das letzte Drittel der Stehzeit) bezogen auf die Humanmediziner „willkürlich“ wäre und deshalb die Grenzen des in dem hier interessierenden Zusammenhang bestehenden, grundsätzlich weiten Ermessens überschreitet.
32A.A. Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 6. März 2014 – 12 A 130/13 –, juris, Rn. 29 ff.; nachgehend: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 2 LA 29/14 –, in dem der Zulassungsantrag der Beklagten aus Gründen unzureichender Darlegung abgelehnt wurde,
33Denn zum einen erscheint der dieser Verwaltungspraxis anhaftende Grundgedanke, dass der Zeit- bzw. Berufssoldat in der ersten Zeit nach dem Ende seiner Ausbildung unter den Gesichtspunkten u. a. der Berufspraxis und Berufserfahrung noch nicht den gleichen Nutzen für seinen Dienstherrn hat wie ein schon voll in seinem erlernten Beruf stehender Soldat nicht nur (z. B.) für einen Piloten, sondern auch bezogen auf einen Humanmediziner mit ggf. bereits abgeschlossener Facharztausbildung nicht von vornherein als sach- und ermessenswidrig. Zum anderen kommt hinzu, dass der in Rede stehende niedrige Berechnungsfaktor zu Beginn der Abdienzeit auch dazu dient, ein vor- und insbesondere frühzeitiges Ausscheiden aus dem Soldatenverhältnis finanziell unattraktiv zu gestalten, um die durch das unplanmäßige Ausscheiden u.a. von Bundeswehrärzten hervorgerufenen Verwerfungen im Personalkörper möglichst gering zu halten. Hierzu hat die Vertreterin der Beklagten im Termin vor dem Senat nachvollziehbar dargelegt, dass Soldaten zum Zwecke des Medizinstudiums nach dem Personalbedarf der Bundeswehr und nicht darüber hinaus freigestellt werden und die anschließende mehrjährige Dienstzeit fest in die Personalbedarfsplanung einberechnet wird.
34Gleichwohl erweist sich Ziffer 1 des Leistungsbescheides aus einem anderen Grund als rechtswidrig. Die Beklagte hat nämlich nicht alle zur Vermeidung einer besonderen Härte im Sinne von § 49 Abs. 4 Satz 3 SG – die dortige Regelung entspricht der für Zeitsoldaten geltenden Härteklausel des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG – in Betracht kommenden Gesichtspunkte in den Blick genommen und geregelt. Sie hat zwar in Anbetracht der wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers den Rückzahlungsbetrag unter Festsetzung monatlicher Raten in Höhe von 690,00 Euro gestundet. Dabei hat sie aber nicht, wie es erforderlich gewesen wäre, einen Endzeitpunkt für die Ratenzahlung bestimmt, der es dem Kläger unabhängig von dem bis dahin zurückgezahlten Betrag ermöglicht, für einen ins Gewicht fallenden Teilseines Berufslebens nicht mit der Rückzahlung von Ausbildungskosten belastet zu sein. Hierzu hat der Senat in seinem Urteil vom 20. April 2015 – 1 A 1242/12 –, juris, Rn. 106 ff. (dort die Parallelvorschrift des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG betreffend), Folgendes ausgeführt:
35„Bei dem Kläger liegt allerdings eine ‚besondere Härte‘ im Sinne des § 46 Abs. 4 Satz 3 SG (Anm.: gemeint ist § 56 Abs. 4 Satz 3 SG) unter dem wirtschaftlichen Gesichtspunkt des möglichen Eintritts einer zu vermeidenden Existenzgefährdung vor. Dieser Gesichtspunkt wurde in den Regelungen des angegriffenen Leistungsbescheides der Beklagten nicht (ausreichend) berücksichtigt.
36Die Erstattung von Ausbildungskosten wie hier dem Ausbildungsgeld darf den früheren Soldaten in Anwendung der Härteklausel nicht in einer Weise belasten, dass er in die Gefahr einer existenzgefährdenden wirtschaftlichen Notlage gerät.
37Vgl. dazu allgemein etwa BVerfG, Beschluss vom 22. Januar 1975 – 2 BvL 51/71 –, BVerfGE 39, 128 = juris, Rn. 49; BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 54; OVG NRW, 26. Juni 1975– 1 A 927/74 –, DÖV 1975, 792 = juris (LS 2); VG Gießen, Urteil vom 26. Oktober 2005 – 8 E 2875/04 –, Rpfleger 2006, 90 = juris, Rn. 20; Sohm, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. 2010, § 56 Rn. 23.
38Dabei muss u.a. eine dauerhafte wirtschaftliche Knebelung, wie sie insbesondere bei einer sehr hohen Erstattungspflicht und einem (bei eingeräumter Ratenzahlung) entsprechend sehr langen Erstattungszeitraum eintreten kann, unterbleiben. In diesem Zusammenhang hat das Bundesverwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass sich dann, wenn die Beklagte – wie etwa auch in dem vorliegenden Leistungsbescheid – Ratenzahlungen gewährt, die Zahlungspflicht grundsätzlich nicht während des gesamten weiteren Berufslebens des Soldaten andauern darf, sondern zeitlich begrenzt sein muss.
39Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 18.05 –, Schütz/Maiwald, BeamtR, ES/A II 1 Nr. 11 = juris, Rn. 24; dem grundsätzlich folgend u.a. VG Gelsenkirchen, Urteile vom 8. September 2014 – 1 K 623/13 –, juris, Rn. 38, und vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 47; VG Düsseldorf, Urteil vom 30. Dezember 2013 – 10 K 5420/13 –, juris, Rn. 32; a.A. VG Gießen, Urteil vom 5. November 2012 – 5 K 785/11.GI –, juris, Rn. 38, VG Schleswig, Urteil vom 6. März 2014 – 12 A 153/13 –, juris, Rn. 41, und wohl auch Sohm, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. 2010, § 56 Rn. 23.
40Die betreffende Formulierung in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist systematisch eingebettet in Ausführungen zu der Frage, ob der in Anwendung der Härteklausel zu erstattende Betrag „von einem bestimmten ehemaligen Zeitsoldaten“ verlangt werden dürfe, was von seiner individuellen Vermögenslage abhänge. Das verdeutlicht, dass es an dieser Stelle um generelle Erwägungen zur Frage der (individuellen) wirtschaftlichen Zumutbarkeit geht und damit nicht um einen etwaigen weiteren „Bonus“ im Rahmen der Anwendung der Härteklausel speziell auf die Gruppe der anerkannten Kriegsdienstverweigerer. Insofern hat es in diesem Punkt auch keine Bedeutung, dass die Entscheidung einen Fall betroffen hat, in dem es um die Erstattung der Ausbildungskosten eines Kriegsdienstverweigerers ging. Allein ein solches Verständnis der betreffenden Urteilspassage ergibt im Übrigen auch Sinn, weil es der Sache nach – wie schon ausgeführt – um eine Konkretisierung des im Rahmen der Härteklausel für alle betroffenen früheren Soldaten geltenden Gesichtspunktes gegangen ist, dass diese durch die Erstattung und die Modalitäten ihrer Abwicklung nicht in existentielle wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sollen.
41Soweit es Gegenstimmen zu einer gebotenen zeitlichen Begrenzung des Erstattungszeitraums gibt (VG Gießen, VG Schleswig, jeweils a.a.O.), setzen diese dabei an, dass grundsätzlich die Pflicht bestehe, den Erstattungsbetrag in einer Summe zu zahlen. Würden den Soldaten Ratenzahlungen eingeräumt, bleibe es ihnen unbenommen, die hierdurch bewirkte Zahlungsdauer im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten durch höhere Ratenzahlungen zu verkürzen. Diese Argumentation überzeugt schon deswegen nicht, weil sie die angesprochene Verkürzungsmöglichkeit offenbar als regelmäßig gegeben unterstellt. Diese hängt aber entscheidend von den wirtschaftlichen Verhältnissen im jeweiligen Einzelfall ab. Ferner wird wohl nicht hinreichend bedacht, dass die Pflicht zur Zahlung in einer Summe angesichts der Höhe der zumeist in Rede stehenden Beträge gerade wegen der bestehenden Härteklausel in der Praxis kaum zum Tragen kommen dürfte. Die ggf. bestehende Härte in Anwendung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG auszugleichen, bleibt dabei Aufgabe der Beklagten, kann also nicht, jedenfalls nicht vollständig, einem Handeln der betroffenen ehemaligen Soldaten (auch im Rahmen von deren finanziellen Möglichkeiten) überlassen bleiben.
42Die danach erforderliche zeitliche Begrenzung des Erstattungszeitraums (Zeitraums der Ratenzahlungspflicht) in Richtung auf nur einen Teilzeitraum des gesamten Berufslebens muss auch bereits in dem Leistungsbescheid (Ausgangsbescheid) selbst erfolgen; dort sind die hierzu notwendigen Regelungen zu treffen. Das ist keine Besonderheit, sondern entspricht auch im Übrigen der Anwendung der Härteklausel des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG. Diese unterscheidet sich insoweit im Kern nicht von der Billigkeitsentscheidung bei der Rückforderung zuviel gezahlter Bezügen (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG). Dazu ist anerkannt, dass die Billigkeitsentscheidung nicht lediglich die Vollziehung oder Vollstreckung des Rückforderungsbescheides, sondern den materiellen Bestand des (insofern modifizierten) Rückforderungsanspruchs betrifft. Ein Rückforderungsbescheid darf deshalb nicht ergehen, ohne dass bzw. bevor eine Billigkeitsentscheidung getroffen wurde.
43Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 26. April 2012– 2 C 4.11 –, Schütz/Maiwald, BeamtR, ES/C V 5 Nr. 84 = juris, Rn. 23, m.w.N.; sinngemäß entsprechend zur Härteklausel des Soldatengesetzes wohl auch BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, BVerwGE 52, 84 = ZBR 1977, 287 = juris, Rn. 56, unter Abgrenzung der Anwendung der Härteklausel von lediglich haushaltsrechtlichen Zahlungserleichterungen.
44Ob das gleiche Ergebnis in Fällen der vorliegenden Art auch unmittelbar aus dem Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes und aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn hergeleitet werden kann,
45vgl. etwa VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. September 2014 – 1 K 623/13 –, juris, Rn. 38 am Ende,
46braucht hier nicht entschieden zu werden.
47Der Anforderung der zeitlichen Begrenzung des Erstattungszeitraums kann die Beklagte regelmäßig in der Weise ermessensgerecht entsprechen, dass sie die Verpflichtung zur Zahlung von Tilgungsraten auf einen Zeitraum von zwei Dritteln der Zeit von der Entlassung aus dem Zeitsoldatenverhältnis bis zum Eintritt in das Rentenalter (§ 35 SGB VI) begrenzt. Denn hierdurch ist auch unter Berücksichtigung etwa zusätzlich zu zahlender Stundungszinsen in aller Regel ausreichend gewährleistet, dass unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu der Anwendung der Härteklausel die Zahlungspflicht nicht während des gesamten (weiteren) Berufslebens andauert, sondern deutlich vor dem 67. Lebensjahr endet.
48Vgl. in diesem Sinne auch VG Gelsenkirchen, Urteile vom 8. September 2014 – 1 K 623/13 –, juris, Rn. 40, und vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 49.
49Das bedeutet allerdings nicht zwangsläufig, dass der im Leistungsbescheid festgesetzte Erstattungsbetrag am Ende nicht vollständig getilgt werden muss. Das gilt selbst dann, wenn ausgehend von der im Bescheid bestimmten Höhe der Rate eine vollständige Tilgung bis zu dem betreffenden Zeitpunkt rechnerisch nicht möglich ist. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang nämlich, dass der streitige Leistungsbescheid (wie auch in ähnlichen Fällen) unter Ziffer 4 eine (Neben-)Regelung enthält, derzufolge eine jährliche Überprüfung der Ratenhöhe anhand der Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse des früheren Soldaten zu erfolgen hat. Das kann es ermöglichen, die Raten vorübergehend oder ggf. auch dauerhaft höher festzusetzen. In einem solchen Fall kann ggf. erreicht werden, dass der gesamte Erstattungsbetrag schon vor Ablauf des vorgenannten Zweidrittelzeitraums getilgt ist. Es ist mit anderen Worten Aufgabe der Beklagten, diese begleitende Kontrolle auch tatsächlich effektiv wahrzunehmen.
50Wegen dieser möglichen Veränderungen der Tilgungshöhe, welche ggf. auch in Richtung auf eine wirtschaftlich gebotene Verringerung der Ratenhöhe gehen können, ist es aus Sicht des Senats sogar erforderlich, die Zeitdauer der Zahlungspflicht in dem Leistungsbescheid nicht nur dann begrenzend zu regeln, wenn ausgehend von der Höhe der dort festgesetzten Raten eine Tilgung innerhalb des Zweidrittelzeitraums nicht gelingen kann. Vielmehr ist solches auch dann geboten, wenn ausgehend von jenen u.U. recht hohen Raten eine rechtzeitige Tilgung gelingen könnte.
51Anders im Ergebnis VG Gelsenkirchen, Urteil vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 53.
52Denn ob es dann auch wirklich gelingen wird, ist angesichts der künftigen Veränderbarkeit der Höhe der Rate im Zeitpunkt des Ergehens des Leistungsbescheides keineswegs sicher. Gerade mit Blick darauf bedarf es aber schon in diesem Bescheid einer begrenzenden Regelung genereller Natur, die etwa an das Erreichen eines bestimmten Lebens- oder Kalenderjahres (bzw. Datums) anknüpft. Die Gegenauffassung des VG Gelsenkirchen, wonach es in jenen Fällen ausreichen soll, dass mit Blick auf eine mögliche Absenkung der Rate erst in dem diesbezüglichen Änderungsbescheid die zeitliche Begrenzung erforderlichenfalls geregelt wird,
53vgl. Urteil vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 53,
54erscheint inkonsequent zu der auch dort eingenommenen Grundposition, dass über das Vorliegen einer besonderen Härte bereits im Ausgangsbescheid entschieden werden muss.
55Ist die für die Erstattung in zeitlicher Hinsicht bestehende Grenze erreicht, ohne dass der Gesamtbetrag getilgt werden konnte, dürfte die Beklagte im Übrigen verpflichtet sein, die Restsumme zu erlassen. Denn die Stundung unberührt zu lassen und weiterhin Stundungszinsen zu fordern, würde (in Abhängigkeit von der Zinshöhe einerseits und der Höhe des noch nicht getilgten Betrages andererseits) die wirtschaftliche Belastung jedenfalls zum Teil fortbestehen lassen und damit zu einer Belastung bis zum Ende der Berufstätigkeit oder sogar noch darüber hinaus führen.“
56Vorstehendes gilt hier gleichermaßen und ungeachtet des Umstandes, dass der Kläger nur einen Teil des Leistungsbescheides zur gerichtlichen Überprüfung gestellt hat. Denn die an einen Leistungsbescheid zu stellenden Anforderungen hängen nicht davon ab, in welchem Umfang dieser nach seinem Erlass angefochten wird.
572. Zu Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides gilt Folgendes:
58Der in erster Instanz in der mündlichen Verhandlung gestellte Klageantrag, den Leistungsbescheid vom 10. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2013 hinsichtlich Ziffer 3 „insgesamt“ aufzuheben, bedarf der Auslegung. Soweit es um die Ziffer 3 des Bescheides geht, hat der Kläger Klage erhoben mit dem schriftsätzlichen Antrag festzustellen, „dass Stundungszinsen erst ab Bestandskraft des Leistungsbescheides gefordert werden dürfen.“ Aus der beigefügten Klagebegründung ergibt sich jedenfalls nichts Abweichendes; dort wird die Zinsfrage nicht ausdrücklich behandelt. Weiter hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung erster Instanz auf ein vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof anhängig gewesenes Berufungsverfahren (6 BV 12.19) verwiesen, in welchem der Beklagtenvertreter den Leistungsbescheid über die Rückforderung von Ausbildungskosten dahin abänderte, dass Stundungszinsen erst ab dessen Bestandskraft erhoben wurden. Insbesondere auch daraus ergibt sich mit der erforderlichen Klarheit, dass sich der Kläger gegen die Erhebung von Stundungszinsen nur für die Zeit bis zum Eintritt der Bestandskraft des angefochtenen Bescheides wendet. Soweit der Kläger Ziffer 1 des Leistungsbescheides angefochten hat, bezieht sich sein Klagebegehren selbstverständlich in diesem Umfang auch auf Ziffer 3 des Bescheides. Soweit er den Leistungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides in Höhe von 66.333,19 Euro im Klageverfahren nicht mehr angefochten hat, begehrt er, für diesen durch den Widerspruchsbescheid rückwirkend in geringem Umfang zu seinen Gunsten (rückwirkend) abgeänderten Betrag keine Stundungszinsen zahlen zu müssen, und zwar ausgehend von dem im Bescheid festgesetzten Datum 25. Oktober 2010 bis zum Eintritt der Bestandskraft. In diesem Sinne, also bezogen auf den in der Hauptsache nicht angefochtenen Teil des Leistungsbescheides für die Zeit vor Eintritt der Bestandskraft, ist das in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht verwendete Wort „insgesamt“ zu verstehen. Dies hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt.
59Soweit der Kläger Ziffer 1 des Leistungsbescheides erfolgreich angefochten hat, folgt daraus notwendig, dass für diesen Betrag auch keine Stundungszinsen zu entrichten sind und Ziffer 3 des Leistungsbescheides auch insoweit rechtswidrig ist.
60Soweit der Kläger Ziffer 1 des Leistungsbescheides jedoch im Klageverfahren nicht (mehr) angefochten hat, ist der Bescheid bestandskräftig geworden. Die Bestandskraft eines Verwaltungsakts schließt es aus, die Frage seiner Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit bei der rechtlichen Überprüfung von an diesen Bescheid anknüpfenden Regelungen (erneut) aufzuwerfen und das Ergebnis bei dieser Prüfung zu berücksichtigen. Demzufolge schlägt es auf die Regelung, dass Stundungszinsen für diesen Teil der Hauptforderung auch schon vor Eintritt der Bestandskraft zu entrichten sind, nicht durch, dass Ziffer 1 des Leistungsbescheides aus den unter 1. genannten Gründen insgesamt rechtswidrig ist und aufzuheben gewesen wäre.
61Die Festsetzung von Stundungszinsen ab dem 25. Oktober 2010 bis zum Eintritt der Bestandskraft leidet auch nicht an eigenständigen Rechtsfehlern. Dass die Beklagte überhaupt berechtigt ist, bei Vorliegen einer besonderen Härte im Sinne von § 49 Abs. 4 Satz 3 SG eine Stundung zu gewähren und Stundungszinsen zu erheben, und dass auch die aufschiebende Wirkung von Widerspruch (und ggf. nachfolgender Klage) die Festsetzung von Stundungszinsen vor Eintritt der Bestandskraft des Verwaltungsakts nicht hindern, hat das Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt; hierauf nimmt der Senat Bezug (§ 130b Satz 2 VwGO).
62Die Anordnung von Stundungszinsen für die Zeit vor Eintritt der Bestandskraft ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung darauf abgestellt, dass die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs bewirke, dass der frühere Soldat während deren Dauer keine Zahlung leisten müsse, der Geldbetrag also der Beklagten während der Dauer des Rechtsbehelfsverfahrens nicht zur Verfügung stehe. Ausgehend hiervon sei eine unterschiedliche Regelung der Verzinsung bis zur Bestandskraft nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Denn ein sachlicher Grund dafür, dass der Anfall von Zinsen während des gerichtlichen Verfahrens davon abhänge, ob sich der Soldat bei Bestandskraft des Leistungsbescheides für die Inanspruchnahme der Ratenzahlung oder die sofortige Rückzahlung des gesamten Betrages entscheide, sei nicht ersichtlich. Dies gelte umso mehr, als eine Rechtsgrundlage für eine Zinsforderung bis zur Bestandskraft für den Fall, dass der Soldat die Forderung mit Bestandskraft in einer Summe zahle, im Soldatengesetz nicht gegeben sei.
63Diesen Erwägungen folgt der Senat nicht: Erweist sich der Bescheid im Rechtsbehelfsverfahren (ganz oder teilweise) als rechtmäßig und wird bestandskräftig, so entfällt die aufschiebende Wirkung mit Wirkung ex tunc.
64Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. September 1962 – 6 B 10.62 –, DÖV 1962, 795 = juris; OVG NRW, Beschluss vom 20. April 2011 – 12 A 2546/10 –, juris, Rn. 7; Gersdorf, in: Posser/ Wolff, VwGO, 2. Aufl. 2014, § 80 Rn. 39; Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl 2014, § 80 Rn. 41 ff.
65Der frühere Soldat ist dann (rückwirkend) von dem im Leistungsbescheid ausdrücklich oder sinngemäß festgesetzten Zeitpunkt an zur Zahlung verpflichtet, und ab diesem Zeitpunkt greift die ihm ggf. eingeräumte Stundung. Ob dem früheren Soldaten als Bestandteil des Leistungsbescheides eine Stundung gewährt wird, beurteilt sich – eine etwaige spätere (hier nicht erfolgte) Anpassung des Bescheides bei Änderung der Verhältnisse dabei außer Betracht gelassen – zunächst maßgeblich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, hier des Erlasses des Widerspruchsbescheides. War bezogen auf diesen Zeitpunkt die regelmäßig auf den Angaben des früheren Soldaten zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen, die er im Rahmen des Rückforderungsverfahrens gegenüber der Beklagten gemacht hat, beruhende Stundung des Rückzahlungsbetrags unter Anordnung von Ratenzahlungen und Stundungszinsen rechtlich nicht zu beanstanden, so hat es hiermit auch für die vom Verwaltungsgericht angestellte Vergleichsbetrachtung sein Bewenden. Die Rechtmäßigkeit des Bescheides wird namentlich nicht dadurch berührt, dass sich der frühere Soldat möglicherweise nach Bestandskraft des Leistungsbescheides zur Rückzahlung der Hauptforderung in einer Summe entschließt und von der eingeräumten Stundung insoweit keinen (weiteren) Gebrauch mehr macht. Nichts anderes gilt unter der Annahme, die Stundung und Festsetzung der Stundungszinsen enthalte Elemente eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung, dessen Rechtmäßigkeit sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung richtet, in dem aber auch noch keine vollständige Rückzahlung erfolgt ist. Abgesehen davon dürfte es sich bei dem vom Verwaltungsgericht angenommenen Vergleichsfall angesichts der regelmäßig hohen Rückzahlungsbeträge um einen eher theoretischen Fall handeln, der auch aus diesem Grunde nicht geeignet erscheint, einen Gleichheitsverstoß aufzuzeigen. Verhält es sich (ausnahmsweise) so, dass auf Grund der günstigen wirtschaftlichen Verhältnisse des früheren Soldaten eine Stundung rechtmäßig unterbleibt, handelt es sich von vornherein um eine gegenüber dem (regelmäßigen) Stundungsfall andere Fallgestaltung, deren unterschiedliche Regelung ebenfalls keinen Gleichheitsverstoß bewirkt. Ein Gleichheitsverstoß ist auch nicht in Anbetracht der vom Kläger angeführten Erklärung der Beklagten vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof festzustellen. Hierzu hat die Beklagte ausgeführt, dass es sich um eine nicht abgestimmte Erklärung ihres damaligen Sitzungsvertreters gehandelt habe. Danach besteht also keine in diese Richtung gehende Verwaltungspraxis der Beklagten, die nach dem Gleichbehandlungsgebot auch vorliegend eine entsprechende Einschränkung des Zinsverlangens erfordern würde. Die Angaben der Beklagten sind im Übrigen gut nachvollziehbar, weil dem Senat aus einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle bekannt ist, dass die Beklagte Stundungszinsen regelmäßig auch schon für die Zeit vor Eintritt der Bestandskraft festsetzt.
66Schließlich begegnet auch die mit vier vom Hundert festgesetzte Höhe der Stundungszinsen – so diese Frage vor dem Hintergrund der obigen Auslegung des Klageantrags in Richtung auf das Wort „insgesamt“ überhaupt Bestandteil des Streitgegenstandes sein sollte – keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. In der Rechtsprechung wird allerdings teilweise die Auffassung vertreten, die Beklagte übe ihr Ermessen hinsichtlich der Zinshöhe nur dann beanstandungsfrei aus, wenn sie die Zinsen derzeit nicht höher als eineinhalb vom Hundert festsetze. Zur Begründung wird auf die derzeitigen niedrigen Zinsen für grundpfandlich gesicherte Baufinanzierungskredite oder die ebenfalls augenblicklich außerordentlich günstigen Refinanzierungsmöglichkeiten der Beklagten auf dem Kapitalmarkt verwiesen.
67Vgl. in diesem Zusammenhang etwa VG Gelsenkirchen, Urteile vom 8. September 2014 – 1 K 623/13 –, juris, Rn. 43 ff., und vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 62 f.; VG Münster, Urteil vom 21. August 2014 – 5 K 2265/12 –, juris, Rn. 97.
68Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 20. April 2015 – 1 A 1242/12 –, juris, Rn. 128 ff., Zweifel an diesen Ansätzen bekundet. Die Konditionen für Baufinanzierungskredite geben keinen geeigneten Anhalt für eine noch ermessensgerechte Festlegung der Zinshöhe, da es sich bei der Stundung der Rückzahlung von Ausbildungskosten nicht um einen derartigen Kredit handelt, und zwar weder der Sache nach, noch im Hinblick auf seine Besicherung, die für Grundpfanddarlehen ein wesentlicher Bemessungsfaktor der Zinshöhe ist. Da vorliegend die Stundung nicht in entsprechender Weise abgesichert ist, dürfte es (wenn überhaupt) eher naheliegend sein, die marktüblichen Konditionen unbesicherter (Konsumenten-) Darlehen vergleichend heranzuziehen. Ein Abstellen allein auf die Refinanzierungskosten der Beklagten auf dem Kapitalmarkt lässt außer Acht, dass der Rückzahlungsverpflichtung auch ein gewisser Sanktionscharakter innewohnt.
69Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2014 – 2 B 96.13 –, juris, Rn. 7 f.
70Aber auch unabhängig davon erscheint eine Zinshöhe bezogen auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides nicht ermessensfehlerhaft, die sich an einem seit vielen Jahren unbeanstandeten Wert orientiert, der im Übrigen einem Niveau entspricht, das selbst in der aktuellen Niedrigzinsphase durchaus z. B. bei den schon angesprochenen Konsumentenkrediten oder dem Studienkredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (derzeit 3,91 vom Hundert effektiver Jahreszins variabel bei einem garantierten Höchstzins von 9,25 vom Hundert; vgl. https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/Privatpersonen/Studieren-Qualifizieren/Direkt-zum-KfW-Studienkredit/#2) üblich ist.
71Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1, 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO.
72Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
73Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Der Leistungsbescheid des Personalamts der Bundeswehr vom 9. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2010 wird aufgehoben, soweit ein Erstattungsbetrag von mehr als 40.998,00 Euro gefordert wird.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Der am 22. Mai 1977 geborene Kläger trat am 1. März 2000 – er war zu diesem Zeitpunkt schon Stabsunteroffizier der Reserve – als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes unter Berufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit wieder in die Bundeswehr ein. Sein Wehrdienst wurde aufgrund einer Verpflichtungserklärung vom 18. Oktober 1999 auf 19 Jahre festgesetzt; als Dienstzeitende war der Ablauf des 11. Februar 2018 bestimmt.
3Im Zeitraum vom 5. Oktober 2000 bis zum 9. Mai 2006 setzte der Kläger unter Beurlaubung vom militärischen Dienst ein bereits vor dem Wiedereintritt in das Soldatenverhältnis begonnenes Studium der Humanmedizin an der K. -H. -Universität N. fort. Am 25. April 2006 erhielt er die Approbation als Arzt. Mit Urkunde vom 5. April 2006 wurde der Kläger am 10. Mai 2006 zum Stabsarzt ernannt. Vom 10. Mai 2006 bis zum 30. Juni 2007 absolvierte er eine klinische Weiterbildung für Anästhesiologie im Bundeswehrzentralkrankenhaus in L. .
4Durch Ernennungsurkunde der Westfälischen-Wilhelms-Universität vom 14. Juni 2007 wurde der Kläger mit Wirkung zum 1. Juli 2007 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit zum Akademischen Rat ernannt.
5Mit Blick auf die hierdurch kraft Gesetzes eingetretene Entlassung aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit, welche als Entlassung auf eigenen Antrag gelte, forderte das Personalamt der Bundeswehr von dem Kläger mit Leistungsbescheid vom 9. Oktober 2009 die Erstattung des ihm als Sanitätsoffiziers-Anwärter gewährten Ausbildungsgeldes sowie der darüber hinaus im Rahmen seiner ärztlichen Aus‑ und Weiterbildungen entstandenen Fachausbildungskosten in der festgesetzten Gesamthöhe von 119.976,07 Euro (Ziffer 1 des Bescheides). Zur Vermeidung einer besonderen Härte wurde dem Kläger aufgrund der von ihm dargelegten wirtschaftlichen Situation zugleich eine verzinsliche Stundung eingeräumt; die monatlich zu leistenden Raten wurden auf 220,00 Euro festgesetzt (Ziffer 2 des Bescheides). Stundungszinsen in Höhe von 4 % sollten mit Bestandskraft des Leistungsbescheides, spätestens aber ab 20. November 2009 anfallen (Ziffer 3 des Bescheides). Die verzinsliche Stundung durch Einräumung von Ratenzahlungen wurde unter den Vorbehalt gleichbleibender wirtschaftlicher Verhältnisse gestellt. Dies sollte von der für die Einziehung der Forderung zuständigen Stelle jährlich überprüft werden. Unvorhergesehene Verbesserungen in den Einkommens- oder Vermögensverhältnissen waren vom Kläger unverzüglich anzuzeigen (Ziffer 4 des Bescheides).
6Zur Begründung war in dem Bescheid u.a. ausgeführt: Die Erstattungsforderung gründe auf § 56 Abs. 4 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 4 Satz 2 des Soldatengesetzes (SG). Bezogen auf die Härteregelung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG komme hier – über die gewährte Stundung durch Gewährung von Teilzahlungen hinaus – ein teilweiser Verzicht auf die Rückforderung des Ausbildungsgeldes aufgrund einer Abdienzeit nicht in Betracht. Denn der Kläger habe sich nach dem Medizinstudium bis zum Ausscheiden aus der Bundeswehr ausschließlich in der Fachausbildung befunden und habe daher dem Dienstherrn zu keinem Zeitpunkt mit den erworbenen Kenntnissen uneingeschränkt zur Verfügung gestanden.
7Seinen gegen diesen Leistungsbescheid gerichteten Widerspruch, welchen der Kläger auf den eine Erstattungssumme von 40.998,00 Euro übersteigenden Betrag beschränkte, stützte er im Wesentlichen auf den Gesichtspunkt einer defizitären Ausschöpfung der bestehenden Härtefallregelung. Er, der Kläger, habe die Bundeswehr aus Gewissensgründen verlassen. Hierbei habe es sich – im Sinne der Rechtsprechung zum Begriff der „besonderen Härte“ in § 56 Abs. 4 Satz 3 SG – um schwerwiegende Umstände gehandelt, denen er sich nicht habe entziehen und nur durch ein sofortiges Ausscheiden aus dem Wehrdienst habe Rechnung tragen können. Eine solche Ausnahmesituation könne nicht nur – was das Bundesverwaltungsgericht bereits anerkannt habe – in den Fällen der Ausübung des Grundrechts auf Kriegsdienstverweigerung bestehen, sondern auch dann, wenn – wie hier – der Zeitsoldat eine Gewissensentscheidung anderer Art, d.h. eine solche im Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 GG, getroffen habe. Die betreffende Grundrechtsausübung habe keinen „geringeren“ Rang als die Ausübung des Grundrechts nach Art. 4 Abs. 3 GG.
8Der Widerspruchsbegründung fügte der Kläger eine detaillierte schriftliche Darstellung derjenigen Gründe bei, die ihn zum Ausscheiden aus der Bundeswehr bewogen hätten: Aus Gewissensgründen habe er den in den letzten zehn Jahren eingetretenen Wandel der Bundeswehr von einer auf die Aufgabe der Landesverteidigung und echte Nothilfe für die Verbündeten beschränkten Armee hin zu einer weltweit einzusetzenden und unspezifisch-„präventiv“ tätig werdenden Interventionsarmee nicht mehr mittragen können. Diese seines Erachtens falsche Militärdoktrin habe er nach seiner in langen und schweren Kämpfen gewonnenen, auch in Gesprächen mit Vorgesetzten gereiften inneren Überzeugung nicht mit seinem Gewissen vereinbaren können. Allerdings fühle er sich weiterhin seiner Überzeugung und dem Eid verpflichtet, woraus sich seine Dienstpflicht zur Landesverteidigung als Reserveoffizier ergebe. Dieser Überzeugung entspringe auch sein Engagement, als Reservist in Wehrübungen und im Reservistenverband aktiv zu sein und an Ausbildung und Training für Reservisten aktiv teilzunehmen. Gerade deshalb sei für ihn eine generelle Kriegsdienstverweigerung niemals in Frage gekommen. Wenn auch seine Entscheidung, das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit bei der Bundeswehr zu verlassen, maßgeblich auf die moralische Unvereinbarkeit mit den Rahmenbedingungen des Dienstes zurückgehe, seien davon abgesehen auch die Arbeitsbedingungen bei der Bundeswehr innerhalb des Sanitätsdienstes derart belastend und ausweglos gewesen, dass für ihn ein weiterer Verbleib objektiv nicht zumutbar gewesen sei. Es sei dort keine ordnungsgemäße Aus‑ und Weiterbildung gewährleistet, es existierten keine zivilen Arbeitszeiten, das Patientenwohl sei durch die nicht haltbaren Zustände gefährdet und er selbst habe aufgrund der Gegebenheiten sich ständig der Gefahr der Begehung rechtswidriger Handlungen ausgesetzt gesehen.
9Mit Widerspruchsbescheid vom 18. August 2010 wies das Personalamt der Bundeswehr den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück und führte im Wesentlichen aus: Ein vollständiger oder auch nur teilweiser Verzicht auf die begründete Erstattungsforderung komme hier nicht in Betracht. Ein Härtefalltatbestand im Sinne von § 56 Abs. 4 Satz 3 SG sei nicht gegeben. Mit Blick auf die Gewährung von Ratenzahlungen sei eine ernstliche Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz nicht zu erwarten. Der Kläger habe auch weder seine Entlassung aus der Bundeswehr betrieben, um als Kriegsdienstverweigerer anerkannt zu werden, noch sei eine solche Anerkennung nach seinem Ausscheiden erfolgt. Soweit der Kläger darauf verweise, dass sein Ausscheiden aus der Bundeswehr gleichwohl maßgeblich aus Gewissensgründen erfolgt sei, sei dies für den Rückforderungsanspruch nach § 56 Abs. 4 SG rechtlich nicht von Belang. Für den Wechsel in das Beamtenverhältnis und die daran knüpfende Entlassung aus dem Soldatenverhältnis seien die Motivation sowie die persönlichen Beweggründe unerheblich. Da der Kläger einem anderen Personenkreis angehöre als dem der anerkannten Kriegsdienstverweigerer, liege insoweit auch keine dem Gleichbehandlungsanspruch widersprechende Benachteiligung vor. Die schließlich geltend gemachte Unzufriedenheit mit den dienstlichen Verhältnissen bzw. der Einplanungssituation könne nach der Rechtsprechung die Annahme einer persönlichen Härte im Sinne von § 56 Abs. 4 Satz 3 SG nicht begründen.
10Am 7. September 2010 hat der Kläger Klage erhoben. Er hat darin den Leistungsbescheid angegriffen, soweit eine Erstattung von mehr als 40.998,00 Euro gefordert wird. Diese Beschränkung hat er damit begründet, dass er gegen eine Erstattung in Höhe desjenigen Betrages, den er als Studierender für seinen Lebensunterhalt ohnehin aufgewandt hätte, keine Einwände erhebe. Weiter hat er seine Auffassung bekräftigt, dass auch in seinem Fall eine „besondere Härte“ im Sinne des § 56 SG bejaht werden müsse. Er habe zwar keine Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe getroffen, jedoch eine Gewissensentscheidung, die es ihm unmöglich mache, sich an den kriegerischen Auseinandersetzungen, welche die Bundeswehr führe, zu beteiligen. Diese Entscheidung sei grundrechtlich geschützt durch die Gewissensfreiheit des Art. 4 Abs. 1 GG. Auch diese Gewissensentscheidung habe ein solches Gewicht, dass ihm das Verbleiben in der Bundeswehr nicht möglich gewesen sei. Entscheidend sei in diesem Zusammenhang nicht, welchen formalen Weg er für die Entlassung gewählt habe, sondern das Motiv der Entlassung. Demgemäß sei dieser Umstand bei der Ermessensentscheidung im Rahmen der Härtefallregelung zur Rückforderung von Ausbildungskosten zu berücksichtigen.
11Der Kläger hat beantragt,
12den Leistungsbescheid des Personalamtes der Bundeswehr vom 8. (richtig: 9). Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2010 insoweit aufzuheben, als ein Betrag von mehr als 40.998,00 Euro geltend gemacht wird.
13Die Beklagte hat beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Sie hat sich zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide bezogen und die darin zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung bekräftigt und vertieft. Die von dem Kläger in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in den Kriegsdienstverweigererfällen sei davon ausgehend hier nicht einschlägig. Da es der Kläger unterlassen habe, seinerzeit die Entlassung aus den von ihm genannten Gründen zu beantragen, könnten diese Gründe für die Festsetzung der Höhe der Rückforderungssumme auch nicht mehr maßgeblich sein.
16Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Es hat dabei keine durchgreifenden Gründe für eine weitergehende Berücksichtigung der in Rede stehenden Härtefallregelung feststellen können. Sei von dem betroffenen Soldaten – wie hier – kein Verfahren auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer angestrengt worden, lasse sich auf sonst angeführte Gewissensgründe eine besondere Härte nicht erfolgreich stützen.
17Zur Begründung der vom Senat mit Beschluss vom 17. April 2014 zugelassenen Berufung wiederholt und vertieft der Kläger – unter ergänzender Bezugnahme auf sein Vorbringen im vorausgegangenen Zulassungsverfahren – den Rechtsstandpunkt, dass hier ein Fall vorliege, in welchem die von der Beklagten geforderte Erstattung von Ausbildungskosten für den früheren Soldaten eine „besondere Härte“ im Sinne des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG bedeuten würde.
18Diesbezüglich komme es nicht darauf an, dass er kein förmliches Verfahren zur Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer durchlaufen habe. Für eine derartige Beschränkung biete die in Rede stehende Härtefallregelung keine Anhaltspunkte. Entscheidend sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die Erstattung allein ein Instrument des wirtschaftlichen Vorteilsausgleichs sei und kein Druckmittel darstellen dürfe, welches geeignet sei, den Soldaten von der Grundrechtsausübung auszuschließen. Auch wenn das einschlägige Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu einem anerkannten Kriegsdienstverweigerer ergangen sei, sei es in seinen Auswirkungen nicht auf eine Absicherung der Ausübung des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 3 GG beschränkt. Denn ob ein Soldat wegen Kriegsdienstverweigerung oder aus moralischen Gründen im Sinne des Art. 4 Abs. 1 GG aus der Bundeswehr ausscheide, mache keinen beachtlichen Unterschied, zumal es nach dem derzeitigen Recht für Soldaten auf Zeit, welche den Kriegsdienst mit der Waffe verweigern wollten, kein förmliches Anerkennungsverfahren mehr gebe.
19Er, der Kläger, habe – wie schon mit seinem Widerspruch gegen den streitgegenständlichen Leistungsbescheid ausführlich dargelegt – eine Gewissensentscheidung getroffen, die es ihm nicht möglich mache, an den kriegerischen Auseinandersetzungen, die die Bundeswehr führe, teilzunehmen. Diese Entscheidung gegen die Teilnahme an bestimmten kriegerischen Auseinandersetzungen sei durch Art. 4 Abs. 1 GG geschützt. Schutzgut der Gewissensfreiheit sei die moralische Identität und Integrität des Einzelnen. Eine Gewissensentscheidung sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts „jede ernstliche sittliche, d. h. an den Kategorien von Gut und Böse orientierte Entscheidung (….), die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend erfährt, so dass er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte“. Mit Blick auf die etwa an verschiedenen Interviews damaliger Spitzenpolitiker (Köhler, 22.05.2010; zu Guttenberg, 9. November 2010) festzumachende Neuausrichtung der Bundeswehr in Gestalt der Umwandlung von einer Institution zur Landesverteidigung hin zu einer allseits tätigen und weltweit einsatzfähigen Interventionsarmee habe er, der Kläger, eine den vorgenannten Anforderungen entsprechende Gewissensentscheidung getroffen und sei aus diesem Grunde vorzeitig aus dem Dienstverhältnis eines Zeitsoldaten ausgeschieden. Diese Gewissensentscheidung habe sich gegen die konkrete Tätigkeit der Bundeswehr nach deren Neuausrichtung, von deren Auswirkungen auch der Sanitätsdienst in besonderer Weise betroffen sei (bezogen auf Afghanistan etwa: Einsatz unter Gefechtsbedingungen, äußerst ungünstige Infrastruktur) gerichtet, nicht aber gegen den Zwang zum Dienst an der Waffe.
20Eine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer habe er folglich nicht erreichen können. Insoweit sei aber anerkannt, dass das Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 GG nicht durch das Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung verdrängt werde, denn Art. 4 Abs. 3 GG regele die Wirkungen der Gewissensfreiheit nur für den Bereich der Wehrpflicht, also des Zwanges zum Wehrdienst, abschließend, nicht aber auch im Übrigen für das Soldatenverhältnis. Letzteres ergebe sich aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.06.2005 – 2 WD 12.04 -.
21Die von ihm getroffene Gewissensentscheidung sei auch von gleichem Gewicht wie eine solche im Rahmen der Ausübung des Grundrechts auf Kriegsdienstverweigerung. Es habe für ihn eine erhebliche Zwangslage bestanden, die er nur in der geschehenen Weise habe lösen können. Seinen Gewissenskonflikt habe er dabei gegenüber Vorgesetzten (den schon erstinstanzlich benannten Zeugen Dr. M. und Dr. W. ) bereits im Herbst 2006 nach Erscheinen des Weißbuches der Bundeswehr in mehreren Gesprächen zum Ausdruck gebracht.
22In diesem Zusammenhang sei auch der Weg, den der Soldat auf Zeit zum Verlassen der Bundeswehr konkret gewählt habe (hier: Übertritt in den Beamtenstatus) unerheblich. In besonderer Weise müsse dies für Angehörige des Sanitätsdienstes der Bundeswehr gelten. Denn bis zu einer Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erst im Jahre 2012 hätten die betreffenden Zeitsoldaten, da sie „waffenlosen“ Dienst leisteten, nicht erfolgversprechend einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung stellen und auf jenem Weg ihre Entlassung aus der Bundeswehr herbeiführen können; ihnen sei hierfür vielmehr das Rechtsschutzinteresse abgesprochen worden. Für die Anwendung der in Rede stehenden Härtefallregelung könne es deswegen allein auf das Motiv für die Entlassung ankommen.
23Bei Anwendung der Härtefallregelung brauchten die Ausbildungskosten nur in Höhe des geldwerten Vorteils erstattet zu werden, der dem früheren Soldaten „real und nachprüfbar“ verblieben sei. Das entspreche hier den ersparten Ausbildungskosten. Für deren Berechnung sei der Unterhaltsbedarf eines Studenten zugrunde zu legen, wie er sich aus der Düsseldorfer Tabelle ergebe. Das führe hier für den Gesamtzeitraum auf einen zu erstattenden Betrag von 40.988,00 Euro. Wegen der darüber hinausgehenden Erstattungsforderung sei die Klage begründet. Jedenfalls sei der angefochtene Bescheid aufzuheben und habe ggf. eine Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erfolgen.
24Der Kläger beantragt,
25das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Klageantrag erster Instanz zu erkennen.
26Die Beklagte beantragt,
27die Berufung zurückzuweisen.
28Sie bezweifelt zum einen, dass der Kläger bei seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr im Wege des Übertritts in den Beamtenstatus in einem Gewissenskonflikt gestanden hat, wie er ihn später, nämlich erst nach Ergehen des Erstattungsbescheides im Oktober 2009 im Rahmen der Begründung des dagegen erhobenen Widerspruchs schriftlich behauptet hat. Der als maßgeblicher Grund für das Ausscheiden angeführte verteidigungspolitische Paradigmenwechsel erscheine hier nur vorgeschoben, um eine Reduzierung des Erstattungsbetrages zu erreichen. Auslandseinsätze (z.B. im Kosovo) habe es nämlich auch schon zu Zeiten gegeben, als der Kläger als Offiziersanwärter in den Dienst der Bundeswehr wieder eingetreten sei. Zum anderen lägen die Voraussetzungen für eine Reduzierung des Erstattungsbetrages im Rahmen der Anwendung der Härtefallklausel aber selbst dann nicht vor, wenn sich der Kläger damals tatsächlich in dem behaupteten Gewissenskonflikt befunden hätte. Denn es fehle hier an einer mit anerkannten Kriegsdienstverweigerern vergleichbaren Situation, insbesondere an einer entsprechend existenziellen Zwangslage. Die Ablehnung bestimmter Kriege aus politischen Gründen habe nicht den Charakter einer unbedingten und unteilbaren Gewissensentscheidung. Der Kläger verhalte sich widersprüchlich, wenn er auf der anderen Seite als Reservist weiterhin aktiv tätig sei und sich der Landesverteidigung verpflichtet fühle.
29Der Senat hat in der mündlichen Berufungsverhandlung zu der Frage, ob, wann, und ggf. in welcher Weise der Kläger mit den Zeugen Generalarzt a.D. Dr. W. und Oberstarzt Dr. M. darüber gesprochen hat, dass er mit der Neuausrichtung der Bundeswehr im Gefolge einer geänderten Sicherheitspolitik Probleme habe, Beweis erhoben durch Vernehmung der vorbenannten Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift über den Verhandlungstermin verwiesen.
30Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (3 Hefte) Bezug genommen.
31E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
32Die zulässige Berufung ist begründet.
33Die Anfechtungsklage des Klägers hat im Ergebnis Erfolg. Der angegriffene Leistungsbescheid vom 9. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2010 ist in dem Umfang, in dem sich der Kläger mit seiner – wie schon im Widerspruchsverfahren – auf einen Teilbetrag beschränkten Klage gegen ihn wendet, aufzuheben. Denn dieser Bescheid ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
341. Nach § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Soldatengesetzes (SG) – hier wegen der in § 97 Abs. 1 SG enthaltenen Übergangsregelung noch anzuwenden in der bis zum Inkrafttreten des Änderungsgesetzes vom 19. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1815) gültig gewesenen Fassung – muss ein früherer Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war und der auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag als entlassen gilt, die entstandenen Kosten des Studiums oder der Fachausbildung seinem Dienstherrn grundsätzlich erstatten. Nach dem Satz 2 der Vorschrift gilt das unter den gleichen Voraussetzungen für einen früheren Zeitsoldaten in der Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes, der als Sanitätsoffizier-Anwärter Ausbildungsgeld erhalten hat.
35Hierunter fällt auch der Kläger. Dieser war bis zu seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr Soldat auf Zeit und gehörte der Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes an. Während der Zeit, in welcher der Kläger im Status des Soldaten auf Zeit unter Freistellung vom militärischen Dienst Humanmedizin an einer Hochschule außerhalb der Bundeswehr studierte, erhielt er – als Sanitätsoffiziersanwärter – Ausbildungsgeld in der Gesamthöhe von 119.976,07 Euro. Das entspricht dem mit Leistungsbescheid zurückgeforderten Betrag; Kosten einer Fachausbildung sind in diesem nicht enthalten. Aufgrund der Regelung des § 125 Abs. 1 Satz 2 und 3 BRRG a. F. galt der Kläger mit seiner Ernennung zum Akademischen Rat bei der X1. X. -Universität N1. zum 1. Juli 2007 schließlich auch als auf eigenen Antrag entlassen.
362. Die danach bestehende (vollständige) Erstattungspflicht greift jedoch nicht in jedem Falle. So kann nach § 56 Abs. 4 Satz 3 SG auf die Erstattung ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn sie für den früheren Soldaten eine besondere Härte bedeuten würde. Hierbei handelt es sich um eine sog. Kopplungsvorschrift, die als Tatbestandsmerkmal das gerichtlich voll überprüfbare Vorliegen einer– gemessen am Regelfall atypischen – besonderen Härte voraussetzt. Ist dieses Tatbestandsmerkmal erfüllt, muss sich daran noch eine Ermessensentscheidung des Dienstherrn anschließen, die nach Maßgabe des § 114 VwGO nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegt.
37Die Beklagte hat mit ihrem Leistungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides dem Vorliegen eines solchen Härtefalles jedenfalls in einem Punkte zu Unrecht nicht Rechnung getragen. Sie hat damit zur Frage der Härtefallregelung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG eine nicht ermessensgerechte Entscheidung getroffen, was im Ergebnis die Rechtswidrigkeit des gesamten Bescheides und (im Umfang des Streitgegenstandes) seine Aufhebung zur Folge hat.
38a) Unter welchen Voraussetzungen eine „besondere Härte“ angenommen werden kann, konkretisiert das Gesetz nicht unmittelbar. Mit dem Zusatz „besondere“ weist allerdings schon der Gesetzeswortlaut in die Richtung, dass es sich um deutlich aus dem üblichen Rahmen fallende, eben atypische und dabei zugleich als schwerwiegend zu bewertende (Ausnahme-)Situationen in Bezug auf das als Anknüpfungspunkt betroffene Erstattungsverhältnis handeln muss. In diesem Zusammenhang ist zur näheren Konkretisierung des Norminhalts namentlich dem inneren Grund, also dem Zweck der betreffenden Härtefallregelung Rechnung zu tragen. Dieser geht dahin, es über die vom Gesetzgeber in der Regelvorschrift vorgenommene Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen hinaus für besondere Einzelfälle oder Gruppen von solchen zu ermöglichen, dass den dem Rechtsstaatsprinzip zuzuordnenden Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit von Zweck und Mittel und des Übermaßverbots die gebührende Beachtung geschenkt werden kann.
39Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 44; ferner etwa das Urteil des Senats vom 22. August 2013 – 1 A 2278/10 –, NZWehrr 2014, 122 = juris, Rn. 28.
40Den Begriff der „besonderen Härte“ verwendet das Soldatengesetz allerdings auch im Zusammenhang mit den Entlassungsgründen (§ 55 Abs. 3 SG und entsprechend für Berufssoldaten § 46 Abs. 6 SG). In jenem Zusammenhang ist gesetzlich näher bestimmt worden, dass sich die Härte auf persönliche, insbesondere häusliche, berufliche oder wirtschaftliche Gründe beziehen muss. Ob eine entsprechende Festlegung bzw. Eingrenzung der beachtlichen Gründe auch für das Merkmal der besonderen Härte in § 56 Abs. 4 Satz 3 SG anzunehmen ist und wie sich die jeweils wortgleichen Tatbestandsmerkmale in den genannten Vorschriften inhaltlich zueinander verhalten, braucht aus Anlass des vorliegenden Verfahrens nicht abschließend entschieden zu werden.
41Vgl. zu nicht nur sprachlichen, sondern auf einer gemeinsamen Zielsetzung beruhenden auch inhaltlichen Parallelen BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 45; zu systematischen Bedenken gegen eine sachlich übereinstimmende Auslegung unter Hinweis u.a. auf die Entstehungsgeschichte des Gesetzes etwa OVG NRW Urteil vom 16. August 1996 – 12 A 2476/94 –, RiA 1997, 145 = juris, Rn. 12, sowie Sohm, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. 2010, § 56 Rn. 22.
42Denn hier geht es mit Blick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des früheren Zeitsoldaten (siehe näher unter c) entscheidungstragend um einen Anwendungsfall einer „besonderen Härte“, dessen Zuordnung zu den im Rahmen des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG beachtlichen Härtegründen nicht in Frage steht.
43b) Unter den vom Kläger im Verlauf des Verfahrens angeführten Gesichtspunkten kann die begehrte teilweise Aufhebung des Leistungsbescheides mit Blick auf eine Anwendung der Härtefallklausel des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG allerdings nicht erfolgen.
44Soweit das Bundesverwaltungsgericht für die Gruppe der anerkannten Kriegsdienstverweigerer einen Härtefall angenommen hat,
45Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 18.05 –, Buchholz 449 § 56 SG Nr. 3 = Schütz/Maiwald, BeamtR, ES/A II 1 Nr. 11 = juris, Rn. 13, 15 ff., und zuvor (evtl. weniger weitgehend) schon Beschluss vom 2. Juli 1996– 2 B 49.96 –, DVBl. 1996, 1152 = juris, Rn. 5 ff.,
46hilft das dem Kläger nicht unmittelbar weiter. Denn er ist kein anerkannter Kriegsdienstverweigerer und hat auch einen solchen Antrag schon nicht gestellt.
47Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch darauf, nach der von ihm geltend gemachten Motivationslage, insbesondere einer reklamierten Gewissensentscheidung, die für seine Entscheidung, durch Ernennung zum Beamten aus dem aktiven Soldatenverhältnis auszuscheiden, maßgeblich gewesen sei, mit der Fallgruppe der anerkannten Kriegsdienstverweigerer gleichbehandelt zu werden. In diesem Zusammenhang braucht der Senat nicht zu entscheiden, in welchem Verhältnis das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung nach Art. 4 Abs. 3 GG zu der in Art. 4 Abs. 1 GG vorbehaltlos gewährleisteten Gewissensfreiheit steht, wenn die vorgegeben Gewissensentscheidung zum Ausscheiden aus dem aktiven Soldatenverhältnis führt (nachfolgend bb)). Denn dem Kläger ist bereits eine derartige Gewissensentscheidung nicht abzunehmen (nachfolgend aa)).
48aa) Der Kläger hat den Senat nicht davon überzeugen können, dass sein Entschluss, die Bundeswehr zum Juli 2007 durch Eintritt in ein Beamtenverhältnis zu verlassen, ursächlich auf Gewissensgründe zurückzuführen ist, welche dem Schutz des Grundrechts der Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG unterfallen können. Solches erschließt sich weder aus seinem schriftlichen Vorbringen noch folgt es aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Senat.
49Nach Art. 4 Abs. 1 GG ist (u. a.) die Freiheit des Gewissens unverletzlich. Ob der Begriff des Gewissens angesichts der Vielzahl möglicher prägender Bezugspunkte überhaupt einer einfachen (einheitlichen) Definition zugänglich ist, wird zum Teil bezweifelt.
50Vgl. etwa Bethge, in: Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI , § 158 Rn. 4.
51Das Bundesverfassungsgericht versteht „Gewissen“ im Sinne des „allgemeinen Sprachgebrauchs“, und zwar als ein (wie auch immer begründbares, jedenfalls aber) real erfahrbares seelisches Phänomen, dessen Forderungen, Mahnungen und Warnungen für den Menschen unmittelbar evidente Gebote unbedingten Sollens sind. Als eine Gewissensentscheidung ist dementsprechend jede ernste sittliche, d. h. an den Kategorien „Gut“ und „Böse“ orientierte Entscheidung anzusehen, die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, so dass er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte.
52Vgl. – grundlegend – BVerfG, Beschluss vom 20. Dezember 1960 – 1 BvL 21/60 –, BVerfGE 12, 45 = juris, Rn. 28, 30; unbeschadet eines gewandelten, den Begriff der Gewissenentscheidung in Richtung auf eine „relative“ Entscheidung über die Zweckmäßigkeit menschlichen Verhaltens ausweitenden Verständnisses in der Öffentlichkeit hieran festhaltend Urteil vom 13. April 1978 – 2 BvR 1/77 u.a. –, BVerfGE 48, 127 = juris, Rn. 83.
53Die Anwendung dieser Verfassungsnorm im Einzelfall darf dabei dem Phänomen „Gewissen“ nur so weit nachgehen, als sie mit den ihr zu Gebote stehenden Erkenntnismitteln zu prüfen hat, ob, was sich nach außen als Gewissensentscheidung kundgibt, wirklich den Charakter eines unabweisbaren Gebots, einer inneren Wahrung vor dem Bösen und eines unmittelbaren Aufrufs zum Guten, trägt. Praktische Schwierigkeiten bei der Beurteilung solcher Sachverhalte müssen in Kauf genommen werden; in die Prüfungskompetenz der Gerichte fällt es insbesondere nicht, eine – einmal als solche erkannte – Gewissensentscheidung in irgendeinem Sinne zu bewerten, etwa als „irrig“, „falsch“ oder „richtig“.
54BVerfG, Beschluss vom 20. Dezember 1960, a.a.O., juris, Rn. 31.
55Das insoweit erforderliche Prüfprogramm setzt sich im Kern aus vier Kriterien zusammen, die kumulativ vorliegen müssen: Individualität, Moralität, Existentialität und Plausibilität. Individualität kennzeichnet den Charakter als reines Individualgrundrecht. Es kommt somit nicht auf ein „verobjektiviertes“ Durchschnittsgewissen an, sondern das Grundrecht dient dem Schutz der moralischen Identität und Integrität des Einzelnen. Moralität meint die erforderliche prägende Ausrichtung der in Rede stehenden persönlichen Überzeugung an ethisch-moralischen Kriterien („Gut“ und „Böse). Existentialität kommt der gewonnenen Überzeugung nur zu, wenn sie für den Grundrechtsträger in einem derart hohen Maß wesentlich ist, dass ihr für seine Persönlichkeit existentielle Bedeutung zukommt. Die Hürden hierfür liegen eher hoch, und zwar aus systematischen Gründen und auch, um eine missbräuchliche Berufung auf das Grundrecht zu verhindern. Eine gewisse Orientierungshilfe können in diesem Zusammenhang die Anforderungen an das spezielle Grundrecht des Art. 4 Abs. 3 GG geben. Das Merkmal der Plausibilität geht darauf zurück, dass, obwohl die Gewissensentscheidung naturgemäß individuell-subjektive Züge hat, die bloße verbale Berufung auf das Grundrecht nicht ausreicht. Den Betroffenen trifft vielmehr eine Darlegungslast, welche der Kontrolle der (formalen, nicht inhaltlichen) Plausibilität seiner Haltung dient.
56Vgl. Mückl, in: Bonner Kommentar zum GG, Loseblatt (Stand: Februar 2015), Art. 4 Rn. 79 ff.
57Im Ergebnis muss das „Ob“ des Vorliegens einer durch Art. 4 Abs. 1 GG geschützten Gewissensentscheidung – ggf. im Wege der Beweisaufnahme – positiv festgestellt werden, soweit daran wie hier weitere rechtliche Folgen geknüpft werden sollen. Für eine solche Feststellung wird (dem vorgenannten Merkmal der Plausibilität zuzuordnen) von Rechtsprechung und Literatur der Sache nach eine nach außen tretende, rational mitteilbare und dem Kontext intersubjektiv nachvollziehbare Darlegung der Ernsthaftigkeit, Tiefe und Unabdingbarkeit der Gewissensentscheidung gefordert.
58Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2005 – 2 WD 12.04 –, a.a.O. und juris, Rn. 160, m.w.N.
59Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen des Klägers in mehrfacher Hinsicht nicht. Auch insgesamt zeichnet sich nicht das Bild eines Handelns aus einer ernsthaften, tiefgreifenden, innerlich unbedingt verpflichtenden Gewissensnot, der nicht in anderer Weise als durch das vollständige Ausscheiden aus dem aktiven Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit Rechnung getragen werden konnte.
60Der Kläger hat schon nicht klar und überzeugend, dabei widerspruchsfrei und auch im Übrigen plausibel, dem Senat vermitteln können, dass es überhaupt innerlich verpflichtende ethisch-moralische Kriterien waren, die ihn letztlich dazu veranlasst haben, seinen Dienst als Arzt im Sanitätsdienst der Bundeswehr nicht über Juni 2007 hinaus fortzusetzen.
61Das gilt zunächst schon für seine schriftlichen Darlegungen. Zwar führt der Kläger im Anhang zu seiner Widerspruchsbegründung „größte innere Widerstände“ an und verweist zur Erläuterung auf seine „feste Überzeugung“, dass er als Soldat eines rechtsstaatlich-demokratischen Staates nur in einem äußerst begrenzten objektiv-rechtstaatlich (nicht ausschließlich parlamentarisch) legitimierten Notfall, nämlich der Landesverteidigung im engeren Sinne, aktiv werden oder mit seiner Tätigkeit die kämpfende Truppe unterstützen dürfe. Hierzu bezieht er sich weiter u. a. auf die „historisch begründete(n) einzigartige(n) Verantwortung bei der Aufstellung der deutschen Armee“ und auf die dem widersprechende „Kehrtwendung der deutschen Sicherheitspolitik“, wie sie etwa im Weißbuch 2006 ihren Ausdruck gefunden habe. Als Beispiele führt der Kläger namentlich den „Kriegseinsatz“ der Bundeswehr in Afghanistan und auch (als noch bedrückender empfunden) das Engagement der Bundeswehr im zweiten (als völkerrechtswidrig zu bewertenden) Irakkrieg an. Als er sich im Jahre 1999 als Soldat auf Zeit verpflichtet habe, habe er dies demgegenüber unter Maßgabe der seinerzeitigen Verteidigungsdoktrin getan. Die neue Linie, welche den Einsatz todbringender Waffen mit ggf. zahlreichen Opfern auch außerhalb der Landesverteidigung unter zum Teil unspezifisch präventivem Tätigwerden umfasse, widerspreche seinem christlich geprägten Weltbild; für sie gebe es keine sittliche Rechtfertigung. Schließlich hätten ihn auch persönliche Erfahrungen seiner Ehefrau, die sich auf den Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern bezögen, in die gleiche Richtung beeinflusst.
62Diese Ausführungen lassen zwar hervortreten, dass der Kläger den wahrgenommenen Wandel in der Ausrichtung des Einsatzes der Bundeswehr aus seiner individuell-persönlichen Sicht nicht gutgeheißen hat. Für die Glaubhaftmachung einer tiefgründigen moralisch-ethischen Unterfütterung dieser Position fehlt es indes an detaillierten Darlegungen von Substanz, etwa schon an einer Erläuterung seiner moralischen Wertvorstellungen in den sich hier stellenden konkreten Bezügen.
63Entsprechendes gilt im Wesentlichen für die ergänzenden Angaben des Klägers in der Berufungsverhandlung. Dort hat er zwar ausgeführt, im Unterschied zu den vorangegangenen Einsätzen in Ex-Jugoslawien, welche er insbesondere angesichts der Vorkommnisse in Srebrenica für moralisch gerechtfertigt gehalten habe, sei beim Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan eine Unterscheidung von „Gut“ und „Böse“ nicht mehr möglich gewesen. Solches habe er Berichten sowohl von Ärzten als auch von Angehörigen der Kampftruppen entnommen. Entsprechende Kontakte habe er namentlich in der Zeit seiner Tätigkeit im Bundeswehrzentralkrankenhaus in L. gehabt. All dies macht aber vor allem nicht hinreichend deutlich, inwiefern der Kläger als maßgebliche Grundlage seines Ausscheidens aus der Bundeswehr zu dem damaligen Zeitpunkt eine eigene Gewissensentscheidung getroffen hat, welche gerade an den Kategorien von „Gut“ und „Böse“ hätte orientiert sein müssen und sich einer Zuordnung nicht hätte enthalten dürfen.
64Die Aussagen der in der mündlichen Verhandlung gehörten Zeugen sind nicht geeignet, den Vortrag des Klägers zu einem bei ihm persönlich vorhanden gewesenen Gewissenskonflikt weiter zu stützen. Der Zeuge Dr. M. konnte sich schon nicht an irgendein unmittelbar mit dem Kläger geführtes Gespräch erinnern. Dem Zeugen Dr. W. war zwar noch ein persönliches Gespräch mit dem Kläger zu dessen persönlichen Beweggründen erinnerlich; an den Inhalt dieses Gesprächs hatte er aber keine Erinnerung mehr. Die Aussage des Zeugen Dr. W. ist allerdings unter einem anderen Gesichtspunkt von Interesse. Sie verdeutlicht nämlich, dass es zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt unter den am Bundeswehrzentralkrankenhaus in L. tätig gewesenen jungen Ärzten Angst und Unruhe mit Blick auf die nicht unrealistische Erwartung gegeben hat, im Rahmen von sog. beweglichen Ärztetrupps möglicherweise an Kampfeinsätzen in Afghanistan teilnehmen zu müssen. Außerdem hat dieser Zeuge bekundet, dass seinerzeit etwa hundert Sanitätsoffiziere den Weg des § 125 BRRG (a.F.) gewählt hätten, um das Soldatenverhältnis durch den Übertritt in ein Beamtenverhältnis zu verlassen.
65Die Darlegungen des Klägers zu seiner Gewissensentscheidung sind im Übrigen von Pauschalurteilen geprägt, welche in dieser Form die Lebenswirklichkeit verfehlen. So werden etwa die Auslandseinsätze der Bundeswehr (allgemein) als „Hasardeureinsätze unklarer moralischer Legitimation im fernen Ausland“ bezeichnet (Seite 3 der Anlage zur Widerspruchsbegründung). Dabei fehlt jede Differenzierung nach Anlass und Art der Einsätze, etwa mit Blick auf eine ggf. nur humanitäre oder lediglich dem Aufbau von Sicherheitsstrukturen in einem Land dienende Zielsetzung. Auch findet der Umstand keine Berücksichtigung, dass bewaffnete Auseinandersetzungen im Rahmen der Auslandseinsätze der Bundeswehr grundsätzlich nur zulässig sind, um sich oder Dritte gegen Angriffe zu schützen. Es fehlt auch jede erkennbare tiefere moralische Auseinandersetzung mit dem zum Teil unermesslichen Leid, welches „Schurkenstaaten“ und „Terrorregime“ – gleich in welchem Teil der Welt – über die jeweilige Bevölkerung gebracht haben und weiter bringen, bevor (nach häufig komplizierten und ggf. auch kontrovers geführten Verhandlungen) ein internationaler Einsatz letztendlich beschlossen wird, wobei sich die Bundeswehr an solchen Einsätzen grundsätzlich auch nur innerhalb bestimmter Bündnisse und nach Zustimmung des Parlaments beteiligt. Ebenso wird nicht auf die (zumindest abstrakte und ggf. auch konkrete) Gefahr für die deutsche Bevölkerung durch eine ungezügelte weltweite Ausbreitung terroristischer Aktivitäten eingegangen. Der Hinweis auf die moralische Legitimation des Bundeswehreinsatzes in Ex-Jugoslawien überzeugt dabei wenig. Zum einen hatte auch dieser Einsatz mit der Landesverteidigung im engeren Sinne oder mit Bündnisverpflichtungen nichts zu tun, verlässt der Kläger damit also die Linie seiner übrigen Argumentation. Zum anderen erscheint es aber auch kaum plausibel und hätte jedenfalls näherer Darlegung bedurft, etwa gegenüber dem Vorgehen der Taliban in Afghanistan im Verhältnis zu der dortigen Bevölkerung und in Anbetracht ihrer (damals wohl nicht unbegründet zumindest vermuteten) Rolle als Unterstützer eines ggf. weltweit um sich greifenden Terrorismus einen anderen moralischen Standpunkt einzunehmen. Der plakative Hinweis, bei dem Afghanistan-Einsatz lasse sich nicht zwischen „Gut“ und „Böse“ unterscheiden, womit offensichtlich gemeint ist, dass auch völlig Unbeteiligte durch Einsätze der Bundeswehr zu Schaden kommen (können), lässt eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Für und Wider nicht erkennen.
66Zu bedenken bleibt ferner, dass das Vorbringen des Klägers unbeschadet der verbalen Berufung auf moralische Prinzipien eine bestimmte (verteidigungs-)politische Auffassung zum Ausdruck bringt. Politische Überzeugungen fallen als solche aber in aller Regel noch nicht dem Schutzbereich des Grundrechts der Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG. Ansonsten wäre einer Überbeanspruchung bzw. einem Missbrauch dieses Grundrechts Tür und Tor geöffnet. Deshalb ist es – jedenfalls einen großen Teil jener Fälle betreffend – in hohem Maße fragwürdig, ob bei Soldaten, welche (nur) Auslandseinsätze der Bundeswehr bzw. (wie im Falle des Klägers) den Dienst mit Blick auf die Einbeziehung auch solcher Einsätze in die politisch festgelegte Verteidigungsstrategie verweigern, wirklich die Kriterien der „Moralität“ und der „Existentialität“ leitend sind, auch wenn sich diese Soldaten hierfür verbal auf ihr „Gewissen“ berufen.
67Vgl. Mückl, in: Bonner Kommentar zum GG, a.a.O., Art. 4 Rn. 193 a.E.
68Dafür, dass der Kläger sich jedenfalls nicht in Gestalt einer absoluten, also unbedingten Verpflichtung durch sein Gewissen innerlich gebunden gefühlt hat, als er Mitte 2007 sein aktives Dienstverhältnis als Zeitsoldat zu beendete, gibt es davon abgesehen eine Reihe von Gegenindizien. So erscheint es insbesondere weder konsequent, dass der Kläger sich noch im Oktober 1999 langjährig zur Dienstleistung verpflichtet hatte, noch leuchtet es ein, warum er keine Gewissensbedenken dagegen (gehabt) hat, als Offizier der Reserve für die Institution Bundeswehr – zum Teil auch aktiv – weiterhin tätig zu sein.
69Zunächst ist die Einbeziehung von Auslandseinsätzen in das Aufgabenspektrum der Bundeswehr nicht Ergebnis einer abrupten Neuausrichtung gewesen, die erst mit dem Erscheinen des Weißbuchs 2006 eingesetzt hätte. Vielmehr hat es solche Einsätze schon seit Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts gegeben (u.a. auf dem Balkan, in der Adria und in Somalia) und hatte auch die Debatte darüber schon zu jener Zeit eingesetzt.
70Vgl. Weißbuch 2006 (Online-Ausgabe), Seite 89 ff., Gliederungspunkt 4. „Die Bundeswehr im Einsatz“; siehe auch Wikipedia, Stichwort: „Auslandseinsätze der Bundeswehr“; ferner etwa VG Münster, Urteil vom 21. August 2014 – 5 K 2265/12 –, juris, Rn. 91.
71Das war geraume Zeit vor dem Wiedereintritt des Klägers in die Bundeswehr als Soldat auf Zeit am 1. März 2000 und hat ihn von diesem Schritt offenbar weder moralisch noch sonst abgehalten. Die in der Berufungsverhandlung behauptete anfängliche Naivität erscheint als Erklärung wenig glaubhaft. Immerhin war der Kläger zu dem Zeitpunkt nach seinem Wehrdienst schon ein „gestandener“ Unteroffizier der Reserve, hatte zwei Jahre Rechtswissenschaften studiert und das Studium der Medizin bereits aufgenommen. Auch während der ersten Jahre seines Status als Zeitsoldat hat der Kläger keine erkennbaren Probleme mit seinem Gewissen gehabt, der Bundeswehr anzugehören (das hat nach seinem schriftlichen Vorbringen erst im Jahre 2006 eingesetzt), obwohl etwa der von ihm als „besonders bedrückend“ empfundene zweite Irak-Krieg im Frühjahr 2003 begann. Auch wenn der Kläger zu jener Zeit unter Freistellung vom Dienst studierte, musste ihm schon damals klar sein, dass er nach dem Studium (und einer ggf. weiteren Fachausbildung) bei einer Bundeswehr aktueller verteidigungspolitischer Prägung und Ausrichtung zur Dienstleistung auch konkret verpflichtet sein würde. Konsequenzen daraus hat er aber zu jener Zeit noch nicht gezogen. Was sein Gewissen dann im Jahr 2006 entscheidend dazu gebracht hat, ein Ausscheiden aus der Bundeswehr als moralisch unbedingt verpflichtend anzusehen, bleibt auch bei Einbeziehung seiner ergänzenden Angaben in der Berufungsverhandlung diffus. Eine Art „Schlüsselerlebnis“ lässt sich dem Vorbringen nicht entnehmen. Nach den Angaben im Termin sollen letztlich wohl die Eindrücke während der Tätigkeit im Bundeswehrzentralkrankenhaus in L. , namentlich solche aus Gesprächen mit im Afghanistan-Einsatz verwundeten Soldaten und den sie besuchenden Kameraden über die Rahmenbedingungen des Einsatzes, die Entscheidung des Klägers maßgeblich beeinflusst haben. Das führt indes keineswegs zwingend auf eine Gewissensentscheidung, sondern kann – zumal in der konkreten, vom Zeugen Dr. W. näher geschilderten Situation der jungen Ärzte an jenem Krankenhaus – auch anders gearteten Überlegungen geschuldet gewesen sein, etwa der – verständlichen – Sorge und Angst, ggf. nur unzureichend geschützt selbst in einen solchen Kampfeinsatz geschickt zu werden.
72Soweit der Kläger in seinem schriftlichen Vorbringen auf Vorgänge aus den Jahren nach 2007 verweist, wie z.B. auf den Luftangriff in Kundus vom 4. September 2009 („überforderter deutscher Oberst“) und auf Erklärungen des früheren Bundespräsidenten Köhler von Mai 2010 und des früheren Verteidigungsministers zu Guttenberg von November 2010, konnten all diese Umstände schon aus Zeitgründen die im Jahr 2007 getroffene Entscheidung des Klägers, die Bundeswehr zu verlassen, nicht mehr schlüssig beeinflusst haben.
73Eher gegen die Glaubhaftigkeit der Behauptung, eine Gewissensentscheidung getroffen zu haben, spricht auch, dass der Kläger jedenfalls in Form von schriftlichen Eingaben auf den angeblichen Gewissenskonflikt erst mehrere Jahre nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Soldatenverhältnis, nämlich im Zusammenhang mit der Rückforderung des Ausbildungsgeldes (Widerspruchsverfahren) Anfang 2010 aufmerksam gemacht. Mit welchem konkreten Inhalt ggf. zuvor Gespräche mit Vorgesetzten geführt worden waren, hat die Beweisaufnahme nicht ergeben. Hinzuweisen bleibt allerdings darauf, dass der Kläger sich im zeitlichen Zusammenhang mit seinem Ausscheiden einem Verfahren, in welchem als etwaige Härtegründe Gewissensgründe hätten konkret angeführt werden können, nämlich einem Entlassungsverfahren nach § 55 Abs. 3 SG, nicht gestellt hat; er hat sich vielmehr für den insofern leichteren Weg des unmittelbaren Übertritts in ein Beamtenverhältnis entschieden.
74Als in der Sache widersprüchlich, jedenfalls aber nicht schlüssig stellt sich weiter insbesondere auch das Verhalten des Klägers nach seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr dar. Er ist wieder Offizier der Reserve der Bundeswehr und hat als solcher auch an Wehrübungen im Inland teilgenommen. Diese Haltung lässt sich zunächst schwerlich in Einklang bringen mit dem Vorbringen der Prozessbevollmächtigten des Klägers in dem Schriftsatz vom 16. Oktober 2012 im Berufungszulassungsverfahren. Dort ist auf Seite 3 ausgeführt:
75„Das Gesamtkonzept der Bundeswehr widersprach den moralischen Empfindungen des Klägers. Dabei ging es nicht nur um einzelne Befehle. Der Kläger konnte es mit seinem Gewissen grundsätzlich nicht vereinbaren, ein aktives Mitglied einer Institution zu sein, die seinen Vorstellungen und Überzeugungen deutlich zuwider war. Es war für ihn schlechthin unvereinbar als aktives Mitglied der Bundeswehr diese zugleich als Repräsentant zu vertreten.“
76Auf der Grundlage dieses Vortrags ist nicht verständlich, wieso der Kläger, welcher nach dieser Einlassung nicht etwa nur die eigene Teilnahme an bestimmten Auslandseinsätzen der Bundeswehr, sondern die Gesamtkonzeption der Bundeswehr als solche ablehnt, offenbar keinerlei Probleme mit dem Status als Reservist und mit der Teilnahme an Wehrübungen hat. Ausgehend von der seinerzeit gültig gewesenen „Konzeption für die Reservisten und Reservistinnen der Bundeswehr“ (Fassung 2003), von deren Text den Beteiligten in der Berufungsverhandlung eine Kopie überreicht wurde, waren/sind nämlich auch die Reservisten – ohne Weiteres einleuchtend – ein Teil des Gesamtkonzepts der Bundeswehr; damit repräsentieren auch sie die Institution Bundeswehr mit. Das bezieht im Grundsatz auch mögliche Auslandsverwendungen ein. So heißt es etwa in den „Vorbemerkungen“ der angesprochenen Konzeption:
77„Verteidigung im Sinne des Grundgesetzes umfasst heute mehr als die herkömmliche Verteidigung an den Landesgrenzen gegen einen konventionellen Angriff; als strukturbestimmende Aufgabe der Bundeswehr entspricht diese nicht mehr den aktuellen sicherheitspolitischen Erfordernissen. … Diese Neuausrichtung der Bundeswehr bestimmt Organisation, Ausbildung, Verwendung und Verfügbarkeit der Reservisten und Reservistinnen. Ziel ist es, auch deren Einsatz ohne den Rückgriff auf Mobilmachung auf eine sichere Grundlage zu stellen“.
78In ähnlichem Sinne hat sich der damalige Bundesminister der Verteidigung Dr. Peter Struck anlässlich der Einführung der in Rede stehenden Konzeption am 17. September 2003 in einer Pressekonferenz geäußert, wobei der Text auf der Internet-Seite des BMVg abrufbar ist. Der Minister hat dabei u.a. ausgeführt:
79„Die Bundeswehr benötigt den Beitrag der Reservistinnen und Reservisten für ihr gesamtes Aufgabenspektrum – auch für die mittlerweile wahrscheinlichsten Aufgaben der Konfliktverhütung und Konfliktbewältigung. Ich habe immer wieder betont, dass Verteidigung heute mehr als die herkömmliche Verteidigung an den Landesgrenzen gegen einen konventionellen Angriff umfasst. Dem muss auch die neuen Reservistenkonzeption Rechnung tragen. Einsatzorientierung der Bundeswehr und ein zeitgemäßes Reservistenkonzept schließen sich nicht aus, sondern ergänzen einander.“
80Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, dass die Neuausrichtung der Bundeswehr den Kläger aus Gewissensgründen nur an einer „aktiven“ Zugehörigkeit zur Bundeswehr hindern soll, nicht aber auch an einem Engagement als Reservist. Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus der Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, er habe bei seiner Wehrübung keinen „Spiegeldienstposten“ bekleidet, also keinen im Einsatz befindlichen Sanitätsoffizier vertreten (und damit Auslandseinsätze nicht aktiv unterstützt). Denn auch eine Tätigkeit wie die von ihm angegebene Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung für Wehrpflichtige trägt dazu bei, dass die als Ganzes zu betrachtende Bundeswehr insgesamt ihre Aufgaben im In- und Ausland erfüllen kann. Zudem erscheint zweifelhaft, ob ein Reservist bei seiner Heranziehung zu einer Wehrübung stets sicherstellen kann, nicht auf einem „Spiegeldienstposten“ eingesetzt zu werden.
81Anderes ergibt sich auch nicht, wenn in Rechnung gestellt wird, dass der Kläger keine Einwände gegen die Aufgabe der Landesverteidigung im engeren Sinn geltend macht, der er offenbar die Tätigkeit als Reservist zuordnet. Zum einen verkennt dieser Ansatz, dass nach der vorerwähnten Konzeption für den Einsatz von Reservisten in der Bundeswehr auch diese zum Gelingen der vom Kläger abgelehnten Auslandseinsätze beitragen. Zum anderen steht es dem einzelnen (Reserve-)Soldaten und damit auch dem Kläger als Offizier der Reserve nicht zu, die Bundeswehr in einen „bösen“ (aktive Soldaten) und einen „guten“ (Reservisten) Teil aufzuteilen und bei letzterem auch noch zu differenzieren, ob „Spiegeldienstposten“ wahrgenommen werden.
82Schließlich mindert die Glaubhaftigkeit des Vorbringens des Klägers zur Maßgeblichkeit einer Gewissensentscheidung für sein Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis eines Zeitsoldaten als weiteres Indiz noch der Umstand, dass der Kläger zugegebenermaßen auch noch andere Gründe für seinen Entschluss zum Ausscheiden gehabt hat. Dies waren die aus seiner Sicht schlechten, unzumutbaren Arbeits- und sonstigen Rahmenbedingungen im Sanitätsdienst der Bundeswehr, welche er namentlich während seiner Tätigkeit als Stabsarzt am Bundeswehrzentralkrankenhaus in L. – also unmittelbar zeitnah vor seinem Ausscheiden – wahrgenommen haben will (vgl. Gliederungspunkt 2. der Anlage zur Widerspruchsbegründung). Zwar betont der Kläger zu Beginn der Ausführungen zu jenem Gliederungspunkt, jene Gründe seien nicht die „maßgeblich“(en) Gründe für sein Ausscheiden gewesen, und weist ihnen damit sinngemäß nur eine ergänzende Bedeutung zu. Glaubhaft ist das angesichts der zum Teil massiven Vorwürfe und der Gesamtbewertung der Zustände als unzumutbar aber nicht. So spricht der Kläger am Ende des angesprochenen Gliederungspunktes des Anhangs der Widerspruchsbegründung dann auch davon, dass er „sowohl“ wegen der ausgeführten Gewissensgründe „als auch“ wegen der unzumutbaren dienstlichen Rahmenbedingungen kurzfristig gewechselt habe. Das stellt die beklagten dienstlichen Rahmenbedingungen auf eine Stufe mit den vorgegebenen Gewissensgründen und zieht die Maßgeblichkeit letztgenannter Gründe für die Entscheidung, den aktiven Dienst als Soldat der Bundeswehr aufzugeben, in Zweifel.
83bb) Ist ein Ausscheiden des Klägers aus der Bundeswehr aus Gewissensgründen nach alledem nicht glaubhaft gemacht, bedarf es keiner Entscheidung des Senats darüber, welche Folgewirkungen eine gegebene, Art. 4 Abs. 1 GG unterfallende Gewissensentscheidung für die Anwendung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG hätte.
84Insoweit nimmt der Senat allerdings die Gelegenheit wahr, auf die folgenden rechtlichen Bedenken hinzuweisen:
85Zweifelhaft ist, ob allein schon die Betroffenheit in Grundrechten als solche (in jedem Fall) auf die Annahme einer besonderen Härte im Sinne des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG führen muss. Eher scheint es, als knüpfe das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 18.05 – (a.a.O.) in dem betreffenden Zusammenhang (Drucksituation, wegen einer finanziellen Belastung von der Grundrechtsausübung Abstand zu nehmen) an die besondere Situation bei der Ausübung gerade des Grundrechts auf Verweigerung des Kriegsdienstes mit der Waffe nach Art. 4 Abs. 3 GG an. Diese Situation zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie eine grundlegende Bedeutung hinsichtlich der Frage hat, ob überhaupt – also im Ganzen – Wehrdienst in der Bundeswehr geleistet werden kann bzw. ob ein ggf. schon bestehendes Soldatenverhältnis insgesamt fortgesetzt werden darf. Damit unterscheidet sich die Situation bei Kriegsdienstverweigerern nicht unerheblich von derjenigen bei der Betroffenheit anderer, darunter auch sog. „einschränkungsloser“ Grundrechte wie Art. 4 Abs. 1 GG. Deren Ausübung kann nämlich im Rahmen der Herstellung „praktischer Konkordanz“
86– hierzu vgl. aus jüngster Zeit etwa BVerfG, Beschlüsse vom 10. März 2014 – 1 BvR 377/13 –, juris, Rn. 22, vom 22. Oktober 2014 – 2 BvR 661/12 –, NZA 2014, 1387 = juris, Rn. 124 und 177, sowie vom 15. Januar 2015 – 1 BvR 2796/13 –, WM 2015, 526 = juris, Rn. 8 –
87häufig ohne erforderliche Auflösung des aktiven Soldatenverhältnisses in einen schonenden Ausgleich mit den Belangen der Bundeswehr (Verteidigungsbereitschaft, Funktionsfähigkeit) gebracht werden.
88Zum verfassungsrechtlichen Rang der Einrichtung und Funktionsfähigkeit der Bundeswehr vgl. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 10. März 2014 – 1 BvR 377/13 –, juris, Rn. 22 bis 24, und vom 28. April 2007 – 2 BvR 71/07 –, NVwZ-RR, 2008, 330 = juris, Rn. 16, jeweils m.w.N.
89Davon ausgehend kann zumeist auch ernsthaften Gewissensnöten solcher Soldaten, die nicht umfassend den Kriegsdienst mit der Waffe bzw. ein Verbleiben in der Bundeswehr ablehnen, durch die Verpflichtung des Dienstherrn zur Bereitstellung einer gewissenschonenden Handlungsalternative (z.B. Verwendung im Inland) ausreichend Rechnung getragen werden.
90Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2005 – 2 WD 12.04 –, BVerwGE 127, 302 = DVBl. 2005, 1455 = juris, Rn. 116 ff., 345, 348.
91Das gilt im Übrigen auch für den Kläger, weil dessen Behauptung, er lehne aus Gewissensgründen die Institution Bundeswehr in ihrer derzeitigen Konzeption als Ganzes ab, angesichts seiner Einstellung zum Status des Reservisten aus den oben genannten Gründen sachlich nicht nachvollzogen werden kann. Die Ausübung des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 1 GG wirkt somit für den aktiven Soldaten in der Regel nicht „absolut“ im Sinne einer Rechtfertigung zum Ausscheiden. Zugleich besteht in solchen Fällen – anders als bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern – auch nicht typischerweise die Situation, dass mit Blick auf eine erforderliche Beendigung des Dienstverhältnisses bisher entstandene Ausbildungskosten vom Dienstherrn nicht mehr nutzbringend (weiter) verwendet werden können. Entsprechend gemindert ist damit auch die „Drucksituation“, von der Ausübung des Grundrechts mit Blick auf die wegen der Erstattung von Ausbildungskosten zu erwartende finanzielle Belastung (vollständig) Abstand zu nehmen.
92Darüber hinaus ist schon fraglich, ob Art. 4 Abs. 1 GG in Fällen der vorliegenden Art überhaupt neben Art. 4 Abs. 3 GG anwendbar ist. Insoweit könnte von einer Ausschlusswirkung wegen Spezialität des Absatzes 3 auszugehen sein. Eine solche Ausschlusswirkung könnte jedenfalls dann zu bejahen sein, wenn es – wie hier – um (angebliche) Gewissensgründe geht, die es dem betroffenen Soldaten ausgehend von seiner kundgetanen inneren Überzeugung zwingend verwehren, überhaupt bei der Bundeswehr (aktiven) Dienst zu tun und nicht etwa nur einzelnen Befehlen nicht nachkommen zu können.
93Vgl. zu der letztgenannten Konstellation in Richtung auf einen fehlenden Ausschluss des Art. 4 Abs. 1 GG durch Art. 4 Abs. 3 GG BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2005 – 2 WD 12.04 -, a.a.O. und juris; ablehnend etwa Mager, in: v. Münch/Kunig, GG, 6. Aufl. 2012, Art. 4 Rn. 65 und 84, jeweils Stichwort „Befehlsverweigerung“, m.w.N. zur zum Teil zustimmenden, verbreitet aber auch kritischen Aufnahme des Urteils in der Literatur; u.U. anders auch noch BVerwG, Beschluss vom 31. Juli 1996 – 2 WD 21.96 -, BVerwGE 103, 361 = NJW 1997, 536 (538) = juris, insb. Rn. 30, betreffend die (dort bejahte) Dienstpflichtwidrigkeit der Verweigerung sog. „out of area“-Einsätze.
94Der Ausschluss dürfte ggf. auch unabhängig davon eintreten, ob die konkret geltend gemachten Gründe voraussichtlich ausreichen können, eine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer zu erreichen. Denn eine für einen bestimmten Bereich bestehende Spezialvorschrift wie Art. 4 Abs. 3 GG kann auch Bedeutung dafür haben, ob in Fällen, in denen ihre (besonderen) Voraussetzungen nicht erfüllt sind, in ihrem Anwendungsbereich noch auf eine allgemeinere Vorschrift zurückgegriffen werden darf. Gäbe es insoweit keine Sperrwirkung, wäre hier unter Berufung auf das allgemeinere Grundrecht – die Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG – eine Kriegsdienstverweigerung unter erleichterten Bedingungen möglich, nämlich die vollständige Verweigerung des Dienstes bei der Bundeswehr aus anderen, nicht durch Art. 4 Abs. 3 GG geschützten Gewissensgründen. Das hätte insbesondere – und auch hier – Bedeutung für die sog. situationsbedingte Kriegsdienstverweigerung, welche im Rahmen des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 3 GG im Ergebnis nicht zur Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer führt. Jene Fälle sind dadurch gekennzeichnet, dass die Betroffenen den Kriegsdienst mit der Waffe aus Gewissensgründen nicht wie nach dem speziellen Grundrecht erforderlich schlechthin, also insgesamt ablehnen, sondern solches nur in Bezug auf bestimmte Situationen bzw. Konstellationen tun (z.B. Verweigerung der Teilnahme an kriegerischen Auseinandersetzungen bei Betroffenheit oder Nichtbetroffenheit bestimmter Staaten als Gegner bzw. als um Unterstützung ersuchende Verbündete; dies ggf. in Abhängigkeit von den in den betroffenen Staaten/Regionen herrschenden politischen Systemen oder unter Berücksichtigung von bestimmten historischen Situationen; Verweigerung der Teilnahme in Abhängigkeit von der Art der zum Einsatz kommenden Waffen; Wunsch, nur zur unmittelbaren Verteidigung der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland eingesetzt zu werden).
95Vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Dezember 1960 – 1 BvL 21/60 –, BVerfGE 12, 45 = juris, Rn. 34, 35 ff., 38 f.; BVerwG, Urteil vom 5. März 1986– 6 C 34.84 –, BVerwGE 74, 72 = juris, Rn. 14, und namentlich auch Beschluss vom 8. November 1993 – 6 B 48.93 –, NJW 1994, 603 = juris, Rn. 2; ferner z. B. Thüringer OVG, Urteil vom 17. Mai 2010 – 2 KO 63/10 –, juris, Rn. 30.
96Die vom Kläger geltend gemachten Gründe, nämlich die Ablehnung von kriegerischen Auseinandersetzungen, welche über die „Landesverteidigung im engeren Sinne“ als historische Kernaufgabe der Bundeswehr sowie über „echte Bündnisfälle“ hinausgehen, fallen in den Kreis dieser Gründe. Da sie sich auf einen bestimmten Sektor militärischen Handelns beziehen, betreffen sie (partiell) zugleich den „Kriegsdienst mit der Waffe“ im Sinne des Art. 4 Abs. 3 GG. Würde man in solchen Fällen dem Soldaten unter Berufung auf sein Grundrecht der allgemeinen Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG erlauben, vollständig aus dem aktiven Dienst der Bundeswehr auszuscheiden, stellte sich dies letztlich als Umgehung der auch begrenzend wirkenden Sonderstellung des Grundrechts der Kriegsdienstverweigerung im Sinne des Art. 4 Abs. 3 GG bezogen auf den militärischen Bereich und das Soldatenverhältnis dar.
97Im Übrigen entspricht es auch der Wehrpflichtige betreffenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts, eine im Verhältnis zum Absatz 1 abschließende Sonderstellung des Absatzes 3 des Grundrechts aus Art. 4 GG hinsichtlich von Gewissensgründen anzunehmen, aus denen heraus sich die Berechtigung eines Wehrpflichtigen ergeben soll, das Leisten von Wehrdienst insgesamt abzulehnen.
98Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 1965– 1 BvR 112/63 –, BVerfGE 19, 135 = juris, Rn. 9, und Beschluss vom 26. Mai 1970 – 1 BvR 83/69, 244/69, 345/69 –, NJW 1970, 1729 (1731) = juris, Rn. 65; BVerwG, z. B. Urteile vom 2. April 1970 – VIII C 114.68 –, Buchholz 448.0 § 25 WpflG Nr. 30, am Ende, und vom 11. November 1974 – VIII C 100.69 –, BVerwGE 39, 53 = NJW 1972, 653 = juris, Rn. 8.
99Da sich auch Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit auf das Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung berufen dürfen, spricht in Bezug auf jene nichts dafür, das Verhältnis von Art. 4 Abs. 3 GG zu Art. 4 Abs. 1 GG anders als für Wehrpflichtige zu beurteilen, soweit es darum geht, ob sie aus Gewissensgründen die Bundeswehr vorzeitig verlassen dürfen.
100Vgl. in diesem Zusammenhang auch BVerwG, Urteil vom 31. Juli 1996 – 2 WD 21.96 –, BVerwGE 103, 361 = juris, Rn. 30, am Ende (einen Stabsoffizier betreffend), und VG Münster, Urteil vom 21. August 2014 – 5 K 2265/12 –, juris, Rn. 85 ff., 88 ff.
101In diesem Zusammenhang könnte der Kläger auch nicht mit Erfolg darauf verweisen, dass im Jahre 2007 eine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer für Soldaten im Sanitätsdienst der Bundeswehr nach der seinerzeitigen ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts von vorneherein nicht in Betracht gekommen sei. Es trifft allerdings zu, dass das Bundesverwaltungsgericht seinerzeit in diesem Sinne entschieden hat. Diese Rechtsprechung wurde erst im Jahre 2012 aufgegeben.
102Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2012 – 6 C 11.11 –, BVerwGE 142, 48 = juris.
103Die vormalige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts datiert aus den 1980er und 1990er Jahren. Gerade im Hinblick auf die von dem Kläger in den Mittelpunkt seiner Argumentation gestellte Neuausrichtung der Bundeswehr konnte auch schon vor dem vorzitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 2012 nicht davon ausgegangen werden, dass eine Neubewertung des Kriegsdienstverweigerungsrechts für Sanitätssoldaten der Bundeswehr offensichtlich ausgeschlossen war.
104Vgl. hierzu und zu der insoweit durch Verzicht auf die Revisionsinstanz anzunehmenden mangelnden Ausschöpfung des Rechtswegs BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 2011 – 2 BvR 862/10 –, BVerfGK 19, 106 = juris, Rn. 17.
105cc) Die auf den behaupteten Mängeln des Dienstbetriebs fußende Unzufriedenheit des Klägers mit den im Sanitätsdienst der Bundeswehr seinerzeit angeblich vorherrschenden und nicht seinen Erwartungen entsprechenden innerdienstlichen Arbeits- und Rahmenbedingungen führt als solche nicht auf einen Härtefall im Sinne des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG, weil diese Umstände alle Soldaten des Sanitätsdienstes regelmäßig gleich betroffen haben.
106Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 46.
107Hiergegen hat sich der Kläger im Berufungsverfahren auch nicht mehr gewandt.
108c) Bei dem Kläger liegt allerdings eine „besondere Härte“ im Sinne des § 46 Abs. 4 Satz 3 SG unter dem wirtschaftlichen Gesichtspunkt des möglichen Eintritts einer zu vermeidenden Existenzgefährdung vor. Dieser Gesichtspunkt wurde in den Regelungen des angegriffenen Leistungsbescheides der Beklagten nicht (ausreichend) berücksichtigt.
109Die Erstattung von Ausbildungskosten wie hier dem Ausbildungsgeld darf den früheren Soldaten in Anwendung der Härteklausel nicht in einer Weise belasten, dass er in die Gefahr einer existenzgefährdenden wirtschaftlichen Notlage gerät.
110Vgl. dazu allgemein etwa BVerfG, Beschluss vom 22. Januar 1975 – 2 BvL 51/71 –, BVerfGE 39, 128 = juris, Rn. 49; BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 54; OVG NRW, 26. Juni 1975– 1 A 927/74 –, DÖV 1975, 792 = juris (LS 2); VG Gießen, Urteil vom 26. Oktober 2005 – 8 E 2875/04 –, Rpfleger 2006, 90 = juris, Rn. 20; Sohm, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. 2010, § 56 Rn. 23.
111Dabei muss u.a. eine dauerhafte wirtschaftliche Knebelung, wie sie insbesondere bei einer sehr hohen Erstattungspflicht und einem (bei eingeräumter Ratenzahlung) entsprechend sehr langen Erstattungszeitraum eintreten kann, unterbleiben. In diesem Zusammenhang hat das Bundesverwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass sich dann, wenn die Beklagte – wie etwa auch in dem vorliegenden Leistungsbescheid – Ratenzahlungen gewährt, die Zahlungspflicht grundsätzlich nicht während des gesamten weiteren Berufslebens des Soldaten andauern darf, sondern zeitlich begrenzt sein muss.
112Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 18.05 –, Schütz/Maiwald, BeamtR, ES/A II 1 Nr. 11 = juris, Rn. 24; dem grundsätzlich folgend u.a. VG Gelsenkirchen, Urteile vom 8. September 2014 – 1 K 623/13 –, juris, Rn. 38, und vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 47; VG Düsseldorf, Urteil vom 30. Dezember 2013 – 10 K 5420/13 –, juris, Rn. 32; a.A. VG Gießen, Urteil vom 5. November 2012 – 5 K 785/11.GI –, juris, Rn. 38, VG Schleswig, Urteil vom 6. März 2014 – 12 A 153/13 –, juris, Rn. 41, und wohl auch Sohm, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. 2010, § 56 Rn. 23.
113Die betreffende Formulierung in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist systematisch eingebettet in Ausführungen zu der Frage, ob der in Anwendung der Härteklausel zu erstattende Betrag „von einem bestimmten ehemaligen Zeitsoldaten“ verlangt werden dürfe, was von seiner individuellen Vermögenslage abhänge. Das verdeutlicht, dass es an dieser Stelle um generelle Erwägungen zur Frage der (individuellen) wirtschaftlichen Zumutbarkeit geht und damit nicht um einen etwaigen weiteren „Bonus“ im Rahmen der Anwendung der Härteklausel speziell auf die Gruppe der anerkannten Kriegsdienstverweigerer. Insofern hat es in diesem Punkt auch keine Bedeutung, dass die Entscheidung einen Fall betroffen hat, in dem es um die Erstattung der Ausbildungskosten eines Kriegsdienstverweigerers ging. Allein ein solches Verständnis der betreffenden Urteilspassage ergibt im Übrigen auch Sinn, weil es der Sache nach – wie schon ausgeführt – um eine Konkretisierung des im Rahmen der Härteklausel für alle betroffenen früheren Soldaten geltenden Gesichtspunktes gegangen ist, dass diese durch die Erstattung und die Modalitäten ihrer Abwicklung nicht in existentielle wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sollen.
114Soweit es Gegenstimmen zu einer gebotenen zeitlichen Begrenzung des Erstattungszeitraums gibt (VG Gießen, VG Schleswig, jeweils a.a.O.), setzen diese dabei an, dass grundsätzlich die Pflicht bestehe, den Erstattungsbetrag in einer Summe zu zahlen. Würden den Soldaten Ratenzahlungen eingeräumt, bleibe es ihnen unbenommen, die hierdurch bewirkte Zahlungsdauer im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten durch höhere Ratenzahlungen zu verkürzen. Diese Argumentation überzeugt schon deswegen nicht, weil sie die angesprochene Verkürzungsmöglichkeit offenbar als regelmäßig gegeben unterstellt. Diese hängt aber entscheidend von den wirtschaftlichen Verhältnissen im jeweiligen Einzelfall ab. Ferner wird wohl nicht hinreichend bedacht, dass die Pflicht zur Zahlung in einer Summe angesichts der Höhe der zumeist in Rede stehenden Beträge gerade wegen der bestehenden Härteklausel in der Praxis kaum zum Tragen kommen dürfte. Die ggf. bestehende Härte in Anwendung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG auszugleichen, bleibt dabei Aufgabe der Beklagten, kann also nicht, jedenfalls nicht vollständig, einem Handeln der betroffenen ehemaligen Soldaten (auch im Rahmen von deren finanziellen Möglichkeiten) überlassen bleiben.
115Die danach erforderliche zeitliche Begrenzung des Erstattungszeitraums (Zeitraums der Ratenzahlungspflicht) in Richtung auf nur einen Teilzeitraum des gesamten Berufslebens muss auch bereits in dem Leistungsbescheid (Ausgangsbescheid) selbst erfolgen; dort sind die hierzu notwendigen Regelungen zu treffen. Das ist keine Besonderheit, sondern entspricht auch im Übrigen der Anwendung der Härteklausel des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG. Diese unterscheidet sich insoweit im Kern nicht von der Billigkeitsentscheidung bei der Rückforderung zuviel gezahlter Bezügen (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG). Dazu ist anerkannt, dass die Billigkeitsentscheidung nicht lediglich die Vollziehung oder Vollstreckung des Rückforderungsbescheides, sondern den materiellen Bestand des (insofern modifizierten) Rückforderungsanspruchs betrifft. Ein Rückforderungsbescheid darf deshalb nicht ergehen, ohne dass bzw. bevor eine Billigkeitsentscheidung getroffen wurde.
116Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 26. April 2012– 2 C 4.11 –, Schütz/Maiwald, BeamtR, ES/C V 5 Nr. 84 = juris, Rn. 23, m.w.N.; sinngemäß entsprechend zur Härteklausel des Soldatengesetzes wohl auch BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, BVerwGE 52, 84 = ZBR 1977, 287 = juris, Rn. 56, unter Abgrenzung der Anwendung der Härteklausel von lediglich haushaltsrechtlichen Zahlungserleichterungen.
117Ob das gleiche Ergebnis in Fällen der vorliegenden Art auch unmittelbar aus dem Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes und aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn hergeleitet werden kann,
118vgl. etwa VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. September 2014 – 1 K 623/13 –, juris, Rn. 38 am Ende,
119braucht hier nicht entschieden zu werden.
120Der Anforderung der zeitlichen Begrenzung des Erstattungszeitraums kann die Beklagte regelmäßig in der Weise ermessensgerecht entsprechen, dass sie die Verpflichtung zur Zahlung von Tilgungsraten auf einen Zeitraum von zwei Dritteln der Zeit von der Entlassung aus dem Zeitsoldatenverhältnis bis zum Eintritt in das Rentenalter (§ 35 SGB VI) begrenzt. Denn hierdurch ist auch unter Berücksichtigung etwa zusätzlich zu zahlender Stundungszinsen in aller Regel ausreichend gewährleistet, dass unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu der Anwendung der Härteklausel die Zahlungspflicht nicht während des gesamten (weiteren) Berufslebens andauert, sondern deutlich vor dem 67. Lebensjahr endet.
121Vgl. in diesem Sinne auch VG Gelsenkirchen, Urteile vom 8. September 2014 – 1 K 623/13 –, juris, Rn. 40, und vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 49.
122Das bedeutet allerdings nicht zwangsläufig, dass der im Leistungsbescheid festgesetzte Erstattungsbetrag am Ende nicht vollständig getilgt werden muss. Das gilt selbst dann, wenn ausgehend von der im Bescheid bestimmten Höhe der Rate eine vollständige Tilgung bis zu dem betreffenden Zeitpunkt rechnerisch nicht möglich ist. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang nämlich, dass der streitige Leistungsbescheid (wie auch in ähnlichen Fällen) unter Ziffer 4 eine (Neben-)Regelung enthält, derzufolge eine jährliche Überprüfung der Ratenhöhe anhand der Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse des früheren Soldaten zu erfolgen hat. Das kann es ermöglichen, die Raten vorübergehend oder ggf. auch dauerhaft höher festzusetzen. In einem solchen Fall kann ggf. erreicht werden, dass der gesamte Erstattungsbetrag schon vor Ablauf des vorgenannten Zweidrittelzeitraums getilgt ist. Es ist mit anderen Worten Aufgabe der Beklagten, diese begleitende Kontrolle auch tatsächlich effektiv wahrzunehmen.
123Wegen dieser möglichen Veränderungen der Tilgungshöhe, welche ggf. auch in Richtung auf eine wirtschaftlich gebotene Verringerung der Ratenhöhe gehen können, ist es aus Sicht des Senats sogar erforderlich ist, die Zeitdauer der Zahlungspflicht in dem Leistungsbescheid nicht nur dann begrenzend zu regeln, wenn ausgehend von der Höhe der dort festgesetzten Raten eine Tilgung innerhalb des Zweidrittelzeitraums nicht gelingen kann. Vielmehr ist solches auch dann geboten, wenn ausgehend von jenen u.U. recht hohen Raten eine rechtzeitige Tilgung gelingen könnte.
124Anders im Ergebnis VG Gelsenkirchen, Urteil vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 53.
125Denn ob es dann auch wirklich gelingen wird, ist angesichts der künftigen Veränderbarkeit der Höhe der Rate im Zeitpunkt des Ergehens des Leistungsbescheides keineswegs sicher. Gerade mit Blick darauf bedarf es aber schon in diesem Bescheid einer begrenzenden Regelung genereller Natur, die etwa an das Erreichen eines bestimmten Lebens- oder Kalenderjahres (bzw. Datums) anknüpft. Die Gegenauffassung des VG Gelsenkirchen, wonach es in jenen Fällen ausreichen soll, dass mit Blick auf eine mögliche Absenkung der Rate erst in dem diesbezüglichen Änderungsbescheid die zeitliche Begrenzung erforderlichenfalls geregelt wird,
126vgl. Urteil vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 53,
127erscheint inkonsequent zu der auch dort eingenommenen Grundposition, dass über das Vorliegen einer besonderen Härte bereits im Ausgangsbescheid entschieden werden muss.
128Ist die für die Erstattung in zeitlicher Hinsicht bestehende Grenze erreicht, ohne dass der Gesamtbetrag getilgt werden konnte, dürfte die Beklagte im Übrigen verpflichtet sein, die Restsumme zu erlassen. Denn die Stundung unberührt zu lassen und weiterhin Stundungszinsen zu fordern, würde (in Abhängigkeit von der Zinshöhe einerseits und der Höhe des noch nicht getilgten Betrages andererseits) die wirtschaftliche Belastung jedenfalls zum Teil fortbestehen lassen und damit zu einer Belastung bis zum Ende der Berufstätigkeit oder sogar noch darüber hinaus führen.
129Der vom Kläger angefochtene Leistungsbescheid entspricht mit seinen vier Teilregelungen den vorstehenden Grundsätzen nicht. Das ist bereits deswegen der Fall, weil er im Zusammenhang mit der eingeräumten Ratenzahlung keine zeitliche Begrenzung des Zahlungszeitraums enthält. Darüber hinaus würde sich im Fall des Klägers bei einer unverändert bleibenden Höhe der bestimmten Monatsraten von 220 Euro ohne Berücksichtigung der Stundungszinsen ein Tilgungszeitraum von über 45 Jahren ergeben. Der Kläger wäre bei Zahlungsende dann 77 Jahre alt.
130Hinzu kämen als Belastungsfaktor noch die Stundungszinsen. Ob diese wie geschehen in Höhe von 4 Prozent erhoben werden durften, muss hier nicht entschieden werden, da der angefochtene Bescheid wegen der fehlenden Regelung einer Begrenzung des Erstattungszeitraums in Anbetracht der inhaltlichen Verknüpfung seiner einzelnen Teilregelungen nicht nur in Bezug auf einzelne Ziffern (Teilregelungen), sondern insgesamt aufzuheben ist. Allerdings weist der Senat in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Zinshöhe schon an dieser Stelle darauf hin, dass es u.a. auch im Hinblick auf den Sanktionscharakter der Erstattungspflicht,
131vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2014 – 2 B 96.13 –, juris, Rn. 7, zur Erstattungspflicht eines Berufssoldaten,
132jedenfalls nicht auf der Hand liegt, dass sich das Ermessen der Beklagten in jenem Zusammenhang zwingend an ihren eigenen Refinanzierungsmöglichkeiten orientieren muss. Selbst bei Zugrundelegung dieser Variante ist darüber hinaus mit Blick auf die fehlende Sicherung der Forderung problematisch, ob als Maßstab für die „Marktlage“ (ausschließlich) durch Hypotheken abgesicherte Darlehen zugrunde gelegt werden können.
133Vgl. in diesem Zusammenhang etwa VG Gelsenkirchen, Urteile vom 8. September 2014– 1 K 623/13 –, juris, Rn. 43 ff., und vom17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 62 f.; VG Münster, Urteil vom 21. August 2014 – 5 K 2265/12 –, juris, Rn. 97, aber auch– im Ergebnis keine rechtlichen Bedenken gegen einen Zinssatz von 4 % äußernd – VG Düsseldorf, Urteil vom 30. Dezember 2013 – 10 K 5420/13 –, juris, Rn. 2, 44 f., sowie Bayerischer VGH, Urteil vom 4. Juli 2013 – 6 BV 12/19 –,juris, Rn. 4, 42.
134Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
135Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
136Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Der Leistungsbescheid der Beklagten vom 10. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2013 wird hinsichtlich der Ziffer 1 des Leistungsbescheides in Höhe von 52.362,76 Euro und hinsichtlich Ziffer 3 des Leistungsbescheides, soweit diese einen Erstattungsbetrag von 52.362,76 Euro aufgehoben; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Beklagte zu 90 vom Hundert und der Kläger zu 10 vom Hundert.
Die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Der Kläger ist ehemaliger Berufssoldat der Beklagten, zuletzt im Dienstgrad eines Oberstabsarztes. Zum 1. Juli 1996 trat er – auf der Grundlage einer Verpflichtungserklärung vom 23. März 1996 über 16 Jahre – als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes in den Dienst der Beklagten und wurde in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen. In der Verpflichtungserklärung vom 23. März 1996 bestätigte der Kläger unter anderem, dass ihm bekannt sei, dass er nach § 56 Abs. 4 SG das während der Ausbildung bezogene Ausbildungsgeld u.a. dann zu erstatten habe, wenn er auf eigenen Antrag aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit ausscheide. Vom 2. April 1997 bis zum 21. Mai 2003 studierte der Kläger unter Beurlaubung vom militärischen Dienst Humanmedizin. Seine Dienstzeit wurde zunächst auf 5, dann auf 15 und mit Bescheid vom 9. November 2004 schließlich auf die vollen 16 Jahre festgesetzt. Im Anschluss an das Studium leistete der Kläger vom 22. Mai 2003 bis 30. September 2004 die nach der damaligen Approbationsordnung erforderliche Zeit als „Arzt im Praktikum“ am Bundeswehrzentralkrankenhaus in L. ab. Mit Urkunde der Bezirksregierung L1. vom 1. Oktober 2004 wurde ihm die Approbation als Arzt erteilt; am gleichen Tag wurde er zum Stabsarzt ernannt. Aufgrund einer erneuten Weiterverpflichtungserklärung vom September 2006 über eine Dienstzeit von insgesamt 20 Jahren setzte die Beklagte das Dienstzeitende auf den 30. Juni 2016 fest. Vom 1. Oktober 2004 bis 31. Juli 2005 und vom 1. Januar 2007 bis 5. Januar 2008 befand sich der Kläger im Bundeswehrzentralkrankenhaus L. in der klinischen Weiterbildung im Fach „Innere Medizin“. Diese Weiterbildung setzte er vom 1. April 2008 bis zum Dienstende am 7. Oktober 2008 in der Universitätsklinik N. fort. Neben der Weiterbildung im Fach „Innere Medizin“ nahm der Kläger vom 15. Februar 2005 bis 4. März 2005 an einem Lehrgang „Notfallmedizin“ und im November 2004 und Januar sowie April 2005 an insgesamt 11 Tagen an Notarzteinsätzen teil. Daraufhin wurde ihm am 7. Juni 2005 der Fachkundenachweis „Rettungsdienst“ zuerkannt. Am 17. Januar 2007 wurde der Kläger zum Oberstabsarzt ernannt. Auf seinen Antrag wurde er am 27. Dezember 2007 in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten übernommen. Am 8. Oktober 2008 übernahm die Universität C. den Kläger als Akademischen Rat in das Beamtenverhältnis auf Zeit; damit schied der Kläger von Gesetzes wegen aus dem Soldatenverhältnis aus.
3Mit Schreiben vom 3. Juli 2009 wies die Beklagte den Kläger – erneut – auf die Pflicht zur Erstattung der Ausbildungskosten (nach § 49 SG) hin. Unter dem 28. Mai 2010 hörte die Beklagte den Kläger zur Rückforderung von maximal 20.145,10 Euro Kosten der Fachausbildungen und 118.267,50 Euro Ausbildungsvergütung an.
4Mit Bescheid des Personalamtes der Bundeswehr vom 10. September 2010 forderte die Beklagte den Kläger zur Erstattung von Ausbildungsgeld und der im Rahmen der Aus‑ und Weiterbildung entstandenen Fachausbildungskosten auf; den Erstattungsbetrag setzte die Beklagte auf 121.312,49 Euro fest (Ziffer 1). Zugleich gewährte die Beklagte dem Kläger eine verzinsliche Stundung durch Ratenzahlung von monatlichen Raten in Höhe von 690,00 Euro (Ziffer 2). Ferner erhob die Beklagte mit „Bestandskraft des Leistungsbescheides, spätestens ab 25. Oktober 2010“ fällig werdende Stundungszinsen in Höhe von jährlich vier vom Hundert, deren Berechnung und Einziehung nach Erledigung der Hauptforderung erfolgen sollte und auf die sich die eingeräumte Stundung mit erstreckte (Ziffer 3). Die Stundung stand unter dem Vorbehalt gleichbleibender wirtschaftlicher Verhältnisse und sollte jährlich überprüft werden (Ziffer 4).
5Zur Begründung führte die Beklagte im Kern aus, Rechtsgrundlage für die Rückforderung sei § 49 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SG. Danach müsse ein früherer Berufssoldat, der auf eigenen Antrag entlassen worden sei oder als auf eigenen Antrag entlassen gelte, die durch ein Studium oder eine Fachausbildung entstandenen Kosten erstatten. Während des Studiums der Humanmedizin habe der Kläger Ausbildungsgeld in Höhe von 118.267,50 Euro erhalten. Für die Zeit als Arzt im Praktikum seien Kosten in Höhe von 4.324,08 Euro und für die Weiterbildung „Innere Medizin“ Kosten in Höhe von 13.362,43 Euro, insgesamt also 17.686,51 Euro, angefallen. Während das Studium und die Weiterbildung „Innere Medizin“ nicht im Sinne des § 46 Abs. 3 SG „abgedient“ seien, sei dies hinsichtlich der Fachausbildung „Rettungsmedizin“ der Fall. Daher seien die hierfür entstandenen Kosten nicht mehr zu erstatten. Unter Härtegesichtspunkten berücksichtige die Beklagte auch Abdienzeiten unterhalb der Zeitspanne des § 46 Abs. 3 SG. Nach Abschluss des Studiums sei der Kläger für insgesamt 1.447 Tage im Dienst gewesen. Hiervon entfielen jedoch 853 Tage auf die weiteren Fachausbildungen, so dass eine Abdienzeit von 594 Tagen verbleibe. Diese würden in einen Verzichtsanteil von 12,38 vom Hundert umgerechnet, so dass von dem gezahlten Ausbildungsgeld nur 103.625,98 Euro zurückgefordert würden; die Kosten der Weiterbildung „Innere Medizin“ seien hingegen voll zurückzuzahlen. Die Berechtigung, für die darüber hinaus gewährte Ratenzahlung Stundungszinsen zu fordern, ergebe sich unmittelbar aus § 49 Abs. 4 Satz 3 SG. Im Vergleich zum Kapitalmarkt bewege sich der festgesetzte Zinssatz von 4 vom Hundert auf niedrigem Niveau.
6Hiergegen legte der Kläger am 11. Oktober 2010 Widerspruch ein. Zur Begründung machte er geltend, der Rückforderungsbescheid sei „in Teilen“ rechtswidrig. So sei die Zeit als Assistenzarzt in vollem Umfang bei der Berechnung der Abdienquote zu berücksichtigen. Ferner dürften die Zeiten vom 23. Februar 1998 bis 15. März 1998 (Pflegepraktikum), vom 1. August 2001 bis 31. August 2001 (Famulatur) sowie der 10. und 11. Dezember 2002 (Personalgespräch) nicht berücksichtigt werden, weil er in diesen Zeiten kein Ausbildungsgeld sondern ganz normale Dienstvergütung erhalten habe. Auch die Umzugskostenvergütung für den Umzug nach L. sei von den zu erstattenden Kosten abzuziehen, weil dieser „Erstumzug“ in jedem Fall vom Dienstherrn hätte erstattet werden müssen. Die Kosten für die Tätigkeit in N. könnten ebenfalls nicht zurückgefordert werden, weil die dortige Ausbildung von der Ärztekammer Nordrhein nicht anerkannt worden sei und es sich daher nicht um eine Fachausbildung gehandelt habe.
7Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2013 – zugestellt am 24. Januar 2013 – reduzierte die Beklagte mit Blick auf bestimmte Zeiten, für die fälschlicherweise davon ausgegangen worden sei, der Kläger habe auch dort Ausbildungsgeld erhalten, den Rückforderungsbetrag auf 118.695,95 Euro; im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück.
8Am 8. Februar 2013 hat der Kläger Klage erhoben. Er hat geltend gemacht, der angefochtene Bescheid sei teilweise rechtswidrig, und hierzu im Wesentlichen die Gründe seines Widerspruchs wiederholt: Die Beklagte hätte seine volle Dienstzeit von 1.447 Tagen nach Abschluss des Medizinstudiums als Abdienzeit berücksichtigen müssen. Hieraus ergebe sich eine Abdienquote von 40,19 vom Hundert. Hier sei zu berücksichtigen, dass der Betrieb in einem Bundeswehrkrankenhaus ebenso wie in jedem zivilen Krankenhaus ohne Assistenzärzte nicht aufrechterhalten werden könne. Die Kosten des Umzugs nach L. könnten nicht zurückverlangt werden, weil dieser Umzug in jedem Fall hätte bezahlt werden müssen. Seine Tätigkeit in N. sei keine Fachausbildung gewesen, deshalb könnten auch die hierauf bezogenen Kosten nicht zurückgefordert werden.
9Der Kläger hat schriftsätzlich angekündigt zu beantragen, den angefochtenen Bescheid aufzuheben, soweit dieser einen Betrag von 68.949,73 Euro übersteigt, und festzustellen, „dass Stundungszinsen erst ab Bestandskraft des Leistungsbescheides erhoben werden dürfen“.
10In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger beantragt,
11den Leistungsbescheid der Beklagten vom 10. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2013 hinsichtlich der Ziffer 1 in Höhe von 52.362,76 Euro und hinsichtlich der Ziffer 3 insgesamt aufzuheben sowie die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
12Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie hat vorgetragen: Nach ihrer von der Rechtsprechung bestätigten Auffassung werde während einer Facharztausbildung ein zuvor absolviertes Medizinstudium nicht schon „abgedient“. Nur das entspreche auch der Gesetzessystematik. In die Fachausbildungskosten seien hier zu Recht auch die mittelbaren Kosten einbezogen worden. Die Berücksichtigung der Ausbildung in N. scheitere nicht an der vom Kläger vorgebrachten fehlenden Anerkennung durch die Ärztekammer Nordrhein. Das Verlangen von Stundungszinsen ggf. schon vor Bestandskraft des Bescheides stehe im Einklang mit der Rechtslage und namentlich auch mit § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
15Durch das angefochtene Urteil hat das Verwaltungsgericht Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides aufgehoben, die Klage im Übrigen abgewiesen und die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt.
16Sowohl der Kläger als auch die Beklagte haben die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung rechtzeitig eingelegt und begründet.
17Der Kläger wiederholt im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen und rügt nunmehr auch das von der Beklagten zugrunde gelegte, nicht lineare Berechnungsmodell zur Ermittlung der Abdienquote. Hinsichtlich der Stundungszinsen verweist der Kläger darauf, dass die Beklagte in einem gleichgelagerten Fall vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof selbst erklärt habe, „Verzugszinsen erst ab Rechtskraft zu fordern“. Im Sinne der Gleichbehandlung müsse sie sich auch im vorliegenden Verfahren daran halten.
18Der Kläger beantragt,
19das angefochtene Urteil zu ändern, den Leistungsbescheid der Beklagten vom 10. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2013 auch hinsichtlich der Ziffer 1 in Höhe von 52.362,76 Euro aufzuheben und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
20Die Beklagte beantragt,
21das angefochtene Urteil zu ändern, die Klage des Klägers auch hinsichtlich Ziffer 3 des Leistungsbescheides vom 10. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2013 abzuweisen und die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
22Die Beklagte vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen, wobei sie bezüglich der Stundungszinsen bekräftigt, dass deren Erhebung nach der ganz überwiegenden Rechtsprechung auch schon für die Zeit vor Bestandskraft des Leistungsbescheides für rechtmäßig gehalten werde. Der insoweit vom Verwaltungsgericht angenommene Verstoß gegen Art. 3 GG sei nicht nachvollziehbar. Die dort zugrunde gelegte Verwaltungspraxis bestehe in ihrem Geschäftsbereich nicht. Bei der vom Kläger erwähnten, vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof abgegebenen Erklärung des seinerzeitigen Sitzungsvertreters habe es sich um eine nicht abgestimmte Äußerung gehandelt, die in der Sache eine falsche Einzelfallentscheidung dargestellt habe.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (2 Hefte) Bezug genommen.
24E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
25Die Berufungen sowohl des Klägers als auch der Beklagten haben im tenorierten Umfang Erfolg.
261. Ziffer 1 des Leistungsbescheides der Beklagten vom 10. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2013 ist im angefochtenen Umfang rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Bescheid ist daher insoweit aufzuheben.
27Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass der Kläger gemäß § 49 Abs. 4 des Soldatengesetzes (SG) grundsätzlich zur Rückzahlung von Ausbildungskosten verpflichtet ist. Dies betrifft zum einen das ihm als Sanitätsoffiziersanwärter gewährte Ausbildungsgeld, zum anderen aber auch die Kosten der nach Studium und Approbation durchlaufenen Fach(arzt)ausbildung namentlich in Gestalt der klinischen Weiterbildung im Fach „Innere Medizin“ in L. und N. mitsamt Sekundärkosten wie u. a. Erstattung von Umzugskosten. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die diesbezüglichen Ausführungen in dem angegriffenen Urteil und macht sie sich zu eigen (§ 130b Satz 2 VwGO).
28Ebenfalls zutreffend hat das Verwaltungsgericht entschieden, dass die Härtefallregelung des § 49 Abs. 4 Satz 3 SG es nicht gebietet, von dem ermittelten Rückzahlungsbetrag insbesondere unter dem Gesichtspunkt der „Abdienquote“ noch weitere Beträge abzuziehen. Dies gilt namentlich für die Zeiten der klinischen Weiterbildung des Klägers am Bundeswehrzentralkrankenhaus L. und bei der Universität N. , die Teil seiner Facharztausbildung im Bereich der Inneren Medizin waren. Auch insoweit nimmt der Senat auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug (§ 130b Satz 2 VwGO). Zu ergänzen ist lediglich, dass auch das Bundesverwaltungsgericht mittlerweile entschieden hat, dass der Begriff der sich an das Studium oder die Fachausbildung anschließenden Dienstzeit auf diejenigen Zeiträume beschränkt ist, in denen der Berufs- bzw. Zeitsoldat die durch das Studium oder die Fachausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten dem Dienstherrn (Bundeswehr) uneingeschränkt zur Verfügung gestellt hat, ohne sich dadurch zugleich im Rahmen einer gesonderten Fachausbildung weiterbilden zu wollen oder zu sollen. Dies trifft u.a. auf die Tätigkeit eines Sanitätsoffiziers in einem Bundeswehrkrankenhaus, durch die ihm fachärztliche Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, nicht zu, mag er dabei auch den üblichen Dienst eines Klinikarztes verrichtet haben.
29BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2014 – 2 B 96.13 –, juris, Rn. 8, zu § 49 Abs. 4 i.V.m. § 46 Abs. 3 SG 1995.
30Soweit der Kläger als Truppenarzt außerhalb einer Facharztausbildung oder Weiterbildung (vom 1. August 2005 bis zum 31. Dezember 2006) oder im Ausland (vom 6. Januar 2008 bis zum 31. März 2008) eingesetzt war, sind diese Zeiten als Abdienzeit berücksichtigt worden (vgl. S. 9 des Leistungsbescheides und S. 4 oben des Widerspruchsbescheides).
31Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass das von der Beklagten in Anwendung der sog. Bemessungsgrundsätze der Berechnung der Abdienzeit zugrunde gelegte Modell (ansteigender Multiplikator mit einem Faktor von 0,75 für das erste, 1,05 für das zweite und 1,20 für das letzte Drittel der Stehzeit) bezogen auf die Humanmediziner „willkürlich“ wäre und deshalb die Grenzen des in dem hier interessierenden Zusammenhang bestehenden, grundsätzlich weiten Ermessens überschreitet.
32A.A. Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 6. März 2014 – 12 A 130/13 –, juris, Rn. 29 ff.; nachgehend: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 2 LA 29/14 –, in dem der Zulassungsantrag der Beklagten aus Gründen unzureichender Darlegung abgelehnt wurde,
33Denn zum einen erscheint der dieser Verwaltungspraxis anhaftende Grundgedanke, dass der Zeit- bzw. Berufssoldat in der ersten Zeit nach dem Ende seiner Ausbildung unter den Gesichtspunkten u. a. der Berufspraxis und Berufserfahrung noch nicht den gleichen Nutzen für seinen Dienstherrn hat wie ein schon voll in seinem erlernten Beruf stehender Soldat nicht nur (z. B.) für einen Piloten, sondern auch bezogen auf einen Humanmediziner mit ggf. bereits abgeschlossener Facharztausbildung nicht von vornherein als sach- und ermessenswidrig. Zum anderen kommt hinzu, dass der in Rede stehende niedrige Berechnungsfaktor zu Beginn der Abdienzeit auch dazu dient, ein vor- und insbesondere frühzeitiges Ausscheiden aus dem Soldatenverhältnis finanziell unattraktiv zu gestalten, um die durch das unplanmäßige Ausscheiden u.a. von Bundeswehrärzten hervorgerufenen Verwerfungen im Personalkörper möglichst gering zu halten. Hierzu hat die Vertreterin der Beklagten im Termin vor dem Senat nachvollziehbar dargelegt, dass Soldaten zum Zwecke des Medizinstudiums nach dem Personalbedarf der Bundeswehr und nicht darüber hinaus freigestellt werden und die anschließende mehrjährige Dienstzeit fest in die Personalbedarfsplanung einberechnet wird.
34Gleichwohl erweist sich Ziffer 1 des Leistungsbescheides aus einem anderen Grund als rechtswidrig. Die Beklagte hat nämlich nicht alle zur Vermeidung einer besonderen Härte im Sinne von § 49 Abs. 4 Satz 3 SG – die dortige Regelung entspricht der für Zeitsoldaten geltenden Härteklausel des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG – in Betracht kommenden Gesichtspunkte in den Blick genommen und geregelt. Sie hat zwar in Anbetracht der wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers den Rückzahlungsbetrag unter Festsetzung monatlicher Raten in Höhe von 690,00 Euro gestundet. Dabei hat sie aber nicht, wie es erforderlich gewesen wäre, einen Endzeitpunkt für die Ratenzahlung bestimmt, der es dem Kläger unabhängig von dem bis dahin zurückgezahlten Betrag ermöglicht, für einen ins Gewicht fallenden Teilseines Berufslebens nicht mit der Rückzahlung von Ausbildungskosten belastet zu sein. Hierzu hat der Senat in seinem Urteil vom 20. April 2015 – 1 A 1242/12 –, juris, Rn. 106 ff. (dort die Parallelvorschrift des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG betreffend), Folgendes ausgeführt:
35„Bei dem Kläger liegt allerdings eine ‚besondere Härte‘ im Sinne des § 46 Abs. 4 Satz 3 SG (Anm.: gemeint ist § 56 Abs. 4 Satz 3 SG) unter dem wirtschaftlichen Gesichtspunkt des möglichen Eintritts einer zu vermeidenden Existenzgefährdung vor. Dieser Gesichtspunkt wurde in den Regelungen des angegriffenen Leistungsbescheides der Beklagten nicht (ausreichend) berücksichtigt.
36Die Erstattung von Ausbildungskosten wie hier dem Ausbildungsgeld darf den früheren Soldaten in Anwendung der Härteklausel nicht in einer Weise belasten, dass er in die Gefahr einer existenzgefährdenden wirtschaftlichen Notlage gerät.
37Vgl. dazu allgemein etwa BVerfG, Beschluss vom 22. Januar 1975 – 2 BvL 51/71 –, BVerfGE 39, 128 = juris, Rn. 49; BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, BVerwGE 52, 84 = juris, Rn. 54; OVG NRW, 26. Juni 1975– 1 A 927/74 –, DÖV 1975, 792 = juris (LS 2); VG Gießen, Urteil vom 26. Oktober 2005 – 8 E 2875/04 –, Rpfleger 2006, 90 = juris, Rn. 20; Sohm, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. 2010, § 56 Rn. 23.
38Dabei muss u.a. eine dauerhafte wirtschaftliche Knebelung, wie sie insbesondere bei einer sehr hohen Erstattungspflicht und einem (bei eingeräumter Ratenzahlung) entsprechend sehr langen Erstattungszeitraum eintreten kann, unterbleiben. In diesem Zusammenhang hat das Bundesverwaltungsgericht die Auffassung vertreten, dass sich dann, wenn die Beklagte – wie etwa auch in dem vorliegenden Leistungsbescheid – Ratenzahlungen gewährt, die Zahlungspflicht grundsätzlich nicht während des gesamten weiteren Berufslebens des Soldaten andauern darf, sondern zeitlich begrenzt sein muss.
39Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 – 2 C 18.05 –, Schütz/Maiwald, BeamtR, ES/A II 1 Nr. 11 = juris, Rn. 24; dem grundsätzlich folgend u.a. VG Gelsenkirchen, Urteile vom 8. September 2014 – 1 K 623/13 –, juris, Rn. 38, und vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 47; VG Düsseldorf, Urteil vom 30. Dezember 2013 – 10 K 5420/13 –, juris, Rn. 32; a.A. VG Gießen, Urteil vom 5. November 2012 – 5 K 785/11.GI –, juris, Rn. 38, VG Schleswig, Urteil vom 6. März 2014 – 12 A 153/13 –, juris, Rn. 41, und wohl auch Sohm, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Aufl. 2010, § 56 Rn. 23.
40Die betreffende Formulierung in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist systematisch eingebettet in Ausführungen zu der Frage, ob der in Anwendung der Härteklausel zu erstattende Betrag „von einem bestimmten ehemaligen Zeitsoldaten“ verlangt werden dürfe, was von seiner individuellen Vermögenslage abhänge. Das verdeutlicht, dass es an dieser Stelle um generelle Erwägungen zur Frage der (individuellen) wirtschaftlichen Zumutbarkeit geht und damit nicht um einen etwaigen weiteren „Bonus“ im Rahmen der Anwendung der Härteklausel speziell auf die Gruppe der anerkannten Kriegsdienstverweigerer. Insofern hat es in diesem Punkt auch keine Bedeutung, dass die Entscheidung einen Fall betroffen hat, in dem es um die Erstattung der Ausbildungskosten eines Kriegsdienstverweigerers ging. Allein ein solches Verständnis der betreffenden Urteilspassage ergibt im Übrigen auch Sinn, weil es der Sache nach – wie schon ausgeführt – um eine Konkretisierung des im Rahmen der Härteklausel für alle betroffenen früheren Soldaten geltenden Gesichtspunktes gegangen ist, dass diese durch die Erstattung und die Modalitäten ihrer Abwicklung nicht in existentielle wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sollen.
41Soweit es Gegenstimmen zu einer gebotenen zeitlichen Begrenzung des Erstattungszeitraums gibt (VG Gießen, VG Schleswig, jeweils a.a.O.), setzen diese dabei an, dass grundsätzlich die Pflicht bestehe, den Erstattungsbetrag in einer Summe zu zahlen. Würden den Soldaten Ratenzahlungen eingeräumt, bleibe es ihnen unbenommen, die hierdurch bewirkte Zahlungsdauer im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten durch höhere Ratenzahlungen zu verkürzen. Diese Argumentation überzeugt schon deswegen nicht, weil sie die angesprochene Verkürzungsmöglichkeit offenbar als regelmäßig gegeben unterstellt. Diese hängt aber entscheidend von den wirtschaftlichen Verhältnissen im jeweiligen Einzelfall ab. Ferner wird wohl nicht hinreichend bedacht, dass die Pflicht zur Zahlung in einer Summe angesichts der Höhe der zumeist in Rede stehenden Beträge gerade wegen der bestehenden Härteklausel in der Praxis kaum zum Tragen kommen dürfte. Die ggf. bestehende Härte in Anwendung des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG auszugleichen, bleibt dabei Aufgabe der Beklagten, kann also nicht, jedenfalls nicht vollständig, einem Handeln der betroffenen ehemaligen Soldaten (auch im Rahmen von deren finanziellen Möglichkeiten) überlassen bleiben.
42Die danach erforderliche zeitliche Begrenzung des Erstattungszeitraums (Zeitraums der Ratenzahlungspflicht) in Richtung auf nur einen Teilzeitraum des gesamten Berufslebens muss auch bereits in dem Leistungsbescheid (Ausgangsbescheid) selbst erfolgen; dort sind die hierzu notwendigen Regelungen zu treffen. Das ist keine Besonderheit, sondern entspricht auch im Übrigen der Anwendung der Härteklausel des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG. Diese unterscheidet sich insoweit im Kern nicht von der Billigkeitsentscheidung bei der Rückforderung zuviel gezahlter Bezügen (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG). Dazu ist anerkannt, dass die Billigkeitsentscheidung nicht lediglich die Vollziehung oder Vollstreckung des Rückforderungsbescheides, sondern den materiellen Bestand des (insofern modifizierten) Rückforderungsanspruchs betrifft. Ein Rückforderungsbescheid darf deshalb nicht ergehen, ohne dass bzw. bevor eine Billigkeitsentscheidung getroffen wurde.
43Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 26. April 2012– 2 C 4.11 –, Schütz/Maiwald, BeamtR, ES/C V 5 Nr. 84 = juris, Rn. 23, m.w.N.; sinngemäß entsprechend zur Härteklausel des Soldatengesetzes wohl auch BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 – VI C 135.74 –, BVerwGE 52, 84 = ZBR 1977, 287 = juris, Rn. 56, unter Abgrenzung der Anwendung der Härteklausel von lediglich haushaltsrechtlichen Zahlungserleichterungen.
44Ob das gleiche Ergebnis in Fällen der vorliegenden Art auch unmittelbar aus dem Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes und aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn hergeleitet werden kann,
45vgl. etwa VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. September 2014 – 1 K 623/13 –, juris, Rn. 38 am Ende,
46braucht hier nicht entschieden zu werden.
47Der Anforderung der zeitlichen Begrenzung des Erstattungszeitraums kann die Beklagte regelmäßig in der Weise ermessensgerecht entsprechen, dass sie die Verpflichtung zur Zahlung von Tilgungsraten auf einen Zeitraum von zwei Dritteln der Zeit von der Entlassung aus dem Zeitsoldatenverhältnis bis zum Eintritt in das Rentenalter (§ 35 SGB VI) begrenzt. Denn hierdurch ist auch unter Berücksichtigung etwa zusätzlich zu zahlender Stundungszinsen in aller Regel ausreichend gewährleistet, dass unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu der Anwendung der Härteklausel die Zahlungspflicht nicht während des gesamten (weiteren) Berufslebens andauert, sondern deutlich vor dem 67. Lebensjahr endet.
48Vgl. in diesem Sinne auch VG Gelsenkirchen, Urteile vom 8. September 2014 – 1 K 623/13 –, juris, Rn. 40, und vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 49.
49Das bedeutet allerdings nicht zwangsläufig, dass der im Leistungsbescheid festgesetzte Erstattungsbetrag am Ende nicht vollständig getilgt werden muss. Das gilt selbst dann, wenn ausgehend von der im Bescheid bestimmten Höhe der Rate eine vollständige Tilgung bis zu dem betreffenden Zeitpunkt rechnerisch nicht möglich ist. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang nämlich, dass der streitige Leistungsbescheid (wie auch in ähnlichen Fällen) unter Ziffer 4 eine (Neben-)Regelung enthält, derzufolge eine jährliche Überprüfung der Ratenhöhe anhand der Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse des früheren Soldaten zu erfolgen hat. Das kann es ermöglichen, die Raten vorübergehend oder ggf. auch dauerhaft höher festzusetzen. In einem solchen Fall kann ggf. erreicht werden, dass der gesamte Erstattungsbetrag schon vor Ablauf des vorgenannten Zweidrittelzeitraums getilgt ist. Es ist mit anderen Worten Aufgabe der Beklagten, diese begleitende Kontrolle auch tatsächlich effektiv wahrzunehmen.
50Wegen dieser möglichen Veränderungen der Tilgungshöhe, welche ggf. auch in Richtung auf eine wirtschaftlich gebotene Verringerung der Ratenhöhe gehen können, ist es aus Sicht des Senats sogar erforderlich, die Zeitdauer der Zahlungspflicht in dem Leistungsbescheid nicht nur dann begrenzend zu regeln, wenn ausgehend von der Höhe der dort festgesetzten Raten eine Tilgung innerhalb des Zweidrittelzeitraums nicht gelingen kann. Vielmehr ist solches auch dann geboten, wenn ausgehend von jenen u.U. recht hohen Raten eine rechtzeitige Tilgung gelingen könnte.
51Anders im Ergebnis VG Gelsenkirchen, Urteil vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 53.
52Denn ob es dann auch wirklich gelingen wird, ist angesichts der künftigen Veränderbarkeit der Höhe der Rate im Zeitpunkt des Ergehens des Leistungsbescheides keineswegs sicher. Gerade mit Blick darauf bedarf es aber schon in diesem Bescheid einer begrenzenden Regelung genereller Natur, die etwa an das Erreichen eines bestimmten Lebens- oder Kalenderjahres (bzw. Datums) anknüpft. Die Gegenauffassung des VG Gelsenkirchen, wonach es in jenen Fällen ausreichen soll, dass mit Blick auf eine mögliche Absenkung der Rate erst in dem diesbezüglichen Änderungsbescheid die zeitliche Begrenzung erforderlichenfalls geregelt wird,
53vgl. Urteil vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 53,
54erscheint inkonsequent zu der auch dort eingenommenen Grundposition, dass über das Vorliegen einer besonderen Härte bereits im Ausgangsbescheid entschieden werden muss.
55Ist die für die Erstattung in zeitlicher Hinsicht bestehende Grenze erreicht, ohne dass der Gesamtbetrag getilgt werden konnte, dürfte die Beklagte im Übrigen verpflichtet sein, die Restsumme zu erlassen. Denn die Stundung unberührt zu lassen und weiterhin Stundungszinsen zu fordern, würde (in Abhängigkeit von der Zinshöhe einerseits und der Höhe des noch nicht getilgten Betrages andererseits) die wirtschaftliche Belastung jedenfalls zum Teil fortbestehen lassen und damit zu einer Belastung bis zum Ende der Berufstätigkeit oder sogar noch darüber hinaus führen.“
56Vorstehendes gilt hier gleichermaßen und ungeachtet des Umstandes, dass der Kläger nur einen Teil des Leistungsbescheides zur gerichtlichen Überprüfung gestellt hat. Denn die an einen Leistungsbescheid zu stellenden Anforderungen hängen nicht davon ab, in welchem Umfang dieser nach seinem Erlass angefochten wird.
572. Zu Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides gilt Folgendes:
58Der in erster Instanz in der mündlichen Verhandlung gestellte Klageantrag, den Leistungsbescheid vom 10. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2013 hinsichtlich Ziffer 3 „insgesamt“ aufzuheben, bedarf der Auslegung. Soweit es um die Ziffer 3 des Bescheides geht, hat der Kläger Klage erhoben mit dem schriftsätzlichen Antrag festzustellen, „dass Stundungszinsen erst ab Bestandskraft des Leistungsbescheides gefordert werden dürfen.“ Aus der beigefügten Klagebegründung ergibt sich jedenfalls nichts Abweichendes; dort wird die Zinsfrage nicht ausdrücklich behandelt. Weiter hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung erster Instanz auf ein vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof anhängig gewesenes Berufungsverfahren (6 BV 12.19) verwiesen, in welchem der Beklagtenvertreter den Leistungsbescheid über die Rückforderung von Ausbildungskosten dahin abänderte, dass Stundungszinsen erst ab dessen Bestandskraft erhoben wurden. Insbesondere auch daraus ergibt sich mit der erforderlichen Klarheit, dass sich der Kläger gegen die Erhebung von Stundungszinsen nur für die Zeit bis zum Eintritt der Bestandskraft des angefochtenen Bescheides wendet. Soweit der Kläger Ziffer 1 des Leistungsbescheides angefochten hat, bezieht sich sein Klagebegehren selbstverständlich in diesem Umfang auch auf Ziffer 3 des Bescheides. Soweit er den Leistungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides in Höhe von 66.333,19 Euro im Klageverfahren nicht mehr angefochten hat, begehrt er, für diesen durch den Widerspruchsbescheid rückwirkend in geringem Umfang zu seinen Gunsten (rückwirkend) abgeänderten Betrag keine Stundungszinsen zahlen zu müssen, und zwar ausgehend von dem im Bescheid festgesetzten Datum 25. Oktober 2010 bis zum Eintritt der Bestandskraft. In diesem Sinne, also bezogen auf den in der Hauptsache nicht angefochtenen Teil des Leistungsbescheides für die Zeit vor Eintritt der Bestandskraft, ist das in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht verwendete Wort „insgesamt“ zu verstehen. Dies hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt.
59Soweit der Kläger Ziffer 1 des Leistungsbescheides erfolgreich angefochten hat, folgt daraus notwendig, dass für diesen Betrag auch keine Stundungszinsen zu entrichten sind und Ziffer 3 des Leistungsbescheides auch insoweit rechtswidrig ist.
60Soweit der Kläger Ziffer 1 des Leistungsbescheides jedoch im Klageverfahren nicht (mehr) angefochten hat, ist der Bescheid bestandskräftig geworden. Die Bestandskraft eines Verwaltungsakts schließt es aus, die Frage seiner Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit bei der rechtlichen Überprüfung von an diesen Bescheid anknüpfenden Regelungen (erneut) aufzuwerfen und das Ergebnis bei dieser Prüfung zu berücksichtigen. Demzufolge schlägt es auf die Regelung, dass Stundungszinsen für diesen Teil der Hauptforderung auch schon vor Eintritt der Bestandskraft zu entrichten sind, nicht durch, dass Ziffer 1 des Leistungsbescheides aus den unter 1. genannten Gründen insgesamt rechtswidrig ist und aufzuheben gewesen wäre.
61Die Festsetzung von Stundungszinsen ab dem 25. Oktober 2010 bis zum Eintritt der Bestandskraft leidet auch nicht an eigenständigen Rechtsfehlern. Dass die Beklagte überhaupt berechtigt ist, bei Vorliegen einer besonderen Härte im Sinne von § 49 Abs. 4 Satz 3 SG eine Stundung zu gewähren und Stundungszinsen zu erheben, und dass auch die aufschiebende Wirkung von Widerspruch (und ggf. nachfolgender Klage) die Festsetzung von Stundungszinsen vor Eintritt der Bestandskraft des Verwaltungsakts nicht hindern, hat das Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt; hierauf nimmt der Senat Bezug (§ 130b Satz 2 VwGO).
62Die Anordnung von Stundungszinsen für die Zeit vor Eintritt der Bestandskraft ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung darauf abgestellt, dass die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs bewirke, dass der frühere Soldat während deren Dauer keine Zahlung leisten müsse, der Geldbetrag also der Beklagten während der Dauer des Rechtsbehelfsverfahrens nicht zur Verfügung stehe. Ausgehend hiervon sei eine unterschiedliche Regelung der Verzinsung bis zur Bestandskraft nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Denn ein sachlicher Grund dafür, dass der Anfall von Zinsen während des gerichtlichen Verfahrens davon abhänge, ob sich der Soldat bei Bestandskraft des Leistungsbescheides für die Inanspruchnahme der Ratenzahlung oder die sofortige Rückzahlung des gesamten Betrages entscheide, sei nicht ersichtlich. Dies gelte umso mehr, als eine Rechtsgrundlage für eine Zinsforderung bis zur Bestandskraft für den Fall, dass der Soldat die Forderung mit Bestandskraft in einer Summe zahle, im Soldatengesetz nicht gegeben sei.
63Diesen Erwägungen folgt der Senat nicht: Erweist sich der Bescheid im Rechtsbehelfsverfahren (ganz oder teilweise) als rechtmäßig und wird bestandskräftig, so entfällt die aufschiebende Wirkung mit Wirkung ex tunc.
64Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. September 1962 – 6 B 10.62 –, DÖV 1962, 795 = juris; OVG NRW, Beschluss vom 20. April 2011 – 12 A 2546/10 –, juris, Rn. 7; Gersdorf, in: Posser/ Wolff, VwGO, 2. Aufl. 2014, § 80 Rn. 39; Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl 2014, § 80 Rn. 41 ff.
65Der frühere Soldat ist dann (rückwirkend) von dem im Leistungsbescheid ausdrücklich oder sinngemäß festgesetzten Zeitpunkt an zur Zahlung verpflichtet, und ab diesem Zeitpunkt greift die ihm ggf. eingeräumte Stundung. Ob dem früheren Soldaten als Bestandteil des Leistungsbescheides eine Stundung gewährt wird, beurteilt sich – eine etwaige spätere (hier nicht erfolgte) Anpassung des Bescheides bei Änderung der Verhältnisse dabei außer Betracht gelassen – zunächst maßgeblich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, hier des Erlasses des Widerspruchsbescheides. War bezogen auf diesen Zeitpunkt die regelmäßig auf den Angaben des früheren Soldaten zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen, die er im Rahmen des Rückforderungsverfahrens gegenüber der Beklagten gemacht hat, beruhende Stundung des Rückzahlungsbetrags unter Anordnung von Ratenzahlungen und Stundungszinsen rechtlich nicht zu beanstanden, so hat es hiermit auch für die vom Verwaltungsgericht angestellte Vergleichsbetrachtung sein Bewenden. Die Rechtmäßigkeit des Bescheides wird namentlich nicht dadurch berührt, dass sich der frühere Soldat möglicherweise nach Bestandskraft des Leistungsbescheides zur Rückzahlung der Hauptforderung in einer Summe entschließt und von der eingeräumten Stundung insoweit keinen (weiteren) Gebrauch mehr macht. Nichts anderes gilt unter der Annahme, die Stundung und Festsetzung der Stundungszinsen enthalte Elemente eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung, dessen Rechtmäßigkeit sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung richtet, in dem aber auch noch keine vollständige Rückzahlung erfolgt ist. Abgesehen davon dürfte es sich bei dem vom Verwaltungsgericht angenommenen Vergleichsfall angesichts der regelmäßig hohen Rückzahlungsbeträge um einen eher theoretischen Fall handeln, der auch aus diesem Grunde nicht geeignet erscheint, einen Gleichheitsverstoß aufzuzeigen. Verhält es sich (ausnahmsweise) so, dass auf Grund der günstigen wirtschaftlichen Verhältnisse des früheren Soldaten eine Stundung rechtmäßig unterbleibt, handelt es sich von vornherein um eine gegenüber dem (regelmäßigen) Stundungsfall andere Fallgestaltung, deren unterschiedliche Regelung ebenfalls keinen Gleichheitsverstoß bewirkt. Ein Gleichheitsverstoß ist auch nicht in Anbetracht der vom Kläger angeführten Erklärung der Beklagten vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof festzustellen. Hierzu hat die Beklagte ausgeführt, dass es sich um eine nicht abgestimmte Erklärung ihres damaligen Sitzungsvertreters gehandelt habe. Danach besteht also keine in diese Richtung gehende Verwaltungspraxis der Beklagten, die nach dem Gleichbehandlungsgebot auch vorliegend eine entsprechende Einschränkung des Zinsverlangens erfordern würde. Die Angaben der Beklagten sind im Übrigen gut nachvollziehbar, weil dem Senat aus einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle bekannt ist, dass die Beklagte Stundungszinsen regelmäßig auch schon für die Zeit vor Eintritt der Bestandskraft festsetzt.
66Schließlich begegnet auch die mit vier vom Hundert festgesetzte Höhe der Stundungszinsen – so diese Frage vor dem Hintergrund der obigen Auslegung des Klageantrags in Richtung auf das Wort „insgesamt“ überhaupt Bestandteil des Streitgegenstandes sein sollte – keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. In der Rechtsprechung wird allerdings teilweise die Auffassung vertreten, die Beklagte übe ihr Ermessen hinsichtlich der Zinshöhe nur dann beanstandungsfrei aus, wenn sie die Zinsen derzeit nicht höher als eineinhalb vom Hundert festsetze. Zur Begründung wird auf die derzeitigen niedrigen Zinsen für grundpfandlich gesicherte Baufinanzierungskredite oder die ebenfalls augenblicklich außerordentlich günstigen Refinanzierungsmöglichkeiten der Beklagten auf dem Kapitalmarkt verwiesen.
67Vgl. in diesem Zusammenhang etwa VG Gelsenkirchen, Urteile vom 8. September 2014 – 1 K 623/13 –, juris, Rn. 43 ff., und vom 17. Dezember 2014 – 1 K 6101/12 –, juris, Rn. 62 f.; VG Münster, Urteil vom 21. August 2014 – 5 K 2265/12 –, juris, Rn. 97.
68Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 20. April 2015 – 1 A 1242/12 –, juris, Rn. 128 ff., Zweifel an diesen Ansätzen bekundet. Die Konditionen für Baufinanzierungskredite geben keinen geeigneten Anhalt für eine noch ermessensgerechte Festlegung der Zinshöhe, da es sich bei der Stundung der Rückzahlung von Ausbildungskosten nicht um einen derartigen Kredit handelt, und zwar weder der Sache nach, noch im Hinblick auf seine Besicherung, die für Grundpfanddarlehen ein wesentlicher Bemessungsfaktor der Zinshöhe ist. Da vorliegend die Stundung nicht in entsprechender Weise abgesichert ist, dürfte es (wenn überhaupt) eher naheliegend sein, die marktüblichen Konditionen unbesicherter (Konsumenten-) Darlehen vergleichend heranzuziehen. Ein Abstellen allein auf die Refinanzierungskosten der Beklagten auf dem Kapitalmarkt lässt außer Acht, dass der Rückzahlungsverpflichtung auch ein gewisser Sanktionscharakter innewohnt.
69Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2014 – 2 B 96.13 –, juris, Rn. 7 f.
70Aber auch unabhängig davon erscheint eine Zinshöhe bezogen auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides nicht ermessensfehlerhaft, die sich an einem seit vielen Jahren unbeanstandeten Wert orientiert, der im Übrigen einem Niveau entspricht, das selbst in der aktuellen Niedrigzinsphase durchaus z. B. bei den schon angesprochenen Konsumentenkrediten oder dem Studienkredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (derzeit 3,91 vom Hundert effektiver Jahreszins variabel bei einem garantierten Höchstzins von 9,25 vom Hundert; vgl. https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/Privatpersonen/Studieren-Qualifizieren/Direkt-zum-KfW-Studienkredit/#2) üblich ist.
71Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1, 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO.
72Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
73Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.