Tenor

Die Anträge werden abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller als Gesamtschuldner.

Der Streitwert wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Anträge der Antragsteller, serbischer Staatsangehöriger, mit denen diese – sachdienlich gefasst (§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO) – beantragen,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Antragsteller vorläufig von Serbien nach Deutschland zurückzubringen,
hilfsweise, den Antragstellern die vorläufige Wiedereinreise aus Serbien in die Bundesrepublik Deutschland zu gestatten,
sind zulässig, jedoch nicht begründet.
Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern, oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen. Im vorliegenden Fall fehlt es jedenfalls an einem Anordnungsanspruch. Die Antragsteller haben einen Folgenbeseitigungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
Die Voraussetzungen eines nach Art. 19 Abs. 4 GG im Wege der einstweiligen Anordnung durchzusetzenden Folgenbeseitigungsanspruchs sind wegen des grundsätzlichen Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache gesteigert. Wird im Wege der einstweiligen Anordnung ein Anspruch auf Ermöglichung der Wiedereinreise als Folgenbeseitigung nach rechtswidriger Abschiebung geltend gemacht, so ist zur Beseitigung der Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG bereits im Eilverfahren die offensichtliche Rechtswidrigkeit der Abschiebung glaubhaft zu machen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.03.2008 - 13 S 418/08 -, juris). Dies gilt vor allem dann, wenn – wie hier (vgl. VG Karlsruhe, Beschluss vom ...2018 - 7 K 655/18 -, n. v.) – bereits vor der Abschiebung ein Antrag auf einstweilige Aussetzung der Abschiebung nach § 123 VwGO erfolglos geblieben ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.03.2008 - 13 S 418/08 -, juris). Vorliegend haben die Antragsteller weder die Rechtswidrigkeit noch die offensichtliche Rechtswidrigkeit der Abschiebung glaubhaft gemacht.
Nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung des Ausländers auszusetzen, solange diese aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Rechtlich unmöglich ist die Abschiebung, wenn sie aus rechtlichen Gründen nicht durchgeführt werden darf, weil ein von der Ausländerbehörde zu berücksichtigendes Abschiebungsverbot gemäß § 60 AufenthG, aus anderen Gesetzen oder aus vorrangigem Recht gegeben ist. Dies war zum Zeitpunkt der Abschiebung am ...2018 nicht der Fall. Die Antragsteller waren nach rechtskräftiger bzw. bestandskräftiger Ablehnung ihrer Asylanträge vollziehbar ausreisepflichtig. Sie haben weder glaubhaft gemacht, dass der Antragsteller zu 1 zu diesem Zeitpunkt der Abschiebung am ...2018 über eine Ausbildungsduldung verfügte (siehe 1.) noch, dass am ...2018 ihre Duldung vom 21.12.2017 fortbestand (siehe 2.). Ebenso wenig ist glaubhaft gemacht worden, dass der Antragsteller zu 1 bzw. die Antragsteller am ...2018 einen Anspruch auf eine Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 10 AufenthG (siehe 3.) oder nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG (siehe 4.) hatte bzw. hatten. Auch war die Abschiebung weder mit Blick auf das Recht auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK (siehe 5.) noch wegen eines inlandsbezogenen Abschiebungshindernisses bezogen auf die Antragstellerin zu 5 gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 2 GG (siehe 6.) aus rechtlichen Gründen unmöglich. Schließlich ist nicht glaubhaft gemacht, dass die Antragsteller am ...2018 einen Anspruch auf eine Duldung aus § 60a Abs. 2 AufenthG i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG für die Dauer eines Aufenthaltserlaubnisverfahrens hatten (siehe 7.)
1. Der Antragsteller zu 1 verfügte im Zeitpunkt der Abschiebung am ...2018 nicht mehr über die ihm erteilte Ausbildungsduldung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG. Diese ist nach § 60a Abs. 2 Satz 9 AufenthG mit der Kündigung des Ausbildungsverhältnisses zum 25.10.2017 erloschen. Nach § 60a Abs. 2 Satz 9 AufenthG erlischt eine Duldung nach Satz 4, wenn die Ausbildung nicht mehr betrieben oder abgebrochen wird. Dass hiervon, trotz des nicht eindeutigen Wortlauts, auch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Ausbildungsbetrieb in der Probezeit erfasst ist, ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Regelung und dem Willen des Gesetzgebers. Sinn und Zweck der Regelung ist, dem Geduldeten und dem ausbildenden Betrieb für die Zeit der Ausbildung mehr Rechtssicherheit zu verschaffen (BR-Drs. 266/16 S. 48; BT-Drs. 18/8615 S. 48). Sobald das Ausbildungsverhältnis – auch durch Kündigung in der Probezeit – beendet wird, besteht demnach kein Grund mehr für die Duldung. Daher stellt auch der Gesetzgeber auf das Ausbildungsverhältnis ab und bestimmt (BR-Drs. 266/16 S. 48; BT-Drs. 18/8615 S. 49): „Wird die Berufsausbildung durch die oder den Auszubildenden oder den Ausbildungsbetrieb vor dem erfolgreichen Abschluss abgebrochen, ist der Ausbildungsbetrieb verpflichtet, dies unverzüglich der zuständigen Ausländerbehörde schriftlich mitzuteilen. Bei Abbruch der Berufsausbildung erlischt die Duldung kraft Gesetzes.“ Nichts anderes ergibt sich aus einem systematischen Vergleich mit dem später im Gesetzgebungsverfahren eingefügten § 60a Abs. 2 Satz 10 AufenthG. Nach diesem wird dem Ausländer einmalig eine Duldung für sechs Monate zum Zweck der Suche nach einer weiteren Ausbildungsstelle zur Aufnahme einer Berufsausbildung nach Satz 4 erteilt, wenn das Ausbildungsverhältnis vorzeitig beendet oder abgebrochen wird. Mit der Einführung des § 60a Abs. 2 Satz 10 AufenthG wollte der Gesetzgeber dem Geduldeten im Falle des Abbruchs einer Ausbildung eine zweite Chance gegeben, insbesondere da der Abbruch unverschuldet erfolgt sein kann (BT-Drs. 18/8829 S. 22). Der Gesetzgeber selbst ging also davon aus, dass die Duldung selbst dann entfällt, wenn der Abbruch der Ausbildung nicht vom Geduldeten verschuldet wurde. Zudem spricht der Gesetzgeber in seiner Begründung in der BT-Drs. 18/8829 S. 22 und in der BT-Drs. 18/9090 S. 26 nur vom Abbruch der Ausbildung, während der Gesetzeswortlaut in der BT-Drs. 18/8829 von „vorzeitiger Beendigung“ und in der BT-Drs. 18/9090 von „vorzeitig beendigt oder abgebrochen“ spricht. Vor diesem Hintergrund kann auch aus dem Wortlaut des § 60a Abs. 2 Satz 10 AufenthG, der von vorzeitig beendigt oder abgebrochen spricht, nicht geschlossen werden, dass abgebrochen i.S.d. § 60a Abs. 2 Satz 9 AufenthG etwas anderes bedeuten müsse als die vorzeitige Beendigung der Ausbildung. Mit Erlöschen der Ausbildungsduldung des Antragstellers zu 1 sind auch die Duldungen der Antragsteller zu 2 bis 6 aus § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG entsprechend § 60a Abs. 2 Satz 9 AufenthG erloschen.
2. Zum Zeitpunkt der Abschiebung am ...2018 verfügten die Antragsteller auch nicht mehr über die bis zum ...2018 befristet mit der auflösenden Bedingung „Erlischt mit Bekanntgabe des Abschiebungstermins“ versehene Duldung vom 21.12.2017. Diese war mit Eintritt der auflösenden Bedingung gemäß § 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG i.V.m. § 61 Abs. 1e AufenthG erloschen. Entgegen der Ansicht der Antragsteller war die auflösende Bedingung auch nicht ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig. Wie die Antragsteller selbst einräumen, ist aus gesetzessystematischen Gründen bei der Bedingung „Erlischt mit Bekanntgabe des Abschiebungstermins“ in der Regel kein Ermessensfehler anzunehmen (Funke-Kaiser im GK-AufenthG, 92. Lieferung Stand: April 2018, § 60a AufenthG Rn. 96). Dem Einwand der Antragsteller, dass die Bedingung ausnahmsweise ermessensfehlerhaft sei, weil im vorliegenden Fall offensichtlich keine Gefahr des Untertauchens bestehe, sodass die Bedingung nicht erforderlich gewesen sei, folgt das Gericht nicht. Zwar mögen Familien mit schulpflichtigen Kindern seltener untertauchen als ledige Erwachsene. Untypisch ist dies aber nicht. Vorliegend hatten die Antragsteller zu 1 und 2 zudem bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass sie auch durch Lügen und Verletzung von ausländerrechtlichen Mitwirkungspflichten ihren Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland aufrechterhalten wollen. So gaben sie übereinstimmend bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 11.10.2011 an, sie hätten ihre Pässe bei der Einreise nach Deutschland im Kombi des Schleppers vergessen. Erst am 28.07.2016 – und damit zeitlich unmittelbar vor der Erteilung der ersten Ausbildungsduldung des Antragstellers zu 1 und während eines laufenden Verfahrens zur Beschaffung von Reisepässen für die Antragsteller – legten die Antragsteller zu 1 und 2 die zwischen Mai und August 2011 ausgestellten Pässe der Antragsteller zu 1 bis 4 der Stadt ... vor. Angesichts dieses vergangenen Verhaltens erschien es nicht offensichtlich ausgeschlossen, dass die Antragsteller auch kurz vor der Abschiebung zumindest für wenige Tage untertauchen, um eine Aufenthaltsbeendigung durch Abschiebung zu verhindern.
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3. Der Antragsteller zu 1 hatte am ...2018 auch keinen Anspruch auf eine Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 10 AufenthG. Nach der Vorschrift ist, wenn das Ausbildungsverhältnis vorzeitig beendet oder abgebrochen wurde, einmalig eine Duldung für sechs Monate zum Zwecke der Suche nach einer weiteren Ausbildungsstelle zur Aufnahme einer Berufsausbildung nach Satz 4 zu erteilen. § 60a Abs. 2 Satz 10 AufenthG gibt nur einen einmaligen Anspruch auf eine Duldung zur Suche einer zweiten Ausbildungsstelle. Bereits der Wortlaut der Regelung spricht für dieses Ergebnis. Zwar kann die Formulierung „einmalig“ in Satz 10 auch so verstanden werden, dass die für sechs Monate erteilte Duldung dann, wenn in diesem Zeitraum keine Ausbildungsstelle gefunden wird, nicht verlängert werden darf. Aber es liegt – insbesondere wegen des Passus von „einer weiteren“ Ausbildungsstelle – näher davon auszugehen, dass bereits nach dem Wortlaut der Norm nur ein einmaliger Anspruch auf eine Duldung zur Suche einer zweiten Ausbildungsstelle besteht. Für diese Auslegung sprechen zudem Sinn und Zweck der Vorschrift und der Wille des Gesetzgebers. Zweck der Vorschrift war, dass dem Betroffenen im Falle des Abbruchs der Ausbildung eine zweite Chance gegeben wird (BT-Drs. 18/8829 S. 22). Ein Anspruch auf eine dritte, vierte oder fünfte Chance wollte der Gesetzgeber dem Geduldeten nicht einräumen. In der ursprünglichen Version der Norm hat der Gesetzgeber deshalb ausdrücklich klargestellt, dass „die Duldung weder verlängert noch im Fall eines weiteren Abbruchs wiederholt werden kann“ (BT-Drs. 18/8829 S. 22). Auch nach Änderung des Gesetzeswortlauts wollte der Gesetzgeber dem Auszubildenden einmalig die Möglichkeit geben, sich eine neue Ausbildungsstelle zu suchen und eine weitere Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG zu erhalten (BT-Drs. 18/9090 S. 26). Wie oben dargestellt, ist es für § 60a Abs. 2 Satz 9 und 10 AufenthG irrelevant, ob der Abbruch vom Geduldeten verschuldet ist.
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4. Die Antragsteller hatten zum Zeitpunkt der Abschiebung keinen Anspruch auf eine Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG. Nach der Vorschrift kann dem Ausländer eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Das Gericht kann offen lassen, ob die Prüfung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG – trotz des sowohl dem Regierungspräsidium... als auch der Stadt ... bekannten Hinweises auf die Vorschrift in der E-Mail eines Mitarbeiters des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration des Landes Baden-Württemberg vom 24.11.2017 – nicht erfolgt ist und deshalb das Ermessen nicht ausgeübt wurde. Denn die Möglichkeit der Erteilung einer im Ermessen des Antragsgegners stehenden Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG stand einer Abschiebung der Antragsteller nicht entgegen (vgl. OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 06.06.2016 - 2 M 37/16 -, juris). Nur im Falle einer Reduzierung des Ermessens dahin, dass nur die Erteilung einer Duldung ermessensfehlerfrei war, wäre die am ...2018 erfolgte Abschiebung rechtswidrig gewesen. Dies war vorliegend nicht der Fall.
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Bezogen auf eine Duldung zur Suche einer weiteren Berufsausbildung bestand keine Ermessensreduzierung auf null. Im Falle eines erneuten Abbruchs der Berufsausbildung kommt eine positive Ermessensentscheidung bezogen auf eine Duldung zur Suche einer weiteren Berufsausbildung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG nur ausnahmsweise in Betracht (Funke-Kaiser im GK-AufenthG, 92. Lieferung Stand: April 2018, § 60a AufenthG Rn. 289). Ein solcher Ausnahmefall lag nicht vor. Zwar wurde vorliegend das Ausbildungsverhältnis während der Probezeit nach etwas mehr als einem Monat gekündigt, so dass durch eine erneute Duldung zur Suche nach einer weiteren Berufsausbildung keine wesentliche Verlängerung der Duldungszeit eingetreten wäre. Jedoch ist laut der Verfügung der Stadt ... vom 12.04.2018 der Kooperationsvertrag betreffend den Antragsteller zu 1 am 09.11.2016 vom ersten Ausbildungsbetrieb in Kooperation gekündigt worden, weil der Antragsteller zu 1 unzuverlässig gewesen sei und ein wenig konstruktives Verhalten gezeigt habe. Der ... Dienst habe den Antragsteller zu 1 dabei unterstützt, einen neuen Kooperationsbetrieb zu finden, um seine Ausbildung zu beenden. Laut dem Schreiben der „... Dienste gGmbH“ vom 28.03.2017 wurde das erste Ausbildungsverhältnis mit dem Antragsteller zu 1 dann aber fristlos gekündigt, nachdem dieser trotz wiederholter intensiver Gespräche im (zweiten) Ausbildungsbetrieb (in Kooperation) ohne Krankmeldung gefehlt habe. Angesichts der Tatsache, dass dem Antragsteller zu 1 schon von drei Ausbildungsbetrieben gekündigt wurde – in mindestens zwei Fällen verhaltensbedingt – bestand jedenfalls keine Ermessensreduzierung auf null für eine weitere Duldung zur Ausbildungssuche, zumal dem Antragsteller zu 1 laut der Verfügung vom 12.04.2018 mehrfach deutlich die Konsequenzen seines Verhaltens für ihn und seine Familie aufgezeigt wurden. Allein die Tatsache, dass der Antragsteller zu 1 sich an der Berufsschule nicht wohl fühlte und dorthin etwa 40 Kilometer fahren musste, entschuldigt nicht das Fehlen im Ausbildungsbetrieb, zumal der Antragsteller zu 1 intensiv vom ... Dienst betreut wurde und Nachhilfe bekommen hat.
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Auch bestand am ...2018 kein Anspruch auf eine Duldung, um die Überprüfung zu ermöglichen, ob die Arbeitsverhältnisse der Antragsteller zu 1 und 2 längerfristig Bestand haben würden. Selbst wenn die Arbeitsverhältnisse der Antragsteller zu 1 und 2 längerfristig Bestand gehabt hätten, hätte dies – wie unten ausgeführt wird – weder zu einem Aufenthaltstitel nach § 25b AufenthG noch zu einer Unmöglichkeit der Abschiebung aufgrund von Art. 8 EMRK geführt und daher die Rechtsposition der Antragsteller nicht verbessern können, sodass unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls bereits deshalb eine Ermessensreduzierung auf null auf Erteilung einer Duldung nicht vorgelegen haben dürfte. Unabhängig hiervon stellt die Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses – anders als die Aufnahme einer qualifizierten Berufsausbildung – aller Voraussicht nach von vornherein keinen dringenden humanitären oder persönlichen Grund i.S.v. § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG dar (ebenso Sächsisches OVG, Beschluss vom 21.11.2016 – 3 B 254/16 -, juris). Darüber hinaus ist eine Duldung im Hinblick auf eine qualifizierte Berufsausbildung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 4 a.E. AufenthG dann nicht zu erteilen, wenn konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevorstehen. Selbst wenn die Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses geeignet wäre, als dringender persönlicher Grund die Erteilung einer Duldung zu rechtfertigen, wäre nach dieser gesetzlichen Wertung eine solche ausgeschlossen, sobald konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevorstehen. Dies war vorliegend der Fall, denn zum grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt der Beantragung der Duldung, um die Überprüfung zu ermöglichen, ob die Arbeitsverhältnisse der Antragsteller zu 1 und 2 längerfristig Bestand haben würden, standen Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bereits bevor. Eine konkrete Maßnahme zur Aufenthaltsbeendigung stellt beispielsweise die Erteilung eines Vollzugsauftrags gegenüber der Polizei dar (Funke-Kaiser im GK-AufenthG, 92. Lieferung Stand: April 2018, § 60a AufenthG Rn. 288.3). Am ...2017 wurde der Vollzugsauftrag vom Regierungspräsidium Karlsruhe ausgefüllt und am ...2017 wurde die Abschiebegruppe Rastatt von der geplanten Abschiebung in Kenntnis gesetzt.
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5. Die Antragsteller haben auch nicht glaubhaft gemacht, dass ihrer Abschiebung am ...2018 mit Blick auf ihr Recht auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK aus rechtlichen Gründen unmöglich war. Dieses Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.12.2009 - 13 S 2092/09 - m. w. N.; Urteil vom 13.12.2010 - 11 S 2359/10 -, jeweils juris). Offen bleiben kann, ob der Schutzbereich des Rechts der Antragsteller auf Achtung des Privatlebens eröffnet ist, obwohl ihr Aufenthalt niemals legalisiert worden war (vgl. einerseits VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.12.2009 - 13 S 2092/09 -, juris, und andererseits BVerwG, Urteil vom 30.04.2009 - 1 C 3/08 -; Urteil vom 26.10.2010 - 1 C 18/09 -, jeweils juris). Jedenfalls stellte hier eine Beendigung des Aufenthalts der Antragsteller keinen (rechtswidrigen) Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens dar. Denn Art. 8 EMRK darf nicht so ausgelegt werden, als verbiete er eine Aufenthaltsbeendigung bei Ausländern bereits deswegen, weil diese sich eine bestimmte Zeit im Aufnahmeland aufgehalten haben. Eine Verletzung des in Art. 8 Abs. 2 EMRK normierten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kommt vielmehr vor allem bei Ausländern in Betracht, die auf Grund ihrer gesamten Entwicklung faktisch zu Inländern geworden sind und denen wegen der Besonderheiten des Falls ein Leben im Staat ihrer Staatsangehörigkeit, zu dem sie keinen Bezug haben, nicht zuzumuten ist (VG Stuttgart, Urteil vom 10.01.2017 - 11 K 2461/16 -, juris). Ob eine solche Fallgestaltung vorliegt, hängt zum einen von der Integration des Ausländers in Deutschland („Verwurzelung“) und zum anderen von seiner Möglichkeit der Reintegration in seinem Heimatland („Entwurzelung“) ab.
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Die Antragsteller waren zum Zeitpunkt ihrer Abschiebung weder in Deutschland verwurzelte faktische Inländer noch von ihrem Herkunftsland entwurzelt.
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Die Antragsteller waren in Deutschland nicht verwurzelt. Zwar lebten die – die deutsche Sprache beherrschenden – Antragsteller (mit Ausnahme des Antragstellers zu 6) mehr als sechs Jahren in Deutschland, die Antragsteller zu 5 und 6 sind dort geboren, die Antragsteller zu 3 bis 6 haben dort die erste Klasse der Grundschule bzw. den Kindergarten besucht. Zudem waren die Antragsteller nicht straffällig und ausweislich der vorgelegten Schreiben hatte bei ihnen eine gewisse gesellschaftliche und soziale Integration stattgefunden. So hätten die Antragsteller zu 1 und 2 rege an den Familienbildungsangeboten und Familienaktivitäten des Kindergartens teilgenommen und seien dort bei allen Veranstaltungen präsent gewesen. Die Antragsteller zu 1 und 2 hätten sich auch privat mit anderen Familien aus dem Kindergarten getroffen und Deutsch bei Bekannten gelernt. Neben (deutschen) Freunden und Bekannten der Antragsteller lebten der Vater, die Stiefmutter und die Stiefschwestern des Antragstellers zu 1 in ... Zu diesen hätten die Antragsteller eine sehr enge Beziehung gehabt. Aber von einer Verwurzelung in Deutschland kann gleichwohl keine Rede sein. Die Familie hatte sich nicht wirtschaftlich integriert, da sie für etwa 2 1/2 Jahre ergänzend und während ihrer restlichen Aufenthaltszeit von etwa 3 3/4 Jahren ausschließlich von Sozialleistungen gelebt hat. Auch zum Zeitpunkt der Abschiebung verfügte die Familie lediglich über ein Bruttomonatsgehalt der Antragstellerin zu 2 von 385,00 Euro und bezog ergänzend für die sechsköpfige Familie Sozialleistungen. Der Antragsteller zu 1 hatte erst für den Tag nach der Abschiebung ein befristetes Arbeitsverhältnis in Aussicht. Ob er dieses auch nur bis zum Ende der Befristung behalten hätte, erscheint zweifelhaft angesichts der Tatsache, dass dem Antragsteller zu 1, obwohl er lange Zeit vom ... Dienst unterstützt wurde und Nachhilfe bekam, von drei Ausbildungsbetrieben – in mindestens zwei Fällen verhaltensbedingt – gekündigt wurde. Wenn schon die Ausbildung zu seinem „Traumberuf“ – trotz der Kenntnis über die Konsequenzen für ihn und seine Familie – nicht erfolgreich abgeschlossen werden konnte, bestehen erhebliche Zweifel daran, dass der Antragsteller zu 1 als Berufskraftfahrer zukünftig ein Verhalten an den Tag legen wird, dass nicht zu einer Kündigung nach kurzer Zeit führt. Zudem war der Arbeitsvertrag vom ...2018 nicht vom Antragsteller zu 1 unterschrieben und es wurde bis zum heutigen Tag kein vom Antragsteller zu 1 unterschriebener Arbeitsvertrag vorgelegt, was Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Arbeitsabsichten des Antragstellers zu 1 hervorruft. Mit hohem Gewicht ist außerdem auch zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt der Antragsteller – abgesehen von den Aufenthaltsgestattungen während der Dauer ihrer erfolglosen Asylverfahren – nie legalisiert war, es also an einer „Handreichung des Staates“ und einem rechtlich geschützten Vertrauen darauf, dauerhaft im Bundesgebiet bleiben zu dürfen, fehlte. Die früheren Duldungen der Antragsteller begründeten kein derartig rechtlich geschütztes Vertrauen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.12.2009 – 13 S 2092/09 -, juris). Dass kein geschütztes Vertrauen bestand, gilt umso mehr, als die Antragsteller zu 1 bis 2 mit der Behauptung, dass sie ihre Pässe bei der Einreise in einem Kombi liegengelassen hätten, bei der Anhörung durch das Bundesamt am 11.10.2011 – offensichtlich untereinander abgesprochen – gelogen haben. Zudem war der Aufenthalt der Antragsteller in der Bundesrepublik Deutschland auch vergleichsweise kurz. Der Aufenthalt der Antragsteller zu 3 bis 6 konnte rechtlich nicht isoliert von demjenigen der Eltern beurteilt werden. Für eine solche Gesamtbetrachtung spricht nicht nur die Bezugnahme auf das „Familienleben“ als paralleles Schutzgut des Art. 8 Abs. 1 EMRK, sondern auch die Tatsache, dass die Antragsteller zu 3 bis 6 ihren Lebensunterhalt in der Bundesrepublik Deutschland nicht sichern könnten, sondern hierfür auf die Unterstützung ihrer Familie angewiesen wären (vgl. für den Fall eines 16-Jährigen: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 -, juris).
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b) Unabhängig von der hier nicht erfolgten Verwurzelung in Deutschland ist auch keine vollständige Entwurzelung der Antragsteller von ihrem Heimatland Serbien glaubhaft gemacht. Die Antragsteller zu 1 und 2 haben den überwiegenden Teil ihres Lebens in Serbien verbracht, dort im Wesentlichen ihre Sozialisation erfahren und Serbien erst im Erwachsenenalter verlassen. Die Antragstellerin zu 2 gab bei ihrer Anhörung beim Bundesamt am 11.10.2011 an, dass sie in Serbien acht Jahre die Schule besucht, dort drei Jahre eine Ausbildung in einer Kosmetik- und Friseurschule absolviert und schließlich in einem Friseurgeschäft zu arbeiten angefangen habe. Sie erklärte zudem, dass ihr Vater, ihr Bruder und drei Tanten väterlicherseits in Serbien lebten. Im Rahmen seiner Anhörung beim Bundesamt am 11.10.2011 gab der Antragsteller zu 1 an, er habe in Serbien acht Jahre die Schule besucht, zwar keinen Beruf erlernt, früher aber seinem Vater auf dem Bau geholfen. Zudem gab der Antragsteller zu 1 an, dass seine Mutter – zu der er keinen Kontakt habe –, ein Onkel, eine Tante und zwei Cousins väterlicherseits – zu denen wenig Kontakt bestehe – in Serbien lebten. In der Antragsbegründung gab der Antragsteller zu 1 weiterhin an, dass er bereits in Serbien eine Ausbildung zum Kraftfahrzeug-Mechaniker begonnen aber nicht fortgesetzt habe. Aufgrund dieser Umstände war davon auszugehen, dass – selbst wenn die Behauptungen der Antragstellerin zu 2, dass sie in Serbien nie gearbeitet habe, und dass sie keinerlei familiären oder sozialen Kontakt nach Serbien habe, zutreffen sollten – die Antragsteller mit den Verhältnissen in Serbien hinreichend vertraut sind, um sich in diese nach der Rückkehr wieder einzugewöhnen. Im Übrigen waren die Antragsteller zu 1 und 2 bei ihrer Abschiebung noch in einem Alter, in dem selbst das Einfügen in neue und unbekannte soziale Strukturen und der damit verbundene Aufbau eines neuen Privatlebens regelmäßig zumutbar und möglich gewesen ist.
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Die minderjährigen Antragsteller zu 3 bis 6 teilen das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern (vgl. zu einem ähnlichen Fall VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.12.2009 - 13 S 2092/09 -, juris). Eine (Re)integration in Serbien war auch ihnen möglich und zumutbar. Nachdem zumindest die Antragsteller zu 1 und 2 noch nicht von den Lebensverhältnissen in Serbien entfremdet waren, musste von ihnen auch erwartet werden, dass sie ihre noch jungen minderjährigen Kinder, von denen nur die beiden ältesten einige Monate die 1. Klasse in Deutschland besucht hatten, bei der Eingliederung in die Lebensverhältnisse in Serbien und – soweit überhaupt erforderlich – dem weiteren Erwerb der serbischen Sprache unterstützen würden. Nach der von den Antragstellern vorgelegten Stellungnahme des ... Kindergartens ... vom ...2018 erlebten die Antragsteller zu 3 bis 6 bereits vor ihrer Abschiebung zu Hause ihre Herkunftskultur, lernten und sprachen dort die Sprache der Eltern. Es waren auch sonst keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, warum es den Antragstellern zu 3 bis 6 nicht ebenso wie ihren Eltern gelingen sollte, in Serbien einen Schulabschluss und eine Ausbildung zu machen und zu arbeiten. Soweit eingewandt wird, dass die Antragsteller in Serbien ihren Lebensunterhalt nicht sichern könnten und die Einschulung der Antragstellerinnen zu 3 und 4 in Serbien ein Schuljahr zurückgestellt worden sei, ist zu beachten, dass die Antragsteller auch während ihres gesamten Aufenthalts in Deutschland auf Sozialleistungen angewiesen waren und die Einschulung der Antragstellerinnen zu 3 und 4 – laut dem Schreiben des ... Kindergartens ... vom ... – auch in Deutschland ein Jahr zurückgestellt wurde.
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6. Auch ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis aufgrund des angeborenen Herzfehlers der Antragstellerin zu 5 liegt nicht vor. In dem Attest von Dr. ... (Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Schwerpunkt: Kinderkardiologie) vom 12.09.2013 ist nur bescheinigt worden, dass regelmäßige Kontrolluntersuchungen im Abstand von 12 Monaten wahrgenommen werden sollten. Zur Sicherung des Gesundheitszustands der Antragstellerin zu 5 wurde diese ab Abholung während der gesamten Abschiebung von einem Kinderarzt begleitet. Auch aus den übrigen ärztlichen Schreiben ergibt sich nicht, dass die Antragstellerin zu 5 wegen der Erkrankung transportunfähig war oder dass das ernsthafte Risiko bestand, dass unmittelbar durch die Abschiebung als solche, unabhängig vom konkreten Zielstaat, sich ihr Gesundheitszustand wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert würde. Auf die Frage, ob ein Anspruch auf eine Wiedereinreise als Folgenbeseitigung nach rechtswidriger Abschiebung auch besteht, wenn ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis bei der Abschiebung missachtet wurde, kommt es folglich nicht mehr an.
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7. Den Antragstellern stand schließlich am ...2018 auch kein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung im Hinblick auf die damals noch ausstehende Entscheidung über die – etwa eine Stunde vor der Abschiebung beantragte – Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG zu. Die Erteilung einer Duldung bzw. die Gewährung von Abschiebungsschutz nach Maßgabe des § 60a Abs. 2 AufenthG für die Dauer eines Aufenthaltserlaubnisverfahrens scheidet aus gesetzessystematischen Gründen grundsätzlich aus, wenn – wie hier – ein vorläufiges Bleiberecht nach § 81 AufenthG nicht eingetreten ist (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05.12.2011 - 18 B 910/11 -; Beschluss vom 11.01.2016 - 17 B 890/15 -, jeweils juris). Von diesem Grundsatz ist zur Sicherung eines effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG eine Ausnahme zu machen, wenn nur so sichergestellt werden kann, dass eine ausländerrechtliche Regelung – die jeweils einen Aufenthalt im Bundesgebiet voraussetzt – einem möglicherweise Begünstigten zugutekommt (OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05.12.2011 - 18 B 910/11 -; Beschluss vom 11.01.2016 - 17 B 890/15 -, jeweils juris). Unabhängig davon, ob ein solcher Ausnahmefall bei einer beantragten Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG überhaupt gegeben sein kann, haben die Antragsteller vorliegend nicht glaubhaft gemacht, dass Überwiegendes dafür spricht, dass ihnen zum Zeitpunkt der Abschiebung eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25b Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu erteilen gewesen wäre. Dies ist aber Voraussetzung, um ausnahmsweise schon im Aufenthaltserlaubnisverfahren einen Anspruch auf Duldung bzw. Gewährung von Abschiebeschutz zu haben (vgl. bezogen auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs. 1 AufenthG: OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.10.2009 - 2 M 142/09 -, juris). Nach § 25b Abs. 1 Satz 1 AufenthG soll einem geduldeten Ausländer abweichend von § 5 Abs. 1 Nr.1 und Abs. 2 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert hat. § 25b Abs. 1 Satz 1 AufenthG setzt damit bereits – ebenso wie ein Anspruch nach § 25a AufenthG – nach seinem Wortlaut voraus, dass der Anspruchsteller im Zeitpunkt der Behördenentscheidung – vorliegend im Zeitpunkt der Abschiebung – geduldet ist (vgl. VG München, Beschluss vom 08.02.2018 - M 25 E 18.368 -, juris; Samel/Röcker in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Auflage 2018, § 25b AufenthG Rn. 9). Die Antragsteller verfügten – wie bereits oben gezeigt – am ...2018, dem Tag der Antragstellung und Abschiebung, über keine Duldung und hatten auch keinen Anspruch auf eine solche. Auch die gesetzgeberische Intention setzt eine Duldung oder das Vorliegen von Duldungsgründen i.S.v. § 60a Abs. 2 AufenthG voraus (Bayerischer VGH, Beschluss vom 17.05.2017 - 19 CS 17.37 -, juris), wollte der Gesetzgeber mit § 25b AufenthG doch gerade die „gesetzliche Lücke im geltenden Aufenthaltsrecht“ schließen, die dadurch entstanden war, dass in vielen Fällen die aufenthaltsrechtliche Situation „weder durch zwangsweise Aufenthaltsbeendigung noch durch Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis verändert werden“ konnte (VG Bayreuth, Urteil vom 30.11.2016 - B 4 K 16.584 -, juris). Ausgehend hiervon gehörten die Antragsteller bereits nicht zum begünstigten Personenkreis des § 25b AufenthG, da ihre aufenthaltsrechtliche Situation durch zwangsweise Aufenthaltsbeendigung verändert werden konnte und dies etwa eine Stunde nach Stellung des Antrags auf eine Aufenthaltserlaubnis auch geschehen ist. Auf Grund der bei den Antragstellern zu 3 bis 6 ebenfalls fehlenden Duldung bzw. auf Grund des fehlenden Anspruchs auf eine Duldung am ...2018 kann es auch offen bleiben, ob § 25b Abs. 1 Satz 1 AufenthG nur volljährige Ausländer erfasst (so etwa Samel/Röcker in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Auflage 2018, § 25b AufenthG Rn. 2; ebenfalls offen gelassen: OVG des Landes Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.08.2016 - 18 B 696/16 -, juris).
21 
Unabhängig hiervon haben die Antragsteller auch nicht glaubhaft gemacht, dass die weiteren Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis im Zeitpunkt der Abschiebung vorlagen. Die Antragsteller erfüllten weder alle regelmäßig kumulativ zu erfüllenden Kriterien des § 25b Abs. 1 Satz 2 AufenthG noch lag eine besondere Integrationsleistung von vergleichbarem Gewicht vor. § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AufenthG setzt ein aktives persönliches Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung voraus (vgl. OVG des Landes Sachsen- Anhalt, Urteil vom 07.12.2016 - 2 L 18/15 -, juris). Die Antragsteller räumen selbst ein, dass zum Zeitpunkt der Abschiebung keine solchen Bekenntnisse von ihnen vorlagen. Weiterhin hat die Antragstellerin zu 2 bis heute nicht glaubhaft gemacht, dass sie über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung i.S.d. § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AufenthG verfügt. Den vorgelegten Schreiben lässt sich nur entnehmen, dass die Antragstellerin zu 2 interessiert und aufgeschlossen gegenüber der deutschen Kultur gewesen sei. Zum Zeitpunkt der Abschiebung lag zudem – wie die Antragsteller selbst einräumen – nur eine offensichtlich fehlerhafte Schulbescheinigung der Antragstellerinnen zu 3 und 4 vor, sodass der Nachweis von deren tatsächlichem Schulbesuch i.S.d. § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AufenthG zu diesem Zeitpunkt ebenfalls fehlte. Auf die zwischen den Beteiligten streitige Rechtsfrage, ob die Antragsteller ihren Lebensunterhalt i.S.d. § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Satz 3 Nr. 2 AufenthG sichern konnten oder sichern könnten, dürfte es folglich nicht mehr ankommen. Auch eine besondere Integrationsleistung von vergleichbarem Gewicht, die – wenn die Voraussetzungen des § 25b Abs. 1 Satz 2 AufenthG nicht vorliegen – zu einer Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25b Abs. 1 Satz 1 AufenthG führen kann (BT-Drs. 18/4097 S. 42), dürfte bei den Antragstellern nicht vorgelegen haben. Als Beispiel für eine besondere Integrationsleistung nennt der Gesetzgeber in der BT-Drs. 18/4097 S. 42 ein Verhalten des Ausländers wie herausgehobenes soziales Engagement, das eine vergleichbare nachhaltige Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland gewährleistet, auch wenn dafür insbesondere die Lebensunterhaltssicherung, die erforderliche Aufenthaltsdauer oder die geforderten Deutschkenntnisse noch nicht vollständig den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Nach einer Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls haben die Antragsteller ein herausgehobenes Engagement nicht an den Tag gelegt. Die Anwesenheit der Antragsteller zu 1 und 2 bei Veranstaltungen von Schule und Kindergarten stellte keine besondere Integrationsleistung da, weil es sich nach Auffassung des Gerichts um eine normale Aufgabe und Pflicht von Eltern handelt, die von diesen ganz selbstverständlich wahrgenommen werden sollte. Auch die Bemühungen der Antragsteller zu 1 und 2, die deutsche Sprache zu erlernen, sind bereits von § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AufenthG umfasst und stellten keine besondere Integrationsleistung dar. Dass die Antragsteller zu 3 bis 6 – auch unter Inanspruchnahme von spezieller Sprachförderung im Kindergarten – die deutsche Sprache erlernt hatten, regelmäßig den Kindergarten bzw. die Schule besuchten und dort Kontakte pflegten und Freundschaften knüpften, ist ein Verhalten, welches bei nahezu allen Kindern zu beobachten ist und vermochte keine besondere Integrationsleistung darzustellen. Angesichts dessen ergab sich auch aus dem Ermöglichen der Integration der Kinder keine besondere Integrationsleistung der Eltern.
22 
Nach alledem war die Abschiebung der Antragsteller aller Voraussicht nach rechtmäßig und der Antrag auf Verpflichtung des Antragsgegners abzulehnen, die Antragsteller vorläufig von Serbien nach Deutschland zurückzubringen bzw. ihnen vorläufig die Wiedereinreise zu gestatten.
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8. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO.
24 
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Ziffer 1 GKG in Anlehnung an Ziffer 8.3 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Eine Halbierung nach Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit ist nicht angezeigt, da die Ermöglichung der Wiedereinreise als Folgenbeseitigung eine Vorwegnahme der Hauptsache darstellt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.03.2008 - 13 S 418/08 -, juris).

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Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 25. Mai 2018 - 7 K 4337/18 zitiert 20 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Zivilprozessordnung - ZPO | § 920 Arrestgesuch


(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60a Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung)


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 5 Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen


(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass 1. der Lebensunterhalt gesichert ist,1a. die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt is

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 122


(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse. (2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 81 Beantragung des Aufenthaltstitels


(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist u

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 104a Altfallregelung


(1) Einem geduldeten Ausländer soll abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen K

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 61 Räumliche Beschränkung, Wohnsitzauflage, Ausreiseeinrichtungen


(1) Der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt. Von der räumlichen Beschränkung nach Satz 1 kann abgewichen werden, wenn der Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Prüfun

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 25a Aufenthaltsgewährung bei gut integrierten Jugendlichen und jungen Volljährigen


(1) Einem jugendlichen oder jungen volljährigen Ausländer, der Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c oder seit mindestens zwölf Monaten im Besitz einer Duldung ist, soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn1.er sich seit drei Jahre

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 25b Aufenthaltsgewährung bei nachhaltiger Integration


(1) Einem Ausländer, der geduldet oder Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c ist, soll abweichend von § 5 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesre

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Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 25. Mai 2018 - 7 K 4337/18 zitiert oder wird zitiert von 12 Urteil(en).

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Verwaltungsgericht München Beschluss, 08. Feb. 2018 - M 25 E 18.368

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Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 1.250,- Euro festgesetzt. Gründe I. Der Antragsteller begehrt mit s

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 17. Mai 2017 - 19 CS 17.37

bei uns veröffentlicht am 17.05.2017

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- EUR festgesetzt. IV. Der Antrag auf Bewillig

Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 30. Nov. 2016 - B 4 K 16.584

bei uns veröffentlicht am 30.11.2016

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Der Kläger, marokkanischer Staatsangehöriger, reist

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 10. Jan. 2017 - 11 K 2461/16

bei uns veröffentlicht am 10.01.2017

Tenor Soweit die Klagen zurückgenommen wurden, wird das Verfahren eingestellt.Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Tatbestand  1 Die Kläger begehren die Erteilung humanitärer Aufenthaltserlaubnisse.2

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 17. Aug. 2016 - 18 B 696/16

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Tenor Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 1.250,- EUR festgesetzt. 1Gründe: 2Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die dargelegten Gründe

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 06. Juni 2016 - 2 M 37/16

bei uns veröffentlicht am 06.06.2016

Gründe 1 Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. 2 I. Es ist bereits zweifelhaft, ob die Beschwerde (noch) zulässig ist. 3 Der ursprünglich gestellte Antrag des Antragstellers, 4 die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Ano

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 11. Jan. 2016 - 17 B 890/15

bei uns veröffentlicht am 11.01.2016

Tenor Der angefochtene Beschluss (Nr. 2 der Beschlussformel) wird geändert. Der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge. Der Streitwert wi

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 13. Dez. 2010 - 11 S 2359/10

bei uns veröffentlicht am 13.12.2010

Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. Mai 2010 - 11 K 2236/09 - wird zurückgewiesen.Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte und der Beigeladene die Gerichtskosten und die außer

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 26. Okt. 2010 - 1 C 18/09

bei uns veröffentlicht am 26.10.2010

Tatbestand 1 Die Klägerinnen, eine marokkanische Staatsangehörige und ihre Tochter, erstreben die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 09. Dez. 2009 - 13 S 2092/09

bei uns veröffentlicht am 09.12.2009

Tenor Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4. Juni 2009 - 4 K 4239/08 - wird zurückgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Rev

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 11. März 2008 - 13 S 418/08

bei uns veröffentlicht am 11.03.2008

Tenor Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. Dezember 2007 - 7 K 4753/07 - werden zurückgewiesen. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwe

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 18. Jan. 2006 - 13 S 2220/05

bei uns veröffentlicht am 18.01.2006

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. Juni 2004 - 11 K 4809/03 - geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen eins

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(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Tenor

Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. Dezember 2007 - 7 K 4753/07 - werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 12.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die rechtzeitig erhobenen (§ 147 Abs. 1 VwGO) und begründeten (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) Beschwerden haben sachlich keinen Erfolg; die in der gemeinsamen Beschwerdebegründung dargelegten Gründe - auf deren Überprüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) - ergeben nicht, dass der von den Antragstellern angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts aufzuheben und den Antragstellern im Weg der einstweiligen Anordnung die Wiedereinreise in das Bundesgebiet zu ermöglichen wäre.
Bei den Antragstellern handelt es sich um eine aus dem Kosovo stammende Familie; die Antragsteller zu 1 bis 3 sind im Jahr 1990 in das Bundesgebiet eingereist, und im Bundesgebiet sind zwei weitere Kinder geboren worden (Antragsteller zu 4 und 5). Ein Asylbegehren der Antragsteller zu 1 bis 3 wurde durch das heutige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 28.2.1991 als offensichtlich unbegründet abgelehnt; in der Folgezeit wurde auch für die Antragsteller zu 4 und 5 ein Asylverfahren eingeleitet, das jeweils erfolglos blieb. Auch Folgeanträge wurden abgelehnt, und gegen sämtliche Antragsteller liegen bestandskräftige Abschiebungsandrohungen vor. Eine Eingabe der Antragsteller an die Härtefallkommission hatte keinen Erfolg; ein Härtefallersuchen an das Innenministerium wurde von der Kommission nicht gerichtet. Ein Antrag der Antragsteller auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aufgrund der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG vom November 2006 führte zur Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis (Verfügung des Landratsamts Esslingen vom 28.6.2007) wegen Vorliegens eines Ausschlussgrundes; die Behörde ging davon aus, die Antragsteller hätten über ihre Volkszugehörigkeit (Angehörige der Ashkali oder albanische Volkszugehörige) die Behörden getäuscht. Ein Widerspruch der Antragsteller gegen die Ablehnung von Aufenthaltserlaubnissen ist inzwischen durch gemeinsamen Widerspruchsbescheid des Antragsgegners vom 18.1.2008 zurückgewiesen worden; hiergegen ist Klage anhängig.
Die Antragsteller hatten beim Verwaltungsgericht Stuttgart beantragt, ihre Abschiebung vorläufig auszusetzen; der Antrag war damit begründet worden, sämtliche Voraussetzungen der sog. Bleiberechtsregelung und auch der damals bevorstehenden Regelung des § 104a AufenthG seien erfüllt. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat diesen Antrag mit Beschluss vom 10.7.2007 abgelehnt. Noch am gleichen Tag sind die Antragsteller abgeschoben worden. Ein Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss vom 10.7.2007 ist vom Senat als erledigt eingestellt worden; den Antragstellern wurden die Kosten auferlegt, weil in dem Beschwerdeverfahren keine prozessuale Möglichkeit gegeben sei, die Rechtswidrigkeit der bereits erfolgten Abschiebung feststellen oder den Antragsgegner verpflichten zu lassen, den Antragstellern die Wiedereinreise zu ermöglichen.
Mit dem nunmehr mit der Beschwerde angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht Stuttgart den neu gestellten Antrag der Antragsteller, den Antragsgegner im Weg der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihrer Wiedereinreise zuzustimmen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um ihnen die Wiedereinreise in das Bundesgebiet zu ermöglichen, als unbegründet abgelehnt. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, einer Rückführung der Antragsteller in das Bundesgebiet stehe wohl die Sperrwirkung der Abschiebung entgegen. Es könne nach dem derzeitigen Kenntnisstand nicht davon ausgegangen werden, dass diese Wirkung ausnahmsweise nicht eingreife. Das Gericht teile nicht die Auffassung der Antragsteller, ihre Abschiebung sei rechtswidrig gewesen, da die Voraussetzungen der Bleiberechtsregelung gegeben gewesen seien. Die Antragsteller zu 1 und 2 gehörten wohl nicht zum Personenkreis der in der Anordnung vom November 2006 erfassten Ausländer, die faktisch wirtschaftlich und sozial im Bundesgebiet integriert seien. Es fehle insbesondere an der wirtschaftlichen Integration, die die Antragsteller wie bereits im vorangegangen Eilrechtsschutzverfahren nicht hinreichend glaubhaft gemacht hätten. Der Lebensunterhalt der Familie sei wohl nicht durch eigene legale Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Sozialleistungen gesichert, da der Antragsteller zu 1 weder an dem Stichtag der Bleiberechtsregelung noch zu einem späteren Zeitpunkt in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Der Antragsteller zu 1 habe keine Unterlagen dazu vorgelegt, aus welchen Gründen er eine ihm angebotene Tätigkeit als Produktionsarbeiter nicht angetreten habe; bei ihm seien im übrigen nur wenige Erwerbszeiträume gegeben. Die Antragstellerin zu 2 habe ihre Erwerbstätigkeit aufgegeben, und offen sei auch, ob die Familie über ausreichenden Wohnraum und ob die Eltern (Antragsteller zu 1 und 2) über ausreichende Deutschkenntnisse verfügten. Jedenfalls im Zeitpunkt der Abschiebung hätten die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Anordnung des Innenministeriums vom November 2006 wohl nicht vorgelegen. § 104a AufenthG sei in diesem Zusammenhang nicht zu prüfen, da diese Vorschrift bei der Abschiebung der Antragsteller noch nicht in Kraft getreten gewesen sei.
Gegen diesen Beschluss tragen die Antragsteller im Beschwerdeverfahren vor, ihre Abschiebung sei damals alleine darauf gestützt worden, sie hätten Ausschlussgründe verwirklicht, weil sie die Behörden angeblich über ihre Volkszugehörigkeit getäuscht hätten. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren sei jedoch nicht nur glaubhaft gemacht, sondern bewiesen worden, dass dieser Vorwurf nicht gerechtfertigt gewesen sei. Die nunmehr behaupteten Ablehnungsgründe, die die Behörde im Bescheid vom 28.6.2007 noch gar nicht herangezogen habe, seien gleichfalls unzutreffend. Die Abschiebung sei rechtswidrig gewesen und könne der Rückführung daher nicht entgegengehalten werden. Aus den Verwaltungsakten ergebe sich, dass sämtliche Voraussetzungen für die Bleiberechtsregelung gegeben seien. Das Verwaltungsgericht habe hinsichtlich der Frage des Lebensunterhalts verkannt, dass Abschnitt IV der Bleiberechtsregelung für Personen ohne dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis eine Sonderregelung vorsehe, wonach zunächst eine Duldung hätte erteilt werden können. Bei einer Zusage für ein Beschäftigungsverhältnis bestehe ein Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis für zunächst sechs Monate. Die Nichtaufnahme der Erwerbstätigkeit durch den Antragsteller zu 1 beruhe auf dem Verhalten der Behörde selbst. Die Behörde habe bisher die Frage des Wohnraums nicht dazu veranlasst, die Anwendung der Bleiberechtsregelung zu bestreiten. Was die Deutschkenntnisse angehe, so hielten sich die Antragsteller zu 1 und 2 bereits seit 17 Jahren in Deutschland auf, und die Bleiberechtsregelung enthalte hierfür eine bis zum 30.9.2007 befristete Übergangsregelung und sehe in bestimmten Fällen auch den Verzicht auf Sprachkenntnisse vor. Im übrigen stelle die Abschiebung der Familie mit den Kindern im Alter von 7, 15 und 17 Jahren, die vor Beginn der Schulferien aus ihrer Umgebung gerissen worden seien, einen Verstoß gegen Art. 8 EMRK dar. Es müsse schnellstmöglich eine gerechte und humane Wiedergutmachung folgen, die nur möglich sei, wenn die Familie sofort zurückgeführt werde, damit die Kinder wieder die Schule besuchen könnten.
Mit diesem Vortrag können die Antragsteller die von ihn begehrte Verpflichtung des Antragsgegners zur Ermöglichung ihrer Wiedereinreise im Weg der einstweiligen Anordnung nicht erreichen. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Das Verwaltungsgericht geht in dem angefochtenen Beschluss zu Recht davon aus, dass eine Abschiebung wie die der Antragsteller vom 10.7.2007 grundsätzlich eine Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG auslöst; Ausnahmen sind nur in eng begrenzten Fällen zulässig (siehe BVerwG, Urteil vom 7.12.2004 - 1 C 14.04 -, NVwZ 2005, 704 und Urteil vom 16.7.2002 - 1 C 8.02 -, AuAS 2002, 254 sowie Senat, Beschluss vom 14.2.2007 - 13 S 2969/6 -, AuAS 2007, S. 116/117 und OVG Lüneburg, Beschluss vom 9.3.2007 - 18 B 2533/06 -, InfAuslR 2007, 233, 234). Insbesondere ist hierfür Voraussetzung, dass die bereits erfolgte Abschiebung rechtswidrig ist und einen entsprechenden Folgenbeseitigungsanspruch ausgelöst hat. Im vorliegenden Fall besteht zusätzlich die Besonderheit, dass die Antragsteller die Rückgängigmachung der Abschiebung, d.h. die Ermöglichung ihrer Wiedereinreise (zu den ausländerrechtlichen Möglichkeiten hierzu VGH Bad.-Württ., a.a.O.), nicht im Weg der Klage oder eines Antrags nach § 80 Abs. 7 VwGO, sondern im Weg des Eilverfahrens nach § 123 VwGO beantragen. In einem solchen Fall bedeutet eine entsprechende Verpflichtung des Antragsgegners nach § 123 VwGO bereits eine Vorwegnahme der Hauptsache (sehe dazu OVG Lüneburg, Beschluss vom 2.2.2007 - 13 ME 362/06 -juris). Das einstweilige Rechtsschutzverfahren nach § 123 VwGO dient nämlich regelmäßig nur der vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses; einem Antragsteller soll grundsätzlich nicht bereits das gewährt werden, was er nur in einem - hier bereits anhängigen - Hauptsacheverfahren erreichen kann. Aus diesem Grundsatz folgt für Fälle der hier vorliegenden Art, dass dem Eilantrag nach § 123 VwGO nur stattgegeben werden könnte, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG schlechterdings unabweisbar ist; dies setzt seinerseits eine weit überwiegende Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs in der Hauptsache oder - mit anderen Worten - offensichtliche Rechtswidrigkeit der Abschiebung voraus (siehe dazu OVG Lüneburg, Beschluss vom 2.2.2007, a.a.O. und Beschluss vom 9.3.2007 a.a.O.; OVG Münster, Beschluss vom 9.3.2007 - 18 B 2533/06 -, InfAuslR 2007, 233). Das ergibt sich bereits aus allgemeinen prozessualen Erwägungen: Das Bundesverwaltungsgericht steht zu Recht seit langem auf dem Standpunkt, dass die Vorwegnahme der Hauptsache durch einen Eilrechtsbeschluss nach § 123 VwGO gerade wegen des Vorwegnahmecharakters der Entscheidung eine besonders sorgfältige Prüfung der Erfolgsaussichten verlangt; je mehr die Hauptsache vorweggenommen wird, desto wahrscheinlicher muss der Erfolg im Hauptsacheverfahren sein (so schon BVerwG, Beschluss vom 16.8.1978 - 1 WB 112/78 -, ZBR 1981, 390 und st. Rspr.).
Diese besonders strengen Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Zunächst ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die Abschiebung der Antragsteller auf bestandskräftig gewordenen Abschiebungsandrohungen beruht; für sämtliche Antragsteller war im Zeitpunkt der Abschiebung am 10.7.2007 eine vollziehbare Ausreisepflicht gegeben. Außerdem hatte das Verwaltungsgericht einen Antrag der Antragsteller auf Duldung, dh auf Unterlassung der Abschiebung, abgelehnt, so dass auch kein formeller Verstoß gegen eine Gerichtsentscheidung vorliegt. Die Voraussetzungen eines nach Art. 19 Abs. 4 GG im Weg der einstweiligen Anordnung durchzusetzenden Folgenbeseitigungsanspruchs sind bereits aus diesen Gründen gesteigert (vgl. dazu auch OVG Thüringen, Beschluss vom 27.6.2006 - 3 EO 354/06 -, juris). Zum Inhaltlichen ist darauf hinzuweisen, dass das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, den Antragstellern habe im Zeitpunkt der Abschiebung (noch) kein Anspruch aus § 104a AufenthG zustehen können, weil diese Vorschrift damals noch nicht in Kraft war (zu den fehlenden „Vorwirkungen“ einer entsprechenden Regelung siehe Senat, Beschluss vom 12.11.2007 - 13 S 1500/07 -). Auch eine entsprechende Rechtsposition aus der Anordnung des Innenministeriums vom November 2006 ist jedenfalls nicht mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Eindeutigkeit glaubhaft gemacht. Der behördliche Vorwurf, es liege eine vorwerfbare Täuschung über die Volkszugehörigkeit vor, die einen Ausschlussgrund im Sinn der Ziff. I 3.1 des Erlasses vom 20.11.2006 bedeute, ist bisher nicht mit ausreichender Eindeutigkeit widerlegt - immerhin haben die Antragsteller zu ihrer Volkszugehörigkeit im Verfahrensverlauf unterschiedliche Angaben gemacht - und dass die Behörde ihren Ablehnungsbescheid vom 28.5.2007 lediglich auf diesen Ausschlussgrund gestützt hat, erspart es den Antragstellern nicht, im Verfahren auf Rückgängigmachung der Abschiebungen im Weg der einstweiligen Anordnung sämtliche Anspruchsvoraussetzungen der Bleiberechtsregelung im oben genannten (gesteigerten) Sinn glaubhaft zu machen. Dies betrifft neben der Problematik des Ausschlussgrundes sowohl die Frage der Lebensunterhaltssicherung als auch die der Sprachkenntnisse und des ausreichenden Wohnraums, die im einzelnen nicht im Verfahren nach § 123 VwGO, sondern in dem bereits anhängigen (und dafür wesentlich geeigneteren) Klageverfahren zu klären sind. Es überfrachtet das Verfahren des Eilrechtsschutzes, Sachverhaltsermittlungen zur Frage der Anspruchsberechtigung der Antragsteller und - damit zusammenhängend - zur Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Abschiebung im Eilverfahren zu prüfen. Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Antragsteller zu 3 bis 5 bei der Ablehnung des Eilrechtsschutzes ihren durch die Abschiebung bereits unterbrochenen Schulbesuch einstweilen nicht fortsetzen bzw. wieder aufnehmen können; gegenüber der sonst notwendigerweise erfolgenden Vorwegnahme der Hauptsache und angesichts der inhaltlichen im Hauptsacheverfahren zu klärenden Sachfragen ist ein anderes Ergebnis jedoch nicht zu verantworten. Die Fragen eines Aufenthaltserlaubnisanspruchs der Antragsteller im Zeitpunkt der Abschiebung und der Rechtmäßigkeit der Abschiebung selbst lassen sich mit den Mitteln der Sachaufklärung nach §§ 86 Abs. 1, 96 Abs. 1 VwGO in dem bereits anhängigen Hauptsacheverfahren zumutbar zeitnah beantworten; das gleiche gilt für einen hieraus u.U. folgenden Wiedereinreiseanspruch und seine prozessuale Durchsetzung.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 2 i.V.m. § 53 Abs. 3 Ziff. 1 GKG.
10 
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Tenor

Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. Dezember 2007 - 7 K 4753/07 - werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 12.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die rechtzeitig erhobenen (§ 147 Abs. 1 VwGO) und begründeten (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) Beschwerden haben sachlich keinen Erfolg; die in der gemeinsamen Beschwerdebegründung dargelegten Gründe - auf deren Überprüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) - ergeben nicht, dass der von den Antragstellern angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts aufzuheben und den Antragstellern im Weg der einstweiligen Anordnung die Wiedereinreise in das Bundesgebiet zu ermöglichen wäre.
Bei den Antragstellern handelt es sich um eine aus dem Kosovo stammende Familie; die Antragsteller zu 1 bis 3 sind im Jahr 1990 in das Bundesgebiet eingereist, und im Bundesgebiet sind zwei weitere Kinder geboren worden (Antragsteller zu 4 und 5). Ein Asylbegehren der Antragsteller zu 1 bis 3 wurde durch das heutige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 28.2.1991 als offensichtlich unbegründet abgelehnt; in der Folgezeit wurde auch für die Antragsteller zu 4 und 5 ein Asylverfahren eingeleitet, das jeweils erfolglos blieb. Auch Folgeanträge wurden abgelehnt, und gegen sämtliche Antragsteller liegen bestandskräftige Abschiebungsandrohungen vor. Eine Eingabe der Antragsteller an die Härtefallkommission hatte keinen Erfolg; ein Härtefallersuchen an das Innenministerium wurde von der Kommission nicht gerichtet. Ein Antrag der Antragsteller auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aufgrund der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG vom November 2006 führte zur Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis (Verfügung des Landratsamts Esslingen vom 28.6.2007) wegen Vorliegens eines Ausschlussgrundes; die Behörde ging davon aus, die Antragsteller hätten über ihre Volkszugehörigkeit (Angehörige der Ashkali oder albanische Volkszugehörige) die Behörden getäuscht. Ein Widerspruch der Antragsteller gegen die Ablehnung von Aufenthaltserlaubnissen ist inzwischen durch gemeinsamen Widerspruchsbescheid des Antragsgegners vom 18.1.2008 zurückgewiesen worden; hiergegen ist Klage anhängig.
Die Antragsteller hatten beim Verwaltungsgericht Stuttgart beantragt, ihre Abschiebung vorläufig auszusetzen; der Antrag war damit begründet worden, sämtliche Voraussetzungen der sog. Bleiberechtsregelung und auch der damals bevorstehenden Regelung des § 104a AufenthG seien erfüllt. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat diesen Antrag mit Beschluss vom 10.7.2007 abgelehnt. Noch am gleichen Tag sind die Antragsteller abgeschoben worden. Ein Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss vom 10.7.2007 ist vom Senat als erledigt eingestellt worden; den Antragstellern wurden die Kosten auferlegt, weil in dem Beschwerdeverfahren keine prozessuale Möglichkeit gegeben sei, die Rechtswidrigkeit der bereits erfolgten Abschiebung feststellen oder den Antragsgegner verpflichten zu lassen, den Antragstellern die Wiedereinreise zu ermöglichen.
Mit dem nunmehr mit der Beschwerde angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht Stuttgart den neu gestellten Antrag der Antragsteller, den Antragsgegner im Weg der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihrer Wiedereinreise zuzustimmen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um ihnen die Wiedereinreise in das Bundesgebiet zu ermöglichen, als unbegründet abgelehnt. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, einer Rückführung der Antragsteller in das Bundesgebiet stehe wohl die Sperrwirkung der Abschiebung entgegen. Es könne nach dem derzeitigen Kenntnisstand nicht davon ausgegangen werden, dass diese Wirkung ausnahmsweise nicht eingreife. Das Gericht teile nicht die Auffassung der Antragsteller, ihre Abschiebung sei rechtswidrig gewesen, da die Voraussetzungen der Bleiberechtsregelung gegeben gewesen seien. Die Antragsteller zu 1 und 2 gehörten wohl nicht zum Personenkreis der in der Anordnung vom November 2006 erfassten Ausländer, die faktisch wirtschaftlich und sozial im Bundesgebiet integriert seien. Es fehle insbesondere an der wirtschaftlichen Integration, die die Antragsteller wie bereits im vorangegangen Eilrechtsschutzverfahren nicht hinreichend glaubhaft gemacht hätten. Der Lebensunterhalt der Familie sei wohl nicht durch eigene legale Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Sozialleistungen gesichert, da der Antragsteller zu 1 weder an dem Stichtag der Bleiberechtsregelung noch zu einem späteren Zeitpunkt in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Der Antragsteller zu 1 habe keine Unterlagen dazu vorgelegt, aus welchen Gründen er eine ihm angebotene Tätigkeit als Produktionsarbeiter nicht angetreten habe; bei ihm seien im übrigen nur wenige Erwerbszeiträume gegeben. Die Antragstellerin zu 2 habe ihre Erwerbstätigkeit aufgegeben, und offen sei auch, ob die Familie über ausreichenden Wohnraum und ob die Eltern (Antragsteller zu 1 und 2) über ausreichende Deutschkenntnisse verfügten. Jedenfalls im Zeitpunkt der Abschiebung hätten die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Anordnung des Innenministeriums vom November 2006 wohl nicht vorgelegen. § 104a AufenthG sei in diesem Zusammenhang nicht zu prüfen, da diese Vorschrift bei der Abschiebung der Antragsteller noch nicht in Kraft getreten gewesen sei.
Gegen diesen Beschluss tragen die Antragsteller im Beschwerdeverfahren vor, ihre Abschiebung sei damals alleine darauf gestützt worden, sie hätten Ausschlussgründe verwirklicht, weil sie die Behörden angeblich über ihre Volkszugehörigkeit getäuscht hätten. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren sei jedoch nicht nur glaubhaft gemacht, sondern bewiesen worden, dass dieser Vorwurf nicht gerechtfertigt gewesen sei. Die nunmehr behaupteten Ablehnungsgründe, die die Behörde im Bescheid vom 28.6.2007 noch gar nicht herangezogen habe, seien gleichfalls unzutreffend. Die Abschiebung sei rechtswidrig gewesen und könne der Rückführung daher nicht entgegengehalten werden. Aus den Verwaltungsakten ergebe sich, dass sämtliche Voraussetzungen für die Bleiberechtsregelung gegeben seien. Das Verwaltungsgericht habe hinsichtlich der Frage des Lebensunterhalts verkannt, dass Abschnitt IV der Bleiberechtsregelung für Personen ohne dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis eine Sonderregelung vorsehe, wonach zunächst eine Duldung hätte erteilt werden können. Bei einer Zusage für ein Beschäftigungsverhältnis bestehe ein Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis für zunächst sechs Monate. Die Nichtaufnahme der Erwerbstätigkeit durch den Antragsteller zu 1 beruhe auf dem Verhalten der Behörde selbst. Die Behörde habe bisher die Frage des Wohnraums nicht dazu veranlasst, die Anwendung der Bleiberechtsregelung zu bestreiten. Was die Deutschkenntnisse angehe, so hielten sich die Antragsteller zu 1 und 2 bereits seit 17 Jahren in Deutschland auf, und die Bleiberechtsregelung enthalte hierfür eine bis zum 30.9.2007 befristete Übergangsregelung und sehe in bestimmten Fällen auch den Verzicht auf Sprachkenntnisse vor. Im übrigen stelle die Abschiebung der Familie mit den Kindern im Alter von 7, 15 und 17 Jahren, die vor Beginn der Schulferien aus ihrer Umgebung gerissen worden seien, einen Verstoß gegen Art. 8 EMRK dar. Es müsse schnellstmöglich eine gerechte und humane Wiedergutmachung folgen, die nur möglich sei, wenn die Familie sofort zurückgeführt werde, damit die Kinder wieder die Schule besuchen könnten.
Mit diesem Vortrag können die Antragsteller die von ihn begehrte Verpflichtung des Antragsgegners zur Ermöglichung ihrer Wiedereinreise im Weg der einstweiligen Anordnung nicht erreichen. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Das Verwaltungsgericht geht in dem angefochtenen Beschluss zu Recht davon aus, dass eine Abschiebung wie die der Antragsteller vom 10.7.2007 grundsätzlich eine Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG auslöst; Ausnahmen sind nur in eng begrenzten Fällen zulässig (siehe BVerwG, Urteil vom 7.12.2004 - 1 C 14.04 -, NVwZ 2005, 704 und Urteil vom 16.7.2002 - 1 C 8.02 -, AuAS 2002, 254 sowie Senat, Beschluss vom 14.2.2007 - 13 S 2969/6 -, AuAS 2007, S. 116/117 und OVG Lüneburg, Beschluss vom 9.3.2007 - 18 B 2533/06 -, InfAuslR 2007, 233, 234). Insbesondere ist hierfür Voraussetzung, dass die bereits erfolgte Abschiebung rechtswidrig ist und einen entsprechenden Folgenbeseitigungsanspruch ausgelöst hat. Im vorliegenden Fall besteht zusätzlich die Besonderheit, dass die Antragsteller die Rückgängigmachung der Abschiebung, d.h. die Ermöglichung ihrer Wiedereinreise (zu den ausländerrechtlichen Möglichkeiten hierzu VGH Bad.-Württ., a.a.O.), nicht im Weg der Klage oder eines Antrags nach § 80 Abs. 7 VwGO, sondern im Weg des Eilverfahrens nach § 123 VwGO beantragen. In einem solchen Fall bedeutet eine entsprechende Verpflichtung des Antragsgegners nach § 123 VwGO bereits eine Vorwegnahme der Hauptsache (sehe dazu OVG Lüneburg, Beschluss vom 2.2.2007 - 13 ME 362/06 -juris). Das einstweilige Rechtsschutzverfahren nach § 123 VwGO dient nämlich regelmäßig nur der vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses; einem Antragsteller soll grundsätzlich nicht bereits das gewährt werden, was er nur in einem - hier bereits anhängigen - Hauptsacheverfahren erreichen kann. Aus diesem Grundsatz folgt für Fälle der hier vorliegenden Art, dass dem Eilantrag nach § 123 VwGO nur stattgegeben werden könnte, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG schlechterdings unabweisbar ist; dies setzt seinerseits eine weit überwiegende Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs in der Hauptsache oder - mit anderen Worten - offensichtliche Rechtswidrigkeit der Abschiebung voraus (siehe dazu OVG Lüneburg, Beschluss vom 2.2.2007, a.a.O. und Beschluss vom 9.3.2007 a.a.O.; OVG Münster, Beschluss vom 9.3.2007 - 18 B 2533/06 -, InfAuslR 2007, 233). Das ergibt sich bereits aus allgemeinen prozessualen Erwägungen: Das Bundesverwaltungsgericht steht zu Recht seit langem auf dem Standpunkt, dass die Vorwegnahme der Hauptsache durch einen Eilrechtsbeschluss nach § 123 VwGO gerade wegen des Vorwegnahmecharakters der Entscheidung eine besonders sorgfältige Prüfung der Erfolgsaussichten verlangt; je mehr die Hauptsache vorweggenommen wird, desto wahrscheinlicher muss der Erfolg im Hauptsacheverfahren sein (so schon BVerwG, Beschluss vom 16.8.1978 - 1 WB 112/78 -, ZBR 1981, 390 und st. Rspr.).
Diese besonders strengen Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Zunächst ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die Abschiebung der Antragsteller auf bestandskräftig gewordenen Abschiebungsandrohungen beruht; für sämtliche Antragsteller war im Zeitpunkt der Abschiebung am 10.7.2007 eine vollziehbare Ausreisepflicht gegeben. Außerdem hatte das Verwaltungsgericht einen Antrag der Antragsteller auf Duldung, dh auf Unterlassung der Abschiebung, abgelehnt, so dass auch kein formeller Verstoß gegen eine Gerichtsentscheidung vorliegt. Die Voraussetzungen eines nach Art. 19 Abs. 4 GG im Weg der einstweiligen Anordnung durchzusetzenden Folgenbeseitigungsanspruchs sind bereits aus diesen Gründen gesteigert (vgl. dazu auch OVG Thüringen, Beschluss vom 27.6.2006 - 3 EO 354/06 -, juris). Zum Inhaltlichen ist darauf hinzuweisen, dass das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, den Antragstellern habe im Zeitpunkt der Abschiebung (noch) kein Anspruch aus § 104a AufenthG zustehen können, weil diese Vorschrift damals noch nicht in Kraft war (zu den fehlenden „Vorwirkungen“ einer entsprechenden Regelung siehe Senat, Beschluss vom 12.11.2007 - 13 S 1500/07 -). Auch eine entsprechende Rechtsposition aus der Anordnung des Innenministeriums vom November 2006 ist jedenfalls nicht mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Eindeutigkeit glaubhaft gemacht. Der behördliche Vorwurf, es liege eine vorwerfbare Täuschung über die Volkszugehörigkeit vor, die einen Ausschlussgrund im Sinn der Ziff. I 3.1 des Erlasses vom 20.11.2006 bedeute, ist bisher nicht mit ausreichender Eindeutigkeit widerlegt - immerhin haben die Antragsteller zu ihrer Volkszugehörigkeit im Verfahrensverlauf unterschiedliche Angaben gemacht - und dass die Behörde ihren Ablehnungsbescheid vom 28.5.2007 lediglich auf diesen Ausschlussgrund gestützt hat, erspart es den Antragstellern nicht, im Verfahren auf Rückgängigmachung der Abschiebungen im Weg der einstweiligen Anordnung sämtliche Anspruchsvoraussetzungen der Bleiberechtsregelung im oben genannten (gesteigerten) Sinn glaubhaft zu machen. Dies betrifft neben der Problematik des Ausschlussgrundes sowohl die Frage der Lebensunterhaltssicherung als auch die der Sprachkenntnisse und des ausreichenden Wohnraums, die im einzelnen nicht im Verfahren nach § 123 VwGO, sondern in dem bereits anhängigen (und dafür wesentlich geeigneteren) Klageverfahren zu klären sind. Es überfrachtet das Verfahren des Eilrechtsschutzes, Sachverhaltsermittlungen zur Frage der Anspruchsberechtigung der Antragsteller und - damit zusammenhängend - zur Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Abschiebung im Eilverfahren zu prüfen. Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Antragsteller zu 3 bis 5 bei der Ablehnung des Eilrechtsschutzes ihren durch die Abschiebung bereits unterbrochenen Schulbesuch einstweilen nicht fortsetzen bzw. wieder aufnehmen können; gegenüber der sonst notwendigerweise erfolgenden Vorwegnahme der Hauptsache und angesichts der inhaltlichen im Hauptsacheverfahren zu klärenden Sachfragen ist ein anderes Ergebnis jedoch nicht zu verantworten. Die Fragen eines Aufenthaltserlaubnisanspruchs der Antragsteller im Zeitpunkt der Abschiebung und der Rechtmäßigkeit der Abschiebung selbst lassen sich mit den Mitteln der Sachaufklärung nach §§ 86 Abs. 1, 96 Abs. 1 VwGO in dem bereits anhängigen Hauptsacheverfahren zumutbar zeitnah beantworten; das gleiche gilt für einen hieraus u.U. folgenden Wiedereinreiseanspruch und seine prozessuale Durchsetzung.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 2 i.V.m. § 53 Abs. 3 Ziff. 1 GKG.
10 
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt. Von der räumlichen Beschränkung nach Satz 1 kann abgewichen werden, wenn der Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Prüfung nach § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 berechtigt ist oder wenn dies zum Zwecke des Schulbesuchs, der betrieblichen Aus- und Weiterbildung oder des Studiums an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn dies der Aufrechterhaltung der Familieneinheit dient.

(1a) In den Fällen des § 60a Abs. 2a wird der Aufenthalt auf den Bezirk der zuletzt zuständigen Ausländerbehörde im Inland beschränkt. Der Ausländer muss sich nach der Einreise unverzüglich dorthin begeben. Ist eine solche Behörde nicht feststellbar, gilt § 15a entsprechend.

(1b) Die räumliche Beschränkung nach den Absätzen 1 und 1a erlischt, wenn sich der Ausländer seit drei Monaten ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhält.

(1c) Eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers kann unabhängig von den Absätzen 1 bis 1b angeordnet werden, wenn

1.
der Ausländer wegen einer Straftat, mit Ausnahme solcher Straftaten, deren Tatbestand nur von Ausländern verwirklicht werden kann, rechtskräftig verurteilt worden ist,
2.
Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Ausländer gegen Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes verstoßen hat, oder
3.
konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung gegen den Ausländer bevorstehen.
Eine räumliche Beschränkung auf den Bezirk der Ausländerbehörde soll angeordnet werden, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(1d) Ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer, dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist, ist verpflichtet, an einem bestimmten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage). Soweit die Ausländerbehörde nichts anderes angeordnet hat, ist das der Wohnort, an dem der Ausländer zum Zeitpunkt der Entscheidung über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung gewohnt hat. Die Ausländerbehörde kann die Wohnsitzauflage von Amts wegen oder auf Antrag des Ausländers ändern; hierbei sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen. Der Ausländer kann den durch die Wohnsitzauflage festgelegten Ort ohne Erlaubnis vorübergehend verlassen.

(1e) Auflagen können zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht angeordnet werden, wenn konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung unmittelbar bevorstehen. Insbesondere kann ein Ausländer verpflichtet werden, sich einmal wöchentlich oder in einem längeren Intervall bei der für den Aufenthaltsort des Ausländers zuständigen Ausländerbehörde zu melden.

(1f) Weitere Bedingungen und Auflagen können angeordnet werden.

(2) Die Länder können Ausreiseeinrichtungen für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer schaffen. In den Ausreiseeinrichtungen soll durch Betreuung und Beratung die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gefördert und die Erreichbarkeit für Behörden und Gerichte sowie die Durchführung der Ausreise gesichert werden.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

Gründe

1

Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.

2

I. Es ist bereits zweifelhaft, ob die Beschwerde (noch) zulässig ist.

3

Der ursprünglich gestellte Antrag des Antragstellers,

4

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, gegen ihn vorläufig keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen einzuleiten bzw. durchzuführen und ihm wenigstens bis zum 31.07.2016 eine Duldung mit der folgenden Wohnsitzauflage zu erteilen: "Haus M.", (A.) e.V., A-Straße, A-Stadt,

5

hilfsweise,

6

gegen ihn vorläufig, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über seinen Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zur Aufnahme einer Berufsausbildung als Informatikkaufmann in der Beschäftigungsförderungs-, Qualifizierungs- und Innovationsgesellschaft mbH A-Stadt am 01.08.2016, keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen einzuleiten bzw. durchzuführen,

7

hat sich nach seiner Abschiebung nach Albanien am 28.04.2016 erledigt, da die begehrte vorläufige Aussetzung der Abschiebung nach ihrer Durchführung objektiv unmöglich geworden ist.

8

Auch die im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 03.05.2016 erfolgte Antragsänderung und der nunmehr – sinngemäß – gestellte Antrag,

9

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm eine Betretenserlaubnis zu erteilen,

10

dürfte unzulässig sein. Der Antragsteller begehrt nach der Umstellung seines Antrags nicht mehr – wie noch vor dem Verwaltungsgericht – den Erlass einer Sicherungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO‚ mit deren Hilfe sein tatsächlicher Status im Wege vorläufigen Rechtsschutzes gegen die ihm drohende Abschiebung vorläufig erhalten werden soll. Ziel des Beschwerdeverfahrens ist vielmehr der Erlass einer Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO‚ mit der er eine Veränderung seines Status als abgeschobener Ausländer durch vorläufige Einräumung einer nicht mehr bestehenden tatsächlichen Position erreichen will. Der Sache nach erhebt der Antragsteller damit einen Folgenbeseitigungsanspruch, indem er die Rückgängigmachung der Folgen eines behördlichen Handelns – hier: der Abschiebung als Realakt – begehrt. Für das Verfahren nach § 123 VwGO fehlt jedoch eine § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO entsprechende Regelung. Der Übergang auf den Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO kommt im Verfahren nach § 123 VwGO nicht in Betracht (vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: Oktober 2015, § 81 RdNr. 190). Außerdem dürfte das Beschwerdeverfahren ausschließlich der rechtlichen Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung dienen und grundsätzlich keinen Raum eröffnen‚ über in erster Instanz nicht gestellte Anträge zu entscheiden (vgl. ThürOVG, Beschl. v. 27.06.2006 – 3 EO 354/06 –, juris RdNr. 4; OVG NW, Beschl. v. 18.07.2006 – 18 B 1324/06 –, juris RdNr. 6; Beschl. v. 09.03.2007 – 18 B 2533/06 –, juris RdNr. 33; BayVGH, Beschl. v. 28.01.2016 – 10 CE 15.2653 –, juris RdNr. 18; a.A. SaarlOVG, Beschl. v. 24.01.2003 – 9 W 50/02 –, juris RdNr. 25; SächsOVG, Beschl. v. 14.12.2011 – 3 B 244/11 –, juris RdNr. 5).

11

II. Die Beschwerde bliebe selbst dann ohne Erfolg, wenn man die Zulässigkeit eines Antrags auf einstweilige Anordnung, gerichtet auf Rückgängigmachung der Abschiebung bzw. Ermöglichung der Wiedereinreise, im Falle einer bereits vollzogenen Abschiebung ausnahmsweise anerkennen (vgl. SaarlOVG‚ Beschl. v. 18.10.2005 – 2 W 15/05 –, juris RdNr. 5; VGH BW, Beschl. v. 11.03.2008 – 13 S 418/08 –, juris RdNr. 7) und eine entsprechende Antragsänderung im Beschwerdeverfahren entsprechend § 91 VwGO für zulässig erachten würde. Ein entsprechender Anordnungsanspruch ist nämlich nicht glaubhaft gemacht.

12

Unter Berücksichtigung der allein maßgeblichen‚ von dem Antragsteller im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) hat er den für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO erforderlichen Anordnungsanspruch im Hinblick auf sein Ziel‚ eine (vorläufige) Rückkehr in das Bundesgebiet zu erreichen‚ nicht glaubhaft gemacht. Aus den dargelegten Gründen ergibt sich nicht‚ dass die Abschiebung (offensichtlich) rechtswidrig gewesen ist.

13

Entgegen der Auffassung des Antragstellers war die Antragsgegnerin für seine Abschiebung örtlich zuständig. Örtlich zuständige Ausländerbehörde ist gemäß § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a VwVfG diejenige Behörde, in deren Bezirk der Ausländer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder zuletzt hatte. In Anlehnung an die Definition des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (vgl. Urt. d. Senats v. 15.05.2014 – 2 L 136/12 –, juris RdNr. 24). Hiernach war die Antragsgegnerin die für den Antragsteller zuständige Ausländerbehörde, da dieser seinen gewöhnlichen Aufenthalt zuletzt – in Übereinstimmung mit der Zuweisungsentscheidung der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber (ZASt) vom 26.08.2015 – in der Gemeinschaftsunterkunft Am C. 31 in C-Stadt hatte. Zwar war der Antragsteller seit dem 23.09.2015 durch das Jugendamt C-Stadt in der integrativen Kinder- und Jugendeinrichtung in der A-Straße in A-Stadt untergebracht. Hierbei handelte es sich jedoch lediglich um eine vorübergehende Unterbringung, da in C-Stadt weder in der Clearingstelle noch im Kinder- und Jugendnotdienst ein Platz vorhanden war. Ein neuer gewöhnlicher Aufenthalt wurde mit der Unterbringung des Antragstellers in A-Stadt nicht begründet. Die Vorläufigkeit der Unterbringung des Antragstellers in A-Stadt wird auch dadurch deutlich, dass die Antragsgegnerin seit dem Eintritt der Volljährigkeit des Antragstellers am (…).03.2016 bestrebt war, diesen in die Gemeinschaftsunterkunft D-Straße 50 nach C-Stadt zurück zu verlegen.

14

Die Abschiebung erfolgte auch nicht unter Verletzung eines Duldungsanspruchs des Antragstellers. Insbesondere stand dem Antragsteller kein Anspruch auf eine Duldung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 3 und 4 AufenthG wegen des von ihm mit der Beschäftigungsförderungs-, Qualifizierungs- und Innovationsgesellschaft A-Stadt mbH abgeschlossenen Berufsausbildungsvertrages über eine am 01.08.2016 beginnende Ausbildung im Ausbildungsberuf Informatikkaufmann zu. Zwar kann einem Ausländer gemäß § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Dringende persönliche Gründe im Sinne von Satz 3 können gemäß § 60a Abs. 3 Satz 4 AufenthG insbesondere vorliegen, wenn der Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung in Deutschland vor Vollendung des 21. Lebensjahres aufnimmt oder aufgenommen hat und nicht aus einem sicheren Herkunftsstaat nach § 29a des Asylgesetzes stammt. Hiernach kam eine Duldung des Antragstellers wegen dringender persönlicher Gründe – wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat – nicht in Betracht, weil er aus einem sicheren Herkunftsstaat nach § 29a AsylG stammt. Die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 und 4 AufenthG wegen Aufnahme einer Berufsausbildung ist ausgeschlossen, wenn der Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt (Hailbronner, AuslR, Stand: Februar 2016, § 60a AufenthG RdNr. 101). Das ist bei dem aus Albanien stammenden Antragsteller der Fall. Albanien ist nach Anlage II zu § 29a AsylG ein sicherer Herkunftsstaat. Unerheblich ist, dass der Antragsteller ursprünglich am 14.07.2015 als unbegleiteter Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sein Herkunftsstaat zum Zeitpunkt der Einreise noch nicht als sicherer Herkunftsstaat i.S.d. § 29a AsylG eingestuft war (a.A. Bruns, in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 60a AufenthG RdNr. 31), denn derartige Vorbehalte sind der gesetzlichen Regelung in § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG nicht zu entnehmen.

15

Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG bestehen nicht. Insbesondere liegt in dem Ausschluss von Ausländern aus sicheren Herkunftsstaaten kein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG). Vielmehr ist der Senat – mit dem Verwaltungsgericht – der Ansicht, dass sich für diese Differenzierung ein sachlicher Grund anführen lässt. Dieser kann darin gesehen werden, dass von Integrationsmaßnahmen wie dem Zugang zu einer Berufsausbildung solche Personen ausgeschlossen werden sollen, die von vornherein keine Aussicht auf eine internationale Schutzberechtigung haben und daher auf reguläre im Aufenthaltsgesetz vorgesehene Zugangsmöglichkeiten zur beruflichen Ausbildung zu verweisen sind (vgl. Hailbronner, a.a.O.). Die Auffassung, der Ausschluss ehemaliger Asylbewerber, die aus sicheren Herkunftsstaaten kämen, sei mit dem Gleichheitsgebot nicht zu vereinbaren, weil dieses Kriterium für den migrationspolitischen Zweck der Norm völlig irrelevant sei (vgl. Bruns, a.a.O.), teilt der Senat nicht. Vor diesem Hintergrund bedarf es auch keiner verfassungskonformen Auslegung des § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG, etwa in Anlehnung an die Stichtagsregelung des § 60a Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 AufenthG.

16

Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Antragsgegnerin gemäß § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG über die Erteilung einer Ermessensduldung. Zwar deutet das Wort „insbesondere“ in § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG darauf hin, dass auch in anderen Fällen dringende persönliche Gründe vorliegen können (vgl. VG Halle, Beschl. v. 31.05.2016 – 5 B 341/16 HAL –). Aus § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG ergibt sich nach Auffassung des Senats jedoch eindeutig, dass Ausländer aus sicheren Herkunftsstaaten von der Erteilung einer Ermessensduldung wegen der Aufnahme einer Berufsausbildung ausgeschlossen sind.

17

Ein Anspruch auf eine Duldung ergibt sich auch nicht aus einer aufenthaltsrechtlichen Vorwirkung des am 25.05.2016 beschlossenen Gesetzentwurfs der Bundesregierung für ein Integrationsgesetz, dessen § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG-E einen Ausschluss von Ausländern aus sicheren Herkunftsstaaten nicht (mehr) vorsieht. Zwar hat der Senat im Hinblick auf die seinerzeit noch im Gesetzgebungsverfahren befindliche Vorschrift des § 25b AufenthG-E für nachhaltig integrierte Ausländer eine aufenthaltsrechtliche Vorwirkung in dem Sinne in Erwägung gezogen, dass Ausländer, denen nach dieser Regelung voraussichtlich eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden soll, einen dringenden persönlichen Grund i.S.d. § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG geltend machen können (vgl. Beschl. d. Senats v. 31.03.2015 – 2 M 17/15 –, juris RdNr. 5). Ob etwas Vergleichbares auch mit Blick auf § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG-E anzunehmen ist, bedarf keiner Vertiefung, denn eine Reduzierung des Ermessens der Ausländerbehörde dahin, dass nur die Erteilung einer Duldung ermessensfehlerfrei wäre, ist auch in diesem Fall nicht anzunehmen (vgl. Beschl. d. Senats v. 31.03.2015 – 2 M 17/15 –, a.a.O. RdNr. 8). Die Möglichkeit der Erteilung einer im Ermessen der Antragsgegnerin stehenden Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG stand einer Abschiebung des Antragstellers nicht entgegen. Ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer Ermessensduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG begründet noch keinen Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO mit dem Inhalt einer vorläufige Aussetzung der Abschiebung (vgl. Beschl. d. Senats v. 31.03.2015 – 2 M 17/15 –, a.a.O. RdNr. 8).

18

Die Abschiebung des Antragstellers war auch nicht deshalb rechtswidrig, weil die Antragsgegnerin den „Primat des Kinder- und Jugendhilferechts“ nicht berücksichtigt hätte. Insoweit ist bereits unklar, was der Antragsteller damit meint. Soweit der von ihm verwendete Begriff dahin zu verstehen sein sollte, dass eine Abschiebung eines Ausländers unzulässig sei, solange diesem Leistungen nach dem SGB VIII gewährt werden oder hätten gewährt werden müssen, besteht hierfür im AufenthG keine gesetzliche Grundlage.

19

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

20

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.

21

Rechtsmittelbelehrung

22

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Einem Ausländer, der geduldet oder Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c ist, soll abweichend von § 5 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert hat. Dies setzt regelmäßig voraus, dass der Ausländer

1.
sich seit mindestens sechs Jahren oder, falls er zusammen mit einem minderjährigen ledigen Kind in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens vier Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennt und über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt,
3.
seinen Lebensunterhalt überwiegend durch Erwerbstätigkeit sichert oder bei der Betrachtung der bisherigen Schul-, Ausbildungs-, Einkommens- sowie der familiären Lebenssituation zu erwarten ist, dass er seinen Lebensunterhalt im Sinne von § 2 Absatz 3 sichern wird, wobei der Bezug von Wohngeld unschädlich ist,
4.
über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt und
5.
bei Kindern im schulpflichtigen Alter deren tatsächlichen Schulbesuch nachweist.
Ein vorübergehender Bezug von Sozialleistungen ist für die Lebensunterhaltssicherung in der Regel unschädlich bei
1.
Studierenden an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule sowie Auszubildenden in anerkannten Lehrberufen oder in staatlich geförderten Berufsvorbereitungsmaßnahmen,
2.
Familien mit minderjährigen Kindern, die vorübergehend auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind,
3.
Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern, denen eine Arbeitsaufnahme nach § 10 Absatz 1 Nummer 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht zumutbar ist oder
4.
Ausländern, die pflegebedürftige nahe Angehörige pflegen.

(2) Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 ist zu versagen, wenn

1.
der Ausländer die Aufenthaltsbeendigung durch vorsätzlich falsche Angaben, durch Täuschung über die Identität oder Staatsangehörigkeit oder Nichterfüllung zumutbarer Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen verhindert oder verzögert oder
2.
ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 oder Absatz 2 Nummer 1 und 2 besteht.

(3) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 3 und 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aus Altersgründen nicht erfüllen kann.

(4) Dem Ehegatten, dem Lebenspartner und minderjährigen ledigen Kindern, die mit einem Begünstigten nach Absatz 1 in familiärer Lebensgemeinschaft leben, soll unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2 bis 5 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Absätze 2, 3 und 5 finden Anwendung. § 31 gilt entsprechend.

(5) Die Aufenthaltserlaubnis wird abweichend von § 26 Absatz 1 Satz 1 längstens für zwei Jahre erteilt und verlängert. Sie kann abweichend von § 10 Absatz 3 Satz 2 erteilt werden. § 25a bleibt unberührt.

(6) Einem Ausländer, seinem Ehegatten oder seinem Lebenspartner und in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden minderjährigen ledigen Kindern, die seit 30 Monaten im Besitz einer Duldung nach § 60d sind, soll eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 abweichend von der in Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 genannten Frist erteilt werden, wenn die Voraussetzungen nach § 60d erfüllt sind und der Ausländer über hinreichende mündliche deutsche Sprachkenntnisse verfügt; bestand die Möglichkeit des Besuchs eines Integrationskurses, setzt die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zudem voraus, dass der Ausländer, sein Ehegatte oder sein Lebenspartner über hinreichende schriftliche Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.

(7) Besitzt der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104c, sind für die Anwendung des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 auch die in § 60b Absatz 5 Satz 1 genannten Zeiten anzurechnen.

(8) Einem Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c soll eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 5 Absatz 1 Nummer 1a erfüllt sind. Hat der Ausländer die erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung ergriffen, kann sie abweichend von Satz 1 erteilt werden.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4. Juni 2009 - 4 K 4239/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger begehren die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen.
Die im Bundesgebiet geduldeten Kläger sind serbische, möglicherweise auch kosovarische Staatsangehörige und gehören der Volksgruppe der Roma an. Der am 3.5.1978 geborene Kläger zu 1 und die am 5.10.1979 geborene Klägerin zu 2 sind miteinander verheiratet. Die in den Jahren 2002, 2003 und 2005 im Bundesgebiet geborenen Kläger zu 3 - 5 sind deren gemeinsame Kinder. Die Kläger zu 1 und 2 reisten im Jahre 1999 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Alle Kläger mit Ausnahme der Klägerin zu 2 haben mittlerweile Asylverfahren erfolglos betrieben.
Die Kläger sind in einer Obdachlosenunterkunft der Beklagten untergebracht. Laut Einweisungsverfügung der Beklagten vom 27.12.2006 (Verlängerung) handelt es sich um drei Zimmer, für die die Kläger eine monatliche Benutzungsgebühr in Höhe von 471,24 EUR zu zahlen haben. Der Verfügung zufolge werden die Gemeinschaftsflächen (Küche, Bad/WC, Flur) von allen Bewohnern gemeinsam genutzt. Auf dem Abdruck der Verfügung in den Akten der Beklagten befindet sich ein Aktenvermerk vom 9.2.2007, wonach es sich um eine abgeschlossene Wohnung handle.
Auf einem Meldeblatt in den Akten der Beklagten (AS. 138) ist festgehalten: „Wegzug nach unbekannt am 13.6.2005“ . Auf einem weiteren Meldebogen (VAS 140) ist für den 1.7.2005 „Wiederzuzug aus dem Ausland“ vermerkt.
In dem Bericht der Bundespolizeiinspektion Saarbrücken zur Rücküberstellung der Kläger vom 11.7.2005 wird ausgeführt, diese und andere Mitglieder ihrer Großfamilie seien am 8.7.2005 gegen 6.30 Uhr von der französischen Polizei am Bahnhof von Verdun angetroffen, überprüft und aufgrund ihrer fehlenden Pässe und Visa wegen unerlaubter Einreise in die Republik Frankreich festgenommen worden. Sie hätten gegenüber der französischen Polizei angegeben, mit dem Zug in Richtung Lyon unterwegs gewesen zu sein, in Verdun seien ihre Barmittel erschöpft gewesen. Nach ihren eigenen Angaben seien sie am 6.7.2005 von Stuttgart aus in Richtung Frankreich abgereist. Nach ihrer Ankunft in Verdun hätten sie in den dortigen Straßen übernachtet. Fahrkarten hätten sie nicht bei sich gehabt. Nach erfolgter Rücküberstellung aus Frankreich am 8.7.2005 sei bei der Überprüfung festgestellt worden, dass die Kläger außer ihren Duldungen u.a. noch ein Schreiben des Regierungspräsidiums Stuttgart, Bezirksstelle für Asyl, vom 14.6.2005 bei sich geführt hätten. Darin seien sie aufgefordert worden, sich zur Vorbereitung der freiwilligen Rückkehr mit der Behörde in Verbindung zu setzen. Auch nach ihrer Rückkehr aus Frankreich erhielten die Kläger Duldungen.
Unter dem 28.11.2006 beantragten die Kläger die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. In dem Antragsformular ist als Aufenthaltszweck „Erwerbstätigkeit“ angekreuzt. In einem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 30.10.2006 berief sich dieser indes allein auf humanitäre Gründe (§ 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK). Mit Schreiben vom 22.11.2006 führte er ergänzend aus, er meine, dass die Kläger unter die Voraussetzungen der Altfallregelung vom 17.11.2006 fielen. Kurz darauf gaben diese die in ihrem Besitz befindlichen serbischen Reisepässe bei der Beklagten ab.
Mit Bescheid vom 6.5.2008 lehnte die Beklagte den Antrag der Kläger ab; den Klägern zu 4 und 5 drohte sie zudem die Abschiebung in die Bundesrepublik Serbien oder den Kosovo an, falls sie die Bundesrepublik Deutschland nicht spätestens einen Monat nach Bestandskraft dieser Verfügung verließen. Punkt 1 der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG vom 20.11.2006 sei nicht erfüllt. Die Kläger hätten Ende Mai/Anfang Juni die Obdachlosenunterkunft verlassen und seien untergetaucht. Am 6.7.2005 seien sie nach Frankreich gereist. Sie hätten dort mit ihren Onkeln, Tanten, Brüdern und Cousins leben und ihren Lebensmittelpunkt dorthin verlegen wollen. Sie seien jedoch von der französischen Polizei festgenommen und am 8.7.2005 nach Deutschland zurück überstellt worden. Sie hätten sich damit zwar noch kurzfristig, jedoch ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde außerhalb der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten. Zudem hätten sie vorsätzlich behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung hinausgezögert oder behindert. Sie hätten zwar zur Erlangung der Aufenthaltserlaubnis einen gültigen serbischen Reisepass vorgelegt. Sie hätten diesen jedoch bereits seit fast zehn Monaten besessen und ihn trotz mehrerer Aufforderungen zur Verhinderung einer möglichen Abschiebung nicht bei der Ausländerbehörde vorgelegt. Des Weiteren seien sie aus ihrer Obdachlosenunterkunft verschwunden, untergetaucht und illegal nach Frankreich gereist, um einer Abschiebung in ihre Heimat zu entgehen. Auch eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG könne den Klägern nicht erteilt werden. Sie verfügten nicht über ausreichenden Wohnraum, da sie in einer kommunalen Obdachlosenunterkunft wohnten. Zudem sei zu ihren Lasten zu werten, dass sie ihren Nationalpass der Ausländerbehörde nicht unverzüglich vorgelegt hätten. Die von ihnen ausgeführte Integration der Familie zu „faktischen Inländern“ könne nicht nachvollzogen werden. Die Kläger zu 1 und 2 befänden sich noch nicht einmal zehn Jahre im Bundesgebiet und hätten keinen deutschen Schulabschluss. Sie seien beide im Kosovo aufgewachsen, beherrschten die Sprache und könnten sich in die dortigen Lebensverhältnisse wieder einfügen. Die Kläger zu 3 - 5 besuchten noch nicht die Schule und könnten sich daher auch problemlos in die Gesellschaft ihres Heimatlandes einfügen. Zudem könne nicht von einer erfolgreichen Integration gesprochen werden, wenn die Familie sich der Abschiebung durch die Nichtaushändigung der gültigen Nationalpässe und Untertauchen entziehe.
Die fristgerecht erhobenen Widersprüche der Kläger wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 20.10.2008 zurück. Darin wird ausgeführt: Seit der Rückkehr in das Bundesgebiet im Juli 2005 sei der Kläger zu 1 als Teilzeitmitarbeiter bei der Firma M. D. beschäftigt. Im März 2007 habe er zusätzlich eine geringfügige befristete Beschäftigung in einer Autowaschanlage angenommen. Zumindest bis November 2006 hätten die Kläger zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts zusätzliche öffentliche Leistungen bezogen. Die erforderliche ununterbrochene Aufenthaltszeit von sechs Jahren sei nicht erfüllt, weil die Kläger im Juni 2005 untergetaucht seien und sich unerlaubt in Frankreich aufgehalten hätten, wo sie am 8.7.2005 festgenommen worden seien. Gemäß Nr. 1.1, Buchstabe i der Anwendungshinweise des Innenministeriums zur Anordnung vom 20.11.2006 führe die Weiterreise in einen anderen Dublin-Staat auch dann zu einer Unterbrechung des Inlandsaufenthalts, wenn eine Rücküberstellung erfolgt sei. Nach Nr. 2.3. der ergänzenden Hinweise des Innenministeriums zu den vorläufigen Anwendungshinweisen zum Aufenthaltsgesetz gelte das Gleiche für die gesetzliche Bleiberechtsregelung des § 104a AufenthG. Gemäß § 50 Abs. 4 AufenthG seien die Kläger mit ihrer unerlaubten Einreise und dem unerlaubten Aufenthalt in Frankreich ihrer Ausreisepflicht nicht nachgekommen. Nach Aktenlage sei auch kein rechtliches oder tatsächliches Ausreisehindernis im Sinne von § 25 Abs. 5 AufenthG ersichtlich. Die Kläger zu 1 und 2 lebten erst seit acht Jahren im Bundesgebiet und hätten die überwiegende Zeit ihres Lebens in ihrem Heimatland verbracht. Ihnen sei es deshalb möglich und zumutbar zusammen mit ihren minderjährigen Kindern in ihr Heimatland zurückzukehren. Die minderjährigen Kläger zu 3 - 5 teilten insoweit das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern. Die gegen die Kläger zu 4 und 5 ergangenen Abschiebungsandrohungen seien zwischenzeitlich obsolet geworden, nachdem sie das Bundesamt bestandskräftig zur Ausreise aufgefordert und ihnen anderenfalls die Abschiebung in das Kosovo angedroht habe.
Die Kläger haben am 12.11.2006 Klage vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Sie machen ergänzend geltend, der Kläger zu 1 arbeite bereits seit dem 23.3.2003 bei M. D.. Aufenthaltsrechtlich relevante Vorstrafen gebe es nicht.
10 
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 4.6.2009 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Ein Anspruch nach § 104a AufenthG bzw. § 23 AufenthG i.V.m. der Anordnung des Innenministeriums vom 20.11.2006 scheitere schon daran, dass sich die Kläger zum jeweiligen Stichtag nicht seit mindestens sechs Jahren im Bundesgebiet aufgehalten hätten, weil sie nach ihrem Untertauchen im Juni 2005 nach Frankreich ausgereist seien und hierbei ihren Duldungsstatus verloren hätten. Die vorherigen Aufenthaltszeiten könnten daher nicht auf die Mindestdauer des langjährigen Aufenthalts angerechnet werden. Auch nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 8 Abs. 1 EMRK ergebe sich kein Abschiebungshindernis. Im Rahmen der Eingriffsrechtfertigung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK sei eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen. Für die Kläger spreche der insgesamt lange Aufenthalt im Bundesgebiet, die bei allen Klägern vorhandenen deutschen Sprachkenntnisse, das Fehlen von Straftaten sowie das Bemühen um die Sicherung des Lebensunterhalts durch den Kläger zu 1, neuerdings auch durch die Klägerin zu 2. Dagegen spreche auf der anderen Seite der Umstand, dass die Sicherung des Lebensunterhalts bisher nicht gelungen sei. Die mündliche Verhandlung habe ergeben, dass der Kläger zu 1 aus seiner Teilzeitbeschäftigung bei M. D. ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von ca. 880,-- EUR erziele. Hinzu komme der Verdienst der Klägerin zu 2 aus ihrer neu aufgenommenen Tätigkeit in Höhe von 120,-- EUR im Monat sowie das Kindergeld von ca. 480,-- EUR monatlich. Zusammen seien dies 1.480,-- EUR, wovon die Miete von 472,-- EUR abzuziehen sei. Es verblieben ca. 1.008,-- EUR, während der Bedarf der Familie sich nach den Berechnungen des Sozialamts der Beklagten auf 1.276,05 EUR belaufe. Es klaffe daher eine Lücke von ca. 270,- EUR, die auch derzeit noch durch ergänzende Sozialhilfe abgedeckt werde. Damit sei die wirtschaftliche Integration der Kläger zurzeit nicht gegeben. Hinzu komme der Umstand, dass sie zwischenzeitlich nach Frankreich ausgereist seien und damit bei ihnen keine kontinuierliche Entwicklung hin zu einer zunehmenden Integration festzustellen sei, weil kurzzeitig die Absicht der Eingliederung in die hiesigen Lebensverhältnisse aufgegeben worden sei. Die Entfremdung von den heimatlichen Lebensverhältnissen schreite fort, sei aber noch nicht gravierend, weil die Kläger zu 1 und 2 wegen ihres langjährigen Aufenthalts im Heimatland noch mit den Verhältnissen dort vertraut seien. Allerdings könnten die Kläger zu 3 - 5 die Roma-Sprache als Muttersprache der Kläger zu 1 und 2 nur sehr unzureichend sprechen, wie ihre Aussage in der mündlichen Verhandlung ergeben habe. Als Ergebnis der Abwägung sei festzuhalten, dass der Aspekt der noch nicht erreichten wirtschaftlichen Integration der Kläger bislang das größte Gewicht habe, so dass noch nicht von einer hinreichenden „Verwurzelung“ ausgegangen werden könne. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist den Klägern am 10.6.2009 zugestellt worden.
11 
Die Kläger machen zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung fristgerecht geltend: Der Kläger zu 1 sei inzwischen in ein unbefristetes Vollzeitarbeitsverhältnis im Rotationssystem bei M. D. übernommen worden. Sie erfüllten die Voraussetzungen des Art. 8 EMRK. Die Kläger zu 1 und 2 seien im Jahre 1999 ins Bundesgebiet eingereist, die Kläger zu 3 - 5 seien im Bundesgebiet geboren. Seither befänden sie sich bis auf eine kurzfristige Unterbrechung im Jahr 2005 ununterbrochen im Bundesgebiet. Allgemeine Ausschussgründe seien nicht ersichtlich, insbesondere lägen keine aufenthaltsrechtlich relevanten Vorstrafen vor. Zugunsten der Kläger müsse insbesondere der fast zehnjährige Aufenthalt im Bundesgebiet ins Gewicht fallen. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sprächen die guten deutschen Sprachkenntnisse für die Kläger. Ihr Lebensunterhalt sei mittlerweile hinreichend gesichert. Der Kläger zu 1 beziehe einen Nettolohn von etwa 900,--EUR monatlich. Hinzu komme ein „Nebenjob“ bei einer Reinigungsfirma. Die Klägerin zu 2 arbeite ebenfalls bei dieser Firma auf 400,-- Euro-Basis. Die Kläger zu 3 - 5 seien hier im Bundesgebiet geboren und hätten keinerlei Bezug zum Kosovo. Neben der deutschen Sprache beherrschten sie nur noch die Roma-Sprache als Muttersprache, allerdings nur sehr unzureichend. Sie sprächen weder albanisch noch serbokroatisch. Nicht außer Acht gelassen werden könne auch die ethnische Volkszugehörigkeit der Kläger. Sie würden nach wie vor im Kosovo als „Menschen zweiter Klasse“ behandelt und angesehen werden.
12 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger zu 1 ergänzend informatorisch angegeben, sie hätten sich nur für 24 Stunden in Frankreich aufgehalten. Aus Angst vor einer drohenden Abschiebung hätten sie das Bundesgebiet endgültig verlassen wollen. Am 23.6.2005 seien sie aus dem Wohnheim ausgezogen und hätten ihren Hausstand aufgelöst. Er wisse nicht mehr, wo sie sich in der Zwischenzeit bis zu ihrer Ausreise nach Frankreich aufgehalten hätten; möglicherweise hätten sie Urlaub bei Verwandten in Hamburg gemacht. Er arbeite seit Juni 2009 170 Stunden monatlich bei M. D. in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis und daneben 25 Stunden monatlich bei einer Reinigungsfirma. Die Klägerin zu 2 sei dort ca. 40 Stunden pro Monat beschäftigt. Ihre Kinder - die Kläger zu 3 bis 5 - beherrschten die albanische Sprache nicht.
13 
Die Kläger beantragen,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4.6.2009 - 4 K 4239/08 - zu ändern, die Bescheide der Beklagten vom 6.5.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.10.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihnen Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen zu erteilen.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Sie vertritt die Ansicht, die Kläger könnten aus ihrem Voraufenthalt keine Rechte ableiten. Sie seien nicht nur wenige Tage untergetaucht. Das Haus, in dem sie als Obdachlose eingewiesen gewesen seien, sei nach Auskunft des zuständigen Sozialarbeiters in der Nacht zum 13.6.2005 verlassen worden. Dieses Datum sei durch eine Befragung der Nachbarn bestätigt worden. Bei der französischen Polizei hätten sie „Abschiebungsandrohungen“ vom 17.5.2005 vorgelegt; die im Polizeibericht erwähnte „Abschiebungsandrohung“ vom 14.6.2005 stamme wahrscheinlich von der anderen Familie ...-... aus dem Ostalbkreis. Der Ausschlussgrund des § 104a Abs. 1 Nr. 4 AufenthG sei durch Untertauchen erfüllt. Als Aufenthaltszeit zu beachten sei nur die Zeit ab der Rücküberstellung am 8.7.2005. Während dieses vierjährigen Aufenthalts seien sie nur geduldet gewesen. Eine Verwurzelung sei aber nicht möglich, wenn sich ein Ausländer nur geduldet in Deutschland aufhalte. Von einer fortgeschrittenen beruflichen und sozialen Integration der Kläger könne nicht die Rede sein. Der Kläger zu 1 sei lediglich als Teilzeitmitarbeiter bei der Firma M. D. beschäftigt. Es sei ihm nicht gelungen, einen Arbeitsplatz mit Vollbeschäftigung zu finden oder sein Arbeitsvolumen beim jetzigen Arbeitgeber auf Vollzeit zu erhöhen. Dieses Argument werde nicht dadurch hinfällig, dass er seit März 2007 daneben eine geringfügige Beschäftigung in einer Autowaschanlage angenommen habe, die er aber nicht mehr ausübe. Die Kläger hätten zwar bei einer „Putzfirma“ mittlerweile zwei Hilfsjobs angenommen. Sie arbeiteten in Teilzeit in zusätzlichen Minijobs, die sie jederzeit wieder verlieren oder aufgeben könnten und in Bereichen, für die eine qualifizierte Ausbildung nicht erforderlich sei. Eine fortgeschrittene berufliche Integration gründe sich in der Regel auf ein unkündbares langjähriges Vollzeitarbeitsverhältnis mit durch die Arbeit erfolgter Qualifizierung und beruflichem Aufstieg. Eine soziale Integration erfordere insbesondere eine dauerhafte eigenständige Lebensunterhaltssicherung. Hinzu komme, dass ihnen die Reintegration im Herkunftsstaat nicht unmöglich sei. Dies zeige sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle. Es treffe nicht zu, dass die Kinder die Sprache des Herkunftsstaates nicht sprechen könnten. Auch der Großvater der Kläger sei im Bundesgebiet aufgenommen worden; es bestehe intensiver Kontakt. Da dieser der deutschen Sprache kaum mächtig sei, könnten die Enkel zwangsläufig nicht deutsch mit ihm sprechen. Minderjährige Kinder teilten grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern. Stehe den Eltern wegen mangelnder Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland kein Aufenthaltsrecht zu, sei davon auszugehen, dass auch ein Minderjähriger auf die von den Eltern nach der Rückkehr in den Familienverband zu leistenden Integrationshilfen im Heimatland verwiesen werden könne. Zudem könnten die Kläger keine besondere soziale Integration beispielsweise durch die aktive Mitgliedschaft in Vereinen nachweisen. Die Kinder seien noch so jung, dass sie zusätzliche Sprachen mit Leichtigkeit erlernen könnten, zumal sie als zweisprachig aufgewachsene Kinder sprachbegabt seien und die Eltern die Sprache auch beherrschten und sie in der Erlernung unterstützen könnten.
18 
Dem Senat liegen neben den Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts die von der Beklagten vorgelegten Ausländerakten über die Kläger (sechs Hefte) und die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart vor. Diese Akten waren wie die Prozessakte Gegenstand der mündlichen Verhandlung; wegen der Einzelheiten wird hierauf ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die Berufung der Kläger ist zulässig. Sie ist aber unbegründet, da das Verwaltungsgericht ihre Klage zu Recht abgewiesen hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).
20 
1. Die Klage ist allerdings nicht schon etwa deshalb unbegründet, weil die Kläger bei der Beklagten keinen Antrag auf die nunmehr geltend gemachten Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen gestellt hätten. Ursprünglich haben sie im Antragsformular zwar angegeben, dass sie einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit begehren. Hierbei hat es sich indes um ein offenkundiges Versehen gehandelt. Wie sich aus dem Schriftverkehr zwischen ihrem Prozessbevollmächtigten und der Behörde eindeutig ergibt, haben sie der Sache nach von Anfang an nur einen humanitären Aufenthaltstitel begehrt. Diese Auslegung ihres Antrags ist auch sachgerecht, da ein Aufenthaltstitel aus anderen Gründen - z. B. zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder zum Familiennachzug - offenkundig nicht in Betracht kommt. Dementsprechend hat auch das Verwaltungsgericht die Klage ausgelegt und in den Entscheidungsgründen ausschließlich geprüft, ob den Klägern ein Titel aus humanitären Gründen erteilt werden kann. Bei dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Antrag handelt es sich demzufolge nicht um eine Klageänderung, sondern nur um eine Konkretisierung des schon ursprünglich geltend gemachten Begehrens.
21 
2. Die Kläger haben jedoch in der Sache weder einen Anspruch auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels nach § 23 AufenthG noch nach § 104a AufenthG; auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor.
22 
a) Die Kläger erfüllen weder die Voraussetzungen der Bleiberechtsregelung nach § 23 AufenthG noch die Voraussetzungen des § 104a Abs. 1 AufenthG. Sowohl Nr. I.1.1 der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20.11.2006 als auch § 104a Abs. 1 AufenthG verlangen zu den jeweiligen Stichtagen am 17.11.2006 bzw. 1.7.2007 einen ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet von sechs Jahren. Diese Voraussetzungen erfüllen die Kläger nicht, da sie das Bundesgebiet verlassen und versucht haben, auf Dauer nach Frankreich auszureisen, und sich damit im Zeitpunkt ihres dortigen Aufgreifens am Bahnhof von Verdun außerhalb des Bundesgebiets aufgehalten haben. Zwar sind nach Nr. I.1.1 der Bleiberechtsregelung vom 20.11.2006 kurzfristige erlaubte Auslandsreisen unschädlich. Dasselbe galt nach den vorläufigen Anwendungshinweisen des Bundesinnenministeriums (Stand: 17.12.2007) bei § 104a Abs. 1 AufenthG (Nr. 2.3); diese Regelung ist in der mittlerweile verabschiedeten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz allerdings nicht aufgegriffen worden. Bei der Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 hat es sich nicht um eine derartige für die Erfüllung der ununterbrochenen Aufenthaltszeit unschädliche kurzfristige erlaubte Auslandsreise gehandelt. Eine solche setzt nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung zum einen voraus, dass es sich um einen bloß vorübergehenden Aufenthalt im Ausland handelt, nicht aber um eine Ausreise auf Dauer, bei der eine Rückkehr ins Bundesgebiet nicht oder nicht in absehbarer Zeit geplant ist. Zum anderen kann von einer erlaubten Ausreise nur dann gesprochen werden, wenn sie in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt.
23 
Der Senat ist davon überzeugt, dass die Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 auf Dauer erfolgen sollte. Die am 13.6.2005 - oder nach dem Vortrag des Klägers zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23.6.2005 -erfolgte Auflösung ihres Haushalts und ihr darauffolgendes Untertauchen belegen, dass sie das Bundesgebiet dauerhaft verlassen wollten. Dies hat der Kläger zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch ausdrücklich bestätigt und angegeben, aus Angst vor einer drohenden Abschiebung hätten sie das Bundesgebiet endgültig verlassen wollen; sie seien aus dem Wohnheim ausgezogen und hätten ihren Hausstand aufgelöst. Wie lange sich die Kläger genau in Frankreich aufgehalten haben und zu welchem exakten Datum sie ihre Wohnung aufgelöst haben, ist angesichts dessen nicht entscheidungserheblich.
24 
Zum anderen kann im vorliegenden Fall nicht die Rede davon sein, dass die Ausreise der Kläger nach Frankreich in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt sein könnte. Wie der Beklagte glaubhaft vorgetragen hat, erfolgte das Untertauchen und die anschließende Ausreise der Kläger ohne seine Kenntnis und erst Recht ohne seine Billigung.
25 
Als unschädlich kann der Auslandsaufenthalt der Antragsteller auch nicht unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 85 AufenthG angesehen werden (vgl. allg. zu diesem Problemkreis: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 8.10.2009 – 11 S 1911/09 -; VG Karlsruhe, Beschluss vom 31.1.2008 - 4 K 36/08 - NVwZ-RR 2008, 646; Bayer. VGH, Beschluss vom 4.8.2009 – 19 ZB 09.1510 – juris; VG Würzburg, Urteil vom 3.3.2008 - W 7 K 07.861 - juris; Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104a Rn. 13). Danach können Unterbrechungen der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts bis zu einem Jahr außer Betracht bleiben. In der Kommentarliteratur wird allerdings vereinzelt die Auffassung vertreten, dass keine Unterbrechung des Aufenthalts eintritt, wenn der Ausländer erfolglos versucht hat, seiner Ausreisepflicht freiwillig durch Ausreise in einen anderen EU-Mitgliedstaat nachzukommen; finde er dort keine Aufnahme und kehre im Rahmen des Dublin-Verfahrens zurück, so handele es sich lediglich um einen gescheiterten Versuch der Aufenthaltsaufgabe, der nicht zur Unterbrechung führe (so HK-AuslR/Fränkel, § 104 a AufenthG Rn. 9). Schon der gedankliche Ansatzpunkt dieser Auffassung trifft jedoch nicht zu, denn nach § 50 Abs. 4 AufenthG kann ein Ausländer seiner Ausreisepflicht durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nur dann genügen, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Dies war bei den Klägern nicht der Fall. Weiter scheidet eine Anwendung des § 85 AufenthG hier deshalb aus, weil dieser nicht die Unterbrechung des Aufenthalts als solchen, die hier im Raum steht, sondern nur dessen Rechtmäßigkeit betrifft. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut, sondern auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Nach der Absicht des Gesetzgebers sollte diese Vorschrift beispielsweise dann zur Anwendung kommen, wenn ein Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis verspätet gestellt oder ein Pass ungültig geworden ist (BT-Drucks. 15/420, S. 97), also mit anderen Worten, wenn wegen einer Nachlässigkeit in formaler Hinsicht eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts eintritt. Damit ist aber der Fall des Untertauchens und der anschließenden illegalen Ausreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht vergleichbar. Auch Sinn und Zweck der Bleiberechtsregelung und des § 104a Abs.1 AufenthG stehen einer entsprechenden Anwendung des § 85 AufenthG entgegen. Der Zweck der Normen, langjährig geduldete Ausländer zu begünstigen, die faktisch und wirtschaftlich im Bundesgebiet integriert sind und sich rechtstreu verhalten haben (vgl. BT-Drs. 16/5065, S. 202 zu § 104a AufenthG), spricht dafür, grundsätzlich einen ununterbrochenen Aufenthalt zu verlangen und nur erlaubte kurzfristige Auslandsreisen etwa zu Besuchszwecken als unschädlich anzusehen. Gerade im Hinblick darauf, dass bei ausländischen Staatsangehörigen, die mit mindestens einem minderjährigen Kind in häuslicher Gemeinschaft leben, lediglich eine Aufenthaltsdauer von sechs Jahren gefordert wird, lässt sich die Zulassung einer bis zu einjährigen Unterbrechung des Aufenthalts mit der gesetzgeberischen Intention nicht vereinbaren.
26 
b) Schließlich kommt auch ein Anspruch der Kläger aus § 25 Abs. 5 AufenthG nicht in Betracht. Ihre Abschiebung ist nicht nach Art. 8 Abs. 1 EMRK rechtlich unmöglich. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann u.a. Anspruch auf Achtung seines Privatlebens. Dieses Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.5.2007 - 2 BvR 304/07 -InfAuslR 2007, 275).
27 
Offen bleiben kann, ob der Schutzbereich des Rechts der Kläger auf Achtung des Privatlebens eröffnet ist, obwohl ihr Aufenthalt niemals legalisiert worden war. Allerdings neigt auch der Senat der Auffassung des 11. Senats des erkennenden Gerichtshofs zu (vgl. z.B. Beschluss vom 5.2.2009 – 11 S 3244/08 - juris), wonach es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf ankommt, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte.
28 
Jedenfalls würde hier eine Beendigung des Aufenthalts der Kläger keinen (rechtswidrigen) Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens darstellen. Denn Art. 8 EMRK darf nicht so ausgelegt werden, als verbiete er eine Aufenthaltsbeendigung bei Ausländern bereits deswegen, weil diese sich eine bestimmte Zeit im Aufnahmeland aufgehalten haben. Eine Aufenthaltsbeendigung kann vielmehr nur dann einen Eingriff in das Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen, wenn der Ausländer aufgrund seines (längeren) Aufenthalts über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Kontakte zum Aufnahmestaat verfügt, so dass er aufgrund der Gesamtentwicklung faktisch zu einem Inländer geworden ist.
29 
Dies ist bei den Klägern nicht der Fall. Weder lässt sich sagen, dass sie faktisch als Inländer angesehen werden können, weil sie in Deutschland verwurzelt wären, noch sind sie von ihrem Heimatland vollständig entwurzelt.
30 
Für die Kläger zu 1 und 2 spricht zwar, dass sie sich seit 1999 - soweit ersichtlich straffrei - im Bundesgebiet aufhalten und dass sie die deutsche Sprache beherrschen; die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 sind sogar im Bundesgebiet geboren. Sonstige nennenswerte Integrationsleistungen fehlen aber. Deshalb ist nicht von einer weit reichenden Verwurzelung in Deutschland auszugehen. Eine nachhaltige wirtschaftliche Integration lässt sich nicht feststellen. Erst seit Kurzem sind sie in der Lage, durch mehrere ungelernte Tätigkeiten ihren Lebensunterhalt zu sichern. Ein langfristig angelegtes Vollerwerbsverhältnis können die Kläger aber nicht vorweisen. Zwar beträgt der Umfang der Beschäftigung des Klägers zu 1 bei M. D. seit Juni 2009 mittlerweile 170 Stunden monatlich. Der daraus erzielte Verdienst genügt für sich allein genommen indes auch zusammen mit dem Kindergeld immer noch nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts der Familie. Auch wenn in den letzten Jahren ihre Bemühungen um eine eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts anzuerkennen sind, genügen die ausgeübten Tätigkeiten - überwiegend in Teilzeitarbeitsverhältnissen oder als geringfügig Beschäftigte - als ungelernte Arbeitskräfte nicht für die Annahme einer nachhaltigen wirtschaftlichen Verwurzelung. Weitere besondere Integrationsleistungen wie die ehrenamtliche Tätigkeit in Vereinen liegen nicht vor. Weiter ist mit hohem Gewicht zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt der Kläger - abgesehen von den Aufenthaltsgestattungen während der Dauer ihrer erfolglosen Asylverfahren - nie legalisiert war, es also an einer „Handreichung des Staates“ und einem rechtlich geschützten Vertrauen darauf, dauerhaft im Bundesgebiet bleiben zu dürfen, fehlt. Abschiebestopperlasse allein konnten dieses Vertrauen zumindest während der Aufenthaltsdauer der Kläger im Bundesgebiet nicht begründen. Schließlich haben die Kläger durch ihren auf Dauer angelegten Versuch der Übersiedlung nach Frankreich im Juni/Juli 2005 selbst deutlich gemacht, dass sie sich in der Bundesrepublik nicht fest „verwurzelt“ fühlen. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie bereit waren und versucht haben, Deutschland freiwillig - wenn auch nach ihrem Vortrag aus der (unbegründeten) Angst vor einer Abschiebung heraus - zu verlassen und sich in die Lebensverhältnisse eines anderen Landes – Frankreich - einzufügen.
31 
Eine vollständige Entwurzelung liegt ebenfalls nicht vor. Die Kläger zu 1 und 2 haben den überwiegenden Teil ihres Lebens im Kosovo verbracht. Nachdem diese noch nicht von den Lebensverhältnissen im Kosovo entfremdet sind, muss von ihnen auch erwartet werden, dass sie ihre noch jungen minderjährigen Kinder, die Kläger zu 3 bis 5, von denen nur das Älteste mittlerweile in Deutschland die Schule besucht, bei der sicher nicht einfachen Eingliederung in die Lebensverhältnisse im Kosovo und dem Erwerb der albanischen Sprache unterstützen werden. Die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 teilen insoweit das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern, auch wenn dies für sie eine nicht unerhebliche Härte bedeuten wird.
32 
Sollte das Vorbringen der Kläger (auch) so zu verstehen sein, dass sie zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse geltend machen möchten, weil sie meinen, menschenwürdige Lebensverhältnisse seien für Angehörige der Volksgruppe der Roma im Kosovo nicht gewährleistet, könnten sich jedenfalls die Kläger zu 1 und 3 bis 5 hierauf im vorliegenden Verfahren wegen der Bindungswirkung des § 42 Satz 1 AsylVfG nicht berufen. Denn insoweit machen sie in der Sache zielstaatsbezogene Gesichtspunkte im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthG geltend. Liegt hierzu eine negative Statusfeststellung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (früher Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) vor, so ist die Ausländerbehörde an diese Feststellung gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG gebunden. Ein Ausländer kann die Unzumutbarkeit seiner freiwilligen Ausreise nicht auf eine zielstaatsbezogene Gefahrensituation stützen, wenn und solange das zuständige Bundesamt eine solche Feststellung wie hier abgelehnt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.6.2006 - 1 C 14/05 - BVerwGE 126, 192 = NVwZ 2006, 1418; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.4.2007 - 11 S 1035/06 - juris; Nds. OVG, Urteil vom 27.9.2007 - 11 LB 69/07 - DVBl. 2007, 57).
33 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
35 
Beschluss vom 9.12.2009
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG auf 25.000,-- EUR festgesetzt.
37 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Die Berufung der Kläger ist zulässig. Sie ist aber unbegründet, da das Verwaltungsgericht ihre Klage zu Recht abgewiesen hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).
20 
1. Die Klage ist allerdings nicht schon etwa deshalb unbegründet, weil die Kläger bei der Beklagten keinen Antrag auf die nunmehr geltend gemachten Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen gestellt hätten. Ursprünglich haben sie im Antragsformular zwar angegeben, dass sie einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit begehren. Hierbei hat es sich indes um ein offenkundiges Versehen gehandelt. Wie sich aus dem Schriftverkehr zwischen ihrem Prozessbevollmächtigten und der Behörde eindeutig ergibt, haben sie der Sache nach von Anfang an nur einen humanitären Aufenthaltstitel begehrt. Diese Auslegung ihres Antrags ist auch sachgerecht, da ein Aufenthaltstitel aus anderen Gründen - z. B. zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder zum Familiennachzug - offenkundig nicht in Betracht kommt. Dementsprechend hat auch das Verwaltungsgericht die Klage ausgelegt und in den Entscheidungsgründen ausschließlich geprüft, ob den Klägern ein Titel aus humanitären Gründen erteilt werden kann. Bei dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Antrag handelt es sich demzufolge nicht um eine Klageänderung, sondern nur um eine Konkretisierung des schon ursprünglich geltend gemachten Begehrens.
21 
2. Die Kläger haben jedoch in der Sache weder einen Anspruch auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels nach § 23 AufenthG noch nach § 104a AufenthG; auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor.
22 
a) Die Kläger erfüllen weder die Voraussetzungen der Bleiberechtsregelung nach § 23 AufenthG noch die Voraussetzungen des § 104a Abs. 1 AufenthG. Sowohl Nr. I.1.1 der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20.11.2006 als auch § 104a Abs. 1 AufenthG verlangen zu den jeweiligen Stichtagen am 17.11.2006 bzw. 1.7.2007 einen ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet von sechs Jahren. Diese Voraussetzungen erfüllen die Kläger nicht, da sie das Bundesgebiet verlassen und versucht haben, auf Dauer nach Frankreich auszureisen, und sich damit im Zeitpunkt ihres dortigen Aufgreifens am Bahnhof von Verdun außerhalb des Bundesgebiets aufgehalten haben. Zwar sind nach Nr. I.1.1 der Bleiberechtsregelung vom 20.11.2006 kurzfristige erlaubte Auslandsreisen unschädlich. Dasselbe galt nach den vorläufigen Anwendungshinweisen des Bundesinnenministeriums (Stand: 17.12.2007) bei § 104a Abs. 1 AufenthG (Nr. 2.3); diese Regelung ist in der mittlerweile verabschiedeten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz allerdings nicht aufgegriffen worden. Bei der Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 hat es sich nicht um eine derartige für die Erfüllung der ununterbrochenen Aufenthaltszeit unschädliche kurzfristige erlaubte Auslandsreise gehandelt. Eine solche setzt nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung zum einen voraus, dass es sich um einen bloß vorübergehenden Aufenthalt im Ausland handelt, nicht aber um eine Ausreise auf Dauer, bei der eine Rückkehr ins Bundesgebiet nicht oder nicht in absehbarer Zeit geplant ist. Zum anderen kann von einer erlaubten Ausreise nur dann gesprochen werden, wenn sie in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt.
23 
Der Senat ist davon überzeugt, dass die Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 auf Dauer erfolgen sollte. Die am 13.6.2005 - oder nach dem Vortrag des Klägers zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23.6.2005 -erfolgte Auflösung ihres Haushalts und ihr darauffolgendes Untertauchen belegen, dass sie das Bundesgebiet dauerhaft verlassen wollten. Dies hat der Kläger zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch ausdrücklich bestätigt und angegeben, aus Angst vor einer drohenden Abschiebung hätten sie das Bundesgebiet endgültig verlassen wollen; sie seien aus dem Wohnheim ausgezogen und hätten ihren Hausstand aufgelöst. Wie lange sich die Kläger genau in Frankreich aufgehalten haben und zu welchem exakten Datum sie ihre Wohnung aufgelöst haben, ist angesichts dessen nicht entscheidungserheblich.
24 
Zum anderen kann im vorliegenden Fall nicht die Rede davon sein, dass die Ausreise der Kläger nach Frankreich in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt sein könnte. Wie der Beklagte glaubhaft vorgetragen hat, erfolgte das Untertauchen und die anschließende Ausreise der Kläger ohne seine Kenntnis und erst Recht ohne seine Billigung.
25 
Als unschädlich kann der Auslandsaufenthalt der Antragsteller auch nicht unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 85 AufenthG angesehen werden (vgl. allg. zu diesem Problemkreis: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 8.10.2009 – 11 S 1911/09 -; VG Karlsruhe, Beschluss vom 31.1.2008 - 4 K 36/08 - NVwZ-RR 2008, 646; Bayer. VGH, Beschluss vom 4.8.2009 – 19 ZB 09.1510 – juris; VG Würzburg, Urteil vom 3.3.2008 - W 7 K 07.861 - juris; Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104a Rn. 13). Danach können Unterbrechungen der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts bis zu einem Jahr außer Betracht bleiben. In der Kommentarliteratur wird allerdings vereinzelt die Auffassung vertreten, dass keine Unterbrechung des Aufenthalts eintritt, wenn der Ausländer erfolglos versucht hat, seiner Ausreisepflicht freiwillig durch Ausreise in einen anderen EU-Mitgliedstaat nachzukommen; finde er dort keine Aufnahme und kehre im Rahmen des Dublin-Verfahrens zurück, so handele es sich lediglich um einen gescheiterten Versuch der Aufenthaltsaufgabe, der nicht zur Unterbrechung führe (so HK-AuslR/Fränkel, § 104 a AufenthG Rn. 9). Schon der gedankliche Ansatzpunkt dieser Auffassung trifft jedoch nicht zu, denn nach § 50 Abs. 4 AufenthG kann ein Ausländer seiner Ausreisepflicht durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nur dann genügen, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Dies war bei den Klägern nicht der Fall. Weiter scheidet eine Anwendung des § 85 AufenthG hier deshalb aus, weil dieser nicht die Unterbrechung des Aufenthalts als solchen, die hier im Raum steht, sondern nur dessen Rechtmäßigkeit betrifft. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut, sondern auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Nach der Absicht des Gesetzgebers sollte diese Vorschrift beispielsweise dann zur Anwendung kommen, wenn ein Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis verspätet gestellt oder ein Pass ungültig geworden ist (BT-Drucks. 15/420, S. 97), also mit anderen Worten, wenn wegen einer Nachlässigkeit in formaler Hinsicht eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts eintritt. Damit ist aber der Fall des Untertauchens und der anschließenden illegalen Ausreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht vergleichbar. Auch Sinn und Zweck der Bleiberechtsregelung und des § 104a Abs.1 AufenthG stehen einer entsprechenden Anwendung des § 85 AufenthG entgegen. Der Zweck der Normen, langjährig geduldete Ausländer zu begünstigen, die faktisch und wirtschaftlich im Bundesgebiet integriert sind und sich rechtstreu verhalten haben (vgl. BT-Drs. 16/5065, S. 202 zu § 104a AufenthG), spricht dafür, grundsätzlich einen ununterbrochenen Aufenthalt zu verlangen und nur erlaubte kurzfristige Auslandsreisen etwa zu Besuchszwecken als unschädlich anzusehen. Gerade im Hinblick darauf, dass bei ausländischen Staatsangehörigen, die mit mindestens einem minderjährigen Kind in häuslicher Gemeinschaft leben, lediglich eine Aufenthaltsdauer von sechs Jahren gefordert wird, lässt sich die Zulassung einer bis zu einjährigen Unterbrechung des Aufenthalts mit der gesetzgeberischen Intention nicht vereinbaren.
26 
b) Schließlich kommt auch ein Anspruch der Kläger aus § 25 Abs. 5 AufenthG nicht in Betracht. Ihre Abschiebung ist nicht nach Art. 8 Abs. 1 EMRK rechtlich unmöglich. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann u.a. Anspruch auf Achtung seines Privatlebens. Dieses Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.5.2007 - 2 BvR 304/07 -InfAuslR 2007, 275).
27 
Offen bleiben kann, ob der Schutzbereich des Rechts der Kläger auf Achtung des Privatlebens eröffnet ist, obwohl ihr Aufenthalt niemals legalisiert worden war. Allerdings neigt auch der Senat der Auffassung des 11. Senats des erkennenden Gerichtshofs zu (vgl. z.B. Beschluss vom 5.2.2009 – 11 S 3244/08 - juris), wonach es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf ankommt, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte.
28 
Jedenfalls würde hier eine Beendigung des Aufenthalts der Kläger keinen (rechtswidrigen) Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens darstellen. Denn Art. 8 EMRK darf nicht so ausgelegt werden, als verbiete er eine Aufenthaltsbeendigung bei Ausländern bereits deswegen, weil diese sich eine bestimmte Zeit im Aufnahmeland aufgehalten haben. Eine Aufenthaltsbeendigung kann vielmehr nur dann einen Eingriff in das Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen, wenn der Ausländer aufgrund seines (längeren) Aufenthalts über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Kontakte zum Aufnahmestaat verfügt, so dass er aufgrund der Gesamtentwicklung faktisch zu einem Inländer geworden ist.
29 
Dies ist bei den Klägern nicht der Fall. Weder lässt sich sagen, dass sie faktisch als Inländer angesehen werden können, weil sie in Deutschland verwurzelt wären, noch sind sie von ihrem Heimatland vollständig entwurzelt.
30 
Für die Kläger zu 1 und 2 spricht zwar, dass sie sich seit 1999 - soweit ersichtlich straffrei - im Bundesgebiet aufhalten und dass sie die deutsche Sprache beherrschen; die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 sind sogar im Bundesgebiet geboren. Sonstige nennenswerte Integrationsleistungen fehlen aber. Deshalb ist nicht von einer weit reichenden Verwurzelung in Deutschland auszugehen. Eine nachhaltige wirtschaftliche Integration lässt sich nicht feststellen. Erst seit Kurzem sind sie in der Lage, durch mehrere ungelernte Tätigkeiten ihren Lebensunterhalt zu sichern. Ein langfristig angelegtes Vollerwerbsverhältnis können die Kläger aber nicht vorweisen. Zwar beträgt der Umfang der Beschäftigung des Klägers zu 1 bei M. D. seit Juni 2009 mittlerweile 170 Stunden monatlich. Der daraus erzielte Verdienst genügt für sich allein genommen indes auch zusammen mit dem Kindergeld immer noch nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts der Familie. Auch wenn in den letzten Jahren ihre Bemühungen um eine eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts anzuerkennen sind, genügen die ausgeübten Tätigkeiten - überwiegend in Teilzeitarbeitsverhältnissen oder als geringfügig Beschäftigte - als ungelernte Arbeitskräfte nicht für die Annahme einer nachhaltigen wirtschaftlichen Verwurzelung. Weitere besondere Integrationsleistungen wie die ehrenamtliche Tätigkeit in Vereinen liegen nicht vor. Weiter ist mit hohem Gewicht zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt der Kläger - abgesehen von den Aufenthaltsgestattungen während der Dauer ihrer erfolglosen Asylverfahren - nie legalisiert war, es also an einer „Handreichung des Staates“ und einem rechtlich geschützten Vertrauen darauf, dauerhaft im Bundesgebiet bleiben zu dürfen, fehlt. Abschiebestopperlasse allein konnten dieses Vertrauen zumindest während der Aufenthaltsdauer der Kläger im Bundesgebiet nicht begründen. Schließlich haben die Kläger durch ihren auf Dauer angelegten Versuch der Übersiedlung nach Frankreich im Juni/Juli 2005 selbst deutlich gemacht, dass sie sich in der Bundesrepublik nicht fest „verwurzelt“ fühlen. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie bereit waren und versucht haben, Deutschland freiwillig - wenn auch nach ihrem Vortrag aus der (unbegründeten) Angst vor einer Abschiebung heraus - zu verlassen und sich in die Lebensverhältnisse eines anderen Landes – Frankreich - einzufügen.
31 
Eine vollständige Entwurzelung liegt ebenfalls nicht vor. Die Kläger zu 1 und 2 haben den überwiegenden Teil ihres Lebens im Kosovo verbracht. Nachdem diese noch nicht von den Lebensverhältnissen im Kosovo entfremdet sind, muss von ihnen auch erwartet werden, dass sie ihre noch jungen minderjährigen Kinder, die Kläger zu 3 bis 5, von denen nur das Älteste mittlerweile in Deutschland die Schule besucht, bei der sicher nicht einfachen Eingliederung in die Lebensverhältnisse im Kosovo und dem Erwerb der albanischen Sprache unterstützen werden. Die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 teilen insoweit das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern, auch wenn dies für sie eine nicht unerhebliche Härte bedeuten wird.
32 
Sollte das Vorbringen der Kläger (auch) so zu verstehen sein, dass sie zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse geltend machen möchten, weil sie meinen, menschenwürdige Lebensverhältnisse seien für Angehörige der Volksgruppe der Roma im Kosovo nicht gewährleistet, könnten sich jedenfalls die Kläger zu 1 und 3 bis 5 hierauf im vorliegenden Verfahren wegen der Bindungswirkung des § 42 Satz 1 AsylVfG nicht berufen. Denn insoweit machen sie in der Sache zielstaatsbezogene Gesichtspunkte im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthG geltend. Liegt hierzu eine negative Statusfeststellung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (früher Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) vor, so ist die Ausländerbehörde an diese Feststellung gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG gebunden. Ein Ausländer kann die Unzumutbarkeit seiner freiwilligen Ausreise nicht auf eine zielstaatsbezogene Gefahrensituation stützen, wenn und solange das zuständige Bundesamt eine solche Feststellung wie hier abgelehnt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.6.2006 - 1 C 14/05 - BVerwGE 126, 192 = NVwZ 2006, 1418; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.4.2007 - 11 S 1035/06 - juris; Nds. OVG, Urteil vom 27.9.2007 - 11 LB 69/07 - DVBl. 2007, 57).
33 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
35 
Beschluss vom 9.12.2009
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG auf 25.000,-- EUR festgesetzt.
37 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. Mai 2010 - 11 K 2236/09 - wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte und der Beigeladene die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Kläger je zur Hälfte; ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagte und der Beigeladene jeweils selbst.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger begehren die Erteilung humanitärer Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 AufenthG.
Die im Jahre 1969 im Irak geborenen und aus Kirkuk stammenden Kläger zu 1 und 2 reisten mit ihren am 26.04.1997 und 01.11.1998 geborenen Kindern, den Klägern zu 3 und 4, am 26.07.1999 in das Bundesgebiet ein und stellten Asylanträge. Bei der Anhörung durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 11.08.1999 gab der Kläger zu 1 zu seinen persönlichen Verhältnissen unter anderem an: Sein Vater sei Araber, seine Mutter Kurdin. Nach irakischem Gesetz sei er deshalb Araber. Er spreche Kurdisch und Arabisch, außerdem Türkisch und etwas Englisch. Er habe einen Fachhochschulabschluss Fachrichtung Metallbearbeitung und habe bis zu seiner Ausreise in Kirkuk eine Autowerkstatt für Auto-Elektrik betrieben. Der Kläger zu 1 legte verschiedene irakische Dokumente vor, unter anderem ein Abschlusszeugnis der Technischen Hochschule ..., eine Heiratsurkunde und Urkunden über die Staatsangehörigkeit sowie Personalausweise.
Mit Bescheid vom 29.10.1999 lehnte das Bundesamt die Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigte ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen nach § 51 Abs. 1 AuslG und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen und drohte den Klägern die Abschiebung in den Irak an. Die hiergegen erhobenen Klagen wies das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 24.01.2001 - A 13 K 14053/99 - ab. Seit Ende Oktober 1999 hielt sich die Familie nicht mehr in der ihr zugewiesenen Unterkunft auf. Am 23.01.2002 wurden die Kläger zu 1 bis 4 aus Schweden rücküberstellt, wo sie unter anderen Namen um Asyl nachgesucht hatten. Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 05.02.2002 die Anträge auf Durchführung von weiteren Asylverfahren und die Anträge auf Abänderung des Bescheides vom 29.10.1999 bezüglich der Feststellungen zu § 53 AuslG ab. Das Verwaltungsgericht Stuttgart wies mit Urteil vom 15.04.2003 - A 2 K 10431/02 - die hiergegen erhobenen Klagen ab. Die Anträge der Kläger auf Zulassung der Berufung ruhten zunächst und wurden vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Beschluss vom 30.08.2006 - A 2 S 290/05 - abgelehnt.
Die Kläger zu 1 bis 4 erhalten seit 31.01.2002 bis heute ununterbrochen Bescheinigungen über die Aussetzung der Abschiebung. Auch die im Bundesgebiet am 04.06.2004 geborene Klägerin zu 5, deren Asylantrag nach § 14a Abs. 2 AsylVfG mit Bescheid des Bundesamtes vom 21.02.2006 unanfechtbar abgelehnt worden ist, verfügt bis heute lediglich über Duldungen. Die Duldungen für die Familienmitglieder haben grundsätzlich eine Geltungsdauer von drei Monaten.
Am 08.07.2008 beantragten die Kläger durch ihre Prozessbevollmächtigte unter Berufung auf die sog. Altfallregelung und § 25 Abs. 5 AufenthG die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen. Sie machten geltend, sie seien im Bundesgebiet integriert. Die Kinder besuchten die Schule oder eine Kindertageseinrichtung. Die Kläger zu 1 und 2 seien mittlerweile erwerbstätig. Auch im Hinblick auf die psychischen Erkrankungen der Klägerinnen zu 2 und 3 seien sie unverschuldet an einer Ausreise in den Irak gehindert. Die Kläger legten unter anderem Stellungnahmen der Psychologischen Beratungsstelle für politisch Verfolgte und Vertriebene, Stuttgart (im Folgenden: PBV), Schulbescheinigungen und Zeugnisse für die Kläger zu 3 und 4 sowie Lohnabrechnungen vor.
Mit Verfügungen vom 18.12.2008 lehnte die Beklagte die Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen ab und führte zur Begründung unter anderem aus: Da die Kläger erst Anfang 2002 aus Schweden nach Deutschland rücküberstellt worden seien, seien schon die zeitlichen Voraussetzungen für ein Bleiberecht nach der Anordnung des Innenministeriums Baden-Württemberg nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20.11.2006 und nach der Altfallregelung des § 104a AufenthG nicht erfüllt. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG lägen ebenfalls nicht vor. Hinsichtlich eines rechtlichen inlandsbezogenen Ausreisehindernisses aus Art. 8 EMRK fehle es bei den Eltern, den Klägern zu 1 und 2, an der notwendigen Integration. Auch sei davon auszugehen, dass diese mit den Lebensverhältnissen ihres Heimatlandes noch vertraut seien und eine Reintegration möglich und zumutbar sei. Bei den Klägern zu 3 bis 5 sei kein überdurchschnittliches Maß der Integration festzustellen. Der stets nur geduldeten Familie könne eine gemeinsame Ausreise in das Herkunftsland zugemutet werden. Auch seien die Regelerteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 AufenthG nicht erfüllt. Der Lebensunterhalt sei nicht ohne - zusätzliche - Inanspruchnahme öffentlicher Mittel gesichert. Die Identität sei nicht geklärt, denn die Angaben zur Person beruhten ausschließlich auf Angaben der Kläger selbst, die in Schweden andere Personalien verwendet hätten. Schließlich werde auch die Passpflicht nicht erfüllt. Nach umfassender Gewichtung und Wertung sämtlicher Umstände des Falles und Abwägung der privaten Belange gegenüber dem öffentlichen Interesse komme eine Abweichung von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nicht in Betracht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.05.2009, zugestellt am 11.05.2009, wies das Regierungspräsidium Stuttgart die gegen die Verfügungen erhobenen Widersprüche der Kläger zurück und führte mit Blick auf § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK aus: Die Kläger zu 1 und 2 seien seit ihrer Wiedereinreise in das Bundesgebiet im Januar 2002 zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts auf öffentliche Leistungen angewiesen gewesen. Auch bezüglich der Kläger zu 3 bis 5 seien keine besonderen Integrationsleistungen ersichtlich. Allein der Umstand, dass die Klägerin zu 5 im Bundesgebiet geboren sei und die Kläger zu 3 und 4 hier zur Schule gingen, rechtfertige nicht die Annahme, eine Rückkehr in den Irak sei ihnen unzumutbar. Sie hätten noch kein Alter erreicht, in dem ihnen ein Hineinwachsen in die Lebensumstände des Staates ihrer Staatsangehörigkeit in der Regel nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen könnte. Die Kläger zu 1 und 2 seien im Irak geboren und aufgewachsen und hätten diesen erst im Erwachsenenalter verlassen. Auch die Kläger zu 3 und 4 seien dort geboren und hätten dort kurze Zeit gelebt. Zudem verfügten die Kläger auch heute noch über familiäre Anknüpfungspunkte. Nachdem die Kläger zu 1 und 2 bisher in ausgesprochen geringem Maße im Bundesgebiet integriert seien, könne davon ausgegangen werden, dass die innerfamiliären Lebensverhältnisse noch stark von der nationalen Herkunft der Großfamilie geprägt seien und die Kläger zu 3 bis 5 ihre Muttersprache zumindest in Grundzügen beherrschten. Diese würden auch nicht allein in den Irak übersiedeln, sondern könnten mit der Unterstützung der Kläger zu 1 und 2 sowie ggfs. anderer Verwandter rechnen. Auch die bisher vorgetragenen Erkrankungen reichten nicht aus, um von einer Unzumutbarkeit der Rückkehr in den Irak ausgehen zu können. Insbesondere sei nichts dafür ersichtlich, dass die Kläger auf eine dringende ärztliche Behandlung angewiesen wären, die nur im Bundesgebiet erbracht werden könnte. Allein die pauschale Aussage, die Kläger zu 3 bis 5 würden Verhaltensauffälligkeiten zeigen, und der Umstand, dass die Klägerinnen zu 2 und 3 psychotherapeutische Beratungsgespräche wahrnähmen, könnten die Unzumutbarkeit der Rückkehr nicht begründen.
Mit ihren am 10.06.2009 beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhobenen Klagen verfolgen die Kläger ihr Begehren auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG weiter. Zur Begründung haben sie weitere Stellungnahmen der PBV sowie Bescheinigungen verschiedener Institutionen und Privatpersonen zum gesellschaftlichen und sozialen Leben der Familie vorgelegt, insbesondere zu den Aktivitäten der Kläger zu 3 und 4 im Fußballverein (aktive Spieler in einer Mädchen- bzw. Jugendfußballmannschaft des TSV H.), in der Schule (unter anderem Klassensprecherin bzw. stellvertretender Klassensprecher) und in Freizeiteinrichtungen.
Die Beklagte ist den Klagen entgegengetreten. Das beigeladene Land hat sich nicht geäußert.
10 
Nach der ohne Dolmetscher erfolgten Anhörung der Kläger in der mündlichen Verhandlung hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 10.05.2010 - 11 K 2236/09 - die Beklagte verpflichtet, den Klägern eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen und die Bescheide der Beklagten vom 18.12.2008 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 08.05.2009 aufgehoben. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Aufgrund der vollständigen Integration der Kläger zu 3 und 4 in die deutschen Lebensverhältnisse und der vollständigen Entwurzelung gegenüber der Heimat ihrer Eltern ergebe sich für diese unter dem Gesichtspunkt des Rechts auf Achtung des Privatlebens ein rechtliches Abschiebungsverbot aus Art. 8 EMRK. Das Aufenthaltsrecht der Kläger zu 1, 2 und 5 folge aus Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK unter dem Gesichtspunkt des Familienlebens mit den im Bundesgebiet verwurzelten Klägern zu 3 und 4. Der Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK sei auch bei lediglich Geduldeten eröffnet. Was die Frage der Qualität des Aufenthaltsrechts anbelange, so sei dies Teil der Schrankenprüfung, insbesondere nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, wobei im vorliegenden Fall zu berücksichtigen sei, dass die Integrationsleistungen unter dem Schutz der jahrelangen bewussten „Vollstreckungszurückhaltung“ der Behörden stattgefunden hätten. Die Kläger zu 3 und 4 hätten - wie ihre Aktivitäten beim Sport, in der Schule und in der Freizeit zeigten - sich mit der bundesdeutschen Gesellschaft identifiziert und die demokratischen Grundanschauungen, die Wertvorstellungen und Verhaltensweisen inländischer Jugendlicher als Teil ihrer eigenen Identität persönlichkeitsprägend auf- und angenommen. Sie unterschieden sich durch ihre kulturellen Verhaltens- und Sichtweisen nicht von deutschen Schülern. Bei beiden sei auch von einer vollständigen Entwurzelung auszugehen. Sie besäßen nur mündliche Sprachkenntnisse in Sorani. Sie hätten als Kleinkinder den Irak verlassen und könnten nicht auf eigene Erfahrungen zurückgreifen. Ihre Eltern seien auch nicht in der Lage, ihren Kindern die notwendige Unterstützung für eine erforderliche Reintegration zu geben. Seit dem Sturz Saddam Husseins und der Neuerrichtung des Landes hätten sich sämtliche Umstände dort, in wirtschaftlicher Hinsicht, in den sozialen Bedingungen, in gesellschaftlicher Hinsicht und - ganz besonders - in Sicherheitsfragen so grundlegend gewandelt, dass nicht zu erkennen sei, dass die Eltern selbst wüssten, wie es in diesem Land „laufe“ und wie sie eine Eingliederung der Kläger zu 3 und 4 in die dortige Gesellschaft erfolgreich bewerkstelligen sollten. Es sei angesichts ihres Alters, aber auch aus finanziellen Gründen, höchst unwahrscheinlich, dass namentlich für die Klägerin zu 3 die Möglichkeit bestehen könnte, durch einen Schulbesuch im Irak Zugang zur dortigen Gesellschaft zu finden. Ferner handele es sich bei den Klägern um eine ethnisch gemischte Familie aus arabischen (Kläger zu 1) und kurdischen (Klägerin zu 2) Angehörigen. Wie die Kläger in der mündlichen Verhandlung glaubhaft geschildert hätten, habe die Verbindung der Klägerin zu 2 mit dem Kläger zu 1 zu familiären Verwerfungen dergestalt geführt, dass die Klägerin zu 2 gleichsam aus ihrer Familie verstoßen worden sei. Bis heute habe sich hieran nichts geändert. Für den Raum Kirkuk, der gerade nicht in der autonomen Provinz des Nordirak liege, werde seit langem und auch in jüngster Zeit von erheblichen, ständig zunehmenden ethnischen Spannungen berichtet. Es komme vielfach zu Übergriffen, Gewalttaten und Bombenanschlägen. Wie die Kläger zu 1 und 2 in einer solchen Situation den Klägern zu 3 und 4 bei der Reintegration ins Heimatland in irgendeiner Weise behilflich sein sollten, sei schlechterdings nicht vorstellbar. Das der Beklagten nach § 25 Abs. 5 AufenthG eingeräumte Ermessen sei angesichts der vorliegenden Umstände und auch mit Blick auf die Regelerteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Nrn. 1 und 4 AufenthG auf Null reduziert.
11 
Auf Antrag der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 06.10.2010 die Berufung zugelassen, die fristgerecht unter Stellung eines Antrags begründet worden ist. Die Beklagte ist der Auffassung, die Kläger könnten sich schon deshalb nicht auf § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK berufen, weil ansonsten die mit der Altfallregelung nach § 104a AufenthG getroffene gesetzgeberische Entscheidung umgangen würde. Jedenfalls liege kein schützenswertes Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK vor. Das Bundesverwaltungsgericht habe in seinem Urteil vom 30.04.2009 ausgeführt, eine Verwurzelung im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte komme grundsätzlich nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht. Die Kläger zu 3 und 4 könnten sich schon deshalb nicht auf ein rechtliches Abschiebungsverbot aus Art. 8 EMRK berufen, weil ihr Aufenthalt zu keiner Zeit rechtmäßig, sondern stets nur geduldet gewesen sei. Abgesehen davon fehle es auch an besonderen Integrationsleistungen. Mit dem Schulbesuch kämen sie lediglich ihrer Schulpflicht nach. Das Verwaltungsgericht habe die Wahl der Klägerin zu 3 zur Klassensprecherin und die Wahl des Klägers zu 4 zum stellvertretenden Klassensprecher und auch deren sportliches Engagement überbewertet - zumal der Aufenthalt der gesamten Familie bis heute durch einen nur vorübergehenden geduldeten Status gekennzeichnet sei. Der Aussetzung der Abschiebung wohne der Natur nach inne, dass eine Aufenthaltsverfestigung grundsätzlich nicht möglich sei. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass bestimmte Regelungen, z.B. entsprechende Erlasse, dennoch geduldeten Ausländern zu einem Aufenthaltstitel unter den dort genannten Voraussetzungen verhelfen könnten. Der geduldete Ausländer dürfe nämlich von Beginn seines geduldeten Aufenthalts an und auch im weiteren Verlauf nicht darauf vertrauen, er werde später einmal in den Genuss solcher begünstigenden Regelungen kommen. Den Klägern habe stets bewusst sein müssen, ihr Aufenthalt im Bundesgebiet könne mit Wegfall der Duldungsgründe jederzeit beendet werden. Dass dies ganz kleinen Kindern unter Umständen nicht einfach zu vermitteln sei, werde nicht verkannt - umso höher seien jedoch die Anforderungen an die Eltern zu stellen, ihren Kindern diesen „unsicheren“ Aufenthalt im Bundesgebiet klarzumachen. Die Kläger zu 3 und 4 seien bei der Zurückstellung aus Schweden in einem Alter gewesen, in dem man ihnen mit entsprechender Mühe und einem kindgerechten Erklären das sicher hätte vermitteln können. Nach den Angaben der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht werde in der Familie Sorani gesprochen und auch kurdisches Fernsehen geschaut. Dies zeige, dass die Familie als Gesamteinheit im Bundesgebiet doch noch nicht so verwurzelt sei, dass im hausinternen Bereich eine deutsche Lebensweise kultiviert werde. Dies färbe natürlich auch auf die Kinder ab, so dass diese zwar möglicherweise außerhalb der heimischen Wohnung guten Umgang mit der deutschen Lebensweise hätten - wie dies bei Kindern normalerweise üblich sei, da Kinder sich regelmäßig ihrer Umgebung gut anpassen könnten - jedoch im privaten und innerfamiliären Bereich den Umgang mit den Sitten ihres Heimatstaates pflegten. Den Klägern zu 3 und 4 sei es auch durchaus möglich und zumutbar, Sorani noch schriftlich zu erlernen, zumal sie in einem Alter seien, in dem üblicherweise an der Schule Fremdsprachen gelernt würden. Ihre Eltern könnten ihnen in ihrer Heimat ohne weiteres dabei helfen. Kinder im Alter der Kläger zu 3 und 4 fänden naturgemäß auch leicht Kontakt zu Gleichaltrigen und hätten, da sie Sorani zumindest mündlich beherrschten, auch bei einer Kontaktaufnahme keine Schwierigkeiten - im Gegensatz zu Kindern, die die Sprache der Gleichaltrigen nicht sprächen. Auch werde ihnen ihre Fähigkeit zum Teamgeist, den sie hier in den Fußballmannschaften und als (stellvertretender) Klassensprecher bewiesen hätten, dabei helfen. Es sei zwar richtig, dass sich für die Kläger zu 3 und 4 bei einer Rückkehr in ihre Heimat einiges ändern werde. Es sei jedoch nicht ersichtlich, warum ihnen diese Umstellung nicht gelingen sollte. Die Kläger zu 3 und 4 befänden sich in der Vorpubertät bzw. am Anfang der Pubertät und hätten daher eine eigene Persönlichkeitsbildung noch lange nicht abgeschlossen, so dass gerade zum jetzigen Zeitpunkt eine Reintegration in die Heimat noch möglich sei. Es sei sicherlich richtig, dass die Klägerin zu 3 in ihrer Heimat nicht mehr Mädchenfußball spielen können werde, jedoch sei dies unter Umständen auch bei einem bloßen Umzug innerhalb des Bundesgebiets der Fall, wenn der neue Wohnort keine Mädchenfußballmannschaft habe. Was einen möglichen Schulbesuch der Kläger zu 3 und 4 im Irak angehe, so sei festzustellen, dass die Kinder im Irak eben die Verhältnisse antreffen würden, die dort für Kinder in diesem Alter üblich seien, was ihnen durchaus zuzumuten sei. Die Kläger zu 3 und 4 könnten und dürften nicht erwarten, im Fall einer Rückkehr in ihre Heimat die gleichen Bildungsmöglichkeiten zu erhalten wie im Bundesgebiet. Es gebe kein Recht darauf, den hier erlebten Status in der Heimat aufrechterhalten zu können, wenn dort andere Verhältnisse üblich seien. Soweit das Verwaltungsgericht im Rahmen der familienbezogenen Gesamtbetrachtung darauf abgestellt habe, dass die Kläger zu 1 und 2 selbst nicht mehr wüssten, was in diesem Land „laufe“ und so eine Eingliederung der Kläger zu 3 und 4 nicht zu bewerkstelligen sei, so sei dem schon aus den zuvor genannten Gründen entgegenzutreten. Die Kinder hätten schon von sich aus sehr gute Voraussetzungen für eine Reintegration, so dass diesbezüglich an eine Hilfe der Eltern keine so großen Anforderungen mehr zu stellen seien. Außerdem sei davon auszugehen, dass die Kläger zu 1 und 2 über die Verhältnisse in der Heimat durch die Medien, insbesondere das kurdische Fernsehen, gut informiert seien. Dass ihre Familie ethnisch gemischt sei, führe zu keiner anderen Betrachtungsweise. Beide sprächen Sorani und damit eine der Amtssprachen des Irak. Es komme auch nicht darauf an, ob eine Integration in der Provinz Kirkuk möglich sei, denn die Familie sei nicht gezwungen, genau dorthin zu gehen, sondern könne sich auch einen anderen Ort im Irak auswählen. Nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes könne die Familie darauf verwiesen werden, die familiäre Lebensgemeinschaft in ihrem Heimatstaat zu führen.
12 
Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10.05.2010 - 11 K 2236/09 - zu ändern und die Klagen abzuweisen.
14 
Der Beigeladene schließt sich ausdrücklich dem Antrag der Beklagten an und führt im Wesentlichen aus: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte habe die Frage, ob auch die sozialen Bindungen von Ausländern im Rahmen von Aufenthalten ohne einen Aufenthaltstitel vom Schutzbereich des Art. 8 EMRK erfasst würden, bisher offengelassen. Richtigerweise bedürfe es für den Schutz der sozialen Bindungen eines Ausländers einer festen Verankerung des Privatlebens im Vertragsstaat, die sich nicht auf eine lose Verbindung beschränke und einen aufenthaltsrechtlichen Status als Basis aufweise, die berechtigterweise die Erwartung hervorrufen könne, dort bleiben zu dürfen. Zwar sicherten die Vertragsstaaten gemäß Art. 1 EMRK allen ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Personen die in Abschnitt 1 bestimmten Rechte und Freiheiten zu. Hier sei jedoch zu unterscheiden zwischen dem Schutz der sozialen Bindungen des Ausländers im Aufenthaltsstaat und dem faktischen Aufenthalt als Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Rechte. Bei Ausländern sei in aufenthaltsrechtlicher Hinsicht die Freiheitssphäre grundsätzlich begrenzt, da sie für den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels bedürften. Der Schutz sozialer Bindungen durch Art. 8 EMRK während rechtswidriger Aufenthalte würde das Recht der Vertragsstaaten auf die Kontrolle der Zuwanderung unterlaufen. Soweit sich das Verwaltungsgericht bei seiner These, ein schutzwürdiges Privatleben könne auch bei einem rechtswidrigen Aufenthalt vorliegen, auf das erstinstanzliche Urteil des EGMR vom 16.06.2005 im Verfahren Nr. Nr. 60654/00 (Sisojeva ./. Lettland) stütze, sei dies zudem verfehlt. Weder eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung noch eine Aufenthaltsgestattung könnten die Basis für ein schutzwürdiges Privatleben im Sinne des Art. 8 EMRK bilden. Eine Duldung erschöpfe sich in dem vorübergehenden Verzicht auf die Vollstreckung der vollziehbaren Ausreisepflicht. Für einen ordnungsgemäßen Aufenthalt sei gemäß § 4 Abs. 1 AufenthG ein Aufenthaltstitel erforderlich. Von dem vorübergehenden Verzicht auf die Vollstreckung der vollziehbaren Ausreisepflicht und der strafrechtlichen Sanktionierung gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG könne nicht auf eine Legalisierung des Aufenthalts geschlossen werden. Für geduldete Ausländer fehle es wegen der Rechtswidrigkeit des Aufenthalts an einer Basis für soziale Bindungen, deren Schutz die Vertragsstaaten gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleisten müssten. Die Kinder müssten aufenthaltsrechtlich das Schicksal ihrer Eltern teilen. Soweit das Verwaltungsgericht auf die Intention des Gesetzgebers abstelle, „Kettenduldungen“ nicht mehr vorzusehen, und eine großzügige Auslegung des § 25 Abs. 5 AufenthG befürworte, sei dies verfehlt. Die Evaluierung des Zuwanderungsgesetzes durch das Bundesinnenministerium habe ergeben, dass die Mehrzahl der vollziehbar ausreisepflichtigen Personen die Ausreisehindernisse zu vertreten habe. Dies erkläre, warum in der Mehrzahl der Fälle die „Kettenduldungen“ nicht durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels abgelöst werden könnten. Eine großzügige Handhabung des § 25 Abs. 5 AufenthG würde die Intention des Gesetzgebers einer konsequenten Ausländerpolitik, die einerseits der Integration der rechtmäßig in Deutschland lebenden Ausländer und andererseits der Bekämpfung der illegalen Zuwanderung verpflichtet sei und deren zentrales Element die Durchsetzung bestehender Ausreiseverpflichtungen sei, konterkarieren. Eine solche Auslegung des § 25 Abs. 5 AufenthG könne auch nicht auf die Gesetzesbegründung gestützt werden, da sich die Systematik des Aufenthaltsgesetzes insoweit im Verlauf des Vermittlungsverfahrens zum Zuwanderungsgesetz durch die Einfügung der Duldung geändert habe. Eine großzügige Handhabung des § 25 Abs. 5 AufenthG wiese der Vorschrift die Funktion einer allgemeinen Bleiberechtsregelung zu. Ein wesentlicher Bestandteil des politischen Kompromisses zum Zuwanderungsgesetz sei jedoch der Verzicht auf eine solche allgemeine Bleiberechtsregelung gewesen.
15 
Die Kläger beantragen,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung.
18 
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung die Kläger zu 1 bis 4, die Psychologin Frau A. (PBV), die die Kläger betreuende Sozialarbeiterin Frau O.-Y. sowie den derzeitigen Arbeitgeber des Klägers zu 1 Herrn S. K. angehört. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
19 
Wegen des weitergehenden Vortrags und Sachverhalts wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der Akten sowie die in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel zum Irak verwiesen. Dem Senat liegen die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart, die Ausländerakten über die Kläger (zehn Bände der Beklagten, zwei Bände des Regierungspräsidiums Stuttgart) und die die Kläger betreffenden gerichtlichen Asylverfahrensakten (drei Bände) vor.

Entscheidungsgründe

 
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Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht den von den Klägern jeweils geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG bejaht. Die zulässigen Verpflichtungsklagen sind begründet; die Bescheide der Beklagten vom 18.12.2008 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 08.05.2009 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger daher in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
21 
Die Klägerin zu 3 hat in dem für die Sach- und Rechtslage maßgebenden Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aus dem Recht auf Achtung ihres Privatlebens nach Art. 8 EMRK einen Anspruch auf Legalisierung ihres Aufenthalts gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG (I.). Der sachliche und personelle Anwendungsbereich des Art. 8 EMRK ist eröffnet. Auch ein Ausländer, der seit seiner Einreise in das Bundesgebiet nur über einen geduldeten Aufenthalt nach § 60a Abs. 2 AufenthG verfügt, kann sich auf das Recht auf Achtung seines Privatlebens berufen. Der prekären aufenthaltsrechtlichen Situation ist im Rahmen der Prüfung des Art. 8 Abs. 2 EMRK nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Rechnung zu tragen (1.). Der Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens besteht darin, dass durch die Vorenthaltung eines verlässlichen Aufenthaltsstatus das Privatleben der Klägerin zu 3 unverhältnismäßig beeinträchtigt wird (2.). Sie ist in besonderem Maße im Bundesgebiet integriert (3.). Auch unter Berücksichtigung ihres prekären Aufenthaltsstatus kann ihr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eine Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht zugemutet werden (4.). Dem Anspruch der Klägerin zu 3 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis stehen die Regelerteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Nrn. 1 und 4 AufenthG nicht entgegen (5.). Auch der Kläger zu 4 hat aus dem Recht auf Achtung seines Privatlebens nach Art. 8 EMRK einen Anspruch auf Legalisierung seines Aufenthalts gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG (II.). Den Klägern zu 1, 2 und 5 steht ein Anspruch auf Erteilung eines Titels nach § 25 Abs. 5 AufenthG im Hinblick auf die jeweils mit den Klägern zu 3 bzw. 4 gelebte familiäre Lebensgemeinschaft zu (III.).
I.)
22 
Der Klägerin zu 3 ist nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.
23 
Nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall des Ausreisehindernisses nicht in absehbarer Zeit zu rechnen ist. Nach Satz 2 soll die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist.
24 
Die Klägerin zu 3 ist aufgrund der im Asylverfahren ergangenen Abschiebungsandrohung gemäß Bescheid des Bundesamts vom 29.10.1999 vollziehbar ausreisepflichtig. Sie wird seit 31.01.2002 bis heute ununterbrochen („ketten“-)geduldet und damit um ein Vielfaches länger als der in § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG definierte Zeitraum. Die - freiwillige - Ausreise der Klägerin zu 3 ist aus rechtlichen Gründen unmöglich, weil einer solchen das Recht auf Achtung des Privatlebens aus Art. 8 EMRK entgegensteht. Der Begriff der Ausreise umfasst die zwangsweise Abschiebung und die freiwillige Ausreise (BVerwG, Urteile vom 10.11.2009 - 1 C 19.08 - juris Rn. 12 und vom 27.6.2006 - 1 C 14.05 - juris Rn. 15). Da die Ausreise eine unvertretbare Handlung darstellt, ist die Unmöglichkeit im Hinblick auf den betroffenen Ausländer zu prüfen. Eine rechtliche Unmöglichkeit liegt vor, wenn es diesem Ausländer aus Rechtsgründen nicht zuzumuten ist, Deutschland zu verlassen. Allgemeine Widrigkeiten oder Überlegungen humanitärer Art, die keine Abschiebungshindernisse zur Folge haben, bleiben dabei unberücksichtigt. Somit ist die Ausreise unzumutbar und damit unmöglich, wenn rechtliche zielstaats- und/oder inlandsbezogene Abschiebungshindernisse bestehen (BVerwG, Urteil vom 27.6.2006 - 1 C 14.05 - juris Rn. 17). Zu den inlandsbezogenen Abschiebungsverboten zählen auch die Verbote, die aus Verfassungsrecht (z.B. Art. 6 GG) oder aus Völkervertragsrecht (etwa Art. 8 EMRK) in Bezug auf das Inland herzuleiten sind (BVerwG, Urteil vom 27.6.2006, a.a.O.).
25 
1.) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Klägerin zu 3 die Berufung auf § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK nicht deshalb verwehrt, weil die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG nicht erfüllt worden sind. Die Klägerin zu 3 und ihre Familie haben sich zum Stichtag am 01.07.2007 nicht - wie von § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG für Familien mit minderjährigen Kindern gefordert - seit mindestens sechs Jahren im Bundesgebiet aufgehalten. Sie sind zwar erstmals im Juli 1999 in das Bundesgebiet eingereist. Allerdings kann auf diesen Zeitpunkt nicht abgestellt werden, weil die Familie den Angaben im Asylfolgeverfahren zufolge nach Erlass des ablehnenden Bescheids des Bundesamts vom 29.10.1999 zunächst in der Türkei gegangen ist, um dort zu leben (siehe im Einzelnen den Schriftsatz ihres damaligen Prozessbevollmächtigten vom 28.03.2002 im Verfahren A 2 K 10431/02). In einem solchen Fall liegt keine unschädliche Unterbrechung der Aufenthaltszeiten vor (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.12.2009 - 13 S 2092/09 - juris Rn. 22 ff.; GK-AufenthG, § 104a Rn. 12 ff.). Erst mit ihrer Rücküberstellung aus Schweden am 23.01.2002 - dorthin war die Familie nach ihrer Abschiebung in den Irak durch die türkischen Behörden zum Zwecke der Asylantragstellung gereist - hat daher der für § 104a AufenthG relevante Aufenthaltszeitraum zu laufen begonnen. Aus der Existenz von Bleiberechts- und Altfallregelungen ergibt sich jedoch keine Sperrwirkung für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK (so aber Fritzsch, Die Grenzen des völkerrechtlichen Schutzes sozialer Bindungen von Ausländern nach Art. 8 EMRK, ZAR 2010, 14; Kluth/Hund/Maaßen, Zuwanderungsrecht, 2008, § 4 Rn. 661, 664). Systematisch stehen die Altfallregelungen der §§ 104a und 104b AufenthG neben § 25 Abs. 5 AufenthG (näher Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl. 2011, § 25 Rn. 78; Eckertz-Höfer, Neuere Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung zum Schutz des Privatlebens, ZAR 2008, 41, 42). Die in den Altfallregelungen normierten generalisierten Fallkonstellationen, die rechtspolitisch begründet und nicht etwa verfassungs- bzw. völkerrechtlichen Bindungen des Gesetzgebers geschuldet sind, berühren die hiervon losgelöste Einzelfallbetrachtungen auf der Grundlage der Menschenrechtskonvention nicht (vgl. auch VGH Bad-Württ., Urteil vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - juris Rn. 19 und Beschluss vom 03.11.2008 - 11 S 2235/08 - juris Rn. 12).
26 
a.) Mit Blick auf den Aufenthalt umfasst das Recht auf Achtung des Privatlebens die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt. Ein Eingriff in die Rechte aus Art. 8 Abs. 1 EMRK muss gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK eine in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Maßnahme darstellen, die durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und mit Blick auf das verfolgte legitime Ziel auch im engeren Sinne verhältnismäßig ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 - InfAuslR 2007, 275, 277 m.w.N.). Allerdings darf die Vorschrift nicht so ausgelegt werden, als verbiete sie allgemein eine gegebenenfalls auch zwangsweise Aufenthaltsbeendigung bei Ausländern bereits deswegen, weil diese sich eine bestimmte Zeit im Aufnahmeland aufgehalten haben. Nach der ständigen Spruchpraxis des EGMR lässt sich aus Art. 8 Abs. 1 EMRK grundsätzlich kein irgendwie geartetes Recht dahingehend ableiten, ein Ausländer dürfe sich einen Aufenthaltsort in einem Konventionsstaat frei wählen. Vielmehr ist den Konventionsstaaten grundsätzlich ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt, ob und unter welchen Voraussetzungen sie Einwanderung in ihr Hoheitsgebiet zulassen wollen. Unter anderem in seinen Entscheidungen vom 16.09.2004 (11103/03 - - NVwZ 2005, 1046), vom 07.10.2004 (33743/03 - - NVwZ 2005, 1043) und vom 18.10.2006 (46410/99 - <Üner> - NVwZ 2007, 1279) hat der EGMR ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen bzw. abgeschoben zu werden. Die Vertragsstaaten haben vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Aufenthaltsbeendigung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden (siehe hierzu auch BVerwG, Urteile vom 09.12.1997 - 1 C 19.96 - NVwZ 1998, 742 und vom 29.09.1998 - 1 C 8.98 - NVwZ 1999, 303; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 - ZAR 2006, 142 und Beschluss vom 10.05.2006 - 11 2345/05 - juris; HessVGH, Urteil vom 07.07.2006 - 7 UE 509/06 - juris und Beschluss vom 15.02.2006 - 7 TG 106/06 - InfAuslR 2006, 217; NdsOVG, Beschlüsse vom 11.05.2006 - 12 ME 138/06 - InfAuslR 2006, 329 und vom 01.09.2006 - 8 LA 101/06 - juris; OVG NRW, Beschluss vom 11.01.2006 - 18 B 44/06 -AuAS 2006, 144).
27 
Dessen ungeachtet kann nach der Rechtsprechung des EGMR unter anderem in den Sachen „Silvenko“ (Urteil vom 09.10.2003 - 48321/99 - EuGRZ 2006, 560), „Sisojeva I und II“ (Urteil vom 16.06.2005 - 60654/00 - EuGRZ 2006, 554 und Entscheidung vom 15.01.2007 - InfAuslR 2007, 140), „Rodrigues da Silva und Hoogkammer“ (Urteil vom 31.01.2006 - 50435/99 - EuGRZ 2006, 562) sowie „Mendizabal“ (Urteil vom 17.01.2006 - 51431/99 - InfAuslR 2006, 297) ausnahmsweise auch die Aufenthaltsbeendigung bzw. die Verweigerung der Legalisierung des Aufenthalts einen - rechtfertigungsbedürftigen - Eingriff in das Privatleben darstellen, wenn der Ausländer über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat verfügt. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung mit der Bundesrepublik Deutschland als Aufenthaltsstaat kommt danach für solche Ausländer in Betracht, die auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse bei gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland so eng mit der Bundesrepublik verbunden sind, dass sie gewissermaßen deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind, während sie mit ihrem Heimatland im Wesentlichen nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.09.1998 - 1 C 8.96 - NVwZ 1999, 303; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 - ZAR 2006, 142 und Beschlüsse vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - VBlBW 2009, 357 und vom 08.03.2010 - 11 S 48/10 -).
28 
Für diese den Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens eröffnende Verbundenheit ist das Bestehen wirtschaftlicher Bindungen zwar regelmäßig typisch, aber nicht unerlässlich. Bei Kindern, die - wie die Klägerin zu 3 - der allgemeinen Schulpflicht unterliegen, nicht erwerbstätig sein dürfen und daher in wirtschaftlicher Hinsicht grundsätzlich noch keine eigenen Bindungen an die Bundesrepublik aufgebaut haben, wäre andernfalls eine Berufung auf das Recht auf Privatleben von vornherein ausgeschlossen, was der Konzeption des Art. 8 EMRK als Menschenrecht widerspräche. Wären wirtschaftliche Bindungen dem Recht auf Achtung des Privatlebens immanente Tatbestandsvoraussetzungen, so wären gerade Kinder, die diese nicht eigenständig begründen können, insoweit vom Schutz der Konvention ausgeschlossen. Dass der eigenständige Aufbau einer wirtschaftlichen Existenzgrundlage für ein schützenswertes Privatleben nicht zwingend konstitutiv sein muss, lässt sich auch aus einem Vergleich mit Art. 16 des Übereinkommens über die Rechte der Kinder (Gesetz vom 17.02.1992, BGBl II S. 121) ersehen, in dem die Vertragsstaaten ausdrücklich vereinbart haben, den Schutz des Privatlebens eines Kindes prinzipiell anzuerkennen. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Gedanke der „starken persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bindungen“ vor allem auch dazu dient, solche Konstellationen aus dem Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK „herauszufiltern“, bei denen es nicht gerechtfertigt ist, im Rahmen der Schranken des Absatzes 2 überhaupt in eine umfassende Interessens- und Verhältnismäßigkeitsprüfung einzutreten. Jedenfalls dann, wenn aber - quantitativ betrachtet - ein längerer Aufenthalt vorliegt und - unter einem qualitativen Aspekt - besondere Integrationsleistungen erbracht wurden, ist der Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens eröffnet (GK-AufenthG, § 60a Rn. 174 f.). Auch der EGMR geht etwa im Urteil vom 18.10.2006 in der Rechtssache „Üner“ (46410/99 - NVwZ 2007, 1279) von einem denkbar weiten Schutzbereich aus und erachtet als Bestandteil des Privatlebens im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK „die Gesamtheit der sozialen Beziehungen“. Dies entspricht der europäischen Tradition des „in dubio pro libertate“.
29 
Gemessen hieran verfügt die Klägerin zu 3 über Bindungen zum Bundesgebiet, die dem Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens unterfallen. Die am 26.04.1997 geborene Klägerin zu 3 hält sich seit über acht Jahren ununterbrochen hier auf und besucht mittlerweile die 7. Klasse der Hauptschule. Ihre Fähigkeiten in der deutschen Sprache entsprechen, wie sich der Senat in der mündlichen Verhandlung überzeugen konnte, denjenigen von Kindern deutscher Herkunft, die ihr in Alter und Bildungsstand vergleichbar sind. Sie verfügt über einen - auch deutsche Freunde umfassenden -Freundeskreis und ist im Vereinsleben (als Mannschaftsfußballspielerin) und auch im sonstigen gesellschaftlichen Leben (unter anderem in einem Theaterprojekt) aktiv.
30 
Selbst wenn man im Übrigen der Auffassung wäre, dass unter aufenthaltsrechtlichen Aspekten auch wirtschaftliche Bindungen für die Eröffnung des Schutzbereichs des Rechts auf Achtung des Privatlebens unerlässlich wären und bei Minderjährigen deshalb insoweit auf ihre Sorgeberechtigten abzustellen wäre, würde dies im vorliegenden Fall zu keinem anderen Ergebnis führen. Denn beide Elternteile verfügen über hinreichend qualifizierte wirtschaftliche Kontakte. Die Klägerin zu 2 arbeitet seit 23.11.2009 bei der Metzgerei Z. als geringfügig Beschäftigte. Der Kläger zu 1 ist seit 2005 überwiegend - wenn auch in unterschiedlichem Umfang und den Lebensunterhalt nicht allein deckend - erwerbstätig.
31 
b.) Der Eröffnung des Schutzbereichs des Rechts auf Achtung des Privatlebens steht ferner nicht entgegen, dass die Klägerin zu 3 während ihres gesamten bisherigen Aufenthaltes im Bundesgebiet keinen Aufenthaltstitel besessen hat.
32 
aa.) Es ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob sich Ausländer, deren Aufenthalt stets lediglich geduldet worden ist, auf den Schutz der Achtung des Privatlebens berufen können (dies bejahend: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.07.2009 - 11 S 1622/07 - juris Rn. 80 und Beschlüsse vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - juris Rn. 17, vom 03.11.2008 - 11 S 2235/08 - InfAuslR 2009, 72 und vom 25.10.2007 - 11 S 2019/07 - InfAuslR 2008, 29; BremOVG, Beschluss vom 22.11.2010 - 1 A 383/09 - juris Rn. 14 ff.; VG Frankfurt, Urteil vom 15.12.2009 - 7 K 1621/08.F - InfAuslR 2010, 302; VG Stuttgart, Urteil vom 26.10.2006 - 4 K 1753/06 - juris Rn. 28 f.; GK-AufenthG, § 25 Rn. 150; HK-AuslR, § 25 Rn. 56; Eckertz-Höfer, Neuere Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung zum Schutz des Privatlebens, ZAR 2008, 41, 44 f.; Bergmann, Aufenthaltsrecht aufgrund von Verwurzelung, ZAR 2007, 128 ff.; Thym, Menschenrecht auf Legalisierung des Aufenthalts?, EuGRZ 2006, 541, 546 ff.; ders., Humanitäres Bleiberecht zum Schutz des Privatlebens?, InfAuslR 2007, 133, 138; Benassi, Die Bedeutung der humanitären Aufenthaltsrechte des § 25 Abs. 4 und 5 AufenthG im Lichte des Art 8 EMRK, InfAuslR 2006, 397, 401 ff.; Hoppe, Verwurzelung von Ausländern ohne Aufenthaltstitel - Wann kann Art. 8 Abs. 1 EMRK zu einem Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG verhelfen?, ZAR 2006, 125, 128 f.; Marx, Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG wegen Verwurzelung, ZAR 2006, 261, 266; Sander, Der Schutz des Aufenthalts durch Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, 2008, S. 346; Mayer, Systemwechsel im Ausweisungsrecht - der Schutz „faktischer Inländer“ mit und ohne familiäre Bindungen nach dem Grundgesetz und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), VerwArch 2010, 482, 523) oder ob ein Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK, das den Schutzbereich der Vorschrift eröffnet, nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht kommt (in diesem Sinne: NdsOVG, Beschlüsse vom 12.08.2010 - 8 PA 182/10 - juris Rn. 5, vom 14.05.2009 - 8 LB 158/06 - juris Rn. 24, vom 17.07.2008 - 8 ME 42/08 - juris Rn. 2 und vom 01.09.2006 - 8 LA 101/06 - juris; HessVGH, Urteil vom 07.07.2006 - 7 UE 509/06 - ZAR 2006, 413; Hailbronner, Ausländerrecht, § 25 Rn. 131; Storr/Wenger/Eberle/Albrecht/Harms, Zuwanderungsrecht, 2. Aufl. 2008, § 25 Rn. 31; Fritzsch, Der Schutz sozialer Bindungen von Ausländern, 2009, S. 102 ff., 149 ff. 188 f.; ders., Die Grenzen des völkerrechtlichen Schutzes sozialer Bindungen von Ausländern nach Art. 8 EMRK, ZAR 2010, 14, 16 ff.; Bundesministerium des Innern, Bericht zur Evaluierung des Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung des Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz), Juli 2006, Nr. 2.3.10.1.6, S. 80; dies offenbar grundsätzlich annehmend auch BVerwG, Urteile vom 26.10.2010 - 1 C 18.09 - juris Rn. 14 und vom 30.04.2009 - 1 C 3.08 - NVwZ 2009, 1239 Rn. 20).
33 
Soweit sich das Verwaltungsgericht zur Begründung seiner Auffassung, der Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 EMRK sei auch bei nur Geduldeten eröffnet, auf das Urteil des EGMR vom 16.06.2005 (60654/00 - - InfAuslR 2005, 349) berufen hat, wonach dieser explizit keine willentliche Legalisierung verlange (so etwa auch Benassi, InfAuslR 2006, 397, 403), ergibt sich das in dieser Allgemeinheit aus der Entscheidung nicht. Denn die dortigen Beschwerdeführer hatten jahrelang rechtmäßig in der früheren Sowjetunion (im Gebiet des heutigen Lettland) und auch danach noch in Lettland selbst gelebt und ihnen war erst später zum Teil als staatenlos gewordene russische Volkszugehörige ein Aufenthaltsrecht bestritten worden, nachdem sie nach 1989 sogar noch zeitlich befristete Aufenthaltstitel erhalten hatten (vgl. näher Thym, EuGRZ 2006, 541, 545 ff.). Die Entscheidung ist Teil der einzelfallbezogenen Rechtsprechung des EGMR, in der dieser bislang nicht ausdrücklich entschieden hat, ob ein - jedenfalls zeitweiliger - rechtmäßiger Aufenthalt Voraussetzung für die Begründung schutzwürdiger sozialer Bindungen ist (vgl. aus der Rechtsprechung des EGMR etwa Urteile vom 06.02.2001 - 44599/98 -, NVwZ 2002, 453, 455, vom 16.09.2004 - 11103/03 - , a.a.O., vom 07.10.2004 - 3374/03 , a.a.O. und vom 08.04.2008 - 21878/06 - ). Zwar hat der EGMR im Urteil vom 30.01.2006 (50435/99 - - a.a.O.) ausgeführt, „dass Personen, die, ohne den geltenden Gesetzen zu entsprechen, die Behörden eines Vertragsstaates mit ihrer Anwesenheit in diesem Staat konfrontieren, im Allgemeinen nicht erwarten können, dass ihnen ein Aufenthaltsrecht zugesprochen wird.“ Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, der Schutzbereich im Falle einer nicht erfolgten ausdrücklichen Legalisierung wäre von vornherein verschlossen. Das Recht der Vertragsstaaten auf Kontrolle ihrer Zuwanderung gebietet keine solche Auslegung. Ihr Recht, über die Zuwanderung von Ausländern eigenständig zu bestimmen, wird allein dadurch, dass einem Ausländer die Berufung auf den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK ermöglicht wird, nicht tangiert. Dies kann vielmehr erst Ergebnis der im Rahmen des Art. 8 Abs. 2 EMRK durchzuführenden Prüfung sein, bei der auch die Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern als legitime Ziele eines Eingriffs einzustellen sind. Der Grundsatz, dass die Mitgliedstaaten selbst über Einreise- und Aufenthaltsrechte disponieren können, hat keinen Absolutheitsanspruch. Auch aus der Freizügigkeitsregelung in Art. 2 des 4. Zusatzprotokolls zur Menschrechtskonvention folgt nicht, dass die Begründung eines schutzwürdigen Privatlebens nur bei einem rechtmäßigen Aufenthalt im Vertragsstaat in Betracht kommt (so aber Fritzsch, ZAR 2010, 14, 19). Nach dessen Art. 2 Abs. 1 hat jede Person, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Staates aufhält, das Recht, sich dort frei zu bewegen und ihren Wohnsitz frei zu wählen. Dieses Zusatzprotokoll dient ausdrücklich dazu, „gewisse Rechte und Freiheiten zu gewährleisten, die nicht bereits in der Konvention oder im ersten Zusatzprotokoll enthalten sind“. Soweit für die Gewährung von Freizügigkeit auf die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts abgestellt wird, erfolgt dies mit Blick auf diese besondere Gewährleistung, dient aber nach der Intention des Zusatzprotokolls keinesfalls dazu, den Schutzbereich des bereits durch die Konvention selbst gewährten Rechts auf Achtung des Privatlebens einschränkend zu bestimmen. Eine Unterscheidung in unterschiedlich werthaltige Privatleben ist Art. 8 EMRK nicht immanent (Hoppe, ZAR 2006, 125, 127). Darüber hinaus ist ein Verständnis dahingehend, dass ein Privatleben, das den Schutzbereich der Vorschrift eröffnet und eine „Verwurzelung“ begründet, nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht kommt, angesichts der Schranke des Art. 8 Abs. 2 EMRK weder erforderlich noch sinnvoll. Abgesehen davon, dass diese Begrenzung des Schutzbereiches durch die Aufnahme des „Vertrauensmerkmals“ wenig konturenscharf ist, steht ein zu eng gefasster Schutzbereich einem einzelfallbezogenen gerechten Interessenausgleich oftmals entgegen und ist zudem geeignet, die Wirksamkeit des konventionsrechtlichen Schutzes zu schmälern (GK-AufenthG, § 60a Rn. 173 f. m.w.N.). Gerade bei Personen, die aus Krisengebieten kommen und bei denen über Jahre hinweg die Abschiebung ausgesetzt worden ist, verbaut eine vorschnelle Ausgrenzung aus dem Schutzbereich die Möglichkeit, den Fallkonstellationen angemessen Rechnung tragen zu können, in denen die Ausländerbehörde in der Vergangenheit über Jahre hinweg nur „Kettenduldungen“ erteilt hatte, obwohl im Grunde realistischer Weise keine Abschiebungs- und Ausreisemöglichkeit bestanden hatte. Solchen Personen, die im Hinblick auf die Verhältnisse in ihrem Heimatland geduldet werden, wird mit der Aussetzung der Abschiebung faktisch eine „Hand zum Verbleib“ gereicht; der Staat zwingt den Ausländer gerade nicht dazu, das Land seines jetzigen Aufenthalts zu verlassen (Hoppe, ZAR 2006, 125, 127). Dies zeigt sich insbesondere im vorliegenden Fall, in dem - mit Blick auf die seit 2003 herrschende Situation im Irak - zu keinem Zeitpunkt auf die Beendigung des Aufenthaltes der Klägerin zu 3 und ihrer Familie hingewirkt worden ist. Vielmehr ist ihren Eltern im Januar 2008 die Beschäftigung sogar uneingeschränkt erlaubt worden, was den weiteren Aufbau wirtschaftlicher Bindungen begünstigt. Ein weiter Schutzbereich mit einer Verlagerung der Aufenthaltsstatusfragen in die Schrankenprüfung erlaubt daher eher dem Einzelfall adäquate Lösungen als eine zu enge Definition des Schutzbereichs. Mögliche Missbrauchsfälle sind kein generelles Argument hiergegen. Zwar ist nach dem Bericht des Bundesinnenministeriums zur Evaluierung des Zuwanderungsgesetzes „die lange Aufenthaltsdauer in der Mehrzahl der Fälle der langjährig Geduldeten auf Verfahrensverschleppungen, missbräuchliche Antragstellungen und fehlende Mitwirkungsbereitschaft zurückzuführen“ (a.a.O. Nr. 2.3.10.3, S. 84). Solche Fälle können jedoch stets im Rahmen der Prüfung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK „ausgesondert“ werden. Eine weite Fassung des Rechts auf Achtung des Privatlebens entspricht im Übrigen auch der Grundrechtsdogmatik des Bundesverfassungsgerichts bei Art. 2 Abs. 1 GG, das insoweit ebenfalls von einem weiten Schutzbereich ausgeht (siehe etwa BVerfG, Beschluss vom 10.08.2007 - 2 BvR 535/06 - juris).
34 
bb.) Erst recht ist im Übrigen die Eröffnung des Schutzbereichs bei Geduldeten anzunehmen, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Rechtsordnung in der Vergangenheit einen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vorgesehen hat, der im Einzelfall auch zu realisieren gewesen wäre. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die seinerzeit ausländerrechtlich nicht anwaltlich vertretenen Eltern der Klägerin zu 3 - in Unkenntnis der Rechtslage - keinen entsprechenden Antrag bei der Ausländerbehörde gestellt hatten. Auch ein in der Vergangenheit nach dem Ausländerrecht bestehender, durch die Behörde aber nicht erfüllter Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, stellt eine „Handreichung des Staates“ dar.
35 
Die Kläger zu 1 bis 4 waren aufgrund der Abschiebungsandrohung mit Bescheid des Bundesamtes vom 29.10.1999 seit dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens durch Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24.01.2001 vollziehbar ausreisepflichtig und ab 31.01.2002 geduldet. Nach § 30 Abs. 3 AuslG 1990 konnte einem Ausländer, der unanfechtbar ausreisepflichtig war, eine Aufenthaltsbefugnis abweichend von § 8 Abs. 1 AuslG erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 AuslG für eine Duldung vorlagen, weil seiner freiwilligen Ausreise Hindernisse entgegenstanden, die er nicht zu vertreten hatte. Die Regelung ermöglichte die Legalisierung eines schon länger geduldeten Aufenthalts, wobei als Ermessenkriterien die Schwere der zu erwartenden Beeinträchtigungen im Fall der Ausreise, die Dauer der Abschiebungshindernisse und die Art der Duldungsgründe herangezogen werden konnten (Kanein/Renner, Ausländerrecht, 6. Aufl. 1993, § 30 Rn. 9). Nach § 34 AuslG konnte die Aufenthaltsbefugnis für jeweils längstens zwei Jahre erteilt und verlängert werden, wobei die jeweilige Frist nach der Art der Erteilungsgründe und der Möglichkeit ihres Fortfalls zu bemessen war (Kanein/Renner, a.a.O., § 34 Rn. 2).
36 
Weshalb die Klägerin zu 3 und ihre Familie nach der Entscheidung des Bundesamts über ihren Folgeantrag mit Bescheid vom 05.02.2002 danach im Jahre 2002 und Anfang 2003 geduldet wurden, obwohl ordnungsgemäß ausgefüllte Anträge auf Ausstellung eines Passersatzes vorlagen, erschließt sich anhand der Akten nicht. Auch die Beklagte und das beigeladene Land haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hierfür keinen nachvollziehbaren Grund benennen können. In der Folgezeit waren die am 20.03.2003 im Irak begonnene Militäraktion und die danach nicht bestehenden Rückführungsmöglichkeiten ursächlich für die Aussetzung der Abschiebung (vgl. auch Schreiben des Innenministeriums vom 27.11.2003 und vom 29.07.2004 - jew. Az.:4-13-IPK/12). Nachdem im Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 07.08.2003 die Rückkehrmöglichkeiten aus dem Ausland in den Irak aufgrund der von den Nachbarländern geschlossenen Grenzen verneint worden waren, wurden im Lagebericht vom 06.11.2003 die Möglichkeiten dargestellt, wie auf dem Landweg und mit welchen Dokumenten eine Einreise in den Irak erfolgen konnte (siehe im Einzelnen S. 15 f.). Eine Rückkehr über Kuwait, Iran, Türkei oder Saudi-Arabien war für aus westlichen Ländern kommende Iraker aufgrund der ganz oder jedenfalls für diesen Personenkreis immer wieder geschlossenen Grenzen praktisch nicht realisierbar. Grundsätzlich kam aber eine Einreise über Jordanien oder Syrien in den Irak in Betracht. Aus Deutschland kehrten Iraker mit Hilfe der Internationalen Organisation für Migration über Jordanien zurück (Taxi Amman - Bagdad). Auf dieser Route waren grundsätzlich irakische Pässe erforderlich. Ferner bestand die Möglichkeit, ab Damaskus mit Kleinbussen nach Bagdad zu fahren; syrische Grenzbehörden akzeptierten neben den irakischen Reisepässen auch Ersatzdokumente. In den folgenden Lageberichten des Auswärtigen Amtes (vom 07.05.2004, 02.11.2004 und 24.11.2005) wurden insoweit keine grundsätzlichen Änderungen berichtet. Zwar hätten die Klägerin zu 3 und ihre Familie danach theoretisch den Irak auf dem Landweg erreichen können, wobei die Kläger allerdings erst in ihrer Herkunftsregion Kirkuk eine notwendige Unterstützung durch dort noch lebende Verwandte hätten erlangen können. Eine freiwillige Ausreise war ihnen in Anbetracht der schon mit der Reise über den Landweg unmittelbar verbundenen Gefahren - so war etwa auf Straßenverbindungen wie beispielsweise der Straße von Bagdad nach Amman, der wichtigsten Verbindung Bagdads mit dem Ausland, ständig mit bewaffneten Überfällen zu rechnen, bei denen auch Menschen zu Tode kamen (näher Lageberichte vom 07.05.2004, S. 8 ff. und vom 02.11.2004, S. 12 ff.) - aber auch mit Blick auf die katastrophale Versorgungssituation, die sie im damaligen Irak vorgefunden hätten, nicht zumutbar gewesen. Die Klägerin zu 2 war schwanger mit der am 04.06.2004 geborenen Klägerin zu 5 und der Kläger zu 4 gerade erst fünf Jahre alt. Eine Schwangere sowie kleine Kindern sind jedoch in besonderem Maße auf die ihren Bedürfnissen entsprechende Versorgung mit sauberem Wasser und Lebensmitteln, aber auch auf die Verfügbarkeit medizinischer Hilfe angewiesen. Der Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 30.04.2003 beschrieb die medizinische Versorgung, die Versorgung mit Nahrungsmitteln sowie Strom und Wasser als angespannt und kritisch (siehe im Einzelnen S. 2 f.). Die Lageberichte vom 07.08.2003 und 06.11.2003 zeichneten kein grundlegend anderes Bild. Im letztgenannten Lagebericht hieß es, dass sich die Stromversorgung nach der Besetzung des Landes drastisch verschlechtert habe, die Wasserversorgung von der schlechten Stromversorgung in Mitleidenschaft gezogen worden und weiterhin kritisch sei, die medizinische Versorgung angespannt bleibe, da viele Krankenhäuser - sofern sie überhaupt in Betrieb seien - unter schlechten hygienischen Bedingungen und mangelnder Energieversorgung litten und für die Versorgung der Bevölkerung Nahrungsmittel verteilt werden müssten. Diese Einschätzung wurde auch in den folgenden Lageberichten vom 07.05.2004 (vgl. dort S. 10 ff.), 02.11.2004 (S. 15 f., 19) und 24.11.2005 (S. 27 f.) im Wesentlichen aufrechterhalten.
37 
Selbst unter Berücksichtigung dessen, dass der Ausländerbehörde aufgrund der Veränderbarkeit persönlicher Verhältnisse und der Zustände im Herkunftsland zeitlich ein Spielraum zugebilligt werden musste, bevor die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 3 AuslG in Betracht kam, wäre eine solche unter Reduzierung des eingeräumten Ermessens auf Null jedenfalls spätestens im Laufe des Jahres 2004 zu erteilen gewesen. Dem stand nicht entgegen, dass nach dem Schreiben des Innenministeriums an die nachgeordneten Ausländerbehörden zur Rückführung irakischer Staatsangehöriger vom 27.11.2003 im Hinblick auf die grundsätzliche Möglichkeit und Zumutbarkeit einer freiwilligen Rückkehr in den Irak die Erteilung und Verlängerung von Aufenthaltsbefugnissen nach § 30 Abs. 3 und 4 AuslG „in der Regel nicht mehr in Betracht kommt“ und nach den Angaben eines Vertreters des beigeladenen Landes in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ihm landesweit kein Fall bekannt sei, in dem eine Familie, die sich in einer dem vorliegenden Fall vergleichbaren Situation befand, Aufenthaltsbefugnisse erhalten hätte. Denn ein Anspruch der Klägerin zu 3 und ihrer Familie auf - zeitweilige - Legalisierung ihres Aufenthalts hätte sich - auch als Ausnahmefall von der grundsätzlichen Zumutbarkeit im Sinne des Erlasses des Innenministeriums - unmittelbar aus § 30 Abs. 3 AuslG ergeben.
38 
Die Realisierbarkeit dieses Anspruchs wäre auch nicht aufgrund von § 11 Abs. 1 AuslG 1990 zu verneinen gewesen. Danach konnte einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hatte, vor dem bestandskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine Aufenthaltsgenehmigung außer in den Fällen eines gesetzlichen Anspruchs nur mit Zustimmung der obersten Landesbehörde und nur dann erteilt werden, wenn wichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland es forderten. Die Vorschrift war zwar auf das von den Eltern der Klägerin zu 3 im Januar 2002 in Gang gesetzte Asylfolgeverfahren anwendbar (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.04.1996 - 11 S 156/96 - InfAuslR 1996, 303, 304), das bestandskräftig erst mit dem Beschluss des erkennenden Gerichtshofs vom 30.08.2006 abgeschlossen wurde. Allerdings hätten - nach entsprechendem Hinweis der Ausländerbehörde - die seinerzeit ausländerrechtlich nicht anwaltlich vertretenen Eltern der Klägerin zu 3 den Asylfolgeantrag zurücknehmen und damit die „Sperrwirkung“ des § 11 Abs. 1 AuslG beseitigen können.
39 
cc.) Selbst wenn man im Übrigen der Auffassung wäre, ein Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK, das den Schutzbereich der Vorschrift eröffnet und eine Verwurzelung im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte begründet, komme grundsätzlich nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht, gebietet der vorliegende Fall eine Ausnahme von diesem Grundsatz. Die Klägerin zu 3 verfügt mit Blick auf die Situation im Irak seit vielen Jahren über jeweils auf drei Monate befristete Duldungen, die nahtlos ineinander übergehen. Diese „Kettenduldungen“ haben ihre Ursache nicht in einer mangelnden Mitwirkung an der Aufenthaltsbeendigung oder in einem sonstigen rechtsmissbräuchlichen Verhalten, waren doch Passanträge ausgefüllt worden. Ihnen liegt vielmehr zugrunde, dass der Staat es der Ausländerin gerade nicht zumutet, in ihr Heimatland zurückzukehren, in dem er auch selbst nichts unternahm oder unternimmt, eine Aufenthaltsbeendigung zwangsweise durchzusetzen. Einem auf der Grundlage derartiger „zweitklassiger Aufenthaltstitel“ (vgl. Bergmann, ZAR 2007, 128, 129) gelebten Privatleben den Schutz des Art. 8 EMRK von vornherein zu versagen, wäre konventionswidrig.
40 
2.) Ein Eingriff in das durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Privatleben der Klägerin zu 3 liegt darin, dass ihr eine Rückkehr in die Lebensverhältnisse ihres Herkunftsstaats nicht mehr zumutbar ist und durch die Vorenthaltung eines Aufenthaltstitels ihr Privatleben unverhältnismäßig beeinträchtigt wird.
41 
a.) Zwar ist nicht ersichtlich, dass das beigeladene Land derzeit oder in absehbarer Zeit eine Aufenthaltsbeendigung der Klägerin zu 3 und ihrer Familie anstreben und ihre Abschiebung in den Irak in die Wege leiten würden. Im vorliegenden Fall reicht jedoch eine Duldung nicht aus, um der Konvention zu entsprechen (vgl. näher Eckertz-Höfer, ZAR 2008, 41, 43; Bergmann, ZAR 2007, 128, 131). Die Duldung begrenzt den Aufenthalt der Klägerin zu 3 kraft Gesetzes auf das Land Baden-Württemberg (§ 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Zusätzlich ist die Wohnsitznahme in Stuttgart angeordnet (vgl. die der Klägerin zu 3 zuletzt am 11.10.2010 ausgestellte Duldungsbescheinigung). Will sie sich - und sei es auch nur kurzzeitig - außerhalb Baden-Württembergs aufhalten, bedarf es nach § 12 Abs. 5 AufenthG der vorherigen Erteilung einer Erlaubnis, die nach Satz 2 grundsätzlich im Ermessen der Ausländerbehörde steht und auf die nur in den engen Grenzen des Satzes 3 ein Rechtsanspruch besteht. Ein spontanes vorübergehendes Verlassen des auf der Grundlage des Gesetzes beschränkten Aufenthaltsbereichs ist außer in den im Leben der Klägerin zu 3 praktisch nicht relevant werdenden Fällen des § 12 Abs. 5 Satz 3 AufenthG (Termine bei Behörden und Gerichten, bei denen das persönliche Erscheinen des Ausländers erforderlich ist) nicht möglich. Gerade alterstypische Aktivitäten, an denen sie regelmäßig teilnimmt, wie (Schul-)ausflüge, Ferienfreizeiten oder Fußballturniere, sind - sofern sie außerhalb Baden-Württembergs stattfinden - für sie auf der Grundlage einer Duldung gar nicht oder jedenfalls nur mit erheblichem (Verwaltungs-)Aufwand realisierbar. Ohne Aufenthaltserlaubnis bleibt ihr etwa die im Frühling 2011 vorgesehene Teilnahme ihres Vereins an einem Mädchenfußballturnier in Spanien, wovon die Klägerin zu 3 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat berichtet hat, in jedem Fall verwehrt. Aktivitäten und soziale sowie gesellschaftliche Bindungen, die schon jetzt für ihr Privatleben konstitutiv sind (siehe nachfolgend 3.), und die mit fortschreitendem Alter bei einem Heranwachsenden für seine Sozialisation und Entwicklung der Persönlichkeit von wachsender Bedeutung werden, kann die Klägerin zu 3 nur auf der Grundlage eines legalisierten Aufenthalts in einer dem Recht auf Privatlebenden genügenden Weise „ausleben“. Im Übrigen leidet die Klägerin zu 3 auch psychisch in einer ihr Privatlebenden beeinträchtigenden Weise unter der seit Jahren andauernden, ungewissen und unsicheren aufenthaltsrechtlichen Situation. Dies ergibt sich insbesondere aus der Stellungnahme der PBV vom 09.04.2010. In dieser heißt es, dass das Mädchen unter anderem auf die langjährige Unsicherheit, hier in Deutschland bleiben zu dürfen mit einer längeren, phasenweise verlaufenden Anpassungsstörung reagiert und ein sicherer Aufenthaltsstatus für eine stabile Psyche notwendig ist.
42 
b.) Ob der Eingriff in das geschützte Privatleben der Klägerin zu 3 im konkreten Einzelfall im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, insbesondere verhältnismäßig ist, ist bei der im Alter von 4 Jahren eingereisten Klägerin zu 3 nach ähnlichen Kriterien zu prüfen, wie sie normalerweise bei Einwanderern der zweiten Generation angewendet werden (EGMR, Urteil vom 27.10.2005 - 32231/02 - InfAuslR 2006, 3). Insoweit ist das öffentliche Interesse an der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) mit dem Interesse der Klägerin zu 3 an der Aufrechterhaltung ihrer faktisch gewachsenen und von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten privaten Bindungen im Bundesgebiet abzuwägen. Erforderlich ist eine Verhältnismäßigkeitsprüfung unter Beachtung der vom EGMR entwickelten Kriterien, die im Wesentlichen in den Entscheidungen Boultif und Üner zusammengefasst worden sind (EGMR, Urteile vom 02.08.2001 - 54273/00 - InfAuslR 2001, 476 und vom 05.07.2005 - 46410/99 <Üner> -InfAuslR 2005, 450). Maßgebend sind dabei vor allem die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, der Stand der gesellschaftlichen und sozialen Integration (Sprachkenntnisse, Schule/Beruf, Freizeitgestaltung/Freundeskreis), das Fehlen von Straftaten sowie die wirtschaftlichen Verhältnisse und Beziehungen. Hierbei kommt es zunächst auf den jeweiligen Grad der „Verwurzelung“ an; je stärker der Betroffene im Aufenthaltsstaat integriert ist, desto schwerer müssen die öffentlichen Interessen wiegen (vgl. auch EGMR, Urteil vom 22.06.2006 - 59643/00 - ). Weiter ist auf den Grad der „Entwurzelung“ abzustellen, d. h. auf die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Reintegration im Herkunftsstaat, insbesondere aufgrund der Vertrautheit mit den dortigen Verhältnissen und den dort lebenden und aufnahmebereiten Verwandten sowie der Hilfe durch die Eltern bei Minderjährigen. Schließlich können im Rahmen der Schrankenprüfung sonstige Faktoren Berücksichtigung finden, etwa ob und gegebenenfalls wie lange der Aufenthalt des Betroffenen legal war und damit - im Sinn einer „Handreichung des Staates“ - schutzwürdiges Vertrauen auf ein „Hierbleibendürfen“ entwickelt werden konnte (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - juris Rn. 20 und vom 08.03.2010 - 11 S 48/10 -; Renner, a.a.O., § 25 Rn. 80 ff.).
43 
3.) Die im April 1997 geborene Klägerin zu 3 hält sich seit Januar 2002 ununterbrochen in Deutschland auf und hat daher etwa zwei Drittel ihres Lebens hier verbracht. Sie besucht derzeit die 7. Klasse Hauptschule der Grund- und Hauptschule mit Werkrealschule H. Ihre Fähigkeiten in Deutsch entsprechen denjenigen gleichaltriger Hauptschüler deutscher Herkunft. Ihre Klassenlehrerin bewertet in einer Stellungnahme vom 22.09.2010 die Kenntnisse der Klägerin zu 3 in Deutsch in Wort und Schrift mit „befriedigend“. Dies entspricht auch der Zeugnisnote im Versetzungszeugnis zum Ende des Schuljahres 2009/10. In der aktualisierten Stellungnahme vom 27.11.2010 führt die Klassenlehrerin aus, die Klägerin zu 3 beherrsche die deutsche Sprache in Wort und Schrift, sie könne sich mittlerweile sicher ausdrücken und habe auch ihr Leseverständnis stark verbessert. Dass sich die Klägerin zu 3, die in ihrer Freizeit inzwischen auch Bücher liest, ihrem Alter und Bildungsstand entsprechend sicher in der deutschen Sprache bewegt, hat auch ihre Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gezeigt. Soweit ihr eine kontinuierliche Verbesserung in Deutsch und auch in den übrigen Schulfächern, die im letzten Zeugnis mit Noten von „gut“ bis „ausreichend“ bewertet worden sind, vor allem bisher deshalb gelungen ist, weil sie die Hilfe einer Hausaufgabenbetreuung in Anspruch nehmen kann, steht dies der positiven Bewertung ihrer Deutschkenntnisse und schulischen Leistungen im Rahmen der Würdigung als Integrationsmerkmal nicht entgegen. Denn die Inanspruchnahme von Hilfe bei den Hausaufgaben ist mittlerweile für deutsche Schüler ebenfalls nichts Ungewöhnliches. Ausweislich der Stellungnahmen der Klassenlehrerin vom 27.11.2010 und 22.09.2010 ist die Klägerin zu 3, die in diesem Jahr von ihren Mitschülern zum zweiten Mal als Klassensprecherin gewählt worden ist, auch stets bereit, Aufgaben zum Wohl der Klasse oder der Schule zu übernehmen und engagiert sich sehr für die Interessen der Schüler. Zudem ist sie von den Klassensprechern der Schule in das drei Schüler umfassende Team der Schülervertretung gewählt worden, das auch Mitglied der Schulkonferenz ist (vgl. die Bestätigung der Schulleitung der GHS H. vom 10.11.2010).
44 
Die Klägerin zu 3 ist auch außerhalb ihres Schulalltags fest in die sozialen und gesellschaftlichen Lebensverhältnisse der Bundesrepublik eingebunden. Sie hat einen - auch deutsche Freunde umfassenden - Freundeskreis, mit dem sie in ihrer Freizeit ins Schwimmbad geht oder an organisierten Jugendprojekten teilnimmt. Nach den schriftlichen Berichten eines Diplomsozialpädagogen vom Schülercafé Alberta - Offener Treff für Kinder und Jugendliche und Soziale Schülerbetreuung - vom 28.04.2010, vom 04.10.2010 und vom 07.12.2010 komme die Klägerin zu 3 häufig zu verschiedenen Angeboten des Schülercafés, dessen Schwerpunkt offene Angebote, Hausaufgabenbetreuung, Ferienprogramme und Freizeiten seien. Die Klägerin zu 3 treffe dort ihre Freundinnen aus dem Stadtbezirk und beteilige sich aktiv an den verschiedenen Programmen. Auch an dem Kooperationsprojekt MISS (Mädchen im Stadtbezirk ...) mit dem Jugendhaus ... und der Mobilen Jugendarbeit nehme sie regelmäßig teil. Sie habe einen Workshop zum Thema Selbstbehauptung besucht sowie an einem Fußballturnier und einem Bootsausflug für Mädchen teilgenommen. Den genannten Berichten zufolge ist sie voll in ihren Freundeskreis integriert, bringt sich persönlich und aktiv in das soziale Geschehen ein und übernimmt für sich und die Gruppe Verantwortung in Konfliktfällen. Ferner nimmt die Klägerin zu 3 seit April 2010 regelmäßig an einem integrativen Jugendtheaterprojekt teil, an dem Schülerinnen und Schüler verschiedener Nationalität und aus den unterschiedlichsten Schulformen von Förderschule bis zum Gymnasium beteiligt sind (vgl. hierzu die Teilnahmebestätigung des Jugendhauses ... vom 10.12.2010). Die Klägerin zu 3 ist auch bereits bei verschiedenen Ferienfreizeiten gewesen, unter anderem - nach ihren Angaben als einziges ausländisches Kind - an einer von der Caritas organisierten Jugendfreizeit in .... Sie spielt seit Sommer 2009 Fußball in einer Mädchenmannschaft. Nach der Bescheinigung des Jugendleiters des TSV H. vom 01.05.2010 nimmt sie seitdem regelmäßig am Trainings- und Verbandsspielbetrieb der Mädchenfußballmannschaft der C-Juniorinnen teil, zeigt ihre Integrationsbereitschaft und akzeptiert die Mannschafts- und Spielregeln.
45 
Auch im Übrigen lebt die Klägerin zu 3 - wie ihre Angaben in der mündlichen Verhandlung verdeutlicht haben - in einer Weise, wie sie auch unter Gleichaltrigen deutscher Herkunft praktiziert wird. Sie erhält mittlerweile Klavierunterricht und hört am liebsten Musik der Richtung „Hip hop“. Sie schaut in ihrer Familie oder gemeinsam mit Freunden und Freundinnen Fernsehsendungen deutscher Privatsender. Die Klägerin zu 3 kleidet sich in einer Art, wie sie auch unter jungen deutschen Mädchen üblich ist. Sie geht mit einem Bikini ins Schwimmbad und trägt kurze Hosen sowie dekolletierte Oberbekleidung.
46 
Der Bewertung der Integration in gesellschaftlicher und sozialer Hinsicht als außerordentlich gelungen steht nicht entgegen, dass die - nicht strafmündige - Klägerin zu 3 am 20.03.2010 wegen Körperverletzung angezeigt worden ist und ihr Verhalten in Konfliktsituationen - so etwa im Versetzungszeugnis zum Ende des Schuljahres 2008/09 zu lesen - als „nicht immer der Situation angepasst“ beschrieben wird. Diese Handlungen der Klägerin zu 3 sind nicht Ausdruck einer integrationsfeindlichen Gesinnung, sondern durch eine der Behandlung bedürfenden Verhaltensproblematik bedingt.
47 
Die Klägerin zu 3 hat wegen einer generalisierten Angststörung des Kindesalters und einer mittelgradigen depressiven Episode mit somatischem Syndrom von 29.08.2007 bis 17.09.2008 eine ambulante Psychotherapie absolviert, die vom Gesundheitsamt der Beklagten befürwortet worden war. Wegen einer drastischen Verschlechterung der Symptome (suizidale Vorstellungen und Gedanken) ist die Therapie ab 08.04.2009 wieder aufgenommen worden (vgl. näher PBV, Kurzbericht vom 25.10.2007, Bescheinigung vom 19.05.2009 und Zwischenbericht vom 09.04.2010). Das Gesundheitsamt der Beklagten hat unter dem 18.08.2009 ausgeführt, eine Langzeittherapie sei als Verhaltenstherapie wegen der Schwere des Krankheitsbildes und der bisher nicht erfolgten Stabilisierung des Mädchens medizinisch sinnvoll und begründet. Nach dem Bericht der PBV vom 09.04.2010 ist Grund für die erneute Therapieaufnahme eine Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion und eine massive Problematik im Bereich des Sozialverhaltens gewesen; es lägen aggressive und dissoziale Züge vor, d.h. Nichtbefolgen von Regeln und Vorschriften der Lehrer, zahlreiche Streitigkeiten mit Mitschülern mit massiven verbalten Attacken und handgreiflichen Auseinandersetzungen. Vermutlich stünden die Schwierigkeiten im Sozialkontakt in engem Zusammenhang mit massiven häuslichen Konflikten und Spannungen. Allerdings heißt es in dem genannten Bericht auch, dass sich durch die regelmäßigen Therapiebesuche deutliche Verbesserungen zeigten; die Lehrerin habe diese ebenfalls im letzten Lehrergespräch benannt. Diese positive Entwicklung spiegelt sich auch in den Beurteilungen der Schule wieder. Das Versetzungszeugnis zum Ende der Klasse 6 bescheinigt der Klägerin zu 3, dass es ihr immer besser gelinge, die Ordnung des Schulalltags einzuhalten; ferner arbeite sie mit anderen Kindern zusammen und bei Auseinandersetzungen sei sie zunehmend in der Lage, Kompromisse zu schließen. In ihrer Stellungnahme vom 27.11.2010 führt die Klassenlehrerin aus, es gelinge der Schülerin im Umgang mit Mitschülern und Lehrern immer besser, den angemessenen Ton zu treffen und ihr Temperament zu beherrschen. Daran arbeite sie hart und habe bemerkenswerte Fortschritte gemacht. In diesen Kontext ist auch die Anzeige des Vaters einer Freundin der Klägerin zu 3 einzuordnen. Nach einer Mitteilung der Polizeirevierstation ... an die Beklagte vom 18.10.2010 ist die Klägerin zu 3 wegen einer am 20.03.2010 begangenen Körperverletzung angezeigt worden. Zwischen ihr und ihrer Freundin sei es zu einem Streit gekommen, in dessen Verlauf sie ihre Freundin mehrfach gegen den Oberschenkel getreten habe. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat mit Verfügung vom 02.11.2010 von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nach § 152 Abs. 2 StPO abgesehen. Die Klägerin zu 3 hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausführlich geschildert, wie es zu dieser - letztlich handgreiflich verlaufenden - Auseinandersetzung auf einem Spielplatz gekommen ist, bei der sich beide Mädchen zuvor mit „Matsch“ bespritzt hatten. Beide Kinder sind nach wie vor miteinander befreundet. Die von der Schulsozialarbeiterin in ihrem Bericht über die Klägerin zu 3 vom 29.11.2010 vorgenommene Wertung, zwischen den beiden Mädchen bestehe eine sehr intakte und stabile Freundschaft und bei der Anzeige habe es sich um ein bedauerliches Missverständnis gehandelt, umschreibt die Situation zutreffend.
48 
In wirtschaftlicher Hinsicht liegt keine eigene Integrationsleistung der Klägerin zu 3 vor. Aufgrund ihres Alters unterliegt sie noch der allgemeinen Schulpflicht. Ob die Klägerin zu 3, der die Klassenlehrerin „aus schulischer Sicht gute Perspektiven für ein Leben in Deutschland“ bescheinigt, einmal erfolgreich die Schule abschließen und auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen wird, steht naturgemäß noch nicht fest. Dies führt allerdings nicht dazu, dass die Frage nach wirtschaftlichen Bindungen bei Minderjährigen für die Feststellung des Ausmaßes ihrer Eingliederung in die deutschen Lebensverhältnisse generell obsolet wäre. Die Klägerin zu 3 hat nach der deutschen Rechtsordnung einen Unterhaltsanspruch gegen ihre Eltern (§ 1601 BGB), so dass es insoweit auf deren Unterhaltsleistung und damit inzident auf deren wirtschaftliche Integration ankommt (GK-AufenthG, § 60a Rn. 188; gegen eine isolierte Betrachtung Minderjähriger auch SaarlOVG, Urteil vom 15.10.2009 - 2 A 329/09 - juris Rn. 39). Dabei ist nicht allein maßgebend, ob der Unterhaltsbedarf der Klägerin zu 3 - rechnerisch gesehen - kontinuierlich von ihren Eltern erfüllt worden ist und wird. Für die Frage der wirtschaftlichen Integration sind auch die Unterhaltsansprüche ihrer ebenfalls minderjährigen Geschwister sowie der Bedarf der Eltern einzustellen (vgl. auch §§ 1609, 1603 Abs. 2 BGB). Die Kläger zu 1 und 2 sind zwar derzeit in der Lage, die Lebenshaltungskosten der Familie - ermittelt auf der Grundlage des Asylbewerberleistungsgesetzes - zu bestreiten und erhalten keine Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz mehr (vgl. insoweit noch Bescheid des Sozialamtes der Beklagten vom 14.09.2010 sowie die Mitteilung unter dem 18.10.2010, dass die Leistungen nunmehr eingestellt worden sind). Diese erst in den letzten Monaten eingetretene positive Entwicklung ist jedoch noch nicht hinreichend verfestigt, insbesondere ist eine unumkehrbare Verankerung der Kläger zu 1 und 2 in den deutschen Arbeitsmarkt und eine auskömmliche Sicherung des Bedarfs der Familie noch nicht anzunehmen.
49 
Die Kläger leben nach wie vor in einer Wohnung einer städtischen Asylunterkunft, für die Benutzungsgebühren erhoben werden. Die Familie hat ihren Lebensunterhalt im Bundesgebiet in der Vergangenheit überwiegend durch volle oder jedenfalls aufstockende Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz finanziert, wobei die monatlichen Sozialleistungen unterschiedlich hoch gewesen sind und zwischen 300 EUR und 1176 EUR betragen haben (vgl. im Einzelnen die Auflistung Bl. 166 der Ausländerakte für den Kläger zu 1). Erst seit Januar 2008 ist die Beschäftigung der Kläger zu 1 und 2 uneingeschränkt erlaubt. Die Klägerin zu 2 arbeitet seit 23.11.2009 bei der Metzgerei Z. vormittags als Putzhilfe und bezieht eine Entlohnung als geringfügig Beschäftigte. Soweit die Klägerin zu 2 - insoweit entgegen dem Inhalt der Bescheinigung ihres Arbeitgebers vom 08.12.2010 und der Verdienstabrechnung vom September 2010, die ausdrücklich den 23.11.2009 als Eintrittsdatum ausweisen - in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben hat, sie sei seit etwa einem halben Jahr dort beschäftigt, handelt es sich offensichtlich um ein sprachliches Missverständnis. Je nach Arbeitsanfall erhält sie zwischen 322 und 399 EUR netto im Monat, im Durchschnitt etwa 370 EUR. Wie sie im Einzelnen erläutert hat, hat sie einen zeitgleich vormittags stattfindenden Integrationskurs abgebrochen, um - mangels realisierbarer Beschäftigungsalternativen - diese Arbeit aufnehmen zu können. Der Kläger zu 1 ist seit Januar 2005 verschiedenen Beschäftigungen nachgegangen, unter anderem als Fahrzeugpfleger bei der Firma B. Automobile, deren Umfang jedoch durch die beschränkte Zustimmungsentscheidung der Agentur für Arbeit ausweislich der Duldungsbescheinigungen vom 03.01.2005 bzw. 12.10.2005 auf zwanzig, später auf zehn Wochenstunden begrenzt gewesen ist. Zum 31.05.2006 hat die Firma B. dem Kläger zu 1 fristlos gekündigt. Von Januar bis März 2008 hat er mit einem monatlichen Auszahlungsbetrag zwischen 243,97 und 522,79 EUR gearbeitet. Ab 01.06.2008 ist der Kläger zu 1 mit einem monatlichen Brutto-Lohn von 1.385 EUR in Vollzeit bei einer Kfz-Werkstatt tätig gewesen. Dieses Arbeitsverhältnis ist zum 31.01.2009 aus betrieblichen Gründen gekündigt worden. Seit 01.09.2010 arbeitet der Kläger bei „...“ mit einer 40-Stunden-Woche als Hilfskraft im Gebrauchtwagenhandel und erhält monatlich 1.253,53 brutto (=1.000 EUR netto). Zusätzlich arbeitet er seit September 2010 als Aushilfe bei R. S. Baustahlarmierungen und bezieht hier monatlich 392,40 EUR.
50 
Für ein dauerhaftes wirtschaftliches „Fußfassen“ im Bundesgebiet ist es nicht zwingend erforderlich, dass die ausgeübte Tätigkeit eine besonders qualifizierte Berufstätigkeit darstellt. Auch kommt es letztlich nicht darauf an, dass der Kläger zu 1 in seiner Erwerbsbiographie stets Arbeitgeber ausländischer Herkunft gehabt hat und dass - gemessen an der gesamten Aufenthaltsdauer in Deutschland - erst relativ spät eine Vollzeiterwerbstätigkeit aufgenommen worden ist. Allerdings kann von einer wirtschaftlich tragfähigen selbstständigen Existenzgrundlage allenfalls dann ausgegangen werden, wenn die Lebensphase des Bezugs von Sozialleistungen dauerhaft überwunden ist. Zur Feststellung der wirtschaftlichen Integration ist es dabei erforderlich, dass die Betroffenen, sofern - wie hier - kein nennenswertes Vermögen vorliegt, regelmäßige Einnahmen erzielen, die vom Umfang und der Stetigkeit ihres Zuflusses über den Regelbedarfssätzen nach den SGB II oder XII liegen und nicht etwa ständig um diese Grenzen oszillieren (näher GK-AufenthG, § 60a Rn 184 ff.). Ausgehend davon ist noch keine wirtschaftliche Verfestigung im Bundesgebiet gegeben.
51 
Die Kläger zu 1 und 2 erwirtschaften derzeit gemeinsam etwa 1.762 EUR monatlich. Dem steht rechnerisch ein Bedarf von etwa 2.117 EUR gegenüber. Dabei sind der Freibetrag für Erwerbstätige nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II und die Werbungskostenpauschale nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II noch nicht berücksichtigt. Der sich nach dem SGB II ergebende Unterhaltsbedarf für die Kläger zu 1 und 2 beträgt je 323 EUR (vgl. § 20 Abs. 3 SGB II, 90 % von der Regelleistung 359 EUR). Für die drei Kinder im Alter von 6 bis 13 Jahren sind jeweils 251 EUR anzusetzen (70 % von der Regelleistung 359 EUR, vgl. § 28 SGB II). Insgesamt beträgt der Unterhaltsbedarf der Kläger 1.399 EUR. Hinzukommen die Kosten für die Unterkunft, die das Sozialamt der Beklagten im Bescheid über die Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz vom 14.09.2010 pro Person der Bedarfsgemeinschaft mit einer Grundmiete von 143,76 EUR angesetzt hat, insgesamt 718,80 EUR. Dieser Betrag entspricht dem Höchstbetrag, der für Paare mit zwei oder mehr zum Haushalt angehörenden unverheirateten Kindern als Gebühr für die Benutzung der Flüchtlingsunterkunft erhoben werden darf (vgl. die Satzung der Beklagten über die Benutzung von Unterkünften des Sozialamts für Wohnsitzlose und Flüchtlinge vom 25.03.2010 - abrufbar unter www.stuttgart.de). Auch ist zu bedenken, dass die Kläger zu 1 und 2 keine in Deutschland anerkannten Berufsausbildungen haben und lediglich als Hilfskräfte beschäftigt sind, mithin auf Positionen, die in besonderem Maße vom Verlust des Arbeitsplatzes bei konjunkturellen Schwankungen bedroht sind. Des Weiteren sind auch die Deutschkenntnisse des Klägers zu 1 nach dem Eindruck des Senats noch nicht von einer solchen Qualität, dass er jede für ihn in Frage kommende Tätigkeit annehmen und daher den Verlust eines Arbeitsplatzes kurzfristig kompensieren könnte. Er versteht zwar - wie seine Reaktionen in der Berufungsverhandlung gezeigt haben - Deutsch jedenfalls teilweise und kann sich nach Angaben seiner Prozessbevollmächtigten auch auf einfache Art in Deutsch unterhalten. Allerdings ist in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat seine Anhörung nur mit Hilfe eines Dolmetschers möglich gewesen. Dass die Klägerin zu 2, die sich - wie ihre Anhörung ergeben hat - flüssig auf einfache Art und Weise verständlich machen kann, ihre Beschäftigung zukünftig ausdehnen kann und wird, lässt sich nicht verlässlich annehmen. Ausweislich der Stellungnahme der PBV vom 06.05.2009 sieht sie sich an der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in zeitlich längerem Umfang dadurch gehindert, dass ihr Ehemann nicht zuverlässig nach den Kindern schaue. Insgesamt gesehen verfügen die Eltern der Klägerin zu 3 zwar durchaus über wirtschaftliche Bindungen, eine in wirtschaftlicher Hinsicht gelungene Integration der Kläger zu 1 und 2 liegt jedoch noch nicht vor.
52 
Weiter ist zu ihren Lasten zu berücksichtigen, dass ihr Aufenthalt nach der Rücküberstellung in das Bundesgebiet im Januar 2002 nie durch einen Aufenthaltstitel legalisiert worden ist. Der Klägerin zu 3 und den übrigen Familienmitgliedern ist verbal in der jeweils ausgestellten Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung stets vor Augen geführt worden, dass die Duldung keinen Aufenthaltstitel darstellt und deren Inhaber vollziehbar ausreisepflichtig ist. Aber auch mit Blick auf diesen tendenziell eher gegen die Führung eines schutzwürdigen Privatlebens sprechenden Umstand ist in der Gesamtschau der für die Feststellung des Ausmaßes der Integration relevanten - jeweils für und gegen die Klägerin zu 3 - streitenden Faktoren davon auszugehen, dass sie in erheblichem und schutzwürdigem Maße im Bundesgebiet „verankert“ ist.
53 
4.) In Ansehung des erreichten Integrationsstandes ist der Klägerin zu 3 nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch mit Blick auf den stets nur geduldeten Aufenthalt eine Rückkehr in den Irak nicht zuzumuten.
54 
a.) Die Klägerin zu 3 ist seit ihrem 5. Lebensjahr nicht mehr im Irak gewesen und hat aus eigenem Erleben keine Erinnerung an dieses Land. Die Lebensverhältnisse im Irak kennt sie allenfalls aus Erzählungen ihrer Eltern oder aus dem kurdischen Fernsehen. Sie kann sich zwar in Sorani mündlich verständigen, in schriftlicher Form fehlt es jedoch an Kenntnissen einer im Irak üblichen Sprache. Allerdings gilt für minderjährige Kinder der Grundsatz, dass bei der Frage der Zumutbarkeit der Rückkehr in den Heimatstaat entscheidend auf die Eltern und deren Hilfestellung abzustellen ist. Die familien- und aufenthaltsrechtliche Stellung minderjähriger Kinder gebietet es, dass diese prinzipiell aufenthaltsrechtlich das Schicksal der Eltern teilen (zu dieser sog. familienbezogenen Gesamtbetrachtung VGH Bad.-Württ., Urteile vom 09.12.2009 - 13 S 2092/09 - juris Rn. 31, vom 22.07.2009 - 11 S 1622/07 -juris Rn. 81 und vom 27.06.2006 - 11 S 951/06 - VBlBW 2006, 442 sowie Beschlüsse vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 - juris und vom 10.05.2006 - 11 S 2354/05 -; NdsOVG, Beschluss vom 16.03.2010 - 8 ME 47/10 - juris Rn. 3; VG Stuttgart, Urteile vom 20.07.2006 - 4 K 921/06 - juris Rn. 57 und vom 26.10.2006 - 4 K 1753/06 - juris Rn. 39, 47; VG Koblenz, Urteile vom 11.01.2010 - 3 K 74/09.KO - juris Rn. 64 und vom 08.02.2010 - 3 K 206/09.KO - juris Rn. 79; GK-AufenthG, § 60a Rn. 179, 192; ein dogmatisch anderer Ansatz findet sich - allerdings in anderer Konstellation - in der Rechtsprechung des EuGH, vgl. Urteil vom 19.10.2004 - Rs. C-200/02 - InfAuslR 2004, 413). Das durch Art. 6 GG geschützte elterliche Sorgerecht umfasst unter anderem die Personensorge für das minderjährige Kind, die die Eltern auch dazu berechtigt, seinen Aufenthalt zu bestimmen (vgl. §§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB). Dieses umfassende Recht der Eltern schränkt rechtlich zugleich das Selbstbestimmungsrecht des Minderjährigen ein. Dieser ist nicht berechtigt, seinen Aufenthaltsort selbstständig und frei zu wählen. Dass Kinder mit zunehmendem Alter an Eigenständigkeit gewinnen, ändert an der Personensorge und dem hieraus folgenden Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern bis zum Eintritt der Volljährigkeit nichts. Diese rechtliche Ausgangssituation prägt auch die nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung. Bei einem minderjährigen Kind ist daher maßgeblich die Situation der Eltern in den Blick zu nehmen. Steht den Eltern wegen deren mangelnder Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland bzw. fehlender „Entwurzelung“ über Art. 8 EMRK kein Aufenthaltsrecht zu, so ist davon auszugehen, dass auch ein Minderjähriger, der im Bundesgebiet geboren ist und/oder dort lange Zeit gelebt hat und hier integriert ist, auf die von den Eltern nach der Rückkehr im Familienverband zu leistenden Integrationshilfen im Heimatland verwiesen werden kann. Eine prinzipiell andere Sichtweise würde dazu führen, dass minderjährige Kinder ihren nicht - oder jedenfalls nicht zulänglich - integrierten Eltern ein Aufenthaltsrecht verschaffen würden, obwohl diesen selbst eine Rückkehr in das Herkunftsland ohne weiteres zumutbar wäre. Im Ergebnis würden damit die Eltern das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer minderjährigen Kinder teilen, was mit den im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art. 8 EMRK ebenfalls einzustellenden einwanderungspolitischen Interessen des Staates grundsätzlich nicht in Einklang zu bringen ist (vgl. auch NdsOVG, Urteil vom 29.01.2009 - 11 LB 136/07 - juris Rn. 75).
55 
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann es jedoch gebieten, seinerseits Ausnahmen von der familieneinheitlichen Betrachtung zu machen. Ist kein Elternteil trotz der ihm aus seiner Stellung als Personensorgeberechtigter erwachsenden Pflichten in der Lage, die notwendige Hilfe bei der (Re-) Integration in den Herkunftsstaat zu erbringen, so fehlt der familienbezogenen Gesamtbetrachtung regelmäßig die Grundlage. Darüber hinaus kommt eine Ausnahme mit Blick auf die Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zugrunde liegenden Wertvorstellungen dann in Betracht, wenn aufgrund der spezifischen Verhältnisse im Land der Staatsangehörigkeit ein „Einleben“ dort nur unter Inkaufnahme einer gravierenden Änderung der bisherigen Persönlichkeit und der durch diese bedingten Lebensführung möglich wäre. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn in Deutschland heranwachsende Mädchen durch die hier erfolgte Sozialisation in einer Art und Weise geprägt sind, dass eine Verweisung auf ein Leben in ihrem Passstaat sie zwingen würde, ihre bisherige Identität und ihr Verständnis von der Bedeutung der Frau aufgeben zu müssen, weil die traditionelle Rolle der Frau und insbesondere ihre Stellung in der Öffentlichkeit in dem dortigen Gesellschaftssystem in unüberbrückbarem Gegensatz zu den auch von ihr im Bundesgebiet praktizierten Lebensverhältnissen stehen (GK-AufenthG, § 60a Rn 191; Bergmann, ZAR 2007, 128, 132). Diese Ausnahme trifft auf die Klägerin zu 3 zu.
56 
b.) Zwar wird die Klägerin zu 3 erst in einigen Monaten 14 Jahre alt. Sie ist jedoch ungeachtet ihres Alters in der hiesigen Gesellschaftsordnung und in ihren Wertvorstellungen in einer Weise „verwurzelt“, dass ihr eine Rückkehr in den Irak aufgrund der dort derzeit landesweit herrschenden Verhältnisse vor allem mit Blick auf die Situation von Frauen und Mädchen nicht zugemutet werden kann.
57 
aa.) Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 28.11.2010 hat sich die Sicherheitslage im Irak zwar erheblich verbessert, sie ist aber im weltweiten Vergleich immer noch verheerend. Danach kommt es immer noch wöchentlich zu ca. 200 Anschlägen, bei denen im Schnitt pro Woche ca. 150 Todesopfer zu beklagten sind. Schwerpunkte terroristischer Anschläge bleiben weiterhin Bagdad und der Zentralirak, v.a. im Nordosten (Diyala, Salahaddin) sowie die Provinzen Tamin mit der Hauptstadt Kirkuk und Niniwe mit der Hauptstadt Mosul. Neuerdings werden auch Anschläge von Al-Qaida im Raum Basra verzeichnet. Die hohe Gewaltrate im Irak hat immer noch erhebliche Auswirkungen im alltäglichen Leben, wobei den Großteil der Opferlast die weitgehend ungeschützte Zivilbevölkerung trägt. Immer wieder sind Zivilisten Opfer nicht nur politisch motivierter Gewalt, sondern auch organisierter Kriminalität wie Entführungen, Erpressungen und Morde (AA, Lagebericht vom 28.11.2010, S. 6, 14 f. und Lagebericht vom 11.04.2010, S. 6, 15). Die Sicherheitslage im von der Regionalregierung der Region Kurdistan-Irak (KRG) kontrollierten Gebiet ist deutlich besser als im Rest des Landes. Allerdings steigt in den außerhalb der kurdischen Autonomiezone liegenden Gebieten des Nordirak die Zahl der Anschläge und der Todesopfer. Besonders kritisch ist die Lage im erdölreichen Kirkuk, der Herkunftsregion der Klägerin zu 3 und ihrer Familie. Dieses gehört zu den umstrittenen Gebieten des Irak, in dem Araber und Kurden um die Vorherrschaft ringen und sowohl die Zentralregierung als auch die Regionalregierung Kurdistan-Irak die Kontrolle anstreben (vgl. näher Europäisches Zentrum für Kurdische Studien vom 07.07.2010 an VG Stuttgart; AA, Lagebericht vom 28.11.2010, S. 15 und Lagebericht vom 11.04.2010, S. 16).
58 
Die Menschenrechtslage im Irak bleibt prekär. Zwar gibt es langsame Fortschritte; Verstöße gegen die Menschenrechte sind jedoch weiterhin weit verbreitet. Der Staat ist nicht in der Lage, die Sicherheit der Zivilbevölkerung und die Ausübung der in der Verfassung verankerten Rechte und Grundfreiheiten landesweit zu ermöglichen. Auch von der Region Kurdistan-Irak wird von schweren Menschenrechtsverstößen berichtet (AA, Lagebericht vom 28.11.2010, S. 6, 28 ff. und Lagebericht vom 11.04.2010, S. 6, 16 ff.).
59 
Zu den Hauptleidtragenden der gegenwärtigen Umstände im Irak gehören nach der Auskunftslage die Kinder. Die Folgen des Zusammenbruchs staatlicher Strukturen und deren langsamer Wiederaufbau betreffen vor allem Familien, die auf Krankenhäuser, Schulen und Lebensmittelhilfen besonders angewiesen sind. Der Gesundheitszustand der Kinder hat sich seit März 2003 deutlich verschlechtert. Das Gesundheits- und Erziehungswesen im Irak liegt darnieder. Es mangelt an allem und die Grundversorgung ist unzureichend gesichert. Die Alphabetisierungsrate im Irak ist in den letzten 15 Jahren stark gefallen. Nur noch drei von vier Jugendlichen können lesen und schreiben. Die Möglichkeit des Schulbesuchs ist in Anbetracht der Sicherheitslage für viele Kinder noch eingeschränkt und mit Gefahren für Leib und Leben verbunden. Seit einiger Zeit werden Kinder Ziel von kriminellen Lösegelderpressern. Die Schulen sind oftmals in einem schlechten baulichen Zustand; es fehlt an sanitären Einrichtungen. Viele Schulen haben immer noch aus Mangel an Lehrpersonal geschlossen (AA, Lagebericht vom 28.11.2010, S. 19 f., 35 und Lagebericht vom 11.04.2010, S. 6, 20, 34). Für die Situation von Schülerinnen und Schüler im Nordirak ergibt sich insoweit kein grundlegend anderes Bild (vgl. Schweizer Flüchtlingshilfe , Irak: Die sozio-ökonomische Situation im Nordirak, 07.06.2010, S. 14 ff.).
60 
Speziell was die Situation von Frauen und Mädchen anbelangt, so hat sich deren Stellung im Vergleich zur Zeit des Regimes unter Saddam Hussein deutlich verschlechtert. In der Verfassung aus dem Jahre 2005 ist die rechtliche Gleichstellung der Geschlechter zwar formal festgeschrieben. Auch steht Frauen der Zugang zu Bildungseinrichtungen und Arbeitsmarkt im Grundsatz offen. Die Verfassung garantiert ferner die soziale Sicherheit für Frauen und Kinder. Diese Prinzipien sind in der Praxis jedoch nicht umgesetzt (Deutsches Orient-Institut vom 17.06.2008 an VG Göttingen). Die zunehmende Radikalisierung von Teilen der irakischen Gesellschaft hin zu fundamentalistisch radikalislamischen Überzeugungen stellt insbesondere für die Sicherheit der Frau eine Gefährdung dar. Darüber hinaus hat die allgemein prekäre Sicherheitslage erhebliche negative Auswirkungen auf das Alltagsleben der Frauen (siehe hierzu und zum folgenden AA, Lagebericht vom 28.11.2010, S. 20 f. und Lagebericht vom 11.04.2010, S. 20 ff.; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Geschlechtsspezifische Verfolgung für ausgewählte Herkunftsländer, April 2010, S. 96 ff. ; EZKS vom 15.08.2008 an VG Göttingen; Deutsches Orient-Institut vom 17.06.2008 an VG Göttingen; SFH vom 20.11.2007 - Irak: Rückkehr einer verwitweten schiitischen Frau mit einem ehelichen und einem unehelichen Kind).
61 
Gewalt gegen Frauen ist im Irak weit verbreitet. Die Situation der Frauen wird als Privatangelegenheit einer Familie betrachtet und selten an staatliche Stellen herangetragen. Staatliche Schutzmechanismen für Opfer häuslicher Gewalt sind nicht in ausreichendem Maße vorhanden. Nach dem Strafgesetzbuch ist der Ehemann berechtigt, seine Ehefrau zu bestrafen. Es gibt auch keine Vorschrift, nach der Vergewaltigung in der Ehe strafbar wäre. Zwangsverheiratung wird praktiziert. Die Tradition der Verheiratung junger Mädchen (ab 14 Jahre) existiert, besonders in den ländlichen Gebieten. Familienmitglieder verkaufen auch Mädchen und Frauen, um wirtschaftlichen Zwangslagen zu entgehen, Schulden zu bezahlen oder Meinungsverschiedenheiten zwischen Familien zu überwinden. Frauen werden Opfer der im Irak nicht verbotenen und vor allem im stark patriarchalisch strukturierten Nordirak praktizierten Genitalverstümmelung. Auch Ehrenmorde sind noch immer in allen Teilen des Landes verbreitet. Schließlich nehmen in der irakischen Gesellschaft (insbesondere im schiitisch dominierten Süden) die Tendenzen zur Durchsetzung islamischer Regeln zu, z.B. Kleidervorschriften wie Kopftuchzwang an Schulen und Universitäten. Frauen werden auf familiärer und gesellschaftlicher Ebene mit dem Ziel unter Druck gesetzt, ihre Freizügigkeit und die Möglichkeiten der Teilnahme am öffentlichen Leben einzuschränken. Von Frauen wird verlangt, einen Schleier zu nehmen, keine Kleidung im westlichen Stil zu tragen und zu Hause zu bleiben. Frauen werden vor allem zur Zielscheibe islamischer Extremisten, wenn sie ein normales Leben nach westlichen Maßstäben führen wollen. Frauen, die von Gewaltakten betroffen werden, finden, insbesondere wenn es sich um Fälle häuslicher Gewalt handelt, bei staatlichen Stellen keinen Schutz.
62 
bb.) Für die Frage, ob in Anbetracht der derzeitigen Situation im Irak der Klägerin zu 3 eine Rückkehr zumutbar ist, kommt es aufgrund des unterschiedlichen Maßstabs nicht darauf an, dass die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 oder 2 AufenthG hinsichtlich des Irak derzeit regelmäßig nicht vorliegen (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.08.2010 - A 2 S 1134/10 - juris; OVG NRW, Urteil vom 29.10.2010 - 9 A 3642/06.A - ; BayVGH, Urteil vom 21.01.2010 - 13a B 08.30283 -, wonach der westliche Habitus weiblicher irakischer Staatsangehöriger nicht als individuell gefahrenerhöhender Umstand berücksichtigt werden könne). Bei der einzelfallbezogenen Prüfung im Rahmen des Art. 8 Abs. 2 EMRK geht es nicht primär um „Gefahrenlagen“, sondern um die Feststellung und Bewertung des Ausmaßes der Entfremdung vom Herkunftsstaat.
63 
Die Klägerin zu 3 hat aufgrund der von ihr als prägend erfahrenen Sozialisation im Bundesgebiet die Lebensweise der „westlichen Welt“ in Theorie und Praxis verinnerlicht. Dies ergibt sich nicht nur aus ihrer Art sich zu kleiden, sondern vor allem aus der oben unter 3.) im Einzelnen dargestellten Weise, ihre Freizeit zu verbringen und im Schulalltag aufzutreten. Die Klägerin zu 3 lebt auch in dem selbstverständlichen Bewusstsein, dass Jungen und Mädchen die gleichen Rechte haben und verhält sich dementsprechend. In dieser Art der Lebensführung wird sie von ihren Eltern bestärkt. Diese akzeptieren ihr Hobby Mädchenfußball und die Schwimmbadbesuche ebenso wie ihre Kontakte und Zusammenarbeit mit Jungen in der Schule (unter anderem im Team der Schülervertretung) oder Freizeit. Traditionelle oder gar archaische Vorstellungen werden in der Familie nicht gelebt. Weder ist das Tragen eines Kopftuchs üblich, noch spielt sich das Leben der Klägerin zu 3 und der weiteren weiblichen Familienmitglieder vor allem im häuslichen Bereich ab. Gerade die Klägerin zu 2 ist auch sehr darum bemüht, ihre Tochter auf deren Weg zu einem allgemein anerkannten Bildungsabschluss zu unterstützen. Bei der Bewertung, dass ihr vor diesem Hintergrund die erstmalige Integration in den Irak nicht angesonnen werden kann, spielt als solches keine Rolle, dass die Klägerin zu 3 dort ihren Hobbys nicht mehr nachgehen könnte und auch nicht die gleichen Bildungschancen hätte wie im Bundesgebiet sowie als Heranwachsende prinzipiell noch „entwicklungsfähig“ ist. Gewisse Anpassungen an das, was in seinem Herkunftsland üblich ist, können einem Ausländer abverlangt werden. Entscheidend ist jedoch der Umstand, dass die derzeitige gesellschaftliche Praxis im Irak, die bestimmt, was Frauen und junge Mädchen im Irak tun dürfen und können, diametral dem entgegensteht, was die Persönlichkeit der Klägerin zu 3 bisher geprägt hat und Ausdruck ihrer Individualität ist. Anhaltspunkte dafür, dass sich die Situation für Frauen und Mädchen im Irak in überschaubarer Zukunft entscheidend verbessern würde, lassen sich den in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen nicht entnehmen; im Gegenteil: In den verwerteten Erkenntnismitteln kommt unübersehbar eine „schleichende“ Verschlechterung der Situation von Frauen und Mädchen zum Ausdruck. Die Aufgabe ihrer selbst - dies würde eine Verweisung auf ein Leben im Irak mit sich bringen - kann der Klägerin zu 3 nicht abverlangt werden.
64 
Selbst wenn man im Übrigen die Auffassung der Beklagten zugrunde legen würde, einem jungen Mädchen wäre aufgrund ihrer altersbedingt noch nicht abgeschlossenen Persönlichkeitsbildung eine Integration in die Verhältnisse des Herkunftsstaates prinzipiell möglich und zumutbar, würde dies im vorliegenden Fall deshalb nicht gelten, weil die Klägerin zu 3 psychisch gar nicht in der Lage wäre, eine Rückkehr in den Irak mit der notwendigen Anpassung an den dortigen Lebensstil zu bewältigen. Dies hat die die Klägerin zu 3 betreuende Diplompsychologin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat überzeugend dargelegt. Dies entspricht im Übrigen auch Erkenntnissen, die zu einer Rückkehr von Mädchen in den Irak nach langjährigem Auslandsaufenthalt im Westen vorliegen. Nach der Auskunft des EZKS vom 15.08.2008 an das Verwaltungsgericht Göttingen hat sich in den Fällen, in denen ganze Familien freiwillig in den Nordirak zurückgekehrt sind, diese Rückkehr vor allem für junge Frauen und Mädchen in der Pubertät, die einen wesentlichen Teil ihrer Sozialisation in Form eines westlich geprägten Lebensstils erfahren haben, als Katastrophe erwiesen und unter anderem unterschiedlichste psychische Störungen und Krankheiten, insbesondere Depressionen und Essstörungen, zur Folge gehabt.
65 
c.) Im Übrigen ergibt sich eine Ausnahme von der familienbezogenen Gesamtbetrachtung auch daraus, dass die Kläger zu 1 und 2 derzeit und bis auf Weiteres nicht in der Lage sind, der Klägerin zu 3 die für ein - erstmaliges -Einleben im Irak notwendige Hilfestellung zu gewähren. Dies gilt selbst dann, wenn man unterstellen würde, dass ihre Tochter auf den „Kulturschock“ nicht mit einer (psychischen) Erkrankung reagieren würde und sich der für sie dort erforderliche Aufwand an Betreuungs- und Beistandsleistungen nicht von dem unterscheidet, der auch ihren Geschwistern entgegen gebracht werden muss.
66 
Zwar sind die Kläger zu 1 und 2 selbst nicht „entwurzelt“. Sie haben den Irak erst als Erwachsene mit über 30 Jahren verlassen und dort einen höherwertigen Bildungsabschluss erlangt. Die Klägerin zu 2 hat im Irak das Gymnasium besucht und dort zunächst in einer Bank und später als Lehrerin gearbeitet. Sie spricht fließend Türkisch, Arabisch, Kurdisch und Farsi. Der Kläger zu 1 beherrscht ebenfalls diese Sprachen und verfügt auch über Kenntnisse der englischen Sprache. Außerdem leben noch Verwandte im Irak, unter anderem zwei Brüder und eine Schwester der Klägerin zu 2 in Kirkuk. Beide sind auch durch Berichte von Verwandten und das kurdische Fernsehen, das sie regelmäßig schauen, über die aktuellen Verhältnisse im Irak hinreichend informiert. So berichtet die Klägerin zu 2 einem Schreiben von Pfarrer B. - Arbeitskreis Asyl ... - vom 04.10.2010 zufolge bei Plenumssitzungen im Rahmen der „Aktuellen Runde“ über die Situation der Frauen im Irak. Allerdings sind die Kläger zu 1 und 2 aufgrund ihrer eigenen psychischen Belastungen und Erkrankungen nicht in der Lage sein, ihrer Tochter die unerlässliche Hilfe zu geben, die diese nach einem langen und ihr Leben prägenden Aufenthalt im Bundesgebiet bräuchte, um sich im Irak einleben zu können.
67 
Die Klägerin zu 2 ist seit dem Jahre 2007 bis heute bei der PVB wegen psychischer Erkrankungen in Behandlung. Das Gesundheitsamt der Beklagten hat aufgrund einer amtsärztlich-psychiatrischen Untersuchung der Klägerin zu 2 am 19.12.2007 ein erheblich ausgeprägtes depressives Syndrom (mittelschwere bis schwere Episode) mit Somatisierung vor einem posttraumatischen Hintergrund diagnostiziert. Nach einer erneuten Untersuchung vom 26.10.2009 und unter Berücksichtigung eine Stellungnahme der PBV vom 21.07.2009 hat gerade auch der Amtsarzt eine Fortsetzung der Therapie wegen eines erheblich ausgeprägten depressiven Syndroms mit Somatisierung auf posttraumatischer Grundlage befürwortet. Wie die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anwesende Diplompsychologin überzeugend geschildert hat, ist die Klägerin zu 2 aufgrund der Behandlung und der sie umgebenden „Netzwerke“ mittlerweile in der Lage, ihr Leben zu bewältigen. Durch die psychologische Betreuung und die ihr hier ermöglichten Tätigkeiten - wie etwa das gelegentliche und ehrenamtliche Übersetzen für andere Flüchtlinge oder das „Sich-Einbringen“ in der Schule ihrer Kinder oder während ihrer Erwerbstätigkeit - erfährt die Klägerin zu 2 die für sie erforderliche innere Stabilität. Dass die Klägerin zu 2 für die Erlangung bzw. Aufrechterhaltung eines seelischen Gleichgewichts ungeachtet dessen, dass sie selbst aktiv hieran arbeitet, auf Unterstützung durch Dritte angewiesen ist, hat auch die die Kläger betreuende Sozialarbeiterin, die mit der Familie ständigen Kontakt hat, im Einzelnen dargelegt. Sie sieht die Klägerin zu 2 am Rande der Belastbarkeit stehen und dringend auf die Einbindung durch ihr soziales Engagement in ihrem derzeitigen Umfeld angewiesen. Würde die Klägerin zu 2 auf ein Leben in den Irak verwiesen, so wäre sie dort für einen unabsehbaren Zeitraum nicht in der Lage, ihren Kindern zu helfen, weil sie selbst eine Rückkehr in den Irak psychisch nicht verkraften würde. Diese schon in verschiedenen schriftlichen Stellungnahmen der PBV zum Ausdruck gebrachte Prognose hat die vom Senat angehörte Psychologin nochmals bekräftigt und darauf hingewiesen, dass bei der Klägerin zu 2 zumindest mit einer schweren Depression zu rechnen wäre. Selbst wenn man davon ausgeht, dass eine psychische Erkrankung der Klägerin zu 2 im Irak grundsätzlich behandelbar wäre, würde die Notwendigkeit, mit den eigenen Problemen kämpfen zu müssen, bei ihr zwangsläufig so sehr im Vordergrund stehen, dass sie vorhersehbar nicht in der Lage wäre, ihren Kindern diejenige Hilfestellung zu bieten, auf die diese bei der von ihnen zu leistenden erstmaligen Integration in ein fremdes Land existentiell angewiesen wären.
68 
Auch der Kläger zu 1 könnte seine Kinder bei einer Rückkehr in den Irak nicht adäquat unterstützen. Er leidet an einem behandlungsbedürftigen Alkoholproblem und hat deswegen auch schon einen Arzt konsultiert. Seine Ursache hat der Alkoholkonsum nach der Stellungnahme der PBV vom 06.05.2009 aber auch nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unter anderem darin, dass ein Bruder von ihm im Jahre 2003 in Kirkuk durch ein Attentat getötet worden sei. Er ist darüber hinaus wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung in Behandlung. Aufgrund seiner Labilität würde er - wie sich aus den schriftlichen Stellungnahmen der PBV und den mündlichen Angaben der Psychologin ergibt - selbst eine Rückkehr in den Irak nicht verkraften und erst Recht nicht die notwendige Hilfestellung gegenüber der Klägerin zu 3 leisten können. Der lange und das Mädchen prägende Aufenthalt im Bundesgebiet, ihr vollständig fehlender Bezug zum Irak, die bei ihr nicht vorhandenen Kenntnisse einer im Irak üblichen Schriftsprache, die prekäre allgemeine (Sicherheits-)Lage, die beschränkten Schulmöglichkeiten und die unzureichend gesicherte Grundversorgung würden an den Erziehungsberichtigen besonders hohe Anforderungen hinsichtlich der Unterstützungsleistungen stellen, die im konkreten Einzelfall aufgrund der bei ihm fehlenden eigenen Belastbarkeit nicht erbracht werden könnten. Es ist auch nicht ersichtlich, dass in dieser Konstellation Verwandte oder sonstige Dritte im Irak die den Eltern obliegenden Aufgaben der Begleitung bei der Integration in die dortigen Lebensverhältnisse (vorübergehend) in der notwendigen Art und Weise übernehmen könnten.
69 
d.) Im Rahmen dieser Bewertung, dass der Klägerin zu 3 in Anbetracht ihres erreichten Integrationsstands eine Rückkehr in den Irak nicht zugemutet werden kann, spielt es keine entscheidende Rolle, dass ihr Aufenthalt zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich legalisiert gewesen ist. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil die Aussetzung der Abschiebung seit Jahren mit Blick auf die Verhältnisse im Irak vorgenommen worden ist und wird. Dies folgt aus den zur „Rückführung irakischer Staatsangehöriger“ ergangenen Schreiben des Innenministerium vom 18.06.2003, vom 27.11.2003, vom 29.07.2004 und vom 12.03.2007 in der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats geltenden Fassung gemäß ZV-AufenthG (Abschn. D - Irak Nr. 3). Dem entsprechend haben die Beklagte oder das beigeladene Land zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Anstrengungen unternommen, den Aufenthalt der Klägerin zu 3 und ihrer Familie zu beenden. Dass die Situation im Irak auch aus Sicht der Ausländerbehörden nicht ohne weiteres für jeden im Bundesgebiet lebenden ausreisepflichtigen irakischen Staatsangehörigen zu bewältigen ist, lässt sich daran ersehen, dass bislang nur straffällig gewordene Iraker abgeschoben worden sind, die aus den kurdischen Gebieten stammen und dort noch Familie haben, die Schutzfunktionen übernehmen und den betreffenden Rückkehrern Zugang zu Wohnmöglichkeiten und anderen Grundversorgungen verschaffen können (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 28.11.2010, S. 38 sowie ZV-AufenthG Abschn. D - Irak Nr. 3). Aufgrund dieser Besonderheiten ist dem aufenthaltsrechtlichen Gesichtspunkt der Begrenzung und Steuerung von Zuwanderern im Rahmen des Art. 8 Abs. 2 EMRK im vorliegenden Fall keine ausschlaggebende Bedeutung beizumessen.
70 
5.) Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK steht nicht entgegen, dass bei ansonsten vorliegenden Regelerteilungsvoraussetzungen der Lebensunterhalt nicht vollständig gesichert ist und die Klägerin zu 3 selbst nicht über einen Pass verfügt. Insoweit liegen Ausnahmen von den Regelerteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Nrn. 1 und 4 AufenthG vor.
71 
a.) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG i.V.m. § 2 Abs. 3 AufenthG ist der Lebensunterhalt eines Ausländers gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Dabei bleiben die in § 2 Abs. 3 Satz 2 AufenthG aufgeführten öffentlichen Mittel außer Betracht. Es bedarf mithin der positiven Prognose, dass der Lebensunterhalt des Ausländers in Zukunft unter Berücksichtigung der von ihm angestrebten Aufenthaltsdauer ohne Inanspruchnahme anderer öffentlicher Mittel gesichert ist. Dies erfordert einen Vergleich des voraussichtlichen Unterhaltsbedarfs mit den voraussichtlich zur Verfügung stehenden Mitteln (vgl. zur Prognose GK-AufenthG § 2 Rn. 41 ff.). Bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs kommt es auf den Bedarf der Kernfamilie an, d.h. bei der Prognose, ob der Lebensunterhalt der Klägerin zu 3 künftig voraussichtlich gesichert ist, ist der Bedarf der Kläger zu 1 und 2 sowie 4 und 5 ebenfalls zu berücksichtigen. Bei erwerbsfähigen Ausländern richtet sich die Ermittlung des Unterhaltsbedarfs seit dem 01.01.2005 nach den entsprechenden Bestimmungen des 2. Sozialgesetzbuchs (SGB II). Dabei sind bei der Ermittlung des zur Verfügung stehenden Einkommens grundsätzlich der Freibetrag für Erwerbstätige gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II und die Werbungskostenpauschale nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II zu Lasten des Ausländers anzusetzen (vgl. BVerwG, Urteile vom 16.11.2010 - 1 C 20.09 und 1 C 21.09 - bisher nur Pressemitteilung sowie Urteile vom 07.04.2009 - 1 C 17.08 - BVerwGE 133, 329 und vom 26.08.2008 - 1 C 32.07 -NVwZ 2009, 248 ). Gemessen hieran kann prognostisch nicht von einer Sicherung des Lebensunterhalts ausgegangen werden.
72 
Die Kläger zu 1 und 2 verdienen derzeit gemeinsam monatlich etwa 1.762 EUR netto. Es bestehen zwar keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschäftigungen der Klägerin zu 2, die bereits über ein Jahr bereits ausgeübt wird, und diejenige des Klägers zu 1 demnächst wieder entfallen könnten. Wie die Metzgerei Z. in der Arbeitsbescheinigung vom 08.12.2010 ausgeführt hat, ist die Klägerin zu 2 bis auf weiteres in der Filiale in S. beschäftigt, wo man mit ihrer Arbeit zufrieden sei. Auch hinsichtlich des Klägers zu 1 ist von einer weiteren Erwerbstätigkeit auszugehen. Der den Kläger zu 1 hauptberuflich beschäftigende Arbeitgeber hat unter dem 08.12.2010 schriftlich sowie ergänzend in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darauf hingewiesen, er sei mit dessen Arbeit stets sehr zufrieden gewesen. Daher habe er ihn im September 2010 festangestellt. Auch könne die vom Kläger zu 1 zusätzlich ausgeübte Nebentätigkeit als geringfügig Beschäftigter problemlos mit seiner Tätigkeit als Aushilfsarbeiter bei ihm in Einklang gebracht werden. Es ist auch nicht zu erkennen, dass einer weiteren Erwerbstätigkeit der Eltern der Klägerin zu 3 rechtliche Hindernisse entgegen stehen könnten. Zwar berechtigt der auch ihnen zu erteilende humanitäre Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 AufenthG (siehe unten III.) nicht schon kraft Gesetzes zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit. Allerdings ist prognostisch davon auszugehen, dass den Klägern zu 1 und 2 die Ausübung der Erwerbstätigkeit erlaubt werden wird (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1, Alt. 2 AufenthG). Denn selbst als nur Geduldeten wird ihnen seit Januar 2008 die Beschäftigung uneingeschränkt erlaubt. Dass die Zulassung einer Beschäftigung der Kläger zu 1 und 2 nunmehr auf der Grundlage eines - letztlich an die Stelle der Duldung tretenden - zunächst nach § 26 Abs. 1 Satz 1 AufenthG für sechs Monate befristeten humanitären Aufenthaltstitels unter arbeitsmarktspezifischen Aspekten anders zu bewerten wäre, ist nicht ersichtlich (vgl. hierzu auch § 9 Abs. 1 Nr. 2 BeschVerfV). Andererseits steht aber auch nicht zu erwarten, die Kläger zu 1 und 2 könnten in einem überschaubaren Zeitraum ein deutlich höheres Einkommen erzielen. Zwar ist dem Kläger zu 1 eine höhere Entlohnung bei der Firma ... ... in Aussicht gestellt worden, wenn er - auf der Grundlage eines Aufenthaltstitel - für den Betrieb flexibler verwendungsfähig wäre und etwa auch Autos ins Ausland verbringen könnte. Eine konkrete Zusage des Arbeitgebers, die prognostisch Berücksichtigung finden müsste, liegt jedoch nicht vor.
73 
Ausgehend von einer sozialversicherungspflichtigen Weiterbeschäftigung des Klägers zu 1 auf der Grundlage eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG steht den Eltern zukünftig jedoch Kindergeld zu, das nach § 2 Abs. 3 Satz 2 AufenthG als Einkommen zu berücksichtigen ist. Nach § 1 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3 BKGG hat Anspruch auf Kindergeld unter anderem derjenige, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG besitzt und sich seit mindestens drei Jahren geduldet im Bundesgebiet aufhält und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist. Nach § 6 Abs. 1 BKGG beträgt das Kindergeld für die Klägerin zu 3 und den Kläger zu 4 jeweils 184 EUR sowie für die Klägerin zu 5 190 EUR, mithin zusammengerechnet 558 EUR. Insgesamt werden den Klägern daher bei einem Einkommen von 1.762 EUR zukünftig 2.320 EUR zur Verfügung stehen.
74 
Dem steht ein Bedarf von 2.580 EUR gegenüber. Dieser errechnet sich zunächst anhand der von den Klägern zu tragenden Gebühren für die Unterkunft in Höhe von etwa 718 EUR und des - auf der Grundlage der Regelsätze des SGB II ermittelten - Bedarfs von 1.399 EUR (siehe hierzu oben unter 3.). Des weiteren sind sowohl für den Kläger zu 1 als auch für die Klägerin zu 2 jeweils ein Betrag von 100 EUR nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II anzusetzen. Schließlich sind zu Lasten der Erwerbstätigen aus einem durchschnittlich monatlich zugrunde gelegten Nettoeinkommen der Klägerin zu 2 in Höhe von 370 EUR nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II ein Betrag von 54 EUR und für den Kläger zu 1 bei einem Gesamt-Nettoeinkommen von 1.329 EUR ein solcher von etwa 209 EUR anzusetzen.
75 
Allerdings gebietet der Schutz des Privatlebens der Klägerin zu 3 im Sinne des Art. 8 EMRK die Annahme eines Ausnahmefalles (zur Atypik aufgrund völker- oder verfassungsrechtlicher Wertentscheidung siehe etwa BVerwG, Urteil vom 30.04.2009 - 1 C 3.08 - NVwZ 2009, 1239 Rn.13 ff.; GK-AufenthG § 5 Rn. 28; Renner, a.a.O. § 5 Rn. 21 ff.). Die Klägerin zu 3 kann aufgrund des Ausmaßes ihrer Integration im Bundesgebiet bei gleichzeitiger „Entwurzelung“ nicht auf ein Leben im Irak verwiesen werden, sondern ist auf ein Verbleiben in der Bundesrepublik angewiesen. Diese für einen Ausnahmefall streitende Wertentscheidung des Art. 8 EMRK ist im vorliegenden Fall auch nicht deshalb in einem anderen Licht zu sehen, weil die Ausländerin minderjährig ist. Zwar könnte die Bejahung eines atypischen Falles in einer solchen Konstellation dazu führen, dass über den Rechtsanspruch des Kindes - vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht - nicht integrationswillige oder -fähige Eltern wegen der grundsätzlich schutzbedürftigen familiären Lebensgemeinschaft ein rechtlich legalisiertes Bleiberecht vermittelt werden könnte, was nicht nur einwanderungspolitisch bedenklich wäre, sondern auch dem von der Konvention anerkannten Recht eines Konventionsstaats zuwiderlaufen würde, über den Zuzug von Ausländern und dessen Voraussetzungen selbst zu entscheiden. Im vorliegenden Fall greifen derartige Bedenken jedoch schon im Hinblick auf den Grad der Integration der Eltern der Klägerin zu 3 nicht durch. Diese haben zwar vor allem in sprachlicher und wirtschaftlicher Hinsicht hier noch nicht in einer Weise Fuß gefasst, dass sie Inländern vergleichbar wären. Sie arbeiten jedoch an der Verbesserung der Sprachkenntnisse, verhalten sich entsprechend der deutschen Rechts- und Gesellschaftsordnung - die eingeholten Auskünfte aus dem Zentralregister vom 04.10.2010 weisen keine Eintragungen auf -, engagieren sich hier im Rahmen ihrer Möglichkeiten (so etwa die Klägerin zu 2 als Elternvertreterin oder der Kläger zu 1 beim Fußball seiner Kinder) und sind um die Erlangung einer qualifizierteren und besser bezahlten Erwerbstätigkeit bemüht. Im Übrigen ist im vorliegenden Fall die Diskrepanz zwischen Unterhaltsbedarf und eigenem Einkommen mit 260 EUR relativ betrachtet gering und allein durch die bedarfserhöhend angesetzten Beträge nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II und § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II bedingt. Ein fiktiver Abzug von letztlich tatsächlich vorhandenem Einkommen zu Lasten des Ausländers ist bei einem aus dem Völkerrecht abgeleiteten Aufenthaltsrecht mit dessen Wertentscheidung nicht in Einklang zu bringen.
76 
b.) Die Klägerin zu 3 ist weder im Besitz eines eigenen Passes noch ist sie in dem der Klägerin zu 2 am 24.06.2009 ausgestellten irakischen Reisepass eingetragen (siehe zu dieser Möglichkeit der Erfüllung der Passpflicht § 2 Satz 1 AufenthV). Es liegt jedoch ein Ausnahmefall von der Regelerteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 3 AufenthG vor. Der Zweck der Passpflicht besteht darin, durch den Besitz eines gültigen Passes den Behörden die Feststellung der Identität und der Staatsangehörigkeit sowie der Rückkehrberechtigung seines Inhabers ohne weiteres zu ermöglichen (Renner, a.a.O., § 5 Rn. 14 und Nr. 3.0.8 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift vom 26.10.2009, abgedr. in Renner, a.a.O. vor § 3; GK-AufenthG, § 3 Rn. 14). Nach der Bestätigung der irakischen Botschaft in Berlin vom 11.02.2009 hat die Klägerin zu 3 die regulär geforderten irakischen Unterlagen für die Ausstellung der neuen irakischen Reisepässe mit dem Serienbuchstaben G eingereicht, und der Antrag ist an das zuständige irakische Innenministerium nach Bagdad weitergeleitet worden. Diese Bestätigung liegt mit gleichem Datum auch hinsichtlich ihres Vaters, des Klägers zu 1, vor. Wie die Prozessbevollmächtigte der Kläger in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen erläutert hat, ist im Hinblick auf unterschiedliche Auffassungen zur richtigen Schreibweise des Vornamens des Klägers zu 1, was auch Auswirkungen auf die Pässe der Kinder hat, während des Verfahrens die Erneuerung seines Personalausweises gefordert worden. Der Kläger zu 1 hat dies daraufhin beantragt. Nunmehr sind alle Kläger im Besitz von am 08.08.2010 in Kirkuk ausgestellten irakischen Identitätskarten, die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgelegt worden sind. Unter Berücksichtigung dessen, dass die Eltern der Klägerin zu 3 bereits alle erforderlichen Mitwirkungshandlungen für die Ausstellung eines Reisepasses vorgenommen haben, kann die lange Dauer des Verfahrens durch die Heimatbehörden in Passangelegenheiten, die auch Erkenntnissen des Auswärtige Amt entspricht (siehe etwa Lagebericht vom 28.11.2010, S. 36 f. zur Tätigkeit der irakischen Botschaft), nicht zu Lasten der Klägerin zu 3 gehen (vgl. GK-AufenthG § 5 Rn. 58; Renner, a.a.O., § 5 Rn. 13). Für eine Ausnahme von der Regelerteilungsvoraussetzung in einem solchen Fall spricht auch, dass der Klägerin zu 3 ein sich aus dem Völkerrecht ergebender Anspruch auf Erteilung des Aufenthaltstitels zusteht. Im Übrigen können auch wesentliche Funktionen der Passpflicht mit den in der Berufungsverhandlung vorgelegten Unterlagen hinreichend abgedeckt werden. So ist insbesondere die irakische Staatsangehörigkeit der Klägerin zu 3 nach der im Original vorgelegten irakischen Staatsangehörigkeitsbescheinigungen für ihre Eltern, von denen sie durch Abstammung ihre Staatsangehörigkeit ableitet, unzweifelhaft.
II.)
77 
Der seit dem 31.01.2002 geduldete Kläger zu 4 hat ebenfalls einen Anspruch nach § 25 Abs. 5 Satz 1 und 2 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
78 
Entsprechend den allgemeinen Darlegungen oben unter I.) führt der Kläger zu 4 im Bundesgebiet ein schutzwürdiges Privatleben, das durch die Vorenthaltung eines Aufenthaltstitels unverhältnismäßig beeinträchtigt wird. Der am 01.11.1998 geborene Kläger zu 4 lebt seit über acht Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet und besucht hier altersentsprechend die 6. Klasse der Hauptschule. Seine deutschen Sprachkenntnisse in Wort und Schrift entsprechenden denjenigen von Mitschülern deutscher Herkunft. Er hat einen auch deutsche Freunde umfassenden Freundeskreis, mit dem er verschiedene Aktivitäten außerhalb der Schule durchführt (wie etwa Fahrradtouren oder Theaterspiel) und spielt in einem Verein Fußball. Ebenso wie bei seiner älteren Schwester ist auch für den Kläger zu 4 aus den dort allgemein angestellten Erwägungen heraus eine Duldung nicht ausreichend, um sein Privatleben in einer der Konvention entsprechenden Weise führen zu können. Dass es durch eine Duldung dem Kläger zu 4 nicht möglich ist, etwa an Fußballturnieren und entsprechenden Freizeitaktivitäten seines Vereins außerhalb Baden-Württembergs teilzunehmen, obwohl er dies möchte, d.h. dass dieses Verbot eine Belastung für ihn darstellt, ist in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wie auch schon beim Verwaltungsgericht im Einzelnen deutlich worden.
79 
Der Kläger zu 4 ist in einer Weise in die Lebensverhältnisse im Bundesgebiet integriert, die im Wesentlichen derjenigen der Klägerin zu 3 entspricht. Er hat in etwa drei Viertel seines bisherigen Lebens im Bundesgebiet verbracht und geht in eine Regelschule. Nach dem zuletzt erteilten Zeugnis der Hauptschule (Versetzungszeugnis zum Ende des Schuljahres 2009/10) ist für Deutsch die Note „ausreichend“ vergeben worden; die Leistungen in den übrigen Fächern und Fächerverbünden sind mit „befriedigend“ und „ausreichend“, in einem Fach mit „gut“ bewertet worden. Die in dem Zeugnis ebenfalls enthaltene verbale allgemeine Beurteilung der Arbeitshaltung, Selbstständigkeit und Zusammenarbeit in der Klassen- und Schulgemeinschaft zeigt zwar noch etliche Defizite beim Kläger zu 4 auf (wie etwa schwankende Unterrichtsbeteiligung, Störung des Unterrichts). Es gibt jedoch keine Hinweise darauf, dass es sich hierbei nicht um alters- und entwicklungstypische Erscheinungen handeln würde. Im Übrigen arbeitet der Kläger zu 4 an der Verbesserung seiner Leistungen. Nach einem Schreiben der Kontaktgruppe Asyl ... vom 29.07.2009 erhält er durch den Asylkreis Hilfe bei den Hausaufgaben. Nach anfänglichen Schwierigkeiten komme er zuverlässig zu den Terminen. Er habe Erklärungen in Mathematik und Deutsch schnell verstanden und habe sich die Methoden und Regeln merken können. Er sei auch zu zusätzlichen Leistungen bereit, doch brauche er weiterhin viel Übung, um seine schulischen Leistungen deutlich verbessern zu können. Auch die Sorgfalt und das Gefühl der Verantwortung für seine schulischen Leistungen müssten noch wachsen. Er müsse noch begreifen, wie wichtig Bildung für seinen weiteren Lebensweg sei. Doch sei er auf einem guten Weg. Diese Nachhilfe nimmt er nach wie vor in Anspruch und hat nach einem am 08.12.2010 vorgelegten Schreiben seiner „Nachhilfelehrerein“ erhebliche Fortschritte gemacht. Der Kläger zu 4 ist in der 6. Klasse von seinen Mitschülern zum Klassensprecher gewählt worden, nachdem er zuvor stellvertretender Klassensprecher gewesen war.
80 
Der Kläger zu 4 ist auch außerhalb seines Schulalltags fest in die hier gegebenen gesellschaftlichen und sozialen Lebensverhältnisse eingebunden. In seiner Freizeit spielt er schon seit längerem beim TSV H. Fußball. Er ist - nach seinen Angaben seit zwei Jahren - Kapitän der D-Jugendmannschaft und nimmt auch an Turnieren teil. Zusätzlich spielt er außerhalb des Vereins Fußball und ist auch im Übrigen sportlich sehr aktiv. Nach einer Stellungnahme von ehrenamtlichen Mitarbeitern des Arbeitskreises Asyl vom 02./03.12.2010 trainiert der Kläger zu 4 ferner in einem Boxverein und nimmt außerdem Angebote der evangelischen Kirchengemeinde ... für Kinder wahr. Als jüngeres Kind hat er am Laternenumzug teilgenommen. Ebenso wie seine ältere Schwester engagiert sich der Kläger zu 4 seit April 2010 bei dem Theaterprojekt „Yourstory“ des Jugendhauses ... in Kooperation mit der „freien bühne ...“. Nach den für den Kläger zu 4 erstellten Berichten eines Diplomsozialpädagogen vom Schülercafé ... vom 28.04.2010, vom 04.10.2010 und vom 07.12.2010 komme er häufig zu den verschiedenen Angeboten des Schülercafés. Er nehme regelmäßig an einem wöchentlichen Fußballprogramm teil. Er komme zum Jungentreff und nutze am Freitagabend gerne das Angebot des Teenietreffs. In den Pfingstferien 2009 sei er Teilnehmer der viertägigen Fahrradfreizeit gewesen. Er beteilige sich rege am Geschehen in der Einrichtung. Meistens nutze er mit gleichaltrigen Freunden die Angebote. Er sei sehr aktiv und voll integriert. Insgesamt gesehen unterscheidet sich die Lebensweise des Klägers zu 4 in gesellschaftlicher und sozialer Hinsicht nicht von derjenigen, wie sie auch von gleichaltrigen Schülern deutscher Herkunft gelebt wird. Unter Berücksichtigung des Maßes der Integration unter wirtschaftlicher Hinsicht und mit Blick auf den Duldungsstatus bereits oben unter I. 3.) getroffenen Feststellungen, die für den Kläger zu 4 gleichermaßen gelten, ist auch bei ihm davon auszugehen, dass er in erheblichem Maße im Bundesgebiet integriert ist.
81 
In Ansehung des erreichten Integrationsstands ist ihm auch trotz seines stets nur geduldeten Aufenthalts eine Rückkehr in den Irak ebenfalls nicht zuzumuten. Der Kläger zu 4 lebt im Bundesgebiet seitdem er drei Jahre alt gewesen ist. Den Irak kennt er aus eigenem Erleben nicht mehr. Er kann sich zwar in der Muttersprache seiner Eltern verständigen, hat jedoch keine Kenntnisse der Schriftsprache. Auf eine Hilfestellung seiner Eltern bei der - erstmaligen -Integration in seinen Passstaat kann er nicht verwiesen werden, weil diese auch ihm gegenüber entsprechend den Ausführungen oben unter I. 4.c.) nicht in der Lage wären, die erforderliche Unterstützung zu gewähren. Entsprechend den Darlegungen oben unter I. 5.) stehen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK die Regelerteilungsvoraussetzungen nicht entgegen.
III.)
82 
Den Klägern zu 1, 2 und 5 steht mit Rücksicht auf die stets gelebte und dem Schutz von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK unterfallende familiäre Lebensgemeinschaft mit den Klägern zu 3 und 4 ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu. Zwar könnte eine Trennung von den Klägern zu 3 und 4 auch dadurch vermieden werden, dass die Abschiebung der übrigen Familienmitglieder weiter ausgesetzt wird. Das Rechtsinstitut der Duldung ist jedoch nicht dazu bestimmt, einen nach der Verfassung gebotenen dauernden Aufenthalt zu sichern und zu ermöglichen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.11.2009 - 13 S 2002/09 - juris Rn. 42; vgl. auch GK-AufenthG, § 60a Rn. 133 ff.). Hinsichtlich der Regelerteilungsvoraussetzungen gelten mit Blick auf den verfassungsrechtlich gebotenen weiteren Aufenthalt die Ausführungen unter I. 5.) entsprechend.
IV.)
83 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 und 3, § 159 Satz 1 VwGO und § 100 Abs. 1 ZPO.
84 
Die Zulassung der Revision beruht auf § 132 Abs. 2 Nr. Nr. 1 VwGO. Die zwischen den Beteiligten umstrittene Rechtsfrage, ob bei einem im Bundesgebiet - mit Blick auf die Verhältnisse im Herkunftsstaat - stets nur geduldeten Aufenthalt der Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens eröffnet ist, ist grundsätzlich klärungsbedürftig und klärungsfähig
85 
Beschluss vom 13. Dezember 2010
86 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf 25.000,-- EUR festgesetzt.
87 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
20 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht den von den Klägern jeweils geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG bejaht. Die zulässigen Verpflichtungsklagen sind begründet; die Bescheide der Beklagten vom 18.12.2008 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 08.05.2009 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger daher in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
21 
Die Klägerin zu 3 hat in dem für die Sach- und Rechtslage maßgebenden Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aus dem Recht auf Achtung ihres Privatlebens nach Art. 8 EMRK einen Anspruch auf Legalisierung ihres Aufenthalts gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG (I.). Der sachliche und personelle Anwendungsbereich des Art. 8 EMRK ist eröffnet. Auch ein Ausländer, der seit seiner Einreise in das Bundesgebiet nur über einen geduldeten Aufenthalt nach § 60a Abs. 2 AufenthG verfügt, kann sich auf das Recht auf Achtung seines Privatlebens berufen. Der prekären aufenthaltsrechtlichen Situation ist im Rahmen der Prüfung des Art. 8 Abs. 2 EMRK nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Rechnung zu tragen (1.). Der Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens besteht darin, dass durch die Vorenthaltung eines verlässlichen Aufenthaltsstatus das Privatleben der Klägerin zu 3 unverhältnismäßig beeinträchtigt wird (2.). Sie ist in besonderem Maße im Bundesgebiet integriert (3.). Auch unter Berücksichtigung ihres prekären Aufenthaltsstatus kann ihr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eine Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht zugemutet werden (4.). Dem Anspruch der Klägerin zu 3 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis stehen die Regelerteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Nrn. 1 und 4 AufenthG nicht entgegen (5.). Auch der Kläger zu 4 hat aus dem Recht auf Achtung seines Privatlebens nach Art. 8 EMRK einen Anspruch auf Legalisierung seines Aufenthalts gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG (II.). Den Klägern zu 1, 2 und 5 steht ein Anspruch auf Erteilung eines Titels nach § 25 Abs. 5 AufenthG im Hinblick auf die jeweils mit den Klägern zu 3 bzw. 4 gelebte familiäre Lebensgemeinschaft zu (III.).
I.)
22 
Der Klägerin zu 3 ist nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.
23 
Nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall des Ausreisehindernisses nicht in absehbarer Zeit zu rechnen ist. Nach Satz 2 soll die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist.
24 
Die Klägerin zu 3 ist aufgrund der im Asylverfahren ergangenen Abschiebungsandrohung gemäß Bescheid des Bundesamts vom 29.10.1999 vollziehbar ausreisepflichtig. Sie wird seit 31.01.2002 bis heute ununterbrochen („ketten“-)geduldet und damit um ein Vielfaches länger als der in § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG definierte Zeitraum. Die - freiwillige - Ausreise der Klägerin zu 3 ist aus rechtlichen Gründen unmöglich, weil einer solchen das Recht auf Achtung des Privatlebens aus Art. 8 EMRK entgegensteht. Der Begriff der Ausreise umfasst die zwangsweise Abschiebung und die freiwillige Ausreise (BVerwG, Urteile vom 10.11.2009 - 1 C 19.08 - juris Rn. 12 und vom 27.6.2006 - 1 C 14.05 - juris Rn. 15). Da die Ausreise eine unvertretbare Handlung darstellt, ist die Unmöglichkeit im Hinblick auf den betroffenen Ausländer zu prüfen. Eine rechtliche Unmöglichkeit liegt vor, wenn es diesem Ausländer aus Rechtsgründen nicht zuzumuten ist, Deutschland zu verlassen. Allgemeine Widrigkeiten oder Überlegungen humanitärer Art, die keine Abschiebungshindernisse zur Folge haben, bleiben dabei unberücksichtigt. Somit ist die Ausreise unzumutbar und damit unmöglich, wenn rechtliche zielstaats- und/oder inlandsbezogene Abschiebungshindernisse bestehen (BVerwG, Urteil vom 27.6.2006 - 1 C 14.05 - juris Rn. 17). Zu den inlandsbezogenen Abschiebungsverboten zählen auch die Verbote, die aus Verfassungsrecht (z.B. Art. 6 GG) oder aus Völkervertragsrecht (etwa Art. 8 EMRK) in Bezug auf das Inland herzuleiten sind (BVerwG, Urteil vom 27.6.2006, a.a.O.).
25 
1.) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Klägerin zu 3 die Berufung auf § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK nicht deshalb verwehrt, weil die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG nicht erfüllt worden sind. Die Klägerin zu 3 und ihre Familie haben sich zum Stichtag am 01.07.2007 nicht - wie von § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG für Familien mit minderjährigen Kindern gefordert - seit mindestens sechs Jahren im Bundesgebiet aufgehalten. Sie sind zwar erstmals im Juli 1999 in das Bundesgebiet eingereist. Allerdings kann auf diesen Zeitpunkt nicht abgestellt werden, weil die Familie den Angaben im Asylfolgeverfahren zufolge nach Erlass des ablehnenden Bescheids des Bundesamts vom 29.10.1999 zunächst in der Türkei gegangen ist, um dort zu leben (siehe im Einzelnen den Schriftsatz ihres damaligen Prozessbevollmächtigten vom 28.03.2002 im Verfahren A 2 K 10431/02). In einem solchen Fall liegt keine unschädliche Unterbrechung der Aufenthaltszeiten vor (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.12.2009 - 13 S 2092/09 - juris Rn. 22 ff.; GK-AufenthG, § 104a Rn. 12 ff.). Erst mit ihrer Rücküberstellung aus Schweden am 23.01.2002 - dorthin war die Familie nach ihrer Abschiebung in den Irak durch die türkischen Behörden zum Zwecke der Asylantragstellung gereist - hat daher der für § 104a AufenthG relevante Aufenthaltszeitraum zu laufen begonnen. Aus der Existenz von Bleiberechts- und Altfallregelungen ergibt sich jedoch keine Sperrwirkung für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK (so aber Fritzsch, Die Grenzen des völkerrechtlichen Schutzes sozialer Bindungen von Ausländern nach Art. 8 EMRK, ZAR 2010, 14; Kluth/Hund/Maaßen, Zuwanderungsrecht, 2008, § 4 Rn. 661, 664). Systematisch stehen die Altfallregelungen der §§ 104a und 104b AufenthG neben § 25 Abs. 5 AufenthG (näher Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl. 2011, § 25 Rn. 78; Eckertz-Höfer, Neuere Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung zum Schutz des Privatlebens, ZAR 2008, 41, 42). Die in den Altfallregelungen normierten generalisierten Fallkonstellationen, die rechtspolitisch begründet und nicht etwa verfassungs- bzw. völkerrechtlichen Bindungen des Gesetzgebers geschuldet sind, berühren die hiervon losgelöste Einzelfallbetrachtungen auf der Grundlage der Menschenrechtskonvention nicht (vgl. auch VGH Bad-Württ., Urteil vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - juris Rn. 19 und Beschluss vom 03.11.2008 - 11 S 2235/08 - juris Rn. 12).
26 
a.) Mit Blick auf den Aufenthalt umfasst das Recht auf Achtung des Privatlebens die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt. Ein Eingriff in die Rechte aus Art. 8 Abs. 1 EMRK muss gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK eine in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Maßnahme darstellen, die durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und mit Blick auf das verfolgte legitime Ziel auch im engeren Sinne verhältnismäßig ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 - InfAuslR 2007, 275, 277 m.w.N.). Allerdings darf die Vorschrift nicht so ausgelegt werden, als verbiete sie allgemein eine gegebenenfalls auch zwangsweise Aufenthaltsbeendigung bei Ausländern bereits deswegen, weil diese sich eine bestimmte Zeit im Aufnahmeland aufgehalten haben. Nach der ständigen Spruchpraxis des EGMR lässt sich aus Art. 8 Abs. 1 EMRK grundsätzlich kein irgendwie geartetes Recht dahingehend ableiten, ein Ausländer dürfe sich einen Aufenthaltsort in einem Konventionsstaat frei wählen. Vielmehr ist den Konventionsstaaten grundsätzlich ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt, ob und unter welchen Voraussetzungen sie Einwanderung in ihr Hoheitsgebiet zulassen wollen. Unter anderem in seinen Entscheidungen vom 16.09.2004 (11103/03 - - NVwZ 2005, 1046), vom 07.10.2004 (33743/03 - - NVwZ 2005, 1043) und vom 18.10.2006 (46410/99 - <Üner> - NVwZ 2007, 1279) hat der EGMR ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen bzw. abgeschoben zu werden. Die Vertragsstaaten haben vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Aufenthaltsbeendigung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden (siehe hierzu auch BVerwG, Urteile vom 09.12.1997 - 1 C 19.96 - NVwZ 1998, 742 und vom 29.09.1998 - 1 C 8.98 - NVwZ 1999, 303; VGH Bad.-Württ, Urteil vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 - ZAR 2006, 142 und Beschluss vom 10.05.2006 - 11 2345/05 - juris; HessVGH, Urteil vom 07.07.2006 - 7 UE 509/06 - juris und Beschluss vom 15.02.2006 - 7 TG 106/06 - InfAuslR 2006, 217; NdsOVG, Beschlüsse vom 11.05.2006 - 12 ME 138/06 - InfAuslR 2006, 329 und vom 01.09.2006 - 8 LA 101/06 - juris; OVG NRW, Beschluss vom 11.01.2006 - 18 B 44/06 -AuAS 2006, 144).
27 
Dessen ungeachtet kann nach der Rechtsprechung des EGMR unter anderem in den Sachen „Silvenko“ (Urteil vom 09.10.2003 - 48321/99 - EuGRZ 2006, 560), „Sisojeva I und II“ (Urteil vom 16.06.2005 - 60654/00 - EuGRZ 2006, 554 und Entscheidung vom 15.01.2007 - InfAuslR 2007, 140), „Rodrigues da Silva und Hoogkammer“ (Urteil vom 31.01.2006 - 50435/99 - EuGRZ 2006, 562) sowie „Mendizabal“ (Urteil vom 17.01.2006 - 51431/99 - InfAuslR 2006, 297) ausnahmsweise auch die Aufenthaltsbeendigung bzw. die Verweigerung der Legalisierung des Aufenthalts einen - rechtfertigungsbedürftigen - Eingriff in das Privatleben darstellen, wenn der Ausländer über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat verfügt. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung mit der Bundesrepublik Deutschland als Aufenthaltsstaat kommt danach für solche Ausländer in Betracht, die auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse bei gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland so eng mit der Bundesrepublik verbunden sind, dass sie gewissermaßen deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind, während sie mit ihrem Heimatland im Wesentlichen nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.09.1998 - 1 C 8.96 - NVwZ 1999, 303; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 - ZAR 2006, 142 und Beschlüsse vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - VBlBW 2009, 357 und vom 08.03.2010 - 11 S 48/10 -).
28 
Für diese den Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens eröffnende Verbundenheit ist das Bestehen wirtschaftlicher Bindungen zwar regelmäßig typisch, aber nicht unerlässlich. Bei Kindern, die - wie die Klägerin zu 3 - der allgemeinen Schulpflicht unterliegen, nicht erwerbstätig sein dürfen und daher in wirtschaftlicher Hinsicht grundsätzlich noch keine eigenen Bindungen an die Bundesrepublik aufgebaut haben, wäre andernfalls eine Berufung auf das Recht auf Privatleben von vornherein ausgeschlossen, was der Konzeption des Art. 8 EMRK als Menschenrecht widerspräche. Wären wirtschaftliche Bindungen dem Recht auf Achtung des Privatlebens immanente Tatbestandsvoraussetzungen, so wären gerade Kinder, die diese nicht eigenständig begründen können, insoweit vom Schutz der Konvention ausgeschlossen. Dass der eigenständige Aufbau einer wirtschaftlichen Existenzgrundlage für ein schützenswertes Privatleben nicht zwingend konstitutiv sein muss, lässt sich auch aus einem Vergleich mit Art. 16 des Übereinkommens über die Rechte der Kinder (Gesetz vom 17.02.1992, BGBl II S. 121) ersehen, in dem die Vertragsstaaten ausdrücklich vereinbart haben, den Schutz des Privatlebens eines Kindes prinzipiell anzuerkennen. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Gedanke der „starken persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bindungen“ vor allem auch dazu dient, solche Konstellationen aus dem Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK „herauszufiltern“, bei denen es nicht gerechtfertigt ist, im Rahmen der Schranken des Absatzes 2 überhaupt in eine umfassende Interessens- und Verhältnismäßigkeitsprüfung einzutreten. Jedenfalls dann, wenn aber - quantitativ betrachtet - ein längerer Aufenthalt vorliegt und - unter einem qualitativen Aspekt - besondere Integrationsleistungen erbracht wurden, ist der Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens eröffnet (GK-AufenthG, § 60a Rn. 174 f.). Auch der EGMR geht etwa im Urteil vom 18.10.2006 in der Rechtssache „Üner“ (46410/99 - NVwZ 2007, 1279) von einem denkbar weiten Schutzbereich aus und erachtet als Bestandteil des Privatlebens im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK „die Gesamtheit der sozialen Beziehungen“. Dies entspricht der europäischen Tradition des „in dubio pro libertate“.
29 
Gemessen hieran verfügt die Klägerin zu 3 über Bindungen zum Bundesgebiet, die dem Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens unterfallen. Die am 26.04.1997 geborene Klägerin zu 3 hält sich seit über acht Jahren ununterbrochen hier auf und besucht mittlerweile die 7. Klasse der Hauptschule. Ihre Fähigkeiten in der deutschen Sprache entsprechen, wie sich der Senat in der mündlichen Verhandlung überzeugen konnte, denjenigen von Kindern deutscher Herkunft, die ihr in Alter und Bildungsstand vergleichbar sind. Sie verfügt über einen - auch deutsche Freunde umfassenden -Freundeskreis und ist im Vereinsleben (als Mannschaftsfußballspielerin) und auch im sonstigen gesellschaftlichen Leben (unter anderem in einem Theaterprojekt) aktiv.
30 
Selbst wenn man im Übrigen der Auffassung wäre, dass unter aufenthaltsrechtlichen Aspekten auch wirtschaftliche Bindungen für die Eröffnung des Schutzbereichs des Rechts auf Achtung des Privatlebens unerlässlich wären und bei Minderjährigen deshalb insoweit auf ihre Sorgeberechtigten abzustellen wäre, würde dies im vorliegenden Fall zu keinem anderen Ergebnis führen. Denn beide Elternteile verfügen über hinreichend qualifizierte wirtschaftliche Kontakte. Die Klägerin zu 2 arbeitet seit 23.11.2009 bei der Metzgerei Z. als geringfügig Beschäftigte. Der Kläger zu 1 ist seit 2005 überwiegend - wenn auch in unterschiedlichem Umfang und den Lebensunterhalt nicht allein deckend - erwerbstätig.
31 
b.) Der Eröffnung des Schutzbereichs des Rechts auf Achtung des Privatlebens steht ferner nicht entgegen, dass die Klägerin zu 3 während ihres gesamten bisherigen Aufenthaltes im Bundesgebiet keinen Aufenthaltstitel besessen hat.
32 
aa.) Es ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob sich Ausländer, deren Aufenthalt stets lediglich geduldet worden ist, auf den Schutz der Achtung des Privatlebens berufen können (dies bejahend: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.07.2009 - 11 S 1622/07 - juris Rn. 80 und Beschlüsse vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - juris Rn. 17, vom 03.11.2008 - 11 S 2235/08 - InfAuslR 2009, 72 und vom 25.10.2007 - 11 S 2019/07 - InfAuslR 2008, 29; BremOVG, Beschluss vom 22.11.2010 - 1 A 383/09 - juris Rn. 14 ff.; VG Frankfurt, Urteil vom 15.12.2009 - 7 K 1621/08.F - InfAuslR 2010, 302; VG Stuttgart, Urteil vom 26.10.2006 - 4 K 1753/06 - juris Rn. 28 f.; GK-AufenthG, § 25 Rn. 150; HK-AuslR, § 25 Rn. 56; Eckertz-Höfer, Neuere Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung zum Schutz des Privatlebens, ZAR 2008, 41, 44 f.; Bergmann, Aufenthaltsrecht aufgrund von Verwurzelung, ZAR 2007, 128 ff.; Thym, Menschenrecht auf Legalisierung des Aufenthalts?, EuGRZ 2006, 541, 546 ff.; ders., Humanitäres Bleiberecht zum Schutz des Privatlebens?, InfAuslR 2007, 133, 138; Benassi, Die Bedeutung der humanitären Aufenthaltsrechte des § 25 Abs. 4 und 5 AufenthG im Lichte des Art 8 EMRK, InfAuslR 2006, 397, 401 ff.; Hoppe, Verwurzelung von Ausländern ohne Aufenthaltstitel - Wann kann Art. 8 Abs. 1 EMRK zu einem Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG verhelfen?, ZAR 2006, 125, 128 f.; Marx, Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG wegen Verwurzelung, ZAR 2006, 261, 266; Sander, Der Schutz des Aufenthalts durch Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, 2008, S. 346; Mayer, Systemwechsel im Ausweisungsrecht - der Schutz „faktischer Inländer“ mit und ohne familiäre Bindungen nach dem Grundgesetz und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), VerwArch 2010, 482, 523) oder ob ein Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK, das den Schutzbereich der Vorschrift eröffnet, nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht kommt (in diesem Sinne: NdsOVG, Beschlüsse vom 12.08.2010 - 8 PA 182/10 - juris Rn. 5, vom 14.05.2009 - 8 LB 158/06 - juris Rn. 24, vom 17.07.2008 - 8 ME 42/08 - juris Rn. 2 und vom 01.09.2006 - 8 LA 101/06 - juris; HessVGH, Urteil vom 07.07.2006 - 7 UE 509/06 - ZAR 2006, 413; Hailbronner, Ausländerrecht, § 25 Rn. 131; Storr/Wenger/Eberle/Albrecht/Harms, Zuwanderungsrecht, 2. Aufl. 2008, § 25 Rn. 31; Fritzsch, Der Schutz sozialer Bindungen von Ausländern, 2009, S. 102 ff., 149 ff. 188 f.; ders., Die Grenzen des völkerrechtlichen Schutzes sozialer Bindungen von Ausländern nach Art. 8 EMRK, ZAR 2010, 14, 16 ff.; Bundesministerium des Innern, Bericht zur Evaluierung des Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung des Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz), Juli 2006, Nr. 2.3.10.1.6, S. 80; dies offenbar grundsätzlich annehmend auch BVerwG, Urteile vom 26.10.2010 - 1 C 18.09 - juris Rn. 14 und vom 30.04.2009 - 1 C 3.08 - NVwZ 2009, 1239 Rn. 20).
33 
Soweit sich das Verwaltungsgericht zur Begründung seiner Auffassung, der Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 EMRK sei auch bei nur Geduldeten eröffnet, auf das Urteil des EGMR vom 16.06.2005 (60654/00 - - InfAuslR 2005, 349) berufen hat, wonach dieser explizit keine willentliche Legalisierung verlange (so etwa auch Benassi, InfAuslR 2006, 397, 403), ergibt sich das in dieser Allgemeinheit aus der Entscheidung nicht. Denn die dortigen Beschwerdeführer hatten jahrelang rechtmäßig in der früheren Sowjetunion (im Gebiet des heutigen Lettland) und auch danach noch in Lettland selbst gelebt und ihnen war erst später zum Teil als staatenlos gewordene russische Volkszugehörige ein Aufenthaltsrecht bestritten worden, nachdem sie nach 1989 sogar noch zeitlich befristete Aufenthaltstitel erhalten hatten (vgl. näher Thym, EuGRZ 2006, 541, 545 ff.). Die Entscheidung ist Teil der einzelfallbezogenen Rechtsprechung des EGMR, in der dieser bislang nicht ausdrücklich entschieden hat, ob ein - jedenfalls zeitweiliger - rechtmäßiger Aufenthalt Voraussetzung für die Begründung schutzwürdiger sozialer Bindungen ist (vgl. aus der Rechtsprechung des EGMR etwa Urteile vom 06.02.2001 - 44599/98 -, NVwZ 2002, 453, 455, vom 16.09.2004 - 11103/03 - , a.a.O., vom 07.10.2004 - 3374/03 , a.a.O. und vom 08.04.2008 - 21878/06 - ). Zwar hat der EGMR im Urteil vom 30.01.2006 (50435/99 - - a.a.O.) ausgeführt, „dass Personen, die, ohne den geltenden Gesetzen zu entsprechen, die Behörden eines Vertragsstaates mit ihrer Anwesenheit in diesem Staat konfrontieren, im Allgemeinen nicht erwarten können, dass ihnen ein Aufenthaltsrecht zugesprochen wird.“ Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, der Schutzbereich im Falle einer nicht erfolgten ausdrücklichen Legalisierung wäre von vornherein verschlossen. Das Recht der Vertragsstaaten auf Kontrolle ihrer Zuwanderung gebietet keine solche Auslegung. Ihr Recht, über die Zuwanderung von Ausländern eigenständig zu bestimmen, wird allein dadurch, dass einem Ausländer die Berufung auf den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK ermöglicht wird, nicht tangiert. Dies kann vielmehr erst Ergebnis der im Rahmen des Art. 8 Abs. 2 EMRK durchzuführenden Prüfung sein, bei der auch die Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern als legitime Ziele eines Eingriffs einzustellen sind. Der Grundsatz, dass die Mitgliedstaaten selbst über Einreise- und Aufenthaltsrechte disponieren können, hat keinen Absolutheitsanspruch. Auch aus der Freizügigkeitsregelung in Art. 2 des 4. Zusatzprotokolls zur Menschrechtskonvention folgt nicht, dass die Begründung eines schutzwürdigen Privatlebens nur bei einem rechtmäßigen Aufenthalt im Vertragsstaat in Betracht kommt (so aber Fritzsch, ZAR 2010, 14, 19). Nach dessen Art. 2 Abs. 1 hat jede Person, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Staates aufhält, das Recht, sich dort frei zu bewegen und ihren Wohnsitz frei zu wählen. Dieses Zusatzprotokoll dient ausdrücklich dazu, „gewisse Rechte und Freiheiten zu gewährleisten, die nicht bereits in der Konvention oder im ersten Zusatzprotokoll enthalten sind“. Soweit für die Gewährung von Freizügigkeit auf die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts abgestellt wird, erfolgt dies mit Blick auf diese besondere Gewährleistung, dient aber nach der Intention des Zusatzprotokolls keinesfalls dazu, den Schutzbereich des bereits durch die Konvention selbst gewährten Rechts auf Achtung des Privatlebens einschränkend zu bestimmen. Eine Unterscheidung in unterschiedlich werthaltige Privatleben ist Art. 8 EMRK nicht immanent (Hoppe, ZAR 2006, 125, 127). Darüber hinaus ist ein Verständnis dahingehend, dass ein Privatleben, das den Schutzbereich der Vorschrift eröffnet und eine „Verwurzelung“ begründet, nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht kommt, angesichts der Schranke des Art. 8 Abs. 2 EMRK weder erforderlich noch sinnvoll. Abgesehen davon, dass diese Begrenzung des Schutzbereiches durch die Aufnahme des „Vertrauensmerkmals“ wenig konturenscharf ist, steht ein zu eng gefasster Schutzbereich einem einzelfallbezogenen gerechten Interessenausgleich oftmals entgegen und ist zudem geeignet, die Wirksamkeit des konventionsrechtlichen Schutzes zu schmälern (GK-AufenthG, § 60a Rn. 173 f. m.w.N.). Gerade bei Personen, die aus Krisengebieten kommen und bei denen über Jahre hinweg die Abschiebung ausgesetzt worden ist, verbaut eine vorschnelle Ausgrenzung aus dem Schutzbereich die Möglichkeit, den Fallkonstellationen angemessen Rechnung tragen zu können, in denen die Ausländerbehörde in der Vergangenheit über Jahre hinweg nur „Kettenduldungen“ erteilt hatte, obwohl im Grunde realistischer Weise keine Abschiebungs- und Ausreisemöglichkeit bestanden hatte. Solchen Personen, die im Hinblick auf die Verhältnisse in ihrem Heimatland geduldet werden, wird mit der Aussetzung der Abschiebung faktisch eine „Hand zum Verbleib“ gereicht; der Staat zwingt den Ausländer gerade nicht dazu, das Land seines jetzigen Aufenthalts zu verlassen (Hoppe, ZAR 2006, 125, 127). Dies zeigt sich insbesondere im vorliegenden Fall, in dem - mit Blick auf die seit 2003 herrschende Situation im Irak - zu keinem Zeitpunkt auf die Beendigung des Aufenthaltes der Klägerin zu 3 und ihrer Familie hingewirkt worden ist. Vielmehr ist ihren Eltern im Januar 2008 die Beschäftigung sogar uneingeschränkt erlaubt worden, was den weiteren Aufbau wirtschaftlicher Bindungen begünstigt. Ein weiter Schutzbereich mit einer Verlagerung der Aufenthaltsstatusfragen in die Schrankenprüfung erlaubt daher eher dem Einzelfall adäquate Lösungen als eine zu enge Definition des Schutzbereichs. Mögliche Missbrauchsfälle sind kein generelles Argument hiergegen. Zwar ist nach dem Bericht des Bundesinnenministeriums zur Evaluierung des Zuwanderungsgesetzes „die lange Aufenthaltsdauer in der Mehrzahl der Fälle der langjährig Geduldeten auf Verfahrensverschleppungen, missbräuchliche Antragstellungen und fehlende Mitwirkungsbereitschaft zurückzuführen“ (a.a.O. Nr. 2.3.10.3, S. 84). Solche Fälle können jedoch stets im Rahmen der Prüfung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK „ausgesondert“ werden. Eine weite Fassung des Rechts auf Achtung des Privatlebens entspricht im Übrigen auch der Grundrechtsdogmatik des Bundesverfassungsgerichts bei Art. 2 Abs. 1 GG, das insoweit ebenfalls von einem weiten Schutzbereich ausgeht (siehe etwa BVerfG, Beschluss vom 10.08.2007 - 2 BvR 535/06 - juris).
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bb.) Erst recht ist im Übrigen die Eröffnung des Schutzbereichs bei Geduldeten anzunehmen, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Rechtsordnung in der Vergangenheit einen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vorgesehen hat, der im Einzelfall auch zu realisieren gewesen wäre. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die seinerzeit ausländerrechtlich nicht anwaltlich vertretenen Eltern der Klägerin zu 3 - in Unkenntnis der Rechtslage - keinen entsprechenden Antrag bei der Ausländerbehörde gestellt hatten. Auch ein in der Vergangenheit nach dem Ausländerrecht bestehender, durch die Behörde aber nicht erfüllter Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, stellt eine „Handreichung des Staates“ dar.
35 
Die Kläger zu 1 bis 4 waren aufgrund der Abschiebungsandrohung mit Bescheid des Bundesamtes vom 29.10.1999 seit dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens durch Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24.01.2001 vollziehbar ausreisepflichtig und ab 31.01.2002 geduldet. Nach § 30 Abs. 3 AuslG 1990 konnte einem Ausländer, der unanfechtbar ausreisepflichtig war, eine Aufenthaltsbefugnis abweichend von § 8 Abs. 1 AuslG erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 AuslG für eine Duldung vorlagen, weil seiner freiwilligen Ausreise Hindernisse entgegenstanden, die er nicht zu vertreten hatte. Die Regelung ermöglichte die Legalisierung eines schon länger geduldeten Aufenthalts, wobei als Ermessenkriterien die Schwere der zu erwartenden Beeinträchtigungen im Fall der Ausreise, die Dauer der Abschiebungshindernisse und die Art der Duldungsgründe herangezogen werden konnten (Kanein/Renner, Ausländerrecht, 6. Aufl. 1993, § 30 Rn. 9). Nach § 34 AuslG konnte die Aufenthaltsbefugnis für jeweils längstens zwei Jahre erteilt und verlängert werden, wobei die jeweilige Frist nach der Art der Erteilungsgründe und der Möglichkeit ihres Fortfalls zu bemessen war (Kanein/Renner, a.a.O., § 34 Rn. 2).
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Weshalb die Klägerin zu 3 und ihre Familie nach der Entscheidung des Bundesamts über ihren Folgeantrag mit Bescheid vom 05.02.2002 danach im Jahre 2002 und Anfang 2003 geduldet wurden, obwohl ordnungsgemäß ausgefüllte Anträge auf Ausstellung eines Passersatzes vorlagen, erschließt sich anhand der Akten nicht. Auch die Beklagte und das beigeladene Land haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hierfür keinen nachvollziehbaren Grund benennen können. In der Folgezeit waren die am 20.03.2003 im Irak begonnene Militäraktion und die danach nicht bestehenden Rückführungsmöglichkeiten ursächlich für die Aussetzung der Abschiebung (vgl. auch Schreiben des Innenministeriums vom 27.11.2003 und vom 29.07.2004 - jew. Az.:4-13-IPK/12). Nachdem im Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 07.08.2003 die Rückkehrmöglichkeiten aus dem Ausland in den Irak aufgrund der von den Nachbarländern geschlossenen Grenzen verneint worden waren, wurden im Lagebericht vom 06.11.2003 die Möglichkeiten dargestellt, wie auf dem Landweg und mit welchen Dokumenten eine Einreise in den Irak erfolgen konnte (siehe im Einzelnen S. 15 f.). Eine Rückkehr über Kuwait, Iran, Türkei oder Saudi-Arabien war für aus westlichen Ländern kommende Iraker aufgrund der ganz oder jedenfalls für diesen Personenkreis immer wieder geschlossenen Grenzen praktisch nicht realisierbar. Grundsätzlich kam aber eine Einreise über Jordanien oder Syrien in den Irak in Betracht. Aus Deutschland kehrten Iraker mit Hilfe der Internationalen Organisation für Migration über Jordanien zurück (Taxi Amman - Bagdad). Auf dieser Route waren grundsätzlich irakische Pässe erforderlich. Ferner bestand die Möglichkeit, ab Damaskus mit Kleinbussen nach Bagdad zu fahren; syrische Grenzbehörden akzeptierten neben den irakischen Reisepässen auch Ersatzdokumente. In den folgenden Lageberichten des Auswärtigen Amtes (vom 07.05.2004, 02.11.2004 und 24.11.2005) wurden insoweit keine grundsätzlichen Änderungen berichtet. Zwar hätten die Klägerin zu 3 und ihre Familie danach theoretisch den Irak auf dem Landweg erreichen können, wobei die Kläger allerdings erst in ihrer Herkunftsregion Kirkuk eine notwendige Unterstützung durch dort noch lebende Verwandte hätten erlangen können. Eine freiwillige Ausreise war ihnen in Anbetracht der schon mit der Reise über den Landweg unmittelbar verbundenen Gefahren - so war etwa auf Straßenverbindungen wie beispielsweise der Straße von Bagdad nach Amman, der wichtigsten Verbindung Bagdads mit dem Ausland, ständig mit bewaffneten Überfällen zu rechnen, bei denen auch Menschen zu Tode kamen (näher Lageberichte vom 07.05.2004, S. 8 ff. und vom 02.11.2004, S. 12 ff.) - aber auch mit Blick auf die katastrophale Versorgungssituation, die sie im damaligen Irak vorgefunden hätten, nicht zumutbar gewesen. Die Klägerin zu 2 war schwanger mit der am 04.06.2004 geborenen Klägerin zu 5 und der Kläger zu 4 gerade erst fünf Jahre alt. Eine Schwangere sowie kleine Kindern sind jedoch in besonderem Maße auf die ihren Bedürfnissen entsprechende Versorgung mit sauberem Wasser und Lebensmitteln, aber auch auf die Verfügbarkeit medizinischer Hilfe angewiesen. Der Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 30.04.2003 beschrieb die medizinische Versorgung, die Versorgung mit Nahrungsmitteln sowie Strom und Wasser als angespannt und kritisch (siehe im Einzelnen S. 2 f.). Die Lageberichte vom 07.08.2003 und 06.11.2003 zeichneten kein grundlegend anderes Bild. Im letztgenannten Lagebericht hieß es, dass sich die Stromversorgung nach der Besetzung des Landes drastisch verschlechtert habe, die Wasserversorgung von der schlechten Stromversorgung in Mitleidenschaft gezogen worden und weiterhin kritisch sei, die medizinische Versorgung angespannt bleibe, da viele Krankenhäuser - sofern sie überhaupt in Betrieb seien - unter schlechten hygienischen Bedingungen und mangelnder Energieversorgung litten und für die Versorgung der Bevölkerung Nahrungsmittel verteilt werden müssten. Diese Einschätzung wurde auch in den folgenden Lageberichten vom 07.05.2004 (vgl. dort S. 10 ff.), 02.11.2004 (S. 15 f., 19) und 24.11.2005 (S. 27 f.) im Wesentlichen aufrechterhalten.
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Selbst unter Berücksichtigung dessen, dass der Ausländerbehörde aufgrund der Veränderbarkeit persönlicher Verhältnisse und der Zustände im Herkunftsland zeitlich ein Spielraum zugebilligt werden musste, bevor die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 3 AuslG in Betracht kam, wäre eine solche unter Reduzierung des eingeräumten Ermessens auf Null jedenfalls spätestens im Laufe des Jahres 2004 zu erteilen gewesen. Dem stand nicht entgegen, dass nach dem Schreiben des Innenministeriums an die nachgeordneten Ausländerbehörden zur Rückführung irakischer Staatsangehöriger vom 27.11.2003 im Hinblick auf die grundsätzliche Möglichkeit und Zumutbarkeit einer freiwilligen Rückkehr in den Irak die Erteilung und Verlängerung von Aufenthaltsbefugnissen nach § 30 Abs. 3 und 4 AuslG „in der Regel nicht mehr in Betracht kommt“ und nach den Angaben eines Vertreters des beigeladenen Landes in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ihm landesweit kein Fall bekannt sei, in dem eine Familie, die sich in einer dem vorliegenden Fall vergleichbaren Situation befand, Aufenthaltsbefugnisse erhalten hätte. Denn ein Anspruch der Klägerin zu 3 und ihrer Familie auf - zeitweilige - Legalisierung ihres Aufenthalts hätte sich - auch als Ausnahmefall von der grundsätzlichen Zumutbarkeit im Sinne des Erlasses des Innenministeriums - unmittelbar aus § 30 Abs. 3 AuslG ergeben.
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Die Realisierbarkeit dieses Anspruchs wäre auch nicht aufgrund von § 11 Abs. 1 AuslG 1990 zu verneinen gewesen. Danach konnte einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hatte, vor dem bestandskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine Aufenthaltsgenehmigung außer in den Fällen eines gesetzlichen Anspruchs nur mit Zustimmung der obersten Landesbehörde und nur dann erteilt werden, wenn wichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland es forderten. Die Vorschrift war zwar auf das von den Eltern der Klägerin zu 3 im Januar 2002 in Gang gesetzte Asylfolgeverfahren anwendbar (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.04.1996 - 11 S 156/96 - InfAuslR 1996, 303, 304), das bestandskräftig erst mit dem Beschluss des erkennenden Gerichtshofs vom 30.08.2006 abgeschlossen wurde. Allerdings hätten - nach entsprechendem Hinweis der Ausländerbehörde - die seinerzeit ausländerrechtlich nicht anwaltlich vertretenen Eltern der Klägerin zu 3 den Asylfolgeantrag zurücknehmen und damit die „Sperrwirkung“ des § 11 Abs. 1 AuslG beseitigen können.
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cc.) Selbst wenn man im Übrigen der Auffassung wäre, ein Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK, das den Schutzbereich der Vorschrift eröffnet und eine Verwurzelung im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte begründet, komme grundsätzlich nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht, gebietet der vorliegende Fall eine Ausnahme von diesem Grundsatz. Die Klägerin zu 3 verfügt mit Blick auf die Situation im Irak seit vielen Jahren über jeweils auf drei Monate befristete Duldungen, die nahtlos ineinander übergehen. Diese „Kettenduldungen“ haben ihre Ursache nicht in einer mangelnden Mitwirkung an der Aufenthaltsbeendigung oder in einem sonstigen rechtsmissbräuchlichen Verhalten, waren doch Passanträge ausgefüllt worden. Ihnen liegt vielmehr zugrunde, dass der Staat es der Ausländerin gerade nicht zumutet, in ihr Heimatland zurückzukehren, in dem er auch selbst nichts unternahm oder unternimmt, eine Aufenthaltsbeendigung zwangsweise durchzusetzen. Einem auf der Grundlage derartiger „zweitklassiger Aufenthaltstitel“ (vgl. Bergmann, ZAR 2007, 128, 129) gelebten Privatleben den Schutz des Art. 8 EMRK von vornherein zu versagen, wäre konventionswidrig.
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2.) Ein Eingriff in das durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Privatleben der Klägerin zu 3 liegt darin, dass ihr eine Rückkehr in die Lebensverhältnisse ihres Herkunftsstaats nicht mehr zumutbar ist und durch die Vorenthaltung eines Aufenthaltstitels ihr Privatleben unverhältnismäßig beeinträchtigt wird.
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a.) Zwar ist nicht ersichtlich, dass das beigeladene Land derzeit oder in absehbarer Zeit eine Aufenthaltsbeendigung der Klägerin zu 3 und ihrer Familie anstreben und ihre Abschiebung in den Irak in die Wege leiten würden. Im vorliegenden Fall reicht jedoch eine Duldung nicht aus, um der Konvention zu entsprechen (vgl. näher Eckertz-Höfer, ZAR 2008, 41, 43; Bergmann, ZAR 2007, 128, 131). Die Duldung begrenzt den Aufenthalt der Klägerin zu 3 kraft Gesetzes auf das Land Baden-Württemberg (§ 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Zusätzlich ist die Wohnsitznahme in Stuttgart angeordnet (vgl. die der Klägerin zu 3 zuletzt am 11.10.2010 ausgestellte Duldungsbescheinigung). Will sie sich - und sei es auch nur kurzzeitig - außerhalb Baden-Württembergs aufhalten, bedarf es nach § 12 Abs. 5 AufenthG der vorherigen Erteilung einer Erlaubnis, die nach Satz 2 grundsätzlich im Ermessen der Ausländerbehörde steht und auf die nur in den engen Grenzen des Satzes 3 ein Rechtsanspruch besteht. Ein spontanes vorübergehendes Verlassen des auf der Grundlage des Gesetzes beschränkten Aufenthaltsbereichs ist außer in den im Leben der Klägerin zu 3 praktisch nicht relevant werdenden Fällen des § 12 Abs. 5 Satz 3 AufenthG (Termine bei Behörden und Gerichten, bei denen das persönliche Erscheinen des Ausländers erforderlich ist) nicht möglich. Gerade alterstypische Aktivitäten, an denen sie regelmäßig teilnimmt, wie (Schul-)ausflüge, Ferienfreizeiten oder Fußballturniere, sind - sofern sie außerhalb Baden-Württembergs stattfinden - für sie auf der Grundlage einer Duldung gar nicht oder jedenfalls nur mit erheblichem (Verwaltungs-)Aufwand realisierbar. Ohne Aufenthaltserlaubnis bleibt ihr etwa die im Frühling 2011 vorgesehene Teilnahme ihres Vereins an einem Mädchenfußballturnier in Spanien, wovon die Klägerin zu 3 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat berichtet hat, in jedem Fall verwehrt. Aktivitäten und soziale sowie gesellschaftliche Bindungen, die schon jetzt für ihr Privatleben konstitutiv sind (siehe nachfolgend 3.), und die mit fortschreitendem Alter bei einem Heranwachsenden für seine Sozialisation und Entwicklung der Persönlichkeit von wachsender Bedeutung werden, kann die Klägerin zu 3 nur auf der Grundlage eines legalisierten Aufenthalts in einer dem Recht auf Privatlebenden genügenden Weise „ausleben“. Im Übrigen leidet die Klägerin zu 3 auch psychisch in einer ihr Privatlebenden beeinträchtigenden Weise unter der seit Jahren andauernden, ungewissen und unsicheren aufenthaltsrechtlichen Situation. Dies ergibt sich insbesondere aus der Stellungnahme der PBV vom 09.04.2010. In dieser heißt es, dass das Mädchen unter anderem auf die langjährige Unsicherheit, hier in Deutschland bleiben zu dürfen mit einer längeren, phasenweise verlaufenden Anpassungsstörung reagiert und ein sicherer Aufenthaltsstatus für eine stabile Psyche notwendig ist.
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b.) Ob der Eingriff in das geschützte Privatleben der Klägerin zu 3 im konkreten Einzelfall im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, insbesondere verhältnismäßig ist, ist bei der im Alter von 4 Jahren eingereisten Klägerin zu 3 nach ähnlichen Kriterien zu prüfen, wie sie normalerweise bei Einwanderern der zweiten Generation angewendet werden (EGMR, Urteil vom 27.10.2005 - 32231/02 - InfAuslR 2006, 3). Insoweit ist das öffentliche Interesse an der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) mit dem Interesse der Klägerin zu 3 an der Aufrechterhaltung ihrer faktisch gewachsenen und von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten privaten Bindungen im Bundesgebiet abzuwägen. Erforderlich ist eine Verhältnismäßigkeitsprüfung unter Beachtung der vom EGMR entwickelten Kriterien, die im Wesentlichen in den Entscheidungen Boultif und Üner zusammengefasst worden sind (EGMR, Urteile vom 02.08.2001 - 54273/00 - InfAuslR 2001, 476 und vom 05.07.2005 - 46410/99 <Üner> -InfAuslR 2005, 450). Maßgebend sind dabei vor allem die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, der Stand der gesellschaftlichen und sozialen Integration (Sprachkenntnisse, Schule/Beruf, Freizeitgestaltung/Freundeskreis), das Fehlen von Straftaten sowie die wirtschaftlichen Verhältnisse und Beziehungen. Hierbei kommt es zunächst auf den jeweiligen Grad der „Verwurzelung“ an; je stärker der Betroffene im Aufenthaltsstaat integriert ist, desto schwerer müssen die öffentlichen Interessen wiegen (vgl. auch EGMR, Urteil vom 22.06.2006 - 59643/00 - ). Weiter ist auf den Grad der „Entwurzelung“ abzustellen, d. h. auf die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Reintegration im Herkunftsstaat, insbesondere aufgrund der Vertrautheit mit den dortigen Verhältnissen und den dort lebenden und aufnahmebereiten Verwandten sowie der Hilfe durch die Eltern bei Minderjährigen. Schließlich können im Rahmen der Schrankenprüfung sonstige Faktoren Berücksichtigung finden, etwa ob und gegebenenfalls wie lange der Aufenthalt des Betroffenen legal war und damit - im Sinn einer „Handreichung des Staates“ - schutzwürdiges Vertrauen auf ein „Hierbleibendürfen“ entwickelt werden konnte (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - juris Rn. 20 und vom 08.03.2010 - 11 S 48/10 -; Renner, a.a.O., § 25 Rn. 80 ff.).
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3.) Die im April 1997 geborene Klägerin zu 3 hält sich seit Januar 2002 ununterbrochen in Deutschland auf und hat daher etwa zwei Drittel ihres Lebens hier verbracht. Sie besucht derzeit die 7. Klasse Hauptschule der Grund- und Hauptschule mit Werkrealschule H. Ihre Fähigkeiten in Deutsch entsprechen denjenigen gleichaltriger Hauptschüler deutscher Herkunft. Ihre Klassenlehrerin bewertet in einer Stellungnahme vom 22.09.2010 die Kenntnisse der Klägerin zu 3 in Deutsch in Wort und Schrift mit „befriedigend“. Dies entspricht auch der Zeugnisnote im Versetzungszeugnis zum Ende des Schuljahres 2009/10. In der aktualisierten Stellungnahme vom 27.11.2010 führt die Klassenlehrerin aus, die Klägerin zu 3 beherrsche die deutsche Sprache in Wort und Schrift, sie könne sich mittlerweile sicher ausdrücken und habe auch ihr Leseverständnis stark verbessert. Dass sich die Klägerin zu 3, die in ihrer Freizeit inzwischen auch Bücher liest, ihrem Alter und Bildungsstand entsprechend sicher in der deutschen Sprache bewegt, hat auch ihre Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gezeigt. Soweit ihr eine kontinuierliche Verbesserung in Deutsch und auch in den übrigen Schulfächern, die im letzten Zeugnis mit Noten von „gut“ bis „ausreichend“ bewertet worden sind, vor allem bisher deshalb gelungen ist, weil sie die Hilfe einer Hausaufgabenbetreuung in Anspruch nehmen kann, steht dies der positiven Bewertung ihrer Deutschkenntnisse und schulischen Leistungen im Rahmen der Würdigung als Integrationsmerkmal nicht entgegen. Denn die Inanspruchnahme von Hilfe bei den Hausaufgaben ist mittlerweile für deutsche Schüler ebenfalls nichts Ungewöhnliches. Ausweislich der Stellungnahmen der Klassenlehrerin vom 27.11.2010 und 22.09.2010 ist die Klägerin zu 3, die in diesem Jahr von ihren Mitschülern zum zweiten Mal als Klassensprecherin gewählt worden ist, auch stets bereit, Aufgaben zum Wohl der Klasse oder der Schule zu übernehmen und engagiert sich sehr für die Interessen der Schüler. Zudem ist sie von den Klassensprechern der Schule in das drei Schüler umfassende Team der Schülervertretung gewählt worden, das auch Mitglied der Schulkonferenz ist (vgl. die Bestätigung der Schulleitung der GHS H. vom 10.11.2010).
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Die Klägerin zu 3 ist auch außerhalb ihres Schulalltags fest in die sozialen und gesellschaftlichen Lebensverhältnisse der Bundesrepublik eingebunden. Sie hat einen - auch deutsche Freunde umfassenden - Freundeskreis, mit dem sie in ihrer Freizeit ins Schwimmbad geht oder an organisierten Jugendprojekten teilnimmt. Nach den schriftlichen Berichten eines Diplomsozialpädagogen vom Schülercafé Alberta - Offener Treff für Kinder und Jugendliche und Soziale Schülerbetreuung - vom 28.04.2010, vom 04.10.2010 und vom 07.12.2010 komme die Klägerin zu 3 häufig zu verschiedenen Angeboten des Schülercafés, dessen Schwerpunkt offene Angebote, Hausaufgabenbetreuung, Ferienprogramme und Freizeiten seien. Die Klägerin zu 3 treffe dort ihre Freundinnen aus dem Stadtbezirk und beteilige sich aktiv an den verschiedenen Programmen. Auch an dem Kooperationsprojekt MISS (Mädchen im Stadtbezirk ...) mit dem Jugendhaus ... und der Mobilen Jugendarbeit nehme sie regelmäßig teil. Sie habe einen Workshop zum Thema Selbstbehauptung besucht sowie an einem Fußballturnier und einem Bootsausflug für Mädchen teilgenommen. Den genannten Berichten zufolge ist sie voll in ihren Freundeskreis integriert, bringt sich persönlich und aktiv in das soziale Geschehen ein und übernimmt für sich und die Gruppe Verantwortung in Konfliktfällen. Ferner nimmt die Klägerin zu 3 seit April 2010 regelmäßig an einem integrativen Jugendtheaterprojekt teil, an dem Schülerinnen und Schüler verschiedener Nationalität und aus den unterschiedlichsten Schulformen von Förderschule bis zum Gymnasium beteiligt sind (vgl. hierzu die Teilnahmebestätigung des Jugendhauses ... vom 10.12.2010). Die Klägerin zu 3 ist auch bereits bei verschiedenen Ferienfreizeiten gewesen, unter anderem - nach ihren Angaben als einziges ausländisches Kind - an einer von der Caritas organisierten Jugendfreizeit in .... Sie spielt seit Sommer 2009 Fußball in einer Mädchenmannschaft. Nach der Bescheinigung des Jugendleiters des TSV H. vom 01.05.2010 nimmt sie seitdem regelmäßig am Trainings- und Verbandsspielbetrieb der Mädchenfußballmannschaft der C-Juniorinnen teil, zeigt ihre Integrationsbereitschaft und akzeptiert die Mannschafts- und Spielregeln.
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Auch im Übrigen lebt die Klägerin zu 3 - wie ihre Angaben in der mündlichen Verhandlung verdeutlicht haben - in einer Weise, wie sie auch unter Gleichaltrigen deutscher Herkunft praktiziert wird. Sie erhält mittlerweile Klavierunterricht und hört am liebsten Musik der Richtung „Hip hop“. Sie schaut in ihrer Familie oder gemeinsam mit Freunden und Freundinnen Fernsehsendungen deutscher Privatsender. Die Klägerin zu 3 kleidet sich in einer Art, wie sie auch unter jungen deutschen Mädchen üblich ist. Sie geht mit einem Bikini ins Schwimmbad und trägt kurze Hosen sowie dekolletierte Oberbekleidung.
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Der Bewertung der Integration in gesellschaftlicher und sozialer Hinsicht als außerordentlich gelungen steht nicht entgegen, dass die - nicht strafmündige - Klägerin zu 3 am 20.03.2010 wegen Körperverletzung angezeigt worden ist und ihr Verhalten in Konfliktsituationen - so etwa im Versetzungszeugnis zum Ende des Schuljahres 2008/09 zu lesen - als „nicht immer der Situation angepasst“ beschrieben wird. Diese Handlungen der Klägerin zu 3 sind nicht Ausdruck einer integrationsfeindlichen Gesinnung, sondern durch eine der Behandlung bedürfenden Verhaltensproblematik bedingt.
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Die Klägerin zu 3 hat wegen einer generalisierten Angststörung des Kindesalters und einer mittelgradigen depressiven Episode mit somatischem Syndrom von 29.08.2007 bis 17.09.2008 eine ambulante Psychotherapie absolviert, die vom Gesundheitsamt der Beklagten befürwortet worden war. Wegen einer drastischen Verschlechterung der Symptome (suizidale Vorstellungen und Gedanken) ist die Therapie ab 08.04.2009 wieder aufgenommen worden (vgl. näher PBV, Kurzbericht vom 25.10.2007, Bescheinigung vom 19.05.2009 und Zwischenbericht vom 09.04.2010). Das Gesundheitsamt der Beklagten hat unter dem 18.08.2009 ausgeführt, eine Langzeittherapie sei als Verhaltenstherapie wegen der Schwere des Krankheitsbildes und der bisher nicht erfolgten Stabilisierung des Mädchens medizinisch sinnvoll und begründet. Nach dem Bericht der PBV vom 09.04.2010 ist Grund für die erneute Therapieaufnahme eine Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion und eine massive Problematik im Bereich des Sozialverhaltens gewesen; es lägen aggressive und dissoziale Züge vor, d.h. Nichtbefolgen von Regeln und Vorschriften der Lehrer, zahlreiche Streitigkeiten mit Mitschülern mit massiven verbalten Attacken und handgreiflichen Auseinandersetzungen. Vermutlich stünden die Schwierigkeiten im Sozialkontakt in engem Zusammenhang mit massiven häuslichen Konflikten und Spannungen. Allerdings heißt es in dem genannten Bericht auch, dass sich durch die regelmäßigen Therapiebesuche deutliche Verbesserungen zeigten; die Lehrerin habe diese ebenfalls im letzten Lehrergespräch benannt. Diese positive Entwicklung spiegelt sich auch in den Beurteilungen der Schule wieder. Das Versetzungszeugnis zum Ende der Klasse 6 bescheinigt der Klägerin zu 3, dass es ihr immer besser gelinge, die Ordnung des Schulalltags einzuhalten; ferner arbeite sie mit anderen Kindern zusammen und bei Auseinandersetzungen sei sie zunehmend in der Lage, Kompromisse zu schließen. In ihrer Stellungnahme vom 27.11.2010 führt die Klassenlehrerin aus, es gelinge der Schülerin im Umgang mit Mitschülern und Lehrern immer besser, den angemessenen Ton zu treffen und ihr Temperament zu beherrschen. Daran arbeite sie hart und habe bemerkenswerte Fortschritte gemacht. In diesen Kontext ist auch die Anzeige des Vaters einer Freundin der Klägerin zu 3 einzuordnen. Nach einer Mitteilung der Polizeirevierstation ... an die Beklagte vom 18.10.2010 ist die Klägerin zu 3 wegen einer am 20.03.2010 begangenen Körperverletzung angezeigt worden. Zwischen ihr und ihrer Freundin sei es zu einem Streit gekommen, in dessen Verlauf sie ihre Freundin mehrfach gegen den Oberschenkel getreten habe. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat mit Verfügung vom 02.11.2010 von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nach § 152 Abs. 2 StPO abgesehen. Die Klägerin zu 3 hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausführlich geschildert, wie es zu dieser - letztlich handgreiflich verlaufenden - Auseinandersetzung auf einem Spielplatz gekommen ist, bei der sich beide Mädchen zuvor mit „Matsch“ bespritzt hatten. Beide Kinder sind nach wie vor miteinander befreundet. Die von der Schulsozialarbeiterin in ihrem Bericht über die Klägerin zu 3 vom 29.11.2010 vorgenommene Wertung, zwischen den beiden Mädchen bestehe eine sehr intakte und stabile Freundschaft und bei der Anzeige habe es sich um ein bedauerliches Missverständnis gehandelt, umschreibt die Situation zutreffend.
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In wirtschaftlicher Hinsicht liegt keine eigene Integrationsleistung der Klägerin zu 3 vor. Aufgrund ihres Alters unterliegt sie noch der allgemeinen Schulpflicht. Ob die Klägerin zu 3, der die Klassenlehrerin „aus schulischer Sicht gute Perspektiven für ein Leben in Deutschland“ bescheinigt, einmal erfolgreich die Schule abschließen und auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen wird, steht naturgemäß noch nicht fest. Dies führt allerdings nicht dazu, dass die Frage nach wirtschaftlichen Bindungen bei Minderjährigen für die Feststellung des Ausmaßes ihrer Eingliederung in die deutschen Lebensverhältnisse generell obsolet wäre. Die Klägerin zu 3 hat nach der deutschen Rechtsordnung einen Unterhaltsanspruch gegen ihre Eltern (§ 1601 BGB), so dass es insoweit auf deren Unterhaltsleistung und damit inzident auf deren wirtschaftliche Integration ankommt (GK-AufenthG, § 60a Rn. 188; gegen eine isolierte Betrachtung Minderjähriger auch SaarlOVG, Urteil vom 15.10.2009 - 2 A 329/09 - juris Rn. 39). Dabei ist nicht allein maßgebend, ob der Unterhaltsbedarf der Klägerin zu 3 - rechnerisch gesehen - kontinuierlich von ihren Eltern erfüllt worden ist und wird. Für die Frage der wirtschaftlichen Integration sind auch die Unterhaltsansprüche ihrer ebenfalls minderjährigen Geschwister sowie der Bedarf der Eltern einzustellen (vgl. auch §§ 1609, 1603 Abs. 2 BGB). Die Kläger zu 1 und 2 sind zwar derzeit in der Lage, die Lebenshaltungskosten der Familie - ermittelt auf der Grundlage des Asylbewerberleistungsgesetzes - zu bestreiten und erhalten keine Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz mehr (vgl. insoweit noch Bescheid des Sozialamtes der Beklagten vom 14.09.2010 sowie die Mitteilung unter dem 18.10.2010, dass die Leistungen nunmehr eingestellt worden sind). Diese erst in den letzten Monaten eingetretene positive Entwicklung ist jedoch noch nicht hinreichend verfestigt, insbesondere ist eine unumkehrbare Verankerung der Kläger zu 1 und 2 in den deutschen Arbeitsmarkt und eine auskömmliche Sicherung des Bedarfs der Familie noch nicht anzunehmen.
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Die Kläger leben nach wie vor in einer Wohnung einer städtischen Asylunterkunft, für die Benutzungsgebühren erhoben werden. Die Familie hat ihren Lebensunterhalt im Bundesgebiet in der Vergangenheit überwiegend durch volle oder jedenfalls aufstockende Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz finanziert, wobei die monatlichen Sozialleistungen unterschiedlich hoch gewesen sind und zwischen 300 EUR und 1176 EUR betragen haben (vgl. im Einzelnen die Auflistung Bl. 166 der Ausländerakte für den Kläger zu 1). Erst seit Januar 2008 ist die Beschäftigung der Kläger zu 1 und 2 uneingeschränkt erlaubt. Die Klägerin zu 2 arbeitet seit 23.11.2009 bei der Metzgerei Z. vormittags als Putzhilfe und bezieht eine Entlohnung als geringfügig Beschäftigte. Soweit die Klägerin zu 2 - insoweit entgegen dem Inhalt der Bescheinigung ihres Arbeitgebers vom 08.12.2010 und der Verdienstabrechnung vom September 2010, die ausdrücklich den 23.11.2009 als Eintrittsdatum ausweisen - in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben hat, sie sei seit etwa einem halben Jahr dort beschäftigt, handelt es sich offensichtlich um ein sprachliches Missverständnis. Je nach Arbeitsanfall erhält sie zwischen 322 und 399 EUR netto im Monat, im Durchschnitt etwa 370 EUR. Wie sie im Einzelnen erläutert hat, hat sie einen zeitgleich vormittags stattfindenden Integrationskurs abgebrochen, um - mangels realisierbarer Beschäftigungsalternativen - diese Arbeit aufnehmen zu können. Der Kläger zu 1 ist seit Januar 2005 verschiedenen Beschäftigungen nachgegangen, unter anderem als Fahrzeugpfleger bei der Firma B. Automobile, deren Umfang jedoch durch die beschränkte Zustimmungsentscheidung der Agentur für Arbeit ausweislich der Duldungsbescheinigungen vom 03.01.2005 bzw. 12.10.2005 auf zwanzig, später auf zehn Wochenstunden begrenzt gewesen ist. Zum 31.05.2006 hat die Firma B. dem Kläger zu 1 fristlos gekündigt. Von Januar bis März 2008 hat er mit einem monatlichen Auszahlungsbetrag zwischen 243,97 und 522,79 EUR gearbeitet. Ab 01.06.2008 ist der Kläger zu 1 mit einem monatlichen Brutto-Lohn von 1.385 EUR in Vollzeit bei einer Kfz-Werkstatt tätig gewesen. Dieses Arbeitsverhältnis ist zum 31.01.2009 aus betrieblichen Gründen gekündigt worden. Seit 01.09.2010 arbeitet der Kläger bei „...“ mit einer 40-Stunden-Woche als Hilfskraft im Gebrauchtwagenhandel und erhält monatlich 1.253,53 brutto (=1.000 EUR netto). Zusätzlich arbeitet er seit September 2010 als Aushilfe bei R. S. Baustahlarmierungen und bezieht hier monatlich 392,40 EUR.
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Für ein dauerhaftes wirtschaftliches „Fußfassen“ im Bundesgebiet ist es nicht zwingend erforderlich, dass die ausgeübte Tätigkeit eine besonders qualifizierte Berufstätigkeit darstellt. Auch kommt es letztlich nicht darauf an, dass der Kläger zu 1 in seiner Erwerbsbiographie stets Arbeitgeber ausländischer Herkunft gehabt hat und dass - gemessen an der gesamten Aufenthaltsdauer in Deutschland - erst relativ spät eine Vollzeiterwerbstätigkeit aufgenommen worden ist. Allerdings kann von einer wirtschaftlich tragfähigen selbstständigen Existenzgrundlage allenfalls dann ausgegangen werden, wenn die Lebensphase des Bezugs von Sozialleistungen dauerhaft überwunden ist. Zur Feststellung der wirtschaftlichen Integration ist es dabei erforderlich, dass die Betroffenen, sofern - wie hier - kein nennenswertes Vermögen vorliegt, regelmäßige Einnahmen erzielen, die vom Umfang und der Stetigkeit ihres Zuflusses über den Regelbedarfssätzen nach den SGB II oder XII liegen und nicht etwa ständig um diese Grenzen oszillieren (näher GK-AufenthG, § 60a Rn 184 ff.). Ausgehend davon ist noch keine wirtschaftliche Verfestigung im Bundesgebiet gegeben.
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Die Kläger zu 1 und 2 erwirtschaften derzeit gemeinsam etwa 1.762 EUR monatlich. Dem steht rechnerisch ein Bedarf von etwa 2.117 EUR gegenüber. Dabei sind der Freibetrag für Erwerbstätige nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II und die Werbungskostenpauschale nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II noch nicht berücksichtigt. Der sich nach dem SGB II ergebende Unterhaltsbedarf für die Kläger zu 1 und 2 beträgt je 323 EUR (vgl. § 20 Abs. 3 SGB II, 90 % von der Regelleistung 359 EUR). Für die drei Kinder im Alter von 6 bis 13 Jahren sind jeweils 251 EUR anzusetzen (70 % von der Regelleistung 359 EUR, vgl. § 28 SGB II). Insgesamt beträgt der Unterhaltsbedarf der Kläger 1.399 EUR. Hinzukommen die Kosten für die Unterkunft, die das Sozialamt der Beklagten im Bescheid über die Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz vom 14.09.2010 pro Person der Bedarfsgemeinschaft mit einer Grundmiete von 143,76 EUR angesetzt hat, insgesamt 718,80 EUR. Dieser Betrag entspricht dem Höchstbetrag, der für Paare mit zwei oder mehr zum Haushalt angehörenden unverheirateten Kindern als Gebühr für die Benutzung der Flüchtlingsunterkunft erhoben werden darf (vgl. die Satzung der Beklagten über die Benutzung von Unterkünften des Sozialamts für Wohnsitzlose und Flüchtlinge vom 25.03.2010 - abrufbar unter www.stuttgart.de). Auch ist zu bedenken, dass die Kläger zu 1 und 2 keine in Deutschland anerkannten Berufsausbildungen haben und lediglich als Hilfskräfte beschäftigt sind, mithin auf Positionen, die in besonderem Maße vom Verlust des Arbeitsplatzes bei konjunkturellen Schwankungen bedroht sind. Des Weiteren sind auch die Deutschkenntnisse des Klägers zu 1 nach dem Eindruck des Senats noch nicht von einer solchen Qualität, dass er jede für ihn in Frage kommende Tätigkeit annehmen und daher den Verlust eines Arbeitsplatzes kurzfristig kompensieren könnte. Er versteht zwar - wie seine Reaktionen in der Berufungsverhandlung gezeigt haben - Deutsch jedenfalls teilweise und kann sich nach Angaben seiner Prozessbevollmächtigten auch auf einfache Art in Deutsch unterhalten. Allerdings ist in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat seine Anhörung nur mit Hilfe eines Dolmetschers möglich gewesen. Dass die Klägerin zu 2, die sich - wie ihre Anhörung ergeben hat - flüssig auf einfache Art und Weise verständlich machen kann, ihre Beschäftigung zukünftig ausdehnen kann und wird, lässt sich nicht verlässlich annehmen. Ausweislich der Stellungnahme der PBV vom 06.05.2009 sieht sie sich an der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in zeitlich längerem Umfang dadurch gehindert, dass ihr Ehemann nicht zuverlässig nach den Kindern schaue. Insgesamt gesehen verfügen die Eltern der Klägerin zu 3 zwar durchaus über wirtschaftliche Bindungen, eine in wirtschaftlicher Hinsicht gelungene Integration der Kläger zu 1 und 2 liegt jedoch noch nicht vor.
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Weiter ist zu ihren Lasten zu berücksichtigen, dass ihr Aufenthalt nach der Rücküberstellung in das Bundesgebiet im Januar 2002 nie durch einen Aufenthaltstitel legalisiert worden ist. Der Klägerin zu 3 und den übrigen Familienmitgliedern ist verbal in der jeweils ausgestellten Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung stets vor Augen geführt worden, dass die Duldung keinen Aufenthaltstitel darstellt und deren Inhaber vollziehbar ausreisepflichtig ist. Aber auch mit Blick auf diesen tendenziell eher gegen die Führung eines schutzwürdigen Privatlebens sprechenden Umstand ist in der Gesamtschau der für die Feststellung des Ausmaßes der Integration relevanten - jeweils für und gegen die Klägerin zu 3 - streitenden Faktoren davon auszugehen, dass sie in erheblichem und schutzwürdigem Maße im Bundesgebiet „verankert“ ist.
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4.) In Ansehung des erreichten Integrationsstandes ist der Klägerin zu 3 nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch mit Blick auf den stets nur geduldeten Aufenthalt eine Rückkehr in den Irak nicht zuzumuten.
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a.) Die Klägerin zu 3 ist seit ihrem 5. Lebensjahr nicht mehr im Irak gewesen und hat aus eigenem Erleben keine Erinnerung an dieses Land. Die Lebensverhältnisse im Irak kennt sie allenfalls aus Erzählungen ihrer Eltern oder aus dem kurdischen Fernsehen. Sie kann sich zwar in Sorani mündlich verständigen, in schriftlicher Form fehlt es jedoch an Kenntnissen einer im Irak üblichen Sprache. Allerdings gilt für minderjährige Kinder der Grundsatz, dass bei der Frage der Zumutbarkeit der Rückkehr in den Heimatstaat entscheidend auf die Eltern und deren Hilfestellung abzustellen ist. Die familien- und aufenthaltsrechtliche Stellung minderjähriger Kinder gebietet es, dass diese prinzipiell aufenthaltsrechtlich das Schicksal der Eltern teilen (zu dieser sog. familienbezogenen Gesamtbetrachtung VGH Bad.-Württ., Urteile vom 09.12.2009 - 13 S 2092/09 - juris Rn. 31, vom 22.07.2009 - 11 S 1622/07 -juris Rn. 81 und vom 27.06.2006 - 11 S 951/06 - VBlBW 2006, 442 sowie Beschlüsse vom 18.01.2006 - 13 S 2220/05 - juris und vom 10.05.2006 - 11 S 2354/05 -; NdsOVG, Beschluss vom 16.03.2010 - 8 ME 47/10 - juris Rn. 3; VG Stuttgart, Urteile vom 20.07.2006 - 4 K 921/06 - juris Rn. 57 und vom 26.10.2006 - 4 K 1753/06 - juris Rn. 39, 47; VG Koblenz, Urteile vom 11.01.2010 - 3 K 74/09.KO - juris Rn. 64 und vom 08.02.2010 - 3 K 206/09.KO - juris Rn. 79; GK-AufenthG, § 60a Rn. 179, 192; ein dogmatisch anderer Ansatz findet sich - allerdings in anderer Konstellation - in der Rechtsprechung des EuGH, vgl. Urteil vom 19.10.2004 - Rs. C-200/02 - InfAuslR 2004, 413). Das durch Art. 6 GG geschützte elterliche Sorgerecht umfasst unter anderem die Personensorge für das minderjährige Kind, die die Eltern auch dazu berechtigt, seinen Aufenthalt zu bestimmen (vgl. §§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB). Dieses umfassende Recht der Eltern schränkt rechtlich zugleich das Selbstbestimmungsrecht des Minderjährigen ein. Dieser ist nicht berechtigt, seinen Aufenthaltsort selbstständig und frei zu wählen. Dass Kinder mit zunehmendem Alter an Eigenständigkeit gewinnen, ändert an der Personensorge und dem hieraus folgenden Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern bis zum Eintritt der Volljährigkeit nichts. Diese rechtliche Ausgangssituation prägt auch die nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung. Bei einem minderjährigen Kind ist daher maßgeblich die Situation der Eltern in den Blick zu nehmen. Steht den Eltern wegen deren mangelnder Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland bzw. fehlender „Entwurzelung“ über Art. 8 EMRK kein Aufenthaltsrecht zu, so ist davon auszugehen, dass auch ein Minderjähriger, der im Bundesgebiet geboren ist und/oder dort lange Zeit gelebt hat und hier integriert ist, auf die von den Eltern nach der Rückkehr im Familienverband zu leistenden Integrationshilfen im Heimatland verwiesen werden kann. Eine prinzipiell andere Sichtweise würde dazu führen, dass minderjährige Kinder ihren nicht - oder jedenfalls nicht zulänglich - integrierten Eltern ein Aufenthaltsrecht verschaffen würden, obwohl diesen selbst eine Rückkehr in das Herkunftsland ohne weiteres zumutbar wäre. Im Ergebnis würden damit die Eltern das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer minderjährigen Kinder teilen, was mit den im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art. 8 EMRK ebenfalls einzustellenden einwanderungspolitischen Interessen des Staates grundsätzlich nicht in Einklang zu bringen ist (vgl. auch NdsOVG, Urteil vom 29.01.2009 - 11 LB 136/07 - juris Rn. 75).
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Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann es jedoch gebieten, seinerseits Ausnahmen von der familieneinheitlichen Betrachtung zu machen. Ist kein Elternteil trotz der ihm aus seiner Stellung als Personensorgeberechtigter erwachsenden Pflichten in der Lage, die notwendige Hilfe bei der (Re-) Integration in den Herkunftsstaat zu erbringen, so fehlt der familienbezogenen Gesamtbetrachtung regelmäßig die Grundlage. Darüber hinaus kommt eine Ausnahme mit Blick auf die Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zugrunde liegenden Wertvorstellungen dann in Betracht, wenn aufgrund der spezifischen Verhältnisse im Land der Staatsangehörigkeit ein „Einleben“ dort nur unter Inkaufnahme einer gravierenden Änderung der bisherigen Persönlichkeit und der durch diese bedingten Lebensführung möglich wäre. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn in Deutschland heranwachsende Mädchen durch die hier erfolgte Sozialisation in einer Art und Weise geprägt sind, dass eine Verweisung auf ein Leben in ihrem Passstaat sie zwingen würde, ihre bisherige Identität und ihr Verständnis von der Bedeutung der Frau aufgeben zu müssen, weil die traditionelle Rolle der Frau und insbesondere ihre Stellung in der Öffentlichkeit in dem dortigen Gesellschaftssystem in unüberbrückbarem Gegensatz zu den auch von ihr im Bundesgebiet praktizierten Lebensverhältnissen stehen (GK-AufenthG, § 60a Rn 191; Bergmann, ZAR 2007, 128, 132). Diese Ausnahme trifft auf die Klägerin zu 3 zu.
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b.) Zwar wird die Klägerin zu 3 erst in einigen Monaten 14 Jahre alt. Sie ist jedoch ungeachtet ihres Alters in der hiesigen Gesellschaftsordnung und in ihren Wertvorstellungen in einer Weise „verwurzelt“, dass ihr eine Rückkehr in den Irak aufgrund der dort derzeit landesweit herrschenden Verhältnisse vor allem mit Blick auf die Situation von Frauen und Mädchen nicht zugemutet werden kann.
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aa.) Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 28.11.2010 hat sich die Sicherheitslage im Irak zwar erheblich verbessert, sie ist aber im weltweiten Vergleich immer noch verheerend. Danach kommt es immer noch wöchentlich zu ca. 200 Anschlägen, bei denen im Schnitt pro Woche ca. 150 Todesopfer zu beklagten sind. Schwerpunkte terroristischer Anschläge bleiben weiterhin Bagdad und der Zentralirak, v.a. im Nordosten (Diyala, Salahaddin) sowie die Provinzen Tamin mit der Hauptstadt Kirkuk und Niniwe mit der Hauptstadt Mosul. Neuerdings werden auch Anschläge von Al-Qaida im Raum Basra verzeichnet. Die hohe Gewaltrate im Irak hat immer noch erhebliche Auswirkungen im alltäglichen Leben, wobei den Großteil der Opferlast die weitgehend ungeschützte Zivilbevölkerung trägt. Immer wieder sind Zivilisten Opfer nicht nur politisch motivierter Gewalt, sondern auch organisierter Kriminalität wie Entführungen, Erpressungen und Morde (AA, Lagebericht vom 28.11.2010, S. 6, 14 f. und Lagebericht vom 11.04.2010, S. 6, 15). Die Sicherheitslage im von der Regionalregierung der Region Kurdistan-Irak (KRG) kontrollierten Gebiet ist deutlich besser als im Rest des Landes. Allerdings steigt in den außerhalb der kurdischen Autonomiezone liegenden Gebieten des Nordirak die Zahl der Anschläge und der Todesopfer. Besonders kritisch ist die Lage im erdölreichen Kirkuk, der Herkunftsregion der Klägerin zu 3 und ihrer Familie. Dieses gehört zu den umstrittenen Gebieten des Irak, in dem Araber und Kurden um die Vorherrschaft ringen und sowohl die Zentralregierung als auch die Regionalregierung Kurdistan-Irak die Kontrolle anstreben (vgl. näher Europäisches Zentrum für Kurdische Studien vom 07.07.2010 an VG Stuttgart; AA, Lagebericht vom 28.11.2010, S. 15 und Lagebericht vom 11.04.2010, S. 16).
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Die Menschenrechtslage im Irak bleibt prekär. Zwar gibt es langsame Fortschritte; Verstöße gegen die Menschenrechte sind jedoch weiterhin weit verbreitet. Der Staat ist nicht in der Lage, die Sicherheit der Zivilbevölkerung und die Ausübung der in der Verfassung verankerten Rechte und Grundfreiheiten landesweit zu ermöglichen. Auch von der Region Kurdistan-Irak wird von schweren Menschenrechtsverstößen berichtet (AA, Lagebericht vom 28.11.2010, S. 6, 28 ff. und Lagebericht vom 11.04.2010, S. 6, 16 ff.).
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Zu den Hauptleidtragenden der gegenwärtigen Umstände im Irak gehören nach der Auskunftslage die Kinder. Die Folgen des Zusammenbruchs staatlicher Strukturen und deren langsamer Wiederaufbau betreffen vor allem Familien, die auf Krankenhäuser, Schulen und Lebensmittelhilfen besonders angewiesen sind. Der Gesundheitszustand der Kinder hat sich seit März 2003 deutlich verschlechtert. Das Gesundheits- und Erziehungswesen im Irak liegt darnieder. Es mangelt an allem und die Grundversorgung ist unzureichend gesichert. Die Alphabetisierungsrate im Irak ist in den letzten 15 Jahren stark gefallen. Nur noch drei von vier Jugendlichen können lesen und schreiben. Die Möglichkeit des Schulbesuchs ist in Anbetracht der Sicherheitslage für viele Kinder noch eingeschränkt und mit Gefahren für Leib und Leben verbunden. Seit einiger Zeit werden Kinder Ziel von kriminellen Lösegelderpressern. Die Schulen sind oftmals in einem schlechten baulichen Zustand; es fehlt an sanitären Einrichtungen. Viele Schulen haben immer noch aus Mangel an Lehrpersonal geschlossen (AA, Lagebericht vom 28.11.2010, S. 19 f., 35 und Lagebericht vom 11.04.2010, S. 6, 20, 34). Für die Situation von Schülerinnen und Schüler im Nordirak ergibt sich insoweit kein grundlegend anderes Bild (vgl. Schweizer Flüchtlingshilfe , Irak: Die sozio-ökonomische Situation im Nordirak, 07.06.2010, S. 14 ff.).
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Speziell was die Situation von Frauen und Mädchen anbelangt, so hat sich deren Stellung im Vergleich zur Zeit des Regimes unter Saddam Hussein deutlich verschlechtert. In der Verfassung aus dem Jahre 2005 ist die rechtliche Gleichstellung der Geschlechter zwar formal festgeschrieben. Auch steht Frauen der Zugang zu Bildungseinrichtungen und Arbeitsmarkt im Grundsatz offen. Die Verfassung garantiert ferner die soziale Sicherheit für Frauen und Kinder. Diese Prinzipien sind in der Praxis jedoch nicht umgesetzt (Deutsches Orient-Institut vom 17.06.2008 an VG Göttingen). Die zunehmende Radikalisierung von Teilen der irakischen Gesellschaft hin zu fundamentalistisch radikalislamischen Überzeugungen stellt insbesondere für die Sicherheit der Frau eine Gefährdung dar. Darüber hinaus hat die allgemein prekäre Sicherheitslage erhebliche negative Auswirkungen auf das Alltagsleben der Frauen (siehe hierzu und zum folgenden AA, Lagebericht vom 28.11.2010, S. 20 f. und Lagebericht vom 11.04.2010, S. 20 ff.; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Geschlechtsspezifische Verfolgung für ausgewählte Herkunftsländer, April 2010, S. 96 ff. ; EZKS vom 15.08.2008 an VG Göttingen; Deutsches Orient-Institut vom 17.06.2008 an VG Göttingen; SFH vom 20.11.2007 - Irak: Rückkehr einer verwitweten schiitischen Frau mit einem ehelichen und einem unehelichen Kind).
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Gewalt gegen Frauen ist im Irak weit verbreitet. Die Situation der Frauen wird als Privatangelegenheit einer Familie betrachtet und selten an staatliche Stellen herangetragen. Staatliche Schutzmechanismen für Opfer häuslicher Gewalt sind nicht in ausreichendem Maße vorhanden. Nach dem Strafgesetzbuch ist der Ehemann berechtigt, seine Ehefrau zu bestrafen. Es gibt auch keine Vorschrift, nach der Vergewaltigung in der Ehe strafbar wäre. Zwangsverheiratung wird praktiziert. Die Tradition der Verheiratung junger Mädchen (ab 14 Jahre) existiert, besonders in den ländlichen Gebieten. Familienmitglieder verkaufen auch Mädchen und Frauen, um wirtschaftlichen Zwangslagen zu entgehen, Schulden zu bezahlen oder Meinungsverschiedenheiten zwischen Familien zu überwinden. Frauen werden Opfer der im Irak nicht verbotenen und vor allem im stark patriarchalisch strukturierten Nordirak praktizierten Genitalverstümmelung. Auch Ehrenmorde sind noch immer in allen Teilen des Landes verbreitet. Schließlich nehmen in der irakischen Gesellschaft (insbesondere im schiitisch dominierten Süden) die Tendenzen zur Durchsetzung islamischer Regeln zu, z.B. Kleidervorschriften wie Kopftuchzwang an Schulen und Universitäten. Frauen werden auf familiärer und gesellschaftlicher Ebene mit dem Ziel unter Druck gesetzt, ihre Freizügigkeit und die Möglichkeiten der Teilnahme am öffentlichen Leben einzuschränken. Von Frauen wird verlangt, einen Schleier zu nehmen, keine Kleidung im westlichen Stil zu tragen und zu Hause zu bleiben. Frauen werden vor allem zur Zielscheibe islamischer Extremisten, wenn sie ein normales Leben nach westlichen Maßstäben führen wollen. Frauen, die von Gewaltakten betroffen werden, finden, insbesondere wenn es sich um Fälle häuslicher Gewalt handelt, bei staatlichen Stellen keinen Schutz.
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bb.) Für die Frage, ob in Anbetracht der derzeitigen Situation im Irak der Klägerin zu 3 eine Rückkehr zumutbar ist, kommt es aufgrund des unterschiedlichen Maßstabs nicht darauf an, dass die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 oder 2 AufenthG hinsichtlich des Irak derzeit regelmäßig nicht vorliegen (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.08.2010 - A 2 S 1134/10 - juris; OVG NRW, Urteil vom 29.10.2010 - 9 A 3642/06.A - ; BayVGH, Urteil vom 21.01.2010 - 13a B 08.30283 -, wonach der westliche Habitus weiblicher irakischer Staatsangehöriger nicht als individuell gefahrenerhöhender Umstand berücksichtigt werden könne). Bei der einzelfallbezogenen Prüfung im Rahmen des Art. 8 Abs. 2 EMRK geht es nicht primär um „Gefahrenlagen“, sondern um die Feststellung und Bewertung des Ausmaßes der Entfremdung vom Herkunftsstaat.
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Die Klägerin zu 3 hat aufgrund der von ihr als prägend erfahrenen Sozialisation im Bundesgebiet die Lebensweise der „westlichen Welt“ in Theorie und Praxis verinnerlicht. Dies ergibt sich nicht nur aus ihrer Art sich zu kleiden, sondern vor allem aus der oben unter 3.) im Einzelnen dargestellten Weise, ihre Freizeit zu verbringen und im Schulalltag aufzutreten. Die Klägerin zu 3 lebt auch in dem selbstverständlichen Bewusstsein, dass Jungen und Mädchen die gleichen Rechte haben und verhält sich dementsprechend. In dieser Art der Lebensführung wird sie von ihren Eltern bestärkt. Diese akzeptieren ihr Hobby Mädchenfußball und die Schwimmbadbesuche ebenso wie ihre Kontakte und Zusammenarbeit mit Jungen in der Schule (unter anderem im Team der Schülervertretung) oder Freizeit. Traditionelle oder gar archaische Vorstellungen werden in der Familie nicht gelebt. Weder ist das Tragen eines Kopftuchs üblich, noch spielt sich das Leben der Klägerin zu 3 und der weiteren weiblichen Familienmitglieder vor allem im häuslichen Bereich ab. Gerade die Klägerin zu 2 ist auch sehr darum bemüht, ihre Tochter auf deren Weg zu einem allgemein anerkannten Bildungsabschluss zu unterstützen. Bei der Bewertung, dass ihr vor diesem Hintergrund die erstmalige Integration in den Irak nicht angesonnen werden kann, spielt als solches keine Rolle, dass die Klägerin zu 3 dort ihren Hobbys nicht mehr nachgehen könnte und auch nicht die gleichen Bildungschancen hätte wie im Bundesgebiet sowie als Heranwachsende prinzipiell noch „entwicklungsfähig“ ist. Gewisse Anpassungen an das, was in seinem Herkunftsland üblich ist, können einem Ausländer abverlangt werden. Entscheidend ist jedoch der Umstand, dass die derzeitige gesellschaftliche Praxis im Irak, die bestimmt, was Frauen und junge Mädchen im Irak tun dürfen und können, diametral dem entgegensteht, was die Persönlichkeit der Klägerin zu 3 bisher geprägt hat und Ausdruck ihrer Individualität ist. Anhaltspunkte dafür, dass sich die Situation für Frauen und Mädchen im Irak in überschaubarer Zukunft entscheidend verbessern würde, lassen sich den in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen nicht entnehmen; im Gegenteil: In den verwerteten Erkenntnismitteln kommt unübersehbar eine „schleichende“ Verschlechterung der Situation von Frauen und Mädchen zum Ausdruck. Die Aufgabe ihrer selbst - dies würde eine Verweisung auf ein Leben im Irak mit sich bringen - kann der Klägerin zu 3 nicht abverlangt werden.
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Selbst wenn man im Übrigen die Auffassung der Beklagten zugrunde legen würde, einem jungen Mädchen wäre aufgrund ihrer altersbedingt noch nicht abgeschlossenen Persönlichkeitsbildung eine Integration in die Verhältnisse des Herkunftsstaates prinzipiell möglich und zumutbar, würde dies im vorliegenden Fall deshalb nicht gelten, weil die Klägerin zu 3 psychisch gar nicht in der Lage wäre, eine Rückkehr in den Irak mit der notwendigen Anpassung an den dortigen Lebensstil zu bewältigen. Dies hat die die Klägerin zu 3 betreuende Diplompsychologin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat überzeugend dargelegt. Dies entspricht im Übrigen auch Erkenntnissen, die zu einer Rückkehr von Mädchen in den Irak nach langjährigem Auslandsaufenthalt im Westen vorliegen. Nach der Auskunft des EZKS vom 15.08.2008 an das Verwaltungsgericht Göttingen hat sich in den Fällen, in denen ganze Familien freiwillig in den Nordirak zurückgekehrt sind, diese Rückkehr vor allem für junge Frauen und Mädchen in der Pubertät, die einen wesentlichen Teil ihrer Sozialisation in Form eines westlich geprägten Lebensstils erfahren haben, als Katastrophe erwiesen und unter anderem unterschiedlichste psychische Störungen und Krankheiten, insbesondere Depressionen und Essstörungen, zur Folge gehabt.
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c.) Im Übrigen ergibt sich eine Ausnahme von der familienbezogenen Gesamtbetrachtung auch daraus, dass die Kläger zu 1 und 2 derzeit und bis auf Weiteres nicht in der Lage sind, der Klägerin zu 3 die für ein - erstmaliges -Einleben im Irak notwendige Hilfestellung zu gewähren. Dies gilt selbst dann, wenn man unterstellen würde, dass ihre Tochter auf den „Kulturschock“ nicht mit einer (psychischen) Erkrankung reagieren würde und sich der für sie dort erforderliche Aufwand an Betreuungs- und Beistandsleistungen nicht von dem unterscheidet, der auch ihren Geschwistern entgegen gebracht werden muss.
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Zwar sind die Kläger zu 1 und 2 selbst nicht „entwurzelt“. Sie haben den Irak erst als Erwachsene mit über 30 Jahren verlassen und dort einen höherwertigen Bildungsabschluss erlangt. Die Klägerin zu 2 hat im Irak das Gymnasium besucht und dort zunächst in einer Bank und später als Lehrerin gearbeitet. Sie spricht fließend Türkisch, Arabisch, Kurdisch und Farsi. Der Kläger zu 1 beherrscht ebenfalls diese Sprachen und verfügt auch über Kenntnisse der englischen Sprache. Außerdem leben noch Verwandte im Irak, unter anderem zwei Brüder und eine Schwester der Klägerin zu 2 in Kirkuk. Beide sind auch durch Berichte von Verwandten und das kurdische Fernsehen, das sie regelmäßig schauen, über die aktuellen Verhältnisse im Irak hinreichend informiert. So berichtet die Klägerin zu 2 einem Schreiben von Pfarrer B. - Arbeitskreis Asyl ... - vom 04.10.2010 zufolge bei Plenumssitzungen im Rahmen der „Aktuellen Runde“ über die Situation der Frauen im Irak. Allerdings sind die Kläger zu 1 und 2 aufgrund ihrer eigenen psychischen Belastungen und Erkrankungen nicht in der Lage sein, ihrer Tochter die unerlässliche Hilfe zu geben, die diese nach einem langen und ihr Leben prägenden Aufenthalt im Bundesgebiet bräuchte, um sich im Irak einleben zu können.
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Die Klägerin zu 2 ist seit dem Jahre 2007 bis heute bei der PVB wegen psychischer Erkrankungen in Behandlung. Das Gesundheitsamt der Beklagten hat aufgrund einer amtsärztlich-psychiatrischen Untersuchung der Klägerin zu 2 am 19.12.2007 ein erheblich ausgeprägtes depressives Syndrom (mittelschwere bis schwere Episode) mit Somatisierung vor einem posttraumatischen Hintergrund diagnostiziert. Nach einer erneuten Untersuchung vom 26.10.2009 und unter Berücksichtigung eine Stellungnahme der PBV vom 21.07.2009 hat gerade auch der Amtsarzt eine Fortsetzung der Therapie wegen eines erheblich ausgeprägten depressiven Syndroms mit Somatisierung auf posttraumatischer Grundlage befürwortet. Wie die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anwesende Diplompsychologin überzeugend geschildert hat, ist die Klägerin zu 2 aufgrund der Behandlung und der sie umgebenden „Netzwerke“ mittlerweile in der Lage, ihr Leben zu bewältigen. Durch die psychologische Betreuung und die ihr hier ermöglichten Tätigkeiten - wie etwa das gelegentliche und ehrenamtliche Übersetzen für andere Flüchtlinge oder das „Sich-Einbringen“ in der Schule ihrer Kinder oder während ihrer Erwerbstätigkeit - erfährt die Klägerin zu 2 die für sie erforderliche innere Stabilität. Dass die Klägerin zu 2 für die Erlangung bzw. Aufrechterhaltung eines seelischen Gleichgewichts ungeachtet dessen, dass sie selbst aktiv hieran arbeitet, auf Unterstützung durch Dritte angewiesen ist, hat auch die die Kläger betreuende Sozialarbeiterin, die mit der Familie ständigen Kontakt hat, im Einzelnen dargelegt. Sie sieht die Klägerin zu 2 am Rande der Belastbarkeit stehen und dringend auf die Einbindung durch ihr soziales Engagement in ihrem derzeitigen Umfeld angewiesen. Würde die Klägerin zu 2 auf ein Leben in den Irak verwiesen, so wäre sie dort für einen unabsehbaren Zeitraum nicht in der Lage, ihren Kindern zu helfen, weil sie selbst eine Rückkehr in den Irak psychisch nicht verkraften würde. Diese schon in verschiedenen schriftlichen Stellungnahmen der PBV zum Ausdruck gebrachte Prognose hat die vom Senat angehörte Psychologin nochmals bekräftigt und darauf hingewiesen, dass bei der Klägerin zu 2 zumindest mit einer schweren Depression zu rechnen wäre. Selbst wenn man davon ausgeht, dass eine psychische Erkrankung der Klägerin zu 2 im Irak grundsätzlich behandelbar wäre, würde die Notwendigkeit, mit den eigenen Problemen kämpfen zu müssen, bei ihr zwangsläufig so sehr im Vordergrund stehen, dass sie vorhersehbar nicht in der Lage wäre, ihren Kindern diejenige Hilfestellung zu bieten, auf die diese bei der von ihnen zu leistenden erstmaligen Integration in ein fremdes Land existentiell angewiesen wären.
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Auch der Kläger zu 1 könnte seine Kinder bei einer Rückkehr in den Irak nicht adäquat unterstützen. Er leidet an einem behandlungsbedürftigen Alkoholproblem und hat deswegen auch schon einen Arzt konsultiert. Seine Ursache hat der Alkoholkonsum nach der Stellungnahme der PBV vom 06.05.2009 aber auch nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unter anderem darin, dass ein Bruder von ihm im Jahre 2003 in Kirkuk durch ein Attentat getötet worden sei. Er ist darüber hinaus wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung in Behandlung. Aufgrund seiner Labilität würde er - wie sich aus den schriftlichen Stellungnahmen der PBV und den mündlichen Angaben der Psychologin ergibt - selbst eine Rückkehr in den Irak nicht verkraften und erst Recht nicht die notwendige Hilfestellung gegenüber der Klägerin zu 3 leisten können. Der lange und das Mädchen prägende Aufenthalt im Bundesgebiet, ihr vollständig fehlender Bezug zum Irak, die bei ihr nicht vorhandenen Kenntnisse einer im Irak üblichen Schriftsprache, die prekäre allgemeine (Sicherheits-)Lage, die beschränkten Schulmöglichkeiten und die unzureichend gesicherte Grundversorgung würden an den Erziehungsberichtigen besonders hohe Anforderungen hinsichtlich der Unterstützungsleistungen stellen, die im konkreten Einzelfall aufgrund der bei ihm fehlenden eigenen Belastbarkeit nicht erbracht werden könnten. Es ist auch nicht ersichtlich, dass in dieser Konstellation Verwandte oder sonstige Dritte im Irak die den Eltern obliegenden Aufgaben der Begleitung bei der Integration in die dortigen Lebensverhältnisse (vorübergehend) in der notwendigen Art und Weise übernehmen könnten.
69 
d.) Im Rahmen dieser Bewertung, dass der Klägerin zu 3 in Anbetracht ihres erreichten Integrationsstands eine Rückkehr in den Irak nicht zugemutet werden kann, spielt es keine entscheidende Rolle, dass ihr Aufenthalt zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich legalisiert gewesen ist. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil die Aussetzung der Abschiebung seit Jahren mit Blick auf die Verhältnisse im Irak vorgenommen worden ist und wird. Dies folgt aus den zur „Rückführung irakischer Staatsangehöriger“ ergangenen Schreiben des Innenministerium vom 18.06.2003, vom 27.11.2003, vom 29.07.2004 und vom 12.03.2007 in der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats geltenden Fassung gemäß ZV-AufenthG (Abschn. D - Irak Nr. 3). Dem entsprechend haben die Beklagte oder das beigeladene Land zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Anstrengungen unternommen, den Aufenthalt der Klägerin zu 3 und ihrer Familie zu beenden. Dass die Situation im Irak auch aus Sicht der Ausländerbehörden nicht ohne weiteres für jeden im Bundesgebiet lebenden ausreisepflichtigen irakischen Staatsangehörigen zu bewältigen ist, lässt sich daran ersehen, dass bislang nur straffällig gewordene Iraker abgeschoben worden sind, die aus den kurdischen Gebieten stammen und dort noch Familie haben, die Schutzfunktionen übernehmen und den betreffenden Rückkehrern Zugang zu Wohnmöglichkeiten und anderen Grundversorgungen verschaffen können (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 28.11.2010, S. 38 sowie ZV-AufenthG Abschn. D - Irak Nr. 3). Aufgrund dieser Besonderheiten ist dem aufenthaltsrechtlichen Gesichtspunkt der Begrenzung und Steuerung von Zuwanderern im Rahmen des Art. 8 Abs. 2 EMRK im vorliegenden Fall keine ausschlaggebende Bedeutung beizumessen.
70 
5.) Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK steht nicht entgegen, dass bei ansonsten vorliegenden Regelerteilungsvoraussetzungen der Lebensunterhalt nicht vollständig gesichert ist und die Klägerin zu 3 selbst nicht über einen Pass verfügt. Insoweit liegen Ausnahmen von den Regelerteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Nrn. 1 und 4 AufenthG vor.
71 
a.) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG i.V.m. § 2 Abs. 3 AufenthG ist der Lebensunterhalt eines Ausländers gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Dabei bleiben die in § 2 Abs. 3 Satz 2 AufenthG aufgeführten öffentlichen Mittel außer Betracht. Es bedarf mithin der positiven Prognose, dass der Lebensunterhalt des Ausländers in Zukunft unter Berücksichtigung der von ihm angestrebten Aufenthaltsdauer ohne Inanspruchnahme anderer öffentlicher Mittel gesichert ist. Dies erfordert einen Vergleich des voraussichtlichen Unterhaltsbedarfs mit den voraussichtlich zur Verfügung stehenden Mitteln (vgl. zur Prognose GK-AufenthG § 2 Rn. 41 ff.). Bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs kommt es auf den Bedarf der Kernfamilie an, d.h. bei der Prognose, ob der Lebensunterhalt der Klägerin zu 3 künftig voraussichtlich gesichert ist, ist der Bedarf der Kläger zu 1 und 2 sowie 4 und 5 ebenfalls zu berücksichtigen. Bei erwerbsfähigen Ausländern richtet sich die Ermittlung des Unterhaltsbedarfs seit dem 01.01.2005 nach den entsprechenden Bestimmungen des 2. Sozialgesetzbuchs (SGB II). Dabei sind bei der Ermittlung des zur Verfügung stehenden Einkommens grundsätzlich der Freibetrag für Erwerbstätige gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II und die Werbungskostenpauschale nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II zu Lasten des Ausländers anzusetzen (vgl. BVerwG, Urteile vom 16.11.2010 - 1 C 20.09 und 1 C 21.09 - bisher nur Pressemitteilung sowie Urteile vom 07.04.2009 - 1 C 17.08 - BVerwGE 133, 329 und vom 26.08.2008 - 1 C 32.07 -NVwZ 2009, 248 ). Gemessen hieran kann prognostisch nicht von einer Sicherung des Lebensunterhalts ausgegangen werden.
72 
Die Kläger zu 1 und 2 verdienen derzeit gemeinsam monatlich etwa 1.762 EUR netto. Es bestehen zwar keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschäftigungen der Klägerin zu 2, die bereits über ein Jahr bereits ausgeübt wird, und diejenige des Klägers zu 1 demnächst wieder entfallen könnten. Wie die Metzgerei Z. in der Arbeitsbescheinigung vom 08.12.2010 ausgeführt hat, ist die Klägerin zu 2 bis auf weiteres in der Filiale in S. beschäftigt, wo man mit ihrer Arbeit zufrieden sei. Auch hinsichtlich des Klägers zu 1 ist von einer weiteren Erwerbstätigkeit auszugehen. Der den Kläger zu 1 hauptberuflich beschäftigende Arbeitgeber hat unter dem 08.12.2010 schriftlich sowie ergänzend in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darauf hingewiesen, er sei mit dessen Arbeit stets sehr zufrieden gewesen. Daher habe er ihn im September 2010 festangestellt. Auch könne die vom Kläger zu 1 zusätzlich ausgeübte Nebentätigkeit als geringfügig Beschäftigter problemlos mit seiner Tätigkeit als Aushilfsarbeiter bei ihm in Einklang gebracht werden. Es ist auch nicht zu erkennen, dass einer weiteren Erwerbstätigkeit der Eltern der Klägerin zu 3 rechtliche Hindernisse entgegen stehen könnten. Zwar berechtigt der auch ihnen zu erteilende humanitäre Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 AufenthG (siehe unten III.) nicht schon kraft Gesetzes zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit. Allerdings ist prognostisch davon auszugehen, dass den Klägern zu 1 und 2 die Ausübung der Erwerbstätigkeit erlaubt werden wird (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1, Alt. 2 AufenthG). Denn selbst als nur Geduldeten wird ihnen seit Januar 2008 die Beschäftigung uneingeschränkt erlaubt. Dass die Zulassung einer Beschäftigung der Kläger zu 1 und 2 nunmehr auf der Grundlage eines - letztlich an die Stelle der Duldung tretenden - zunächst nach § 26 Abs. 1 Satz 1 AufenthG für sechs Monate befristeten humanitären Aufenthaltstitels unter arbeitsmarktspezifischen Aspekten anders zu bewerten wäre, ist nicht ersichtlich (vgl. hierzu auch § 9 Abs. 1 Nr. 2 BeschVerfV). Andererseits steht aber auch nicht zu erwarten, die Kläger zu 1 und 2 könnten in einem überschaubaren Zeitraum ein deutlich höheres Einkommen erzielen. Zwar ist dem Kläger zu 1 eine höhere Entlohnung bei der Firma ... ... in Aussicht gestellt worden, wenn er - auf der Grundlage eines Aufenthaltstitel - für den Betrieb flexibler verwendungsfähig wäre und etwa auch Autos ins Ausland verbringen könnte. Eine konkrete Zusage des Arbeitgebers, die prognostisch Berücksichtigung finden müsste, liegt jedoch nicht vor.
73 
Ausgehend von einer sozialversicherungspflichtigen Weiterbeschäftigung des Klägers zu 1 auf der Grundlage eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG steht den Eltern zukünftig jedoch Kindergeld zu, das nach § 2 Abs. 3 Satz 2 AufenthG als Einkommen zu berücksichtigen ist. Nach § 1 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3 BKGG hat Anspruch auf Kindergeld unter anderem derjenige, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG besitzt und sich seit mindestens drei Jahren geduldet im Bundesgebiet aufhält und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist. Nach § 6 Abs. 1 BKGG beträgt das Kindergeld für die Klägerin zu 3 und den Kläger zu 4 jeweils 184 EUR sowie für die Klägerin zu 5 190 EUR, mithin zusammengerechnet 558 EUR. Insgesamt werden den Klägern daher bei einem Einkommen von 1.762 EUR zukünftig 2.320 EUR zur Verfügung stehen.
74 
Dem steht ein Bedarf von 2.580 EUR gegenüber. Dieser errechnet sich zunächst anhand der von den Klägern zu tragenden Gebühren für die Unterkunft in Höhe von etwa 718 EUR und des - auf der Grundlage der Regelsätze des SGB II ermittelten - Bedarfs von 1.399 EUR (siehe hierzu oben unter 3.). Des weiteren sind sowohl für den Kläger zu 1 als auch für die Klägerin zu 2 jeweils ein Betrag von 100 EUR nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II anzusetzen. Schließlich sind zu Lasten der Erwerbstätigen aus einem durchschnittlich monatlich zugrunde gelegten Nettoeinkommen der Klägerin zu 2 in Höhe von 370 EUR nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II ein Betrag von 54 EUR und für den Kläger zu 1 bei einem Gesamt-Nettoeinkommen von 1.329 EUR ein solcher von etwa 209 EUR anzusetzen.
75 
Allerdings gebietet der Schutz des Privatlebens der Klägerin zu 3 im Sinne des Art. 8 EMRK die Annahme eines Ausnahmefalles (zur Atypik aufgrund völker- oder verfassungsrechtlicher Wertentscheidung siehe etwa BVerwG, Urteil vom 30.04.2009 - 1 C 3.08 - NVwZ 2009, 1239 Rn.13 ff.; GK-AufenthG § 5 Rn. 28; Renner, a.a.O. § 5 Rn. 21 ff.). Die Klägerin zu 3 kann aufgrund des Ausmaßes ihrer Integration im Bundesgebiet bei gleichzeitiger „Entwurzelung“ nicht auf ein Leben im Irak verwiesen werden, sondern ist auf ein Verbleiben in der Bundesrepublik angewiesen. Diese für einen Ausnahmefall streitende Wertentscheidung des Art. 8 EMRK ist im vorliegenden Fall auch nicht deshalb in einem anderen Licht zu sehen, weil die Ausländerin minderjährig ist. Zwar könnte die Bejahung eines atypischen Falles in einer solchen Konstellation dazu führen, dass über den Rechtsanspruch des Kindes - vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht - nicht integrationswillige oder -fähige Eltern wegen der grundsätzlich schutzbedürftigen familiären Lebensgemeinschaft ein rechtlich legalisiertes Bleiberecht vermittelt werden könnte, was nicht nur einwanderungspolitisch bedenklich wäre, sondern auch dem von der Konvention anerkannten Recht eines Konventionsstaats zuwiderlaufen würde, über den Zuzug von Ausländern und dessen Voraussetzungen selbst zu entscheiden. Im vorliegenden Fall greifen derartige Bedenken jedoch schon im Hinblick auf den Grad der Integration der Eltern der Klägerin zu 3 nicht durch. Diese haben zwar vor allem in sprachlicher und wirtschaftlicher Hinsicht hier noch nicht in einer Weise Fuß gefasst, dass sie Inländern vergleichbar wären. Sie arbeiten jedoch an der Verbesserung der Sprachkenntnisse, verhalten sich entsprechend der deutschen Rechts- und Gesellschaftsordnung - die eingeholten Auskünfte aus dem Zentralregister vom 04.10.2010 weisen keine Eintragungen auf -, engagieren sich hier im Rahmen ihrer Möglichkeiten (so etwa die Klägerin zu 2 als Elternvertreterin oder der Kläger zu 1 beim Fußball seiner Kinder) und sind um die Erlangung einer qualifizierteren und besser bezahlten Erwerbstätigkeit bemüht. Im Übrigen ist im vorliegenden Fall die Diskrepanz zwischen Unterhaltsbedarf und eigenem Einkommen mit 260 EUR relativ betrachtet gering und allein durch die bedarfserhöhend angesetzten Beträge nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II und § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II bedingt. Ein fiktiver Abzug von letztlich tatsächlich vorhandenem Einkommen zu Lasten des Ausländers ist bei einem aus dem Völkerrecht abgeleiteten Aufenthaltsrecht mit dessen Wertentscheidung nicht in Einklang zu bringen.
76 
b.) Die Klägerin zu 3 ist weder im Besitz eines eigenen Passes noch ist sie in dem der Klägerin zu 2 am 24.06.2009 ausgestellten irakischen Reisepass eingetragen (siehe zu dieser Möglichkeit der Erfüllung der Passpflicht § 2 Satz 1 AufenthV). Es liegt jedoch ein Ausnahmefall von der Regelerteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 3 AufenthG vor. Der Zweck der Passpflicht besteht darin, durch den Besitz eines gültigen Passes den Behörden die Feststellung der Identität und der Staatsangehörigkeit sowie der Rückkehrberechtigung seines Inhabers ohne weiteres zu ermöglichen (Renner, a.a.O., § 5 Rn. 14 und Nr. 3.0.8 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift vom 26.10.2009, abgedr. in Renner, a.a.O. vor § 3; GK-AufenthG, § 3 Rn. 14). Nach der Bestätigung der irakischen Botschaft in Berlin vom 11.02.2009 hat die Klägerin zu 3 die regulär geforderten irakischen Unterlagen für die Ausstellung der neuen irakischen Reisepässe mit dem Serienbuchstaben G eingereicht, und der Antrag ist an das zuständige irakische Innenministerium nach Bagdad weitergeleitet worden. Diese Bestätigung liegt mit gleichem Datum auch hinsichtlich ihres Vaters, des Klägers zu 1, vor. Wie die Prozessbevollmächtigte der Kläger in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen erläutert hat, ist im Hinblick auf unterschiedliche Auffassungen zur richtigen Schreibweise des Vornamens des Klägers zu 1, was auch Auswirkungen auf die Pässe der Kinder hat, während des Verfahrens die Erneuerung seines Personalausweises gefordert worden. Der Kläger zu 1 hat dies daraufhin beantragt. Nunmehr sind alle Kläger im Besitz von am 08.08.2010 in Kirkuk ausgestellten irakischen Identitätskarten, die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgelegt worden sind. Unter Berücksichtigung dessen, dass die Eltern der Klägerin zu 3 bereits alle erforderlichen Mitwirkungshandlungen für die Ausstellung eines Reisepasses vorgenommen haben, kann die lange Dauer des Verfahrens durch die Heimatbehörden in Passangelegenheiten, die auch Erkenntnissen des Auswärtige Amt entspricht (siehe etwa Lagebericht vom 28.11.2010, S. 36 f. zur Tätigkeit der irakischen Botschaft), nicht zu Lasten der Klägerin zu 3 gehen (vgl. GK-AufenthG § 5 Rn. 58; Renner, a.a.O., § 5 Rn. 13). Für eine Ausnahme von der Regelerteilungsvoraussetzung in einem solchen Fall spricht auch, dass der Klägerin zu 3 ein sich aus dem Völkerrecht ergebender Anspruch auf Erteilung des Aufenthaltstitels zusteht. Im Übrigen können auch wesentliche Funktionen der Passpflicht mit den in der Berufungsverhandlung vorgelegten Unterlagen hinreichend abgedeckt werden. So ist insbesondere die irakische Staatsangehörigkeit der Klägerin zu 3 nach der im Original vorgelegten irakischen Staatsangehörigkeitsbescheinigungen für ihre Eltern, von denen sie durch Abstammung ihre Staatsangehörigkeit ableitet, unzweifelhaft.
II.)
77 
Der seit dem 31.01.2002 geduldete Kläger zu 4 hat ebenfalls einen Anspruch nach § 25 Abs. 5 Satz 1 und 2 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
78 
Entsprechend den allgemeinen Darlegungen oben unter I.) führt der Kläger zu 4 im Bundesgebiet ein schutzwürdiges Privatleben, das durch die Vorenthaltung eines Aufenthaltstitels unverhältnismäßig beeinträchtigt wird. Der am 01.11.1998 geborene Kläger zu 4 lebt seit über acht Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet und besucht hier altersentsprechend die 6. Klasse der Hauptschule. Seine deutschen Sprachkenntnisse in Wort und Schrift entsprechenden denjenigen von Mitschülern deutscher Herkunft. Er hat einen auch deutsche Freunde umfassenden Freundeskreis, mit dem er verschiedene Aktivitäten außerhalb der Schule durchführt (wie etwa Fahrradtouren oder Theaterspiel) und spielt in einem Verein Fußball. Ebenso wie bei seiner älteren Schwester ist auch für den Kläger zu 4 aus den dort allgemein angestellten Erwägungen heraus eine Duldung nicht ausreichend, um sein Privatleben in einer der Konvention entsprechenden Weise führen zu können. Dass es durch eine Duldung dem Kläger zu 4 nicht möglich ist, etwa an Fußballturnieren und entsprechenden Freizeitaktivitäten seines Vereins außerhalb Baden-Württembergs teilzunehmen, obwohl er dies möchte, d.h. dass dieses Verbot eine Belastung für ihn darstellt, ist in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wie auch schon beim Verwaltungsgericht im Einzelnen deutlich worden.
79 
Der Kläger zu 4 ist in einer Weise in die Lebensverhältnisse im Bundesgebiet integriert, die im Wesentlichen derjenigen der Klägerin zu 3 entspricht. Er hat in etwa drei Viertel seines bisherigen Lebens im Bundesgebiet verbracht und geht in eine Regelschule. Nach dem zuletzt erteilten Zeugnis der Hauptschule (Versetzungszeugnis zum Ende des Schuljahres 2009/10) ist für Deutsch die Note „ausreichend“ vergeben worden; die Leistungen in den übrigen Fächern und Fächerverbünden sind mit „befriedigend“ und „ausreichend“, in einem Fach mit „gut“ bewertet worden. Die in dem Zeugnis ebenfalls enthaltene verbale allgemeine Beurteilung der Arbeitshaltung, Selbstständigkeit und Zusammenarbeit in der Klassen- und Schulgemeinschaft zeigt zwar noch etliche Defizite beim Kläger zu 4 auf (wie etwa schwankende Unterrichtsbeteiligung, Störung des Unterrichts). Es gibt jedoch keine Hinweise darauf, dass es sich hierbei nicht um alters- und entwicklungstypische Erscheinungen handeln würde. Im Übrigen arbeitet der Kläger zu 4 an der Verbesserung seiner Leistungen. Nach einem Schreiben der Kontaktgruppe Asyl ... vom 29.07.2009 erhält er durch den Asylkreis Hilfe bei den Hausaufgaben. Nach anfänglichen Schwierigkeiten komme er zuverlässig zu den Terminen. Er habe Erklärungen in Mathematik und Deutsch schnell verstanden und habe sich die Methoden und Regeln merken können. Er sei auch zu zusätzlichen Leistungen bereit, doch brauche er weiterhin viel Übung, um seine schulischen Leistungen deutlich verbessern zu können. Auch die Sorgfalt und das Gefühl der Verantwortung für seine schulischen Leistungen müssten noch wachsen. Er müsse noch begreifen, wie wichtig Bildung für seinen weiteren Lebensweg sei. Doch sei er auf einem guten Weg. Diese Nachhilfe nimmt er nach wie vor in Anspruch und hat nach einem am 08.12.2010 vorgelegten Schreiben seiner „Nachhilfelehrerein“ erhebliche Fortschritte gemacht. Der Kläger zu 4 ist in der 6. Klasse von seinen Mitschülern zum Klassensprecher gewählt worden, nachdem er zuvor stellvertretender Klassensprecher gewesen war.
80 
Der Kläger zu 4 ist auch außerhalb seines Schulalltags fest in die hier gegebenen gesellschaftlichen und sozialen Lebensverhältnisse eingebunden. In seiner Freizeit spielt er schon seit längerem beim TSV H. Fußball. Er ist - nach seinen Angaben seit zwei Jahren - Kapitän der D-Jugendmannschaft und nimmt auch an Turnieren teil. Zusätzlich spielt er außerhalb des Vereins Fußball und ist auch im Übrigen sportlich sehr aktiv. Nach einer Stellungnahme von ehrenamtlichen Mitarbeitern des Arbeitskreises Asyl vom 02./03.12.2010 trainiert der Kläger zu 4 ferner in einem Boxverein und nimmt außerdem Angebote der evangelischen Kirchengemeinde ... für Kinder wahr. Als jüngeres Kind hat er am Laternenumzug teilgenommen. Ebenso wie seine ältere Schwester engagiert sich der Kläger zu 4 seit April 2010 bei dem Theaterprojekt „Yourstory“ des Jugendhauses ... in Kooperation mit der „freien bühne ...“. Nach den für den Kläger zu 4 erstellten Berichten eines Diplomsozialpädagogen vom Schülercafé ... vom 28.04.2010, vom 04.10.2010 und vom 07.12.2010 komme er häufig zu den verschiedenen Angeboten des Schülercafés. Er nehme regelmäßig an einem wöchentlichen Fußballprogramm teil. Er komme zum Jungentreff und nutze am Freitagabend gerne das Angebot des Teenietreffs. In den Pfingstferien 2009 sei er Teilnehmer der viertägigen Fahrradfreizeit gewesen. Er beteilige sich rege am Geschehen in der Einrichtung. Meistens nutze er mit gleichaltrigen Freunden die Angebote. Er sei sehr aktiv und voll integriert. Insgesamt gesehen unterscheidet sich die Lebensweise des Klägers zu 4 in gesellschaftlicher und sozialer Hinsicht nicht von derjenigen, wie sie auch von gleichaltrigen Schülern deutscher Herkunft gelebt wird. Unter Berücksichtigung des Maßes der Integration unter wirtschaftlicher Hinsicht und mit Blick auf den Duldungsstatus bereits oben unter I. 3.) getroffenen Feststellungen, die für den Kläger zu 4 gleichermaßen gelten, ist auch bei ihm davon auszugehen, dass er in erheblichem Maße im Bundesgebiet integriert ist.
81 
In Ansehung des erreichten Integrationsstands ist ihm auch trotz seines stets nur geduldeten Aufenthalts eine Rückkehr in den Irak ebenfalls nicht zuzumuten. Der Kläger zu 4 lebt im Bundesgebiet seitdem er drei Jahre alt gewesen ist. Den Irak kennt er aus eigenem Erleben nicht mehr. Er kann sich zwar in der Muttersprache seiner Eltern verständigen, hat jedoch keine Kenntnisse der Schriftsprache. Auf eine Hilfestellung seiner Eltern bei der - erstmaligen -Integration in seinen Passstaat kann er nicht verwiesen werden, weil diese auch ihm gegenüber entsprechend den Ausführungen oben unter I. 4.c.) nicht in der Lage wären, die erforderliche Unterstützung zu gewähren. Entsprechend den Darlegungen oben unter I. 5.) stehen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK die Regelerteilungsvoraussetzungen nicht entgegen.
III.)
82 
Den Klägern zu 1, 2 und 5 steht mit Rücksicht auf die stets gelebte und dem Schutz von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK unterfallende familiäre Lebensgemeinschaft mit den Klägern zu 3 und 4 ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu. Zwar könnte eine Trennung von den Klägern zu 3 und 4 auch dadurch vermieden werden, dass die Abschiebung der übrigen Familienmitglieder weiter ausgesetzt wird. Das Rechtsinstitut der Duldung ist jedoch nicht dazu bestimmt, einen nach der Verfassung gebotenen dauernden Aufenthalt zu sichern und zu ermöglichen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.11.2009 - 13 S 2002/09 - juris Rn. 42; vgl. auch GK-AufenthG, § 60a Rn. 133 ff.). Hinsichtlich der Regelerteilungsvoraussetzungen gelten mit Blick auf den verfassungsrechtlich gebotenen weiteren Aufenthalt die Ausführungen unter I. 5.) entsprechend.
IV.)
83 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 und 3, § 159 Satz 1 VwGO und § 100 Abs. 1 ZPO.
84 
Die Zulassung der Revision beruht auf § 132 Abs. 2 Nr. Nr. 1 VwGO. Die zwischen den Beteiligten umstrittene Rechtsfrage, ob bei einem im Bundesgebiet - mit Blick auf die Verhältnisse im Herkunftsstaat - stets nur geduldeten Aufenthalt der Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privatlebens eröffnet ist, ist grundsätzlich klärungsbedürftig und klärungsfähig
85 
Beschluss vom 13. Dezember 2010
86 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf 25.000,-- EUR festgesetzt.
87 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4. Juni 2009 - 4 K 4239/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger begehren die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen.
Die im Bundesgebiet geduldeten Kläger sind serbische, möglicherweise auch kosovarische Staatsangehörige und gehören der Volksgruppe der Roma an. Der am 3.5.1978 geborene Kläger zu 1 und die am 5.10.1979 geborene Klägerin zu 2 sind miteinander verheiratet. Die in den Jahren 2002, 2003 und 2005 im Bundesgebiet geborenen Kläger zu 3 - 5 sind deren gemeinsame Kinder. Die Kläger zu 1 und 2 reisten im Jahre 1999 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Alle Kläger mit Ausnahme der Klägerin zu 2 haben mittlerweile Asylverfahren erfolglos betrieben.
Die Kläger sind in einer Obdachlosenunterkunft der Beklagten untergebracht. Laut Einweisungsverfügung der Beklagten vom 27.12.2006 (Verlängerung) handelt es sich um drei Zimmer, für die die Kläger eine monatliche Benutzungsgebühr in Höhe von 471,24 EUR zu zahlen haben. Der Verfügung zufolge werden die Gemeinschaftsflächen (Küche, Bad/WC, Flur) von allen Bewohnern gemeinsam genutzt. Auf dem Abdruck der Verfügung in den Akten der Beklagten befindet sich ein Aktenvermerk vom 9.2.2007, wonach es sich um eine abgeschlossene Wohnung handle.
Auf einem Meldeblatt in den Akten der Beklagten (AS. 138) ist festgehalten: „Wegzug nach unbekannt am 13.6.2005“ . Auf einem weiteren Meldebogen (VAS 140) ist für den 1.7.2005 „Wiederzuzug aus dem Ausland“ vermerkt.
In dem Bericht der Bundespolizeiinspektion Saarbrücken zur Rücküberstellung der Kläger vom 11.7.2005 wird ausgeführt, diese und andere Mitglieder ihrer Großfamilie seien am 8.7.2005 gegen 6.30 Uhr von der französischen Polizei am Bahnhof von Verdun angetroffen, überprüft und aufgrund ihrer fehlenden Pässe und Visa wegen unerlaubter Einreise in die Republik Frankreich festgenommen worden. Sie hätten gegenüber der französischen Polizei angegeben, mit dem Zug in Richtung Lyon unterwegs gewesen zu sein, in Verdun seien ihre Barmittel erschöpft gewesen. Nach ihren eigenen Angaben seien sie am 6.7.2005 von Stuttgart aus in Richtung Frankreich abgereist. Nach ihrer Ankunft in Verdun hätten sie in den dortigen Straßen übernachtet. Fahrkarten hätten sie nicht bei sich gehabt. Nach erfolgter Rücküberstellung aus Frankreich am 8.7.2005 sei bei der Überprüfung festgestellt worden, dass die Kläger außer ihren Duldungen u.a. noch ein Schreiben des Regierungspräsidiums Stuttgart, Bezirksstelle für Asyl, vom 14.6.2005 bei sich geführt hätten. Darin seien sie aufgefordert worden, sich zur Vorbereitung der freiwilligen Rückkehr mit der Behörde in Verbindung zu setzen. Auch nach ihrer Rückkehr aus Frankreich erhielten die Kläger Duldungen.
Unter dem 28.11.2006 beantragten die Kläger die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. In dem Antragsformular ist als Aufenthaltszweck „Erwerbstätigkeit“ angekreuzt. In einem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 30.10.2006 berief sich dieser indes allein auf humanitäre Gründe (§ 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK). Mit Schreiben vom 22.11.2006 führte er ergänzend aus, er meine, dass die Kläger unter die Voraussetzungen der Altfallregelung vom 17.11.2006 fielen. Kurz darauf gaben diese die in ihrem Besitz befindlichen serbischen Reisepässe bei der Beklagten ab.
Mit Bescheid vom 6.5.2008 lehnte die Beklagte den Antrag der Kläger ab; den Klägern zu 4 und 5 drohte sie zudem die Abschiebung in die Bundesrepublik Serbien oder den Kosovo an, falls sie die Bundesrepublik Deutschland nicht spätestens einen Monat nach Bestandskraft dieser Verfügung verließen. Punkt 1 der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG vom 20.11.2006 sei nicht erfüllt. Die Kläger hätten Ende Mai/Anfang Juni die Obdachlosenunterkunft verlassen und seien untergetaucht. Am 6.7.2005 seien sie nach Frankreich gereist. Sie hätten dort mit ihren Onkeln, Tanten, Brüdern und Cousins leben und ihren Lebensmittelpunkt dorthin verlegen wollen. Sie seien jedoch von der französischen Polizei festgenommen und am 8.7.2005 nach Deutschland zurück überstellt worden. Sie hätten sich damit zwar noch kurzfristig, jedoch ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde außerhalb der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten. Zudem hätten sie vorsätzlich behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung hinausgezögert oder behindert. Sie hätten zwar zur Erlangung der Aufenthaltserlaubnis einen gültigen serbischen Reisepass vorgelegt. Sie hätten diesen jedoch bereits seit fast zehn Monaten besessen und ihn trotz mehrerer Aufforderungen zur Verhinderung einer möglichen Abschiebung nicht bei der Ausländerbehörde vorgelegt. Des Weiteren seien sie aus ihrer Obdachlosenunterkunft verschwunden, untergetaucht und illegal nach Frankreich gereist, um einer Abschiebung in ihre Heimat zu entgehen. Auch eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG könne den Klägern nicht erteilt werden. Sie verfügten nicht über ausreichenden Wohnraum, da sie in einer kommunalen Obdachlosenunterkunft wohnten. Zudem sei zu ihren Lasten zu werten, dass sie ihren Nationalpass der Ausländerbehörde nicht unverzüglich vorgelegt hätten. Die von ihnen ausgeführte Integration der Familie zu „faktischen Inländern“ könne nicht nachvollzogen werden. Die Kläger zu 1 und 2 befänden sich noch nicht einmal zehn Jahre im Bundesgebiet und hätten keinen deutschen Schulabschluss. Sie seien beide im Kosovo aufgewachsen, beherrschten die Sprache und könnten sich in die dortigen Lebensverhältnisse wieder einfügen. Die Kläger zu 3 - 5 besuchten noch nicht die Schule und könnten sich daher auch problemlos in die Gesellschaft ihres Heimatlandes einfügen. Zudem könne nicht von einer erfolgreichen Integration gesprochen werden, wenn die Familie sich der Abschiebung durch die Nichtaushändigung der gültigen Nationalpässe und Untertauchen entziehe.
Die fristgerecht erhobenen Widersprüche der Kläger wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 20.10.2008 zurück. Darin wird ausgeführt: Seit der Rückkehr in das Bundesgebiet im Juli 2005 sei der Kläger zu 1 als Teilzeitmitarbeiter bei der Firma M. D. beschäftigt. Im März 2007 habe er zusätzlich eine geringfügige befristete Beschäftigung in einer Autowaschanlage angenommen. Zumindest bis November 2006 hätten die Kläger zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts zusätzliche öffentliche Leistungen bezogen. Die erforderliche ununterbrochene Aufenthaltszeit von sechs Jahren sei nicht erfüllt, weil die Kläger im Juni 2005 untergetaucht seien und sich unerlaubt in Frankreich aufgehalten hätten, wo sie am 8.7.2005 festgenommen worden seien. Gemäß Nr. 1.1, Buchstabe i der Anwendungshinweise des Innenministeriums zur Anordnung vom 20.11.2006 führe die Weiterreise in einen anderen Dublin-Staat auch dann zu einer Unterbrechung des Inlandsaufenthalts, wenn eine Rücküberstellung erfolgt sei. Nach Nr. 2.3. der ergänzenden Hinweise des Innenministeriums zu den vorläufigen Anwendungshinweisen zum Aufenthaltsgesetz gelte das Gleiche für die gesetzliche Bleiberechtsregelung des § 104a AufenthG. Gemäß § 50 Abs. 4 AufenthG seien die Kläger mit ihrer unerlaubten Einreise und dem unerlaubten Aufenthalt in Frankreich ihrer Ausreisepflicht nicht nachgekommen. Nach Aktenlage sei auch kein rechtliches oder tatsächliches Ausreisehindernis im Sinne von § 25 Abs. 5 AufenthG ersichtlich. Die Kläger zu 1 und 2 lebten erst seit acht Jahren im Bundesgebiet und hätten die überwiegende Zeit ihres Lebens in ihrem Heimatland verbracht. Ihnen sei es deshalb möglich und zumutbar zusammen mit ihren minderjährigen Kindern in ihr Heimatland zurückzukehren. Die minderjährigen Kläger zu 3 - 5 teilten insoweit das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern. Die gegen die Kläger zu 4 und 5 ergangenen Abschiebungsandrohungen seien zwischenzeitlich obsolet geworden, nachdem sie das Bundesamt bestandskräftig zur Ausreise aufgefordert und ihnen anderenfalls die Abschiebung in das Kosovo angedroht habe.
Die Kläger haben am 12.11.2006 Klage vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Sie machen ergänzend geltend, der Kläger zu 1 arbeite bereits seit dem 23.3.2003 bei M. D.. Aufenthaltsrechtlich relevante Vorstrafen gebe es nicht.
10 
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 4.6.2009 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Ein Anspruch nach § 104a AufenthG bzw. § 23 AufenthG i.V.m. der Anordnung des Innenministeriums vom 20.11.2006 scheitere schon daran, dass sich die Kläger zum jeweiligen Stichtag nicht seit mindestens sechs Jahren im Bundesgebiet aufgehalten hätten, weil sie nach ihrem Untertauchen im Juni 2005 nach Frankreich ausgereist seien und hierbei ihren Duldungsstatus verloren hätten. Die vorherigen Aufenthaltszeiten könnten daher nicht auf die Mindestdauer des langjährigen Aufenthalts angerechnet werden. Auch nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 8 Abs. 1 EMRK ergebe sich kein Abschiebungshindernis. Im Rahmen der Eingriffsrechtfertigung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK sei eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen. Für die Kläger spreche der insgesamt lange Aufenthalt im Bundesgebiet, die bei allen Klägern vorhandenen deutschen Sprachkenntnisse, das Fehlen von Straftaten sowie das Bemühen um die Sicherung des Lebensunterhalts durch den Kläger zu 1, neuerdings auch durch die Klägerin zu 2. Dagegen spreche auf der anderen Seite der Umstand, dass die Sicherung des Lebensunterhalts bisher nicht gelungen sei. Die mündliche Verhandlung habe ergeben, dass der Kläger zu 1 aus seiner Teilzeitbeschäftigung bei M. D. ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von ca. 880,-- EUR erziele. Hinzu komme der Verdienst der Klägerin zu 2 aus ihrer neu aufgenommenen Tätigkeit in Höhe von 120,-- EUR im Monat sowie das Kindergeld von ca. 480,-- EUR monatlich. Zusammen seien dies 1.480,-- EUR, wovon die Miete von 472,-- EUR abzuziehen sei. Es verblieben ca. 1.008,-- EUR, während der Bedarf der Familie sich nach den Berechnungen des Sozialamts der Beklagten auf 1.276,05 EUR belaufe. Es klaffe daher eine Lücke von ca. 270,- EUR, die auch derzeit noch durch ergänzende Sozialhilfe abgedeckt werde. Damit sei die wirtschaftliche Integration der Kläger zurzeit nicht gegeben. Hinzu komme der Umstand, dass sie zwischenzeitlich nach Frankreich ausgereist seien und damit bei ihnen keine kontinuierliche Entwicklung hin zu einer zunehmenden Integration festzustellen sei, weil kurzzeitig die Absicht der Eingliederung in die hiesigen Lebensverhältnisse aufgegeben worden sei. Die Entfremdung von den heimatlichen Lebensverhältnissen schreite fort, sei aber noch nicht gravierend, weil die Kläger zu 1 und 2 wegen ihres langjährigen Aufenthalts im Heimatland noch mit den Verhältnissen dort vertraut seien. Allerdings könnten die Kläger zu 3 - 5 die Roma-Sprache als Muttersprache der Kläger zu 1 und 2 nur sehr unzureichend sprechen, wie ihre Aussage in der mündlichen Verhandlung ergeben habe. Als Ergebnis der Abwägung sei festzuhalten, dass der Aspekt der noch nicht erreichten wirtschaftlichen Integration der Kläger bislang das größte Gewicht habe, so dass noch nicht von einer hinreichenden „Verwurzelung“ ausgegangen werden könne. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist den Klägern am 10.6.2009 zugestellt worden.
11 
Die Kläger machen zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung fristgerecht geltend: Der Kläger zu 1 sei inzwischen in ein unbefristetes Vollzeitarbeitsverhältnis im Rotationssystem bei M. D. übernommen worden. Sie erfüllten die Voraussetzungen des Art. 8 EMRK. Die Kläger zu 1 und 2 seien im Jahre 1999 ins Bundesgebiet eingereist, die Kläger zu 3 - 5 seien im Bundesgebiet geboren. Seither befänden sie sich bis auf eine kurzfristige Unterbrechung im Jahr 2005 ununterbrochen im Bundesgebiet. Allgemeine Ausschussgründe seien nicht ersichtlich, insbesondere lägen keine aufenthaltsrechtlich relevanten Vorstrafen vor. Zugunsten der Kläger müsse insbesondere der fast zehnjährige Aufenthalt im Bundesgebiet ins Gewicht fallen. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sprächen die guten deutschen Sprachkenntnisse für die Kläger. Ihr Lebensunterhalt sei mittlerweile hinreichend gesichert. Der Kläger zu 1 beziehe einen Nettolohn von etwa 900,--EUR monatlich. Hinzu komme ein „Nebenjob“ bei einer Reinigungsfirma. Die Klägerin zu 2 arbeite ebenfalls bei dieser Firma auf 400,-- Euro-Basis. Die Kläger zu 3 - 5 seien hier im Bundesgebiet geboren und hätten keinerlei Bezug zum Kosovo. Neben der deutschen Sprache beherrschten sie nur noch die Roma-Sprache als Muttersprache, allerdings nur sehr unzureichend. Sie sprächen weder albanisch noch serbokroatisch. Nicht außer Acht gelassen werden könne auch die ethnische Volkszugehörigkeit der Kläger. Sie würden nach wie vor im Kosovo als „Menschen zweiter Klasse“ behandelt und angesehen werden.
12 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger zu 1 ergänzend informatorisch angegeben, sie hätten sich nur für 24 Stunden in Frankreich aufgehalten. Aus Angst vor einer drohenden Abschiebung hätten sie das Bundesgebiet endgültig verlassen wollen. Am 23.6.2005 seien sie aus dem Wohnheim ausgezogen und hätten ihren Hausstand aufgelöst. Er wisse nicht mehr, wo sie sich in der Zwischenzeit bis zu ihrer Ausreise nach Frankreich aufgehalten hätten; möglicherweise hätten sie Urlaub bei Verwandten in Hamburg gemacht. Er arbeite seit Juni 2009 170 Stunden monatlich bei M. D. in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis und daneben 25 Stunden monatlich bei einer Reinigungsfirma. Die Klägerin zu 2 sei dort ca. 40 Stunden pro Monat beschäftigt. Ihre Kinder - die Kläger zu 3 bis 5 - beherrschten die albanische Sprache nicht.
13 
Die Kläger beantragen,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4.6.2009 - 4 K 4239/08 - zu ändern, die Bescheide der Beklagten vom 6.5.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.10.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihnen Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen zu erteilen.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Sie vertritt die Ansicht, die Kläger könnten aus ihrem Voraufenthalt keine Rechte ableiten. Sie seien nicht nur wenige Tage untergetaucht. Das Haus, in dem sie als Obdachlose eingewiesen gewesen seien, sei nach Auskunft des zuständigen Sozialarbeiters in der Nacht zum 13.6.2005 verlassen worden. Dieses Datum sei durch eine Befragung der Nachbarn bestätigt worden. Bei der französischen Polizei hätten sie „Abschiebungsandrohungen“ vom 17.5.2005 vorgelegt; die im Polizeibericht erwähnte „Abschiebungsandrohung“ vom 14.6.2005 stamme wahrscheinlich von der anderen Familie ...-... aus dem Ostalbkreis. Der Ausschlussgrund des § 104a Abs. 1 Nr. 4 AufenthG sei durch Untertauchen erfüllt. Als Aufenthaltszeit zu beachten sei nur die Zeit ab der Rücküberstellung am 8.7.2005. Während dieses vierjährigen Aufenthalts seien sie nur geduldet gewesen. Eine Verwurzelung sei aber nicht möglich, wenn sich ein Ausländer nur geduldet in Deutschland aufhalte. Von einer fortgeschrittenen beruflichen und sozialen Integration der Kläger könne nicht die Rede sein. Der Kläger zu 1 sei lediglich als Teilzeitmitarbeiter bei der Firma M. D. beschäftigt. Es sei ihm nicht gelungen, einen Arbeitsplatz mit Vollbeschäftigung zu finden oder sein Arbeitsvolumen beim jetzigen Arbeitgeber auf Vollzeit zu erhöhen. Dieses Argument werde nicht dadurch hinfällig, dass er seit März 2007 daneben eine geringfügige Beschäftigung in einer Autowaschanlage angenommen habe, die er aber nicht mehr ausübe. Die Kläger hätten zwar bei einer „Putzfirma“ mittlerweile zwei Hilfsjobs angenommen. Sie arbeiteten in Teilzeit in zusätzlichen Minijobs, die sie jederzeit wieder verlieren oder aufgeben könnten und in Bereichen, für die eine qualifizierte Ausbildung nicht erforderlich sei. Eine fortgeschrittene berufliche Integration gründe sich in der Regel auf ein unkündbares langjähriges Vollzeitarbeitsverhältnis mit durch die Arbeit erfolgter Qualifizierung und beruflichem Aufstieg. Eine soziale Integration erfordere insbesondere eine dauerhafte eigenständige Lebensunterhaltssicherung. Hinzu komme, dass ihnen die Reintegration im Herkunftsstaat nicht unmöglich sei. Dies zeige sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle. Es treffe nicht zu, dass die Kinder die Sprache des Herkunftsstaates nicht sprechen könnten. Auch der Großvater der Kläger sei im Bundesgebiet aufgenommen worden; es bestehe intensiver Kontakt. Da dieser der deutschen Sprache kaum mächtig sei, könnten die Enkel zwangsläufig nicht deutsch mit ihm sprechen. Minderjährige Kinder teilten grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern. Stehe den Eltern wegen mangelnder Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland kein Aufenthaltsrecht zu, sei davon auszugehen, dass auch ein Minderjähriger auf die von den Eltern nach der Rückkehr in den Familienverband zu leistenden Integrationshilfen im Heimatland verwiesen werden könne. Zudem könnten die Kläger keine besondere soziale Integration beispielsweise durch die aktive Mitgliedschaft in Vereinen nachweisen. Die Kinder seien noch so jung, dass sie zusätzliche Sprachen mit Leichtigkeit erlernen könnten, zumal sie als zweisprachig aufgewachsene Kinder sprachbegabt seien und die Eltern die Sprache auch beherrschten und sie in der Erlernung unterstützen könnten.
18 
Dem Senat liegen neben den Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts die von der Beklagten vorgelegten Ausländerakten über die Kläger (sechs Hefte) und die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart vor. Diese Akten waren wie die Prozessakte Gegenstand der mündlichen Verhandlung; wegen der Einzelheiten wird hierauf ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die Berufung der Kläger ist zulässig. Sie ist aber unbegründet, da das Verwaltungsgericht ihre Klage zu Recht abgewiesen hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).
20 
1. Die Klage ist allerdings nicht schon etwa deshalb unbegründet, weil die Kläger bei der Beklagten keinen Antrag auf die nunmehr geltend gemachten Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen gestellt hätten. Ursprünglich haben sie im Antragsformular zwar angegeben, dass sie einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit begehren. Hierbei hat es sich indes um ein offenkundiges Versehen gehandelt. Wie sich aus dem Schriftverkehr zwischen ihrem Prozessbevollmächtigten und der Behörde eindeutig ergibt, haben sie der Sache nach von Anfang an nur einen humanitären Aufenthaltstitel begehrt. Diese Auslegung ihres Antrags ist auch sachgerecht, da ein Aufenthaltstitel aus anderen Gründen - z. B. zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder zum Familiennachzug - offenkundig nicht in Betracht kommt. Dementsprechend hat auch das Verwaltungsgericht die Klage ausgelegt und in den Entscheidungsgründen ausschließlich geprüft, ob den Klägern ein Titel aus humanitären Gründen erteilt werden kann. Bei dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Antrag handelt es sich demzufolge nicht um eine Klageänderung, sondern nur um eine Konkretisierung des schon ursprünglich geltend gemachten Begehrens.
21 
2. Die Kläger haben jedoch in der Sache weder einen Anspruch auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels nach § 23 AufenthG noch nach § 104a AufenthG; auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor.
22 
a) Die Kläger erfüllen weder die Voraussetzungen der Bleiberechtsregelung nach § 23 AufenthG noch die Voraussetzungen des § 104a Abs. 1 AufenthG. Sowohl Nr. I.1.1 der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20.11.2006 als auch § 104a Abs. 1 AufenthG verlangen zu den jeweiligen Stichtagen am 17.11.2006 bzw. 1.7.2007 einen ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet von sechs Jahren. Diese Voraussetzungen erfüllen die Kläger nicht, da sie das Bundesgebiet verlassen und versucht haben, auf Dauer nach Frankreich auszureisen, und sich damit im Zeitpunkt ihres dortigen Aufgreifens am Bahnhof von Verdun außerhalb des Bundesgebiets aufgehalten haben. Zwar sind nach Nr. I.1.1 der Bleiberechtsregelung vom 20.11.2006 kurzfristige erlaubte Auslandsreisen unschädlich. Dasselbe galt nach den vorläufigen Anwendungshinweisen des Bundesinnenministeriums (Stand: 17.12.2007) bei § 104a Abs. 1 AufenthG (Nr. 2.3); diese Regelung ist in der mittlerweile verabschiedeten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz allerdings nicht aufgegriffen worden. Bei der Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 hat es sich nicht um eine derartige für die Erfüllung der ununterbrochenen Aufenthaltszeit unschädliche kurzfristige erlaubte Auslandsreise gehandelt. Eine solche setzt nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung zum einen voraus, dass es sich um einen bloß vorübergehenden Aufenthalt im Ausland handelt, nicht aber um eine Ausreise auf Dauer, bei der eine Rückkehr ins Bundesgebiet nicht oder nicht in absehbarer Zeit geplant ist. Zum anderen kann von einer erlaubten Ausreise nur dann gesprochen werden, wenn sie in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt.
23 
Der Senat ist davon überzeugt, dass die Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 auf Dauer erfolgen sollte. Die am 13.6.2005 - oder nach dem Vortrag des Klägers zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23.6.2005 -erfolgte Auflösung ihres Haushalts und ihr darauffolgendes Untertauchen belegen, dass sie das Bundesgebiet dauerhaft verlassen wollten. Dies hat der Kläger zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch ausdrücklich bestätigt und angegeben, aus Angst vor einer drohenden Abschiebung hätten sie das Bundesgebiet endgültig verlassen wollen; sie seien aus dem Wohnheim ausgezogen und hätten ihren Hausstand aufgelöst. Wie lange sich die Kläger genau in Frankreich aufgehalten haben und zu welchem exakten Datum sie ihre Wohnung aufgelöst haben, ist angesichts dessen nicht entscheidungserheblich.
24 
Zum anderen kann im vorliegenden Fall nicht die Rede davon sein, dass die Ausreise der Kläger nach Frankreich in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt sein könnte. Wie der Beklagte glaubhaft vorgetragen hat, erfolgte das Untertauchen und die anschließende Ausreise der Kläger ohne seine Kenntnis und erst Recht ohne seine Billigung.
25 
Als unschädlich kann der Auslandsaufenthalt der Antragsteller auch nicht unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 85 AufenthG angesehen werden (vgl. allg. zu diesem Problemkreis: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 8.10.2009 – 11 S 1911/09 -; VG Karlsruhe, Beschluss vom 31.1.2008 - 4 K 36/08 - NVwZ-RR 2008, 646; Bayer. VGH, Beschluss vom 4.8.2009 – 19 ZB 09.1510 – juris; VG Würzburg, Urteil vom 3.3.2008 - W 7 K 07.861 - juris; Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104a Rn. 13). Danach können Unterbrechungen der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts bis zu einem Jahr außer Betracht bleiben. In der Kommentarliteratur wird allerdings vereinzelt die Auffassung vertreten, dass keine Unterbrechung des Aufenthalts eintritt, wenn der Ausländer erfolglos versucht hat, seiner Ausreisepflicht freiwillig durch Ausreise in einen anderen EU-Mitgliedstaat nachzukommen; finde er dort keine Aufnahme und kehre im Rahmen des Dublin-Verfahrens zurück, so handele es sich lediglich um einen gescheiterten Versuch der Aufenthaltsaufgabe, der nicht zur Unterbrechung führe (so HK-AuslR/Fränkel, § 104 a AufenthG Rn. 9). Schon der gedankliche Ansatzpunkt dieser Auffassung trifft jedoch nicht zu, denn nach § 50 Abs. 4 AufenthG kann ein Ausländer seiner Ausreisepflicht durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nur dann genügen, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Dies war bei den Klägern nicht der Fall. Weiter scheidet eine Anwendung des § 85 AufenthG hier deshalb aus, weil dieser nicht die Unterbrechung des Aufenthalts als solchen, die hier im Raum steht, sondern nur dessen Rechtmäßigkeit betrifft. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut, sondern auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Nach der Absicht des Gesetzgebers sollte diese Vorschrift beispielsweise dann zur Anwendung kommen, wenn ein Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis verspätet gestellt oder ein Pass ungültig geworden ist (BT-Drucks. 15/420, S. 97), also mit anderen Worten, wenn wegen einer Nachlässigkeit in formaler Hinsicht eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts eintritt. Damit ist aber der Fall des Untertauchens und der anschließenden illegalen Ausreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht vergleichbar. Auch Sinn und Zweck der Bleiberechtsregelung und des § 104a Abs.1 AufenthG stehen einer entsprechenden Anwendung des § 85 AufenthG entgegen. Der Zweck der Normen, langjährig geduldete Ausländer zu begünstigen, die faktisch und wirtschaftlich im Bundesgebiet integriert sind und sich rechtstreu verhalten haben (vgl. BT-Drs. 16/5065, S. 202 zu § 104a AufenthG), spricht dafür, grundsätzlich einen ununterbrochenen Aufenthalt zu verlangen und nur erlaubte kurzfristige Auslandsreisen etwa zu Besuchszwecken als unschädlich anzusehen. Gerade im Hinblick darauf, dass bei ausländischen Staatsangehörigen, die mit mindestens einem minderjährigen Kind in häuslicher Gemeinschaft leben, lediglich eine Aufenthaltsdauer von sechs Jahren gefordert wird, lässt sich die Zulassung einer bis zu einjährigen Unterbrechung des Aufenthalts mit der gesetzgeberischen Intention nicht vereinbaren.
26 
b) Schließlich kommt auch ein Anspruch der Kläger aus § 25 Abs. 5 AufenthG nicht in Betracht. Ihre Abschiebung ist nicht nach Art. 8 Abs. 1 EMRK rechtlich unmöglich. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann u.a. Anspruch auf Achtung seines Privatlebens. Dieses Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.5.2007 - 2 BvR 304/07 -InfAuslR 2007, 275).
27 
Offen bleiben kann, ob der Schutzbereich des Rechts der Kläger auf Achtung des Privatlebens eröffnet ist, obwohl ihr Aufenthalt niemals legalisiert worden war. Allerdings neigt auch der Senat der Auffassung des 11. Senats des erkennenden Gerichtshofs zu (vgl. z.B. Beschluss vom 5.2.2009 – 11 S 3244/08 - juris), wonach es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf ankommt, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte.
28 
Jedenfalls würde hier eine Beendigung des Aufenthalts der Kläger keinen (rechtswidrigen) Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens darstellen. Denn Art. 8 EMRK darf nicht so ausgelegt werden, als verbiete er eine Aufenthaltsbeendigung bei Ausländern bereits deswegen, weil diese sich eine bestimmte Zeit im Aufnahmeland aufgehalten haben. Eine Aufenthaltsbeendigung kann vielmehr nur dann einen Eingriff in das Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen, wenn der Ausländer aufgrund seines (längeren) Aufenthalts über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Kontakte zum Aufnahmestaat verfügt, so dass er aufgrund der Gesamtentwicklung faktisch zu einem Inländer geworden ist.
29 
Dies ist bei den Klägern nicht der Fall. Weder lässt sich sagen, dass sie faktisch als Inländer angesehen werden können, weil sie in Deutschland verwurzelt wären, noch sind sie von ihrem Heimatland vollständig entwurzelt.
30 
Für die Kläger zu 1 und 2 spricht zwar, dass sie sich seit 1999 - soweit ersichtlich straffrei - im Bundesgebiet aufhalten und dass sie die deutsche Sprache beherrschen; die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 sind sogar im Bundesgebiet geboren. Sonstige nennenswerte Integrationsleistungen fehlen aber. Deshalb ist nicht von einer weit reichenden Verwurzelung in Deutschland auszugehen. Eine nachhaltige wirtschaftliche Integration lässt sich nicht feststellen. Erst seit Kurzem sind sie in der Lage, durch mehrere ungelernte Tätigkeiten ihren Lebensunterhalt zu sichern. Ein langfristig angelegtes Vollerwerbsverhältnis können die Kläger aber nicht vorweisen. Zwar beträgt der Umfang der Beschäftigung des Klägers zu 1 bei M. D. seit Juni 2009 mittlerweile 170 Stunden monatlich. Der daraus erzielte Verdienst genügt für sich allein genommen indes auch zusammen mit dem Kindergeld immer noch nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts der Familie. Auch wenn in den letzten Jahren ihre Bemühungen um eine eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts anzuerkennen sind, genügen die ausgeübten Tätigkeiten - überwiegend in Teilzeitarbeitsverhältnissen oder als geringfügig Beschäftigte - als ungelernte Arbeitskräfte nicht für die Annahme einer nachhaltigen wirtschaftlichen Verwurzelung. Weitere besondere Integrationsleistungen wie die ehrenamtliche Tätigkeit in Vereinen liegen nicht vor. Weiter ist mit hohem Gewicht zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt der Kläger - abgesehen von den Aufenthaltsgestattungen während der Dauer ihrer erfolglosen Asylverfahren - nie legalisiert war, es also an einer „Handreichung des Staates“ und einem rechtlich geschützten Vertrauen darauf, dauerhaft im Bundesgebiet bleiben zu dürfen, fehlt. Abschiebestopperlasse allein konnten dieses Vertrauen zumindest während der Aufenthaltsdauer der Kläger im Bundesgebiet nicht begründen. Schließlich haben die Kläger durch ihren auf Dauer angelegten Versuch der Übersiedlung nach Frankreich im Juni/Juli 2005 selbst deutlich gemacht, dass sie sich in der Bundesrepublik nicht fest „verwurzelt“ fühlen. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie bereit waren und versucht haben, Deutschland freiwillig - wenn auch nach ihrem Vortrag aus der (unbegründeten) Angst vor einer Abschiebung heraus - zu verlassen und sich in die Lebensverhältnisse eines anderen Landes – Frankreich - einzufügen.
31 
Eine vollständige Entwurzelung liegt ebenfalls nicht vor. Die Kläger zu 1 und 2 haben den überwiegenden Teil ihres Lebens im Kosovo verbracht. Nachdem diese noch nicht von den Lebensverhältnissen im Kosovo entfremdet sind, muss von ihnen auch erwartet werden, dass sie ihre noch jungen minderjährigen Kinder, die Kläger zu 3 bis 5, von denen nur das Älteste mittlerweile in Deutschland die Schule besucht, bei der sicher nicht einfachen Eingliederung in die Lebensverhältnisse im Kosovo und dem Erwerb der albanischen Sprache unterstützen werden. Die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 teilen insoweit das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern, auch wenn dies für sie eine nicht unerhebliche Härte bedeuten wird.
32 
Sollte das Vorbringen der Kläger (auch) so zu verstehen sein, dass sie zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse geltend machen möchten, weil sie meinen, menschenwürdige Lebensverhältnisse seien für Angehörige der Volksgruppe der Roma im Kosovo nicht gewährleistet, könnten sich jedenfalls die Kläger zu 1 und 3 bis 5 hierauf im vorliegenden Verfahren wegen der Bindungswirkung des § 42 Satz 1 AsylVfG nicht berufen. Denn insoweit machen sie in der Sache zielstaatsbezogene Gesichtspunkte im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthG geltend. Liegt hierzu eine negative Statusfeststellung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (früher Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) vor, so ist die Ausländerbehörde an diese Feststellung gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG gebunden. Ein Ausländer kann die Unzumutbarkeit seiner freiwilligen Ausreise nicht auf eine zielstaatsbezogene Gefahrensituation stützen, wenn und solange das zuständige Bundesamt eine solche Feststellung wie hier abgelehnt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.6.2006 - 1 C 14/05 - BVerwGE 126, 192 = NVwZ 2006, 1418; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.4.2007 - 11 S 1035/06 - juris; Nds. OVG, Urteil vom 27.9.2007 - 11 LB 69/07 - DVBl. 2007, 57).
33 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
35 
Beschluss vom 9.12.2009
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG auf 25.000,-- EUR festgesetzt.
37 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Die Berufung der Kläger ist zulässig. Sie ist aber unbegründet, da das Verwaltungsgericht ihre Klage zu Recht abgewiesen hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).
20 
1. Die Klage ist allerdings nicht schon etwa deshalb unbegründet, weil die Kläger bei der Beklagten keinen Antrag auf die nunmehr geltend gemachten Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen gestellt hätten. Ursprünglich haben sie im Antragsformular zwar angegeben, dass sie einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit begehren. Hierbei hat es sich indes um ein offenkundiges Versehen gehandelt. Wie sich aus dem Schriftverkehr zwischen ihrem Prozessbevollmächtigten und der Behörde eindeutig ergibt, haben sie der Sache nach von Anfang an nur einen humanitären Aufenthaltstitel begehrt. Diese Auslegung ihres Antrags ist auch sachgerecht, da ein Aufenthaltstitel aus anderen Gründen - z. B. zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder zum Familiennachzug - offenkundig nicht in Betracht kommt. Dementsprechend hat auch das Verwaltungsgericht die Klage ausgelegt und in den Entscheidungsgründen ausschließlich geprüft, ob den Klägern ein Titel aus humanitären Gründen erteilt werden kann. Bei dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Antrag handelt es sich demzufolge nicht um eine Klageänderung, sondern nur um eine Konkretisierung des schon ursprünglich geltend gemachten Begehrens.
21 
2. Die Kläger haben jedoch in der Sache weder einen Anspruch auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels nach § 23 AufenthG noch nach § 104a AufenthG; auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor.
22 
a) Die Kläger erfüllen weder die Voraussetzungen der Bleiberechtsregelung nach § 23 AufenthG noch die Voraussetzungen des § 104a Abs. 1 AufenthG. Sowohl Nr. I.1.1 der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20.11.2006 als auch § 104a Abs. 1 AufenthG verlangen zu den jeweiligen Stichtagen am 17.11.2006 bzw. 1.7.2007 einen ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet von sechs Jahren. Diese Voraussetzungen erfüllen die Kläger nicht, da sie das Bundesgebiet verlassen und versucht haben, auf Dauer nach Frankreich auszureisen, und sich damit im Zeitpunkt ihres dortigen Aufgreifens am Bahnhof von Verdun außerhalb des Bundesgebiets aufgehalten haben. Zwar sind nach Nr. I.1.1 der Bleiberechtsregelung vom 20.11.2006 kurzfristige erlaubte Auslandsreisen unschädlich. Dasselbe galt nach den vorläufigen Anwendungshinweisen des Bundesinnenministeriums (Stand: 17.12.2007) bei § 104a Abs. 1 AufenthG (Nr. 2.3); diese Regelung ist in der mittlerweile verabschiedeten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz allerdings nicht aufgegriffen worden. Bei der Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 hat es sich nicht um eine derartige für die Erfüllung der ununterbrochenen Aufenthaltszeit unschädliche kurzfristige erlaubte Auslandsreise gehandelt. Eine solche setzt nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung zum einen voraus, dass es sich um einen bloß vorübergehenden Aufenthalt im Ausland handelt, nicht aber um eine Ausreise auf Dauer, bei der eine Rückkehr ins Bundesgebiet nicht oder nicht in absehbarer Zeit geplant ist. Zum anderen kann von einer erlaubten Ausreise nur dann gesprochen werden, wenn sie in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt.
23 
Der Senat ist davon überzeugt, dass die Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 auf Dauer erfolgen sollte. Die am 13.6.2005 - oder nach dem Vortrag des Klägers zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23.6.2005 -erfolgte Auflösung ihres Haushalts und ihr darauffolgendes Untertauchen belegen, dass sie das Bundesgebiet dauerhaft verlassen wollten. Dies hat der Kläger zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch ausdrücklich bestätigt und angegeben, aus Angst vor einer drohenden Abschiebung hätten sie das Bundesgebiet endgültig verlassen wollen; sie seien aus dem Wohnheim ausgezogen und hätten ihren Hausstand aufgelöst. Wie lange sich die Kläger genau in Frankreich aufgehalten haben und zu welchem exakten Datum sie ihre Wohnung aufgelöst haben, ist angesichts dessen nicht entscheidungserheblich.
24 
Zum anderen kann im vorliegenden Fall nicht die Rede davon sein, dass die Ausreise der Kläger nach Frankreich in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt sein könnte. Wie der Beklagte glaubhaft vorgetragen hat, erfolgte das Untertauchen und die anschließende Ausreise der Kläger ohne seine Kenntnis und erst Recht ohne seine Billigung.
25 
Als unschädlich kann der Auslandsaufenthalt der Antragsteller auch nicht unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 85 AufenthG angesehen werden (vgl. allg. zu diesem Problemkreis: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 8.10.2009 – 11 S 1911/09 -; VG Karlsruhe, Beschluss vom 31.1.2008 - 4 K 36/08 - NVwZ-RR 2008, 646; Bayer. VGH, Beschluss vom 4.8.2009 – 19 ZB 09.1510 – juris; VG Würzburg, Urteil vom 3.3.2008 - W 7 K 07.861 - juris; Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104a Rn. 13). Danach können Unterbrechungen der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts bis zu einem Jahr außer Betracht bleiben. In der Kommentarliteratur wird allerdings vereinzelt die Auffassung vertreten, dass keine Unterbrechung des Aufenthalts eintritt, wenn der Ausländer erfolglos versucht hat, seiner Ausreisepflicht freiwillig durch Ausreise in einen anderen EU-Mitgliedstaat nachzukommen; finde er dort keine Aufnahme und kehre im Rahmen des Dublin-Verfahrens zurück, so handele es sich lediglich um einen gescheiterten Versuch der Aufenthaltsaufgabe, der nicht zur Unterbrechung führe (so HK-AuslR/Fränkel, § 104 a AufenthG Rn. 9). Schon der gedankliche Ansatzpunkt dieser Auffassung trifft jedoch nicht zu, denn nach § 50 Abs. 4 AufenthG kann ein Ausländer seiner Ausreisepflicht durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nur dann genügen, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Dies war bei den Klägern nicht der Fall. Weiter scheidet eine Anwendung des § 85 AufenthG hier deshalb aus, weil dieser nicht die Unterbrechung des Aufenthalts als solchen, die hier im Raum steht, sondern nur dessen Rechtmäßigkeit betrifft. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut, sondern auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Nach der Absicht des Gesetzgebers sollte diese Vorschrift beispielsweise dann zur Anwendung kommen, wenn ein Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis verspätet gestellt oder ein Pass ungültig geworden ist (BT-Drucks. 15/420, S. 97), also mit anderen Worten, wenn wegen einer Nachlässigkeit in formaler Hinsicht eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts eintritt. Damit ist aber der Fall des Untertauchens und der anschließenden illegalen Ausreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht vergleichbar. Auch Sinn und Zweck der Bleiberechtsregelung und des § 104a Abs.1 AufenthG stehen einer entsprechenden Anwendung des § 85 AufenthG entgegen. Der Zweck der Normen, langjährig geduldete Ausländer zu begünstigen, die faktisch und wirtschaftlich im Bundesgebiet integriert sind und sich rechtstreu verhalten haben (vgl. BT-Drs. 16/5065, S. 202 zu § 104a AufenthG), spricht dafür, grundsätzlich einen ununterbrochenen Aufenthalt zu verlangen und nur erlaubte kurzfristige Auslandsreisen etwa zu Besuchszwecken als unschädlich anzusehen. Gerade im Hinblick darauf, dass bei ausländischen Staatsangehörigen, die mit mindestens einem minderjährigen Kind in häuslicher Gemeinschaft leben, lediglich eine Aufenthaltsdauer von sechs Jahren gefordert wird, lässt sich die Zulassung einer bis zu einjährigen Unterbrechung des Aufenthalts mit der gesetzgeberischen Intention nicht vereinbaren.
26 
b) Schließlich kommt auch ein Anspruch der Kläger aus § 25 Abs. 5 AufenthG nicht in Betracht. Ihre Abschiebung ist nicht nach Art. 8 Abs. 1 EMRK rechtlich unmöglich. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann u.a. Anspruch auf Achtung seines Privatlebens. Dieses Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.5.2007 - 2 BvR 304/07 -InfAuslR 2007, 275).
27 
Offen bleiben kann, ob der Schutzbereich des Rechts der Kläger auf Achtung des Privatlebens eröffnet ist, obwohl ihr Aufenthalt niemals legalisiert worden war. Allerdings neigt auch der Senat der Auffassung des 11. Senats des erkennenden Gerichtshofs zu (vgl. z.B. Beschluss vom 5.2.2009 – 11 S 3244/08 - juris), wonach es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf ankommt, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte.
28 
Jedenfalls würde hier eine Beendigung des Aufenthalts der Kläger keinen (rechtswidrigen) Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens darstellen. Denn Art. 8 EMRK darf nicht so ausgelegt werden, als verbiete er eine Aufenthaltsbeendigung bei Ausländern bereits deswegen, weil diese sich eine bestimmte Zeit im Aufnahmeland aufgehalten haben. Eine Aufenthaltsbeendigung kann vielmehr nur dann einen Eingriff in das Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen, wenn der Ausländer aufgrund seines (längeren) Aufenthalts über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Kontakte zum Aufnahmestaat verfügt, so dass er aufgrund der Gesamtentwicklung faktisch zu einem Inländer geworden ist.
29 
Dies ist bei den Klägern nicht der Fall. Weder lässt sich sagen, dass sie faktisch als Inländer angesehen werden können, weil sie in Deutschland verwurzelt wären, noch sind sie von ihrem Heimatland vollständig entwurzelt.
30 
Für die Kläger zu 1 und 2 spricht zwar, dass sie sich seit 1999 - soweit ersichtlich straffrei - im Bundesgebiet aufhalten und dass sie die deutsche Sprache beherrschen; die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 sind sogar im Bundesgebiet geboren. Sonstige nennenswerte Integrationsleistungen fehlen aber. Deshalb ist nicht von einer weit reichenden Verwurzelung in Deutschland auszugehen. Eine nachhaltige wirtschaftliche Integration lässt sich nicht feststellen. Erst seit Kurzem sind sie in der Lage, durch mehrere ungelernte Tätigkeiten ihren Lebensunterhalt zu sichern. Ein langfristig angelegtes Vollerwerbsverhältnis können die Kläger aber nicht vorweisen. Zwar beträgt der Umfang der Beschäftigung des Klägers zu 1 bei M. D. seit Juni 2009 mittlerweile 170 Stunden monatlich. Der daraus erzielte Verdienst genügt für sich allein genommen indes auch zusammen mit dem Kindergeld immer noch nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts der Familie. Auch wenn in den letzten Jahren ihre Bemühungen um eine eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts anzuerkennen sind, genügen die ausgeübten Tätigkeiten - überwiegend in Teilzeitarbeitsverhältnissen oder als geringfügig Beschäftigte - als ungelernte Arbeitskräfte nicht für die Annahme einer nachhaltigen wirtschaftlichen Verwurzelung. Weitere besondere Integrationsleistungen wie die ehrenamtliche Tätigkeit in Vereinen liegen nicht vor. Weiter ist mit hohem Gewicht zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt der Kläger - abgesehen von den Aufenthaltsgestattungen während der Dauer ihrer erfolglosen Asylverfahren - nie legalisiert war, es also an einer „Handreichung des Staates“ und einem rechtlich geschützten Vertrauen darauf, dauerhaft im Bundesgebiet bleiben zu dürfen, fehlt. Abschiebestopperlasse allein konnten dieses Vertrauen zumindest während der Aufenthaltsdauer der Kläger im Bundesgebiet nicht begründen. Schließlich haben die Kläger durch ihren auf Dauer angelegten Versuch der Übersiedlung nach Frankreich im Juni/Juli 2005 selbst deutlich gemacht, dass sie sich in der Bundesrepublik nicht fest „verwurzelt“ fühlen. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie bereit waren und versucht haben, Deutschland freiwillig - wenn auch nach ihrem Vortrag aus der (unbegründeten) Angst vor einer Abschiebung heraus - zu verlassen und sich in die Lebensverhältnisse eines anderen Landes – Frankreich - einzufügen.
31 
Eine vollständige Entwurzelung liegt ebenfalls nicht vor. Die Kläger zu 1 und 2 haben den überwiegenden Teil ihres Lebens im Kosovo verbracht. Nachdem diese noch nicht von den Lebensverhältnissen im Kosovo entfremdet sind, muss von ihnen auch erwartet werden, dass sie ihre noch jungen minderjährigen Kinder, die Kläger zu 3 bis 5, von denen nur das Älteste mittlerweile in Deutschland die Schule besucht, bei der sicher nicht einfachen Eingliederung in die Lebensverhältnisse im Kosovo und dem Erwerb der albanischen Sprache unterstützen werden. Die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 teilen insoweit das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern, auch wenn dies für sie eine nicht unerhebliche Härte bedeuten wird.
32 
Sollte das Vorbringen der Kläger (auch) so zu verstehen sein, dass sie zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse geltend machen möchten, weil sie meinen, menschenwürdige Lebensverhältnisse seien für Angehörige der Volksgruppe der Roma im Kosovo nicht gewährleistet, könnten sich jedenfalls die Kläger zu 1 und 3 bis 5 hierauf im vorliegenden Verfahren wegen der Bindungswirkung des § 42 Satz 1 AsylVfG nicht berufen. Denn insoweit machen sie in der Sache zielstaatsbezogene Gesichtspunkte im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthG geltend. Liegt hierzu eine negative Statusfeststellung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (früher Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) vor, so ist die Ausländerbehörde an diese Feststellung gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG gebunden. Ein Ausländer kann die Unzumutbarkeit seiner freiwilligen Ausreise nicht auf eine zielstaatsbezogene Gefahrensituation stützen, wenn und solange das zuständige Bundesamt eine solche Feststellung wie hier abgelehnt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.6.2006 - 1 C 14/05 - BVerwGE 126, 192 = NVwZ 2006, 1418; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.4.2007 - 11 S 1035/06 - juris; Nds. OVG, Urteil vom 27.9.2007 - 11 LB 69/07 - DVBl. 2007, 57).
33 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
35 
Beschluss vom 9.12.2009
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG auf 25.000,-- EUR festgesetzt.
37 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tatbestand

1

Die Klägerinnen, eine marokkanische Staatsangehörige und ihre Tochter, erstreben die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen.

2

Die nach eigenen Angaben 1968 in Casablanca geborene Klägerin zu 1 reiste im Mai 2000 in das Bundesgebiet ein; die Klägerin zu 2 wurde hier am 31. Mai 2000 geboren. Die Klägerinnen beantragten Asyl, weil sie Repressalien seitens ihrer Familie befürchteten. Die ledige Klägerin zu 1 gab an, wegen ihrer Schwangerschaft von ihrem Stiefvater und ihren Brüdern geschlagen worden zu sein. Von den marokkanischen Behörden habe sie keine Hilfe erhalten. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) - Bundesamt - lehnte den Asylantrag mit Bescheid vom 25. August 2000 ab. Im Anschluss an das erfolglose Klageverfahren wurde der weitere Aufenthalt der Klägerinnen geduldet.

3

Den am 3. März 2004 gestellten Asylfolgeantrag lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 15. März 2004 ab. Die auf Feststellung von Abschiebungshindernissen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 18. November 2005 ab; der Antrag auf Zulassung der Berufung hatte keinen Erfolg. Auch ein weiterer Asylfolgeantrag vom März 2006 blieb erfolglos.

4

Noch während des laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hatte der Beklagte die Klägerin zu 1 erstmals aufgefordert, ein Formular zur Beantragung von Passersatzpapieren auszufüllen. Das lehnte die Klägerin sowohl zu diesem Zeitpunkt als auch später ab.

5

Am 5. Februar 2007 beantragten die Klägerinnen beim Beklagten die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aufgrund der Bleiberechtsregelung des IMK-Beschlusses vom 17. November 2006. Der Beklagte lehnte die Anträge mit Bescheid vom 15. August 2007 ab, da die Klägerinnen Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung vorsätzlich hinausgezögert und behindert hätten. Die Klägerin zu 1 habe das ihr mehrfach vorgelegte Antragsformular auf Erteilung eines marokkanischen Passersatzpapiers nicht ausgefüllt. Trotz entsprechender Aufforderung habe sie auch keine Identitätsnachweise aus Marokko vorgelegt. Den Widerspruch wies die Bezirksregierung mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2007 zurück.

6

Das Verwaltungsgericht wies die Klagen mit Urteil vom 28. Oktober 2008 ab. Die Berufungen der Klägerinnen hat das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 19. August 2009 zurückgewiesen. Es hat seine Entscheidung auf folgende Erwägungen gestützt:

7

Die Klägerinnen hätten keinen Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen gemäß § 104a Abs. 1 AufenthG, denn sie hätten den Ausschlussgrund des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG verwirklicht. Der Wortlaut dieser Vorschrift erfasse auch ein Verhalten, das sich in der Verletzung von Mitwirkungspflichten bei der Passbeschaffung erschöpfe. Außer Betracht blieben nur gering gewichtige Pflichtverletzungen, wenn z.B. der Ausländer seinen Verpflichtungen später nachgekommen sei oder die Ausländerbehörde es versäumt habe, diese zu konkretisieren. Daran gemessen hätten die Klägerinnen ihre Mitwirkungspflichten nachhaltig und andauernd verletzt; das Verhalten der Klägerin zu 1 sei ihrer minderjährigen und von ihr vertretenen Tochter zuzurechnen. Die dagegen gerichteten Einwände der Klägerinnen griffen nicht durch. Die Klägerin zu 1 brauche keinen Pass ausgestellt zu bekommen, sondern könne zur Beschaffung von Identitätsnachweisen wie z.B. einer Abschrift ihrer Geburtsurkunde etc. einen Rechtsanwalt einschalten. Sie habe aber keinerlei Bemühungen in dieser Richtung entfaltet. Unerheblich sei, ob dem Beklagten alle für die Passbeantragung notwendigen Angaben bekannt seien. Jedenfalls fehle weiterhin die Unterschrift der Klägerin auf dem Antragsformular. Aufgrund der von ihr angeführten Bemühungen des Caritasverbands hätte nicht ernsthaft mit der Ausstellung von Personalpapieren gerechnet werden können, denn in dem Schreiben vom 29. Mai 2007 seien nicht einmal die Namen der Klägerinnen genannt worden. Die Motive der Klägerinnen minderten das Gewicht ihres Verhaltens nicht, denn ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer dürfe seine Mitwirkung nicht unter Berufung auf zielstaatsbezogene Umstände verweigern, hinsichtlich derer das Bundesamt das Vorliegen eines Abschiebungsverbots verneint habe. Für die notwendige Kausalität reiche es aus, wenn keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass trotz ordnungsgemäßer Mitwirkung eine Aufenthaltsbeendigung unmöglich gewesen wäre. Nicht erforderlich seien Konsequenzen für bereits eingeleitete aufenthaltsbeendende Maßnahmen. Der Ausschlussgrund greife trotz der geäußerten Bedenken an der marokkanischen Staatsangehörigkeit der Klägerin zu 2. Es sei davon auszugehen, dass sie diese bereits mit Geburt gemäß Art. 6 des marokkanischen Staatsangehörigkeitsgesetzes von 1958 erworben habe. Andernfalls wäre sie inzwischen, seit Inkrafttreten der Neufassung des Gesetzes aus dem Jahre 2007, marokkanische Staatsangehörige.

8

Wegen ihrer beharrlichen Weigerung, an der Passbeschaffung mitzuwirken, hätten die Klägerinnen auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. der Bleiberechtsanordnung. Insofern könne dahinstehen, ob die Bleiberechtsanordnung aus dem Jahr 2006 noch anwendbar sei. Schließlich stehe den Klägerinnen auch kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu. Zwar könnten sie gegenwärtig ohne Pass oder Passersatzpapier nicht freiwillig nach Marokko ausreisen. Bei ernsthafter Mitwirkung der Klägerin zu 1 sei jedoch mit dem Wegfall des Ausreisehindernisses in absehbarer Zeit zu rechnen, sodass sie nicht unverschuldet an ihrer freiwilligen Ausreise gehindert seien. Der Klägerin zu 2 sei auch kein Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK zu erteilen. Eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise und Abschiebung im Hinblick auf den Schutz ihre Privatlebens könne jedenfalls für ausländische Kinder, die in Haushaltsgemeinschaft mit ihren in Deutschland geduldeten Eltern lebten, nicht allein aus ihrem langjährigen Aufenthalt in Deutschland und ihrer Integration in die hiesigen Verhältnisse abgeleitet werden.

9

Hiergegen richten sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revisionen der Klägerinnen.

Entscheidungsgründe

10

Der Senat konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters des Beklagten verhandeln und entscheiden, weil dieser in der Ladung darauf hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).

11

Die zulässigen Revisionen der Klägerinnen sind unbegründet. Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerinnen auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen in Übereinstimmung mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) abgelehnt. Ihrem Begehren steht mit Blick auf die Anspruchsgrundlagen sowohl des § 104a AufenthG (1.) als auch des § 25 Abs. 5 AufenthG (2.) entgegen, dass die Klägerin zu 1 die gebotene und zumutbare Mitwirkung an der Beschaffung von Passersatzpapieren verweigert hat.

12

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerinnen keinen Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 104a Abs. 1 AufenthG haben, da sie den in § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 der Vorschrift enthaltenen Versagungstatbestand erfüllen. Danach ist die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage der gesetzlichen Altfallregelung nur möglich, wenn der Ausländer behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hat.

13

a) § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG setzt voraus, dass die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtmäßig ist. Das ist hier der Fall. Sämtliche Asylanträge der Klägerinnen hatten keinen Erfolg. Hat das Bundesamt festgestellt, dass zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote gemäß § 60 AufenthG nicht bestehen, ist sowohl die Ausländerbehörde im Aufenthaltserlaubnisverfahren wie auch das Gericht in einem sich daran anschließenden Prozess an diese Entscheidung gebunden (§ 42 Satz 1 AsylVfG; vgl. dazu Urteil vom 27. Juni 2006 - BVerwG 1 C 14.05 - BVerwGE 126, 192 Rn. 12 und 17). Die Verwaltungsgerichte haben gegenüber den Klägerinnen mehrfach rechtskräftig festgestellt, dass ihrer Abschiebung nach Marokko keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote entgegenstehen. Daher kann ihr Vorbringen, die Gefahr einer geschlechtsspezifischen Verfolgung sei bislang nicht geprüft worden, ihrem Begehren nicht zum Erfolg verhelfen.

14

Das Berufungsgericht hat auch zu Recht entschieden, dass keine inlandsbezogenen Abschiebungsverbote vorliegen. Entgegen dem Vorbringen der Revision lässt sich im vorliegenden Fall aus Art. 2 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 Abs. 1 EMRK kein Abschiebungsverbot zugunsten der Klägerin zu 2 ableiten. Das von diesen Bestimmungen u.a. geschützte Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst, auch soweit es keinen familiären Bezug hat, die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen - angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen - bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (Urteil vom 27. Januar 2009 - BVerwG 1 C 40.07 - BVerwGE 133, 72 Rn. 21; BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Mai 2007 - 2 BvR 304/07 - NVwZ 2007, 946 <947>; EGMR, Urteil vom 23. Juni 2008 - 1638/03 - Maslov - InfAuslR 2008, 333). Ein Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK, das den Schutzbereich der Vorschrift eröffnet und eine Verwurzelung im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte begründet, kommt grundsätzlich nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht (Urteil vom 30. April 2009 - BVerwG 1 C 3.08 - NVwZ 2009, 1239 Rn. 20; offengelassen in: EGMR, Urteile vom 16. September 2004 - 11103/03 - Ghiban - NVwZ 2005, 1046 und vom 8. April 2008 - 21878/06 - Nnyanzi - ZAR 2010, 189 <190 f.>). Da der Klägerin zu 2 - wie ihrer Mutter - ausschließlich asylverfahrensrechtliche Aufenthaltsgestattungen und Duldungen erteilt worden sind, wurde ihr zu keiner Zeit ein Aufenthaltsrecht eingeräumt, das ein berechtigtes Vertrauen auf Fortbestand hätte begründen können. Der Beklagte hat den Klägerinnen nie eine Verfestigung ihres Aufenthalts in Aussicht gestellt; vielmehr hat er seit Abschluss des ersten Asylverfahrens konsequent auf die Beendigung ihres Aufenthalts hingewirkt.

15

Selbst wenn man zugunsten der Klägerin zu 2 unterstellt, dass die Beendigung des Aufenthalts in ihre Rechte aus Art. 2 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 Abs. 1 EMRK eingreifen würde, wäre der Eingriff gerechtfertigt (Art. 8 Abs. 2 EMRK). Die Aufenthaltsbeendigung der Klägerin zu 2 steht in Einklang mit geltendem Recht und dient einem legitimen Ziel, nämlich der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Sie erweist sich mit Blick darauf als "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" und verhältnismäßig. Zwar ist die im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts neun Jahre alte Klägerin zu 2 in Deutschland geboren und hier aufgewachsen. Aber auch wenn die Jahre der Kindheit die Persönlichkeit in besonderer Weise prägen, kann in diesem Alter angesichts des fortschreitenden Sozialisationsprozesses noch nicht von einer irreversiblen Verwurzelung in die deutschen Lebensverhältnisse ausgegangen werden. Insoweit räumt die Revision selbst ein, dass die Klägerin zu 2 rudimentär arabisch spricht; zudem lässt sich in ihrem Alter Sprachkompetenz gut erwerben. Im Rahmen der Abwägung ist außerdem zu berücksichtigen, dass bei Minderjährigen das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern im Vordergrund steht. Die von Art. 6 Abs. 2 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Beziehung zwischen Eltern und Kindern führt dazu, dass Kinder in der familiären Gemeinschaft grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Erziehungsberechtigten teilen. In aller Regel - und so auch hier - erscheint es selbst einem in Deutschland geborenen ausländischen Kind zumutbar, nach mehrjährigem asylverfahrensbedingtem Aufenthalt das Land zusammen mit seinen Eltern bzw. einem Elternteil wieder zu verlassen und sich in dem Land seiner Staatsangehörigkeit zu integrieren. Dabei kann im vorliegenden Fall nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Verzögerung der Aufenthaltsbeendigung auf der mangelnden Mitwirkung der Klägerin zu 1 bei der Passbeschaffung beruht; dieses Verhalten ihrer Mutter als ihrer gesetzlichen Vertreterin muss sich die Klägerin zu 2 zurechnen lassen.

16

b) Der objektive Tatbestand des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG knüpft an aufenthaltsbeendende Maßnahmen an. Entgegen der Auffassung der Revision setzt die Vorschrift nicht voraus, dass eine behördliche Maßnahme zur Aufenthaltsbeendigung bereits konkret eingeleitet worden war (so aber Fränkel, in: HK-AuslR, § 104a AufenthG Rn. 13). Andernfalls würde dieser Ausschlussgrund in besonders qualifizierten Fällen, wenn der ausreisepflichtige Ausländer z.B. noch vor der Möglichkeit einer Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen untergetaucht ist, nicht greifen. Diese Auffassung verfehlt den Zweck der Vorschrift, aufenthaltsrechtliche Pflichtverletzungen des Ausländers nicht durch die Gewährung eines Bleiberechts zu honorieren.

17

c) Hinauszögern oder Behindern behördlicher Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung im Sinne des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG setzt kein aktives Tun des Ausländers voraus. Vielmehr greift der Ausschlusstatbestand grundsätzlich auch dann, wenn die Erfüllung von Mitwirkungspflichten verweigert wird und die mangelnde Mitwirkung ein gewisses Gewicht erreicht, sodass es gerechtfertigt erscheint, sie aktivem Handeln gleichzustellen und ein Bleiberecht zu versagen. Allerdings muss die Ausländerbehörde gesetzliche Mitwirkungspflichten z.B. zur Beschaffung von Identitätspapieren (§ 48 Abs. 3 AufenthG) konkret gegenüber dem Betroffenen aktualisiert haben, um aus der mangelnden Mitwirkung negative aufenthaltsrechtliche Folgen ziehen zu können. Das Berufungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung (BA S. 16 f.) festgestellt, dass die Klägerin zu 1 seitens des Beklagten aufgefordert worden ist, Pass- bzw. Passersatzpapieranträge zu unterschreiben und ihre Mitwirkung andauernd verletzt hat. An diese tatsächliche Feststellung ist das Revisionsgericht gebunden, da die Revision keine Verfahrensrügen erhoben hat (§ 137 Abs. 2 VwGO). Mit ihrem Vorbringen, der Beklagte habe nicht vorgetragen, wann konkret er die Klägerin zur Unterschrift aufgefordert habe, vermag die Revision die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts nicht erfolgreich infrage zu stellen.

18

Die konkret eingeforderte Mitwirkungshandlung muss rechtmäßig, insbesondere dem Betroffenen zumutbar gewesen sein (Urteil vom 10. November 2009 - BVerwG 1 C 19.08 - BVerwGE 135, 219 Rn. 20). Der Umstand, dass die Klägerinnen sich auf das Vorliegen zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote berufen, stellt die Zumutbarkeit der geforderten Mitwirkungshandlungen nicht infrage. Denn insoweit sind die Ausländerbehörde und die Verwaltungsgerichte gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG an die Feststellungsbescheide des Bundesamtes gebunden.

19

d) Die Revision wendet ein, dass auch dann, wenn die Klägerin zu 1 das Antragsformular unterschrieben hätte, zumindest für die Klägerin zu 2 keine Papiere ausgestellt worden wären. Die gegenteilige Annahme des Berufungsgerichts erweise sich als nicht verifizierbare Annahme. Mit diesem Vorbringen stellt die Revision infrage, dass die Unmöglichkeit der Aufenthaltsbeendigung auf dem Verhalten der Klägerin zu 1 beruht; sie verfehlt jedoch den Maßstab, nach dem sich die Kausalität beurteilt.

20

Im Ansatz trifft es zu, dass die Tatbestandsmerkmale "hinauszögern" und "behindern" eine Kausalbeziehung zwischen dem Verhalten des Ausländers und dem Misserfolg der behördlichen Aufenthaltsbeendigung voraussetzen. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass eine Aufenthaltsbeendigung möglich ist, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für das Gegenteil vorliegen (BA S. 8). Das entspricht der Rechtsprechung des erkennenden Senats, derzufolge dem Ausländer keine Handlungen abverlangt werden dürfen, die von vornherein ohne Einfluss auf die Möglichkeit der Ausreise oder erkennbar aussichtslos sind (Beschlüsse vom 3. Juni 2006 - BVerwG 1 B 132.05 - und vom 10. März 2009 - BVerwG 1 B 4.09 - Buchholz 402.242 § 25 AufenthG Nr. 3 und 11 zu § 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG). Unterhalb dieser Schwelle besteht hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einer Verletzung von Mitwirkungspflichten und der Erfolglosigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen, der immer nur hypothetisch beurteilt werden kann, eine tatsächliche widerlegbare Vermutung zulasten des Ausländers (vgl. auch Urteil vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 20).

21

Legt man diesen Maßstab zugrunde, ist das Berufungsgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung in nachvollziehbarer Weise zu der Feststellung gelangt, dass die Klägerinnen die tatsächliche Kausalitätsvermutung nicht widerlegt haben. Ihre Einwände, die sie gegen die ausführliche Würdigung des Berufungsgerichts zum Erwerb der marokkanische Staatsangehörigkeit der Klägerin zu 2 (BA S. 19 ff.) erheben, greifen nicht durch. Zum einen wiederholt die Revision nur ihr Berufungsvorbringen, ohne sich mit der Begründung der angefochtenen Entscheidung auseinander zu setzen. Zum anderen übersieht sie, dass die Anwendung ausländischen Rechts zur Tatsachenfeststellung zählt (§ 173 VwGO i.V.m. § 293 ZPO), an die das Revisionsgericht gebunden ist, wenn keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben werden (§ 137 Abs. 2 VwGO).

22

e) § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG setzt subjektiv ein vorsätzliches Verhalten des Ausländers voraus. Eine wissentliche und willentliche Behinderung oder Verzögerung aufenthaltsbeendender Maßnahmen liegt jedenfalls dann vor, wenn der Betroffene von der Ausländerbehörde ausdrücklich zur (zumutbaren und erheblichen) Mitwirkung angehalten wird und sich der Mitwirkung verweigert (Urteil vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 21). Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht - wie bereits ausgeführt - festgestellt, dass der Beklagte die Klägerin zu 1 aufgefordert hat, das Antragsformular zur Ausstellung von Passersatzpapieren zu unterschreiben. Dem hat sich die Klägerin zu 1 verweigert. Ihre Motive sind, da sie sich auf das Vorliegen zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote beruft, aufenthaltsrechtlich unbeachtlich, da (mehrfach) rechtskräftig festgestellt worden ist, dass keines der in § 60 AufenthG geregelten Abschiebungsverbote greift. Im Übrigen schließt die gesetzliche Ausreisepflicht die Obliegenheit für den Ausländer ein, sich auf seine Ausreise einzustellen, zur Ausreise bereit zu sein und einen dahingehenden Willen zu bilden. In diesem Rahmen ist ein ausreisepflichtiger Ausländer gehalten, zur Ausreise nicht nur willens und bereit zu sein, sondern auch an darauf zielenden Maßnahmen mitzuwirken (vgl. Urteil vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 14). Mit ihrem Verhalten, das sich die Klägerin zu 2 als gesetzlich Vertretene zurechnen lassen muss, hat die Klägerin zu 1 die Ausstellung von Passersatzpapieren vorsätzlich vereitelt.

23

f) Da bereits § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG dem geltend gemachten Anspruch entgegensteht, bedarf es im vorliegenden Fall keiner weiteren Erörterung, wie sich die Regelung des § 104a Abs. 5 Satz 1 AufenthG auf den Prüfungsmaßstab für das streitgegenständliche Begehren auswirkt. Danach darf eine Aufenthaltserlaubnis nach der gesetzlichen Altfallregelung nur mit einer Gültigkeit bis zum 31. Dezember 2009 erteilt werden. Diese Vorschrift schließt die (erstmalige) Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 104a AufenthG für einen nach dem 31. Dezember 2009 liegenden Zeitraum aus. Die Konsequenzen aus der zeitlichen Beschränkung der erstrebten Rechtsfolge, die während des Revisionsverfahrens aktuell geworden ist, kann im vorliegenden Verfahren dahinstehen (vgl. aber Urteil vom 26. Oktober 2010 - BVerwG 1 C 19.09 -).

24

2. Ein Anspruch der Klägerinnen nach § 25 Abs. 5 AufenthG scheidet aus, da bereits die Tatbestandsvoraussetzungen der Bestimmung nicht vorliegen. Nach dieser Vorschrift kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Gemäß Satz 3 der Vorschrift darf eine Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt nach Satz 4 insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

25

Die Klägerinnen sind vollziehbar ausreisepflichtig (§ 50 Abs. 1 AufenthG). Die rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise kann sich auch aus zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten ergeben, weil dann eine freiwillige Rückkehr grundsätzlich unzumutbar ist. Aber auch bei der Entscheidung über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG ist die Ausländerbehörde bei ehemaligen Asylbewerbern gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG an die (positive oder negative) Feststellung des Bundesamtes gebunden (Urteil vom 27. Juni 2006 a.a.O. Rn. 17). Demzufolge kann die Berufung auf zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote auch insoweit der Revision nicht zum Erfolg verhelfen. Jedoch ist davon auszugehen, dass die Klägerinnen tatsächlich nicht über gültige Reisedokumente verfügen (§ 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG). Damit erscheint ihre Ausreise derzeit und auf absehbare Zeit unmöglich.

26

Die Klägerinnen sind allerdings nicht unverschuldet an ihrer Ausreise gehindert. Ein Verschulden im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, da die Klägerinnen zumutbare Anforderungen zur Beseitigung des Ausreisehindernisses vorsätzlich nicht erfüllt haben (§ 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG). Insoweit kann auf die Ausführungen zu § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG verwiesen werden.

Tenor

Soweit die Klagen zurückgenommen wurden, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Kläger begehren die Erteilung humanitärer Aufenthaltserlaubnisse.
Die Kläger sind serbische und kosovarische Staatsangehörige. Nach eigenen Angaben gehören sie zur Volksgruppe der Roma, sie stammen aus dem Kosovo. Die Kläger zu 3 - 7 sind die ehelichen Kinder der Kläger zu 1 und zu 2. Der Kläger zu 1 reiste erstmals im Oktober 1992 in das Bundesgebiet ein. Nach erfolglosem Asylverfahren kehrte er am 22.09.1994 in den Kosovo zurück. Am 15.10.2000 reisten die Kläger zu 1 - 3 in das Bundesgebiet ohne Visum und ohne Reisedokument ein. Die Klägerin zu 4 wurde am 21.09.2001, der Kläger zu 5 am 02.12.2002, der Kläger zu 6 am 19.12.2006 und der Kläger zu 7 am 29.07.2011 im Bundesgebiet geboren. Der Aufenthalt der Kläger im Bundesgebiet wurde fortlaufend geduldet. Die Kläger beziehen ununterbrochen Sozialleistungen.
Die Klägerin zu 3 stellte am 21.12.2009, die Klägerin zu 4 am 16.04.2010, der Kläger zu 5 am 28.06.2010 und der Kläger zu 6 am 18.10.2010 beim Bundesamt jeweils einen Asylantrag. Der Asylantrag der Klägerin zu 3 wurde vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 18.03.2010, derjenige der Klägerin zu 4 mit Bescheid vom 01.06.2010, derjenige des Klägers zu 5 mit Beschied vom 03.08.2010 und derjenige des Klägers zu 6 mit Bescheid vom 02.12.2010 abgelehnt. Sämtliche Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigter wurden als offensichtlich unbegründet abgelehnt, außerdem stellte das Bundesamt jeweils fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Die Ablehnung als offensichtlich unbegründet wurde in allen Fällen auf § 30 Abs. 3 Nr. 4 AsylVfG gestützt. Das Bundesamt vertrat die Auffassung, dass die Anträge offensichtlich nur zur Vermeidung einer drohenden Aufenthaltsbeendigung gestellt wurden, obwohl über viele Jahre lang ausreichend Gelegenheit bestanden habe, Asyl zu beantragen.
Die Klägerin zu 3 besuchte von September 2006 bis Juli 2008 die Grundschule, von September 2008 bis Juli 2015 eine Förderschule sowie vom 14.09.2015 bis 30.07.2016 eine Sonderberufsfachschule (... Mehrgenerationenhaus); seit September 2016 befindet sich die Klägerin zu 3 in einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme im ... Mehrgenerationenhaus. Die Klägerin zu 4 besuchte von September 2008 bis Juli 2009 die Grundschule und besucht seit September 2009 eine Förderschule. Der Kläger zu 4 besuchte von September 2010 bis Juli 2014 eine Grundschule und besucht seit September 2014 eine Werkrealschule. Der Kläger zu 6 besucht seit September 2013 eine Grundschule.
Mit Schriftsatz vom 19.01.2016 beantragte die Klägerin zu 3 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 25a Abs. 1 AufenthG und die Kläger zu 1 und zu 2 sowie die Kläger zu 4 - 7 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 25a Abs. 2 AufenthG, hilfsweise gestützt auf § 25b AufenthG und höchst hilfsweise gestützt auf § 25 Abs. 5 AufenthG. Zur Begründung wurde vorgetragen, der Kläger zu 1 verdiene durchschnittlich zwischen 1.300,00 EUR und 1.400,00 EUR netto monatlich, hierdurch sei der Krankenversicherungsschutz der Familie gesichert. Die Klägerin zu 2 habe einen monatlichen Verdienst von ca. 300,00 EUR. Ergänzend müssten im Hinblick auf die Größe der Familie Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Anspruch genommen werden. Sie seien im Besitz gültiger serbischer Reisepässe und strafrechtlich noch nie in Erscheinung getreten. Die Eltern verfügten auch über ausreichende mündliche Deutschkenntnisse. Die Ableistung eines Integrations- oder Orientierungskurses könne nicht verlangt werden. Die Klägerin zu 3 habe bis Juli 2015 die ... Schule Stuttgart-Untertürkheim besucht, hierbei handele es sich um eine Förderschule. Seit September 2015 besuche die Klägerin zu 3 die Sonderberufsfachschule des ... Mehrgenerationenhauses. Die Schüler dieser Sonderberufsfachschule erlangten einen staatlichen Abschluss in Form eines VAB-Abschlusszeugnisses.
Am 27.04.2016 haben die Kläger Untätigkeitsklage erhoben und zur Begründung vorgetragen, bei der Klägerin zu 3 müsse als erfolgreicher Schulabschluss auch das Erreichen des angestrebten Schulabschlusses an einer allgemeinbildenden Schule einschließlich der Förderschulen ausreichen. Jugendlichen mit einem Handicap wie beispielsweise einer geistigen Behinderung solle die Möglichkeit eröffnet werden, durch den Schulabschluss beim Mehrgenerationenhaus ... eine reguläre Berufsausbildung zu finden oder anschließend bei der Berufsfachschule eine dreijährige Ausbildung zu absolvieren, die den Erwerb des Hauptschulabschlusses beinhalte. Bei der Berufsfachschule ... Mehrgenerationenhaus handele es sich um eine staatlich anerkannte Privatschule. Die Klägerin zu 3 spreche fließend Deutsch, habe eine große Anzahl von deutschen Freunden, sodass eine positive Integrationsprognose bestehe. Die Kläger zu 4 - 6 besuchten ebenfalls seit sechs Jahren eine Schule im Sinne des § 25a Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. Sie erfüllten damit eigenständig die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Die Kläger zu 1 und zu 2 sowie der Kläger zu 7 könnten ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht nach § 25a Abs. 2 und 3 AufenthG beanspruchen. Die Kläger zu 3 - 6 könnten aufgrund ihres eigenständigen Anspruchs auf Erteilung eines Titels nach § 25a AufenthG bei der individuellen Unterhaltsverpflichtung der Kläger zu 1 und zu 2 außer Betracht bleiben.
Die Kläger beantragen nunmehr,
die Beklagte zu verpflichten, über die Anträge auf Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 25a, § 25b und § 25 Abs. 5 AufenthG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
10 
die Klage abzuweisen.
11 
Sie trägt vor, die Klägerin zu 3 erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG. Sie habe nur einen Förderschulabschluss erworben. Hierbei handele es sich nicht um einen anerkannten Schulabschluss. Derzeit besuche die Klägerin zu 3 die Sonderberufsfachschule des ... Mehrgenerationenhauses; dieser Schulbesuch diene lediglich der beruflichen Vorbereitung und führe zu keinem anerkannten Schulabschluss. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 25b Abs. 1 AufenthG scheide gleichfalls aus, da die Klägerin zu 3 nicht über die gemäß § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AufenthG erforderlichen Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfüge. Auch sei der Lebensunterhalt nicht gesichert und bei Betrachtung der bisherigen Schul- sowie der familiären Lebenssituation könne keine positive Prognose nach § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AufenthG getroffen werden. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an den Kläger zu 1 nach § 25a Abs. 2 AufenthG scheide aus, da der Lebensunterhalt nicht eigenständig durch Erwerbstätigkeit gesichert sei. Auch auf der Grundlage des § 25b Abs. 1 AufenthG komme eine Aufenthaltserlaubnis nicht in Betracht, da der Kläger zu 1 nicht über die erforderlichen Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfüge. Entsprechendes gelte für die Klägerin zu 2. Die Klägerin zu 4 erfülle nicht die Voraussetzung des § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG. Sie besuche derzeit die 8. Klasse der ... Schule (Förderschule). Ob ihr aufgrund der bisherigen Schulausbildung eine wirtschaftliche Integration gelingen werde, sei fraglich. Bei den Klägern zu 5 - 7 sei die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG aufgrund ihres Alters ausgeschlossen. Diese Bestimmung sehe die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ausschließlich an Jugendliche und heranwachsende Ausländer vor. Sie erfüllten auch nicht die Voraussetzung des § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AufenthG.
12 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die zur Sache gehörenden Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Soweit die Klagen zurückgenommen wurden, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
14 
Gegenstand des Klageverfahrens ist nur noch der in der mündlichen Verhandlung geltend gemachte Anspruch der Kläger auf Verpflichtung der Beklagten, über die Anträge auf Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 25a, § 25b und § 25 Abs. 5 AufenthG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Die Kläger haben das Begehren auf Verpflichtung der Beklagten, ihnen die beantragte Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, nicht mehr weiter verfolgt. Darin ist eine teilweise Klagerücknahme zu sehen mit der Folge, dass insoweit die Einstellung des Klageverfahrens auszusprechen ist.
15 
Die Verpflichtungsklagen in der Gestalt einer Bescheidungsklage sind im Übrigen als Untätigkeitsklagen (§ 75 Satz 1 und 2 VwGO) zulässig. Die Beklagte hat über die Anträge der Kläger auf Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden. Der Übergang von einer Verpflichtungsklage zu einer Bescheidungsklage ist keine Klageänderung im Sinne von § 91 VwGO, sondern nur eine Beschränkung des Klageantrags im Sinne von § 264 Nr. 2 ZPO i.V.m. § 173 VwGO (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 91 Rn 9).
16 
Die Klagen sind jedoch nicht begründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Bescheidung ihrer Anträge auf Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Denn die Kläger erfüllen weder die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25a AufenthG (1.) noch diejenigen des § 25b AufenthG (2.) und auch nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG (3.).
17 
Maßgeblich für die Beurteilung des Klagebegehrens ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.05.2013 - 1 C 17/12 - BVerwGE 146, 281).
18 
1. Im Falle der Kläger sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 und 2 AufenthG nicht erfüllt.
19 
Nach § 25a Abs. 1 Satz 1 Aufenthaltsgesetz soll einem jugendlichen oder heranwachsenden geduldeten Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich seit vier Jahren ununterbrochen erlaubt, geduldet oder mit einer Aufenthaltsgestattung im Bundesgebiet aufhält (Nr. 1), er im Bundesgebiet in der Regel seit vier Jahren erfolgreich eine Schule besucht oder einen anerkannten Schul- oder Berufsabschluss erworben hat (Nr. 2), der Antrag auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vor Vollendung des 21. Lebensjahres gestellt wird (Nr. 3), es gewährleistet erscheint, dass er sich aufgrund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann (Nr. 4) und keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Ausländer sich nicht zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennt (Nr. 5). Diese Voraussetzungen sind im Falle der Kläger zu 3 - 7 zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht sämtlich erfüllt.
20 
§ 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG verlangt als bildungsbezogenes Integrationskriterium, dass der Ausländer während seines Aufenthalts im Bundesgebiet in der Regel seit vier Jahren erfolgreich eine Schule besucht oder einen anerkannten Schul- oder Berufsabschluss erworben hat. Ein erfolgreicher Schulbesuch im Sinne von § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG liegt vor, wenn zu erwarten ist, dass der Schüler in die nächsthöhere Klassenstufe versetzt und die Schule mindestens mit dem Hauptschulabschluss beendet wird (vgl. OVG Magdeburg, Beschl. v. 17.10.2016 - 2 M 73/16 - juris -; OVG Lüneburg, Urt. v. 19.03.2012 - 8 LB 5/11 - juris; Erlass des Ministeriums des Innern des Landes Brandenburg Nr. 07/2011 v. 01.09.2011; BeckOK AuslR/Hecker AufenthG § 25a Rn. 6). Anerkannte Schulabschlüsse sind alle förmlichen Abschlüsse an allgemeinbildenden staatlichen oder staatlich anerkannten Schulen wie etwa ein Hauptschulabschluss, die mittlere Reife oder das Abitur (vgl. Burr in: GK-AufenthG § 25a Rn. 17; Hailbronner, AuslR, § 25a Rn.9; Zühlcke, HTK-AuslR / § 25a AufenthG / zu Abs. 1, Stand: 31.03.2016, Rn. 53). Als anerkannter beruflicher Abschluss ist insbesondere eine handwerkliche Gesellen- oder Meisterprüfung oder der Erwerb eines anderweitig staatlich anerkannten Ausbildungsdiploms anzusehen (vgl. Hailbronner, AuslR, § 25a Rn. 9). Diese Voraussetzungen erfüllen die Kläger zu 3 - 5 nicht.
21 
Die Klägerin zu 3 befindet sie sich seit September 2016 in einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme. Soweit sie parallel hierzu pro Woche einen Tag lang die Berufsschule besucht, so dauert dieser Schulbesuch noch nicht vier Jahre. Zwar hat sie von September 2008 bis Juli 2015 eine Förderschule besucht. Dieser abgeschlossene Zeitraum in der Vergangenheit genügt aufgrund des klaren Wortlauts in § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG („seit“ und „besucht“) nicht (vgl. Zühlcke, HTK-AuslR / § 25a AufenthG / zu Abs. 1, Stand: 31.03.2016, Rn. 47). Einen anerkannten Schulabschluss (z.B. Hauptschulabschluss, mittlere Reife, Abitur) hat die Klägerin zu 3 bislang nicht erworben, ebenso wenig einen Berufsabschluss. Der Kläger zu 4 besucht seit September 2009 eine Förderschule. An dieser Schule wird jedoch kein förmlicher Abschluss wie beispielsweise ein Hauptschulabschluss erreicht. Der Kläger zu 5 besucht seit September 2014 eine Werkrealschule. Dieser Schulbesuch dauert noch keine vier Jahre.
22 
Die Kläger zu 6 und zu 7 erfüllen den Tatbestand des § 25a Abs. 1 AufenthG aufgrund ihres Alters nicht. Bei ihnen handelt es sich nicht um jugendliche Ausländer im Sinne des § 25a AufenthG, da sie zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (vgl. OVG Saarlouis, Beschl. v. 06.10.2015 - 2 B 166/15 - juris -; Zühlcke, HTK-AuslR / § 25a AufenthG / zu Abs. 1, Stand: 31.03.2016, Rn. 23).
23 
Die Kläger zu 1 und zu 2 erfüllen nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25a Abs. 2 Satz 1 AufenthG. Nach dieser Bestimmung kann den Eltern oder einem personensorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen Ausländers, der eine Aufenthaltserlaubnis nach Abs. 1 besitzt, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Abschiebung nicht aufgrund falscher Angaben oder aufgrund von Täuschungen über die Identität oder Staatsangehörigkeit oder mangels Erfüllung zumutbarer Anforderungen an die Beseitigung von Ausreisehindernissen verhindert oder verzögert wird (Nr. 1) und der Lebensunterhalt eigenständig durch Erwerbstätigkeit gesichert ist (Nr. 2). Nach den obigen Ausführungen erfüllen die Kinder der Kläger zu 1 und zu 2 nicht die Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 AufenthG. Damit scheidet die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 25a Abs. 2 AufenthG an die Kläger zu 1 und zu 2 gleichfalls aus.
24 
Unabhängig davon und selbstständig tragend scheidet die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 25a Abs. 1 AufenthG an die Kläger zu 3 - 5 wegen der Titelerteilungssperre des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG aus, so dass auch ein entsprechender Bescheidungsanspruch nicht besteht. Nach dieser Bestimmung darf vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden, sofern ein Asylantrag nach § 30 Abs. 3 Nr. 1 bis 6 AsylG abgelehnt wurde. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, die missbräuchliche Durchführung eines Asylverfahrens aufenthaltsrechtlich zu sanktionieren (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2008 - 1 C 37/07 - BVerwGE 132, 382).
25 
Die Asylanträge der Kläger zu 3 - 5 wurden mit bestandskräftigen Bescheiden des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 18.03.2010/01.06.2010/03.08.2010 in Anwendung von § 30 Abs. 3 Nr. 4 AsylVfG als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Eine inhaltliche Überprüfung der Entscheidungen des Bundesamtes durch die Ausländerbehörde bzw. das Gericht im ausländerrechtlichen Verfahren erfolgt nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2008 - 1 C 37/07 - a.a.O.).
26 
Zwar kann eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG abweichend von § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG erteilt werden (§ 25a Abs. 4 AufenthG). Dieses der Ausländerbehörde eingeräumte Ermessen ist vorliegend jedoch negativ auf Null reduziert.
27 
Die Kläger zu 3 - 5 haben - dies hat das Bundesamt in den Bescheiden vom 18.03.2010/01.06.2010/03.08.2010 zutreffend ausgeführt - ihre Asylanträge spät und sukzessive gestellt, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung der gesamten Familie zu verhindern. Die von den Klägern zu 3 - 5 durchgeführten Asylverfahren stellen sich somit insgesamt als grob rechtsmissbräuchlich dar. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 25a Abs. 1 AufenthG abweichend von § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG würde die missbräuchliche Inanspruchnahme des Asylverfahrens durch die Kläger zu 3 - 5 belohnen. Dies ist rechtsstaatlich nicht vertretbar und führt zu dem Schluss, dass das der Beklagten nach § 25a Abs. 4 AufenthG eingeräumte Ermessen zu Lasten der Kläger zu 3 - 5 auf Null reduziert ist.
28 
2. Die Kläger erfüllen auch nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25b Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG. Nach dieser Bestimmung soll einem geduldeten Ausländer abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert hat (§ 25b Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Dies setzt nach § 25b Abs. 1 Satz 2 AufenthG regelmäßig voraus, dass der Ausländer sich seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem minderjährigen ledigen Kind in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten hat (Nr. 1), sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennt und über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt (Nr. 2), seinen Lebensunterhalt überwiegend durch Erwerbstätigkeit sichert oder bei der Betrachtung der bisherigen Schul-, Ausbildungs-, Einkommens- sowie der familiären Lebenssituation zu erwarten ist, dass er seinen Lebensunterhalt im Sinne von § 2 Abs. 3 sichern wird, wobei der Bezug von Wohngeld unschädlich ist (Nr. 3), über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt (Nr. 4) und bei Kindern im schulpflichtigen Alter deren tatsächlichen Schulbesuch nachweist (Nr. 5). Bei Vorliegen der Maßgaben der Nr. 1 bis 5 ist regelmäßig von einer nachhaltigen Integration auszugehen; diese kann nur im Ausnahmefall verneint werden (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 21.07.2015 - 18 B 486/14 - juris -).
29 
Die Kläger erfüllen jedenfalls nicht die Voraussetzungen des § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AufenthG. Die Erteilungsvoraussetzung der Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse müssen auch Ausländer erfüllen, die nicht handlungsfähig nach Maßgabe des § 80 Abs. 1 AufenthG sind; denn eine dem § 10 Abs. 1 Satz 2 StAG entsprechende Regelung fehlt in § 25 AufenthG.
30 
Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung werden nachgewiesen durch den erfolgreichen Besuch eines Integrationskurses (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 07.12.2015 - 11 S 1998/15 - InfAuslR 2016, 94). Der Nachweis der Kenntnisse ist auch erbracht, wenn der Ausländer einen Abschluss einer deutschen Hauptschule oder eines vergleichbaren oder höheren Schulabschluss einer deutschen allgemeinbildenden Schule, eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung oder ein Studium nachweisen kann (vgl. Allgemeine Anwendungshinweise - AAH - des Bundesministeriums des Innern zu § 25b AufenthG, S. 6). Ausländer, die am Integrationskurs nicht oder nicht erfolgreich teilgenommen haben, können die Abschlusstests des Integrationskurses auf freiwilliger Basis ablegen, um den Nachweis der Grundkenntnisse zu erbringen (vgl. AAH des Bundesministeriums des Innern zu § 25b AufenthG, S. 6). Es besteht ferner die Möglichkeit, dass die Ausländer auch isoliert nur am Orientierungskurs des Integrationskurses oder sogar nur am Test „Leben in Deutschland“ teilnehmen können, um so den Nachweis über die Grundkenntnisse zu erbringen; in diesem Fall erhält der Teilnehmer kein Abschlusszertifikat, sondern lediglich eine Mitteilung über das erreichte Ergebnis im Test „Leben in Deutschland“ (vgl. AAH des Bundesministeriums des Innern zu § 25b AufenthG, S. 6). Die freiwillige Anmeldung zum Test auf eigene Kosten ist für den geduldeten Ausländer grundsätzlich zumutbar; denn mit der Aufenthaltsgewährung nach § 25b AufenthG sollen gerade außerordentliche Integrationsleistungen honoriert werden, die der Geduldete aus eigener Kraft und trotz des ungeklärten Aufenthaltsstatus erbracht hat (vgl. AAH des Bundesministeriums des Innern zu § 25b AufenthG, S. 6).
31 
Die Kläger haben die Nachweise über die Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet nicht erbracht. Unabhängig hiervon verfügen sie aber auch nicht über die von § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AufenthG geforderten Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet. Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung der Klägerin zu 3 fünf Fragen zu der Rechts- und Gesellschaftsordnung im Bundesgebiet gestellt, die sie nicht beantworten konnte. Daraufhin hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger interveniert und geltend gemacht, die Kläger verfügten aufgrund ihrer mangelnden Bildung nicht über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet. Das Gericht hat daraufhin die Befragung der Kläger abgebrochen. Die Kläger räumen somit selbst ein, dass in ihrer Person die Voraussetzungen des § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AufenthG nicht erfüllt sind.
32 
Allerdings können besondere Integrationsleistungen von vergleichbarem Gewicht ebenfalls zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG führen, selbst wenn die Voraussetzungen des § 25b Abs. 1 Satz 2 AufenthG im Einzelfall nicht vollständig erfüllt sind (vgl. BT-Drucks. 18/4097 S. 42; AAH des Bundesministeriums des Innern zu § 25b AufenthG, S. 3). Dies ist bei einem herausgehobenen sozialen Engagement der Fall, wie es u.a. in Vereinen, sozialen Einrichtungen, Kirchen o.ä. üblicherweise praktiziert wird; das herausgehobene Engagement muss aber über die bloße Vereinsmitgliedschaft hinausgehen (vgl. AAH des Bundesministeriums des Innern zu § 25b AufenthG, S. 3). Anhaltspunkte für ein derartiges herausgehobenes soziales Engagement bei den Klägern sind jedoch weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
33 
Das Gericht kann deshalb dahingestellt lassen, ob die Vorschrift des § 25b Abs. 1 AufenthG nach ihrer Zweckrichtung nur volljährige Ausländer erfasst (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 17.08.2016 - 18 B 696/16 - juris -).
34 
3. Die Kläger haben auch keinen Bescheidungsanspruch im Hinblick auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG.
35 
§ 25a AufenthG ist nicht als speziellere und abschließende gesetzliche Regelung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen anzusehen; auch im Anwendungsbereich des § 25a AufenthG verbleibt noch Raum für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 25 Abs. 5 AufenthG (vgl. OVG Magdeburg, Beschl. v. 16.09.2014 - 2 O 81/14 - juris -; a.A. OVG Lüneburg, Beschl. v. 31.10.2012 - 11 ME 275/12 - InfAuslR 2013, 104 und Beschl. v. 12.03.2013 - 8 LA 13/13 - juris -). Bei den Klägern zu 3 - 6 folgt indes aus der Titelerteilungssperre des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG, dass bei ihnen die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG von vornherein ausscheidet.
36 
Die Kläger zu 1 und zu 2 sowie der Kläger zu 7 erfüllen nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG. Nach dieser Bestimmung kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Gemäß § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG soll die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Die Vorschrift des Satzes 2 stellt dabei keine eigenständige Anspruchsgrundlage dar, die einem Ausländer bei Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzung - Aussetzung der Abschiebung für den genannten Zeitraum - einen „Soll“-Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vermitteln würde. Vielmehr ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang des § 25 Abs. 5 AufenthG, dass die Erteilung des entsprechenden Aufenthaltstitels stets auch an die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG gebunden ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14/05 - BVerwGE 126, 192).
37 
Zwar sind die Kläger zu 1 und zu 2 sowie der Kläger zu 7 nach § 50 Abs. 1, § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig. Es fehlt jedoch an der von § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG geforderten Unmöglichkeit der Ausreise. Die Ausreise der Kläger zu 1 und zu 2 sowie des Klägers zu 7 ist weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen unmöglich.
38 
Der Begriff der Ausreise umfasst die (zwangsweise) Abschiebung und die freiwillige Ausreise (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14/05 - BVerwGE 126, 192). Die Ausreise ist unmöglich, wenn sie aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht erfolgen kann. Da die Ausreise eine unvertretbare Handlung darstellt, ist die Unmöglichkeit im Hinblick auf den jeweils betroffenen Ausländer zu prüfen (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 22.07.2009 - 11 S 1622/07 - juris -).
39 
Ein tatsächliches Ausreisehindernis liegt vor, wenn der Zielstaat wegen des Fehlens entsprechender Rückreisepapiere nicht aufnahmebereit ist (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - NVwZ-RR 2009, 578). Hiervon kann vorliegend nicht ausgegangen werden, da sämtliche Kläger im Besitz von Reisepässen sind.
40 
Die freiwillige Ausreise ist den Klägern zu 1 und zu 2 sowie dem Kläger zu 7 auch nicht rechtlich unmöglich. Eine freiwillige Ausreise ist im Sinne von § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG aus rechtlichen Gründen unmöglich, wenn ihr rechtliche Hindernisse entgegenstehen, welche die Ausreise ausschließen oder als unzumutbar erscheinen lassen. Derartige Hindernisse können sich sowohl aus inlandsbezogenen Vollstreckungshindernissen ergeben, zu denen u. a. auch diejenigen Verbote zählen, die aus Verfassungsrecht (etwa mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG) oder aus Völkervertragsrecht (etwa aus Art. 8 EMRK) in Bezug auf das Inland herzuleiten sind, als auch aus zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14/05 - BVerwGE 126, 192). Allgemeine Widrigkeiten oder Überlegungen humanitärer Art, die aber keine Abschiebungsverbote zur Folge haben, können keine Berücksichtigung finden (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.06.2006 - 1 C 14/05 - a.a.O.).
41 
Die Kläger zu 1 und zu 2 sowie der Kläger zu 7 können sich nicht mit Erfolg auf ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis aus Art. 8 EMRK berufen.
42 
Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens. Die Gewährleistungen des Familienlebens sind vorliegend von vornherein nicht berührt, da die Kläger zu 1 und zu 2 und ihre Kinder (Kläger zu 3 - 7) vollziehbar ausreisepflichtig sind. Der Schutz der Familie verlangt prinzipiell nicht den Verbleib in einem bestimmten Staat (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 10.05.2006 - 11 S 2354/05 - VBlBW 2006, 438; VGH Kassel, Urt. v. 06.07.2012 - 7 A 473/11 - juris -).
43 
Der Schutz der Achtung des Privatlebens begründet vorliegend ebenso wenig eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise der Kläger zu 1 und zu 2 sowie des Klägers zu 7. Dabei kann das Gericht offenlassen, ob der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK unter dem Blickwinkel des Privatlebens nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts eröffnet ist (so BVerwG, Urt. v. 26.10.2010 - 1 C 18/09 - NVwZ-RR 2011, 210 und Urt. v. 30.04.2009 - 1 C 3/08 - NVwZ 2009, 1239; OVG Lüneburg, Beschl. v. 12.08.2010 - 8 PA 182/10 - InfAuslR 2010, 429; Beschl. v. 28.03.2014 - 8 LA 192/13 - juris - und Beschl. v. 14.07.2014 - 8 ME 72/14 - InfAuslR 2014, 335; OVG Koblenz, Urt. v. 15.03.2012 - 7 A 11417/11 - juris - ; VGH München, Beschl. v. 11.08.2011 - 19 CE 11.1347 - juris -) oder ob die Legalität bzw. Illegalität des Aufenthalts (lediglich) ein Gesichtspunkt ist, dem im Rahmen der Prüfung der Schranken des Art. 8 Abs. 2 EMRK Rechnung zu tragen ist (so VGH Mannheim, Urt. v. 13.12.2010 - 11 S 2359/10 - DVBl. 2011, 370; Urt. v. 22.07.2009 - 11 S 1622/07 - juris -; Beschl. v. 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - VBlBW 2009, 357; Beschl. v. 03.11.2008 - 11 S 2235/08 - VBlBW 2009, 195; Beschl. v. 16.07.2008 - 11 S 1534/08 - AuAS 2008, 242 und Beschl. v. 25.10.2007 - 11 S 2091/07 - VBlBW 2008, 114; OVG Hamburg, Beschl. v. 03.03.2009 - 2 Bs 22/09 - Asylmagazin 7-8/09, 44 und Beschl. v. 05.05.2014 - 4 BS 98/14 - InfAuslR 2014, 270; OVG Bremen, Urt. v. 05.07.2011 - 1 A 184/10 - InfAuslR 2011, 379; Urt. v. 28.06.2011 - 1 A 141/11 - Nord-ÖR 2011, 440 und Beschl. v. 22.11.2010 - 1 B 154/10 - Asylmagazin 2011, 90).
44 
Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK darf eine Behörde in die Ausübung des Rechts aus Art. 8 Abs. 1 EMRK nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutze der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Im Rahmen der Schrankenprüfung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist das Interesse an der Aufrechterhaltung der von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten persönlichen Bindungen mit den öffentlichen Interessen an einer Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) und einer Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwägen (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.10.2009 - 1 C 26/08 - BVerwGE 135, 137 und Beschl. v. 10.02.2011 - 1 B 22/10 - juris -; VGH Mannheim, Urt. v. 07.12.2011 - 11 S 897/11 - DVBl 2012, 194). Dabei sind neben allen ehelichen und familiären Umständen auch andere gewichtige persönliche Belange (unter dem Aspekt des durch Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK geschützten Privatlebens) zu berücksichtigen. Erforderlich ist eine Verhältnismäßigkeitsprüfung unter Beachtung der vom EGMR entwickelten Kriterien, die im Wesentlichen in den Entscheidungen Boultif und Üner zusammengefasst worden sind (vgl. EGMR, Urt. v. 02.08.2001 - 54273/00 - Boultif - InfAuslR 2001, 476 und Urt. v. 05.07.2005 - 46410/99 - Üner - InfAuslR 2005, 450). Eine Verletzung des in Art. 8 Abs. 2 EMRK normierten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kommt vor allem bei Ausländern in Betracht, die auf Grund ihrer gesamten Entwicklung faktisch zu Inländern geworden sind und denen wegen der Besonderheiten des Falles ein Leben im Staat ihrer Staatsangehörigkeit, zu dem sie keinen Bezug haben, nicht zuzumuten ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8/96 - InfAuslR 1999, 54 und Urt. v. 27.01.2009 - 1 C 40/07 - BVerwGE 133, 73). Ob eine solche Fallgestaltung vorliegt, hängt zum einen von der Integration des Ausländers in Deutschland („Verwurzelung“) und zum anderen von seiner Möglichkeit der Reintegration in seinem Heimatland („Entwurzelung“) ab.
45 
Maßgebend sind bei der Frage der Integration des Ausländers in Deutschland vor allem die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet sowie dessen rechtlicher Status, der Stand der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Integration (Sprachkenntnisse, Schule/Beruf, Freizeitgestaltung/Freundeskreis), sowie das Fehlen von Straftaten. Was die berufliche Verwurzelung in Deutschland betrifft, ist zu prüfen, ob der Ausländer berufstätig und dadurch in der Lage ist, den Lebensunterhalt für sich und seine Familie dauerhaft zu sichern, und ob er über längere Zeit öffentliche Sozialleistungen bezogen hat. Ferner ist von Bedeutung, ob der Betreffende eine Berufsausbildung absolviert hat und ihn diese Ausbildung gegebenenfalls für eine Berufstätigkeit qualifiziert, die nur oder bevorzugt in Deutschland ausgeübt werden kann. Bei der sozialen Integration ist das Ausmaß sozialer Bindungen bzw. Kontakte des Ausländers außerhalb der Kernfamilie von Belang. Schließlich können im Rahmen der Schrankenprüfung sonstige Faktoren Berücksichtigung finden, etwa ob und gegebenenfalls wie lange der Aufenthalt des Betroffenen legal war und damit - im Sinne einer Handreichung des Staates - schutzwürdiges Vertrauen auf ein „Hierbleibendürfen“ entwickelt werden konnte (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 13.12.2010 - 11 S 2359/10 - DVBl. 2011, 370).
46 
Allein der Umstand, dass ein im Bundesgebiet geborener und aufgewachsener Ausländer weder über einen Schulabschluss noch über eine Berufsausbildung verfügt und seinen Lebensunterhalt bislang nahezu ausschließlich aus öffentlichen Sozialleistungen bestritten hat, reicht für sich allein aber nicht aus, um eine Verwurzelung zu verneinen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.01.2010 - 1 B 25/09 - NVwZ 2010, 707). Hat sich der Ausländer aber über viele Jahre lediglich geduldet im Bundesgebiet aufgehalten, spricht dies gegen eine Verwurzelung, wenn er die bisherige Unmöglichkeit der Aufenthaltsbeendigung selbst zu vertreten hat (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 16.07.2008 - 11 S 1534/08 - AuAS 2008, 242; OVG Lüneburg, Beschl. v. 19.05.2010 - 8 PA 86/10 - juris - und Beschl. v. 11.05.2006 - 12 ME 138/06 - InfAuslR 2006, 329).
47 
Bei der Frage der Reintegration in das Heimatland (Grad der Entwurzelung) ist insbesondere maßgebend, inwieweit Kenntnisse der dort gesprochenen und geschriebenen Sprache bestehen bzw. erworben werden können, inwieweit der Ausländer mit den dortigen Verhältnissen vertraut ist, und inwieweit er dort bei der Wiedereingliederung auf Hilfestellung durch Verwandte und sonstige Dritte rechnen kann, soweit diese erforderlich sein sollte (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 13.10.2010 - 11 S 2359/10 - InfAuslR 2011, 250 und Urt. v. 18.01.2006 - 13 S 2220/05 - VBlBW 2006, 200; OVG Koblenz, Beschl. v 24.02.2006 - 7 B 10020/06 - InfAuslR 2006, 274 und Urt. v. 15.03.2012 - 7 A 11268/11 - juris -; VGH Kassel, Urt. v. 07.07.2006 - 7 UE 509/06 - ZAR 2006, 413; OVG Hamburg, Beschl. v. 05.05.2014 - 4 Bs 98/14 - NVwZ 2014, 1249; OVG Magdeburg, Beschl. v. 16.09.2014 - 2 O 81/14 - juris -). Das Maß der Vertrautheit hängt davon ab, in welchem Alter das Heimatland verlassen wurde; hat der Ausländer das Heimatland erst im Erwachsenenalter verlassen, spricht dies gegen eine Entwurzelung von den dortigen Lebensverhältnissen. Wird die Heimatsprache noch in Grundzügen beherrscht, ist zu erwarten, dass die Kenntnisse bei einer Rückkehr ins Heimatland ausgebaut werden können.
48 
Das Ausmaß der Verwurzelung bzw. die für den Ausländer mit einer Entwurzelung verbundenen Folgen sind zu ermitteln, zu gewichten und mit den Gründen, die für eine Aufenthaltsbeendigung sprechen, abzuwägen. Je stärker der Betroffene im Aufenthaltsstaat integriert ist, desto schwerer müssen die öffentlichen Interessen wiegen. Alle Belange sind einzelfallbezogen festzustellen und zu gewichten sowie im Rahmen einer Gesamtbewertung abzuwägen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.01.2009 - 1 C 40/07 - BVerwGE 133, 72 und Beschl. v. 14.12.2010 - 1 B 30/10 - juris -). Keiner der in diese Abwägung einzustellenden privaten und öffentlichen Belange genießt von vornherein einen Vorrang (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 02.06.2009 - 11 S 933/09 - InfAuslR 2009, 386). Verfügt der Ausländer über kein Aufenthaltsrecht mehr, kann seinen Bindungen aber nicht mehr dasselbe Gewicht beigemessen werden wie zu Zeiten, in denen er sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 06.11.2012 - 11 S 2307/11 - juris -).
49 
Nach diesen Grundsätzen besteht im Falle der Kläger zu 1 und zu 2 keine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise aus Art. 8 EMRK. Die Kläger zu 1 und zu 2 sind im Kosovo geboren. Dort haben sie im Wesentlichen ihre Sozialisation erfahren. Sie sprechen die deutsche Sprache auf niedrigem Niveau und sind strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Gleichwohl sind die Kläger zu 1 und zu 2 im Bundesgebiet nicht hinreichend verwurzelt, da sie während ihres gesamten Aufenthalts im Bundesgebiet von Sozialleistungen gelebt haben und auch gegenwärtig Sozialleistungen beziehen. Weitere besondere Integrationsleistungen sind nicht ersichtlich. Die Kläger zu 1 und zu 2 haben eine Berufsausbildung als unerlässliche Grundlage einer erfolgreichen wirtschaftlichen Integration nicht absolviert und sind im Bundesgebiet derzeit nur im Niedriglohnsektor beschäftigt. Ihr Einkommen reicht für den Lebensunterhalt der gesamten Familie nicht aus. Die Kläger zu 1 und zu 2 sind keine in Deutschland aufgewachsenen Ausländer der zweiten Generation. Der Aufenthalt der Kläger zu 1 und zu 2 im Bundesgebiet war durchgehend nur geduldet. Sie konnten daher kein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand ihres Aufenthalts im Bundesgebiet entwickeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.04.2009 - 1 C 3/08 - NVwZ 2009, 1239; VGH Kassel, Beschl. v. 15.02.2006 - 7 TG 106/06 - NVwZ-RR 2006, 826 und Urt. v. 06.07.2012 - 7 A 473/11 - juris -). Gegen eine Verwurzelung spricht weiter, dass die Kläger zu 1 und zu 2 aufgrund der rechtsmissbräuchlichen Asylantragstellung für die Kläger zu 3 - 6 die Unmöglichkeit der Aufenthaltsbeendigung zu vertreten haben. Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger zu 1 und zu 2 soziale Kontakte außerhalb ihres familiären Umfeldes pflegen, die sie durch eine Ausreise aufgeben müssten, bestehen nicht. Das Gericht kann deshalb dahingestellt sein lassen, ob allein schon das Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 25a AufenthG ein regelmäßiges Indiz dafür ist, dass eine hinreichende Verwurzelung nicht vorliegt (vgl. Zühlcke, HTK-AuslR / § 25a AufenthG / zu Abs. 2, Stand: 31.03.2016, Rn. 14).
50 
Die Kläger zu 1 und zu 2 verfügen noch über hinreichende Sprachkenntnisse, die ihnen eine Eingewöhnung im Kosovo ermöglichen. Sie sind erst im Alter von 24 bzw. 19 Jahren in das Bundesgebiet eingereist und haben vor der Einreise zuletzt im Kosovo gelebt. Aufgrund dieser Umstände ist davon auszugehen, dass die Kläger zu 1 und zu 2 mit den Verhältnissen im Kosovo hinreichend vertraut sind, um sich in diese nach einer Rückkehr wieder einzugewöhnen. Im Übrigen sind die Kläger zu 1 und zu 2 noch in einem Alter, in dem das Einfügen in neue und unbekannte soziale Strukturen und der damit verbundene Aufbau eines neuen Privatlebens regelmäßig zumutbar und möglich sind. Dass die Eingewöhnung in die Lebensverhältnisse im Kosovo voraussichtlich schwierig sein wird, kann unterstellt werden. Anhaltspunkte dafür, dass diese unmöglich oder unzumutbar ist, bestehen indes nicht. Die Kläger zu 1 und zu 2 können die im Kosovo in jeder Gemeinde eingerichteten „Büros für Gemeinschaften und Rückkehrer (MOCR)“ in Anspruch nehmen (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo vom 9. Dezember 2015). Diese sind zuständig für die Entgegennahme von Anträgen für Leistungen aus dem Reintegrationsprogramm sowie für Beratungsleistungen. Sie sollen innerhalb von max. 7 Tagen über die Bewilligung von Leistungen entscheiden, die im Rahmen einer Soforthilfe gewährt werden müssen, insbesondere Unterkunft und Verpflegung. Darüber hinaus können die Kläger zu 1 und zu 2 auf die Leistungen aus dem Rückkehrer-Projekt „URA II“ zurückgreifen. Dieses Projekt bietet in seiner Einrichtung in der Innenstadt von Pristina Integrations-, Betreuungs- und Unterstützungsmaßnahmen für Rückkehrer aus Deutschland an. Es hilft u.a. bei der Wohnungssuche, zahlt für einen Übergangszeitraum die Miete, stellt Geld für Lebensmittel zur Verfügung, ist bei der Arbeitsplatz- und Ausbildungssuche behilflich und begleitet Zurückgekehrte bei Behördengängen (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo vom 9. Dezember 2015).
51 
Bei der gebotenen Gesamtbewertung überwiegt das Interesse der Bundesrepublik Deutschland an einer geordneten Einwanderung, das eine Beendigung des Aufenthalts von Ausländern, die ohne Aufenthaltstitel ins Bundesgebiet eingereist sind, einschließt, das Interesse der Kläger zu 1 und zu 2, die eine Aufenthaltsbeendigung durch erkennbar aussichtslose Asylanträge ihrer Kinder verhindert haben. Die fehlende Rechtmäßigkeit des langjährigen Aufenthalts der Kläger zu 1 und zu 2 und der seit der Einreise in das Bundesgebiet ununterbrochene Sozialleistungsbezug fallen höher ins Gewicht als die für eine Verwurzelung der Kläger zu 1 und zu 2 sprechenden Umstände. Von wesentlicher Bedeutung ist zudem, dass bei den Klägern zu 1 und zu 2 aufgrund ihres im Bundesgebiet nur geduldeten Aufenthaltes ein schutzwürdiges Vertrauen auf den weiteren Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland fehlt.
52 
Auch im Falle des am 29.07.2011 im Bundesgebiet geborenen Klägers zu 7 besteht keine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise gemäß Art. 8 EMRK. Insoweit hat im Rahmen des Art. 8 EMRK eine familienbezogene Betrachtung zu erfolgen (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 16.09.2010 - 2 M 107/10 - juris -; VGH München, Beschl. v. 13.07.2010 - 19 ZB 10.1129 - juris -; OVG Saarlouis, Beschl. v. 20.04.2011 - 2 B 208/11 - NVwZ-RR 2011, 660; VGH Mannheim, Urt. v. 22.07.2009 - 11 S 1622/07 - juris - und Urt. v. 26.07.2006 - 11 S 951/06 - VBlBW 2006, 442; OVG Lüneburg, Beschl. v. 12.03.2013 - 8 LA 13/13 - juris - und Urt. v. 29.01.2009 - 11 LB 136/07 - juris -). Minderjährige Kinder teilen grundsätzlich aufenthaltsrechtlich das Schicksal ihrer Eltern. Es ist folglich im Rahmen einer familiären Gesamtschau auch bedeutsam, inwieweit sich die Eltern kulturell, sozial und wirtschaftlich in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert haben. Steht den Eltern wegen deren mangelnder Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland über Art. 8 EMRK kein Aufenthaltsrecht zu, so ist davon auszugehen, dass auch ein Minderjähriger, der im Bundesgebiet geboren wurde oder dort lange Zeit gelebt hatte und vollständig integriert ist, auf die von den Eltern nach der Rückkehr im Familienverband zu leistenden Integrationshilfen im Heimatland verwiesen werden kann (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 22.07.2009 - 11 S 1622/07 - juris -). So liegt der Fall hier. Den Eltern des Klägers zu 7 steht über Art. 8 EMRK kein Aufenthaltsrecht zu. Er ist deshalb auf die von seinen Eltern nach der Rückkehr im Familienverband zu leistenden Integrationshilfen zu verweisen.
53 
Die Kläger zu 1 und zu 2 sowie der Kläger zu 7 können sich auch nicht mit Erfolg auf ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis aus Art. 6 GG berufen.
54 
Nach Art. 6 Abs. 1 GG schutzwürdige Belange können einer (zwangsweisen) Beendigung des Aufenthalts des Ausländers dann entgegenstehen, wenn es dem Ausländer nicht zuzumuten ist, seine familiären Bindungen durch eine Ausreise zu unterbrechen (vgl. BVerwG, Urt. v. 04.06.1997 - 1 C 9/95 - BVerwGE 105, 35). Der Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG umfasst die Freiheit der Eheschließung und Familiengründung sowie das Recht auf ein eheliches und familiäres Zusammenleben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.05.1987 - 2 BvR 1226/83 - BVerfGE 76, 1). Eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 GG scheidet aber aus, wenn eine Führung der familiären Lebensgemeinschaft auch in einem anderen Land zumutbar möglich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.08.2008 - 1 C 32/07 - BVerwGE 131, 370 und Urt. v. 30.04.2009 - 1 C 3/08 - NVwZ 2009, 1239). Dabei ist davon auszugehen, dass es den im Bundesgebiet lebenden ausländischen Ehepartnern grundsätzlich zumutbar ist, die familiäre Einheit im Ausland herzustellen. Allein der Umstand, dass sie von der ihnen eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, sich hier eine wirtschaftliche und soziale Existenz aufzubauen, und mit zunehmender Aufenthaltsdauer und wachsender Einbindung in die hiesigen Lebensverhältnisse regelmäßig einer entsprechenden Entfremdung von den Lebensverhältnissen ihres Heimatlandes ausgesetzt sind, führt nicht dazu, dass ihnen ein Verlassen des Bundesgebiets generell nicht zuzumuten ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.03.2010 - 1 C 8/09 - BVerwGE 136, 231).
55 
Nach diesen Grundsätzen steht auch Art. 6 GG einer freiwilligen Ausreise der Kläger zu 1 und zu 2 sowie dem Kläger zu 7 nicht entgegen. Denn die eheliche/familiäre Lebensgemeinschaft kann im Kosovo zumutbar fortgeführt werden.
56 
Eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise besteht auch nicht im Hinblick auf zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote. Dass im Falle der Kläger zu 1 und zu 2 sowie des Klägers zu 7 zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen, ist weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
57 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO.

Gründe

 
13 
Soweit die Klagen zurückgenommen wurden, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
14 
Gegenstand des Klageverfahrens ist nur noch der in der mündlichen Verhandlung geltend gemachte Anspruch der Kläger auf Verpflichtung der Beklagten, über die Anträge auf Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 25a, § 25b und § 25 Abs. 5 AufenthG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Die Kläger haben das Begehren auf Verpflichtung der Beklagten, ihnen die beantragte Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, nicht mehr weiter verfolgt. Darin ist eine teilweise Klagerücknahme zu sehen mit der Folge, dass insoweit die Einstellung des Klageverfahrens auszusprechen ist.
15 
Die Verpflichtungsklagen in der Gestalt einer Bescheidungsklage sind im Übrigen als Untätigkeitsklagen (§ 75 Satz 1 und 2 VwGO) zulässig. Die Beklagte hat über die Anträge der Kläger auf Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden. Der Übergang von einer Verpflichtungsklage zu einer Bescheidungsklage ist keine Klageänderung im Sinne von § 91 VwGO, sondern nur eine Beschränkung des Klageantrags im Sinne von § 264 Nr. 2 ZPO i.V.m. § 173 VwGO (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 91 Rn 9).
16 
Die Klagen sind jedoch nicht begründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Bescheidung ihrer Anträge auf Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Denn die Kläger erfüllen weder die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25a AufenthG (1.) noch diejenigen des § 25b AufenthG (2.) und auch nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG (3.).
17 
Maßgeblich für die Beurteilung des Klagebegehrens ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.05.2013 - 1 C 17/12 - BVerwGE 146, 281).
18 
1. Im Falle der Kläger sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 und 2 AufenthG nicht erfüllt.
19 
Nach § 25a Abs. 1 Satz 1 Aufenthaltsgesetz soll einem jugendlichen oder heranwachsenden geduldeten Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich seit vier Jahren ununterbrochen erlaubt, geduldet oder mit einer Aufenthaltsgestattung im Bundesgebiet aufhält (Nr. 1), er im Bundesgebiet in der Regel seit vier Jahren erfolgreich eine Schule besucht oder einen anerkannten Schul- oder Berufsabschluss erworben hat (Nr. 2), der Antrag auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vor Vollendung des 21. Lebensjahres gestellt wird (Nr. 3), es gewährleistet erscheint, dass er sich aufgrund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann (Nr. 4) und keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Ausländer sich nicht zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennt (Nr. 5). Diese Voraussetzungen sind im Falle der Kläger zu 3 - 7 zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht sämtlich erfüllt.
20 
§ 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG verlangt als bildungsbezogenes Integrationskriterium, dass der Ausländer während seines Aufenthalts im Bundesgebiet in der Regel seit vier Jahren erfolgreich eine Schule besucht oder einen anerkannten Schul- oder Berufsabschluss erworben hat. Ein erfolgreicher Schulbesuch im Sinne von § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG liegt vor, wenn zu erwarten ist, dass der Schüler in die nächsthöhere Klassenstufe versetzt und die Schule mindestens mit dem Hauptschulabschluss beendet wird (vgl. OVG Magdeburg, Beschl. v. 17.10.2016 - 2 M 73/16 - juris -; OVG Lüneburg, Urt. v. 19.03.2012 - 8 LB 5/11 - juris; Erlass des Ministeriums des Innern des Landes Brandenburg Nr. 07/2011 v. 01.09.2011; BeckOK AuslR/Hecker AufenthG § 25a Rn. 6). Anerkannte Schulabschlüsse sind alle förmlichen Abschlüsse an allgemeinbildenden staatlichen oder staatlich anerkannten Schulen wie etwa ein Hauptschulabschluss, die mittlere Reife oder das Abitur (vgl. Burr in: GK-AufenthG § 25a Rn. 17; Hailbronner, AuslR, § 25a Rn.9; Zühlcke, HTK-AuslR / § 25a AufenthG / zu Abs. 1, Stand: 31.03.2016, Rn. 53). Als anerkannter beruflicher Abschluss ist insbesondere eine handwerkliche Gesellen- oder Meisterprüfung oder der Erwerb eines anderweitig staatlich anerkannten Ausbildungsdiploms anzusehen (vgl. Hailbronner, AuslR, § 25a Rn. 9). Diese Voraussetzungen erfüllen die Kläger zu 3 - 5 nicht.
21 
Die Klägerin zu 3 befindet sie sich seit September 2016 in einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme. Soweit sie parallel hierzu pro Woche einen Tag lang die Berufsschule besucht, so dauert dieser Schulbesuch noch nicht vier Jahre. Zwar hat sie von September 2008 bis Juli 2015 eine Förderschule besucht. Dieser abgeschlossene Zeitraum in der Vergangenheit genügt aufgrund des klaren Wortlauts in § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG („seit“ und „besucht“) nicht (vgl. Zühlcke, HTK-AuslR / § 25a AufenthG / zu Abs. 1, Stand: 31.03.2016, Rn. 47). Einen anerkannten Schulabschluss (z.B. Hauptschulabschluss, mittlere Reife, Abitur) hat die Klägerin zu 3 bislang nicht erworben, ebenso wenig einen Berufsabschluss. Der Kläger zu 4 besucht seit September 2009 eine Förderschule. An dieser Schule wird jedoch kein förmlicher Abschluss wie beispielsweise ein Hauptschulabschluss erreicht. Der Kläger zu 5 besucht seit September 2014 eine Werkrealschule. Dieser Schulbesuch dauert noch keine vier Jahre.
22 
Die Kläger zu 6 und zu 7 erfüllen den Tatbestand des § 25a Abs. 1 AufenthG aufgrund ihres Alters nicht. Bei ihnen handelt es sich nicht um jugendliche Ausländer im Sinne des § 25a AufenthG, da sie zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (vgl. OVG Saarlouis, Beschl. v. 06.10.2015 - 2 B 166/15 - juris -; Zühlcke, HTK-AuslR / § 25a AufenthG / zu Abs. 1, Stand: 31.03.2016, Rn. 23).
23 
Die Kläger zu 1 und zu 2 erfüllen nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25a Abs. 2 Satz 1 AufenthG. Nach dieser Bestimmung kann den Eltern oder einem personensorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen Ausländers, der eine Aufenthaltserlaubnis nach Abs. 1 besitzt, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Abschiebung nicht aufgrund falscher Angaben oder aufgrund von Täuschungen über die Identität oder Staatsangehörigkeit oder mangels Erfüllung zumutbarer Anforderungen an die Beseitigung von Ausreisehindernissen verhindert oder verzögert wird (Nr. 1) und der Lebensunterhalt eigenständig durch Erwerbstätigkeit gesichert ist (Nr. 2). Nach den obigen Ausführungen erfüllen die Kinder der Kläger zu 1 und zu 2 nicht die Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 AufenthG. Damit scheidet die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 25a Abs. 2 AufenthG an die Kläger zu 1 und zu 2 gleichfalls aus.
24 
Unabhängig davon und selbstständig tragend scheidet die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 25a Abs. 1 AufenthG an die Kläger zu 3 - 5 wegen der Titelerteilungssperre des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG aus, so dass auch ein entsprechender Bescheidungsanspruch nicht besteht. Nach dieser Bestimmung darf vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden, sofern ein Asylantrag nach § 30 Abs. 3 Nr. 1 bis 6 AsylG abgelehnt wurde. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, die missbräuchliche Durchführung eines Asylverfahrens aufenthaltsrechtlich zu sanktionieren (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2008 - 1 C 37/07 - BVerwGE 132, 382).
25 
Die Asylanträge der Kläger zu 3 - 5 wurden mit bestandskräftigen Bescheiden des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 18.03.2010/01.06.2010/03.08.2010 in Anwendung von § 30 Abs. 3 Nr. 4 AsylVfG als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Eine inhaltliche Überprüfung der Entscheidungen des Bundesamtes durch die Ausländerbehörde bzw. das Gericht im ausländerrechtlichen Verfahren erfolgt nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2008 - 1 C 37/07 - a.a.O.).
26 
Zwar kann eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG abweichend von § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG erteilt werden (§ 25a Abs. 4 AufenthG). Dieses der Ausländerbehörde eingeräumte Ermessen ist vorliegend jedoch negativ auf Null reduziert.
27 
Die Kläger zu 3 - 5 haben - dies hat das Bundesamt in den Bescheiden vom 18.03.2010/01.06.2010/03.08.2010 zutreffend ausgeführt - ihre Asylanträge spät und sukzessive gestellt, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung der gesamten Familie zu verhindern. Die von den Klägern zu 3 - 5 durchgeführten Asylverfahren stellen sich somit insgesamt als grob rechtsmissbräuchlich dar. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 25a Abs. 1 AufenthG abweichend von § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG würde die missbräuchliche Inanspruchnahme des Asylverfahrens durch die Kläger zu 3 - 5 belohnen. Dies ist rechtsstaatlich nicht vertretbar und führt zu dem Schluss, dass das der Beklagten nach § 25a Abs. 4 AufenthG eingeräumte Ermessen zu Lasten der Kläger zu 3 - 5 auf Null reduziert ist.
28 
2. Die Kläger erfüllen auch nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25b Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG. Nach dieser Bestimmung soll einem geduldeten Ausländer abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert hat (§ 25b Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Dies setzt nach § 25b Abs. 1 Satz 2 AufenthG regelmäßig voraus, dass der Ausländer sich seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem minderjährigen ledigen Kind in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten hat (Nr. 1), sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennt und über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt (Nr. 2), seinen Lebensunterhalt überwiegend durch Erwerbstätigkeit sichert oder bei der Betrachtung der bisherigen Schul-, Ausbildungs-, Einkommens- sowie der familiären Lebenssituation zu erwarten ist, dass er seinen Lebensunterhalt im Sinne von § 2 Abs. 3 sichern wird, wobei der Bezug von Wohngeld unschädlich ist (Nr. 3), über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt (Nr. 4) und bei Kindern im schulpflichtigen Alter deren tatsächlichen Schulbesuch nachweist (Nr. 5). Bei Vorliegen der Maßgaben der Nr. 1 bis 5 ist regelmäßig von einer nachhaltigen Integration auszugehen; diese kann nur im Ausnahmefall verneint werden (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 21.07.2015 - 18 B 486/14 - juris -).
29 
Die Kläger erfüllen jedenfalls nicht die Voraussetzungen des § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AufenthG. Die Erteilungsvoraussetzung der Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse müssen auch Ausländer erfüllen, die nicht handlungsfähig nach Maßgabe des § 80 Abs. 1 AufenthG sind; denn eine dem § 10 Abs. 1 Satz 2 StAG entsprechende Regelung fehlt in § 25 AufenthG.
30 
Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung werden nachgewiesen durch den erfolgreichen Besuch eines Integrationskurses (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 07.12.2015 - 11 S 1998/15 - InfAuslR 2016, 94). Der Nachweis der Kenntnisse ist auch erbracht, wenn der Ausländer einen Abschluss einer deutschen Hauptschule oder eines vergleichbaren oder höheren Schulabschluss einer deutschen allgemeinbildenden Schule, eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung oder ein Studium nachweisen kann (vgl. Allgemeine Anwendungshinweise - AAH - des Bundesministeriums des Innern zu § 25b AufenthG, S. 6). Ausländer, die am Integrationskurs nicht oder nicht erfolgreich teilgenommen haben, können die Abschlusstests des Integrationskurses auf freiwilliger Basis ablegen, um den Nachweis der Grundkenntnisse zu erbringen (vgl. AAH des Bundesministeriums des Innern zu § 25b AufenthG, S. 6). Es besteht ferner die Möglichkeit, dass die Ausländer auch isoliert nur am Orientierungskurs des Integrationskurses oder sogar nur am Test „Leben in Deutschland“ teilnehmen können, um so den Nachweis über die Grundkenntnisse zu erbringen; in diesem Fall erhält der Teilnehmer kein Abschlusszertifikat, sondern lediglich eine Mitteilung über das erreichte Ergebnis im Test „Leben in Deutschland“ (vgl. AAH des Bundesministeriums des Innern zu § 25b AufenthG, S. 6). Die freiwillige Anmeldung zum Test auf eigene Kosten ist für den geduldeten Ausländer grundsätzlich zumutbar; denn mit der Aufenthaltsgewährung nach § 25b AufenthG sollen gerade außerordentliche Integrationsleistungen honoriert werden, die der Geduldete aus eigener Kraft und trotz des ungeklärten Aufenthaltsstatus erbracht hat (vgl. AAH des Bundesministeriums des Innern zu § 25b AufenthG, S. 6).
31 
Die Kläger haben die Nachweise über die Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet nicht erbracht. Unabhängig hiervon verfügen sie aber auch nicht über die von § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AufenthG geforderten Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet. Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung der Klägerin zu 3 fünf Fragen zu der Rechts- und Gesellschaftsordnung im Bundesgebiet gestellt, die sie nicht beantworten konnte. Daraufhin hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger interveniert und geltend gemacht, die Kläger verfügten aufgrund ihrer mangelnden Bildung nicht über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet. Das Gericht hat daraufhin die Befragung der Kläger abgebrochen. Die Kläger räumen somit selbst ein, dass in ihrer Person die Voraussetzungen des § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AufenthG nicht erfüllt sind.
32 
Allerdings können besondere Integrationsleistungen von vergleichbarem Gewicht ebenfalls zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG führen, selbst wenn die Voraussetzungen des § 25b Abs. 1 Satz 2 AufenthG im Einzelfall nicht vollständig erfüllt sind (vgl. BT-Drucks. 18/4097 S. 42; AAH des Bundesministeriums des Innern zu § 25b AufenthG, S. 3). Dies ist bei einem herausgehobenen sozialen Engagement der Fall, wie es u.a. in Vereinen, sozialen Einrichtungen, Kirchen o.ä. üblicherweise praktiziert wird; das herausgehobene Engagement muss aber über die bloße Vereinsmitgliedschaft hinausgehen (vgl. AAH des Bundesministeriums des Innern zu § 25b AufenthG, S. 3). Anhaltspunkte für ein derartiges herausgehobenes soziales Engagement bei den Klägern sind jedoch weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
33 
Das Gericht kann deshalb dahingestellt lassen, ob die Vorschrift des § 25b Abs. 1 AufenthG nach ihrer Zweckrichtung nur volljährige Ausländer erfasst (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 17.08.2016 - 18 B 696/16 - juris -).
34 
3. Die Kläger haben auch keinen Bescheidungsanspruch im Hinblick auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG.
35 
§ 25a AufenthG ist nicht als speziellere und abschließende gesetzliche Regelung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen anzusehen; auch im Anwendungsbereich des § 25a AufenthG verbleibt noch Raum für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 25 Abs. 5 AufenthG (vgl. OVG Magdeburg, Beschl. v. 16.09.2014 - 2 O 81/14 - juris -; a.A. OVG Lüneburg, Beschl. v. 31.10.2012 - 11 ME 275/12 - InfAuslR 2013, 104 und Beschl. v. 12.03.2013 - 8 LA 13/13 - juris -). Bei den Klägern zu 3 - 6 folgt indes aus der Titelerteilungssperre des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG, dass bei ihnen die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG von vornherein ausscheidet.
36 
Die Kläger zu 1 und zu 2 sowie der Kläger zu 7 erfüllen nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG. Nach dieser Bestimmung kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Gemäß § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG soll die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Die Vorschrift des Satzes 2 stellt dabei keine eigenständige Anspruchsgrundlage dar, die einem Ausländer bei Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzung - Aussetzung der Abschiebung für den genannten Zeitraum - einen „Soll“-Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vermitteln würde. Vielmehr ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang des § 25 Abs. 5 AufenthG, dass die Erteilung des entsprechenden Aufenthaltstitels stets auch an die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG gebunden ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14/05 - BVerwGE 126, 192).
37 
Zwar sind die Kläger zu 1 und zu 2 sowie der Kläger zu 7 nach § 50 Abs. 1, § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig. Es fehlt jedoch an der von § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG geforderten Unmöglichkeit der Ausreise. Die Ausreise der Kläger zu 1 und zu 2 sowie des Klägers zu 7 ist weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen unmöglich.
38 
Der Begriff der Ausreise umfasst die (zwangsweise) Abschiebung und die freiwillige Ausreise (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14/05 - BVerwGE 126, 192). Die Ausreise ist unmöglich, wenn sie aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht erfolgen kann. Da die Ausreise eine unvertretbare Handlung darstellt, ist die Unmöglichkeit im Hinblick auf den jeweils betroffenen Ausländer zu prüfen (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 22.07.2009 - 11 S 1622/07 - juris -).
39 
Ein tatsächliches Ausreisehindernis liegt vor, wenn der Zielstaat wegen des Fehlens entsprechender Rückreisepapiere nicht aufnahmebereit ist (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - NVwZ-RR 2009, 578). Hiervon kann vorliegend nicht ausgegangen werden, da sämtliche Kläger im Besitz von Reisepässen sind.
40 
Die freiwillige Ausreise ist den Klägern zu 1 und zu 2 sowie dem Kläger zu 7 auch nicht rechtlich unmöglich. Eine freiwillige Ausreise ist im Sinne von § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG aus rechtlichen Gründen unmöglich, wenn ihr rechtliche Hindernisse entgegenstehen, welche die Ausreise ausschließen oder als unzumutbar erscheinen lassen. Derartige Hindernisse können sich sowohl aus inlandsbezogenen Vollstreckungshindernissen ergeben, zu denen u. a. auch diejenigen Verbote zählen, die aus Verfassungsrecht (etwa mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG) oder aus Völkervertragsrecht (etwa aus Art. 8 EMRK) in Bezug auf das Inland herzuleiten sind, als auch aus zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14/05 - BVerwGE 126, 192). Allgemeine Widrigkeiten oder Überlegungen humanitärer Art, die aber keine Abschiebungsverbote zur Folge haben, können keine Berücksichtigung finden (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.06.2006 - 1 C 14/05 - a.a.O.).
41 
Die Kläger zu 1 und zu 2 sowie der Kläger zu 7 können sich nicht mit Erfolg auf ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis aus Art. 8 EMRK berufen.
42 
Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens. Die Gewährleistungen des Familienlebens sind vorliegend von vornherein nicht berührt, da die Kläger zu 1 und zu 2 und ihre Kinder (Kläger zu 3 - 7) vollziehbar ausreisepflichtig sind. Der Schutz der Familie verlangt prinzipiell nicht den Verbleib in einem bestimmten Staat (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 10.05.2006 - 11 S 2354/05 - VBlBW 2006, 438; VGH Kassel, Urt. v. 06.07.2012 - 7 A 473/11 - juris -).
43 
Der Schutz der Achtung des Privatlebens begründet vorliegend ebenso wenig eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise der Kläger zu 1 und zu 2 sowie des Klägers zu 7. Dabei kann das Gericht offenlassen, ob der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK unter dem Blickwinkel des Privatlebens nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts eröffnet ist (so BVerwG, Urt. v. 26.10.2010 - 1 C 18/09 - NVwZ-RR 2011, 210 und Urt. v. 30.04.2009 - 1 C 3/08 - NVwZ 2009, 1239; OVG Lüneburg, Beschl. v. 12.08.2010 - 8 PA 182/10 - InfAuslR 2010, 429; Beschl. v. 28.03.2014 - 8 LA 192/13 - juris - und Beschl. v. 14.07.2014 - 8 ME 72/14 - InfAuslR 2014, 335; OVG Koblenz, Urt. v. 15.03.2012 - 7 A 11417/11 - juris - ; VGH München, Beschl. v. 11.08.2011 - 19 CE 11.1347 - juris -) oder ob die Legalität bzw. Illegalität des Aufenthalts (lediglich) ein Gesichtspunkt ist, dem im Rahmen der Prüfung der Schranken des Art. 8 Abs. 2 EMRK Rechnung zu tragen ist (so VGH Mannheim, Urt. v. 13.12.2010 - 11 S 2359/10 - DVBl. 2011, 370; Urt. v. 22.07.2009 - 11 S 1622/07 - juris -; Beschl. v. 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - VBlBW 2009, 357; Beschl. v. 03.11.2008 - 11 S 2235/08 - VBlBW 2009, 195; Beschl. v. 16.07.2008 - 11 S 1534/08 - AuAS 2008, 242 und Beschl. v. 25.10.2007 - 11 S 2091/07 - VBlBW 2008, 114; OVG Hamburg, Beschl. v. 03.03.2009 - 2 Bs 22/09 - Asylmagazin 7-8/09, 44 und Beschl. v. 05.05.2014 - 4 BS 98/14 - InfAuslR 2014, 270; OVG Bremen, Urt. v. 05.07.2011 - 1 A 184/10 - InfAuslR 2011, 379; Urt. v. 28.06.2011 - 1 A 141/11 - Nord-ÖR 2011, 440 und Beschl. v. 22.11.2010 - 1 B 154/10 - Asylmagazin 2011, 90).
44 
Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK darf eine Behörde in die Ausübung des Rechts aus Art. 8 Abs. 1 EMRK nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutze der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Im Rahmen der Schrankenprüfung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist das Interesse an der Aufrechterhaltung der von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten persönlichen Bindungen mit den öffentlichen Interessen an einer Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) und einer Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwägen (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.10.2009 - 1 C 26/08 - BVerwGE 135, 137 und Beschl. v. 10.02.2011 - 1 B 22/10 - juris -; VGH Mannheim, Urt. v. 07.12.2011 - 11 S 897/11 - DVBl 2012, 194). Dabei sind neben allen ehelichen und familiären Umständen auch andere gewichtige persönliche Belange (unter dem Aspekt des durch Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK geschützten Privatlebens) zu berücksichtigen. Erforderlich ist eine Verhältnismäßigkeitsprüfung unter Beachtung der vom EGMR entwickelten Kriterien, die im Wesentlichen in den Entscheidungen Boultif und Üner zusammengefasst worden sind (vgl. EGMR, Urt. v. 02.08.2001 - 54273/00 - Boultif - InfAuslR 2001, 476 und Urt. v. 05.07.2005 - 46410/99 - Üner - InfAuslR 2005, 450). Eine Verletzung des in Art. 8 Abs. 2 EMRK normierten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kommt vor allem bei Ausländern in Betracht, die auf Grund ihrer gesamten Entwicklung faktisch zu Inländern geworden sind und denen wegen der Besonderheiten des Falles ein Leben im Staat ihrer Staatsangehörigkeit, zu dem sie keinen Bezug haben, nicht zuzumuten ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.09.1998 - 1 C 8/96 - InfAuslR 1999, 54 und Urt. v. 27.01.2009 - 1 C 40/07 - BVerwGE 133, 73). Ob eine solche Fallgestaltung vorliegt, hängt zum einen von der Integration des Ausländers in Deutschland („Verwurzelung“) und zum anderen von seiner Möglichkeit der Reintegration in seinem Heimatland („Entwurzelung“) ab.
45 
Maßgebend sind bei der Frage der Integration des Ausländers in Deutschland vor allem die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet sowie dessen rechtlicher Status, der Stand der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Integration (Sprachkenntnisse, Schule/Beruf, Freizeitgestaltung/Freundeskreis), sowie das Fehlen von Straftaten. Was die berufliche Verwurzelung in Deutschland betrifft, ist zu prüfen, ob der Ausländer berufstätig und dadurch in der Lage ist, den Lebensunterhalt für sich und seine Familie dauerhaft zu sichern, und ob er über längere Zeit öffentliche Sozialleistungen bezogen hat. Ferner ist von Bedeutung, ob der Betreffende eine Berufsausbildung absolviert hat und ihn diese Ausbildung gegebenenfalls für eine Berufstätigkeit qualifiziert, die nur oder bevorzugt in Deutschland ausgeübt werden kann. Bei der sozialen Integration ist das Ausmaß sozialer Bindungen bzw. Kontakte des Ausländers außerhalb der Kernfamilie von Belang. Schließlich können im Rahmen der Schrankenprüfung sonstige Faktoren Berücksichtigung finden, etwa ob und gegebenenfalls wie lange der Aufenthalt des Betroffenen legal war und damit - im Sinne einer Handreichung des Staates - schutzwürdiges Vertrauen auf ein „Hierbleibendürfen“ entwickelt werden konnte (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 13.12.2010 - 11 S 2359/10 - DVBl. 2011, 370).
46 
Allein der Umstand, dass ein im Bundesgebiet geborener und aufgewachsener Ausländer weder über einen Schulabschluss noch über eine Berufsausbildung verfügt und seinen Lebensunterhalt bislang nahezu ausschließlich aus öffentlichen Sozialleistungen bestritten hat, reicht für sich allein aber nicht aus, um eine Verwurzelung zu verneinen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.01.2010 - 1 B 25/09 - NVwZ 2010, 707). Hat sich der Ausländer aber über viele Jahre lediglich geduldet im Bundesgebiet aufgehalten, spricht dies gegen eine Verwurzelung, wenn er die bisherige Unmöglichkeit der Aufenthaltsbeendigung selbst zu vertreten hat (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 16.07.2008 - 11 S 1534/08 - AuAS 2008, 242; OVG Lüneburg, Beschl. v. 19.05.2010 - 8 PA 86/10 - juris - und Beschl. v. 11.05.2006 - 12 ME 138/06 - InfAuslR 2006, 329).
47 
Bei der Frage der Reintegration in das Heimatland (Grad der Entwurzelung) ist insbesondere maßgebend, inwieweit Kenntnisse der dort gesprochenen und geschriebenen Sprache bestehen bzw. erworben werden können, inwieweit der Ausländer mit den dortigen Verhältnissen vertraut ist, und inwieweit er dort bei der Wiedereingliederung auf Hilfestellung durch Verwandte und sonstige Dritte rechnen kann, soweit diese erforderlich sein sollte (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 13.10.2010 - 11 S 2359/10 - InfAuslR 2011, 250 und Urt. v. 18.01.2006 - 13 S 2220/05 - VBlBW 2006, 200; OVG Koblenz, Beschl. v 24.02.2006 - 7 B 10020/06 - InfAuslR 2006, 274 und Urt. v. 15.03.2012 - 7 A 11268/11 - juris -; VGH Kassel, Urt. v. 07.07.2006 - 7 UE 509/06 - ZAR 2006, 413; OVG Hamburg, Beschl. v. 05.05.2014 - 4 Bs 98/14 - NVwZ 2014, 1249; OVG Magdeburg, Beschl. v. 16.09.2014 - 2 O 81/14 - juris -). Das Maß der Vertrautheit hängt davon ab, in welchem Alter das Heimatland verlassen wurde; hat der Ausländer das Heimatland erst im Erwachsenenalter verlassen, spricht dies gegen eine Entwurzelung von den dortigen Lebensverhältnissen. Wird die Heimatsprache noch in Grundzügen beherrscht, ist zu erwarten, dass die Kenntnisse bei einer Rückkehr ins Heimatland ausgebaut werden können.
48 
Das Ausmaß der Verwurzelung bzw. die für den Ausländer mit einer Entwurzelung verbundenen Folgen sind zu ermitteln, zu gewichten und mit den Gründen, die für eine Aufenthaltsbeendigung sprechen, abzuwägen. Je stärker der Betroffene im Aufenthaltsstaat integriert ist, desto schwerer müssen die öffentlichen Interessen wiegen. Alle Belange sind einzelfallbezogen festzustellen und zu gewichten sowie im Rahmen einer Gesamtbewertung abzuwägen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.01.2009 - 1 C 40/07 - BVerwGE 133, 72 und Beschl. v. 14.12.2010 - 1 B 30/10 - juris -). Keiner der in diese Abwägung einzustellenden privaten und öffentlichen Belange genießt von vornherein einen Vorrang (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 02.06.2009 - 11 S 933/09 - InfAuslR 2009, 386). Verfügt der Ausländer über kein Aufenthaltsrecht mehr, kann seinen Bindungen aber nicht mehr dasselbe Gewicht beigemessen werden wie zu Zeiten, in denen er sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 06.11.2012 - 11 S 2307/11 - juris -).
49 
Nach diesen Grundsätzen besteht im Falle der Kläger zu 1 und zu 2 keine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise aus Art. 8 EMRK. Die Kläger zu 1 und zu 2 sind im Kosovo geboren. Dort haben sie im Wesentlichen ihre Sozialisation erfahren. Sie sprechen die deutsche Sprache auf niedrigem Niveau und sind strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Gleichwohl sind die Kläger zu 1 und zu 2 im Bundesgebiet nicht hinreichend verwurzelt, da sie während ihres gesamten Aufenthalts im Bundesgebiet von Sozialleistungen gelebt haben und auch gegenwärtig Sozialleistungen beziehen. Weitere besondere Integrationsleistungen sind nicht ersichtlich. Die Kläger zu 1 und zu 2 haben eine Berufsausbildung als unerlässliche Grundlage einer erfolgreichen wirtschaftlichen Integration nicht absolviert und sind im Bundesgebiet derzeit nur im Niedriglohnsektor beschäftigt. Ihr Einkommen reicht für den Lebensunterhalt der gesamten Familie nicht aus. Die Kläger zu 1 und zu 2 sind keine in Deutschland aufgewachsenen Ausländer der zweiten Generation. Der Aufenthalt der Kläger zu 1 und zu 2 im Bundesgebiet war durchgehend nur geduldet. Sie konnten daher kein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand ihres Aufenthalts im Bundesgebiet entwickeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.04.2009 - 1 C 3/08 - NVwZ 2009, 1239; VGH Kassel, Beschl. v. 15.02.2006 - 7 TG 106/06 - NVwZ-RR 2006, 826 und Urt. v. 06.07.2012 - 7 A 473/11 - juris -). Gegen eine Verwurzelung spricht weiter, dass die Kläger zu 1 und zu 2 aufgrund der rechtsmissbräuchlichen Asylantragstellung für die Kläger zu 3 - 6 die Unmöglichkeit der Aufenthaltsbeendigung zu vertreten haben. Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger zu 1 und zu 2 soziale Kontakte außerhalb ihres familiären Umfeldes pflegen, die sie durch eine Ausreise aufgeben müssten, bestehen nicht. Das Gericht kann deshalb dahingestellt sein lassen, ob allein schon das Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 25a AufenthG ein regelmäßiges Indiz dafür ist, dass eine hinreichende Verwurzelung nicht vorliegt (vgl. Zühlcke, HTK-AuslR / § 25a AufenthG / zu Abs. 2, Stand: 31.03.2016, Rn. 14).
50 
Die Kläger zu 1 und zu 2 verfügen noch über hinreichende Sprachkenntnisse, die ihnen eine Eingewöhnung im Kosovo ermöglichen. Sie sind erst im Alter von 24 bzw. 19 Jahren in das Bundesgebiet eingereist und haben vor der Einreise zuletzt im Kosovo gelebt. Aufgrund dieser Umstände ist davon auszugehen, dass die Kläger zu 1 und zu 2 mit den Verhältnissen im Kosovo hinreichend vertraut sind, um sich in diese nach einer Rückkehr wieder einzugewöhnen. Im Übrigen sind die Kläger zu 1 und zu 2 noch in einem Alter, in dem das Einfügen in neue und unbekannte soziale Strukturen und der damit verbundene Aufbau eines neuen Privatlebens regelmäßig zumutbar und möglich sind. Dass die Eingewöhnung in die Lebensverhältnisse im Kosovo voraussichtlich schwierig sein wird, kann unterstellt werden. Anhaltspunkte dafür, dass diese unmöglich oder unzumutbar ist, bestehen indes nicht. Die Kläger zu 1 und zu 2 können die im Kosovo in jeder Gemeinde eingerichteten „Büros für Gemeinschaften und Rückkehrer (MOCR)“ in Anspruch nehmen (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo vom 9. Dezember 2015). Diese sind zuständig für die Entgegennahme von Anträgen für Leistungen aus dem Reintegrationsprogramm sowie für Beratungsleistungen. Sie sollen innerhalb von max. 7 Tagen über die Bewilligung von Leistungen entscheiden, die im Rahmen einer Soforthilfe gewährt werden müssen, insbesondere Unterkunft und Verpflegung. Darüber hinaus können die Kläger zu 1 und zu 2 auf die Leistungen aus dem Rückkehrer-Projekt „URA II“ zurückgreifen. Dieses Projekt bietet in seiner Einrichtung in der Innenstadt von Pristina Integrations-, Betreuungs- und Unterstützungsmaßnahmen für Rückkehrer aus Deutschland an. Es hilft u.a. bei der Wohnungssuche, zahlt für einen Übergangszeitraum die Miete, stellt Geld für Lebensmittel zur Verfügung, ist bei der Arbeitsplatz- und Ausbildungssuche behilflich und begleitet Zurückgekehrte bei Behördengängen (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo vom 9. Dezember 2015).
51 
Bei der gebotenen Gesamtbewertung überwiegt das Interesse der Bundesrepublik Deutschland an einer geordneten Einwanderung, das eine Beendigung des Aufenthalts von Ausländern, die ohne Aufenthaltstitel ins Bundesgebiet eingereist sind, einschließt, das Interesse der Kläger zu 1 und zu 2, die eine Aufenthaltsbeendigung durch erkennbar aussichtslose Asylanträge ihrer Kinder verhindert haben. Die fehlende Rechtmäßigkeit des langjährigen Aufenthalts der Kläger zu 1 und zu 2 und der seit der Einreise in das Bundesgebiet ununterbrochene Sozialleistungsbezug fallen höher ins Gewicht als die für eine Verwurzelung der Kläger zu 1 und zu 2 sprechenden Umstände. Von wesentlicher Bedeutung ist zudem, dass bei den Klägern zu 1 und zu 2 aufgrund ihres im Bundesgebiet nur geduldeten Aufenthaltes ein schutzwürdiges Vertrauen auf den weiteren Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland fehlt.
52 
Auch im Falle des am 29.07.2011 im Bundesgebiet geborenen Klägers zu 7 besteht keine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise gemäß Art. 8 EMRK. Insoweit hat im Rahmen des Art. 8 EMRK eine familienbezogene Betrachtung zu erfolgen (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 16.09.2010 - 2 M 107/10 - juris -; VGH München, Beschl. v. 13.07.2010 - 19 ZB 10.1129 - juris -; OVG Saarlouis, Beschl. v. 20.04.2011 - 2 B 208/11 - NVwZ-RR 2011, 660; VGH Mannheim, Urt. v. 22.07.2009 - 11 S 1622/07 - juris - und Urt. v. 26.07.2006 - 11 S 951/06 - VBlBW 2006, 442; OVG Lüneburg, Beschl. v. 12.03.2013 - 8 LA 13/13 - juris - und Urt. v. 29.01.2009 - 11 LB 136/07 - juris -). Minderjährige Kinder teilen grundsätzlich aufenthaltsrechtlich das Schicksal ihrer Eltern. Es ist folglich im Rahmen einer familiären Gesamtschau auch bedeutsam, inwieweit sich die Eltern kulturell, sozial und wirtschaftlich in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert haben. Steht den Eltern wegen deren mangelnder Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland über Art. 8 EMRK kein Aufenthaltsrecht zu, so ist davon auszugehen, dass auch ein Minderjähriger, der im Bundesgebiet geboren wurde oder dort lange Zeit gelebt hatte und vollständig integriert ist, auf die von den Eltern nach der Rückkehr im Familienverband zu leistenden Integrationshilfen im Heimatland verwiesen werden kann (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 22.07.2009 - 11 S 1622/07 - juris -). So liegt der Fall hier. Den Eltern des Klägers zu 7 steht über Art. 8 EMRK kein Aufenthaltsrecht zu. Er ist deshalb auf die von seinen Eltern nach der Rückkehr im Familienverband zu leistenden Integrationshilfen zu verweisen.
53 
Die Kläger zu 1 und zu 2 sowie der Kläger zu 7 können sich auch nicht mit Erfolg auf ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis aus Art. 6 GG berufen.
54 
Nach Art. 6 Abs. 1 GG schutzwürdige Belange können einer (zwangsweisen) Beendigung des Aufenthalts des Ausländers dann entgegenstehen, wenn es dem Ausländer nicht zuzumuten ist, seine familiären Bindungen durch eine Ausreise zu unterbrechen (vgl. BVerwG, Urt. v. 04.06.1997 - 1 C 9/95 - BVerwGE 105, 35). Der Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG umfasst die Freiheit der Eheschließung und Familiengründung sowie das Recht auf ein eheliches und familiäres Zusammenleben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.05.1987 - 2 BvR 1226/83 - BVerfGE 76, 1). Eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 GG scheidet aber aus, wenn eine Führung der familiären Lebensgemeinschaft auch in einem anderen Land zumutbar möglich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.08.2008 - 1 C 32/07 - BVerwGE 131, 370 und Urt. v. 30.04.2009 - 1 C 3/08 - NVwZ 2009, 1239). Dabei ist davon auszugehen, dass es den im Bundesgebiet lebenden ausländischen Ehepartnern grundsätzlich zumutbar ist, die familiäre Einheit im Ausland herzustellen. Allein der Umstand, dass sie von der ihnen eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, sich hier eine wirtschaftliche und soziale Existenz aufzubauen, und mit zunehmender Aufenthaltsdauer und wachsender Einbindung in die hiesigen Lebensverhältnisse regelmäßig einer entsprechenden Entfremdung von den Lebensverhältnissen ihres Heimatlandes ausgesetzt sind, führt nicht dazu, dass ihnen ein Verlassen des Bundesgebiets generell nicht zuzumuten ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.03.2010 - 1 C 8/09 - BVerwGE 136, 231).
55 
Nach diesen Grundsätzen steht auch Art. 6 GG einer freiwilligen Ausreise der Kläger zu 1 und zu 2 sowie dem Kläger zu 7 nicht entgegen. Denn die eheliche/familiäre Lebensgemeinschaft kann im Kosovo zumutbar fortgeführt werden.
56 
Eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise besteht auch nicht im Hinblick auf zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote. Dass im Falle der Kläger zu 1 und zu 2 sowie des Klägers zu 7 zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen, ist weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
57 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO.

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4. Juni 2009 - 4 K 4239/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger begehren die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen.
Die im Bundesgebiet geduldeten Kläger sind serbische, möglicherweise auch kosovarische Staatsangehörige und gehören der Volksgruppe der Roma an. Der am 3.5.1978 geborene Kläger zu 1 und die am 5.10.1979 geborene Klägerin zu 2 sind miteinander verheiratet. Die in den Jahren 2002, 2003 und 2005 im Bundesgebiet geborenen Kläger zu 3 - 5 sind deren gemeinsame Kinder. Die Kläger zu 1 und 2 reisten im Jahre 1999 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Alle Kläger mit Ausnahme der Klägerin zu 2 haben mittlerweile Asylverfahren erfolglos betrieben.
Die Kläger sind in einer Obdachlosenunterkunft der Beklagten untergebracht. Laut Einweisungsverfügung der Beklagten vom 27.12.2006 (Verlängerung) handelt es sich um drei Zimmer, für die die Kläger eine monatliche Benutzungsgebühr in Höhe von 471,24 EUR zu zahlen haben. Der Verfügung zufolge werden die Gemeinschaftsflächen (Küche, Bad/WC, Flur) von allen Bewohnern gemeinsam genutzt. Auf dem Abdruck der Verfügung in den Akten der Beklagten befindet sich ein Aktenvermerk vom 9.2.2007, wonach es sich um eine abgeschlossene Wohnung handle.
Auf einem Meldeblatt in den Akten der Beklagten (AS. 138) ist festgehalten: „Wegzug nach unbekannt am 13.6.2005“ . Auf einem weiteren Meldebogen (VAS 140) ist für den 1.7.2005 „Wiederzuzug aus dem Ausland“ vermerkt.
In dem Bericht der Bundespolizeiinspektion Saarbrücken zur Rücküberstellung der Kläger vom 11.7.2005 wird ausgeführt, diese und andere Mitglieder ihrer Großfamilie seien am 8.7.2005 gegen 6.30 Uhr von der französischen Polizei am Bahnhof von Verdun angetroffen, überprüft und aufgrund ihrer fehlenden Pässe und Visa wegen unerlaubter Einreise in die Republik Frankreich festgenommen worden. Sie hätten gegenüber der französischen Polizei angegeben, mit dem Zug in Richtung Lyon unterwegs gewesen zu sein, in Verdun seien ihre Barmittel erschöpft gewesen. Nach ihren eigenen Angaben seien sie am 6.7.2005 von Stuttgart aus in Richtung Frankreich abgereist. Nach ihrer Ankunft in Verdun hätten sie in den dortigen Straßen übernachtet. Fahrkarten hätten sie nicht bei sich gehabt. Nach erfolgter Rücküberstellung aus Frankreich am 8.7.2005 sei bei der Überprüfung festgestellt worden, dass die Kläger außer ihren Duldungen u.a. noch ein Schreiben des Regierungspräsidiums Stuttgart, Bezirksstelle für Asyl, vom 14.6.2005 bei sich geführt hätten. Darin seien sie aufgefordert worden, sich zur Vorbereitung der freiwilligen Rückkehr mit der Behörde in Verbindung zu setzen. Auch nach ihrer Rückkehr aus Frankreich erhielten die Kläger Duldungen.
Unter dem 28.11.2006 beantragten die Kläger die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. In dem Antragsformular ist als Aufenthaltszweck „Erwerbstätigkeit“ angekreuzt. In einem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 30.10.2006 berief sich dieser indes allein auf humanitäre Gründe (§ 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK). Mit Schreiben vom 22.11.2006 führte er ergänzend aus, er meine, dass die Kläger unter die Voraussetzungen der Altfallregelung vom 17.11.2006 fielen. Kurz darauf gaben diese die in ihrem Besitz befindlichen serbischen Reisepässe bei der Beklagten ab.
Mit Bescheid vom 6.5.2008 lehnte die Beklagte den Antrag der Kläger ab; den Klägern zu 4 und 5 drohte sie zudem die Abschiebung in die Bundesrepublik Serbien oder den Kosovo an, falls sie die Bundesrepublik Deutschland nicht spätestens einen Monat nach Bestandskraft dieser Verfügung verließen. Punkt 1 der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG vom 20.11.2006 sei nicht erfüllt. Die Kläger hätten Ende Mai/Anfang Juni die Obdachlosenunterkunft verlassen und seien untergetaucht. Am 6.7.2005 seien sie nach Frankreich gereist. Sie hätten dort mit ihren Onkeln, Tanten, Brüdern und Cousins leben und ihren Lebensmittelpunkt dorthin verlegen wollen. Sie seien jedoch von der französischen Polizei festgenommen und am 8.7.2005 nach Deutschland zurück überstellt worden. Sie hätten sich damit zwar noch kurzfristig, jedoch ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde außerhalb der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten. Zudem hätten sie vorsätzlich behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung hinausgezögert oder behindert. Sie hätten zwar zur Erlangung der Aufenthaltserlaubnis einen gültigen serbischen Reisepass vorgelegt. Sie hätten diesen jedoch bereits seit fast zehn Monaten besessen und ihn trotz mehrerer Aufforderungen zur Verhinderung einer möglichen Abschiebung nicht bei der Ausländerbehörde vorgelegt. Des Weiteren seien sie aus ihrer Obdachlosenunterkunft verschwunden, untergetaucht und illegal nach Frankreich gereist, um einer Abschiebung in ihre Heimat zu entgehen. Auch eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG könne den Klägern nicht erteilt werden. Sie verfügten nicht über ausreichenden Wohnraum, da sie in einer kommunalen Obdachlosenunterkunft wohnten. Zudem sei zu ihren Lasten zu werten, dass sie ihren Nationalpass der Ausländerbehörde nicht unverzüglich vorgelegt hätten. Die von ihnen ausgeführte Integration der Familie zu „faktischen Inländern“ könne nicht nachvollzogen werden. Die Kläger zu 1 und 2 befänden sich noch nicht einmal zehn Jahre im Bundesgebiet und hätten keinen deutschen Schulabschluss. Sie seien beide im Kosovo aufgewachsen, beherrschten die Sprache und könnten sich in die dortigen Lebensverhältnisse wieder einfügen. Die Kläger zu 3 - 5 besuchten noch nicht die Schule und könnten sich daher auch problemlos in die Gesellschaft ihres Heimatlandes einfügen. Zudem könne nicht von einer erfolgreichen Integration gesprochen werden, wenn die Familie sich der Abschiebung durch die Nichtaushändigung der gültigen Nationalpässe und Untertauchen entziehe.
Die fristgerecht erhobenen Widersprüche der Kläger wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 20.10.2008 zurück. Darin wird ausgeführt: Seit der Rückkehr in das Bundesgebiet im Juli 2005 sei der Kläger zu 1 als Teilzeitmitarbeiter bei der Firma M. D. beschäftigt. Im März 2007 habe er zusätzlich eine geringfügige befristete Beschäftigung in einer Autowaschanlage angenommen. Zumindest bis November 2006 hätten die Kläger zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts zusätzliche öffentliche Leistungen bezogen. Die erforderliche ununterbrochene Aufenthaltszeit von sechs Jahren sei nicht erfüllt, weil die Kläger im Juni 2005 untergetaucht seien und sich unerlaubt in Frankreich aufgehalten hätten, wo sie am 8.7.2005 festgenommen worden seien. Gemäß Nr. 1.1, Buchstabe i der Anwendungshinweise des Innenministeriums zur Anordnung vom 20.11.2006 führe die Weiterreise in einen anderen Dublin-Staat auch dann zu einer Unterbrechung des Inlandsaufenthalts, wenn eine Rücküberstellung erfolgt sei. Nach Nr. 2.3. der ergänzenden Hinweise des Innenministeriums zu den vorläufigen Anwendungshinweisen zum Aufenthaltsgesetz gelte das Gleiche für die gesetzliche Bleiberechtsregelung des § 104a AufenthG. Gemäß § 50 Abs. 4 AufenthG seien die Kläger mit ihrer unerlaubten Einreise und dem unerlaubten Aufenthalt in Frankreich ihrer Ausreisepflicht nicht nachgekommen. Nach Aktenlage sei auch kein rechtliches oder tatsächliches Ausreisehindernis im Sinne von § 25 Abs. 5 AufenthG ersichtlich. Die Kläger zu 1 und 2 lebten erst seit acht Jahren im Bundesgebiet und hätten die überwiegende Zeit ihres Lebens in ihrem Heimatland verbracht. Ihnen sei es deshalb möglich und zumutbar zusammen mit ihren minderjährigen Kindern in ihr Heimatland zurückzukehren. Die minderjährigen Kläger zu 3 - 5 teilten insoweit das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern. Die gegen die Kläger zu 4 und 5 ergangenen Abschiebungsandrohungen seien zwischenzeitlich obsolet geworden, nachdem sie das Bundesamt bestandskräftig zur Ausreise aufgefordert und ihnen anderenfalls die Abschiebung in das Kosovo angedroht habe.
Die Kläger haben am 12.11.2006 Klage vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Sie machen ergänzend geltend, der Kläger zu 1 arbeite bereits seit dem 23.3.2003 bei M. D.. Aufenthaltsrechtlich relevante Vorstrafen gebe es nicht.
10 
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 4.6.2009 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Ein Anspruch nach § 104a AufenthG bzw. § 23 AufenthG i.V.m. der Anordnung des Innenministeriums vom 20.11.2006 scheitere schon daran, dass sich die Kläger zum jeweiligen Stichtag nicht seit mindestens sechs Jahren im Bundesgebiet aufgehalten hätten, weil sie nach ihrem Untertauchen im Juni 2005 nach Frankreich ausgereist seien und hierbei ihren Duldungsstatus verloren hätten. Die vorherigen Aufenthaltszeiten könnten daher nicht auf die Mindestdauer des langjährigen Aufenthalts angerechnet werden. Auch nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 8 Abs. 1 EMRK ergebe sich kein Abschiebungshindernis. Im Rahmen der Eingriffsrechtfertigung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK sei eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen. Für die Kläger spreche der insgesamt lange Aufenthalt im Bundesgebiet, die bei allen Klägern vorhandenen deutschen Sprachkenntnisse, das Fehlen von Straftaten sowie das Bemühen um die Sicherung des Lebensunterhalts durch den Kläger zu 1, neuerdings auch durch die Klägerin zu 2. Dagegen spreche auf der anderen Seite der Umstand, dass die Sicherung des Lebensunterhalts bisher nicht gelungen sei. Die mündliche Verhandlung habe ergeben, dass der Kläger zu 1 aus seiner Teilzeitbeschäftigung bei M. D. ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von ca. 880,-- EUR erziele. Hinzu komme der Verdienst der Klägerin zu 2 aus ihrer neu aufgenommenen Tätigkeit in Höhe von 120,-- EUR im Monat sowie das Kindergeld von ca. 480,-- EUR monatlich. Zusammen seien dies 1.480,-- EUR, wovon die Miete von 472,-- EUR abzuziehen sei. Es verblieben ca. 1.008,-- EUR, während der Bedarf der Familie sich nach den Berechnungen des Sozialamts der Beklagten auf 1.276,05 EUR belaufe. Es klaffe daher eine Lücke von ca. 270,- EUR, die auch derzeit noch durch ergänzende Sozialhilfe abgedeckt werde. Damit sei die wirtschaftliche Integration der Kläger zurzeit nicht gegeben. Hinzu komme der Umstand, dass sie zwischenzeitlich nach Frankreich ausgereist seien und damit bei ihnen keine kontinuierliche Entwicklung hin zu einer zunehmenden Integration festzustellen sei, weil kurzzeitig die Absicht der Eingliederung in die hiesigen Lebensverhältnisse aufgegeben worden sei. Die Entfremdung von den heimatlichen Lebensverhältnissen schreite fort, sei aber noch nicht gravierend, weil die Kläger zu 1 und 2 wegen ihres langjährigen Aufenthalts im Heimatland noch mit den Verhältnissen dort vertraut seien. Allerdings könnten die Kläger zu 3 - 5 die Roma-Sprache als Muttersprache der Kläger zu 1 und 2 nur sehr unzureichend sprechen, wie ihre Aussage in der mündlichen Verhandlung ergeben habe. Als Ergebnis der Abwägung sei festzuhalten, dass der Aspekt der noch nicht erreichten wirtschaftlichen Integration der Kläger bislang das größte Gewicht habe, so dass noch nicht von einer hinreichenden „Verwurzelung“ ausgegangen werden könne. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist den Klägern am 10.6.2009 zugestellt worden.
11 
Die Kläger machen zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung fristgerecht geltend: Der Kläger zu 1 sei inzwischen in ein unbefristetes Vollzeitarbeitsverhältnis im Rotationssystem bei M. D. übernommen worden. Sie erfüllten die Voraussetzungen des Art. 8 EMRK. Die Kläger zu 1 und 2 seien im Jahre 1999 ins Bundesgebiet eingereist, die Kläger zu 3 - 5 seien im Bundesgebiet geboren. Seither befänden sie sich bis auf eine kurzfristige Unterbrechung im Jahr 2005 ununterbrochen im Bundesgebiet. Allgemeine Ausschussgründe seien nicht ersichtlich, insbesondere lägen keine aufenthaltsrechtlich relevanten Vorstrafen vor. Zugunsten der Kläger müsse insbesondere der fast zehnjährige Aufenthalt im Bundesgebiet ins Gewicht fallen. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sprächen die guten deutschen Sprachkenntnisse für die Kläger. Ihr Lebensunterhalt sei mittlerweile hinreichend gesichert. Der Kläger zu 1 beziehe einen Nettolohn von etwa 900,--EUR monatlich. Hinzu komme ein „Nebenjob“ bei einer Reinigungsfirma. Die Klägerin zu 2 arbeite ebenfalls bei dieser Firma auf 400,-- Euro-Basis. Die Kläger zu 3 - 5 seien hier im Bundesgebiet geboren und hätten keinerlei Bezug zum Kosovo. Neben der deutschen Sprache beherrschten sie nur noch die Roma-Sprache als Muttersprache, allerdings nur sehr unzureichend. Sie sprächen weder albanisch noch serbokroatisch. Nicht außer Acht gelassen werden könne auch die ethnische Volkszugehörigkeit der Kläger. Sie würden nach wie vor im Kosovo als „Menschen zweiter Klasse“ behandelt und angesehen werden.
12 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger zu 1 ergänzend informatorisch angegeben, sie hätten sich nur für 24 Stunden in Frankreich aufgehalten. Aus Angst vor einer drohenden Abschiebung hätten sie das Bundesgebiet endgültig verlassen wollen. Am 23.6.2005 seien sie aus dem Wohnheim ausgezogen und hätten ihren Hausstand aufgelöst. Er wisse nicht mehr, wo sie sich in der Zwischenzeit bis zu ihrer Ausreise nach Frankreich aufgehalten hätten; möglicherweise hätten sie Urlaub bei Verwandten in Hamburg gemacht. Er arbeite seit Juni 2009 170 Stunden monatlich bei M. D. in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis und daneben 25 Stunden monatlich bei einer Reinigungsfirma. Die Klägerin zu 2 sei dort ca. 40 Stunden pro Monat beschäftigt. Ihre Kinder - die Kläger zu 3 bis 5 - beherrschten die albanische Sprache nicht.
13 
Die Kläger beantragen,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4.6.2009 - 4 K 4239/08 - zu ändern, die Bescheide der Beklagten vom 6.5.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.10.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihnen Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen zu erteilen.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Sie vertritt die Ansicht, die Kläger könnten aus ihrem Voraufenthalt keine Rechte ableiten. Sie seien nicht nur wenige Tage untergetaucht. Das Haus, in dem sie als Obdachlose eingewiesen gewesen seien, sei nach Auskunft des zuständigen Sozialarbeiters in der Nacht zum 13.6.2005 verlassen worden. Dieses Datum sei durch eine Befragung der Nachbarn bestätigt worden. Bei der französischen Polizei hätten sie „Abschiebungsandrohungen“ vom 17.5.2005 vorgelegt; die im Polizeibericht erwähnte „Abschiebungsandrohung“ vom 14.6.2005 stamme wahrscheinlich von der anderen Familie ...-... aus dem Ostalbkreis. Der Ausschlussgrund des § 104a Abs. 1 Nr. 4 AufenthG sei durch Untertauchen erfüllt. Als Aufenthaltszeit zu beachten sei nur die Zeit ab der Rücküberstellung am 8.7.2005. Während dieses vierjährigen Aufenthalts seien sie nur geduldet gewesen. Eine Verwurzelung sei aber nicht möglich, wenn sich ein Ausländer nur geduldet in Deutschland aufhalte. Von einer fortgeschrittenen beruflichen und sozialen Integration der Kläger könne nicht die Rede sein. Der Kläger zu 1 sei lediglich als Teilzeitmitarbeiter bei der Firma M. D. beschäftigt. Es sei ihm nicht gelungen, einen Arbeitsplatz mit Vollbeschäftigung zu finden oder sein Arbeitsvolumen beim jetzigen Arbeitgeber auf Vollzeit zu erhöhen. Dieses Argument werde nicht dadurch hinfällig, dass er seit März 2007 daneben eine geringfügige Beschäftigung in einer Autowaschanlage angenommen habe, die er aber nicht mehr ausübe. Die Kläger hätten zwar bei einer „Putzfirma“ mittlerweile zwei Hilfsjobs angenommen. Sie arbeiteten in Teilzeit in zusätzlichen Minijobs, die sie jederzeit wieder verlieren oder aufgeben könnten und in Bereichen, für die eine qualifizierte Ausbildung nicht erforderlich sei. Eine fortgeschrittene berufliche Integration gründe sich in der Regel auf ein unkündbares langjähriges Vollzeitarbeitsverhältnis mit durch die Arbeit erfolgter Qualifizierung und beruflichem Aufstieg. Eine soziale Integration erfordere insbesondere eine dauerhafte eigenständige Lebensunterhaltssicherung. Hinzu komme, dass ihnen die Reintegration im Herkunftsstaat nicht unmöglich sei. Dies zeige sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle. Es treffe nicht zu, dass die Kinder die Sprache des Herkunftsstaates nicht sprechen könnten. Auch der Großvater der Kläger sei im Bundesgebiet aufgenommen worden; es bestehe intensiver Kontakt. Da dieser der deutschen Sprache kaum mächtig sei, könnten die Enkel zwangsläufig nicht deutsch mit ihm sprechen. Minderjährige Kinder teilten grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern. Stehe den Eltern wegen mangelnder Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland kein Aufenthaltsrecht zu, sei davon auszugehen, dass auch ein Minderjähriger auf die von den Eltern nach der Rückkehr in den Familienverband zu leistenden Integrationshilfen im Heimatland verwiesen werden könne. Zudem könnten die Kläger keine besondere soziale Integration beispielsweise durch die aktive Mitgliedschaft in Vereinen nachweisen. Die Kinder seien noch so jung, dass sie zusätzliche Sprachen mit Leichtigkeit erlernen könnten, zumal sie als zweisprachig aufgewachsene Kinder sprachbegabt seien und die Eltern die Sprache auch beherrschten und sie in der Erlernung unterstützen könnten.
18 
Dem Senat liegen neben den Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts die von der Beklagten vorgelegten Ausländerakten über die Kläger (sechs Hefte) und die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart vor. Diese Akten waren wie die Prozessakte Gegenstand der mündlichen Verhandlung; wegen der Einzelheiten wird hierauf ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die Berufung der Kläger ist zulässig. Sie ist aber unbegründet, da das Verwaltungsgericht ihre Klage zu Recht abgewiesen hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).
20 
1. Die Klage ist allerdings nicht schon etwa deshalb unbegründet, weil die Kläger bei der Beklagten keinen Antrag auf die nunmehr geltend gemachten Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen gestellt hätten. Ursprünglich haben sie im Antragsformular zwar angegeben, dass sie einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit begehren. Hierbei hat es sich indes um ein offenkundiges Versehen gehandelt. Wie sich aus dem Schriftverkehr zwischen ihrem Prozessbevollmächtigten und der Behörde eindeutig ergibt, haben sie der Sache nach von Anfang an nur einen humanitären Aufenthaltstitel begehrt. Diese Auslegung ihres Antrags ist auch sachgerecht, da ein Aufenthaltstitel aus anderen Gründen - z. B. zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder zum Familiennachzug - offenkundig nicht in Betracht kommt. Dementsprechend hat auch das Verwaltungsgericht die Klage ausgelegt und in den Entscheidungsgründen ausschließlich geprüft, ob den Klägern ein Titel aus humanitären Gründen erteilt werden kann. Bei dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Antrag handelt es sich demzufolge nicht um eine Klageänderung, sondern nur um eine Konkretisierung des schon ursprünglich geltend gemachten Begehrens.
21 
2. Die Kläger haben jedoch in der Sache weder einen Anspruch auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels nach § 23 AufenthG noch nach § 104a AufenthG; auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor.
22 
a) Die Kläger erfüllen weder die Voraussetzungen der Bleiberechtsregelung nach § 23 AufenthG noch die Voraussetzungen des § 104a Abs. 1 AufenthG. Sowohl Nr. I.1.1 der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20.11.2006 als auch § 104a Abs. 1 AufenthG verlangen zu den jeweiligen Stichtagen am 17.11.2006 bzw. 1.7.2007 einen ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet von sechs Jahren. Diese Voraussetzungen erfüllen die Kläger nicht, da sie das Bundesgebiet verlassen und versucht haben, auf Dauer nach Frankreich auszureisen, und sich damit im Zeitpunkt ihres dortigen Aufgreifens am Bahnhof von Verdun außerhalb des Bundesgebiets aufgehalten haben. Zwar sind nach Nr. I.1.1 der Bleiberechtsregelung vom 20.11.2006 kurzfristige erlaubte Auslandsreisen unschädlich. Dasselbe galt nach den vorläufigen Anwendungshinweisen des Bundesinnenministeriums (Stand: 17.12.2007) bei § 104a Abs. 1 AufenthG (Nr. 2.3); diese Regelung ist in der mittlerweile verabschiedeten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz allerdings nicht aufgegriffen worden. Bei der Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 hat es sich nicht um eine derartige für die Erfüllung der ununterbrochenen Aufenthaltszeit unschädliche kurzfristige erlaubte Auslandsreise gehandelt. Eine solche setzt nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung zum einen voraus, dass es sich um einen bloß vorübergehenden Aufenthalt im Ausland handelt, nicht aber um eine Ausreise auf Dauer, bei der eine Rückkehr ins Bundesgebiet nicht oder nicht in absehbarer Zeit geplant ist. Zum anderen kann von einer erlaubten Ausreise nur dann gesprochen werden, wenn sie in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt.
23 
Der Senat ist davon überzeugt, dass die Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 auf Dauer erfolgen sollte. Die am 13.6.2005 - oder nach dem Vortrag des Klägers zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23.6.2005 -erfolgte Auflösung ihres Haushalts und ihr darauffolgendes Untertauchen belegen, dass sie das Bundesgebiet dauerhaft verlassen wollten. Dies hat der Kläger zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch ausdrücklich bestätigt und angegeben, aus Angst vor einer drohenden Abschiebung hätten sie das Bundesgebiet endgültig verlassen wollen; sie seien aus dem Wohnheim ausgezogen und hätten ihren Hausstand aufgelöst. Wie lange sich die Kläger genau in Frankreich aufgehalten haben und zu welchem exakten Datum sie ihre Wohnung aufgelöst haben, ist angesichts dessen nicht entscheidungserheblich.
24 
Zum anderen kann im vorliegenden Fall nicht die Rede davon sein, dass die Ausreise der Kläger nach Frankreich in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt sein könnte. Wie der Beklagte glaubhaft vorgetragen hat, erfolgte das Untertauchen und die anschließende Ausreise der Kläger ohne seine Kenntnis und erst Recht ohne seine Billigung.
25 
Als unschädlich kann der Auslandsaufenthalt der Antragsteller auch nicht unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 85 AufenthG angesehen werden (vgl. allg. zu diesem Problemkreis: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 8.10.2009 – 11 S 1911/09 -; VG Karlsruhe, Beschluss vom 31.1.2008 - 4 K 36/08 - NVwZ-RR 2008, 646; Bayer. VGH, Beschluss vom 4.8.2009 – 19 ZB 09.1510 – juris; VG Würzburg, Urteil vom 3.3.2008 - W 7 K 07.861 - juris; Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104a Rn. 13). Danach können Unterbrechungen der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts bis zu einem Jahr außer Betracht bleiben. In der Kommentarliteratur wird allerdings vereinzelt die Auffassung vertreten, dass keine Unterbrechung des Aufenthalts eintritt, wenn der Ausländer erfolglos versucht hat, seiner Ausreisepflicht freiwillig durch Ausreise in einen anderen EU-Mitgliedstaat nachzukommen; finde er dort keine Aufnahme und kehre im Rahmen des Dublin-Verfahrens zurück, so handele es sich lediglich um einen gescheiterten Versuch der Aufenthaltsaufgabe, der nicht zur Unterbrechung führe (so HK-AuslR/Fränkel, § 104 a AufenthG Rn. 9). Schon der gedankliche Ansatzpunkt dieser Auffassung trifft jedoch nicht zu, denn nach § 50 Abs. 4 AufenthG kann ein Ausländer seiner Ausreisepflicht durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nur dann genügen, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Dies war bei den Klägern nicht der Fall. Weiter scheidet eine Anwendung des § 85 AufenthG hier deshalb aus, weil dieser nicht die Unterbrechung des Aufenthalts als solchen, die hier im Raum steht, sondern nur dessen Rechtmäßigkeit betrifft. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut, sondern auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Nach der Absicht des Gesetzgebers sollte diese Vorschrift beispielsweise dann zur Anwendung kommen, wenn ein Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis verspätet gestellt oder ein Pass ungültig geworden ist (BT-Drucks. 15/420, S. 97), also mit anderen Worten, wenn wegen einer Nachlässigkeit in formaler Hinsicht eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts eintritt. Damit ist aber der Fall des Untertauchens und der anschließenden illegalen Ausreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht vergleichbar. Auch Sinn und Zweck der Bleiberechtsregelung und des § 104a Abs.1 AufenthG stehen einer entsprechenden Anwendung des § 85 AufenthG entgegen. Der Zweck der Normen, langjährig geduldete Ausländer zu begünstigen, die faktisch und wirtschaftlich im Bundesgebiet integriert sind und sich rechtstreu verhalten haben (vgl. BT-Drs. 16/5065, S. 202 zu § 104a AufenthG), spricht dafür, grundsätzlich einen ununterbrochenen Aufenthalt zu verlangen und nur erlaubte kurzfristige Auslandsreisen etwa zu Besuchszwecken als unschädlich anzusehen. Gerade im Hinblick darauf, dass bei ausländischen Staatsangehörigen, die mit mindestens einem minderjährigen Kind in häuslicher Gemeinschaft leben, lediglich eine Aufenthaltsdauer von sechs Jahren gefordert wird, lässt sich die Zulassung einer bis zu einjährigen Unterbrechung des Aufenthalts mit der gesetzgeberischen Intention nicht vereinbaren.
26 
b) Schließlich kommt auch ein Anspruch der Kläger aus § 25 Abs. 5 AufenthG nicht in Betracht. Ihre Abschiebung ist nicht nach Art. 8 Abs. 1 EMRK rechtlich unmöglich. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann u.a. Anspruch auf Achtung seines Privatlebens. Dieses Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.5.2007 - 2 BvR 304/07 -InfAuslR 2007, 275).
27 
Offen bleiben kann, ob der Schutzbereich des Rechts der Kläger auf Achtung des Privatlebens eröffnet ist, obwohl ihr Aufenthalt niemals legalisiert worden war. Allerdings neigt auch der Senat der Auffassung des 11. Senats des erkennenden Gerichtshofs zu (vgl. z.B. Beschluss vom 5.2.2009 – 11 S 3244/08 - juris), wonach es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf ankommt, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte.
28 
Jedenfalls würde hier eine Beendigung des Aufenthalts der Kläger keinen (rechtswidrigen) Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens darstellen. Denn Art. 8 EMRK darf nicht so ausgelegt werden, als verbiete er eine Aufenthaltsbeendigung bei Ausländern bereits deswegen, weil diese sich eine bestimmte Zeit im Aufnahmeland aufgehalten haben. Eine Aufenthaltsbeendigung kann vielmehr nur dann einen Eingriff in das Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen, wenn der Ausländer aufgrund seines (längeren) Aufenthalts über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Kontakte zum Aufnahmestaat verfügt, so dass er aufgrund der Gesamtentwicklung faktisch zu einem Inländer geworden ist.
29 
Dies ist bei den Klägern nicht der Fall. Weder lässt sich sagen, dass sie faktisch als Inländer angesehen werden können, weil sie in Deutschland verwurzelt wären, noch sind sie von ihrem Heimatland vollständig entwurzelt.
30 
Für die Kläger zu 1 und 2 spricht zwar, dass sie sich seit 1999 - soweit ersichtlich straffrei - im Bundesgebiet aufhalten und dass sie die deutsche Sprache beherrschen; die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 sind sogar im Bundesgebiet geboren. Sonstige nennenswerte Integrationsleistungen fehlen aber. Deshalb ist nicht von einer weit reichenden Verwurzelung in Deutschland auszugehen. Eine nachhaltige wirtschaftliche Integration lässt sich nicht feststellen. Erst seit Kurzem sind sie in der Lage, durch mehrere ungelernte Tätigkeiten ihren Lebensunterhalt zu sichern. Ein langfristig angelegtes Vollerwerbsverhältnis können die Kläger aber nicht vorweisen. Zwar beträgt der Umfang der Beschäftigung des Klägers zu 1 bei M. D. seit Juni 2009 mittlerweile 170 Stunden monatlich. Der daraus erzielte Verdienst genügt für sich allein genommen indes auch zusammen mit dem Kindergeld immer noch nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts der Familie. Auch wenn in den letzten Jahren ihre Bemühungen um eine eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts anzuerkennen sind, genügen die ausgeübten Tätigkeiten - überwiegend in Teilzeitarbeitsverhältnissen oder als geringfügig Beschäftigte - als ungelernte Arbeitskräfte nicht für die Annahme einer nachhaltigen wirtschaftlichen Verwurzelung. Weitere besondere Integrationsleistungen wie die ehrenamtliche Tätigkeit in Vereinen liegen nicht vor. Weiter ist mit hohem Gewicht zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt der Kläger - abgesehen von den Aufenthaltsgestattungen während der Dauer ihrer erfolglosen Asylverfahren - nie legalisiert war, es also an einer „Handreichung des Staates“ und einem rechtlich geschützten Vertrauen darauf, dauerhaft im Bundesgebiet bleiben zu dürfen, fehlt. Abschiebestopperlasse allein konnten dieses Vertrauen zumindest während der Aufenthaltsdauer der Kläger im Bundesgebiet nicht begründen. Schließlich haben die Kläger durch ihren auf Dauer angelegten Versuch der Übersiedlung nach Frankreich im Juni/Juli 2005 selbst deutlich gemacht, dass sie sich in der Bundesrepublik nicht fest „verwurzelt“ fühlen. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie bereit waren und versucht haben, Deutschland freiwillig - wenn auch nach ihrem Vortrag aus der (unbegründeten) Angst vor einer Abschiebung heraus - zu verlassen und sich in die Lebensverhältnisse eines anderen Landes – Frankreich - einzufügen.
31 
Eine vollständige Entwurzelung liegt ebenfalls nicht vor. Die Kläger zu 1 und 2 haben den überwiegenden Teil ihres Lebens im Kosovo verbracht. Nachdem diese noch nicht von den Lebensverhältnissen im Kosovo entfremdet sind, muss von ihnen auch erwartet werden, dass sie ihre noch jungen minderjährigen Kinder, die Kläger zu 3 bis 5, von denen nur das Älteste mittlerweile in Deutschland die Schule besucht, bei der sicher nicht einfachen Eingliederung in die Lebensverhältnisse im Kosovo und dem Erwerb der albanischen Sprache unterstützen werden. Die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 teilen insoweit das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern, auch wenn dies für sie eine nicht unerhebliche Härte bedeuten wird.
32 
Sollte das Vorbringen der Kläger (auch) so zu verstehen sein, dass sie zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse geltend machen möchten, weil sie meinen, menschenwürdige Lebensverhältnisse seien für Angehörige der Volksgruppe der Roma im Kosovo nicht gewährleistet, könnten sich jedenfalls die Kläger zu 1 und 3 bis 5 hierauf im vorliegenden Verfahren wegen der Bindungswirkung des § 42 Satz 1 AsylVfG nicht berufen. Denn insoweit machen sie in der Sache zielstaatsbezogene Gesichtspunkte im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthG geltend. Liegt hierzu eine negative Statusfeststellung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (früher Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) vor, so ist die Ausländerbehörde an diese Feststellung gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG gebunden. Ein Ausländer kann die Unzumutbarkeit seiner freiwilligen Ausreise nicht auf eine zielstaatsbezogene Gefahrensituation stützen, wenn und solange das zuständige Bundesamt eine solche Feststellung wie hier abgelehnt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.6.2006 - 1 C 14/05 - BVerwGE 126, 192 = NVwZ 2006, 1418; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.4.2007 - 11 S 1035/06 - juris; Nds. OVG, Urteil vom 27.9.2007 - 11 LB 69/07 - DVBl. 2007, 57).
33 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
35 
Beschluss vom 9.12.2009
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG auf 25.000,-- EUR festgesetzt.
37 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Die Berufung der Kläger ist zulässig. Sie ist aber unbegründet, da das Verwaltungsgericht ihre Klage zu Recht abgewiesen hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).
20 
1. Die Klage ist allerdings nicht schon etwa deshalb unbegründet, weil die Kläger bei der Beklagten keinen Antrag auf die nunmehr geltend gemachten Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen gestellt hätten. Ursprünglich haben sie im Antragsformular zwar angegeben, dass sie einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit begehren. Hierbei hat es sich indes um ein offenkundiges Versehen gehandelt. Wie sich aus dem Schriftverkehr zwischen ihrem Prozessbevollmächtigten und der Behörde eindeutig ergibt, haben sie der Sache nach von Anfang an nur einen humanitären Aufenthaltstitel begehrt. Diese Auslegung ihres Antrags ist auch sachgerecht, da ein Aufenthaltstitel aus anderen Gründen - z. B. zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder zum Familiennachzug - offenkundig nicht in Betracht kommt. Dementsprechend hat auch das Verwaltungsgericht die Klage ausgelegt und in den Entscheidungsgründen ausschließlich geprüft, ob den Klägern ein Titel aus humanitären Gründen erteilt werden kann. Bei dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Antrag handelt es sich demzufolge nicht um eine Klageänderung, sondern nur um eine Konkretisierung des schon ursprünglich geltend gemachten Begehrens.
21 
2. Die Kläger haben jedoch in der Sache weder einen Anspruch auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels nach § 23 AufenthG noch nach § 104a AufenthG; auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor.
22 
a) Die Kläger erfüllen weder die Voraussetzungen der Bleiberechtsregelung nach § 23 AufenthG noch die Voraussetzungen des § 104a Abs. 1 AufenthG. Sowohl Nr. I.1.1 der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20.11.2006 als auch § 104a Abs. 1 AufenthG verlangen zu den jeweiligen Stichtagen am 17.11.2006 bzw. 1.7.2007 einen ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet von sechs Jahren. Diese Voraussetzungen erfüllen die Kläger nicht, da sie das Bundesgebiet verlassen und versucht haben, auf Dauer nach Frankreich auszureisen, und sich damit im Zeitpunkt ihres dortigen Aufgreifens am Bahnhof von Verdun außerhalb des Bundesgebiets aufgehalten haben. Zwar sind nach Nr. I.1.1 der Bleiberechtsregelung vom 20.11.2006 kurzfristige erlaubte Auslandsreisen unschädlich. Dasselbe galt nach den vorläufigen Anwendungshinweisen des Bundesinnenministeriums (Stand: 17.12.2007) bei § 104a Abs. 1 AufenthG (Nr. 2.3); diese Regelung ist in der mittlerweile verabschiedeten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz allerdings nicht aufgegriffen worden. Bei der Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 hat es sich nicht um eine derartige für die Erfüllung der ununterbrochenen Aufenthaltszeit unschädliche kurzfristige erlaubte Auslandsreise gehandelt. Eine solche setzt nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung zum einen voraus, dass es sich um einen bloß vorübergehenden Aufenthalt im Ausland handelt, nicht aber um eine Ausreise auf Dauer, bei der eine Rückkehr ins Bundesgebiet nicht oder nicht in absehbarer Zeit geplant ist. Zum anderen kann von einer erlaubten Ausreise nur dann gesprochen werden, wenn sie in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt.
23 
Der Senat ist davon überzeugt, dass die Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 auf Dauer erfolgen sollte. Die am 13.6.2005 - oder nach dem Vortrag des Klägers zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23.6.2005 -erfolgte Auflösung ihres Haushalts und ihr darauffolgendes Untertauchen belegen, dass sie das Bundesgebiet dauerhaft verlassen wollten. Dies hat der Kläger zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch ausdrücklich bestätigt und angegeben, aus Angst vor einer drohenden Abschiebung hätten sie das Bundesgebiet endgültig verlassen wollen; sie seien aus dem Wohnheim ausgezogen und hätten ihren Hausstand aufgelöst. Wie lange sich die Kläger genau in Frankreich aufgehalten haben und zu welchem exakten Datum sie ihre Wohnung aufgelöst haben, ist angesichts dessen nicht entscheidungserheblich.
24 
Zum anderen kann im vorliegenden Fall nicht die Rede davon sein, dass die Ausreise der Kläger nach Frankreich in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt sein könnte. Wie der Beklagte glaubhaft vorgetragen hat, erfolgte das Untertauchen und die anschließende Ausreise der Kläger ohne seine Kenntnis und erst Recht ohne seine Billigung.
25 
Als unschädlich kann der Auslandsaufenthalt der Antragsteller auch nicht unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 85 AufenthG angesehen werden (vgl. allg. zu diesem Problemkreis: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 8.10.2009 – 11 S 1911/09 -; VG Karlsruhe, Beschluss vom 31.1.2008 - 4 K 36/08 - NVwZ-RR 2008, 646; Bayer. VGH, Beschluss vom 4.8.2009 – 19 ZB 09.1510 – juris; VG Würzburg, Urteil vom 3.3.2008 - W 7 K 07.861 - juris; Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104a Rn. 13). Danach können Unterbrechungen der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts bis zu einem Jahr außer Betracht bleiben. In der Kommentarliteratur wird allerdings vereinzelt die Auffassung vertreten, dass keine Unterbrechung des Aufenthalts eintritt, wenn der Ausländer erfolglos versucht hat, seiner Ausreisepflicht freiwillig durch Ausreise in einen anderen EU-Mitgliedstaat nachzukommen; finde er dort keine Aufnahme und kehre im Rahmen des Dublin-Verfahrens zurück, so handele es sich lediglich um einen gescheiterten Versuch der Aufenthaltsaufgabe, der nicht zur Unterbrechung führe (so HK-AuslR/Fränkel, § 104 a AufenthG Rn. 9). Schon der gedankliche Ansatzpunkt dieser Auffassung trifft jedoch nicht zu, denn nach § 50 Abs. 4 AufenthG kann ein Ausländer seiner Ausreisepflicht durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nur dann genügen, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Dies war bei den Klägern nicht der Fall. Weiter scheidet eine Anwendung des § 85 AufenthG hier deshalb aus, weil dieser nicht die Unterbrechung des Aufenthalts als solchen, die hier im Raum steht, sondern nur dessen Rechtmäßigkeit betrifft. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut, sondern auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Nach der Absicht des Gesetzgebers sollte diese Vorschrift beispielsweise dann zur Anwendung kommen, wenn ein Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis verspätet gestellt oder ein Pass ungültig geworden ist (BT-Drucks. 15/420, S. 97), also mit anderen Worten, wenn wegen einer Nachlässigkeit in formaler Hinsicht eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts eintritt. Damit ist aber der Fall des Untertauchens und der anschließenden illegalen Ausreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht vergleichbar. Auch Sinn und Zweck der Bleiberechtsregelung und des § 104a Abs.1 AufenthG stehen einer entsprechenden Anwendung des § 85 AufenthG entgegen. Der Zweck der Normen, langjährig geduldete Ausländer zu begünstigen, die faktisch und wirtschaftlich im Bundesgebiet integriert sind und sich rechtstreu verhalten haben (vgl. BT-Drs. 16/5065, S. 202 zu § 104a AufenthG), spricht dafür, grundsätzlich einen ununterbrochenen Aufenthalt zu verlangen und nur erlaubte kurzfristige Auslandsreisen etwa zu Besuchszwecken als unschädlich anzusehen. Gerade im Hinblick darauf, dass bei ausländischen Staatsangehörigen, die mit mindestens einem minderjährigen Kind in häuslicher Gemeinschaft leben, lediglich eine Aufenthaltsdauer von sechs Jahren gefordert wird, lässt sich die Zulassung einer bis zu einjährigen Unterbrechung des Aufenthalts mit der gesetzgeberischen Intention nicht vereinbaren.
26 
b) Schließlich kommt auch ein Anspruch der Kläger aus § 25 Abs. 5 AufenthG nicht in Betracht. Ihre Abschiebung ist nicht nach Art. 8 Abs. 1 EMRK rechtlich unmöglich. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann u.a. Anspruch auf Achtung seines Privatlebens. Dieses Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.5.2007 - 2 BvR 304/07 -InfAuslR 2007, 275).
27 
Offen bleiben kann, ob der Schutzbereich des Rechts der Kläger auf Achtung des Privatlebens eröffnet ist, obwohl ihr Aufenthalt niemals legalisiert worden war. Allerdings neigt auch der Senat der Auffassung des 11. Senats des erkennenden Gerichtshofs zu (vgl. z.B. Beschluss vom 5.2.2009 – 11 S 3244/08 - juris), wonach es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf ankommt, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte.
28 
Jedenfalls würde hier eine Beendigung des Aufenthalts der Kläger keinen (rechtswidrigen) Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens darstellen. Denn Art. 8 EMRK darf nicht so ausgelegt werden, als verbiete er eine Aufenthaltsbeendigung bei Ausländern bereits deswegen, weil diese sich eine bestimmte Zeit im Aufnahmeland aufgehalten haben. Eine Aufenthaltsbeendigung kann vielmehr nur dann einen Eingriff in das Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen, wenn der Ausländer aufgrund seines (längeren) Aufenthalts über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Kontakte zum Aufnahmestaat verfügt, so dass er aufgrund der Gesamtentwicklung faktisch zu einem Inländer geworden ist.
29 
Dies ist bei den Klägern nicht der Fall. Weder lässt sich sagen, dass sie faktisch als Inländer angesehen werden können, weil sie in Deutschland verwurzelt wären, noch sind sie von ihrem Heimatland vollständig entwurzelt.
30 
Für die Kläger zu 1 und 2 spricht zwar, dass sie sich seit 1999 - soweit ersichtlich straffrei - im Bundesgebiet aufhalten und dass sie die deutsche Sprache beherrschen; die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 sind sogar im Bundesgebiet geboren. Sonstige nennenswerte Integrationsleistungen fehlen aber. Deshalb ist nicht von einer weit reichenden Verwurzelung in Deutschland auszugehen. Eine nachhaltige wirtschaftliche Integration lässt sich nicht feststellen. Erst seit Kurzem sind sie in der Lage, durch mehrere ungelernte Tätigkeiten ihren Lebensunterhalt zu sichern. Ein langfristig angelegtes Vollerwerbsverhältnis können die Kläger aber nicht vorweisen. Zwar beträgt der Umfang der Beschäftigung des Klägers zu 1 bei M. D. seit Juni 2009 mittlerweile 170 Stunden monatlich. Der daraus erzielte Verdienst genügt für sich allein genommen indes auch zusammen mit dem Kindergeld immer noch nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts der Familie. Auch wenn in den letzten Jahren ihre Bemühungen um eine eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts anzuerkennen sind, genügen die ausgeübten Tätigkeiten - überwiegend in Teilzeitarbeitsverhältnissen oder als geringfügig Beschäftigte - als ungelernte Arbeitskräfte nicht für die Annahme einer nachhaltigen wirtschaftlichen Verwurzelung. Weitere besondere Integrationsleistungen wie die ehrenamtliche Tätigkeit in Vereinen liegen nicht vor. Weiter ist mit hohem Gewicht zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt der Kläger - abgesehen von den Aufenthaltsgestattungen während der Dauer ihrer erfolglosen Asylverfahren - nie legalisiert war, es also an einer „Handreichung des Staates“ und einem rechtlich geschützten Vertrauen darauf, dauerhaft im Bundesgebiet bleiben zu dürfen, fehlt. Abschiebestopperlasse allein konnten dieses Vertrauen zumindest während der Aufenthaltsdauer der Kläger im Bundesgebiet nicht begründen. Schließlich haben die Kläger durch ihren auf Dauer angelegten Versuch der Übersiedlung nach Frankreich im Juni/Juli 2005 selbst deutlich gemacht, dass sie sich in der Bundesrepublik nicht fest „verwurzelt“ fühlen. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie bereit waren und versucht haben, Deutschland freiwillig - wenn auch nach ihrem Vortrag aus der (unbegründeten) Angst vor einer Abschiebung heraus - zu verlassen und sich in die Lebensverhältnisse eines anderen Landes – Frankreich - einzufügen.
31 
Eine vollständige Entwurzelung liegt ebenfalls nicht vor. Die Kläger zu 1 und 2 haben den überwiegenden Teil ihres Lebens im Kosovo verbracht. Nachdem diese noch nicht von den Lebensverhältnissen im Kosovo entfremdet sind, muss von ihnen auch erwartet werden, dass sie ihre noch jungen minderjährigen Kinder, die Kläger zu 3 bis 5, von denen nur das Älteste mittlerweile in Deutschland die Schule besucht, bei der sicher nicht einfachen Eingliederung in die Lebensverhältnisse im Kosovo und dem Erwerb der albanischen Sprache unterstützen werden. Die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 teilen insoweit das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern, auch wenn dies für sie eine nicht unerhebliche Härte bedeuten wird.
32 
Sollte das Vorbringen der Kläger (auch) so zu verstehen sein, dass sie zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse geltend machen möchten, weil sie meinen, menschenwürdige Lebensverhältnisse seien für Angehörige der Volksgruppe der Roma im Kosovo nicht gewährleistet, könnten sich jedenfalls die Kläger zu 1 und 3 bis 5 hierauf im vorliegenden Verfahren wegen der Bindungswirkung des § 42 Satz 1 AsylVfG nicht berufen. Denn insoweit machen sie in der Sache zielstaatsbezogene Gesichtspunkte im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthG geltend. Liegt hierzu eine negative Statusfeststellung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (früher Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) vor, so ist die Ausländerbehörde an diese Feststellung gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG gebunden. Ein Ausländer kann die Unzumutbarkeit seiner freiwilligen Ausreise nicht auf eine zielstaatsbezogene Gefahrensituation stützen, wenn und solange das zuständige Bundesamt eine solche Feststellung wie hier abgelehnt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.6.2006 - 1 C 14/05 - BVerwGE 126, 192 = NVwZ 2006, 1418; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.4.2007 - 11 S 1035/06 - juris; Nds. OVG, Urteil vom 27.9.2007 - 11 LB 69/07 - DVBl. 2007, 57).
33 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
35 
Beschluss vom 9.12.2009
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG auf 25.000,-- EUR festgesetzt.
37 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. Juni 2004 - 11 K 4809/03 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.13 S 2220/05

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis bzw. einer Aufenthaltsgenehmigung.
Er wurde am 22.8.1990 in der Bundesrepublik Deutschland geboren und ist vietnamesischer Staatsangehöriger. Seine Eltern reisten im Jahr 1987 als Vertragsarbeitnehmer aus Vietnam in die DDR ein. Nach der Maueröffnung siedelten sie Ende 1989 in die Bundesrepublik Deutschland über, wo sie im Jahr 1990 einen Asylantrag stellten. Die Asylverfahren endeten im Juli 1994 bzw. Juli 1995 erfolglos. Im Jahr 1995 beantragte die Familie des Klägers die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis. Mit Verfügung vom 20.11.1995 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 12.4.2001 (11 K 547/01) ab, den hiergegen gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte der erkennende Senat mit Beschluss vom 11.6.2001 (13 S 1195/01) ab. Der Kläger war seit seiner Geburt zu keiner Zeit im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung.
Am 15.7.2003 beantragte der Vater des Klägers für sich und seine Familie erneut die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis. Zur Begründung wurde vorgetragen: Das ursprüngliche Abschiebungshindernis der Passlosigkeit sei zwischenzeitlich entfallen, nachdem sich die gesamte Familie freiwillig vietnamesische Reisepässe verschafft habe. Für den Kläger ergebe sich eine rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung aber daraus, dass er in Böblingen geboren, aufgewachsen und sprachlich sowie kulturell in die Bundesrepublik Deutschland integriert sei. Er habe keinen Bezug zu seinem "Heimatstaat Vietnam". Eine Abschiebung würde eine Entwurzelung bedeuten, die mit einer erheblichen Gefährdung des Kindeswohls, insbesondere der seelischen Gesundheit einhergehen würde. Eine Abschiebung in Kenntnis der zu erwartenden offensichtlichen psychischen Störungen verstoße zudem gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK.
Mit Schreiben vom 14.10.2003 teilte die Beklagte den Prozessbevollmächtigten des Klägers mit: Nach erneuter Prüfung der Aktenlage und Rücksprache mit dem Regierungspräsidium sei man übereingekommen, dass sich an der Sachlage der Familie seit den letzten mehrmals gestellten Anträgen auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nichts geändert habe. Eine neue Prüfung und ein daraus folgender Bescheid, der eine Ablehnung zur Folge hätte, sei daher entbehrlich.
Der Kläger hat - gemeinsam mit seinen übrigen Familienangehörigen - am 21.11.2003 verwaltungsgerichtliche Klage erhoben, zu deren Begründung er im wesentlichen das Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt hat. Mit Beschluss vom 13.10.2004 hat das Verwaltungsgericht nach Durchführung der mündlichen Verhandlung das Verfahren des Klägers vom Verfahren der übrigen Familienangehörigen abgetrennt.
Mit Urteil vom 24.6.2004 hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei gem. § 75 VwGO zulässig. Zu Unrecht berufe sich die Beklagte darauf, wegen Unanfechtbarkeit ihrer vorangegangenen ablehnenden Verfügung besitze der Kläger kein Sachbescheidungsinteresse. Denn es lägen Gründe vor, die dafür sprächen, dass ein sachlicher Anlass für eine erneute Prüfung und Entscheidung durch sog. Zweitbescheid gegeben sei. Unabhängig von der Frage, welche Bedeutung dem Umstand zukomme, dass der Kläger nunmehr - anders als im Zeitpunkt der letzten Gerichtsentscheidung - im Besitz eines vietnamesischen Reisepasses sei, berufe er sich auf seine fortgeschrittene Integration und ein daraus resultierendes rechtliches Abschiebungshindernis. Nachdem die vorangegangene Entscheidung des VG Stuttgart insoweit mehr als drei Jahre zurückliege, was angesichts des Alters des Klägers eine erhebliche Zeitspanne sei, habe Anlass für eine neue Prüfung und Entscheidung bestanden. Der Kläger habe auch Anspruch auf die begehrte Aufenthaltsbefugnis. Allerdings komme deren Erteilung wohl nicht nach § 30 Abs. 3 AuslG in Betracht, da der Kläger zwischenzeitlich im Besitz eines vietnamesischen Reisepasses sei. Soweit er sich auf das rechtliche Abschiebungshindernis seiner erfolgreichen Integration berufe, dürfte ein Vertretenmüssen i. S. des § 30 Abs. 3 AuslG vorliegen, weil er sich das Verhalten seiner Eltern zurechnen lassen müsse. Diese hätten aber spätestens seit Abschluss ihres Asylverfahrens im Jahr 1995 gewusst, dass sie kein Bleiberecht in Deutschland besäßen. Es wäre im Interesse des Kindeswohls seinerzeit geboten gewesen, den Kläger auf ein Leben im Heimatland Vietnam vorzubereiten. Dass dies nicht in ausreichendem Maße geschehen sei, sei objektiv und subjektiv vorwerfbar und dürfte eine Anwendung von § 30 Abs. 3 AuslG insoweit ausschließen. Der Kläger erfülle jedoch die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 4 AuslG. Wie die gesetzliche Formulierung zeige, komme es hier auf ein Vertretenmüssen gerade nicht an. Auch der Ausländer, der ein Abschiebungshindernis selbst zurechenbar herbeigeführt habe, könne sich im Grundsatz auf diese Vorschrift berufen. Insoweit sei das vom Kläger in Anspruch genommene Abschiebungshindernis seiner gelungenen Integration rechtlich von Bedeutung. Es sei unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles auch tatsächlich gegeben. Eine abgeschlossene erfolgreiche Integration eines fast 15-jährigen im Bundesgebiet geborenen und aufgewachsenen Ausländers sei im Hinblick auf das Schutzgut des "Privatlebens" in Art. 8 Abs. 1 EMRK als rechtliches Abschiebungshindernis zu berücksichtigen. Das Gericht sehe die Integration des Klägers - im Unterschied zu derjenigen seiner Eltern - weitgehend als erfolgreich abgeschlossen an. Er nehme hier am sozialen Leben teil, besuche - mit Erfolg - eine weiterführende Schule, spreche in seiner Umgebung und auch innerhalb der Familie - jedenfalls mit seinen Geschwistern - mehrheitlich deutsch, und weise alle Merkmale eines sog. "faktischen Inländers" auf. Er sei nicht vorbestraft und lebe auch nicht unter Inanspruchnahme öffentlicher Mittel. Seine Abschiebung nach Vietnam würde sich rein tatsächlich nicht als eine Rückkehr ins Heimatland darstellen, vielmehr als eine Art "Verbannung" in die Fremde. Mit Blick auf die vorzunehmende Verhältnismäßigkeitsprüfung komme hinzu, dass das Hineinwachsen des Klägers in diese Integration von mehreren Faktoren begünstigt worden sei, nicht zuletzt von dem Umstand, dass es den Behörden in der Vergangenheit einfach nicht gelungen sei, die aufenthaltsrechtliche Situation der Familie "in den Griff" zu bekommen. Integriere sich ein im Bundesgebiet geborener ausländischer Jugendlicher aber auf Grund der genannten Umstände derart erfolgreich, werde das an sich legitime Ziel, die Einhaltung der aufenthaltsrechtlichen Vorschriften letztendlich doch noch durchzusetzen, schließlich unverhältnismäßig i. S. von Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK, und es sei von einem rechtlichen Abschiebungshindernis auszugehen. Zwar treffe den Ausländer im Rahmen des § 30 Abs. 4 AuslG die Obliegenheit, alles in seiner Kraft Stehende und ihm Zumutbare dazu beizutragen, etwaige Abschiebungshindernisse zu überwinden. Für den Kläger wäre es aus den dargelegten Gründen aber nicht zumutbar, sein Privatleben aufzugeben und seiner Ausreisepflicht zu genügen. Einen Verlust seiner erfolgreich abgeschlossenen Integration vermöge er rein tatsächlich nicht herbeizuführen. Das Ermessen der Beklagten sei vorliegend "auf Null" reduziert.
Gegen das am 30.11.2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20.12.2004 die Zulassung der Berufung beantragt. Mit Beschluss vom 31.10.2005 hat der Senat die Berufung zugelassen. Der Beschluss wurde der Beklagten am 9.11.2005 zugestellt.
Mit am 8.12.2005 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat die Beklagte die Berufung begründet und ausgeführt: Die Trennung der Verfahren der Eltern und der Geschwister von dem des Klägers hätte nicht erfolgen dürfen. Es sei von einer notwendigen Streitgenossenschaft auszugehen. Die Klage sei bereits unzulässig. Das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass der Kläger ein Sachbescheidungsinteresse habe. Die Tatsache, dass er sich integriert habe, stelle lediglich den gewöhnlichen Lauf der Dinge dar. Sie müsse generell bei einem Heranwachsenden erwartet werden und sei daher kein neuer Sachverhalt, der ein Sachbescheidungsinteresse begründe. Die Klage sei auch unbegründet. Das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass es bei § 30 Abs. 4 AuslG nicht darauf ankomme, ob der Ausländer ein Abschiebungshindernis zu vertreten habe. Im übrigen stelle die Integration des Klägers kein Abschiebungshindernis nach Art. 8 Abs. 1 EMRK dar. Seine Familie sei seit mehreren Jahren vollziehbar ausreisepflichtig, das Abschiebungshindernis habe sie auf Grund fehlender Mitwirkung selbst verschuldet. Sie habe sich nachgewiesenermaßen mehrmals geweigert, an den Passbeschaffungsmaßnahmen mitzuwirken, obwohl zumindest der Vater des Klägers einen vom 9.6.1995 bis 8.6.2000 gültigen vietnamesischen Nationalpass bei der Ausländerbehörde hinterlegt gehabt habe. Erst nachdem erneut Hoffnung auf ein Aufenthaltsrecht bestanden habe, sei die Familie bereit gewesen, die entsprechenden Bemühungen zu zeigen. Eine freiwillige Ausreise wäre demnach schon vor Jahren möglich gewesen. Es sei allein den Eltern des Klägers zuzurechnen, dass sich der Aufenthalt im Bundesgebiet derart lange hinausgezogen habe. Auch stelle die Familie einen Integrationswillen nicht ausreichend unter Beweis. Sie hätte bereits vor Jahren ein Aufenthaltsrecht erhalten können, habe dies jedoch selbst durch den mehrjährigen Bezug von Sozialhilfe und durch fehlende Mitwirkungsbereitschaft verhindert. Bleiberechtsregelungen des Innenministeriums hätten daher keine Anwendung gefunden. Dass die Eltern den Kindern weder die heimatliche Sprache noch die vietnamesische Kultur vermittelt hätten, gehe allein zu Lasten der Familie. Der Kläger möge sich zwar selbst integriert haben, er müsse sich jedoch das Verhalten der Eltern anrechnen lassen, da er minderjährig sei und seine Eltern seine gesetzlichen Vertreter seien. Auch aus Art. 8 EMRK könne kein Bleiberecht abgeleitet werden. Hinsichtlich des Schutzes des Familienlebens scheide eine Verletzung dieser Bestimmung schon deshalb aus, weil der gesamten Familie ein Aufenthaltsrecht in Deutschland verweigert werde und daher alle Familienmitglieder in ihr Heimatland zurückkehren müssten. Art. 8 Abs. 1 EMRK gewähre kein Recht, den Ort zu wählen, der nach Ansicht der Betroffenen am besten geeignet sei, um ein Familienleben aufzubauen. Auch das Recht auf Privatleben werde durch eine Aufenthaltsbeendigung nicht verletzt. Es spreche bereits vieles dafür, dass ein schützenswertes Privatleben i. S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK voraussetze, dass zumindest für einen gewissen Zeitraum ein ordnungsgemäßer Aufenthalt im Aufenthaltsstaat vorgelegen habe. Der Kläger habe jedoch nie über einen ordnungsgemäßen Aufenthalt verfügt. Selbst wenn man davon ausgehe, dass auch ein rechtlich ungesicherter Aufenthalt Grundlage für die Annahme eines geschützten Privatlebens i. S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK sein könne, sei die daraus folgende Rechtsposition im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaates zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Dabei dürfe Art. 8 EMRK nicht so ausgelegt werden, als verbiete er allgemein die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nur deshalb, weil er sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten habe. Vielmehr bedürfe es näherer Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückkehr unzumutbar sei. Allein der Umstand, dass ein Ausländer als Kind in den Vertragsstaat einreise und dort aufgewachsen und zur Schule gegangen sei, rechtfertige einen solchen Schluss nicht. Gesichtspunkte seien jeweils unter anderem die Sprachkenntnisse des Betroffenen bzw. dessen sprachliche Integrationsfähigkeit im Heimatland. Es sei dem Kläger auch zumutbar, in sein Heimatland zurückzukehren. Er sei in einem Alter, in dem er sich an neue Verhältnisse anpassen und in sie einfügen könne. Seine persönlichen Interessen, weiterhin im Bundesgebiet zu leben, seien zwar nachvollziehbar, müssten jedoch gegenüber den aufenthaltsrechtlichen Vorschriften hintanstehen. Nicht richtig sei weiterhin, wenn das Verwaltungsgericht den Behörden eine Teilschuld zumesse. Zum einen werde seitens des Innenministeriums Baden-Württemberg das Instrument der freiwilligen Ausreise bevorzugt. Zum anderen habe die Familie des Klägers die Abschiebung durch fehlende Mitwirkung, die mehrmalige Antragstellung, die Durchführung verwaltungsgerichtlicher Verfahren etc. selbst vereitelt. Es wäre ausschließlich die Pflicht der Familie gewesen auszureisen.
Die Beklagte beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. Juni 2004 - 11 K 4809/03 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
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Er verteidigt das angefochtene Urteil.
14 
Der Beigeladene schließt sich dem Antrag der Beklagten an.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere des weiteren Vorbringens der Beteiligten, wird auf die gewechselten Schriftsätze und die dem Senat vorliegen Verwaltungsakten der Beklagten, Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart und Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart (auch aus früheren Verfahren) verwiesen. Sie waren Gegenstand der Verhandlung und Beratung.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die vom Senat zugelassene Berufung ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde rechtzeitig beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (§ 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung, vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, weil der Kläger keinen Anspruch auf den von ihm begehrten Aufenthaltstitel hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
17 
Entgegen der Auffassung der Beklagten erweist sich das Urteil allerdings nicht schon deshalb als fehlerhaft, weil das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers von demjenigen der übrigen Familienmitglieder abgetrennt und über dieses vorab entschieden hat. Nach § 93 VwGO kann das Gericht durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, dass mehrere in einem Verfahren erhobene Ansprüche in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden. Die Entscheidung über eine Verbindung oder Trennung steht im Ermessen des Gerichts (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., Rdnr. 3 zu § 93 m.w.N.). Es ist vorliegend nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers nach Durchführung der mündlichen Verhandlung abgetrennt hat. Zwar könnte dies anders zu beurteilen sein, wenn zwischen dem Kläger und seinen Familienangehörigen eine notwendige Streitgenossenschaft nach § 64 VwGO i.V.m. § 62 ZPO bestünde (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 4.7.1991 - 4 UE 552/87 -, juris). Dies ist aber - entgegen der Auffassung der Beklagten - hier nicht der Fall. Denn es ist nicht ersichtlich, dass über den vom Kläger und seiner Familie geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zwingend einheitlich (d.h. für jeden Familienangehörigen gleich) entschieden werden muss oder dass aus einem sonstigen Grund eine notwendige Streitgenossenschaft vorliegt (vgl. auch Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 6 f. zu § 64). Vielmehr ist es durchaus denkbar, dass die Klage hinsichtlich einiger Familienmitglieder Erfolg hat, hinsichtlich anderer - etwa wegen in ihrer Person liegender Gründe (z.B. Fehlen einer allgemeinen Erteilungsvoraussetzung nach § 5 AufenthG) - aber nicht. Im übrigen ist aber auch nicht erkennbar, dass sich die Trennung des Verfahrens des Klägers von demjenigen seiner Eltern und Geschwister in der Sache auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ausgewirkt hat.
18 
Der Kläger hat auch das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Sachbescheidungsinteresse. Die Beklagte hat zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung vorgetragen, über den Antrag des Klägers und seiner Familie auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis vom 15.7.2003 sei kein neuer Bescheid erlassen worden, da keine neuen Umstände vorgetragen worden seien, die einen anderen rechtlich relevanten Sachverhalt als in den Jahren zuvor beträfen, in denen der Kläger bereits mehrmals Anträge gestellt und Petitionen eingereicht habe; die Tatsache, dass er sich integriert habe, stelle lediglich den gewöhnlichen Lauf der Dinge dar. Dem hat das Verwaltungsgericht jedoch zutreffend entgegengehalten, dass der Kläger Gründe vorgetragen hat, die einen sachlichen Anlass für eine erneute Prüfung und förmliche Entscheidung durch Verwaltungsakt boten, weil sich im Hinblick auf seine weiter fortgeschrittene Integration ernsthaft die Frage stellte, ob nunmehr ein Abschiebungshindernis gegeben war oder ob noch an den früheren ablehnenden Entscheidungen festgehalten werden konnte. Vor diesem Hintergrund besteht auch kein Anlass zur Annahme, dass der erneute Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis von der Beklagten als offensichtlich rechtsmissbräuchlich gestellt angesehen und daher unbeachtet gelassen werden durfte (vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., Rnr. 57 zu § 22 m.w.N.; siehe auch OVG Münster, Beschluss vom 27.10.2005 - 13 A 3802.05A -,    InfAuslR 2006, 99).    
19 
Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.4.2001 (11 K 547/01) entgegen. Zwar ist mit diesem ein Anspruch (auch) des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis abgelehnt worden. Damit steht allerdings nur (rechtskräftig) fest, dass ihm zum für die damalige Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt (der mündlichen Verhandlung) keine Aufenthaltsbefugnis zustand (vgl. § 121 VwGO und Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 9 und 28 zu § 121). Der Kläger macht aber gerade geltend, dass ein solcher Anspruch aufgrund der inzwischen vergangenen Zeit und der damit verbundenen fortgeschrittenen Integration nunmehr gegeben ist.
20 
Die Klage ist aber unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Aufenthaltsbefugnis bzw. Aufenthaltserlaubnis hat.
21 
Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis ist zwar noch unter der Geltung des früheren Ausländergesetzes gestellt worden; für die Frage, ob die Erteilung dieses Aufenthaltstitels aus Rechtsgründen geboten ist (Anspruch) oder aus Rechtsgründen ausscheidet (Sperre), ist aber auf das Recht des seit dem 1.1.2005 geltenden Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz - AufenthG -) vom 30.6.2004 (BGBl I S. 1950), abzustellen (vgl. auch § 104 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Im übrigen (Ermessen) kommt es zwar grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides an (siehe dazu allgemein BVerwG, Urteil vom 16.6.2004 - 1 C 20.03 -, InfAuslR 2004, 427; speziell zum Übergang vom AuslG zum AufenthG siehe VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 9.2.2005 - 11 S 1099/04 -, vom 23.2.2005 - 13 S 2949/04 - und vom 22.6.2005 - 13 S 1023/05 -; Jakober/Welte, AufenthG, Rdnr. 34 f. zu § 101; Funke-Kaiser, GK-AufenthG, Rdnr. 2 f. zu § 102); da aber im vorliegenden Verfahren weder ein Bescheid der Beklagten noch ein Widerspruchsbescheid ergangen ist (und damit auch keine behördliche Ermessensausübung stattgefunden hat), ist insgesamt maßgebender Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der Tatsacheninstanz (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.12.1997 - 17 A 5677/95 - juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 6.12.1996 - Bs VI 104/96 -, DÖV 1997, 386).
22 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis; auch eine Aufenthaltserlaubnis im Ermessensweg kommt hier nicht in Betracht.
23 
1. § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG scheiden als Rechtsgrundlage aus, weil der Kläger weder als Asylberechtigter anerkannt noch festgestellt worden ist, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen. Nachdem er das Vorliegen der Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs. 2, 3, 5, oder 7 AufenthG weder vorgetragen hat noch dies sonst erkennbar ist, kommt auch die Anwendung von § 25 Abs. 3 AufenthG nicht in Betracht. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4 Satz 1 AufenthG scheidet aus, weil der Kläger nicht nur einen vorübergehenden Aufenthalt anstrebt. Zudem ist nicht erkennbar, dass dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG kann als Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis schon deshalb nicht herangezogen werden, weil es an einem rechtmäßigen (Vor-)Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet fehlt. Die Vorschrift regelt nämlich die von § 8 Abs. 1 und 2 AufenthG abweichende Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis. Sie setzt daher zwingend voraus, dass der Ausländer bereits über eine verlängerbare Aufenthaltserlaubnis verfügt (vgl. auch den Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-Drs. 15/420 S. 80: "Satz 2 schafft eine Ausnahmemöglichkeit für Fälle, in denen ein bereits rechtmäßiger Aufenthalt besteht…"). In Betracht kommt danach allein die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Jedoch sind auch die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht gegeben.
24 
2. Auch nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann dem Kläger keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Seine Ausreise ist nämlich nicht aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich.
25 
Nachdem der - vollziehbar ausreisepflichtige - Kläger inzwischen im Besitz eines gültigen vietnamesischen Reisepasses ist, ist das ursprünglich bestehende tatsächliche Ausreisehindernis entfallen. Es ist auch sonst weder vorgetragen noch erkennbar, dass seiner Ausreise ein tatsächliches Ausreisehindernis entgegensteht.
26 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liegt im Fall des Klägers aber auch kein rechtliches Ausreisehindernis vor. Er macht insoweit geltend, dass seine Integration in die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf Art. 8 EMRK einer Aufenthaltsbeendigung entgegensteht. Damit beruft er sich in der Sache auf die Unzumutbarkeit einer (freiwilligen) Ausreise.
27 
Ob auch die Unzumutbarkeit der Ausreise - deren Vorliegen unterstellt - zu ihrer rechtlichen Unmöglichkeit i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG führt, wird unterschiedlich beurteilt. Gegen diese Auffassung könnte sprechen, dass die behauptete Unzumutbarkeit eine freiwillige Ausreise des Klägers aus der Bundesrepublik Deutschland nicht von vornherein ausschließt. Dementsprechend wird unter Hinweis auf den Gesetzeswortlaut des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG teilweise die Auffassung vertreten, es komme auf die Zumutbarkeit einer Ausreise nicht an (vgl. VG Lüneburg, Beschluss vom 23.9.2005 - 3 B 70/05 -, juris; Renner, AuslR, 8. Aufl., Rnr. 34 zu § 25 AufenthG; Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, Rnr. 22 und 23a zu § 25). Andererseits ist jedoch nach der Gesetzesbegründung zu § 25 Abs. 5 AufenthG (BT-Drs. 15/420, S. 80) bei der Frage, ob eine Ausreisemöglichkeit besteht, auch die subjektive Möglichkeit - und damit implizit auch die Zumutbarkeit - der Ausreise zu prüfen (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.4.2005 - 11 S 2779/04 -, VBlBW 2005, 356; Hessischer VGH, Beschluss vom 1.6.2005 - 3 TG 1273/05 -, Asylmagazin 9/2005, 33; VG Koblenz, Urteil vom 10.10.2005 - 3 K 147/05.KO -, InfAuslR 2006, 25; VG Karlsruhe, Urteil vom 7.9.2005 - 4 K 1390/03 -; Göbel-Zimmermann, ZAR 2005, 275, 278; Benassi, InfAuslR 2005, 357, 362). Daher geht der Senat davon aus, dass auch die Unzumutbarkeit der Ausreise eine rechtliche Unmöglichkeit i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG darstellt. Hierfür spricht auch, dass kein Wille des Gesetzgebers erkennbar ist, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Vergleich zur früheren Regelung in § 30 Abs. 3 und 4 AuslG insoweit zu verschärfen. Letztlich bedarf diese Frage hier aber keiner abschließenden Entscheidung. Denn im Fall des Klägers ist die Ausreise möglich und zumutbar, weil ihr weder Art. 6 GG noch Art. 8 EMRK entgegenstehen.
28 
a) Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet den Staat, die Einheit und Selbstverantwortlichkeit von Ehe und Familie zu respektieren und zu fördern. Art. 6 Abs. 2 GG garantiert das Elternrecht im Interesse des Kindeswohls und schützt die freie Entscheidung der Eltern darüber, wie sie ihrer Elternverantwortung gerecht werden wollen, vor staatlichen Eingriffen (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 22.8.2000 - 2 BvR 1363/00 -, juris). Art. 6 Abs. 3 GG regelt die grundsätzlichen Voraussetzungen, unter denen Kinder gegen den Willen der Erziehungsberechtigten von der Familie getrennt werden dürfen.
29 
Da im vorliegenden Fall die Familie nicht getrennt werden soll, sondern vielmehr der gesamten Familie ein Aufenthaltsrecht verweigert wird und nach dem Willen der Beklagten alle Familienmitglieder in das Land ihrer Staatsangehörigkeit zurückkehren sollen, ist der Schutzbereich der genannten Gewährleistungen von vornherein nicht tangiert. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers von demjenigen seiner Familienangehörigen abgetrennt und vorab entschieden hat, ändert hieran nichts, zumal nach den unbestritten gebliebenen Angaben der Beklagten und des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat weiterhin eine gemeinsame Aufenthaltsbeendigung der Familie des Klägers angestrebt wird.
30 
b) Nach Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950 (BGBl II 1952, 686, 953/II 1954, 14) - EMRK - hat jedermann Anspruch auf Achtung (u.a.) seines Privat- und Familienlebens. Art. 8 Abs. 2 EMRK nennt die Voraussetzungen, unter denen der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts statthaft ist.
31 
Soweit Art. 8 Abs. 1 EMRK (auch) den Schutz des Familienlebens garantiert, scheidet eine Verletzung dieser Bestimmung aus den bereits genannten Gründen aus. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist auch geklärt, dass Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht das Recht gewährt, den Ort zu wählen, der nach Ansicht der Betroffenen am besten geeignet ist, ein Familienleben aufzubauen (Urteil der Großen Kammer vom 9.10.2003 - 48321/99 - Slivenko/Lettland, § 94, wobei hier der Begriff des Familienlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK in Bezug auf Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung ausdrücklich verstanden wird als das auf dem Gebiet eines Vertragstaates tatsächlich geführte Familienleben von Nicht-Staatsangehörigen, die sich dort rechtmäßig aufhalten ["by aliens lawfully resident there"]; Entscheidung vom 7.10.2004 - 33743/03 - , NVwZ 2005, 1043,1045).
32 
Die Weigerung, dem Kläger ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu gewähren, kann daher allenfalls einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in sein Recht auf Achtung seines Privatlebens darstellen. Ein nicht gerechtfertigter Eingriff i. S. des Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK liegt jedoch hier nicht vor.
33 
Nach seiner ursprünglichen Konzeption dient dieses Recht dazu, dem Individuum eine Sphäre zu sichern, in der es die Entwicklung und Erfüllung seiner Persönlichkeit anstreben kann. Wenn der Staat Regeln für das Verhalten in dieser Sphäre trifft, greift er in das Recht auf Achtung der Privatsphäre ein, was der Rechtfertigung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK bedarf (vgl. zum Schutzbereich des Privatlebens: Frowein/Penkert, EMRK, 1996, Rnr. 1 ff. zu Art. 8). Nach der Rechtsprechung des EGMR (Urteil vom 16.6.2005 - 60654/00 -, auszugsweise abgedr. in InfAuslR 2005, 349) stellt auch eine Aufenthaltsbeendigung bzw. die Verweigerung eines Aufenthaltsrechts jedenfalls dann einen - rechtfertigungsbedürftigen - Eingriff in das Privatleben dar, wenn der Ausländer über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat verfügt. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung mit der Bundesrepublik Deutschland als Aufenthaltsstaat kann danach insbesondere für solche Ausländer in Betracht kommen, die auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland so eng mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden sind, dass sie quasi deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind. Ihre Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Bundesrepublik Deutschland faktisch das Land ist, zu dem sie gehören, während sie mit ihrem Heimatland im wesentlichen nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (vgl. auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999 - 4 L 195/98 -, juris; zur Bedeutung der engen Bindung an den Aufenthaltsstaat im Zusammenhang mit dem "Schutz des Familienlebens" s. auch EGMR, Urteile vom 26.3.1992 , InfAuslR 1994, 86 ff., und vom 26.9.1997 , InfAuslR 1997, 430, sowie BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.).
34 
Ein der Rechtfertigung bedürftiger Eingriff in die von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Rechte durch Versagung des Aufenthalts für einen Ausländer liegt allerdings regelmäßig nur dann vor, wenn sein Privat- bzw. Familienleben in dem betreffenden Land fest verankert ist und sich nicht auf eine lose Verbindung beschränkt (vgl. BVerwG, Urteile vom 3.6.1997 - 1 C 18/96 -, NVwZ 1998, 189 ff. m.w.N., und vom 29.3.1996 - 1 C 28/94 -, InfAuslR 1997, 24 ff.). Hierzu gehört grundsätzlich - als Basis - eine entsprechende aufenthaltsrechtliche Verankerung. Diese Voraussetzung ist in den Fällen bloßer Duldungen, in deren Besitz der Kläger sich befindet, aber regelmäßig nicht erfüllt. Eine Duldung gewährt nämlich keinen legalen, ordnungsgemäßen Aufenthalt, sondern schützt den Ausländer lediglich vorübergehend vor einer sonst rechtlich zwingend gebotenen Abschiebung und lässt seine Ausreisepflicht unberührt (vgl. §§ 55 Abs. 1, 56 Abs. 1 AuslG bzw. § 60a Abs. 1 - 3 AufenthG). Sie führt nicht zur Erlangung eines aufenthaltsrechtlichen Status, der berechtigterweise die Erwartung hervorrufen kann, in Deutschland bleiben zu dürfen (vgl. zu diesem Kriterium auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999, a.a.O.). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs kann daher eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und insoweit schutzwürdige Eingliederung in die in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Lebensverhältnisse während des Aufenthalts eines Ausländers, der sich nicht rechtmäßig in Deutschland aufhält, grundsätzlich nicht erfolgen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.9.2003 - 11 S 1795/03 -, InfAuslR 2004, 70 ff. und Beschluss vom 24.11.2005 - 11 S 1078/05 -; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 2.11.2005 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 70,71).
35 
In der - ohnehin stark kasuistisch geprägten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.) - Rechtsprechung des EGMR ist die Frage, welche rechtliche Qualität ein Aufenthalt haben muss, um Grundlage eines i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK schützenswerten Privat- oder Familienlebens sein zu können, soweit ersichtlich allerdings nicht eindeutig geklärt (offen gelassen z. B. im Urteil vom 16.9.2004 , a.a.O.). Es kann  aber jedenfalls festgehalten werden, dass allein ein langdauernder faktischer Aufenthalt auch aus der Sicht des EGMR hierfür nicht ausreichend ist. In der Entscheidung heißt es ausdrücklich, Art. 8 Abs. 1 EMRK dürfe nicht so ausgelegt werden, als verbiete er allgemein die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nur deswegen, weil dieser sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten habe (im Ergebnis ebenso EGMR vom 7.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O.). In beiden Verfahren hatten sich die Beschwerdeführer zwar viele Jahre in Deutschland aufgehalten, jedoch einen Aufenthaltstitel nicht oder nur für sehr kurze Zeit erlangt. Auf dieses fehlende Aufenthaltsrecht hat der EGMR bei seinen Entscheidungen jeweils maßgeblich abgestellt. Eine rechtsgrundsätzliche Festlegung im Sinne der Entbehrlichkeit eines rechtmäßigen Aufenthalts dürfte auch der Entscheidung vom 16.6.2005 (- 60654/00 -, Sisojewa/Lettland, auszugsweise abgedruckt in InfAuslR 2005, 349) nicht zu entnehmen sein. Zwar wird darin ein auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 1 EMRK begründeter Anspruch auf dauerhafte Legalisierung des Aufenthalts anerkannt. Der Fall ist indessen von der Besonderheit geprägt, dass die Beschwerdeführer zum einen lange Zeit ordnungsgemäß im Vertragsstaat gewohnt hatten und ihr aufenthaltsrechtlicher Status erst im Anschluss an politische Umwälzungen - die Auflösung der Sowjetunion und die Unabhängigkeit Lettlands - aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit in Frage gestellt worden ist (siehe §§ 57 f. und 94), und ihnen zum anderen jedenfalls die rechtliche Möglichkeit eröffnet war, einen befristeten legalen Aufenthaltsstatus zu erlangen (siehe hierzu insbesondere die abweichende Meinung der Richterinnen V und B). Eine vergleichbare Situation ist beim Kläger indes nicht gegeben.
36 
Allerdings legt die - sehr einzelfallbezogene - Rechtsprechung des EGMR  die Annahme nahe, dass ein schutzwürdiger Aufenthalt im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK auch beim Vorhandensein einer Duldung jedenfalls nicht von vornherein ausscheidet. Vielmehr dürfte es aus Sicht des EGMR maßgeblich darauf ankommen, warum der betreffende Ausländer sich trotz des Fehlens eines Aufenthaltsrechts im Aufnahmestaat aufhält, ob ihm eine Ausreise grundsätzlich möglich und zumutbar wäre und ob die Aufenthaltsbeendigung aus von ihm zu vertretenden Gründen oder auf Grund anderer Umstände (etwa wegen der Verhältnisse im Heimatstaat) nicht möglich ist.
37 
Selbst wenn zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen wird, dass auch ein - wie hier - rechtlich ungesicherter Aufenthalt Grundlage für die Annahme eines schutzwürdigen Privatlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK sein kann, ist die daraus folgende Rechtsposition jedoch im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaates zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Nach dieser Bestimmung ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts aus Absatz 1 nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Eine wirksame Einwanderungskontrolle stellt auch nach der Rechtsprechung des EGMR eine Maßnahme dar, die in einer demokratischen Gesellschaft aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig ist (vgl. Entscheidung vom 16.9.2004 in der Sache Ghiban, a.a.O.). In seiner grundlegenden Entscheidung zur Bedeutung der EMRK im Recht des Aufenthalts von Ausländern vom 28.5.1985 (, NJW 1986, 3007 ff.) hat der EGMR zudem betont, dass zum einen die Vertragsstaaten im Bereich des nicht klar umrissenen Begriffs der  "Achtung"  des Familien- und Privatlebens über einen weiten Ermessensspielraum verfügen und sie zum anderen das Recht haben, die Einwanderung von Personen, die nicht ihre Nationalität haben, in ihr Staatsgebiet zu kontrollieren. In seinen Entscheidungen vom 16.9.2004 (, NVwZ 2005, 1046 ff.) und 7.10.2004 (, NVwZ 2005, 1043) hat er nochmals darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen zu werden. Die Vertragsstaaten hätten vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden.  Wie dargelegt, verbietet Art. 8 EMRK die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen zudem nicht allein deswegen, weil er sich "eine bestimmte Zeit" im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten hat. Vielmehr bedarf es näherer Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückkehr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unzumutbar ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.). Allein der Umstand, dass ein Ausländer als Kind in den Vertragsstaat eingereist und dort aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, rechtfertigt einen solchen Schluss jedoch noch nicht (in diesem Sinne siehe EGMR, Entscheidung vom 7.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O., hinsichtlich der dortigen Beschwerdeführer zu 2 und 3). Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist neben der Dauer des Aufenthalts insbesondere, ob der Ausländer ein Alter erreicht hat, in dem ihm ein Hineinwachsen in die Lebensumstände des Staates seiner Staatsangehörigkeit in der Regel nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen kann (vgl. dazu OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999, a.a.O.), wobei gerade auch die Sprachkenntnisse des Betroffenen bzw. dessen sprachliche Integrationsfähigkeit im Heimatland in Betracht zu ziehen sind (siehe zu den einzelnen Gesichtspunkten die Nachweise aus der Rechtsprechung des EGMR in BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.).
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Vor dem dargestellten Hintergrund ist im Fall des Klägers bei Abwägung aller Umstände nicht festzustellen, dass die Verweigerung der Legalisierung seines Aufenthalts und die geplante Aufenthaltsbeendigung unverhältnismäßig ist und daher gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK verstößt. Dabei ist es nach Auffassung des Senats nicht ausreichend, bei der Beurteilung der Integration des Klägers gleichsam isoliert nur in den Blick zu nehmen, inwieweit er selbst - etwa im Hinblick auf Sprachkenntnisse, Schulbesuch und persönlichen Umgang - in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt ist. Vielmehr kommt dabei auch der Frage Bedeutung zu, in welchem Umfang seine Familie sich in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse integriert hat. Denn für die Beurteilung der Verwurzelung des Klägers kommt es auch entscheidend darauf an, ob bzw. inwieweit seine familiären Verhältnisse an das Leben in der Bundesrepublik Deutschland angeglichen sind und welche Verbindungen insoweit noch zum Land seiner Staatsangehörigkeit bestehen. Für eine solche Gesamtbetrachtung spricht nicht nur die Bezugnahme auf das "Familienleben" als paralleles Schutzgut des Art. 8 Abs. 1 EMRK, sondern auch die Tatsache, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt in der Bundesrepublik Deutschland nicht allein sichern könnte, sondern hierfür auf die Unterstützung seiner Familie angewiesen ist. Sein Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland kann auch insoweit rechtlich nicht isoliert von demjenigen seiner Familie, insbesondere seiner Eltern, beurteilt werden. Zudem wären auch Fallgestaltungen denkbar, in denen nur ein Kind in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert ist, andere Kinder dagegen auf Rückkehr in den Heimatstaat angewiesen wären.
39 
Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung sind bei dieser Gesamtbetrachtung - sowohl zu seinen Gunsten wie zu seinen Lasten - auch solche Gesichtspunkte berücksichtigungsfähig, welche (etwa im Hinblick auf die unterbliebene Ausreise aus dem Bundesgebiet) auf das Verhalten seiner Eltern zurückzuführen sind.  Er muss sich das Verhalten seiner Eltern schon deshalb zurechnen lassen, weil er als Kind grundsätzlich deren aufenthaltsrechtliches Schicksal teilt und sich nur deshalb bis heute in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten konnte, weil diese ihrer bestehenden Ausreisepflicht nicht nachgekommen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.4.1997 - 1 B 74/97 -, juris). Hierfür spricht auch, dass das Aufenthaltsgesetz ein selbständiges Aufenthaltsrecht für Kinder erst nach Vollendung des 16. Lebensjahres vorsieht (vgl. § 35 Abs. 1 AufenthG) und sie auch erst ab diesem Alter für verfahrensfähig erklärt (vgl. § 80 Abs. 1 AufenthG). Daran zeigt sich, dass der Gesetzgeber auch beim Aufenthaltsgesetz an der Konzeption festgehalten hat, wonach das Aufenthaltsrecht von Kindern bis zum 16. Lebensjahr dem der Eltern folgt; damit wird im übrigen auch ihre Integrationsfähigkeit in andere Lebensverhältnisse generell unterstellt (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 21.9.1994 - 10 UE 548/94 -, NVwZ-RR 1995, 163). Auch sonst geht die Rechtsprechung bei Abschiebungshindernissen von Kindern davon aus, dass die familiäre Unterstützung im Heimatland mit zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.9.1999 - 9 C 12.99 -, BVerwGE 109, 305 und Urteil vom 27.7.2000 - 9 C 9.00 -, InfAuslR 2001, 52). Die Berücksichtigung der rechtlichen Bindung des Kindes an seine Eltern entspricht auch den Regelungen des deutschen Familienrechts, wonach Kinder den Wohnsitz der Eltern teilen (§ 11 BGB) und diesen im Rahmen der elterlichen Sorge das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihr Kind zusteht (§§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB). Nach §§ 1666, 1666a BGB kommt ein Eingriff in dieses Recht, insbesondere eine Trennung, nur ausnahmsweise in Betracht. Der Senat hat bei der Frage, ob eine Ausreise für ein Kind aus Rechtsgründen unzumutbar ist, wegen des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung im übrigen auch die insofern eher zurückhaltende Rechtsprechung zu §§ 1631,1666 BGB zu bedenken.
40 
Bei der danach gebotenen Gesamtschau ist zu Gunsten des Klägers in die Erwägungen einzustellen, dass er, wie auch seine Geschwister, in der Bundesrepublik Deutschland geboren und aufgewachsen ist; er beherrscht - wie die mündliche Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat - die deutsche Sprache sehr gut, besucht mit überdurchschnittlichem Erfolg die Realschule und möchte anschließend auf das Gymnasium wechseln. Zudem nimmt er am sozialen Leben in seiner Wohngemeinde teil. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass er sich nach seinen Angaben bisher niemals in Vietnam, dem Land seiner Staatsangehörigkeit, aufgehalten hat, dieses also nicht aus eigener Anschauung kennt.
41 
Andererseits kann aber nicht außer Acht gelassen werden, dass die Eltern des Klägers bisher in weit geringerem Maß in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert sind als er, weshalb die innerfamiliären Lebensverhältnisse auch heute noch in erheblichem Maß von der vietnamesischen Herkunft der Gesamtfamilie geprägt werden. Dabei ist in der Verhandlung vor dem Senat vor allem aufgefallen, dass der Vater des Klägers, trotz des langjährigen Aufenthalts, die deutsche Sprache verhältnismäßig schlecht beherrscht, weshalb der Kläger die Fragen des Senats und die Antworten seines Vaters zumeist übersetzen musste. Nach Angaben des Klägers spricht sein Vater allerdings besser Deutsch als seine Mutter, weshalb bei ihr von einer noch geringeren Beherrschung der deutschen Sprache ausgegangen werden muss. Schon diese geringen Sprachkenntnisse der Eltern legen es nahe, dass bei ihnen keine fortgeschrittene Integration angenommen werden kann. Darüber hinaus hat die Familie des Klägers in der Zeit von 1990 bis zum Februar 2000 Sozialhilfe (teilweise in voller Höhe, teilweise als zusätzliche Leistung) bezogen, was für diesen Zeitraum gegen eine gelungene Integration - jedenfalls in wirtschaftlicher Hinsicht - spricht.
42 
Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt über einen rechtmäßigen und damit längerfristig gesicherten Aufenthalt in Deutschland verfügt hat. Dem Umstand, dass seine Eltern im Jahr 1987 als Vertragsarbeitnehmer in die DDR gelangt sind und dort ein bis zum Jahr 1992 gültiges Aufenthaltsrecht erhalten haben, kommt dabei keine entscheidende Bedeutung zu. Ungeachtet der Frage, ob und gegebenenfalls welche Wirkungen dieses Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland entfaltet hat, waren sie nämlich jedenfalls nach dem Abschluss ihrer Asylverfahren vollziehbar ausreisepflichtig und durchgehend nur im Besitz von Duldungen, die ihre Ausreisepflicht unberührt gelassen haben. Ab diesem Zeitpunkt konnte aber weder für sie noch für den Kläger von einem begründeten Vertrauen auf einen dauerhaften Aufenthalt ausgegangen werden. Hinzu kommt, dass die Dauer des Aufenthalts maßgeblich dadurch zustande gekommen ist, dass die Eltern des Klägers nach dem rechtskräftigen Abschluss ihrer Asylverfahren trotz der bestehenden Ausreisepflicht mehrere weitere (erfolglose) Verfahren zur Erlangung eines Aufenthaltsrechts eingeleitet haben. Sie haben bereits im Jahr 1995 einen erfolglosen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis gestellt, im Jahr 1997 ebenfalls erfolglos eine Petition eingereicht und am 15.3.2000 einen - ebenfalls erfolglosen -  Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis auf der Grundlage von § 32 AuslG i.V.m. dem Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg über die Härtefallregelung für ausländische Familien mit langjährigem Aufenthalt vom 12.1.2000 - Az.: 4-1340/29 -gestellt (das damals beim Verwaltungsgericht Stuttgart anhängige Klageverfahren hat währenddessen geruht). Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Vater des Klägers einer am 28.12.1995 erfolgten Vorladung wegen einer beabsichtigten Passbeschaffung unentschuldigt nicht nachgekommen ist und sich - wie die Beklagte in einem Schreiben an die damaligen Bevollmächtigten der Eltern des Klägers vom 17.5.2000 ausgeführt hat - später auch weigerte, Angaben bezüglich seines letzten Aufenthaltes in Vietnam zu machen. So wird auch im Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.4.2001 (11 K 547/01) ausgeführt, die Kläger (gemeint: die Eltern des Klägers) hätten hinsichtlich der Passlosigkeit ihren diesbezüglichen Mitwirkungspflichten nicht genügt und seien mündlichen und schriftlichen Aufforderungen der Ausländerbehörde zum Ausfüllen von Passanträgen nicht nachgekommen bzw. hätten entsprechenden Vorladungen nicht Folge geleistet. Es kann wohl davon ausgegangen werden, dass eine Aufenthaltsbeendigung in der Vergangenheit möglich gewesen wäre, wenn sich die - vollziehbar ausreisepflichtigen - Eltern des Klägers um Reisepapiere bemüht hätten.
43 
Zugunsten des Klägers fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht, dass sein Aufenthalt und der Aufenthalt seiner Familie seit dem Abschluss der Asylverfahren der Eltern im Jahr 1995 von der Beklagten nicht zwangsweise beendet worden ist. Es erscheint bereits als grundsätzlich zweifelhaft, ob ein Ausländer, der vollziehbar zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet ist und dieser gesetzlichen Verpflichtung freiwillig nachkommen könnte, sich   überhaupt auf die unterlassene Vollstreckung der Ausreiseverpflichtung berufen kann. Hat ein Ausländer die seiner freiwilligen Ausreise und seiner Abschiebung entgegenstehenden Hindernisse zu vertreten, so ist er nämlich nach der Rechtsprechung verpflichtet, die ihm entstehenden Nachteile gering zu halten, indem er sich frühzeitig und nachhaltig um die Beseitigung des Ausreisehindernisses bemüht. Zudem hat er Nachteile, die sich hieraus ergeben, grundsätzlich hinzunehmen und kann nicht darauf vertrauen, eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.4.1997 - 1 B 74/97 -, juris). Davon abgesehen lagen vorliegend aber auch nachvollziehbare Gründe dafür vor, dass eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung der Familie des Klägers in der Vergangenheit nicht erfolgt ist. Zum einen hat sein Vater - wie ausgeführt - die Mitwirkung an der Beschaffung von Reisepapieren mehrfach verweigert. Zum anderen stellte sich eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung der Familie auf der Grundlage des am 21.7.1995 unterzeichneten "Deutsch-Vietnamesischen Rückübernahmeabkommens" nach den unbestrittenen Angaben der Beklagten bzw. des Regierungspräsidiums Stuttgart als schwierig und langwierig dar.  
44 
Beim Kläger ist auch die Annahme gerechtfertigt, dass er sich in die vietnamesischen Lebensverhältnisse wird einleben können. Wie er schon in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht angegeben hat, verfügt er durchaus über vietnamesische Sprachkenntnisse. Dies hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Zwar hat er hier zunächst gemeint, seine Vietnamesischkenntnisse seien eher schlecht. Allerdings spricht er zuhause nach seinem eigenen Vortrag mit den Eltern Vietnamesisch. In der mündlichen Verhandlung hat er zudem die an seinen Vater gerichteten Fragen des Senats übersetzt, was ihm offenbar keine besonderen Schwierigkeiten bereitet hat. Danach muss der Kläger jedoch über zumindest so gute Kenntnisse der vietnamesischen Sprache verfügen, dass ihm eine Verständigung mit seinen Eltern im Alltagsleben möglich ist. Angesichts seines Alters ist zudem die Annahme gerechtfertigt, dass er diese Kenntnisse der vietnamesischen Sprache weiter ausbauen kann (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.9.2002 - 11 S 862/02 -, NVwZ-RR 2003, 307, 308 f.; Urteil vom 27.1.2004 - 10 S 1610/03 -, VBlBW 2004, 308, 311; Beschluss vom 2.11.2004 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 71;  ferner EGMR, Urteil vom 27.10. 2005 - 32231 - , InfAuslR 2006, 3; Urteil vom 5.7.2005 - 46410/99 - <Üner>, InfAuslR 2005, 450). Soweit er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat, er könne die vietnamesische Sprache nicht lesen und schreiben, ist zu berücksichtigen, dass er sich in einem Alter befindet, in dem der Erwerb dieser Kenntnisse jedenfalls noch als zumutbar erscheint, zumal auch diese Sprache lateinische Buchstaben verwendet, wie der Kläger in der Verhandlung nochmals bestätigt hat. Dies gilt umso mehr, als er - wie dargelegt - die vietnamesische Sprache jedenfalls recht gut spricht. Hinzu kommt, dass er nicht allein, sondern gemeinsam mit seiner Familie nach Vietnam übersiedeln soll, dort also nicht auf sich allein gestellt sein wird, sondern insbesondere mit der Unterstützung seiner Eltern rechnen kann, die mit den vietnamesischen Lebensverhältnissen noch hinreichend vertraut sein dürften. Zudem befinden sich noch seine Großeltern in Vietnam, mit welchen die Familie regelmäßigen Kontakt pflegt. Auch dies dürfte ein Einleben in die vietnamesischen Lebensverhältnisse erleichtern.
45 
Unter Abwägung aller Gesichtspunkte kann der Kläger daher auch aus der Tatsache, dass er hier geboren und aufgewachsen ist und hier seine Schulausbildung erhalten hat bzw. derzeit erhält, nicht ableiten, dass die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG in seinem Fall einen unzulässigen Eingriff i.S.d. Art. 8 Abs. 2 EMRK darstellt.
46 
c) Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass die Versagung einer Legalisierung des Aufenthalts des Klägers zu einem verfassungsrechtlich unzulässigen Eingriff in grundgesetzliche Gewährleistungen aus Art. 1, 2 oder 3 GG führt.
47 
Fehlt es danach bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, bedarf keiner Erörterung, ob das Ermessen der Beklagten - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - dergestalt reduziert ist, dass ermessensfehlerfrei allein die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in Betracht kommt (sog. "Ermessensreduzierung auf Null").
48 
3. Auch § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG, wonach die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden "soll", wenn die Abschiebung 18 Monate lang ausgesetzt ist, verschafft dem Kläger keinen selbständigen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Denn § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG setzt das Vorliegen der Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG voraus. Dies folgt daraus, dass § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG systematisch an den Tatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG anknüpft und nur die dort vorgesehene Rechtsfolge ("kann") im Sinne eines "soll" modifiziert, sofern das zusätzliche Tatbestandsmerkmal "Aussetzung der Abschiebung seit 18 Monaten" erfüllt ist (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.4.2005 - 11 S 2779/04 -, juris). Bereits der Tatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG ist hier aber nicht erfüllt, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt.
49 
4. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 32 Abs. 4 AufenthG. Nach dieser Vorschrift kann dem minderjährigen ledigen Kind eines Ausländers (im übrigen, d. h. wenn die Voraussetzungen der Absätze 1 bis 3 - wie hier - nicht vorliegen) eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn es auf Grund der Umstände des Einzelfalls zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist. Hierbei sind das Kindeswohl und die familiäre Situation zu berücksichtigen (Satz 2).
50 
Es kann vorliegend offen bleiben, ob einem Anspruch auf Grund dieser Bestimmung schon entgegensteht, dass der Kläger im Verwaltungs- und Klageverfahren ausdrücklich (nur) die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis beantragt hat, welcher nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 AufenthG entspricht (vgl. § 101 Abs. 2 AufenthG). Denn er erfüllt jedenfalls nicht die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 AufenthG. Allerdings steht der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf dieser Grundlage wohl nicht entgegen, dass er in der Bundesrepublik Deutschland geboren ist. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Vorgängerbestimmung des § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG war diese nämlich auch auf Kinder anwendbar, die im Bundesgebiet geboren sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.5.2004 - 13 S 2833/02 -, InfAuslR 2004, 385 = VBlBW 2004, 354). Dies dürfte auch für die insoweit übereinstimmende Regelung des § 32 Abs. 4 AufenthG angenommen werden können.
51 
Im Fall des Klägers kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Vermeidung einer besonderen Härte in diesem Sinne erforderlich ist. Das Vorliegen einer solchen Härte setzt voraus, dass die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis den minderjährigen Ausländer in den Folgen deutlich ungleich schwerer trifft als andere Ausländer in vergleichbarer Lage (vgl. - zu § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG - VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.5.2004, a.a.O. m.w.N.; Hailbronner, AuslR, Stand: 6/2005, Rnr. 28 f. zu § 32 AufenthG). Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass der Zweck des § 32 AufenthG darin besteht, den von dieser Bestimmung begünstigten Familienmitgliedern einen gemeinsamen rechtmäßigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen, um dem sich aus Art. 6 GG ergebenden Schutz von Ehe und Familie Rechnung zu tragen (vgl. hierzu die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 15/420, S. 83). Eine besondere Härte im Sinne dieser Bestimmung kann vor diesem Hintergrund aber nur dann angenommen werden, wenn die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis ein solches Zusammenleben in der Bundesrepublik Deutschland hindert. Angesichts des Umstandes, dass sowohl die Eltern des Klägers als auch seine Geschwister vollziehbar ausreisepflichtig sind und nach dem Willen der Beklagten die Bundesrepublik Deutschland gemeinsam mit ihm verlassen sollen, kommt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an ihn schon von der Zweckbestimmung des § 32 Abs. 4 AufenthG her nicht in Betracht. Zudem ist nicht erkennbar, dass die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis eine besondere Härte im dargestellten Sinn begründen könnte, nachdem sie gerade nicht zu einer Trennung von der Familie führt.
52 
5. Auch aus dem Gesetz zu dem Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (BGBl. II 1992, S. 121 ff.) kann der Kläger für das von ihm begehrte Aufenthaltsrecht nichts herleiten. Dieses Übereinkommen ist für die Bundesrepublik Deutschland am 5. April 1992 (BGBl. 1992 II, 990) in Kraft getreten.
53 
Im vorliegenden Fall ist schon zweifelhaft, ob das Übereinkommen Rechte des Klägers begründet, aus welchen sich ein Aufenthaltsrecht ergeben könnte. Auch insofern ist von entscheidender Bedeutung, dass er zusammen mit seinen Eltern und Geschwistern das Bundesgebiet verlassen soll. Das Übereinkommen betont an mehreren Stellen die Achtung vor dem Elternrecht. Insoweit gilt auch bei Heranziehung des Übereinkommens nichts anderes als sonst allgemein im Ausländerrecht, dass nämlich minderjährige Kinder das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern teilen. Aus Art. 20 Abs. 1 des Übereinkommens ergibt sich eine besondere Beistandspflicht des Staates nur für solche Kinder, die aus ihrer familiären Umgebung herausgelöst werden. Dies ist vorliegend gerade nicht der Fall.
54 
Darüber hinaus hat die Bundesrepublik Deutschland bei der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde eine "Erklärung" abgegeben, in der es unter I. Satz 4 und 5 heißt, das Übereinkommen finde innerstaatlich keine unmittelbare Anwendung. Es begründe völkerrechtliche Staatenverpflichtungen, die die Bundesrepublik Deutschland nach näherer Bestimmung ihres mit dem Übereinkommen übereinstimmenden innerstaatlichen Rechts erfülle. Des weiteren wird unter IV. eine bereits am 23. Februar 1989 in Genf abgegebene Erklärung bekräftigt, nach der nichts in dem Übereinkommen dahingehend ausgelegt werden könne, dass die widerrechtliche Einreise eines Ausländers in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland oder dessen widerrechtlicher Aufenthalt dort erlaubt sei; auch könne keine Bestimmung dahin ausgelegt werden, dass sie das Recht der Bundesrepublik Deutschland beschränke, Gesetze und Verordnungen über die Einreise von Ausländern und die Bedingungen ihres Aufenthalts zu erlassen oder Unterschiede zwischen Inländern und Ausländern zu machen.
55 
Die von der Bundesrepublik Deutschland bei der Ratifikation des Vertrages gemachten Vorbehalte schließen die Ableitung von Rechten aus dem Übereinkommen aus. Es spricht auch nichts dafür, dass diese Vorbehalte nach Art. 51 Absatz 2 des Übereinkommens unzulässig wären.
56 
6. Schließlich ergibt sich auch aus der Landesverfassung Baden-Württemberg nichts für einen Aufenthaltserlaubnisanspruch des Klägers. Dies gilt insbesondere für die in der Rechtsprechung teilweise herangezogene Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 LV, wonach sich das Volk von Baden-Württemberg zu dem unveräußerlichen Menschenrecht auf die Heimat bekennt (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 11.10.2005 - 11 K 5363/03 -). Abgesehen davon, dass die Regelungen der Landesverfassung den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes nachrangig sind (Art. 31 GG), kann sich eine eigene Rechtsposition des Klägers hieraus schon deshalb nicht ergeben, weil es sich dabei nicht um ein Grundrecht handelt, sondern um einen Programmsatz, der allenfalls die Rechtspflicht der Staatsorgane begründet, zur Verwirklichung des Rechts auf Heimat das ihnen Mögliche beizutragen (vgl. Braun, Kommentar zur Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1984, Rnr. 133 ff. zu Art. 2; Hollerbach in: Feuchte, Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1987, Rnr. 25 ff. zu Art. 2). Nachdem die für den Kläger sprechenden Gesichtspunkte, insbesondere seine fortgeschrittene Integration in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse, bereits über Art. 8 EMRK in Verbindung mit § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG umfassend berücksichtigt worden sind, ist nicht erkennbar, dass sich aus dem Recht auf Heimat insoweit zusätzliche, zugunsten des Klägers zu berücksichtigende Gesichtspunkte ergeben könnten. Danach bedarf auch keiner weiteren Vertiefung, ob der Kläger vom Begriff des "Volkes" in Art. 2 Abs. 2 LV überhaupt erfasst wird.
57 
7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO kommt vorliegend nicht in Betracht. Nach dieser Bestimmung fallen in den Fällen des § 75 die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte. Es kann offen bleiben, ob die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil eine streitige Gerichtsentscheidung ergeht (hierzu Ring, NVwZ 1995, 1191; Kopp/Schenke, a.a.O. Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.). Denn § 161 Abs. 3 VwGO ist jedenfalls dann nicht anzuwenden, wenn ein Kläger das anhängige Klageverfahren nach negativer Bescheidung durch die Behörde zunächst fortsetzt und es entweder erst später für erledigt erklärt wird oder streitig über die Sache entschieden werden muss. In einem solchen Fall besteht für eine Kostenüberbürdung auf den Beklagten nach § 161 Abs. 3 VwGO keine Rechtfertigung mehr, weil sich die verzögerte Bescheidung als nicht mehr kausal für den nach dem Erlass des Verwaltungsaktes fortgesetzten Prozess erweist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.7.1991 - 3 C 56/90 -, NVwZ 1991, 1180; Beschluss vom 28.4.1992 - 3 C 50/90 -, Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 94; Clausing in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, Stand 2005, Rnr. 41 zu § 161;  Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.). Diese Grundsätze sind auch hier anzuwenden. Zwar hat die Beklagte bislang keinen förmlichen Bescheid erlassen; sie hat sich jedoch in der beim Verwaltungsgericht vorgelegten Klageerwiderung vom 23.12.2003 zur Sache geäußert und dabei die Gründe, aus welchen nach ihrer Auffassung die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis an den Kläger (und seine Familie) weiterhin ausscheidet, ausführlich dargestellt. Der Kläger hätte danach - in gleicher Weise wie nach dem Ergehen eines Bescheides - die Möglichkeit gehabt, das Verfahren nach Kenntnis der Rechtsauffassung der Beklagten durch Erledigungserklärung oder Rücknahme (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23.7.1991 und vom 28.4.1992, a.a.O.) zu beenden. Nachdem er hierauf verzichtet hat, ist es nicht mehr gerechtfertigt, ihn für die weitere Prozessführung von jedem Kostenrisiko freizustellen. Der Umstand, dass er im erstinstanzlichen Verfahren erfolgreich gewesen ist, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn dies ändert nichts daran, dass das Unterlassen der Bescheidung seines Antrags durch die Beklagte jedenfalls nach Vorlage der Klageerwiderung für den weiteren Fortgang des Verfahrens nicht mehr ursächlich gewesen ist.
58 
Da der Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO) entspricht es der Billigkeit, dem Kläger auch seine außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).
59 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
60 
Beschluss
61 
vom 18.1.2006
62 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 72 Nr.1 GKG i. d. F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.5.2004, BGBl. I S. 718).
63 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
16 
Die vom Senat zugelassene Berufung ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde rechtzeitig beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (§ 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung, vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO). Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, weil der Kläger keinen Anspruch auf den von ihm begehrten Aufenthaltstitel hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
17 
Entgegen der Auffassung der Beklagten erweist sich das Urteil allerdings nicht schon deshalb als fehlerhaft, weil das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers von demjenigen der übrigen Familienmitglieder abgetrennt und über dieses vorab entschieden hat. Nach § 93 VwGO kann das Gericht durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, dass mehrere in einem Verfahren erhobene Ansprüche in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden. Die Entscheidung über eine Verbindung oder Trennung steht im Ermessen des Gerichts (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., Rdnr. 3 zu § 93 m.w.N.). Es ist vorliegend nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers nach Durchführung der mündlichen Verhandlung abgetrennt hat. Zwar könnte dies anders zu beurteilen sein, wenn zwischen dem Kläger und seinen Familienangehörigen eine notwendige Streitgenossenschaft nach § 64 VwGO i.V.m. § 62 ZPO bestünde (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 4.7.1991 - 4 UE 552/87 -, juris). Dies ist aber - entgegen der Auffassung der Beklagten - hier nicht der Fall. Denn es ist nicht ersichtlich, dass über den vom Kläger und seiner Familie geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zwingend einheitlich (d.h. für jeden Familienangehörigen gleich) entschieden werden muss oder dass aus einem sonstigen Grund eine notwendige Streitgenossenschaft vorliegt (vgl. auch Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 6 f. zu § 64). Vielmehr ist es durchaus denkbar, dass die Klage hinsichtlich einiger Familienmitglieder Erfolg hat, hinsichtlich anderer - etwa wegen in ihrer Person liegender Gründe (z.B. Fehlen einer allgemeinen Erteilungsvoraussetzung nach § 5 AufenthG) - aber nicht. Im übrigen ist aber auch nicht erkennbar, dass sich die Trennung des Verfahrens des Klägers von demjenigen seiner Eltern und Geschwister in der Sache auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ausgewirkt hat.
18 
Der Kläger hat auch das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Sachbescheidungsinteresse. Die Beklagte hat zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung vorgetragen, über den Antrag des Klägers und seiner Familie auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis vom 15.7.2003 sei kein neuer Bescheid erlassen worden, da keine neuen Umstände vorgetragen worden seien, die einen anderen rechtlich relevanten Sachverhalt als in den Jahren zuvor beträfen, in denen der Kläger bereits mehrmals Anträge gestellt und Petitionen eingereicht habe; die Tatsache, dass er sich integriert habe, stelle lediglich den gewöhnlichen Lauf der Dinge dar. Dem hat das Verwaltungsgericht jedoch zutreffend entgegengehalten, dass der Kläger Gründe vorgetragen hat, die einen sachlichen Anlass für eine erneute Prüfung und förmliche Entscheidung durch Verwaltungsakt boten, weil sich im Hinblick auf seine weiter fortgeschrittene Integration ernsthaft die Frage stellte, ob nunmehr ein Abschiebungshindernis gegeben war oder ob noch an den früheren ablehnenden Entscheidungen festgehalten werden konnte. Vor diesem Hintergrund besteht auch kein Anlass zur Annahme, dass der erneute Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis von der Beklagten als offensichtlich rechtsmissbräuchlich gestellt angesehen und daher unbeachtet gelassen werden durfte (vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., Rnr. 57 zu § 22 m.w.N.; siehe auch OVG Münster, Beschluss vom 27.10.2005 - 13 A 3802.05A -,    InfAuslR 2006, 99).    
19 
Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.4.2001 (11 K 547/01) entgegen. Zwar ist mit diesem ein Anspruch (auch) des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis abgelehnt worden. Damit steht allerdings nur (rechtskräftig) fest, dass ihm zum für die damalige Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt (der mündlichen Verhandlung) keine Aufenthaltsbefugnis zustand (vgl. § 121 VwGO und Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 9 und 28 zu § 121). Der Kläger macht aber gerade geltend, dass ein solcher Anspruch aufgrund der inzwischen vergangenen Zeit und der damit verbundenen fortgeschrittenen Integration nunmehr gegeben ist.
20 
Die Klage ist aber unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf die begehrte Aufenthaltsbefugnis bzw. Aufenthaltserlaubnis hat.
21 
Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis ist zwar noch unter der Geltung des früheren Ausländergesetzes gestellt worden; für die Frage, ob die Erteilung dieses Aufenthaltstitels aus Rechtsgründen geboten ist (Anspruch) oder aus Rechtsgründen ausscheidet (Sperre), ist aber auf das Recht des seit dem 1.1.2005 geltenden Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz - AufenthG -) vom 30.6.2004 (BGBl I S. 1950), abzustellen (vgl. auch § 104 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Im übrigen (Ermessen) kommt es zwar grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides an (siehe dazu allgemein BVerwG, Urteil vom 16.6.2004 - 1 C 20.03 -, InfAuslR 2004, 427; speziell zum Übergang vom AuslG zum AufenthG siehe VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 9.2.2005 - 11 S 1099/04 -, vom 23.2.2005 - 13 S 2949/04 - und vom 22.6.2005 - 13 S 1023/05 -; Jakober/Welte, AufenthG, Rdnr. 34 f. zu § 101; Funke-Kaiser, GK-AufenthG, Rdnr. 2 f. zu § 102); da aber im vorliegenden Verfahren weder ein Bescheid der Beklagten noch ein Widerspruchsbescheid ergangen ist (und damit auch keine behördliche Ermessensausübung stattgefunden hat), ist insgesamt maßgebender Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der Tatsacheninstanz (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.12.1997 - 17 A 5677/95 - juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 6.12.1996 - Bs VI 104/96 -, DÖV 1997, 386).
22 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis; auch eine Aufenthaltserlaubnis im Ermessensweg kommt hier nicht in Betracht.
23 
1. § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG scheiden als Rechtsgrundlage aus, weil der Kläger weder als Asylberechtigter anerkannt noch festgestellt worden ist, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen. Nachdem er das Vorliegen der Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs. 2, 3, 5, oder 7 AufenthG weder vorgetragen hat noch dies sonst erkennbar ist, kommt auch die Anwendung von § 25 Abs. 3 AufenthG nicht in Betracht. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4 Satz 1 AufenthG scheidet aus, weil der Kläger nicht nur einen vorübergehenden Aufenthalt anstrebt. Zudem ist nicht erkennbar, dass dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG kann als Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis schon deshalb nicht herangezogen werden, weil es an einem rechtmäßigen (Vor-)Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet fehlt. Die Vorschrift regelt nämlich die von § 8 Abs. 1 und 2 AufenthG abweichende Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis. Sie setzt daher zwingend voraus, dass der Ausländer bereits über eine verlängerbare Aufenthaltserlaubnis verfügt (vgl. auch den Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-Drs. 15/420 S. 80: "Satz 2 schafft eine Ausnahmemöglichkeit für Fälle, in denen ein bereits rechtmäßiger Aufenthalt besteht…"). In Betracht kommt danach allein die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Jedoch sind auch die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht gegeben.
24 
2. Auch nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann dem Kläger keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Seine Ausreise ist nämlich nicht aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich.
25 
Nachdem der - vollziehbar ausreisepflichtige - Kläger inzwischen im Besitz eines gültigen vietnamesischen Reisepasses ist, ist das ursprünglich bestehende tatsächliche Ausreisehindernis entfallen. Es ist auch sonst weder vorgetragen noch erkennbar, dass seiner Ausreise ein tatsächliches Ausreisehindernis entgegensteht.
26 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liegt im Fall des Klägers aber auch kein rechtliches Ausreisehindernis vor. Er macht insoweit geltend, dass seine Integration in die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf Art. 8 EMRK einer Aufenthaltsbeendigung entgegensteht. Damit beruft er sich in der Sache auf die Unzumutbarkeit einer (freiwilligen) Ausreise.
27 
Ob auch die Unzumutbarkeit der Ausreise - deren Vorliegen unterstellt - zu ihrer rechtlichen Unmöglichkeit i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG führt, wird unterschiedlich beurteilt. Gegen diese Auffassung könnte sprechen, dass die behauptete Unzumutbarkeit eine freiwillige Ausreise des Klägers aus der Bundesrepublik Deutschland nicht von vornherein ausschließt. Dementsprechend wird unter Hinweis auf den Gesetzeswortlaut des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG teilweise die Auffassung vertreten, es komme auf die Zumutbarkeit einer Ausreise nicht an (vgl. VG Lüneburg, Beschluss vom 23.9.2005 - 3 B 70/05 -, juris; Renner, AuslR, 8. Aufl., Rnr. 34 zu § 25 AufenthG; Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, Rnr. 22 und 23a zu § 25). Andererseits ist jedoch nach der Gesetzesbegründung zu § 25 Abs. 5 AufenthG (BT-Drs. 15/420, S. 80) bei der Frage, ob eine Ausreisemöglichkeit besteht, auch die subjektive Möglichkeit - und damit implizit auch die Zumutbarkeit - der Ausreise zu prüfen (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.4.2005 - 11 S 2779/04 -, VBlBW 2005, 356; Hessischer VGH, Beschluss vom 1.6.2005 - 3 TG 1273/05 -, Asylmagazin 9/2005, 33; VG Koblenz, Urteil vom 10.10.2005 - 3 K 147/05.KO -, InfAuslR 2006, 25; VG Karlsruhe, Urteil vom 7.9.2005 - 4 K 1390/03 -; Göbel-Zimmermann, ZAR 2005, 275, 278; Benassi, InfAuslR 2005, 357, 362). Daher geht der Senat davon aus, dass auch die Unzumutbarkeit der Ausreise eine rechtliche Unmöglichkeit i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG darstellt. Hierfür spricht auch, dass kein Wille des Gesetzgebers erkennbar ist, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Vergleich zur früheren Regelung in § 30 Abs. 3 und 4 AuslG insoweit zu verschärfen. Letztlich bedarf diese Frage hier aber keiner abschließenden Entscheidung. Denn im Fall des Klägers ist die Ausreise möglich und zumutbar, weil ihr weder Art. 6 GG noch Art. 8 EMRK entgegenstehen.
28 
a) Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet den Staat, die Einheit und Selbstverantwortlichkeit von Ehe und Familie zu respektieren und zu fördern. Art. 6 Abs. 2 GG garantiert das Elternrecht im Interesse des Kindeswohls und schützt die freie Entscheidung der Eltern darüber, wie sie ihrer Elternverantwortung gerecht werden wollen, vor staatlichen Eingriffen (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 22.8.2000 - 2 BvR 1363/00 -, juris). Art. 6 Abs. 3 GG regelt die grundsätzlichen Voraussetzungen, unter denen Kinder gegen den Willen der Erziehungsberechtigten von der Familie getrennt werden dürfen.
29 
Da im vorliegenden Fall die Familie nicht getrennt werden soll, sondern vielmehr der gesamten Familie ein Aufenthaltsrecht verweigert wird und nach dem Willen der Beklagten alle Familienmitglieder in das Land ihrer Staatsangehörigkeit zurückkehren sollen, ist der Schutzbereich der genannten Gewährleistungen von vornherein nicht tangiert. Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren des Klägers von demjenigen seiner Familienangehörigen abgetrennt und vorab entschieden hat, ändert hieran nichts, zumal nach den unbestritten gebliebenen Angaben der Beklagten und des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat weiterhin eine gemeinsame Aufenthaltsbeendigung der Familie des Klägers angestrebt wird.
30 
b) Nach Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950 (BGBl II 1952, 686, 953/II 1954, 14) - EMRK - hat jedermann Anspruch auf Achtung (u.a.) seines Privat- und Familienlebens. Art. 8 Abs. 2 EMRK nennt die Voraussetzungen, unter denen der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts statthaft ist.
31 
Soweit Art. 8 Abs. 1 EMRK (auch) den Schutz des Familienlebens garantiert, scheidet eine Verletzung dieser Bestimmung aus den bereits genannten Gründen aus. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist auch geklärt, dass Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht das Recht gewährt, den Ort zu wählen, der nach Ansicht der Betroffenen am besten geeignet ist, ein Familienleben aufzubauen (Urteil der Großen Kammer vom 9.10.2003 - 48321/99 - Slivenko/Lettland, § 94, wobei hier der Begriff des Familienlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK in Bezug auf Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung ausdrücklich verstanden wird als das auf dem Gebiet eines Vertragstaates tatsächlich geführte Familienleben von Nicht-Staatsangehörigen, die sich dort rechtmäßig aufhalten ["by aliens lawfully resident there"]; Entscheidung vom 7.10.2004 - 33743/03 - , NVwZ 2005, 1043,1045).
32 
Die Weigerung, dem Kläger ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu gewähren, kann daher allenfalls einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in sein Recht auf Achtung seines Privatlebens darstellen. Ein nicht gerechtfertigter Eingriff i. S. des Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK liegt jedoch hier nicht vor.
33 
Nach seiner ursprünglichen Konzeption dient dieses Recht dazu, dem Individuum eine Sphäre zu sichern, in der es die Entwicklung und Erfüllung seiner Persönlichkeit anstreben kann. Wenn der Staat Regeln für das Verhalten in dieser Sphäre trifft, greift er in das Recht auf Achtung der Privatsphäre ein, was der Rechtfertigung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK bedarf (vgl. zum Schutzbereich des Privatlebens: Frowein/Penkert, EMRK, 1996, Rnr. 1 ff. zu Art. 8). Nach der Rechtsprechung des EGMR (Urteil vom 16.6.2005 - 60654/00 -, auszugsweise abgedr. in InfAuslR 2005, 349) stellt auch eine Aufenthaltsbeendigung bzw. die Verweigerung eines Aufenthaltsrechts jedenfalls dann einen - rechtfertigungsbedürftigen - Eingriff in das Privatleben dar, wenn der Ausländer über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat verfügt. Eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung mit der Bundesrepublik Deutschland als Aufenthaltsstaat kann danach insbesondere für solche Ausländer in Betracht kommen, die auf Grund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung von ihrem Heimatland so eng mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden sind, dass sie quasi deutschen Staatsangehörigen gleichzustellen sind. Ihre Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Bundesrepublik Deutschland faktisch das Land ist, zu dem sie gehören, während sie mit ihrem Heimatland im wesentlichen nur noch das formale Band ihrer Staatsangehörigkeit verbindet (vgl. auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999 - 4 L 195/98 -, juris; zur Bedeutung der engen Bindung an den Aufenthaltsstaat im Zusammenhang mit dem "Schutz des Familienlebens" s. auch EGMR, Urteile vom 26.3.1992 , InfAuslR 1994, 86 ff., und vom 26.9.1997 , InfAuslR 1997, 430, sowie BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.).
34 
Ein der Rechtfertigung bedürftiger Eingriff in die von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Rechte durch Versagung des Aufenthalts für einen Ausländer liegt allerdings regelmäßig nur dann vor, wenn sein Privat- bzw. Familienleben in dem betreffenden Land fest verankert ist und sich nicht auf eine lose Verbindung beschränkt (vgl. BVerwG, Urteile vom 3.6.1997 - 1 C 18/96 -, NVwZ 1998, 189 ff. m.w.N., und vom 29.3.1996 - 1 C 28/94 -, InfAuslR 1997, 24 ff.). Hierzu gehört grundsätzlich - als Basis - eine entsprechende aufenthaltsrechtliche Verankerung. Diese Voraussetzung ist in den Fällen bloßer Duldungen, in deren Besitz der Kläger sich befindet, aber regelmäßig nicht erfüllt. Eine Duldung gewährt nämlich keinen legalen, ordnungsgemäßen Aufenthalt, sondern schützt den Ausländer lediglich vorübergehend vor einer sonst rechtlich zwingend gebotenen Abschiebung und lässt seine Ausreisepflicht unberührt (vgl. §§ 55 Abs. 1, 56 Abs. 1 AuslG bzw. § 60a Abs. 1 - 3 AufenthG). Sie führt nicht zur Erlangung eines aufenthaltsrechtlichen Status, der berechtigterweise die Erwartung hervorrufen kann, in Deutschland bleiben zu dürfen (vgl. zu diesem Kriterium auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999, a.a.O.). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs kann daher eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und insoweit schutzwürdige Eingliederung in die in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Lebensverhältnisse während des Aufenthalts eines Ausländers, der sich nicht rechtmäßig in Deutschland aufhält, grundsätzlich nicht erfolgen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.9.2003 - 11 S 1795/03 -, InfAuslR 2004, 70 ff. und Beschluss vom 24.11.2005 - 11 S 1078/05 -; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 2.11.2005 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 70,71).
35 
In der - ohnehin stark kasuistisch geprägten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.) - Rechtsprechung des EGMR ist die Frage, welche rechtliche Qualität ein Aufenthalt haben muss, um Grundlage eines i.S.v. Art. 8 Abs. 1 EMRK schützenswerten Privat- oder Familienlebens sein zu können, soweit ersichtlich allerdings nicht eindeutig geklärt (offen gelassen z. B. im Urteil vom 16.9.2004 , a.a.O.). Es kann  aber jedenfalls festgehalten werden, dass allein ein langdauernder faktischer Aufenthalt auch aus der Sicht des EGMR hierfür nicht ausreichend ist. In der Entscheidung heißt es ausdrücklich, Art. 8 Abs. 1 EMRK dürfe nicht so ausgelegt werden, als verbiete er allgemein die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nur deswegen, weil dieser sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten habe (im Ergebnis ebenso EGMR vom 7.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O.). In beiden Verfahren hatten sich die Beschwerdeführer zwar viele Jahre in Deutschland aufgehalten, jedoch einen Aufenthaltstitel nicht oder nur für sehr kurze Zeit erlangt. Auf dieses fehlende Aufenthaltsrecht hat der EGMR bei seinen Entscheidungen jeweils maßgeblich abgestellt. Eine rechtsgrundsätzliche Festlegung im Sinne der Entbehrlichkeit eines rechtmäßigen Aufenthalts dürfte auch der Entscheidung vom 16.6.2005 (- 60654/00 -, Sisojewa/Lettland, auszugsweise abgedruckt in InfAuslR 2005, 349) nicht zu entnehmen sein. Zwar wird darin ein auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 1 EMRK begründeter Anspruch auf dauerhafte Legalisierung des Aufenthalts anerkannt. Der Fall ist indessen von der Besonderheit geprägt, dass die Beschwerdeführer zum einen lange Zeit ordnungsgemäß im Vertragsstaat gewohnt hatten und ihr aufenthaltsrechtlicher Status erst im Anschluss an politische Umwälzungen - die Auflösung der Sowjetunion und die Unabhängigkeit Lettlands - aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit in Frage gestellt worden ist (siehe §§ 57 f. und 94), und ihnen zum anderen jedenfalls die rechtliche Möglichkeit eröffnet war, einen befristeten legalen Aufenthaltsstatus zu erlangen (siehe hierzu insbesondere die abweichende Meinung der Richterinnen V und B). Eine vergleichbare Situation ist beim Kläger indes nicht gegeben.
36 
Allerdings legt die - sehr einzelfallbezogene - Rechtsprechung des EGMR  die Annahme nahe, dass ein schutzwürdiger Aufenthalt im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK auch beim Vorhandensein einer Duldung jedenfalls nicht von vornherein ausscheidet. Vielmehr dürfte es aus Sicht des EGMR maßgeblich darauf ankommen, warum der betreffende Ausländer sich trotz des Fehlens eines Aufenthaltsrechts im Aufnahmestaat aufhält, ob ihm eine Ausreise grundsätzlich möglich und zumutbar wäre und ob die Aufenthaltsbeendigung aus von ihm zu vertretenden Gründen oder auf Grund anderer Umstände (etwa wegen der Verhältnisse im Heimatstaat) nicht möglich ist.
37 
Selbst wenn zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen wird, dass auch ein - wie hier - rechtlich ungesicherter Aufenthalt Grundlage für die Annahme eines schutzwürdigen Privatlebens i.S. von Art. 8 Abs. 1 EMRK sein kann, ist die daraus folgende Rechtsposition jedoch im Rahmen der Schrankenbestimmung des Art. 8 Abs. 2 EMRK gegen das Recht des Vertragsstaates zur Einwanderungskontrolle abzuwägen. Nach dieser Bestimmung ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts aus Absatz 1 nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Eine wirksame Einwanderungskontrolle stellt auch nach der Rechtsprechung des EGMR eine Maßnahme dar, die in einer demokratischen Gesellschaft aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig ist (vgl. Entscheidung vom 16.9.2004 in der Sache Ghiban, a.a.O.). In seiner grundlegenden Entscheidung zur Bedeutung der EMRK im Recht des Aufenthalts von Ausländern vom 28.5.1985 (, NJW 1986, 3007 ff.) hat der EGMR zudem betont, dass zum einen die Vertragsstaaten im Bereich des nicht klar umrissenen Begriffs der  "Achtung"  des Familien- und Privatlebens über einen weiten Ermessensspielraum verfügen und sie zum anderen das Recht haben, die Einwanderung von Personen, die nicht ihre Nationalität haben, in ihr Staatsgebiet zu kontrollieren. In seinen Entscheidungen vom 16.9.2004 (, NVwZ 2005, 1046 ff.) und 7.10.2004 (, NVwZ 2005, 1043) hat er nochmals darauf verwiesen, dass die Konvention nicht das Recht eines Ausländers garantiere, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten oder nicht ausgewiesen zu werden. Die Vertragsstaaten hätten vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden.  Wie dargelegt, verbietet Art. 8 EMRK die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen zudem nicht allein deswegen, weil er sich "eine bestimmte Zeit" im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates aufgehalten hat. Vielmehr bedarf es näherer Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückkehr nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unzumutbar ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.9.1998 - 1 C 8.96 -, NVwZ 1999, 303 ff.). Allein der Umstand, dass ein Ausländer als Kind in den Vertragsstaat eingereist und dort aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, rechtfertigt einen solchen Schluss jedoch noch nicht (in diesem Sinne siehe EGMR, Entscheidung vom 7.10.2004 in der Sache Dragan, a.a.O., hinsichtlich der dortigen Beschwerdeführer zu 2 und 3). Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist neben der Dauer des Aufenthalts insbesondere, ob der Ausländer ein Alter erreicht hat, in dem ihm ein Hineinwachsen in die Lebensumstände des Staates seiner Staatsangehörigkeit in der Regel nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten gelingen kann (vgl. dazu OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.2.1999, a.a.O.), wobei gerade auch die Sprachkenntnisse des Betroffenen bzw. dessen sprachliche Integrationsfähigkeit im Heimatland in Betracht zu ziehen sind (siehe zu den einzelnen Gesichtspunkten die Nachweise aus der Rechtsprechung des EGMR in BVerfG, Beschluss vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 -, NVwZ 2004, 852 ff.).
38 
Vor dem dargestellten Hintergrund ist im Fall des Klägers bei Abwägung aller Umstände nicht festzustellen, dass die Verweigerung der Legalisierung seines Aufenthalts und die geplante Aufenthaltsbeendigung unverhältnismäßig ist und daher gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK verstößt. Dabei ist es nach Auffassung des Senats nicht ausreichend, bei der Beurteilung der Integration des Klägers gleichsam isoliert nur in den Blick zu nehmen, inwieweit er selbst - etwa im Hinblick auf Sprachkenntnisse, Schulbesuch und persönlichen Umgang - in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt ist. Vielmehr kommt dabei auch der Frage Bedeutung zu, in welchem Umfang seine Familie sich in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse integriert hat. Denn für die Beurteilung der Verwurzelung des Klägers kommt es auch entscheidend darauf an, ob bzw. inwieweit seine familiären Verhältnisse an das Leben in der Bundesrepublik Deutschland angeglichen sind und welche Verbindungen insoweit noch zum Land seiner Staatsangehörigkeit bestehen. Für eine solche Gesamtbetrachtung spricht nicht nur die Bezugnahme auf das "Familienleben" als paralleles Schutzgut des Art. 8 Abs. 1 EMRK, sondern auch die Tatsache, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt in der Bundesrepublik Deutschland nicht allein sichern könnte, sondern hierfür auf die Unterstützung seiner Familie angewiesen ist. Sein Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland kann auch insoweit rechtlich nicht isoliert von demjenigen seiner Familie, insbesondere seiner Eltern, beurteilt werden. Zudem wären auch Fallgestaltungen denkbar, in denen nur ein Kind in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert ist, andere Kinder dagegen auf Rückkehr in den Heimatstaat angewiesen wären.
39 
Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung sind bei dieser Gesamtbetrachtung - sowohl zu seinen Gunsten wie zu seinen Lasten - auch solche Gesichtspunkte berücksichtigungsfähig, welche (etwa im Hinblick auf die unterbliebene Ausreise aus dem Bundesgebiet) auf das Verhalten seiner Eltern zurückzuführen sind.  Er muss sich das Verhalten seiner Eltern schon deshalb zurechnen lassen, weil er als Kind grundsätzlich deren aufenthaltsrechtliches Schicksal teilt und sich nur deshalb bis heute in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten konnte, weil diese ihrer bestehenden Ausreisepflicht nicht nachgekommen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.4.1997 - 1 B 74/97 -, juris). Hierfür spricht auch, dass das Aufenthaltsgesetz ein selbständiges Aufenthaltsrecht für Kinder erst nach Vollendung des 16. Lebensjahres vorsieht (vgl. § 35 Abs. 1 AufenthG) und sie auch erst ab diesem Alter für verfahrensfähig erklärt (vgl. § 80 Abs. 1 AufenthG). Daran zeigt sich, dass der Gesetzgeber auch beim Aufenthaltsgesetz an der Konzeption festgehalten hat, wonach das Aufenthaltsrecht von Kindern bis zum 16. Lebensjahr dem der Eltern folgt; damit wird im übrigen auch ihre Integrationsfähigkeit in andere Lebensverhältnisse generell unterstellt (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 21.9.1994 - 10 UE 548/94 -, NVwZ-RR 1995, 163). Auch sonst geht die Rechtsprechung bei Abschiebungshindernissen von Kindern davon aus, dass die familiäre Unterstützung im Heimatland mit zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.9.1999 - 9 C 12.99 -, BVerwGE 109, 305 und Urteil vom 27.7.2000 - 9 C 9.00 -, InfAuslR 2001, 52). Die Berücksichtigung der rechtlichen Bindung des Kindes an seine Eltern entspricht auch den Regelungen des deutschen Familienrechts, wonach Kinder den Wohnsitz der Eltern teilen (§ 11 BGB) und diesen im Rahmen der elterlichen Sorge das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihr Kind zusteht (§§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB). Nach §§ 1666, 1666a BGB kommt ein Eingriff in dieses Recht, insbesondere eine Trennung, nur ausnahmsweise in Betracht. Der Senat hat bei der Frage, ob eine Ausreise für ein Kind aus Rechtsgründen unzumutbar ist, wegen des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung im übrigen auch die insofern eher zurückhaltende Rechtsprechung zu §§ 1631,1666 BGB zu bedenken.
40 
Bei der danach gebotenen Gesamtschau ist zu Gunsten des Klägers in die Erwägungen einzustellen, dass er, wie auch seine Geschwister, in der Bundesrepublik Deutschland geboren und aufgewachsen ist; er beherrscht - wie die mündliche Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat - die deutsche Sprache sehr gut, besucht mit überdurchschnittlichem Erfolg die Realschule und möchte anschließend auf das Gymnasium wechseln. Zudem nimmt er am sozialen Leben in seiner Wohngemeinde teil. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass er sich nach seinen Angaben bisher niemals in Vietnam, dem Land seiner Staatsangehörigkeit, aufgehalten hat, dieses also nicht aus eigener Anschauung kennt.
41 
Andererseits kann aber nicht außer Acht gelassen werden, dass die Eltern des Klägers bisher in weit geringerem Maß in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert sind als er, weshalb die innerfamiliären Lebensverhältnisse auch heute noch in erheblichem Maß von der vietnamesischen Herkunft der Gesamtfamilie geprägt werden. Dabei ist in der Verhandlung vor dem Senat vor allem aufgefallen, dass der Vater des Klägers, trotz des langjährigen Aufenthalts, die deutsche Sprache verhältnismäßig schlecht beherrscht, weshalb der Kläger die Fragen des Senats und die Antworten seines Vaters zumeist übersetzen musste. Nach Angaben des Klägers spricht sein Vater allerdings besser Deutsch als seine Mutter, weshalb bei ihr von einer noch geringeren Beherrschung der deutschen Sprache ausgegangen werden muss. Schon diese geringen Sprachkenntnisse der Eltern legen es nahe, dass bei ihnen keine fortgeschrittene Integration angenommen werden kann. Darüber hinaus hat die Familie des Klägers in der Zeit von 1990 bis zum Februar 2000 Sozialhilfe (teilweise in voller Höhe, teilweise als zusätzliche Leistung) bezogen, was für diesen Zeitraum gegen eine gelungene Integration - jedenfalls in wirtschaftlicher Hinsicht - spricht.
42 
Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt über einen rechtmäßigen und damit längerfristig gesicherten Aufenthalt in Deutschland verfügt hat. Dem Umstand, dass seine Eltern im Jahr 1987 als Vertragsarbeitnehmer in die DDR gelangt sind und dort ein bis zum Jahr 1992 gültiges Aufenthaltsrecht erhalten haben, kommt dabei keine entscheidende Bedeutung zu. Ungeachtet der Frage, ob und gegebenenfalls welche Wirkungen dieses Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland entfaltet hat, waren sie nämlich jedenfalls nach dem Abschluss ihrer Asylverfahren vollziehbar ausreisepflichtig und durchgehend nur im Besitz von Duldungen, die ihre Ausreisepflicht unberührt gelassen haben. Ab diesem Zeitpunkt konnte aber weder für sie noch für den Kläger von einem begründeten Vertrauen auf einen dauerhaften Aufenthalt ausgegangen werden. Hinzu kommt, dass die Dauer des Aufenthalts maßgeblich dadurch zustande gekommen ist, dass die Eltern des Klägers nach dem rechtskräftigen Abschluss ihrer Asylverfahren trotz der bestehenden Ausreisepflicht mehrere weitere (erfolglose) Verfahren zur Erlangung eines Aufenthaltsrechts eingeleitet haben. Sie haben bereits im Jahr 1995 einen erfolglosen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis gestellt, im Jahr 1997 ebenfalls erfolglos eine Petition eingereicht und am 15.3.2000 einen - ebenfalls erfolglosen -  Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis auf der Grundlage von § 32 AuslG i.V.m. dem Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg über die Härtefallregelung für ausländische Familien mit langjährigem Aufenthalt vom 12.1.2000 - Az.: 4-1340/29 -gestellt (das damals beim Verwaltungsgericht Stuttgart anhängige Klageverfahren hat währenddessen geruht). Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Vater des Klägers einer am 28.12.1995 erfolgten Vorladung wegen einer beabsichtigten Passbeschaffung unentschuldigt nicht nachgekommen ist und sich - wie die Beklagte in einem Schreiben an die damaligen Bevollmächtigten der Eltern des Klägers vom 17.5.2000 ausgeführt hat - später auch weigerte, Angaben bezüglich seines letzten Aufenthaltes in Vietnam zu machen. So wird auch im Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.4.2001 (11 K 547/01) ausgeführt, die Kläger (gemeint: die Eltern des Klägers) hätten hinsichtlich der Passlosigkeit ihren diesbezüglichen Mitwirkungspflichten nicht genügt und seien mündlichen und schriftlichen Aufforderungen der Ausländerbehörde zum Ausfüllen von Passanträgen nicht nachgekommen bzw. hätten entsprechenden Vorladungen nicht Folge geleistet. Es kann wohl davon ausgegangen werden, dass eine Aufenthaltsbeendigung in der Vergangenheit möglich gewesen wäre, wenn sich die - vollziehbar ausreisepflichtigen - Eltern des Klägers um Reisepapiere bemüht hätten.
43 
Zugunsten des Klägers fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht, dass sein Aufenthalt und der Aufenthalt seiner Familie seit dem Abschluss der Asylverfahren der Eltern im Jahr 1995 von der Beklagten nicht zwangsweise beendet worden ist. Es erscheint bereits als grundsätzlich zweifelhaft, ob ein Ausländer, der vollziehbar zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet ist und dieser gesetzlichen Verpflichtung freiwillig nachkommen könnte, sich   überhaupt auf die unterlassene Vollstreckung der Ausreiseverpflichtung berufen kann. Hat ein Ausländer die seiner freiwilligen Ausreise und seiner Abschiebung entgegenstehenden Hindernisse zu vertreten, so ist er nämlich nach der Rechtsprechung verpflichtet, die ihm entstehenden Nachteile gering zu halten, indem er sich frühzeitig und nachhaltig um die Beseitigung des Ausreisehindernisses bemüht. Zudem hat er Nachteile, die sich hieraus ergeben, grundsätzlich hinzunehmen und kann nicht darauf vertrauen, eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.4.1997 - 1 B 74/97 -, juris). Davon abgesehen lagen vorliegend aber auch nachvollziehbare Gründe dafür vor, dass eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung der Familie des Klägers in der Vergangenheit nicht erfolgt ist. Zum einen hat sein Vater - wie ausgeführt - die Mitwirkung an der Beschaffung von Reisepapieren mehrfach verweigert. Zum anderen stellte sich eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung der Familie auf der Grundlage des am 21.7.1995 unterzeichneten "Deutsch-Vietnamesischen Rückübernahmeabkommens" nach den unbestrittenen Angaben der Beklagten bzw. des Regierungspräsidiums Stuttgart als schwierig und langwierig dar.  
44 
Beim Kläger ist auch die Annahme gerechtfertigt, dass er sich in die vietnamesischen Lebensverhältnisse wird einleben können. Wie er schon in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht angegeben hat, verfügt er durchaus über vietnamesische Sprachkenntnisse. Dies hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Zwar hat er hier zunächst gemeint, seine Vietnamesischkenntnisse seien eher schlecht. Allerdings spricht er zuhause nach seinem eigenen Vortrag mit den Eltern Vietnamesisch. In der mündlichen Verhandlung hat er zudem die an seinen Vater gerichteten Fragen des Senats übersetzt, was ihm offenbar keine besonderen Schwierigkeiten bereitet hat. Danach muss der Kläger jedoch über zumindest so gute Kenntnisse der vietnamesischen Sprache verfügen, dass ihm eine Verständigung mit seinen Eltern im Alltagsleben möglich ist. Angesichts seines Alters ist zudem die Annahme gerechtfertigt, dass er diese Kenntnisse der vietnamesischen Sprache weiter ausbauen kann (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.9.2002 - 11 S 862/02 -, NVwZ-RR 2003, 307, 308 f.; Urteil vom 27.1.2004 - 10 S 1610/03 -, VBlBW 2004, 308, 311; Beschluss vom 2.11.2004 - 1 S 3023/04 -, InfAuslR 2006, 71;  ferner EGMR, Urteil vom 27.10. 2005 - 32231 - , InfAuslR 2006, 3; Urteil vom 5.7.2005 - 46410/99 - <Üner>, InfAuslR 2005, 450). Soweit er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat, er könne die vietnamesische Sprache nicht lesen und schreiben, ist zu berücksichtigen, dass er sich in einem Alter befindet, in dem der Erwerb dieser Kenntnisse jedenfalls noch als zumutbar erscheint, zumal auch diese Sprache lateinische Buchstaben verwendet, wie der Kläger in der Verhandlung nochmals bestätigt hat. Dies gilt umso mehr, als er - wie dargelegt - die vietnamesische Sprache jedenfalls recht gut spricht. Hinzu kommt, dass er nicht allein, sondern gemeinsam mit seiner Familie nach Vietnam übersiedeln soll, dort also nicht auf sich allein gestellt sein wird, sondern insbesondere mit der Unterstützung seiner Eltern rechnen kann, die mit den vietnamesischen Lebensverhältnissen noch hinreichend vertraut sein dürften. Zudem befinden sich noch seine Großeltern in Vietnam, mit welchen die Familie regelmäßigen Kontakt pflegt. Auch dies dürfte ein Einleben in die vietnamesischen Lebensverhältnisse erleichtern.
45 
Unter Abwägung aller Gesichtspunkte kann der Kläger daher auch aus der Tatsache, dass er hier geboren und aufgewachsen ist und hier seine Schulausbildung erhalten hat bzw. derzeit erhält, nicht ableiten, dass die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG in seinem Fall einen unzulässigen Eingriff i.S.d. Art. 8 Abs. 2 EMRK darstellt.
46 
c) Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass die Versagung einer Legalisierung des Aufenthalts des Klägers zu einem verfassungsrechtlich unzulässigen Eingriff in grundgesetzliche Gewährleistungen aus Art. 1, 2 oder 3 GG führt.
47 
Fehlt es danach bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, bedarf keiner Erörterung, ob das Ermessen der Beklagten - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - dergestalt reduziert ist, dass ermessensfehlerfrei allein die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in Betracht kommt (sog. "Ermessensreduzierung auf Null").
48 
3. Auch § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG, wonach die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden "soll", wenn die Abschiebung 18 Monate lang ausgesetzt ist, verschafft dem Kläger keinen selbständigen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Denn § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG setzt das Vorliegen der Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG voraus. Dies folgt daraus, dass § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG systematisch an den Tatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG anknüpft und nur die dort vorgesehene Rechtsfolge ("kann") im Sinne eines "soll" modifiziert, sofern das zusätzliche Tatbestandsmerkmal "Aussetzung der Abschiebung seit 18 Monaten" erfüllt ist (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.4.2005 - 11 S 2779/04 -, juris). Bereits der Tatbestand des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG ist hier aber nicht erfüllt, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt.
49 
4. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 32 Abs. 4 AufenthG. Nach dieser Vorschrift kann dem minderjährigen ledigen Kind eines Ausländers (im übrigen, d. h. wenn die Voraussetzungen der Absätze 1 bis 3 - wie hier - nicht vorliegen) eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn es auf Grund der Umstände des Einzelfalls zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist. Hierbei sind das Kindeswohl und die familiäre Situation zu berücksichtigen (Satz 2).
50 
Es kann vorliegend offen bleiben, ob einem Anspruch auf Grund dieser Bestimmung schon entgegensteht, dass der Kläger im Verwaltungs- und Klageverfahren ausdrücklich (nur) die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis beantragt hat, welcher nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 AufenthG entspricht (vgl. § 101 Abs. 2 AufenthG). Denn er erfüllt jedenfalls nicht die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 AufenthG. Allerdings steht der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf dieser Grundlage wohl nicht entgegen, dass er in der Bundesrepublik Deutschland geboren ist. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Vorgängerbestimmung des § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG war diese nämlich auch auf Kinder anwendbar, die im Bundesgebiet geboren sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.5.2004 - 13 S 2833/02 -, InfAuslR 2004, 385 = VBlBW 2004, 354). Dies dürfte auch für die insoweit übereinstimmende Regelung des § 32 Abs. 4 AufenthG angenommen werden können.
51 
Im Fall des Klägers kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Vermeidung einer besonderen Härte in diesem Sinne erforderlich ist. Das Vorliegen einer solchen Härte setzt voraus, dass die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis den minderjährigen Ausländer in den Folgen deutlich ungleich schwerer trifft als andere Ausländer in vergleichbarer Lage (vgl. - zu § 20 Abs. 4 Nr. 2 AuslG - VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.5.2004, a.a.O. m.w.N.; Hailbronner, AuslR, Stand: 6/2005, Rnr. 28 f. zu § 32 AufenthG). Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass der Zweck des § 32 AufenthG darin besteht, den von dieser Bestimmung begünstigten Familienmitgliedern einen gemeinsamen rechtmäßigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen, um dem sich aus Art. 6 GG ergebenden Schutz von Ehe und Familie Rechnung zu tragen (vgl. hierzu die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 15/420, S. 83). Eine besondere Härte im Sinne dieser Bestimmung kann vor diesem Hintergrund aber nur dann angenommen werden, wenn die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis ein solches Zusammenleben in der Bundesrepublik Deutschland hindert. Angesichts des Umstandes, dass sowohl die Eltern des Klägers als auch seine Geschwister vollziehbar ausreisepflichtig sind und nach dem Willen der Beklagten die Bundesrepublik Deutschland gemeinsam mit ihm verlassen sollen, kommt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an ihn schon von der Zweckbestimmung des § 32 Abs. 4 AufenthG her nicht in Betracht. Zudem ist nicht erkennbar, dass die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnis eine besondere Härte im dargestellten Sinn begründen könnte, nachdem sie gerade nicht zu einer Trennung von der Familie führt.
52 
5. Auch aus dem Gesetz zu dem Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (BGBl. II 1992, S. 121 ff.) kann der Kläger für das von ihm begehrte Aufenthaltsrecht nichts herleiten. Dieses Übereinkommen ist für die Bundesrepublik Deutschland am 5. April 1992 (BGBl. 1992 II, 990) in Kraft getreten.
53 
Im vorliegenden Fall ist schon zweifelhaft, ob das Übereinkommen Rechte des Klägers begründet, aus welchen sich ein Aufenthaltsrecht ergeben könnte. Auch insofern ist von entscheidender Bedeutung, dass er zusammen mit seinen Eltern und Geschwistern das Bundesgebiet verlassen soll. Das Übereinkommen betont an mehreren Stellen die Achtung vor dem Elternrecht. Insoweit gilt auch bei Heranziehung des Übereinkommens nichts anderes als sonst allgemein im Ausländerrecht, dass nämlich minderjährige Kinder das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern teilen. Aus Art. 20 Abs. 1 des Übereinkommens ergibt sich eine besondere Beistandspflicht des Staates nur für solche Kinder, die aus ihrer familiären Umgebung herausgelöst werden. Dies ist vorliegend gerade nicht der Fall.
54 
Darüber hinaus hat die Bundesrepublik Deutschland bei der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde eine "Erklärung" abgegeben, in der es unter I. Satz 4 und 5 heißt, das Übereinkommen finde innerstaatlich keine unmittelbare Anwendung. Es begründe völkerrechtliche Staatenverpflichtungen, die die Bundesrepublik Deutschland nach näherer Bestimmung ihres mit dem Übereinkommen übereinstimmenden innerstaatlichen Rechts erfülle. Des weiteren wird unter IV. eine bereits am 23. Februar 1989 in Genf abgegebene Erklärung bekräftigt, nach der nichts in dem Übereinkommen dahingehend ausgelegt werden könne, dass die widerrechtliche Einreise eines Ausländers in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland oder dessen widerrechtlicher Aufenthalt dort erlaubt sei; auch könne keine Bestimmung dahin ausgelegt werden, dass sie das Recht der Bundesrepublik Deutschland beschränke, Gesetze und Verordnungen über die Einreise von Ausländern und die Bedingungen ihres Aufenthalts zu erlassen oder Unterschiede zwischen Inländern und Ausländern zu machen.
55 
Die von der Bundesrepublik Deutschland bei der Ratifikation des Vertrages gemachten Vorbehalte schließen die Ableitung von Rechten aus dem Übereinkommen aus. Es spricht auch nichts dafür, dass diese Vorbehalte nach Art. 51 Absatz 2 des Übereinkommens unzulässig wären.
56 
6. Schließlich ergibt sich auch aus der Landesverfassung Baden-Württemberg nichts für einen Aufenthaltserlaubnisanspruch des Klägers. Dies gilt insbesondere für die in der Rechtsprechung teilweise herangezogene Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 LV, wonach sich das Volk von Baden-Württemberg zu dem unveräußerlichen Menschenrecht auf die Heimat bekennt (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 11.10.2005 - 11 K 5363/03 -). Abgesehen davon, dass die Regelungen der Landesverfassung den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes nachrangig sind (Art. 31 GG), kann sich eine eigene Rechtsposition des Klägers hieraus schon deshalb nicht ergeben, weil es sich dabei nicht um ein Grundrecht handelt, sondern um einen Programmsatz, der allenfalls die Rechtspflicht der Staatsorgane begründet, zur Verwirklichung des Rechts auf Heimat das ihnen Mögliche beizutragen (vgl. Braun, Kommentar zur Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1984, Rnr. 133 ff. zu Art. 2; Hollerbach in: Feuchte, Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1987, Rnr. 25 ff. zu Art. 2). Nachdem die für den Kläger sprechenden Gesichtspunkte, insbesondere seine fortgeschrittene Integration in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse, bereits über Art. 8 EMRK in Verbindung mit § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG umfassend berücksichtigt worden sind, ist nicht erkennbar, dass sich aus dem Recht auf Heimat insoweit zusätzliche, zugunsten des Klägers zu berücksichtigende Gesichtspunkte ergeben könnten. Danach bedarf auch keiner weiteren Vertiefung, ob der Kläger vom Begriff des "Volkes" in Art. 2 Abs. 2 LV überhaupt erfasst wird.
57 
7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO kommt vorliegend nicht in Betracht. Nach dieser Bestimmung fallen in den Fällen des § 75 die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte. Es kann offen bleiben, ob die Anwendung des § 161 Abs. 3 VwGO bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil eine streitige Gerichtsentscheidung ergeht (hierzu Ring, NVwZ 1995, 1191; Kopp/Schenke, a.a.O. Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.). Denn § 161 Abs. 3 VwGO ist jedenfalls dann nicht anzuwenden, wenn ein Kläger das anhängige Klageverfahren nach negativer Bescheidung durch die Behörde zunächst fortsetzt und es entweder erst später für erledigt erklärt wird oder streitig über die Sache entschieden werden muss. In einem solchen Fall besteht für eine Kostenüberbürdung auf den Beklagten nach § 161 Abs. 3 VwGO keine Rechtfertigung mehr, weil sich die verzögerte Bescheidung als nicht mehr kausal für den nach dem Erlass des Verwaltungsaktes fortgesetzten Prozess erweist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.7.1991 - 3 C 56/90 -, NVwZ 1991, 1180; Beschluss vom 28.4.1992 - 3 C 50/90 -, Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 94; Clausing in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, Stand 2005, Rnr. 41 zu § 161;  Kopp/Schenke, a.a.O., Rnr. 35 zu § 161 m.w.N.). Diese Grundsätze sind auch hier anzuwenden. Zwar hat die Beklagte bislang keinen förmlichen Bescheid erlassen; sie hat sich jedoch in der beim Verwaltungsgericht vorgelegten Klageerwiderung vom 23.12.2003 zur Sache geäußert und dabei die Gründe, aus welchen nach ihrer Auffassung die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis an den Kläger (und seine Familie) weiterhin ausscheidet, ausführlich dargestellt. Der Kläger hätte danach - in gleicher Weise wie nach dem Ergehen eines Bescheides - die Möglichkeit gehabt, das Verfahren nach Kenntnis der Rechtsauffassung der Beklagten durch Erledigungserklärung oder Rücknahme (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23.7.1991 und vom 28.4.1992, a.a.O.) zu beenden. Nachdem er hierauf verzichtet hat, ist es nicht mehr gerechtfertigt, ihn für die weitere Prozessführung von jedem Kostenrisiko freizustellen. Der Umstand, dass er im erstinstanzlichen Verfahren erfolgreich gewesen ist, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn dies ändert nichts daran, dass das Unterlassen der Bescheidung seines Antrags durch die Beklagte jedenfalls nach Vorlage der Klageerwiderung für den weiteren Fortgang des Verfahrens nicht mehr ursächlich gewesen ist.
58 
Da der Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO) entspricht es der Billigkeit, dem Kläger auch seine außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).
59 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
60 
Beschluss
61 
vom 18.1.2006
62 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 72 Nr.1 GKG i. d. F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.5.2004, BGBl. I S. 718).
63 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4. Juni 2009 - 4 K 4239/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger begehren die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen.
Die im Bundesgebiet geduldeten Kläger sind serbische, möglicherweise auch kosovarische Staatsangehörige und gehören der Volksgruppe der Roma an. Der am 3.5.1978 geborene Kläger zu 1 und die am 5.10.1979 geborene Klägerin zu 2 sind miteinander verheiratet. Die in den Jahren 2002, 2003 und 2005 im Bundesgebiet geborenen Kläger zu 3 - 5 sind deren gemeinsame Kinder. Die Kläger zu 1 und 2 reisten im Jahre 1999 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Alle Kläger mit Ausnahme der Klägerin zu 2 haben mittlerweile Asylverfahren erfolglos betrieben.
Die Kläger sind in einer Obdachlosenunterkunft der Beklagten untergebracht. Laut Einweisungsverfügung der Beklagten vom 27.12.2006 (Verlängerung) handelt es sich um drei Zimmer, für die die Kläger eine monatliche Benutzungsgebühr in Höhe von 471,24 EUR zu zahlen haben. Der Verfügung zufolge werden die Gemeinschaftsflächen (Küche, Bad/WC, Flur) von allen Bewohnern gemeinsam genutzt. Auf dem Abdruck der Verfügung in den Akten der Beklagten befindet sich ein Aktenvermerk vom 9.2.2007, wonach es sich um eine abgeschlossene Wohnung handle.
Auf einem Meldeblatt in den Akten der Beklagten (AS. 138) ist festgehalten: „Wegzug nach unbekannt am 13.6.2005“ . Auf einem weiteren Meldebogen (VAS 140) ist für den 1.7.2005 „Wiederzuzug aus dem Ausland“ vermerkt.
In dem Bericht der Bundespolizeiinspektion Saarbrücken zur Rücküberstellung der Kläger vom 11.7.2005 wird ausgeführt, diese und andere Mitglieder ihrer Großfamilie seien am 8.7.2005 gegen 6.30 Uhr von der französischen Polizei am Bahnhof von Verdun angetroffen, überprüft und aufgrund ihrer fehlenden Pässe und Visa wegen unerlaubter Einreise in die Republik Frankreich festgenommen worden. Sie hätten gegenüber der französischen Polizei angegeben, mit dem Zug in Richtung Lyon unterwegs gewesen zu sein, in Verdun seien ihre Barmittel erschöpft gewesen. Nach ihren eigenen Angaben seien sie am 6.7.2005 von Stuttgart aus in Richtung Frankreich abgereist. Nach ihrer Ankunft in Verdun hätten sie in den dortigen Straßen übernachtet. Fahrkarten hätten sie nicht bei sich gehabt. Nach erfolgter Rücküberstellung aus Frankreich am 8.7.2005 sei bei der Überprüfung festgestellt worden, dass die Kläger außer ihren Duldungen u.a. noch ein Schreiben des Regierungspräsidiums Stuttgart, Bezirksstelle für Asyl, vom 14.6.2005 bei sich geführt hätten. Darin seien sie aufgefordert worden, sich zur Vorbereitung der freiwilligen Rückkehr mit der Behörde in Verbindung zu setzen. Auch nach ihrer Rückkehr aus Frankreich erhielten die Kläger Duldungen.
Unter dem 28.11.2006 beantragten die Kläger die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. In dem Antragsformular ist als Aufenthaltszweck „Erwerbstätigkeit“ angekreuzt. In einem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 30.10.2006 berief sich dieser indes allein auf humanitäre Gründe (§ 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK). Mit Schreiben vom 22.11.2006 führte er ergänzend aus, er meine, dass die Kläger unter die Voraussetzungen der Altfallregelung vom 17.11.2006 fielen. Kurz darauf gaben diese die in ihrem Besitz befindlichen serbischen Reisepässe bei der Beklagten ab.
Mit Bescheid vom 6.5.2008 lehnte die Beklagte den Antrag der Kläger ab; den Klägern zu 4 und 5 drohte sie zudem die Abschiebung in die Bundesrepublik Serbien oder den Kosovo an, falls sie die Bundesrepublik Deutschland nicht spätestens einen Monat nach Bestandskraft dieser Verfügung verließen. Punkt 1 der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG vom 20.11.2006 sei nicht erfüllt. Die Kläger hätten Ende Mai/Anfang Juni die Obdachlosenunterkunft verlassen und seien untergetaucht. Am 6.7.2005 seien sie nach Frankreich gereist. Sie hätten dort mit ihren Onkeln, Tanten, Brüdern und Cousins leben und ihren Lebensmittelpunkt dorthin verlegen wollen. Sie seien jedoch von der französischen Polizei festgenommen und am 8.7.2005 nach Deutschland zurück überstellt worden. Sie hätten sich damit zwar noch kurzfristig, jedoch ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde außerhalb der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten. Zudem hätten sie vorsätzlich behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung hinausgezögert oder behindert. Sie hätten zwar zur Erlangung der Aufenthaltserlaubnis einen gültigen serbischen Reisepass vorgelegt. Sie hätten diesen jedoch bereits seit fast zehn Monaten besessen und ihn trotz mehrerer Aufforderungen zur Verhinderung einer möglichen Abschiebung nicht bei der Ausländerbehörde vorgelegt. Des Weiteren seien sie aus ihrer Obdachlosenunterkunft verschwunden, untergetaucht und illegal nach Frankreich gereist, um einer Abschiebung in ihre Heimat zu entgehen. Auch eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG könne den Klägern nicht erteilt werden. Sie verfügten nicht über ausreichenden Wohnraum, da sie in einer kommunalen Obdachlosenunterkunft wohnten. Zudem sei zu ihren Lasten zu werten, dass sie ihren Nationalpass der Ausländerbehörde nicht unverzüglich vorgelegt hätten. Die von ihnen ausgeführte Integration der Familie zu „faktischen Inländern“ könne nicht nachvollzogen werden. Die Kläger zu 1 und 2 befänden sich noch nicht einmal zehn Jahre im Bundesgebiet und hätten keinen deutschen Schulabschluss. Sie seien beide im Kosovo aufgewachsen, beherrschten die Sprache und könnten sich in die dortigen Lebensverhältnisse wieder einfügen. Die Kläger zu 3 - 5 besuchten noch nicht die Schule und könnten sich daher auch problemlos in die Gesellschaft ihres Heimatlandes einfügen. Zudem könne nicht von einer erfolgreichen Integration gesprochen werden, wenn die Familie sich der Abschiebung durch die Nichtaushändigung der gültigen Nationalpässe und Untertauchen entziehe.
Die fristgerecht erhobenen Widersprüche der Kläger wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 20.10.2008 zurück. Darin wird ausgeführt: Seit der Rückkehr in das Bundesgebiet im Juli 2005 sei der Kläger zu 1 als Teilzeitmitarbeiter bei der Firma M. D. beschäftigt. Im März 2007 habe er zusätzlich eine geringfügige befristete Beschäftigung in einer Autowaschanlage angenommen. Zumindest bis November 2006 hätten die Kläger zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts zusätzliche öffentliche Leistungen bezogen. Die erforderliche ununterbrochene Aufenthaltszeit von sechs Jahren sei nicht erfüllt, weil die Kläger im Juni 2005 untergetaucht seien und sich unerlaubt in Frankreich aufgehalten hätten, wo sie am 8.7.2005 festgenommen worden seien. Gemäß Nr. 1.1, Buchstabe i der Anwendungshinweise des Innenministeriums zur Anordnung vom 20.11.2006 führe die Weiterreise in einen anderen Dublin-Staat auch dann zu einer Unterbrechung des Inlandsaufenthalts, wenn eine Rücküberstellung erfolgt sei. Nach Nr. 2.3. der ergänzenden Hinweise des Innenministeriums zu den vorläufigen Anwendungshinweisen zum Aufenthaltsgesetz gelte das Gleiche für die gesetzliche Bleiberechtsregelung des § 104a AufenthG. Gemäß § 50 Abs. 4 AufenthG seien die Kläger mit ihrer unerlaubten Einreise und dem unerlaubten Aufenthalt in Frankreich ihrer Ausreisepflicht nicht nachgekommen. Nach Aktenlage sei auch kein rechtliches oder tatsächliches Ausreisehindernis im Sinne von § 25 Abs. 5 AufenthG ersichtlich. Die Kläger zu 1 und 2 lebten erst seit acht Jahren im Bundesgebiet und hätten die überwiegende Zeit ihres Lebens in ihrem Heimatland verbracht. Ihnen sei es deshalb möglich und zumutbar zusammen mit ihren minderjährigen Kindern in ihr Heimatland zurückzukehren. Die minderjährigen Kläger zu 3 - 5 teilten insoweit das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern. Die gegen die Kläger zu 4 und 5 ergangenen Abschiebungsandrohungen seien zwischenzeitlich obsolet geworden, nachdem sie das Bundesamt bestandskräftig zur Ausreise aufgefordert und ihnen anderenfalls die Abschiebung in das Kosovo angedroht habe.
Die Kläger haben am 12.11.2006 Klage vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Sie machen ergänzend geltend, der Kläger zu 1 arbeite bereits seit dem 23.3.2003 bei M. D.. Aufenthaltsrechtlich relevante Vorstrafen gebe es nicht.
10 
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 4.6.2009 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Ein Anspruch nach § 104a AufenthG bzw. § 23 AufenthG i.V.m. der Anordnung des Innenministeriums vom 20.11.2006 scheitere schon daran, dass sich die Kläger zum jeweiligen Stichtag nicht seit mindestens sechs Jahren im Bundesgebiet aufgehalten hätten, weil sie nach ihrem Untertauchen im Juni 2005 nach Frankreich ausgereist seien und hierbei ihren Duldungsstatus verloren hätten. Die vorherigen Aufenthaltszeiten könnten daher nicht auf die Mindestdauer des langjährigen Aufenthalts angerechnet werden. Auch nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 8 Abs. 1 EMRK ergebe sich kein Abschiebungshindernis. Im Rahmen der Eingriffsrechtfertigung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK sei eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen. Für die Kläger spreche der insgesamt lange Aufenthalt im Bundesgebiet, die bei allen Klägern vorhandenen deutschen Sprachkenntnisse, das Fehlen von Straftaten sowie das Bemühen um die Sicherung des Lebensunterhalts durch den Kläger zu 1, neuerdings auch durch die Klägerin zu 2. Dagegen spreche auf der anderen Seite der Umstand, dass die Sicherung des Lebensunterhalts bisher nicht gelungen sei. Die mündliche Verhandlung habe ergeben, dass der Kläger zu 1 aus seiner Teilzeitbeschäftigung bei M. D. ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von ca. 880,-- EUR erziele. Hinzu komme der Verdienst der Klägerin zu 2 aus ihrer neu aufgenommenen Tätigkeit in Höhe von 120,-- EUR im Monat sowie das Kindergeld von ca. 480,-- EUR monatlich. Zusammen seien dies 1.480,-- EUR, wovon die Miete von 472,-- EUR abzuziehen sei. Es verblieben ca. 1.008,-- EUR, während der Bedarf der Familie sich nach den Berechnungen des Sozialamts der Beklagten auf 1.276,05 EUR belaufe. Es klaffe daher eine Lücke von ca. 270,- EUR, die auch derzeit noch durch ergänzende Sozialhilfe abgedeckt werde. Damit sei die wirtschaftliche Integration der Kläger zurzeit nicht gegeben. Hinzu komme der Umstand, dass sie zwischenzeitlich nach Frankreich ausgereist seien und damit bei ihnen keine kontinuierliche Entwicklung hin zu einer zunehmenden Integration festzustellen sei, weil kurzzeitig die Absicht der Eingliederung in die hiesigen Lebensverhältnisse aufgegeben worden sei. Die Entfremdung von den heimatlichen Lebensverhältnissen schreite fort, sei aber noch nicht gravierend, weil die Kläger zu 1 und 2 wegen ihres langjährigen Aufenthalts im Heimatland noch mit den Verhältnissen dort vertraut seien. Allerdings könnten die Kläger zu 3 - 5 die Roma-Sprache als Muttersprache der Kläger zu 1 und 2 nur sehr unzureichend sprechen, wie ihre Aussage in der mündlichen Verhandlung ergeben habe. Als Ergebnis der Abwägung sei festzuhalten, dass der Aspekt der noch nicht erreichten wirtschaftlichen Integration der Kläger bislang das größte Gewicht habe, so dass noch nicht von einer hinreichenden „Verwurzelung“ ausgegangen werden könne. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist den Klägern am 10.6.2009 zugestellt worden.
11 
Die Kläger machen zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung fristgerecht geltend: Der Kläger zu 1 sei inzwischen in ein unbefristetes Vollzeitarbeitsverhältnis im Rotationssystem bei M. D. übernommen worden. Sie erfüllten die Voraussetzungen des Art. 8 EMRK. Die Kläger zu 1 und 2 seien im Jahre 1999 ins Bundesgebiet eingereist, die Kläger zu 3 - 5 seien im Bundesgebiet geboren. Seither befänden sie sich bis auf eine kurzfristige Unterbrechung im Jahr 2005 ununterbrochen im Bundesgebiet. Allgemeine Ausschussgründe seien nicht ersichtlich, insbesondere lägen keine aufenthaltsrechtlich relevanten Vorstrafen vor. Zugunsten der Kläger müsse insbesondere der fast zehnjährige Aufenthalt im Bundesgebiet ins Gewicht fallen. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sprächen die guten deutschen Sprachkenntnisse für die Kläger. Ihr Lebensunterhalt sei mittlerweile hinreichend gesichert. Der Kläger zu 1 beziehe einen Nettolohn von etwa 900,--EUR monatlich. Hinzu komme ein „Nebenjob“ bei einer Reinigungsfirma. Die Klägerin zu 2 arbeite ebenfalls bei dieser Firma auf 400,-- Euro-Basis. Die Kläger zu 3 - 5 seien hier im Bundesgebiet geboren und hätten keinerlei Bezug zum Kosovo. Neben der deutschen Sprache beherrschten sie nur noch die Roma-Sprache als Muttersprache, allerdings nur sehr unzureichend. Sie sprächen weder albanisch noch serbokroatisch. Nicht außer Acht gelassen werden könne auch die ethnische Volkszugehörigkeit der Kläger. Sie würden nach wie vor im Kosovo als „Menschen zweiter Klasse“ behandelt und angesehen werden.
12 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger zu 1 ergänzend informatorisch angegeben, sie hätten sich nur für 24 Stunden in Frankreich aufgehalten. Aus Angst vor einer drohenden Abschiebung hätten sie das Bundesgebiet endgültig verlassen wollen. Am 23.6.2005 seien sie aus dem Wohnheim ausgezogen und hätten ihren Hausstand aufgelöst. Er wisse nicht mehr, wo sie sich in der Zwischenzeit bis zu ihrer Ausreise nach Frankreich aufgehalten hätten; möglicherweise hätten sie Urlaub bei Verwandten in Hamburg gemacht. Er arbeite seit Juni 2009 170 Stunden monatlich bei M. D. in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis und daneben 25 Stunden monatlich bei einer Reinigungsfirma. Die Klägerin zu 2 sei dort ca. 40 Stunden pro Monat beschäftigt. Ihre Kinder - die Kläger zu 3 bis 5 - beherrschten die albanische Sprache nicht.
13 
Die Kläger beantragen,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4.6.2009 - 4 K 4239/08 - zu ändern, die Bescheide der Beklagten vom 6.5.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.10.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihnen Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen zu erteilen.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Sie vertritt die Ansicht, die Kläger könnten aus ihrem Voraufenthalt keine Rechte ableiten. Sie seien nicht nur wenige Tage untergetaucht. Das Haus, in dem sie als Obdachlose eingewiesen gewesen seien, sei nach Auskunft des zuständigen Sozialarbeiters in der Nacht zum 13.6.2005 verlassen worden. Dieses Datum sei durch eine Befragung der Nachbarn bestätigt worden. Bei der französischen Polizei hätten sie „Abschiebungsandrohungen“ vom 17.5.2005 vorgelegt; die im Polizeibericht erwähnte „Abschiebungsandrohung“ vom 14.6.2005 stamme wahrscheinlich von der anderen Familie ...-... aus dem Ostalbkreis. Der Ausschlussgrund des § 104a Abs. 1 Nr. 4 AufenthG sei durch Untertauchen erfüllt. Als Aufenthaltszeit zu beachten sei nur die Zeit ab der Rücküberstellung am 8.7.2005. Während dieses vierjährigen Aufenthalts seien sie nur geduldet gewesen. Eine Verwurzelung sei aber nicht möglich, wenn sich ein Ausländer nur geduldet in Deutschland aufhalte. Von einer fortgeschrittenen beruflichen und sozialen Integration der Kläger könne nicht die Rede sein. Der Kläger zu 1 sei lediglich als Teilzeitmitarbeiter bei der Firma M. D. beschäftigt. Es sei ihm nicht gelungen, einen Arbeitsplatz mit Vollbeschäftigung zu finden oder sein Arbeitsvolumen beim jetzigen Arbeitgeber auf Vollzeit zu erhöhen. Dieses Argument werde nicht dadurch hinfällig, dass er seit März 2007 daneben eine geringfügige Beschäftigung in einer Autowaschanlage angenommen habe, die er aber nicht mehr ausübe. Die Kläger hätten zwar bei einer „Putzfirma“ mittlerweile zwei Hilfsjobs angenommen. Sie arbeiteten in Teilzeit in zusätzlichen Minijobs, die sie jederzeit wieder verlieren oder aufgeben könnten und in Bereichen, für die eine qualifizierte Ausbildung nicht erforderlich sei. Eine fortgeschrittene berufliche Integration gründe sich in der Regel auf ein unkündbares langjähriges Vollzeitarbeitsverhältnis mit durch die Arbeit erfolgter Qualifizierung und beruflichem Aufstieg. Eine soziale Integration erfordere insbesondere eine dauerhafte eigenständige Lebensunterhaltssicherung. Hinzu komme, dass ihnen die Reintegration im Herkunftsstaat nicht unmöglich sei. Dies zeige sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle. Es treffe nicht zu, dass die Kinder die Sprache des Herkunftsstaates nicht sprechen könnten. Auch der Großvater der Kläger sei im Bundesgebiet aufgenommen worden; es bestehe intensiver Kontakt. Da dieser der deutschen Sprache kaum mächtig sei, könnten die Enkel zwangsläufig nicht deutsch mit ihm sprechen. Minderjährige Kinder teilten grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern. Stehe den Eltern wegen mangelnder Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland kein Aufenthaltsrecht zu, sei davon auszugehen, dass auch ein Minderjähriger auf die von den Eltern nach der Rückkehr in den Familienverband zu leistenden Integrationshilfen im Heimatland verwiesen werden könne. Zudem könnten die Kläger keine besondere soziale Integration beispielsweise durch die aktive Mitgliedschaft in Vereinen nachweisen. Die Kinder seien noch so jung, dass sie zusätzliche Sprachen mit Leichtigkeit erlernen könnten, zumal sie als zweisprachig aufgewachsene Kinder sprachbegabt seien und die Eltern die Sprache auch beherrschten und sie in der Erlernung unterstützen könnten.
18 
Dem Senat liegen neben den Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts die von der Beklagten vorgelegten Ausländerakten über die Kläger (sechs Hefte) und die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart vor. Diese Akten waren wie die Prozessakte Gegenstand der mündlichen Verhandlung; wegen der Einzelheiten wird hierauf ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die Berufung der Kläger ist zulässig. Sie ist aber unbegründet, da das Verwaltungsgericht ihre Klage zu Recht abgewiesen hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).
20 
1. Die Klage ist allerdings nicht schon etwa deshalb unbegründet, weil die Kläger bei der Beklagten keinen Antrag auf die nunmehr geltend gemachten Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen gestellt hätten. Ursprünglich haben sie im Antragsformular zwar angegeben, dass sie einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit begehren. Hierbei hat es sich indes um ein offenkundiges Versehen gehandelt. Wie sich aus dem Schriftverkehr zwischen ihrem Prozessbevollmächtigten und der Behörde eindeutig ergibt, haben sie der Sache nach von Anfang an nur einen humanitären Aufenthaltstitel begehrt. Diese Auslegung ihres Antrags ist auch sachgerecht, da ein Aufenthaltstitel aus anderen Gründen - z. B. zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder zum Familiennachzug - offenkundig nicht in Betracht kommt. Dementsprechend hat auch das Verwaltungsgericht die Klage ausgelegt und in den Entscheidungsgründen ausschließlich geprüft, ob den Klägern ein Titel aus humanitären Gründen erteilt werden kann. Bei dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Antrag handelt es sich demzufolge nicht um eine Klageänderung, sondern nur um eine Konkretisierung des schon ursprünglich geltend gemachten Begehrens.
21 
2. Die Kläger haben jedoch in der Sache weder einen Anspruch auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels nach § 23 AufenthG noch nach § 104a AufenthG; auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor.
22 
a) Die Kläger erfüllen weder die Voraussetzungen der Bleiberechtsregelung nach § 23 AufenthG noch die Voraussetzungen des § 104a Abs. 1 AufenthG. Sowohl Nr. I.1.1 der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20.11.2006 als auch § 104a Abs. 1 AufenthG verlangen zu den jeweiligen Stichtagen am 17.11.2006 bzw. 1.7.2007 einen ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet von sechs Jahren. Diese Voraussetzungen erfüllen die Kläger nicht, da sie das Bundesgebiet verlassen und versucht haben, auf Dauer nach Frankreich auszureisen, und sich damit im Zeitpunkt ihres dortigen Aufgreifens am Bahnhof von Verdun außerhalb des Bundesgebiets aufgehalten haben. Zwar sind nach Nr. I.1.1 der Bleiberechtsregelung vom 20.11.2006 kurzfristige erlaubte Auslandsreisen unschädlich. Dasselbe galt nach den vorläufigen Anwendungshinweisen des Bundesinnenministeriums (Stand: 17.12.2007) bei § 104a Abs. 1 AufenthG (Nr. 2.3); diese Regelung ist in der mittlerweile verabschiedeten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz allerdings nicht aufgegriffen worden. Bei der Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 hat es sich nicht um eine derartige für die Erfüllung der ununterbrochenen Aufenthaltszeit unschädliche kurzfristige erlaubte Auslandsreise gehandelt. Eine solche setzt nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung zum einen voraus, dass es sich um einen bloß vorübergehenden Aufenthalt im Ausland handelt, nicht aber um eine Ausreise auf Dauer, bei der eine Rückkehr ins Bundesgebiet nicht oder nicht in absehbarer Zeit geplant ist. Zum anderen kann von einer erlaubten Ausreise nur dann gesprochen werden, wenn sie in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt.
23 
Der Senat ist davon überzeugt, dass die Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 auf Dauer erfolgen sollte. Die am 13.6.2005 - oder nach dem Vortrag des Klägers zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23.6.2005 -erfolgte Auflösung ihres Haushalts und ihr darauffolgendes Untertauchen belegen, dass sie das Bundesgebiet dauerhaft verlassen wollten. Dies hat der Kläger zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch ausdrücklich bestätigt und angegeben, aus Angst vor einer drohenden Abschiebung hätten sie das Bundesgebiet endgültig verlassen wollen; sie seien aus dem Wohnheim ausgezogen und hätten ihren Hausstand aufgelöst. Wie lange sich die Kläger genau in Frankreich aufgehalten haben und zu welchem exakten Datum sie ihre Wohnung aufgelöst haben, ist angesichts dessen nicht entscheidungserheblich.
24 
Zum anderen kann im vorliegenden Fall nicht die Rede davon sein, dass die Ausreise der Kläger nach Frankreich in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt sein könnte. Wie der Beklagte glaubhaft vorgetragen hat, erfolgte das Untertauchen und die anschließende Ausreise der Kläger ohne seine Kenntnis und erst Recht ohne seine Billigung.
25 
Als unschädlich kann der Auslandsaufenthalt der Antragsteller auch nicht unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 85 AufenthG angesehen werden (vgl. allg. zu diesem Problemkreis: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 8.10.2009 – 11 S 1911/09 -; VG Karlsruhe, Beschluss vom 31.1.2008 - 4 K 36/08 - NVwZ-RR 2008, 646; Bayer. VGH, Beschluss vom 4.8.2009 – 19 ZB 09.1510 – juris; VG Würzburg, Urteil vom 3.3.2008 - W 7 K 07.861 - juris; Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104a Rn. 13). Danach können Unterbrechungen der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts bis zu einem Jahr außer Betracht bleiben. In der Kommentarliteratur wird allerdings vereinzelt die Auffassung vertreten, dass keine Unterbrechung des Aufenthalts eintritt, wenn der Ausländer erfolglos versucht hat, seiner Ausreisepflicht freiwillig durch Ausreise in einen anderen EU-Mitgliedstaat nachzukommen; finde er dort keine Aufnahme und kehre im Rahmen des Dublin-Verfahrens zurück, so handele es sich lediglich um einen gescheiterten Versuch der Aufenthaltsaufgabe, der nicht zur Unterbrechung führe (so HK-AuslR/Fränkel, § 104 a AufenthG Rn. 9). Schon der gedankliche Ansatzpunkt dieser Auffassung trifft jedoch nicht zu, denn nach § 50 Abs. 4 AufenthG kann ein Ausländer seiner Ausreisepflicht durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nur dann genügen, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Dies war bei den Klägern nicht der Fall. Weiter scheidet eine Anwendung des § 85 AufenthG hier deshalb aus, weil dieser nicht die Unterbrechung des Aufenthalts als solchen, die hier im Raum steht, sondern nur dessen Rechtmäßigkeit betrifft. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut, sondern auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Nach der Absicht des Gesetzgebers sollte diese Vorschrift beispielsweise dann zur Anwendung kommen, wenn ein Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis verspätet gestellt oder ein Pass ungültig geworden ist (BT-Drucks. 15/420, S. 97), also mit anderen Worten, wenn wegen einer Nachlässigkeit in formaler Hinsicht eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts eintritt. Damit ist aber der Fall des Untertauchens und der anschließenden illegalen Ausreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht vergleichbar. Auch Sinn und Zweck der Bleiberechtsregelung und des § 104a Abs.1 AufenthG stehen einer entsprechenden Anwendung des § 85 AufenthG entgegen. Der Zweck der Normen, langjährig geduldete Ausländer zu begünstigen, die faktisch und wirtschaftlich im Bundesgebiet integriert sind und sich rechtstreu verhalten haben (vgl. BT-Drs. 16/5065, S. 202 zu § 104a AufenthG), spricht dafür, grundsätzlich einen ununterbrochenen Aufenthalt zu verlangen und nur erlaubte kurzfristige Auslandsreisen etwa zu Besuchszwecken als unschädlich anzusehen. Gerade im Hinblick darauf, dass bei ausländischen Staatsangehörigen, die mit mindestens einem minderjährigen Kind in häuslicher Gemeinschaft leben, lediglich eine Aufenthaltsdauer von sechs Jahren gefordert wird, lässt sich die Zulassung einer bis zu einjährigen Unterbrechung des Aufenthalts mit der gesetzgeberischen Intention nicht vereinbaren.
26 
b) Schließlich kommt auch ein Anspruch der Kläger aus § 25 Abs. 5 AufenthG nicht in Betracht. Ihre Abschiebung ist nicht nach Art. 8 Abs. 1 EMRK rechtlich unmöglich. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann u.a. Anspruch auf Achtung seines Privatlebens. Dieses Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.5.2007 - 2 BvR 304/07 -InfAuslR 2007, 275).
27 
Offen bleiben kann, ob der Schutzbereich des Rechts der Kläger auf Achtung des Privatlebens eröffnet ist, obwohl ihr Aufenthalt niemals legalisiert worden war. Allerdings neigt auch der Senat der Auffassung des 11. Senats des erkennenden Gerichtshofs zu (vgl. z.B. Beschluss vom 5.2.2009 – 11 S 3244/08 - juris), wonach es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf ankommt, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte.
28 
Jedenfalls würde hier eine Beendigung des Aufenthalts der Kläger keinen (rechtswidrigen) Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens darstellen. Denn Art. 8 EMRK darf nicht so ausgelegt werden, als verbiete er eine Aufenthaltsbeendigung bei Ausländern bereits deswegen, weil diese sich eine bestimmte Zeit im Aufnahmeland aufgehalten haben. Eine Aufenthaltsbeendigung kann vielmehr nur dann einen Eingriff in das Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen, wenn der Ausländer aufgrund seines (längeren) Aufenthalts über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Kontakte zum Aufnahmestaat verfügt, so dass er aufgrund der Gesamtentwicklung faktisch zu einem Inländer geworden ist.
29 
Dies ist bei den Klägern nicht der Fall. Weder lässt sich sagen, dass sie faktisch als Inländer angesehen werden können, weil sie in Deutschland verwurzelt wären, noch sind sie von ihrem Heimatland vollständig entwurzelt.
30 
Für die Kläger zu 1 und 2 spricht zwar, dass sie sich seit 1999 - soweit ersichtlich straffrei - im Bundesgebiet aufhalten und dass sie die deutsche Sprache beherrschen; die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 sind sogar im Bundesgebiet geboren. Sonstige nennenswerte Integrationsleistungen fehlen aber. Deshalb ist nicht von einer weit reichenden Verwurzelung in Deutschland auszugehen. Eine nachhaltige wirtschaftliche Integration lässt sich nicht feststellen. Erst seit Kurzem sind sie in der Lage, durch mehrere ungelernte Tätigkeiten ihren Lebensunterhalt zu sichern. Ein langfristig angelegtes Vollerwerbsverhältnis können die Kläger aber nicht vorweisen. Zwar beträgt der Umfang der Beschäftigung des Klägers zu 1 bei M. D. seit Juni 2009 mittlerweile 170 Stunden monatlich. Der daraus erzielte Verdienst genügt für sich allein genommen indes auch zusammen mit dem Kindergeld immer noch nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts der Familie. Auch wenn in den letzten Jahren ihre Bemühungen um eine eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts anzuerkennen sind, genügen die ausgeübten Tätigkeiten - überwiegend in Teilzeitarbeitsverhältnissen oder als geringfügig Beschäftigte - als ungelernte Arbeitskräfte nicht für die Annahme einer nachhaltigen wirtschaftlichen Verwurzelung. Weitere besondere Integrationsleistungen wie die ehrenamtliche Tätigkeit in Vereinen liegen nicht vor. Weiter ist mit hohem Gewicht zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt der Kläger - abgesehen von den Aufenthaltsgestattungen während der Dauer ihrer erfolglosen Asylverfahren - nie legalisiert war, es also an einer „Handreichung des Staates“ und einem rechtlich geschützten Vertrauen darauf, dauerhaft im Bundesgebiet bleiben zu dürfen, fehlt. Abschiebestopperlasse allein konnten dieses Vertrauen zumindest während der Aufenthaltsdauer der Kläger im Bundesgebiet nicht begründen. Schließlich haben die Kläger durch ihren auf Dauer angelegten Versuch der Übersiedlung nach Frankreich im Juni/Juli 2005 selbst deutlich gemacht, dass sie sich in der Bundesrepublik nicht fest „verwurzelt“ fühlen. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie bereit waren und versucht haben, Deutschland freiwillig - wenn auch nach ihrem Vortrag aus der (unbegründeten) Angst vor einer Abschiebung heraus - zu verlassen und sich in die Lebensverhältnisse eines anderen Landes – Frankreich - einzufügen.
31 
Eine vollständige Entwurzelung liegt ebenfalls nicht vor. Die Kläger zu 1 und 2 haben den überwiegenden Teil ihres Lebens im Kosovo verbracht. Nachdem diese noch nicht von den Lebensverhältnissen im Kosovo entfremdet sind, muss von ihnen auch erwartet werden, dass sie ihre noch jungen minderjährigen Kinder, die Kläger zu 3 bis 5, von denen nur das Älteste mittlerweile in Deutschland die Schule besucht, bei der sicher nicht einfachen Eingliederung in die Lebensverhältnisse im Kosovo und dem Erwerb der albanischen Sprache unterstützen werden. Die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 teilen insoweit das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern, auch wenn dies für sie eine nicht unerhebliche Härte bedeuten wird.
32 
Sollte das Vorbringen der Kläger (auch) so zu verstehen sein, dass sie zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse geltend machen möchten, weil sie meinen, menschenwürdige Lebensverhältnisse seien für Angehörige der Volksgruppe der Roma im Kosovo nicht gewährleistet, könnten sich jedenfalls die Kläger zu 1 und 3 bis 5 hierauf im vorliegenden Verfahren wegen der Bindungswirkung des § 42 Satz 1 AsylVfG nicht berufen. Denn insoweit machen sie in der Sache zielstaatsbezogene Gesichtspunkte im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthG geltend. Liegt hierzu eine negative Statusfeststellung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (früher Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) vor, so ist die Ausländerbehörde an diese Feststellung gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG gebunden. Ein Ausländer kann die Unzumutbarkeit seiner freiwilligen Ausreise nicht auf eine zielstaatsbezogene Gefahrensituation stützen, wenn und solange das zuständige Bundesamt eine solche Feststellung wie hier abgelehnt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.6.2006 - 1 C 14/05 - BVerwGE 126, 192 = NVwZ 2006, 1418; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.4.2007 - 11 S 1035/06 - juris; Nds. OVG, Urteil vom 27.9.2007 - 11 LB 69/07 - DVBl. 2007, 57).
33 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
35 
Beschluss vom 9.12.2009
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG auf 25.000,-- EUR festgesetzt.
37 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
19 
Die Berufung der Kläger ist zulässig. Sie ist aber unbegründet, da das Verwaltungsgericht ihre Klage zu Recht abgewiesen hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).
20 
1. Die Klage ist allerdings nicht schon etwa deshalb unbegründet, weil die Kläger bei der Beklagten keinen Antrag auf die nunmehr geltend gemachten Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen gestellt hätten. Ursprünglich haben sie im Antragsformular zwar angegeben, dass sie einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit begehren. Hierbei hat es sich indes um ein offenkundiges Versehen gehandelt. Wie sich aus dem Schriftverkehr zwischen ihrem Prozessbevollmächtigten und der Behörde eindeutig ergibt, haben sie der Sache nach von Anfang an nur einen humanitären Aufenthaltstitel begehrt. Diese Auslegung ihres Antrags ist auch sachgerecht, da ein Aufenthaltstitel aus anderen Gründen - z. B. zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder zum Familiennachzug - offenkundig nicht in Betracht kommt. Dementsprechend hat auch das Verwaltungsgericht die Klage ausgelegt und in den Entscheidungsgründen ausschließlich geprüft, ob den Klägern ein Titel aus humanitären Gründen erteilt werden kann. Bei dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Antrag handelt es sich demzufolge nicht um eine Klageänderung, sondern nur um eine Konkretisierung des schon ursprünglich geltend gemachten Begehrens.
21 
2. Die Kläger haben jedoch in der Sache weder einen Anspruch auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels nach § 23 AufenthG noch nach § 104a AufenthG; auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor.
22 
a) Die Kläger erfüllen weder die Voraussetzungen der Bleiberechtsregelung nach § 23 AufenthG noch die Voraussetzungen des § 104a Abs. 1 AufenthG. Sowohl Nr. I.1.1 der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20.11.2006 als auch § 104a Abs. 1 AufenthG verlangen zu den jeweiligen Stichtagen am 17.11.2006 bzw. 1.7.2007 einen ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet von sechs Jahren. Diese Voraussetzungen erfüllen die Kläger nicht, da sie das Bundesgebiet verlassen und versucht haben, auf Dauer nach Frankreich auszureisen, und sich damit im Zeitpunkt ihres dortigen Aufgreifens am Bahnhof von Verdun außerhalb des Bundesgebiets aufgehalten haben. Zwar sind nach Nr. I.1.1 der Bleiberechtsregelung vom 20.11.2006 kurzfristige erlaubte Auslandsreisen unschädlich. Dasselbe galt nach den vorläufigen Anwendungshinweisen des Bundesinnenministeriums (Stand: 17.12.2007) bei § 104a Abs. 1 AufenthG (Nr. 2.3); diese Regelung ist in der mittlerweile verabschiedeten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz allerdings nicht aufgegriffen worden. Bei der Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 hat es sich nicht um eine derartige für die Erfüllung der ununterbrochenen Aufenthaltszeit unschädliche kurzfristige erlaubte Auslandsreise gehandelt. Eine solche setzt nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung zum einen voraus, dass es sich um einen bloß vorübergehenden Aufenthalt im Ausland handelt, nicht aber um eine Ausreise auf Dauer, bei der eine Rückkehr ins Bundesgebiet nicht oder nicht in absehbarer Zeit geplant ist. Zum anderen kann von einer erlaubten Ausreise nur dann gesprochen werden, wenn sie in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt.
23 
Der Senat ist davon überzeugt, dass die Ausreise der Kläger im Juni oder Juli 2005 auf Dauer erfolgen sollte. Die am 13.6.2005 - oder nach dem Vortrag des Klägers zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23.6.2005 -erfolgte Auflösung ihres Haushalts und ihr darauffolgendes Untertauchen belegen, dass sie das Bundesgebiet dauerhaft verlassen wollten. Dies hat der Kläger zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch ausdrücklich bestätigt und angegeben, aus Angst vor einer drohenden Abschiebung hätten sie das Bundesgebiet endgültig verlassen wollen; sie seien aus dem Wohnheim ausgezogen und hätten ihren Hausstand aufgelöst. Wie lange sich die Kläger genau in Frankreich aufgehalten haben und zu welchem exakten Datum sie ihre Wohnung aufgelöst haben, ist angesichts dessen nicht entscheidungserheblich.
24 
Zum anderen kann im vorliegenden Fall nicht die Rede davon sein, dass die Ausreise der Kläger nach Frankreich in Kenntnis und mit Billigung der Behörden erfolgt sein könnte. Wie der Beklagte glaubhaft vorgetragen hat, erfolgte das Untertauchen und die anschließende Ausreise der Kläger ohne seine Kenntnis und erst Recht ohne seine Billigung.
25 
Als unschädlich kann der Auslandsaufenthalt der Antragsteller auch nicht unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 85 AufenthG angesehen werden (vgl. allg. zu diesem Problemkreis: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 8.10.2009 – 11 S 1911/09 -; VG Karlsruhe, Beschluss vom 31.1.2008 - 4 K 36/08 - NVwZ-RR 2008, 646; Bayer. VGH, Beschluss vom 4.8.2009 – 19 ZB 09.1510 – juris; VG Würzburg, Urteil vom 3.3.2008 - W 7 K 07.861 - juris; Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104a Rn. 13). Danach können Unterbrechungen der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts bis zu einem Jahr außer Betracht bleiben. In der Kommentarliteratur wird allerdings vereinzelt die Auffassung vertreten, dass keine Unterbrechung des Aufenthalts eintritt, wenn der Ausländer erfolglos versucht hat, seiner Ausreisepflicht freiwillig durch Ausreise in einen anderen EU-Mitgliedstaat nachzukommen; finde er dort keine Aufnahme und kehre im Rahmen des Dublin-Verfahrens zurück, so handele es sich lediglich um einen gescheiterten Versuch der Aufenthaltsaufgabe, der nicht zur Unterbrechung führe (so HK-AuslR/Fränkel, § 104 a AufenthG Rn. 9). Schon der gedankliche Ansatzpunkt dieser Auffassung trifft jedoch nicht zu, denn nach § 50 Abs. 4 AufenthG kann ein Ausländer seiner Ausreisepflicht durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nur dann genügen, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Dies war bei den Klägern nicht der Fall. Weiter scheidet eine Anwendung des § 85 AufenthG hier deshalb aus, weil dieser nicht die Unterbrechung des Aufenthalts als solchen, die hier im Raum steht, sondern nur dessen Rechtmäßigkeit betrifft. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut, sondern auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Nach der Absicht des Gesetzgebers sollte diese Vorschrift beispielsweise dann zur Anwendung kommen, wenn ein Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis verspätet gestellt oder ein Pass ungültig geworden ist (BT-Drucks. 15/420, S. 97), also mit anderen Worten, wenn wegen einer Nachlässigkeit in formaler Hinsicht eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts eintritt. Damit ist aber der Fall des Untertauchens und der anschließenden illegalen Ausreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht vergleichbar. Auch Sinn und Zweck der Bleiberechtsregelung und des § 104a Abs.1 AufenthG stehen einer entsprechenden Anwendung des § 85 AufenthG entgegen. Der Zweck der Normen, langjährig geduldete Ausländer zu begünstigen, die faktisch und wirtschaftlich im Bundesgebiet integriert sind und sich rechtstreu verhalten haben (vgl. BT-Drs. 16/5065, S. 202 zu § 104a AufenthG), spricht dafür, grundsätzlich einen ununterbrochenen Aufenthalt zu verlangen und nur erlaubte kurzfristige Auslandsreisen etwa zu Besuchszwecken als unschädlich anzusehen. Gerade im Hinblick darauf, dass bei ausländischen Staatsangehörigen, die mit mindestens einem minderjährigen Kind in häuslicher Gemeinschaft leben, lediglich eine Aufenthaltsdauer von sechs Jahren gefordert wird, lässt sich die Zulassung einer bis zu einjährigen Unterbrechung des Aufenthalts mit der gesetzgeberischen Intention nicht vereinbaren.
26 
b) Schließlich kommt auch ein Anspruch der Kläger aus § 25 Abs. 5 AufenthG nicht in Betracht. Ihre Abschiebung ist nicht nach Art. 8 Abs. 1 EMRK rechtlich unmöglich. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann u.a. Anspruch auf Achtung seines Privatlebens. Dieses Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.5.2007 - 2 BvR 304/07 -InfAuslR 2007, 275).
27 
Offen bleiben kann, ob der Schutzbereich des Rechts der Kläger auf Achtung des Privatlebens eröffnet ist, obwohl ihr Aufenthalt niemals legalisiert worden war. Allerdings neigt auch der Senat der Auffassung des 11. Senats des erkennenden Gerichtshofs zu (vgl. z.B. Beschluss vom 5.2.2009 – 11 S 3244/08 - juris), wonach es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf ankommt, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte.
28 
Jedenfalls würde hier eine Beendigung des Aufenthalts der Kläger keinen (rechtswidrigen) Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens darstellen. Denn Art. 8 EMRK darf nicht so ausgelegt werden, als verbiete er eine Aufenthaltsbeendigung bei Ausländern bereits deswegen, weil diese sich eine bestimmte Zeit im Aufnahmeland aufgehalten haben. Eine Aufenthaltsbeendigung kann vielmehr nur dann einen Eingriff in das Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen, wenn der Ausländer aufgrund seines (längeren) Aufenthalts über starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Kontakte zum Aufnahmestaat verfügt, so dass er aufgrund der Gesamtentwicklung faktisch zu einem Inländer geworden ist.
29 
Dies ist bei den Klägern nicht der Fall. Weder lässt sich sagen, dass sie faktisch als Inländer angesehen werden können, weil sie in Deutschland verwurzelt wären, noch sind sie von ihrem Heimatland vollständig entwurzelt.
30 
Für die Kläger zu 1 und 2 spricht zwar, dass sie sich seit 1999 - soweit ersichtlich straffrei - im Bundesgebiet aufhalten und dass sie die deutsche Sprache beherrschen; die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 sind sogar im Bundesgebiet geboren. Sonstige nennenswerte Integrationsleistungen fehlen aber. Deshalb ist nicht von einer weit reichenden Verwurzelung in Deutschland auszugehen. Eine nachhaltige wirtschaftliche Integration lässt sich nicht feststellen. Erst seit Kurzem sind sie in der Lage, durch mehrere ungelernte Tätigkeiten ihren Lebensunterhalt zu sichern. Ein langfristig angelegtes Vollerwerbsverhältnis können die Kläger aber nicht vorweisen. Zwar beträgt der Umfang der Beschäftigung des Klägers zu 1 bei M. D. seit Juni 2009 mittlerweile 170 Stunden monatlich. Der daraus erzielte Verdienst genügt für sich allein genommen indes auch zusammen mit dem Kindergeld immer noch nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts der Familie. Auch wenn in den letzten Jahren ihre Bemühungen um eine eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts anzuerkennen sind, genügen die ausgeübten Tätigkeiten - überwiegend in Teilzeitarbeitsverhältnissen oder als geringfügig Beschäftigte - als ungelernte Arbeitskräfte nicht für die Annahme einer nachhaltigen wirtschaftlichen Verwurzelung. Weitere besondere Integrationsleistungen wie die ehrenamtliche Tätigkeit in Vereinen liegen nicht vor. Weiter ist mit hohem Gewicht zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt der Kläger - abgesehen von den Aufenthaltsgestattungen während der Dauer ihrer erfolglosen Asylverfahren - nie legalisiert war, es also an einer „Handreichung des Staates“ und einem rechtlich geschützten Vertrauen darauf, dauerhaft im Bundesgebiet bleiben zu dürfen, fehlt. Abschiebestopperlasse allein konnten dieses Vertrauen zumindest während der Aufenthaltsdauer der Kläger im Bundesgebiet nicht begründen. Schließlich haben die Kläger durch ihren auf Dauer angelegten Versuch der Übersiedlung nach Frankreich im Juni/Juli 2005 selbst deutlich gemacht, dass sie sich in der Bundesrepublik nicht fest „verwurzelt“ fühlen. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie bereit waren und versucht haben, Deutschland freiwillig - wenn auch nach ihrem Vortrag aus der (unbegründeten) Angst vor einer Abschiebung heraus - zu verlassen und sich in die Lebensverhältnisse eines anderen Landes – Frankreich - einzufügen.
31 
Eine vollständige Entwurzelung liegt ebenfalls nicht vor. Die Kläger zu 1 und 2 haben den überwiegenden Teil ihres Lebens im Kosovo verbracht. Nachdem diese noch nicht von den Lebensverhältnissen im Kosovo entfremdet sind, muss von ihnen auch erwartet werden, dass sie ihre noch jungen minderjährigen Kinder, die Kläger zu 3 bis 5, von denen nur das Älteste mittlerweile in Deutschland die Schule besucht, bei der sicher nicht einfachen Eingliederung in die Lebensverhältnisse im Kosovo und dem Erwerb der albanischen Sprache unterstützen werden. Die minderjährigen Kläger zu 3 bis 5 teilen insoweit das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern, auch wenn dies für sie eine nicht unerhebliche Härte bedeuten wird.
32 
Sollte das Vorbringen der Kläger (auch) so zu verstehen sein, dass sie zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse geltend machen möchten, weil sie meinen, menschenwürdige Lebensverhältnisse seien für Angehörige der Volksgruppe der Roma im Kosovo nicht gewährleistet, könnten sich jedenfalls die Kläger zu 1 und 3 bis 5 hierauf im vorliegenden Verfahren wegen der Bindungswirkung des § 42 Satz 1 AsylVfG nicht berufen. Denn insoweit machen sie in der Sache zielstaatsbezogene Gesichtspunkte im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthG geltend. Liegt hierzu eine negative Statusfeststellung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (früher Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) vor, so ist die Ausländerbehörde an diese Feststellung gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG gebunden. Ein Ausländer kann die Unzumutbarkeit seiner freiwilligen Ausreise nicht auf eine zielstaatsbezogene Gefahrensituation stützen, wenn und solange das zuständige Bundesamt eine solche Feststellung wie hier abgelehnt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.6.2006 - 1 C 14/05 - BVerwGE 126, 192 = NVwZ 2006, 1418; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.4.2007 - 11 S 1035/06 - juris; Nds. OVG, Urteil vom 27.9.2007 - 11 LB 69/07 - DVBl. 2007, 57).
33 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
35 
Beschluss vom 9.12.2009
36 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG auf 25.000,-- EUR festgesetzt.
37 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Einem Ausländer, der geduldet oder Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c ist, soll abweichend von § 5 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert hat. Dies setzt regelmäßig voraus, dass der Ausländer

1.
sich seit mindestens sechs Jahren oder, falls er zusammen mit einem minderjährigen ledigen Kind in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens vier Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennt und über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt,
3.
seinen Lebensunterhalt überwiegend durch Erwerbstätigkeit sichert oder bei der Betrachtung der bisherigen Schul-, Ausbildungs-, Einkommens- sowie der familiären Lebenssituation zu erwarten ist, dass er seinen Lebensunterhalt im Sinne von § 2 Absatz 3 sichern wird, wobei der Bezug von Wohngeld unschädlich ist,
4.
über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt und
5.
bei Kindern im schulpflichtigen Alter deren tatsächlichen Schulbesuch nachweist.
Ein vorübergehender Bezug von Sozialleistungen ist für die Lebensunterhaltssicherung in der Regel unschädlich bei
1.
Studierenden an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule sowie Auszubildenden in anerkannten Lehrberufen oder in staatlich geförderten Berufsvorbereitungsmaßnahmen,
2.
Familien mit minderjährigen Kindern, die vorübergehend auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind,
3.
Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern, denen eine Arbeitsaufnahme nach § 10 Absatz 1 Nummer 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht zumutbar ist oder
4.
Ausländern, die pflegebedürftige nahe Angehörige pflegen.

(2) Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 ist zu versagen, wenn

1.
der Ausländer die Aufenthaltsbeendigung durch vorsätzlich falsche Angaben, durch Täuschung über die Identität oder Staatsangehörigkeit oder Nichterfüllung zumutbarer Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen verhindert oder verzögert oder
2.
ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 oder Absatz 2 Nummer 1 und 2 besteht.

(3) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 3 und 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aus Altersgründen nicht erfüllen kann.

(4) Dem Ehegatten, dem Lebenspartner und minderjährigen ledigen Kindern, die mit einem Begünstigten nach Absatz 1 in familiärer Lebensgemeinschaft leben, soll unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2 bis 5 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Absätze 2, 3 und 5 finden Anwendung. § 31 gilt entsprechend.

(5) Die Aufenthaltserlaubnis wird abweichend von § 26 Absatz 1 Satz 1 längstens für zwei Jahre erteilt und verlängert. Sie kann abweichend von § 10 Absatz 3 Satz 2 erteilt werden. § 25a bleibt unberührt.

(6) Einem Ausländer, seinem Ehegatten oder seinem Lebenspartner und in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden minderjährigen ledigen Kindern, die seit 30 Monaten im Besitz einer Duldung nach § 60d sind, soll eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 abweichend von der in Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 genannten Frist erteilt werden, wenn die Voraussetzungen nach § 60d erfüllt sind und der Ausländer über hinreichende mündliche deutsche Sprachkenntnisse verfügt; bestand die Möglichkeit des Besuchs eines Integrationskurses, setzt die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zudem voraus, dass der Ausländer, sein Ehegatte oder sein Lebenspartner über hinreichende schriftliche Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.

(7) Besitzt der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104c, sind für die Anwendung des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 auch die in § 60b Absatz 5 Satz 1 genannten Zeiten anzurechnen.

(8) Einem Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c soll eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 5 Absatz 1 Nummer 1a erfüllt sind. Hat der Ausländer die erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung ergriffen, kann sie abweichend von Satz 1 erteilt werden.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist unverzüglich nach der Einreise oder innerhalb der in der Rechtsverordnung bestimmten Frist zu beantragen. Für ein im Bundesgebiet geborenes Kind, dem nicht von Amts wegen ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist, ist der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zu stellen.

(3) Beantragt ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde die Abschiebung als ausgesetzt.

(4) Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Dies gilt nicht für ein Visum nach § 6 Absatz 1. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.

(5) Dem Ausländer ist eine Bescheinigung über die Wirkung seiner Antragstellung (Fiktionsbescheinigung) auszustellen.

(5a) In den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt die in dem künftigen Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 beschriebene Erwerbstätigkeit ab Veranlassung der Ausstellung bis zur Ausgabe des Dokuments nach § 78 Absatz 1 Satz 1 als erlaubt. Die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit nach Satz 1 ist in die Bescheinigung nach Absatz 5 aufzunehmen.

(6) Wenn der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gestellt wird, so wird über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte entschieden.

(7) Ist die Identität durch erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 49 dieses Gesetzes oder § 16 des Asylgesetzes zu sichern, so darf eine Fiktionsbescheinigung nach Absatz 5 nur ausgestellt oder ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden ist und eine Speicherung der hierdurch gewonnenen Daten im Ausländerzentralregister erfolgt ist.

Tenor

Der angefochtene Beschluss (Nr. 2 der Beschlussformel) wird geändert.

Der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 1.250,00 EUR festgesetzt


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(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Der angefochtene Beschluss (Nr. 2 der Beschlussformel) wird geändert.

Der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 1.250,00 EUR festgesetzt


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(1) Einem Ausländer, der geduldet oder Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c ist, soll abweichend von § 5 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert hat. Dies setzt regelmäßig voraus, dass der Ausländer

1.
sich seit mindestens sechs Jahren oder, falls er zusammen mit einem minderjährigen ledigen Kind in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens vier Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennt und über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt,
3.
seinen Lebensunterhalt überwiegend durch Erwerbstätigkeit sichert oder bei der Betrachtung der bisherigen Schul-, Ausbildungs-, Einkommens- sowie der familiären Lebenssituation zu erwarten ist, dass er seinen Lebensunterhalt im Sinne von § 2 Absatz 3 sichern wird, wobei der Bezug von Wohngeld unschädlich ist,
4.
über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt und
5.
bei Kindern im schulpflichtigen Alter deren tatsächlichen Schulbesuch nachweist.
Ein vorübergehender Bezug von Sozialleistungen ist für die Lebensunterhaltssicherung in der Regel unschädlich bei
1.
Studierenden an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule sowie Auszubildenden in anerkannten Lehrberufen oder in staatlich geförderten Berufsvorbereitungsmaßnahmen,
2.
Familien mit minderjährigen Kindern, die vorübergehend auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind,
3.
Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern, denen eine Arbeitsaufnahme nach § 10 Absatz 1 Nummer 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht zumutbar ist oder
4.
Ausländern, die pflegebedürftige nahe Angehörige pflegen.

(2) Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 ist zu versagen, wenn

1.
der Ausländer die Aufenthaltsbeendigung durch vorsätzlich falsche Angaben, durch Täuschung über die Identität oder Staatsangehörigkeit oder Nichterfüllung zumutbarer Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen verhindert oder verzögert oder
2.
ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 oder Absatz 2 Nummer 1 und 2 besteht.

(3) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 3 und 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aus Altersgründen nicht erfüllen kann.

(4) Dem Ehegatten, dem Lebenspartner und minderjährigen ledigen Kindern, die mit einem Begünstigten nach Absatz 1 in familiärer Lebensgemeinschaft leben, soll unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2 bis 5 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Absätze 2, 3 und 5 finden Anwendung. § 31 gilt entsprechend.

(5) Die Aufenthaltserlaubnis wird abweichend von § 26 Absatz 1 Satz 1 längstens für zwei Jahre erteilt und verlängert. Sie kann abweichend von § 10 Absatz 3 Satz 2 erteilt werden. § 25a bleibt unberührt.

(6) Einem Ausländer, seinem Ehegatten oder seinem Lebenspartner und in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden minderjährigen ledigen Kindern, die seit 30 Monaten im Besitz einer Duldung nach § 60d sind, soll eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 abweichend von der in Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 genannten Frist erteilt werden, wenn die Voraussetzungen nach § 60d erfüllt sind und der Ausländer über hinreichende mündliche deutsche Sprachkenntnisse verfügt; bestand die Möglichkeit des Besuchs eines Integrationskurses, setzt die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zudem voraus, dass der Ausländer, sein Ehegatte oder sein Lebenspartner über hinreichende schriftliche Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.

(7) Besitzt der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104c, sind für die Anwendung des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 auch die in § 60b Absatz 5 Satz 1 genannten Zeiten anzurechnen.

(8) Einem Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c soll eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 5 Absatz 1 Nummer 1a erfüllt sind. Hat der Ausländer die erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung ergriffen, kann sie abweichend von Satz 1 erteilt werden.

(1) Einem geduldeten Ausländer soll abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und er

1.
über ausreichenden Wohnraum verfügt,
2.
über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt,
3.
bei Kindern im schulpflichtigen Alter den tatsächlichen Schulbesuch nachweist,
4.
die Ausländerbehörde nicht vorsätzlich über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht oder behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hat,
5.
keine Bezüge zu extremistischen oder terroristischen Organisationen hat und diese auch nicht unterstützt und
6.
nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurde, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylgesetz nur von Ausländern begangen werden können, grundsätzlich außer Betracht bleiben.
Wenn der Ausländer seinen Lebensunterhalt eigenständig durch Erwerbstätigkeit sichert, wird die Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt. Im Übrigen wird sie nach Satz 1 erteilt; sie gilt als Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5; die §§ 9 und 26 Abs. 4 finden keine Anwendung. Von der Voraussetzung des Satzes 1 Nr. 2 kann bis zum 1. Juli 2008 abgesehen werden. Von der Voraussetzung des Satzes 1 Nr. 2 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aus Altersgründen nicht erfüllen kann.

(2) Dem geduldeten volljährigen ledigen Kind eines geduldeten Ausländers, der sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat, kann eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt werden, wenn es bei der Einreise minderjährig war und gewährleistet erscheint, dass es sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann. Das Gleiche gilt für einen Ausländer, der sich als unbegleiteter Minderjähriger seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und bei dem gewährleistet erscheint, dass er sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann.

(3) Hat ein in häuslicher Gemeinschaft lebendes Familienmitglied Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 begangen, führt dies zur Versagung der Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift für andere Familienmitglieder. Satz 1 gilt nicht für den Ehegatten eines Ausländers, der Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 begangen hat, wenn der Ehegatte die Voraussetzungen des Absatzes 1 im Übrigen erfüllt und es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, ihm den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen. Sofern im Ausnahmefall Kinder von ihren Eltern getrennt werden, muss ihre Betreuung in Deutschland sichergestellt sein.

(4) Die Aufenthaltserlaubnis kann unter der Bedingung erteilt werden, dass der Ausländer an einem Integrationsgespräch teilnimmt oder eine Integrationsvereinbarung abgeschlossen wird.

(5) Die Aufenthaltserlaubnis wird mit einer Gültigkeit bis zum 31. Dezember 2009 erteilt. Sie soll um weitere zwei Jahre als Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 verlängert werden, wenn der Lebensunterhalt des Ausländers bis zum 31. Dezember 2009 überwiegend eigenständig durch Erwerbstätigkeit gesichert war oder wenn der Ausländer mindestens seit dem 1. April 2009 seinen Lebensunterhalt nicht nur vorübergehend eigenständig sichert. Für die Zukunft müssen in beiden Fällen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Lebensunterhalt überwiegend gesichert sein wird. Im Fall des Absatzes 1 Satz 4 wird die Aufenthaltserlaubnis zunächst mit einer Gültigkeit bis zum 1. Juli 2008 erteilt und nur verlängert, wenn der Ausländer spätestens bis dahin nachweist, dass er die Voraussetzung des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 erfüllt. § 81 Abs. 4 findet keine Anwendung.

(6) Bei der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis kann zur Vermeidung von Härtefällen von Absatz 5 abgewichen werden. Dies gilt bei

1.
Auszubildenden in anerkannten Lehrberufen oder in staatlich geförderten Berufsvorbereitungsmaßnahmen,
2.
Familien mit Kindern, die nur vorübergehend auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind,
3.
Alleinerziehenden mit Kindern, die vorübergehend auf Sozialleistungen angewiesen sind, und denen eine Arbeitsaufnahme nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht zumutbar ist,
4.
erwerbsunfähigen Personen, deren Lebensunterhalt einschließlich einer erforderlichen Betreuung und Pflege in sonstiger Weise ohne Leistungen der öffentlichen Hand dauerhaft gesichert ist, es sei denn, die Leistungen beruhen auf Beitragszahlungen,
5.
Personen, die am 31. Dezember 2009 das 65. Lebensjahr vollendet haben, wenn sie in ihrem Herkunftsland keine Familie, dafür aber im Bundesgebiet Angehörige (Kinder oder Enkel) mit dauerhaftem Aufenthalt bzw. deutscher Staatsangehörigkeit haben und soweit sichergestellt ist, dass für diesen Personenkreis keine Sozialleistungen in Anspruch genommen werden.

(7) Die Länder dürfen anordnen, dass aus Gründen der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis nach den Absätzen 1 und 2 Staatsangehörigen bestimmter Staaten zu versagen ist. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.

(1) Einem Ausländer, der geduldet oder Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c ist, soll abweichend von § 5 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert hat. Dies setzt regelmäßig voraus, dass der Ausländer

1.
sich seit mindestens sechs Jahren oder, falls er zusammen mit einem minderjährigen ledigen Kind in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens vier Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennt und über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt,
3.
seinen Lebensunterhalt überwiegend durch Erwerbstätigkeit sichert oder bei der Betrachtung der bisherigen Schul-, Ausbildungs-, Einkommens- sowie der familiären Lebenssituation zu erwarten ist, dass er seinen Lebensunterhalt im Sinne von § 2 Absatz 3 sichern wird, wobei der Bezug von Wohngeld unschädlich ist,
4.
über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt und
5.
bei Kindern im schulpflichtigen Alter deren tatsächlichen Schulbesuch nachweist.
Ein vorübergehender Bezug von Sozialleistungen ist für die Lebensunterhaltssicherung in der Regel unschädlich bei
1.
Studierenden an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule sowie Auszubildenden in anerkannten Lehrberufen oder in staatlich geförderten Berufsvorbereitungsmaßnahmen,
2.
Familien mit minderjährigen Kindern, die vorübergehend auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind,
3.
Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern, denen eine Arbeitsaufnahme nach § 10 Absatz 1 Nummer 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht zumutbar ist oder
4.
Ausländern, die pflegebedürftige nahe Angehörige pflegen.

(2) Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 ist zu versagen, wenn

1.
der Ausländer die Aufenthaltsbeendigung durch vorsätzlich falsche Angaben, durch Täuschung über die Identität oder Staatsangehörigkeit oder Nichterfüllung zumutbarer Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen verhindert oder verzögert oder
2.
ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 oder Absatz 2 Nummer 1 und 2 besteht.

(3) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 3 und 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aus Altersgründen nicht erfüllen kann.

(4) Dem Ehegatten, dem Lebenspartner und minderjährigen ledigen Kindern, die mit einem Begünstigten nach Absatz 1 in familiärer Lebensgemeinschaft leben, soll unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2 bis 5 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Absätze 2, 3 und 5 finden Anwendung. § 31 gilt entsprechend.

(5) Die Aufenthaltserlaubnis wird abweichend von § 26 Absatz 1 Satz 1 längstens für zwei Jahre erteilt und verlängert. Sie kann abweichend von § 10 Absatz 3 Satz 2 erteilt werden. § 25a bleibt unberührt.

(6) Einem Ausländer, seinem Ehegatten oder seinem Lebenspartner und in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden minderjährigen ledigen Kindern, die seit 30 Monaten im Besitz einer Duldung nach § 60d sind, soll eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 abweichend von der in Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 genannten Frist erteilt werden, wenn die Voraussetzungen nach § 60d erfüllt sind und der Ausländer über hinreichende mündliche deutsche Sprachkenntnisse verfügt; bestand die Möglichkeit des Besuchs eines Integrationskurses, setzt die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zudem voraus, dass der Ausländer, sein Ehegatte oder sein Lebenspartner über hinreichende schriftliche Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.

(7) Besitzt der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104c, sind für die Anwendung des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 auch die in § 60b Absatz 5 Satz 1 genannten Zeiten anzurechnen.

(8) Einem Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c soll eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 5 Absatz 1 Nummer 1a erfüllt sind. Hat der Ausländer die erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung ergriffen, kann sie abweichend von Satz 1 erteilt werden.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Einem Ausländer, der geduldet oder Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c ist, soll abweichend von § 5 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert hat. Dies setzt regelmäßig voraus, dass der Ausländer

1.
sich seit mindestens sechs Jahren oder, falls er zusammen mit einem minderjährigen ledigen Kind in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens vier Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennt und über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt,
3.
seinen Lebensunterhalt überwiegend durch Erwerbstätigkeit sichert oder bei der Betrachtung der bisherigen Schul-, Ausbildungs-, Einkommens- sowie der familiären Lebenssituation zu erwarten ist, dass er seinen Lebensunterhalt im Sinne von § 2 Absatz 3 sichern wird, wobei der Bezug von Wohngeld unschädlich ist,
4.
über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt und
5.
bei Kindern im schulpflichtigen Alter deren tatsächlichen Schulbesuch nachweist.
Ein vorübergehender Bezug von Sozialleistungen ist für die Lebensunterhaltssicherung in der Regel unschädlich bei
1.
Studierenden an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule sowie Auszubildenden in anerkannten Lehrberufen oder in staatlich geförderten Berufsvorbereitungsmaßnahmen,
2.
Familien mit minderjährigen Kindern, die vorübergehend auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind,
3.
Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern, denen eine Arbeitsaufnahme nach § 10 Absatz 1 Nummer 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht zumutbar ist oder
4.
Ausländern, die pflegebedürftige nahe Angehörige pflegen.

(2) Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 ist zu versagen, wenn

1.
der Ausländer die Aufenthaltsbeendigung durch vorsätzlich falsche Angaben, durch Täuschung über die Identität oder Staatsangehörigkeit oder Nichterfüllung zumutbarer Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen verhindert oder verzögert oder
2.
ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 oder Absatz 2 Nummer 1 und 2 besteht.

(3) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 3 und 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aus Altersgründen nicht erfüllen kann.

(4) Dem Ehegatten, dem Lebenspartner und minderjährigen ledigen Kindern, die mit einem Begünstigten nach Absatz 1 in familiärer Lebensgemeinschaft leben, soll unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2 bis 5 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Absätze 2, 3 und 5 finden Anwendung. § 31 gilt entsprechend.

(5) Die Aufenthaltserlaubnis wird abweichend von § 26 Absatz 1 Satz 1 längstens für zwei Jahre erteilt und verlängert. Sie kann abweichend von § 10 Absatz 3 Satz 2 erteilt werden. § 25a bleibt unberührt.

(6) Einem Ausländer, seinem Ehegatten oder seinem Lebenspartner und in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden minderjährigen ledigen Kindern, die seit 30 Monaten im Besitz einer Duldung nach § 60d sind, soll eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 abweichend von der in Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 genannten Frist erteilt werden, wenn die Voraussetzungen nach § 60d erfüllt sind und der Ausländer über hinreichende mündliche deutsche Sprachkenntnisse verfügt; bestand die Möglichkeit des Besuchs eines Integrationskurses, setzt die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zudem voraus, dass der Ausländer, sein Ehegatte oder sein Lebenspartner über hinreichende schriftliche Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.

(7) Besitzt der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104c, sind für die Anwendung des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 auch die in § 60b Absatz 5 Satz 1 genannten Zeiten anzurechnen.

(8) Einem Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c soll eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 5 Absatz 1 Nummer 1a erfüllt sind. Hat der Ausländer die erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung ergriffen, kann sie abweichend von Satz 1 erteilt werden.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 1.250,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt mit seinem Antrag den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf vorläufige Aussetzung seiner bevorstehenden Abschiebung nach Afghanistan.

Der Antragsteller ist afghanischer Staatsangehöriger und reiste am … Dezember 2009 als unbegleiteter Minderjähriger in das Bundesgebiet ein. Sein in der Folge gestellter Asylantrag wurde vom Bundesamt abgelehnt. Die dagegen erhobene Klage zum Verwaltungsgericht wurde abgewiesen, das Urteil ist seit *. Juli 2012 rechtskräftig.

Wegen Fehlens eines maschinenlesbaren Passes wurde die Abschiebung des Antragstellers in der Folge ausgesetzt und wurden dem Antragsteller in der Folge Duldungen erteilt bzw. regelmäßig verlängert. Letztmalig wurde die Duldung am … November 2017 bis Ablauf des … Dezember 2017 verlängert.

Der Antragsteller hat zwischenzeitlich eine Ausbildung zum Koch erfolgreich abgeschlossen und das Sprachniveau Deutsch A2 erreicht.

Mit Urteil des Amtsgerichts München, rechtskräftig seit dem … Dezember 2016, wurde der Antragsteller wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist.

Am … Dezember 2016 hat der Betroffene eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18a AufenthG beantragt. Von der mit Schreiben der Regierung von Oberbayern vom … September 2017 eingeräumten Möglichkeit, sich im Rahmen der Anhörung zu einer beabsichtigten Ablehnung des Antrags zu äußern, hat der Antragsteller keinen Gebrauch gemacht.

Am … November 2017 hat die Regierung von Oberbayern der Bevollmächtigten des Antragstellers die Abschiebung des Antragstellers angekündigt.

Am … Dezember 2017 hat die Bevollmächtigte des Antragstellers eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG beantragt. Mit Schreiben vom ... Januar 2018 hat der Antragsgegner Gelegenheit gegeben, sich zu einer beabsichtigten Ablehnung dieses Antrags zu äußern. Hiervon hat der Antragsteller mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom … Januar 2018 Gebrauch gemacht.

Am … Januar 2018 ging beim Antragsgegner die Genehmigung der Luftabschiebung durch die PI Schubwesen ein.

Mit Bescheid vom … Januar 2018 hat die Regierung von Oberbayern die Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18a AufenthG bzw. § 25b AufenthG abgelehnt.

Mit bei Gericht per Fax am … Januar 2018 eingegangenem Schreiben hat die Bevollmächtigte des Antragstellers Klage gegen den Bescheid vom … Januar 2018 erhoben und zudem den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Inhalt beantragt,

„Der Antragsgegner wird angewiesen, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung des Verwaltungsgerichts München im Hauptsacheverfahren von einer Abschiebung des Antragstellers abzusehen“

Der Antragsteller habe einen Anordnungsanspruch, da die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG gegeben seien. Dem stehe insbesondere kein Versagungsgrund nach § 25b Abs. 2 Nr. 2 AufenthG entgegen. Die Freiheitsstrafe von 10 Monaten sei nicht von § 25b Abs. 2 Nr. 2 AufenthG umfasst. Selbst wenn man die Meinung vertrete, dass auch unterhalb dieser Schwelle Straftaten eine Rolle spielten, könne dies nur der Fall sein, wenn sie nach Art und Dauer so bedeutsam seien, dass sie die bei Vorliegen der Regelvoraussetzungen eingreifende Regelvermutung der nachhaltigen Integration beseitigten. Die vorliegende Verurteilung liege aber schon mehr als zwei Jahre zurück und stelle sich als einmaliges Minutenversagen eines ansonsten sich vorbildlich verhaltenden jungen Erwachsenen dar. Der Antragsteller sei zudem mit einer deutschen Staatsangehörigen verlobt und bereite derzeit seine Heirat vor.

Der Antragsgegner hat mit Schutzschrift vom … Januar 2018 zu einem möglichen Antrag Stellung genommen.

Der Abschiebung stehe Art. 6 GG nicht entgegen, da das bloße Verlöbnis ohne zugleich unmittelbar bevorstehende Eheschließung keinen Duldungsanspruch vermittle.

Einem Aufenthaltstitel nach § 18a AufenthG stehe mit der Verurteilung durch das Amtsgericht München § 18a Abs. 1 Nr. 7 AufenthG entgegen.

Auch die Voraussetzungen eines Aufenthaltstitels nach § 25b Abs. 1 AufenthG lägen nicht vor.

Das Bleiberecht aus § 25b Abs. 1 AufenthG setze nach dem Wortlaut voraus, dass der Antragsteller im Zeitpunkt der Behördenentscheidung geduldet sei. Die Duldung des Antragstellers sei aber am … Dezember 2017 erloschen.

Zudem setze das Bleiberecht im Fall des Antragstellers voraus, dass dieser sich seit mindestens acht Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten habe. Der Antragsteller halte sich seit dem *. Januar 2010 (Ausstellung der Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender) gestattet im Bundesgebiet auf. Seine letzte Duldung sei aber bereits am … Dezember 2017, mithin vor Erfüllen des Acht-Jahres-Zeitraums, erloschen.

Die Verurteilung des Antragstellers wegen gefährlicher Körperverletzung stehe zudem ebenfalls, auch wenn sie unter der Schwelle des § 25b Abs. 2 AufenthG liege, einem Bleiberecht des Antragstellers entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtssowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag bleibt ohne Erfolg.

Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist begründet, wenn der Antragsteller aufgrund summarischer Prüfung einen Anordnungsanspruch hat und ein Anordnungsgrund besteht, mithin die Gefahr, dass eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereiteln oder wesentlich erschweren könnte. Dabei sind die Tatsachen für das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs sowie eines Anordnungsgrundes glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO.

Der Antragsteller hat die Tatsachen für den Anordnungsanspruch auf vorübergehende Aussetzung der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG wegen eines rechtlichen Abschiebungshindernisses in Form eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO hinreichend glaubhaft gemacht.

1. Die Abschiebung ist rechtlich unmöglich, wenn sie einen Anspruch des Antragstellers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vereiteln oder unverhältnismäßig erschweren würde. Ein solcher Anspruch ist indes bereits nicht ersichtlich. Der Antragsteller hat die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels, in Betracht kommen vorliegend allein solche nach § 18a AufenthG oder § 25b AufenthG, nicht glaubhaft gemacht.

a) Zutreffend verweist der Antragsgegner darauf, dass der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 18a AufenthG die Verurteilung des Antragstellers wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten auf Bewährung entgegensteht (§ 18a Abs. 1 Nr. 7 AufenthG).

b) Auch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 25b AufenthG sind vorliegend nicht glaubhaft gemacht. Dies folgt schon daraus, dass der Antragsteller den für ihn maßgeblichen Acht-Jahres-Zeitraum nach § 25b Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AufenthG, wenn auch nur um wenige Tage, nicht erfüllt. Mit den diesbezüglichen Ausführungen des Antragsgegners setzt sich der Antragsteller nicht auseinander.

Rechtsfehlerfrei ist der Antragsgegner auch davon ausgegangen, dass die Verurteilung des Antragstellers zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten auf Bewährung unabhängig von § 25b Abs. 2 Nr. 2 AufenthG berücksichtigt werden kann (so auch Samel/Röcker, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht 12. A, § 25b, Rn. 33). Die Tat des Antragstellers begründet ein schwer wiegendes Ausweisungsinteresse (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG iVm § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG). Angesichts der im Strafurteil festgestellten fortdauernden physischen wie auch psychischen Beeinträchtigungen des Opfers, lässt die Annahme des Antragsgegners, dass die Tat der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG entgegensteht, keinen Rechtsfehler erkennen. Dem kann der Antragsteller auch nicht erfolgreich damit entgegentreten, dass es sich um die einzige Verurteilung handelt und er seitdem strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung getreten ist. Straffreiheit ist weder eine besondere Integrationsleistung noch aufenthaltsrechtlich belohnungswürdig, sondern eine Selbstverständlichkeit.

c) Der Antragsteller hat auch die Tatsachen für einen Anordnungsanspruch auf vorübergehende Aussetzung der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG wegen eines rechtlichen Abschiebungshindernisses aus Art. 6 GG beziehungsweise Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO hinreichend glaubhaft gemacht.

Eine Abschiebung ist insbesondere dann rechtlich unmöglich, wenn sie mit der Eheschließungsfreiheit unvereinbar ist. Dies setzt allerdings voraus, dass der Eheschließungstermin im Bundesgebiet feststeht oder jedenfalls verbindlich bestimmbar ist (BayVGH v. 28.11.2016 – 10 CE 16.2266 mwN.). Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht glaubhaft gemacht. Zwar haben der Antragsteller und seine Verlobte bereits Hochzeitsvorbereitungen getroffen und sind derzeit damit beschäftigt, die erforderlichen Unterlagen zu besorgen. Weder liegen diese aber bereits vollständig vor, noch steht ein Termin zur standesamtlichen Trauung fest, wie auch die Bevollmächtigte des Antragstellers dem Gericht gegenüber in einem Telefonat am *. Februar 2018 bestätigt hat.

Dem Antragsteller ist zuzumuten, aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen und den Kontakt zu seiner Verlobten durch Briefe und Telefonate sowie über moderne Kommunikationsmittel zu pflegen. Der Antragsteller kann außerdem jederzeit nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG zur Wahrung schutzwürdiger Belange oder bei Wegfall des Zwecks des Verbots einen Antrag auf Verkürzung oder sogar Aufhebung der von der Beklagten festgesetzten Frist stellen. Des Weiteren kann der Antragsteller nach § 11 Abs. 8 AufenthG Betretenserlaubnisse erwirken.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

4. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nrn. 1.5 und 8.3 (entsprechend) des Streitwertkatalogs.

(1) Einem Ausländer, der geduldet oder Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c ist, soll abweichend von § 5 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert hat. Dies setzt regelmäßig voraus, dass der Ausländer

1.
sich seit mindestens sechs Jahren oder, falls er zusammen mit einem minderjährigen ledigen Kind in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens vier Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennt und über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt,
3.
seinen Lebensunterhalt überwiegend durch Erwerbstätigkeit sichert oder bei der Betrachtung der bisherigen Schul-, Ausbildungs-, Einkommens- sowie der familiären Lebenssituation zu erwarten ist, dass er seinen Lebensunterhalt im Sinne von § 2 Absatz 3 sichern wird, wobei der Bezug von Wohngeld unschädlich ist,
4.
über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt und
5.
bei Kindern im schulpflichtigen Alter deren tatsächlichen Schulbesuch nachweist.
Ein vorübergehender Bezug von Sozialleistungen ist für die Lebensunterhaltssicherung in der Regel unschädlich bei
1.
Studierenden an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule sowie Auszubildenden in anerkannten Lehrberufen oder in staatlich geförderten Berufsvorbereitungsmaßnahmen,
2.
Familien mit minderjährigen Kindern, die vorübergehend auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind,
3.
Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern, denen eine Arbeitsaufnahme nach § 10 Absatz 1 Nummer 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht zumutbar ist oder
4.
Ausländern, die pflegebedürftige nahe Angehörige pflegen.

(2) Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 ist zu versagen, wenn

1.
der Ausländer die Aufenthaltsbeendigung durch vorsätzlich falsche Angaben, durch Täuschung über die Identität oder Staatsangehörigkeit oder Nichterfüllung zumutbarer Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen verhindert oder verzögert oder
2.
ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 oder Absatz 2 Nummer 1 und 2 besteht.

(3) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 3 und 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aus Altersgründen nicht erfüllen kann.

(4) Dem Ehegatten, dem Lebenspartner und minderjährigen ledigen Kindern, die mit einem Begünstigten nach Absatz 1 in familiärer Lebensgemeinschaft leben, soll unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2 bis 5 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Absätze 2, 3 und 5 finden Anwendung. § 31 gilt entsprechend.

(5) Die Aufenthaltserlaubnis wird abweichend von § 26 Absatz 1 Satz 1 längstens für zwei Jahre erteilt und verlängert. Sie kann abweichend von § 10 Absatz 3 Satz 2 erteilt werden. § 25a bleibt unberührt.

(6) Einem Ausländer, seinem Ehegatten oder seinem Lebenspartner und in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden minderjährigen ledigen Kindern, die seit 30 Monaten im Besitz einer Duldung nach § 60d sind, soll eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 abweichend von der in Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 genannten Frist erteilt werden, wenn die Voraussetzungen nach § 60d erfüllt sind und der Ausländer über hinreichende mündliche deutsche Sprachkenntnisse verfügt; bestand die Möglichkeit des Besuchs eines Integrationskurses, setzt die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zudem voraus, dass der Ausländer, sein Ehegatte oder sein Lebenspartner über hinreichende schriftliche Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.

(7) Besitzt der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104c, sind für die Anwendung des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 auch die in § 60b Absatz 5 Satz 1 genannten Zeiten anzurechnen.

(8) Einem Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c soll eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 5 Absatz 1 Nummer 1a erfüllt sind. Hat der Ausländer die erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung ergriffen, kann sie abweichend von Satz 1 erteilt werden.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

IV. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die dargelegten Gründe, auf deren Prüfung sich der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses, mit dem es das Verwaltungsgericht abgelehnt hat, die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die kraft Gesetzes sofort vollziehbare Versagung der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis sowie der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis - verbunden mit einer Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung - im Bescheid der Antragsgegnerin vom 26. Januar 2016 anzuordnen.

Der Antragsteller trägt - in weitgehender Wiederholung seiner erstinstanzlichen Ausführungen - vor, er sei Vater eines volljährigen Sohnes mit deutscher Staatsangehörigkeit, mit dem er zusammenwohne und eine Lebensgemeinschaft im Sinne von Art. 6 GG bilde. Durch die Entscheidung der Ausländerbehörde und des Verwaltungsgerichtes werde der Antragsteller schlechter gestellt als ein Ausländer ohne Familienbindung zu deutschen Staatsangehörigen. Es liege eine Inländerdiskriminierung vor, weil der Antragsteller schlechter gestellt werde als die Personengruppe des § 25b AufenthG.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob dem Antragsteller ein Anspruch auf die Verlängerung oder Erteilung eines Aufenthaltstitels zusteht, ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. BVerwG, B.v. 2.12.2014 - 1 B 21/14 - juris Rn. 6).

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass dem Antragsteller aufgrund der Volljährigkeit seines Sohnes kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG zukommt; eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 3 Satz 2 AufenthG kommt mangels Ausbildung des Sohnes nicht in Betracht.

Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis lägen sowohl hinsichtlich § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG als auch hinsichtlich § 28 Abs. 2 AufenthG nicht vor, ist nicht zu beanstanden. Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist dem Ausländer eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er drei Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet fortbesteht, kein Ausweisungsinteresse besteht und er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. Dahin stehen kann, ob der Antragsteller drei Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis im Sinne von § 28 Abs. 2 Satz 1 AufenthG war, da jedenfalls aufgrund der strafrechtlichen Verurteilung wegen Zulassens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen zu 15 Euro durch Urteil vom 9. Februar 2015 ein der Erteilung der Niederlassungserlaubnis entgegen stehendes Ausweisungsinteresse besteht (§ 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG). Die vom Antragsteller begangenen vorsätzlichen Straftaten durch mehrfaches Anmieten von Fahrzeugen und Überlassung der Fahrzeuge an den Sohn, der nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis ist, sind weder als vereinzelt noch als geringfügig im Sinne von § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG anzusehen. Eine vorsätzlich begangene Straftat ist grundsätzlich nicht als geringfügig anzusehen (vgl. BVerwG, B.v. 18.11.2004 - 1 C 23/03 - juris Rn. 19 ff.). Das im Urteil des Amtsgerichts ausgesprochene Strafmaß von 50 Tagessätzen zu 15 Euro sowie die fortgesetzte Begehungsweise sprechen gegen vereinzelte und geringfügige Straftaten. Die Bejahung eines „Ausweisungsinteresses“ setzt auch nach der entsprechenden Begriffsänderung u.a. in der Bestimmung des § 28 Abs. 2 Satz 1 AufenthG durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27.7.2015 (BGBl. I., S. 1386) nicht voraus, dass im konkreten Fall eine Ausweisung rechtsfehlerfrei verfügt werden könnte (vgl. VGH BW, B.v. 25.8.2015 - 11 S 1500/15 - juris). Trotz des unterschiedlichen Gewichts der in § 54 AufenthG genannten Ausweisungsinteressen wird für die Regelerteilungsvoraussetzung des fehlenden Ausweisungsinteresses (zunächst) nicht weiter unterschieden oder gar eine Ausweisungsabwägung gemäß § 53 Abs. 1, 2 AufenthG getroffen (vgl. zum Parallelfall des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG: Samel in Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl. 2016, AufenthG § 5 Rn. 47). Nachdem die Prüfung von Ausweisungsinteressen bei Erteilung eines Aufenthaltstitels dem Zweck dient, aktuell zu befürchtende Beeinträchtigungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder sonstiger erheblicher Interessen der Bundesrepublik Deutschland i.S.v. §§ 53 ff. AufenthG abzuwenden (vgl. Samel in Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl. 2016, AufenthG § 5 Rn. 55), kommt es für die Frage, ob im Zeitpunkt der Erteilung eines Aufenthaltstitels ein Ausweisungsinteresse aktuell besteht, auf Art und Inhalt des jeweiligen Ausweisungsinteresses an (vgl. Hailbronner, AuslR, Stand 9/2015, § 5 Rn. 31 b). Die Bandbreite der schwerwiegenden Ausweisungsinteressen nach § 54 Abs. 2 AufenthG, die von vorsätzlichen Straftaten mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG) bis zu nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstößen gegen Rechtsvorschriften (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 AufenthG) reicht, erfordert insoweit eine differenzierte Betrachtungsweise bei der Anwendung des Regel-Ausnahme-Systems (vgl. Hailbronner, AuslR, Stand 9/2015, § 5 Rn. 31).

Vorliegend fällt zwar die strafrechtliche Verurteilung des Antragstellers mit 50 Tagessätzen zu 15 Euro gegenüber den sonstigen schwerwiegenden Ausweisungsinteressen des § 54 Abs. 2 AufenthG ab. Jedoch ist unter Berücksichtigung der fortgesetzten Begehungsweise auch nach bereits erfolgter Ahndung eines gleichartigen Delikts mit Strafbefehl vom 3. September 2014 von aktuell zu befürchtenden Beeinträchtigungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder sonstiger erheblicher Interessen der Bundesrepublik Deutschland, vom Nichtvorliegen eine Ausnahmefalls und somit von einem der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis entgegen stehenden, beachtlichen Ausweisungsinteresse auszugehen.

Abgesehen davon fehlt es im Hinblick auf die seit September 2012 bestehende Volljährigkeit des Sohnes mangels konkreter Anhaltspunkte für eine besondere Beistandsgemeinschaft am Fortbestand einer schützenswerten familiären Lebensgemeinschaft im Sinne von § 28 Abs. 2 Satz 1 AufenthG. Die nach Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 GG schutzwürdige familiäre Lebensgemeinschaft im Sinne von §§ 27 Abs. 1, 28 Abs. 2 AufenthG schützt die Familie in erster Linie als Lebens- und Erziehungsgemeinschaft. Eine Familie als verantwortliche Elternschaft wird von der prinzipiellen Schutzbedürftigkeit des heranwachsenden Kindes bestimmt. Mit wachsender Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit des Kindes treten Verantwortlichkeit und Sorgerecht der Eltern zurück. Die Lebensgemeinschaft kann dadurch zur bloßen Haus- bzw. Begegnungsgemeinschaft werden, die Gemeinsamkeiten des Zusammenwohnens wahrt, jedem Mitglied der Familie im Übrigen aber die unabhängige Gestaltung seines Lebens überlässt (vgl. BVerfG, B.v. 18.4.1989 - 2 BvR 1169/84 - juris). Volljährige Kinder lösen sich in der Regel mehr oder minder rasch aus dem elterlichen Haushalt. Sie leben häufig mit den Eltern nur dann noch eine gewisse Zeit zusammen, wenn sie auf diese aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen angewiesen sind. Maßgebend für die Schutzwürdigkeit des Zusammenlebens von erwachsenen Familienangehörigen in einem Haushalt ist vor allem das Maß des Angewiesenseins auf die Lebenshilfe, die durch die Familie ihrer Funktion gemäß gewährt wird (vgl. BVerwG, U.v. 26.3.1982 - 1 C 29/81 - NJW 1982, 1958; BVerfG, B.v. 18.4.1989 - 2 BvR 1169/84 - NJW 1989, 2195). Bei einer Hausgemeinschaft zwischen erwachsenen Familienangehörigen ergeben sich daher nur dann weitergehende Schutzwirkungen aus Art. 6 Abs. 1 GG, wenn ein Familienmitglied auf wesentliche Lebenshilfe angewiesen ist und ein anderes Familienmitglied diese Hilfe im Sinne einer besonderen Beistandsgemeinschaft tatsächlich regelmäßig erbringt ( vgl. OVG Berlin-Bbg., U.v. 21.5.2012 - OVG 2 B 8.11 - juris Rn. 29; BVerfG, B.v. 14.12.1989 - 2 BvR 377/88 -, InfAuslR 1990, 74, 75). Das Fortbestehen einer schützenswerten familiären Lebensgemeinschaft ist nur dann anzunehmen, wenn die Fortführung der Lebensgemeinschaft im Sinne einer Beistands- und Betreuungsgemeinschaft ernsthaft beabsichtigt ist und die beteiligten Familienmitglieder erkennbar in einer dauerhaften, durch enge Verbundenheit und gegenseitigen Beistand geprägten Beziehung weiterhin zusammen leben wollen (vgl. Tewocht in Kluth/Heusch, Beck'scher Online-Kommentar Ausländerrecht, Stand 2/2017, AufenthG § 28 Rn. 31, beck-online). Erwachsene Kinder und Eltern sind in aller Regel nicht in besonderer Weise auf gegenseitigen Beistand angewiesen (vgl. BayVGH, B.v. 29.6.2015 - 19 ZB 15.558 - juris Rn. 20). Nur im Falle einer besonderen Lebenshilfe zwischen erwachsenen Familienangehörigen im Sinne einer Beistandsgemeinschaft ist die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern aufenthaltsrechtlich ähnlich zu bewerten wie die Ehe eines deutsch verheirateten Ausländers (BVerfG, B.v. 25.10.1995 - 2 BvR 201/95 -, juris Rn. 8; SächsOVG, B.v. 17.6.2013 - 3 B 316/12 - juris Rn. 6; BayVGH, U.v. 23.11.2010 - 10 B 09.731 -, juris Rn. 43; VGH BW; B.v. 9.2.2004 - 11 S 1131/03 -, juris Rn. 8; OVG LSA, B.v. 8.9.2010 - 2 M 91/10 -, juris Rn. 22). Die Tatsache allein, dass die erwachsenen Familienmitglieder in einer Hausgemeinschaft leben, begründet für sich genommen noch keinen ausreichenden Grad der Abhängigkeit.

Vorliegend sind Anhaltspunkte für eine fortwährende, besondere Beistandsgemeinschaft des Antragstellers zwischen ihm und seinem erwachsenen, gesunden Sohn weder vorgetragen noch ersichtlich. Das Zusammenleben des Antragstellers mit seinem erwachsenen Sohn stellt sich vielmehr als bloße Hausgemeinschaft dar, der nicht gleichermaßen Schutzwürdigkeit zuzumessen ist wie der familiären Lebensgemeinschaft mit minderjährigen Kindern. Als ausländisches Elternteil eines volljährigen Deutschen ist der Antragsteller somit als sonstiger Familienangehöriger im Sinne von § 28 Abs. 4 AufenthG anzusehen; Anhaltspunkte für die Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte im Sinne von § 36 Abs. 2 AufenthG liegen insoweit ebenfalls nicht vor.

Offen bleiben kann, ob das Aufenthaltsrecht eines personensorgeberechtigten Elternteils deutscher Kinder im Sinne von § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG nach einer dreijährigen familiären Lebensgemeinschaft mit den Kindern aufgrund der Verweisung in § 28 Abs. 3 Satz 1 AufenthG auf § 31 AufenthG zu einem eigenständigen Aufenthaltsrecht erstarken kann (so VGH BW, B.v. 2.12.2015 - 11 S 2155/15 - juris; HessVGH, B.v. 10.7.2014 - 3 B 730/14 - juris; VG Berlin, B.v. 6.12.2016 - VG L 283.16 - InfAuslR 2017, 146; Dienelt in Bergmann/Dienelt, a.a.O., § 28 Rn. 56 ff.). Da die Lebensgemeinschaft des Antragstellers mit seinem Sohn erst ab dem 1. April 2010 begründet wurde und bis zur Volljährigkeit seines Sohnes im September 2012 nur einen Zeitraum von zwei Jahren umfasste, bestand die schützenswerte familiäre Lebensgemeinschaft - unabhängig von der Dauer der erteilten Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG - jedenfalls nicht für den seit dem 1. Juli 2011 (G.v. 23.6.2011, BGBl I S. 1266) erforderlichen Zeitraum von mindestens drei Jahren, so dass - die entsprechende Anwendung von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG auf die familiäre Lebensgemeinschaft mit Kindern ausdrücklich offen lassend - die Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG nicht vorliegen.

Auch das nicht näher substantiierte Beschwerdevorbringen einer „Inländerdiskriminierung“ bzw. einer Diskriminierung gegenüber der Personengruppe nach § 25b AufenthG vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Das Verwaltungsgericht hat insoweit zu Recht darauf abgestellt, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25b AufenthG bereits daran scheitert, dass der Antragsteller weder im Besitz einer Duldung ist, noch in seiner Person Duldungsgründe gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG vorliegen.

Gemäß § 25b Abs. 1 Satz 1 AufenthG soll einem geduldeten Ausländer abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich - was die Vorschrift im Weiteren definiert - nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert hat. Nach der gesetzlichen Intention sollte durch diese Regelung im Interesse der Vermeidung von Kettenduldungen eine alters- und stichtagsunabhängige Bleiberechtsregelung geschaffen werden, um damit eine gesetzliche Lücke für sonstige Ausländer mit anerkennenswerten Integrationsleistungen, die nicht als qualifizierte Geduldete von § 18a AufenthG oder als Jugendliche oder Heranwachsende von § 25a AufenthG begünstigt werden, zu schließen (vgl. BT-Drs. 17/13424, S. 1 ff., 9 ff.). Ausländer, die bereits einen Aufenthaltstitel besitzen und sich deshalb in keiner ungesicherten Position (mehr) befinden, gehören nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nicht zu dem nach § 25b Abs. 1 AufenthG begünstigten Personenkreis (vgl. Zühlcke, HTK-AuslR, Stand 3/2017, § 25b AufenthG, Rn. 39). Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG setzt - entsprechend der gesetzgeberischen Intention, langjährig geduldeten Personen eine dauerhaft rechtlich abgesicherte Lebensperspektive in Deutschland zu eröffnen - eine bestehende Duldung, zumindest aber das Vorliegen von Duldungsgründen im Sinne von § 60a Abs. 2 AufenthG voraus. Dass bei den in § 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AufenthG bestimmten Mindestaufenthaltszeiten auch Zeiten einer Aufenthaltsgestattung oder einer Aufenthaltserlaubnis anrechenbar sind, dient ausschließlich dazu, bei Personen mit gegenwärtig ungesichertem Aufenthalt zur Vermeidung von Härtefällen auch Zeiten anrechnen zu können, in denen ihnen vorübergehend ein Aufenthaltsrecht zugestanden hat (vgl. zu § 104a AufenthG OVG NRW, B.v. 30.7.2008 - 18 B 602/08 - juris Rn. 1; NdsOVG, B.v.24.6.2009 - 8 LA 81/09 - juris Rn. 3). Eine Erweiterung des Anwendungsbereichs von § 25b AufenthG auf Ausländer, bei denen keine Duldungsgründe vorliegen, widerspräche insoweit der gesetzgeberischen Konzeption. Begünstigt werden nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nur ausreisepflichtige Ausländer, deren letzter Rechtsstatus eine Duldung bildete, oder die zumindest die Voraussetzungen für die Erteilung einer Duldung erfüllten. Ebenso wie die stichtagsgebundene Altfallregelung des § 104a Abs. 1 AufenthG dient § 25b AufenthG dazu, unter bestimmten Voraussetzungen Ausländern, die sonst weiterhin zu dulden wären, eine Aufenthaltserlaubnis zu vermitteln. Dies bedeutet, dass es aus gesetzessystematischen Gründen unzulässig ist, die Regelung in erweiternder Auslegung auf Ausländer anzuwenden, denen aus humanitären oder anderen Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden ist und die sich nach deren Auslaufen auf materielle Duldungsgründe nicht berufen können (vgl. für § 104a AufenthG BayVGH, B.v. 28.6.2011 - 10 ZB 10.705 -; B.v. 16.12.2009 - 10 CS 09.2134 - juris; VGH BW, B.v. 30.9.2008 - 11 S 2088/08 - juris; OVG NRW, B.v. 30.7.2008 - 18 B 602/08 - juris; so auch Hailbronner, AuslR, Stand 10/2015, § 25b Rn. 10). Die Auffassung, im Hinblick auf die (wegen ihrer indiziellen Bedeutung für eine Integration anrechenbaren) Zeiten, die nach § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AufenthG auch Aufenthaltszeiten mit Aufenthaltstiteln umfassen, müsse das Gesetz so gelesen werden, dass es „mindestens“ eine Duldung voraussetzt mit der Folge, dass auch Inhaber von (nach anderen Vorschriften erteilten) Aufenthaltstiteln antragsberechtigt sein können (vgl. Kluth in Kluth/Heusch, a.a.O., AufenthG, § 25b Rn. 6; Fränkel in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, AufenthG § 25b Rn. 5), geht bereits deshalb fehl, weil der vom Gesetz geforderte Status (die Duldung) fortbestehen muss, ein auslaufender Aufenthaltstitel aber dieses Fortbestehenserfordernis nicht erfüllt (im Ergebnis ebenso Samel in Bergmann/Dienelt, a.a.O., AufenthG, § 25b, Rn. 9).

Ein Ausländer hält sich demzufolge immer dann i.S.d. § 25b Abs. 1 AufenthG geduldet im Bundesgebiet auf, wenn materielle Duldungsgründe i.S.d. § 60a Abs. 2 AufenthG vorliegen. Eine rein verfahrensbezogene Duldung (sog. Verfahrensduldung), die einen vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet nur für die Dauer eines Verfahrens ermöglichen soll, in dem es um die Frage geht, ob dem Ausländer ein Aufenthaltsrecht oder zumindest ein (materieller) Anspruch auf Aussetzung seiner Abschiebung (Duldung) zusteht, führt nicht zu einem geduldeten Aufenthalt i.S.d § 25b Abs. 1 AufenthG (offen gelassen von OVG RhPf, B.v. 14.9.2015 - 7 B 10780/15 - juris Rn. 9; zu § 25a AufenthG vgl. OVG NRW, B.v. 17.8.2016 - 18 B 696/16 - juris; NdsOVG, U.v. 19.3.2012 - 8 LB 5/11 - juris).

Bei dem Antragsteller ist die zuletzt erteilte, befristete Aufenthaltserlaubnis am 12. Juli 2014 abgelaufen und mit der Versagung der am 18. Juni 2014 beantragten Verlängerung durch den streitgegenständlichen Bescheid vom 26. Januar 2016 auch die Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG entfallen. Anhaltspunkte für das Vorliegen materieller Duldungsgründe im Sinne von § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG wurden weder vorgetragen noch sind sie sonst ersichtlich. Der Antragsteller erfüllt damit nicht die Voraussetzungen des § 25b AufenthG. Der Verweis auf eine nicht näher dargelegte „Inländerdiskriminierung“ ist insoweit unbehelflich.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG, wobei im vorläufigen Rechtsschutzverfahren der sogenannte Auffangstreitwert halbiert wird.

Mangels Erfolgsaussicht des Rechtsmittels war der Antrag auf Prozesskostenbeihilfe und Anwaltsbeiordnung für das Beschwerdeverfahren abzulehnen (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114, 121 ZPO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Einem Ausländer, der geduldet oder Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c ist, soll abweichend von § 5 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert hat. Dies setzt regelmäßig voraus, dass der Ausländer

1.
sich seit mindestens sechs Jahren oder, falls er zusammen mit einem minderjährigen ledigen Kind in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens vier Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennt und über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt,
3.
seinen Lebensunterhalt überwiegend durch Erwerbstätigkeit sichert oder bei der Betrachtung der bisherigen Schul-, Ausbildungs-, Einkommens- sowie der familiären Lebenssituation zu erwarten ist, dass er seinen Lebensunterhalt im Sinne von § 2 Absatz 3 sichern wird, wobei der Bezug von Wohngeld unschädlich ist,
4.
über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt und
5.
bei Kindern im schulpflichtigen Alter deren tatsächlichen Schulbesuch nachweist.
Ein vorübergehender Bezug von Sozialleistungen ist für die Lebensunterhaltssicherung in der Regel unschädlich bei
1.
Studierenden an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule sowie Auszubildenden in anerkannten Lehrberufen oder in staatlich geförderten Berufsvorbereitungsmaßnahmen,
2.
Familien mit minderjährigen Kindern, die vorübergehend auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind,
3.
Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern, denen eine Arbeitsaufnahme nach § 10 Absatz 1 Nummer 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht zumutbar ist oder
4.
Ausländern, die pflegebedürftige nahe Angehörige pflegen.

(2) Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 ist zu versagen, wenn

1.
der Ausländer die Aufenthaltsbeendigung durch vorsätzlich falsche Angaben, durch Täuschung über die Identität oder Staatsangehörigkeit oder Nichterfüllung zumutbarer Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen verhindert oder verzögert oder
2.
ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 oder Absatz 2 Nummer 1 und 2 besteht.

(3) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 3 und 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aus Altersgründen nicht erfüllen kann.

(4) Dem Ehegatten, dem Lebenspartner und minderjährigen ledigen Kindern, die mit einem Begünstigten nach Absatz 1 in familiärer Lebensgemeinschaft leben, soll unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2 bis 5 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Absätze 2, 3 und 5 finden Anwendung. § 31 gilt entsprechend.

(5) Die Aufenthaltserlaubnis wird abweichend von § 26 Absatz 1 Satz 1 längstens für zwei Jahre erteilt und verlängert. Sie kann abweichend von § 10 Absatz 3 Satz 2 erteilt werden. § 25a bleibt unberührt.

(6) Einem Ausländer, seinem Ehegatten oder seinem Lebenspartner und in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden minderjährigen ledigen Kindern, die seit 30 Monaten im Besitz einer Duldung nach § 60d sind, soll eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 abweichend von der in Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 genannten Frist erteilt werden, wenn die Voraussetzungen nach § 60d erfüllt sind und der Ausländer über hinreichende mündliche deutsche Sprachkenntnisse verfügt; bestand die Möglichkeit des Besuchs eines Integrationskurses, setzt die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zudem voraus, dass der Ausländer, sein Ehegatte oder sein Lebenspartner über hinreichende schriftliche Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.

(7) Besitzt der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104c, sind für die Anwendung des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 auch die in § 60b Absatz 5 Satz 1 genannten Zeiten anzurechnen.

(8) Einem Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c soll eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 5 Absatz 1 Nummer 1a erfüllt sind. Hat der Ausländer die erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung ergriffen, kann sie abweichend von Satz 1 erteilt werden.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger, marokkanischer Staatsangehöriger, reiste am 28.07.2007 mit einem Visum zur Aufnahme eines Studiums in die Bundesrepublik Deutschland ein und erhielt folgende Aufenthaltstitel:

– Aufenthaltserlaubnis zur Teilnahme am Studienkolleg, gültig vom 06.11.2007 bis 31.03.2008, verlängert bis 31.10.2008, 31.03.2009, 30.09.2009 und zuletzt bis 30.09.2011 zum Studium Maschinenbau an der FH …

– Aufenthaltserlaubnis vom 12.01.2011 auf Grund der Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen am 11.10.2010, befristet bis 28.09.2011, verlängert bis 28.09.2014 Laut Exmatrikulationsbescheinigungen der Hochschule … vom 17.10.2014 war der Kläger vom 01.10.2009 bis 30.09.2011 im Studiengang Maschinenbau und vom 01.10.2012 bis 14.03.2014 im Studiengang Automobiltechnik und Management immatrikuliert. Die jeweilige Exmatrikulation erfolgte von Amts wegen zum 30.09.2011 bzw. 14.03.2014. Vom 01.10.2014 bis 14.03.2016 war der Kläger im Studiengang Elektro- und Informationstechnik immatrikuliert. Für das Sommersemester 2016 erfolgte keine Rückmeldung.

Spätestens am 30.09.2013 bestand die eheliche Lebensgemeinschaft zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau nicht mehr (vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 28.01.2015 - B 4 K 14.794 und Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27.06.2016 - 19 ZB 15.737). Am 16.07.2015 wurde die Ehe geschieden.

Mit Bescheid vom 20.10.2014 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers vom 07.05.2014 auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis ab und forderte ihn unter Fristsetzung (30 Tage ab Zustellung des Bescheides) und Abschiebungsandrohung zur Ausreise auf. Die dagegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Bayreuth mit Urteil vom 28.01.2015 (B 4 K 14.794) ab. Den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 27.06.2016 (19 ZB 15.737) ab.

Die Abschiebung des Klägers war bis zum 31.08.2016 ausgesetzt. Mit Schreiben vom 21.07.2016 forderte die Beklagte den Kläger zur Vorlage seines Reisepasses zur Sicherung seiner Ausreise auf.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 26.07.2016 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25b AufenthG und einer Fiktionsbescheinigung gemäß § 81 Abs. 5 AufenthG unter Vorlage folgender Unterlagen:

– Wartezeitauskunft einschließlich Versicherungsverlauf der Deutschen Rentenversicherung vom 16.03.2016 - Goethe-Zertifikate B1 vom 17.07.2006 - Goethe-Zertifikat C 1 vom 24.05.2007 - Bescheinigung vom 22.10.2013 über die erfolgreiche Teilnahme am Einbürgerungstest am 18.10.2013 - Versicherungsbescheinigung der IKK classic vom 08.09.2014 über die Krankenversicherung als Student

– Zwischenzeugnis der … GmbH vom 18.11.2014, wonach er dort seit dem 14.02.2014 als Produktionshelfer angestellt war

– Arbeitsvertrag mit der ZP Zeitpartner GmbH, …, wonach am 17.05.2016 ein Vollzeitarbeitsverhältnis als Leiharbeitnehmer begonnen hat und der Kläger ein tarifliches Entgelt von derzeit 8,80 EUR/Stunde erhält

– Meldebestätigung

– Mietvertrag, Beginn des Mietverhältnisses am 01.03.2016 - Führerschein

– Mitgliedsbestätigung des Turn- und Sportsvereins C* … e.V. vom 12.11.2014 - Führungszeugnis vom 14.07.2016 ohne Eintragung Mit Schreiben vom 01.08.2016 hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Ablehnung seines Antrages an.

Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 16.08.2016, beim Verwaltungsgericht Bayreuth eingegangen am 17.08.2016, hat der Kläger Klage erhoben und beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25b Abs. 1 AufenthG zu erteilen,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.

Zur Begründung wird geltend gemacht, der Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ergebe sich aus § 25b Abs. 1 AufenthG. Insbesondere sei der Kläger geduldet, halte sich seit dem 06.11.2007 ununterbrochen im Bundesgebiet auf und sichere seinen Lebensunterhalt nicht nur überwiegend, sondern gänzlich selbst, indem er seit dem 17.05.2016 in einer Zeitarbeitsfirma unbefristet angestellt sei, monatlich ca. 1.450,00 EUR brutto verdiene und keinerlei staatliche Hilfen beziehe (Lohn- und Gehaltsabrechnungen 05.2016 und 06.2016).

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 22.08.2016 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach dem Gesetzeszweck und der Entstehungsgeschichte des § 25b AufenthG gehöre der Kläger nicht zum begünstigten Personenkreis. Ausländer, die über längere Zeit bereits einen Aufenthaltstitel und damit eine Bleibeperspektive in Deutschland gehabt hätten, sollten nach dem Willen des Gesetzgebers nicht in den Genuss dieser angesichts ihrer niedrigen Tatbestandsvoraussetzungen weitreichend privilegierenden Norm kommen. Es liege ein vom Regelfall („soll“) abweichender atypischer Fall vor, der die Versagung der Aufenthaltserlaubnis angezeigt erscheinen lasse. Die Voraussetzung des § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AufenthG sei offenkundig nicht erfüllt, weil die Duldung ausschließlich im Hinblick auf das zwischenzeitlich abgeschlossene verwaltungsgerichtliche Verfahren erteilt worden sei. Auch die Voraussetzungen des § 25b Abs. 1 Satz 2 Nrn. 2 und 3 AufenthG seien nicht nachgewiesen. Die Mitgliedsbescheinigung des TSV C* … reiche als Nachweis für ein herausgehobenes soziales Engagement, das fehlende Regelintegrationsvoraussetzungen ausgleichen könnte, nicht aus.

Mit Schriftsatz vom 18.10.2016 zeigte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Niederlegung des Mandats an.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung, zu der keiner der Beteiligten erschienen ist, wird auf die Niederschrift vom 30.11.2016 verwiesen. Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Originalakten der Beklagten Bezug genommen.

Gründe

1. Die Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) ist unabhängig von ihrer Zulässigkeit jedenfalls unbegründet. Gemäß § 113 Abs. 5 VwGO ist die Beklagte weder zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis noch zur Bescheidung des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten, weil bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden § 25b Abs. 1 AufenthG nur teilweise erfüllt sind.

Auch wenn man davon ausgeht, dass der Kläger zweifelsfrei über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse nach Maßgabe des § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 AufenthG verfügt, seinen Lebensunterhalt im Sinne des § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AufenthG überwiegend, sogar vollständig, durch Erwerbstätigkeit sichert sowie gemäß § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AufenthG Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen hat (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, Abs. 5 Satz 1 StAG) und das Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland wirksam nachholen kann, scheitert die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25b Abs. 1 AufenthG an der Nichterfüllung des § 25b Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 AufenthG.

Als Inhaber einer rein verfahrensbezogenen Duldung war der Kläger kein geduldeter Ausländer im Sinne des § 25b Abs. 1 Satz 1 AufenthG.

Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 18/4097, S. 23) ist Zielsetzung des § 25b AufenthG, „nachhaltige Integrationsleistungen, die trotz des fehlenden rechtmäßigen Aufenthaltes erbracht wurden, durch Erteilung eines gesicherten Aufenthaltsstatus zu honorieren“. Ausgangspunkt war die Überlegung, dass das geltende Recht für ausreisepflichtige Ausländer, deren Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und denen keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird, eine Duldung vorsieht (§ 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG), welche die Ausreisepflicht unberührt lässt (§ 60a Abs. 3 AufenthG) und zu widerrufen ist, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen (§ 60a Abs. 5 Satz 2 AufenthG). „Die aufenthaltsrechtliche Situation kann derzeit allerdings in vielen Fällen weder durch eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung noch durch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis verändert werden.“ Diese „gesetzliche Lücke im geltenden Aufenthaltsrecht“ sollte durch eine alters- und stichtagsunabhängige Bleiberechtsregelung im Aufenthaltsgesetz - § 25b „Aufenthaltsgewährung bei nachhaltiger Integration“ - geschlossen werden.

Ausgehend von dieser Zielsetzung gehört der Kläger nicht zum begünstigten Personenkreis des § 25b AufenthG, weil seine aufenthaltsrechtliche Situation durch eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung hätte verändert werden können. Mit der ablehnenden Entscheidung der Beklagten vom 20.10.2014 über seinen Verlängerungsantrag vom 07.05.2014 ist der Kläger gemäß § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig geworden, weil gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG die dagegen erhobene Klage (B 4 K 14.794) keine aufschiebende Wirkung hatte. Daran änderten auch der mit Beschluss vom 28.01.2015 (B 4 S. 14.793) abgelehnte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage und die mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27.06.2016 (19 CS 15.629) zurückgewiesene Beschwerde nichts, insbesondere begründeten sie keine Unmöglichkeit der Abschiebung im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG. Die erstmals am 09.06.2015 erteilte und zuletzt bis 31.08.2016 verlängerte Duldung, die der Kläger ausschließlich zum Zweck der Durchführung der beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahren erhielt, stellt gewissermaßen ein Entgegenkommen der Beklagten dar und ist einer nach § 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO ergangenen ausländerbehördlichen Aussetzung der Vollziehung eines die Ausreisepflicht begründenden Verwaltungsaktes vergleichbar, die keine einer Duldung im Sinne des § 25b AufenthG gleichstehende verfahrensrechtliche Position begründet (so zu § 25a AufenthG Hailbronner, AuslR, Stand April 2016, § 25a Rn. 4). Eine solche rein verfahrensbezogene Duldung, die einen vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet nur für die Dauer eines Verfahrens ermöglichen soll, in dem es um die Frage geht, ob dem Ausländer ein Aufenthaltsrecht zusteht, führt nicht auf einen geduldeten Aufenthalt im Sinne des § 25b Abs. 1 Satz 1 AufenthG (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.08.2016 - 18 B 696/16, juris Rn. 3 und 4).

Demzufolge erfüllt der Kläger, nachdem er weniger als sieben Jahre, vom 06.11.2007 bis 28.09.2014, im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis war, die vom Zeitpunkt ihres Ablaufs gemäß § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG nur bis zur Ablehnung des Verlängerungsantrags mit Bescheid vom 20.10.2014 als fortbestehend galt, auch nicht die Regelintegrations-voraussetzung des § 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AufenthG, wonach die nachhaltige Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des § 25b Abs. 1 Satz 1 AufenthG regelmäßig voraussetzt, dass der Ausländer sich seit mindestens acht Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten hat.

Selbst wenn man den Gesetzeszweck außer Acht lässt und sich nur am Wortlaut des § 25b Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 AufenthG „geduldet“ orientiert, fehlt es an einem ununterbrochenen geduldeten oder erlaubten Aufenthalt von acht Jahren, weil der Kläger vom 21.10.2014 bis 08.06.2015 weder über eine Aufenthaltserlaubnis noch über eine Duldung verfügte und materielle Duldungsgründe im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG, wie dargelegt, nicht vorlagen. § 85 AufenthG, wonach bei der Berechnung von Aufenthaltszeiten Unterbrechungen der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes bis zu einem Jahr außer Betracht bleiben können, hilft nicht weiter, weil diese Vorschrift einen unrechtmäßigen Aufenthalt zwischen zwei Zeiträumen rechtmäßigen Aufenthaltes voraussetzt (Hailbronner, a.a.O. § 85 Rn. 6). Duldungen begründen aber keinen rechtmäßigen Aufenthalt in diesem Sinne, weil gemäß § 60a Abs. 3 AufenthG die Ausreisepflicht des Ausländers unberührt bleibt.

Zwar lässt die Formulierung des § 25b Abs. 1 Satz 2 AufenthG „setzt regelmäßig voraus“ es zu, dass besondere Integrationsleistungen von vergleichbarem Gewicht ebenfalls zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG führen können, auch wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 im Einzelfall nicht vollständig erfüllt sind. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn der Ausländer ein Verhalten wie etwa ein herausgehobenes soziales Engagement gezeigt hat, das eine vergleichbare nachhaltige Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland gewährleistet, auch wenn dafür insbesondere die erforderliche Aufenthaltsdauer noch nicht vollständig den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Es ist eine Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls vorzunehmen (BT-Drucks. 18/4097, S. 42).

Das insoweit allein geltend gemachte Engagement des Klägers im TSV C* … e.V. seit Juni 2014 ist zwar anerkennenswert, aber nicht als besondere Integrationsleistung von vergleichbarem Gewicht zu werten. Selbst wenn sich der Kläger nach wie vor, worüber die Mitgliedsbestätigung des TSV C* … e.V. vom 12.11.2014 naturgemäß nichts aussagt, in der dort beschriebenen Weise engagiert, erscheint eine vergleichbare nachhaltige Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland angesichts der im Verhältnis zur Gesamtaufenthaltsdauer des Klägers erst kurzen Vereinsmitgliedschaft von gut zwei Jahren noch nicht gewährleistet.

2. Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der Kläger als der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens trägt, abzuweisen.

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 ZPO.

(1) Einem Ausländer, der geduldet oder Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c ist, soll abweichend von § 5 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert hat. Dies setzt regelmäßig voraus, dass der Ausländer

1.
sich seit mindestens sechs Jahren oder, falls er zusammen mit einem minderjährigen ledigen Kind in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens vier Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennt und über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt,
3.
seinen Lebensunterhalt überwiegend durch Erwerbstätigkeit sichert oder bei der Betrachtung der bisherigen Schul-, Ausbildungs-, Einkommens- sowie der familiären Lebenssituation zu erwarten ist, dass er seinen Lebensunterhalt im Sinne von § 2 Absatz 3 sichern wird, wobei der Bezug von Wohngeld unschädlich ist,
4.
über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt und
5.
bei Kindern im schulpflichtigen Alter deren tatsächlichen Schulbesuch nachweist.
Ein vorübergehender Bezug von Sozialleistungen ist für die Lebensunterhaltssicherung in der Regel unschädlich bei
1.
Studierenden an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule sowie Auszubildenden in anerkannten Lehrberufen oder in staatlich geförderten Berufsvorbereitungsmaßnahmen,
2.
Familien mit minderjährigen Kindern, die vorübergehend auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind,
3.
Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern, denen eine Arbeitsaufnahme nach § 10 Absatz 1 Nummer 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht zumutbar ist oder
4.
Ausländern, die pflegebedürftige nahe Angehörige pflegen.

(2) Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 ist zu versagen, wenn

1.
der Ausländer die Aufenthaltsbeendigung durch vorsätzlich falsche Angaben, durch Täuschung über die Identität oder Staatsangehörigkeit oder Nichterfüllung zumutbarer Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen verhindert oder verzögert oder
2.
ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 oder Absatz 2 Nummer 1 und 2 besteht.

(3) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 3 und 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aus Altersgründen nicht erfüllen kann.

(4) Dem Ehegatten, dem Lebenspartner und minderjährigen ledigen Kindern, die mit einem Begünstigten nach Absatz 1 in familiärer Lebensgemeinschaft leben, soll unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2 bis 5 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Absätze 2, 3 und 5 finden Anwendung. § 31 gilt entsprechend.

(5) Die Aufenthaltserlaubnis wird abweichend von § 26 Absatz 1 Satz 1 längstens für zwei Jahre erteilt und verlängert. Sie kann abweichend von § 10 Absatz 3 Satz 2 erteilt werden. § 25a bleibt unberührt.

(6) Einem Ausländer, seinem Ehegatten oder seinem Lebenspartner und in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden minderjährigen ledigen Kindern, die seit 30 Monaten im Besitz einer Duldung nach § 60d sind, soll eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 abweichend von der in Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 genannten Frist erteilt werden, wenn die Voraussetzungen nach § 60d erfüllt sind und der Ausländer über hinreichende mündliche deutsche Sprachkenntnisse verfügt; bestand die Möglichkeit des Besuchs eines Integrationskurses, setzt die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zudem voraus, dass der Ausländer, sein Ehegatte oder sein Lebenspartner über hinreichende schriftliche Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.

(7) Besitzt der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104c, sind für die Anwendung des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 auch die in § 60b Absatz 5 Satz 1 genannten Zeiten anzurechnen.

(8) Einem Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c soll eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 5 Absatz 1 Nummer 1a erfüllt sind. Hat der Ausländer die erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung ergriffen, kann sie abweichend von Satz 1 erteilt werden.

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 1.250,- EUR festgesetzt.


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(1) Einem Ausländer, der geduldet oder Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c ist, soll abweichend von § 5 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich nachhaltig in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland integriert hat. Dies setzt regelmäßig voraus, dass der Ausländer

1.
sich seit mindestens sechs Jahren oder, falls er zusammen mit einem minderjährigen ledigen Kind in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens vier Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennt und über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt,
3.
seinen Lebensunterhalt überwiegend durch Erwerbstätigkeit sichert oder bei der Betrachtung der bisherigen Schul-, Ausbildungs-, Einkommens- sowie der familiären Lebenssituation zu erwarten ist, dass er seinen Lebensunterhalt im Sinne von § 2 Absatz 3 sichern wird, wobei der Bezug von Wohngeld unschädlich ist,
4.
über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne des Niveaus A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt und
5.
bei Kindern im schulpflichtigen Alter deren tatsächlichen Schulbesuch nachweist.
Ein vorübergehender Bezug von Sozialleistungen ist für die Lebensunterhaltssicherung in der Regel unschädlich bei
1.
Studierenden an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule sowie Auszubildenden in anerkannten Lehrberufen oder in staatlich geförderten Berufsvorbereitungsmaßnahmen,
2.
Familien mit minderjährigen Kindern, die vorübergehend auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind,
3.
Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern, denen eine Arbeitsaufnahme nach § 10 Absatz 1 Nummer 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht zumutbar ist oder
4.
Ausländern, die pflegebedürftige nahe Angehörige pflegen.

(2) Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 ist zu versagen, wenn

1.
der Ausländer die Aufenthaltsbeendigung durch vorsätzlich falsche Angaben, durch Täuschung über die Identität oder Staatsangehörigkeit oder Nichterfüllung zumutbarer Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen verhindert oder verzögert oder
2.
ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 oder Absatz 2 Nummer 1 und 2 besteht.

(3) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 3 und 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aus Altersgründen nicht erfüllen kann.

(4) Dem Ehegatten, dem Lebenspartner und minderjährigen ledigen Kindern, die mit einem Begünstigten nach Absatz 1 in familiärer Lebensgemeinschaft leben, soll unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2 bis 5 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Absätze 2, 3 und 5 finden Anwendung. § 31 gilt entsprechend.

(5) Die Aufenthaltserlaubnis wird abweichend von § 26 Absatz 1 Satz 1 längstens für zwei Jahre erteilt und verlängert. Sie kann abweichend von § 10 Absatz 3 Satz 2 erteilt werden. § 25a bleibt unberührt.

(6) Einem Ausländer, seinem Ehegatten oder seinem Lebenspartner und in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden minderjährigen ledigen Kindern, die seit 30 Monaten im Besitz einer Duldung nach § 60d sind, soll eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 abweichend von der in Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 genannten Frist erteilt werden, wenn die Voraussetzungen nach § 60d erfüllt sind und der Ausländer über hinreichende mündliche deutsche Sprachkenntnisse verfügt; bestand die Möglichkeit des Besuchs eines Integrationskurses, setzt die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zudem voraus, dass der Ausländer, sein Ehegatte oder sein Lebenspartner über hinreichende schriftliche Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.

(7) Besitzt der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104c, sind für die Anwendung des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 auch die in § 60b Absatz 5 Satz 1 genannten Zeiten anzurechnen.

(8) Einem Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c soll eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 5 Absatz 1 Nummer 1a erfüllt sind. Hat der Ausländer die erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung ergriffen, kann sie abweichend von Satz 1 erteilt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Tenor

Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. Dezember 2007 - 7 K 4753/07 - werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 12.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die rechtzeitig erhobenen (§ 147 Abs. 1 VwGO) und begründeten (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) Beschwerden haben sachlich keinen Erfolg; die in der gemeinsamen Beschwerdebegründung dargelegten Gründe - auf deren Überprüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) - ergeben nicht, dass der von den Antragstellern angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts aufzuheben und den Antragstellern im Weg der einstweiligen Anordnung die Wiedereinreise in das Bundesgebiet zu ermöglichen wäre.
Bei den Antragstellern handelt es sich um eine aus dem Kosovo stammende Familie; die Antragsteller zu 1 bis 3 sind im Jahr 1990 in das Bundesgebiet eingereist, und im Bundesgebiet sind zwei weitere Kinder geboren worden (Antragsteller zu 4 und 5). Ein Asylbegehren der Antragsteller zu 1 bis 3 wurde durch das heutige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 28.2.1991 als offensichtlich unbegründet abgelehnt; in der Folgezeit wurde auch für die Antragsteller zu 4 und 5 ein Asylverfahren eingeleitet, das jeweils erfolglos blieb. Auch Folgeanträge wurden abgelehnt, und gegen sämtliche Antragsteller liegen bestandskräftige Abschiebungsandrohungen vor. Eine Eingabe der Antragsteller an die Härtefallkommission hatte keinen Erfolg; ein Härtefallersuchen an das Innenministerium wurde von der Kommission nicht gerichtet. Ein Antrag der Antragsteller auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aufgrund der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG vom November 2006 führte zur Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis (Verfügung des Landratsamts Esslingen vom 28.6.2007) wegen Vorliegens eines Ausschlussgrundes; die Behörde ging davon aus, die Antragsteller hätten über ihre Volkszugehörigkeit (Angehörige der Ashkali oder albanische Volkszugehörige) die Behörden getäuscht. Ein Widerspruch der Antragsteller gegen die Ablehnung von Aufenthaltserlaubnissen ist inzwischen durch gemeinsamen Widerspruchsbescheid des Antragsgegners vom 18.1.2008 zurückgewiesen worden; hiergegen ist Klage anhängig.
Die Antragsteller hatten beim Verwaltungsgericht Stuttgart beantragt, ihre Abschiebung vorläufig auszusetzen; der Antrag war damit begründet worden, sämtliche Voraussetzungen der sog. Bleiberechtsregelung und auch der damals bevorstehenden Regelung des § 104a AufenthG seien erfüllt. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat diesen Antrag mit Beschluss vom 10.7.2007 abgelehnt. Noch am gleichen Tag sind die Antragsteller abgeschoben worden. Ein Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss vom 10.7.2007 ist vom Senat als erledigt eingestellt worden; den Antragstellern wurden die Kosten auferlegt, weil in dem Beschwerdeverfahren keine prozessuale Möglichkeit gegeben sei, die Rechtswidrigkeit der bereits erfolgten Abschiebung feststellen oder den Antragsgegner verpflichten zu lassen, den Antragstellern die Wiedereinreise zu ermöglichen.
Mit dem nunmehr mit der Beschwerde angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht Stuttgart den neu gestellten Antrag der Antragsteller, den Antragsgegner im Weg der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihrer Wiedereinreise zuzustimmen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um ihnen die Wiedereinreise in das Bundesgebiet zu ermöglichen, als unbegründet abgelehnt. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, einer Rückführung der Antragsteller in das Bundesgebiet stehe wohl die Sperrwirkung der Abschiebung entgegen. Es könne nach dem derzeitigen Kenntnisstand nicht davon ausgegangen werden, dass diese Wirkung ausnahmsweise nicht eingreife. Das Gericht teile nicht die Auffassung der Antragsteller, ihre Abschiebung sei rechtswidrig gewesen, da die Voraussetzungen der Bleiberechtsregelung gegeben gewesen seien. Die Antragsteller zu 1 und 2 gehörten wohl nicht zum Personenkreis der in der Anordnung vom November 2006 erfassten Ausländer, die faktisch wirtschaftlich und sozial im Bundesgebiet integriert seien. Es fehle insbesondere an der wirtschaftlichen Integration, die die Antragsteller wie bereits im vorangegangen Eilrechtsschutzverfahren nicht hinreichend glaubhaft gemacht hätten. Der Lebensunterhalt der Familie sei wohl nicht durch eigene legale Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Sozialleistungen gesichert, da der Antragsteller zu 1 weder an dem Stichtag der Bleiberechtsregelung noch zu einem späteren Zeitpunkt in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Der Antragsteller zu 1 habe keine Unterlagen dazu vorgelegt, aus welchen Gründen er eine ihm angebotene Tätigkeit als Produktionsarbeiter nicht angetreten habe; bei ihm seien im übrigen nur wenige Erwerbszeiträume gegeben. Die Antragstellerin zu 2 habe ihre Erwerbstätigkeit aufgegeben, und offen sei auch, ob die Familie über ausreichenden Wohnraum und ob die Eltern (Antragsteller zu 1 und 2) über ausreichende Deutschkenntnisse verfügten. Jedenfalls im Zeitpunkt der Abschiebung hätten die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Anordnung des Innenministeriums vom November 2006 wohl nicht vorgelegen. § 104a AufenthG sei in diesem Zusammenhang nicht zu prüfen, da diese Vorschrift bei der Abschiebung der Antragsteller noch nicht in Kraft getreten gewesen sei.
Gegen diesen Beschluss tragen die Antragsteller im Beschwerdeverfahren vor, ihre Abschiebung sei damals alleine darauf gestützt worden, sie hätten Ausschlussgründe verwirklicht, weil sie die Behörden angeblich über ihre Volkszugehörigkeit getäuscht hätten. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren sei jedoch nicht nur glaubhaft gemacht, sondern bewiesen worden, dass dieser Vorwurf nicht gerechtfertigt gewesen sei. Die nunmehr behaupteten Ablehnungsgründe, die die Behörde im Bescheid vom 28.6.2007 noch gar nicht herangezogen habe, seien gleichfalls unzutreffend. Die Abschiebung sei rechtswidrig gewesen und könne der Rückführung daher nicht entgegengehalten werden. Aus den Verwaltungsakten ergebe sich, dass sämtliche Voraussetzungen für die Bleiberechtsregelung gegeben seien. Das Verwaltungsgericht habe hinsichtlich der Frage des Lebensunterhalts verkannt, dass Abschnitt IV der Bleiberechtsregelung für Personen ohne dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis eine Sonderregelung vorsehe, wonach zunächst eine Duldung hätte erteilt werden können. Bei einer Zusage für ein Beschäftigungsverhältnis bestehe ein Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis für zunächst sechs Monate. Die Nichtaufnahme der Erwerbstätigkeit durch den Antragsteller zu 1 beruhe auf dem Verhalten der Behörde selbst. Die Behörde habe bisher die Frage des Wohnraums nicht dazu veranlasst, die Anwendung der Bleiberechtsregelung zu bestreiten. Was die Deutschkenntnisse angehe, so hielten sich die Antragsteller zu 1 und 2 bereits seit 17 Jahren in Deutschland auf, und die Bleiberechtsregelung enthalte hierfür eine bis zum 30.9.2007 befristete Übergangsregelung und sehe in bestimmten Fällen auch den Verzicht auf Sprachkenntnisse vor. Im übrigen stelle die Abschiebung der Familie mit den Kindern im Alter von 7, 15 und 17 Jahren, die vor Beginn der Schulferien aus ihrer Umgebung gerissen worden seien, einen Verstoß gegen Art. 8 EMRK dar. Es müsse schnellstmöglich eine gerechte und humane Wiedergutmachung folgen, die nur möglich sei, wenn die Familie sofort zurückgeführt werde, damit die Kinder wieder die Schule besuchen könnten.
Mit diesem Vortrag können die Antragsteller die von ihn begehrte Verpflichtung des Antragsgegners zur Ermöglichung ihrer Wiedereinreise im Weg der einstweiligen Anordnung nicht erreichen. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Das Verwaltungsgericht geht in dem angefochtenen Beschluss zu Recht davon aus, dass eine Abschiebung wie die der Antragsteller vom 10.7.2007 grundsätzlich eine Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG auslöst; Ausnahmen sind nur in eng begrenzten Fällen zulässig (siehe BVerwG, Urteil vom 7.12.2004 - 1 C 14.04 -, NVwZ 2005, 704 und Urteil vom 16.7.2002 - 1 C 8.02 -, AuAS 2002, 254 sowie Senat, Beschluss vom 14.2.2007 - 13 S 2969/6 -, AuAS 2007, S. 116/117 und OVG Lüneburg, Beschluss vom 9.3.2007 - 18 B 2533/06 -, InfAuslR 2007, 233, 234). Insbesondere ist hierfür Voraussetzung, dass die bereits erfolgte Abschiebung rechtswidrig ist und einen entsprechenden Folgenbeseitigungsanspruch ausgelöst hat. Im vorliegenden Fall besteht zusätzlich die Besonderheit, dass die Antragsteller die Rückgängigmachung der Abschiebung, d.h. die Ermöglichung ihrer Wiedereinreise (zu den ausländerrechtlichen Möglichkeiten hierzu VGH Bad.-Württ., a.a.O.), nicht im Weg der Klage oder eines Antrags nach § 80 Abs. 7 VwGO, sondern im Weg des Eilverfahrens nach § 123 VwGO beantragen. In einem solchen Fall bedeutet eine entsprechende Verpflichtung des Antragsgegners nach § 123 VwGO bereits eine Vorwegnahme der Hauptsache (sehe dazu OVG Lüneburg, Beschluss vom 2.2.2007 - 13 ME 362/06 -juris). Das einstweilige Rechtsschutzverfahren nach § 123 VwGO dient nämlich regelmäßig nur der vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses; einem Antragsteller soll grundsätzlich nicht bereits das gewährt werden, was er nur in einem - hier bereits anhängigen - Hauptsacheverfahren erreichen kann. Aus diesem Grundsatz folgt für Fälle der hier vorliegenden Art, dass dem Eilantrag nach § 123 VwGO nur stattgegeben werden könnte, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG schlechterdings unabweisbar ist; dies setzt seinerseits eine weit überwiegende Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs in der Hauptsache oder - mit anderen Worten - offensichtliche Rechtswidrigkeit der Abschiebung voraus (siehe dazu OVG Lüneburg, Beschluss vom 2.2.2007, a.a.O. und Beschluss vom 9.3.2007 a.a.O.; OVG Münster, Beschluss vom 9.3.2007 - 18 B 2533/06 -, InfAuslR 2007, 233). Das ergibt sich bereits aus allgemeinen prozessualen Erwägungen: Das Bundesverwaltungsgericht steht zu Recht seit langem auf dem Standpunkt, dass die Vorwegnahme der Hauptsache durch einen Eilrechtsbeschluss nach § 123 VwGO gerade wegen des Vorwegnahmecharakters der Entscheidung eine besonders sorgfältige Prüfung der Erfolgsaussichten verlangt; je mehr die Hauptsache vorweggenommen wird, desto wahrscheinlicher muss der Erfolg im Hauptsacheverfahren sein (so schon BVerwG, Beschluss vom 16.8.1978 - 1 WB 112/78 -, ZBR 1981, 390 und st. Rspr.).
Diese besonders strengen Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Zunächst ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die Abschiebung der Antragsteller auf bestandskräftig gewordenen Abschiebungsandrohungen beruht; für sämtliche Antragsteller war im Zeitpunkt der Abschiebung am 10.7.2007 eine vollziehbare Ausreisepflicht gegeben. Außerdem hatte das Verwaltungsgericht einen Antrag der Antragsteller auf Duldung, dh auf Unterlassung der Abschiebung, abgelehnt, so dass auch kein formeller Verstoß gegen eine Gerichtsentscheidung vorliegt. Die Voraussetzungen eines nach Art. 19 Abs. 4 GG im Weg der einstweiligen Anordnung durchzusetzenden Folgenbeseitigungsanspruchs sind bereits aus diesen Gründen gesteigert (vgl. dazu auch OVG Thüringen, Beschluss vom 27.6.2006 - 3 EO 354/06 -, juris). Zum Inhaltlichen ist darauf hinzuweisen, dass das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, den Antragstellern habe im Zeitpunkt der Abschiebung (noch) kein Anspruch aus § 104a AufenthG zustehen können, weil diese Vorschrift damals noch nicht in Kraft war (zu den fehlenden „Vorwirkungen“ einer entsprechenden Regelung siehe Senat, Beschluss vom 12.11.2007 - 13 S 1500/07 -). Auch eine entsprechende Rechtsposition aus der Anordnung des Innenministeriums vom November 2006 ist jedenfalls nicht mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Eindeutigkeit glaubhaft gemacht. Der behördliche Vorwurf, es liege eine vorwerfbare Täuschung über die Volkszugehörigkeit vor, die einen Ausschlussgrund im Sinn der Ziff. I 3.1 des Erlasses vom 20.11.2006 bedeute, ist bisher nicht mit ausreichender Eindeutigkeit widerlegt - immerhin haben die Antragsteller zu ihrer Volkszugehörigkeit im Verfahrensverlauf unterschiedliche Angaben gemacht - und dass die Behörde ihren Ablehnungsbescheid vom 28.5.2007 lediglich auf diesen Ausschlussgrund gestützt hat, erspart es den Antragstellern nicht, im Verfahren auf Rückgängigmachung der Abschiebungen im Weg der einstweiligen Anordnung sämtliche Anspruchsvoraussetzungen der Bleiberechtsregelung im oben genannten (gesteigerten) Sinn glaubhaft zu machen. Dies betrifft neben der Problematik des Ausschlussgrundes sowohl die Frage der Lebensunterhaltssicherung als auch die der Sprachkenntnisse und des ausreichenden Wohnraums, die im einzelnen nicht im Verfahren nach § 123 VwGO, sondern in dem bereits anhängigen (und dafür wesentlich geeigneteren) Klageverfahren zu klären sind. Es überfrachtet das Verfahren des Eilrechtsschutzes, Sachverhaltsermittlungen zur Frage der Anspruchsberechtigung der Antragsteller und - damit zusammenhängend - zur Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Abschiebung im Eilverfahren zu prüfen. Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Antragsteller zu 3 bis 5 bei der Ablehnung des Eilrechtsschutzes ihren durch die Abschiebung bereits unterbrochenen Schulbesuch einstweilen nicht fortsetzen bzw. wieder aufnehmen können; gegenüber der sonst notwendigerweise erfolgenden Vorwegnahme der Hauptsache und angesichts der inhaltlichen im Hauptsacheverfahren zu klärenden Sachfragen ist ein anderes Ergebnis jedoch nicht zu verantworten. Die Fragen eines Aufenthaltserlaubnisanspruchs der Antragsteller im Zeitpunkt der Abschiebung und der Rechtmäßigkeit der Abschiebung selbst lassen sich mit den Mitteln der Sachaufklärung nach §§ 86 Abs. 1, 96 Abs. 1 VwGO in dem bereits anhängigen Hauptsacheverfahren zumutbar zeitnah beantworten; das gleiche gilt für einen hieraus u.U. folgenden Wiedereinreiseanspruch und seine prozessuale Durchsetzung.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 2 i.V.m. § 53 Abs. 3 Ziff. 1 GKG.
10 
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).