Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 13. März 2017 - 3 K 1390/16

bei uns veröffentlicht am13.03.2017

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin und der Beigeladene tragen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Beklagten. Im Übrigen behält jeder seine außergerichtlichen Kosten auf sich.

Tatbestand

 
Die Klägerin, eine im Sinne der Anlage VIII b zur Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) amtlich anerkannte Überwachungsorganisation zur Durchführung von Hauptuntersuchungen, Abgasuntersuchungen und Sicherheitsprüfungen, begehrt die Erteilung der Zustimmung zur Betrauung des Beigeladenen als Prüfingenieur gemäß Nr. 3.7 der Anlage VIII b StVZO.
Der Beigeladene legte am 06.04.2006 seine Prüfung als Prüfingenieur in einer amtlich anerkannten Überwachungsorganisation ab. Er war von Juni 2006 bis September 2008 für die GTÜ Gesellschaft für Technische Überwachung mbH (im Folgenden: GTÜ) und seit Oktober 2008 als Prüfingenieur für die FSP-Fahrzeug-Sicherheitsprüfung GmbH & Co. KG (im Folgenden: FSP) tätig.
Mit Schreiben vom 21.12.2011 ermahnte die FSP den Beigeladenen wegen zwei von ihm am 28.01.2011 - nach Einschätzung der FSP - fehlerhaft durchgeführten Änderungsabnahmen. Die FSP stellte die Betrauung des Beigeladenen für vier Wochen ruhend und ordnete an, dass der Beigeladene in dieser Zeit ohne eigenen wirtschaftlichen Ertrag unter Aufsicht eingesetzt werde. Darüber hinaus wurde ihm die Teilnahme an einem Seminar zum Thema „Änderungsabnahmen“ auferlegt.
In einer E-Mail an Frau ... (Abteilung Personal und Recht der FSP) vom 08.10.2013 stellte der damalige Regionalleiter der FSP in Baden-Württemberg und Bayern (jetzt stellvertretender Technischer Leiter der FSP), ..., die Fehlleistungen des Beigeladenen zusammen und bewertete diese im Ergebnis wie folgt:
Herr ... weicht deutlich von der vorgeschriebenen Arbeitsweise und Mängeleinstufung ab. Es werden Untersuchungen zugunsten der Kunden gemacht ohne dabei die Mängel wahrheitsgemäß darzustellen. Erhebliche Mängel werden als Hinweise dokumentiert. Korrekturmaßnahmen wie z.B. das Ruhen der Betrauung waren nur kurz wirkungsvoll. Herr ... erfüllt die Qualitätsstandards der FSP nicht.
Mit Schreiben vom 14.10.2013, zugestellt am 24.10.2013, suspendierte die FSP den Beigeladenen mit sofortiger Wirkung, stellte seine Betrauung ruhend und forderte ihn auf, seine Prüfstempel und Prüfunterlagen sowie Prüfkoffer unverzüglich abzugeben. Die FSP führte unter anderem aus:
(…) durch die Aufsichtsbehörde des Bundeslandes Bayern wurde am 23.09.13 der Vorwurf erhoben, dass Sie in mehreren Fällen fehlerhaft Untersuchungsberichte dokumentiert haben, und vor allem nicht plausible Mängel- und Hinweisdokumentationen sowie falsche Preise für die Untersuchung des Motormanagement-/Abgasreinigungssystems.
Sie erhielten Gelegenheit, zu den Vorfällen Stellung zu nehmen. Die abschließende Überprüfung des Sachverhaltes bestätigt die erhobenen Vorwürfe zur fehlerhaften Dokumentation der Untersuchungsergebnisse.
Als betrauter Prüfingenieur haben Sie in eklatanter Art die Ihnen auferlegten rechtlichen Vorgaben außer Acht gelassen und die Pflichten zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung Ihrer amtlichen Aufgaben verletzt.
10 
Auch durch Ihr Verhalten bei der Meldung der Plakettenbestände, bei der Übertragung der Prüfdaten mittels DFÜ sowie unentschuldigtes Fehlen beim Erfahrungsaustausch der Prüfingenieure verstoßen Sie regelmäßig gegen die Vorgaben.
11 
Sämtliche korrektive Maßnahmen, ja sogar eine vorübergehende Ruhestellung Ihrer Betrauung, führten bei Ihnen zu keiner signifikanten Bewusstseins- und Verhaltensänderung.
12 
Aus den vorgenannten Gründen erkenne ich die nach Nr. 3.2 der Anlage VIII b zu § 29 StVZO geforderte Zuverlässigkeit bei Ihnen als nicht mehr gegeben an.
13 
Der Beigeladene übte seine Tätigkeit für die FSP zuletzt am 23.10.2013 aus; am 24.10.2013 gab er der FSP seine Prüfstempel zurück. Mit Schreiben vom 25.10.2013 kündigte diese das Vertragsverhältnis mit dem Beigeladenen fristlos.
14 
Am 12.09.2015 schlossen die Klägerin und der Beigeladene einen Vertrag zur Regelung der Prüftätigkeit des Beigeladenen (im Folgenden: „Prüfvertrag“), wonach der Beigeladene ab dem ihm von der Klägerin mitgeteilten Zeitpunkt der Betrauung berechtigt und verpflichtet ist, Fahrzeuguntersuchungen als selbständiger Vertragspartner der Klägerin durchzuführen.
15 
Die Klägerin beantragte mit Antrag vom 12.10.2015, der dem Beklagten am 20.10.2015 per E-Mail zuging, die Erteilung der Zustimmung zur Betrauung des Beigeladenen mit den Aufgaben eines Prüfingenieurs nach Nr. 3.7 der Anlage VIII b zur StVZO. Dabei wies sie darauf hin, „die Besonderheit in diesem Fall (sei …), dass die FSP (den Beigeladenen …) wegen angeblicher ‚nicht gegebener Zuverlässigkeit‘ gekündigt“ habe.
16 
Auf Anfrage des Beklagten teilte die Regierung von Niederbayern mit E-Mail vom 20.10.2015 in Bezug auf den Beigeladenen mit:
17 
Aufgrund der in der Vergangenheit bei der GTÜ und FSP aufgetretenen Defizite haben wir ganz deutlich zum Ausdruck gebracht, dass wir einer Wiederaufnahme der PI-Tätigkeit in Bayern äußerst skeptisch gegenüber stehen.
18 
Mit Bescheid vom 04.03.2016, der mit einer Rechtmittelbelehrung versehen war, lehnte das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur des Beklagten den Antrag ab. Zur Begründung führte das Ministerium aus, die Voraussetzungen der Nr. 3 der Anlage VIII b zur StVZO seien im Fall des Beigeladenen nicht erfüllt. Denn diesem fehlten die nach Nr. 3.10 der Anlage VIII b zur StVZO erforderliche Ausbildung und Prüfung (Nrn. 3.5 und 3.6 der Anlage VIII b zur StVZO). Diese seien abzulegen, wenn die mit der Durchführung von Hauptuntersuchungen und Sicherheitsprüfungen betraute Person mehr als zwei Jahre keiner Technischen Prüfstelle oder Überwachungsorganisation angehört habe (vgl. Nr. 3.10 der Anlage VIII b zur StVZO). Die StVZO unterscheide in Nr. 3 der Anlage VIII b zur StVZO begrifflich zwischen dem „Angehören“ und dem „Angehören als betraute Person“. Die Zweijahresfrist beziehe sich nach dem Wortlaut der Nr. 3.10 der Anlage VIII b zur StVZO auf das Angehören in betrauter Form und nicht auf das bloße Angehören von Vertragsbeginn bis Vertragsende. Der Beigeladene habe seine Tätigkeit als betrauter Prüfingenieur bei der FSP zuletzt am 23.10.2013 ausgeübt. Mit der Zustellung der sofortigen Suspendierung durch die FSP mit Schreiben vom 14.10.2013 sei das „Angehören in betrauter Form“ entfallen. Zwar gehöre der Beigeladene mit dem Abschluss des Prüfvertrags zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen am 12.09.2015 wieder einer Überwachungsorganisation an. Jedoch sei er bis zum Ablauf der Zweijahresfrist am 26.10.2015 nicht erneut betraut worden. Die Klägerin habe den Antrag auf Zustimmung zur Betrauung des Beigeladenen erst am 19.10.2015 eingereicht. Damit habe der Vorgang erst ab dem 20.10.2015 im üblichen Geschäftsgang berücksichtigt werden können. Die Bearbeitung eines gewöhnlichen Zustimmungsantrags zur Betrauung benötige gut eine Woche. Im Fall des Beigeladenen sei allerdings wegen seiner Vorgeschichte als betrauter Prüfingenieur bei der FSP, dem Widerruf seiner Betrauung wegen mangelnder Zuverlässigkeit und der fristlosen Kündigung eine umfassendere, zeitaufwendigere Bearbeitung erforderlich gewesen. Die Zweijahresfrist nach Nr. 3.10 der Anlage VIII b zur StVZO habe deshalb nicht eingehalten werden können. Die Zustimmung zur Betrauung des Beigeladenen als Prüfingenieur könne darüber hinaus nicht erteilt werden, weil dem Beigeladenen die nach Nr. 3.2 erforderliche Zuverlässigkeit fehle. Die FSP habe seine Betrauung wegen mangelnder Zuverlässigkeit widerrufen und ihn fristlos gekündigt. Dem Beigeladenen sei vorgeworfen worden, in eklatanter Art die ihm als Prüfingenieur auferlegten rechtlichen Vorgaben außer Acht gelassen zu haben. Der Beigeladene habe der Entscheidung der FSP nicht widersprochen, so dass die von der FSP getroffenen Feststellungen der Beurteilung der Zuverlässigkeit des Beigeladenen zugrunde zu legen seien. Im Einzelnen sei es um folgende Fehlleistungen des Beigeladenen gegangen:
19 
- 19. Oktober 2011: Reklamation durch die Zulassungsstelle Marburg-Biedenkopf wegen zwei Änderungsabnahmen vom 28. Januar 2011.
20 
- Die Änderungsabnahmen wurden nicht ordnungsgemäß durchgeführt und vorschriftswidrig der ordnungsgemäße Anbau gemäß § 19 Absatz 3 StVZO bestätigt.
21 
1. vorschriftswidrige Änderungsabnahme: der betreffende PKW Audi, Typ 8X, ist weder im Verwendungsbereich des Teil(e)gutachtens zur Rad-/Reifenkombination „Interpneu" noch im Verwendungsbereich des Teil(e)gutachtens zu den verbauten Distanzscheiben „Power Tech“ aufgeführt.
2. vorschriftswidrige Änderungsabnahme: es wurde eine Rad-/Reifenkombination eingetragen, obwohl die Allgemeine Betriebserlaubnis dies für den betreffenden Audi nicht vorsah.
22 
- Herr ... wurde wegen dieser Pflichtverletzungen von der FSP ermahnt, die Prüftätigkeit gewissenhaft und vorschriftsmäßig mit der gebotenen Ernsthaftigkeit durchzuführen.
23 
- Die Fortsetzung seiner Prüftätigkeit wurde von folgenden Auflagen abhängig gemacht:
24 
- Ab dem 1. Februar 2012 ruhte seine Betrauung für vier Wochen und er wurde an der FSP-Prüfstelle in Weißenburg mit der Tätigkeit unter Aufsicht eingesetzt. Diese Tätigkeit fand ohne eigenen wirtschaftlichen Ertrag statt.
- Die Teilnahme an einem Seminar zum Thema Änderungsabnahmen wurde angeordnet.
- Bis zur Erfüllung dieser Auflagen wurde Herrn ... die Durchführung von Änderungsabnahmen gemäß § 19 Absatz 3 und Absatz 4 StVZO mit sofortiger Wirkung untersagt
25 
- 22. August 2011: Reklamation durch Herrn ...
26 
- Die Hauptuntersuchung wurde am 5. Juli 2011 durchgeführt. Bei der Nachbesichtigung wurden erhebliche Mängel festgestellt, die schon zum Zeitpunkt der Hauptuntersuchung vorhanden gewesen sein müssen (z.B. großflächige Durchrostung am Schweller links).
27 
- 12. Juli 2013: Reklamation durch den TUV Süd wegen einer Prüfung eines VW Sharan am 6. Juni 2013.
28 
- Verschiedene als Hinweis dokumentierte erhebliche Mängel.
- Das Bestehen der Untersuchung des Motormanagements/Abgasreinigungssystems wäre mit vorhandener Abgasanlage nicht möglich gewesen.
29 
- 23. September 2013: Eingang eines fehlerhaften Prüfberichts durch die Aufsichtsbehörde des Freistaates Bayern.
30 
- Unplausible Mängel- und Hinweisdokumentation.
- Falscher Preis für die Untersuchung des Motormanagements/Abgasreinigungssystems.
- Fehlerhafte Dokumentation der Untersuchungsberichte.
31 
- 7. Oktober 2013: Reklamation durch den TÜV Süd.
32 
- Ein Querträger ist ca. 5 Wochen nach der Hauptuntersuchung komplett ausgerissen. Eine erhebliche Schwächung muss bereits bei der Haupt-untersuchung vorhanden gewesen sein.
33 
- Sonstiges vorschriftswidriges Verhalten:
34 
- Verspätete und fehlende Plakettenmeldungen.
- Verspätete Übertragung der Prüfdaten mittels Datenfernübertragung.
- Unentschuldigtes Fehlen beim Erfahrungsaustausch der Prüfingenieure.
- Keine Einsicht bei diesbezüglichen Stellungnahmen.
35 
Der Widerruf der Betrauung und die fristlose Kündigung aus den genannten Gründen seien als starkes Indiz für eine Unzuverlässigkeit des Beigeladenen zu werten. Hinzu komme, dass die Ermahnung und Ruhestellung seiner Betrauung mit Schreiben vom 21.12.2011 keine dauerhafte Verhaltensänderung bei dem Beigeladenen bewirkt hätten. Vielmehr seien im Jahr 2013 drei weitere Reklamationen bei der FSP eingegangen. Dies verdeutliche, dass der Beigeladene die Ermahnung und Ruhestellung seiner Betrauung nicht zum Anlass genommen habe, sein Verhalten zu überdenken, um in Zukunft seine Prüftätigkeit verantwortungsvoll und mit der gebotenen Sorgfalt auszuüben. Damit habe sich der Beigeladene in der Vergangenheit als unzuverlässig erwiesen. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen sei nicht zu erwarten, dass er seine Verhaltensweisen langfristig ändern werde.
36 
Die Klägerin hat am 30.03.2016 Klage erhoben. Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend, sie habe einen Anspruch auf Erteilung der Zustimmung zur Betrauung des Beigeladenen mit den Aufgaben eines Prüfingenieurs, weil dieser die Voraussetzungen für eine Betrauung erfülle. Die Zweijahresfrist der Nr. 3.10 der Anlage VIII b zur StVZO sei im Fall des Beigeladenen nicht verstrichen. Denn für den Beginn der Frist komme es nicht auf die Beendigung der Betrauung, sondern auf die Beendigung der Angehörigkeit zur Überwachungsorganisation an. Auch für den Ablauf der Frist sei nicht entscheidend, wann die ehemals betraute Person wieder von einer Überwachungsorganisation betraut worden sei; vielmehr sei allein maßgeblich, wann sie wieder einer Überwachungsorganisation angehört habe. Andernfalls hätte der Verordnungsgeber, der in Nr. 3 der Anlage VIII b zur StVZO ausdrücklich zwischen dem bloßen „Angehören“ und der „Betrauung“ unterscheide, dies im Wortlaut der Nr. 3.10 der Anlage VIII b zur StVZO zum Ausdruck gebracht. Wäre hinsichtlich des Fristablaufs nicht auf das bloße Angehören zu einer Überwachungsorganisation, sondern auf eine erneute Betrauung abzustellen, so genügte die Vorschrift Nr. 3.10 der Anlage VIII b zur StVZO nicht dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz. Denn dann wäre es für einen Prüfingenieur überhaupt nicht abzusehen, wann er sich um eine erneute Betrauung bewerben müsse, um nicht wegen unerwarteter oder unabsehbarer Verzögerungen des Betrauungsverfahrens Gefahr zu laufen, eine neue Ausbildung und Prüfung im Sinne der Nr. 3.10 der Anlage VIII b zur StVZO ablegen zu müssen. Der Beigeladene habe ihr - der Klägerin - bereits seit dem 12.09.2015 angehört. Entgegen der Auffassung des Beklagten fehle es dem Beigeladenen darüber hinaus nicht an der erforderlichen Zuverlässigkeit. Die Behauptungen der FSP zum Fehlverhalten des Beigeladenen seien unzutreffend. Die Reklamationen und Beanstandungen durch Dritte seien seitens der FSP nicht überprüft worden. Dem Beigeladenen sei insbesondere keine Gelegenheit gegeben worden, hierzu Stellung zu nehmen. Auch die Angaben der FSP zum Fehlverhalten des Beigeladenen seien von dem Beklagten unter Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (§ 24 LVwVfG) ungeprüft übernommen worden. Es sei auch unzutreffend, dass der Beigeladene der unbegründeten fristlosen Kündigung durch die FSP nicht widersprochen habe. Er habe die Auseinandersetzung mit der FSP nur deshalb nicht gerichtlich fortgeführt, weil er zu dieser Zeit bereits aufgrund massiver gesundheitlicher Probleme erwogen habe, seine weitere Tätigkeit als Prüfingenieur bei der FSP aufzugeben. Hintergrund für die Kündigung durch die FSP sei gewesen, dass diese damals einen Mitarbeiter namens ..., der vom Beigeladenen auf seine Kosten ausgebildet worden sei, von der Prüfstelle des Beigeladenen habe abziehen und anderweitig einsetzen wollen. Selbst wenn dem Beigeladenen während seiner Tätigkeit für die FSP die vom Beklagten dargelegten Fehler unterlaufen wären, sei jedenfalls die Verweigerung der Zustimmung angesichts des seither vergangenen Zeitraums mit Rücksicht auf die durch Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit nicht gerechtfertigt. Bei dem vorgeworfenen Fehlverhalten handele es sich im Wesentlichen um „formelle Unzulänglichkeiten“ bei der Durchführung von Hauptuntersuchungen und der Erstellung eines Prüfberichtes. Die Verweigerung der Zustimmung sei auch deshalb unverhältnismäßig, weil eine Wiederholung der angeblichen Verhaltensfehler durch erheblich weniger einschneidende Maßnahmen verhindert werden könne, nämlich durch verstärkte Schulungen und eine besondere Beaufsichtigung bei der Wiederaufnahme der Prüftätigkeit.
37 
Die Klägerin und der Beigeladene beantragen,
38 
den Bescheid des Beklagten vom 04.03.2016 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Betrauung des Beigeladenen mit den Aufgaben eines Prüfingenieurs nach Nr. 3.7 der Anlage VIII b zur StVZO zuzustimmen.
39 
Der Beklagte beantragt,
40 
die Klage abzuweisen.
41 
Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen die Gründe des Bescheids und führt ergänzend aus, ob für den Ablauf der Zweijahresfrist nach Nr. 3.10 der Anlage VIII b zur StVZO die Betrauung oder lediglich die Angehörigkeit zu einer Überwachungsorganisation erforderlich sei, sei nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht eindeutig. Aus dem Sinn und Zweck der Regelung ergebe sich aber, dass es auf die erneute Betrauung ankomme. Denn die Pflicht, nach zwei Jahren erneut eine Ausbildung und Prüfung nach Nr. 3.5 und 3.6 der Anlage VIII b zur StVZO abzulegen, solle im Hinblick auf das Schutzgut der Verkehrssicherheit eine hohe fachliche Qualität der Prüfingenieure gewährleisten. Während der Zeit einer Betrauung werde diese durch regelmäßige Pflichtfortbildungen sichergestellt (vgl. Nr. 2.5 der Anlage VIII b zur StVZO). Die bloße Angehörigkeit zu einer Prüforganisation sage hingegen nichts darüber aus, ob sich ein Prüfingenieur fortbilde bzw. welche Prüfqualität von ihm zu erwarten sei. Hinsichtlich der Frage der Zuverlässigkeit des Beigeladenen sei seitens der Anerkennungsbehörde gewissenhaft durch mehrfache Nachfragen bei der FSP und Prüfung des umfassenden Schriftverkehrs aus den Jahren 2011 und 2013 ermittelt worden. Bei dem im Bescheid dargelegten Fehlverhalten handele es sich keineswegs nur um „Formalitäten“. Vielmehr stellten insbesondere die mehrfache fehlerhafte Dokumentation von Untersuchungsberichten und die nicht wahrheitsgemäße Darstellung von Mängeln im Hinblick auf die Verkehrssicherheit schwerwiegende Verstöße gegen die Pflichten eines Prüfingenieurs dar. Seitens der Klägerin und des Beigeladenen werde das Fehlverhalten lediglich pauschal bestritten, ohne inhaltlich auf die einzelnen konkreten Vorwürfe einzugehen. Der Beigeladene lasse keinerlei sachliche Auseinandersetzung mit seiner Vergangenheit und damit auch keinen Einstellungswandel erkennen. Im Übrigen werde bestritten, dass die fristlose Kündigung des Beigeladenen durch die FSP nichts mit dem Fehlverhalten des Beigeladenen zu tun, sondern andere Gründe gehabt habe. Der Vortrag der Klägerin, die FSP habe einen Mitarbeiter des Beigeladenen, Herrn ..., von der Prüfstelle des Beigeladenen abziehen wollen und den Beigeladenen deshalb gekündigt, sei abwegig. Denn Herr ... sei nur bis zum 31.07.2012 bei dem Beigeladenen angestellt und bereits seit dem 01.08.2012 als selbständiger Prüfingenieur für die Klägerin tätig gewesen. Auch die Behauptung der Klägerin, der Beigeladene habe sich gegen die fristlose Kündigung nur deshalb nicht gerichtlich gewehrt, weil er aufgrund massiver gesundheitlicher Probleme selbst erwogen habe, die Tätigkeit als Prüfingenieur für die FSP zu beenden, sei nicht überzeugend. Hätte der Beigeladene tatsächlich massive gesundheitliche Probleme gehabt und wären die Vorwürfe unberechtigt gewesen, hätte es vielmehr auf der Hand gelegen, gegen die fristlose Kündigung vorzugehen. Im Übrigen lasse das vorgelegte ärztliche Attest nicht erkennen, welche gesundheitlichen Probleme der Beigeladene gehabt habe. Der attestierte Beginn der Erkrankung sei zeitlich mit der Kündigung durch die FSP zusammengefallen. Dass bereits zu diesem Zeitpunkt mit hoher Wahrscheinlichkeit festgestanden habe, dass der Beigeladene nie wieder, das heißt auch nicht bei einer anderen Überwachungsorganisation, als Prüfingenieur arbeiten könne, sei nicht plausibel und werde auch von der Klägerin nicht behauptet. Bis zum Ergehen des Ablehnungsbescheides seien seit dem letzten Vorfall im Oktober 2013 lediglich zweieinhalb Jahre vergangen. Angesichts der Vielzahl der früheren Fehlleistungen sei nicht von einem so langen Zeitraum auszugehen, dass die Vorfälle für die Beurteilung der Zuverlässigkeit nicht mehr herangezogen werden dürften. Die von der Klägerin vorgeschlagenen milderen Mittel anstelle einer Ablehnung der Zustimmung, namentlich die Auferlegung von Schulungen und besondere Aufsicht, seien nicht in Betracht gekommen. Denn Nr. 3.2 der Anlage VIII b zur StVZO setze die unbedingte Zuverlässigkeit eines Prüfingenieurs voraus. Die Betrauung eines unzuverlässigen Prüfingenieurs unter Auflagen würde dem Schutzziel der Verkehrssicherheit zuwider laufen.
42 
Der stellvertretende Technische Leiter der FSP ... hat mit Schreiben vom 13.02.2017 auf Anforderung des Gerichts eine schriftliche Stellungnahme zur Arbeitsweise des Beigeladenen während seiner Tätigkeit bei der FSP und zu den einzelnen im Bescheid aufgeführten Beanstandungen vorgelegt.
43 
Der Prozessvertreter der Klägerin hat mit Schriftsatz vom 15.02.2017 Stellungnahmen des Beigeladenen vom 27.10.2011, 08.12.2011 und 04.07.2013 bezüglich der Reklamationen vom 07.06.2013, 19.10.2011 und 22.08.2011 vorgelegt.
44 
Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung den Beigeladenen informatorisch angehört und Beweis erhoben durch die Vernehmung der Frau ... und des Herrn ... als Zeugen. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens des Beigeladenen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zur Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.
45 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Akte des Beklagten sowie der vom Gericht beigezogenen Akte der FSP verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
46 
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
47 
1. Die Klage ist zulässig. Sie ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO statthaft. Bei der Zustimmung handelt es sich im Verhältnis zur Klägerin um einen Verwaltungsakt i.S.d. § 35 Abs. 1 LVwVfG. Hiervon ging auch der Beklagte aus, der die Versagung der Zustimmung formell als Verwaltungsakt mit Rechtsmittelbelehrung ausgestaltet hat. Die Zustimmung hat insbesondere die für einen Verwaltungsakt nach § 35 Abs. 1 LVwVfG erforderliche Regelungs- und Außenwirkung. Sie stellt kein bloßes Verwaltungsinternum dar. Zwar ist die Klägerin als amtlich anerkannte Überwachungsorganisation mit hoheitlichen Befugnissen beliehen. Sie ist aber zugleich als privates Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht am Markt tätig. Ihren Gewinn erzielt die Klägerin durch die Tätigkeit der für sie aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags selbständig tätigen Prüfingenieure. Die Versagung der Zustimmung zur Betrauung eines Prüfingenieurs hat zur Folge, dass die Klägerin diesen nicht zur Gewinnerzielung einsetzen kann. Damit behindert die Versagung der Zustimmung die Klägerin in der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit. Sie ist durch die Versagung der Zustimmung in ihrer durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Berufsausübungsfreiheit und damit in eigenen Rechten betroffen (vgl. OVG NRW, Urteil vom 22.09.2000 - 8 A 2429/99 -, juris m.w.N., sowie zur amtlichen Anerkennung von Begutachtungsstellen für Fahreignung BVerwG, Urteil vom 15.06.2000 - 3 C 10/99 -, juris). Hieraus ergibt sich auch die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis der Klägerin, denn die Versagung der Zustimmung verletzt diese möglicherweise in eigenen Rechten.
48 
2. Die Klage ist nicht begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 04.03.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Erteilung der Zustimmung noch einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber (§ 113 Abs. 5 VwGO).
49 
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei der hier gegeben Verpflichtungsklage der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung.
50 
Rechtsgrundlage für die Erteilung der Zustimmung ist Nr. 3.7 Satz 1 der Anlage VIII b zur StVZO. Danach darf die Überwachungsorganisation ihr angehörende Personen (bei Erfüllung der Voraussetzungen der Nrn. 3.1-3.6 der Anlage VIII b zur StVZO) mit der Durchführung von Hauptuntersuchungen und Sicherheitsprüfungen betrauen, wenn die nach Nr. 1 zuständige Anerkennungsbehörde zugestimmt hat. Zuständige Anerkennungsbehörde nach Nr. 1 der Anlage VIII b zur StVZO ist das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg.
51 
Dieses hat die Erteilung der Zustimmung zur Betrauung des Beigeladenen im Ergebnis zu Recht verweigert. Zwar war die Zustimmung nicht gemäß Nr. 3.10 der Anlage VIII b zur StVZO deshalb zu versagen, weil dem Beigeladenen die nach Nrn. 3.5 und 3.6 der Anlage VIII b zur StVZO erforderliche Ausbildung und Prüfung fehlen (dazu a). Der Beklagte hat die Verweigerung der Zustimmung jedoch rechtsfehlerfrei darauf gestützt, dass der Beigeladene die nach Nr. 3.2 der Anlage VIII b zur StVZO erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt (dazu b)
52 
a) Nach Nr. 3.10 der Anlage VIII b zur StVZO haben die mit der Durchführung von Hauptuntersuchungen oder Sicherheitsprüfungen betrauten Personen eine Ausbildung nach Nr. 3.5 und eine Prüfung nach Nr. 3.6 abzulegen, wenn sie mehr als zwei Jahre nicht mehr die Anerkennungsvoraussetzungen erfüllen (1. Alt.) oder mehr als zwei Jahre keiner Technischen Prüfstelle oder Überwachungsorganisation angehören (2. Alt.).
53 
aa) Die Anerkennungsbehörde darf ihre Zustimmung zur Betrauung versagen, wenn der Prüfingenieur die nach Nr. 3.10 i.V.m. Nrn. 3.5 und 3.6 der Anlage VIII b zur StVZO erforderliche Ausbildung und Prüfung nicht absolviert hat (a.A. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 02.04.2014 - 1 L 131/13 -, juris). Zwar folgt Nr. 3.10 der Anlage VIII b zur StVZO systematisch den Vorschriften der Nr. 3.1 bis 3.7 nach, die nach dem Wortlaut der Nr. 3 der Anlage VIII b zur StVZO die Voraussetzungen für die Betrauung und damit auch für die Zustimmung der Anerkennungsbehörde regeln. Die Nr. 3.10 2. Alt. der Anlage VIII b zur StVZO modifiziert und ergänzt allerdings die Nrn. 3.5 und 3.6 der Anlage VIII b zur StVZO durch eine Fristenregelung in dem speziellen Fall, dass eine der Überwachungsorganisation angehörende Person in der Vergangenheit bereits mit der Durchführung von Hauptuntersuchungen oder Sicherheitsprüfungen betraut worden war. Nr. 3.10 der Anlage VIII b zur StVZO regelt keine Rechtsfolge für den Fall, dass die nach Alt. 2 erforderliche Ausbildung und Prüfung nicht abgelegt wurden. Diese Vorschrift kann deshalb nur so verstanden werden, dass sie eine ergänzende Regelung der Voraussetzungen für die Betrauung und Zustimmung trifft. Dass die Anerkennungsbehörde die Versagung der Zustimmung auf die Nichterfüllung der Voraussetzungen der Nr. 3.10 i.V.m. Nrn. 3.5 und 3.6 der Anlage VIII b zur StVZO stützen darf, ergibt sich im Übrigen auch aus dem Sinn und Zweck des Zustimmungserfordernisses. Dieses soll eine staatliche Überprüfung der Eignung und Zuverlässigkeit solcher Personen ermöglichen, die als Prüfingenieure mit Außenwirkung hoheitlich tätig werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.01.2012 - 3 C 8/11 -, juris). Die nach Nr. 3.10 i.V.m. Nrn. 3.5 und 3.6 der Anlage VIII b zur StVZO erforderliche Ausbildung und Prüfung sollen gerade die fachliche Qualifikation des Prüfingenieurs sicherstellen.
54 
bb) Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Zweijahresfrist nach Nr. 3.10 der Anlage VIII b zur StVZO im Fall des Beigeladenen nicht abgelaufen. Die StVZO unterscheidet in Nr. 3 der Anlage VIII b begrifflich zwischen Personen, die der Überwachungsorganisation „angehören“ und solchen, die ihr „als betraute Person angehören“. Die 2. Alternative der Nr. 3.10 der Anlage VIII b zur StVZO betrifft nach ihrem Wortlaut den Fall, dass eine Person, die in der Vergangenheit mit der Durchführung von Hauptuntersuchungen oder Sicherheitsprüfungen betraut worden war, erneut betraut werden möchte, aber mehr als zwei Jahre keiner Überwachungsorganisation angehört hat. Die Zweijahresfrist bezieht sich also nach dem Wortlaut auf das bloße Angehören zur Überwachungsorganisation. Hätte der Gesetzgeber die Zweijahresfrist auf die Betrauung beziehen wollen, hätte er dies, da er sich der Unterscheidung zwischen Betrauung und bloßem Angehören bewusst war, ausdrücklich geregelt. Auch Gründe der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit sprechen dafür, die Zweijahresfrist nicht auf das Angehören in betrauter Form, sondern auf die bloße Angehörigkeit zur Überwachungsorganisation zu beziehen. Denn andernfalls bestünden für die Überwachungsorganisation und die zu betrauende Person - insbesondere im Hinblick auf unerwartete oder unabsehbare Verzögerungen des Zustimmungsverfahrens - erhebliche Unsicherheiten hinsichtlich der Antragstellung. Die Anerkennungsbehörde hätte es durch schlichtes Zuwarten in der Hand, den Fristablauf herbeizuführen (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 02.04.2014, a.a.O.).
55 
Nach diesen Maßgaben ist die Zweijahresfrist nach Nr. 3.10 der Anlage VIII b zur StVZO im Fall des Beigeladenen nicht abgelaufen. Die Angehörigkeit des Beigeladenen zur FSP wurde erst mit Zugang der außerordentlichen Kündigung vom 25.10.2013 beendet. Der Beigeladene gehörte der Klägerin aber bereits mit dem Abschluss des Prüfvertrags am 12.09.2015 an und damit noch vor dem Ablauf der Zweijahresfrist.
56 
b) Dem Beigeladenen fehlt jedoch die für die Erteilung der Zustimmung nach Nr. 3.2 der Anlage VIII b zur StVZO erforderliche Zuverlässigkeit. Unzuverlässig im Sinne dieser Vorschrift ist eine Person, die nach dem Gesamteindruck ihres Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass sie ihre Tätigkeit als Prüfingenieur künftig ordnungsgemäß ausüben wird (vgl. Nr. 3.3 Abs. 2 der Richtlinie für die Anerkennung von Überwachungsorganisationen nach der Anlage VIII b StVZO vom 5. Juni 2009, VkBl. Nr. 12 vom 30.06.2009 S. 364; 28.03.2011 S. 309; im Folgenden: Anerkennungsrichtlinie; zum Begriff der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit BVerwG, Urteil vom 15.04.2015 - 8 C 6/14 -, juris). Die Bewertung der Zuverlässigkeit erfordert somit eine Prognoseentscheidung (vgl. Nr. 3.3 Abs. 2 der Anerkennungsrichtlinie). Vom Fehlen der Zuverlässigkeit ist bereits dann auszugehen, wenn ernsthafte Zweifel daran bestehen, dass der Prüfingenieur seine Tätigkeit ordnungsgemäß ausüben wird, ohne dass es einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit einer zukünftig ordnungswidrigen Ausübung seiner Tätigkeit bedarf (vgl. zum Gewerberecht VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 04.11.1993 - 14 S 2322/93 -, juris; Beschluss vom 20.07.1989 - 14 S 1564/89 -, NVwZ-RR 1990, 186 m.w.N.; zur Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Luftverkehrsgesetz BVerwG, Urteil vom 14.12.1990 - 7 C 20/90 , juris). An die Zuverlässigkeit eines Prüfingenieurs sind hohe Anforderungen zu stellen, da dieser mit hoheitlichen Aufgaben betraut ist und ihm im Rahmen seiner Kompetenz zur Durchführung von Hauptuntersuchungen und Sicherheitsprüfungen gewichtige Schutzgüter, nämlich Leib, Leben und Eigentum der Verkehrsteilnehmer, überantwortet sind (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 02.12.1998 - 1 U 140/98 -, juris unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 14.12.1990, a.a.O.). Auch der Rechtsverkehr muss auf die Kompetenz und Neutralität eines Prüfingenieurs vertrauen dürfen.
57 
In Anwendung dieser Grundsätze ist der Beigeladene im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bei einer Gesamtschau aller Umstände unter Berücksichtigung der von ihm im Rahmen seiner Tätigkeit bei der FSP begangenen Pflichtverletzungen als unzuverlässig anzusehen. Zwar ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht davon auszugehen, dass der Beigeladene die mit Reklamation vom 19.10.2011 beanstandeten Änderungsabnahmen am 28.01.2011 pflichtwidrig durchgeführt hat. Denn nach der Aussage des Zeugen ... besteht insoweit die Möglichkeit, dass dem Beigeladenen, wie von ihm behauptet, tatsächlich ein gefälschtes Teilegutachten vorgelegt worden ist. Da das dem Beigeladenen vorgelegte Gutachten nicht mehr verfügbar war, konnte im Nachgang nicht aufgeklärt werden, ob dieses gefälscht war und ob für den Beigeladenen Anlass bestanden hatte, das Gutachten anhand der in Datenbanken verfügbaren amtlichen Teilegutachten zu überprüfen. Nach den Angaben des Zeugen ... gab es zum damaligen Zeitpunkt noch keine gesetzliche Regelung oder organisationsinterne Richtlinie, wonach der Prüfingenieur in jedem Fall Einsicht in die in den Datenbanken verfügbaren amtlichen Teilegutachten nehmen musste.
58 
Nicht erweislich war auch der mit der Reklamation vom 23.09.2013 durch die Regierung von Niederbayern erhobene Vorwurf, der Beigeladene habe einen falschen Preis für die Untersuchung des Motormanagements und des Abgasverhaltens eines geprüften Fahrzeugs herangezogen. Der Beigeladene hat hierzu in der mündlichen Verhandlung angegeben, er habe seit 2009 bei einigen Händlern die Hauptuntersuchung und die Abgasuntersuchung getrennt abgerechnet, im Prüfbericht habe er dann die Abgasuntersuchung als durchgeführt mitdokumentieren müssen. Die betreffende Rechnung über die Abgasuntersuchung sei auf seinem Computer als getrennte Rechnung dokumentiert.
59 
Die Kammer ist allerdings nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung aufgrund der glaubhaften Aussage des Zeugen ... und der Dokumentation der Reklamationen in der Akte der FSP davon überzeugt, dass dem Beigeladenen die ihm im Bescheid vorgeworfenen weiteren Pflichtverletzungen tatsächlich im Wesentlichen so, wie vom Beklagten dargelegt, zur Last lagen und die Unzuverlässigkeit des Beigeladenen belegen. Nach Überzeugung der Kammer hat der Beigeladene wiederholt amtliche Fahrzeuguntersuchungen nicht ordnungsgemäß durchgeführt und hierdurch die Verkehrssicherheit erheblich gefährdet. Der Beigeladene hat am 05.07.2011 eine Hauptuntersuchung eines Händlerfahrzeugs nicht ordnungsgemäß durchgeführt (Reklamation vom 22.08.2011). Bei der Nachuntersuchung des Fahrzeugs durch den Zeugen ... am 24.08.2011 stellte dieser eine großflächige Durchrostung am Schweller links fest, die nach der fachlichen Einschätzung des Zeugen bereits zum Zeitpunkt der Hauptuntersuchung vorhanden und für den Beigeladenen erkennbar gewesen sein muss. Die Durchrostung stellt nach den Angaben des Zeugen einen erheblichen Mangel dar, der zum Nichtbestehen der Hauptuntersuchung hätte führen müssen. Die Durchrostung des Schwellers war nach dem glaubhaften Vortrag des Zeugen sicherheitsrelevant, weil hierdurch die ganze Karosserie des Fahrzeugs geschwächt wurde. Der Zeuge ... hat für die Kammer nachvollziehbar dargelegt, dass die Durchrostung zwar, wie vom Beigeladenen vorgetragen wurde, kaschiert worden war. Die Kaschierung ist auf dem Foto AS 176 der Akte der FSP noch ansatzweise erkennbar. Der Beigeladene war nach den Angaben des Zeugen aber gerade wegen der erkennbaren Kaschierung und weil es sich bei dem Fahrzeug um ein Händlerfahrzeug handelte, verpflichtet, besonders genau, auch mit einem Schraubenzieher, zu prüfen. Die Durchrostung sei mit einem Schraubenzieher eindeutig feststellbar gewesen. Es habe sich bei den Durchrostungen nicht nur um „kleine Löchlein“ gehandelt, vielmehr habe man mit dem Daumen hindurchdrücken können. Dafür dass, wie der Beigeladene andeutet, die Durchrostungen erst nach der Hauptuntersuchung durch den Einsatz eines Hammers entstanden sein könnten, ergeben sich weder nach Aktenlage noch nach der Aussage des Zeugen irgendwelche Anhaltspunkte. Die Kammer geht vielmehr davon aus, dass der Beigeladene dies ins Blaue hinein behauptet hat.
60 
Auch hinsichtlich der Reklamation des TÜV Süd vom 07.06.2013 - im Bescheid wird fälschlich das Datum 07.10.2013 genannt - ergibt sich aus der Aussage des Zeugen ..., dass der Beigeladene eine Hauptuntersuchung nicht ordnungsgemäß durchgeführt hat. Ein Querträger war ca. fünf Wochen nach der Hauptuntersuchung komplett ausgerissen; eine erhebliche Schwächung, die zum Nichtbestehen der Hauptuntersuchung hätte führen müssen, muss nach der Einschätzung des TÜV SÜD und des Zeugen ... bereits bei der Hauptuntersuchung vorhanden gewesen sein. Der Beigeladene hat diesen Vorfall nicht substantiiert bestritten. Seinen Vortrag, ihm sei bezüglich der Reklamation vom 07.06.2013 keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden, hat der Beigeladene durch die Vorlage seiner schriftlichen Stellungnahme vom 04.07.2013 selbst widerlegt. Die Reklamation vom 07.06.2013 ist nicht in der dem Gericht vorliegenden Akte der FSP dokumentiert. Die Zeugin ... erläuterte jedoch in der mündlichen Verhandlung, dass die vorgelegte Akte der FSP nur den Bereich Personal und Recht betreffe, hinsichtlich der Reklamationen aber nicht vollständig sei. Die einzelnen Vorgänge seien vielmehr „in der Region“, also in der jeweiligen regionalen Vertretung der FSP dokumentiert.
61 
Die im Bescheid aufgeführte Reklamation vom 12.07.2013 betrifft ebenfalls eine fehlerhaft durchgeführte Hauptuntersuchung. Nach der Einschätzung des TÜV Süd und des Zeugen ... war ein Bestehen der Abgasuntersuchung mit dem vorgeführten Fahrzeug ohne eine Pflichtverletzung des Beigeladenen nicht möglich. Der Zeuge ... äußerte in seiner schriftlichen Stellungnahme und in der mündlichen Verhandlung den naheliegenden Verdacht, dass bei der Untersuchung betrogen worden sei, indem diese mit einem anderen Fahrzeug durchgeführt worden sei. Der Beigeladene ist dem Vorbringen des Zeugen in der mündlichen Verhandlung nicht substantiiert entgegen getreten. Er hat zu der Reklamation vom 12.07.2013 lediglich vorgetragen, dass ein plötzlicher Leistungsabfall des Fahrzeugs das Ergebnis der Abgasuntersuchung möglicherweise erklären könne; Anlass für die Besichtigung des Fahrzeugs durch den TÜV Süd sei ein massiver Streit zwischen dem Fahrzeughalter und der Werkstatt gewesen. Dieser Vortrag ist unsubstantiiert und unplausibel. Er vermag deshalb die fachliche Einschätzung des TÜV Süd und des Zeugen ..., ein Bestehen der Abgasuntersuchung sei ohne Verschulden des Beigeladenen nicht möglich gewesen, nicht in Frage zu stellen.
62 
Der Zeuge ... war entgegen dem Vortrag der Klägerin und des Beigeladenen nicht verpflichtet, die Angaben des TÜV Süd durch eine eigene Nachbesichtigung der betreffenden Fahrzeuge zu überprüfen. Der Zeuge durfte sich vielmehr auf den Sachverstand des TÜV Süd verlassen. Auf den ins Blaue hinein geäußerten Hinweis der Klägerin und des Beigeladenen, dass es sich bei dem TÜV Süd und der FSP um Konkurrenzunternehmen handele, weshalb der TÜV Süd ein geschäftliches Interesse gehabt haben könne, den Beigeladenen als Prüfingenieur der FSP zu belasten, hat der Zeuge ... überzeugend dargelegt, dass zwar die Geschäftsführung des TÜV Süd und der FSP wirtschaftlich konkurrierten, dass eine solche Konkurrenz zwischen den technischen Leitungen jedoch nicht bestehe, weil es diesen in erster Linie um die Verkehrssicherheit gehe.
63 
Die Angaben des Zeugen ... sind glaubhaft. Weder er noch die Zeugin ... zeigten Belastungstendenzen bezüglich des Beigeladenen. Der Zeuge ... erklärte vielmehr, der Beigeladene sei der umsatzstärkste Prüfingenieur der FSP gewesen, so dass für diese, wenn es keine gewichtigen Verfehlungen gegeben hätte, kein Anlass bestanden hätte, das Vertragsverhältnis mit dem Beigeladenen zu kündigen. Dies erscheint auch vor dem Hintergrund nachvollziehbar, dass es nach dem von der Klägerin und dem Beigeladenen unbestrittenen Vortrag des Zeugen ... am Markt einen Mangel an ausgebildeten Prüfingenieuren gibt.
64 
Für die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen ... spricht schließlich, dass der Beigeladene sich gegen die Korrekturmaßnahmen der FSP, insbesondere die mit Schreiben vom 21.12.2011 angeordnete vierwöchige Ruhestellung der Betrauung und die damit verbundene Anordnung, dass er während dieses Zeitraums ohne eigenen wirtschaftlichen Ertrag unter Aufsicht eingesetzt werde, sowie die Suspendierung mit Schreiben vom 14.10.2013 und die anschließende außerordentliche Kündigung des Vertragsverhältnisses mit Schreiben vom 25.10.2013 nicht zur Wehr gesetzt hat. Hinsichtlich der außerordentlichen Kündigung hat der Beigeladene zwar vorgetragen, er sei hiergegen nicht vorgegangen, weil er zu diesem Zeitpunkt gesundheitliche Probleme gehabt habe und das Vertragsverhältnis ohnehin habe kündigen wollen, auch seien für ihn zum damaligen Zeitpunkt die Konsequenzen der außerordentlichen Kündigung für eine spätere erneute Betrauung nicht absehbar gewesen. Dies erklärt jedoch nicht, warum er die durchaus gravierende Maßnahme der vierwöchigen Ruhestellung der Betrauung und der Tätigkeit ohne eigenen Ertrag widerspruchslos hingenommen hat.
65 
Der Vortrag der Klägerin, die Unzuverlässigkeit des Beigeladenen sei durch die FSP nur behauptet worden, tatsächlich habe die FSP das Vertragsverhältnis mit dem Beigeladenen aber gekündigt, weil sie einen Mitarbeiter namens ... von der Prüfstelle des Beigeladenen habe abziehen und diesen anderweitig einsetzen wollen, ist nicht plausibel und durch nichts belegt. Denn nach dem von der Klägerin und dem Beigeladenen unbestrittenen Vortrag des Beklagten war Herr ... lediglich bis zum 31.07.2012 bei dem Beigeladenen angestellt. Er war bereits seit dem 01.08.2012 als selbständiger Prüfingenieur für die FSP tätig. Darüber hinaus gab es Ermahnungen der FSP gegenüber dem Beigeladenen bereits im Jahr 2011 und nicht erst im Jahr der Kündigung 2013.
66 
Die Kammer kann offen lassen, ob hinsichtlich der dem Beigeladenen mit den Reklamationen durch den TÜV Süd vom 12.07.2013 und die Regierung von Niederbayern vom 23.09.2013 jeweils vorgeworfenen „unplausiblen Mängeldokumentation“ eine Pflichtverletzung des Beigeladenen festzustellen ist. Der Zeuge ... hat hierzu lediglich angegeben, dass eine so umfangreiche Auflistung von Hinweisen, die, wenn sie als Mangel dokumentiert worden wären, zum Nichtbestehen der Hauptuntersuchung geführt hätten, unplausibel und unüblich sei. Ungeachtet der Frage einer Pflichtverletzung bekräftigt das seitens des TÜV Süd, der bayerischen Aufsichtsbehörde und des Zeugen ... nachvollziehbar als unplausibel und unüblich bewertete Vorgehen jedenfalls vor dem Hintergrund der festgestellten erheblichen Pflichtverletzungen den Eindruck, dass der Beigeladene nicht willens oder in der Lage ist, seine Tätigkeit als Prüfingenieur ordnungsgemäß auszuüben.
67 
Gegen die Zuverlässigkeit des Beigeladenen spricht schließlich, dass er wiederholt und vorsätzlich für seine Tätigkeit relevante Richtlinien der Überwachungsorganisation beziehungsweise fachliche Anweisungen des Technischen Leiters missachtet hat. Nach dem glaubhaften Vortrag des Zeugen ..., dem der Beigeladene in der mündlichen Verhandlung nicht entgegen getreten ist, hat dieser trotz wiederholter Ermahnung seitens der FSP die von ihm nach deren Richtlinien zu bestimmten Zeiten vorzunehmende Plakettenzählung und Datenfernübertragung häufig nicht oder erst verspätet durchgeführt.
68 
Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist im Rahmen der zu treffenden Prognoseentscheidung nicht zugunsten des Beigeladenen zu berücksichtigen, dass seit den letzten Vorfällen im Jahr 2013 nunmehr fast vier Jahre vergangen sind. Denn dieser Zeitablauf ohne weitere Pflichtverletzungen belegt keine Verhaltensänderung des Beigeladenen, sondern ist allein dadurch zu erklären, dass der Beigeladene bereits seit Ende Oktober 2013 nicht mehr als Prüfingenieur tätig war.
69 
Jedenfalls angesichts der Häufung der dargelegten, hinsichtlich der Fahrzeuguntersuchungen schwerwiegenden Pflichtverletzungen des Beigeladenen spricht wenig dafür, dass dieser in Zukunft willens und in der Lage sein wird, seine Prüftätigkeit verantwortungsvoll und mit der gebotenen Sorgfalt auszuüben. Dabei ist zu seinen Lasten zu berücksichtigen, dass auch nach den Vorfällen geführte Kritikgespräche, Ermahnungen, Schulungsmaßnahmen und sogar die Ruhestellung der Betrauung für vier Wochen mit Schreiben vom 21.12.2011 bei dem Beigeladenen keine Verhaltensänderung bewirkt haben. Der Beigeladene lässt keinerlei sachliche Auseinandersetzung mit den ihm in der Vergangenheit unterlaufenen Fehlleistungen und damit auch keinen Einstellungswandel erkennen. Mit Rücksicht auf die bereits dargelegte besondere Verantwortung eines Prüfingenieurs für gewichtige Schutzgüter ist im Rahmen der zu treffenden Prognoseentscheidung deshalb von der Unzuverlässigkeit des Beigeladenen auszugehen.
70 
Da dem Beigeladenen die für die Tätigkeit als Prüfingenieur erforderliche Zuverlässigkeit fehlt, war der Beklagte verpflichtet, seine Zustimmung zu dessen Betrauung zu verweigern. Ein Ermessen stand dem Beklagten insoweit nicht zu; die von der Klägerin vorgeschlagenen milderen Mittel, namentlich die Auferlegung von Schulungen und besondere Aufsicht, kamen nicht in Betracht. Die Verweigerung der Zustimmung wegen Unzuverlässigkeit des Beigeladenen bedeutet entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte der Klägerin und des Beigeladenen, insbesondere aus Art. 12 Abs. 1 GG. Denn der Schutz des unverzichtbaren Vertrauens der Öffentlichkeit in den Sachverstand und die Neutralität der Prüfingenieure und der Schutz der gewichtigen Rechtsgüter der Verkehrsteilnehmer verlangen es, einen unzuverlässigen Bewerber von der Tätigkeit als Prüfingenieur auszuschließen.
71 
Der Beklagte hat seine Zustimmung zur Betrauung des Beigeladenen mit den Aufgaben eines Prüfingenieurs nach Nr. 3.7 Satz 1 der Anlage VIII b zur StVZO somit zu Recht verweigert.
72 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3 VwGO.
73 
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil keiner der Berufungszulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 124a Abs. 1 VwGO gegeben ist.
74 
Beschluss
75 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 15.000,- EUR festgesetzt.
76 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
46 
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
47 
1. Die Klage ist zulässig. Sie ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO statthaft. Bei der Zustimmung handelt es sich im Verhältnis zur Klägerin um einen Verwaltungsakt i.S.d. § 35 Abs. 1 LVwVfG. Hiervon ging auch der Beklagte aus, der die Versagung der Zustimmung formell als Verwaltungsakt mit Rechtsmittelbelehrung ausgestaltet hat. Die Zustimmung hat insbesondere die für einen Verwaltungsakt nach § 35 Abs. 1 LVwVfG erforderliche Regelungs- und Außenwirkung. Sie stellt kein bloßes Verwaltungsinternum dar. Zwar ist die Klägerin als amtlich anerkannte Überwachungsorganisation mit hoheitlichen Befugnissen beliehen. Sie ist aber zugleich als privates Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht am Markt tätig. Ihren Gewinn erzielt die Klägerin durch die Tätigkeit der für sie aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags selbständig tätigen Prüfingenieure. Die Versagung der Zustimmung zur Betrauung eines Prüfingenieurs hat zur Folge, dass die Klägerin diesen nicht zur Gewinnerzielung einsetzen kann. Damit behindert die Versagung der Zustimmung die Klägerin in der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit. Sie ist durch die Versagung der Zustimmung in ihrer durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Berufsausübungsfreiheit und damit in eigenen Rechten betroffen (vgl. OVG NRW, Urteil vom 22.09.2000 - 8 A 2429/99 -, juris m.w.N., sowie zur amtlichen Anerkennung von Begutachtungsstellen für Fahreignung BVerwG, Urteil vom 15.06.2000 - 3 C 10/99 -, juris). Hieraus ergibt sich auch die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis der Klägerin, denn die Versagung der Zustimmung verletzt diese möglicherweise in eigenen Rechten.
48 
2. Die Klage ist nicht begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 04.03.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Erteilung der Zustimmung noch einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber (§ 113 Abs. 5 VwGO).
49 
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei der hier gegeben Verpflichtungsklage der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung.
50 
Rechtsgrundlage für die Erteilung der Zustimmung ist Nr. 3.7 Satz 1 der Anlage VIII b zur StVZO. Danach darf die Überwachungsorganisation ihr angehörende Personen (bei Erfüllung der Voraussetzungen der Nrn. 3.1-3.6 der Anlage VIII b zur StVZO) mit der Durchführung von Hauptuntersuchungen und Sicherheitsprüfungen betrauen, wenn die nach Nr. 1 zuständige Anerkennungsbehörde zugestimmt hat. Zuständige Anerkennungsbehörde nach Nr. 1 der Anlage VIII b zur StVZO ist das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg.
51 
Dieses hat die Erteilung der Zustimmung zur Betrauung des Beigeladenen im Ergebnis zu Recht verweigert. Zwar war die Zustimmung nicht gemäß Nr. 3.10 der Anlage VIII b zur StVZO deshalb zu versagen, weil dem Beigeladenen die nach Nrn. 3.5 und 3.6 der Anlage VIII b zur StVZO erforderliche Ausbildung und Prüfung fehlen (dazu a). Der Beklagte hat die Verweigerung der Zustimmung jedoch rechtsfehlerfrei darauf gestützt, dass der Beigeladene die nach Nr. 3.2 der Anlage VIII b zur StVZO erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt (dazu b)
52 
a) Nach Nr. 3.10 der Anlage VIII b zur StVZO haben die mit der Durchführung von Hauptuntersuchungen oder Sicherheitsprüfungen betrauten Personen eine Ausbildung nach Nr. 3.5 und eine Prüfung nach Nr. 3.6 abzulegen, wenn sie mehr als zwei Jahre nicht mehr die Anerkennungsvoraussetzungen erfüllen (1. Alt.) oder mehr als zwei Jahre keiner Technischen Prüfstelle oder Überwachungsorganisation angehören (2. Alt.).
53 
aa) Die Anerkennungsbehörde darf ihre Zustimmung zur Betrauung versagen, wenn der Prüfingenieur die nach Nr. 3.10 i.V.m. Nrn. 3.5 und 3.6 der Anlage VIII b zur StVZO erforderliche Ausbildung und Prüfung nicht absolviert hat (a.A. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 02.04.2014 - 1 L 131/13 -, juris). Zwar folgt Nr. 3.10 der Anlage VIII b zur StVZO systematisch den Vorschriften der Nr. 3.1 bis 3.7 nach, die nach dem Wortlaut der Nr. 3 der Anlage VIII b zur StVZO die Voraussetzungen für die Betrauung und damit auch für die Zustimmung der Anerkennungsbehörde regeln. Die Nr. 3.10 2. Alt. der Anlage VIII b zur StVZO modifiziert und ergänzt allerdings die Nrn. 3.5 und 3.6 der Anlage VIII b zur StVZO durch eine Fristenregelung in dem speziellen Fall, dass eine der Überwachungsorganisation angehörende Person in der Vergangenheit bereits mit der Durchführung von Hauptuntersuchungen oder Sicherheitsprüfungen betraut worden war. Nr. 3.10 der Anlage VIII b zur StVZO regelt keine Rechtsfolge für den Fall, dass die nach Alt. 2 erforderliche Ausbildung und Prüfung nicht abgelegt wurden. Diese Vorschrift kann deshalb nur so verstanden werden, dass sie eine ergänzende Regelung der Voraussetzungen für die Betrauung und Zustimmung trifft. Dass die Anerkennungsbehörde die Versagung der Zustimmung auf die Nichterfüllung der Voraussetzungen der Nr. 3.10 i.V.m. Nrn. 3.5 und 3.6 der Anlage VIII b zur StVZO stützen darf, ergibt sich im Übrigen auch aus dem Sinn und Zweck des Zustimmungserfordernisses. Dieses soll eine staatliche Überprüfung der Eignung und Zuverlässigkeit solcher Personen ermöglichen, die als Prüfingenieure mit Außenwirkung hoheitlich tätig werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.01.2012 - 3 C 8/11 -, juris). Die nach Nr. 3.10 i.V.m. Nrn. 3.5 und 3.6 der Anlage VIII b zur StVZO erforderliche Ausbildung und Prüfung sollen gerade die fachliche Qualifikation des Prüfingenieurs sicherstellen.
54 
bb) Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Zweijahresfrist nach Nr. 3.10 der Anlage VIII b zur StVZO im Fall des Beigeladenen nicht abgelaufen. Die StVZO unterscheidet in Nr. 3 der Anlage VIII b begrifflich zwischen Personen, die der Überwachungsorganisation „angehören“ und solchen, die ihr „als betraute Person angehören“. Die 2. Alternative der Nr. 3.10 der Anlage VIII b zur StVZO betrifft nach ihrem Wortlaut den Fall, dass eine Person, die in der Vergangenheit mit der Durchführung von Hauptuntersuchungen oder Sicherheitsprüfungen betraut worden war, erneut betraut werden möchte, aber mehr als zwei Jahre keiner Überwachungsorganisation angehört hat. Die Zweijahresfrist bezieht sich also nach dem Wortlaut auf das bloße Angehören zur Überwachungsorganisation. Hätte der Gesetzgeber die Zweijahresfrist auf die Betrauung beziehen wollen, hätte er dies, da er sich der Unterscheidung zwischen Betrauung und bloßem Angehören bewusst war, ausdrücklich geregelt. Auch Gründe der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit sprechen dafür, die Zweijahresfrist nicht auf das Angehören in betrauter Form, sondern auf die bloße Angehörigkeit zur Überwachungsorganisation zu beziehen. Denn andernfalls bestünden für die Überwachungsorganisation und die zu betrauende Person - insbesondere im Hinblick auf unerwartete oder unabsehbare Verzögerungen des Zustimmungsverfahrens - erhebliche Unsicherheiten hinsichtlich der Antragstellung. Die Anerkennungsbehörde hätte es durch schlichtes Zuwarten in der Hand, den Fristablauf herbeizuführen (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 02.04.2014, a.a.O.).
55 
Nach diesen Maßgaben ist die Zweijahresfrist nach Nr. 3.10 der Anlage VIII b zur StVZO im Fall des Beigeladenen nicht abgelaufen. Die Angehörigkeit des Beigeladenen zur FSP wurde erst mit Zugang der außerordentlichen Kündigung vom 25.10.2013 beendet. Der Beigeladene gehörte der Klägerin aber bereits mit dem Abschluss des Prüfvertrags am 12.09.2015 an und damit noch vor dem Ablauf der Zweijahresfrist.
56 
b) Dem Beigeladenen fehlt jedoch die für die Erteilung der Zustimmung nach Nr. 3.2 der Anlage VIII b zur StVZO erforderliche Zuverlässigkeit. Unzuverlässig im Sinne dieser Vorschrift ist eine Person, die nach dem Gesamteindruck ihres Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass sie ihre Tätigkeit als Prüfingenieur künftig ordnungsgemäß ausüben wird (vgl. Nr. 3.3 Abs. 2 der Richtlinie für die Anerkennung von Überwachungsorganisationen nach der Anlage VIII b StVZO vom 5. Juni 2009, VkBl. Nr. 12 vom 30.06.2009 S. 364; 28.03.2011 S. 309; im Folgenden: Anerkennungsrichtlinie; zum Begriff der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit BVerwG, Urteil vom 15.04.2015 - 8 C 6/14 -, juris). Die Bewertung der Zuverlässigkeit erfordert somit eine Prognoseentscheidung (vgl. Nr. 3.3 Abs. 2 der Anerkennungsrichtlinie). Vom Fehlen der Zuverlässigkeit ist bereits dann auszugehen, wenn ernsthafte Zweifel daran bestehen, dass der Prüfingenieur seine Tätigkeit ordnungsgemäß ausüben wird, ohne dass es einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit einer zukünftig ordnungswidrigen Ausübung seiner Tätigkeit bedarf (vgl. zum Gewerberecht VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 04.11.1993 - 14 S 2322/93 -, juris; Beschluss vom 20.07.1989 - 14 S 1564/89 -, NVwZ-RR 1990, 186 m.w.N.; zur Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Luftverkehrsgesetz BVerwG, Urteil vom 14.12.1990 - 7 C 20/90 , juris). An die Zuverlässigkeit eines Prüfingenieurs sind hohe Anforderungen zu stellen, da dieser mit hoheitlichen Aufgaben betraut ist und ihm im Rahmen seiner Kompetenz zur Durchführung von Hauptuntersuchungen und Sicherheitsprüfungen gewichtige Schutzgüter, nämlich Leib, Leben und Eigentum der Verkehrsteilnehmer, überantwortet sind (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 02.12.1998 - 1 U 140/98 -, juris unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 14.12.1990, a.a.O.). Auch der Rechtsverkehr muss auf die Kompetenz und Neutralität eines Prüfingenieurs vertrauen dürfen.
57 
In Anwendung dieser Grundsätze ist der Beigeladene im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bei einer Gesamtschau aller Umstände unter Berücksichtigung der von ihm im Rahmen seiner Tätigkeit bei der FSP begangenen Pflichtverletzungen als unzuverlässig anzusehen. Zwar ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht davon auszugehen, dass der Beigeladene die mit Reklamation vom 19.10.2011 beanstandeten Änderungsabnahmen am 28.01.2011 pflichtwidrig durchgeführt hat. Denn nach der Aussage des Zeugen ... besteht insoweit die Möglichkeit, dass dem Beigeladenen, wie von ihm behauptet, tatsächlich ein gefälschtes Teilegutachten vorgelegt worden ist. Da das dem Beigeladenen vorgelegte Gutachten nicht mehr verfügbar war, konnte im Nachgang nicht aufgeklärt werden, ob dieses gefälscht war und ob für den Beigeladenen Anlass bestanden hatte, das Gutachten anhand der in Datenbanken verfügbaren amtlichen Teilegutachten zu überprüfen. Nach den Angaben des Zeugen ... gab es zum damaligen Zeitpunkt noch keine gesetzliche Regelung oder organisationsinterne Richtlinie, wonach der Prüfingenieur in jedem Fall Einsicht in die in den Datenbanken verfügbaren amtlichen Teilegutachten nehmen musste.
58 
Nicht erweislich war auch der mit der Reklamation vom 23.09.2013 durch die Regierung von Niederbayern erhobene Vorwurf, der Beigeladene habe einen falschen Preis für die Untersuchung des Motormanagements und des Abgasverhaltens eines geprüften Fahrzeugs herangezogen. Der Beigeladene hat hierzu in der mündlichen Verhandlung angegeben, er habe seit 2009 bei einigen Händlern die Hauptuntersuchung und die Abgasuntersuchung getrennt abgerechnet, im Prüfbericht habe er dann die Abgasuntersuchung als durchgeführt mitdokumentieren müssen. Die betreffende Rechnung über die Abgasuntersuchung sei auf seinem Computer als getrennte Rechnung dokumentiert.
59 
Die Kammer ist allerdings nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung aufgrund der glaubhaften Aussage des Zeugen ... und der Dokumentation der Reklamationen in der Akte der FSP davon überzeugt, dass dem Beigeladenen die ihm im Bescheid vorgeworfenen weiteren Pflichtverletzungen tatsächlich im Wesentlichen so, wie vom Beklagten dargelegt, zur Last lagen und die Unzuverlässigkeit des Beigeladenen belegen. Nach Überzeugung der Kammer hat der Beigeladene wiederholt amtliche Fahrzeuguntersuchungen nicht ordnungsgemäß durchgeführt und hierdurch die Verkehrssicherheit erheblich gefährdet. Der Beigeladene hat am 05.07.2011 eine Hauptuntersuchung eines Händlerfahrzeugs nicht ordnungsgemäß durchgeführt (Reklamation vom 22.08.2011). Bei der Nachuntersuchung des Fahrzeugs durch den Zeugen ... am 24.08.2011 stellte dieser eine großflächige Durchrostung am Schweller links fest, die nach der fachlichen Einschätzung des Zeugen bereits zum Zeitpunkt der Hauptuntersuchung vorhanden und für den Beigeladenen erkennbar gewesen sein muss. Die Durchrostung stellt nach den Angaben des Zeugen einen erheblichen Mangel dar, der zum Nichtbestehen der Hauptuntersuchung hätte führen müssen. Die Durchrostung des Schwellers war nach dem glaubhaften Vortrag des Zeugen sicherheitsrelevant, weil hierdurch die ganze Karosserie des Fahrzeugs geschwächt wurde. Der Zeuge ... hat für die Kammer nachvollziehbar dargelegt, dass die Durchrostung zwar, wie vom Beigeladenen vorgetragen wurde, kaschiert worden war. Die Kaschierung ist auf dem Foto AS 176 der Akte der FSP noch ansatzweise erkennbar. Der Beigeladene war nach den Angaben des Zeugen aber gerade wegen der erkennbaren Kaschierung und weil es sich bei dem Fahrzeug um ein Händlerfahrzeug handelte, verpflichtet, besonders genau, auch mit einem Schraubenzieher, zu prüfen. Die Durchrostung sei mit einem Schraubenzieher eindeutig feststellbar gewesen. Es habe sich bei den Durchrostungen nicht nur um „kleine Löchlein“ gehandelt, vielmehr habe man mit dem Daumen hindurchdrücken können. Dafür dass, wie der Beigeladene andeutet, die Durchrostungen erst nach der Hauptuntersuchung durch den Einsatz eines Hammers entstanden sein könnten, ergeben sich weder nach Aktenlage noch nach der Aussage des Zeugen irgendwelche Anhaltspunkte. Die Kammer geht vielmehr davon aus, dass der Beigeladene dies ins Blaue hinein behauptet hat.
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Auch hinsichtlich der Reklamation des TÜV Süd vom 07.06.2013 - im Bescheid wird fälschlich das Datum 07.10.2013 genannt - ergibt sich aus der Aussage des Zeugen ..., dass der Beigeladene eine Hauptuntersuchung nicht ordnungsgemäß durchgeführt hat. Ein Querträger war ca. fünf Wochen nach der Hauptuntersuchung komplett ausgerissen; eine erhebliche Schwächung, die zum Nichtbestehen der Hauptuntersuchung hätte führen müssen, muss nach der Einschätzung des TÜV SÜD und des Zeugen ... bereits bei der Hauptuntersuchung vorhanden gewesen sein. Der Beigeladene hat diesen Vorfall nicht substantiiert bestritten. Seinen Vortrag, ihm sei bezüglich der Reklamation vom 07.06.2013 keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden, hat der Beigeladene durch die Vorlage seiner schriftlichen Stellungnahme vom 04.07.2013 selbst widerlegt. Die Reklamation vom 07.06.2013 ist nicht in der dem Gericht vorliegenden Akte der FSP dokumentiert. Die Zeugin ... erläuterte jedoch in der mündlichen Verhandlung, dass die vorgelegte Akte der FSP nur den Bereich Personal und Recht betreffe, hinsichtlich der Reklamationen aber nicht vollständig sei. Die einzelnen Vorgänge seien vielmehr „in der Region“, also in der jeweiligen regionalen Vertretung der FSP dokumentiert.
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Die im Bescheid aufgeführte Reklamation vom 12.07.2013 betrifft ebenfalls eine fehlerhaft durchgeführte Hauptuntersuchung. Nach der Einschätzung des TÜV Süd und des Zeugen ... war ein Bestehen der Abgasuntersuchung mit dem vorgeführten Fahrzeug ohne eine Pflichtverletzung des Beigeladenen nicht möglich. Der Zeuge ... äußerte in seiner schriftlichen Stellungnahme und in der mündlichen Verhandlung den naheliegenden Verdacht, dass bei der Untersuchung betrogen worden sei, indem diese mit einem anderen Fahrzeug durchgeführt worden sei. Der Beigeladene ist dem Vorbringen des Zeugen in der mündlichen Verhandlung nicht substantiiert entgegen getreten. Er hat zu der Reklamation vom 12.07.2013 lediglich vorgetragen, dass ein plötzlicher Leistungsabfall des Fahrzeugs das Ergebnis der Abgasuntersuchung möglicherweise erklären könne; Anlass für die Besichtigung des Fahrzeugs durch den TÜV Süd sei ein massiver Streit zwischen dem Fahrzeughalter und der Werkstatt gewesen. Dieser Vortrag ist unsubstantiiert und unplausibel. Er vermag deshalb die fachliche Einschätzung des TÜV Süd und des Zeugen ..., ein Bestehen der Abgasuntersuchung sei ohne Verschulden des Beigeladenen nicht möglich gewesen, nicht in Frage zu stellen.
62 
Der Zeuge ... war entgegen dem Vortrag der Klägerin und des Beigeladenen nicht verpflichtet, die Angaben des TÜV Süd durch eine eigene Nachbesichtigung der betreffenden Fahrzeuge zu überprüfen. Der Zeuge durfte sich vielmehr auf den Sachverstand des TÜV Süd verlassen. Auf den ins Blaue hinein geäußerten Hinweis der Klägerin und des Beigeladenen, dass es sich bei dem TÜV Süd und der FSP um Konkurrenzunternehmen handele, weshalb der TÜV Süd ein geschäftliches Interesse gehabt haben könne, den Beigeladenen als Prüfingenieur der FSP zu belasten, hat der Zeuge ... überzeugend dargelegt, dass zwar die Geschäftsführung des TÜV Süd und der FSP wirtschaftlich konkurrierten, dass eine solche Konkurrenz zwischen den technischen Leitungen jedoch nicht bestehe, weil es diesen in erster Linie um die Verkehrssicherheit gehe.
63 
Die Angaben des Zeugen ... sind glaubhaft. Weder er noch die Zeugin ... zeigten Belastungstendenzen bezüglich des Beigeladenen. Der Zeuge ... erklärte vielmehr, der Beigeladene sei der umsatzstärkste Prüfingenieur der FSP gewesen, so dass für diese, wenn es keine gewichtigen Verfehlungen gegeben hätte, kein Anlass bestanden hätte, das Vertragsverhältnis mit dem Beigeladenen zu kündigen. Dies erscheint auch vor dem Hintergrund nachvollziehbar, dass es nach dem von der Klägerin und dem Beigeladenen unbestrittenen Vortrag des Zeugen ... am Markt einen Mangel an ausgebildeten Prüfingenieuren gibt.
64 
Für die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen ... spricht schließlich, dass der Beigeladene sich gegen die Korrekturmaßnahmen der FSP, insbesondere die mit Schreiben vom 21.12.2011 angeordnete vierwöchige Ruhestellung der Betrauung und die damit verbundene Anordnung, dass er während dieses Zeitraums ohne eigenen wirtschaftlichen Ertrag unter Aufsicht eingesetzt werde, sowie die Suspendierung mit Schreiben vom 14.10.2013 und die anschließende außerordentliche Kündigung des Vertragsverhältnisses mit Schreiben vom 25.10.2013 nicht zur Wehr gesetzt hat. Hinsichtlich der außerordentlichen Kündigung hat der Beigeladene zwar vorgetragen, er sei hiergegen nicht vorgegangen, weil er zu diesem Zeitpunkt gesundheitliche Probleme gehabt habe und das Vertragsverhältnis ohnehin habe kündigen wollen, auch seien für ihn zum damaligen Zeitpunkt die Konsequenzen der außerordentlichen Kündigung für eine spätere erneute Betrauung nicht absehbar gewesen. Dies erklärt jedoch nicht, warum er die durchaus gravierende Maßnahme der vierwöchigen Ruhestellung der Betrauung und der Tätigkeit ohne eigenen Ertrag widerspruchslos hingenommen hat.
65 
Der Vortrag der Klägerin, die Unzuverlässigkeit des Beigeladenen sei durch die FSP nur behauptet worden, tatsächlich habe die FSP das Vertragsverhältnis mit dem Beigeladenen aber gekündigt, weil sie einen Mitarbeiter namens ... von der Prüfstelle des Beigeladenen habe abziehen und diesen anderweitig einsetzen wollen, ist nicht plausibel und durch nichts belegt. Denn nach dem von der Klägerin und dem Beigeladenen unbestrittenen Vortrag des Beklagten war Herr ... lediglich bis zum 31.07.2012 bei dem Beigeladenen angestellt. Er war bereits seit dem 01.08.2012 als selbständiger Prüfingenieur für die FSP tätig. Darüber hinaus gab es Ermahnungen der FSP gegenüber dem Beigeladenen bereits im Jahr 2011 und nicht erst im Jahr der Kündigung 2013.
66 
Die Kammer kann offen lassen, ob hinsichtlich der dem Beigeladenen mit den Reklamationen durch den TÜV Süd vom 12.07.2013 und die Regierung von Niederbayern vom 23.09.2013 jeweils vorgeworfenen „unplausiblen Mängeldokumentation“ eine Pflichtverletzung des Beigeladenen festzustellen ist. Der Zeuge ... hat hierzu lediglich angegeben, dass eine so umfangreiche Auflistung von Hinweisen, die, wenn sie als Mangel dokumentiert worden wären, zum Nichtbestehen der Hauptuntersuchung geführt hätten, unplausibel und unüblich sei. Ungeachtet der Frage einer Pflichtverletzung bekräftigt das seitens des TÜV Süd, der bayerischen Aufsichtsbehörde und des Zeugen ... nachvollziehbar als unplausibel und unüblich bewertete Vorgehen jedenfalls vor dem Hintergrund der festgestellten erheblichen Pflichtverletzungen den Eindruck, dass der Beigeladene nicht willens oder in der Lage ist, seine Tätigkeit als Prüfingenieur ordnungsgemäß auszuüben.
67 
Gegen die Zuverlässigkeit des Beigeladenen spricht schließlich, dass er wiederholt und vorsätzlich für seine Tätigkeit relevante Richtlinien der Überwachungsorganisation beziehungsweise fachliche Anweisungen des Technischen Leiters missachtet hat. Nach dem glaubhaften Vortrag des Zeugen ..., dem der Beigeladene in der mündlichen Verhandlung nicht entgegen getreten ist, hat dieser trotz wiederholter Ermahnung seitens der FSP die von ihm nach deren Richtlinien zu bestimmten Zeiten vorzunehmende Plakettenzählung und Datenfernübertragung häufig nicht oder erst verspätet durchgeführt.
68 
Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist im Rahmen der zu treffenden Prognoseentscheidung nicht zugunsten des Beigeladenen zu berücksichtigen, dass seit den letzten Vorfällen im Jahr 2013 nunmehr fast vier Jahre vergangen sind. Denn dieser Zeitablauf ohne weitere Pflichtverletzungen belegt keine Verhaltensänderung des Beigeladenen, sondern ist allein dadurch zu erklären, dass der Beigeladene bereits seit Ende Oktober 2013 nicht mehr als Prüfingenieur tätig war.
69 
Jedenfalls angesichts der Häufung der dargelegten, hinsichtlich der Fahrzeuguntersuchungen schwerwiegenden Pflichtverletzungen des Beigeladenen spricht wenig dafür, dass dieser in Zukunft willens und in der Lage sein wird, seine Prüftätigkeit verantwortungsvoll und mit der gebotenen Sorgfalt auszuüben. Dabei ist zu seinen Lasten zu berücksichtigen, dass auch nach den Vorfällen geführte Kritikgespräche, Ermahnungen, Schulungsmaßnahmen und sogar die Ruhestellung der Betrauung für vier Wochen mit Schreiben vom 21.12.2011 bei dem Beigeladenen keine Verhaltensänderung bewirkt haben. Der Beigeladene lässt keinerlei sachliche Auseinandersetzung mit den ihm in der Vergangenheit unterlaufenen Fehlleistungen und damit auch keinen Einstellungswandel erkennen. Mit Rücksicht auf die bereits dargelegte besondere Verantwortung eines Prüfingenieurs für gewichtige Schutzgüter ist im Rahmen der zu treffenden Prognoseentscheidung deshalb von der Unzuverlässigkeit des Beigeladenen auszugehen.
70 
Da dem Beigeladenen die für die Tätigkeit als Prüfingenieur erforderliche Zuverlässigkeit fehlt, war der Beklagte verpflichtet, seine Zustimmung zu dessen Betrauung zu verweigern. Ein Ermessen stand dem Beklagten insoweit nicht zu; die von der Klägerin vorgeschlagenen milderen Mittel, namentlich die Auferlegung von Schulungen und besondere Aufsicht, kamen nicht in Betracht. Die Verweigerung der Zustimmung wegen Unzuverlässigkeit des Beigeladenen bedeutet entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte der Klägerin und des Beigeladenen, insbesondere aus Art. 12 Abs. 1 GG. Denn der Schutz des unverzichtbaren Vertrauens der Öffentlichkeit in den Sachverstand und die Neutralität der Prüfingenieure und der Schutz der gewichtigen Rechtsgüter der Verkehrsteilnehmer verlangen es, einen unzuverlässigen Bewerber von der Tätigkeit als Prüfingenieur auszuschließen.
71 
Der Beklagte hat seine Zustimmung zur Betrauung des Beigeladenen mit den Aufgaben eines Prüfingenieurs nach Nr. 3.7 Satz 1 der Anlage VIII b zur StVZO somit zu Recht verweigert.
72 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3 VwGO.
73 
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil keiner der Berufungszulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 124a Abs. 1 VwGO gegeben ist.
74 
Beschluss
75 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 15.000,- EUR festgesetzt.
76 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 13. März 2017 - 3 K 1390/16

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Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 13. März 2017 - 3 K 1390/16 zitiert 11 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 68 Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts


(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung - StVZO 2012 | § 19 Erteilung und Wirksamkeit der Betriebserlaubnis


(1) Die Betriebserlaubnis ist zu erteilen, wenn das Fahrzeug den Vorschriften dieser Verordnung, den zu ihrer Ausführung erlassenen Anweisungen des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur und den Vorschriften der Verordnung (EU) Nr.

Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung - StVZO 2012 | § 29 Untersuchung der Kraftfahrzeuge und Anhänger


(1) Die Halter von zulassungspflichtigen Fahrzeugen im Sinne des § 3 Absatz 1 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung und kennzeichenpflichtigen Fahrzeugen nach § 4 Absatz 2 und 3 Satz 2 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung haben ihre Fahrzeuge auf ihre Koste

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Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 13. März 2017 - 3 K 1390/16 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 15. Apr. 2015 - 8 C 6/14

bei uns veröffentlicht am 15.04.2015

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen eine erweiterte Gewerbeuntersagung bei nachfolgender Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 02. Apr. 2014 - 1 L 131/13

bei uns veröffentlicht am 02.04.2014

Gründe 1 Der zulässige Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 3. Kammer - vom 30. Oktober 2013 hat in der Sache keinen Erfolg. 2 Die Zulassung der Berufung rechtfertigt sich nicht we

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 26. Jan. 2012 - 3 C 8/11

bei uns veröffentlicht am 26.01.2012

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Betrauung mit den Aufgaben eines Prüfingenieurs nach der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO).

Referenzen

(1) Die Halter von zulassungspflichtigen Fahrzeugen im Sinne des § 3 Absatz 1 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung und kennzeichenpflichtigen Fahrzeugen nach § 4 Absatz 2 und 3 Satz 2 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung haben ihre Fahrzeuge auf ihre Kosten nach Maßgabe der Anlage VIII in Verbindung mit Anlage VIIIa in regelmäßigen Zeitabständen untersuchen zu lassen. Ausgenommen sind

1.
Fahrzeuge mit rotem Kennzeichen nach den §§ 41 und 43 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung,
2.
Fahrzeuge der Bundeswehr und der Bundespolizei.
Über die Untersuchung der Fahrzeuge der Feuerwehren und des Katastrophenschutzes entscheiden die zuständigen obersten Landesbehörden im Einzelfall oder allgemein.

(2) Der Halter hat den Monat, in dem das Fahrzeug spätestens zur

1.
Hauptuntersuchung vorgeführt werden muss, durch eine Prüfplakette nach Anlage IX auf dem Kennzeichen nachzuweisen, es sei denn, es handelt sich um ein Kurzzeitkennzeichen oder Ausfuhrkennzeichen,
2.
Sicherheitsprüfung vorgeführt werden muss, durch eine Prüfmarke in Verbindung mit einem SP-Schild nach Anlage IXb nachzuweisen.
Prüfplaketten sind von der nach Landesrecht zuständigen Behörde oder den zur Durchführung von Hauptuntersuchungen berechtigten Personen zuzuteilen und auf dem hinteren amtlichen Kennzeichen dauerhaft und gegen Missbrauch gesichert anzubringen. Prüfplaketten in Verbindung mit Plakettenträgern sind von der nach Landesrecht zuständigen Behörde zuzuteilen und von dem Halter oder seinem Beauftragten auf dem hinteren amtlichen Kennzeichen dauerhaft und gegen Missbrauch gesichert anzubringen. Abgelaufene Prüfplaketten sowie gegebenenfalls vorhandene Plakettenträger sind vor Anbringung neuer Prüfplaketten oder neuer Prüfplaketten in Verbindung mit Plakettenträgern zu entfernen. Prüfmarken sind von der nach Landesrecht zuständigen Behörde zuzuteilen und von dem Halter oder seinem Beauftragten auf dem SP-Schild nach den Vorschriften der Anlage IXb anzubringen oder von den zur Durchführung von Hauptuntersuchungen oder Sicherheitsprüfungen berechtigten Personen zuzuteilen und von diesen nach den Vorschriften der Anlage IXb auf dem SP-Schild anzubringen. SP-Schilder dürfen von der nach Landesrecht zuständigen Behörde, von den zur Durchführung von Hauptuntersuchungen berechtigten Personen, dem Fahrzeughersteller, dem Halter oder seinem Beauftragten nach den Vorschriften der Anlage IXb angebracht werden.

(3) Eine Prüfplakette darf nur dann zugeteilt und angebracht werden, wenn die Vorschriften der Anlage VIII eingehalten sind. Durch die nach durchgeführter Hauptuntersuchung zugeteilte und angebrachte Prüfplakette wird bescheinigt, dass das Fahrzeug zum Zeitpunkt dieser Untersuchung vorschriftsmäßig nach Nummer 1.2 der Anlage VIII ist. Weist das Fahrzeug lediglich geringe Mängel auf, so kann abweichend von Satz 1 die Prüfplakette zugeteilt und angebracht werden, wenn die unverzügliche Beseitigung der Mängel zu erwarten ist.

(4) Eine Prüfmarke darf zugeteilt und angebracht werden, wenn das Fahrzeug nach Abschluss der Sicherheitsprüfung nach Maßgabe der Nummer 1.3 der Anlage VIII keine Mängel aufweist. Die Vorschriften von Nummer 2.6 der Anlage VIII bleiben unberührt.

(5) Der Halter hat dafür zu sorgen, dass sich die nach Absatz 3 angebrachte Prüfplakette und die nach Absatz 4 angebrachte Prüfmarke und das SP-Schild in ordnungsgemäßem Zustand befinden; sie dürfen weder verdeckt noch verschmutzt sein.

(6) Monat und Jahr des Ablaufs der Frist für die nächste

1.
Hauptuntersuchung müssen von demjenigen, der die Prüfplakette zugeteilt und angebracht hat,
a)
bei den im üblichen Zulassungsverfahren behandelten Fahrzeugen in der Zulassungsbescheinigung Teil I oder
b)
bei anderen Fahrzeugen auf dem nach § 4 Absatz 5 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung mitzuführenden oder aufzubewahrenden Nachweis in Verbindung mit dem Prüfstempel der untersuchenden Stelle oder dem HU-Code und der Kennnummer der untersuchenden Person oder Stelle,
2.
Sicherheitsprüfung müssen von demjenigen, der die Prüfmarke zugeteilt hat, im Prüfprotokoll
vermerkt werden.

(7) Die Prüfplakette und die Prüfmarke werden mit Ablauf des jeweils angegebenen Monats ungültig. Ihre Gültigkeit verlängert sich um einen Monat, wenn bei der Durchführung der Hauptuntersuchung oder Sicherheitsprüfung Mängel festgestellt werden, die vor der Zuteilung einer neuen Prüfplakette oder Prüfmarke zu beheben sind. Satz 2 gilt auch, wenn bei geringen Mängeln keine Prüfplakette nach Absatz 3 Satz 3 zugeteilt wird, und für Prüfmarken in den Fällen der Anlage VIII Nummer 2.4 Satz 6. Befindet sich an einem Fahrzeug, das mit einer Prüfplakette oder einer Prüfmarke in Verbindung mit einem SP-Schild versehen sein muss, keine gültige Prüfplakette oder keine gültige Prüfmarke, so kann die nach Landesrecht zuständige Behörde für die Zeit bis zur Anbringung der vorgenannten Nachweise den Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Verkehr untersagen oder beschränken. Die betroffene Person hat das Verbot oder die Beschränkung zu beachten.

(8) Einrichtungen aller Art, die zu Verwechslungen mit der in Anlage IX beschriebenen Prüfplakette oder der in Anlage IXb beschriebenen Prüfmarke in Verbindung mit dem SP-Schild Anlass geben können, dürfen an Kraftfahrzeugen und ihren Anhängern nicht angebracht sein.

(9) Der für die Durchführung von Hauptuntersuchungen oder Sicherheitsprüfungen Verantwortliche hat für Hauptuntersuchungen einen Untersuchungsbericht und für Sicherheitsprüfungen ein Prüfprotokoll nach Maßgabe der Anlage VIII zu erstellen und dem Fahrzeughalter oder seinem Beauftragten auszuhändigen.

(10) Der Halter hat den Untersuchungsbericht mindestens bis zur nächsten Hauptuntersuchung und das Prüfprotokoll mindestens bis zur nächsten Sicherheitsprüfung aufzubewahren. Der Halter oder sein Beauftragter hat den Untersuchungsbericht, bei Fahrzeugen, bei denen nach Nummer 2.1 Anlage VIII eine Sicherheitsprüfung durchzuführen ist, zusammen mit dem Prüfprotokoll, zuständigen Personen und der nach Landesrecht zuständigen Behörde auf deren Anforderung hin, auszuhändigen. Kann der letzte Untersuchungsbericht oder das letzte Prüfprotokoll nicht ausgehändigt werden, hat der Halter auf seine Kosten Zweitschriften von den prüfenden Stellen zu beschaffen oder eine Hauptuntersuchung oder eine Sicherheitsprüfung durchführen zu lassen. Die Sätze 2 und 3 gelten nicht für den Hauptuntersuchungsbericht bei der Fahrzeugzulassung, wenn die Fälligkeit der nächsten Hauptuntersuchung für die Zulassungsbehörde aus einem anderen amtlichen Dokument ersichtlich ist.

(1) Die Betriebserlaubnis ist zu erteilen, wenn das Fahrzeug den Vorschriften dieser Verordnung, den zu ihrer Ausführung erlassenen Anweisungen des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur und den Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 über Fahrtenschreiber im Straßenverkehr, zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates über das Kontrollgerät im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (ABl. L 60 vom 28.2.2014, S. 1; L 93 vom 9.4.2015, S. 103; L 246 vom 23.9.2015, S. 11), die durch die Verordnung (EU) 2020/1054 (ABl. L 249 vom 31.7.2020, S. 1) geändert worden ist, entspricht. Die Betriebserlaubnis ist ferner zu erteilen, wenn das Fahrzeug anstelle der Vorschriften dieser Verordnung die Einzelrechtsakte und Einzelregelungen in ihrer jeweils geltenden Fassung erfüllt, die

1.
in Anhang IV der Richtlinie 2007/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007 zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge (Rahmenrichtlinie) (ABl. L 263 vom 9.10.2007, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 2019/543 (ABl. L 95 vom 4.4.2019, S. 1) geändert worden ist, in der bis zum Ablauf des 31. August 2020 geltenden Fassung, oder
2.
in Anhang II der Verordnung (EU) 2018/858 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 über die Genehmigung und die Marktüberwachung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 715/2007 und (EG) Nr. 595/2009 und zur Aufhebung der Richtlinie 2007/46/EG (ABl. L 151 vom 14.6.2018, S. 1), oder
3.
in Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 167/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Februar 2013 über die Genehmigung und Marktüberwachung von land- und forstwirtschaftlichen Fahrzeugen (ABl. L 60 vom 2.3.2013, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/1694 (ABl. L 381 vom 13.11.2020, S. 4) geändert worden ist, oder
4.
in Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 168/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2013 über die Genehmigung und Marktüberwachung von zwei- oder dreirädrigen und vierrädrigen Fahrzeugen (ABl. L 60 vom 2.3.2013, S. 52; L 77 vom 23.3.2016, S. 65; L 64 vom 10.3.2017, S. 116), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/1694 (ABl. L 381 vom 13.11.2020, S. 4) geändert worden ist,
in ihrer jeweils geltenden Fassung genannt sind. Die in Satz 2 genannten Einzelrechtsakte und Einzelregelungen sind jeweils ab dem Zeitpunkt anzuwenden, zu dem sie in Kraft treten. Soweit in einer Einzelrichtlinie ihre verbindliche Anwendung vorgeschrieben ist, ist nur diese Einzelrichtlinie maßgeblich. Gehört ein Fahrzeug zu einem genehmigten Typ oder liegt eine Einzelbetriebserlaubnis nach dieser Verordnung oder eine Einzelgenehmigung nach § 13 der EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung vor, ist die Erteilung einer neuen Betriebserlaubnis nur zulässig, wenn die Betriebserlaubnis nach Absatz 2 Satz 2 erloschen ist.

(2) Die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs bleibt, wenn sie nicht ausdrücklich entzogen wird, bis zu seiner endgültigen Außerbetriebsetzung wirksam. Sie erlischt, wenn Änderungen vorgenommen werden, durch die

1.
die in der Betriebserlaubnis genehmigte Fahrzeugart geändert wird,
2.
eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern zu erwarten ist oder
3.
das Abgas- oder Geräuschverhalten verschlechtert wird.
Fahrzeughersteller, Importeure oder Gewerbetreibende dürfen keine Änderungen vornehmen oder vornehmen lassen, die nach Satz 2 zum Erlöschen der Betriebserlaubnis führen. Satz 3 gilt nicht, wenn unverzüglich eine Betriebserlaubnis nach § 21 für das Gesamtfahrzeug eingeholt wird. Sie erlischt ferner für Fahrzeuge der Bundeswehr, für die § 20 Absatz 3b oder § 21 Absatz 6 angewendet worden ist, sobald die Fahrzeuge nicht mehr für die Bundeswehr zugelassen sind. Für die Erteilung einer neuen Betriebserlaubnis gilt § 21 entsprechend. Besteht Anlass zur Annahme, dass die Betriebserlaubnis erloschen ist, kann die Verwaltungsbehörde zur Vorbereitung einer Entscheidung
1.
die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen, Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr oder eines Prüfingenieurs darüber, ob das Fahrzeug den Vorschriften dieser Verordnung entspricht, oder
2.
die Vorführung des Fahrzeugs
anordnen und wenn nötig mehrere solcher Anordnungen treffen; auch darf eine Prüfplakette nach Anlage IX nicht zugeteilt werden.

(2a) Die Betriebserlaubnis für Fahrzeuge, die nach ihrer Bauart speziell für militärische oder polizeiliche Zwecke sowie für Zwecke des Brandschutzes und des Katastrophenschutzes bestimmt sind, bleibt nur so lange wirksam, wie die Fahrzeuge für die Bundeswehr, die Bundespolizei, die Polizei, die Feuerwehr oder den Katastrophenschutz zugelassen oder eingesetzt werden. Für Fahrzeuge nach Satz 1 darf eine Betriebserlaubnis nach § 21 nur der Bundeswehr, der Bundespolizei, der Polizei, der Feuerwehr oder dem Katastrophenschutz erteilt werden; dies gilt auch, wenn die für die militärischen oder die polizeilichen Zwecke sowie die Zwecke des Brandschutzes und des Katastrophenschutzes vorhandene Ausstattung oder Ausrüstung entfernt, verändert oder unwirksam gemacht worden ist. Ausnahmen von Satz 2 für bestimmte Einsatzzwecke können gemäß § 70 genehmigt werden.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 erlischt die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs jedoch nicht, wenn bei Änderungen durch Ein- oder Anbau von Teilen

1.
für diese Teile
a)
eine Betriebserlaubnis nach § 22 oder eine Bauartgenehmigung nach § 22a erteilt worden ist oder
b)
der nachträgliche Ein- oder Anbau im Rahmen einer Betriebserlaubnis oder eines Nachtrags dazu für das Fahrzeug nach § 20 oder § 21 genehmigt worden ist
und die Wirksamkeit der Betriebserlaubnis, der Bauartgenehmigung oder der Genehmigung nicht von der Abnahme des Ein- oder Anbaus abhängig gemacht worden ist oder
2.
für diese Teile
a)
eine EWG-Betriebserlaubnis, eine EWG-Bauartgenehmigung oder eine EG-Typgenehmigung nach Europäischem Gemeinschaftsrecht oder
b)
eine Genehmigung nach Regelungen in der jeweiligen Fassung entsprechend dem Übereinkommen vom 20. März 1958 über die Annahme einheitlicher Bedingungen für die Genehmigung der Ausrüstungsgegenstände und Teile von Kraftfahrzeugen und über die gegenseitige Anerkennung der Genehmigung (BGBl. 1965 II S. 857, 858), soweit diese von der Bundesrepublik Deutschland angewendet werden,
erteilt worden ist und eventuelle Einschränkungen oder Einbauanweisungen beachtet sind oder
3.
die Wirksamkeit der Betriebserlaubnis, der Bauartgenehmigung oder der Genehmigung dieser Teile nach Nummer 1 Buchstabe a oder b von einer Abnahme des Ein- oder Anbaus abhängig gemacht ist und die Abnahme unverzüglich durchgeführt und nach § 22 Absatz 1 Satz 5, auch in Verbindung mit § 22a Absatz 1a, bestätigt worden ist oder
4.
für diese Teile
a)
die Identität mit einem Teil gegeben ist, für das ein Gutachten eines Technischen Dienstes nach Anlage XIX über die Vorschriftsmäßigkeit eines Fahrzeugs bei bestimmungsgemäßem Ein- oder Anbau dieser Teile (Teilegutachten) vorliegt,
b)
der im Gutachten angegebene Verwendungsbereich eingehalten wird und
c)
die Abnahme des Ein- oder Anbaus unverzüglich durch einen amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfer für den Kraftfahrzeugverkehr oder durch einen Kraftfahrzeugsachverständigen oder Angestellten nach Nummer 4 der Anlage VIIIb durchgeführt und der ordnungsgemäße Ein- oder Anbau entsprechend § 22 Absatz 1 Satz 5 bestätigt worden ist; § 22 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.
Werden bei Teilen nach Nummer 1 oder 2 in der Betriebserlaubnis, der Bauartgenehmigung oder der Genehmigung aufgeführte Einschränkungen oder Einbauanweisungen nicht eingehalten, erlischt die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs.

(4) Der Führer des Fahrzeugs hat in den Fällen

1.
des Absatzes 3 Nummer 1 den Abdruck oder die Ablichtung der betreffenden Betriebserlaubnis, Bauartgenehmigung, Genehmigung im Rahmen der Betriebserlaubnis oder eines Nachtrags dazu oder eines Auszugs dieser Erlaubnis oder Genehmigung, der die für die Verwendung wesentlichen Angaben enthält, und
2.
des Absatzes 3 Nummer 3 und 4 einen Nachweis nach einem vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur im Verkehrsblatt bekannt gemachten Muster über die Erlaubnis, die Genehmigung oder das Teilegutachten mit der Bestätigung des ordnungsgemäßen Ein- oder Anbaus sowie den zu beachtenden Beschränkungen oder Auflagen mitzuführen und zuständigen Personen auf Verlangen auszuhändigen. Satz 1 gilt nicht, wenn die Zulassungsbescheinigung Teil I, das Anhängerverzeichnis nach § 13 Absatz 2 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung oder ein nach § 4 Absatz 5 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung mitzuführender oder aufzubewahrender Nachweis einen entsprechenden Eintrag einschließlich zu beachtender Beschränkungen oder Auflagen enthält; anstelle der zu beachtenden Beschränkungen oder Auflagen kann auch ein Vermerk enthalten sein, dass diese in einer mitzuführenden Erlaubnis, Genehmigung oder einem mitzuführenden Nachweis aufgeführt sind. Die Pflicht zur Mitteilung von Änderungen nach § 15 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung bleibt unberührt.

(5) Ist die Betriebserlaubnis nach Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 2 erloschen, so darf das Fahrzeug nicht auf öffentlichen Straßen in Betrieb genommen werden oder dessen Inbetriebnahme durch den Halter angeordnet oder zugelassen werden. Ausnahmen von Satz 1 sind nur nach Maßgabe der Sätze 3 bis 6 zulässig. Ist die Betriebserlaubnis nach Absatz 2 Satz 2 erloschen, dürfen nur solche Fahrten durchgeführt werden, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erlangung einer neuen Betriebserlaubnis stehen. Am Fahrzeug sind die bisherigen Kennzeichen oder rote Kennzeichen zu führen. Die Sätze 3 und 4 gelten auch für Fahrten, die der amtlich anerkannte Sachverständige für den Kraftfahrzeugverkehr oder der Ersteller des Gutachtens des nach § 30 der EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung zur Prüfung von Gesamtfahrzeugen benannten Technischen Dienstes im Rahmen der Erstellung des Gutachtens durchführt. Kurzzeitkennzeichen dürfen nur nach Maßgabe des § 42 Absatz 6 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung verwendet werden.

(6) Werden an Fahrzeugen von Fahrzeugherstellern, die Inhaber einer Betriebserlaubnis für Typen sind, im Sinne des Absatzes 2 Teile verändert, so bleibt die Betriebserlaubnis wirksam, solange die Fahrzeuge ausschließlich zur Erprobung verwendet werden; insoweit ist auch keine Mitteilung an die Zulassungsbehörde erforderlich. Satz 1 gilt nur, wenn die Zulassungsbehörde im Fahrzeugschein bestätigt hat, dass ihr das Fahrzeug als Erprobungsfahrzeug gemeldet worden ist.

(7) Die Absätze 2 bis 6 gelten entsprechend für die EG-Typgenehmigung.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Gründe

1

Der zulässige Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 3. Kammer - vom 30. Oktober 2013 hat in der Sache keinen Erfolg.

2

Die Zulassung der Berufung rechtfertigt sich nicht wegen der gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung.

3

„Ernstliche Zweifel“ an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen nur dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Da gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO der Zulassungsgrund zudem in der gebotenen Weise darzulegen ist, erfordert dies, dass sich der Zulassungsantrag substantiiert inhaltlich mit den Gründen der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt und u. a. konkret ausgeführt wird, dass die erhobenen Einwände entscheidungserheblich sind (OVG LSA, Beschluss vom 3. Januar 2007 - 1 L 245/06 -, juris [m. w. N.]).

4

Hiernach begründet das Antragsvorbringen im vorbezeichneten Sinne keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit - des Ergebnisses - der angefochtenen Entscheidung.

5

Soweit der Beklagte geltend macht, die nach Nr. 3.2 der Anlage VIIIb (Anlage VIII Nr. 3.1 und 3.2) „Anerkennung von Überwachungsorganisationen“ zur StVZO erforderliche Zuverlässigkeit des zu Betrauenden könne nicht angenommen werden, weil „die in der hierzu erlassenen Richtlinie des Bundes näher konkretisierten Voraussetzungen der Zuverlässigkeit nicht gegeben“ seien, erschöpft sich das Antragsvorbringen in einer nicht weiter substantiierten Rechts- und Tatsachenbehauptung.

6

Soweit sich der Beklagte im Folgenden gegen die Annahme des Verwaltungsgerichtes dahingehend wendet, bei dem Kläger habe sich ein „Einstellungswandel“ vollzogen, tritt er den diesbezüglichen tragenden Erwägungen in der angefochtenen Entscheidung gleichfalls nicht mit schlüssigen Argumenten entgegen. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht - wie das Antragsvorbringen einfordert - eine Prognoseentscheidung auf einer entsprechenden Tatsachengrundlage getroffen. Entgegen dem Antragsvorbringen erscheint schon die Annahme des Verwaltungsgerichtes, der vorangegangene Widerruf seiner Betrauung habe bei dem Kläger zu nicht unerheblichen wirtschaftlichen Verlusten geführt und u. a. deshalb den gebotenen Einstellungswandel bewirkt, nicht gleichsam aus der Luft gegriffen, d. h. als „bloße Annahme“. Vielmehr hat der Kläger hierzu ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 30. Oktober 2013 entsprechende Ausführungen gemacht, denen der Beklagte hiernach auch nicht widersprochen hat. Darüber hinaus besteht auch kein Anlass zu der Annahme, der Widerruf der Betrauung sei für den Kläger wirtschaftlich ohne maßgebliche Relevanz oder gar folgenlos gewesen. Entsprechendes zeigt das Antragsvorbringen jedenfalls nicht plausibel auf. Ungeachtet dessen hat das Verwaltungsgericht seine Prognoseentscheidung auf weitere Tatsachen gestützt, denen die Antrags(begründungs)schrift ebenso wenig mit schlüssigen Argumenten entgegen tritt. Entgegen dem Antragsvorbringen hat das Verwaltungsgericht damit gerade nicht ohne die erforderliche Tatsachengrundlage dem Kläger bloß eine „zweite Chance“ eröffnen wollen.

7

Soweit der Beklagte überdies geltend macht, der Kläger gehöre „derzeit offensichtlich keiner Überwachungsorganisation im Sinne der Anlage VIIIb zur StVZO an“, werden damit keine ernstlichen Zweifel am Urteilergebnis schlüssig aufgezeigt. Die Beigeladene hat ihren an den Beklagten gerichteten Antrag vom 25. November 2011 weder zurückgenommen noch anderweitig für erledigt erklärt. Allein der Umstand, dass nicht die Beigeladene, sondern der Kläger den versagenden Bescheid des Beklagten anficht, rechtfertigt nicht für sich genommen die Annahme, die Beigeladene verzichte auf eine positive Bescheidung ihres Antrages. Hinzu kommt im gegebenen Fall, dass die Beigeladene den versagenden Bescheid des Beklagten dem Kläger überhaupt erst zugänglich gemacht hat und in Kenntnis des Rechtsmittels des Klägers auf einen eigenen Rechtsbehelf verzichtet haben könnte.

8

Im Übrigen zeigt das Antragsvorbringen nicht plausibel auf, dass es vorliegend darauf ankommt, dass der Kläger „derzeit“ keiner Überwachungsorganisation im Sinne der Anlage VIIIb zur StVZO angehört. Auch insofern erschöpft sich das Antragsvorbringen in einer bloßen Rechtsbehauptung. Unabhängig davon steht die vom Beklagten angeführte „Zustimmung auf Vorrat“ hier nicht ernstlich zu befürchten, weil die Zustimmung des Beklagten lediglich die Betrauung des Klägers als Prüfingenieur bei der Beigeladenen, und zwar durch diese ermöglicht. Sollte die Beigeladene keine Tätigkeit des Klägers bei ihr (mehr) wünschen, würde die lediglich darauf bezogene Zustimmung des Beklagten gegenstandslos werden.

9

Schließlich stellt das Antragsvorbringen die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichtes nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage, soweit der Beklagte auf Nr. 3.10 der Anlage VIIIb zur StVZO verweist und geltend macht, der Kläger sei zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung länger als zwei Jahre nicht mehr als zuverlässig anzusehen gewesen. Das Antragsvorbringen verkennt in diesem Zusammenhang bereits, dass das Verwaltungsgericht die Zuverlässigkeit des Klägers gerade bejaht hat. Ungeachtet dessen kann es für die Berechnung der Zwei-Jahres-Frist der Nr. 3.10 der Anlage VIIIb zur StVZO maßgeblich nicht auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ankommen. Denn anderenfalls hätte es die Anerkennungsbehörde durch schlichtes Zuwarten in der Hand, den Fristablauf herbeizuführen. Dies gilt umso mehr, als Nr. 3.10 der Anlage VIIIb zur StVZO alternativ darauf abstellt, dass die mit der Durchführung von HU oder SP betrauten Personen mehr als zwei Jahre keiner Technischen Prüfstelle oder Überwachungsorganisation angehören. Unabhängig vom Vorstehenden könnte angesichts der systematischen Stellung und ihres Wortlautes Einiges dafür sprechen, dass Nr. 3.10 der Anlage VIIIb zur StVZO anders als die Nr. 3.1 bis 3.7 der Anlage VIIIb zur StVZO keine Voraussetzung für die - Zustimmung zur - Betrauung als Prüfingenieur darstellt.

10

Auf die Antragserwiderung des Klägers mit anwaltlichem Schriftsatz vom 30. Januar 2014 kam es nach alledem hier nicht mehr entscheidungserheblich an.

11

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

12

Die Entscheidung über die Festsetzung der Höhe des Streitwertes für das Zulassungsverfahren beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG in der seit dem 1. August 2013 geltenden Fassung (§ 40 GKG). Der Senat folgt insoweit der Streitwertbemessung durch das Verwaltungsgericht in dessen Beschluss vom 30. Oktober 2013.

13

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 124a Abs. 5 Satz 4, 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Betrauung mit den Aufgaben eines Prüfingenieurs nach der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO).

2

Die Beklagte ist eine nach dieser Verordnung anerkannte Überwachungsorganisation in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie schloss mit dem Kläger ab 1997 mehrfach Partnerschafts- und andere Verträge über eine Zusammenarbeit und betraute ihn - mit Zustimmung der jeweiligen Aufsichtsbehörde des Landes - als Prüfingenieur mit Fahrzeuguntersuchungen in den Ländern Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg. Nachdem die Beklagte Informationen erhalten hatte, dass es beim Kläger im Rahmen seiner Gutachtertätigkeit zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei, widerrief sie dessen Betrauung mit Bescheid vom 1. Februar 2008 wegen Unzuverlässigkeit und kündigte später auch den mit ihm geschlossenen Partnerschaftsvertrag.

3

Nach erfolglosem Vorverfahren hat das Verwaltungsgericht den Widerrufsbescheid mit Urteil vom 7. Dezember 2009 aufgehoben. Zum Widerruf nach § 49 VwVfG sei nicht die Beklagte, sondern die jeweilige Aufsichtsbehörde befugt. Wenn man dies anders sehe, fehle jedenfalls die erforderliche Zustimmung der Aufsichtsbehörde.

4

Das Oberverwaltungsgericht hat diese Entscheidung mit Urteil vom 28. Juni 2010 aufgehoben und die Sache an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen. Zuständig für den Widerruf sei nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen die Behörde, die für die Betrauung zuständig sei, hier die Beklagte. Etwas anderes ergebe sich weder aus § 68 StVZO, der durch die speziellere Regelung in Nr. 3 der Anlage VIIIb zu § 29 StVZO verdrängt werde, noch aus Nr. 5 dieser Anlage, der nur den Widerruf der Bestellung des technischen Leiters der Überwachungsorganisation und seines Vertreters regele. Nach dem Zweck des Beteiligungsrechts bedürfe der Widerruf, anders als die ursprüngliche Betrauung, auch nicht der Zustimmung durch die Aufsichtsbehörde. Abgesehen davon hätten die zuständigen Ministerien nachträglich zugestimmt. Das Verwaltungsgericht, das den Widerruf zu Unrecht aus formalen Gründen aufgehoben habe, müsse daher in tatsächlicher Hinsicht klären, ob die Vorwürfe gegen den Kläger zuträfen.

5

Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Auffassung weiter, eine Überwachungsorganisation wie die Beklagte sei für den Widerruf der Betrauung nicht zuständig. Dies hätte ausdrücklich geregelt werden müssen; der vom Oberverwaltungsgericht herangezogene allgemeine Grundsatz genüge nicht. Eine Zuständigkeitsbestimmung zugunsten der Überwachungsorganisation fehle aber sowohl im Verwaltungsverfahrensgesetz wie in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung. Deren Anlage VIIIb regele die Befugnis zum Widerruf nur für den technischen Leiter der Organisation, nicht aber für Prüfingenieure. Der Verordnungsgeber verfolge nicht die vom Berufungsgericht angenommene Absicht, die rechtlichen Beziehungen zwischen den Organisationen und ihren Prüfingenieuren von unmittelbarer staatlicher Einflussnahme frei zu halten. Unzutreffend sei auch die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, es sei keine Zustimmung erforderlich. Der Widerruf sei in dieser Hinsicht genauso zu behandeln wie die Betrauung, bei der die Anerkennungsbehörde ihre Zustimmung erteilen müsse. Der Mangel fehlender ursprünglicher Zustimmung habe nicht durch ihre nachträgliche Erteilung geheilt werden können.

6

Der Vertreter des Bundesinteresses hält das angegriffene Urteil für zutreffend und weist darauf hin, dass die Beklagte als Beliehene selbst Behörde sei und die von ihr erlassenen Verwaltungsakte im Rahmen des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts widerrufen könne. Der Widerruf sei nicht an die Zustimmung der Anerkennungsbehörde gebunden. Daran ändere nichts, dass die Betrauung für den Kläger positiv, der Widerruf hingegen negativ sei. Zweck der Zustimmung sei nicht der Schutz der Prüfer vor wirtschaftlichen Nachteilen, sondern die Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung. Der Verordnungsgeber habe die Kontroll- und Eingriffsbefugnisse der Aufsichtsbehörde für ausreichend erachtet und deshalb kein Zustimmungserfordernis für den Entzug der Betrauung vorgesehen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsurteil beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

8

Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte für den Widerruf zuständig war (1.) und dass sie dabei keiner Zustimmung einer übergeordneten Behörde bedurfte (2.).

9

Die Ermächtigungsgrundlage für den Widerruf einer Betrauung mit den Aufgaben eines Prüfingenieurs nach der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung ist dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes zu entnehmen, dessen Behörde den Widerruf verfügt hat (§ 1 Abs. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes). Die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, auf deren Grundlage die Betrauung ausgesprochen wird, enthält insofern keine Sonderregelung. Die Anlage VIIIb zur Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (BGBl I 2002 S. 3580) in der bei Erlass des Widerspruchsbescheides geltenden Fassung vom 25. September 2008 (BGBl I S. 1878) regelt lediglich materielle Voraussetzungen für den Widerruf der Bestellung des technischen Leiters der Überwachungsorganisation und seines Vertreters (Nr. 5) sowie für den Widerruf der Anerkennung der Überwachungsorganisation selbst (Nr. 8). Sie setzt damit erkennbar voraus, dass der Widerruf seine materiell-rechtliche Grundlage im allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht findet.

10

Dementsprechend ist der Widerruf wegen Unzuverlässigkeit eines Prüfingenieurs auf das Verwaltungsverfahrensrecht desjenigen Landes zu stützen, für das die Überwachungsorganisation gehandelt hat. Das sind hier die Länder Hessen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, für welche die Beklagte als dort anerkannte Überwachungsorganisation den Kläger mit der Durchführung der Aufgaben eines Prüfingenieurs betraut hatte. Einschlägig ist damit § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der hessischen und baden-württembergischen Verwaltungsverfahrensgesetze sowie für Rheinland-Pfalz die entsprechende Bestimmung des Bundes, auf die § 1 des dortigen Landesverwaltungsverfahrensgesetzes verweist. Diese Vorschriften sind gemäß § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO revisibel, weil sie im Wortlaut mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmen. Die im Revisionsverfahren zu klärende Frage entscheidet sich aber nach Maßgabe der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, also nach Bundesrecht.

11

1. Die Beklagte war für den Widerruf sachlich zuständig.

12

a) Die Zuständigkeit für den Widerruf eines Verwaltungsaktes richtet sich in erster Linie nach den Zuständigkeitsregelungen des anzuwendenden Fachrechts. Lässt sich diesem keine hinreichend klare Aussage entnehmen, ist auf allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Grundsätze zurückzugreifen. Danach hat über die Aufhebung eines Verwaltungsaktes diejenige Behörde zu befinden, die zum Zeitpunkt der Aufhebungsentscheidung für den Erlass des aufzuhebenden Verwaltungsaktes sachlich zuständig wäre (stRspr, vgl. Urteile vom 20. Dezember 1999 - BVerwG 7 C 42.98 - BVerwGE 110, 226 = juris Rn. 14, 16 = Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 97 und vom 18. April 1991 - BVerwG 6 C 20.89 - BVerwGE 88, 130 <133> m.w.N.).

13

b) Für die in Rede stehende Betrauung enthalten weder das Verwaltungsverfahrensrecht der Länder noch das Straßenverkehrsrecht des Bundes eine ausdrückliche Zuständigkeitsregelung. Allerdings lässt sich dem Regelungskomplex über die Anerkennung von Überwachungsorganisationen nach der genannten Anlage VIIIb zur Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung hinreichend klar entnehmen, dass der Erlass eines Verwaltungsaktes nach dieser Anlage und dessen Widerruf grundsätzlich in derselben Hand liegen sollen. Dies wird in den Widerrufsbestimmungen der Anlage deutlich. Nr. 5 Satz 5 setzt als selbstverständlich voraus, dass die Bestellung des technischen Leiters und seines Vertreters von derjenigen Überwachungsorganisation zu widerrufen ist, die diese Personen bestellt hat. Im gleichen Sinne bestimmt Nr. 8 der Anlage sogar ausdrücklich die Zuständigkeit der Anerkennungsbehörde für den Widerruf einer von ihr ausgesprochenen Anerkennung. Das entspricht nicht nur dem in der Rechtsprechung entwickelten Grundsatz, sondern vor allem der Regelungsabsicht der Verordnung, die rechtlichen Beziehungen zwischen den Überwachungsorganisationen und ihren Prüfingenieuren von direkter staatlicher Einflussnahme so weit wie möglich frei zu halten. Das Berufungsgericht hat es zu Recht als Beleg dieser Absicht angesehen, dass die Befugnisse gegenüber den Prüfingenieuren bei dem technischen Leiter der Überwachungsorganisationen konzentriert sind und sich die Anerkennungsbehörde auf Befugnisse im Verhältnis zur Organisation beschränken muss. Dieses Verständnis entspricht auch der in den Erläuterungen der Anerkennungsrichtlinie für Überwachungsorganisationen des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Wohnungswesen vom 5. Juni 2009 (VkBl S. 364) zum Ausdruck kommenden Verwaltungspraxis.

14

2. Die Anerkennungsbehörden der Länder mussten dem Widerruf nicht zustimmen. Es bedarf daher keiner Erörterung, ob nach dem Rechtsgedanken des § 184 BGB nachträgliche Zustimmungen - die hier erteilt wurden - möglich sind oder ob der Mangel fehlender vorheriger Zustimmung geheilt werden könnte (vgl. § 45 Abs. 1 Nr. 5 VwVfG).

15

Die Anlage VIIIb begründet Zustimmungserfordernisse durch die zuständige Anerkennungsbehörde (Nr. 1 der Anlage) als Voraussetzung nur für die Betrauung von Prüfingenieuren mit bestimmten Untersuchungen und Abnahmen (Nr. 3.7 und Nr. 4.1.3). Daraus lässt sich nicht folgern, dass Entsprechendes für den Widerruf als actus contrarius gelten müsse, wie der Kläger meint. Für andere als die ausdrücklich vorgesehenen Fälle ließe sich ein Zustimmungserfordernis nur durch erweiternde Auslegung oder Analogie rechtfertigen. Dafür besteht kein Anlass. Die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung verfolgt nicht die Absicht, den Anerkennungsbehörden ein umfassendes Mitwirkungsrecht bei Betrauungen einzuräumen. Das ergibt sich schon aus der genannten Intention, die staatliche Einflussnahme auf die Rechtsbeziehungen zwischen Überwachungsorganisationen und ihren Ingenieuren auf das Notwendige zu beschränken. Demgemäß sieht die Anlage VIIIb sogar dort, wo sie einen Widerruf durch die Überwachungsorganisation regelt, kein Zustimmungserfordernis vor (vgl. Nr. 5). Vor allem aber gebietet der Zweck der Zustimmung keine Mitwirkung am Widerruf von Betrauungen, wie das Berufungsgericht zutreffend herausstellt. Das Zustimmungserfordernis bei der Betrauung soll eine staatliche Überprüfung der Eignung und Zuverlässigkeit solcher Personen ermöglichen, die als Prüfingenieure mit Außenwirkung hoheitlich tätig werden. Entfällt diese Tätigkeit - etwa durch den Widerruf der Betrauung -, so besteht kein gleichartiges staatliches Interesse; denn dieses wird durch die Gemeinwohlbelange einer funktionierenden Fahrzeugüberwachung begründet und nicht durch private Interessen des betrauten Prüfingenieurs an einer Kontrolle der Überwachungsorganisation. Daher lässt sich eine umfassende Mitwirkung der Anerkennungsbehörde nicht dadurch rechtfertigen, dass ein Prüfingenieur durch den Widerruf in seiner beruflichen Sphäre beeinträchtigt wird. Insofern gilt nichts anderes als bei der Ablehnung einer erstrebten Betrauung, für die ebenfalls kein Zustimmungserfordernis vorgesehen ist.

16

3. Das Berufungsgericht war auch gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zur Zurückverweisung berechtigt.

17

Nach dieser Vorschrift darf das Berufungsgericht zurückverweisen, wenn das Verwaltungsgericht noch nicht in der Sache selbst entschieden hat. Unmittelbar werden damit Fälle erfasst, in denen das Verwaltungsgericht keine Sachentscheidung über einen Streitgegenstandsteil getroffen hat, sei es, dass das Gericht ein Prozessurteil erlassen oder aus anderen Gründen (wie Fehldeutung des Klageziels) das Klagebegehren nicht oder nur teilweise beschieden hat (z.B. Happ, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 130 Rn. 12 m.w.N.).

18

Um einen solchen Fall handelt es sich hier nicht. Das Verwaltungsgericht hat das Begehren - Aufhebung des Widerrufsbescheides und des dazu ergangenen Widerspruchsbescheides - in der Sache beschieden, den Widerrufsbescheid allerdings wegen angenommener formeller Rechtswidrigkeit der Widerrufsentscheidung aufgehoben. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist freilich eine sinngemäße Anwendung des § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO anerkannt, wenn das Verwaltungsgericht zum eigentlichen Gegenstand des Streites deshalb nicht vorgedrungen ist, weil es in einer rechtlichen Vorfrage die Weiche falsch gestellt und sich infolgedessen den Zugang zum Kern des Streites versperrt hat (Urteil vom 26. Mai 1971 - BVerwG 6 C 39.68 - BVerwGE 38, 139 <146> = Buchholz 232 § 86 BBG Nr. 3; Beschluss vom 27. November 1981 - BVerwG 8 B 189.81 - NVwZ 1982, 500 = Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 44). In einem solchen Fall überschreitet die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, die Sache zurückzuverweisen, statt gemäß § 130 Abs. 1 VwGO selbst aufzuklären und in der Sache zu entscheiden, jedenfalls dann in der Regel nicht die Grenzen des in § 130 Abs. 2 VwGO eingeräumten Ermessens, wenn die Beteiligten, wie hier, die Zurückverweisung übereinstimmend beantragt haben.

19

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass es auf das Vorliegen von Widerrufsgründen nicht ankommen dürfte, wenn der Kläger der Organisation der Beklagten im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt bereits nicht mehr angehört haben sollte. In diesem Falle dürfte sich die Betrauung erledigt haben (§ 43 Abs. 2 VwVfG), weil die mit ihr verbundenen Aufgaben ausschließlich von in eine anerkannte Überwachungsorganisation eingebundenen Personen wahrgenommen werden dürfen (Nr. 3 der Anlage VIIIb). Einem Widerruf käme in einem solchen Fall lediglich klarstellende Bedeutung zu.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine erweiterte Gewerbeuntersagung bei nachfolgender Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

2

Mit Bescheid vom 17. September 2010, zugestellt am 21. September 2010, untersagte das Landratsamt Rottal-Inn dem Kläger unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1 500 € die Ausübung des zuletzt gemeldeten Gewerbes "Handel und Montage von Bauelementen", die Gewerbeausübung generell sowie die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden und die Tätigkeit als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person zum 21. Oktober 2010 und ordnete an, innerhalb dieser Frist die gewerbliche Tätigkeit einzustellen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger sei unzuverlässig im Sinne des § 35 Abs. 1 GewO, weil er angesichts aufgelaufener Rückstände von Steuern von ca. 5 000 € und nicht abgeführter Sozialversicherungsbeiträge von ca. 845 € wegen seiner wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit nicht die Gewähr für eine ordnungsgemäße Betriebsführung biete.

3

Mit Beschluss vom 23. September 2010 ordnete das Amtsgericht Landshut - Insolvenzgericht - auf Antrag eines Sozialversicherungsträgers die vorläufige Insolvenzverwaltung zur Sicherung des Schuldnervermögens vor nachteiligen Veränderungen an; außerdem bestellte es einen vorläufigen Insolvenzverwalter und ordnete an, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (§ 21 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Alt. 2 InsO). Das Insolvenzverfahren wurde vom Insolvenzgericht am 11. November 2010 eröffnet.

4

Dem Antrag des Klägers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner gegen die Untersagungsverfügung vom 17. September 2010 erhobenen Klage gab der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 14. Februar 2011 statt.

5

Mit Urteil vom 22. November 2012 hat das Verwaltungsgericht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 17. September 2010 abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 27. Januar 2014 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers hindere eine gerichtliche Entscheidung hinsichtlich der Gewerbeuntersagung nicht, weil der Prozess nicht gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 240 Satz 1 ZPO unterbrochen worden sei. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Gewerbeuntersagung sowie der erweiterten Gewerbeuntersagung seien zum maßgeblichen Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Bescheides mit dessen Zugang am 21. September 2010 erfüllt. Auch die Ermessenserwägungen der Behörde hinsichtlich der erweiterten Gewerbeuntersagung hielten der gerichtlichen Prüfung stand. Es sei ohne Einfluss auf den maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers und der Rechtmäßigkeit der erweiterten Gewerbeuntersagung, dass über das Vermögen des Klägers mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 23. September 2010 die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet worden sei, nachdem der Bescheid am 21. September 2010 bereits wirksam, wenn auch noch nicht bestandskräftig geworden und ferner die im Bescheid gewährte Frist (21. Oktober 2010) noch nicht abgelaufen gewesen sei, bis zu der die gewerbliche Betätigung habe eingestellt werden müssen, und dass das Insolvenzgericht am 11. November 2010 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschlossen gehabt habe. Die von § 12 GewO ausgehende Sperrwirkung für die Anwendung des § 35 Abs. 1 GewO komme daher vorliegend nicht zum Tragen.

6

Zur Begründung seiner dagegen eingelegten Revision trägt der Kläger im Wesentlichen vor, seit der Anordnung vorläufiger Maßnahmen des Insolvenzgerichts und der späteren Eröffnung des Insolvenzverfahrens stehe § 12 GewO der Gewerbeuntersagung entgegen und mache damit den angefochtenen Bescheid, an dem der Beklagte festhalte, rechtswidrig.

7

Er beantragt,

die Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 22. November 2012 und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Januar 2014 zu ändern und den Bescheid des Landratsamtes Rottal-Inn vom 17. September 2010 aufzuheben.

8

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Er verteidigt die Gründe des Berufungsurteils.

10

Der Beteiligte stellt keinen Antrag.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil zu Recht zurückgewiesen. Der Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

12

1. Zu Recht hat das Berufungsgericht das gerichtliche Verfahren im Hinblick auf das eröffnete Insolvenzverfahren nicht gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 240 Satz 1 ZPO ausgesetzt. Eine Unterbrechung des Verfahrens nach § 240 Satz 1 ZPO setzt voraus, dass der Streitgegenstand "die Insolvenzmasse betrifft". Dies ist hier nicht der Fall. Die angefochtene Gewerbeuntersagung knüpft an in der Person des Klägers liegende Unzuverlässigkeitstatbestände an und entzieht ihm als Person die Befugnis, bestimmten beruflichen Tätigkeiten nachzugehen. Sie betrifft das berufliche Betätigungsrecht des Gewerbetreibenden. Dieses personenbezogene Recht gehört nicht zur Insolvenzmasse. Denn sie umfasst gemäß § 35 Abs. 1 Insolvenzordnung (InsO) vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2866) zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 31. August 2013 (BGBl. I S. 3533) allein das dem Gemeinschuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehörende und das während des Verfahrens erlangte Vermögen (BVerwG, Beschluss vom 18. Januar 2006 - 6 C 21.05 - Buchholz 310 § 134 VwGO Nr. 53). Das personenbezogene Recht zur Gewerbeausübung, das aus § 1 Gewerbeordnung (GewO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Februar 1999 (BGBl. I S. 202) zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 15. April 2015 (BGBl. I S. 583) folgt, zählt dazu nicht. Dementsprechend unterliegt es auch nicht der Verwaltungsbefugnis des Insolvenzverwalters.

13

2. Die Tatbestandsvoraussetzungen der vom Beklagten nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO verfügten Gewerbeuntersagung sowie der erweiterten Gewerbeuntersagung (§ 35 Abs. 1 Satz 2 GewO) lagen zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Wirksamwerdens des angefochtenen Bescheides am 21. September 2010 vor.

14

a) Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist die Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutz der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. Tatsächliche Anhaltspunkte für eine solche Unzuverlässigkeit bestehen bei einem Gewerbetreibenden mit erheblichen Steuerrückständen sowie Zahlungsrückständen bei den Trägern der Sozialversicherung oder bei Straftaten im Zusammenhang mit der gewerblichen Betätigung. Überschuldung und wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit begründen grundsätzlich die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 5. August 1965 - 1 C 69.62 - BVerwGE 22, 16). Im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs muss von einem Gewerbetreibenden erwartet werden, dass er bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit ohne Rücksicht auf die Ursachen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten seinen Gewerbebetrieb aufgibt. Dieser Grund entfällt nur dann, wenn der Gewerbetreibende zahlungswillig ist und trotz seiner Schulden nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept arbeitet (BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1 <4>).

15

Für die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden und der Rechtmäßigkeit einer Gewerbeuntersagung kommt es nicht darauf an, wie sich die tatsächlichen Verhältnisse nach Abschluss des behördlichen Untersagungsverfahrens weiterentwickelt haben. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass seit Inkrafttreten der Neufassung des § 35 Abs. 6 GewO am 1. Mai 1974 eine deutliche Trennung zwischen dem Untersagungsverfahren einerseits und dem Wiedergestattungsverfahren andererseits besteht. Ist ein Gewerbe wirksam untersagt worden, hat die Behörde nicht mehr zu prüfen, ob die Untersagungsgründe die ergangene Gewerbeuntersagung weiterhin tragen. Haben sich die tatsächlichen Umstände geändert, muss die Initiative zur Wiederzulassung nach § 35 Abs. 6 GewO vom Gewerbetreibenden ausgehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1 <2 ff.>; Beschlüsse vom 15. Februar 1995 - 1 B 19.95 - Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 58 = GewArch 1995, 200 und vom 9. April 1997 - 1 B 81.97 - Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 67).

16

In diesem Sinne war der Kläger zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens (Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG) des angefochtenen Bescheides am 21. September 2010 und damit zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung im Gewerbeuntersagungsverfahren unzuverlässig. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, gegen die durchgreifende Verfahrensrügen nicht erhoben worden sind, hatte der Kläger damals Steuerrückstände von 5 013 € und schuldete zudem der AOK seit über einem Jahr Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 845 €. Ferner hatte er am 21. Dezember 2009 die eidesstattliche Versicherung nach § 807 ZPO a.F. abgegeben, wobei sich dem zugehörigen Protokoll weitere Schulden des Klägers von mehr als 12 000 DM entnehmen ließen. Die Verletzung seiner Pflichten zur Zahlung der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge beruhte angesichts seiner Vermögensverhältnisse maßgeblich auf fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, nicht auf einer in der Person begründeten Unzuverlässigkeit. Gegenüber dem Beklagten hatte er sich selbst als mittellos bezeichnet. Irgendein Konzept zum Abbau seiner Schulden hatte der Kläger nicht entwickelt.

17

b) Revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Voraussetzungen für die erweiterte Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung vorlagen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass insoweit Tatsachen vorliegen müssen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf die "Ausweichtätigkeit" dartun ("gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit"). Diese sind bei steuerlichen Pflichtverletzungen und bei ungeordneten Vermögensverhältnissen gegeben. Außerdem muss die erweiterte Gewerbeuntersagung erforderlich sein, weil eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für ein Ausweichen des Gewerbetreibenden vorliegt. Dabei folgt die Wahrscheinlichkeit der anderweitigen Gewerbeausübung schon daraus, dass der Gewerbetreibende trotz Unzuverlässigkeit an seiner gewerblichen Tätigkeit festgehalten hat, wodurch er regelmäßig seinen Willen bekundet hat, sich auf jeden Fall gewerblich zu betätigen. Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist unter dem Gesichtspunkt wahrscheinlicher anderweitiger Gewerbeausübung schon dann zulässig, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Gewerbetreibende das andere Gewerbe in Zukunft ausübt, eine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge also ausscheidet (BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 C 17.79 - BVerwGE 65, 9 <11>; Beschluss vom 11. September 1992 - 1 B 131.92 - GewArch 1995, 116).

18

Auch die Annahme des Berufungsgerichts, dass die im angefochtenen Bescheid getroffenen Ermessenserwägungen der Behörde nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO rechtsfehlerfrei sind, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Ist ein Gewerbetreibender in Bezug auf andere - nicht ausgeübte - gewerbliche Betätigungen unzuverlässig und ist die Untersagung auch hinsichtlich dieser Betätigungen erforderlich, so ist eine Ermessensentscheidung, die von der Möglichkeit der erweiterten Gewerbeuntersagung Gebrauch macht, nicht rechtswidrig, wenn der Verwaltungsentscheidung zumindest konkludent die maßgebliche Erwägung entnommen werden kann, die anderweitige Gewerbeausübung sei so wahrscheinlich, dass sich die Untersagung auch darauf erstrecken soll (BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 C 17.79 - BVerwGE 65, 9 <11>). Eine Ermessenserwägung dieser Art lässt sich der angefochtenen Untersagungsverfügung entnehmen.

19

c) An der Maßgeblichkeit des Zeitpunkts des Erlasses des angefochtenen Bescheides (hier: 21. September 2010) für die Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers und der Rechtmäßigkeit der Untersagung des ausgeübten Gewerbes sowie der erweiterten Gewerbeuntersagung ändert sich auch nichts dadurch, dass die dem Kläger im angefochtenen Bescheid gewährte Frist (21. Oktober 2010) noch nicht abgelaufen war, bis zu der die gewerbliche Betätigung eingestellt werden musste. Bis zum Ablauf der von der Gewerbeuntersagungsbehörde gesetzten Frist darf der Gewerbetreibende zwar noch gewerblich tätig sein, um Abwicklungsarbeiten vorzunehmen und die Einstellung des Geschäftsbetriebs vorzubereiten. Die Auslauffrist hebt die Wirksamkeit der bereits ergangenen Untersagungsverfügung aber nicht auf, sondern ist deren fester Bestandteil.

20

3. Der angefochtene Bescheid ist auch nicht nachträglich nach § 12 Satz 1 GewO rechtswidrig geworden.

21

Für die Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers und der Rechtmäßigkeit der Untersagung des ausgeübten Gewerbes sowie der erweiterten Gewerbeuntersagung war ohne Bedeutung, dass nach dem Wirksamwerden des angefochtenen Untersagungsbescheides am 21. September 2010 über das Vermögen des Klägers durch Beschluss des Amtsgerichts Landshut - Insolvenzgericht - vom 23. September 2010 zur Sicherung des Schuldnervermögens vor nachteiligen Veränderungen die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet, ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und die Anordnung getroffen wurde, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (§ 21 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Alt. 2 InsO). Gleiches gilt für den Umstand, dass das Insolvenzgericht am 11. November 2010 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschlossen hat.

22

Nach § 12 Satz 1 GewO sind u.a. Vorschriften zur Untersagung des Gewerbes bei einer auf ungeordneten Vermögensverhältnissen beruhenden Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden während eines Insolvenzverfahrens, während der Zeit, in der Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO angeordnet sind, und während der Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans nicht anzuwenden in Bezug auf das Gewerbe, das zur Zeit des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeübt wurde. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat zu Recht angenommen, dass § 12 Satz 1 GewO die aus § 35 Abs. 6 GewO folgende Vorverlegung des für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Dauerverwaltungsakts "Untersagung der Gewerbeausübung" maßgeblichen Zeitpunkts auf die letzte Verwaltungsentscheidung unberührt lässt. Ein Insolvenzverfahren, das - wie hier - erst nach Abschluss des Gewerbeuntersagungsverfahrens eröffnet wurde, ist daher ohne Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Untersagung des Gewerbes wegen einer auf ungeordnete Vermögensverhältnisse zurückzuführenden Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden.

23

Der Wortlaut ist insoweit zwar nicht zwingend. § 12 Satz 1 GewO verbietet für die Dauer des Insolvenzverfahrens nicht die Maßnahme der Untersagung eines Gewerbes selbst, sondern die Anwendung entsprechender Vorschriften. Mit Blick auf die nicht nur von den Behörden, sondern auch von den Gerichten vorzunehmende Subsumtion kann von einer Anwendung der Untersagungsvorschriften auch im gerichtlichen Verfahren gesprochen werden. Daher schließt nicht bereits der Wortsinn die Annahme aus, dass auch ein erst nach Abschluss des Gewerbeuntersagungsverfahrens eröffnetes Insolvenzverfahren nachträglich die im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Rechtswidrigkeit einer auf ungeordnete Vermögensverhältnisse gestützten Gewerbeuntersagung auslöst (vgl. Hahn, GewArch 2000, 361, <365 f.>). Allerdings liegt eine solche Auslegung schon deshalb nicht nahe, weil die gerichtliche Subsumtion in die im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes zu leistende Kontrolle der Rechtsanwendung durch die Behörden eingebunden ist. Entscheidend gegen die Annahme eines erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens entstehenden Anwendungsverbots spricht jedoch die im Gesetz angelegte systematische Trennung zwischen Untersagungs- und Wiedergestattungsverfahren. Nach dem Regelungszusammenhang von § 35 Abs. 1 und 6 GewO sind nach Abschluss des behördlichen Untersagungsverfahrens eintretende Änderungen der Verhältnisse allein im Rahmen der Entscheidung über einen Antrag auf Wiedergestattung zu prüfen und zu berücksichtigen. Die Vorschrift des § 12 Satz 1 GewO lässt die Anwendbarkeit des § 35 Abs. 6 GewO und die grundsätzliche systematische Trennung unberührt. Sie erfasst § 35 Abs. 6 GewO schon deshalb nicht, weil es sich dabei um keine Vorschrift handelt, "welche die Untersagung eines Gewerbes... ermöglicht". Eine Berücksichtigung nach Abschluss des behördlichen Untersagungsverfahrens eingetretener neuer Umstände würde die in § 35 Abs. 1 und 6 GewO normierte Systematik von Untersagungs- und Wiedergestattungsverfahren durchbrechen.

24

Sinn und Zweck des § 12 Satz 1 GewO stehen dieser Auslegung nicht entgegen. Die Vorschrift verfolgt den Zweck, einen Konflikt mit den Zielen des Insolvenzverfahrens zu vermeiden und insbesondere die Möglichkeit einer Sanierung des insolventen Unternehmens nicht durch eine Gewerbeuntersagung zu vereiteln (vgl. dazu vor allem die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 12 Satz 1 GewO, BT-Drs. 12/3803, S. 103 f.). Ohne die Regelung in § 12 Satz 1 GewO könnte zum Beispiel einem Beschluss der Gläubigerversammlung gemäß § 157 InsO, das Unternehmen vorläufig fortzuführen, durch eine Untersagungsverfügung und ihre Vollziehung die Grundlage entzogen werden. Ebenso könnten ohne die von § 12 Satz 1 GewO ausgelöste Sperrwirkung die Aufstellung und Durchführung eines Insolvenzplanes nach §§ 217 ff. InsO gefährdet oder gar verhindert werden. Um diese Folgen auszuschließen, ordnet die Vorschrift an, dass die Untersagungsbehörde ab Beginn der in § 12 Satz 1 GewO abschließend bestimmten Zeiträume § 35 Abs. 1 GewO nicht mehr anwenden darf, soweit die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden auf ungeordneten Vermögensverhältnissen beruht. Auch im Hinblick auf die Interessen am Schutz des Geschäftsverkehrs vor den Gefahren, die von einem insolventen und deshalb gewerberechtlich unzuverlässigen Gewerbetreibenden ausgehen, erschien dies, wie insbesondere die Entstehungsgeschichte der Regelung ausweist, dem Gesetzgeber vertretbar. Der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter kompensiert das Gefährdungspotential, das von der weiteren Ausübung des Gewerbes des insolventen Gemeinschuldners ausgeht. Neue Vertragspartner des Gewerbetreibenden können aufgrund der Vorschriften des Insolvenzrechts über die Einsetzung eines Insolvenzverwalters und dessen die Direktionsrechte des insolventen Gewerbetreibenden ersetzenden Befugnisse, den Vorrang der Masseverbindlichkeiten und die Aufsicht des Insolvenzgerichts geschützt werden. Vorläufige Anordnungen des Insolvenzgerichts nach § 21 InsO dienen dem gleichen Ziel, wenn auch mit unterschiedlichen Schutzwirkungen für den Geschäftsverkehr.

25

Das an die Behörden gerichtete Verbot des Erlasses von Untersagungsverfügungen wegen ungeordneter Vermögensverhältnisse des Gewerbetreibenden während eines parallel zum Gewerbeuntersagungsverfahren laufenden Insolvenzverfahrens dient dem Ziel des § 12 Satz 1 GewO, die Möglichkeit einer Sanierung des insolventen Unternehmens offenzuhalten. Dieses Ziel erfordert nicht darüber hinaus, dass ein erst nach Abschluss des Gewerbeuntersagungsverfahrens eröffnetes Insolvenzverfahren unter Durchbrechung der Trennung von Untersagungs- und Wiedergestattungsverfahren die nachträgliche Rechtswidrigkeit einer auf ungeordnete Vermögensverhältnisse gestützten Untersagung auslöst. Allerdings hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang zu Recht angenommen, dass § 12 Satz 1 GewO kein Verbot der Vollstreckung von Gewerbeuntersagungen wegen wirtschaftlicher Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden normiert, um die insolvenzrechtlichen Ziele zu sichern, wie dies zum Teil in der obergerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur vertreten wird. Dagegen spricht schon der klare Wortlaut der Vorschrift. Denn die vollstreckungsrechtlichen Vorschriften etwa zur Anordnung oder Festsetzung von Zwangsgeld "ermöglichen" nicht im Sinne von § 12 Satz 1 GewO die Untersagung eines Gewerbes wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, sondern den Vollzug einer bereits ergangenen Gewerbeuntersagung. Außerdem betrifft die Frage der Unzuverlässigkeit wegen ungeordneter Vermögensverhältnisse die Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsaktes "Untersagung", die von der Rechtmäßigkeit von Maßnahmen zur Vollstreckung des Grundverwaltungsaktes strikt zu trennen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2004 - 1 C 30.03 - BVerwGE 122, 293 <296 f.>). Zudem würde ein Vollstreckungsverbot eine ungerechtfertigte Privilegierung derjenigen Gewerbetreibenden bewirken, die eine vor Beginn der in § 12 Satz 1 GewO bezeichneten Zeiträume ergangene sofort vollziehbare oder bestandskräftig gewordene Untersagungsverfügung missachten. Die Frage, ob und inwieweit die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder die insolvenzgerichtliche Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO bei Ausübung des vollstreckungsrechtlichen Ermessens Berücksichtigung finden kann, betrifft allein die Auslegung und Anwendung des landesrechtlichen Vollstreckungsrechts.

26

Dem Ziel des § 12 Satz 1 GewO, dem Gewerbetreibenden die mit der Durchführung eines Insolvenzverfahrens eröffnete Chance zu einem Neuanfang zu sichern, kann jedoch auch unter Wahrung der im Gesetz angelegten Trennung von Gewerbeuntersagungs- und Wiedergestattungsverfahren Rechnung getragen werden. Zwar ist § 12 GewO nach seinem Wortlaut nicht auf das Wiedergestattungsverfahren nach § 35 Abs. 6 GewO anwendbar. Soweit die Untersagung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden auf dessen ungeordneten Vermögensverhältnissen beruht, kann jedoch ein nach Abschluss des Gewerbeuntersagungsverfahrens eröffnetes Insolvenzverfahren die Grundlage für eine Wiedergestattung der Gewerbeausübung bieten. Das setzt die Prognose voraus, dass der Gewerbetreibende künftig wirtschaftlich hinreichend leistungsfähig sein wird, um das Gewerbe ordnungsgemäß ausüben zu können. Allerdings rechtfertigen allein die oben genannten insolvenzrechtlichen Sicherungen eine solche Prognose nicht. Wie ausgeführt, bewirken diese Sicherungen, solange und soweit sie greifen, dass kein Bedürfnis im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 GewO besteht, den Geschäftsverkehr von einer Fortsetzung der gewerblichen Tätigkeit des insolventen Gewerbetreibenden zu schützen (vgl. BT-Drs. 12/3803 S. 103). Für die Prognose einer auf den Aspekt der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bezogenen dauerhaften Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden ist darüber hinaus erforderlich, dass begründete Aussicht auf eine Sanierung seiner Vermögensverhältnisse infolge der im Insolvenzverfahren durchzuführenden Maßnahmen besteht. Für diesen Fall werden in der Regel die Voraussetzungen des § 35 Abs. 6 Satz 1 GewO für eine Wiedergestattung der Gewerbeausübung wegen künftig geordneter Vermögensverhältnisse und zwischenzeitlich fehlender Gefährdung des Geschäftsverkehrs vorliegen. Umgekehrt wird eine Wiedergestattung im Regelfalle nicht in Betracht kommen, wenn die Sanierungschancen negativ zu bewerten sind. Ist der Sanierungserfolg - insbesondere zu Beginn des Insolvenzverfahrens - noch offen, fehlt zwar zunächst die Grundlage für die Feststellung, dass der Gewerbetreibende die Gewähr dafür bietet, das Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß auszuüben. Insoweit kann dem in § 12 GewO zum Ausdruck kommenden öffentlichen Interesse, eine Sanierung des insolventen Gewerbes im Rahmen des Insolvenzverfahrens nicht durch eine fortdauernde Untersagung der Gewerbeausübung von vornherein zu vereiteln, dadurch Rechnung getragen werden, dass die nach § 35 Abs. 6 Satz 1 GewO vorausgesetzte Gewähr dauerhafter Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden - hier nach seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit - durch geeignete Nebenbestimmungen gesichert wird, die den weiteren Bestand der Wiedergestattung vom Ergebnis des Insolvenzverfahrens abhängig machen (§ 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG). Zur raschen vorläufigen Klärung der Befugnis zur Fortführung des Gewerbes nach § 35 Abs. 6 GewO steht dem Gewerbetreibenden die Möglichkeit des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO zur Verfügung.

27

Das Wiedergestattungsverfahren ist auch nicht deshalb ungeeignet, die Chance für eine Sanierung des insolventen Gewerbes durch ein nach Abschluss des Gewerbeuntersagungsverfahrens eröffnetes Insolvenzverfahren zu erhalten, weil im Regelfall für die Wiedergestattung eine Wartefrist von einem Jahr nach Durchführung der Untersagungsverfügung einzuhalten ist (§ 35 Abs. 6 Satz 2 GewO). Denn für den Fall, dass Aussicht auf eine Sanierung der Vermögensverhältnisse des Gewerbetreibenden im Wege insolvenzrechtlicher Maßnahmen besteht oder ein Sanierungserfolg jedenfalls möglich erscheint, wird vom Vorliegen "besonderer Gründe" im Sinne des § 35 Abs. 6 Satz 2 GewO auszugehen sein, weil es dann nicht mehr aufgrund überwiegender öffentlicher Interessen gerechtfertigt ist, den Betroffenen trotz fehlender Gefährdung des Geschäftsverkehrs länger von der Ausübung des Gewerbes fernzuhalten und dadurch den Sanierungserfolg zu gefährden (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juli 1959 - 1 C 101.54 - DVBl. 1959, 775 <776> und Beschluss vom 23. November 1990 - 1 B 155.90 - Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 47; Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO, Stand Oktober 2014, Bd. I, § 35 Rn. 177.

28

4. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist auch die vom Berufungsgericht bejahte Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung und der Kostenentscheidung im angefochtenen Bescheid.

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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Gründe

1

Der zulässige Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 3. Kammer - vom 30. Oktober 2013 hat in der Sache keinen Erfolg.

2

Die Zulassung der Berufung rechtfertigt sich nicht wegen der gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung.

3

„Ernstliche Zweifel“ an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen nur dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Da gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO der Zulassungsgrund zudem in der gebotenen Weise darzulegen ist, erfordert dies, dass sich der Zulassungsantrag substantiiert inhaltlich mit den Gründen der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt und u. a. konkret ausgeführt wird, dass die erhobenen Einwände entscheidungserheblich sind (OVG LSA, Beschluss vom 3. Januar 2007 - 1 L 245/06 -, juris [m. w. N.]).

4

Hiernach begründet das Antragsvorbringen im vorbezeichneten Sinne keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit - des Ergebnisses - der angefochtenen Entscheidung.

5

Soweit der Beklagte geltend macht, die nach Nr. 3.2 der Anlage VIIIb (Anlage VIII Nr. 3.1 und 3.2) „Anerkennung von Überwachungsorganisationen“ zur StVZO erforderliche Zuverlässigkeit des zu Betrauenden könne nicht angenommen werden, weil „die in der hierzu erlassenen Richtlinie des Bundes näher konkretisierten Voraussetzungen der Zuverlässigkeit nicht gegeben“ seien, erschöpft sich das Antragsvorbringen in einer nicht weiter substantiierten Rechts- und Tatsachenbehauptung.

6

Soweit sich der Beklagte im Folgenden gegen die Annahme des Verwaltungsgerichtes dahingehend wendet, bei dem Kläger habe sich ein „Einstellungswandel“ vollzogen, tritt er den diesbezüglichen tragenden Erwägungen in der angefochtenen Entscheidung gleichfalls nicht mit schlüssigen Argumenten entgegen. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht - wie das Antragsvorbringen einfordert - eine Prognoseentscheidung auf einer entsprechenden Tatsachengrundlage getroffen. Entgegen dem Antragsvorbringen erscheint schon die Annahme des Verwaltungsgerichtes, der vorangegangene Widerruf seiner Betrauung habe bei dem Kläger zu nicht unerheblichen wirtschaftlichen Verlusten geführt und u. a. deshalb den gebotenen Einstellungswandel bewirkt, nicht gleichsam aus der Luft gegriffen, d. h. als „bloße Annahme“. Vielmehr hat der Kläger hierzu ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 30. Oktober 2013 entsprechende Ausführungen gemacht, denen der Beklagte hiernach auch nicht widersprochen hat. Darüber hinaus besteht auch kein Anlass zu der Annahme, der Widerruf der Betrauung sei für den Kläger wirtschaftlich ohne maßgebliche Relevanz oder gar folgenlos gewesen. Entsprechendes zeigt das Antragsvorbringen jedenfalls nicht plausibel auf. Ungeachtet dessen hat das Verwaltungsgericht seine Prognoseentscheidung auf weitere Tatsachen gestützt, denen die Antrags(begründungs)schrift ebenso wenig mit schlüssigen Argumenten entgegen tritt. Entgegen dem Antragsvorbringen hat das Verwaltungsgericht damit gerade nicht ohne die erforderliche Tatsachengrundlage dem Kläger bloß eine „zweite Chance“ eröffnen wollen.

7

Soweit der Beklagte überdies geltend macht, der Kläger gehöre „derzeit offensichtlich keiner Überwachungsorganisation im Sinne der Anlage VIIIb zur StVZO an“, werden damit keine ernstlichen Zweifel am Urteilergebnis schlüssig aufgezeigt. Die Beigeladene hat ihren an den Beklagten gerichteten Antrag vom 25. November 2011 weder zurückgenommen noch anderweitig für erledigt erklärt. Allein der Umstand, dass nicht die Beigeladene, sondern der Kläger den versagenden Bescheid des Beklagten anficht, rechtfertigt nicht für sich genommen die Annahme, die Beigeladene verzichte auf eine positive Bescheidung ihres Antrages. Hinzu kommt im gegebenen Fall, dass die Beigeladene den versagenden Bescheid des Beklagten dem Kläger überhaupt erst zugänglich gemacht hat und in Kenntnis des Rechtsmittels des Klägers auf einen eigenen Rechtsbehelf verzichtet haben könnte.

8

Im Übrigen zeigt das Antragsvorbringen nicht plausibel auf, dass es vorliegend darauf ankommt, dass der Kläger „derzeit“ keiner Überwachungsorganisation im Sinne der Anlage VIIIb zur StVZO angehört. Auch insofern erschöpft sich das Antragsvorbringen in einer bloßen Rechtsbehauptung. Unabhängig davon steht die vom Beklagten angeführte „Zustimmung auf Vorrat“ hier nicht ernstlich zu befürchten, weil die Zustimmung des Beklagten lediglich die Betrauung des Klägers als Prüfingenieur bei der Beigeladenen, und zwar durch diese ermöglicht. Sollte die Beigeladene keine Tätigkeit des Klägers bei ihr (mehr) wünschen, würde die lediglich darauf bezogene Zustimmung des Beklagten gegenstandslos werden.

9

Schließlich stellt das Antragsvorbringen die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichtes nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage, soweit der Beklagte auf Nr. 3.10 der Anlage VIIIb zur StVZO verweist und geltend macht, der Kläger sei zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung länger als zwei Jahre nicht mehr als zuverlässig anzusehen gewesen. Das Antragsvorbringen verkennt in diesem Zusammenhang bereits, dass das Verwaltungsgericht die Zuverlässigkeit des Klägers gerade bejaht hat. Ungeachtet dessen kann es für die Berechnung der Zwei-Jahres-Frist der Nr. 3.10 der Anlage VIIIb zur StVZO maßgeblich nicht auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ankommen. Denn anderenfalls hätte es die Anerkennungsbehörde durch schlichtes Zuwarten in der Hand, den Fristablauf herbeizuführen. Dies gilt umso mehr, als Nr. 3.10 der Anlage VIIIb zur StVZO alternativ darauf abstellt, dass die mit der Durchführung von HU oder SP betrauten Personen mehr als zwei Jahre keiner Technischen Prüfstelle oder Überwachungsorganisation angehören. Unabhängig vom Vorstehenden könnte angesichts der systematischen Stellung und ihres Wortlautes Einiges dafür sprechen, dass Nr. 3.10 der Anlage VIIIb zur StVZO anders als die Nr. 3.1 bis 3.7 der Anlage VIIIb zur StVZO keine Voraussetzung für die - Zustimmung zur - Betrauung als Prüfingenieur darstellt.

10

Auf die Antragserwiderung des Klägers mit anwaltlichem Schriftsatz vom 30. Januar 2014 kam es nach alledem hier nicht mehr entscheidungserheblich an.

11

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

12

Die Entscheidung über die Festsetzung der Höhe des Streitwertes für das Zulassungsverfahren beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG in der seit dem 1. August 2013 geltenden Fassung (§ 40 GKG). Der Senat folgt insoweit der Streitwertbemessung durch das Verwaltungsgericht in dessen Beschluss vom 30. Oktober 2013.

13

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 124a Abs. 5 Satz 4, 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Betrauung mit den Aufgaben eines Prüfingenieurs nach der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO).

2

Die Beklagte ist eine nach dieser Verordnung anerkannte Überwachungsorganisation in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie schloss mit dem Kläger ab 1997 mehrfach Partnerschafts- und andere Verträge über eine Zusammenarbeit und betraute ihn - mit Zustimmung der jeweiligen Aufsichtsbehörde des Landes - als Prüfingenieur mit Fahrzeuguntersuchungen in den Ländern Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg. Nachdem die Beklagte Informationen erhalten hatte, dass es beim Kläger im Rahmen seiner Gutachtertätigkeit zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei, widerrief sie dessen Betrauung mit Bescheid vom 1. Februar 2008 wegen Unzuverlässigkeit und kündigte später auch den mit ihm geschlossenen Partnerschaftsvertrag.

3

Nach erfolglosem Vorverfahren hat das Verwaltungsgericht den Widerrufsbescheid mit Urteil vom 7. Dezember 2009 aufgehoben. Zum Widerruf nach § 49 VwVfG sei nicht die Beklagte, sondern die jeweilige Aufsichtsbehörde befugt. Wenn man dies anders sehe, fehle jedenfalls die erforderliche Zustimmung der Aufsichtsbehörde.

4

Das Oberverwaltungsgericht hat diese Entscheidung mit Urteil vom 28. Juni 2010 aufgehoben und die Sache an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen. Zuständig für den Widerruf sei nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen die Behörde, die für die Betrauung zuständig sei, hier die Beklagte. Etwas anderes ergebe sich weder aus § 68 StVZO, der durch die speziellere Regelung in Nr. 3 der Anlage VIIIb zu § 29 StVZO verdrängt werde, noch aus Nr. 5 dieser Anlage, der nur den Widerruf der Bestellung des technischen Leiters der Überwachungsorganisation und seines Vertreters regele. Nach dem Zweck des Beteiligungsrechts bedürfe der Widerruf, anders als die ursprüngliche Betrauung, auch nicht der Zustimmung durch die Aufsichtsbehörde. Abgesehen davon hätten die zuständigen Ministerien nachträglich zugestimmt. Das Verwaltungsgericht, das den Widerruf zu Unrecht aus formalen Gründen aufgehoben habe, müsse daher in tatsächlicher Hinsicht klären, ob die Vorwürfe gegen den Kläger zuträfen.

5

Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Auffassung weiter, eine Überwachungsorganisation wie die Beklagte sei für den Widerruf der Betrauung nicht zuständig. Dies hätte ausdrücklich geregelt werden müssen; der vom Oberverwaltungsgericht herangezogene allgemeine Grundsatz genüge nicht. Eine Zuständigkeitsbestimmung zugunsten der Überwachungsorganisation fehle aber sowohl im Verwaltungsverfahrensgesetz wie in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung. Deren Anlage VIIIb regele die Befugnis zum Widerruf nur für den technischen Leiter der Organisation, nicht aber für Prüfingenieure. Der Verordnungsgeber verfolge nicht die vom Berufungsgericht angenommene Absicht, die rechtlichen Beziehungen zwischen den Organisationen und ihren Prüfingenieuren von unmittelbarer staatlicher Einflussnahme frei zu halten. Unzutreffend sei auch die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, es sei keine Zustimmung erforderlich. Der Widerruf sei in dieser Hinsicht genauso zu behandeln wie die Betrauung, bei der die Anerkennungsbehörde ihre Zustimmung erteilen müsse. Der Mangel fehlender ursprünglicher Zustimmung habe nicht durch ihre nachträgliche Erteilung geheilt werden können.

6

Der Vertreter des Bundesinteresses hält das angegriffene Urteil für zutreffend und weist darauf hin, dass die Beklagte als Beliehene selbst Behörde sei und die von ihr erlassenen Verwaltungsakte im Rahmen des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts widerrufen könne. Der Widerruf sei nicht an die Zustimmung der Anerkennungsbehörde gebunden. Daran ändere nichts, dass die Betrauung für den Kläger positiv, der Widerruf hingegen negativ sei. Zweck der Zustimmung sei nicht der Schutz der Prüfer vor wirtschaftlichen Nachteilen, sondern die Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung. Der Verordnungsgeber habe die Kontroll- und Eingriffsbefugnisse der Aufsichtsbehörde für ausreichend erachtet und deshalb kein Zustimmungserfordernis für den Entzug der Betrauung vorgesehen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsurteil beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

8

Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte für den Widerruf zuständig war (1.) und dass sie dabei keiner Zustimmung einer übergeordneten Behörde bedurfte (2.).

9

Die Ermächtigungsgrundlage für den Widerruf einer Betrauung mit den Aufgaben eines Prüfingenieurs nach der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung ist dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes zu entnehmen, dessen Behörde den Widerruf verfügt hat (§ 1 Abs. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes). Die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, auf deren Grundlage die Betrauung ausgesprochen wird, enthält insofern keine Sonderregelung. Die Anlage VIIIb zur Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (BGBl I 2002 S. 3580) in der bei Erlass des Widerspruchsbescheides geltenden Fassung vom 25. September 2008 (BGBl I S. 1878) regelt lediglich materielle Voraussetzungen für den Widerruf der Bestellung des technischen Leiters der Überwachungsorganisation und seines Vertreters (Nr. 5) sowie für den Widerruf der Anerkennung der Überwachungsorganisation selbst (Nr. 8). Sie setzt damit erkennbar voraus, dass der Widerruf seine materiell-rechtliche Grundlage im allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht findet.

10

Dementsprechend ist der Widerruf wegen Unzuverlässigkeit eines Prüfingenieurs auf das Verwaltungsverfahrensrecht desjenigen Landes zu stützen, für das die Überwachungsorganisation gehandelt hat. Das sind hier die Länder Hessen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, für welche die Beklagte als dort anerkannte Überwachungsorganisation den Kläger mit der Durchführung der Aufgaben eines Prüfingenieurs betraut hatte. Einschlägig ist damit § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der hessischen und baden-württembergischen Verwaltungsverfahrensgesetze sowie für Rheinland-Pfalz die entsprechende Bestimmung des Bundes, auf die § 1 des dortigen Landesverwaltungsverfahrensgesetzes verweist. Diese Vorschriften sind gemäß § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO revisibel, weil sie im Wortlaut mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmen. Die im Revisionsverfahren zu klärende Frage entscheidet sich aber nach Maßgabe der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, also nach Bundesrecht.

11

1. Die Beklagte war für den Widerruf sachlich zuständig.

12

a) Die Zuständigkeit für den Widerruf eines Verwaltungsaktes richtet sich in erster Linie nach den Zuständigkeitsregelungen des anzuwendenden Fachrechts. Lässt sich diesem keine hinreichend klare Aussage entnehmen, ist auf allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Grundsätze zurückzugreifen. Danach hat über die Aufhebung eines Verwaltungsaktes diejenige Behörde zu befinden, die zum Zeitpunkt der Aufhebungsentscheidung für den Erlass des aufzuhebenden Verwaltungsaktes sachlich zuständig wäre (stRspr, vgl. Urteile vom 20. Dezember 1999 - BVerwG 7 C 42.98 - BVerwGE 110, 226 = juris Rn. 14, 16 = Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 97 und vom 18. April 1991 - BVerwG 6 C 20.89 - BVerwGE 88, 130 <133> m.w.N.).

13

b) Für die in Rede stehende Betrauung enthalten weder das Verwaltungsverfahrensrecht der Länder noch das Straßenverkehrsrecht des Bundes eine ausdrückliche Zuständigkeitsregelung. Allerdings lässt sich dem Regelungskomplex über die Anerkennung von Überwachungsorganisationen nach der genannten Anlage VIIIb zur Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung hinreichend klar entnehmen, dass der Erlass eines Verwaltungsaktes nach dieser Anlage und dessen Widerruf grundsätzlich in derselben Hand liegen sollen. Dies wird in den Widerrufsbestimmungen der Anlage deutlich. Nr. 5 Satz 5 setzt als selbstverständlich voraus, dass die Bestellung des technischen Leiters und seines Vertreters von derjenigen Überwachungsorganisation zu widerrufen ist, die diese Personen bestellt hat. Im gleichen Sinne bestimmt Nr. 8 der Anlage sogar ausdrücklich die Zuständigkeit der Anerkennungsbehörde für den Widerruf einer von ihr ausgesprochenen Anerkennung. Das entspricht nicht nur dem in der Rechtsprechung entwickelten Grundsatz, sondern vor allem der Regelungsabsicht der Verordnung, die rechtlichen Beziehungen zwischen den Überwachungsorganisationen und ihren Prüfingenieuren von direkter staatlicher Einflussnahme so weit wie möglich frei zu halten. Das Berufungsgericht hat es zu Recht als Beleg dieser Absicht angesehen, dass die Befugnisse gegenüber den Prüfingenieuren bei dem technischen Leiter der Überwachungsorganisationen konzentriert sind und sich die Anerkennungsbehörde auf Befugnisse im Verhältnis zur Organisation beschränken muss. Dieses Verständnis entspricht auch der in den Erläuterungen der Anerkennungsrichtlinie für Überwachungsorganisationen des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Wohnungswesen vom 5. Juni 2009 (VkBl S. 364) zum Ausdruck kommenden Verwaltungspraxis.

14

2. Die Anerkennungsbehörden der Länder mussten dem Widerruf nicht zustimmen. Es bedarf daher keiner Erörterung, ob nach dem Rechtsgedanken des § 184 BGB nachträgliche Zustimmungen - die hier erteilt wurden - möglich sind oder ob der Mangel fehlender vorheriger Zustimmung geheilt werden könnte (vgl. § 45 Abs. 1 Nr. 5 VwVfG).

15

Die Anlage VIIIb begründet Zustimmungserfordernisse durch die zuständige Anerkennungsbehörde (Nr. 1 der Anlage) als Voraussetzung nur für die Betrauung von Prüfingenieuren mit bestimmten Untersuchungen und Abnahmen (Nr. 3.7 und Nr. 4.1.3). Daraus lässt sich nicht folgern, dass Entsprechendes für den Widerruf als actus contrarius gelten müsse, wie der Kläger meint. Für andere als die ausdrücklich vorgesehenen Fälle ließe sich ein Zustimmungserfordernis nur durch erweiternde Auslegung oder Analogie rechtfertigen. Dafür besteht kein Anlass. Die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung verfolgt nicht die Absicht, den Anerkennungsbehörden ein umfassendes Mitwirkungsrecht bei Betrauungen einzuräumen. Das ergibt sich schon aus der genannten Intention, die staatliche Einflussnahme auf die Rechtsbeziehungen zwischen Überwachungsorganisationen und ihren Ingenieuren auf das Notwendige zu beschränken. Demgemäß sieht die Anlage VIIIb sogar dort, wo sie einen Widerruf durch die Überwachungsorganisation regelt, kein Zustimmungserfordernis vor (vgl. Nr. 5). Vor allem aber gebietet der Zweck der Zustimmung keine Mitwirkung am Widerruf von Betrauungen, wie das Berufungsgericht zutreffend herausstellt. Das Zustimmungserfordernis bei der Betrauung soll eine staatliche Überprüfung der Eignung und Zuverlässigkeit solcher Personen ermöglichen, die als Prüfingenieure mit Außenwirkung hoheitlich tätig werden. Entfällt diese Tätigkeit - etwa durch den Widerruf der Betrauung -, so besteht kein gleichartiges staatliches Interesse; denn dieses wird durch die Gemeinwohlbelange einer funktionierenden Fahrzeugüberwachung begründet und nicht durch private Interessen des betrauten Prüfingenieurs an einer Kontrolle der Überwachungsorganisation. Daher lässt sich eine umfassende Mitwirkung der Anerkennungsbehörde nicht dadurch rechtfertigen, dass ein Prüfingenieur durch den Widerruf in seiner beruflichen Sphäre beeinträchtigt wird. Insofern gilt nichts anderes als bei der Ablehnung einer erstrebten Betrauung, für die ebenfalls kein Zustimmungserfordernis vorgesehen ist.

16

3. Das Berufungsgericht war auch gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zur Zurückverweisung berechtigt.

17

Nach dieser Vorschrift darf das Berufungsgericht zurückverweisen, wenn das Verwaltungsgericht noch nicht in der Sache selbst entschieden hat. Unmittelbar werden damit Fälle erfasst, in denen das Verwaltungsgericht keine Sachentscheidung über einen Streitgegenstandsteil getroffen hat, sei es, dass das Gericht ein Prozessurteil erlassen oder aus anderen Gründen (wie Fehldeutung des Klageziels) das Klagebegehren nicht oder nur teilweise beschieden hat (z.B. Happ, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 130 Rn. 12 m.w.N.).

18

Um einen solchen Fall handelt es sich hier nicht. Das Verwaltungsgericht hat das Begehren - Aufhebung des Widerrufsbescheides und des dazu ergangenen Widerspruchsbescheides - in der Sache beschieden, den Widerrufsbescheid allerdings wegen angenommener formeller Rechtswidrigkeit der Widerrufsentscheidung aufgehoben. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist freilich eine sinngemäße Anwendung des § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO anerkannt, wenn das Verwaltungsgericht zum eigentlichen Gegenstand des Streites deshalb nicht vorgedrungen ist, weil es in einer rechtlichen Vorfrage die Weiche falsch gestellt und sich infolgedessen den Zugang zum Kern des Streites versperrt hat (Urteil vom 26. Mai 1971 - BVerwG 6 C 39.68 - BVerwGE 38, 139 <146> = Buchholz 232 § 86 BBG Nr. 3; Beschluss vom 27. November 1981 - BVerwG 8 B 189.81 - NVwZ 1982, 500 = Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 44). In einem solchen Fall überschreitet die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, die Sache zurückzuverweisen, statt gemäß § 130 Abs. 1 VwGO selbst aufzuklären und in der Sache zu entscheiden, jedenfalls dann in der Regel nicht die Grenzen des in § 130 Abs. 2 VwGO eingeräumten Ermessens, wenn die Beteiligten, wie hier, die Zurückverweisung übereinstimmend beantragt haben.

19

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass es auf das Vorliegen von Widerrufsgründen nicht ankommen dürfte, wenn der Kläger der Organisation der Beklagten im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt bereits nicht mehr angehört haben sollte. In diesem Falle dürfte sich die Betrauung erledigt haben (§ 43 Abs. 2 VwVfG), weil die mit ihr verbundenen Aufgaben ausschließlich von in eine anerkannte Überwachungsorganisation eingebundenen Personen wahrgenommen werden dürfen (Nr. 3 der Anlage VIIIb). Einem Widerruf käme in einem solchen Fall lediglich klarstellende Bedeutung zu.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine erweiterte Gewerbeuntersagung bei nachfolgender Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

2

Mit Bescheid vom 17. September 2010, zugestellt am 21. September 2010, untersagte das Landratsamt Rottal-Inn dem Kläger unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1 500 € die Ausübung des zuletzt gemeldeten Gewerbes "Handel und Montage von Bauelementen", die Gewerbeausübung generell sowie die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden und die Tätigkeit als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person zum 21. Oktober 2010 und ordnete an, innerhalb dieser Frist die gewerbliche Tätigkeit einzustellen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger sei unzuverlässig im Sinne des § 35 Abs. 1 GewO, weil er angesichts aufgelaufener Rückstände von Steuern von ca. 5 000 € und nicht abgeführter Sozialversicherungsbeiträge von ca. 845 € wegen seiner wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit nicht die Gewähr für eine ordnungsgemäße Betriebsführung biete.

3

Mit Beschluss vom 23. September 2010 ordnete das Amtsgericht Landshut - Insolvenzgericht - auf Antrag eines Sozialversicherungsträgers die vorläufige Insolvenzverwaltung zur Sicherung des Schuldnervermögens vor nachteiligen Veränderungen an; außerdem bestellte es einen vorläufigen Insolvenzverwalter und ordnete an, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (§ 21 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Alt. 2 InsO). Das Insolvenzverfahren wurde vom Insolvenzgericht am 11. November 2010 eröffnet.

4

Dem Antrag des Klägers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner gegen die Untersagungsverfügung vom 17. September 2010 erhobenen Klage gab der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 14. Februar 2011 statt.

5

Mit Urteil vom 22. November 2012 hat das Verwaltungsgericht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 17. September 2010 abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 27. Januar 2014 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers hindere eine gerichtliche Entscheidung hinsichtlich der Gewerbeuntersagung nicht, weil der Prozess nicht gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 240 Satz 1 ZPO unterbrochen worden sei. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Gewerbeuntersagung sowie der erweiterten Gewerbeuntersagung seien zum maßgeblichen Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Bescheides mit dessen Zugang am 21. September 2010 erfüllt. Auch die Ermessenserwägungen der Behörde hinsichtlich der erweiterten Gewerbeuntersagung hielten der gerichtlichen Prüfung stand. Es sei ohne Einfluss auf den maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers und der Rechtmäßigkeit der erweiterten Gewerbeuntersagung, dass über das Vermögen des Klägers mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 23. September 2010 die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet worden sei, nachdem der Bescheid am 21. September 2010 bereits wirksam, wenn auch noch nicht bestandskräftig geworden und ferner die im Bescheid gewährte Frist (21. Oktober 2010) noch nicht abgelaufen gewesen sei, bis zu der die gewerbliche Betätigung habe eingestellt werden müssen, und dass das Insolvenzgericht am 11. November 2010 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschlossen gehabt habe. Die von § 12 GewO ausgehende Sperrwirkung für die Anwendung des § 35 Abs. 1 GewO komme daher vorliegend nicht zum Tragen.

6

Zur Begründung seiner dagegen eingelegten Revision trägt der Kläger im Wesentlichen vor, seit der Anordnung vorläufiger Maßnahmen des Insolvenzgerichts und der späteren Eröffnung des Insolvenzverfahrens stehe § 12 GewO der Gewerbeuntersagung entgegen und mache damit den angefochtenen Bescheid, an dem der Beklagte festhalte, rechtswidrig.

7

Er beantragt,

die Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 22. November 2012 und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Januar 2014 zu ändern und den Bescheid des Landratsamtes Rottal-Inn vom 17. September 2010 aufzuheben.

8

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Er verteidigt die Gründe des Berufungsurteils.

10

Der Beteiligte stellt keinen Antrag.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil zu Recht zurückgewiesen. Der Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

12

1. Zu Recht hat das Berufungsgericht das gerichtliche Verfahren im Hinblick auf das eröffnete Insolvenzverfahren nicht gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 240 Satz 1 ZPO ausgesetzt. Eine Unterbrechung des Verfahrens nach § 240 Satz 1 ZPO setzt voraus, dass der Streitgegenstand "die Insolvenzmasse betrifft". Dies ist hier nicht der Fall. Die angefochtene Gewerbeuntersagung knüpft an in der Person des Klägers liegende Unzuverlässigkeitstatbestände an und entzieht ihm als Person die Befugnis, bestimmten beruflichen Tätigkeiten nachzugehen. Sie betrifft das berufliche Betätigungsrecht des Gewerbetreibenden. Dieses personenbezogene Recht gehört nicht zur Insolvenzmasse. Denn sie umfasst gemäß § 35 Abs. 1 Insolvenzordnung (InsO) vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2866) zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 31. August 2013 (BGBl. I S. 3533) allein das dem Gemeinschuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehörende und das während des Verfahrens erlangte Vermögen (BVerwG, Beschluss vom 18. Januar 2006 - 6 C 21.05 - Buchholz 310 § 134 VwGO Nr. 53). Das personenbezogene Recht zur Gewerbeausübung, das aus § 1 Gewerbeordnung (GewO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Februar 1999 (BGBl. I S. 202) zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 15. April 2015 (BGBl. I S. 583) folgt, zählt dazu nicht. Dementsprechend unterliegt es auch nicht der Verwaltungsbefugnis des Insolvenzverwalters.

13

2. Die Tatbestandsvoraussetzungen der vom Beklagten nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO verfügten Gewerbeuntersagung sowie der erweiterten Gewerbeuntersagung (§ 35 Abs. 1 Satz 2 GewO) lagen zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Wirksamwerdens des angefochtenen Bescheides am 21. September 2010 vor.

14

a) Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist die Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutz der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. Tatsächliche Anhaltspunkte für eine solche Unzuverlässigkeit bestehen bei einem Gewerbetreibenden mit erheblichen Steuerrückständen sowie Zahlungsrückständen bei den Trägern der Sozialversicherung oder bei Straftaten im Zusammenhang mit der gewerblichen Betätigung. Überschuldung und wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit begründen grundsätzlich die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 5. August 1965 - 1 C 69.62 - BVerwGE 22, 16). Im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs muss von einem Gewerbetreibenden erwartet werden, dass er bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit ohne Rücksicht auf die Ursachen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten seinen Gewerbebetrieb aufgibt. Dieser Grund entfällt nur dann, wenn der Gewerbetreibende zahlungswillig ist und trotz seiner Schulden nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept arbeitet (BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1 <4>).

15

Für die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden und der Rechtmäßigkeit einer Gewerbeuntersagung kommt es nicht darauf an, wie sich die tatsächlichen Verhältnisse nach Abschluss des behördlichen Untersagungsverfahrens weiterentwickelt haben. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass seit Inkrafttreten der Neufassung des § 35 Abs. 6 GewO am 1. Mai 1974 eine deutliche Trennung zwischen dem Untersagungsverfahren einerseits und dem Wiedergestattungsverfahren andererseits besteht. Ist ein Gewerbe wirksam untersagt worden, hat die Behörde nicht mehr zu prüfen, ob die Untersagungsgründe die ergangene Gewerbeuntersagung weiterhin tragen. Haben sich die tatsächlichen Umstände geändert, muss die Initiative zur Wiederzulassung nach § 35 Abs. 6 GewO vom Gewerbetreibenden ausgehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1 <2 ff.>; Beschlüsse vom 15. Februar 1995 - 1 B 19.95 - Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 58 = GewArch 1995, 200 und vom 9. April 1997 - 1 B 81.97 - Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 67).

16

In diesem Sinne war der Kläger zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens (Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG) des angefochtenen Bescheides am 21. September 2010 und damit zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung im Gewerbeuntersagungsverfahren unzuverlässig. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, gegen die durchgreifende Verfahrensrügen nicht erhoben worden sind, hatte der Kläger damals Steuerrückstände von 5 013 € und schuldete zudem der AOK seit über einem Jahr Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 845 €. Ferner hatte er am 21. Dezember 2009 die eidesstattliche Versicherung nach § 807 ZPO a.F. abgegeben, wobei sich dem zugehörigen Protokoll weitere Schulden des Klägers von mehr als 12 000 DM entnehmen ließen. Die Verletzung seiner Pflichten zur Zahlung der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge beruhte angesichts seiner Vermögensverhältnisse maßgeblich auf fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, nicht auf einer in der Person begründeten Unzuverlässigkeit. Gegenüber dem Beklagten hatte er sich selbst als mittellos bezeichnet. Irgendein Konzept zum Abbau seiner Schulden hatte der Kläger nicht entwickelt.

17

b) Revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Voraussetzungen für die erweiterte Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung vorlagen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass insoweit Tatsachen vorliegen müssen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf die "Ausweichtätigkeit" dartun ("gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit"). Diese sind bei steuerlichen Pflichtverletzungen und bei ungeordneten Vermögensverhältnissen gegeben. Außerdem muss die erweiterte Gewerbeuntersagung erforderlich sein, weil eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für ein Ausweichen des Gewerbetreibenden vorliegt. Dabei folgt die Wahrscheinlichkeit der anderweitigen Gewerbeausübung schon daraus, dass der Gewerbetreibende trotz Unzuverlässigkeit an seiner gewerblichen Tätigkeit festgehalten hat, wodurch er regelmäßig seinen Willen bekundet hat, sich auf jeden Fall gewerblich zu betätigen. Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist unter dem Gesichtspunkt wahrscheinlicher anderweitiger Gewerbeausübung schon dann zulässig, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Gewerbetreibende das andere Gewerbe in Zukunft ausübt, eine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge also ausscheidet (BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 C 17.79 - BVerwGE 65, 9 <11>; Beschluss vom 11. September 1992 - 1 B 131.92 - GewArch 1995, 116).

18

Auch die Annahme des Berufungsgerichts, dass die im angefochtenen Bescheid getroffenen Ermessenserwägungen der Behörde nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO rechtsfehlerfrei sind, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Ist ein Gewerbetreibender in Bezug auf andere - nicht ausgeübte - gewerbliche Betätigungen unzuverlässig und ist die Untersagung auch hinsichtlich dieser Betätigungen erforderlich, so ist eine Ermessensentscheidung, die von der Möglichkeit der erweiterten Gewerbeuntersagung Gebrauch macht, nicht rechtswidrig, wenn der Verwaltungsentscheidung zumindest konkludent die maßgebliche Erwägung entnommen werden kann, die anderweitige Gewerbeausübung sei so wahrscheinlich, dass sich die Untersagung auch darauf erstrecken soll (BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 C 17.79 - BVerwGE 65, 9 <11>). Eine Ermessenserwägung dieser Art lässt sich der angefochtenen Untersagungsverfügung entnehmen.

19

c) An der Maßgeblichkeit des Zeitpunkts des Erlasses des angefochtenen Bescheides (hier: 21. September 2010) für die Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers und der Rechtmäßigkeit der Untersagung des ausgeübten Gewerbes sowie der erweiterten Gewerbeuntersagung ändert sich auch nichts dadurch, dass die dem Kläger im angefochtenen Bescheid gewährte Frist (21. Oktober 2010) noch nicht abgelaufen war, bis zu der die gewerbliche Betätigung eingestellt werden musste. Bis zum Ablauf der von der Gewerbeuntersagungsbehörde gesetzten Frist darf der Gewerbetreibende zwar noch gewerblich tätig sein, um Abwicklungsarbeiten vorzunehmen und die Einstellung des Geschäftsbetriebs vorzubereiten. Die Auslauffrist hebt die Wirksamkeit der bereits ergangenen Untersagungsverfügung aber nicht auf, sondern ist deren fester Bestandteil.

20

3. Der angefochtene Bescheid ist auch nicht nachträglich nach § 12 Satz 1 GewO rechtswidrig geworden.

21

Für die Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers und der Rechtmäßigkeit der Untersagung des ausgeübten Gewerbes sowie der erweiterten Gewerbeuntersagung war ohne Bedeutung, dass nach dem Wirksamwerden des angefochtenen Untersagungsbescheides am 21. September 2010 über das Vermögen des Klägers durch Beschluss des Amtsgerichts Landshut - Insolvenzgericht - vom 23. September 2010 zur Sicherung des Schuldnervermögens vor nachteiligen Veränderungen die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet, ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und die Anordnung getroffen wurde, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (§ 21 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Alt. 2 InsO). Gleiches gilt für den Umstand, dass das Insolvenzgericht am 11. November 2010 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschlossen hat.

22

Nach § 12 Satz 1 GewO sind u.a. Vorschriften zur Untersagung des Gewerbes bei einer auf ungeordneten Vermögensverhältnissen beruhenden Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden während eines Insolvenzverfahrens, während der Zeit, in der Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO angeordnet sind, und während der Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans nicht anzuwenden in Bezug auf das Gewerbe, das zur Zeit des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeübt wurde. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat zu Recht angenommen, dass § 12 Satz 1 GewO die aus § 35 Abs. 6 GewO folgende Vorverlegung des für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Dauerverwaltungsakts "Untersagung der Gewerbeausübung" maßgeblichen Zeitpunkts auf die letzte Verwaltungsentscheidung unberührt lässt. Ein Insolvenzverfahren, das - wie hier - erst nach Abschluss des Gewerbeuntersagungsverfahrens eröffnet wurde, ist daher ohne Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Untersagung des Gewerbes wegen einer auf ungeordnete Vermögensverhältnisse zurückzuführenden Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden.

23

Der Wortlaut ist insoweit zwar nicht zwingend. § 12 Satz 1 GewO verbietet für die Dauer des Insolvenzverfahrens nicht die Maßnahme der Untersagung eines Gewerbes selbst, sondern die Anwendung entsprechender Vorschriften. Mit Blick auf die nicht nur von den Behörden, sondern auch von den Gerichten vorzunehmende Subsumtion kann von einer Anwendung der Untersagungsvorschriften auch im gerichtlichen Verfahren gesprochen werden. Daher schließt nicht bereits der Wortsinn die Annahme aus, dass auch ein erst nach Abschluss des Gewerbeuntersagungsverfahrens eröffnetes Insolvenzverfahren nachträglich die im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Rechtswidrigkeit einer auf ungeordnete Vermögensverhältnisse gestützten Gewerbeuntersagung auslöst (vgl. Hahn, GewArch 2000, 361, <365 f.>). Allerdings liegt eine solche Auslegung schon deshalb nicht nahe, weil die gerichtliche Subsumtion in die im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes zu leistende Kontrolle der Rechtsanwendung durch die Behörden eingebunden ist. Entscheidend gegen die Annahme eines erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens entstehenden Anwendungsverbots spricht jedoch die im Gesetz angelegte systematische Trennung zwischen Untersagungs- und Wiedergestattungsverfahren. Nach dem Regelungszusammenhang von § 35 Abs. 1 und 6 GewO sind nach Abschluss des behördlichen Untersagungsverfahrens eintretende Änderungen der Verhältnisse allein im Rahmen der Entscheidung über einen Antrag auf Wiedergestattung zu prüfen und zu berücksichtigen. Die Vorschrift des § 12 Satz 1 GewO lässt die Anwendbarkeit des § 35 Abs. 6 GewO und die grundsätzliche systematische Trennung unberührt. Sie erfasst § 35 Abs. 6 GewO schon deshalb nicht, weil es sich dabei um keine Vorschrift handelt, "welche die Untersagung eines Gewerbes... ermöglicht". Eine Berücksichtigung nach Abschluss des behördlichen Untersagungsverfahrens eingetretener neuer Umstände würde die in § 35 Abs. 1 und 6 GewO normierte Systematik von Untersagungs- und Wiedergestattungsverfahren durchbrechen.

24

Sinn und Zweck des § 12 Satz 1 GewO stehen dieser Auslegung nicht entgegen. Die Vorschrift verfolgt den Zweck, einen Konflikt mit den Zielen des Insolvenzverfahrens zu vermeiden und insbesondere die Möglichkeit einer Sanierung des insolventen Unternehmens nicht durch eine Gewerbeuntersagung zu vereiteln (vgl. dazu vor allem die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 12 Satz 1 GewO, BT-Drs. 12/3803, S. 103 f.). Ohne die Regelung in § 12 Satz 1 GewO könnte zum Beispiel einem Beschluss der Gläubigerversammlung gemäß § 157 InsO, das Unternehmen vorläufig fortzuführen, durch eine Untersagungsverfügung und ihre Vollziehung die Grundlage entzogen werden. Ebenso könnten ohne die von § 12 Satz 1 GewO ausgelöste Sperrwirkung die Aufstellung und Durchführung eines Insolvenzplanes nach §§ 217 ff. InsO gefährdet oder gar verhindert werden. Um diese Folgen auszuschließen, ordnet die Vorschrift an, dass die Untersagungsbehörde ab Beginn der in § 12 Satz 1 GewO abschließend bestimmten Zeiträume § 35 Abs. 1 GewO nicht mehr anwenden darf, soweit die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden auf ungeordneten Vermögensverhältnissen beruht. Auch im Hinblick auf die Interessen am Schutz des Geschäftsverkehrs vor den Gefahren, die von einem insolventen und deshalb gewerberechtlich unzuverlässigen Gewerbetreibenden ausgehen, erschien dies, wie insbesondere die Entstehungsgeschichte der Regelung ausweist, dem Gesetzgeber vertretbar. Der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter kompensiert das Gefährdungspotential, das von der weiteren Ausübung des Gewerbes des insolventen Gemeinschuldners ausgeht. Neue Vertragspartner des Gewerbetreibenden können aufgrund der Vorschriften des Insolvenzrechts über die Einsetzung eines Insolvenzverwalters und dessen die Direktionsrechte des insolventen Gewerbetreibenden ersetzenden Befugnisse, den Vorrang der Masseverbindlichkeiten und die Aufsicht des Insolvenzgerichts geschützt werden. Vorläufige Anordnungen des Insolvenzgerichts nach § 21 InsO dienen dem gleichen Ziel, wenn auch mit unterschiedlichen Schutzwirkungen für den Geschäftsverkehr.

25

Das an die Behörden gerichtete Verbot des Erlasses von Untersagungsverfügungen wegen ungeordneter Vermögensverhältnisse des Gewerbetreibenden während eines parallel zum Gewerbeuntersagungsverfahren laufenden Insolvenzverfahrens dient dem Ziel des § 12 Satz 1 GewO, die Möglichkeit einer Sanierung des insolventen Unternehmens offenzuhalten. Dieses Ziel erfordert nicht darüber hinaus, dass ein erst nach Abschluss des Gewerbeuntersagungsverfahrens eröffnetes Insolvenzverfahren unter Durchbrechung der Trennung von Untersagungs- und Wiedergestattungsverfahren die nachträgliche Rechtswidrigkeit einer auf ungeordnete Vermögensverhältnisse gestützten Untersagung auslöst. Allerdings hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang zu Recht angenommen, dass § 12 Satz 1 GewO kein Verbot der Vollstreckung von Gewerbeuntersagungen wegen wirtschaftlicher Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden normiert, um die insolvenzrechtlichen Ziele zu sichern, wie dies zum Teil in der obergerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur vertreten wird. Dagegen spricht schon der klare Wortlaut der Vorschrift. Denn die vollstreckungsrechtlichen Vorschriften etwa zur Anordnung oder Festsetzung von Zwangsgeld "ermöglichen" nicht im Sinne von § 12 Satz 1 GewO die Untersagung eines Gewerbes wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, sondern den Vollzug einer bereits ergangenen Gewerbeuntersagung. Außerdem betrifft die Frage der Unzuverlässigkeit wegen ungeordneter Vermögensverhältnisse die Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsaktes "Untersagung", die von der Rechtmäßigkeit von Maßnahmen zur Vollstreckung des Grundverwaltungsaktes strikt zu trennen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2004 - 1 C 30.03 - BVerwGE 122, 293 <296 f.>). Zudem würde ein Vollstreckungsverbot eine ungerechtfertigte Privilegierung derjenigen Gewerbetreibenden bewirken, die eine vor Beginn der in § 12 Satz 1 GewO bezeichneten Zeiträume ergangene sofort vollziehbare oder bestandskräftig gewordene Untersagungsverfügung missachten. Die Frage, ob und inwieweit die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder die insolvenzgerichtliche Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO bei Ausübung des vollstreckungsrechtlichen Ermessens Berücksichtigung finden kann, betrifft allein die Auslegung und Anwendung des landesrechtlichen Vollstreckungsrechts.

26

Dem Ziel des § 12 Satz 1 GewO, dem Gewerbetreibenden die mit der Durchführung eines Insolvenzverfahrens eröffnete Chance zu einem Neuanfang zu sichern, kann jedoch auch unter Wahrung der im Gesetz angelegten Trennung von Gewerbeuntersagungs- und Wiedergestattungsverfahren Rechnung getragen werden. Zwar ist § 12 GewO nach seinem Wortlaut nicht auf das Wiedergestattungsverfahren nach § 35 Abs. 6 GewO anwendbar. Soweit die Untersagung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden auf dessen ungeordneten Vermögensverhältnissen beruht, kann jedoch ein nach Abschluss des Gewerbeuntersagungsverfahrens eröffnetes Insolvenzverfahren die Grundlage für eine Wiedergestattung der Gewerbeausübung bieten. Das setzt die Prognose voraus, dass der Gewerbetreibende künftig wirtschaftlich hinreichend leistungsfähig sein wird, um das Gewerbe ordnungsgemäß ausüben zu können. Allerdings rechtfertigen allein die oben genannten insolvenzrechtlichen Sicherungen eine solche Prognose nicht. Wie ausgeführt, bewirken diese Sicherungen, solange und soweit sie greifen, dass kein Bedürfnis im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 GewO besteht, den Geschäftsverkehr von einer Fortsetzung der gewerblichen Tätigkeit des insolventen Gewerbetreibenden zu schützen (vgl. BT-Drs. 12/3803 S. 103). Für die Prognose einer auf den Aspekt der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bezogenen dauerhaften Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden ist darüber hinaus erforderlich, dass begründete Aussicht auf eine Sanierung seiner Vermögensverhältnisse infolge der im Insolvenzverfahren durchzuführenden Maßnahmen besteht. Für diesen Fall werden in der Regel die Voraussetzungen des § 35 Abs. 6 Satz 1 GewO für eine Wiedergestattung der Gewerbeausübung wegen künftig geordneter Vermögensverhältnisse und zwischenzeitlich fehlender Gefährdung des Geschäftsverkehrs vorliegen. Umgekehrt wird eine Wiedergestattung im Regelfalle nicht in Betracht kommen, wenn die Sanierungschancen negativ zu bewerten sind. Ist der Sanierungserfolg - insbesondere zu Beginn des Insolvenzverfahrens - noch offen, fehlt zwar zunächst die Grundlage für die Feststellung, dass der Gewerbetreibende die Gewähr dafür bietet, das Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß auszuüben. Insoweit kann dem in § 12 GewO zum Ausdruck kommenden öffentlichen Interesse, eine Sanierung des insolventen Gewerbes im Rahmen des Insolvenzverfahrens nicht durch eine fortdauernde Untersagung der Gewerbeausübung von vornherein zu vereiteln, dadurch Rechnung getragen werden, dass die nach § 35 Abs. 6 Satz 1 GewO vorausgesetzte Gewähr dauerhafter Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden - hier nach seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit - durch geeignete Nebenbestimmungen gesichert wird, die den weiteren Bestand der Wiedergestattung vom Ergebnis des Insolvenzverfahrens abhängig machen (§ 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG). Zur raschen vorläufigen Klärung der Befugnis zur Fortführung des Gewerbes nach § 35 Abs. 6 GewO steht dem Gewerbetreibenden die Möglichkeit des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO zur Verfügung.

27

Das Wiedergestattungsverfahren ist auch nicht deshalb ungeeignet, die Chance für eine Sanierung des insolventen Gewerbes durch ein nach Abschluss des Gewerbeuntersagungsverfahrens eröffnetes Insolvenzverfahren zu erhalten, weil im Regelfall für die Wiedergestattung eine Wartefrist von einem Jahr nach Durchführung der Untersagungsverfügung einzuhalten ist (§ 35 Abs. 6 Satz 2 GewO). Denn für den Fall, dass Aussicht auf eine Sanierung der Vermögensverhältnisse des Gewerbetreibenden im Wege insolvenzrechtlicher Maßnahmen besteht oder ein Sanierungserfolg jedenfalls möglich erscheint, wird vom Vorliegen "besonderer Gründe" im Sinne des § 35 Abs. 6 Satz 2 GewO auszugehen sein, weil es dann nicht mehr aufgrund überwiegender öffentlicher Interessen gerechtfertigt ist, den Betroffenen trotz fehlender Gefährdung des Geschäftsverkehrs länger von der Ausübung des Gewerbes fernzuhalten und dadurch den Sanierungserfolg zu gefährden (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juli 1959 - 1 C 101.54 - DVBl. 1959, 775 <776> und Beschluss vom 23. November 1990 - 1 B 155.90 - Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 47; Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO, Stand Oktober 2014, Bd. I, § 35 Rn. 177.

28

4. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist auch die vom Berufungsgericht bejahte Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung und der Kostenentscheidung im angefochtenen Bescheid.

29

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.