Verwaltungsgericht Köln Urteil, 23. Apr. 2015 - 20 K 3184/14
Tenor
Der Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 15.5.2014 verpflichtet,
1) in der Kriminalakte des Klägers
die Merkblätter vom 18.3.1997, 6.4.1999, 10.5.2001, 24.9.2001, 3.4.2003, 1.2.2005 und 28.6.2007
sowie die erkennungsdienstlichen Unterlagen vom 25.3.1999 und 3.9.2002
zu vernichten und
2) in POLAS NRW und in INPOL folgende Daten zu löschen bzw. ihre Löschung zu veranlassen:
- die zwei E-Gruppen (erkennungsdienstliche Behandlungen vom 3.9.2002 und 25.3.1999),
- die D-Gruppe (Fingerabdruck, nur in INPOL)
- die W-Gruppe (Personenhinweis Sexualtäter).
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 1/3 und der Beklagte zu 2/3.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 24.11.1967 geborene Kläger begehrt die Löschung bzw. die Vernichtung von in polizeilichen Dateien bzw. polizeilichen (Papier-) Akten über ihn gespeicherten personenbezogenen Daten.
3Der Kläger beantragte zunächst unter dem 27.03.2012 beim Polizeipräsidium Köln (PP Köln) Auskunft, welche Informationen über ihn gespeichert seien, und nochmals unter dem 03.04.2012 beim Beklagten. Nachdem sich der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit NRW (LDI NRW) eingeschaltet hatte, teilte der Beklagte diesem mit, dass bezüglich des Klägers in POLAS Name, Vorname, Geburtsdatum/-ort, Geschlecht und Nationalität, das Vorhalten einer kriminalpolizeilichen Sammlung i. V. m. mit den Eckdaten über zwei erkennungsdienstliche Behandlungen beim PP Köln sowie ein personengebundener Hinweis gespeichert seien. Der LDI NRW leitete diese Information an den Kläger weiter.
4Mit E-Mail vom 25.07.2012 teilte der Kläger dem LDI NRW mit, er habe aus einer Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft (StA) Köln davon Kenntnis erhalten, dass der Beklagte von 1996 bis 2007 insgesamt sieben Merkblätter über ihn erstellt habe. Die dortigen Angaben seien größtenteils falsch, was auch der Polizei und der Staatsanwaltschaft bereits mitgeteilt worden sei. Die über 16jährige Datenspeicherung sei rechtswidrig, da die angegebenen Vorfälle alle nach § 170 StPO von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden seien. Die erkennungsdienstliche Behandlung einschließlich DNA-Test sei unfreiwillig und ohne richterlichen Beschluss vom PP Köln durchgeführt worden. Er beantrage die sofortige Löschung aller Daten einschließlich der sieben Merkblätter, hilfsweise die sofortige Sperrung bis zur gerichtlichen Klärung. Als Anlagen fügte er ein Fax bei, in dem der PP Köln den Beklagten um Durchführung einer Gefährderan-
5sprache bittet. Dort heißt es, der Mitteiler D. habe die Polizei am 23.10.2011 auf den Kläger aufmerksam gemacht, der wie bereits vor 10 Jahren immer noch oder immer wieder mit augenscheinlich wesentlichen Jüngeren bzw. Kindern Fußball spiele. Laut Kriminalaktenauskunft der Polizei C. H. sei der Kläger einschlägig kriminalpolizeilich in Erscheinung getreten:
6Merkblätter:
7Durchsuchung Sommer 1996, Verbreiten von Kinderpornographie durch Berliner Kripo (C1. zeigte Interesse an Videos mit männlichen Darstellern ab 12 Jahre – lediglich Erwerb legaler Pornos -).
8Dezember 1998 – Verdacht sexuellen Missbrauchs in L. -N. -
92 Kinder unsittlich oberhalb der Kleidung berührt zu haben. Er nahm damals häufiger Kinder und Jugendliche mit und fuhr mit denen spazieren. –
10März 2001 – Verschicken von Kinderpornographie (Kipo aufgefunden - Verfahren eingestellt).
11August 2001 –Sexueller Missbrauch von Kindern in L. , L1.----------weg , lädt
12Kinder ein um Party zu feiern. Dort 11jährigen Jungen Pornofilm gezeigt.
131998 Sexueller Missbrauch von Kind – Kinder beim Autofahren auf Schoß genommen, sie lenken lassen und an seinem Genitalbereich gefasst (Verfahren eingestellt).
142005 Vorbereitung zu sexuellem Missbrauch z.Nt. von Kindern aus derUmgebung. C1. spielt mit männlichen Kindern auf einer Sportanlage/ Bolzplatz...L. -I. - spielt mit denen Fußball und lädt sie zum Mitfahren ein. Geschädigte Kinder sind nicht bekannt.
152007 in L. I. , E.------weg /U.----weg : C1. fasste einem 12jährigen Jungen beim Fußballspielen mehrfach am Po an.
16Vorstrafen
17wegen Besitz und Verbreiten von Kinderpornografie am 06.03.2003 zu 70 TS a 30 Euro.
18Wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern i. Tateinheit mit Verbreiten von pornographischen Schriften zu 90 TS a 35 Euro.
19Als weitere Anlage war beigefügt ein Schreiben seines damaligen Prozessbevollmächtigten an die StA Köln vom 05.09.2006. Darin heißt es, gegen den Kläger seien in der Vergangenheit insgesamt sieben Ermittlungsverfahren aus dem Bereich der Sexualdelikte gerichtet gewesen. Fünf Verfahren seien gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden, in zwei Verfahren sei es zu einer Verurteilung gekommen. Das Schreiben solle die Ermittlungsbehörden sensibilisieren. Der Kläger sei aufgrund von fragwürdigen Gefährderansprachen zunehmend Anfeindungen aus der Nachbarschaft ausgesetzt und müsse Übergriffe befürchten. Eine sachliche Grundlage für die geführten Ermittlungsverfahren sei nicht gegeben.
20Das Ermittlungsverfahren aufgrund der Strafanzeige vom 24.11.2002 sei gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Offensichtlich hätten sich die Anzeigenerstatter Giuffrida und Murawski durch ihre Behauptung, der Kläger missbrauche Kinder, dafür rächen wollen, dass dieser sie wegen Sachbeschädigung an seinem KfZ angezeigt hatte. Sie seien später zivilrechtlich dazu verurteilt worden, Schadenersatz an den Kläger zu leisten.
21Aufgrund einer Strafanzeige vom 02.02.2005 (StA Köln , 161 Js 291/05) sei wegen des Verdachts sexueller Handlungen gegen den Kläger ermittelt worden. Der Anzeigener- statter habe seine Anzeige ganz offensichtlich auf Vermutungen und Erwartungen gestützt, die jeder sachlichen Grundlage entbehrt hätten. Der ermittelnde Polizeibeamte habe gegenüber dem Anzeigenerstatter gebeten, alle betroffenen Kinder und deren Eltern vorab schon zu sensibilisieren um einen weiteren Kontakt zu dieser verdächtigen Person zu vereiteln. Dies komme einer Vorverurteilung gleich und beschädige das Ansehen des Klägers in erheblichem Maße. Die Aussage des N1. U1. sei völlig frei erfunden. Dieser sei weder in der Wohnung des Klägers noch hier in dessen Kfz gewesen. Aus der Zeugenaussage gehe hervor, dass von einem „Aufdrängen“ oder einem „Immer wieder Ansprechen auf dem Sportplatz“ keine Rede sein könne. Die Jugendlichen kennten den Kläger dort seit etwa einem Jahr vom Sehen, ohne dass sie von diesem angesprochen worden seien. Tatsächlich spiele der Kläger dort seit 15 Jahren Fußball, sowohl mit jüngeren als auch mit älteren Personen.
22Der Kläger habe auch keine Kinder auf der Straße angesprochen und auch keine Kinder in seinem PKW herumgefahren und mit in seine Wohnung genommen. Er habe noch nie Kinder unsittlich berührt oder Kinder in Thailand sexuell missbraucht. Desgleichen habe er keine selbstgedrehten Videos gezeigt. Ein entsprechendes Ermittlungsverfahren sei eingestellt worden, weil kein strafrechtlich relevantes Verhalten vorgelegen habe.
23Zwar sei der Kläger zweimal strafrechtlich verurteilt worden. Jedoch sei es angebracht, sich mit dem Inhalt der Urteile auseinander zu setzen. Laut Urteil vom 06.11.2013 – 642 Ls 569/01 – habe der Kläger mit drei Jungen, die ihn darauf angesprochen hätten, dass sie gerne mal einen Pornofilm sehen würden, einen Besuch am nächsten Tage zwecks Anschauens eines solchen Filmes vereinbart. Die drei Jungen hätten dann eine kurze Zeit lang gemeinsam mit dem Kläger den Film angesehen, in dem Geschlechtsverkehr zwischen Erwachsenen gezeigt worden sei, dann aber die Wohnung wieder verlassen. Damit habe sich der Kläger des sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit Verbreitung pornografischer Schriften schuldig gemacht. Bei der Strafzumessung sei berücksichtigt worden, dass die Initiative nicht vom Kläger ausgegangen sei, er sie nicht dazu gebracht habe, den Film bis zu Ende anzuschauen, er nicht mit ihnen über den Film geredet und erst Recht keine sexuellen Handlungen und Praktiken vor den Kindern oder mit diesen ausgeübt habe. Bei weiteren Ermittlungen gegen den Kläger müsse daher berücksichtigt werden, dass dieser nicht als pädophiler Kinderschänder verurteilt worden sei.
24Der Löschungsantrag des Klägers wurde vom LDI NRW an den Beklagten weiter geleitet. Mit Schreiben vom 09.10.2012 wiederholte der damalige Bevollmächtigte des Klägers den Antrag auf Löschung der personenbezogenen Daten. Ein Löschungsanspruch ergebe sich daraus, dass fünf der insgesamt sieben Ermittlungsverfahren eingestellt worden seien. Laut polizeilichem Merkblatt solle der Kläger im Jahre 1998 Kinder während des Autofahrens auf den Schoß gesetzt und diese im Genitalbereich angefasst haben. Das Verfahren sei aufgrund mangelnder Beweise eingestellt worden; zwei von drei Kindern hätten den Vorwurf bestritten. Das gelte auch für den Vorwurf, der Kläger habe einen Jungen mehrfach an den Po gefasst. Entsprechende Behauptungen seien frei erfunden gewesen, die Verfahren seien zu Recht eingestellt worden.
25Mit Schreiben vom 17.12.2012 teilte der Beklagte dem Kläger zunächst mit, eine Entscheidung über den Löschungsantrag werde bis zum Abschluss des Verfahrens 20 K 2466/12 (betreffend eine dem Kläger gegenüber durchgeführte Gefährderansprache) ausgesetzt.
26Nach Anhörung des Klägers wurde sein Löschungsantrag mit Bescheid vom 15.05.2014 abgelehnt. Die Voraussetzungen für das weitere Vorhalten der Datensammlung seien gegeben. Gegen den Kläger sei mehrfach wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und wegen Verkehrsstraftaten ermittelt worden. Art und Weise der Tatumstände ließen vermuten, dass sich derartige Vorfälle in Zukunft wiederholen könnten. Der Kläger sei mehrfach verurteilt worden. Mehrere Ermittlungsverfahren seien zwar nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden, ein Restverdacht bestehe aber fort. Die Erkenntnisse seien geeignet, bei möglicherweise zukünftig zu führenden Verfahren die polizeilichen Ermittlungen zu fördern. Entsprechende Daten seien nur zu löschen, wenn die Unschuld des ehemals Verdächtigen durch gerichtlichen Freispruch erwiesen sei. Dies sei in Bezug auf die gesammelten Daten nicht der Fall.
27Dagegen hat der Kläger rechtzeitig Klage erhoben. Bei den in den Merkblättern aufgeführten Sachverhalten handele es sich um falsche Tatsachenbehauptungen. Bezüglich des ersten Merkblattes sei festzuhalten, dass bei der Hausdurchsuchung keine verbotenen Videocassetten gefunden worden seien. Das zweite und das fünfte Merkblatt beträfen denselben Vorgang. Er hätte zwei Jugendliche wegen groben Unfugs und Sachbeschädigung angezeigt, weil diese Wohnhäuser mit Eiern und Böllern beworfen hätten. Daraufhin habe ihn der eine angezeigt aufgrund einer Autofahrt, die zwei Jahre zuvor stattgefunden hatte, mit der Behauptung, er habe den Jungen dabei im Genitalbereich oberhalb der Kleidung angefasst. Der zweite bei dieser Fahrt anwesenden Jungen habe jedoch als Zeuge ausgesagt, derartiges nicht gesehen zu haben. Deshalb sei das Verfahren auch nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Der Fall sei im Rahmen der Sachbeschädigung an seinem PKW erneut aufgerollt worden. Der eine Junge habe als völlig erfundene Schutzbehauptung der Polizei mitgeteilt, der Kläger habe einem Jungen einen DVD-Player geschenkt. Daraufhin seien unzählige Jugendliche darüber einseitig vernommen und er dabei unter Verwendung von Suggestivfragen als Sexualstraftäter dargestellt worden. Die Behauptungen seien aber von keinem der Zeugen bestätigt worden. Trotzdem bleibe die Behauptung des einen Zeugen unwidersprochen im Raume stehen und werde von der Polizei so abgespeichert. Bei dem dritten Merkblatt und der Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit Verbreiten von pornografischen Schriften handelt es sich um denselben Vorgang. Bei dem vierten Merkblatt und der Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern (Urteil des Amtsgerichts Köln vom 06.11.2002 – 642 Ls 569/01 -) gehe es ebenfalls um einen identischen Vorgang. Nach heutigem Kenntnisstand wäre ein Berufungsverfahren nach § 153 a StPO wegen Geringfügigkeit eingestellt worden. Dass es sich trotzdem um ein Fehlverhalten gehandelt habe, sei ihm nach der Verurteilung klar und Entsprechendes sei seitdem auch nicht mehr vorgekommen. Der gespeicherte Text werde dem tatsächlichen Geschehen nicht gerecht, weil die Eingabe, dass er Kinder sexuell missbraucht habe, nach dem allgemeinen Sprachgebrauch so nicht zutreffe. Bezüglich des Merkblatts aus dem Jahr 2005 sei gegen ihn wegen des Verdachts sexueller Handlungen ermittelt worden, obwohl ein strafbares Fehlverhalten von vornherein nicht feststellbar gewesen sei. Dem Merkblatt aus dem Jahre 2007 liege ein Vorfall aus dem Jahre 2005 zugrunde, so dass sich ohnehin schon die Frage stelle, warum die Anzeige erst nach zwei Jahren erstattet worden sei. Zugrunde gelegen habe, dass sich während des Fußballspiels der Ball des Jungen in ca. drei Meter Höhe in einem Zaun verfangen habe. Er habe dem Jungen dabei geholfen, den Ball zurück zu holen, in dem er ihn den Zaun hochgeschoben und dabei unvermeidlich auch das Gesäß des Jungen berührt habe, allerdings ohne jedweden sexuellen Zusammenhang. Der Umstand als solcher, dass mehrfach Ermittlungsverfahren gegen ihn geführt worden seien, könne nicht als Rechtsfertigung für eine fortdauernde Datenspeicherung dienen. Insgesamt sei festzuhalten, dass der Beklagte in keiner Weise begründe, inwieweit bei den genannten Vorfällen noch ein Restverdacht bestehen solle. Dies widerspreche auch Ziffer 6.6 des KA-Erlasses, wonach die Gründe für die Prognoseentscheidung anlässlich der Aussonderungsprüfungen zu dokumentieren seien. Soweit Vorfälle aus dem Verkehrsstrafrecht herangezogen würden, stünden diese hier gar nicht zur Diskussion. Es sei zu berücksichtigen, dass die gespeicherten Daten falsch seien, ein falsches Bild vermittelten und die Vorfälle bereits etliche Jahre zurück lägen, so auch die beiden Verurteilungen. Er werde nicht nur in seinem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt, sondern habe auch ein erhebliches Rehabilitierungsinteresse. Der Beklagte habe nichts gegen den von den Polizeibehörden erweckten Eindruck unternommen, er sei ein Sexualstraftäter. Er sei seither erheblichen Auseinandersetzungen aus der Nachbarschaft ausgesetzt und werde von Jugendlichen als „Kinderficker“ bezeichnet. Es werde die Polizei gerufen, sobald er sich in der Öffentlichkeit bewege. Es komme zu Sachbeschädigungen an seinem PKW, er werde an der Haustür bedroht, es würden Handzettel über ihn in der Nachbarschaft verteilt und es würden widerrechtliche Gefährdungsansprachen durchgeführt und fragwürdige Ermittlungsverfahren eingeleitet.
28Der Beklagte stütze sich auch heute noch erkennbar auf Fotos, die sexuelle Handlungen mit einem möglicherweise Minderjährigen in Thailand beträfen. Dieser Vorwurf sei – soweit ersichtlich – Teil des Ermittlungsverfahrens 161 Js 1055/01 gewesen, das aber insoweit nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei. Außerdem liege eine Überschreitung der Zehnjahresgrenze nach den KpS‑Richtlinien vor. Die einzigen Verurteilungen des Klägers seien vor mehr als zehn Jahren erfolgt. Die spätere Eröffnung weiterer Ermittlungsverfahren, für die es keine konkreten Verdachtsmomente gegeben habe, könne nicht eine erneute zehnjährige Prüffrist auslösen.
29Soweit es das (zwischenzeitlich vom PP L. erstellte) Merkblatt vom 12.03.2015 betreffend einen Vorfall vom 17.01.2015 angehe, werde dort lediglich die Aussage des Anzeigeerstatters wiedergegeben, der später nicht zur Zeugenvernehmung erschienen sei. Es gebe auch keine weiteren Ermittlungsergebnisse. (Laut Anzeige hatte der Kläger mit anderen Kinder Fußball gespielt und zwei später hinzugekommenen Kindern gesagt, sie könnten nicht mitspielen. Diese hätten dann für sich gespielt, wobei ihr Ball hierbei öfter zwischen die anderen Kinder rollte und auch deren Torwart aus Versehen am Kopf traf. Daraufhin hätte der Kläger einen der Jungen im Nacken gepackt, zugedrückt und ihn dann gegen die Bande des Platzes gedrückt und dort festgehalten. Den zweiten Jungen hätte er geschubst und am Hals gekratzt und beide aufgefordert, den öffentlichen Platz zu verlassen).
30Der Kläger beantragt,
31die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.05.2014 zu verpflichten,
32in Bezug auf die Kriminalakte
33- die Merkblätter mit Ausnahme des Merkblattes betreffend ein Straßenverkehrsdelikt (20.10.09),
34- die Unterlagen betreffend die erkennungsdienstlichen Behandlungen
35zu vernichten
36sowie folgende Dateien zu löschen:
37- bezüglich INPOL alle Daten mit Ausnahme KA-Unterlage 1/2, Besitzer BKA,
38- bezüglich POLAS alle Daten,
39und festzustellen,
40dass die Speicherung der o. g. Daten von Anfang an rechtswidrig war,
41hilfsweise, dass die Speicherung spätestens seit dem 01.01.2011 rechtswidrig war.
42Der Beklagte beantragt,
43die Klage abzuweisen.
44Die Sammlung von Unterlagen in der (in Papierform geführten) Kriminalakte sei rechtmäßig. Denn hinsichtlich der betreffenden Ermittlungsverfahren ergebe sich aufgrund der jeweiligen Zeugenaussagen ein ausreichender Restverdacht. In dem Ermittlungsverfahren der StA Köln 161 Js 1055/01 (Verdacht des sexuellen Missbrauch an Kindern im Ausland) sei u. a. ein Gutachten eingeholt worden zur Klärung der Frage, ob die auf den sichergestellten Videosequenzen zusammen mit einem Jugendlichen oder Jungen zu sehende Person der Kläger sei. Das Verfahren sei aber nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden, weil nicht hinreichend sicher zu klären sei, wie alt die Jungen auf den Fotos seien und welche Nationalität sie hätten. Auch nach Erstellung des Gutachtens, mit dem Ergebnis, dass die dort abgebildete männliche Person und der auf Fotos abgebildete Kläger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine und dieselbe Person seien, sei das Verfahren nicht wieder aufgenommen worden. Hinsichtlich der erkennungsdienstlichen Unterlagen sei es so, dass ein Fingerabdruckbogen sowie ein Fotoabzug jeder erkennungsdienstlichen Behandlung dem BKA zu übersenden seien. Der Kläger sei am 25.03.1999 und 03.09.2002 beim PP L. erkennungsdienstlich behandelt worden, die entsprechenden Unterlagen befänden sich in der Kriminalakte. Lichtbilder des Klägers seien in die Lichtbildvorzeigekarte (LVK) beim PP L. aufgenommen worden. Eine LVK, bei der Fotoabzüge genutzt würden, finde im Land NRW keine Verwendung mehr. Sie sei vernichtet worden. Seit April 2004 sei in NRW landesweit DigiED eingeführt. Dabei handele es sich um ein Programm zur elektronischen Datenerhebung bei erkennungsdienstlichen Behandlungen (Lichtbilder, Fingerabdrücke u. a.). Da der Kläger zuletzt im Jahr 2002 erkennungsdienstlich behandelt worden sei, seien seine Daten nicht im DigiED gespeichert. Der gerichtliche Hinweis, dass betreffend das Merkblatt vom 06.04.1999 und die damit zusammenhängende erkennungsdienstliche Behandlung vom 25.03.1999 weitere nachvollziehbare Angaben fehlten, sei zutreffend. Der Grund liege jedoch darin, dass trotz Abgabe an die Staatsanwaltschaft L. am 06.04.1999 das dortige Aktenzeichen nicht habe Erfahrung gebracht werden können. Es sei klar zu stellen, dass entgegen der Darstellung in der Klageschrift die Vorfälle vom Dezember 1998 nichts mit den Beschuldigungen im Verfahren der Staatsanwaltschaft L. – 161 Js 288/03 – zu tun hätten. Vielmehr seien Tatopfer des Vorfalls von 1998 T. C2. und T1. Z. , welche der Kläger im Bereich Brust, Oberschenkel und zwischen den Beinen über der Kleidung berührt habe. Die Geschädigten hätten sich aber durch Gegenwehr gegen weitere Übergriffe schützen können. Der Kläger sei -wie aus dem Merkblatt vom 12.03.2015 zu ersehen sei – am 17.01.2015 wegen vorsätzlicher einfacher Körperverletzung in Erscheinung getreten. Aus einem ebenfalls im Hinblick auf den Polizeieinsatz am 17.01.2015 erstellten Beobachtungs- und Feststellungsbericht ergebe sich, dass der Kläger vor Ort von der Polizei befragt worden sei, warum er hier mit Kindern (8-15 Jahre alt) spiele. Er habe angegeben, dass er immer hier an Samstagen spiele. Ein Kunstrasenplatz dieser Art gebe es nur hier und er spiele gerne mit den Kindern. Einen Bezug verwandtschaftlicher oder sonstiger Art zu den Kindern habe er nicht. Die Kinder seien teilweise ebenfalls befragt worden. Sie hätten übereinstimmend angegeben, den Kläger nur vom Fußballplatz zu kennen. Ansonsten sei ihnen am Kläger nichts aufgefallen.
45Auf gerichtliche Anfrage hat das BKA hinsichtlich des Datenbesitzes der E-Gruppen in INPOL mit Schreiben vom 13.4.2015 mitgeteilt, dass sich (auch) diese Daten rechtlich im Datenbesitz des Landes NRW befänden.
46Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auch der des Verfahrens 20 L 1214/14, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge, der Kriminalakte des Klägers, des Verwaltungsvorgangs sowie die beigezogenen Strafakten 161 Js 1055/01, 175 Js 1064/08 und 161 Js 388/03, 161 Js 291/05, 161 Js 1019/07 und 161 Js 360/15 Bezug genommen.
47E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
48Die Klage hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
49Soweit es die Vernichtung von Unterlagen in der Kriminalakte betrifft, ist die Klage überwiegend begründet.
50Der Kläger hat bzgl. der streitgegenständlichen Merkblätter mit Ausnahme des Merkblatts vom 12.3.2015 Anspruch auf deren Vernichtung.
51Das Merkblatt vom 18.03.1997 ist gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 24 Abs.2 S. 5 PolG NRW zu vernichten.Im Merkblatt heißt es (unter Bezugnahme auf das Ermittlungsverfahren 63 Js 301/96): Im Sommer 1996 sei die Wohnung eines Beschuldigten in C3. wegen Verbreitung von Kinderpornografie durchsucht worden. Dabei seien Kontaktadressen gefunden worden, u.a. des Klägers und dessen Korrespondenz. Dieser habe in einem Schreiben Interesse an Videos mit männlichen Darstellern ab 12 Jahren geäußert. Der Kläger hätte nach Ermittlungen der Berliner Kriminalpolizei nur legale homosexuelle Pornovideos erworben. Die Wohnungsdurchsuchung am 17.03.1997 sei negativ verlaufen. Danach ist insoweit ein Restverdacht für eine Straftat spätestens seit Auswertung der bei der Wohnungsdurchsuchung gefundenen Videos entfallen.
52In Bezug auf das Merkblatt vom 06.04.1999 besteht entsprechend § 32 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 24 Abs.2 S. 5 PolG NRW ebenfalls ein Löschungsanspruch.
53Dort heißt es, der Kläger werde beschuldigt, T. C2. und T1. Z. unsittlich über der Bekleidung im Bereich Brust, Oberschenkel und zwischen den Beinen berührt zu haben. Die Geschädigten hätten sich durch körperliche Gegenwehr (Schläge in den Bauch und auf die Schulter) gegen weitere Übergriffe schützen können. Der Kläger nehme häufiger Kinder, Jugendliche aus der Siedlung im Pkw mit und fahre mit ihnen spazieren. Der Freund der C2. (I1. Z. ) hätte den Kläger bereits zur Rede gestellt und ihn zusammengeschlagen. Bezüglich des erstgenannten Sachverhalts ist offenbar im Jahre 1999 die erste erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden (in der Kriminalakte befindet sich mit Bezug auf diesen Sachverhalt ein Antrag auf erkennungsdienstliche Behandlung vom 25.03.1999, in dem als Geschädigte T. C2. genannt wird und ein Belehrungsnachweis mit Verzicht auf Widerspruch seitens des Klägers vom selben Tage). Seinerzeit sind Fingerabdrücke und (normale) Fotos erstellt worden, die sich in der Kriminalakte befinden. Zugleich ist eine Personenbeschreibung (L-Gruppe) aufgenommen worden.Das Merkblatt selbst aber auch die sonstigen Unterlagen der Kriminalakte enthalten diesbezüglich weder das Aktenzeichen noch einen sonstigen Hinweis auf Durchführung und Ergebnis eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens. Trotz entsprechenden gerichtlichen Hinweises konnte der Beklagte auch im gerichtlichen Verfahren zu den näheren Einzelheiten dieses Sachverhalts nichts vorgetragen. Die Angaben im Merkblatt, die vermutlich nur auf einer entsprechenden Strafanzeige beruhen, sind für sich betrachtet nicht ausreichend, um zumindest den Restverdacht einer Sexualstraftat des Klägers zu begründen. Sofern die Polizeibehörde entsprechende Nachweise nicht beibringen kann, ist dies letztlich zu ihren Lasten zu berücksichtigen mit der Folge, dass dann ein Restverdacht nicht feststellt werden kann,
54vgl. etwa VG Aachen, Urteil vom 15.6.2009 -6 K 1979/08-, juris Rn. 44.
55Das Merkblatt vom 10.05.2001 ist gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 3 bzw. § 32 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 24 Abs. 2 S. 5 PolG NRW gleichfalls zu vernichten.Das Merkblatt benennt zwei verschiedene Taten/ Sachverhalte: Verschaffen u. Besitz kinderpornografischer Schriften und Verdacht sexuellen Missbrauchs an Kindern/ Jugendlichen im Ausland.
56Dem erstgenannten Verfahren liegt zugrunde, dass der Kläger bei der Suche nach jugendlichen Sexualpartnern über das Internet Kontakt zu einem als 14jähriger Junge auftretenden verdeckten Ermittler des Keene Police Departement, USA, aufnahm. Er schickte diesem am 24.03.2001 per Internet sieben Bilddateien mit kinderpornografischem Inhalt. Ferner speicherte er kinderpornografische Bilder und Videos auf Datenträger. So wurden bei der Durchsuchung seiner Wohnung am 02.08.2001 insgesamt ca. 3700 kinderpornografische Daten gefunden. Aufgrund dieses Sachverhaltes wurde der Kläger durch Urteil des Amtsgerichts Köln vom 26.02.2003 – 522 Ds 558/02-122 Js 156/01 – wegen Verbreitung und Besitzes von pornografischen Schriften zu einer Gesamtgeldstrafe von 70 Tagessätzen zu 30,00 Euro verurteilt.
57Insoweit war zunächst eine Speicherung zulässig, jedoch ist eine fortdauernde Speicherung nicht mehr erforderlich.
58Was die Bemessung der Aussonderungsprüffrist betrifft, enthalten die Kps-Richtlinien (Rd.Erl. des Innenministeriums vom 25.08.2000) in Ziffer 5.2.1 folgende Vorgabe: „Im Sinne der verallgemeinernden Interessenabwägung sind nach vorheriger Prüfung Unterlagen regelmäßig dann auszusondern, wenn bei Betroffenen 10 Jahre lang die Voraussetzungen für eine Aufnahme von Erkenntnissen in die KpS nicht vorlagen...“. Entsprechend wird dies auch von den Polizeibehörden des Landes NRW gehandhabt. Diese Praxis steht allerdings nicht mit § 24 Abs. 2 S.4 PolG NRW in Einklang. Dort heißt es: „Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das letzte Ereignis eingetreten ist, das zur Speicherung der Daten geführt hat, jedoch nicht vor Entlassung der betroffenen Personen...“ Als „letztes Ereignis“ in diesem Sinne kann man nur Vorgänge verstehen, die Bezug zu dem jeweils gespeicherten Datum haben. Denn sofern ein neuer strafrechtlich relevanter Sachverhalt gespeichert wird, kann dieser neue Sachverhalt schlechterdings nicht der Grund dafür sein, dass bereits zuvor Daten gespeichert worden sind.
59Diese Sichtweise wird durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu
60§ 32 Abs. 5 BKAG gestützt,
61vgl. Urteile vom 22.10.2003 -6 C 3/03 –und vom 09.06.2010 – 6 C 5/09 -, juris.
62§ 32 Abs. 5 S. 1 BKAG enthält eine mit der § 24 Abs. 2 S. 4 PolG NRW fast wortgleiche Regelung (einziger Unterschied: In § 32 Abs. 5 S. 1 BKAG heißt es „Die Fristen beginnen...“ und in § 24 Abs. 2 S. 4 PolG NRW „Die Frist beginnt...“). Dazu hat das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, dass die Regelung in § 32 Abs. 5 S. 1 BKAG sich eindeutig von derjenigen in § 489 Abs. 6 StPO und § 494 Abs. 2 StPO unterscheide, wonach ausdrücklich spätere Speicherungen berücksichtigt werden, indem sie die Löschung hinausschieben, bis für alle Eintragungen die Löschungsvoraussetzungen erfüllt sind.
63Entsprechend hatte auch schon das VG Gießen § 27 Abs. 4 S. 3 HSOG ausgelegt („die Frist beginnt regelmäßig mit dem letzten Anlass der Speicherung,...“).
64Vgl. Urteil vom 29.04.2002 – 10 E 141/01 -, juris; offen gelassen in der Berufungsentscheidung, Hess. VGH Urteil vom 16.12.2004 – 11 UE 2982/02-, juris.
65Was die „Erforderlichkeit“ i.S. des § 32 Abs. 2 Nr. 3 Nr. PolG NRW angeht, ist davon auszugehen, dass regelmäßig die Kenntnis der Daten nicht mehr erforderlich ist, wenn die Aussonderungsprüffrist abgelaufen ist, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 09.06.2010 – 6 C 5/09 - , juris, Rn. 31 zu § 32 Abs. 2 BKAG.
66Als „letztes Ereignis“, ab dem die Aussonderungsprüffrist beginnt, ist hier das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 26.02.2003 ansehen. Davon ausgehend lief die 10-jährige Aussonderungsprüffrist hier am 26.2.2013 ab.
67Eine weitere Aufbewahrung des Merkblattes (in Bezug auf den der Verurteilung vom 26.2.2003 zugrunde liegenden Sachverhalt) über die bereits abgelaufene Aussonderungsprüffrist hinaus kommt nur dann in Betracht, wenn die Daten sich auf besonders schwerwiegende Rechtsgutverletzungen beziehen und die Gefahr der Wiederholung einer solch schweren Straftat droht oder der Betroffene erneut Straftaten der gleichen oder einer ähnlichen, ebenfalls besonders schwerwiegenden Deliktsart begangen hat .
68Vgl. Hess. VGH, Urteil vom 23.05.2007 – 10 UE 1392/06 -, juris, in Bezug auf eine Speicherung über die Aussonderungsprüffrist von 10 Jahren nach § 32 Abs. 3 BKAG hinaus, wobei der VGH bzgl. der Gewichtung des strafrechtlichen Vorwurfs auf die Bewertung der Staatsanwaltschaft zurückgreift.
69Stellt man zunächst nur auf die fraglich Straftat als solche ab, handelt es sich zwar bei derartigen Sexualdelikten um Taten von Gewicht. Allerdings spricht die seinerzeit ausgeworfene Strafe eher dafür, dass diese nicht als ein besonders schweres Delikt bewertet worden ist. Betrachtet man dieses Delikt im Zusammenhang mit den anderen Taten und der weiteren Entwicklung bis heute (vgl. dazu noch im Folgenden die abschließende Bewertung), erscheint eine fortdauernde Aufbewahrung des Merkblatts nicht mehr geboten. Die letzte Festlegung der Aussonderungsprüffrist seitens des Beklagten auf September 2015, deren genauere „Berechnung“ allerdings auch in der mündlichen Verhandlung für die Kammer nicht nachvollziehbar geworden ist, deutet darauf hin, dass der Beklagte wohl ebenfalls nicht von einer Löschungsfrist in einer völlig abweichenden zeitlichen Dimension ausgeht.
70Bzgl. des zweiten Komplexes heißt es in dem Merkblatt „Es ist zudem davon auszugehen, dass C1. seine Auslandsreisen dazu benutzt, um seine sexuellen Neigungen und Phantasien (kindliche und jugendliche Jungen) ausleben und befriedigen zu können (bei der Durchsuchung seiner Wohnung wurde u.a. eine Videokassette mit vermutlich selbst aufgenommenen Filmaufnahmen im asiatischen Bereich bei der Ausführung von sexuellen Handlungen mit augenscheinlich Kindern/Jugendlichen aufgefunden)“. Entsprechende Ermittlungen wurden im Rahmen des Verfahrens 161 Js 1055/01 (vgl. dazu noch Merkblatt vom 24.09.2001) geführt. Auf bei dem Kläger gefundenen Videos ist eine dem Kläger äußerst ähnlich sehende Person mit Kindern/Jugendlichen beim Hand-, Oral- und Analverkehr abgebildet. Dazu heißt es im Rahmen der Asservatenauswertung, dass die asiatisch aussehenden Jungen schätzungsweise ein Alter von 13 bis 16 Jahren hätten. In einem Vermerk des LKA NRW vom 14.03.2002 wird ausgeführt, dass es sich nach dortiger Einschätzung bei dem männlichen Opfer nicht um ein Kind handeln dürfte. Die Versuche der Polizei/Staatsanwaltschaft, ein rechtsmedizinisches Gutachten bezüglich der ethnologischen und anthropologischen Zuordnung des Opfers erstellen zu lassen, scheiterten. Das Verfahren wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft L. vom 18.08.2003 gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Zur Begründung wird ausgeführt, es dürfte auch durch ein anthropologisches Gutachten nicht hinreichend sicher zu klären sein, wie alt die Jungen auf den Fotos sind und welche Nationalität sie haben. Ein erst am 28.11.2003 fertig gestellten Gutachten des BKA kommt zu dem Ergebnis, dass die auf Fotos des Klägers und in den Videosequenzen zu sehende Person mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit identisch ist.Die Kammer geht davon aus, dass von einem (Rest-)Verdacht im Sinne des § 24 Abs. 2 S. 5 PolG NRW nur gesprochen werden kann, wenn feststeht, dass überhaupt eine Straftat begangen wurde, und nur die Frage nicht abschließend geklärt ist, ob diese Tat von der fraglichen Person begangen wurde. Denn das Vorliegen eines (straf-)tatbe- standsmäßigen Verhaltens ist die Grundvoraussetzung dafür, Daten des Betroffenen speichern zu dürfen. Bei dem in Rede stehenden sexuellen Missbrauch von Kindern ist die Minderjährigkeit des Opfers Tatbestandsmerkmal. Da hier nicht verifiziert werden konnte, ob das Opfer ein Alter von unter 14 Jahren besaß, kann ein Restverdacht ab dem Zeitpunkt, in dem eine weitere Aufklärung als nicht mehr möglich angesehen und deshalb das Verfahren eingestellt wurde, nicht mehr bejaht werden. Daher bedarf keiner weiteren Prüfung, ob sich ein Löschungsanspruch auch aus § 32 Abs. 2 Nr. 3 PolG NRW ergeben würde.Gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 3 PolG NRW ist das Merkblatt vom 24.09.2001 ebenfalls zu vernichten.
71Dort wird als Sachverhalt aufgeführt, der Kläger habe Kinder in seine Wohnung eingeladen und mit ihnen dort einen Pornofilm angesehen. Zu weiteren Vorkommnissen sei es offensichtlich nicht gekommen. Die ursprüngliche Anlegung des Merkblattes begegnet keinen Bedenken. Denn insoweit ist der Kläger mit Urteil des Amtsgerichts Köln vom 06.11.2002 – 642 Ls 569/01 – wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit Verbreitung pornographischer Schriften zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt worden. Entsprechend den obigen Ausführungen lief die 10-jährige Aussonderungsprüffrist hier am 6.11.2012 ab.
72Bewertet man dieses Delikt im Zusammenhang mit den anderen Taten und der weiteren Entwicklung bis heute (vgl. auch dazu noch die abschließende Bewertung), erscheint eine fortdauernde Aufbewahrung des Merkblatts nicht mehr erforderlich.
73Das Merkblatt vom 03.04.2003 ist nach § 32 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 24 Abs. 2 S. 5 PolG NRW gleichfalls zu vernichten.
74Diesem Merkblatt liegt zu Grunde, dass der Kläger Kinder in seinem Auto mitnahm, sie fragte, ob sie lenken wollten, sie auf seinen Schoß nahm und er dann einem Jungen nach dessen Angaben über der Kleidung in den Genitalbereich griff, wenn er falsch fuhr. Im Merkblatt ist als „kriminologische Kurzbezeichnung der Tat“ angegeben: „Verdacht sexueller Missbrauch Kind“. Der (angeblich) Geschädigte gab bei einer Vernehmung im Dezember 2002 an (er war zu diesem Zeitpunkt 17 ¾ Jahre alt), dass sich der genannte Vorfall abgespielt habe, als er noch klein gewesen sei, und zwar als er so 13 oder 14 Jahre gewesen sei, wohl eher 14 Jahre. Vor diesem Hintergrund stellte die Staatsanwaltschaft Köln das entsprechende Ermittlungsverfahren 161 Js 388/03 mit Verfügung vom 28.10.2003 gem. § 170 Abs. 2 StPO ein. Der Geschädigte sei zum Zeitpunkt der Übergriffe eher 14 als 13 Jahre alt gewesen, so dass ein sexueller Missbrauch von Kindern ausscheide. Da somit auch hier bereits kein tatbestandsmäßiges Verhalten in Bezug auf den Verdacht sexuellen Missbrauchs von Kindern feststeht, kann spätestens ab dem Zeitpunkt der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft nicht mehr von einem diesbezüglichen Verdacht ausgegangen werden. Daher bedarf keiner weiteren Prüfung, wie ein Löschungsanspruch im Hinblick auf § 32 Abs. 2 Nr. 3 PolG NRW zu bewerten wäre.
75Bzgl. des Merkblatts vom 01.02.2005 ergibt sich aus § 32 Abs. 2 Nr. 2 PolG NRW ein Löschungsanspruch.
76Dort wird festgehalten, dass der Kläger sich regelmäßig im Bereich zweier Sportanlagen in L. aufhalte und mit Jungen im Alter von 12 bis 14 Jahren Fußball spiele. Er versuche, sie zu Spazierfahrten mit seinem Pkw und in seine Wohnung einzuladen, was von den Kindern immer abgelehnt worden sei. Es sei nicht bekannt, dass es in jüngster Zeit zu Sexualstraftaten zum Nachteil der Kinder gekommen sei. Da der Kläger jedoch bereits zahlreich in ähnlicher Art und Weise in Erscheinung getreten sei und es bereits in früheren Fällen zu vollendeten Tathandlungen des (schweren) sexuellen Missbrauchs von Kindern gekommen sei, könne davon ausgegangen werden, dass das Verhalten des Klägers als Vorbereitungshandlung zu einer Straftat anzusehen sei. Auf dem Merkblatt ist handschriftlich vermerkt: „Keine Straftat, Hinweis“. Das entsprechende Ermittlungsverfahren 161 Js 291/05 ist am 15.03.2005 gem. § 170 Abs. 2 StPO von der Staatsanwaltschaft Köln eingestellt worden, weil kein strafbares Verhalten vorliege (zugrunde lag letztlich eine Meldung besorgter Eltern, die zu umfangreichen Ermittlungen der Polizei führte). Mangels Vorliegens eines strafbaren Verhaltens des Klägers war die Aufnahme eines diesbezüglichen Merkblatts in die Kriminalakte nicht zulässig.
77Das Merkblatt vom 28.06.2007 ist jedenfalls gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 3 PolG NRW zu vernichten.
78Anknüpfungspunkt für das Merkblatt ist wiederum der Verdacht des sexuellen Missbrauchs von Kindern. Es heißt dort, der Kläger sei bereits einschlägig in Erscheinung getreten. Er sei zunächst als „Ansprecher“ von Kindern aus einem Fahrzeug in Betracht gekommen. Aufgrund von Personenbeschreibungen habe er jedoch ausgeschlossen werden müssen. Übrig geblieben seien Angaben eines Geschädigten, dass er vom Kläger beim Fußball spielen mehrfach am Po angefasst worden sei. Dazu ergibt sich aus dem entsprechenden Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Köln 161 Js 1019/07, dass im Rahmen der Ermittlungen wegen der Anzeige von Eltern, dass ihr Sohn von einem Autofahrer aufgefordert worden sei, ins Auto zu steigen, u.a. ein Junge bei seiner Anhörung am 30.04.2007 (dieser war zu diesem Zeitpunkt ca. 11 ½ Jahre alt) angab, er kenne den Kläger, dieser habe zu ganz vielen Kindern Kontakt und habe auch oft mit dem Geschädigten gespielt. Einmal sei ein Ball über den Zaun geflogen, er habe über den Zaun klettern wollen. Der Kläger habe dann gesagt „Kann ich dir helfen?“ und habe ihn, als er schon mit einem Bein über den Zaun gewesen sei, mit einer Hand an seine Pobacke angefasst, um ihn über den Zaun zu heben. Er habe dann gesagt, der Kläger solle aufhören. Ein anderer Vorfall sei gewesen, dass er in einer Spielpause auf einem Ball gesessen habe, der Kläger dann gekommen sei, und ihn an den Po gefasst habe. Er habe dem Kläger dann gesagt, er solle das lassen, dieser sei dann gegangen. Der Vorfall liege schon etwas länger zurück, es müsse so etwa zwei Monate her sein. Der Kläger hatte in seiner Einlassung angegeben, dass er den Jungen über den Zaun habe schieben wollen und dabei ohne jeden sexuellen Zusammenhang unvermeidlich sein Gesäß habe berühren müssen (zu dem zweiten Vorfall wird nichts vorgetragen). Das Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft am 17.09.2007 gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, weil der Kläger als Beschuldigter die Tat bestritten hatte, keine Tatzeugen vorhanden waren und keine weiteren Beweismittel zur Verfügung standen.
79Unter Berücksichtigung des § 184 h Nr. 1 StGB (sexuelle Handlungen sind nur solche, die im Hinblick auf das jeweils geschützte Rechtsgut von einiger Erheblichkeit sind) stellt sich die –in der Einstellungsverfügung nicht angesprochene- Frage, ob sich das Anfassen des Pos beim Schieben über den Zaun objektiv bereits als sexuelle Handlung darstellt. Bezüglich des zweiten Vorfalls (der Geschädigte saß auf dem Ball, als der Kläger dazu kam) ergibt sich dieselbe Frage. Da insoweit genauere Einzelheiten des Geschehensablaufes von dem Geschädigten nicht angegeben wurden, bleibt offen, ob der Kläger etwa den Mitspieler nur am Gesäß anfasst hat, um ihn vom Ball wegzuschieben. Nimmt man an, dass keine sexuelle Handlung vorlag, hätte das Merkblatt jedenfalls nach Einstellung des Verfahrens gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 24 Abs. 2 S. 5 PolG NRW vernichtet werden müssen.
80Bejaht man den Verdacht einer Straftat, erscheint es jedenfalls im Hinblick auf die vorgenannten Aspekte geboten, einen Fall von geringerer Bedeutung im Sinne der KpS-Richtlinien anzunehmen und deshalb eine deutlich unterhalb der normalen 10-Jahres-Frist liegende Aussonderungsprüffrist anzusetzen. Da der Kläger in der Zwischenzeit nicht mehr einschlägig aufgefallen ist, erscheint jedenfalls heute die weitere Aufbewahrung des Merkblattes nicht mehr erforderlich.
81Dagegen besteht hinsichtlich des Merkblatts vom 12.03.2015 noch kein Anspruch auf Vernichtung gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 24 Abs. 2 S. 5 PolG NRW.
82Insoweit geht die Kammer davon aus, dass zur Zeit der Verdacht einer vom Kläger am 17.01.2015 auf einem Fußballplatz begangenen Körperverletzung (StA Köln 161 Js 360/15) noch nicht entfallen ist. Denn einerseits sind die Angaben in der „Anzeige“ der Betroffenen nicht unsubstantiiert oder widersprüchlich, andererseits sind bislang die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen, die Einlassung des Klägers ist gerade erst erfolgt. Von daher ist im jetzigen Zeitpunkt ein Verdacht noch nicht ausgeräumt.
83Im Rahmen einer zusammenfassenden Bewertung ist Folgendes zu berücksichtigen:
84Auf der einen Seite deutet alles darauf hin, dass der Kläger sich aufgrund einer bei ihm offenbar vorhandenen sexuellen Disposition so stark zu Jungen hingezogen fühlt, dass er immer wieder mit Jungen unter 14 Jahren zusammen Fußball spielt, obwohl sich daraus häufig Schwierigkeiten für ihn ergeben (Benachrichtigung der Polizei, Einleitung von Ermittlungsverfahren, Gefährderansprachen). Das beinhaltet die potentielle Gefahr, dass dieses für sich gesehen nicht strafbare Verhalten in strafrechtlich relevantes Verhalten übergehen könnte. Auf der anderen Seite liegen die Taten, wegen der der Kläger verurteilt worden ist, so lange zurück (Verurteilungen im Februar 2003 und November 2002, Taten im März und August 2001), dass die zehnjährigen Aussonderungsprüffristen bereits seit über zwei bzw. drei Jahren abgelaufen sind. In der Folgezeit ist es –falls man den Vorfall gemäß Merkblatt vom 28.06.2007 überhaupt als strafrechtlich relevant ansieht- jedenfalls nur noch zu einem am Rande der Strafbarkeit liegenden sexualstrafrechtlich relevanten Verhalten gekommen. Dies lässt darauf schließen, dass der Kläger trotz seiner angesprochenen Disposition in der Lage ist, sich an die Verbote des Sexualstrafrechts zu halten. Soweit es die strafrechtlichen Verstöße im Straßenverkehr und den Vorwurf der Körperverletzung am 17.01.2015 betrifft, haben diese keine Aussagekraft in Bezug auf eine Wiederholungsgefahr von Sexualstraftaten. Daher ist die weitere Aufbewahrung der oben angesprochenen Merkblätter nicht mehr erforderlich.
85Die Unterlagen über die erkennungsdienstlichen Behandlungen sind ebenfalls gemäß
86§ 32 Abs. 2 Nr.1 i.V.m. § 24 Abs. 2 S. 5 PolG NRW zu vernichten.
87Bei der erkennungsdienstlichen Behandlung vom 25.03.1999 sind Fingerabdrücke genommen und drei Passbilder (Kopfbereich von vorne und von den Seiten) erstellt worden. Nach dem „Belehrungsnachweis“ wurde die erkennungsdienstliche Behandlung auf der Grundlage des § 81 b) 2. Alt. StPO durchgeführt. In dem Antrag auf erkennungsdienstliche Behandlung ist als Tat angegeben „Beleidigung auf Sex-Basis/Sex-Nötigung“, Tatort L. , Tatzeit 1998, Geschädigte T. C2. . Unter „Sachverhalts- schilderung“ heißt es: „Der B. wird beschuldigt, die Geschädigte unsittlich berührt zu haben.“ Daraus ist abzuleiten, dass es sich um den im Merkblatt vom 06.04.1999 beschriebenen Sachverhalt handelt. Von daher teilen die erkennungsdienstlichen Unterlagen das (o.g.) rechtliche Schicksal dieses Merkblatts.
88Nach dem entsprechenden Antrag sind bei der erkennungsdienstlichen Behandlung vom 02.09.2002 eine Einzelfingerabdrucknahme und eine Handflächenabdrucknahme erfolgt (die entsprechenden Unterlagen befinden sich allerdings nicht in der Akte) sowie eine Ganzaufnahme des Klägers im Slip (welche sich in der Akte befindet). Als Tat wird angegeben „sexueller Missbrauch“, als Tatort Hotelzimmer in Thailand, als Tatzeit Sommer 2001, als geschädigt unbekanntes Kind. Die Sachverhaltsschilderung lautet: „Der Beschuldigte steht im dringenden Verdacht, einen sexuellen Missbrauch zum Nachteil eines Kindes begangen zu haben.“ Insoweit ist das im Merkblatt vom 10.05.2001 mit angesprochene Geschehen in Thailand offensichtlich der Hintergrund der erneuten erkennungsdienstlichen Behandlung. Aus den diesbezüglich oben genannten Gründen sind diese erkennungsdienstlichen Unterlagen ebenfalls zu vernichten.
89In Bezug auf die in POLAS NRW und INPOL gespeicherten Daten ist das Löschungsbegehren nur zum Teil begründet.
90In POLAS NRW sind gemäß § 32 Abs. 2 Nr.1 i.V.m. § 24 Abs.2 S. 5 PolG NRW aus den v.g. Gründen die beiden E-Gruppen zu löschen (bzw. ist deren Löschung vom Beklagten beim LKA NRW zu veranlassen). Entsprechendes gilt für die W-Gruppe, weil bei Löschung bzw. Vernichtung der die Sexualstraftaten betreffenden Daten/ Unterlagen keine Grundlage mehr für die weitere Speicherung der W-Gruppe besteht.
91Ein Anspruch auf Löschung der T-Gruppe (Falldatenübersicht) betr. den Vorfall vom 17.01.2015 besteht aus den in Bezug auf das Merkblatt vom 12.03.2015 dargelegten Gründen jedenfalls zur Zeit nicht.
92Dies gilt auch für die P-Gruppe (rechtmäßige Personalie) und die U-Gruppe (KA-Unterlage), weil die Kriminalakte in Teilen von der ausgesprochenen Vernichtungsverpflichtung nicht erfasst wird (und zudem noch vom Klageantrag nicht erfasste Unterlagen dort vorgehalten werden) und bei weiterer Existenz einer Kriminalakte die fortdauernde Speicherung der beiden genannten Gruppen nicht zu beanstanden ist. Zudem ist die T-Gruppe weiterhin gespeichert.
93In Bezug auf den Datenbestand in INPOL ergibt sich aus den vorgenannten Gründen ein Anspruch auf Veranlassung der Löschung auf der Grundlage des § 32 Abs. 2 S.1, Abs. 9, § 12 Abs. 2 BKAG in Bezug die beiden E-Gruppen, die mit diesen offenkundig in Zusammenhang stehende D-Gruppe (Fingerabdruck) sowie die W-Gruppe. Zur Klarstellung sei allerdings darauf hingewiesen, dass ein danach vom Beklagten an das BKA zu richtendes Löschungsersuchen es nicht ausschließt, dass eine Löschung gemäß § 32 Abs. 7 S.3 BKAG unterbleibt, wofür allerdings bislang Anhaltspunkte nicht ersichtlich sind.
94Hinsichtlich des Feststellungsbegehrens hat die Klage keinen Erfolg.
95Was das Verständnis des Hauptfeststellungsantrages betrifft, geht die Kammer davon aus, dass der Kläger eine Feststellung dahingehend erreichen will, dass die Sammlung/ Speicherung von sexualstraftatbezogenen Daten als solche –d.h. die diesbezügliche Anlegung einer Kriminalakte bzw. von Dateien in INPOL und POLAS NRW- rechtswidrig war. Denn seine Gesamtargumentation geht dahin, dass er sich durch die Datensammlungen zu Unrecht als Sexualstraftäter gekennzeichnet sieht.
96Insoweit bestehen bereits Bedenken, ob für einen derartigen Feststellungsantrag, der zusätzlich zu der zugleich erhobenen Vernichtungs-/ Löschungsklage geltend gemacht wird, ein Feststellungsinteresse bejaht werden kann.
97Selbst wenn man in Bezug auf die Kriminalakte ein Feststellungsinteresse annähme, wäre die Klage insoweit jedenfalls unbegründet.
98Denn die Speicherung zumindest der beiden strafrechtlichen Verurteilungen war zunächst rechtmäßig und damit auch die Anlegung einer Kriminalakte als solche. Dies gilt gleichfalls hinsichtlich des Merkblatts vom 10.05.2001 bzgl. der Vorfälle in Asien; insoweit wird auf die entsprechenden obigen Ausführungen Bezug genommen. Auch die Aufnahme der erkennungsdienstlichen Unterlagen war zunächst rechtmäßig, weil der Kläger gegen die Anordnungen der erkennungsdienstlichen Behandlungen seinerzeit nicht nur auf Widerspruch verzichtet, sondern auch in der Folgezeit keine Rechtsmittel eingelegt hat.
99Sofern man ein Feststellungsinteresse auch in Bezug auf die Erstellung der POLAS-NRW-Datei bejaht, wäre die Klage insoweit ebenfalls unbegründet, weil aufgrund der v.g. Erwägungen auch deren Anlegung (zunächst) rechtmäßig war.
100Denn mit Anlegung der Kriminalakte bestand Anlass für die Eingabe der P-Gruppe und der U-Gruppe. Im Hinblick auf die zunächst rechtmäßige Aufnahme der erkennungsdienstlichen Unterlagen in die Kriminalakte war auch die Speicherung der beiden E-Gruppen zunächst rechtmäßig. Angesichts der rechtmäßigen Aufnahme von Merkblättern betr. Sexualstraftaten war die Einstellung der W-Gruppe gleichfalls nicht zu beanstanden.
101Soweit es die erstmalige Anlegung der INPOL Datei betrifft, war die dortige Speicherung von Daten zwar bis zum Inkrafttreten der entsprechenden BKAG-VO am 05.06.2010 grundsätzlich rechtswidrig,
102vgl. BVerwG, U. vom 09.06.2010 -6 C 5/09-, juris.
103Angesichts der mit POLAS NRW identischen Datensätze in INPOL sieht die Kammer allerdings diesbezüglich in keinem Fall ein berechtigtes Feststellungsinteresse.
104Falls der Hauptfeststellungsantrag abweichend von der o.g. Auslegung in der Weise interpretiert werden sollte, dass für jedes einzelne Merkblatt/ jeden einzelnen Datensatz eine Feststellung über die Rechtmäßigkeit der Aufbewahrung/ Speicherung getroffen werden sollte, wäre ein Feststellungsinteresse im Hinblick auf den parallel verfolgten Vernichtungs-/Löschungsanspruch nicht ersichtlich. Der Kläger hat in dieser Richtung auch nichts vorgetragen.
105Der Hilfsfeststellungsantrag bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
106Die Kammer versteht den Antrag in dem Sinne, dass der Kläger festgestellt wissen will, dass die (weitere) Aufbewahrung von Merkblättern in der Kriminalakte mit Bezug zu Sexualstraftaten bzw. die (weitere) Speicherung entsprechender Datensätze als solche ab dem 01.01.2011 rechtswidrig war.
107Auch diesbezüglich bestehen die schon o.g. Bedenken hinsichtlich des Rechtsschutzbedürfnisses.
108Davon abgesehen wäre die Klage insoweit unbegründet.
109Denn schon bei den Merkblättern vom 10.05.2001 (soweit die Verurteilung betreffend) und vom 24.09.2001 waren am 01.01.2011 die regelmäßigen Aussonderungsprüffristen von 10 Jahren noch nicht abgelaufen. Vielmehr endeten diese –wie oben ausgeführt- am 26.02.2013 bzw. 06.11.2012.
110Im Hinblick darauf hätte am 01.01.2011 auch kein Anspruch auf eine Löschung der entsprechenden Datensätze in POLAS NRW und INPOL bestanden.
111Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO. Dabei hat die Kammer unter Berücksichtigung des gesamten Streitgegenstandes das Maß des Obsiegens und Unterliegens mit der aus dem Tenor ersichtlichen Quote bewertet.
112Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11 711 ZPO.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Köln Urteil, 23. Apr. 2015 - 20 K 3184/14
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Köln Urteil, 23. Apr. 2015 - 20 K 3184/14 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.
(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.
Tenor
1. Der Beklagte wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren 20 K 3184/14
a) in der Kriminalakte des Klägers
die Merkblätter vom 18.3.1997, 6.4.1999, 10.5.2001, 24.9.2001, 3.4.2003, 1.2.2005 und 28.6.2007
sowie die erkennungsdienstlichen Unterlagen vom 25.3.1999 und 3.9.2002
zu sperren und
b) in POLAS NRW und in INPOL folgende Daten zu löschen bzw. ihre Löschung zu veranlassen:
- die zwei E-Gruppen (erkennungsdienstliche Behandlungen vom 3.9.2002 und 25.3.1999),
- die D-Gruppe (Fingerabdruck, nur in INPOL)
- die W-Gruppe (Personenhinweis Sexualtäter).
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Antragsteller zu 1/3 und der
Antragsgegner zu 2/3.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500.- Euro festgesetzt.
1
Gründe
2Der Antrag,
3bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren alle personenbezogenen Daten des Antragstellers in Dateien, die von Behörden des Antragsgegners geführt werden, zu sperren sowie personenbezogene Daten, die in Akten enthalten sind, die von Behörden des Beklagten geführt werden, bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht zu nutzen,
4hilfsweise,
5a) bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren sämtliche Daten über den Antragsteller, die bei der Kreispolizeibehörde des rheinischen-bergischen Kreises in irgendeiner Datei gespeichert sind, insbesondere soweit sie der Kriminalauskunft der Polizei C. H. zugrunde liegen, zu sperren bzw. soweit sie nicht in elektronischer Form, sondern in Aktenform gespeichert werden, bis zur Entscheidung des Hauptsacherechtsstreits nicht zu nutzen sowie
6b) die im Polizeiauskunftssystem POLAS durch die zuständige Behörde der Polizei NRW zum Antragsteller gespeicherten Daten bis zur Entscheidung im
7Hauptsacheverfahren zu sperren,
8hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
9Die Kammer legt den –nach wie vor nicht präzise formulierten- Hauptantrag dahingehend aus, dass auch die in INPOL gespeicherten Daten erfasst sein sollen, obwohl die INPOL-Dateien nicht „von Behörden des Beklagten geführt werden“. Dieses
10Verständnis legen einerseits die ausdrückliche Beschränkung auf POLAS in Buchstabe b) des Hilfsantrages und andererseits die Argumentation im Hauptsacheverfahren 20 K 3184/14 nahe.
11Nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gefahr zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Maßgebend hierfür sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.
12Soweit es die im Tenor ausgesprochenen Daten betrifft, besteht vorliegend ein Anordnungsgrund, weil jedenfalls diese im Zusammenhang mit Sexualdelikten stehenden Daten weiterhin zur Grundlage von Maßnahmen und Bewertungen des Antragsgegners gemacht werden.
13Insoweit besteht auch ein Anordnungsanspruch. Bzgl. dieser Daten hat der Antragsteller gegen den Antragsgegner einen Anspruch auf Vernichtung bzw. Löschung. Im Einzelnen wird insoweit auf das Urteil der Kammer vom 23.04.2015 -20 K 3184/14- verwiesen. Daraus resultiert für das vorliegende Verfahren, dass die in der Kriminalakte vorgehaltenen Daten zunächst zwecks Vermeidung von weiteren Nachteilen für den Antragsteller zu sperren sind.
14In Bezug auf die in Dateien gespeicherten Daten ergibt sich bei den hier vorliegenden Gegebenheiten ausnahmsweise auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ein Anspruch auf Löschung. Der Antragsgegner hat darauf hingewiesen (Schriftsatz vom 19.03.2015 -20 K 3184/14-), dass aus technischen Gründen eine vorübergehende Sperrung in POLAS nicht möglich sei, wobei dies in Bezug auf INPOL in gleicher Weise gilt. Unter dem Aspekt eines effektiven Rechtsschutzes hält die Kammer es daher für geboten, eine Verpflichtung zur (vorläufigen) Löschung auszusprechen,
15vgl. insoweit bereits Beschluss vom 31.08.2010 -20 L 908/10-; a.A. OVG NRW, Beschluss vom 15.10.2012 -16 B 174/12- (beide juris).
16Eine Vorwegnahme der Hauptsache im Sinne einer endgültigen Befriedigung des Anspruchs des Antragstellers ist damit nicht verbunden, weil die fraglichen Dateien jederzeit wieder angelegt werden können.
17Im Übrigen liegen die Voraussetzungen des § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO nicht vor.
18Soweit es die restlichen Daten betrifft, die noch Gegenstand des Klageantrags waren, besteht gemäß Urteil vom 23.04.2015 -20 K 3184/14- kein entsprechender Anspruch auf Vernichtung/Löschung und demgemäß auch keiner auf diesbezügliche Sicherung.
19Soweit es darüber hinaus gehend um die Vernichtung aller Daten in der Kriminalakte und die Löschung aller Daten in Dateien des Landes NRW (etwa auch im IGVP) geht –eine diesbezügliche Einschränkung des Begehrens ist hier nicht erfolgt- besteht schon kein Anordnungsgrund. Denn soweit Ansprüche im Hauptsacheverfahren nicht verfolgt werden, besteht keine Notwendigkeit für einstweilige Regelungen.
20Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.
21Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG und entspricht im Hinblick auf die Vorläufigkeit dieses Verfahrens der Hälfte des in einem entsprechenden Hauptsacheverfahren anzusetzenden Regelstreitwertes.
(1) Die Landeskriminalämter übermitteln dem Bundeskriminalamt nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 20 die zur Erfüllung seiner Aufgaben als Zentralstelle erforderlichen Informationen. Die Verpflichtung der Landeskriminalämter nach Satz 1 kann im Benehmen mit dem Bundeskriminalamt auch von anderen Polizeibehörden des Landes erfüllt werden. Das Bundeskriminalamt legt im Benehmen mit den Landeskriminalämtern Einzelheiten der Informationsübermittlung fest.
(2) Die Justiz- und Verwaltungsbehörden der Länder teilen dem jeweils zuständigen Landeskriminalamt unverzüglich den Beginn, die Unterbrechung und die Beendigung von Freiheitsentziehungen mit, die wegen des Verdachts oder des Nachweises einer rechtswidrigen Tat von einem Gericht angeordnet worden sind. Die Justizbehörden des Bundes und der Länder teilen dem jeweils zuständigen Landeskriminalamt unverzüglich und, soweit technisch möglich, automatisiert mit:
- 1.
die Entscheidung, dass - a)
die beschuldigte Person rechtskräftig freigesprochen wurde, - b)
die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen die beschuldigte Person unanfechtbar abgelehnt wurde oder - c)
das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt wurde
- 2.
die tragenden Gründe der Entscheidung nach Nummer 1.
(3) Absatz 1 Satz 1 gilt entsprechend für die Polizeien des Bundes, soweit die Informationen Vorgänge betreffen, die sie in eigener Zuständigkeit bearbeiten. Satz 1 gilt im Bereich der Zollverwaltung nur für den Grenzzolldienst, soweit dieser aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 68 des Bundespolizeigesetzes grenzpolizeiliche Aufgaben wahrnimmt. Im Übrigen richtet sich die Informationsübermittlung der Zollbehörden an das Bundeskriminalamt nach den Vorschriften der Abgabenordnung, des Zollverwaltungsgesetzes und des Zollfahndungsdienstgesetzes.
(4) Für die im Rahmen seiner Aufgaben nach den §§ 3 bis 8 gewonnenen Informationen gelten für das Bundeskriminalamt die Unterrichtungspflichten nach Absatz 1 Satz 1 entsprechend.
(5) Die Verantwortlichkeit für die Zulässigkeit der Übermittlung nach den Absätzen 1 bis 3 trägt die übermittelnde Stelle.
Tatbestand
- 1
-
Der im Jahr 1987 geborene Kläger begehrt die Löschung von personenbezogenen Daten aus der Datei "Gewalttäter Sport", die in das polizeiliche Informationssystem (§ 11 BKAG) - einem elektronischen Datenverbund zwischen Bund und Ländern - einbezogen ist.
- 2
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Der Kläger ist Anhänger des Fußballvereins Hannover 96 und war zeitweise in der vom Fanprojekt der Landeshauptstadt Hannover als nicht gewaltbereit eingestuften Fangruppierung "Brigade Nord 99" aktiv. Am 24. Mai 2006 besuchte der Kläger das Regionalligaspiel zwischen den Amateurmannschaften von Hannover 96 und Eintracht Braunschweig. Auf der Tribüne des Stadions waren die gegnerischen Fanblöcke durch eine Polizeikette voneinander getrennt. Kurz nach Spielbeginn betrat der Kläger in einer Gruppe von etwa 30 bis 40 Anhängern von Hannover 96 das Stadion. Der Gruppe gelang es, die Absperrung zwischen dem Zuschauerbereich und der Laufbahn des Stadions zu überwinden und vor den Braunschweiger Fanblock zu ziehen. Aus der Gruppe heraus wurden Feuerwerkskörper und - wohl auch - ein fester Gegenstand - möglicherweise ein Stein - geworfen. Nach Zeugenberichten lief der Kläger mit an der Spitze der Gruppe. Als Einsatzkräfte der Polizei die Gruppe aufhielten, kam es zu einem Zusammenstoß. Der Kläger wurde in polizeilichen Gewahrsam genommen. Bei seiner Durchsuchung wurde eine sog. Sturmhaube, d.h. eine Kopfmaske aus Stoff, gefunden. Der Kläger wurde nach dem Vorfall erkennungsdienstlich behandelt.
- 3
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Das gegen den Kläger wegen Landfriedensbruchs eingeleitete Ermittlungsverfahren stellte die Staatsanwaltschaft Hannover mit Verfügung vom 25. Oktober 2006 nach § 170 Abs. 2 StPO ein, da dem Kläger "eine Beteiligung an Ausschreitungen in der Menge (...) nach den vorliegenden Zeugenaussagen nicht nachzuweisen (ist)".
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Auf ein von ihm gestelltes Auskunftsersuchen vom 31. Januar 2007 teilte die Beklagte dem Kläger durch Schreiben vom 19. Februar 2007 mit, dass er "im Zusammenhang (...) mit einem polizeilichen Einschreiten am 24.05.2006" wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs in der Verbunddatei "Gewalttäter Sport" insbesondere mit Name und Vorname, Geburtsdatum und -ort, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Personalausweisdaten und Vereinszuordnung erfasst sei und dass die Löschung des Datensatzes am 24. Mai 2011 anstehe. Mit Schreiben vom 20. Februar 2007 beantragte der Kläger unter Vorlage der Einstellungsnachricht der Staatsanwaltschaft Hannover vom 25. Oktober 2006 die Löschung der über ihn gespeicherten Daten. Mit Bescheid vom 2. April 2007 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, die Speicherung der Daten des Klägers sei zulässig und auch weiterhin zur Aufgabenerfüllung erforderlich. Die Einstellung des Verfahrens wegen Landfriedensbruchs führe nicht zur Unzulässigkeit der Speicherung, da ein Resttatverdacht fortbestehe. Die Einstellung sei nämlich nicht darauf gestützt worden, dass jeglicher Verdacht entfallen sei. Der Vorfall vom 24. Mai 2006 rechtfertige auch die Annahme, dass in Zukunft mit vergleichbaren Vorkommnissen zu rechnen sei.
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Mit Urteil vom 22. Mai 2008 hat das Verwaltungsgericht Hannover die Beklagte auf die Klage des Klägers verpflichtet, die über ihn in der Verbunddatei "Gewalttäter Sport" gespeicherten oder aufbewahrten personenbezogenen Daten zu löschen.
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Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der Beklagten hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht durch Urteil vom 16. Dezember 2008 zurückgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, Rechtsgrundlage für das Klagebegehren sei § 32 Abs. 2 BKAG; danach seien die gespeicherten Daten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig oder ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich sei. Zwar sei die weitere Speicherung der Daten des Klägers nicht schon nach § 8 Abs. 3 BKAG als unzulässig anzusehen. Denn aus den Gründen der staatsanwaltschaftlichen Einstellungsverfügung ergebe sich nicht, dass der Kläger den ihm vorgeworfenen Landfriedensbruch nicht oder nicht rechtswidrig begangen habe. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Daten für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich seien. Vielmehr rechtfertige das Verhalten des Klägers am 24. Mai 2006 die Befürchtung, dass er sich auch bei anderen Fußballspielen nicht ordnungsgemäß verhalten werde. Die Aufnahme der Daten in die Datei wäre demnach bei Bestehen einer wirksamen Rechtsgrundlage nicht zu beanstanden. Die Datenerhebung und -speicherung stelle sich jedoch deshalb als unzulässig dar, weil es bislang an der nach § 7 Abs. 6 BKAG erforderlichen Rechtsverordnung fehle, die für die Rechtmäßigkeit der Datenspeicherung konstitutiv sei.
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Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Sie meint, der Erlass der in § 7 Abs. 6 BKAG vorgesehenen Rechtsverordnung sei keine notwendige Voraussetzung für die Speicherung von Daten in einer Verbunddatei, denn das Gesetz selbst treffe alle wesentlichen Regelungen über Zweck und Umfang der Datensammlung. Jedenfalls aber habe die Verordnung vom 4. Juni 2010 über die Art der Daten, die nach den §§ 8 und 9 BKAG gespeichert werden dürfen, die etwa bestehende Regelungslücke geschlossen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Urteile des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 2008 und des Verwaltungsgerichts Hannover vom 22. Mai 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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Er tritt der Revision entgegen und verteidigt das Berufungsurteil: Unbeschadet des Umstandes, dass es an der in § 7 Abs. 6 BKAG vorgeschriebenen Rechtsverordnung bis zuletzt gefehlt habe, sei die Speicherung seiner personenbezogenen Daten auch deshalb rechtswidrig, weil das seinerzeit gegen ihn geführte staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren den Tatverdacht nicht erhärtet habe, sondern eingestellt worden sei.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) (1.). Die Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO) (2.). Über die Revision kann der Senat gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO auf der Grundlage der vom Oberverwaltungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen in der Sache selbst entscheiden; weiterer tatsächlicher Ermittlungen oder Würdigungen bedarf es nicht (3.).
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1. Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, die über ihn gespeicherten und/oder aufbewahrten Daten in der Datei "Gewalttäter Sport" zu löschen. Als Rechtsgrundlage für den Löschungsanspruch kommt § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG in Betracht (a)). Die Beklagte ist für diesen Anspruch passivlegitimiert (b)). In dem für die revisionsgerichtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt trifft allerdings die Annahme des Oberverwaltungsgerichts nicht mehr zu, die Voraussetzungen für den Löschungsanspruch aus § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG lägen vor, weil es an der nach § 7 Abs. 6 BKAG vorgesehenen Rechtsverordnung über die Art der Daten fehle, die nach §§ 8 und 9 BKAG gespeichert werden dürfen (c)).
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a) Die Voraussetzungen des Löschungsanspruchs beurteilen sich nach § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG. Danach hat das Bundeskriminalamt die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist oder ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist.
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b) Der Kläger begehrt zwar die Löschung von Daten aus einer Datei, die vom Bundeskriminalamt errichtet worden ist und betrieben wird. Dennoch nimmt er zu Recht die beklagte Polizeidirektion Hannover für die Löschung der über ihn gespeicherten Daten in Anspruch.
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Aufgrund der Feststellungen im Berufungsurteil steht fest, dass die streitgegenständlichen Daten von der Beklagten in das polizeiliche Informationssystem "Gewalttäter Sport" beim Bundeskriminalamt eingegeben worden sind. Das polizeiliche Informationssystem (§ 11 BKAG - INPOL) wird im Rahmen der Bundesaufgabe des Bundeskriminalamtes nach § 2 Abs. 3 BKAG geführt. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 BKAG bestimmt das Bundesministerium des Innern im Einvernehmen mit den Innenministerien/Senatsinnenverwaltungen der Länder die Dateien, die in das polizeiliche Informationssystem einzubeziehen sind. Zu diesen Dateien zählt die Datei "Gewalttäter Sport" als eine Verbunddatei. Verbunddateien sind vom Bundeskriminalamt als Zentralstelle für den elektronischen Datenverbund zwischen Bund und Ländern geführte Dateien des polizeilichen Informationssystems, wobei die jeweils von den Ländern in eigener Zuständigkeit gewonnenen Daten dezentral und unmittelbar in das Verbundsystem eingegeben und diese Daten im System für alle Verbundteilnehmer zum Abruf bereitgehalten werden (s. § 11 Abs. 2 BKAG; vgl. auch Petri, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. 2007, S. 854 ff.; Ahlf/Daub/Lersch/Störzer, BKAG 2000, § 8 Rn. 2a).
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Bei in Dateien des polizeilichen Informationssystems gespeicherten personenbezogenen Daten obliegt die Pflicht zur Löschung im Sinne von § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG der Stelle, welche die datenschutzrechtliche Verantwortung nach § 12 Abs. 2 BKAG trägt (§ 32 Abs. 9 BKAG). Die datenschutzrechtliche Verantwortung für die bei der Zentralstelle gespeicherten Daten, namentlich die Rechtmäßigkeit der Erhebung, die Zulässigkeit der Eingabe sowie die Richtigkeit oder Aktualität der Daten, obliegt im Rahmen des polizeilichen Informationssystems gemäß § 12 Abs. 2 BKAG der Stelle, welche die Daten unmittelbar eingegeben hat. Dementsprechend hat nach § 11 Abs. 3 BKAG nur diese Behörde die Befugnis zur Änderung, Berichtigung oder Löschung von Daten (vgl. Urteil vom 22. Oktober 2003 - BVerwG 6 C 3.03 - Buchholz 402.46 BKAG Nr. 2 S. 3 f.).
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c) Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Datenerhebung und -speicherung grundsätzlich so lange im Sinne von § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG unzulässig war, wie es an der Rechtsverordnung gemäß § 7 Abs. 6 BKAG fehlte. Die Notwendigkeit zum Erlass einer derartigen Rechtsverordnung ergibt sich daraus, dass § 11 Abs. 2 Satz 3 BKAG für die Dateneingabe auf §§ 7 bis 9 BKAG verweist und damit auch auf § 8 Abs. 1 BKAG - betreffend die Speicherung der dort aufgeführten Basisdaten von Beschuldigten - und § 8 Abs. 2 BKAG - betreffend die Speicherung weiterer personenbezogener Daten von Beschuldigten sowie personenbezogener Daten von Tatverdächtigen. Von der Verweisung in § 11 Abs. 2 Satz 3 BKAG wird ebenfalls § 7 Abs. 6 BKAG erfasst, wonach das Bundesministerium des Innern mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung "das Nähere über die Art der Daten" bestimmt, die u.a. nach § 8 BKAG gespeichert werden dürfen. Bei der Regelung des § 7 Abs. 6 BKAG handelt es sich nicht um eine bloße Verordnungsermächtigung, sondern um einen strikten Regelungsauftrag, durch den der Gesetzgeber das Bundesministerium des Innern zum Erlass der Rechtsverordnung verpflichtet hat. Von einer näheren Begründung sieht der Senat insoweit ab. Denn hierauf kommt es jetzt nicht mehr entscheidend an.
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Den Mangel einer fehlenden Rechtsverordnung nach § 7 Abs. 6 BKAG hat das Bundesministerium des Innern nämlich bis zum rechtserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat am 9. Juni 2010 behoben. An diesem Tag ist die "Verordnung über die Art der Daten, die nach den §§ 8 und 9 des Bundeskriminalamtgesetzes gespeichert werden dürfen" vom 4. Juni 2010 (BGBl I S. 716) - DatenVO - in Kraft getreten (vgl. Art. 3 Abs. 1 DatenVO). Zu den Daten, die gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 BKAG vom Bundeskriminalamt von Beschuldigten gespeichert werden dürfen, gehören demnach gemäß § 1 Abs. 1 DatenVO u.a. Familienname (Nr. 1), Vornamen (Nr. 2), Geschlecht (Nr. 12), Geburtsdatum (Nr. 13), Geburtsort (Nr. 14) und Staatsangehörigkeit (Nr. 18), ferner gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 8 DatenVO Angaben zu Identitätsdokumenten wie dem Personalausweis; zu den weiteren personenbezogenen Daten von Beschuldigten im Sinne von § 8 Abs. 2 BKAG zählen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 13 DatenVO Beziehungen zu Personen und Gruppenzugehörigkeit. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b DatenVO führt das Bundeskriminalamt als Zentralstelle auf der Grundlage von § 8 BKAG unter anderem Dateien, die der Verhinderung gewalttätiger Auseinandersetzungen und sonstiger Straftaten im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen, insbesondere mit Fußballspielen, dienen. Nach den Feststellungen im Berufungsurteil wurde der Kläger im Zusammenhang mit einem polizeilichen Einschreiten bei einem Fußballspiel wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs in der Verbunddatei "Gewalttäter Sport" insbesondere mit den Daten Name und Vorname, Geburtsdatum und -ort, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Personalausweisdaten und Vereinszuordnung erfasst. Die Speicherung dieser Angaben steht mit § 8 Abs. 1 und 2 BKAG in Verbindung mit voranstehend aufgeführten Regelungen in der DatenVO in Einklang.
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Der Senat hat diese geänderte Rechtslage zu berücksichtigen.
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Der Prüfung des geltend gemachten Verpflichtungsbegehrens ist die Rechtslage zugrunde zu legen, die das Berufungsgericht zu berücksichtigen hätte, wenn es nunmehr anstelle des Revisionsgerichts entschiede (Urteil vom 9. September 1998 - BVerwG 1 C 14.95 - Buchholz 402.46 BKAG Nr. 1 m.w.N.). Dem Anspruch auf Löschung von Daten hätte das Berufungsgericht nunmehr die Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Soweit es um die Frage geht, ob die begehrte behördliche Maßnahme schon aus Rechtsgründen getroffen oder versagt werden muss, ist auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz abzustellen. Dem Bundeskriminalamtgesetz und der zu seiner Ausführung ergangenen Rechtsverordnung lässt sich kein Hinweis darauf entnehmen, dass dieser Grundsatz nicht gelten soll. Im Gegenteil spricht die Zielsetzung dieses Gesetzes, die verfassungsrechtlich gebotenen bereichsspezifischen Rechtsgrundlagen für die polizeiliche Informationsverarbeitung zu schaffen (vgl. BTDrucks 13/1550 S. 19; 13/7208 S. 1), für seine Anwendung auch auf Daten, die vor dem Inkrafttreten der Rechtsverordnung gespeichert worden sind, und auf diesbezügliche Löschungs- und Auskunftsbegehren unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Geltendmachung (Urteil vom 9. September 1998 a.a.O. S. 2).
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2. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die streitgegenständlichen Daten sind nämlich gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG weder zu löschen, weil ihre Speicherung im Hinblick auf die fehlenden Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 BKAG unzulässig (a)), noch weil ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist (b)).
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a) Unzulässig im Sinne von § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG ist die Speicherung von Daten eines Beschuldigten nach § 8 Abs. 3 BKAG dann, wenn der Beschuldigte rechtskräftig freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn unanfechtbar abgelehnt oder das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt worden ist und sich aus den Gründen der Entscheidung ergibt, dass der Betroffene die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat. Das den vorliegenden Rechtsstreit auslösende Verfahren ist nicht nur vorübergehend gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Entscheidend ist daher, ob sich aus den Entscheidungsgründen ergibt, dass der Betroffene die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat. Das ist nach den für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht der Fall.
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Der Wortlaut des § 8 Abs. 3 BKAG zeigt, dass die Speicherung nur unzulässig ist, wenn sich aus den Gründen der Entscheidung positiv ergibt, dass der Betroffene die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat. Das Gesetz stellt nicht darauf ab, ob sich aus der Entscheidung ergibt, dass Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass ein Restverdacht besteht (s. Urteil vom 22. Oktober 2003 a.a.O. S. 2). Ergibt sich aus den Gründen der Einstellungsverfügung nicht, dass die Einstellung positiv deshalb erfolgt ist, weil der Kläger die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat, so ist der Tatbestand des § 8 Abs. 3 BKAG nicht erfüllt. Mit dieser Auslegung steht das Gesetz mit höherrangigem Recht in Einklang und verstößt insbesondere nicht gegen die in Art. 6 Abs. 2 EMRK verbürgte Unschuldsvermutung. Denn die Berücksichtigung von Verdachtsgründen, die auch nach einer Verfahrensbeendigung durch Freispruch oder Einstellung fortbestehen können, stellt keine Schuldfeststellung oder -zuweisung dar, wenn und soweit sie bei Wiederholungsgefahr anderen Zwecken, insbesondere der vorbeugenden Straftatenbekämpfung, dient (s. BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. Mai 2002 - 1 BvR 2257/01 - NJW 2002, 3231).
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Nach den Feststellungen im Berufungsurteil ergibt sich aus den Gründen der Einstellungsverfügung nicht, dass die Einstellung positiv deshalb erfolgt ist, weil der Kläger die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat. Das nach dem Vorfall vom 24. Mai 2006 gegen den Kläger wegen Landfriedensbruchs (§ 125 StGB) eingeleitete strafrechtliche Ermittlungsverfahren wurde nämlich von der Staatsanwaltschaft Hannover im Oktober 2006 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da "eine Beteiligung an Ausschreitungen in der Menge dem Kläger nach den vorliegenden Zeugenaussagen nicht nachzuweisen ist" (Berufungsurteil S. 3). Das Oberverwaltungsgericht hat die Voraussetzungen des § 32 Abs. 2 i.V.m. § 8 Abs. 3 BKAG ausdrücklich verneint, da sich aus der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft nach § 170 Abs. 2 StPO nicht positiv ergebe, dass der Kläger die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen habe. Die Einstellung sei vielmehr erfolgt, weil kein hinreichender Tatnachweis zu erbringen gewesen sei. Ein Resttatverdacht sei damit nach wie vor im Raum (Berufungsurteil S. 9).
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An diesem auf den insoweit eindeutigen, bindenden und revisionsrechtlich nicht angegriffenen Tatsachenfeststellungen im Berufungsurteil (§ 137 Abs. 2 VwGO) beruhenden Ergebnis ändert sich auch nichts dadurch, dass dem Kläger selbst nur die Einstellung des Ermittlungsverfahrens als solche ohne jegliche Begründung mitgeteilt wurde.
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Die staatsanwaltschaftliche Rechtspraxis der Handhabung und Begründung einer Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO beruht auf den Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV). Dort ist unter Nr. 88 "Mitteilung an den Beschuldigten" vorgesehen: "In der Mitteilung an den Beschuldigten nach § 170 Abs. 2 StPO sind die Gründe der Einstellung nur auf Antrag und dann auch nur soweit bekannt zu geben, als kein schutzwürdiges Interesse entgegensteht. Hat sich herausgestellt, dass der Beschuldigte unschuldig ist oder dass gegen ihn kein begründeter Verdacht mehr besteht, so ist dies in der Mitteilung auszusprechen." Daraus folgt, dass die von Nr. 88 RiStBV vorgesehene Auskunftspraxis an den Beschuldigten bei Verfahrenseinstellungen nach § 170 Abs. 2 StPO einerseits und die Gründe für eine unzulässige Speicherung gemäß § 8 Abs. 3 BKAG zwar auf denselben Bezugspunkt - die Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens - zielen, sich aber inkompatibler Kategorien bedienen. Nach Nr. 88 RiStBV wird ggf. ausgesprochen, "dass der Beschuldigte unschuldig ist oder dass gegen ihn kein begründeter Verdacht mehr besteht", während nach § 8 Abs. 3 BKAG verlangt wird "dass der Betroffene die Tat nicht (1. Alt.) oder nicht rechtswidrig begangen hat (2. Alt.)". Wird die Einstellungsverfügung gemäß den Regeln der RiStBV formuliert, ist ihr nicht unmittelbar zu entnehmen, ob der Kläger "die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat", weil nur etwas über seine "Unschuld" mitgeteilt wird oder den nicht mehr bestehenden "begründeten Verdacht". Aus Gründen der Rechtssicherheit wäre deshalb eine Anpassung der Begrifflichkeiten in § 170 StPO, Nr. 88 RiStBV, § 8 Abs. 3 BKAG und § 484 Abs. 2 Satz 2 StPO mit dem Ziel nützlich, die Folgen der Einstellung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens für die Befugnis zur Datenspeicherung aus Gründen der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung oder der Strafverfolgungsvorsorge normklarer zu gestalten.
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Für die Frage, ob sich im Sinne von § 8 Abs. 3 BKAG aus den Gründen der (verfahrenseinstellenden) Entscheidung ergibt, dass der Betroffene die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat, kommt es allerdings nicht in erster Linie auf die Mitteilung der Staatsanwaltschaft an den Beschuldigten, sondern vielmehr auf die Mitteilung der Staatsanwaltschaft an die Polizeibehörde an, die im Rahmen des polizeilichen Informationssystems die datenschutzrechtliche Verantwortung für die bei der Zentralstelle gespeicherten Daten trägt (§ 12 Abs. 2 BKAG). Nach § 482 Abs. 2 StPO unterrichtet die Staatsanwaltschaft die Polizeibehörde, die mit der Angelegenheit befasst war, über den Ausgang des Verfahrens zwar grundsätzlich nur durch Mitteilung der Entscheidungsformel; sie kann "im Falle des Erforderns" aber auch die mit Gründen versehene Einstellungsentscheidung übersenden. Die verantwortliche Polizeibehörde ist ggf. gehalten, ein solches Ersuchen an die Staatsanwaltschaft zu richten, bevor sie nach einer Verfahrenseinstellung über die Speicherung bzw. Löschung von Beschuldigtendaten entscheidet. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte der ihr mitgeteilten Kurzbegründung der Staatsanwaltschaft entnommen, dass gegen den Kläger ein Resttatverdacht fortbesteht.
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b) Das Bundeskriminalamt hat gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten ferner zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist. Gemäß § 32 Abs. 3 BKAG prüft das Bundeskriminalamt bei der Einzelfallbearbeitung und nach festgesetzten Fristen, ob gespeicherte personenbezogene Daten zu berichtigen oder zu löschen sind. Die Aussonderungsprüffristen dürfen bei Erwachsenen zehn Jahre nicht überschreiten, wobei nach Zweck der Speicherung sowie Art und Schwere des Sachverhalts zu unterscheiden ist. Nach § 34 Abs. 1 Nr. 8 BKAG sind in der Errichtungsanordnung Prüffristen und Speicherungsdauer festzulegen. Regelmäßig ist die Kenntnis der Daten im Sinne des § 32 Abs. 2 BKAG nicht mehr erforderlich, wenn die Aussonderungsprüffrist abgelaufen ist. Die Aussonderungsprüffrist beginnt gemäß § 32 Abs. 5 Satz 1 BKAG regelmäßig mit dem Tag, an dem das letzte Ereignis eingetreten ist, das zur Speicherung der Daten geführt hat. Diese Regelung unterscheidet sich von derjenigen in § 489 Abs. 6 StPO und § 494 Abs. 2 StPO dadurch, dass nach den zuletzt genannten Bestimmungen ausdrücklich spätere Speicherungen berücksichtigt werden, indem sie die Löschung hinausschieben, bis für alle Eintragungen die Löschungsvoraussetzungen erfüllt sind. Demgegenüber knüpft § 32 Abs. 5 BKAG an das letzte Ereignis an, das zur Speicherung der Daten geführt hat (Urteil vom 22. Oktober 2003 a.a.O. S. 3). Nach Nr. 8.1.1 Satz 1 der Errichtungsanordnung für die Datei "Gewalttäter Sport" beträgt die Aussonderungsprüffrist für Erwachsene und Jugendliche grundsätzlich fünf Jahre.
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Die Voraussetzungen zur Löschung liegen demnach noch nicht vor. Bezogen auf die mündliche Verhandlung im Berufungsverfahren war die Fünfjahresfrist noch nicht verstrichen. Die Umstände des Einzelfalles gebieten keine Verkürzung der Frist. Dies ergibt sich aus den Feststellungen im Berufungsurteil. Darin ist ausgeführt, wenn es auch im Einzelnen strittig sei, wie es zu der Schlagverletzung bei dem Kläger gekommen sei, so hätten doch zwei Zeugen übereinstimmend und vom Kläger auch nicht bestritten ausgesagt, dass er an der Spitze der Gruppe von ca. 30 bis 40 Personen gelaufen sei, die über die Absperrung hinweg auf die Tartanbahn des Sportplatzes gelangt und auf die gegnerische Fangemeinde zugelaufen sei. Schon dieses Verhalten des Klägers zeige, dass er als Sportzuschauer nicht gewillt sei, sich an die Vorgaben der Polizei zu halten und Absperrungen zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Fußballspieles zu beachten. Dass es sich auch aus Sicht der veranstaltenden Vereine um ein erhebliches Fehlverhalten gehandelt habe, werde daran deutlich, dass gegenüber dem Kläger von dem Fußballverein Hannover 96 für den Zeitraum von Februar 2007 bis Juni 2008 ein bundesweites Stadionverbot ausgesprochen worden sei. Auch wenn die "Brigade Nord 99", zu der der Kläger gehört, nicht als gewaltbereite Fangruppierung eingestuft werde, rechtfertige sein Verhalten am 24. Mai 2006 die Befürchtung, dass er auch bei anderen Fußballspielen sich nicht ordnungsgemäß verhalten werde. Diese Feststellungen sind ausreichend, die Aufnahme des Klägers in die Datei "Gewalttäter Sport" gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG weiterhin für erforderlich zu halten.
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3. Über die Revision kann der Senat gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO auf der Grundlage der vom Oberverwaltungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen in der Sache selbst entscheiden; weiterer tatsächlicher Ermittlungen oder Würdigungen bedarf es nicht. Aus den vorgenannten Gründen waren die Urteile des Oberverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.
(1) Die Landeskriminalämter übermitteln dem Bundeskriminalamt nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 20 die zur Erfüllung seiner Aufgaben als Zentralstelle erforderlichen Informationen. Die Verpflichtung der Landeskriminalämter nach Satz 1 kann im Benehmen mit dem Bundeskriminalamt auch von anderen Polizeibehörden des Landes erfüllt werden. Das Bundeskriminalamt legt im Benehmen mit den Landeskriminalämtern Einzelheiten der Informationsübermittlung fest.
(2) Die Justiz- und Verwaltungsbehörden der Länder teilen dem jeweils zuständigen Landeskriminalamt unverzüglich den Beginn, die Unterbrechung und die Beendigung von Freiheitsentziehungen mit, die wegen des Verdachts oder des Nachweises einer rechtswidrigen Tat von einem Gericht angeordnet worden sind. Die Justizbehörden des Bundes und der Länder teilen dem jeweils zuständigen Landeskriminalamt unverzüglich und, soweit technisch möglich, automatisiert mit:
- 1.
die Entscheidung, dass - a)
die beschuldigte Person rechtskräftig freigesprochen wurde, - b)
die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen die beschuldigte Person unanfechtbar abgelehnt wurde oder - c)
das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt wurde
- 2.
die tragenden Gründe der Entscheidung nach Nummer 1.
(3) Absatz 1 Satz 1 gilt entsprechend für die Polizeien des Bundes, soweit die Informationen Vorgänge betreffen, die sie in eigener Zuständigkeit bearbeiten. Satz 1 gilt im Bereich der Zollverwaltung nur für den Grenzzolldienst, soweit dieser aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 68 des Bundespolizeigesetzes grenzpolizeiliche Aufgaben wahrnimmt. Im Übrigen richtet sich die Informationsübermittlung der Zollbehörden an das Bundeskriminalamt nach den Vorschriften der Abgabenordnung, des Zollverwaltungsgesetzes und des Zollfahndungsdienstgesetzes.
(4) Für die im Rahmen seiner Aufgaben nach den §§ 3 bis 8 gewonnenen Informationen gelten für das Bundeskriminalamt die Unterrichtungspflichten nach Absatz 1 Satz 1 entsprechend.
(5) Die Verantwortlichkeit für die Zulässigkeit der Übermittlung nach den Absätzen 1 bis 3 trägt die übermittelnde Stelle.
(1) Zu löschen sind, unbeschadet der anderen, in § 75 Absatz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes genannten Gründe für die Pflicht zur Löschung,
- 1.
die nach § 483 gespeicherten Daten mit der Erledigung des Verfahrens, soweit ihre Speicherung nicht nach den §§ 484 und 485 zulässig ist, - 2.
die nach § 484 gespeicherten Daten, soweit die dortigen Voraussetzungen nicht mehr vorliegen und ihre Speicherung nicht nach § 485 zulässig ist, und - 3.
die nach § 485 gespeicherten Daten, sobald ihre Speicherung zur Vorgangsverwaltung nicht mehr erforderlich ist.
(2) Als Erledigung des Verfahrens gilt die Erledigung bei der Staatsanwaltschaft oder, sofern die öffentliche Klage erhoben wurde, bei Gericht. Ist eine Strafe oder eine sonstige Sanktion angeordnet worden, so ist der Abschluss der Vollstreckung oder der Erlass maßgeblich. Wird das Verfahren eingestellt und hindert die Einstellung die Wiederaufnahme der Verfolgung nicht, so ist das Verfahren mit Eintritt der Verjährung als erledigt anzusehen.
(3) Der Verantwortliche prüft nach festgesetzten Fristen, ob gespeicherte Daten zu löschen sind. Die Frist zur Überprüfung der Notwendigkeit der Speicherung nach § 75 Absatz 4 des Bundesdatenschutzgesetzes beträgt für die nach § 484 gespeicherten Daten
- 1.
bei Beschuldigten, die zur Tatzeit das achtzehnte Lebensjahr vollendet hatten, zehn Jahre, - 2.
bei Jugendlichen fünf Jahre, - 3.
in den Fällen des rechtskräftigen Freispruchs, der unanfechtbaren Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens und der nicht nur vorläufigen Verfahrenseinstellung drei Jahre, - 4.
bei nach § 484 Absatz 1 gespeicherten Daten zu Personen, die zur Tatzeit nicht strafmündig waren, zwei Jahre.
(4) Der Verantwortliche kann in der Errichtungsanordnung nach § 490 kürzere Prüffristen festlegen.
(5) Die Fristen nach Absatz 3 beginnen mit dem Tag, an dem das letzte Ereignis eingetreten ist, das zur Speicherung der Daten geführt hat, jedoch nicht vor
- 1.
Entlassung der betroffenen Person aus einer Justizvollzugsanstalt oder - 2.
Beendigung einer mit Freiheitsentziehung verbundenen Maßregel der Besserung und Sicherung.
(6) § 58 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 3 des Bundesdatenschutzgesetzes gilt für die Löschung nach Absatz 1 entsprechend. Darüber hinaus ist an Stelle der Löschung personenbezogener Daten deren Verarbeitung einzuschränken, soweit die Daten für laufende Forschungsarbeiten benötigt werden. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist ferner einzuschränken, soweit sie nur zu Zwecken der Datensicherung oder der Datenschutzkontrolle gespeichert sind. Daten, deren Verarbeitung nach den Sätzen 1 oder 2 eingeschränkt ist, dürfen nur zu dem Zweck verwendet werden, für den ihre Löschung unterblieben ist. Sie dürfen auch verwendet werden, soweit dies zur Behebung einer bestehenden Beweisnot unerlässlich ist.
(7) Anstelle der Löschung der Daten sind die Datenträger an ein Staatsarchiv abzugeben, soweit besondere archivrechtliche Regelungen dies vorsehen.
(1) In den Fällen des § 58 Absatz 1 und des § 75 Absatz 1 des Bundesdatenschutzgesetzes teilt der Verantwortliche insbesondere der Registerbehörde die Unrichtigkeit unverzüglich mit; der Verantwortliche trägt die Verantwortung für die Richtigkeit und Aktualität der Daten.
(2) Die Daten sind zu löschen, sobald sich aus dem Bundeszentralregister ergibt, dass in dem Strafverfahren, aus dem die Daten übermittelt worden sind, eine nach § 20 des Bundeszentralregistergesetzes mitteilungspflichtige gerichtliche Entscheidung oder Verfügung der Strafverfolgungsbehörde ergangen ist. Wird der Beschuldigte rechtskräftig freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn unanfechtbar abgelehnt oder das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt, so sind die Daten zwei Jahre nach der Erledigung des Verfahrens zu löschen, es sei denn, vor Eintritt der Löschungsfrist wird ein weiteres Verfahren zur Eintragung in das Verfahrensregister mitgeteilt. In diesem Fall bleiben die Daten gespeichert, bis für alle Eintragungen die Löschungsvoraussetzungen vorliegen. Die Staatsanwaltschaft teilt der Registerbehörde unverzüglich den Eintritt der Löschungsvoraussetzungen oder den Beginn der Löschungsfrist nach Satz 2 mit.
(3) § 489 Absatz 7 gilt entsprechend.
(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die näheren Einzelheiten, insbesondere
- 1.
die Art der zu verarbeitenden Daten, - 2.
die Anlieferung der zu verarbeitenden Daten, - 3.
die Voraussetzungen, unter denen in dem Dateisystem verarbeitete Daten an welche Empfänger und in welchem Verfahren übermittelt werden, - 4.
die Einrichtung eines automatisierten Abrufverfahrens, - 5.
die nach den §§ 64, 71 und 72 des Bundesdatenschutzgesetzes erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen.
Tatbestand
- 1
-
Der im Jahr 1987 geborene Kläger begehrt die Löschung von personenbezogenen Daten aus der Datei "Gewalttäter Sport", die in das polizeiliche Informationssystem (§ 11 BKAG) - einem elektronischen Datenverbund zwischen Bund und Ländern - einbezogen ist.
- 2
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Der Kläger ist Anhänger des Fußballvereins Hannover 96 und war zeitweise in der vom Fanprojekt der Landeshauptstadt Hannover als nicht gewaltbereit eingestuften Fangruppierung "Brigade Nord 99" aktiv. Am 24. Mai 2006 besuchte der Kläger das Regionalligaspiel zwischen den Amateurmannschaften von Hannover 96 und Eintracht Braunschweig. Auf der Tribüne des Stadions waren die gegnerischen Fanblöcke durch eine Polizeikette voneinander getrennt. Kurz nach Spielbeginn betrat der Kläger in einer Gruppe von etwa 30 bis 40 Anhängern von Hannover 96 das Stadion. Der Gruppe gelang es, die Absperrung zwischen dem Zuschauerbereich und der Laufbahn des Stadions zu überwinden und vor den Braunschweiger Fanblock zu ziehen. Aus der Gruppe heraus wurden Feuerwerkskörper und - wohl auch - ein fester Gegenstand - möglicherweise ein Stein - geworfen. Nach Zeugenberichten lief der Kläger mit an der Spitze der Gruppe. Als Einsatzkräfte der Polizei die Gruppe aufhielten, kam es zu einem Zusammenstoß. Der Kläger wurde in polizeilichen Gewahrsam genommen. Bei seiner Durchsuchung wurde eine sog. Sturmhaube, d.h. eine Kopfmaske aus Stoff, gefunden. Der Kläger wurde nach dem Vorfall erkennungsdienstlich behandelt.
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Das gegen den Kläger wegen Landfriedensbruchs eingeleitete Ermittlungsverfahren stellte die Staatsanwaltschaft Hannover mit Verfügung vom 25. Oktober 2006 nach § 170 Abs. 2 StPO ein, da dem Kläger "eine Beteiligung an Ausschreitungen in der Menge (...) nach den vorliegenden Zeugenaussagen nicht nachzuweisen (ist)".
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Auf ein von ihm gestelltes Auskunftsersuchen vom 31. Januar 2007 teilte die Beklagte dem Kläger durch Schreiben vom 19. Februar 2007 mit, dass er "im Zusammenhang (...) mit einem polizeilichen Einschreiten am 24.05.2006" wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs in der Verbunddatei "Gewalttäter Sport" insbesondere mit Name und Vorname, Geburtsdatum und -ort, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Personalausweisdaten und Vereinszuordnung erfasst sei und dass die Löschung des Datensatzes am 24. Mai 2011 anstehe. Mit Schreiben vom 20. Februar 2007 beantragte der Kläger unter Vorlage der Einstellungsnachricht der Staatsanwaltschaft Hannover vom 25. Oktober 2006 die Löschung der über ihn gespeicherten Daten. Mit Bescheid vom 2. April 2007 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, die Speicherung der Daten des Klägers sei zulässig und auch weiterhin zur Aufgabenerfüllung erforderlich. Die Einstellung des Verfahrens wegen Landfriedensbruchs führe nicht zur Unzulässigkeit der Speicherung, da ein Resttatverdacht fortbestehe. Die Einstellung sei nämlich nicht darauf gestützt worden, dass jeglicher Verdacht entfallen sei. Der Vorfall vom 24. Mai 2006 rechtfertige auch die Annahme, dass in Zukunft mit vergleichbaren Vorkommnissen zu rechnen sei.
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Mit Urteil vom 22. Mai 2008 hat das Verwaltungsgericht Hannover die Beklagte auf die Klage des Klägers verpflichtet, die über ihn in der Verbunddatei "Gewalttäter Sport" gespeicherten oder aufbewahrten personenbezogenen Daten zu löschen.
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Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der Beklagten hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht durch Urteil vom 16. Dezember 2008 zurückgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, Rechtsgrundlage für das Klagebegehren sei § 32 Abs. 2 BKAG; danach seien die gespeicherten Daten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig oder ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich sei. Zwar sei die weitere Speicherung der Daten des Klägers nicht schon nach § 8 Abs. 3 BKAG als unzulässig anzusehen. Denn aus den Gründen der staatsanwaltschaftlichen Einstellungsverfügung ergebe sich nicht, dass der Kläger den ihm vorgeworfenen Landfriedensbruch nicht oder nicht rechtswidrig begangen habe. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Daten für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich seien. Vielmehr rechtfertige das Verhalten des Klägers am 24. Mai 2006 die Befürchtung, dass er sich auch bei anderen Fußballspielen nicht ordnungsgemäß verhalten werde. Die Aufnahme der Daten in die Datei wäre demnach bei Bestehen einer wirksamen Rechtsgrundlage nicht zu beanstanden. Die Datenerhebung und -speicherung stelle sich jedoch deshalb als unzulässig dar, weil es bislang an der nach § 7 Abs. 6 BKAG erforderlichen Rechtsverordnung fehle, die für die Rechtmäßigkeit der Datenspeicherung konstitutiv sei.
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Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Sie meint, der Erlass der in § 7 Abs. 6 BKAG vorgesehenen Rechtsverordnung sei keine notwendige Voraussetzung für die Speicherung von Daten in einer Verbunddatei, denn das Gesetz selbst treffe alle wesentlichen Regelungen über Zweck und Umfang der Datensammlung. Jedenfalls aber habe die Verordnung vom 4. Juni 2010 über die Art der Daten, die nach den §§ 8 und 9 BKAG gespeichert werden dürfen, die etwa bestehende Regelungslücke geschlossen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Urteile des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 2008 und des Verwaltungsgerichts Hannover vom 22. Mai 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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Er tritt der Revision entgegen und verteidigt das Berufungsurteil: Unbeschadet des Umstandes, dass es an der in § 7 Abs. 6 BKAG vorgeschriebenen Rechtsverordnung bis zuletzt gefehlt habe, sei die Speicherung seiner personenbezogenen Daten auch deshalb rechtswidrig, weil das seinerzeit gegen ihn geführte staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren den Tatverdacht nicht erhärtet habe, sondern eingestellt worden sei.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) (1.). Die Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO) (2.). Über die Revision kann der Senat gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO auf der Grundlage der vom Oberverwaltungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen in der Sache selbst entscheiden; weiterer tatsächlicher Ermittlungen oder Würdigungen bedarf es nicht (3.).
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1. Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, die über ihn gespeicherten und/oder aufbewahrten Daten in der Datei "Gewalttäter Sport" zu löschen. Als Rechtsgrundlage für den Löschungsanspruch kommt § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG in Betracht (a)). Die Beklagte ist für diesen Anspruch passivlegitimiert (b)). In dem für die revisionsgerichtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt trifft allerdings die Annahme des Oberverwaltungsgerichts nicht mehr zu, die Voraussetzungen für den Löschungsanspruch aus § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG lägen vor, weil es an der nach § 7 Abs. 6 BKAG vorgesehenen Rechtsverordnung über die Art der Daten fehle, die nach §§ 8 und 9 BKAG gespeichert werden dürfen (c)).
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a) Die Voraussetzungen des Löschungsanspruchs beurteilen sich nach § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG. Danach hat das Bundeskriminalamt die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist oder ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist.
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b) Der Kläger begehrt zwar die Löschung von Daten aus einer Datei, die vom Bundeskriminalamt errichtet worden ist und betrieben wird. Dennoch nimmt er zu Recht die beklagte Polizeidirektion Hannover für die Löschung der über ihn gespeicherten Daten in Anspruch.
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Aufgrund der Feststellungen im Berufungsurteil steht fest, dass die streitgegenständlichen Daten von der Beklagten in das polizeiliche Informationssystem "Gewalttäter Sport" beim Bundeskriminalamt eingegeben worden sind. Das polizeiliche Informationssystem (§ 11 BKAG - INPOL) wird im Rahmen der Bundesaufgabe des Bundeskriminalamtes nach § 2 Abs. 3 BKAG geführt. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 BKAG bestimmt das Bundesministerium des Innern im Einvernehmen mit den Innenministerien/Senatsinnenverwaltungen der Länder die Dateien, die in das polizeiliche Informationssystem einzubeziehen sind. Zu diesen Dateien zählt die Datei "Gewalttäter Sport" als eine Verbunddatei. Verbunddateien sind vom Bundeskriminalamt als Zentralstelle für den elektronischen Datenverbund zwischen Bund und Ländern geführte Dateien des polizeilichen Informationssystems, wobei die jeweils von den Ländern in eigener Zuständigkeit gewonnenen Daten dezentral und unmittelbar in das Verbundsystem eingegeben und diese Daten im System für alle Verbundteilnehmer zum Abruf bereitgehalten werden (s. § 11 Abs. 2 BKAG; vgl. auch Petri, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. 2007, S. 854 ff.; Ahlf/Daub/Lersch/Störzer, BKAG 2000, § 8 Rn. 2a).
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Bei in Dateien des polizeilichen Informationssystems gespeicherten personenbezogenen Daten obliegt die Pflicht zur Löschung im Sinne von § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG der Stelle, welche die datenschutzrechtliche Verantwortung nach § 12 Abs. 2 BKAG trägt (§ 32 Abs. 9 BKAG). Die datenschutzrechtliche Verantwortung für die bei der Zentralstelle gespeicherten Daten, namentlich die Rechtmäßigkeit der Erhebung, die Zulässigkeit der Eingabe sowie die Richtigkeit oder Aktualität der Daten, obliegt im Rahmen des polizeilichen Informationssystems gemäß § 12 Abs. 2 BKAG der Stelle, welche die Daten unmittelbar eingegeben hat. Dementsprechend hat nach § 11 Abs. 3 BKAG nur diese Behörde die Befugnis zur Änderung, Berichtigung oder Löschung von Daten (vgl. Urteil vom 22. Oktober 2003 - BVerwG 6 C 3.03 - Buchholz 402.46 BKAG Nr. 2 S. 3 f.).
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c) Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Datenerhebung und -speicherung grundsätzlich so lange im Sinne von § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG unzulässig war, wie es an der Rechtsverordnung gemäß § 7 Abs. 6 BKAG fehlte. Die Notwendigkeit zum Erlass einer derartigen Rechtsverordnung ergibt sich daraus, dass § 11 Abs. 2 Satz 3 BKAG für die Dateneingabe auf §§ 7 bis 9 BKAG verweist und damit auch auf § 8 Abs. 1 BKAG - betreffend die Speicherung der dort aufgeführten Basisdaten von Beschuldigten - und § 8 Abs. 2 BKAG - betreffend die Speicherung weiterer personenbezogener Daten von Beschuldigten sowie personenbezogener Daten von Tatverdächtigen. Von der Verweisung in § 11 Abs. 2 Satz 3 BKAG wird ebenfalls § 7 Abs. 6 BKAG erfasst, wonach das Bundesministerium des Innern mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung "das Nähere über die Art der Daten" bestimmt, die u.a. nach § 8 BKAG gespeichert werden dürfen. Bei der Regelung des § 7 Abs. 6 BKAG handelt es sich nicht um eine bloße Verordnungsermächtigung, sondern um einen strikten Regelungsauftrag, durch den der Gesetzgeber das Bundesministerium des Innern zum Erlass der Rechtsverordnung verpflichtet hat. Von einer näheren Begründung sieht der Senat insoweit ab. Denn hierauf kommt es jetzt nicht mehr entscheidend an.
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Den Mangel einer fehlenden Rechtsverordnung nach § 7 Abs. 6 BKAG hat das Bundesministerium des Innern nämlich bis zum rechtserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat am 9. Juni 2010 behoben. An diesem Tag ist die "Verordnung über die Art der Daten, die nach den §§ 8 und 9 des Bundeskriminalamtgesetzes gespeichert werden dürfen" vom 4. Juni 2010 (BGBl I S. 716) - DatenVO - in Kraft getreten (vgl. Art. 3 Abs. 1 DatenVO). Zu den Daten, die gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 BKAG vom Bundeskriminalamt von Beschuldigten gespeichert werden dürfen, gehören demnach gemäß § 1 Abs. 1 DatenVO u.a. Familienname (Nr. 1), Vornamen (Nr. 2), Geschlecht (Nr. 12), Geburtsdatum (Nr. 13), Geburtsort (Nr. 14) und Staatsangehörigkeit (Nr. 18), ferner gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 8 DatenVO Angaben zu Identitätsdokumenten wie dem Personalausweis; zu den weiteren personenbezogenen Daten von Beschuldigten im Sinne von § 8 Abs. 2 BKAG zählen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 13 DatenVO Beziehungen zu Personen und Gruppenzugehörigkeit. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b DatenVO führt das Bundeskriminalamt als Zentralstelle auf der Grundlage von § 8 BKAG unter anderem Dateien, die der Verhinderung gewalttätiger Auseinandersetzungen und sonstiger Straftaten im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen, insbesondere mit Fußballspielen, dienen. Nach den Feststellungen im Berufungsurteil wurde der Kläger im Zusammenhang mit einem polizeilichen Einschreiten bei einem Fußballspiel wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs in der Verbunddatei "Gewalttäter Sport" insbesondere mit den Daten Name und Vorname, Geburtsdatum und -ort, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Personalausweisdaten und Vereinszuordnung erfasst. Die Speicherung dieser Angaben steht mit § 8 Abs. 1 und 2 BKAG in Verbindung mit voranstehend aufgeführten Regelungen in der DatenVO in Einklang.
- 22
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Der Senat hat diese geänderte Rechtslage zu berücksichtigen.
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Der Prüfung des geltend gemachten Verpflichtungsbegehrens ist die Rechtslage zugrunde zu legen, die das Berufungsgericht zu berücksichtigen hätte, wenn es nunmehr anstelle des Revisionsgerichts entschiede (Urteil vom 9. September 1998 - BVerwG 1 C 14.95 - Buchholz 402.46 BKAG Nr. 1 m.w.N.). Dem Anspruch auf Löschung von Daten hätte das Berufungsgericht nunmehr die Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Soweit es um die Frage geht, ob die begehrte behördliche Maßnahme schon aus Rechtsgründen getroffen oder versagt werden muss, ist auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz abzustellen. Dem Bundeskriminalamtgesetz und der zu seiner Ausführung ergangenen Rechtsverordnung lässt sich kein Hinweis darauf entnehmen, dass dieser Grundsatz nicht gelten soll. Im Gegenteil spricht die Zielsetzung dieses Gesetzes, die verfassungsrechtlich gebotenen bereichsspezifischen Rechtsgrundlagen für die polizeiliche Informationsverarbeitung zu schaffen (vgl. BTDrucks 13/1550 S. 19; 13/7208 S. 1), für seine Anwendung auch auf Daten, die vor dem Inkrafttreten der Rechtsverordnung gespeichert worden sind, und auf diesbezügliche Löschungs- und Auskunftsbegehren unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Geltendmachung (Urteil vom 9. September 1998 a.a.O. S. 2).
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2. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die streitgegenständlichen Daten sind nämlich gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG weder zu löschen, weil ihre Speicherung im Hinblick auf die fehlenden Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 BKAG unzulässig (a)), noch weil ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist (b)).
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a) Unzulässig im Sinne von § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG ist die Speicherung von Daten eines Beschuldigten nach § 8 Abs. 3 BKAG dann, wenn der Beschuldigte rechtskräftig freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn unanfechtbar abgelehnt oder das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt worden ist und sich aus den Gründen der Entscheidung ergibt, dass der Betroffene die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat. Das den vorliegenden Rechtsstreit auslösende Verfahren ist nicht nur vorübergehend gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Entscheidend ist daher, ob sich aus den Entscheidungsgründen ergibt, dass der Betroffene die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat. Das ist nach den für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht der Fall.
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Der Wortlaut des § 8 Abs. 3 BKAG zeigt, dass die Speicherung nur unzulässig ist, wenn sich aus den Gründen der Entscheidung positiv ergibt, dass der Betroffene die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat. Das Gesetz stellt nicht darauf ab, ob sich aus der Entscheidung ergibt, dass Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass ein Restverdacht besteht (s. Urteil vom 22. Oktober 2003 a.a.O. S. 2). Ergibt sich aus den Gründen der Einstellungsverfügung nicht, dass die Einstellung positiv deshalb erfolgt ist, weil der Kläger die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat, so ist der Tatbestand des § 8 Abs. 3 BKAG nicht erfüllt. Mit dieser Auslegung steht das Gesetz mit höherrangigem Recht in Einklang und verstößt insbesondere nicht gegen die in Art. 6 Abs. 2 EMRK verbürgte Unschuldsvermutung. Denn die Berücksichtigung von Verdachtsgründen, die auch nach einer Verfahrensbeendigung durch Freispruch oder Einstellung fortbestehen können, stellt keine Schuldfeststellung oder -zuweisung dar, wenn und soweit sie bei Wiederholungsgefahr anderen Zwecken, insbesondere der vorbeugenden Straftatenbekämpfung, dient (s. BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. Mai 2002 - 1 BvR 2257/01 - NJW 2002, 3231).
- 27
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Nach den Feststellungen im Berufungsurteil ergibt sich aus den Gründen der Einstellungsverfügung nicht, dass die Einstellung positiv deshalb erfolgt ist, weil der Kläger die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat. Das nach dem Vorfall vom 24. Mai 2006 gegen den Kläger wegen Landfriedensbruchs (§ 125 StGB) eingeleitete strafrechtliche Ermittlungsverfahren wurde nämlich von der Staatsanwaltschaft Hannover im Oktober 2006 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da "eine Beteiligung an Ausschreitungen in der Menge dem Kläger nach den vorliegenden Zeugenaussagen nicht nachzuweisen ist" (Berufungsurteil S. 3). Das Oberverwaltungsgericht hat die Voraussetzungen des § 32 Abs. 2 i.V.m. § 8 Abs. 3 BKAG ausdrücklich verneint, da sich aus der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft nach § 170 Abs. 2 StPO nicht positiv ergebe, dass der Kläger die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen habe. Die Einstellung sei vielmehr erfolgt, weil kein hinreichender Tatnachweis zu erbringen gewesen sei. Ein Resttatverdacht sei damit nach wie vor im Raum (Berufungsurteil S. 9).
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An diesem auf den insoweit eindeutigen, bindenden und revisionsrechtlich nicht angegriffenen Tatsachenfeststellungen im Berufungsurteil (§ 137 Abs. 2 VwGO) beruhenden Ergebnis ändert sich auch nichts dadurch, dass dem Kläger selbst nur die Einstellung des Ermittlungsverfahrens als solche ohne jegliche Begründung mitgeteilt wurde.
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Die staatsanwaltschaftliche Rechtspraxis der Handhabung und Begründung einer Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO beruht auf den Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV). Dort ist unter Nr. 88 "Mitteilung an den Beschuldigten" vorgesehen: "In der Mitteilung an den Beschuldigten nach § 170 Abs. 2 StPO sind die Gründe der Einstellung nur auf Antrag und dann auch nur soweit bekannt zu geben, als kein schutzwürdiges Interesse entgegensteht. Hat sich herausgestellt, dass der Beschuldigte unschuldig ist oder dass gegen ihn kein begründeter Verdacht mehr besteht, so ist dies in der Mitteilung auszusprechen." Daraus folgt, dass die von Nr. 88 RiStBV vorgesehene Auskunftspraxis an den Beschuldigten bei Verfahrenseinstellungen nach § 170 Abs. 2 StPO einerseits und die Gründe für eine unzulässige Speicherung gemäß § 8 Abs. 3 BKAG zwar auf denselben Bezugspunkt - die Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens - zielen, sich aber inkompatibler Kategorien bedienen. Nach Nr. 88 RiStBV wird ggf. ausgesprochen, "dass der Beschuldigte unschuldig ist oder dass gegen ihn kein begründeter Verdacht mehr besteht", während nach § 8 Abs. 3 BKAG verlangt wird "dass der Betroffene die Tat nicht (1. Alt.) oder nicht rechtswidrig begangen hat (2. Alt.)". Wird die Einstellungsverfügung gemäß den Regeln der RiStBV formuliert, ist ihr nicht unmittelbar zu entnehmen, ob der Kläger "die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat", weil nur etwas über seine "Unschuld" mitgeteilt wird oder den nicht mehr bestehenden "begründeten Verdacht". Aus Gründen der Rechtssicherheit wäre deshalb eine Anpassung der Begrifflichkeiten in § 170 StPO, Nr. 88 RiStBV, § 8 Abs. 3 BKAG und § 484 Abs. 2 Satz 2 StPO mit dem Ziel nützlich, die Folgen der Einstellung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens für die Befugnis zur Datenspeicherung aus Gründen der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung oder der Strafverfolgungsvorsorge normklarer zu gestalten.
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Für die Frage, ob sich im Sinne von § 8 Abs. 3 BKAG aus den Gründen der (verfahrenseinstellenden) Entscheidung ergibt, dass der Betroffene die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat, kommt es allerdings nicht in erster Linie auf die Mitteilung der Staatsanwaltschaft an den Beschuldigten, sondern vielmehr auf die Mitteilung der Staatsanwaltschaft an die Polizeibehörde an, die im Rahmen des polizeilichen Informationssystems die datenschutzrechtliche Verantwortung für die bei der Zentralstelle gespeicherten Daten trägt (§ 12 Abs. 2 BKAG). Nach § 482 Abs. 2 StPO unterrichtet die Staatsanwaltschaft die Polizeibehörde, die mit der Angelegenheit befasst war, über den Ausgang des Verfahrens zwar grundsätzlich nur durch Mitteilung der Entscheidungsformel; sie kann "im Falle des Erforderns" aber auch die mit Gründen versehene Einstellungsentscheidung übersenden. Die verantwortliche Polizeibehörde ist ggf. gehalten, ein solches Ersuchen an die Staatsanwaltschaft zu richten, bevor sie nach einer Verfahrenseinstellung über die Speicherung bzw. Löschung von Beschuldigtendaten entscheidet. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte der ihr mitgeteilten Kurzbegründung der Staatsanwaltschaft entnommen, dass gegen den Kläger ein Resttatverdacht fortbesteht.
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b) Das Bundeskriminalamt hat gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten ferner zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist. Gemäß § 32 Abs. 3 BKAG prüft das Bundeskriminalamt bei der Einzelfallbearbeitung und nach festgesetzten Fristen, ob gespeicherte personenbezogene Daten zu berichtigen oder zu löschen sind. Die Aussonderungsprüffristen dürfen bei Erwachsenen zehn Jahre nicht überschreiten, wobei nach Zweck der Speicherung sowie Art und Schwere des Sachverhalts zu unterscheiden ist. Nach § 34 Abs. 1 Nr. 8 BKAG sind in der Errichtungsanordnung Prüffristen und Speicherungsdauer festzulegen. Regelmäßig ist die Kenntnis der Daten im Sinne des § 32 Abs. 2 BKAG nicht mehr erforderlich, wenn die Aussonderungsprüffrist abgelaufen ist. Die Aussonderungsprüffrist beginnt gemäß § 32 Abs. 5 Satz 1 BKAG regelmäßig mit dem Tag, an dem das letzte Ereignis eingetreten ist, das zur Speicherung der Daten geführt hat. Diese Regelung unterscheidet sich von derjenigen in § 489 Abs. 6 StPO und § 494 Abs. 2 StPO dadurch, dass nach den zuletzt genannten Bestimmungen ausdrücklich spätere Speicherungen berücksichtigt werden, indem sie die Löschung hinausschieben, bis für alle Eintragungen die Löschungsvoraussetzungen erfüllt sind. Demgegenüber knüpft § 32 Abs. 5 BKAG an das letzte Ereignis an, das zur Speicherung der Daten geführt hat (Urteil vom 22. Oktober 2003 a.a.O. S. 3). Nach Nr. 8.1.1 Satz 1 der Errichtungsanordnung für die Datei "Gewalttäter Sport" beträgt die Aussonderungsprüffrist für Erwachsene und Jugendliche grundsätzlich fünf Jahre.
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Die Voraussetzungen zur Löschung liegen demnach noch nicht vor. Bezogen auf die mündliche Verhandlung im Berufungsverfahren war die Fünfjahresfrist noch nicht verstrichen. Die Umstände des Einzelfalles gebieten keine Verkürzung der Frist. Dies ergibt sich aus den Feststellungen im Berufungsurteil. Darin ist ausgeführt, wenn es auch im Einzelnen strittig sei, wie es zu der Schlagverletzung bei dem Kläger gekommen sei, so hätten doch zwei Zeugen übereinstimmend und vom Kläger auch nicht bestritten ausgesagt, dass er an der Spitze der Gruppe von ca. 30 bis 40 Personen gelaufen sei, die über die Absperrung hinweg auf die Tartanbahn des Sportplatzes gelangt und auf die gegnerische Fangemeinde zugelaufen sei. Schon dieses Verhalten des Klägers zeige, dass er als Sportzuschauer nicht gewillt sei, sich an die Vorgaben der Polizei zu halten und Absperrungen zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Fußballspieles zu beachten. Dass es sich auch aus Sicht der veranstaltenden Vereine um ein erhebliches Fehlverhalten gehandelt habe, werde daran deutlich, dass gegenüber dem Kläger von dem Fußballverein Hannover 96 für den Zeitraum von Februar 2007 bis Juni 2008 ein bundesweites Stadionverbot ausgesprochen worden sei. Auch wenn die "Brigade Nord 99", zu der der Kläger gehört, nicht als gewaltbereite Fangruppierung eingestuft werde, rechtfertige sein Verhalten am 24. Mai 2006 die Befürchtung, dass er auch bei anderen Fußballspielen sich nicht ordnungsgemäß verhalten werde. Diese Feststellungen sind ausreichend, die Aufnahme des Klägers in die Datei "Gewalttäter Sport" gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG weiterhin für erforderlich zu halten.
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3. Über die Revision kann der Senat gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO auf der Grundlage der vom Oberverwaltungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen in der Sache selbst entscheiden; weiterer tatsächlicher Ermittlungen oder Würdigungen bedarf es nicht. Aus den vorgenannten Gründen waren die Urteile des Oberverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.
(1) Die Landeskriminalämter übermitteln dem Bundeskriminalamt nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 20 die zur Erfüllung seiner Aufgaben als Zentralstelle erforderlichen Informationen. Die Verpflichtung der Landeskriminalämter nach Satz 1 kann im Benehmen mit dem Bundeskriminalamt auch von anderen Polizeibehörden des Landes erfüllt werden. Das Bundeskriminalamt legt im Benehmen mit den Landeskriminalämtern Einzelheiten der Informationsübermittlung fest.
(2) Die Justiz- und Verwaltungsbehörden der Länder teilen dem jeweils zuständigen Landeskriminalamt unverzüglich den Beginn, die Unterbrechung und die Beendigung von Freiheitsentziehungen mit, die wegen des Verdachts oder des Nachweises einer rechtswidrigen Tat von einem Gericht angeordnet worden sind. Die Justizbehörden des Bundes und der Länder teilen dem jeweils zuständigen Landeskriminalamt unverzüglich und, soweit technisch möglich, automatisiert mit:
- 1.
die Entscheidung, dass - a)
die beschuldigte Person rechtskräftig freigesprochen wurde, - b)
die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen die beschuldigte Person unanfechtbar abgelehnt wurde oder - c)
das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt wurde
- 2.
die tragenden Gründe der Entscheidung nach Nummer 1.
(3) Absatz 1 Satz 1 gilt entsprechend für die Polizeien des Bundes, soweit die Informationen Vorgänge betreffen, die sie in eigener Zuständigkeit bearbeiten. Satz 1 gilt im Bereich der Zollverwaltung nur für den Grenzzolldienst, soweit dieser aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 68 des Bundespolizeigesetzes grenzpolizeiliche Aufgaben wahrnimmt. Im Übrigen richtet sich die Informationsübermittlung der Zollbehörden an das Bundeskriminalamt nach den Vorschriften der Abgabenordnung, des Zollverwaltungsgesetzes und des Zollfahndungsdienstgesetzes.
(4) Für die im Rahmen seiner Aufgaben nach den §§ 3 bis 8 gewonnenen Informationen gelten für das Bundeskriminalamt die Unterrichtungspflichten nach Absatz 1 Satz 1 entsprechend.
(5) Die Verantwortlichkeit für die Zulässigkeit der Übermittlung nach den Absätzen 1 bis 3 trägt die übermittelnde Stelle.
(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.
(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.
(1) Die Landeskriminalämter übermitteln dem Bundeskriminalamt nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 20 die zur Erfüllung seiner Aufgaben als Zentralstelle erforderlichen Informationen. Die Verpflichtung der Landeskriminalämter nach Satz 1 kann im Benehmen mit dem Bundeskriminalamt auch von anderen Polizeibehörden des Landes erfüllt werden. Das Bundeskriminalamt legt im Benehmen mit den Landeskriminalämtern Einzelheiten der Informationsübermittlung fest.
(2) Die Justiz- und Verwaltungsbehörden der Länder teilen dem jeweils zuständigen Landeskriminalamt unverzüglich den Beginn, die Unterbrechung und die Beendigung von Freiheitsentziehungen mit, die wegen des Verdachts oder des Nachweises einer rechtswidrigen Tat von einem Gericht angeordnet worden sind. Die Justizbehörden des Bundes und der Länder teilen dem jeweils zuständigen Landeskriminalamt unverzüglich und, soweit technisch möglich, automatisiert mit:
- 1.
die Entscheidung, dass - a)
die beschuldigte Person rechtskräftig freigesprochen wurde, - b)
die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen die beschuldigte Person unanfechtbar abgelehnt wurde oder - c)
das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt wurde
- 2.
die tragenden Gründe der Entscheidung nach Nummer 1.
(3) Absatz 1 Satz 1 gilt entsprechend für die Polizeien des Bundes, soweit die Informationen Vorgänge betreffen, die sie in eigener Zuständigkeit bearbeiten. Satz 1 gilt im Bereich der Zollverwaltung nur für den Grenzzolldienst, soweit dieser aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 68 des Bundespolizeigesetzes grenzpolizeiliche Aufgaben wahrnimmt. Im Übrigen richtet sich die Informationsübermittlung der Zollbehörden an das Bundeskriminalamt nach den Vorschriften der Abgabenordnung, des Zollverwaltungsgesetzes und des Zollfahndungsdienstgesetzes.
(4) Für die im Rahmen seiner Aufgaben nach den §§ 3 bis 8 gewonnenen Informationen gelten für das Bundeskriminalamt die Unterrichtungspflichten nach Absatz 1 Satz 1 entsprechend.
(5) Die Verantwortlichkeit für die Zulässigkeit der Übermittlung nach den Absätzen 1 bis 3 trägt die übermittelnde Stelle.
(1) Das Bundeskriminalamt kann personenbezogene Daten, die es selbst erhoben hat, weiterverarbeiten
- 1.
zur Erfüllung derselben Aufgabe und - 2.
zum Schutz derselben Rechtsgüter oder zur Verfolgung oder Verhütung derselben Straftaten.
(2) Das Bundeskriminalamt kann zur Erfüllung seiner Aufgaben personenbezogene Daten zu anderen Zwecken, als denjenigen, zu denen sie erhoben worden sind, weiterverarbeiten, wenn
- 1.
mindestens - a)
vergleichbar schwerwiegende Straftaten verhütet, aufgedeckt oder verfolgt oder - b)
vergleichbar bedeutsame Rechtsgüter geschützt
- 2.
sich im Einzelfall konkrete Ermittlungsansätze - a)
zur Verhütung, Aufdeckung oder Verfolgung solcher Straftaten ergeben oder - b)
zur Abwehr von in einem übersehbaren Zeitraum drohenden Gefahren für mindestens vergleichbar bedeutsame Rechtsgüter erkennen lassen.
(3) Für die Weiterverarbeitung von personenbezogenen Daten, die durch einen verdeckten Einsatz technischer Mittel in oder aus Wohnungen oder verdeckten Eingriff in informationstechnische Systeme erlangt wurden, gilt Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b mit der Maßgabe entsprechend, dass
- 1.
bei personenbezogenen Daten, die durch einen verdeckten Einsatz technischer Mittel in oder aus Wohnungen erlangt wurden, im Einzelfall eine dringende Gefahr im Sinne des § 46 Absatz 1 vorliegen muss und - 2.
bei personenbezogenen Daten, die durch einen verdeckten Eingriff in informationstechnische Systeme erlangt wurden, im Einzelfall eine Gefahrenlage im Sinne des § 49 Absatz 1 vorliegen muss.
(4) Abweichend von Absatz 2 kann das Bundeskriminalamt die vorhandenen Grunddaten (§ 18 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a) einer Person auch weiterverarbeiten, um diese Person zu identifizieren.
(5) Bei der Weiterverarbeitung von personenbezogenen Daten stellt das Bundeskriminalamt durch organisatorische und technische Vorkehrungen sicher, dass die Absätze 1 bis 4 beachtet werden.
(1) Die Landeskriminalämter übermitteln dem Bundeskriminalamt nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 20 die zur Erfüllung seiner Aufgaben als Zentralstelle erforderlichen Informationen. Die Verpflichtung der Landeskriminalämter nach Satz 1 kann im Benehmen mit dem Bundeskriminalamt auch von anderen Polizeibehörden des Landes erfüllt werden. Das Bundeskriminalamt legt im Benehmen mit den Landeskriminalämtern Einzelheiten der Informationsübermittlung fest.
(2) Die Justiz- und Verwaltungsbehörden der Länder teilen dem jeweils zuständigen Landeskriminalamt unverzüglich den Beginn, die Unterbrechung und die Beendigung von Freiheitsentziehungen mit, die wegen des Verdachts oder des Nachweises einer rechtswidrigen Tat von einem Gericht angeordnet worden sind. Die Justizbehörden des Bundes und der Länder teilen dem jeweils zuständigen Landeskriminalamt unverzüglich und, soweit technisch möglich, automatisiert mit:
- 1.
die Entscheidung, dass - a)
die beschuldigte Person rechtskräftig freigesprochen wurde, - b)
die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen die beschuldigte Person unanfechtbar abgelehnt wurde oder - c)
das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt wurde
- 2.
die tragenden Gründe der Entscheidung nach Nummer 1.
(3) Absatz 1 Satz 1 gilt entsprechend für die Polizeien des Bundes, soweit die Informationen Vorgänge betreffen, die sie in eigener Zuständigkeit bearbeiten. Satz 1 gilt im Bereich der Zollverwaltung nur für den Grenzzolldienst, soweit dieser aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 68 des Bundespolizeigesetzes grenzpolizeiliche Aufgaben wahrnimmt. Im Übrigen richtet sich die Informationsübermittlung der Zollbehörden an das Bundeskriminalamt nach den Vorschriften der Abgabenordnung, des Zollverwaltungsgesetzes und des Zollfahndungsdienstgesetzes.
(4) Für die im Rahmen seiner Aufgaben nach den §§ 3 bis 8 gewonnenen Informationen gelten für das Bundeskriminalamt die Unterrichtungspflichten nach Absatz 1 Satz 1 entsprechend.
(5) Die Verantwortlichkeit für die Zulässigkeit der Übermittlung nach den Absätzen 1 bis 3 trägt die übermittelnde Stelle.
Tatbestand
- 1
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Der im Jahr 1987 geborene Kläger begehrt die Löschung von personenbezogenen Daten aus der Datei "Gewalttäter Sport", die in das polizeiliche Informationssystem (§ 11 BKAG) - einem elektronischen Datenverbund zwischen Bund und Ländern - einbezogen ist.
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Der Kläger ist Anhänger des Fußballvereins Hannover 96 und war zeitweise in der vom Fanprojekt der Landeshauptstadt Hannover als nicht gewaltbereit eingestuften Fangruppierung "Brigade Nord 99" aktiv. Am 24. Mai 2006 besuchte der Kläger das Regionalligaspiel zwischen den Amateurmannschaften von Hannover 96 und Eintracht Braunschweig. Auf der Tribüne des Stadions waren die gegnerischen Fanblöcke durch eine Polizeikette voneinander getrennt. Kurz nach Spielbeginn betrat der Kläger in einer Gruppe von etwa 30 bis 40 Anhängern von Hannover 96 das Stadion. Der Gruppe gelang es, die Absperrung zwischen dem Zuschauerbereich und der Laufbahn des Stadions zu überwinden und vor den Braunschweiger Fanblock zu ziehen. Aus der Gruppe heraus wurden Feuerwerkskörper und - wohl auch - ein fester Gegenstand - möglicherweise ein Stein - geworfen. Nach Zeugenberichten lief der Kläger mit an der Spitze der Gruppe. Als Einsatzkräfte der Polizei die Gruppe aufhielten, kam es zu einem Zusammenstoß. Der Kläger wurde in polizeilichen Gewahrsam genommen. Bei seiner Durchsuchung wurde eine sog. Sturmhaube, d.h. eine Kopfmaske aus Stoff, gefunden. Der Kläger wurde nach dem Vorfall erkennungsdienstlich behandelt.
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Das gegen den Kläger wegen Landfriedensbruchs eingeleitete Ermittlungsverfahren stellte die Staatsanwaltschaft Hannover mit Verfügung vom 25. Oktober 2006 nach § 170 Abs. 2 StPO ein, da dem Kläger "eine Beteiligung an Ausschreitungen in der Menge (...) nach den vorliegenden Zeugenaussagen nicht nachzuweisen (ist)".
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Auf ein von ihm gestelltes Auskunftsersuchen vom 31. Januar 2007 teilte die Beklagte dem Kläger durch Schreiben vom 19. Februar 2007 mit, dass er "im Zusammenhang (...) mit einem polizeilichen Einschreiten am 24.05.2006" wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs in der Verbunddatei "Gewalttäter Sport" insbesondere mit Name und Vorname, Geburtsdatum und -ort, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Personalausweisdaten und Vereinszuordnung erfasst sei und dass die Löschung des Datensatzes am 24. Mai 2011 anstehe. Mit Schreiben vom 20. Februar 2007 beantragte der Kläger unter Vorlage der Einstellungsnachricht der Staatsanwaltschaft Hannover vom 25. Oktober 2006 die Löschung der über ihn gespeicherten Daten. Mit Bescheid vom 2. April 2007 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, die Speicherung der Daten des Klägers sei zulässig und auch weiterhin zur Aufgabenerfüllung erforderlich. Die Einstellung des Verfahrens wegen Landfriedensbruchs führe nicht zur Unzulässigkeit der Speicherung, da ein Resttatverdacht fortbestehe. Die Einstellung sei nämlich nicht darauf gestützt worden, dass jeglicher Verdacht entfallen sei. Der Vorfall vom 24. Mai 2006 rechtfertige auch die Annahme, dass in Zukunft mit vergleichbaren Vorkommnissen zu rechnen sei.
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Mit Urteil vom 22. Mai 2008 hat das Verwaltungsgericht Hannover die Beklagte auf die Klage des Klägers verpflichtet, die über ihn in der Verbunddatei "Gewalttäter Sport" gespeicherten oder aufbewahrten personenbezogenen Daten zu löschen.
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Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der Beklagten hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht durch Urteil vom 16. Dezember 2008 zurückgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, Rechtsgrundlage für das Klagebegehren sei § 32 Abs. 2 BKAG; danach seien die gespeicherten Daten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig oder ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich sei. Zwar sei die weitere Speicherung der Daten des Klägers nicht schon nach § 8 Abs. 3 BKAG als unzulässig anzusehen. Denn aus den Gründen der staatsanwaltschaftlichen Einstellungsverfügung ergebe sich nicht, dass der Kläger den ihm vorgeworfenen Landfriedensbruch nicht oder nicht rechtswidrig begangen habe. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Daten für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich seien. Vielmehr rechtfertige das Verhalten des Klägers am 24. Mai 2006 die Befürchtung, dass er sich auch bei anderen Fußballspielen nicht ordnungsgemäß verhalten werde. Die Aufnahme der Daten in die Datei wäre demnach bei Bestehen einer wirksamen Rechtsgrundlage nicht zu beanstanden. Die Datenerhebung und -speicherung stelle sich jedoch deshalb als unzulässig dar, weil es bislang an der nach § 7 Abs. 6 BKAG erforderlichen Rechtsverordnung fehle, die für die Rechtmäßigkeit der Datenspeicherung konstitutiv sei.
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Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Sie meint, der Erlass der in § 7 Abs. 6 BKAG vorgesehenen Rechtsverordnung sei keine notwendige Voraussetzung für die Speicherung von Daten in einer Verbunddatei, denn das Gesetz selbst treffe alle wesentlichen Regelungen über Zweck und Umfang der Datensammlung. Jedenfalls aber habe die Verordnung vom 4. Juni 2010 über die Art der Daten, die nach den §§ 8 und 9 BKAG gespeichert werden dürfen, die etwa bestehende Regelungslücke geschlossen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Urteile des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 2008 und des Verwaltungsgerichts Hannover vom 22. Mai 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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Er tritt der Revision entgegen und verteidigt das Berufungsurteil: Unbeschadet des Umstandes, dass es an der in § 7 Abs. 6 BKAG vorgeschriebenen Rechtsverordnung bis zuletzt gefehlt habe, sei die Speicherung seiner personenbezogenen Daten auch deshalb rechtswidrig, weil das seinerzeit gegen ihn geführte staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren den Tatverdacht nicht erhärtet habe, sondern eingestellt worden sei.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) (1.). Die Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO) (2.). Über die Revision kann der Senat gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO auf der Grundlage der vom Oberverwaltungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen in der Sache selbst entscheiden; weiterer tatsächlicher Ermittlungen oder Würdigungen bedarf es nicht (3.).
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1. Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, die über ihn gespeicherten und/oder aufbewahrten Daten in der Datei "Gewalttäter Sport" zu löschen. Als Rechtsgrundlage für den Löschungsanspruch kommt § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG in Betracht (a)). Die Beklagte ist für diesen Anspruch passivlegitimiert (b)). In dem für die revisionsgerichtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt trifft allerdings die Annahme des Oberverwaltungsgerichts nicht mehr zu, die Voraussetzungen für den Löschungsanspruch aus § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG lägen vor, weil es an der nach § 7 Abs. 6 BKAG vorgesehenen Rechtsverordnung über die Art der Daten fehle, die nach §§ 8 und 9 BKAG gespeichert werden dürfen (c)).
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a) Die Voraussetzungen des Löschungsanspruchs beurteilen sich nach § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG. Danach hat das Bundeskriminalamt die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist oder ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist.
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b) Der Kläger begehrt zwar die Löschung von Daten aus einer Datei, die vom Bundeskriminalamt errichtet worden ist und betrieben wird. Dennoch nimmt er zu Recht die beklagte Polizeidirektion Hannover für die Löschung der über ihn gespeicherten Daten in Anspruch.
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Aufgrund der Feststellungen im Berufungsurteil steht fest, dass die streitgegenständlichen Daten von der Beklagten in das polizeiliche Informationssystem "Gewalttäter Sport" beim Bundeskriminalamt eingegeben worden sind. Das polizeiliche Informationssystem (§ 11 BKAG - INPOL) wird im Rahmen der Bundesaufgabe des Bundeskriminalamtes nach § 2 Abs. 3 BKAG geführt. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 BKAG bestimmt das Bundesministerium des Innern im Einvernehmen mit den Innenministerien/Senatsinnenverwaltungen der Länder die Dateien, die in das polizeiliche Informationssystem einzubeziehen sind. Zu diesen Dateien zählt die Datei "Gewalttäter Sport" als eine Verbunddatei. Verbunddateien sind vom Bundeskriminalamt als Zentralstelle für den elektronischen Datenverbund zwischen Bund und Ländern geführte Dateien des polizeilichen Informationssystems, wobei die jeweils von den Ländern in eigener Zuständigkeit gewonnenen Daten dezentral und unmittelbar in das Verbundsystem eingegeben und diese Daten im System für alle Verbundteilnehmer zum Abruf bereitgehalten werden (s. § 11 Abs. 2 BKAG; vgl. auch Petri, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. 2007, S. 854 ff.; Ahlf/Daub/Lersch/Störzer, BKAG 2000, § 8 Rn. 2a).
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Bei in Dateien des polizeilichen Informationssystems gespeicherten personenbezogenen Daten obliegt die Pflicht zur Löschung im Sinne von § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG der Stelle, welche die datenschutzrechtliche Verantwortung nach § 12 Abs. 2 BKAG trägt (§ 32 Abs. 9 BKAG). Die datenschutzrechtliche Verantwortung für die bei der Zentralstelle gespeicherten Daten, namentlich die Rechtmäßigkeit der Erhebung, die Zulässigkeit der Eingabe sowie die Richtigkeit oder Aktualität der Daten, obliegt im Rahmen des polizeilichen Informationssystems gemäß § 12 Abs. 2 BKAG der Stelle, welche die Daten unmittelbar eingegeben hat. Dementsprechend hat nach § 11 Abs. 3 BKAG nur diese Behörde die Befugnis zur Änderung, Berichtigung oder Löschung von Daten (vgl. Urteil vom 22. Oktober 2003 - BVerwG 6 C 3.03 - Buchholz 402.46 BKAG Nr. 2 S. 3 f.).
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c) Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Datenerhebung und -speicherung grundsätzlich so lange im Sinne von § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG unzulässig war, wie es an der Rechtsverordnung gemäß § 7 Abs. 6 BKAG fehlte. Die Notwendigkeit zum Erlass einer derartigen Rechtsverordnung ergibt sich daraus, dass § 11 Abs. 2 Satz 3 BKAG für die Dateneingabe auf §§ 7 bis 9 BKAG verweist und damit auch auf § 8 Abs. 1 BKAG - betreffend die Speicherung der dort aufgeführten Basisdaten von Beschuldigten - und § 8 Abs. 2 BKAG - betreffend die Speicherung weiterer personenbezogener Daten von Beschuldigten sowie personenbezogener Daten von Tatverdächtigen. Von der Verweisung in § 11 Abs. 2 Satz 3 BKAG wird ebenfalls § 7 Abs. 6 BKAG erfasst, wonach das Bundesministerium des Innern mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung "das Nähere über die Art der Daten" bestimmt, die u.a. nach § 8 BKAG gespeichert werden dürfen. Bei der Regelung des § 7 Abs. 6 BKAG handelt es sich nicht um eine bloße Verordnungsermächtigung, sondern um einen strikten Regelungsauftrag, durch den der Gesetzgeber das Bundesministerium des Innern zum Erlass der Rechtsverordnung verpflichtet hat. Von einer näheren Begründung sieht der Senat insoweit ab. Denn hierauf kommt es jetzt nicht mehr entscheidend an.
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Den Mangel einer fehlenden Rechtsverordnung nach § 7 Abs. 6 BKAG hat das Bundesministerium des Innern nämlich bis zum rechtserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat am 9. Juni 2010 behoben. An diesem Tag ist die "Verordnung über die Art der Daten, die nach den §§ 8 und 9 des Bundeskriminalamtgesetzes gespeichert werden dürfen" vom 4. Juni 2010 (BGBl I S. 716) - DatenVO - in Kraft getreten (vgl. Art. 3 Abs. 1 DatenVO). Zu den Daten, die gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 BKAG vom Bundeskriminalamt von Beschuldigten gespeichert werden dürfen, gehören demnach gemäß § 1 Abs. 1 DatenVO u.a. Familienname (Nr. 1), Vornamen (Nr. 2), Geschlecht (Nr. 12), Geburtsdatum (Nr. 13), Geburtsort (Nr. 14) und Staatsangehörigkeit (Nr. 18), ferner gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 8 DatenVO Angaben zu Identitätsdokumenten wie dem Personalausweis; zu den weiteren personenbezogenen Daten von Beschuldigten im Sinne von § 8 Abs. 2 BKAG zählen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 13 DatenVO Beziehungen zu Personen und Gruppenzugehörigkeit. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b DatenVO führt das Bundeskriminalamt als Zentralstelle auf der Grundlage von § 8 BKAG unter anderem Dateien, die der Verhinderung gewalttätiger Auseinandersetzungen und sonstiger Straftaten im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen, insbesondere mit Fußballspielen, dienen. Nach den Feststellungen im Berufungsurteil wurde der Kläger im Zusammenhang mit einem polizeilichen Einschreiten bei einem Fußballspiel wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs in der Verbunddatei "Gewalttäter Sport" insbesondere mit den Daten Name und Vorname, Geburtsdatum und -ort, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Personalausweisdaten und Vereinszuordnung erfasst. Die Speicherung dieser Angaben steht mit § 8 Abs. 1 und 2 BKAG in Verbindung mit voranstehend aufgeführten Regelungen in der DatenVO in Einklang.
- 22
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Der Senat hat diese geänderte Rechtslage zu berücksichtigen.
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Der Prüfung des geltend gemachten Verpflichtungsbegehrens ist die Rechtslage zugrunde zu legen, die das Berufungsgericht zu berücksichtigen hätte, wenn es nunmehr anstelle des Revisionsgerichts entschiede (Urteil vom 9. September 1998 - BVerwG 1 C 14.95 - Buchholz 402.46 BKAG Nr. 1 m.w.N.). Dem Anspruch auf Löschung von Daten hätte das Berufungsgericht nunmehr die Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Soweit es um die Frage geht, ob die begehrte behördliche Maßnahme schon aus Rechtsgründen getroffen oder versagt werden muss, ist auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz abzustellen. Dem Bundeskriminalamtgesetz und der zu seiner Ausführung ergangenen Rechtsverordnung lässt sich kein Hinweis darauf entnehmen, dass dieser Grundsatz nicht gelten soll. Im Gegenteil spricht die Zielsetzung dieses Gesetzes, die verfassungsrechtlich gebotenen bereichsspezifischen Rechtsgrundlagen für die polizeiliche Informationsverarbeitung zu schaffen (vgl. BTDrucks 13/1550 S. 19; 13/7208 S. 1), für seine Anwendung auch auf Daten, die vor dem Inkrafttreten der Rechtsverordnung gespeichert worden sind, und auf diesbezügliche Löschungs- und Auskunftsbegehren unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Geltendmachung (Urteil vom 9. September 1998 a.a.O. S. 2).
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2. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die streitgegenständlichen Daten sind nämlich gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG weder zu löschen, weil ihre Speicherung im Hinblick auf die fehlenden Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 BKAG unzulässig (a)), noch weil ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist (b)).
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a) Unzulässig im Sinne von § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG ist die Speicherung von Daten eines Beschuldigten nach § 8 Abs. 3 BKAG dann, wenn der Beschuldigte rechtskräftig freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn unanfechtbar abgelehnt oder das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt worden ist und sich aus den Gründen der Entscheidung ergibt, dass der Betroffene die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat. Das den vorliegenden Rechtsstreit auslösende Verfahren ist nicht nur vorübergehend gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Entscheidend ist daher, ob sich aus den Entscheidungsgründen ergibt, dass der Betroffene die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat. Das ist nach den für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht der Fall.
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Der Wortlaut des § 8 Abs. 3 BKAG zeigt, dass die Speicherung nur unzulässig ist, wenn sich aus den Gründen der Entscheidung positiv ergibt, dass der Betroffene die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat. Das Gesetz stellt nicht darauf ab, ob sich aus der Entscheidung ergibt, dass Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass ein Restverdacht besteht (s. Urteil vom 22. Oktober 2003 a.a.O. S. 2). Ergibt sich aus den Gründen der Einstellungsverfügung nicht, dass die Einstellung positiv deshalb erfolgt ist, weil der Kläger die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat, so ist der Tatbestand des § 8 Abs. 3 BKAG nicht erfüllt. Mit dieser Auslegung steht das Gesetz mit höherrangigem Recht in Einklang und verstößt insbesondere nicht gegen die in Art. 6 Abs. 2 EMRK verbürgte Unschuldsvermutung. Denn die Berücksichtigung von Verdachtsgründen, die auch nach einer Verfahrensbeendigung durch Freispruch oder Einstellung fortbestehen können, stellt keine Schuldfeststellung oder -zuweisung dar, wenn und soweit sie bei Wiederholungsgefahr anderen Zwecken, insbesondere der vorbeugenden Straftatenbekämpfung, dient (s. BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. Mai 2002 - 1 BvR 2257/01 - NJW 2002, 3231).
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Nach den Feststellungen im Berufungsurteil ergibt sich aus den Gründen der Einstellungsverfügung nicht, dass die Einstellung positiv deshalb erfolgt ist, weil der Kläger die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat. Das nach dem Vorfall vom 24. Mai 2006 gegen den Kläger wegen Landfriedensbruchs (§ 125 StGB) eingeleitete strafrechtliche Ermittlungsverfahren wurde nämlich von der Staatsanwaltschaft Hannover im Oktober 2006 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da "eine Beteiligung an Ausschreitungen in der Menge dem Kläger nach den vorliegenden Zeugenaussagen nicht nachzuweisen ist" (Berufungsurteil S. 3). Das Oberverwaltungsgericht hat die Voraussetzungen des § 32 Abs. 2 i.V.m. § 8 Abs. 3 BKAG ausdrücklich verneint, da sich aus der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft nach § 170 Abs. 2 StPO nicht positiv ergebe, dass der Kläger die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen habe. Die Einstellung sei vielmehr erfolgt, weil kein hinreichender Tatnachweis zu erbringen gewesen sei. Ein Resttatverdacht sei damit nach wie vor im Raum (Berufungsurteil S. 9).
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An diesem auf den insoweit eindeutigen, bindenden und revisionsrechtlich nicht angegriffenen Tatsachenfeststellungen im Berufungsurteil (§ 137 Abs. 2 VwGO) beruhenden Ergebnis ändert sich auch nichts dadurch, dass dem Kläger selbst nur die Einstellung des Ermittlungsverfahrens als solche ohne jegliche Begründung mitgeteilt wurde.
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Die staatsanwaltschaftliche Rechtspraxis der Handhabung und Begründung einer Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO beruht auf den Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV). Dort ist unter Nr. 88 "Mitteilung an den Beschuldigten" vorgesehen: "In der Mitteilung an den Beschuldigten nach § 170 Abs. 2 StPO sind die Gründe der Einstellung nur auf Antrag und dann auch nur soweit bekannt zu geben, als kein schutzwürdiges Interesse entgegensteht. Hat sich herausgestellt, dass der Beschuldigte unschuldig ist oder dass gegen ihn kein begründeter Verdacht mehr besteht, so ist dies in der Mitteilung auszusprechen." Daraus folgt, dass die von Nr. 88 RiStBV vorgesehene Auskunftspraxis an den Beschuldigten bei Verfahrenseinstellungen nach § 170 Abs. 2 StPO einerseits und die Gründe für eine unzulässige Speicherung gemäß § 8 Abs. 3 BKAG zwar auf denselben Bezugspunkt - die Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens - zielen, sich aber inkompatibler Kategorien bedienen. Nach Nr. 88 RiStBV wird ggf. ausgesprochen, "dass der Beschuldigte unschuldig ist oder dass gegen ihn kein begründeter Verdacht mehr besteht", während nach § 8 Abs. 3 BKAG verlangt wird "dass der Betroffene die Tat nicht (1. Alt.) oder nicht rechtswidrig begangen hat (2. Alt.)". Wird die Einstellungsverfügung gemäß den Regeln der RiStBV formuliert, ist ihr nicht unmittelbar zu entnehmen, ob der Kläger "die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat", weil nur etwas über seine "Unschuld" mitgeteilt wird oder den nicht mehr bestehenden "begründeten Verdacht". Aus Gründen der Rechtssicherheit wäre deshalb eine Anpassung der Begrifflichkeiten in § 170 StPO, Nr. 88 RiStBV, § 8 Abs. 3 BKAG und § 484 Abs. 2 Satz 2 StPO mit dem Ziel nützlich, die Folgen der Einstellung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens für die Befugnis zur Datenspeicherung aus Gründen der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung oder der Strafverfolgungsvorsorge normklarer zu gestalten.
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Für die Frage, ob sich im Sinne von § 8 Abs. 3 BKAG aus den Gründen der (verfahrenseinstellenden) Entscheidung ergibt, dass der Betroffene die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat, kommt es allerdings nicht in erster Linie auf die Mitteilung der Staatsanwaltschaft an den Beschuldigten, sondern vielmehr auf die Mitteilung der Staatsanwaltschaft an die Polizeibehörde an, die im Rahmen des polizeilichen Informationssystems die datenschutzrechtliche Verantwortung für die bei der Zentralstelle gespeicherten Daten trägt (§ 12 Abs. 2 BKAG). Nach § 482 Abs. 2 StPO unterrichtet die Staatsanwaltschaft die Polizeibehörde, die mit der Angelegenheit befasst war, über den Ausgang des Verfahrens zwar grundsätzlich nur durch Mitteilung der Entscheidungsformel; sie kann "im Falle des Erforderns" aber auch die mit Gründen versehene Einstellungsentscheidung übersenden. Die verantwortliche Polizeibehörde ist ggf. gehalten, ein solches Ersuchen an die Staatsanwaltschaft zu richten, bevor sie nach einer Verfahrenseinstellung über die Speicherung bzw. Löschung von Beschuldigtendaten entscheidet. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte der ihr mitgeteilten Kurzbegründung der Staatsanwaltschaft entnommen, dass gegen den Kläger ein Resttatverdacht fortbesteht.
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b) Das Bundeskriminalamt hat gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten ferner zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist. Gemäß § 32 Abs. 3 BKAG prüft das Bundeskriminalamt bei der Einzelfallbearbeitung und nach festgesetzten Fristen, ob gespeicherte personenbezogene Daten zu berichtigen oder zu löschen sind. Die Aussonderungsprüffristen dürfen bei Erwachsenen zehn Jahre nicht überschreiten, wobei nach Zweck der Speicherung sowie Art und Schwere des Sachverhalts zu unterscheiden ist. Nach § 34 Abs. 1 Nr. 8 BKAG sind in der Errichtungsanordnung Prüffristen und Speicherungsdauer festzulegen. Regelmäßig ist die Kenntnis der Daten im Sinne des § 32 Abs. 2 BKAG nicht mehr erforderlich, wenn die Aussonderungsprüffrist abgelaufen ist. Die Aussonderungsprüffrist beginnt gemäß § 32 Abs. 5 Satz 1 BKAG regelmäßig mit dem Tag, an dem das letzte Ereignis eingetreten ist, das zur Speicherung der Daten geführt hat. Diese Regelung unterscheidet sich von derjenigen in § 489 Abs. 6 StPO und § 494 Abs. 2 StPO dadurch, dass nach den zuletzt genannten Bestimmungen ausdrücklich spätere Speicherungen berücksichtigt werden, indem sie die Löschung hinausschieben, bis für alle Eintragungen die Löschungsvoraussetzungen erfüllt sind. Demgegenüber knüpft § 32 Abs. 5 BKAG an das letzte Ereignis an, das zur Speicherung der Daten geführt hat (Urteil vom 22. Oktober 2003 a.a.O. S. 3). Nach Nr. 8.1.1 Satz 1 der Errichtungsanordnung für die Datei "Gewalttäter Sport" beträgt die Aussonderungsprüffrist für Erwachsene und Jugendliche grundsätzlich fünf Jahre.
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Die Voraussetzungen zur Löschung liegen demnach noch nicht vor. Bezogen auf die mündliche Verhandlung im Berufungsverfahren war die Fünfjahresfrist noch nicht verstrichen. Die Umstände des Einzelfalles gebieten keine Verkürzung der Frist. Dies ergibt sich aus den Feststellungen im Berufungsurteil. Darin ist ausgeführt, wenn es auch im Einzelnen strittig sei, wie es zu der Schlagverletzung bei dem Kläger gekommen sei, so hätten doch zwei Zeugen übereinstimmend und vom Kläger auch nicht bestritten ausgesagt, dass er an der Spitze der Gruppe von ca. 30 bis 40 Personen gelaufen sei, die über die Absperrung hinweg auf die Tartanbahn des Sportplatzes gelangt und auf die gegnerische Fangemeinde zugelaufen sei. Schon dieses Verhalten des Klägers zeige, dass er als Sportzuschauer nicht gewillt sei, sich an die Vorgaben der Polizei zu halten und Absperrungen zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Fußballspieles zu beachten. Dass es sich auch aus Sicht der veranstaltenden Vereine um ein erhebliches Fehlverhalten gehandelt habe, werde daran deutlich, dass gegenüber dem Kläger von dem Fußballverein Hannover 96 für den Zeitraum von Februar 2007 bis Juni 2008 ein bundesweites Stadionverbot ausgesprochen worden sei. Auch wenn die "Brigade Nord 99", zu der der Kläger gehört, nicht als gewaltbereite Fangruppierung eingestuft werde, rechtfertige sein Verhalten am 24. Mai 2006 die Befürchtung, dass er auch bei anderen Fußballspielen sich nicht ordnungsgemäß verhalten werde. Diese Feststellungen sind ausreichend, die Aufnahme des Klägers in die Datei "Gewalttäter Sport" gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG weiterhin für erforderlich zu halten.
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3. Über die Revision kann der Senat gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO auf der Grundlage der vom Oberverwaltungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen in der Sache selbst entscheiden; weiterer tatsächlicher Ermittlungen oder Würdigungen bedarf es nicht. Aus den vorgenannten Gründen waren die Urteile des Oberverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
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Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.