Verwaltungsgericht Halle Beschluss, 27. Jan. 2015 - 3 B 75/14

ECLI:ECLI:DE:VGHALLE:2015:0127.3B75.14.0A
bei uns veröffentlicht am27.01.2015

Gründe

1

Die von den Antragstellern bei dem beschließenden Gericht gestellten Anträge auf (vorläufige) Zulassung zum Studiengang Humanmedizin bei der Antragsgegnerin im Wintersemester 2014/2015 im 1. Fachsemester außerhalb der festgesetzten Kapazität oder auf Beteiligung an der Verlosung freier außerkapazitärer Studienplätze bleiben ohne Erfolg. Gleiches gilt, soweit einige Antragsteller hilfsweise den geltend gemachten Anspruch auf vorläufige Zulassung auf den vorklinischen Studienabschnitt beschränkt haben.

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Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn diese, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung). Gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 und § 294 Abs. 1 ZPO muss ein Antragsteller dazu glaubhaft machen, dass ihm dadurch, dass man ihn auf ein Hauptsacheverfahren verweist, Nachteile entstehen, die bei einem Obsiegen in der Sache nicht mehr ausgeglichen werden können (Anordnungsgrund). Darüber hinaus ist zu prüfen, ob der Antragsteller mit seinem Begehren im Hauptsacheverfahren voraussichtlich Erfolg haben wird (Anordnungsanspruch).

3

Es kann offen bleiben, ob alle Antragsteller den für ein erfolgreiches Rechtsschutzbegehren erforderlichen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht haben. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den Antragsteller zu 83, der bei einer Abiturnote von 1,4 keine Unterlagen über eine erfolglose Bewerbung um die Vergabe eines entsprechenden Studienplatzes bei der Stiftung Hochschulstart und im ADH-Verfahren vorgelegt hat (vgl. hierzu OVG LSA, Beschluss vom 31. Januar 2014, - 3 M 107/13 - juris).

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Die Antragsteller haben jedenfalls keinen Anspruch auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO glaubhaft gemacht.

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Denn die Antragsgegnerin hat mit der Anzahl der (innerkapazitär) zugelassenen Studierenden ihre vorhandene Ausbildungskapazität ausgeschöpft.

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Soweit einige Antragsteller geltend machen, die Antragsgegnerin habe möglicherweise ein ihr nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Hochschulzulassungsgesetz Sachsen-Anhalt (HZulG LSA) zustehendes Ermessen hinsichtlich der grundsätzlichen Entscheidung, den Zugang zum Studiengang Humanmedizin zu beschränken, nicht ordnungsgemäß ausgeübt, greift dies schon deshalb nicht durch, weil § 4 Abs. 1 Satz 1 HZulG LSA lediglich für Studiengänge gilt, die nicht in das zentrale Vergabeverfahren einbezogen sind. Die Antragsteller begehren jedoch eine Zulassung zum Studiengang Humanmedizin, der gemäß Anlage 1 Nr. 1 der Vergabeverordnung Stiftung in das zentrale Verfahren einbezogen ist.

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Die Antragsgegnerin hat für das Wintersemester 2014/2015 die Zulassungszahl für das 1. Fachsemester des Studiengangs Humanmedizin in der Anlage zu § 1 der Ordnung über die Festsetzung von Zulassungszahlen für Studienplätze im zentralen Vergabeverfahren im Wintersemester 2014/2015 und im Sommersemester 2015 - Zulassungszahlenordnung/ZZO 2014/2015 - vom 24. April 2014 (Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 08. Mai 2014; Generalakte Ordnungsnummer 36) auf 242 (Voll-) Studienplätze festgesetzt. Diese Festsetzung ist nicht deshalb unwirksam, weil die Antragsgegnerin nicht nur 221 Studienplätze - wie nach ihrer Berechnung erforderlich - sondern 242 Studienplätze festgesetzt hat. Insbesondere ist hierin kein Verstoß gegen § 2 Abs. 2 Satz 1 KapVO LSA zu sehen. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 KapVO LSA liegt der Festsetzung der Zulassungszahl die jährliche Aufnahmekapazität zugrunde. So liegt es auch hier. Die Festsetzung der Zulassungszahl erfolgte aufgrund der ermittelten Aufnahmekapazität, allerdings - wie aus dem Anschreiben der Antragsgegnerin an das Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft des Landes Sachsen-Anhalt zur vorgelegten Satzung über die Festsetzung von Zulassungszahlen (Generalakte Nr. 2) hervorgeht - unter Berücksichtigung der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, die in den letzten beiden Jahren den von der Antragsgegnerin bei der Ermittlung der Kapazität zugrunde gelegten Lehrexport (außer in die Zahnmedizin) nicht anerkannte und danach von einer entsprechend höheren Aufnahmekapazität ausging. Zum Zeitpunkt der Entscheidung der Kammer waren nach den Mitteilungen der Antragsgegnerin im ersten Fachsemester 251 Studienplätze belegt. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erforderlichen, aber auch hinreichenden summarischen Prüfung sind bei der Antragsgegnerin keine weiteren (verdeckten) Studienplätze vorhanden.

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Rechtsgrundlage der Kapazitätsermittlung für das Studienjahr 2014/2015 ist die Kapazitätsverordnung des Landes Sachsen-Anhalt - KapVO LSA - vom 24. Januar 1994 (GVBl. LSA S. 68), zuletzt geändert durch Verordnung vom 14. Januar 2012 (GVBl. LSA S. 6). Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 KapVO LSA wird die jährliche Aufnahmekapazität (§ 2 Abs. 2 Satz 1 KapVO LSA) in zwei Verfahrensschritten ermittelt, nämlich 1. durch eine Berechnung aufgrund der personellen Ausstattung nach den Vorschriften des Abschnitts 2 (§§ 6 bis 13 KapVO LSA) und 2. durch eine Überprüfung des dabei gewonnenen Ergebnisses anhand der weiteren kapazitätsbestimmenden Kriterien nach den Vorschriften des Abschnitts 3 (§§ 14 bis 19 KapVO LSA). Beiden Verfahrensschritten sind nach § 5 Abs. 1 KapVO LSA grundsätzlich die Daten eines Stichtags zugrunde zu legen, der nicht mehr als neun Monate vor Beginn des Zeitraums liegen darf, für den die Ermittlung und die Festsetzung gelten (Berechnungszeitraum). Stichtag für die Kapazitätsberechnungen der Antragsgegnerin für den am 1. Oktober 2014 beginnenden Berechnungszeitraum des Studienjahrs 2014/2015 der Lehreinheit Vorklinische Medizin (§ 7 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 KapVO LSA) ist der 31. Januar 2014. Die Aufnahmekapazität aufgrund der personellen Ausstattung errechnet sich nach § 6 KapVO LSA in Verbindung mit der Anlage 1 zur KapVO LSA aus dem Verhältnis des Lehrangebots der Lehreinheit für den Studiengang zur Lehrnachfrage des Studiengangs bei dieser Lehreinheit.

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Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KapVO LSA sind für die Berechnung des Lehrangebots alle Stellen des wissenschaftlichen Lehrpersonals und der sonstigen Lehrpersonen nach Stellengruppen den Lehreinheiten zuzuordnen. Das in Deputatstunden gemessene Lehrdeputat einer Lehreinheit ist gemäß §§ 8 und 9 KapVO LSA anhand der für die verschiedenen Stellengruppen im Rahmen des Dienstrechts jeweils festgesetzten Lehrverpflichtungen zu ermitteln, unabhängig davon, ob die Stelle besetzt ist oder nicht, welche individuelle Qualifikation der jeweilige Stelleninhaber hat und welchen Umfang an Lehre er tatsächlich erbringt oder erbringen könnte. Nach Ziffer I.1 der Anlage 1 zur KapVO LSA ergibt sich das Angebot einer Lehreinheit an Deputatstunden aus dem Lehrdeputat der verfügbaren Stellen einschließlich dem Lehrdeputat an die Hochschule abgeordneter Personen und dem durch Lehraufträge zusätzlich zur Verfügung stehenden Deputat; abzuziehen sind Verminderungen des Lehrdeputats nach § 9 Abs. 2 KapVO LSA. Bei der Ermittlung des Lehrangebots einer Lehreinheit ist mithin von der Zahl der der Lehreinheit zugewiesenen Stellen und der auf diese Stellen entfallenden Regellehrverpflichtungen auszugehen.

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Für die Ermittlung des unbereinigten Lehrangebotes gilt danach Folgendes:

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Wie in den vorangegangenen Jahren sind für die Lehreinheit Vorklinische Medizin in Übereinstimmung mit den Berechnungsgrundlagen der Antragsgegnerin 35,5 verfügbare und demgemäß kapazitätsrelevante Stellen des Lehrpersonals in Ansatz zu bringen (Generalakte Ordnungsnummer 4).

12

Die Lehrverpflichtung der einzelnen Lehrpersonen bestimmt sich dabei (allein) nach den in § 4 Abs. 1 der Verordnung über die Lehrverpflichtung an staatlichen Hochschulen des Landes Sachsen-Anhalt - Lehrverpflichtungsverordnung/LVVO - vom 6. April 2006 (GVBl. LSA S. 232) normativ bestimmten Lehrdeputaten. Unter Heranziehung der Regelungen des § 4 LVVO über den Umfang der einzelnen Lehrverpflichtungen hat die Antragsgegnerin entsprechend der zu berücksichtigenden Personalstellen-Ausstattung das Bruttolehrangebot der Lehreinheit Vorklinische Medizin ohne Deputatverminderungen mit 216 Deputatstunden veranschlagt, wobei das Institut für Anatomie und Zellbiologie mit 78, das Institut für Physiologie mit 70 und das Institut für Physiologische Chemie mit 68 Lehrveranstaltungsstunden in die Berechnung eingehen. Der Ansatz von 6 Lehrveranstaltungsstunden für die von der Juniorprofessorin Dr. Dr. Großmann besetzte W1-Stelle (zweite Anstellungsphase) im Institut für Physiologie entspricht der Vorgabe in § 4 Abs. 1 Nr. 2 LVVO, mit der sich der Verordnungsgeber in Sachsen-Anhalt im Rahmen der Vereinbarungen gehalten hat, die die Kultusministerkonferenz über die Lehrverpflichtung an Hochschulen durch Beschluss vom 12. Juni 2003 getroffen hat (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 23. Juli 2013 - 3 M 311/12 - juris Rn. 9). Auch sonst unterliegen die jeweiligen Lehrdeputatzuweisungen durch die Antragsgegnerin keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

13

Zu Recht hat die Antragsgegnerin für den Dekan der Medizinischen Fakultät, den Studienfachberater und acht mit besonderen Aufgaben verbundene Funktionsstellen in den drei vorklinischen Instituten Lehrdeputatverminderungen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 KapVO LSA) im Umfang von insgesamt 24 Semesterwochenstunden berücksichtigt. Im Einzelnen: Die Kammer hat bereits in den vergangenen Berechnungszeiträumen für die betreffenden Funktionsstellen im Sinne des § 6 Abs. 5 LVVO sowie für die Funktion des Studienfachberaters nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 LVVO durchgehend eine Deputatermäßigung von jeweils 2 Semesterwochenstunden anerkannt (vgl. Beschlüsse der Kammer vom 19. Februar 2010 - 3 B 205/09 - juris Rn. 29, vom 22. Februar 2011 - 3 B 168/10 - BA S. 8 f., vom 26. April 2012 - 3 B 187/11 u.a. - BA S. 9 f. und vom 7. März 2013 - 3 B 523/12 u.a. - BA S. 12; Beschluss vom 07. März 2014 - 3 B 109/13 HAL -; OVG LSA, Beschluss vom 23. Juli 2013 - 3 M 311/12 - juris Rn. 10 ff.). Anhaltspunkte dafür, dass eine kapazitätsrechtlich unzulässige Niveaupflege betrieben wird oder bei der Antragsgegnerin eine „Luxusgeräteausstattung“ vorliegt, sind nicht zu erkennen (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 23. Juli 2013 a.a.O. Rn. 16). Ebenso wie im Vorjahr reduziert sich darüber hinaus das Lehrdeputat von Prof. Dr. Gekle als Dekan um 6 Semesterwochenstunden, denn nach § 6 Abs. 1 Satz 2 LVVO wird für Dekane von medizinischen Fakultäten die Lehrverpflichtung - im gegebenen Fall von ursprünglich 8 Semesterwochenstunden - zwingend um 75 v.H. ermäßigt.

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In die Ermittlung des unbereinigten Lehrangebots sind für den hier maßgeblichen Zeitraum keine von der Antragstellerin vergebenen Lehraufträge kapazitätserhöhend aufzunehmen. Gemäß § 10 Satz 1 KapVO LSA werden als Lehrauftragsstunden die Lehrveranstaltungsstunden in die Berechnung des Lehrangebots einbezogen, die der Lehreinheit für den Ausbildungsaufwand nach § 13 Abs. 1 KapVO LSA in den dem Berechnungsstichtag vorausgehenden zwei Semestern - hier also im Wintersemester 2012/2013 und im Sommersemester 2013 - im Durchschnitt je Semester zur Verfügung gestanden haben und nicht auf einer Lehrverpflichtung beruhen. Nach § 10 Satz 2 KapVO LSA gilt dies nicht, soweit die Lehrauftragsstunden aus Haushaltsmitteln für unbesetzte Stellen vergütet worden sind. Eine kapazitätserhöhende Berücksichtigung von Lehraufträgen ist danach bereits deshalb nicht vorzunehmen, da im hier maßgeblichen Zeitraum (Wintersemester 2012/13 und Sommersemester 2013) ausweislich der vorliegenden dienstlichen Erklärung des Studiendekans Prof. Dr. Körholz vom 26. August 2014 im Studiengang Medizin im Bereich der curricularen Lehre von den drei vorklinischen Instituten keine Lehraufträge erteilt wurden.

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Wie in den Vorjahren finden die bei der Antragsgegnerin tätigen Drittmittelbediensteten bei der Berechnung des Lehrangebots keine Berücksichtigung. Aus Drittmitteln finanzierte wissenschaftliche Mitarbeiter sind bei der Berechnung des Lehrangebots jedenfalls dann außer Betracht zu lassen, wenn sie tatsächlich keine Lehraufgaben übernehmen (vgl. SächsOVG, Beschluss vom 17. Dezember 2009 - NC 2 B 32/09 - juris Rn. 23; Beschluss der Kammer vom 7. März 2013 - 3 B 523/12 u.a. - BA S. 20). Der Studiendekan der Medizinischen Fakultät der Antragsgegnerin hat durch dienstliche Erklärung vom 26. August 2014 versichert, dass in den Arbeitsverträgen der Drittmittelbeschäftigten der vorklinischen Institute keine Lehrverpflichtungen vorgesehen sind und keiner der Drittmittelbeschäftigten in den vorklinischen Instituten in der curricularen Lehre eingesetzt wird (Generalakte Ordnungsnummer 28). Es ist weder vorgetragen worden noch sonst erkennbar, dass diese Angaben nicht zutreffen würden.

16

Nicht zu beanstanden ist schließlich, dass die Antragsgegnerin bei den befristet beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeitern von einem Lehrdeputat je Stelle von (nur) vier Semesterwochenstunden ausgegangen ist. Der Umfang der Lehrverpflichtung ist in § 4 LVVO festgelegt. An Universitäten gilt gemäß § 4 Abs. 1, 5 LVVO bei unbefristet beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeitern eine Lehrverpflichtung von 8 Lehrveranstaltungsstunden und für befristet beschäftigte wissenschaftliche Mitarbeiter eine Lehrverpflichtung von 4 Lehrveranstaltungsstunden. Soweit einige Antragsteller insoweit einwenden, es sei nicht erkennbar, inwieweit befristet beschäftigte wissenschaftliche Mitarbeiter eigenständige wissenschaftliche Fort- und Weiterbildung während ihrer Arbeitszeit betreiben würden und ob dies während der Arbeitszeit erforderlich sei, verweist die Antragsgegnerin zutreffend darauf, dass sich die Lehrverpflichtung der einzelnen Lehrpersonen - wie bereits ausgeführt - allein nach den in § 4 Abs. 1, 5 LVVO normativ bestimmten Lehrdeputaten (Regellehrverpflichtung) richtet. Danach ist die Zuweisung von Lehrdeputaten nach der LVVO an die Funktion der Lehrperson geknüpft. In die Kapazitätsberechnung ist demgemäß die der Stelle der jeweiligen Stellengruppe aus ihrem Amtsinhalt abgeleitete Regellehrverpflichtung unabhängig von ihrer Besetzung oder der Qualifikation ihres Stelleninhabers und seinem tatsächlichen Lehraufwand einzubringen (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 24. Juni 2013 - 3 M 182/12 u.a., S. 7 d.U.). Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin in der Kapazitätsberechnung bei der Stellengruppe der befristet beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeiter jeweils grundsätzlich ein Lehrdeputat von 4,0 Deputatsstunden zu Grunde gelegt hat.

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Das unbereinigte Lehrangebot der Lehreinheit Vorklinische Medizin der Antragsgegnerin beträgt danach 192 Semesterwochenstunden.

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Das unbereinigte Lehrangebot ist gemäß § 11 KapVO LSA in Verbindung mit Ziffer I.2 der Anlage 1 zur KapVO LSA um die Dienstleistungen, gemessen in Deputatstunden, zu reduzieren, die die Lehreinheit Vorklinische Medizin für ihr nicht zugeordnete Studiengänge zu erbringen hat. Für den nicht zugeordneten Studiengang Zahnmedizin hat die Antragsgegnerin danach zutreffend einen Dienstleistungsbedarf von 16 Semesterwochenstunden angesetzt, der sich aus dem von der Lehreinheit Vorklinische Medizin zu erbringenden Anteil am Curricularnormwert des Studiengangs Zahnmedizin (CAq) von 0,8 (wobei nur die gesondert für die Studenten der Zahnmedizin vorgesehenen Praktika einbezogen sind) und dem von der Antragsgegnerin unter Berücksichtigung der Studienanfängerzahl im Studiengang Zahnmedizin von 40 Studierenden (vgl. § 11 Abs. 2 KapVO LSA) ermittelten Aq/2-Wert von 20 (CAq x Aq/2) ergibt.

19

Demgegenüber findet der von der Antragsgegnerin für die sog. innovativen Studiengänge Gesundheits- und Pflegewissenschaften, Ernährungswissenschaften und Medizinische Physik in Ansatz gebrachte Dienstleistungsbedarf auch in diesem Jahr keine rechtliche Anerkennung.

20

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist in Situationen eines hohen Bewerberüberhangs zu differenzieren, ob ein Studiengang mit einer örtlichen Zulassungsbeschränkung wie die drei Bachelorstudiengänge oder wie der Studiengang Humanmedizin mit einem sog. harten Numerus clausus versehen ist. Der absolute Numerus clausus hat nämlich besonders einschneidende Auswirkungen, denn er führt dazu, dass eine mehr oder minder große Zahl der Bewerber den Beginn des gewünschten Studiums auf mehr oder weniger lange Zeit hinausschieben muss. Bei starker Nachfrage und entsprechend langen Wartezeiten beeinträchtigen derartige Zulassungsbeschränkungen nicht nur die Wahl der Ausbildungsstätte, sondern können zugleich die Berufswahl bis hin zur Preisgabe der ursprünglichen Absichten beeinflussen. Sozial schwächere Bewerber haben dabei nicht die gleichen Möglichkeiten wie finanziell besser gestellte Studieninteressenten, längere Wartezeiten zu überbrücken oder eine Ausbildung im Ausland zu beginnen (vgl. BVerfG, Entscheidung vom 18. Juli 1972 - 1 BvL 32/70 u.a. - juris Rn. 53). Es ist nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin diese verfassungsrechtlichen Kriterien in ihrer Abwägungsentscheidung hinsichtlich des Dienstleistungsexports in die drei Bachelorstudiengänge hinreichend gewürdigt hat (vgl. OVG LSA, Beschlüsse vom 21. März 2013 - 3 M 175/12 u.a. - BA S. 9 und vom 31. Januar 2014 - 3 M 107/13 u.a. - BA S. 8). Es trifft zwar zu, dass die mit jedem Dienstleistungsexport einer Lehreinheit einhergehende Beeinträchtigung des grundrechtlichen Anspruchs eines Studienbewerbers auf Studienzulassung, der bei Numerus-clausus-Studiengängen als Recht auf Teilhabe an den vorhandenen Ausbildungskapazitäten gewährleistet ist, grundsätzlich nicht unverhältnismäßig ist, wenn die als Dienstleistung exportierte Lehre nicht verloren geht, sondern Ausbildungskapazität in einem anderen Studiengang schafft. Weder das Kapazitätserschöpfungsgebot noch das Teilhaberecht des Studienbewerbers vermitteln grundsätzlich einen Anspruch darauf, das Lehrpotential der wissenschaftlichen Lehrkräfte einer Hochschule ausschließlich in einer den von dieser Hochschule angebotenen „harten“ Numerus-clausus-Studiengängen zugute kommenden Weise einzusetzen. Ein von einer Lehreinheit für „harte“ Studiengänge erbrachter Dienstleistungsexport begegnet jedoch dann regelmäßig verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn er sachlich nicht geboten ist oder qualitativ gleichwertig auch von einer Lehreinheit, der keine „harten“ Studiengänge zugeordnet sind, erbracht werden könnte (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 21. März 2013 a.a.O.; NdsOVG, Beschluss vom 15. August 2012 - 2 NB 359/11 - juris Rn. 35). Der Universität kommt dabei grundsätzlich ein Organisationsermessen zu, das nicht dadurch eingeschränkt ist, dass von ihm stets im Sinne der kapazitätsgünstigeren Alternative Gebrauch gemacht werden müsste. Eine solche Entscheidung ist erst unumgänglich, wenn es an sachlichen Gründen für eine andere Lösung fehlt. Allerdings muss die Universität bei ihrer Abwägung die Belange der Studienbewerber der betroffenen Studiengänge und diejenigen anderer Art angemessen berücksichtigen und zum Ausgleich bringen. Wie die Verwaltung indes die relevanten Belange im Einzelnen abwägt, unterliegt ihrem Ermessen. Die Entscheidung ist von komplexen planerischen, haushaltsspezifischen und wissenschaftsbezogenen Wertungen gekennzeichnet. Das Ermessen ist gerichtlich nur darauf überprüfbar, dass die Verwaltung von einer planerischen Abwägung nicht absehen darf, dass willkürfrei auf der Grundlage eines vollständigen Sachverhalts abzuwägen ist und die Belange der Studienplatzbewerber nicht in einer Weise gewichtet werden dürfen, die den erforderlichen Ausgleich der grundrechtlich geschützten Rechtssphären von Hochschulen, Lehrpersonen, Studenten und Studienplatzbewerbern zum Nachteil der Letzteren verfehlt (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 21. März 2013 a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 23. Juli 1987 - 7 C 10/86 - juris Rn. 40).

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Bezogen auf den für die Bachelorstudiengänge Gesundheits- und Pflegewissenschaften, Ernährungswissenschaften und Medizinische Physik von der vorklinischen Lehreinheit erbrachten und von der Antragsgegnerin kapazitätsmindernd angerechneten Dienstleistungsexport hat das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt in seiner Rechtsprechung für das Wintersemester 2011/2012 ausgeführt (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 21. März 2013 a.a.O. S. 9 f.):

22

„Der Senat hat bereits in seiner bisherigen Rechtsprechung den Umstand hervorgehoben, dass bei der Antragsgegnerin in den letzten zehn Jahren eine deutliche Reduzierung des unbereinigten Lehrangebotes eingetreten ist, mit der auch eine erhebliche Verringerung der Aufnahmekapazität im Studiengang Humanmedizin verbunden war. Wie sich aus einem Vergleich der von der Antragsgegnerin erstellten Kapazitätsberechnungen für die Berechnungszeiträume WS 2003/2004 und SS 2004 bis zum Berechnungszeitraum WS 2011/12 und SS 2012 ergibt, ist das unbereinigte Lehrangebot von 242,00 auf 190,00 Deputatsstunden verringert worden, während der Dienstleistungsbedarf für nicht zugeordnete Studiengänge von 42,9978 auf 24,42 gesunken ist. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass in dem Wert für den Berechnungszeitraum WS 2003/2004 und SS 2004 11 SWS ein Dienstleistungsexport in die Lehreinheit Klinisch-praktische Medizin vorgesehen war, welcher nach der Rechtsprechung des Senates nur zu einem geringen Teil berücksichtigungsfähig war (Beschl. d. Senates v. 31.08.2006 - 3 N 3/06 -). Bei einem Vergleich der beiden Berechnungszeiträume WS 2008/2009 und SS 2009 und des streitgegenständlichen Berechnungszeitraumes ist zwar festzustellen, dass das unbereinigte Lehrangebot wieder von 179,35 auf 190 Deputatsstunden erhöht worden ist, der Dienstleistungsexport hingegen von 28,25 auf 24,42 gesenkt wurde. Diese Reduzierung des Dienstleistungsexportes ist jedoch überwiegend auf die Verringerung des Dienstleistungsbedarfs für den bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengang Zahnmedizin zurückzuführen, während der Dienstleistungsexport für die drei Bachelorstudiengänge von 9,71 auf 8,42 vergleichsweise geringfügig abgesenkt wurde. Der Dienstleistungsexport für den Bachelorstudiengang Ernährungswissenschaften ist sogar erhöht worden. Der Grund war nach der Darstellung der Antragsgegnerin in dem Beschluss des Fakultätsvorstandes vom 6. Juni 2011, dass aufgrund hoher Bewerberzahlen im Studienjahr 2010/2011 statt der 50 festgesetzten Studienplätze 52 Studienanfänger aufgenommen worden sind. Die Aufnahmekapazität des Bachelorstudiengangs Ernährungswissenschaften soll nach Auffassung der Antragsgegnerin nicht abgesenkt werden, da nur so der ständige Bedarf an Ernährungsexperten gedeckt werden könne. Gegen eine Reduzierung der Aufnahmekapazität spreche auch die hohe Bewerberzahl für diesen Studiengang (ca. 14 Bewerber auf einen Studienplatz für das Studienjahr 2010/2011). Mit diesen Ausführungen legt die Antragsgegnerin (erneut) nicht dar, dass sie die Interessen der Bewerber für das Studienfach Humanmedizin ermessensfehlerfrei in die Abwägung einbezogen hat. Bundesweit ist zwar die Zahl der Studienplätze im Studiengang „Humanmedizin“ vom Wintersemester 2006/2007 bis zum Wintersemester 2011/2012 von 8.492 auf 8.753 gestiegen. Im selben Zeitraum ist die Zahl der Bewerber jedoch auch von 33.570 auf 44.053 gestiegen (Quelle: www.hochschulstart.de). Angesichts dessen, dass entgegen der bundesweiten Entwicklung sich die Aufnahmekapazität bei der Antragsgegnerin im Studiengang Humanmedizin in den letzten Jahren (deutlich) verringert hat, zeigt die Antragsgegnerin nicht auf, inwieweit mit der Ausweitung der Kapazität für einen nur örtlich zulassungsbeschränkten Studiengang eine ermessensfehlerfreie Abwägungsentscheidung im Hinblick auf die Interessen der Bewerber für den Studiengang Humanmedizin getroffen worden ist.“

23

Diese Erwägungen können auch für den vorliegend zu beurteilenden Berechnungszeitraum Geltung beanspruchen. Zwar hat der Fakultätsvorstand der Medizinischen Fakultät der Antragsgegnerin am 03. März 2014, anknüpfend an die von ihm am 6. Juni 2011, 25. September 2012 und am 10. September 2013 gefassten Beschlüsse, erneut im Rahmen von Einzelbeschlüssen für die jeweiligen Exportfächer und einer abschließenden Gesamtbetrachtung Abwägungsentscheidungen zum Dienstleistungsexport in die drei Bachelorstudiengänge getroffen (Generalakte Ordnungsnummer 33). Diese Beschlüsse stimmen aber weitgehend mit den Vorgängerbeschlüssen überein, die die Kammer zur Rechtfertigung des umstrittenen Lehrexports mangels ausreichender Vergegenwärtigung der besonderen Drucksituation der Studienbewerber in der Humanmedizin und mangels überzeugender Darlegungen in Bezug auf das Fehlen von Alternativlösungen als defizitär bewertet hat (vgl. Beschlüsse der Kammer vom 26. April 2012 - 3 B 187/11 u.a. - BA S. 16 f. und vom 7. März 2013 - 3 B 523/12 u.a. - BA S. 26 ff. sowie vom 07. März 2014 - 3 B 109/13 HAL - BA S. 30 ff.), und fügen ihnen nichts Wesentliches hinzu. So ist namentlich nach wie vor nicht nachvollziehbar, weshalb die Antragsgegnerin keine Möglichkeit sieht, die aus den vorklinischen Instituten exportierten Dienstleistungen kapazitätsschonend durch Dozenten der klinischen Lehreinheiten oder durch Lehrpersonen außerhalb der Medizinischen Fakultät in der gebotenen Qualität erbringen zu lassen. Ebenso wenig wird plausibel erklärt, wieso die klinischen Institute fachlich außerstande sein sollen, die Dienstleistungen mit der erforderlichen Qualität zu erbringen. Für die Beurteilung des Abwägungsergebnisses ergibt sich danach keine Veränderung gegenüber dem Wintersemester 2013/2014.

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Ausgehend von einem unbereinigten Lehrangebot von 192 Semesterwochenstunden ergibt sich abzüglich eines Dienstleistungsbedarfs in Höhe von 16 Semesterwochenstunden mithin ein bereinigtes Lehrangebot von 176 Semesterwochenstunden.

25

Für die von der Antragsgegnerin durchgeführte Berechnung der Lehrnachfrage sind keine Korrekturen veranlasst. Die Bestimmung der Lehrnachfrage erfolgt gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KapVO LSA anhand des in Deputatstunden gemessenen Aufwands aller beteiligten Lehreinheiten, der für die ordnungsgemäße Ausbildung einer Studentin oder eines Studenten in dem jeweiligen Studiengang erforderlich ist (Curricularnormwert). Bei der Berechnung der jährlichen Aufnahmekapazität sind die in Anlage 2 zur KapVO LSA aufgeführten Curricularnormwerte anzuwenden (§ 13 Abs. 1 Satz 2 KapVO LSA). Der maßgebende Curricularnormwert - für den Studiengang Humanmedizin ein Wert von 8,2 - muss auf die am Lehrangebot für den Studiengang beteiligten Lehreinheiten aufgeteilt werden (Bildung von Curricularanteilen, § 13 Abs. 4 Satz 1 KapVO LSA). Für die Berechnung der Aufnahmekapazität der jeweiligen Lehreinheit kommt es allein auf deren Curriculareigenanteil (CAp)an. Diesen hat die Antragsgegnerin für die Lehreinheit Vorklinische Medizin rechtlich beanstandungsfrei mit 1,5497 ermittelt (vgl. Beschlüsse der Kammer vom 19. Februar 2010 - 3 B 205/09 - juris Rn. 60 ff. und vom 7. März 2013 - 3 B 523/12 u.a. - BA S. 29 f. sowie vom 07. März 2014 - 3 B 109/13 HAL - BA S. 36). Das Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft hat der so vorgeschlagenen Aufteilung des Curricularnormwertes auf die Lehreinheiten mit Genehmigungsschreiben vom 15. April 2014 zugestimmt.

26

Entgegen der Auffassung einiger Antragsteller ist der von der Antragsgegnerin bei der Kapazitätsberechnung angesetzte CAp der Lehreinheit Vorklinische Medizin auch nicht deshalb als fehlerhaft anzusehen, weil bei der Ermittlung des in Anlage 2 zur KapVO LSA festgelegten Curricularnormwertes für Medizin in Anwendung von § 2 Abs. 4 Satz 5 der Approbationsordnung für Ärzte vom 27. Juni 2002 (BGBl. I, 2405), zuletzt geändert durch Art. 2 der Verordnung vom 02. August 2013 (BGBl. I 3005, im Folgenden: ÄAppO) zu geringe Gruppengrößen (g) für Seminare angesetzt worden wären. Die Antragsteller machen insoweit geltend, die in § 2 Abs. 4 Satz 5 ÄAppO getroffene Regelung sei verfassungswidrig, da dem Bund hierfür die Normsetzungskompetenz fehle. Sie sei auch sachlich ungerechtfertigt, da jedenfalls bei Einsatz modernster Kommunikationsmittel eine weitaus größere Teilnehmerzahl möglich wäre. Des weiteren verweisen sie auf die KapVO II vom 07. November 1975, in der die Betreuungsrelation bei Seminaren mit 30 angegeben sei. Die Begrenzung der Gruppengröße von 20 sei damals nur deshalb gewählt worden, weil eine Erhebung bei den Hochschulen ergeben habe, dass an den Universitäten nicht genügend Seminarräume zur Verfügung stünden, um die Seminare mit einer Gruppengröße von 30 abzuhalten. Ob dies angesichts der tatsächlich vorhandenen Räumlichkeiten (noch) gerechtfertigt sei, erscheine fraglich. Aufgrund der Unwirksamkeit der geregelten Gruppengröße könne man insoweit auf die richterliche Notkompetenz zurückgreifen und diese mit einem Zuschlag in Höhe von 15 % veranschlagen. Ausgehend hiervon wäre bei der Ermittlung des CNW zumindest eine Gruppengröße von g = 23, richtigerweise aber eine Gruppengröße von g = 30 anzunehmen.

27

Dieser Einwand überzeugt nicht. Dem von der Antragsgegnerin angesetzten CAp von 1,5497 liegt der in Anlage 2 zur KapVO LSA festgelegte Curricularnormwert (CNW) von 8,2 zugrunde. Diesen Wert hat der Landesverordnungsgeber wiederum aus der ÄAppO abgeleitet. Die für Seminare zugrunde gelegte Gruppengröße von 20 beruht dabei auf der normativen Vorgabe in § 2 Abs. 4 Satz 5 ÄAppO, wonach die Zahl der jeweils an einem Seminar teilnehmenden Studierenden 20 nicht überschreiten darf. Selbst wenn man mit den Antragstellern davon ausginge, dass die in § 2 Abs. 4 Satz 5 ÄAppO vorgesehene Gruppengröße für Seminare von 20 von der Kompetenz für Zulassungsregelungen zu ärztlichen Heilberufen nach Art. 74 Nr. 19 GG nicht mehr erfasst wäre mit der Folge der Nichtigkeit dieser Regelung, liegen jedenfalls keine Anhaltspunkte vor, die vor diesem Hintergrund die Zugrundelegung eines anderen CNW rechtfertigen oder gar gebieten würden.

28

Bei dem Curricularnormwert handelt es sich um eine Rechtsnorm mit zahlenförmigem Inhalt und nicht um eine bloße Rechengröße. Seine Festlegung beruht auf einem Meinungs- und Entscheidungsbildungsprozess des Normgebers, der komplexe Elemente des Einschätzens und Abwägens, der Vorsorge und Vorausschau sowie des Kompromisses zwischen gegensätzlichen Interessen, Auffassungen und Gewichtungen enthält (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 23.11.2005, - NC 9 S 140705 - juris, Rdnr. 55 m. w. N.; Niedersächs. OVG, Beschluss vom 11. Juli 2008, - 2 NB 487/07 -, juris; Beschluss vom 16. Juli 2009, - 3 N 599/08 -, juris ). Die einzelnen Anteile des CNW stehen dabei in einem gewissen „Beziehungsverhältnis" zueinander und die Gruppengrößen der verschiedenen Veranstaltungsarten sind aufeinander abgestimmt. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang dabei auch, dass dem Normgeber der Kapazitätsverordnung bei der Bestimmung der Lehrnachfrage ein Beurteilungsspielraum zusteht, der ein abwägendes Bewerten dessen beinhaltet, was für die Ermittlung des Ausbildungsaufwandes als vereinheitlichungsfähige Betreuungsrelation angesetzt werden kann. Die Änderung eines einzigen Berechnungsparameters führt nicht zwingend dazu, einzelne Teile anders zu gewichten, während andere Teile unverändert bleiben. Das Gebot der vollständigen Kapazitätsausschöpfung zwingt den Normgeber insbesondere nicht dazu, der Festsetzung des CNW diejenigen Betreuungsrelationen (Gruppengrößen) zugrunde zu legen, die stets zu der höchsten Kapazität, aber der schlechtesten Ausbildung führen (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 26. Februar 2007, - 3 N 187/06 - juris). Der Normgeber hat vielmehr ein weites Gestaltungsermessen, das lediglich durch das Willkürverbot begrenzt ist. Als ein Element des Normsetzungsverfahrens wäre der Wert von g = 20 für Seminare und damit der Curricularnormwert insgesamt nur dann zu beanstanden, wenn der genannte Wert im Rahmen des weiten Gestaltungsspielraums des KapVO-Gebers unter keinen sachlichen Gesichtspunkten mehr haltbar, mithin willkürlich wäre (vgl. insoweit zur Gruppengröße für Vorlesungen: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25. Mai 2007, - 13 C 125/07 -, juris m.w.N.). Für letzteres ist nichts erkennbar.

29

Es liegen - entgegen der Auffassung der Antragsteller - keine Anhaltspunkte vor, die es erfordern würden, der Ermittlung des Curricularnormwertes bei einer Beibehaltung der übrigen Berechnungsfaktoren eine andere Gruppengröße für Seminare zugrunde zu legen. Die Gruppengröße dieser Veranstaltungen ist unabhängig von der in § 2 Abs. 4 Satz 5 ÄAppO erfolgten normativen Vorgabe – anders als Vorlesungen in Anbetracht der heutigen technischen Möglichkeiten von Bild- und Tonübertragungen – aufgrund didaktischer Gründe und tatsächlicher Umstände wie begrenzter Unterrichtsräume und einer begrenzten Anzahl von Dozenten nicht beliebig erweiterbar (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 27. Februar 2009 - 2 NB 154/08 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25. Mai 2007 - 13 C 125/07 -, juris). Zu berücksichtigen ist insoweit auch die Vorstellung des Verordnungsgebers der ÄAppO von einer u.a. von den Betreuungsrelationen geprägten Mindestausbildungsqualität, die auch im Falle einer Nichtigkeit der durch die ÄAppO erfolgten Festlegung der Gruppengröße für Seminare bei der Festlegung des CNW zu berücksichtigen wäre. Dem Verordnungsgeber der ÄAppO ging es ausweislich der amtlichen Begründung zur Verordnung (BR-Ds. 632/89) bei der Festlegung der Durchführung von Seminaren in einer bestimmten Gruppengröße darum, eine vertiefende, klinikbezogene Ausbildung zu ermöglichen, insbesondere eine vertiefte Diskussion der in den Seminaren behandelten Fragestellungen zu ermöglichen und hierdurch auch die Fähigkeit zur Gesprächsführung, auch bei Gesprächen mit Patienten, zu schulen. Es erscheint naheliegend, dass diese Ziele einen Seminarunterricht in kleinen Gruppen mit bis zu 20 Personen erfordern. Die von den Antragstellern dargelegten Erwägungen zur Größe der Seminarräume mögen bei der seinerzeit erfolgten Festlegung der Gruppengröße ebenfalls eine Rolle gespielt haben. Zur Frage einer höheren Teilnehmerzahl führt der Verordnungsgeber allerdings aus, dass diese es erforderlich machen würde, die Mindeststundenzahl für diese Seminare höher anzusetzen, weil sonst die mit ihrer Einführung verfolgten Ausbildungsziele nicht erreicht werden könnten (vgl. BR-Ds. 632/89, S. 39). Dies stellen letztlich auch die Antragsteller nicht in Abrede, wenn sie ausführen, dass der Verordnungsgeber angesichts der vermeintlich nur beschränkt aufnahmefähigen Seminarräume die ursprünglich vorgesehene Gruppengröße von 30 auf 20 geändert und dafür die Anzahl der Semesterwochenstunden für Seminare von 12 auf 8 reduziert habe. Gerade unter Berücksichtigung dieser Ausführungen ist davon auszugehen, dass die Gruppengröße von 20 für die vorgesehenen Seminare unter Berücksichtigung der räumlichen Gegebenheiten, aber mit dem Ziel der Förderung einer vertieften, klinikbezogenen Ausbildung festgelegt wurde. Wollte man die Gruppengröße an vermeintlich veränderte räumliche Möglichkeiten anpassen, wäre danach jedenfalls nach dem zum Ausdruck gekommenen Willen des Verordnungsgebers auch die Anzahl der Semesterwochenstunden für diese Seminare zu erhöhen, um gleichwohl die hiermit beabsichtigte, vertiefte Diskussion zu ermöglichen. Die von den Antragstellern angesprochenen, modernsten Kommunikationsmittel sind hingegen nicht geeignet, die beabsichtigte Förderung der Gesprächsführung in größeren Gruppen zu ermöglichen. Danach liegen keine tragfähigen Anhaltspunkte für eine andere zutreffende Gruppengröße vor. Die Zugrundelegung des vom KapVO-Geber festgesetzten Curricularnormwertes von 8,2 und des genannten Parameters g = 20 für Seminare wäre vielmehr selbst im Fall einer Nichtigkeit des § 2 Abs. 4 Satz 5 ÄAppO sachlich vertretbar und nicht willkürlich. Vor diesem Hintergrund besteht kein Anlass, bei der Ermittlung des CNW von der Gruppengröße g = 20 für Seminare abzuweichen und im Rahmen einer richterlichen „Notkompetenz“ den vom Verordnungsgeber der KapVO festgesetzten CNW von 8,2 zu ändern.

30

Auf der Grundlage des bereinigten Lehrangebots von 176 Semesterwochenstunden errechnet sich danach bei einem Curriculareigenanteil der Lehreinheit Vorklinische Medizin von 1,5497 eine jährliche Aufnahmekapazität der Lehreinheit von (176 x 2 =) 352 : 1,5497 = 227,14 Studienplätzen.

31

Diese Zahl zugrunde gelegt, ergeben sich auch bei Berücksichtigung einer Schwundquote von 0,9747 keine weiteren von der Antragsgegnerin zu vergebenden außerkapazitären Studienplätze. Nach § 16 KapVO LSA ist die Studienanfängerzahl zu erhöhen, wenn zu erwarten ist, dass wegen Aufgabe des Studiums oder Fachwechsels oder Hochschulwechsels die Zahl der Abgänge an Studentinnen und Studenten in höheren Fachsemestern größer ist als die Zahl der Zugänge (Schwundquote). Die Berechnung der Schwundquote erfolgt in der Praxis nach dem „Hamburger Modell“, das auf verschiedenen, überwiegend kapazitätsfreundlichen Modellannahmen - insbesondere der Annahme der Austauschbarkeit aller im Studienverlauf nachgefragten Lehre - beruht (vgl. SächsOVG, Beschluss vom 25. März 2013 - NC 2 B 3/12 - juris Rn. 21; Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 4. Aufl. 2003, § 16 KapVO Rn. 3). Dabei wird das voraussichtliche Schwundverhalten der gegenwärtig eingeschriebenen Studierenden aus dem tatsächlichen Schwundverhalten der Studierenden in einem zurückliegenden Zeitraum ermittelt; Ausgangspunkt für die Berechnung sind die tatsächlich aufgenommenen Studienanfänger (vgl. SächsOVG, Beschluss vom 25. März 2013 a.a.O.). Um eine realitätsnahe Vorausschau hinsichtlich des zukünftigen Studienverhaltens zu ermöglichen, ist zum einen die Einbeziehung einer hinreichenden Anzahl von Studiensemestern erforderlich, damit singulär auftretende Ereignisse bei der Prognose eliminiert werden können, andererseits müssen die Daten für die Beurteilung noch hinreichend aktuell sein (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 16. Juli 2009 - 3 N 599/08 - juris Rn. 51). Dem ist die Antragsgegnerin in ihrer Schwundberechnung vom 11. September 2014 (Generalakte Ordnungsnummer 4) gerecht geworden, indem sie die Bestandszahlen für den Zeitraum Wintersemester 2010/2011 bis Wintersemester 2013/2014 betrachtet hat. Dieser Zeitraum ist hinreichend lang, um für eine aktuelle Prognoseberechnung valide Ergebnisse zu erhalten (vgl. Beschluss der Kammer vom 7. März 2013 - 3 B 523/12 u.a. - BA S. 30). Dass die Antragsgegnerin bei der Ermittlung des Schwundfaktors die gerichtlich zugelassenen Studierenden („Gerichtsmediziner“) der Semesterkohorte des ihrer vorläufigen Zulassung nachfolgenden Wintersemesters zugerechnet hat, steht mit der Rechtsprechung der Kammer und des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt gleichfalls in Einklang (vgl. Beschlüsse der Kammer vom 19. Februar 2010 - 3 B 205/09 - juris Rn. 68 und vom 7. März 2013 a.a.O.; OVG LSA, Beschluss vom 18. August 2009 - 3 M 18/09 - juris Rn. 20).

32

Durch den Schwundausgleichsfaktor von 0,9747 erhöht sich die Gesamtzahl der Studienplätze nach der personellen Ausstattung auf (227,14 : 0,9747 =) 233,0358, gerundet 233 Studienplätze. Ausweislich der von der Antragsgegnerin vorgelegten aktuellen Belegungsliste für das 1. Fachsemester (Generalakte Ordnungsnummer 42) hat die Antragsgegnerin jedoch - ausgehend von einer festgesetzten Kapazität von 242 Studienplätzen - bereits 251 Studienplätze vergeben, so dass keine Studienplätze für eine Verteilung aufgrund der vorliegenden Entscheidung der Kammer verbleiben.

33

Auch die von der Antragsgegnerin vorgenommene Überbuchung von 9 Studienplätzen ist rechtlich nicht zu beanstanden. Sie ergibt sich insbesondere daraus, dass sowohl im zentralen Vergabeverfahren als auch im Auswahlverfahren der Hochschule (AdH-Verfahren) eine Überbuchung der festgesetzten Zulassungszahlen entsprechend eines von der Antragsgegnerin ermittelten Überbuchungsfaktors – im Wintersemester 2014/2015 im Hinblick auf das AdH-Verfahren von 1,7 in der ersten Stufe und in der zweiten Stufe mit 1,6 – stattfindet, § 7 Abs. 3 Satz 6 und § 10 Abs. 1 Satz 4 Vergabeverordnung Stiftung vom 01. Juli 2010 (GVBl S. 388) in der Fassung vom 24. April 2014 (GVBl. S. 178). Mit der Überbuchung soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass erfahrungsgemäß eine Reihe von Bewerbern, die bei der Antragsgegnerin einen Studienplatz im zentralen Vergabeverfahren oder im Auswahlverfahren der Hochschule erhalten haben, diesen Platz nicht annehmen und sich nicht einschreiben. Mit der an den Erfahrungen mit dem Annahmeverhalten der Studienplatzbewerber aus den vergangenen drei Jahren orientierten Überbuchung soll erreicht werden, dass gleich in der ersten Runde der Einschreibungen möglichst sämtliche innerkapazitären Plätze ohne zeitliche Verzögerungen vergeben werden (vgl. Beschl. d. Kammer v. 2. Juli 2010 - 3 B 206/09 HAL u.a. -). Dies ist insofern sachgerecht, als dies zu einem ordnungsgemäßen und insbesondere störungsfreien Anlaufen der Ausbildung der Studienanfänger gleich zu Beginn der Vorlesungszeit beiträgt. Dabei trägt die Antragsgegnerin allerdings das Risiko, dass sie infolge der kalkulierten Überbuchung mehr Studierende ausbilden muss, als sie nach der festgesetzten Zulassungszahl aufnehmen müsste. In der Regel - so auch im Wintersemester 2014/2015 - führt der von der Antragsgegnerin jeweils aus den Erfahrungen der Vorjahre über das Studienplatzannahmeverhalten der zugelassenen Bewerber prognostisch gewählte Überbuchungsfaktor allenfalls zu einer geringfügigen Mehraufnahme von Studierenden über die festgesetzte Zulassungszahl hinaus. Allein der Umstand, dass die von der Antragsgegnerin angestellte Prognose bei der Bestimmung der Überbuchungsfaktoren sich bei einer nachträglichen Betrachtung als unzutreffend erweist, rechtfertigt dabei nicht den Schluss einer willkürlichen Überbuchung (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 24. Juni 2013, - 3 M 182/12 u.a. -). Die von der Antragsgegnerin vorgenommene Überbuchung erreicht schließlich auch nicht annähernd das Ausmaß, das offenbar dem von einigen Antragstellern zitierten Beschluss des OVG Hamburg vom 02. Juni 2014 (3 Nc 91/13) zugrunde lag.

34

Die von einigen Antragstellern hilfsweise geltend gemachten Ansprüche auf Zulassung innerhalb der festgesetzten Zulassungszahl sind nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung ebenfalls nicht glaubhaft gemacht.

35

Unter Berücksichtigung der von der Antragsgegnerin vorgelegten Belegungsliste ist davon auszugehen, dass Studienplätze innerhalb der festgesetzten Kapazität nicht mehr verfügbar sind. Die Einwände der Antragsteller beschränken sich - soweit hierzu überhaupt vorgetragen wurde - allein auf eine Besetzungsrüge, nämlich darauf, dass in der Belegungsliste zum 1. Fachsemester möglicherweise Studenten geführt würden, die noch vor Veranstaltungsbeginn wieder exmatrikuliert worden seien oder die bereits seit mehreren Fachsemestern beurlaubt und damit entsprechend in höhere Fachsemester einzustufen seien. Fraglich sei dies insbesondere bei den Studierenden mit den laufenden Nummern 27,39,40,68,86,199 und 220 der Belegungsliste. Die Antragsgegnerin hat hierzu in ihrer Stellungnahme vom 26. Januar 2015 glaubhaft versichert, dass in den zum Stand 20. Oktober 2014 vorgelegten Belegungslisten jeweils nur ordnungsgemäß zugelassene und wirksam immatrikulierte Studierende aufgeführt seien. Es gebe insoweit auch keine unbearbeiteten Anträge auf Höherstufung oder Beurlaubung, welche das laufende Fachsemester beträfen. Dass einige Studierende Matrikelnummern aus Vorjahren hätten, sei darauf zurückzuführen, dass sie sich zuvor in anderen Studiengängen eingeschrieben hätten. Lediglich eine Studentin habe bereits aufgrund des Beschlusses des Verwaltungsgerichtes Halle vom 07. März 2013 (3 B 602/12 HAL) einen auf den vorklinischen Studienabschnitt beschränkten Studienplatz nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2012/2013 erhalten. Für das Wintersemester 2014/2015 habe sie über die Stiftung Hochschulzulassung einen Studienplatz für den Studiengang Medizin zum 1. Fachsemester erhalten. Ihr Antrag auf Höherstufung sei abgelehnt worden. Es kann offen bleiben, ob diese Studentin kapazitätsrechtlich im 1. Fachsemester Berücksichtigung finden durfte. Denn unter Berücksichtigung der bereits erfolgten Zulassungen ergäbe sich auch ohne diese Studierende kein freier Studienplatz innerhalb der festgesetzten Kapazität von 242 Studienplätzen. Weitere innerkapazitäre Fehler wurden weder vorgetragen noch sind solche ersichtlich. Insbesondere hat keiner der Antragsteller/Antragstellerinnen vorgetragen, dass er/sie im Falle einer fehlerhaften Vergabe einen Rangplatz erhalten hätte, auf dem er/sie hätte zugelassen werden müssen. Allein eine mögliche Fehlerhaftigkeit des Auswahlverfahrens begründet aber noch nicht eine vorläufige Zulassung. Vielmehr muss zumindest die hinreichende Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht werden, dass der Bewerber bei fehlerfreier Durchführung den begehrten Platz erhalten hätte (vgl. SächsOVG, Beschluss vom 17. November 2014 - NC 2 B 257/14 -, juris; VGH BW, Beschluss vom 24. Mai 2011 - 9 S 599/11 -, juris).

36

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 VwGO.

37

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG. In Anlehnung an Ziffer 18.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit legt die Kammer jedem auf Zulassung zum Studium gerichteten Eilrechtsschutzbegehren der Antragsteller den Auffangstreitwert von 5.000 € zugrunde. Dieser Betrag ist trotz der hier vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht zu ermäßigen, weil die von den Antragstellern begehrte Entscheidung eine faktische Vorwegnahme der Hauptsache darstellt (vgl. Ziffer 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs; ständige Rechtsprechung des OVG LSA, vgl. etwa Beschlüsse vom 9. Dezember 2005 - 3 O 393/05 -, vom 18. Dezember 2006 - 3 O 228/06 -, vom 28. März 2008 - 3 O 401/08 - und vom 21. Oktober 2010 - 3 M 152/10 - juris Rn. 16).


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Zivilprozessordnung - ZPO | § 920 Arrestgesuch


(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 294 Glaubhaftmachung


(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden. (2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 74


(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete: 1. das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat

Approbationsordnung für Ärzte - ÄApprO 2002 | § 2 Unterrichtsveranstaltungen


(1) Die Universität vermittelt eine Ausbildung, die den in § 1 Abs. 1 genannten Zielen entspricht und die es den Studierenden ermöglicht, die dazu erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erwerben, die in den in dieser Verordnung vo

Vergabeverordnung - VgV 2016 | § 10 Anforderungen an die verwendeten elektronischen Mittel


(1) Der öffentliche Auftraggeber legt das erforderliche Sicherheitsniveau für die elektronischen Mittel fest. Elektronische Mittel, die von dem öffentlichen Auftraggeber für den Empfang von Angeboten, Teilnahmeanträgen und Interessensbestätigungen so

Vergabeverordnung - VgV 2016 | § 7 Mitwirkung an der Vorbereitung des Vergabeverfahrens


(1) Hat ein Unternehmen oder ein mit ihm in Verbindung stehendes Unternehmen den öffentlichen Auftraggeber beraten oder war auf andere Art und Weise an der Vorbereitung des Vergabeverfahrens beteiligt (vorbefasstes Unternehmen), so ergreift der öffen

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.

(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

Gründe

1

Die zulässigen Beschwerden der Antragsgegnerin haben keinen Erfolg.

2

Die Antragsgegnerin hatte in der Ordnung über die Festsetzung von Zulassungszahlen für Studienplätze in den Studiengängen Humanmedizin und Zahnmedizin im Wintersemester 2012/2013 und im Sommersemester 2013 vom 25. April 2012 (Amtsblatt der Martin-Luther-Universität (…), S. 5) die Aufnahmekapazität im Studienfach Humanmedizin auf 223 Studienanfänger festgesetzt. Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Aufnahmekapazität bei 234,92, gerundet 235 Studienplätzen liegt. Infolge einer Überbuchung seien 225 Studienplätze besetzt worden. Die verbleibenden zehn Studienplätze seien wegen der geringeren Aufnahmekapazität im klinischen Teil des Studiengangs als Teilstudienplätze im Wege eines Los- und Nachrückverfahrens zu vergeben. Die Antragsteller haben jeweils einen der Teilstudienplätze erhalten.

3

Die hiergegen erhobenen Beschwerden der Antragsgegnerin, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die von ihr dargelegten Gründe beschränkt ist, sind zulässig. Die Beschwerden sind jedoch nicht begründet, da die von der Antragsgegnerin vorgebrachten Einwände nicht geeignet sind, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen.

4

Soweit die Antragsgegnerin hinsichtlich der Antragsteller in den Verfahren 3 M 108/13 und 3 M 118/13 das Bestehen eines Anordnungsgrundes verneint, da sich diese nicht vor bzw. mit Stellung des Antrages auf außerkapazitäre Zulassung bei der Antragsgegnerin auch bei der Stiftung für Hochschulzulassung um eine Zulassung zum Studium der Humanmedizin innerhalb der festgesetzten Kapazität beworben hatten, greift der Einwand nicht durch.

5

Der Senat hält auch unter Berücksichtigung der geänderten Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Beschl. v. 20.03.2013 - 13 C 91/12 -, juris) und der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (zuletzt: Beschl. v. 30.04.2013 - 7 CE 13.10032 -, juris) an seiner Auffassung (Beschl. v. 08.03.2012 - 3 M 27/11 -, juris) fest, dass der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung notwendige Anordnungsgrund i. S. d. § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO dann nicht gegeben ist, wenn der Studienbewerber nicht die ihm zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, um ohne gerichtliche Hilfe einen Studienplatz in dem gewünschten Studiengang zu erhalten. Der Senat hatte allerdings bereits im vorgenannten Beschluss einschränkend festgestellt, dass es einem Studienbewerber nicht zuzumuten ist, sich um einen Studienplatz innerhalb der Kapazität zu bewerben, wenn bereits bei Stellung eines solchen Antrages nach keiner Betrachtungsweise eine realistische Chance auf eine Zulassung besteht.

6

Entgegen der Auffassung der Antragsteller hat der Senat in dem o. g. Beschluss kein materiell-rechtliches Zulässigkeitserfordernis für einen Antrag nach § 123 VwGO in Bezug auf eine außerkapazitäre Zulassung aufgestellt. Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar entschieden, dass eine landesrechtliche Bindung der Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität an die Kriterien des für die innerkapazitäre Vergabe vorgesehenen Auswahlverfahrens der Hochschulen nicht gegen Bundesrecht verstößt und der Landesgesetzgeber dementsprechend auch die verbindliche Teilnahme am regulären Vergabeverfahren als Voraussetzung für die Geltendmachung eines Anspruches auf außerkapazitäre Zulassung regeln kann (BVerwG, Urt. v. 23.03.2011 - 6 CN 3.10 -, juris). Der Senat hatte mit Urteil vom 19. Oktober 2011 (3 K 330/11, juris) jedoch die Regelung des § 23 Abs. 2 Vergabeverordnung Stiftung, wonach Voraussetzung für die Zulassung außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl ein fristgerecht gestellter Antrag auf Zulassung im zentralen Vergabeverfahren in dem betreffenden Studiengang für den betreffenden Studienort war, wegen eines Verstoßes gegen Art. 25 VerfLSA in Bezug auf ausländische Studienbewerber für unwirksam erklärt. Eine Nachfolgeregelung ist bislang nicht in die Vergabeverordnung aufgenommen.

7

Der Senat geht weiterhin davon aus, dass ein Anordnungsgrund dann nicht gegeben ist, wenn ein Studienbewerber von einem zumutbaren und möglichen innerkapazitären Antrag bei der Stiftung für Hochschulzulassung absieht und sich auf die Stellung eines fristgerechten Antrages auf außerkapazitäre Zulassung nach § 23 Vergabeverordnung Stiftung bei der Hochschule beschränkt hat, bevor er um gerichtlichen Rechtsschutz nachsucht.

8

Eine solche Auffassung ist entgegen der Auffassung der Antragsteller auch mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar. Für das Verneinen eines Anordnungsgrundes im Rahmen des § 123 VwGO bei den Anträgen auf außerkapazitäre Zulassung zum Studium gelten zwar hohe verfassungsrechtliche Anforderungen. Dies gilt insbesondere in den Fällen wie hier, wo der Anordnungsanspruch - also die Teilnahme an einem gerichtlich angeordneten Losverfahren - vorliegt und ein Antragsteller seinen geltend gemachten Anspruch in einem Hauptsacheverfahren regelmäßig nicht mehr effektiv weiter verfolgen kann, weil ihm rechtswirksame kapazitätsdeckende Immatrikulationen der im vorläufigen Rechtsschutz zugelassenen Antragsteller entgegen gehalten werden, da die Hochschulen nach Abschluss des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes regelmäßig eine endgültige (außerkapazitäre) Zulassung aussprechen. Das Bundesverfassungsgericht hat anlässlich von Kapazitätsrechtsstreitigkeiten um Zulassung zum Studiengang Humanmedizin zur Bedeutung des vorläufigen Rechtsschutzes ausgeführt, dass der in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verankerte Anspruch des Bürgers die Gerichte zu einer tatsächlich und rechtlich wirksamen Kontrolle verpflichtet. Dabei haben sie die Folgen zu erwägen, die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes für den Bürger verbunden sind. Je schwerer die sich daraus ergebenden Belastungen wiegen, je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie im Falle des Obsiegens in der Hauptsache rückgängig gemacht werden können, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtsposition zurückgestellt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 31.03.2004 - 1 BvR 356/04 -, juris und Beschl. v. 21.07.2005 - 1 BvR 584/05 -, juris).

9

Ferner ist die Bejahung des Anordnungsanspruchs bei einer Fallgestaltung, in der dieser bei Versagung des vorläufigen Rechtsschutzes nachgehend endgültig vereitelt wird, für die Prüfung des Anordnungsgrundes in weitem Umfang vorgreiflich. Dies gilt jedenfalls dann, wenn insoweit auch Grundrechtspositionen von Gewicht - wie hier Art. 12 Abs. 1 GG - in Rede stehen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 28.09.2009 - 1 BvR 1702/99 -, juris). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt aus dem in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteten Recht auf freie Wahl des Berufes und der Ausbildungsstätte in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz und dem Sozialstaatsprinzip ein Recht auf Zulassung zum Hochschulstudium und absolute Zulassungsbeschränkungen für Studienanfänger einer bestimmten Fachrichtung sind nur dann verfassungsgemäß, wenn sie in den Grenzen des unbedingt Erforderlichen unter erschöpfender Nutzung der vorhandenen Ausbildungskapazitäten angeordnet werden und wenn ferner die Auswahl und Verteilung der Bewerber nach sachgerechten Kriterien mit einer Chance für jeden an sich hochschulreifen Bewerber und unter möglichster Berücksichtigung der individuellen Wahl des Ausbildungsortes erfolgt (vgl. BVerfG, Entscheidung v. 18.07.1972 - 1 BvL 32/70, 1 BvL 25/71 -, juris; Beschl. v. 22.10.1991 - 1 BvR 393/85 u. a. -, juris; BayVGH, Beschl. v. 30.04.2013, a. a. O. m. w. N.). Sofern mit der für eine Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO hinreichenden Wahrscheinlichkeit ein Erfolg des Antragstellers im Hauptsacheverfahren angenommen werden kann, ist der Anordnungsgrund bei solcher Sachlage von Verfassungs wegen indiziert. Die einstweilige Anordnung muss dann zur Abwendung wesentlicher Nachteile ergehen, da anderenfalls die Gefahr fortschreitender Rechtsvereitelung besteht, es sei denn, der Anordnung stünden sonst gewichtige Gründe entgegen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 28.09.2009, a. a. O.).

10

Auch gemessen an diesen Maßstäben ist es einem Bewerber um einen Studienplatz vor Stellung eines Antrages auf außerkapazitäre Zulassung jedoch zuzumuten, sich über allgemein zugängliche Quellen zu informieren und nachfolgend einzuschätzen, ob eine realistische Aussicht besteht, nicht im Wege eines gerichtlichen Verfahrens, sondern über eine innerkapazitäre Bewerbung einen Studienplatz im gewünschten Studiengang zu erhalten. Für die hier in Rede stehenden medizinischen Studiengänge ist hierzu auf das Internetangebot der Stiftung für Hochschulzulassung (www.hochschulstart.de) zu verweisen, wobei hier als Referenzsemester das dem Bewerbungssemester vorgehende Wintersemester, mithin das Wintersemester 2011/2012 heranzuziehen ist. Hieraus ergibt sich, dass für eine Zulassung in der Abiturbestenquote - je nach Landesquote - eine Abiturnote zwischen 1,0 und 1,2 erforderlich war. Die mittlere Abiturnote in den Bundesländern lag im Jahr 2011 zwischen 2,20 (Thüringen) und 2,60 (Rheinland-Pfalz). Bei der Auswahl nach der Wartezeitquote lag diese im Wintersemester 2011/2012 bei 12 Halbjahren (Auswahlgrenze bei der Abiturnote 2,7). Im Auswahlverfahren der Hochschulen, in welchem 60 v. H. der Studienplätze vergeben werden, können die Hochschulen die Einzelheiten der Bewerberauswahl selbst festlegen. Dabei können sie insbesondere eines oder mehrere der im Hochschulrahmengesetz und im Staatsvertrag 2008 aufgezählten Kriterien verwenden (Grad der Qualifikation, gewichtete Einzelnoten der Qualifikation, Ergebnis eines fachspezifischen Studierfähigkeitstests, vorhandene Berufsausbildung oder Berufserfahrung und Auswahlgespräch). Dem Grad der Qualifikation muss dabei allerdings stets „ein maßgeblicher Einfluss“ gegeben werden (Art. 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Staatsvertrag 2008). Die einzelnen Länder haben zudem den Hochschulen zum Teil nähere Vorgaben zum Auswahlverfahren bestimmt. So muss in einigen Ländern neben dem Grad der Qualifikation (Abiturnote) mindestens ein weiteres Auswahlkriterium zur Anwendung kommen (Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Thüringen). In einigen Ländern werden weitere bei der Hochschulauswahl anwendbare Kriterien festgelegt, wie z.B. ein Motivationsschreiben (Baden-Württemberg, Hamburg).

11

Art. 10 Abs. 1 Nr. 3 Staatsvertrag 2008 gestattet den Hochschulen ferner, die Zahl der Teilnehmer an dem jeweiligen hochschuleigenen Auswahlverfahren durch eine sogenannte Vorauswahl zu beschränken. Als Auswahlkriterien im Rahmen der Vorauswahl kommen die oben genannten Kriterien (mit Ausnahme des Auswahlgesprächs) und/oder ein Abstellen auf den Grad der Ortspräferenz in Betracht. Tatsächlich führen derzeit ca. zwei Drittel der Hochschulen eine entsprechende Vorauswahl durch, wobei sie in der Regel auf das Auswahlkriterium Durchschnittsnote, das Auswahlkriterium Ortspräferenz oder eine Kombination dieser beiden Kriterien abstellen. Eine weitere erhebliche Beschränkung der Bewerbungsmöglichkeiten in der Quote des Auswahlverfahrens der Hochschule wird ferner dadurch bewirkt, dass der einzelne Bewerber sich höchstens an sechs Hochschulen für eine Teilnahme am Auswahlverfahren der Hochschulen bewerben darf (Art. 8 Abs. 1 Satz 2 Staatsvertrag 2008). Dies bedeutet, dass ein Bewerber sich an 29 von 35 Hochschulen, die den Studiengang Medizin im Wintersemester 2011/2012 angeboten haben, nicht im hochschuleigenen Auswahlverfahren bewerben kann. Eine Vielzahl von theoretisch möglichen Wahlkombinationen wird weiter dadurch ausgeschlossen, dass knapp zwei Drittel der Hochschulen nur solche Bewerber an ihrem Auswahlverfahren beteiligen, welche die betreffende Hochschule mit der Ortspräferenz 1 (16 Hochschulen) bzw. 1 oder 2 (drei Hochschulen) bzw. 1 bis 3 (drei Hochschulen) benannt haben (zur „wertvollen“ Ortspräferenz 1: VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 19.03.2013 - 6 K 4171/12 -, juris, Rdnr. 404). Die Ergebnisse des Auswahlverfahrens der Hochschulen (Grenzränge) sind anders als die Ergebnisse für die Abiturbestenquote und die Wartezeitquote in der im Internet veröffentlichten Übersicht der Stiftung für Hochschulzulassung nicht bei allen Hochschulen abgedruckt und lassen nicht immer hinreichend erkennen, bis zu welcher Abiturnote (ohne weitere Voraussetzungen) tatsächlich noch eine Zulassung erfolgt ist. Die Übersicht über die Erfolgschancen einer innerkapazitären Bewerbung im Wintersemester 2011/2012 (und Wintersemester 2012/2013) im Studiengang Humanmedizin im Vorlagebeschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 19. März 2013 (a. a. O., dort Randnummern 129 bis 270) beruht nur zu einem Teil auf den allgemein veröffentlichten Informationen der Stiftung für Hochschulzulassung, sondern auch auf bei den einzelnen Hochschulen aufgrund einer gerichtlichen Verfügung eingeholten Auskünften.

12

Selbst wenn man annimmt, dass ein Antragsteller in Sachsen-Anhalt trotz einer fehlenden gesetzlichen Verknüpfung zwischen innerkapazitärer und außerkapazitärer Bewerbung zur Optimierung seiner Zulassungschancen aus prozessualen Gründen gehalten ist, die von ihm Rahmen des Auswahlverfahrens der Hochschule zu benennenden maximal sechs Wunschstudienorte nicht nach seiner persönlichen Neigung, sondern nach den „besten“ Zulassungschancen auszuwählen und er sich daher maßgeblich auf solche Hochschulen beschränkt, die keine Vorauswahl nach Ortspräferenz und/oder (weit überdurchschnittlicher) Abiturnote treffen, lässt sich feststellen, dass im Wintersemester 2011/2012 selbst eine Abiturnote von 1,5 nicht immer zu einer Zulassung im Auswahlverfahren der Hochschulen führte. Bei den Hochschulen, die keine Vorauswahl nach Ortspräferenz bzw. Abiturnote getroffen hatten, lagen die (veröffentlichten) Noten der noch zugelassenen Bewerber zwischen 1,0 (Erlangen-Nürnberg und Kiel jeweils unter ergänzender Berücksichtigung eines Testergebnisses bzw. einer medizinbezogenen Berufsausbildung sowie Würzburg) und 1,5 (Universität des Saarlandes). Bei der Antragsgegnerin, welche in der Vorauswahl die Ortspräferenz 1 bis 3 berücksichtigt, lag die Auswahlgrenze im Wintersemester 2011/2012 bei der gewichteten Durchschnittsnote bei 1,4. Der Ranglistenplatz im Auswahlverfahren bestimmt sich bei der Antragsgegnerin nach der Durchschnittsnote in Kombination mit dem TMS-Ergebnis und einer Berufsausbildung. Sofern ein TMS-Ergebnis vorliegt, das besser als die Durchschnittsnote ist, wird eine neue gewichtete Durchschnittsnote gebildet. Hierbei werden die Durchschnittsnote zu 51 v. H. und das TMS-Ergebnis zu 49 v. H. berücksichtigt. Wird eine abgeschlossene Berufsausbildung (z. B. als Altenpfleger, Hebamme/Entbindungspfleger, Logopäde, Medizinisch-technischer Assistent, Physiotherapeut und Rettungsassistent) nachgewiesen, verbessert sich die Durchschnittsnote bzw. bei Vorliegen eines TMS-Ergebnisses die gewichtete Durchschnittsnote zusätzlich um 0,1. In den Anmerkungen der Stiftung für Hochschulzulassung wird jedoch darauf hingewiesen, dass nicht jeder Bewerber mit einer der o. g. Noten auch tatsächlich zugelassen worden ist, da bei Notengleichheit unter Umständen noch ein Losverfahren durchgeführt wurde. Aus der vorgenannten Übersicht des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen im Vorlagebeschluss vom 19. März 2013 ergibt sich auch, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse in Bezug auf das hier streitige Wintersemester 2012/2013 jedenfalls nicht günstiger für die Studienplatzbewerber gestaltet haben.

13

Hieraus ergibt sich, dass es einem Bewerber mit der Abiturnote besser als 1,6 zumutbar war, vor der Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes einen Antrag auf innerkapazitäre Zulassung bei der Stiftung für Hochschulzulassung zu stellen. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus den von den Antragstellern in den Verfahren 3 M 107/13 und 3 M 115/13 vorgelegten Ablehnungsbescheiden (für das Wintersemester 2012/2013), wonach diese Bewerber jeweils mit der Abiturnote 1,6 im Auswahlverfahren der Hochschulen an den ihnen ausgewählten Universitäten zwischen 130 und 1600 Rangplätze nach dem zuletzt ausgewählten Bewerber belegt hatten, obwohl nach den ausgewählten Hochschulen erkennbar ist, dass diese Auswahl der Hochschulen gemessen an den Bedingungen des Auswahlverfahrens der Hochschulen bereits „taktisch“ getroffen worden war.

14

Vor diesem Hintergrund können die Antragsteller im Verfahren 3 M 108/13 (Abiturnote 1,8) und 3 M 118/13 (Abiturnote 2,3) nicht darauf verwiesen werden, dass sie gehalten gewesen sind, sich vorrangig um eine Zulassung innerhalb der festgesetzten Kapazität zu bewerben.

15

Auch die weiteren Einwände der Antragsgegnerin greifen nicht. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht den Dienstleistungsexport der Lehreinheit Vorklinische Medizin in die Bachelor-Studiengänge Gesundheits- und Pflegewissenschaften, Ernährungswissenschaften und Medizinische Physik auch für den hier streitigen Berechnungszeitraum wegen eines Abwägungsdefizits bei der Antragsgegnerin nicht anerkannt.

16

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist in Situationen eines hohen Bewerberüberhangs zu differenzieren, ob ein Studiengang mit einer örtlichen Zulassungsbeschränkung wie die drei Bachelor-Studiengänge oder wie der Studiengang Humanmedizin mit einem sog. harten Numerus clausus beschränkt ist. Der absolute Numerus clausus hat nämlich besonders einschneidende Auswirkungen, denn er führt dazu, dass eine mehr oder minder große Zahl der Bewerber den Beginn des gewünschten Studiums auf mehr oder weniger lange Zeit hinausschieben muss. Bei starker Nachfrage und entsprechend langen Wartezeiten beeinträchtigen derartige Zulassungsbeschränkungen nicht nur die Wahl der Ausbildungsstätte, sondern können zugleich die Berufswahl bis hin zur Preisgabe der ursprünglichen Absichten beeinflussen. Sozial schwächere Bewerber haben dabei nicht die gleichen Möglichkeiten wie finanziell besser gestellte Studieninteressenten, längere Wartezeiten zu überbrücken oder eine Ausbildung im Ausland zu beginnen (vgl. BVerfG, Entscheidung v. 18.07.1972, 1 BvL 32/70 und 1 BvL 25/71, juris). Die Antragsgegnerin legt in der Beschwerdebegründung nicht dar, dass diese verfassungsrechtlichen Kriterien in ihrer Abwägungsentscheidung hinsichtlich des Dienstleistungsexports in die drei Bachelor-Studiengänge hinreichend gewürdigt worden sind. Adressat und Verpflichteter hinsichtlich der zu treffenden Abwägungsentscheidung ist nicht allein die Medizinische Fakultät der Antragsgegnerin, sondern die Hochschule insgesamt. Maßgeblich sind daher nicht nur die Erwägungen, die der Fakultätsvorstand der Medizinischen Fakultät am 25. September 2012, sondern (auch) das zuständige Selbstverwaltungsorgan der Hochschule, hier der Senat angestellt hat. In dem vorgelegten Protokollauszug der Sitzung des Senats vom 14. März 2012 findet sich im Wesentlichen nur der Hinweis, dass ein Abwägungsbeschluss zu ergehen hat und dass ein vorgehender Beschluss vom Juli 2011 bestätigt werde.

17

Das Verwaltungsgericht hat in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, dass die Erwägungen im Beschluss des Fakultätsvorstandes vom 25. September 2012 im Wesentlichen eine bloße Fortschreibung der Beschlüsse der Vorjahre darstellt, welche vom Senat unter Bezugnahme auf die o. g. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unter einem Abwägungsdefizit litten (Beschl. d. Senats v. 21.03.2013 - 3 M 363/12 u. a.).

18

Die hiergegen von der Antragsgegnerin erhobenen Einwände greifen nicht durch. Mit der Antragsgegnerin ist zwar davon auszugehen, dass als abwägungsrelevanter Belang auch der Umstand zu berücksichtigen ist, dass aufgrund der nicht an den Maßgaben der Kapazitätsverordnung ausgerichteten Finanzierung der Medizinischen Fakultät der Antragsgegnerin durch den Haushaltsgesetzgeber die Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Lehr- und Forschungsbetriebes für die nach der Kapazitätsverordnung aufzunehmende Zahl von Studienanfängern nur unter erschwerten Bedingungen möglich ist. Der Wissenschaftsrat hat hierzu in der Stellungnahme zur weiteren Entwicklung der Universitätsmedizin der Martin-Luther-Universität (...) vom 12. Juli 2013 (Drs. 3258-13) festgestellt: „Die Studienplatzkapazitäten gemäß Landeszuschussverordnung (LZVO, d. h. die tatsächlich finanzierte Kapazität) sind in der Medizin geringer als die berechneten Kapazitäten der Landeszulassungszahlenverordnung (LZZVO), die wiederum geringer sind als die tatsächlichen Studierendenzahlen (ggf. nach Klageverfahren). Die Differenz zwischen finanzierter und berechneter Kapazität begründet sich u. a. durch den normativen Stellenplan der Vorklinik, den das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht mit vorgegebener Größe einfordern. Die sich ergebenden berechneten Zulassungszahlen für den vorklinischen Abschnitt weichen dadurch deutlich von 185 ab … . Die LZVO geht von 185 Plätzen in der Humanmedizin und 40 Plätzen in der Zahnmedizin aus. Die LZZVO sieht 230 in der Human- plus 40 Plätze und in der Zahnmedizin vor. Angesichts dieser äußeren Rahmenbedingungen, die im Wesentlichen durch die Gerichte vorbestimmt sind, strebt die Medizinische Fakultät Zulassungszahlen von 220 in Human- plus 40 Plätzen in der Zahnmedizin an (Seite 68).“ Weiter wird in der Stellungnahme ausgeführt (S. 116): „Als kritisch zu bewerten ist die dünne Personaldecke für die Lehre, die u. a. durch die hohe Belastung der Lehrenden in der Krankenversorgung verschärft wird. Auch ist die LOM-Lehre mit 0,9 Mio. Euro knapp bemessen. Der nachvollziehbare Schwerpunkt auf die Ausbildung praktischer Fähigkeiten darf nicht dazu führen, dass die Wissenschaftlichkeit des Studiums vernachlässigt wird. Es kommt hinzu, dass eine Vielzahl kapazitätsrechtlicher Fragen bisher nicht zufriedenstellend geklärt werden konnte. U. a. werden die Lehrexporte der Medizinischen Fakultät in die Gesundheits- und Pflegewissenschaften (GPW, Anmerkung des Senats) nicht anerkannt. Dies erschwert die notwendige Verkoppelung der Studiengänge GPW und Medizin. Da die Kosten des Studiengangs GPW durch das Land nicht vollständig über den Landeszuführungsbetrag gedeckt werden, erfolgt deren Kostendeckung zu einem erheblichen Teil über eine Finanzierung durch die Medizinische Fakultät. Die notwendige langfristige finanzielle Absicherung des Studiengangs ist damit nicht gegeben. Hier fordert die Bewertungsgruppe das Land auf, sich eindeutig zu positionieren.“ Zwar wurden nach der Stellungnahme des Wissenschaftsrates erstmalig für die Haushaltsjahre 2012 und 2013 Bedarfe für die Forschungsergänzungsausstattung Zahnmedizin (500.000,- € pro Jahr), für die Grundausstattung der Studiengänge Gesundheits- und Pflegewissenschaften (500.000,- € pro Jahr) und für zusätzliche investive Beschaffungen an der Fakultät und am Universitätsklinikum (insgesamt 500.000,- € pro Jahr) vom Ministerium anerkannt, wobei die bewilligten Mittel z. T. deutlich hinter dem von der Fakultät geltend gemachten Finanzbedarf zurückblieben (S. 89 der Stellungnahme). Diese zusätzlichen finanziellen Mittel waren zum einen zu dem hier maßgeblichen Berechnungsstichtag (31. Januar 2012) noch nicht zu berücksichtigen und zum anderen ist nicht ersichtlich, dass diese Mittel für den hier streitgegenständlichen Berechnungszeitraum sich im Hinblick auf den Dienstleistungsexport bereits entlastend für die vorklinische Lehreinheit auswirken konnten.

19

Vor diesem Hintergrund hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf verwiesen, dass bei den Abwägungsentscheidungen von Fakultätsvorstand (und dem Senat der Antragsgegnerin) nicht hinreichend geprüft wurde, ob die von den vorklinischen Instituten der Medizinischen Fakultät für die drei oben genannten, nicht der Lehreinheit zugeordneten Studiengänge erbrachten Dienstleistungen für den Studiengang Humanmedizin kapazitätsschonend ersetzt werden können. Dies gilt insbesondere für den Bachelor-Studiengang Ernährungswissenschaften, welcher dem Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften der Naturwissenschaftlichen Fakultät III der Antragsgegnerin zugeordnet ist und welcher mit 5,0720 den höchsten Anteil des an die drei Bachelor-Studiengänge erbrachten Dienstleistungsexports der vorklinischen Institute hat. Die Antragsgegnerin hat hierzu unter Hinweis auf den Beschluss des Fakultätsvorstandes vom 25. September 2012 in der Beschwerdebegründung ausgeführt, dass keine Möglichkeit bestehe, die für den Studiengang Ernährungswissenschaften erbrachten Lehrleistungen durch Dozenten klinischer Lehreinheiten oder durch Lehrpersonen außerhalb der Medizinischen Fakultät in der gebotenen Qualität erbringen zu lassen. Der Dienstleistungsexport der Medizinischen Fakultät für den Studiengang Ernährungswissenschaften werde bereits soweit wie möglich von den klinischen Lehreinheiten geleistet. Dennoch müssten die in Rede stehenden Lehrveranstaltungen aus dem vorklinischen Bereich erbracht werden. Der Erwerb medizinischer Fachkompetenz, vor allem im Bereich der anatomischen, physiologischen und humanbiologischen Grundlagen sei im Studium der Ernährungswissenschaften absolut unerlässlich. Ein Ersatz der Lehrimporte aus der Medizinischen Fakultät durch andere Fachbereiche sei unmöglich, da die notwendige Fachkompetenz ausschließlich im vorklinischen Bereich der Medizinischen Fakultät gegeben sei. Durch andere Fakultäten könnten diese Lehrinhalte nicht adäquat abgedeckt werden. Ohne den Lehrimport aus der Medizinischen Fakultät müsse das Studium der Ernährungswissenschaften eingestellt werden, da eine zielorientierte Ausbildung nicht mehr gewährleistet werden könne. Eine Abdeckung dieser Fächer durch Lehraufträge sei ausgeschlossen, da die Inhalte dieser Fächer einen hohen wissenschaftlichen Anspruch hätten, der lediglich durch wissenschaftliches Personal mit sehr spezialisierter Ausbildung auf diesem Gebiet bedient werden könne. Zudem bedürfe es der Anbindung an die Infrastruktur der vorklinischen Institute.

20

Selbst wenn man unterstellt, dass die derzeit von den vorklinischen Instituten der Medizinischen Fakultät erbrachten Dienstleistungen (Vorlesung Biochemie, Vorlesung und Praktikum Zellbiologie und Mikroskopische Anatomie, Vorlesung und Kurs Makroskopische Anatomie, Vorlesung und Tutorium Physiologie) nicht von der klinischen Lehreinheit der Medizinischen Fakultät bzw. anderen Fakultäten der Antragsgegnerin erbracht werden können, wird mit der Beschwerdebegründung nicht dargelegt, aus welchen Gründen eine Substitution des Dienstleistungsexportes durch Lehraufträge „ausgeschlossen“ sei. Bereits seit mehreren Jahren (und mit tendenziell steigendem Umfang) werden seitens der Antragsgegnerin Lehraufträge an emeritierte Hochschullehrer und nicht bei der Antragsgegnerin tätige approbierte Ärzte erteilt, welche im Bereich der Vorklinik Pflichtlehrveranstaltungen (Kurs/Praktikum Makroskopische Anatomie und Präparierkurs, Praktikum der Physiologie, Seminare Biochemie/Molekularbiologie, Praktikum Biochemie) abhalten, um den tatsächlichen Lehrbedarf in der Vorklinik abzudecken. Wenn man unterstellt, dass diese Lehrpersonen von der wissenschaftlichen Qualifikation her in der Lage sind, Lehrveranstaltungen durchzuführen, die zum einen den Anforderungen der Ärztlichen Approbationsordnung genügen und zum anderen dem Niveau der Lehrveranstaltungen entsprechen, welche von den in den vorklinischen Instituten tätigen Professoren, Dozenten und wissenschaftlichen Mitarbeitern abgehalten werden, hat die Antragsgegnerin nicht dargelegt, warum nicht (auch) die naturwissenschaftliche Fakultät III der Antragsgegnerin qualifizierte Lehrpersonen für die Erteilung von Lehraufträgen für den Studiengang Ernährungswissenschaften gewinnen kann, um so das Lehrangebot der vorklinischen Institute der Medizinischen Fakultät nicht zu reduzieren. Die Antragsgegnerin zeigt mit der Beschwerdebegründung auch nicht auf, aus welchen Gründen Lehrbeauftragte, welche Lehrveranstaltungen im Studiengang Ernährungswissenschaften in den Fachgebieten Biochemie, Zellbiologie und Anatomie sowie Physiologie abhalten, anders als die Lehrbeauftragten, welche Lehrveranstaltungen im Bereich der Vorklinik abhalten, nicht an die Infrastruktur der vorklinischen Institute angebunden werden können.

21

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist auch die Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts, welche eine Kostenaufhebung vorsieht, nicht zu beanstanden (vgl. hierzu: Beschl. d. Senates v. 23.07.2013 - 3 M 311/12 -, juris). Der Senat sieht auch im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17. September 2013 (1 BvR 1278/13, juris), wonach die vom Verwaltungsgericht und dem Senat praktizierte Kostenverteilung als „gut vertretbar“ angesehen wird, keinen Anlass zur Änderung seiner Praxis.

22

Die Kostenentscheidung für das jeweilige Beschwerdeverfahren folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

23

Die Höhe des Streitwertes folgt aus den §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG. Die Beschwer der Antragsgegnerin durch den angefochtenen Sammelbeschluss des Verwaltungsgerichts vom 7. März 2013 und die nach § 52 Abs. 1 und 2 GKG für die Streitwertfestsetzung maßgebliche Bedeutung der Sache liegt dabei in der Verpflichtung der Antragsgegnerin, 10 Teilstudienplätze zu vergeben und unter den Bewerbern eine Rangfolge auszulosen, weil die Zahl der Bewerber die Zahl der nach Ansicht des Verwaltungsgerichts noch von der Antragsgegnerin zu vergebenden Studienplätze überstieg. Als Streitwert für jedes einzelne von der Antragsgegnerin allein angestrengte Beschwerdeverfahren kann daher nur ein Anteil am Gesamtstreitwert in Betracht kommen, wobei sich dieser Anteil aus dem Verhältnis der in den angefochtenen Beschlüssen angeordneten Zulassungen zur Bewerberzahl ergibt (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2004 - 2 NB 430/03 -, juris m. w. N.). Da sich die Antragsgegnerin nur gegen die Vergabe von Teilstudienplätzen wendet, war der Auffangstreitwert zu halbieren. Die Halbierung des Auffangstreitwerts im Fall der vorläufigen Zulassung auf einen Teilstudienplatz im Studiengang Humanmedizin ist dem Umstand geschuldet, dass das Teilstudium von vornherein auf den vorklinischen Abschnitt des Studiums beschränkt ist, mithin nicht zu einem (ersten) berufsqualifizierenden Abschluss führt (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 10.05.2012 - 2 OA 187/12 -, juris). Mithin ergibt sich daher für jedes der ursprünglich von der Antragsgegnerin allein angestrengten 44 Beschwerdeverfahren ein Streitwert von jeweils 568,18 € (2.500,- € x 10 : 44), so dass dieser Wert auch den vorliegenden Beschwerdeverfahren zugrunde zu legen ist.

24

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Gründe

1

Soweit die Beteiligten die Beschwerdeverfahren insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, als sich die Antragsgegnerin mit den Beschwerden gegen die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Vergabe von zwei Teilstudienplätzen durch Erstellung einer Rangliste im Wege eines Losverfahrens und nachfolgender vorläufiger Zulassung der auf den Listenplätzen 1 und 2 gelosten Antragsteller gewendet hat, sind die Beschwerdeverfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und über die Verfahrenskosten gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Im vorliegenden Falle entspricht es billigem Ermessen, der Antragsgegnerin hinsichtlich des erledigten Teiles der Verfahren die Kosten aufzuerlegen. Der Senat sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab und verweist auf die Begründung des Beschlusses vom 14. Mai 2013 zu den Verfahren 3 M 310/12 u. a..

2

Im Übrigen haben die Beschwerden der Antragsteller und der Antragsgegnerin keinen Erfolg.

3

Die Antragsteller begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin bei der Antragsgegnerin im 1. Fachsemester zum Wintersemester 2011/2012. Sie sind der Auffassung, die tatsächliche Aufnahmekapazität der Antragsgegnerin sei mit der in der Verordnung über die Festsetzung von Zulassungszahlen für Studienplätze im Wintersemester 2011/2012 und im Sommersemester 2012 (Zulassungszahlenverordnung 2011/2012) - ZZVO 2011/2012 - vom 14. Juni 2011 (GVBl. LSA S. 599) festgesetzten Zahl von 221 Studienanfängern nicht ausgeschöpft. Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Aufnahmekapazität bei 232,6078, gerundet 233 Studienplätzen liegt. Infolge einer Überbuchung seien 231 Studienplätze besetzt worden. Die verbleibenden zwei Studienplätze seien wegen der geringeren Aufnahmekapazität im klinischen Teil des Studiengangs als Teilstudienplätze im Wege eines Los- und Nachrückverfahrens zu vergeben. Die Antragsteller verfolgen ihr Begehren insofern weiter, als sie die Vergabe weiterer Teilstudienplätze begehren; die Antragsgegnerin wendet sich nach der Teilerledigungserklärung gegen die auf Kostenaufhebung lautende erstinstanzliche Kostenentscheidung.

4

Die Beschwerden der Antragsteller und der Antragsgegnerin, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die von ihnen dargelegten Gründe beschränkt ist, sind nicht begründet, da die vorgebrachten Einwände nicht geeignet sind, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen.

5

Soweit die Antragsteller das von der Antragsgegnerin und dem Verwaltungsgericht berechnete Lehrangebot deshalb in Frage stellen, weil im Hinblick auf Art. 12Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG und dem Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens - wie in einigen anderen Bundesländern - die Lehrverpflichtung für Hochschullehrer, Assistenten und für wissenschaftliche Mitarbeiter gegenüber den in § 4 Abs. 1 LVVO normativ geregelten Lehrdeputaten - fiktiv - anzuheben sei, greift dieser Einwand nicht durch.

6

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Lehrverpflichtung der einzelnen Lehrpersonen allein nach den in § 4 Abs. 1 LVVO normativ bestimmten Lehrdeputaten bestimmt. Auf die Festlegung einer höheren Lehrverpflichtung von Hochschullehrern und wissenschaftlichen Mitarbeitern in anderen Bundesländern kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Nach Art. 70 GG fällt die Regelung der Lehrverpflichtung des wissenschaftlichen Personals an den Hochschulen in die Kompetenz des jeweiligen Bundeslandes. Die Bundesländer haben daher das durch das Gebot der bundeseinheitlichen Kapazitätsfestsetzung nicht eingeschränkte Recht, den Umfang der Lehrverpflichtung ihres wissenschaftlichen Personals an ihren Hochschulen eigenständig zu regeln (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 25.03.2013 - NC 2 B 3/12 -, juris; OVG Lüneburg, Beschl. v. 12.08.2011 - 2 NB 439/10 - juris).Materiellrechtlich berührt die Regelung der Lehrverpflichtung den Schutzbereich des Grundrechts der Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG einerseits und des Grundrechts auf Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG andererseits. Es überschneiden sich damit zwei verfassungsrechtlich geschützte Interessen, nämlich die durch Dienstrecht und Wissenschaftsfreiheit bestimmte Rechtsposition des Lehrpersonals und die durch den verfassungsrechtlichen Zulassungsanspruch der Studienbewerber bestimmte Pflicht zur erschöpfenden Kapazitätsnutzung (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.09.2012 - 6 CN 1.11 -, juris zur Lehrverpflichtungsverordnung Schleswig-Holstein; VGH Mannheim, Urt. v. 23.05.2006 - 4 S 1957/04 -, juris). In diesem Spannungsverhältnis kommt keiner der beiden Rechtspositionen für sich genommen ein Vorrang zu. Es ist vielmehr Sache des Gesetz- oder Verordnungsgebers, im Sinne praktischer Konkordanz einen Ausgleich zu schaffen, der beiden Verfassungsgütern zu möglichst weitreichender Geltung verhilft. Dabei können Art. 5 Abs. 3 GG selbst keine starren Ober- oder Untergrenzen für den Umfang der Lehrverpflichtung entnommen werden. Das Grundrecht gebietet (lediglich), die Lehrverpflichtung nicht so hoch anzusetzen, dass kein ausreichender zeitlicher Freiraum für die Forschung verbleibt (VGH Mannheim, Urt. v. 23.05.2006, a. a. O.). Ebenso wenig lässt sich aus Art. 12 Abs. 1 GG eine Beschränkung des Spielraums des Verordnungsgebers solcher Art ableiten, dass nur eine ganz bestimmte Höhe der Lehrverpflichtung zulässigerweise festgesetzt werden könnte.

7

Ein Anspruch auf Erhöhung der Lehrdeputate der Hochschullehrer lässt sich entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht aus Art. 25 Abs. 1 VerfLSA ableiten. Art. 25 Abs. 1 VerfLSA begründet das Recht auf Ausbildung, welches landesverfassungsrechtlich ein subjektiv-öffentliches Recht auf Zugang zu den öffentlichen Ausbildungseinrichtungen eröffnet. Das Recht auf Ausbildung umfasst auch den Zugang zu den Hochschulen, weil die Ausbildung dem Wortsinn nach auf den Erwerb eines (ersten) berufsqualifizierenden Abschlusses gerichtet ist. Allerdings verbürgt Art. 25 Abs. 1 VerfLSA i. V. m. Art. 31 Abs. 1 VerfLSA als Einrichtungsgarantie nur, dass das Land Hochschulen als Ausbildungseinrichtungen vorhält. Das mit Art. 25 Abs. 1 VerfLSA zudem begründete Recht auf eine den Begabungen und der Befähigung entsprechenden Ausbildung vermittelt einen Anspruch auf Zugang zu den Ausbildungseinrichtungen als Teilhaberecht nur im Rahmen der vorhandenen Ausbildungskapazität. Steht knappen Ausbildungsressourcen ein Bewerberüberhang gegenüber, so geht die Verwirklichung des Rechts auf Ausbildung durch die zugelassenen Bewerber mit dem Ausschluss der weiteren Bewerber einher. Auch wenn Teilhaberechte nicht von vornherein auf die Teilhabe am Vorhandenen beschränkt sind, so stehen sie unter dem Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen, was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft beanspruchen kann. Diese Frage hat in erster Linie der Gesetzgeber in eigener Verantwortung zu beurteilen, der bei seiner Haushaltswirtschaft auch andere Gemeinwohlbelange mit Verfassungsrang zu berücksichtigen hat (Urt. d. Senates v. 19.10.2011 - 3 K 330/11 -, juris).

8

Entgegen der Auffassung der Antragsteller lässt sich aus dem Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens kein Anspruch ableiten, dass auch in Sachsen-Anhalt - entgegen der normativen Bestimmung in der Lehrverpflichtungsverordnung - die höheren Lehrdeputate aus anderen Bundesländern zugrunde zu legen sind. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass sich aus dem in Art. 20 Abs. 1 GG verankerten Grundsatz der Bundesstaatlichkeit das verfassungsrechtliche Gebot des bundesfreundlichen Verhaltens ergibt. Es kann bestehende Rechte und Pflichten auch im Verhältnis der Länder untereinander moderieren, variieren oder durch Nebenpflichten ergänzen. Die auf diese Weise begründeten Nebenpflichten können insbesondere auf gegenseitige Abstimmung, Rücksichtnahme und Zusammenarbeit gerichtet sein (vgl. BVerfG, Beschl. v. 28.06.2005 - 1 BvR 1506/04 -, juris). Ein Verstoß gegen diesen Grundsatz liegt nur vor, wenn von der eingeräumten Kompetenz - hier zur Festlegung der Lehrdeputate des wissenschaftlichen Personals - missbräuchlich Gebrauch gemacht wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 31.03.2006 - 1 BvR 1771/01 -, juris). Für eine solche missbräuchliche Wahrnehmung der Regelungskompetenz durch den Verordnungsgeber in Sachsen-Anhalt sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Die Bundesländer haben mit Beschluss vom 12. Juni 2003 eine Vereinbarung über die Lehrverpflichtung an Hochschulen getroffen (veröffentlicht unter www.kmk.org). In Ziffer 1.1. der Vereinbarung haben sich die Länder verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Lehrverpflichtung in den Ländern nach der Maßgabe dieser Vereinbarung dienstrechtlich geregelt wird. Einzelne Länder haben zu bestimmten Regelungen Protokollerklärungen zu beabsichtigten Abweichungen abgegeben. Das Land Sachsen-Anhalt hat mit der Lehrverpflichtungsverordnung vom 6. April 2006 (GVBl. LSA S. 232) unter anderem die unter Ziffer 2.1. der KMK-Vereinbarung vom 12. Juni 2003 aufgeführten Lehrdeputate in Landesrecht umgesetzt, wobei die in der KMK-Vereinbarung genannten Regellehrverpflichtungen keine Mindestdeputate darstellen (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 23.05.2006, a. a. O.). Im Weiteren war es regelmäßig weder Intention noch Ergebnis der Erhöhung der Lehrdeputate in einzelnen Bundesländern, dass die jährliche Aufnahmekapazität in den jeweiligen Studiengängen erhöht wird. Wie auch mit der regelmäßig zeitgleich durchgeführten Anhebung der wöchentlichen Arbeitszeit von Beamten standen in erster Linie fiskalische Gründe im Vordergrund. Mit der Anhebung der Lehrdeputate für das wissenschaftliche Personal sollten durch bereits vorgenommene bzw. geplante Stellenstreichungen auftretende Einschränkungen des Lehrangebots (teilweise) kompensiert werden (vgl. exemplarisch zur Situation in Baden-Württemberg: VGH Mannheim, Urt. v. 23.05.2006, a. a. O.). Ferner war die Erhöhung der Lehrdeputate eine Reaktion auf die Umstellung der Studiengänge auf die gestufte Studiengangsstruktur (Bachelor- und Masterstudiengänge) und die damit verbundenen Änderungen der Betreuungsrelationen im Vergleich zu den bisherigen Diplom- und Masterstudiengängen (vgl. z.B.: Begründung der Fünften Verordnung zur Änderung der Lehrverpflichtungsverordnung vom 29. April 2008, Drucksache des Abgeordnetenhauses von Berlin 16/1442, Verordnung 16/101, Seite 4). Mit der zeitlich befristeten Erhöhung der Lehrdeputate der Professoren in Niedersachsen soll lediglich den niedersächsischen Schülern des doppelten Abiturjahrganges 2011 ein Studium in Niedersachsen ermöglicht werden (vgl. Niedersächsischer Landtag, 16. Wahlperiode, Protokoll der 84. Plenarsitzung v. 06.10.2010, S. 10570 f.), ohne dass eine dauerhafte und nachhaltige Erhöhung der Kapazitäten beabsichtigt war. Die Antragsteller legen somit bereits nicht dar, dass es allein wegen der Erhöhung der Lehrdeputate in anderen Ländern allgemein auch zu einer Erhöhung der jährlichen Aufnahmekapazitäten gekommen ist, wobei hinzukommt, dass in Sachsen-Anhalt die wöchentliche Arbeitszeit für Beamte nicht erhöht worden ist und auch die Problematik des doppelten Abiturjahrganges sich in Sachsen-Anhalt nur im Jahr 2007 stellte.

9

Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist auch der Ansatz von 4 Lehrveranstaltungsstunden (LVS) für die von der Juniorprofessorin Dr. Dr. G. seit dem 1. Juni 2010 besetzte W1-Stelle im Institut für Physiologie mit der Stellennummer 020109,0 nicht zu beanstanden. Mit der Regelung der Lehrverpflichtung für Juniorprofessoren in § 4 LVVO hat sich der Verordnungsgeber in Sachsen-Anhalt im Rahmen der Vereinbarungen gehalten, die die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder über die Lehrverpflichtung an Hochschulen durch Beschluss vom 12. Juni 2003 getroffen hat. Danach haben sich die Länder für die Juniorprofessoren auf eine Regellehrverpflichtung von 4 LVS in der ersten Anstellungsphase (die ersten drei Jahre der Juniorprofessur) sowie 4 bis 6 LVS in der zweiten Anstellungsphase (4. Jahr der Juniorprofessur) verständigt. Ausweislich der Anlage 1 (Besoldungsgruppen W1 bis W3) zum Besoldungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt vom 8. Februar 2011 (GVBl. LSA S. 68) ist das Amt des Juniorprofessors der Besoldungsgruppe W1 zugeordnet. Der vormalige Stelleninhaber Privatdozent Dr. R., für welchen als Juniorprofessor in der zweiten Anstellungsphase die höhere Lehrverpflichtung von 6 LVS angesetzt worden war, ist ausweislich des von der Antragsgegnerin vorgelegten Arbeitsvertrages ab dem 1. Juli 2010 als nicht zur Lehre verpflichteter Drittmittelbeschäftigter in dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt „Endotoxin-vermittelte Hemmung des kardialen Schrittmacherstroms If - Mechanismen und Auswirkungen auf Herzfrequenz/Herzfrequenzvariabilität sowie deren pathophysiologische Relevanz“ (Projektleiter Prof. Dr. G., www.medizin.uni-halle.de/index.php?id=2502; gepris.dfg.de/gepris/OCTOPUS/?module=gepris&task=showDetail&context=projekt&id=161842490) tätig. Er war ferner ausweislich der in dem Verfahren 3 M 189/12 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung vom 5. Dezember 2012, welche dem Prozessbevollmächtigten der Antragsteller bekannt ist, weder im Wintersemester 2011/12 noch im Sommersemester 2012 als Dozent im Rahmen der Lehrveranstaltung „Physiologiepraktikum und Seminar II“ tätig.

10

Soweit die Antragsteller generell die Deputatsermäßigungen für die sog. Funktionsstellen für Sicherheitsbeauftragte, Strahlenschutzbeauftragte, Beauftragte für Arbeitssicherheit, Beauftragte für die Wartung und Betreuung bestimmter technischer Großgeräte sowie den Studienfachberater beanstanden und eine - fiktive - Kürzung der Deputatsreduzierungen begehren, greift dieser Einwand nicht durch. Bei der Würdigung der Rechtmäßigkeit dieser Deputatsreduzierungen sind neben den Interessen der Studienbewerber auch andere verfassungsrechtlich geschützte Interessen betroffen. Hochschulen erfüllen vor allem auch die Funktion von Ausbildungsstätten für bestimmte Berufe und dienen so den in Art. 12 Abs. 1 GG garantierten Grundrechten der Studierenden. Zum anderen werden die Hochschulen, damit sie ihren Aufgaben in Lehre und Forschung nachkommen können, in ihrer Funktionsfähigkeit ihrerseits durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützt. Die Hochschulen sind hiernach verpflichtet, diejenige Lehre anzubieten, die die Studierenden benötigen, um ihr Ausbildungsziel zu erreichen (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.09.2012, a. a. O.). Das Ausbildungsziel wird in § 1 Abs. 1 ÄApprO definiert, wonach Ziel der ärztlichen Ausbildung der wissenschaftlich und praktisch in der Medizin ausgebildete Arzt ist, der zur eigenverantwortlichen und selbständigen ärztlichen Berufsausübung, zur Weiterbildung und zu ständiger Fortbildung befähigt ist. Insofern haben die Hochschulen auch zu gewährleisten, dass das Studium nach den einschlägigen Bestimmungen zu Arbeitsicherheit, Strahlenschutz und Stoffsicherheit sicher absolviert werden kann und auch die Forschungseinrichtungen einen gesetzeskonformen Standard aufweisen. Insoweit greift auch der Einwand der Antragsteller nicht durch, dass hinsichtlich der vorklinischen Institute der Otto-von-Guericke-Universität (…) in wesentlich geringerem Umfang Deputatsreduzierungen angesetzt werden, da die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Lehrdeputatsermäßigungen eine einzelfallbezogene Betrachtung der sachlichen und personellen Ausstattung der jeweiligen Hochschule erfordert.

11

Die von der Antragsgegnerin in Ansatz gebrachten Deputatsermäßigungen sind auch im Einzelnen nicht zu beanstanden. Dies gilt zunächst für die von der Antragsgegnerin vorgenommenen Deputatsermäßigungen für die Beauftragten für Arbeitssicherheit in den verschiedenen Instituten der vorklinischen Lehreinheit (Dr. N. S., Dr. K., Dr. Kl. und Dr. G.). Ein Arbeitgeber hat gemäß §§ 1 und 5 des Gesetzes über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit vom 12. Dezember 1973 - Arbeitssicherheitsgesetz - ASiG - (BGBl. I S. 1885, zuletzt geändert durch Artikel 3 Absatz 5 des Gesetzes vom 20.04.2013, BGBl. I S. 868) Fachkräfte für Arbeitssicherheit zu bestellen. Die Regelung des § 16 ASiG begründet weiter die Verpflichtung, in Verwaltungen und Betrieben des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts einen den Grundsätzen dieses Gesetzes gleichwertigen arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Arbeitsschutz zu gewährleisten. Durch die Gleichwertigkeitsklausel des § 16 ASiG sollen die öffentlichen Arbeitgeber verpflichtet werden, innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs jeweils einheitliche Regelungen unter Einbeziehung der Beamten zu schaffen. Dabei sollen den öffentlichen Arbeitgebern ausdrücklich die gleichen Verpflichtungen wie den privaten Arbeitgebern auferlegt werden (vgl. BAG, Urt. v. 15.12.2009 - 9 AZR 769/08 -, juris), wobei sich die konkreten Verpflichtungen aus den Unfallverhütungsvorschriften ergeben. Die Antragsgegnerin hat in den jeweiligen Stellenbeschreibungen plausibel dargelegt, dass der Umgang mit Gefahrstoffen und Betäubungsmitteln, Chemikalien und Lösungsmitteln in den Laboren und sonstigen Einrichtungen der vorklinischen Institute angesichts des gesetzlich bestimmten Aufgabenkreises der Beauftragten für Arbeitssicherheit einen Arbeitskraftaufwand erfordert, der (zumindest) die gewährte Deputatsermäßigung rechtfertigt.

12

Auch die weitere Deputatsermäßigung für Frau Dr. N. S. als Beauftragte für Biologische Sicherheit im Institut für Anatomie und Zellbiologie gemäß § 16 Abs. 1 der Verordnung über die Sicherheitsstufen und Sicherheitsmaßnahmen bei gentechnischen Arbeiten in gentechnischen Anlagen - Gentechnik-Sicherheitsverordnung vom 14. März 1995 - (GenTSV, BGBl. I S. 297; zuletzt geändert durch Art. 4 der Verordnung v. 18.12.2008, BGBl. I S. 2768) ist rechtlich nicht zu beanstanden. Angesichts der in § 18 GenTSV aufgezählten Pflichten des Beauftragten für Biologische Sicherheit hat die Antragsgegnerin in der Stellenbeschreibung nachvollziehbar dargelegt, dass die gewährte Deputatsermäßigung auch im Umfang angemessen ist.

13

Die von Dr. K., Prof. Dr. K., Dr. C., Dr. Kl. und Dr. L. übernommene Betreuung technischer Großgeräte (Patch clamp-Apparaturen, Gerätschaften für molekularbiologische Untersuchungen, Messplätze zur Elektrophysiologie, Betreuung des Computerpools CIP) kann nicht mehr zum normalen Aufgabenbereich eines in der Vorklinik tätigen Hochschullehrers gerechnet werden, die von dem für Forschung angesetzten Zeitanteil abgedeckt wäre (vgl. zur Deputatsermäßigung für die Betreuung technischer Großgeräte: BayVGH, Beschl. v. 28.09.2011 - 7 CE 11.10711 -, juris). Die Betreuung einer Patch clamp-Apparatur wird auch nicht in unzulässiger Weise doppelt berücksichtigt. Dr. K. betreut die Patch clamp-Apparatur am Institut für Anatomie und Zellbiologie, während Dr. Kl. diese Aufgabe am Institut für Physiologie wahrnimmt.

14

Die Antragsgegnerin hat auch die Deputatsermäßigung für Prof. Dr. K. als Projektleiter für gentechnische Arbeiten am Institut für Physiologie nachvollziehbar begründet. Die Tätigkeit als Projektleiter setzt gemäß § 15 GenTSV besondere Sachkunde voraus, die über den Abschluss eines medizinischen oder naturwissenschaftlichen Studiums hinausgeht. Angesichts der in § 10 f. des Gentechnikgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1993 (GenTG, BGBl. I S. 2066, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 09.12.2010, BGBl. I S. 1934) gesetzlich umrissenen Aufgaben bei der Genehmigung und dem Betrieb von gentechnischen Anlagen ist in der Stellenbeschreibung plausibel dargelegt, dass es sich hierbei um einen besonderen Arbeitsaufwand handelt, der nicht von dem für Forschung angesetzten Arbeitskraftanteil abgedeckt werden kann.

15

Auch die Tätigkeit von Frau Dr. F. als Strahlenschutzbeauftragte bzw. Isotopenbeauftragte nach § 31 der Strahlenschutzverordnung vom 20. Juli 2001 (StrlSchV, BGBl. I S. 1714, zuletzt geändert durch Artikel 5 Absatz 7 des Gesetzes vom 24.02.2012, BGBl. I S. 212) bzw. § 13 der Röntgenverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. April 2003 (RöV, BGBl. I S. 604, zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 04.10.2011, BGBl. I S. 200) rechtfertigt angesichts des in der Stellenbeschreibung beschriebenen Aufgabenbereiches, welcher im Wesentlichen durch die gesetzlichen Regelungen des § 33 StrlSchV bzw. § 15 RöV vorgegeben ist, die gewährte Deputatsermäßigung (vgl. zur Deputatsreduzierung für Strahlenschutzbeauftragte: BayVGH, Beschl. v. 10.01.2012 - 7 ZB 11.783 -, juris).

16

Der Fakultätsvorstand hat sich im Übrigen bei der Beschlussfassung ausdrücklich auf die ständige Rechtsprechung des Senats zur Höhe der Deputatsermäßigungen bei den sog. Funktionsstellen i. S. d. § 6 Abs. 5 LVVO bezogen und die Deputatsermäßigungen auf zwei Semesterwochenstunden begrenzt, auch wenn nach den Stellenbeschreibungen eine höhere Deputatsermäßigung vertretbar wäre. § 6 Abs. 5 LVVO ermöglicht auch eine Deputatsermäßigung für sog. Funktionsstellen (Beschl. d. Senates v. 16.07.2009 - 3 N 599/08 -, juris). Die Antragsgegnerin hat unter Beachtung der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 18.08.2009 - 3 M 18/09 u. a. -, juris) auch im Einzelnen dargelegt, warum die Wahrnehmung der dort genannten Aufgaben (weiterhin) nicht kapazitätsneutral etwa durch Drittmittelbeschäftigte oder technische Mitarbeiter erfolgen kann und daher eine Deputatsermäßigung gerechtfertigt ist. Anhaltspunkte dafür, dass eine kapazitätsrechtlich unzulässige Niveaupflege betrieben wird oder bei der Antragsgegnerin eine „Luxusgeräteausstattung“ vorliegt, sind nicht ersichtlich.

17

Entgegen der Auffassung der Antragsteller waren im streitgegenständlichen Berechnungszeitraum bei der Ermittlung des unbereinigten Lehrangebotes keine weiteren Lehrauftragsstunden kapazitätserhöhend zu berücksichtigen. Gemäß § 10 Satz 1 KapVO LSA werden als Lehrauftragsstunden die Lehrveranstaltungsstunden in die Berechnung des Lehrangebots einbezogen, die der Lehreinheit für den Ausbildungsaufwand nach § 13 Abs. 1 KapVO LSA in den dem Berechnungsstichtag vorausgehenden zwei Semestern (hier: Wintersemester 2009/2010 und Sommersemester 2010) im Durchschnitt je Semester zur Verfügung standen und nicht auf einer Regellehrverpflichtung beruhen. Nach § 10 Satz 2 KapVO LSA gilt dies nicht, soweit die Lehrauftragsstunden aus Haushaltsmitteln für unbesetzte Stellen vergütet worden sind, da diese Stellen nach dem abstrakten Stellenprinzip i. S. d. § 8 KapVO LSA kapazitätserhöhend bereits beim unbereinigten Lehrangebot berücksichtigt werden (vgl. zum Zusammenhang zwischen Lehrauftrag und Vertretung bei der Vakanzverrechnung: OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 15.12.2009 - 5 NC 31.09 -, juris). Nach dem Sinn und Zweck des § 10 Satz 2 KapVO LSA ist es nicht erforderlich, dass mit dem Lehrauftrag gerade Leistungen einer konkreten unbesetzten Stelle im Fachbereich ersetzt werden sollen. Ausreichend ist ein finanzieller Zusammenhang zwischen der Stellenvakanz und dem Lehrangebot (VGH Mannheim, Urt. v. 22.03.1991 - NC 9 S 81/90 -, juris). Die an die im Ruhestand befindlichen Prof. Dr. S. und Dr. R. erteilten Lehraufträge am Institut für Anatomie und Zellbiologie wurden zum Ausgleich der in den Bezugssemestern vakanten 0,5-Planstelle einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin und der infolge von Mutterschutz und anschließender Elternzeit vakanten Stelle einer weiteren Stelle einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin sowie - bezogen auf das Sommersemester 2010 - für die Stelle des ausgeschiedenen Prof. Dr. P. eingesetzt. Die an die im Ruhestand befindlichen Prof. Dr. W. und Dr. B. erteilten Lehraufträge am Institut für Physiologie wurden zum Ausgleich der vakanten W2-Planstelle verwandt. Die an die im Ruhestand befindlichen Prof. Dr. L. und Dr. W. sowie an Herrn Dr. N. erteilten Lehraufträge am Institut für Physiologische Chemie dienten zum Ausgleich der Vakanz einer W3-Stelle. Die Angaben der Antragsgegnerin sind anhand der vorgelegten Stellenpläne und Anträge auf Genehmigung der Lehraufträge plausibel und nachvollziehbar. Der Senat hat auch keine Zweifel, dass die in den Anträgen auf Genehmigung der Lehraufträge genannten Stellen auch in den Bezugssemestern tatsächlich vakant waren. So ergibt sich aus allgemein zugänglichen Quellen (www.xing.com, www.anatomie.unibas.ch/members/members.html), dass PD Dr. L. G. seit Januar 2010 am Anatomischen Institut der Universität Basel tätig ist. Prof. Dr. F. P. hat zum Sommersemester 2010 den Lehrstuhl II am Institut für Anatomie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen übernommen(www.vision-research.eu/fileadmin/user_upload/researcher/p/paulsen-friedrich-cv_full.pdf). Der erforderliche Zusammenhang zwischen den erteilten Lehrauftragsstunden und einer Stellenvakanz in der Lehreinheit Vorklinische Medizin ist daher für die Bezugssemester nicht zweifelhaft.

18

Entgegen der Auffassung der Antragsteller hat das Verwaltungsgericht auch den Dienstleistungsexport für den nicht zugeordneten Studiengang Zahnmedizin rechtsfehlerfrei ermittelt. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 17.10.1982 - 7 C 99, 102 und 103.81 -, juris) die Kapazitätsersparnis zu berücksichtigen, die durch Doppelstudenten eintritt, die die entsprechenden Lehrveranstaltungen in der einen Lehreinheit bereits belegt haben und die Lehrveranstaltungen in der anderen Lehreinheit daher nicht nachfragen. Einmal davon abgesehen, ob es - anders als an den meisten medizinischen Fakultäten im Bundesgebiet - bei der Antragsgegnerin nach der Immatrikulationsordnung und aufgrund der sich zeitlich überschneidenden Pflichtveranstaltungen in den beiden Studiengängen überhaupt möglich ist, ein Doppelstudium Humanmedizin/Zahnmedizin zu betreiben, würdigen die Antragsteller nicht den Umstand, dass die Antragsgegnerin nur die gesondert für die Studenten der Zahnmedizin vorgesehenen Praktika der Anatomie, Physiologie und der Physiologischen Chemie berücksichtigt hat. Die Vorlesungen in Anatomie, Physiologie und der Physiologischen Chemie, welche von den Studenten der Humanmedizin und der Zahnmedizin gemeinsam besucht werden, hat die Antragsgegnerin nicht zum Ansatz gebracht (Generalakte, Ordnungsnummer 16). Soweit die Antragsteller darauf verweisen, dass auch eine mögliche Kapazitätsersparnis durch Zweitstudenten, welche die für den Dienstleistungsexport in Ansatz gebrachten Lehrveranstaltungen bereits besucht hätten, zu berücksichtigen ist, ist dem nicht zu folgen. Da die Berücksichtigung der Zweitstudenten bei der Ermittlung des Dienstleistungsabzugs nach der Kapazitätsverordnung nicht ausdrücklich vorgesehen ist, legen die Antragsteller nicht dar, aus welchen (verfassungsrechtlichen) Gründen es als geboten erscheint, auch die Zweitstudenten, welche bei der Antragsgegnerin in den Studiengängen Humanmedizin oder Zahnmedizin immatrikuliert sind, zu berücksichtigen (ausdrücklich offen lassend: BVerwG, Beschl. v. 23.12.1985 - 7 B 104/85 u. a.-, juris, ablehnend: BayVGH, Beschl. v. 24.08.2010 - 7 CE 10.10210 -, juris). Die Antragsteller würdigen dabei nicht den Umstand, dass auch ein Zweitstudent Anspruch auf Teilnahme an der als Dienstleistung exportierten Veranstaltung hat, so dass bei ihm nicht generell von einer „ersparten“ Nachfrage ausgegangen werden. Im Übrigen haben die betreffenden Zweitstudenten regelmäßig die Möglichkeit, wegen der Anrechnung ihrer bereits erbrachten Studienleistungen sich sogleich in einem höheren Fachsemester immatrikulieren zu lassen und sind daher nicht bei der Berechnung des Dienstleistungsabzugs zu berücksichtigen. Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist hinsichtlich der für einen der Lehreinheit nicht zugeordneten Studiengang erbrachten Dienstleistungen eine Schwundkorrektur nicht geboten (vgl. Beschl. d. Senates v. 02.08.2011 - 3 M 250/11 -, juris; SächsOVG, Beschl. v. 20.06.2013 - NC 2 B 505/12 -, juris; VGH Mannheim, Beschl. v. 13.06.2008 - NC 9 S 241/08 -, juris; BayVGH, Beschl. v. 30.04.2012 - 7 CE 12.10044 u. a. -, juris). Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 2 KapVO LSA, der ausdrücklich anordnet, dass zur Berechnung des Bedarfs an Dienstleistungen die Studienanfängerzahlen anzusetzen sind.

19

Das Verwaltungsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Überbuchung von zwei Studienplätzen den Antragstellern rechtsfehlerfrei entgegen gehalten werden kann. Das Verwaltungsgericht ist im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 18.08.2009 - 3 M 18/09 -, juris) davon ausgegangen, dass es keine Rechtsvorschrift gibt, die die Rechte eines auf Zuweisung eines „außerkapazitären“ Studienplatzes klagenden Bewerbers im Sinne des Beschwerdevorbringens schützt. Die Bindung der Hochschule an die Zulassungszahl dient - ausgehend davon, dass die Zulassungszahl entsprechend den Vorgaben der KapVO LSA und damit kapazitätserschöpfend festgesetzt ist - der Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Hochschulbetriebes, also dem Schutz der Rechte von Hochschule, Hochschullehrern und der bereits immatrikulierten Studenten. Deshalb verletzt die Besetzung von Studienplätzen jenseits der festgesetzten Kapazität keine Rechte der die Zulassung auf einen „außerkapazitären“ Studienplatz begehrenden Bewerber, wenn die Hochschule diese Plätze im Nachrückverfahren nach den vergaberechtlichen Kriterien vergibt. Allein der Umstand, dass die von der Antragsgegnerin angestellte Prognose bei der Bestimmung der Überbuchungsfaktoren sich bei einer nachträglichen Betrachtung als unzutreffend erweist, rechtfertigt nicht den Schluss einer willkürlichen Überbuchung. Die Antragsteller legen nicht dar, dass sich die Bestimmung der Überbuchungsfaktoren als gesetzlos und bewusst ohne Rücksicht auf die gesetzlichen Anforderungen darstellt. Die kapazitäts- und vergaberechtlichen Vorschriften gehen von dem Grundgedanken aus, dass bei pflichtgemäßer Kapazitätsermittlung alle vorhandenen Studienplätze in das Vergabeverfahren einbezogen werden, um in verfassungskonformer Weise zu gewährleisten, dass zum einen kein Studienplatz unbesetzt bleibt und zum anderen durch die Zugrundelegung einheitlicher und sachgerechter Auswahlkriterien und die Vergabe von Rangziffern eine im Sinne des Gleichheitssatzes möglichst gerechte Auswahl unter den grundsätzlich gleichberechtigten Bewerbern vorgenommen wird. Ausschließlich dann, wenn infolge unzureichender Kapazitätsermittlung vorhandene Studienplätze nicht in das Vergabeverfahren einbezogen worden sind und bei Einhaltung der normativ vorgegebenen Verteilungsmaßstäbe überhaupt ungenutzt blieben und unwiederbringlich verlorengingen, tritt die vorrangige Berücksichtigung berechtigter Studienbewerber zurück und ist, um ein mit Art. 12 GG unvereinbares Ergebnis zu vermeiden, einem gegen die Hochschule klagenden Bewerber ein freier Studienplatz unabhängig von seiner Rangziffer zuzuweisen (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 18.06.2008 - 1 N 1/07 -, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse v. 14.04.2009 - 5 NC 174.08 - und v. 01.06.2007 - 5 NC 1.07 -, juris).

20

Auch die sinngemäß erhobene Rüge einer „rechtswidrigen Überbuchung der Ausländerquote“ greift daher nicht durch. Ob innerhalb der festgesetzten Kapazität die vorhandenen Studienplätze in jeder Hinsicht rechtmäßig vergeben wurden und etwa die Vorabquote des § 6 Abs. 1 Nr. 1 VVO Stiftung LSA eingehalten wurde, ist unerheblich. Denn auf die Einhaltung der Verfahrensvorschriften, die dem innerkapazitären Vergabeverfahren zugrunde liegen, haben Studienbewerber, die - wie die Antragsteller - einen Studienplatz außerhalb der Kapazität geltend machen, keinen Anspruch (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 17.01.2012 - NC 9 S 2775/10 -, juris m. w. N.).

21

Den nur noch auf die Anfechtung der Kostenentscheidung beschränkten Beschwerden der Antragsgegnerin steht zwar nicht die Regelung des § 158 Abs. 1 VwGO entgegen, da aufgrund der zulässigen Beschwerden der Antragsteller das Beschwerdeverfahren zu einer Sachentscheidung führt (vgl. hierzu: Rennert in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2011, § 158 Rdnr. 4 m. w. N.). Die Beschwerden der Antragsgegnerin sind indes unbegründet. Der Senat gibt seine bisherige Rechtsprechung, wonach die Kosten nach Maßgabe der Loschance zu verteilen seien, auf (vgl. Beschl. d. Senates v. 21.03.2013 - 3 M 363/12 u. a. -). Ob mit der vom Verwaltungsgericht zitierten obergerichtlichen Rechtsprechung angenommen werden kann, dass in den Fällen der Anordnung eines gerichtlichen Vergabeverfahrens von außerkapazitären Studienplätzen im Regelfall eine Kostenaufhebung sachgerecht ist (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 12.05.2009 - NC 9 S 240/09 -, juris; SächsOVG, Beschl. v. 09.09.2009 - NC 2 B 180/09 -, juris und 22.01.2013 - NC 2 B 356/11 -, juris; BayVGH, Beschl. v. 29.06.2011 - 7 CE 11.10338 u.a. -, juris), kann dahinstehen.

22

Immerhin haben die Antragsteller das mit dem Eilantrag verfolgte Ziel, die Zulassung zum Studium nach Maßgabe eines gerichtlichen Vergabeverfahrens insofern erreicht, als dass das Verwaltungsgericht wegen zwei zusätzlichen Studienplätzen ein Vergabeverfahren angeordnet hat. Dass sie aufgrund des Losverfahrens tatsächlich nicht zugelassen worden sind, stellt einen außerhalb des gerichtlichen Verfahrens liegenden Umstand dar. Das könnte für die Anwendbarkeit des § 154 Abs. 1 VwGO sprechen. Auch wenn man mit dem Verwaltungsgericht von der Anwendbarkeit des § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO ausgeht, können die Beschwerden keinen Erfolg haben.

23

Gemäß § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen, wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt. Ob bei Vorliegen dieser Voraussetzungen das Gericht die Kosten verhältnismäßig verteilt oder gegeneinander aufhebt, steht in seinem Ermessen. Die Entscheidung ist nach den Gesamtumständen des Einzelfalles zu treffen. Wenn beide Beteiligte wie hier anwaltlich vertreten sind, ist in zulassungsrechtlichen Verfahren, in denen die Vergabe von außerkapazitären Studienplätzen im Wege eines Losverfahrens durch das Verwaltungsgericht angeordnet wird, jedenfalls eine Kostenaufhebung vorzusehen. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass die Kapazitätsberechnung der Hochschule fehlerhaft war und weitere Studienplätze (vorläufig) vergeben werden können und berücksichtigt andererseits, dass die fehlerhafte Kapazitätsberechnung bei Anordnung eines Losverfahrens nicht jedem Antragsteller zum Erfolg des Zulassungsantrages verhilft. Dagegen weist die Kostenverteilung anhand der Loschance den Nachteil auf, dass der damit maßgebliche Faktor, wie viele andere Studienplatzbewerber ebenfalls einen Antrag beim Verwaltungsgericht stellen, vom jeweiligen Antragsteller weder in irgendeiner Form beeinflusst noch vorhergesehen werden kann. Die Kostenverteilung wird damit von Zufälligkeiten abhängig, die nicht sachgerecht erscheinen. Dies zeigen auch die vorliegenden Verfahren, da bei einer an der Loschance orientierten Kostenentscheidung selbst eine hälftige Kostenteilung erst dann in Betracht käme, wenn mehr als 167 außerkapazitäre Studienplätze „aufgedeckt“ würden. Bei einer festgesetzten Kapazität von 221 Studienplätzen stellt dies jedoch nur eine allenfalls theoretische Möglichkeit dar.

24

Die Kostenentscheidung für das jeweilige Beschwerdeverfahren folgt aus § 155 Abs. 1, 161 Abs. 2 VwGO.

25

Die Höhe des Streitwertes folgt aus §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Da die Antragsteller nur die Vergabe weiterer Teilstudienplätze begehren, war der Auffangstreitwert zu halbieren. Die Halbierung des Auffangstreitwerts im Fall der vorläufigen Zulassung auf einen Teilstudienplatz im Studiengang Humanmedizin ist dem Umstand geschuldet, dass das Teilstudium von vornherein auf den vorklinischen Abschnitt des Studiums beschränkt ist und weder mit dem Ablegen der ärztlichen Vorprüfung noch mit einem Bachelorabschluss vergleichbar ist, mithin nicht zu einem berufsqualifizierenden Abschluss führt (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 10.05.2012 - 2 OA 187/12 -, juris).

26

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


Gründe

1

Die von den Antragstellern bei dem beschließenden Gericht gestellten Anträge auf (vorläufige) Zulassung zum Studiengang Humanmedizin bei der Antragsgegnerin im Wintersemester 2009/2010 im 1. Fachsemester außerhalb der festgesetzten Kapazität bzw. auf Beteiligung an der Verlosung freier außerkapazitärer Studienplätze, haben in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Das Gericht erachtet die im gerichtlichen Eilverfahren gestellten Anträge unabhängig davon für zulässig, ob einzelne Antragsteller ihren jeweiligen Antrag auf eine unmittelbare Zulassung gerichtet und nur hilfsweise die Zulassung nach den Rangplätzen eines anzuordnenden Losverfahrens begehrt haben oder ob sie isoliert (nur) die Durchführung eines – mitunter auf eine bestimmte Platzzahl beschränkten – Losverfahrens und die anschließende Zulassung nach den jeweiligen Rangplätzen beantragt haben.

2

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn diese, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung). Gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 und § 294 Abs. 1 ZPO muss ein Antragsteller dazu glaubhaft machen, dass ihm dadurch, dass man ihn auw ein Hauptsacheverfahren verweist, Nachteile entstehen, die bei einem Obsiegen in der Sache nicht mehr ausgeglichen werden können (Anordnungsgrund). Darüber hinaus ist zu prüfen, ob der Antragsteller mit seinem Begehren im Hauptsacheverfahren voraussichtlich Erfolg haben wird (Anordnungsanspruch).

3

Der für ein erfolgreiches Rechtsschutzbegehren der Antragsteller erforderliche Anordnungsgrund ergibt sich bereits daraus, dass den Antragstellern ein Zuwarten bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren, das erst geraume Zeit nach Beginn des Bewerbungssemesters durchgeführt und abgeschlossen werden kann, und eine damit verbundene Zurückstellung ihrer Berufsausbildung nicht zuzumuten ist.

4

Ein Anspruch auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang glaubhaft gemacht.

5

Der von den Antragstellern begehrten vorläufigen Zuweisung eines Studienplatzes im Wintersemester 2009/2010 im 1. Fachsemester im Studiengang Humanmedizin steht zunächst nicht teilweise entgegen, dass einige Antragsteller, die ihre Hochschulzugangsberechtigung vor dem 16. Januar 2009 erworben haben (sog. Altabiturienten), bei der Antragsgegnerin einen Antrag auf Zulassung außerhalb der festgesetzten Kapazität zum Wintersemester 2009/2010 erst nach dem 31. Mai 2009 gestellt haben. Die in §§ 23, 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 1. Alt. der Verordnung des Landes Sachsen-Anhalt über die zentrale Vergabe von Studienplätzen – ZVS-LSA – vom 13. Juni 2008 (GVBl. S. 209) für sog. Altabiturienten vorgesehene Antragsfrist ist auf Anträge außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl nicht anwendbar. Die Verweisung in § 23 ZVS-LSA auf § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ist im Lichte der Art. 12 Abs. 1, 3 Abs. 1 GG einschränkend dahingehend auszulegen, dass nur die dort ebenfalls bestimmte – von sämtlichen Antragstellern eingehaltene – allgemeine Antragsfrist für das Wintersemester (15. Juli) entsprechend auf außerkapazitäre Zulassungsanträge Anwendung findet (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 09. Dezember 2009 - 3 M 390/09 u.a. -).

6

Die Antragsteller haben auch an Eides statt versichert, mangels Zulassung an einer anderen Hochschule im Studiengang Humanmedizin über ein rechtliches Interesse an der mit ihren Eilanträgen begehrten vorläufigen Zuweisung eines Studienplatzes bei der Antragsgegnerin zu verfügen. Soweit die Antragsgegnerin von den Antragstellern in diesem Zusammenhang die Vorlage aktueller eidesstattlicher Versicherungen des Inhalts verlangt, dass sie auch weiterhin nicht an einer anderen Hochschule im Studiengang Humanmedizin zugelassen sind, ist darauf hinzuweisen, dass dieser Forderung nicht ohne erhebliche zeitliche Verzögerungen bei der Entscheidung der Kammer über die mehrere Hundert Eilanträge Rechnung getragen werden kann. Abgesehen davon nehmen die meisten Antragsteller nach den Beobachtungen der Kammer ihren Antrag zurück, sobald sie eine anderweitige Zulassung erhalten haben. Dies führt regelmäßig bereits vor der Beschlussfassung der Kammer über die anhängigen Eilanträge zu zahlreichen Verfahrenseinstellungen. Soweit die Antragsgegnerin vorträgt, dass in der Vergangenheit einige Antragsteller den ihnen zugewiesenen Studienplatz wegen einer anderweitigen Zulassung nicht angenommen haben, handelt es sich im Verhältnis zu der Gesamtzahl der Eilanträge lediglich um Einzelfälle. Dem nachvollziehbaren Interesse der Antragsgegnerin, solche Antragsteller von der Verlosung eventuell gerichtlich festgestellter zusätzlicher Studienplätze auszuschließen, die bereits eine anderweitige Zulassung erhalten haben, aber ihren Eilantrag gleichwohl aufrechterhalten, ist auf andere Weise Rechnung zu tragen, wie z.B. durch einen Antrag auf Änderung der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren getroffenen einstweiligen Anordnung in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 7 VwGO (vgl. Posser/Wolff, VwGO, § 123 Rdnr. 182 f.; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 123 Rdnr. 35). Soweit es der Antragsgegnerin dabei allein um die Frage der Verfahrenskosten geht, wäre auch eine freiwillige außergerichtliche Ausgleichung durch die betroffenen Antragsteller denkbar.

7

In der Sache hat die Antragsgegnerin mit der Anzahl der (innerkapazitär) zugelassenen Studierenden nicht ihre vorhandene Ausbildungskapazität ausgeschöpft. Das Kultusministerium hat die Zulassungszahl für das Wintersemester 2009/2010, 1. Fachsemester, Studiengang Humanmedizin bei der Antragsgegnerin in Anlage 1 zu § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 der Verordnung über die Festsetzung von Zulassungszahlen für Studienplätze im Wintersemester 2009/2010 und im Sommersemester 2010 (Zulassungszahlenverordnung 2009/2010) – ZZVO 2009/2010 – vom 22. Juni 2009 (GVBl. LSA S. 316) auf 237 Studienanfängerplätze festgesetzt. Zum Zeitpunkt der Entscheidung der Kammer waren nach den Mitteilungen der Antragsgegnerin im ersten Fachsemester 238 Studienplätze belegt. Diese Überbuchung erkennt die Kammer im Eilverfahren als kapazitätsdeckend an (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 12. August 2009 - 3 M 17/09 -; Beschl. v. 18. August 2009 - 3 M 18/09 -, zitiert nach juris). Die der Zulassungszahlenfestsetzung zugrunde gelegte Kapazitätsberechnung ist nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erforderlichen, aber auch hinreichenden summarischen Prüfung allerdings fehlerhaft, soweit insgesamt eine Aufnahmekapazität von weniger als 255 Studierenden für das 1. Fachsemester errechnet worden ist. Die im Verordnungswege festgesetzte niedrigere Zulassungszahl ist vor dem Hintergrund des sich aus Art. 12 Abs. 1 GG ergebenden Gebotes, vorhandene Ausbildungskapazitäten zu erschöpfen, wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht als rechtlich unbeachtlich zu behandeln. Die Antragsgegnerin ist daher zur vorläufigen Vergabe weiterer 17 Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität zu verpflichten.

8

Die Ermittlung der jährlichen Aufnahmekapazität bestimmt sich nach den Vorschriften der Kapazitätsverordnung des Landes Sachsen-Anhalt – KapVO – vom 24. Januar 1994 (GVBl. LSA S. 68), zuletzt geändert durch Verordnung vom 14. Februar 2003 (GVBl. LSA S. 8). Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 KapVO wird die jährliche Aufnahmekapazität in zwei Verfahrensschritten durch Berechnung aufgrund der personellen Ausstattung (Nr. 1) und Überprüfung des Ergebnisses anhand der weiteren kapazitätsbestimmenden Kriterien (Nr. 2) ermittelt. Zu diesem Zweck wird entsprechend § 6 KapVO i.V.m. Anl. 1 zur KapVO dem jährlichen Lehrangebot der Lehreinheit für den Studiengang die Lehrnachfrage des Studiengangs bei dieser Lehreinheit gegenübergestellt.

9

Für die Ermittlung des unbereinigten Lehrangebotes gilt danach folgendes:

10

Wie in den Vorjahren sind die in der Lehreinheit Vorklinische Medizin im Umfang von 12 SWS erfolgten Stellenreduzierungen (entspricht den von den Beteiligten in Bezug genommenen drei sog. „fiktiven Stellen“) nicht kapazitätsmindernd zu berücksichtigen. Das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt hat hierzu in seinem Beschluss vom 04. Mai 2007 (- 3 N 56/07 -, zitiert nach juris) zunächst allgemein ausgeführt:

11

„Da sich ein (absoluter) Numerus clausus, wie er für den Studiengang Humanmedizin in der Bundesrepublik Deutschland praktiziert wird, an der Grenze des verfassungsrechtlich Hinnehmbaren bewegt [vgl. BVerfG, Urt. v. 18.07.1992 - 1 BvL 32/70 u. 25/71 -, BVerfGE 33, 303 (333)], ist es auch im Interesse der gebotenen Nachprüfbarkeit der von der jeweiligen Hochschule angestellten Kapazitätsberechnungen (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 08.02.1984 - 1 BvR 580/83 u. a. -, BVerfGE 66, 155 (179)) erforderlich, zur Ermittlung des Lehrangebots die in diesem Rahmen verfügbaren Stellen normativ festzulegen. Es wäre anderenfalls den in Streitverfahren bezüglich einer Zulassung außerhalb der festgesetzten Kapazität angerufenen Verwaltungsgerichten nicht möglich, das von den Hochschulen vorgelegte Datenmaterial daraufhin zu überprüfen, ob es sich bei den Zahlen um die für die Hochschule verbindliche Festlegung der verfügbaren Stellen des Studiengangs oder nur unverbindliches Zahlenmaterial handelt, das im Verwaltungsprozess lediglich dazu dienen soll, die zuvor ohne eine verbindliche Festlegung des Lehrangebots festgesetzte Studienplatzzahl aus Sicht der Hochschule plausibel darzustellen. Grundsätzlich hat die Wissenschaftsverwaltung bei der Zuordnung und Verteilung von Stellen auf die Fachbereiche und ihre Untergliederungen ein durch strukturplanerische und haushaltsbezogene Wertungen und Abwägungen bestimmtes Ermessen, das nur beschränkt gerichtlich überprüfbar ist. Eine sachgemäße Ausübung dieses Ermessens setzt dabei voraus, dass z.B. bei Stellenverlagerungen Kapazitätsminderungen soweit wie möglich vermieden werden und unvermeidbare Kapazitätsverluste jedenfalls nachprüfbar begründet werden. Dazu muss durch die Wissenschaftsverwaltung dargelegt werden, dass etwa die Verringerung der Stellenausstattung einer Lehreinheit auf einer sorgfältigen Planung und einer Abwägung der Forschungs- und Lehraufgaben der Hochschule mit den Ausbildungsansprüchen der Studienbewerber beruht (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 05.04.1989 - M a 72 G 6959/87 - juris m. w. N).“

12

In Anwendung dieser Grundsätze hat sowohl die beschließende Kammer als auch das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt in den vergangenen Berechnungszeiträumen die in diesem Zusammenhang von der Antragsgegnerin in Bezug genommene Zielvereinbarung zwischen dem Kultusministerium und der Medizinischen Fakultät der Antragsgegnerin vom 08. März 2006 und die darauf beruhenden Begründungen des jeweiligen Haushaltsplans nicht als Legitimationsgrundlage für die Stellenreduzierungen anerkannt, da der Zielvereinbarung eine budgetorientierte Betrachtungsweise bei der Ermittlung der Studienanfängerzahl zugrunde lag, es aber an der erforderlichen normativen Bestimmung des danach maßgeblichen Kostennormwertes und damit an der erforderlichen Abwägung der gegenläufigen Interessen der Hochschule und der Studienbewerber gefehlt hatte (zum Ganzen: OVG LSA, Beschl. v. 04. Mai 2007, a.a.O.; im Anschluss daran OVG LSA, Beschl. v. 19. August 2008 - 3 N 54/08 u.a. -; Beschl. v. 18. August 2009 - 3 M 51/09 -).

13

Zwar hat der Landesgesetzgeber nunmehr für den Berechnungszeitraum 2009/2010 – worauf die Antragsgegnerin verweist – durch den Nachtrag zum Haushaltsplan 2009 im Nachtragshaushaltsgesetz 2009 vom 22. April 2009 (GVBl. LSA S. 219) in den Einzelplan 06 des Haushaltsgesetzes 2008/2009 einen Stellenplan eingefügt (Anlage zum Kapitel 0605 - Stellenbeilage inkl. Titelgruppe 96, Zusammenfassung nach Lehreinheiten und sonstigen Stellen -). Dieser legt für die Lehreinheit Vorklinische Medizin insgesamt 32,5 kapazitätsrelevante Stellen fest, wobei gegenüber der Vorjahresberechnung die gerichtlich nicht anerkannten Kapazitätsminderungen im Umfang von drei Stellen (12 SWS) in Abzug gebracht worden sind. Zudem sind einzelne Bestimmungen der Zielvereinbarung vom 08. März 2006 durch eine Ergänzungsvereinbarung zwischen dem Kultusministerium und der Medizinischen Fakultät der Antragsgegnerin vom 28. September 2009 in Ansehung der Aufnahme eines Stellenplans in den Nachtragshaushalt vom 24. April 2009 geändert worden. Danach soll die Ermittlung der jährlichen Aufnahmekapazität für die Studiengänge Humanmedizin und Zahnmedizin nunmehr ausdrücklich auf der Grundlage des Hochschulzulassungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt und der KapVO erfolgen (vgl. S. 6 Satz 5 des ersten Absatzes sowie S. 8, Ziffer 1.1.1 Studienangebot/Lehrexport). Gleichwohl wird die personelle und sächliche Ausstattung der Medizinischen Fakultät – und damit die Ermittlung der Aufnahmekapazität – weiterhin maßgeblich durch eine kostennormwertorientierte Budgetierung bestimmt. Denn alleinige Grundlage für die finanziellen Zuweisungen des Landes bleibt nach wie vor ein durch Rechtsverordnung noch zu bestimmender Kostennormwert. Dies ergibt sich aus dem auf Seite 6 Satz 4 des ersten Absatzes der Zielvereinbarung eingefügten Hinweis auf § 1 Abs. 6 Satz 2 und 3 des Hochschulmedizingesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vom 12. August 2005 (GVBl. LSA S. 508). Danach gewährt das Land der jeweiligen Medizinischen Fakultät Zuschüsse zur Gewährleistung von Forschung und Lehre, wobei die staatlichen Zuschüsse für die Studiengänge Human- und Zahnmedizin über Kostennormwerte bestimmt werden. Diese Kostennormwerte sind letztlich auch für die personelle (Lehr-)Ausstattung der Lehreinheit Vorklinische Medizin und damit – trotz der Bezugnahme auf die KapVO – für die Ermittlung der Aufnahmekapazität maßgebend. Denn die Zielvereinbarung stellt selbst einen engen Zusammenhang zwischen der Mittelzuweisung und der Lehrkapazität her. So ist auf Seite 8 der Zielvereinbarung im Hinblick auf die festgelegte Mindestaufnahmekapazität von 185 Studienanfängern ausgeführt:

14

„Die Festlegung der Mindestzahlen soll dazu dienen, dass unter Zugrundelegung der vorhandenen Mittel (Hervorhebung durch die Kammer) eine für die akademische Lehre notwendige Forschung weiterhin möglich ist. “

15

Weiterhin bestimmt die Zielvereinbarung auf Seite 7:

16

„Die Mittelzuweisungen des Landes sichern den hochschulmedizinischen Einrichtungen eine Finanzierung ihrer Aufgaben in Forschung und Lehre in dem in der Zielvereinbarung vereinbarten Umfang (Hervorhebung durch die Kammer). Hierzu werden die Zuschüsse aus dem Landeshaushalt für Grundausstattung bzw. Ergänzungsausstattung Forschung und Lehre bereitgestellt. […] Aus den Mitteln für Grundausstattung Forschung und Lehre sind die kapazitätsrelevanten (Hervorhebung durch die Kammer) Personal-, Betriebs- und Investitionskosten zu finanzieren.“

17

Vor diesem Hintergrund ist die Ermittlung der Aufnahmekapazität durch die Antragsgegnerin nur vordergründig nach Maßgabe des abstrakten Stellenprinzips (§ 8 KapVO) erfolgt. Denn die Anwendung des abstrakten Stellenprinzips stünde in Widerspruch mit dem Sinn und Zweck der der Mittelverteilung zugrunde gelegten budgetorientierten Betrachtungsweise (vgl. den von der Kultusministerkonferenz am 06. November 2003 zur Kenntnis genommenen Bericht des Ausschusses für Hochschule und Forschung der Kultusministerkonferenz „Auswirkungen des Kostennormwertverfahrens auf die Budget- und Organisationsstrukturen der Hochschulmedizin“, zu beziehen über die KMK, www.kmk.org). Das hergebrachte Stellenprinzip folgt einem gänzlich anderen Ansatz als das Budgetprinzip, indem es ausschließlich an die nach Maßgabe eines Stellenplans vorhandene Personalausstattung anknüpft und die Finanzierung dieser Stellen grundsätzlich unberücksichtigt lässt (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 04. Mai 2007, a.a.O.).

18

Abgesehen davon ließe allein der Umstand, dass die Zuweisung von Stellen zur Lehreinheit Vorklinische Medizin auf eine hinreichende normative Grundlage gestellt wäre, die im Hinblick auf eine Verringerung der Stellenausstattung einer Lehreinheit erforderliche sorgfältige Abwägung der Forschungs- und Lehraufgaben der Hochschule mit den Ausbildungsansprüchen der Studienbewerber nicht entbehrlich werden. Auch unter diesem Gesichtspunkt würde der nunmehr gewählte Ansatz zur Ermittlung der Aufnahmekapazität der Antragsgegnerin mangels weitergehender Begründung keine Legitimationsgrundlage für die hier in Rede stehenden Stellenreduzierungen bieten.

19

Soweit die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass die in den vergangenen Jahren bei der Kapazitätsermittlung „gerichtlich fiktiv fortgeführten Stellen“ bei ihr tatsächlich nicht vorhanden sind, lässt sie außer Acht, dass diese Stellen zu einem früheren Zeitpunkt sehr wohl bei ihr vorhanden waren, aber auf der Grundlage eines Beschlusses des Fakultätsvorstandes vom 26. September 2006 gestrichen worden sind.

20

Es handelt sich hierbei einesteils um die ehemals von den wissenschaftlichen Mitarbeitern T., K. und H. im Bereich der Anatomie und Zellbiologie besetzten Stellen (Wissenschaftliche Mitarbeiter, befristet, insgesamt zwei Stellen). Die dadurch um 8 SWS verminderte Lehrkapazität des Instituts ist durch die Umwandlung einer C-1-Stelle in eine A-14-Stelle lediglich im Umfang von 4 SWS ausgeglichen worden. Anderenteils betreffen die in den vergangenen Jahren gerichtlich nicht anerkannten Stellenentscheidungen in einem Umfang von 8 SWS den Bereich der Physiologischen Chemie, namentlich eine weggefallene C-2-Stelle sowie eine ebenfalls gestrichene, ehemals mit der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Tx. besetzte halbe (Zeit-)-Stelle (vgl. zum Ganzen: OVG LSA, Beschl. v. 04. Mai 2007, a.a.O.; OVG LSA, Beschl. v. 19. August 2008, a.a.O.). Im Bereich der Physiologie hat es dagegen keine kapazitätsrelevanten Stellenstreichungen gegeben, die in den vergangenen Berechnungszeiträumen unberücksichtigt geblieben sind. Dementsprechend hat insoweit auch keine gerichtliche Erhöhung der Lehrkapazität stattgefunden. Vor diesem Hintergrund ist es missverständlich, wenn die Antragsgegnerin die aufgrund gerichtlich nicht anerkannter Stellenreduzierungen fiktiv berücksichtigten Stellen bei der Erstellung ihrer Kapazitätsunterlagen in den Varianten A 2 und B für den hier streitgegenständlichen Berechnungszeitraum gleichmäßig auf die vorklinischen Institute verteilt, auch wenn das Ergebnis hierdurch nicht beeinflusst werden mag.

21

Der den vorgenannten Stellenstreichungen zugrunde liegende Beschluss des Fakultätsvorstandes vom 26. September 2006 genügt im Hinblick auf den Abbau von Lehrkapazität nicht den Anforderungen an eine sachgerechte Abwägung der gegenläufigen Interessen, da er lediglich auf die Vorgaben der Zielvereinbarung vom 08. März 2006 hinsichtlich der künftigen Personalbemessung der Medizinischen Fakultät Bezug nimmt, jedoch keine auf die Interessen der Studienbewerber bezogene besondere Begründung für den Stellenabbau gibt (vgl. Beschl. der Kammer v. 19. Dezember 2006 - 3 C 321/06 HAL u.a. -; OVG LSA, Beschl. v. 04. Mai 2007, a.a.O.). Dieses Abwägungsdefizit ist auch nicht dadurch geheilt worden, dass der Fakultätsvorstand in seinem Beschluss vom 22. September 2008 die Bestimmungen der Zielvereinbarung bei der Entscheidung über den Stellenplan für das Wintersemester 2008/2009 als rechtlich nicht bindend angesehen hat. Gleichwohl wird unter Ziffer 5 des Beschlusses im Hinblick auf den Stellenabbau weiterhin auf den Inhalt der Zielvereinbarung Bezug genommen, der eine kostennormwertorientierten Betrachtungsweise zugrunde liegt. Die übrigen Ausführungen zur Rechtfertigung des Stellenabbaus in der Lehreinheit Vorklinische Medizin lassen nicht nur eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Belangen der Studienbewerber vermissen, sondern geben vor allem keine über allgemeine Erwägungen hinausgehende inhaltliche Begründung dafür, weshalb dem Abbau gerade der konkret betroffenen Stellen Vorrang vor den Interessen der nach wie vor zahlreichen Studienbewerber einzuräumen ist und ein Ausgleich auf andere Weise im Interesse des Erhalts der Lehrkapazität nicht möglich ist. Auch der Nachtrag zum Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2009 sowie der Beschluss des Fakultätsvorstandes der Medizinischen Fakultät der Antragsgegnerin vom 23. September 2009 über einen konkretisierenden Stellenplan für das Haushaltsjahr 2009 lassen eine tragfähige Begründung für die Stellenreduzierungen vermissen. Insoweit wird lediglich auf die Notwendigkeit der normativen Verankerung des Stellenplans verwiesen, ohne aber auszuführen, worin der bislang gerichtlich nicht anerkannte Stellenabbau in Ansehung der einer damit verbundenen Reduzierung der Lehrkapazität entgegenstehenden Interessen der Studienbewerber seine Rechtfertigung findet.

22

Des Weiteren hat die Antragsgegnerin die Lehrdeputate einiger befristet im Angestelltenverhältnis beschäftigter wissenschaftlicher Mitarbeiter rechtlich fehlerhaft bemessen.

23

Nach § 9 Abs. 1 KapVO ist das Lehrdeputat die im Rahmen des Dienstrechts festgesetzte Lehrverpflichtung einer Lehrperson einer Stellengruppe, gemessen in Deputatsstunden. Auf der Grundlage des § 44 Abs. 1 Satz 1 HSG LSA hat das Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt den Umfang der dienstrechtlichen Lehrverpflichtungen des wissenschaftlichen Personals der Hochschulen in der Verordnung über die Lehrverpflichtungen an staatlichen Hochschulen des Landes Sachsen-Anhalt – LVVO – vom 06. April 2006 (GVBl. S. 232) geregelt. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 LVVO gilt für beamtete wissenschaftliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit Lehraufgaben nach Maßgabe der Funktionsbeschreibung der einzelnen Stelle unter Berücksichtigung der sonstigen Dienstaufgaben eine Lehrverpflichtung im Umfang von 8 Lehrveranstaltungsstunden (SWS). Wissenschaftliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit Lehraufgaben im Beamtenverhältnis auf Zeit haben nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 LVVO hingegen nur Lehrverpflichtungen bis zu 4 SWS zu erfüllen. Für angestellte wissenschaftliche Mitarbeiter ist in der LVVO keine Lehrverpflichtung bestimmt, deren Umfang wie bei Beamten davon abhängt, ob sie dauerhaft oder lediglich befristet beschäftigt sind. Vielmehr sind die Lehrdeputate mit angestellten wissenschaftlichen Mitarbeitern im Einzelnen zu vereinbaren. Dies folgt aus § 4 Abs. 5 Satz 1 LVVO, wonach sich die Lehrverpflichtung dieser Mitarbeiter nach der Ausgestaltung des Dienstverhältnisses richtet. Nehmen Angestellte auf Grund vertraglicher Vereinbarung die gleichen Dienstaufgaben wie die in den Absätzen 1 bis 4 genannten Beamten und Beamtinnen wahr, ist ihre Lehrverpflichtung nach § 4 Abs. 5 Satz 2 LVVO grundsätzlich entsprechend festzusetzen.

24

Die Antragsgegnerin hat für die bei ihr im Bereich der Lehreinheit Vorklinische Medizin befristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter keine individuellen vertraglichen Bestimmungen über den Umfang der Lehrverpflichtung getroffen. In den entsprechenden Anstellungsverträgen ist allenfalls allgemein geregelt worden, dass eine Verpflichtung zur Lehre besteht (vgl. exemplarisch den Arbeitsvertrag von Frau B. vom 23. Mai 2003, Nr. 13 der Generalakte). Dies kann gleichwohl nicht dazu führen, für sämtliche hier in Rede stehenden befristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiter – wie bei dauerhaft beamteten wissenschaftlichen Mitarbeitern – von einer Lehrverpflichtung im Umfang von jeweils 8 SWS auszugehen. Die Kapazitätsberechnung nach dem Modell der KapVO basiert auf dem sog. abstrakten Stellenprinzip (vgl. § 8 Abs. 1 KapVO), nach welchem in die Kapazitätsberechnung die der Stelle der jeweiligen Stellengruppe aus ihrem Amtsinhalt abgeleitete Regellehrverpflichtung unabhängig von ihrer Besetzung oder der Qualifikation ihres Stelleninhabers und seinem tatsächlichen Lehraufwand einzubringen ist (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 27. April 2009 - 13 C 10/09 -, zitiert nach juris). Auf die tatsächliche Ausgestaltung der individuellen Dienstverhältnisse kommt es somit gerade nicht an. Für die Bemessung des Lehrdeputats der hier in Rede stehenden wissenschaftlichen Mitarbeiter ist es grundsätzlich – entgegen der Auffassung einiger Antragsteller – auch nicht von rechtlicher Bedeutung, ob im Einzelfall tatsächlich noch ein Befristungsgrund vorliegt oder eine Verlängerung der Befristung nach den Vorschriften der §§ 57 a und b Hochschulrahmengesetz – HRG – vom 19. Januar 1999 (BGBl. I S. 18) in der bis zum 17. April 2007 geltenden Fassung bzw. nunmehr des § 2 des Gesetzes über befristete Arbeitsverträge in der WissenschaftWissZeitVG – vom 12. April 2007 (BGBl. I 2007, S. 506) rechtlich zulässig ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 10. März 2005 - 13 C 2/05 -, zitiert nach juris). Entscheidend ist vielmehr, ob die Antragsgegnerin sämtliche Stellen der Angestellten mit Zeitverträgen zutreffend einer eigenen Stellengruppe mit einem im Verhältnis zu unbefristet beschäftigten Lehrpersonen geringeren Lehrdeputat von 4 SWS zugeordnet hat.

25

In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Befristung eines Dienstverhältnisses für sich genommen nicht in jedem Fall ein die Reduzierung der Lehrverpflichtung rechtfertigendes und damit kapazitätserhebliches Kriterium bildet. So schließt etwa eine Befristung aus haushaltsrechtlichen Gründen nicht zwangsläufig die Übernahme von Lehrverpflichtungen im Umfang von mehr als 4 SWS aus. Andererseits stellt die Befristung ein für die Bemessung eines verringerten Lehrdeputats bedeutsames Kriterium dar, wenn die Stelle zeitlich begrenzt zu Fort- und Weiterbildungszwecken, beispielsweise zur Ermöglichung einer Promotion, zur Verfügung gestellt wird. Mit Rücksicht auf die danach gegebene unterschiedliche Aussagekraft der Befristungsgründe hat die Wissenschaftsverwaltung gegebenenfalls hinsichtlich der einzelnen Stelle daher darzulegen, inwiefern eine Befristung, auf die als Kriterium der Zuordnung der Stelle zu einer Stellengruppe mit einem bestimmten Lehrdeputat zurückgegriffen wird, in einem sachlichen Bezug zum Umfang der Lehrverpflichtung steht, die für die Stellengruppe vorgesehen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 23. Juli 1987 - 7 C 10/86 -, NVwZ 1989, 360). Fehlt ein solcher sachlicher Bezug, gebietet es das verfassungsrechtlich verankerte Kapazitätserschöpfungsgebot, die betreffende Stelle bei der Berechnung des Lehrangebots mit einem höheren Lehrdeputat – hier 8 SWS entsprechend der Stellengruppe unbefristet beschäftigte wissenschaftliche Mitarbeiter – zu berücksichtigen. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn eine für befristet beschäftigte wissenschaftliche Mitarbeiter verfügbare Stelle dauerhaft mit einer Lehrperson besetzt ist, der eine höhere als die für die Stellengruppe vorgesehene Lehrverpflichtung obliegt, oder die in die Voraussetzungen einer Stelle mit höherer Lehrverpflichtung „hineingewachsen“ ist. Davon ist nicht bereits dann auszugehen, wenn im letztmöglichen Kapazitätsberechnungszeitpunkt die Verlängerung der Anstellung eines wissenschaftlichen Mitarbeiters erkennbar nur einem vorübergehenden Zweck dient oder das Auslaufen des Beschäftigungsverhältnisses noch im Berechnungszeitraum oder gegen dessen Ende feststeht. Ergibt sich jedoch im Rahmen einer Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls, dass die Hochschule erkennbar auf eine Verwendung des Stelleninhabers auf erheblich längere oder unabsehbare Zeit und damit wie im Falle eines unbefristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiters eingestellt ist, kann sie sich redlicherweise nicht mehr auf das abstrakte Stellenprinzip berufen, weil sie die Stelle faktisch in die eines unbefristet beschäftigten Angestellten umgewandelt hat (zum Ganzen: VG Köln, Beschl. v. 22. Januar 2009 - 6 Nc 197/08 -, zitiert nach juris, m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 27. April 2009, a.a.O.). Denn die Ausweisung einer Stelle im Stellenplan als lehrdeputatsmäßig geringwertig, obgleich sie tatsächlich höherwertig genutzt wird oder werden könnte, erwiese sich, wenn dies auf Dauer geschähe, als ein bewusstes Verdecken tatsächlich vorhandener Ausbildungskapazität (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 14. Juli 2004 - 13 C 1712/04 -, zitiert nach juris).

26

In Anwendung dieser Grundsätze sind die Lehrdeputate der befristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiter Frau Dr. G. und Herr Dr. N. anders als in der Kapazitätsberechnung der Antragsgegnerin nicht mit lediglich 4 SWS, sondern mit 8 SWS in Ansatz zu bringen. Frau Dr. G. ist bereits seit dem 04. Januar 1999 und damit mittlerweile seit über 10 Jahren bei der Antragsgegnerin beschäftigt, wobei ihre befristeten Arbeitsverträge mehrfach verlängert worden sind. Im Zeitraum vom 04. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2003 ist Frau Dr. G. ausweislich der dem Gericht vorliegenden Arbeitsverträge offenbar wissenschaftlichen Tätigkeiten nachgegangen, die zumindest auch ihrer Fortbildung gedient haben oder einem bestimmten zeitlich begrenzten Forschungsprojekt zugeordnet werden können. Demgegenüber ist für den Weiterbeschäftigungszeitraum vom 01. Januar 2004 bis zum 30. Juni 2010 nicht ersichtlich oder von der Antragsgegnerin dargelegt, dass die Befristung als stellenerhebliches Kriterium auf Umständen beruht, die – wie etwa eine berufliche Weiterqualifizierung – nach ihrer Art für die Bemessung der aus dieser Stelle zu erbringenden Lehrverpflichtungen dergestalt bedeutsam sind, dass insoweit der Ansatz eines im Verhältnis zu der Stellengruppe der unbefristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiter geringeren Lehrdeputats gerechtfertigt ist. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass Frau Dr. G. bereits promoviert gewesen ist, als sie bei der Antragsgegnerin ein Anstellungsverhältnis aufgenommen hat. Die für befristet angestellte wissenschaftliche Mitarbeiter ungewöhnlich lange Beschäftigungsdauer infolge mehrerer Arbeitsvertragsverlängerungen deutet vielmehr darauf hin, dass die Antragsgegnerin auf eine Verwendung von Frau Dr. G. auf erheblich längere oder – wie im Falle eines unbefristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiters – unabsehbare Zeit eingestellt ist. Dies führt aber dazu, dass die Stelle anderen wissenschaftlichen Mitarbeitern nicht mehr entsprechend ihres Amtsinhalts für eine Beschäftigung zu einem bestimmten befristeten Zweck zur Verfügung steht. Dies kann kapazitätsrechtlich nicht ohne Folgen bleiben. Im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens ist die Stelle daher kapazitätsrechtlich nicht mehr der Gruppe der befristet Beschäftigten, sondern der Gruppe der unbefristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiter mit der Folge eines um 4 SWS höheren Lehrdeputats zuzuordnen.

27

Gleiches gilt für das Lehrdeputat von Herrn Dr. N.. Auch er ist vor mehr als 10 Jahren mit Wirkung vom 01. Oktober 1999 von der Antragsgegnerin als – bereits promovierter – wissenschaftlicher Mitarbeiter angestellt worden. Er war zunächst bis zum 30. Juni 2001 in Drittmittelforschungsprojekten tätig, wobei sein befristeter Arbeitsvertrag zwei Mal verlängert wurde. Mit Wirkung vom 01. Juli 2001 ist er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit für drei Jahre zum wissenschaftlichen Assistenten ernannt worden. Hieran schloss sich ein weiteres befristetes Anstellungsverhältnis im Hinblick auf ein Forschungsprojekt an. In der Zeit vom 01. Juli 2005 bis zum 12. März 2006 war Herr Dr. N. nicht bei der Antragsgegnerin beschäftigt. Mit Wirkung vom 13. März 2006 wurde er erneut befristet angestellt. Dieses Arbeitsverhältnis ist fünf Mal verlängert worden, zuletzt durch Änderungsvertrag vom 29. Juli 2009 bis zum 30. September 2011. Seit seiner erneuten Anstellung ist nicht ersichtlich, worauf die weiteren Befristungen zurückzuführen sind. In Anbetracht der Vielzahl der Arbeitsvertragsverlängerungen ohne die nähere Angabe von Gründen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die von Herrn Dr. N. besetzte Stelle ihrem Amtsinhalt zufolge lediglich für einen zeitlich begrenzten Zweck zur Verfügung steht, der einen sachlichen Bezug zum Umfang der für die Stellengruppe der befristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiter in Ansatz gebrachte Lehrverpflichtung herstellt.

28

Demgegenüber ist im Hinblick auf die übrigen befristeten angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiter eine Erhöhung ihres Lehrdeputats (derzeit) nicht veranlasst. Zwar ist auch bei diesen Mitarbeitern teilweise nicht ersichtlich, welchen Amtsinhalt die von ihnen besetzte befristete Stelle besitzt. Allerdings sind die betreffenden Mitarbeiter seit deutlich kürzerer Zeit als Frau Dr.G. und Herr Dr. N. bei der Antragsgegnerin beschäftigt. Der Befristung ihrer Arbeitsverhältnisse ist daher trotz der teilweise bereits erfolgten Verlängerungen zumindest eine indizielle Bedeutung dahingehend beizumessen, dass die betreffenden Stellen nicht auf Dauer einem wissenschaftlichen Mitarbeiter, sondern in bestimmten Zeitabständen immer wieder neuen wissenschaftlichen Mitarbeitern zur Verfügung stehen soll, um ihnen beispielsweise die Möglichkeit einer befristeten Weiterbildung zu geben (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 10. März 2005 - 13 C 2/05 -, zitiert nach juris), die Befristung als stellenbedeutsames Kriterium damit auf Umständen beruht, die eine Lehrverpflichtung in einem Umfang von lediglich 4 SWS rechtfertigen. Mit dem Ansatz dieses Lehrdeputats für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in befristeten Arbeitsverhältnissen wird an die Vorgaben der KMK-Vereinbarung über die Lehrverpflichtung an Hochschulen angeknüpft (vgl. Ziffer 2.1.9.3 des Beschlusses der Kultusministerkonferenz vom 12. Juni 2003, www.kmk.org/dokumentation/veroeffentlichungen-beschluesse/wissenschaft- hochschule.html). Soweit einige Antragsteller in diesem Zusammenhang insbesondere für aufklärungsbedürftig halten, welcher Tätigkeit Frau Dr. S., Frau Dr. C., Frau A. oder Frau Gl. nachgehen, ist darauf hinzuweisen, dass diesen befristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeitern überhaupt kein Lehrdeputat – auch nicht im Umfang von 4 SWS – zugeordnet ist, da sie aus Drittmitteln bezahlt werden (dazu unten).

29

Dagegen begegnen die von der Antragsgegnerin im Umfang von 18 SWS in Ansatz gebrachten Lehrdeputatsverminderungen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 KapVO) keinen rechtlich durchgreifenden Beanstandungen. Die Ermäßigung der Lehrverpflichtung von Herrn Prof. XX in Höhe von 2 SWS beruht auf dem Umstand, dass dieser die Funktion des Studienfachberaters übernommen hat, für die nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 LVVO eine Ermäßigung der Lehrverpflichtung von bis zu 25 v. H., jedoch nicht mehr als zwei Lehrveranstaltungsstunden je Studiengang gewährt werden kann. Die Antragsgegnerin hat ihre Entscheidung zur Bestimmung von Prof. XX zum Studienfachberater und die damit verbundene Reduzierung seiner Lehrverpflichtung nachvollziehbar und glaubhaft begründet. Rechtliche Bedenken sind von den Antragstellern insoweit auch nicht vorgetragen worden. Die von der Antragsgegnerin im Übrigen in der Lehreinheit Vorklinische Medizin tätigen Lehrpersonen jeweils im Umfang von 2 SWS genehmigten Lehrdeputatsverminderungen finden ihren rechtlichen Anknüpfungspunkt in § 6 Abs. 5 LVVO. Danach kann für die Wahrnehmung sonstiger Aufgaben und Funktionen an Universitäten unter Berücksichtigung des Lehrbedarfs im jeweiligen Fach auf Antrag eine Ermäßigung der Lehrverpflichtung gewährt werden; sie soll bei den einzelnen Lehrenden zwei Lehrveranstaltungsstunden nicht überschreiten. Die beschließende Kammer und das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt haben in den vergangenen Berechnungszeiträumen für die betreffenden acht Funktionsstellen durchgehend eine Deputatsermäßigung in Höhe von jeweils 2 SWS anerkannt, darüber hinausgehende Deputatsermäßigungen jedoch unberücksichtigt gelassen (vgl. Beschluss der Kammer v. 08. Januar 2008 - 3 C 358/08 HAL u.a. -; OVG LSA, Beschl. v. 19. August 2008 - 3 N 113/08 -; Beschl. v. 18. August 2009 - 3 M 51/09 -). Die vormals von Herrn Dr. R. wahrgenommenen berücksichtigungsfähigen (organisatorischen) Aufgaben im Institut für Physiologische Chemie hat Herr Dr. L. übernommen, der auch eine entsprechende Deputatsermäßigung beansprucht. Die Antragsgegnerin geht zwar bei einigen Funktionsstellen – wie in den Vorjahren – davon aus, dass die ordnungsgemäße Erfüllung der Funktionsaufgaben an sich eine höhere Ermäßigung der Lehrverpflichtungen rechtfertigt (vgl. Beschluss des Fakultätsvorstandes zu den Funktionsstellen vom 28. September 2009). Sie hat aber dem Lehrbedarf im Interesse der Studienbewerber an einer unverminderten Aufnahmekapazität dadurch Rechnung getragen, dass sie bei sämtlichen Funktionsstellen von einer jeweils 2 SWS übersteigenden Deputatsverminderung abgesehen hat.

30

Ohne Erfolg wenden einige Antragsteller gegen die Berücksichtigung der vorgenannten Lehrdeputatsverminderungen ein, das Rektorat der Antragsgegnerin habe die hierfür erforderlichen Genehmigungen erst nach dem Stichtag für die Ermittlung der jährlichen Aufnahmekapazität – hier 31. Januar 2009 (vgl. § 5 Abs. 1 KapVO) – erteilt. Denn nach § 5 Abs. 2 und 3 KapVO sollen bei der Kapazitätsermittlung und -festsetzung auch solche wesentlichen Änderungen der Daten berücksichtigt werden, die vor Beginn des Berechnungszeitraums – hier 01. Oktober 2009 (vgl. § 5 Abs. 1 KapVO) – erkennbar oder eingetreten sind. So verhält es sich hier. Sämtliche Genehmigungen sind in der Sitzung des Rektorats der Antragsgegnerin vom 24. März 2009 und damit zwar nach dem Stichtag für die Ermittlung der Aufnahmekapazität für das Wintersemester 2009/2010, aber noch vor Beginn des Berechnungszeitraums genehmigt worden. Dies trifft auch auf den sich erneut mit den Funktionsstellen befassenden Beschluss des Fakultätsvorstandes vom 28. September 2009 zu.

31

Zusammenfassend ergibt sich für das Angebot an Deputatstunden aus den Stellen der Lehreinheit Vorklinische Medizin die nachfolgende Berechnung. Die Kammer legt hierbei die von der Antragsgegnerin vorgelegten aktualisierten Stellenübersichten (Stand: 30. September 2009) zugrunde und ergänzt diese um die bereits in den Vorjahren nicht anerkannten Stellenstreichungen im Institut für Anatomie und Zellbiologie im Umfang von 4 SWS (entspricht einer Stelle eines befristeten wissenschaftlichen Mitarbeiters) sowie im Institut Physiologische Chemie im Umfang von 8 SWS (entspricht zwei Stellen befristeter wissenschaftlicher Mitarbeiter). Ferner finden die Deputatserhöhungen für die befristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiter Dr.G. und Dr. N. Eingang in die Berechnung. Im Übrigen wird hinsichtlich der Höhe der Lehrdeputate und der Berücksichtigung der Lehrdeputatsermäßigungen auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen.

32

Aus dem Bereich der Anatomie und Zellbiologie gehen somit in das Lehrangebot ein:

33

Institut/Fach: Anatomie und Zellbiologie

Stellengruppe

Plan-
stellen

Verfüg-
bare
Stellen

Deputat
je Stelle
(hj)
in SWS

lj x hj

Vermin-
derung
Deputat
(rj)
in SWS

lj x hj - rj

W 3

1,0

1,0

8

8,0

0,00

8,00

W 2

2,0

2,0

8

16,0

0,00

16,00

Wissenschaftliche
Assistenten (C1)

3,0

3,0

4

16,0
(12,0+ 4 SWS Dr.G.)

0,00

16,00

A 14

1,0

1,0

8

8,0

2,00

6,00

Wissenschaftliche
Mitarbeiter
(befristet)

4,5

5,5
(4,5 + 1 „fiktiv“)

4

22,0
(18,0 + 4 SWS)

0,00

22,00

Wissenschaftliche
Mitarbeiter
(unbefristet)

1,0

2,0

8,0

16,0

2,00

14,00

Summe:

12,5

14,5

86
(78 + 8 SWS)

4,00

82,00
(74 + 8 SWS)

34

Die im Bereich der Anatomie und Zellbiologie nach dem Stichtag für die Berechnung der jährlichen Aufnahmekapazität – hier 31. Januar 2009 – aber vor Beginn des Berechnungszeitraums – hier 01. Oktober 2009 (vgl. § 5 Abs. 1 KapVO) – eingetretenen personellen Stellenbesetzungsentscheidungen führen nicht zu einer nach § 5 Abs. 2, 3 KapVO zu berücksichtigenden Änderung der kapazitätsrelevanten Daten. Die nach den ursprünglichen Kapazitätsunterlagen bis zum 31. März 2009 teilzeitbeschäftigte (50 %) wissenschaftliche Mitarbeiterin YY ist zwar nunmehr mit insgesamt 75 % der Arbeitszeit einer Vollzeitstelle beschäftigt. Mit der Erhöhung ihrer Arbeitszeit ist aber keine Stellenänderung einhergegangen. Vielmehr hat sie zusätzlich zu der von ihr besetzten halben Stelle (010110,0) die Stelle der ebenfalls befristet beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeiterin J. (010108,0) in Höhe von 25 % übernommen. Frau J. füllt ihrerseits seit dem 01. September 2009 nur noch 75 % der von ihr besetzten (Vollzeit-)Stelle aus.

35

Aus dem Bereich der Physiologie gehen in das Lehrangebot ein:

36

Institut/Fach: Physiologie

Stellengruppe

Plan-
stellen

Verfüg-
bare
Stellen

Deputat
je Stelle
(hj)
in SWS

lj x hj

Vermin-
derung
Deputat
(rj)
in SWS

lj x hj - rj

W 3

1,0

1,0

8

8,0

2,00

6,00

W 2

2,0

2,0

8

16,0

0,00

16,00

Wissenschaftliche
Assistenten (C1)

2,0

2,0

4

8,0

0,00

8,00

W 1

1,0

1,0

6

6,0

0,00

6,00

Wissenschaftliche
Mitarbeiter
(unbefristet)

3,0

3,0

8,0

24,0

6,00

18,00

Summe:

9,0

9,0

62,00

8,00

54,00

37

Die Kammer hat hier anders als die Antragsgegnerin in den Varianten A2 und B ihrer Kapazitätsberechnung keine „fiktive“ Stelle im Umfang von 4 SWS in Ansatz gebracht, da dem Institut Physiologie keine der gerichtlich nicht anerkannten Stellenreduzierungen zuzuordnen ist.

38

Aus dem Bereich der Physiologischen Chemie gehen in das Lehrangebot ein:

39

Institut/Fach: Physiologische Chemie

Stellengruppe

Plan-
stellen

Verfüg-
bare
Stellen

Deputat
je Stelle
(hj)
in SWS

lj x hj

Vermin-
derung
Deputat
(rj)
in SWS

lj x hj - rj

W 3

1,0

1,0

8

8,0

0,00

8,00

W 2

2,0

2,0

8

16,0

0,00

16,00

Wissenschaftliche
Assistenten (C1)

2,0

2,0

4

8,0

0,00

8,00

Wissenschaftliche
Mitarbeiter
(befristet)

2,0

4,0
(2,0 + 2 „fiktiv“)

4

20,0
(16,0 + 4 SWS Dr. N.)

0,00

20,00

Wissenschaftliche
Mitarbeiter
(unbefristet)

3,0

3,0

8,0

24,0

6,00

18,00

Summe:

10,0

12,0

76
(64 + 12 SWS)

6,00

70,00
(58 + 12 SWS)

40

Darüber hinaus sind in die Ermittlung des Lehrangebots keine Lehrauftragsstunden gemäß § 10 KapVO einzurechnen. Nach Satz 1 der vorgenannten Bestimmung werden die Lehrveranstaltungsstunden, die der Lehreinheit für den Ausbildungsaufwand nach § 13 Abs. 1 KapVO in den dem Berechnungsstichtag vorausgehenden zwei Semestern im Durchschnitt je Semester zur Verfügung gestanden haben und nicht auf einer Lehrverpflichtung beruhen, als Lehrauftragsstunden in die Berechnung der jährlichen Aufnahmekapazität einbezogen. Nach § 10 Satz 2 KapVO gilt dies nicht, soweit die Lehrauftragsstunden aus Haushaltsmitteln für unbesetzte Stellen vergütet worden sind. Denn diese Stellen sind bereits entsprechend des abstrakten Stellenprinzips (§ 8 KapVO) bei der Ermittlung des unbereinigten Lehrangebotes berücksichtigt. Ein kapazitätserhöhender Ansatz der zum Ausgleich dieser Stellenvakanzen erteilten Lehraufträge würde damit zu einer doppelten Einbeziehung eines tatsächlich nur einmal vorhandenen Lehrangebots führen. Hiervon ist im Hinblick auf die von der Antragsgegnerin in den Bezugssemestern – Wintersemester 2007/2008 und Sommersemester 2008 – erteilten Lehraufträge auszugehen. Die an die emeritierten Professoren Dr. x., Dr. y. und Dr. z. erteilten Lehraufträge wurden zum Ausgleich der in den Referenzsemestern – und nach wie vor – vakanten W2-Stelle im Bereich der Physiologie sowie der im Bereich der Physiologischen Chemie vakanten W3-Stelle eingesetzt. Der erforderliche Zusammenhang zwischen den erteilten Lehrauftragsstunden und einer Stellenvakanz innerhalb der Lehreinheit Vorklinische Medizin ist schließlich auch im Hinblick auf die von Prof. Dr. yz. im Bereich der Anatomie erbrachten Lehrleistungen nicht zweifelhaft. Die Antragsgegnerin hat die mit den Kapazitätsunterlagen vorgelegte Übersicht über die Lehraufträge (Nr. 12 der Generalakte) auf Nachfrage des Gerichts dahingehend konkretisiert, dass der von Prof. Dr. yz. im Wintersemester 2007/2008 wahrgenommene Lehrauftrag als Elternzeitvertretung für die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen J. und M. erfolgt ist. Der im Sommersemester 2008 von Prof. Dr. yz. angenommene Lehrauftrag bezog sich auf die Elternzeitvertretung für die wissenschaftliche Mitarbeiterinnen J. und den wissenschaftlichen Mitarbeiter p.. Die Angaben der Antragsgegnerin lassen sich anhand der Stellenbestandspläne zu den Stichtagen 31. Januar 2007, 31. Januar 2008 und 01. November 2008 nachvollziehen. Die Kammer hat in diesem Zusammenhang die Generalakten mit den Kapazitätsberechnungen der Antragsgegnerin für die Wintersemester 2006/2007 und 2007/2008 beigezogen. Der Verrechnung der an Prof. Dr. yz. erteilten Lehraufträge steht nicht entgegen, dass die Planstellen der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen J. (010108) und M. (010104) während ihrer Elternzeiten mit Herrn Q. (010108) und Herrn V. (010104) besetzt worden sind. Denn in beiden Referenzsemestern war trotz dieser Stellenbesetzungen jeweils eine andere Stelle im Bereich der Anatomie zumindest während der Vorlesungszeit vakant. Nach dem Sinn und Zweck des § 10 Satz 2 KapVO ist es nicht erforderlich, dass mit dem Lehrauftrag gerade Leistungen einer konkreten unbesetzten Stelle im Fachbereich ersetzt werden sollen. Ausreichend ist ein finanzieller Zusammenhang zwischen der Stellenvakanz und dem Lehrangebot (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 22. März 1991 - NC 9 S 81/90 -, zitiert nach juris). Diesbezüglich sind keine Anhaltspunkte vorgetragen noch sonst ersichtlich, die vorliegend am Bestehen eines solchen Zusammenhangs Zweifel aufkommen lassen könnten. Jedenfalls lassen es die Ausführungen der Antragsgegnerin nicht als zweifelhaft erscheinen, dass mit den Herrn Prof. Dr. yz. erteilten Lehraufträgen durch das Stellenprinzip entstandene faktische Lücken im Lehrangebot im Bereich der Anatomie ausgeglichen werden sollten (vgl. diesbezüglich OVG Bremen, Beschl. v. 28. April 1992 - 1 B 16/92 -, zitiert nach juris).

41

Bei der Berechnung des Lehrangebots finden außerdem die bei der Antragsgegnerin tätigen Drittmittelbediensteten keine Berücksichtigung. Aus Mitteln Dritter bezahlte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Forschungsvorhaben, die in der Hochschule durchgeführt werden (§ 25 Abs. 5 Satz 1 Hochschulrahmengesetz - HRG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Januar 1999 (BGBl. I S. 18), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. April 2007 (BGBl. I. S. 506); § 25 Abs. 5 Satz 1 HSG LSA) gehören zunächst nicht zum Kreis des nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KapVO in die Ermittlung des Lehrangebotes einzubeziehenden wissenschaftlichen Lehrpersonals. Das abstrakte Stellenprinzip knüpft an die der Lehreinheit nach dem geltenden Haushaltsplan zugewiesenen Stellen und die auf diese Stellen entfallenden Regellehrverpflichtungen an. Drittmittelbedienstete, die nicht im Haushaltsplan verankert sind und nicht aus Haushaltsmitteln bezahlt werden, gehören nicht dazu (vgl. etwa OVG LSA, Beschl. v. 03. Mai 2004 - 2 N 826/03 -; OVG Hamburg, Beschl. v. 24. Oktober 2005 - 3 NC 6/05 -, zitiert nach juris). Sie sind in aller Regel ausschließlich im Rahmen eines bestimmten Forschungsvorhabens tätig und werden hierfür ausschließlich vom Drittmittelgeber bezahlt. Soweit einige Antragsteller darauf hinweisen, dass Drittmittelgeber, insbesondere von öffentlicher Seite, den Einsatz der Drittmittel in der Lehre häufig nicht ausschließen, könnte dies allenfalls zu einer Berücksichtigung von Lehrauftragsstunden gemäß § 10 KapVO führen, wenn die bei der Antragsgegnerin beschäftigten Drittmittelbediensteten außerhalb der mit Drittmitteln bezahlten Tätigkeit Lehraufgaben tatsächlich übernommen hätten. Dies ist nach der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens gebotenen Sachverhaltsaufklärung nicht der Fall. Der Studiendekan hat sowohl schriftlich als auch auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts im Erörterungstermin versichert, dass – wie in den Vorjahren – keiner der Drittmittelbeschäftigten in den vorklinischen Instituten in der curricularen Lehre eingesetzt wird.

42

Auch das Vorbringen einzelner Antragsteller, durch die ausschließlich in der Forschung tätigen Drittmittelbediensteten würden die eigentlichen zur Lehre verpflichteten Hochschulmitarbeiter von Forschungsaufgaben entlastet, so dass diesen ein größeres Zeitbudget für die Lehre zur Verfügung stehe, vermag zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung zu führen. Nach dem klaren Wortlaut des § 14 Abs. 3 KapVO kommt es allein darauf an, dass durch die besondere Ausstattung der Lehreinheittatsächlich eine Entlastung des Lehrpersonals eintritt (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 15. April 2004 - 3 NB 16/03 -, zitiert nach juris). Insoweit ist aber weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass das Lehrpersonal in der Lehreinheit Vorklinische Medizin durch zusätzliche Drittmittelstellen entlastet wird. Im Übrigen findet an den Hochschulen auch außerhalb des drittmittelfinanzierten Bereiches Forschungstätigkeit statt, so dass es weiterhin zum Aufgabenbereich auch des über § 8 KapVO erfassten Lehrpersonals gehört, Forschungsarbeit zu leisten. Selbst wenn die zur Lehre verpflichteten Hochschulmitarbeiter in Einzelfällen durch die Forschungstätigkeit von Drittmittelbediensteten von Forschungsaufgaben entlastet würden, stünde diesen dadurch nicht zwangsläufig ein größeres Zeitbudget für die Lehre zur Verfügung, weil die auf diese Weise möglicherweise gewonnene Zeit auch in andere Aufgabenbereiche eingebracht werden könnte (OVG LSA, Beschl. v. 03. Mai 2004, a.a.O.).

43

Das unbereinigte Lehrangebot der Lehreinheit Vorklinische Medizin ist damit auf insgesamt 206,00 SWS anzusetzen.

44

Das unbereinigte Lehrangebot ist – wie in den Vorjahren – gemäß § 11 Abs. 1 KapVO i.V.m. Anlage 1 Ziffer I.2 KapVO nur um die Dienstleistungen, gemessen in Deputatsstunden, zu reduzieren, welche die Lehreinheit Vorklinische Medizin für den nicht zugeordneten Studiengang Zahnmedizin zu erbringen hat. Dabei ist der von der Antragsgegnerin für den Studiengang Zahnmedizin mit 17,6751 SWS angesetzte Dienstleistungsbedarf zu korrigieren. Die Antragsgegnerin hat den von der Lehreinheit Vorklinische Medizin als Dienstleistung zu erbringenden Anteil am Curricularnormwert des Studiengangs Zahnmedizin (CAq-Wert) rechtsfehlerhaft mit 0,8622 in Ansatz gebracht. Das vom Institut für Anatomie und Zellbiologie zugunsten des Studiengangs Zahnmedizin als Dienstleistung zu erbringende Praktikum Anatomische Präparierübungen nimmt lediglich einen Umfang von 6 SWS und nicht – wie in den Kapazitätsunterlagen der Antragsgegnerin angegeben – 8 SWS ein (vgl. § 4 Abs. 1 Ziffer 4.2 der Studienordnung für den Studiengang Zahnmedizin an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg vom 08. Februar 2000, veröffentlicht im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 01. August 2000, S. 2). Ausgehend davon entfällt auf die Lehreinheit Vorklinische Medizin nach den Angaben der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 11. Januar 2010 lediglich ein CAq von 0,800. Die Kammer legt diesen Wert im vorläufigen Rechtsschutzverfahren seiner Entscheidung zugrunde.

45

Dieser CAq ist mit dem von der Antragsgegnerin in ihrer Kapazitätsberechnung zugrunde gelegten Aq/2-Wert von 20,5 zu multiplizieren. Der Aq/2-Wert errechnet sich aus der Zahl der Studienanfänger im Studiengang Zahnmedizin im Wintersemester 2008/2009. Zwar hat die Kammer mit Beschluss vom 08. September 2009 (- 3 C 261/08 HAL u.a.-) festgestellt, dass im Wintersemester 2008/2009 im Studiengang Zahnmedizin lediglich eine Aufnahmekapazität von 40 Studienplätzen bestanden hat und diese Zahl dementsprechend zutreffend in der Zulassungszahlenverordnung 2008/2009 vom 13. Juni 2008 (GVBl. LSA S. 224) festgesetzt worden ist. Infolge einer Überbuchung um einen Studienplatz haben in diesem Semester allerdings tatsächlich 41 Studierende das Studium aufgenommen. Allein diese Zahl ist für die Berechnung des Aq/2-Wertes maßgebend. Denn nach § 11 Abs. 2 KapVO sind zur Berechnung des Bedarfs an Dienstleistungen die Studienanfängerzahlen für die nicht zugeordneten Studiengänge anzusetzen. Bereits nach dem Wortlaut der Norm ist also nicht etwa eine für den importierenden Studiengang normativ festgesetzte Zulassungszahl – soweit vorhanden – maßgebend, sondern die tatsächlichen Studienanfängerzahlen. Ebenso wenig ist hinsichtlich der für einen der Lehreinheit nicht zugeordneten Studiengang erbrachten Dienstleistungen eine Schwundkorrektur geboten (OVG LSA, Beschl. .v. 18. August 2009, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 12. Mai 2009 - NC 9 S 240/09 -, zitiert nach juris).

46

Keine Berücksichtigung finden kann dagegen die von der Antragsgegnerin erstmals mit Schriftsatz vom 11. Januar 2010 vorgelegte Berechnung, nach welcher der Aq/2-Wert nunmehr – entgegen ihrer ursprünglichen Kapazitätsberechnung – 21,0 betragen soll. Die Antragsgegnerin hat hierbei die durchschnittliche tatsächliche Studienanfängerzahl von 42 Studienanfängern aus den dem Berechnungsstichtag vorangegangenen (Eingangs-)Semestern – WS 2004/2005 bis WS 2008/2009 – zugrunde gelegt. Zwar sind nach § 11 Abs. 2 KapVO bei der Berechnung des Dienstleistungsbedarfs die voraussichtlichen Zulassungszahlen für die Dienstleistungen nachfragenden Studiengänge und/oder die bisherige Entwicklung der Studienanfängerzahlen zu berücksichtigen. Danach ist es im Ansatz rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Antragsgegnerin auf die bisherige Entwicklung der Studienanfängerzahlen zurückgreift (vgl. BVerwG, Urt. v. 15. Dezember 1989 - 7 C 17/89 -, DVBl 1990, 531; OVG LSA, Beschl. v. 19. August 2008, a.a.O.; OVG des Saarlandes, Beschl. v. 17. Juli 2006 - 3 X 3/06 u.a. -, zitiert nach juris; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 09. Februar 1994 - NC 9 S 131/92 -, zitiert nach juris). Für den hier streitgegenständlichen Berechnungszeitraum hat die Antragsgegnerin sich im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt des Berechnungsstichtages (vgl. § 5 Abs. 1 KapVO) aber gegen eine solche Betrachtungsweise entschieden. Hieran muss sie sich festhalten lassen. Sie kann sich insoweit auch nicht auf die Regelungen des § 5 Abs. 2 und 3 KapVO berufen, da lediglich die Methodik der Bestimmung des Aq/2-Wertes von der Frage betroffen ist, unter welchem Blickwinkel die Berechnung des Dienstleistungsbedarfs nach § 11 Abs. 2 KapVO zu erfolgen hat.

47

Nach alledem ergibt sich für den Studiengang Zahnmedizin ein Dienstleistungsbedarf (CAq x Aq/2) von 16,4 SWS (0,800 x 20,5).

48

Demgegenüber findet der von der Antragsgegnerin für die sog. innovativen Studiengänge Gesundheits- und Pflegewissenschaften, Ernährungswissenschaften und Medizinische Physik in Ansatz gebrachte Dienstleistungsbedarf auch in diesem Jahr keine rechtliche Anerkennung. Zwar fallen die Begründungen des Fakultätsvorstandes der Medizinischen Fakultät der Antragsgegnerin für die Notwendigkeit eines Dienstleistungsexports in die vorgenannten Studiengänge deutlich umfassender als in den vergangenen Berechnungszeiträumen aus. Außerdem bringen die Beschlüsse wesentlich stärker das Bemühen der Antragsgegnerin zum Ausdruck, in der Abwägung nicht nur formelhaft den Interessen der Studienbewerber für den Studiengang Humanmedizin an einer nicht durch einen Dienstleistungsexport verminderten Aufnahmekapazität Rechnung zu tragen. Dies vermag allerdings nicht den Blick darauf zu verstellen, dass die Entscheidung der Antragsgegnerin, nach der ein Teil des Lehrangebots in den innovativen Studiengängen durch Lehrleistungen der Lehreinheit Vorklinische Medizin zu erbringen ist, im Ergebnis unverändert auf in der Zielvereinbarung 08. März 2006 geregelten Verpflichtungen beruht. Dass die Antragsgegnerin den Inhalt der Zielvereinbarung – entgegen ihrer Ausführungen in vergangenen Berechnungszeiträumen – für sich als rechtlich verbindlich erachtet, wird bereits daran deutlich, dass sie mit dem Kultusministerium eine Ergänzungsvereinbarung getroffen und nicht etwa – unabhängig davon, ob dies rechtlich überhaupt möglich ist – auf die Aufhebung der Vereinbarung gedrungen hat. Auch in der ihr nunmehr durch die Ergänzungsvereinbarung gegebenen Fassung heißt es unter Punkt B.I.1.1.1. der Zielvereinbarung (Seite 8 f.):

49

„Die Medizinische Fakultät wird den bisher von ihr geleisteten und mit den betreffenden Fakultäten der Martin-Luther-Universität über die entsprechenden Studienordnungen festgelegten Lehrexport für die interdisziplinären Studiengänge Medizinphysik, Ernährungswissenschaften […] im Rahmen gegenseitiger Leistungsverrechnung aufrecht erhalten. Dabei wird die Umstellung der Studienstruktur (Bachelor/Master) Berücksichtigung finden. Die interdisziplinären Studiengänge sind ein Markenzeichen der Martin-Luther-Universität und dienen in hohem Maße ihrer Profilbildung. Die durch sie gegebenen personellen Vernetzungen mit den anderen Fachbereichen/Fakultäten der MLU sind ein wesentliches Element für interdisziplinäre Forschungsverbände, an denen die Medizinische Fakultät beteiligt ist. Die Fakultät verpflichtet sich, für Studierende der genannten interdisziplinären Studiengänge im Rahmen ihrer personellen und materiellen Gegebenheiten Bachelor-, Master-, Diplom- und Doktorarbeiten anzubieten.“

50

Unter dem Punkt Profilbildung in der Lehre (B.I.1.1.2., Seite 9) heißt es zudem:

51

„Die Medizinische Fakultät in Halle wird praxisnah und forschungsorientiert Studierende in allen von ihr angebotenen Studiengängen ausbilden. Sie geht davon aus, dass unter Berücksichtigung der personellen (C-/W-Stellen-Zielstruktur) und materiellen Ressourcen (Landeszuschuss) ein attraktives und national konkurrenzfähiges Studium sowohl in der Medizin, Zahnmedizin als auch in der Pflege- und Gesundheitswissenschaft möglich ist.“

52

Darüber hinaus enthält die Zielvereinbarung weiterhin obligatorische inhaltliche Vorgaben für die zukünftige personelle und sächliche Struktur der Medizinischen Fakultät der Antragsgegnerin. In diesem Zusammenhang heißt es auf Seite 6 der Zielvereinbarung in ihrer geänderten Fassung:

53

„Die strukturelle Weiterentwicklung beider Fakultäten basiert auf einer Festlegung der Zahl der Professuren auf je 60 für Humanmedizin und der Etablierung einer adäquaten Anzahl von Departments je Standort mit den für die Lehre und eine konkurrenzfähige Forschung der unerlässlichen Disziplinen. Die Fakultäten werden ihre Struktur und die Ausstattung der Organisationseinheiten gemäß der angestrebten Zielfakultät (ca. 560 Stellen für die Humanmedizin einschließlich jeweils 60 C- bzw. W-Stellen) unter Berücksichtigung des vom Land vorgegebenen Finanzrahmens so weiterentwickeln, dass sie die entsprechenden Ausbildungsanordnungen erfüllen und eine Aufnahmekapazität im Studiengang Humanmedizin von mindestens 185 Studienanfängern erreichen.“

54

Auf Seite 8 der Zielvereinbarung heißt es unter B.I.1.1.1. Studienangebote/Lehrexport:

55

„Die Medizinische Fakultät Halle bietet die Studiengänge „Medizin“, „Zahnmedizin“ und „Pflege- und Gesundheitswissenschaft“ (PGW) an. Sie wird ihre Struktur und die Ausstattung ihrer Struktureinheiten gemäß der angestrebten Zielfakultät (ca. 560 Stellen für die Humanmedizin einschließlich jeweils 60 C- bzw. W-Stellen und 100 Stellen für Zahnmedizin und PGW (einschließlich der 8 C- bzw. W-Stellen)) unter Berücksichtigung des vom Land vorgegebenen Finanzrahmens so weiterentwickeln, dass sie die entsprechenden Ausbildungsanordnungen erfüllt […]. Für die Studiengänge Zahnmedizin sowie Pflege- und Gesundheitswissenschaft soll eine Aufnahmekapazität von mindestens 40 Studienanfängern gehalten werden.“

56

Wie bereits dargelegt, wird die personelle und sächliche Ausstattung der Medizinischen Fakultät dabei weiterhin maßgeblich durch eine kostennormwertorientierte Budgetierung bestimmt.

57

Angesichts dieser Vorgaben beruht die Entscheidung der Antragsgegnerin, dass das Lehrangebot in den innovativen Studiengängen teilweise durch Lehrleistungen der Lehreinheit Vorklinische Medizin zu erbringen ist und nicht etwa durch eigenes Personal der importierenden Studiengänge, durch Lehraufträge oder einen Lehrimport aus anderen Lehreinheiten, z.B. der klinisch-theoretischen Medizin, übernommen werden kann, nur scheinbar auf einer die Belange der Studienbewerber der importierenden Studiengänge mit den Interessen der Bewerber für ein Studium der Humanmedizin in einen gerechten Ausgleich bringenden sorgfältigen Abwägung. Die Zielvereinbarung lenkt die Abwägungsentscheidung der Antragsgegnerin zur Sicherstellung einer bestimmten Aufnahmekapazität in den importierenden Studiengängen bereits in Richtung des Dienstleistungsexports zu Lasten der Kapazität im Studiengang Humanmedizin. Dies ist in Anbetracht des auf unabsehbare Zeit gegebenen groben Missverhältnisses zwischen den bundesweit im Studiengang Humanmedizin an den Hochschulen vorhandenen Ausbildungskapazitäten und der Nachfrage an Studienplätzen sowie der sich abzeichnenden weiteren Verlängerung der Wartezeit über derzeit 10 Semester hinaus nicht hinnehmbar.

58

Ausgehend von einem unbereinigten Lehrangebot von 206,00 SWS ergibt sich abzüglich des Dienstleistungsbedarfs in Höhe von 16,4 SWS mithin ein bereinigtes Lehrangebot von 189,60 SWS.

59

Für die von der Antragsgegnerin durchgeführte Berechnung der Lehrnachfrage sind keine Korrekturen veranlasst. Die Bestimmung der Lehrnachfrage erfolgt gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KapVO anhand des in Deputatsstunden gemessenen Aufwands aller beteiligten Lehreinheiten, der für die ordnungsgemäße Ausbildung einer Studentin oder eines Studenten in dem jeweiligen Studiengang erforderlich ist (sog. Curricularnormwert, CNW). Bei der Berechnung der jährlichen Aufnahmekapazität sind die in Anlage 2 der KapVO aufgeführten Curricularnormwerte anzuwenden (§ 13 Abs. 1 Satz 2 KapVO). Für den Studiengang Humanmedizin gilt danach ein CNW von 8,2 (Anlage 2, Ziffer I., laufende Nr. 35). Die KapVO geht für die Berechnung der Aufnahmekapazität jedoch nicht vom Studiengang selbst, sondern von Lehreinheiten aus (§ 7 Abs. 1 KapVO). Dementsprechend muss der CNW zwischen den an der Ausbildung für den Studiengang beteiligten Lehreinheiten aufgeteilt werden (§ 13 Abs. 4 Satz 1 KapVO). Für die Berechnung der Aufnahmekapazität der jeweiligen Lehreinheit kommt es lediglich auf deren (Eigen-)Curriculareigenanteil (CAp) an. Der Aufwand, der von einer anderen Lehreinheit erbracht wird, stellt eine vom CAp der Lehreinheit, deren Aufnahmekapazität ermittelt werden soll – hier Vorklinische Medizin –, abzuziehende importierte Dienstleistung dar. Dabei enthält die KapVO keine Vorschriften darüber, wie der für die Berechnung der Lehrnachfrage maßgebende CAp inhaltlich zu bestimmen ist. In § 13 Abs. 4 Satz 2 KapVO ist lediglich vorgeschrieben, dass die Angaben der beteiligten Lehreinheiten aufeinander abzustimmen sind. Die Ausgestaltung des CAp obliegt daher grundsätzlich der Hochschule selbst, die im Rahmen der ihr durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gewährleisteten Eigenständigkeit befugt ist, bei der Organisation und Ausgestaltung des Studiums ihren eigenen hochschulpolitischen Vorstellungen und fachdidaktischen Zielvorstellungen Ausdruck zu verleihen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18. März 1987 - 7 C 62.84 -, NVwZ 1987, 690; Urt. v. 23. Juli 1987, a.a.O.). Im Rahmen des vom KapVO-Geber vorgegebenen CNW des Studiengangs gestaltet die Hochschule Struktur und Inhalt ihrer Studienpläne daher grundsätzlich selbst. Ihre Grundentscheidungen unterliegen hinsichtlich ihrer fachdidaktisch-wissenschaftlichen Geeignetheit nicht unmittelbar der richterlichen Überprüfung. Aus dem Kapazitätserschöpfungsgebot folgt insoweit jedoch, dass die nach Lehrveranstaltungsstunden (v), Anrechnungsfaktoren (f) und Betreuungsrelationen (g) quantifizierte Lehrnachfrage (Berechnungsformel: v x f : g) so zu bemessen ist, dass sie den für ein ordnungsgemäßes Studium unentbehrlichen Lehraufwand noch trägt (vgl. BVerwG, Urt. v. 18. März 1987, a.a.O.).

60

Ausgehend davon begegnet der von der Antragsgegnerin der Ermittlung der Aufnahmekapazität für die Lehreinheit Vorklinische Medizin zugrunde gelegte CAp von 1,5497 keinen rechtlich durchgreifenden Bedenken.

61

Entgegen der Auffassung einiger Antragsteller bedarf es zunächst weder einer normativen Aufteilung des CNW zwischen den Lehreinheiten des Studiengangs noch hat die Aufteilung des CNW und damit die Festlegung der Curricularanteile durch das Ministerium für Wissenschaft und Forschung zu erfolgen. Soweit die Antragsteller in diesem Zusammenhang auf die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 15. Februar 2000 (- NC 9 S 39/99 -, zitiert nach juris) sowie vom 12. Mai 2009 (a.a.O.) verweisen, verkennen sie, dass die für das Land Sachsen-Anhalt maßgebende KapVO im Gegensatz zu der in Baden-Württemberg geltenden KapVO VII vom 14. Juni 2002 (GBl. S. 271), zuletzt geändert durch Verordnung vom 30. Juni 2009 (GBl. S. 313), Fußnote 3 zur laufenden Nr. 49 der Anlage 2, keine ausdrückliche Anordnung kennt, nach der die Zuständigkeit für die Aufteilung des CNW gemäß § 13 Abs. 4 KapVO im Studiengang Humanmedizin abweichend von allen anderen Studiengängen, bei denen insoweit allein die Hochschule zuständig ist (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 KapVO), beim Ministerium für Wissenschaft und Forschung liegt.

62

Des Weiteren ist auch keine Verminderung des CAp-Wertes für die Lehreinheit Vorklinische Medizin im Hinblick auf die im Ersten Abschnitt der Ärztlichen Ausbildung vorgesehenen integrierten Seminare mit klinischen Fächern und weiteren Seminare mit klinischem Bezug (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 5 Approbationsordnung für Ärzte – ÄAppO – vom 27. Juni 2002, BGBl. 2002 I S. 2405) geboten. Nach der hier zugrunde gelegten ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt sind diese Seminare – entgegen der Auffassung einiger Antragsteller – nicht zwingend zumindest teilweise von Lehrpersonen der klinischen Lehreinheiten durchzuführen, so dass sie – kapazitätsmindernd – dem Eigenanteil der Lehreinheit Vorklinische Medizin zugerechnet werden können (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 26. Februar 2007 - 3 N 187/06 -, zitiert nach juris). Ungeachtet dessen ist die Antragsgegnerin bei ihrer Berechnung (Nr. 3 der Generalakte) kapazitätsfreundlich davon ausgegangen, dass die integrierten Seminare mit klinischen Fächern (vgl. § 8 Abs. 2 Nrn. 9 bis 11 der Studienordnung der Antragsgegnerin für den Studiengang Medizin vom 21. April 2009, veröffentlicht im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 15. September 2009, S. 2) – entsprechend § 4 Abs. 2 Satz 2 der Studienordnung – jeweils zur Hälfte von Lehrpersonen aus der Vorklinik und der Klinisch-Praktischen Medizin (Seminare Physiologie III, Biochemie/Molekularbiologie III, Anatomie III) durchgeführt werden. Im Übrigen ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass über diesen rechnerischen Ansatz hinaus weiteres klinisches Lehrpersonal in den Seminaren gemäß § 2 Abs. 2 Satz 5 ÄAppO eingesetzt wird oder eingesetzt werden müsste.

63

Ebenso wenig ist eine Umrechnung der auf die in der Anlage 1 zu § 2 Abs. 1 Satz 2 ÄAppO unter den Ziffern I.1.7 bis I.1.9. aufgeführten Seminare Anatomie, Physiologie und Biochemie entfallenden Curricularanteile auf die nunmehr anerkannt maßgebliche Semestervorlesungszeit von 14 Wochen geboten. Das Vorbringen einiger Antragsteller, diese Seminare seien im Umfang von 8 SWS auf 12 Semesterwochen statt – wie die neuen Seminare gemäß § 2 Abs. 2 Satz 5 ÄAppO – auf 14 Semesterwochen angelegt, geht ins Leere. Die Anlage 1 zur aktuellen ÄAppO hat die Vorgaben der Anlage 1 der ÄAppO in der Fassung der 7. Änderungsverordnung vom 21. Dezember 1989 (BGBl. I 1989 S. 2549) zum Umfang dieser Seminare gerade nicht unverändert übernommen. Stattdessen legt sie nunmehr nur noch für sämtliche der hier aufgeführten Pflichtveranstaltungen eine Gesamtstundenzahl von mindestens 630 Stunden fest (vgl. Hessischer VGH, Beschl. v. 02. April 2007 - 8 FM 5204.06.W -, zitiert nach juris). Dementsprechend kann nicht davon ausgegangen werden, dass die drei Seminare Anatomie I, Physiologie I und Biochemie I bei der Berechnung des CAp für den vorklinischen Studienabschnitt im Umfang von genau 8 SWS Berücksichtigung gefunden haben (vgl. OVG des Saarlandes, Beschl. v. 01. August 2007 - 3 B 53.07.NC u.a. -, zitiert nach juris). Dass sämtliche Seminare, d.h. auch die vorstehenden Seminare, an einer Semestervorlesungszeit von 14 Wochen ausgerichtet sind, wird zudem daran deutlich, dass der Studienplan der Antragsgegnerin (Anlage 1 der Studienordnung für den Studiengang Medizin) einen Umfang von 56 SWS = 784 Stunden (56 x 14) ausweist.

64

Entgegen der Auffassung einiger Antragsteller ist der von der Antragsgegnerin bei der Kapazitätsberechnung angesetzte CAp der Lehreinheit Vorklinische Medizin auch nicht deshalb als überhöht anzusehen, weil bei den einzelnen Lehrveranstaltungen zu geringe Gruppengrößen (g) (für Vorlesungen 180, 15 für Praktika und 20 für Seminare) angesetzt worden wären. Die von der Antragsgegnerin für Seminare zugrunde gelegte Gruppengröße von 20 beruht auf der normativen Vorgabe in § 2 Abs. 4 Satz 5 ÄAppO, wonach die Zahl der jeweils an einem Seminar teilnehmenden Studierenden 20 nicht überschreiten darf. Hinsichtlich der – hier von der Antragstellerseite beanstandeten – Gruppengröße 180 für Vorlesungen hat die Antragsgegnerin sich an der in den früheren ZVS-Beispielstudienplänen zugrunde gelegte entsprechende Größe orientiert. Dies gibt keinen Anlass zu rechtlichen Beanstandungen. Den bisherigen ZVS-Beispielstudienplänen war ein kapazitätserschöpfender Maßstab zu entnehmen, der zu einer sachgerechten Quantifizierung des vorklinischen Unterrichtsanteiles führte. Denn auf der Grundlage einer verbreiteten und vieljährigen Handhabung im Hochschulzulassungsrecht war erwiesen, dass mit der in diesem Studienplanmodell nach Lehrveranstaltungsstunden, Anrechnungsfaktoren und Betreuungsrelationen quantifizierten Unterrichtsmenge ein ordnungsgemäßes Studium zu absolvieren war (vgl. BVerwG, Urt. v. 18. März 1987, a.a.O.). Dementsprechend lag die Gruppengröße 180 bereits den Curricularnormwerten für den Studiengang Medizin in den früheren Fassungen der KapVO beginnend mit der Verordnung vom 24. Januar 1994 (GVBl. LSA S. 68) zugrunde und stellt ein Mittel gewonnener Erfahrungswerte dar. Zwar ist durch die Neufassung der ÄAppO die Bedeutung der Seminare gegenüber den Vorlesungen zusätzlich betont worden, indem der zeitliche Umfang für integrierte Lehrveranstaltungen um 98 Stunden und für Seminare mit klinischem Bezug um weitere 56 Stunden erhöht worden ist (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 5 ÄAppO). Allein die dadurch bedingte Erhöhung des Lehraufwandes, mit der Folge der Erhöhung des CNW von 7,2 auf nunmehr 8,2, bietet keinen Anlass, die bisher angenommene Gruppengröße für Vorlesungen in Zweifel zu ziehen. Wenngleich nach der Novellierung der ÄAppO kein ZVS-Beispielstudienplan als quantifizierter Modellstudienplan mehr aufgestellt worden ist, ist auch der gegenwärtige CNW vom ZVS-Unterausschuss „Kapazitätsverordnung“ aus der ÄAppO abgeleitet. Seine einzelnen Anteile stehen in einem gewissen „Beziehungsverhältnis“ zueinander und die Gruppengrößen der verschiedenen Veranstaltungsarten sind wie bisher aufeinander abgestimmt (OVG LSA, Beschl. v. 26. Februar 2007, a.a.O.). Die vom Verordnungsgeber der ÄAppO durch die Erhöhung der Seminarstunden mit niedriger Betreuungsrelation erkennbar beabsichtigte Intensivierung der Medizinerausbildung würde durch die – von den Antragstellern geforderte – Erhöhung der Gruppengröße bei Vorlesungen zumindest neutralisiert (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 11. Mai 2004 - 13 C 1280/04 -, zitiert nach juris). Denn die Anhebung der Betreuungsrelation für Vorlesungen hätte zwangsläufig eine höhere Zulassungszahl und damit auch eine Steigerung der in den Kleingruppenveranstaltungen auszubildenden Studierenden zur Folge. Die Gruppengröße dieser Veranstaltungen ist aber teilweise – bei Seminaren (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 5 ÄAppO) – normativ vorgegeben und im Übrigen – anders als Vorlesungen in Anbetracht der heutigen technischen Möglichkeiten von Bild- und Tonübertragungen – aufgrund didaktischer Gründe und tatsächlicher Umstände wie begrenzter Unterrichtsräume und einer begrenzten Anzahl von Dozenten nicht beliebig erweiterbar (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 27. Februar 2009 - 2 NB 154/08 -, zitiert nach juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 25. Mai 2007 - 13 C 125/07 -, zitiert nach juris). Außerdem würde die normative Vorstellung von einer u.a. von den Betreuungsrelationen geprägten Mindestausbildungsqualität gestört (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 11. Mai 2004, a.a.O.; Beschl. v. 27. Februar 2008 - 13 C 5/08 -, zitiert nach juris). In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass dem KapVO-Geber bei der Bestimmung der Lehrnachfrage ein weites Gestaltungsermessen zusteht (OVG Lüneburg, Beschl. v. 27. Februar 2009 - 2 NB 154/08 -, a.a.O.). Bei dem Curricularnormwert handelt es sich um eine Rechtsnorm mit zahlenförmigem Inhalt und nicht um eine bloße Rechengröße. Seine Festlegung beruht auf einem komplexen Meinungs- und Entscheidungsbildungsprozess des KapVO-Gebers, der ein abwägendes Bewerten dessen beinhaltet, was für die Ermittlung des Ausbildungsaufwandes als vereinheitlichungsfähige Betreuungsrelation angesetzt werden kann. Das Gebot der vollständigen Kapazitätsausschöpfung zwingt den Normgeber insbesondere nicht dazu, der Festsetzung des CNW diejenigen Betreuungsrelationen zugrunde zu legen, die stets zu der höchsten Kapazität, aber der schlechtesten Ausbildung führen (OVG LSA, Beschl. v. 26. Februar 2007, a.a.O.).

65

Weiter besteht keine Veranlassung, den der Berechnung des CAp im Hinblick auf die Seminare mit klinischen Bezügen sowie die integrierten Seminare (§ 2 Abs. 2 Satz 5 ÄAppO) zugrunde gelegten Anrechnungsfaktor (f) von 1,0 aus Rechtsgründen zu beanstanden. Der Anrechnungsfaktor (f) dient dazu, dem unterschiedlichen Aufwand für die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Lehrveranstaltungen Rechnung zu tragen (Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht, 4. Aufl. 2003, S. 382). Die Berechnung des gegenwärtigen CNW durch den Unterausschuss „Kapazitätsverordnung“ der ZVS ist den ZVS-Beispielstudienplänen nicht nur im Hinblick auf die zugrunde gelegten Gruppengrößen, sondern auch hinsichtlich der Anrechnungsfaktoren für die verschiedenen Lehrveranstaltungen – bei Seminaren f = 1,0 – angelehnt. Ungeachtet des Umstandes, dass nach der Novellierung der ÄAppO kein ZVS-Beispielstudienplan als quantifizierter Modellstudienplan mehr aufgestellt worden ist, ist es daher gerechtfertigt, an diesem Berechnungssystem auch bezüglich der Anrechnungsfaktoren festzuhalten (vgl. OVG Berlin, Beschl. v. 20. Oktober 2004 - 5 NC 44.04 -, zitiert nach juris). Im Übrigen entspricht der von der Antragsgegnerin für sämtliche Seminare gewählte Ansatz eines Anrechnungsfaktors von 1,0 auch den Vorgaben der LVVO. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 LVVO werden Seminare wie Vorlesungen und Übungen auf die Lehrverpflichtung voll angerechnet.

66

Soweit einige Antragsteller bei Seminaren gemäß § 2 Abs. 2 Satz 5 ÄAppO lediglich einen Anrechnungsfaktor von 0,5 als gerechtfertigt ansehen wollen, da Dozenten ihre Seminarthemen gewöhnlich verschiedenen Seminargruppen zu unterschiedlichen Zeiten unterrichteten und dadurch zwangsläufig in nicht unerheblichem Umfang Vorbereitungszeiten ersparten, kann dem nicht gefolgt werden. Nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass bei der Antragsgegnerin die ständige Übung besteht, die Seminare mit klinischen Bezügen sowie die integrierten Seminare durch dieselben Dozenten in mehreren (parallelen) Veranstaltungen durchzuführen. Bei einem Blick in die allgemein zugänglichen Vorlesungsverzeichnisse der Antragsgegnerin (http://studip.uni-halle.de/mlu_vv.php) ist zwar festzustellen, dass im Sommersemester 2007 etwa das Seminar Physiologie II (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 9, Abs. 3 der Studienordnung der Antragsgegnerin für den Studiengang Medizin) in 16 Gruppen an vier Tagen in der Woche von lediglich zwei Dozenten (Klöckner, Markwardt) durchgeführt worden ist. Dagegen wurde das Seminar Biochemie/Molekularbiologie II (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 10, Abs. 3 der Studienordnung) im Sommersemester 2009 von insgesamt 11 Dozenten in 12 Gruppen durchgeführt, d.h. nur in einem Fall betreute eine Lehrperson gleich zwei Seminargruppen. Ähnlich stellt sich die Situation im Sommersemester 2010 dar. Es wäre daher verfehlt, die Lehrveranstaltungsstruktur im Sommersemester 2007 zur Richtschnur der Kapazitätsberechnung zu machen. Bei den Anrechnungsfaktoren handelt es sich um hochkomplexe zahlenförmige Parameter, in deren Ableitung eine Fülle von Erwägungen, Erfahrungen und Wertungen eingeflossen ist. Sie müssen zwangsläufig pauschalieren. In Anbetracht ihres abstrakten Charakters können sie die Ausbildungswirklichkeit naturgemäß weder in die eine – kapazitätsgünstige – noch in die andere – kapazitätsungünstige – Richtung in allen Einzelheiten getreu abbilden (vgl. Hamburgisches OVG, Beschl. v. 22. Dezember 2004 - 3 Nc 59/04 -, zitiert nach juris). Ungeachtet dessen berücksichtigt die pauschale Annahme der Antragsteller, der Aufwand eines Dozenten reduziere sich in erheblichem Maße, wenn dieser sein Seminarthema in einem Semester mehreren Gruppen darbringe, nicht hinreichend die lehrdidaktisch-spezifischen Besonderheiten der medizinischen Seminare. In den Seminaren wird nicht nur der durch praktische Übungen und Vorlesungen vermittelte Lehrstoff vertiefend, anwendungs- und gegenstandsbezogen erörtert (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 1 ÄAppO). Vielmehr haben sich die Studierenden durch eigene Beiträge zu beteiligen (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 4 ÄAppO). Insbesondere durch diese Beteiligung der Studierenden können die parallel abgehaltenen Seminarveranstaltungen einen mitunter gänzlich anderen Diskussionsverlauf nehmen. Die sich hierbei unterschiedlich stellenden inhaltlich-thematischen Problemkreise bedürfen einer entsprechenden auf die jeweilige Veranstaltung bzw. Seminargruppe bezogene Vor- und Nachbereitung durch den Dozenten. Vor diesem Hintergrund ist es gerechtfertigt, auch für parallel durchgeführte Seminare eines Dozenten jeweils einen Anrechnungsfaktor von 1,0 anzusetzen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 22. Oktober 2009 - 7 CE 09.10572 u.a. -, zitiert nach juris).

67

Die Antragsgegnerin hat der Berechnung der Aufnahmekapazität jedoch einen fehlerbehafteten Schwundfaktor von 0,9821 zugrunde gelegt. Nach § 16 KapVO ist die Aufnahmekapazität zu erhöhen, wenn zu erwarten ist, dass wegen Studienabbruchs, Fachwechsels oder Hochschulwechsels die Zahl der Abgänge an Studierenden in höheren Fachsemestern größer ist als die Zahl der Zugänge (Schwundquote). Die Berechnung der Schwundquote erfolgt in aller Regel nach dem so genannten Hamburger Modell. Diesem Modell liegt als eine der Modellannahmen die Überlegung zugrunde, dass ein Studierender das gesamte Lehrangebot während der Regelstudienzeit nachfragt (Bahro/Berlin, a.a.O., § 16 KapVO Rdnr. 3). Die Ermittlung der Schwundquote ist dabei Aufgabe der Universität und die von ihr errechnete Schwundquote gerichtlich nur eingeschränkt daraufhin überprüfbar, ob die zuständige Behörde von zutreffenden Abgrenzungen und Daten ausgegangen ist und sich einer wissenschaftlich vertretbaren Methode bei der Schwundberechnung bedient hat (Bahro/Berlin, a.a.O., § 16 KapVO Rdnr. 6). Diesen Anforderungen wird die Schwundberechnung der Antragsgegnerin nicht gerecht.

68

Zunächst ist – entgegen der Auffassung einiger Antragsteller – rechtlich nicht zu erinnern, dass die Antragsgegnerin bei der Ermittlung des Schwundfaktors die gerichtlich zugelassenen Studierenden (sog. „Gerichtsmediziner“) nicht der Kohorte desjenigen Semesters nachträglich zugerechnet hat, für welches sie die Aufnahme des Studiums begehrt haben. Nach den Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt in seinem Beschluss vom 18. August 2008 (a.a.O.) ist es in Anbetracht des Umstandes, dass sich das (derzeitige) Studierverhalten der nachträglich zugelassenen Studierenden nicht wesentlich von dem der aufgrund der Vergabeverordnung zugelassenen Studenten unterscheidet, rechtlich zulässig, dass die Antragsgegnerin – wie in der Kapazitätsberechnung für das Wintersemester 2009/2010 – die Gerichtsmediziner bei der Schwundquotenberechnung der Semesterkohorte des ihrer vorläufigen Zulassung nachfolgenden Wintersemesters zugerechnet hat.

69

Allerdings stellen sich die von der Antragsgegnerin in die Berechnung eingestellten Bestandszahlen an mehreren Stellen als nicht nachvollziehbar dar. Ihre Schwundberechnungstabelle weist bei den Übergängen vom 2. Fachsemester im Sommersemester 2006 zum 3. Fachsemester im Wintersemester 2006/07, vom 1. Fachsemester im Wintersemester 2006/2007 zum 2. Fachsemester im Sommersemester 2007 sowie vom 2. Fachsemester im Sommersemester 2008 zum 3. Fachsemester im Wintersemester 2008/09 jeweils eine Zunahme der Semesterkohorten in nicht unerheblichem Umfang aus (vom SS 06 zum WS 06/07 8 Studierende, vom WS 06/07 zum SS 07 11 Studierende, vom SS 08 zum WS 08/09 23 Studierende). Dies führt im Ergebnis zu einer positiven Schwundquote von 1,0286 beim Übergang vom 2. zum 3. Fachsemester. Zwar hat das Auftreten eines positiven Übergangsschwundes – worauf die Antragsgegnerin zutreffend hinweist – nicht zwangsläufig die rechtliche Fehlerhaftigkeit der Ermittlung des Schwundfaktors insgesamt zur Folge, so lange der Schwundfaktor im Ergebnis nicht größer als 1,0 ist (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 16. Juli 2009 - 3 N 599/08 -, zitiert nach juris). Allerdings ist nicht nachvollziehbar, auf welche Umstände oder Zulassungspraxis der Antragsgegnerin die Zunahme der Bestandszahlen der vorgenannten Semesterkohorten zurückzuführen ist. Die betreffenden Anstiege der Bestandszahlen lassen sich jedenfalls nicht damit erklären, dass in den vergangenen Jahren aufgrund gerichtlicher Beschlüsse zusätzliche Studienplätze vergeben worden sind. Die Antragsgegnerin hat die sog. Gerichtsmediziner auf gerichtliche Aufforderung gesondert in der Schwundberechnungstabelle ausgewiesen. Dadurch wird deutlich, dass der Anstieg der Bestandszahlen einzelner Semesterkohorten auf einer Erhöhung der regulären Studentenzahlen, d.h. der Zahlen ohne Berücksichtigung der Gerichtsmediziner, beruht. Die aufgezeigte Zunahme einzelner Bestandszahlen ist auch nicht mit einer gesonderten Behandlung von beurlaubten Studierenden zu erklären. Nach den Angaben der Antragsgegnerin sind die beurlaubten Studenten bei der Schwundberechnung so behandelt worden, als würden sie ihr Studium ohne Beurlaubung fortsetzen. Durch diese Zählweise sollten gerade Ungenauigkeiten bei der Schwundberechnung durch Doppelzählungen von beurlaubten Studenten oder das Auftreten eines positiven Schwundes durch Berücksichtigung der beurlaubten Studenten im Semester der Wiederaufnahme des Studiums vermieden werden.

70

Hiervon ausgehend spricht einiges dafür, dass der in den vergangenen Studienjahren bei einzelnen Semesterübergängen festzustellende Anstieg der Bestandszahlen auf einer unzulässigen Doppelzählung von Studierenden beruht. Der Antragsgegnerin ist es jedenfalls trotz substantieller Einwände der Antragstellerseite und ausdrückliche Nachfrage der Kammer im Rahmen des Erörterungstermins bislang nicht gelungen, nachvollziehbar zu erklären, worauf der zum Teil erhebliche Anstieg der Bestandszahlen bei einzelnen Semesterübergängen beruht. Soweit sie zuletzt erstmals – weit nach Ablauf der ihr in diesem Zusammenhang gesetzten Stellungnahmefrist – mit Schriftsatz vom 09. Februar 2010 die in ihrer Schwundberechnung festzustellenden „Aufwüchse“ damit zu erklären versucht hat, dass bei der Erstellung der Bestandszahlen zwei Stichtage verwendet und nach einem Stichtag eingetretene Änderungen erst zum darauffolgenden Stichtag berücksichtigt worden seien, was dann dort zu einem „Aufwuchs“ führe, räumt sie selbst ein, dass ihre Schwundquotenberechnung auf einem fehlerhaften Datenmaterial beruht und damit im Ergebnis nicht zutreffend sein kann. Die Antragsgegnerin hat in diesem Zusammenhang nicht im Einzelnen dargelegt, wie sich die Bestandszahlen nunmehr tatsächlich richtig darstellen müssten. Soweit sie (lediglich) exemplarisch darauf hinweist, dass die Gesamtzahl der im Wintersemester 2007/08 im 1. Fachsemester und im Sommersemester 2008 dann im 2. Fachsemester immatrikulierten Studierenden jeweils 252 betragen habe, entzieht sie mit ihrem eigenen Vortrag der in ihrer Berechnung ausgewiesenen positiven Übergangsschwundsquote vom 2. zum 3. Fachsemester die rechnerische Grundlage.

71

Die Antragsgegnerin trifft im Hinblick auf die ihrer Kapazitätsberechnung zugrunde gelegten Daten und Annahmen aber eine Darlegungspflicht, deren Verletzung sowohl in Gestalt von Begründungslücken als auch im Hinblick auf Fehler des Ableitungszusammenhangs den Schluss nahelegen kann, dass sie das Gebot erschöpfender Kapazitätsauslastung verletzt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 22. Oktober 1991 - 1 BvR 393/85 u.a. -, BVerfGE 85, 36). Hiervon ausgehend können die nicht nachvollziehbaren Bestandszahlen bei der Schwundberechnung im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens keine Berücksichtigung finden, da sie im Ergebnis – kapazitätsungünstig – zu einer niedrigeren Schwundquote führen. Sie sind durch korrigierte Werte zu ersetzen, mit denen sich eine realitätsnähere Übergangsquote errechnen lässt. Die Kammer erachtet es insoweit als angemessen, die nicht zu erklärenden Bestandszahlen durch die Zahlen des jeweils vorhergehenden Semesters zu ersetzen, mit der Folge, dass bei den regulären Studierendenzahlen der betreffenden Semesterübergänge kein Schwund zu verzeichnen ist. Die korrigierten Bestandszahlen sind in der nachfolgenden Tabelle graphisch hervorgehoben.

72

Im Übrigen stimmen die von der Antragsgegnerin in ihre Schwundberechnungstabelle übernommenen Bestandszahlen – ohne Gerichtsmediziner – zum überwiegenden Teil auch nicht mit den Zahlen überein, welche sie der Schwundberechnung für die Ermittlung der Aufnahmekapazität für das Wintersemester 2008/2009 zugrunde gelegt hat. Dies betrifft namentlich die Zahlen für das 2. Fachsemester im Sommersemester 2006 (Schwundberechnung 2008/2009: 194, aktuelle Schwundberechnung: 197), für das Eingangssemester und 3. Fachsemester WS 2006/2007 (2008/2009: 1. FS 200, 3. FS 202, aktuell: 1. FS 202, 3. FS 205), für das 2. und 4. Fachsemester im Sommersemester 2007 (2008/2009: 2. FS 209, 4. FS 199, aktuell: 2. FS 213, 4. FS 194) sowie für das Eingangssemester und 3. Fachsemester im Wintersemester 2007/2008 (2008/2009: 1. FS 187, 3. FS 196, aktuell: 1. FS 196, 3. FS 201). Für das vorläufige Rechtsschutzverfahren legt die Kammer der Schwundberechnung insoweit bis auf die korrigierten Zahlen die Bestandszahlen der Antragsgegnerin aus der Kapazitätsberechnung zugrunde.

73

Somit ergibt sich folgende Schwundberechnung:

74

Humanmedizin – Vorklinik

Erhebungssemester

Studenten im n-ten Fachsemester

1

2

3

4

WS 2005/06

Regulär

208

2

237

1

Gerichtsmediziner

19

aus WS 04/05

Gesamt

227

2

237

1

SS 2006

Regulär

197

3

229

Gerichtsmediziner

19

Gesamt

0

216

3

229

WS 2006/07

Regulär

202

197

3

Gerichtsmediziner

48

19

aus WS 05/06

Gesamt

250

0

216

3

SS 2007

Regulär

0

202

194

Gerichtsmediziner

45

19

Gesamt

0

247

0

213

WS 2007/08

Regulär

196

201

1

Gerichtsmediziner

45

45

aus WS 06/07

Gesamt

241

0

246

1

SS 2008

Regulär

1

183

1

192

Gerichtsmediziner

41

44

Gesamt

1

224

1

236

WS 2008/09

Regulär

220

183

1

Gerichtsmediziner

37

40

aus WS 07/08

Gesamt

257

0

223

1

Semesterliche Erfolgsquoten:

0,9555

1,0000

0,9716

1,0000

0,9555

0,9555

0,9284

Schwundstudienzeit: 4 Semester

Schwundfaktor

3,8394

:

4

=

0,9599

75

Dass die von der Kammer eingesetzten (korrigierten) Werte zu einer realitätsnahen Übergangsquote führen, zeigt sich auch daran, dass der Schwundfaktor im letzten Berechnungszeitraum – WS 2008/09: 0,9562 (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 18. August 2009, a.a.O.) – ähnlich ausgefallen ist.

76

Ohne Erfolg weist die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang darauf hin, bei der Berechnung der Aufnahmekapazität im Wintersemester 2009/2010 dürfe ein Schwundfaktor ohnehin nicht berücksichtigt werden, da in den höheren Fachsemestern im Falle eines tatsächlichen Schwundes eine Auffüllverpflichtung bis zu der errechneten Aufnahmekapazität bestehe (vgl. in diesem Zusammenhang den die Zulassung zum Sommersemester 2009, 2. und 4. Fachsemester betreffenden Beschluss der Kammer vom 14. Januar 2010 - 3 B 101/09 u.a. -). Zu einem Schwundausgleich bei der Berechnung der Aufnahmekapazität im Studieneingangssemester (1. Fachsemester) besteht nach dem Wortlaut des § 16 KapVO nur dann Veranlassung, wenn die Zahl der Abgänge an Studenten in höheren Fachsemestern nicht durch Zugänge in gleichem Umfang ausgeglichen wird. Zwar hat sich der Verordnungsgeber in § 2 Abs. 1 i.V.m. der Anlage 2 der ZZVO 2009/2010 ersichtlich dafür entschieden, dass die Auffüllgrenzen für höhere Fachsemester im Wintersemester 2009/2010 und im Sommersemester 2010 durchgängig der Zahl der im Eingangssemester (Wintersemester 2009/2010) zuzulassenden Studienanfänger entsprechen soll. Diese Auffüllverpflichtung vermag die Verpflichtung zur Erhöhung der Studienanfängerzahl durch einen Schwundzuschlag allenfalls dann zu verdrängen, solange die Erwartung des Normgebers gerechtfertigt ist, dass damit das Ziel der Kapazitätsauslastung durch Auffüllen der höheren Fachsemester bis auf die Zulassungszahl des Anfangssemesters erfüllt wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 12. Juni 2007 - NC 9 S 4/07 -, zitiert nach juris). Die Annahme eines Schwundfaktors kann aber geboten sein, wenn aufgrund der Verhältnisse in den vergangenen Studienjahren künftig eine Auffüllung nicht zu erwarten sein dürfte (VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 17. September 2008 - NC 9 S 1792/08 -, zitiert nach juris). Hiervon ist die Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Kapazitätsberechnung für das Wintersemester 2009/2010 selbst ausgegangen, indem sie einen Schwundfaktor berücksichtigt hat. Auch der Normgeber ist bei der Festsetzung der Zulassungszahlen ersichtlich prognostisch davon ausgegangen, dass das in den Folgesemestern zu erwartende Schwundverhalten eine Korrektur der Studienanfängerzahl durch einen Schwundzuschlag erforderlich macht. Er ist zwar nicht dem Festsetzungsvorschlag der Antragsgegnerin gefolgt. Die abweichend davon erfolgte Normierung der Zulassungszahl für das Wintersemester 2009/2010 ist aber ersichtlich nicht darauf zurückzuführen, dass das Kultusministerium im Gegensatz zur Antragsgegnerin keinen Schwundaufschlag als zur Sicherstellung der Kapazitätsausschöpfung in den Folgesemestern erforderlich angesehen hat. Daran muss die Antragsgegnerin sich nunmehr festhalten lassen. Ob eine Kombination von einem Schwundzuschlag bei der Bestimmung der Aufnahmekapazität im Eingangssemester und einer – starren – Auffüllverpflichtung in den höheren Fachsemestern bis zu der errechneten Aufnahmekapazität in der Hochschulwirklichkeit der Antragsgegnerin zu einer Überlastung des Lehrpersonals führt, bedarf vorliegend somit keiner weiteren Erörterung. Im Übrigen bestehen begründete Zweifel daran, dass die Antragsgegnerin in der Vergangenheit der nach der jeweils maßgebenden ZZVO bestehenden Auffüllverpflichtung tatsächlich Folge geleistet hat und dies in Zukunft tun wird. Denn in den vorläufigen Rechtsschutzverfahren über die Zulassung zum Studium der Humanmedizin im Sommersemester 2009 in einem höheren als dem Eingangssemester (vgl. Beschluss der Kammer vom 14. Januar 2010, a.a.O.) hat die Antragsgegnerin eine Zulassung der Antragsteller bis zur Auffüllgrenze noch mit der Begründung abgelehnt, der tatsächlich vorhandene Schwund müsse Berücksichtigung finden. Werden freie Kapazitäten in höheren Semestern tatsächlich bis zur festgesetzten Zulassungszahl aufgefüllt, so wird bei der Berechnung der Kapazität im Folgejahr tatsächlich rechnerisch auch kein Schwund zu verzeichnen sein. Auf Dauer betrachtet wird es auch bei Ansatz eines Schwundausgleichsfaktors bei der Kapazitätsbemessung trotz „starrer“, der Aufnahmekapazität des 1. Fachsemesters entsprechenden Auffüllgrenzen in höheren Semestern nicht zu einer signifikanten „doppelten“ Inanspruchnahme der nur einmal vorhandenen Ausbildungskapazität kommen.

77

Auf der Grundlage des bereinigten Lehrangebots in Höhe von 189,60 SWS errechnet sich hiernach bei dem anzusetzenden Curriculareigenanteil der Lehreinheit Vorklinische Medizin von 1,5497 eine jährliche Aufnahmekapazität der Lehreinheit von (189,60 x 2 =) 379,20 : 1,5497 = 244,6925, so dass sich unter Berücksichtigung des korrigierten Schwundausgleichsfaktors von 0,9599 eine Gesamtzahl von (244,6925 : 0,9599 = 254,9146) gerundet 255 Studienplätzen ergibt.

78

Hinsichtlich der damit vorläufig noch zu vergebenden 17 Studienplätze ist eine Beschränkung der Zulassung auf den vorklinischen Teil nicht angezeigt. Die in der Lehreinheit Vorklinische Medizin festgestellten (verdeckten) freien Studienplätze sind unter den Antragstellern als Voll- und nicht lediglich als Teilstudienplätze zu verteilen, soweit die Fortsetzung des Studiums nach dem vorklinischen Teil gewährleistet werden kann. In diesem Zusammenhang kommt der Ausbildungskapazität im klinischen Teil des Studiengangs Medizin eine maßgebende Bedeutung zu (vgl. § 18 Abs. 1 und 2 KapVO).

79

Bei der Ermittlung der klinischen Ausbildungskapazität bedarf es vorliegend keiner näheren inhaltlichen Prüfung der personalbezogenen Aufnahmekapazität der Lehreinheit Klinisch-praktische Medizin, die sich – wie auch die Ermittlung der Aufnahmekapazität der Lehreinheit Vorklinische Medizin – nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts der KapVO richtet. Denn die Ausbildungskapazität der Antragsgegnerin im klinischen Teil des Studiengangs Humanmedizin wird gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 2 Nr. 4 KapVO durch den sog. patientenbezogenen Engpass bestimmt. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KapVO ist das – nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts der KapVO ermittelte – Berechnungsergebnis für den klinischen Teil des Studiengangs Medizin anhand der patientenbezogenen Einflussfaktoren (§ 14 Abs. 2 Nr. 4 KapVO) zu überprüfen. Würde sich danach eine größere Zahl von Studienplätzen als nach der Berechnung der personalbezogenen Kapazität für den klinischen Teil des Studiums ergeben, wäre dies unbeachtlich, da es nach den genannten Vorschriften auf die (niedrigere) patientenbezogene Kapazität ankommt. Fiele umgekehrt die personalbezogene Kapazität niedriger als die patientenbezogene Kapazität aus, so wäre diese niedrigere Kapazität gemäß § 17 Abs. 2 KapVO zugrunde zu legen. Für diesen Fall hat die Antragsgegnerin allerdings erklärt, dennoch die aufgrund der patientenbezogenen Einflussfaktoren berechnete Anzahl von Studierenden aufzunehmen. Dass sich die Ausbildungskapazität gemäß § 17 KapVO maßgeblich danach richtet, wie viele Patienten zu Ausbildungszwecken zur Verfügung stehen, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Beim Studiengang Humanmedizin sollen Patienten in der klinisch-praktischen Ausbildung dazu dienen, den Medizinstudenten die für die Ausbildung zum Arzt erforderlichen Anschauungen zu vermitteln; auch können ohne Patienten bestimmte ärztliche Techniken nicht eingeübt werden (vgl. Bahro/Berlin, a.a.O., § 17 KapVO, Rdnr. 1). In Anbetracht dessen ist es sachlich gerechtfertigt, dass die patientenbezogene Kapazität das Lehrangebot in der Lehreinheit Klinisch-Praktische Medizin und damit die Aufnahmekapazität der Hochschule in dem Studiengang Humanmedizin – bei einem Mangel an Patienten auch in begrenzender Weise – beeinflussen kann (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 10. Mai 2004 - 2 NB 856/04 -, zitiert nach juris).

80

Als patientenbezogene jährliche Aufnahmekapazität für den Studienabschnitt zwischen dem Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung und dem Beginn des Praktischen Jahres sind gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KapVO 15,5 vom Hundert der Gesamtzahl der tagesbelegten Betten des Klinikums anzusetzen. Ausgehend von 867 tagesbelegten Betten ausweislich der insoweit nicht in Zweifel gezogenen Berechnungsunterlagen der Antragsgegnerin ergibt sich danach eine patientenbezogene Aufnahmekapazität von 134,385 (= 15,5 % von 867). Die Betten von Privatpatienten sind danach – entgegen der Vermutung einiger Antragsteller – zumindest teilweise enthalten. Nach den insoweit nicht in Zweifel zu ziehenden Angaben der Antragsgegnerin wird die Behandlung von Privatpatienten in Anbetracht der in Sachsen-Anhalt niedrigen Fallzahlen statistisch nicht gesondert erfasst. Die Zahl der poliklinischen Neuzugänge – 102.366 nach der Berechnungsvariante B der Antragsgegnerin, dagegen aus nicht nachvollziehbaren Gründen lediglich 95.942 nach der Berechnungsvariante C der Antragsgegnerin – ist im vorliegenden Fall wegen der Regelung in § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 KapVO ohne Einfluss auf das Berechnungsergebnis. Denn gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KapVO ist die nach Nr. 1 errechnete patientenbezogene Aufnahmekapazität je 1.000 jährliche poliklinische Neuzugänge um die Zahl 1, maximal aber um 50 % der Zahl nach Nr. 1 zu erhöhen. Hiervon ausgehend erhöht sich die nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KapVO errechnete patientenbezogene Aufnahmekapazität unabhängig von der tatsächlichen Zahl der poliklinischen Neuzugänge lediglich um 67,1925 (= 134,385 : 2) auf insgesamt 201,5775 Plätze (134,385 + 67,1925). Bei Ansatz des von der Antragsgegnerin für den klinischen Studienabschnitt errechneten Schwundausgleichsfaktors von 0,9221 ergibt sich daraus eine Anzahl von 218,61, gerundet 219 klinischen Studienplätzen. In diesem Zusammenhang bedarf es keiner weiteren Erörterung, ob die von der Antragsgegnerin für den klinischen Teil vorgelegte Schwundtabelle bereits deshalb von fehlerhaften Bestandszahlen ausgeht, da sie nach dem Vorbringen der Antragsgegnerin in einem der Leitverfahren insbesondere auch diejenigen Studierenden der Kohorte des jeweils fünften Fachsemesters zuordnet, die den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung noch nicht bestanden haben. Jedenfalls wirkt sich diese Vorgehensweise der Antragsgegnerin bei der Schwundberechnung für den klinischen Teil kapazitätsgünstig aus, mit der Folge, dass sie hier zugrunde gelegt werden kann. Denn bei dem von der Antragsgegnerin verfolgten Ansatz stellt sich die Anzahl derjenigen Studierenden, welche die Prüfungen am Ende des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung endgültig nicht besteht und damit keine Lehre in der Lehreinheit Klinisch-Praktische Medizin nachfragt, als Schwund im klinischen Ausbildungsabschnitt dar. Ohne diese nur formal dem fünften Fachsemester zugehörigen Studierenden fiele die Schwundquote für den klinischen Studienabschnitt demgegenüber geringer aus, was dann zu einer niedrigeren Zahl der bei der Antragsgegnerin im klinischen Bereich zur Verfügung stehenden Studienplätze führen würde.

81

Ebenso kann die Frage dahinstehen, ob auch die in den Tageskliniken der Antragsgegnerin zur Verfügung stehenden (tagesbelegten) Betten bei der Berechnung der patientenbezogenen Kapazität nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KapVO Berücksichtigung finden müssen. Denn die patientenbezogene Ausbildungskapazität läge auch dann unterhalb der gerichtlich für den vorklinischen Bereich festgestellten Aufnahmekapazität von 255 Studienplätzen, wenn die in den Tageskliniken zur Krankenversorgung zur Verfügung stehenden Betten den tagesbelegten Betten im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KapVO zugerechnet würden. Nach den nicht in Abrede gestellten Angaben der Antragsgegnerin stehen in den Tageskliniken 48 Betten zur Verfügung. Ausgehend von einer sich bei Berücksichtigung dieser Betten ergebenden Gesamtzahl von 915 (867 + 48) tagesbelegten Betten ergäbe sich eine patientenbezogene Kapazität von gerundet 231 klinischen Studienplätzen (141,825 (15,5 % von 915) + 70,9125 (141,825 : 2) = 212,7375 : 0,9221). Selbst diese Kapazität liegt noch unterhalb der in der ZZVO 2009/2010 für das fünfte Fachsemester mit 237 Plätzen festgesetzten Zulassungszahl, welche die Antragsgegnerin sich entgegenhalten lassen muss.

82

Auch die von einigen Antragstellern gegen den Ansatz des Berechnungsparameters von 15,5 % der tagesbelegten Betten geltend gemachten rechtlichen Bedenken vermögen zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung zu führen. Es mag zwar zutreffen, dass die durchschnittliche Verweildauer von Patienten in Krankenhäusern in den letzten Jahren aus Kostengründen zurückgegangen ist. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass es im (weiten) Gestaltungsermessen des Verordnungsgebers liegt, ob und in welcher Weise auf diese Entwicklung zu reagieren ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 01. Oktober 2009 - 13 B 1185/09 -, zitiert nach juris; Beschl. v. 22. Februar 2008 - 13 C 659/08 -, zitiert nach juris; siehe auch Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 26. November 2008 - 2 NB 34/08 -, zitiert nach juris). Dass der Verordnungsgeber diesen Entscheidungsspielraum unsachgemäß überschritten hat, ist nicht erkennbar.

83

Für die Frage, ob die hier gerichtlich über die festgesetzte Zulassungszahl hinaus aufgedeckten 17 Studienplätze im 1. Fachsemester auf den vorklinischen Studienabschnitt zu beschränken sind, kann jedoch nicht allein darauf abgestellt werden, dass die mit 237 Plätzen normativ festgesetzte Ausbildungskapazität im ersten klinischen Semester niedriger ist als die nunmehr gerichtlich festgestellte Aufnahmekapazität in der Lehreinheit Vorklinische Medizin von 255 Studienplätzen. Entscheidend ist vielmehr, wie viele der nach den Feststellungen der Kammer im Wintersemester 2009/2010 im 1. Fachsemester aufzunehmenden 255 Studienanfänger am Ende des vorklinischen Studienabschnitts tatsächlich in das erste klinische Fachsemester eintreten und dort Lehre nachfragen. Nur wenn zu erwarten ist, dass mehr Studienanfänger der Eingangssemesterkohorte 2009/2010 nach Abschluss des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung in den klinischen Ausbildungsabschnitt eintreten als klinische Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass im Hinblick auf die über die festgesetzte Zulassungszahl hinaus zuzulassenden Studienplatzbewerber ein Weiterstudium im klinischen Ausbildungsabschnitt bei der Antragsgegnerin gewährleistet ist (vgl. auch Hamburgisches OVG, Beschl. v. 26. März 1999 - 3 Nc 34/98 -, zitiert nach juris). Denn durch die Beschränkung der Zulassungen auf Teilstudienplätze soll nur verhindert werden, dass bei Erreichen eines – hier patientenbezogenen – Ausbildungsengpasses im Bereich des klinischen Studienabschnitts mehr Studierende auszubilden sind als die klinische Kapazität dies zulässt. Die Zahl der im ersten klinischen Semester Lehre nachfragenden Studierenden der Eingangssemesterkohorte verringert sich aber einesteils um die Zahl derjenigen Studierenden, die die den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung endgültig nicht bestehen (sog. Prüfungsschwund), und anderenteils um die derjenigen Studierenden, die das Studium von sich aus vor dem letzten Prüfungsversuch oder auch erst unmittelbar nach Bestehen der Prüfung abbrechen (sog. Exmatrikulationsschwund). Dementsprechend ist die Anzahl der im Eingangssemester 2009/2010 bereits aufgrund der in der ZZVO 2009/2010 festgesetzten Zulassungszahl zur Verfügung stehenden Vollstudienplätze – hier 237 – im Umfang des Prüfungs- und Exmatrikulationsschwundes zu erhöhen (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 30. November 2004 - 2 NB 430/03 -, zitiert nach juris; VG Sigmaringen, Beschl. v. 03. November 2006 - NC 6 K 216/06 -, zitiert nach juris; Beschl. v. 09. November 2007 - NC 6 K 1426/07 -, zitiert nach juris; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 31. März 2003 - NC 9 S 45/02 u.a. -, NVwZ-RR 2003, 500). Von dem Prüfungs- und Exmatrikulationsschwund ist der bei der Berechnung der vorklinischen Aufnahmekapazität berücksichtigte Schwund zu unterscheiden. Letzterer nimmt die Entwicklung der Studierendenzahlen bis zum Beginn des vierten Fachsemesters in den Blick und ist für die Frage ausschlaggebend, ob und wie viele zusätzliche (verdeckte) Studienplätze für das vorklinische Eingangssemester – hier Wintersemester 2009/2010 – zu vergeben sind. Demgegenüber bildet der Prüfungs- und Exmatrikulationsschwund die Verringerung der Zahl der Studierenden beim Übergang vom vorklinischen in den klinischen Studienabschnitt ab. Ihm kommt somit allein Bedeutung dafür zu, ob die – ggf. unter Berücksichtigung des vorklinischen Schwundfaktors – aufgedeckten Studienplätze im Eingangssemester Voll- oder Teilstudienplätze darstellen.

84

In Anwendung dieser Grundsätze ist – prognostisch – davon auszugehen, dass sämtlichen der nach den Feststellungen der Kammer 255 Studierenden aus der Studienanfängerkohorte des Wintersemesters 2009/2010 ein Weiterstudium nach dem Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung bei der Antragsgegnerin gewährleistet werden kann.

85

Den zu berücksichtigenden Prüfungsschwund vom 4. zum 5. Fachsemester leitet die Kammer mangels insoweit hinreichend aussagekräftigen Datenmaterials aus den von der Antragsgegnerin vorgelegten Zahlen über das Bestehen des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung ab. Danach haben im Jahr 2006 84 %, im Jahr 2007 72,5 % und im Jahr 2008 76 % der angetretenen Studierenden die Prüfung bestanden. Hieraus ergibt pauschaliert sich eine durchschnittliche Bestehensquote von 77,5 %. Die daraus ersichtlich werdende durchschnittliche Misserfolgsquote von 22,5 % kann jedoch noch nicht als Prüfungsschwund in Ansatz gebracht werden, da sie nicht die endgültige Misserfolgsquote abbildet. Denn in die Betrachtung einzubeziehen sind auch die zunächst durchgefallenen Studierenden, die die Wiederholungsprüfung bestehen. Dem Rechnung tragend erachtet es die Kammer als sachgerecht, im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zur Ermittlung einer annähernd realistischen endgültigen Misserfolgsquote davon auszugehen, dass von den in den Jahren 2006 bis 2008 insgesamt 169 durchgefallenen Studierenden ein Teil in Höhe der durchschnittlichen Bestehensquote von 77,5 %, d.h. 131 Studierende, die Wiederholungsprüfungen erfolgreich absolviert bzw. 38 Studierende den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung endgültig nicht bestanden haben. Ausgehend von einer Gesamtzahl von 738 Studierenden, die in den Jahren 2006 bis 2008 die Prüfung angetreten haben, entspricht dies einer durchschnittlichen Misserfolgsquote von 5,15 %. Diesen annäherungsweise pauschalierend gefundenen Wert als Prüfungsschwund zugrunde gelegt ist prognostisch davon auszugehen, dass 13 der 255 Studierenden der Eingangssemesterkohorte des Wintersemesters 2009/2010 den vorklinischen Studienabschnitt – unabhängig vom sonstigen Schwundverhalten – nicht erfolgreich absolvieren und dementsprechend im klinischen Studienabschnitt keine Lehre nachfragen werden.

86

Zur Ermittlung des zusätzlich zu berücksichtigenden Exmatrikulationsschwundes ist grundsätzlich eine Betrachtung der Übergangsquote vom letzten vorklinischen in das erste klinische Fachsemester und des hieran anknüpfenden Auffüllverhaltens der Hochschule geboten. Hierbei ist zu beachten, dass die vorgenannte Übergangsquote auch den Prüfungsschwund einschließt. Insoweit wäre es auch denkbar, den Prüfungs- und Exmatrikulationsschwund insgesamt aus der Übergangsquote vom letzten vorklinischen in das erste klinische Fachsemester abzuleiten. Vorliegend fehlt es allerdings an Zahlenmaterial, aus dem sich diese Übergangsquote hinreichend verlässlich bestimmen lässt. Die von der Antragsgegnerin vorlegten Schwundberechnungen beziehen sich lediglich auf den vorklinischen Studienabschnitt einerseits oder den klinischen Studienabschnitt andererseits, blenden aber den Übergang vom letzten vorklinischen in das erste klinische Fachsemester aus. Der berücksichtigungsfähige Prüfungs- und Exmatrikulationsschwund lässt sich auch nicht aus einem Vergleich der Bestandszahlen des vierten Fachsemesters in der die Lehreinheit Vorklinische Medizin betreffenden Schwundberechnungstabelle mit den Bestandszahlen des fünften Fachsemesters in der den klinischen Studienabschnitt erfassenden Schwundberechnungstabelle der Antragsgegnerin ableiten. Die Antragsgegnerin hat ihrem Vorbringen zufolge bei den Studierenden die Fachsemester fortgezählt, ohne im Einzelnen zu berücksichtigen, ob die ärztlichen Vorprüfungen bestanden worden sind oder nicht. Dadurch erscheinen aber insbesondere im fünften Fachsemester auch – in nicht näher bestimmter Zahl – Studierende, die materiell-rechtlich betrachtet dort nicht hingehören, weil sie den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (noch) nicht bestanden haben. Ausgehend davon ist die bei einem Vergleich der Bestandszahlen ersichtliche Übergangsquote vom vierten zum fünften Fachsemester für den hier festzustellenden Prüfungs- und Exmatrikulationsschwund nicht aussagekräftig.

87

Zumindest einen Anhaltspunkt zur Bestimmung des Exmatrikulationsschwundes am Ende des vorklinischen Studienabschnitts bietet der von der Antragsgegnerin zur Berechnung der klinischen Kapazität in Ansatz gebrachte Schwundfaktor von 0,9221 im Verhältnis zum Prüfungsschwund. Dieser Schwundfaktor berücksichtigt zwar den gesamten klinischen Studienabschnitt, wird aber im Ergebnis – wie bereits ausgeführt – angesichts der von der Antragsgegnerin insoweit gewählten Betrachtungsweise in erheblichem Maße vom Schwund beim Übertritt vom vorklinischen in den klinischen Studienabschnitt nach Abschluss des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung und damit auch vom Prüfungsschwund beeinflusst. Von diesem Schwundfaktor ausgehend würden lediglich 235 Studierende (92,21 % von 255 Studienanfängern) der hier maßgebenden Eingangssemesterkohorte überhaupt das erste klinische Fachsemester erreichen. Die sich somit im Vergleich zur Anzahl der Studierenden im Eingangssemester ergebende Differenz von 20 Studierenden ließe sich bei Berücksichtigung eines Prüfungsschwundes von 5 % im Umfang von 13 Studierenden auf das Nichtbestehen des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung zurückführen. Damit verbleibt noch ein zu erwartender (Rest-)Schwund von 7 Studierenden. Es spricht vieles dafür, dass dieser Schwund zumindest hinsichtlich einer Anzahl von 5 Studierenden auf eine Exmatrikulation von Studierenden beim Übergang vom letzten vorklinischen in das erste klinische Semester zurückzuführen ist. Jedenfalls dürfen die von den Antragstellern nicht zu vertretenen Unklarheiten bezüglich des tatsächlichen Prüfungs- und Exmatrikulationsschwundes beim Übergang vom vorklinischen in den klinischen Studienabschnitt zumindest im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens nicht dazu führen, dass diejenigen Studienplatzbewerber, auf die einer der 17 gerichtlich festgestellten (außerkapazitären) Studienplätze entfällt, lediglich einen Teil- anstelle eines Vollstudienplatzes erhalten, obwohl in Anbetracht der Gesamtumstände eine – wenngleich nur schätzungsweise – hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie ihr Studium im klinischen Abschnitt bei der Antragsgegnerin werden fortsetzen können.

88

Mangels anderer Berechnungsgrundlagen geht die Kammer deshalb im vorläufigen Rechtsschutzverfahren aber im Wege der Schätzung davon aus, dass von den nach Abzug des Prüfungsschwundes verbleibenden 242 Studierenden der Eingangssemesterkohorte Wintersemester 2009/2010 mindestens fünf weitere Studierende nicht im klinischen Studienabschnitt bei der Antragsgegnerin weiterstudieren werden. Ausgehend davon steht nicht zu erwarten, dass im Bereich des klinischen Studienabschnitts – ausgehend von der derzeitigen normativ festgesetzten Ausbildungskapazität von 237 Studienplätzen – eine Überlast eintritt, wenn sämtlichen der nach den Feststellungen der Kammer im Wintersemester 2009/2010 außerhalb der Kapazität zuzulassenden 17 weiteren Studienplatzbewerbern bereits zum jetzigen Zeitpunkt ein Vollstudienplatz zugewiesen wird.

89

Soweit die Antragstellerin zu 27. zugleich mit dem Hauptantrag einen innerkapazitären Hochschulzulassungsanspruch als Studienanfängerin verfolgt, hat sie keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Wie bereits ausgeführt, sind nach dem insoweit unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Antragsgegnerin sämtliche der in der ZZVO 2009/2010 festgesetzten (innerkapazitären) Studienplätze im Wintersemester 2009/2010 vergeben. Außerdem hat die Antragsgegnerin nachvollziehbar dargelegt, dass im Auswahlverfahren der Hochschule lediglich Bewerberinnen und Bewerber mit mindestens 745 Punkten zugelassen werden konnten, die Antragstellerin allerdings nur eine Gesamtpunktzahl von 699 Punkten erreicht hat. Dem ist die Antragstellerin nicht substantiiert entgegengetreten. Insbesondere hat sie sich nicht näher damit auseinandergesetzt, unter welchen Gesichtspunkten ihr der Vorrang vor demjenigen Studienbewerber einzuräumen sein sollte, der aufgrund seiner weitaus höheren Gesamtpunktzahl den letzten innerhalb der Kapazität zu vergebenden Studienplatz erhalten hat.

90

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Danach können einem Beteiligten die Kosten des Verfahrens ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Diese Entscheidung steht im Ermessen des Gerichts. Vorliegend entspricht es der Billigkeit, die Antragsteller mit den gesamten Kosten ihres Verfahrens zu belasten, obwohl die Antragsgegnerin zu einem Teil unterlegen ist. Auch soweit einige Antragsteller einen "Losantrag" gestellt haben, begehren sie der Sache nach eine vorläufige Regelung, die sich nicht nur in der Teilnahme an einem Vergabeverfahren (Losverfahren) erschöpft, sondern im eigentlichen Kern und vorrangig zugleich auch die sofortige Aufnahme des Studiums nach Maßgabe des Losergebnisses anordnet. Dies ergibt eine nach den §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO vorzunehmende Auslegung der – im Einzelnen teilweise unterschiedlich – gestellten Anträge, an deren Wortlaut das Gericht nicht gebunden ist. Das Gericht darf im Rahmen der Auslegung lediglich nicht über das Antragsbegehren hinausgehen. Aus Gründen der Rechtssicherheit schließt sich die Kammer der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt an, wonach in Numerus-Clausus-Verfahren, in denen das Obsiegen der Antragsteller in einer Teilnahme an einer Verlosung der gerichtlich festgestellten Studienplätze unter sämtlichen verbliebenen Antragstellern besteht, im Rahmen der Kostenentscheidung eine Quote zu bilden ist, bei der die Gesamtzahl der verbliebenen Antragsteller der Anzahl der zu verlosenden Studienplätze gegenüberzustellen ist. Ausgehend von einer Zahl der noch verbliebenen 471 Antragsteller ergibt sich für jeden Antragsteller im Hinblick auf die noch zu vergebenden 17 Studienplätze eine Loschance von 3,6 %. Bei dieser – minimalen – Loschance wäre der Antragsgegnerin allenfalls eine Kostenquote von 1/28 aufzuerlegen. In Anbetracht dieser geringen Quote erscheint es billig und aus verwaltungsökonomischen Gründen geboten, im Rahmen der Kostenentscheidung von einer Kostenteilung abzusehen und die Antragsteller vollumfänglich mit den Kosten des Verfahrens zu belasten.

91

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG. In Anlehnung an Ziffer 18.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, S. 1327) legt das Gericht jedem auf Zulassung zum Studium gerichteten Begehren der Antragsteller den Auffangstreitwert in Höhe von 5.000,00 € zugrunde. Dieser Betrag ist trotz der hier vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht zu ermäßigen, weil die von den Antragstellern begehrte Entscheidung eine faktische Vorwegnahme der Hauptsache darstellt (ständige Rechtsprechung des OVG LSA: vgl. Beschlüsse vom 09. Dezember 2005 – 3 O 393/05 –, vom 18. Dezember 2006 – 3 O 228/06 – und vom 28. März 2008 – 3 O 401/08).


Gründe

1

Soweit die Beteiligten die Beschwerdeverfahren insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, als sich die Antragsgegnerin mit den Beschwerden gegen die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Vergabe von zwei Teilstudienplätzen durch Erstellung einer Rangliste im Wege eines Losverfahrens und nachfolgender vorläufiger Zulassung der auf den Listenplätzen 1 und 2 gelosten Antragsteller gewendet hat, sind die Beschwerdeverfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und über die Verfahrenskosten gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Im vorliegenden Falle entspricht es billigem Ermessen, der Antragsgegnerin hinsichtlich des erledigten Teiles der Verfahren die Kosten aufzuerlegen. Der Senat sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab und verweist auf die Begründung des Beschlusses vom 14. Mai 2013 zu den Verfahren 3 M 310/12 u. a..

2

Im Übrigen haben die Beschwerden der Antragsteller und der Antragsgegnerin keinen Erfolg.

3

Die Antragsteller begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin bei der Antragsgegnerin im 1. Fachsemester zum Wintersemester 2011/2012. Sie sind der Auffassung, die tatsächliche Aufnahmekapazität der Antragsgegnerin sei mit der in der Verordnung über die Festsetzung von Zulassungszahlen für Studienplätze im Wintersemester 2011/2012 und im Sommersemester 2012 (Zulassungszahlenverordnung 2011/2012) - ZZVO 2011/2012 - vom 14. Juni 2011 (GVBl. LSA S. 599) festgesetzten Zahl von 221 Studienanfängern nicht ausgeschöpft. Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Aufnahmekapazität bei 232,6078, gerundet 233 Studienplätzen liegt. Infolge einer Überbuchung seien 231 Studienplätze besetzt worden. Die verbleibenden zwei Studienplätze seien wegen der geringeren Aufnahmekapazität im klinischen Teil des Studiengangs als Teilstudienplätze im Wege eines Los- und Nachrückverfahrens zu vergeben. Die Antragsteller verfolgen ihr Begehren insofern weiter, als sie die Vergabe weiterer Teilstudienplätze begehren; die Antragsgegnerin wendet sich nach der Teilerledigungserklärung gegen die auf Kostenaufhebung lautende erstinstanzliche Kostenentscheidung.

4

Die Beschwerden der Antragsteller und der Antragsgegnerin, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die von ihnen dargelegten Gründe beschränkt ist, sind nicht begründet, da die vorgebrachten Einwände nicht geeignet sind, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen.

5

Soweit die Antragsteller das von der Antragsgegnerin und dem Verwaltungsgericht berechnete Lehrangebot deshalb in Frage stellen, weil im Hinblick auf Art. 12Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG und dem Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens - wie in einigen anderen Bundesländern - die Lehrverpflichtung für Hochschullehrer, Assistenten und für wissenschaftliche Mitarbeiter gegenüber den in § 4 Abs. 1 LVVO normativ geregelten Lehrdeputaten - fiktiv - anzuheben sei, greift dieser Einwand nicht durch.

6

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Lehrverpflichtung der einzelnen Lehrpersonen allein nach den in § 4 Abs. 1 LVVO normativ bestimmten Lehrdeputaten bestimmt. Auf die Festlegung einer höheren Lehrverpflichtung von Hochschullehrern und wissenschaftlichen Mitarbeitern in anderen Bundesländern kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Nach Art. 70 GG fällt die Regelung der Lehrverpflichtung des wissenschaftlichen Personals an den Hochschulen in die Kompetenz des jeweiligen Bundeslandes. Die Bundesländer haben daher das durch das Gebot der bundeseinheitlichen Kapazitätsfestsetzung nicht eingeschränkte Recht, den Umfang der Lehrverpflichtung ihres wissenschaftlichen Personals an ihren Hochschulen eigenständig zu regeln (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 25.03.2013 - NC 2 B 3/12 -, juris; OVG Lüneburg, Beschl. v. 12.08.2011 - 2 NB 439/10 - juris).Materiellrechtlich berührt die Regelung der Lehrverpflichtung den Schutzbereich des Grundrechts der Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG einerseits und des Grundrechts auf Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG andererseits. Es überschneiden sich damit zwei verfassungsrechtlich geschützte Interessen, nämlich die durch Dienstrecht und Wissenschaftsfreiheit bestimmte Rechtsposition des Lehrpersonals und die durch den verfassungsrechtlichen Zulassungsanspruch der Studienbewerber bestimmte Pflicht zur erschöpfenden Kapazitätsnutzung (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.09.2012 - 6 CN 1.11 -, juris zur Lehrverpflichtungsverordnung Schleswig-Holstein; VGH Mannheim, Urt. v. 23.05.2006 - 4 S 1957/04 -, juris). In diesem Spannungsverhältnis kommt keiner der beiden Rechtspositionen für sich genommen ein Vorrang zu. Es ist vielmehr Sache des Gesetz- oder Verordnungsgebers, im Sinne praktischer Konkordanz einen Ausgleich zu schaffen, der beiden Verfassungsgütern zu möglichst weitreichender Geltung verhilft. Dabei können Art. 5 Abs. 3 GG selbst keine starren Ober- oder Untergrenzen für den Umfang der Lehrverpflichtung entnommen werden. Das Grundrecht gebietet (lediglich), die Lehrverpflichtung nicht so hoch anzusetzen, dass kein ausreichender zeitlicher Freiraum für die Forschung verbleibt (VGH Mannheim, Urt. v. 23.05.2006, a. a. O.). Ebenso wenig lässt sich aus Art. 12 Abs. 1 GG eine Beschränkung des Spielraums des Verordnungsgebers solcher Art ableiten, dass nur eine ganz bestimmte Höhe der Lehrverpflichtung zulässigerweise festgesetzt werden könnte.

7

Ein Anspruch auf Erhöhung der Lehrdeputate der Hochschullehrer lässt sich entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht aus Art. 25 Abs. 1 VerfLSA ableiten. Art. 25 Abs. 1 VerfLSA begründet das Recht auf Ausbildung, welches landesverfassungsrechtlich ein subjektiv-öffentliches Recht auf Zugang zu den öffentlichen Ausbildungseinrichtungen eröffnet. Das Recht auf Ausbildung umfasst auch den Zugang zu den Hochschulen, weil die Ausbildung dem Wortsinn nach auf den Erwerb eines (ersten) berufsqualifizierenden Abschlusses gerichtet ist. Allerdings verbürgt Art. 25 Abs. 1 VerfLSA i. V. m. Art. 31 Abs. 1 VerfLSA als Einrichtungsgarantie nur, dass das Land Hochschulen als Ausbildungseinrichtungen vorhält. Das mit Art. 25 Abs. 1 VerfLSA zudem begründete Recht auf eine den Begabungen und der Befähigung entsprechenden Ausbildung vermittelt einen Anspruch auf Zugang zu den Ausbildungseinrichtungen als Teilhaberecht nur im Rahmen der vorhandenen Ausbildungskapazität. Steht knappen Ausbildungsressourcen ein Bewerberüberhang gegenüber, so geht die Verwirklichung des Rechts auf Ausbildung durch die zugelassenen Bewerber mit dem Ausschluss der weiteren Bewerber einher. Auch wenn Teilhaberechte nicht von vornherein auf die Teilhabe am Vorhandenen beschränkt sind, so stehen sie unter dem Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen, was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft beanspruchen kann. Diese Frage hat in erster Linie der Gesetzgeber in eigener Verantwortung zu beurteilen, der bei seiner Haushaltswirtschaft auch andere Gemeinwohlbelange mit Verfassungsrang zu berücksichtigen hat (Urt. d. Senates v. 19.10.2011 - 3 K 330/11 -, juris).

8

Entgegen der Auffassung der Antragsteller lässt sich aus dem Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens kein Anspruch ableiten, dass auch in Sachsen-Anhalt - entgegen der normativen Bestimmung in der Lehrverpflichtungsverordnung - die höheren Lehrdeputate aus anderen Bundesländern zugrunde zu legen sind. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass sich aus dem in Art. 20 Abs. 1 GG verankerten Grundsatz der Bundesstaatlichkeit das verfassungsrechtliche Gebot des bundesfreundlichen Verhaltens ergibt. Es kann bestehende Rechte und Pflichten auch im Verhältnis der Länder untereinander moderieren, variieren oder durch Nebenpflichten ergänzen. Die auf diese Weise begründeten Nebenpflichten können insbesondere auf gegenseitige Abstimmung, Rücksichtnahme und Zusammenarbeit gerichtet sein (vgl. BVerfG, Beschl. v. 28.06.2005 - 1 BvR 1506/04 -, juris). Ein Verstoß gegen diesen Grundsatz liegt nur vor, wenn von der eingeräumten Kompetenz - hier zur Festlegung der Lehrdeputate des wissenschaftlichen Personals - missbräuchlich Gebrauch gemacht wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 31.03.2006 - 1 BvR 1771/01 -, juris). Für eine solche missbräuchliche Wahrnehmung der Regelungskompetenz durch den Verordnungsgeber in Sachsen-Anhalt sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Die Bundesländer haben mit Beschluss vom 12. Juni 2003 eine Vereinbarung über die Lehrverpflichtung an Hochschulen getroffen (veröffentlicht unter www.kmk.org). In Ziffer 1.1. der Vereinbarung haben sich die Länder verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Lehrverpflichtung in den Ländern nach der Maßgabe dieser Vereinbarung dienstrechtlich geregelt wird. Einzelne Länder haben zu bestimmten Regelungen Protokollerklärungen zu beabsichtigten Abweichungen abgegeben. Das Land Sachsen-Anhalt hat mit der Lehrverpflichtungsverordnung vom 6. April 2006 (GVBl. LSA S. 232) unter anderem die unter Ziffer 2.1. der KMK-Vereinbarung vom 12. Juni 2003 aufgeführten Lehrdeputate in Landesrecht umgesetzt, wobei die in der KMK-Vereinbarung genannten Regellehrverpflichtungen keine Mindestdeputate darstellen (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 23.05.2006, a. a. O.). Im Weiteren war es regelmäßig weder Intention noch Ergebnis der Erhöhung der Lehrdeputate in einzelnen Bundesländern, dass die jährliche Aufnahmekapazität in den jeweiligen Studiengängen erhöht wird. Wie auch mit der regelmäßig zeitgleich durchgeführten Anhebung der wöchentlichen Arbeitszeit von Beamten standen in erster Linie fiskalische Gründe im Vordergrund. Mit der Anhebung der Lehrdeputate für das wissenschaftliche Personal sollten durch bereits vorgenommene bzw. geplante Stellenstreichungen auftretende Einschränkungen des Lehrangebots (teilweise) kompensiert werden (vgl. exemplarisch zur Situation in Baden-Württemberg: VGH Mannheim, Urt. v. 23.05.2006, a. a. O.). Ferner war die Erhöhung der Lehrdeputate eine Reaktion auf die Umstellung der Studiengänge auf die gestufte Studiengangsstruktur (Bachelor- und Masterstudiengänge) und die damit verbundenen Änderungen der Betreuungsrelationen im Vergleich zu den bisherigen Diplom- und Masterstudiengängen (vgl. z.B.: Begründung der Fünften Verordnung zur Änderung der Lehrverpflichtungsverordnung vom 29. April 2008, Drucksache des Abgeordnetenhauses von Berlin 16/1442, Verordnung 16/101, Seite 4). Mit der zeitlich befristeten Erhöhung der Lehrdeputate der Professoren in Niedersachsen soll lediglich den niedersächsischen Schülern des doppelten Abiturjahrganges 2011 ein Studium in Niedersachsen ermöglicht werden (vgl. Niedersächsischer Landtag, 16. Wahlperiode, Protokoll der 84. Plenarsitzung v. 06.10.2010, S. 10570 f.), ohne dass eine dauerhafte und nachhaltige Erhöhung der Kapazitäten beabsichtigt war. Die Antragsteller legen somit bereits nicht dar, dass es allein wegen der Erhöhung der Lehrdeputate in anderen Ländern allgemein auch zu einer Erhöhung der jährlichen Aufnahmekapazitäten gekommen ist, wobei hinzukommt, dass in Sachsen-Anhalt die wöchentliche Arbeitszeit für Beamte nicht erhöht worden ist und auch die Problematik des doppelten Abiturjahrganges sich in Sachsen-Anhalt nur im Jahr 2007 stellte.

9

Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist auch der Ansatz von 4 Lehrveranstaltungsstunden (LVS) für die von der Juniorprofessorin Dr. Dr. G. seit dem 1. Juni 2010 besetzte W1-Stelle im Institut für Physiologie mit der Stellennummer 020109,0 nicht zu beanstanden. Mit der Regelung der Lehrverpflichtung für Juniorprofessoren in § 4 LVVO hat sich der Verordnungsgeber in Sachsen-Anhalt im Rahmen der Vereinbarungen gehalten, die die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder über die Lehrverpflichtung an Hochschulen durch Beschluss vom 12. Juni 2003 getroffen hat. Danach haben sich die Länder für die Juniorprofessoren auf eine Regellehrverpflichtung von 4 LVS in der ersten Anstellungsphase (die ersten drei Jahre der Juniorprofessur) sowie 4 bis 6 LVS in der zweiten Anstellungsphase (4. Jahr der Juniorprofessur) verständigt. Ausweislich der Anlage 1 (Besoldungsgruppen W1 bis W3) zum Besoldungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt vom 8. Februar 2011 (GVBl. LSA S. 68) ist das Amt des Juniorprofessors der Besoldungsgruppe W1 zugeordnet. Der vormalige Stelleninhaber Privatdozent Dr. R., für welchen als Juniorprofessor in der zweiten Anstellungsphase die höhere Lehrverpflichtung von 6 LVS angesetzt worden war, ist ausweislich des von der Antragsgegnerin vorgelegten Arbeitsvertrages ab dem 1. Juli 2010 als nicht zur Lehre verpflichteter Drittmittelbeschäftigter in dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt „Endotoxin-vermittelte Hemmung des kardialen Schrittmacherstroms If - Mechanismen und Auswirkungen auf Herzfrequenz/Herzfrequenzvariabilität sowie deren pathophysiologische Relevanz“ (Projektleiter Prof. Dr. G., www.medizin.uni-halle.de/index.php?id=2502; gepris.dfg.de/gepris/OCTOPUS/?module=gepris&task=showDetail&context=projekt&id=161842490) tätig. Er war ferner ausweislich der in dem Verfahren 3 M 189/12 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung vom 5. Dezember 2012, welche dem Prozessbevollmächtigten der Antragsteller bekannt ist, weder im Wintersemester 2011/12 noch im Sommersemester 2012 als Dozent im Rahmen der Lehrveranstaltung „Physiologiepraktikum und Seminar II“ tätig.

10

Soweit die Antragsteller generell die Deputatsermäßigungen für die sog. Funktionsstellen für Sicherheitsbeauftragte, Strahlenschutzbeauftragte, Beauftragte für Arbeitssicherheit, Beauftragte für die Wartung und Betreuung bestimmter technischer Großgeräte sowie den Studienfachberater beanstanden und eine - fiktive - Kürzung der Deputatsreduzierungen begehren, greift dieser Einwand nicht durch. Bei der Würdigung der Rechtmäßigkeit dieser Deputatsreduzierungen sind neben den Interessen der Studienbewerber auch andere verfassungsrechtlich geschützte Interessen betroffen. Hochschulen erfüllen vor allem auch die Funktion von Ausbildungsstätten für bestimmte Berufe und dienen so den in Art. 12 Abs. 1 GG garantierten Grundrechten der Studierenden. Zum anderen werden die Hochschulen, damit sie ihren Aufgaben in Lehre und Forschung nachkommen können, in ihrer Funktionsfähigkeit ihrerseits durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützt. Die Hochschulen sind hiernach verpflichtet, diejenige Lehre anzubieten, die die Studierenden benötigen, um ihr Ausbildungsziel zu erreichen (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.09.2012, a. a. O.). Das Ausbildungsziel wird in § 1 Abs. 1 ÄApprO definiert, wonach Ziel der ärztlichen Ausbildung der wissenschaftlich und praktisch in der Medizin ausgebildete Arzt ist, der zur eigenverantwortlichen und selbständigen ärztlichen Berufsausübung, zur Weiterbildung und zu ständiger Fortbildung befähigt ist. Insofern haben die Hochschulen auch zu gewährleisten, dass das Studium nach den einschlägigen Bestimmungen zu Arbeitsicherheit, Strahlenschutz und Stoffsicherheit sicher absolviert werden kann und auch die Forschungseinrichtungen einen gesetzeskonformen Standard aufweisen. Insoweit greift auch der Einwand der Antragsteller nicht durch, dass hinsichtlich der vorklinischen Institute der Otto-von-Guericke-Universität (…) in wesentlich geringerem Umfang Deputatsreduzierungen angesetzt werden, da die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Lehrdeputatsermäßigungen eine einzelfallbezogene Betrachtung der sachlichen und personellen Ausstattung der jeweiligen Hochschule erfordert.

11

Die von der Antragsgegnerin in Ansatz gebrachten Deputatsermäßigungen sind auch im Einzelnen nicht zu beanstanden. Dies gilt zunächst für die von der Antragsgegnerin vorgenommenen Deputatsermäßigungen für die Beauftragten für Arbeitssicherheit in den verschiedenen Instituten der vorklinischen Lehreinheit (Dr. N. S., Dr. K., Dr. Kl. und Dr. G.). Ein Arbeitgeber hat gemäß §§ 1 und 5 des Gesetzes über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit vom 12. Dezember 1973 - Arbeitssicherheitsgesetz - ASiG - (BGBl. I S. 1885, zuletzt geändert durch Artikel 3 Absatz 5 des Gesetzes vom 20.04.2013, BGBl. I S. 868) Fachkräfte für Arbeitssicherheit zu bestellen. Die Regelung des § 16 ASiG begründet weiter die Verpflichtung, in Verwaltungen und Betrieben des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts einen den Grundsätzen dieses Gesetzes gleichwertigen arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Arbeitsschutz zu gewährleisten. Durch die Gleichwertigkeitsklausel des § 16 ASiG sollen die öffentlichen Arbeitgeber verpflichtet werden, innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs jeweils einheitliche Regelungen unter Einbeziehung der Beamten zu schaffen. Dabei sollen den öffentlichen Arbeitgebern ausdrücklich die gleichen Verpflichtungen wie den privaten Arbeitgebern auferlegt werden (vgl. BAG, Urt. v. 15.12.2009 - 9 AZR 769/08 -, juris), wobei sich die konkreten Verpflichtungen aus den Unfallverhütungsvorschriften ergeben. Die Antragsgegnerin hat in den jeweiligen Stellenbeschreibungen plausibel dargelegt, dass der Umgang mit Gefahrstoffen und Betäubungsmitteln, Chemikalien und Lösungsmitteln in den Laboren und sonstigen Einrichtungen der vorklinischen Institute angesichts des gesetzlich bestimmten Aufgabenkreises der Beauftragten für Arbeitssicherheit einen Arbeitskraftaufwand erfordert, der (zumindest) die gewährte Deputatsermäßigung rechtfertigt.

12

Auch die weitere Deputatsermäßigung für Frau Dr. N. S. als Beauftragte für Biologische Sicherheit im Institut für Anatomie und Zellbiologie gemäß § 16 Abs. 1 der Verordnung über die Sicherheitsstufen und Sicherheitsmaßnahmen bei gentechnischen Arbeiten in gentechnischen Anlagen - Gentechnik-Sicherheitsverordnung vom 14. März 1995 - (GenTSV, BGBl. I S. 297; zuletzt geändert durch Art. 4 der Verordnung v. 18.12.2008, BGBl. I S. 2768) ist rechtlich nicht zu beanstanden. Angesichts der in § 18 GenTSV aufgezählten Pflichten des Beauftragten für Biologische Sicherheit hat die Antragsgegnerin in der Stellenbeschreibung nachvollziehbar dargelegt, dass die gewährte Deputatsermäßigung auch im Umfang angemessen ist.

13

Die von Dr. K., Prof. Dr. K., Dr. C., Dr. Kl. und Dr. L. übernommene Betreuung technischer Großgeräte (Patch clamp-Apparaturen, Gerätschaften für molekularbiologische Untersuchungen, Messplätze zur Elektrophysiologie, Betreuung des Computerpools CIP) kann nicht mehr zum normalen Aufgabenbereich eines in der Vorklinik tätigen Hochschullehrers gerechnet werden, die von dem für Forschung angesetzten Zeitanteil abgedeckt wäre (vgl. zur Deputatsermäßigung für die Betreuung technischer Großgeräte: BayVGH, Beschl. v. 28.09.2011 - 7 CE 11.10711 -, juris). Die Betreuung einer Patch clamp-Apparatur wird auch nicht in unzulässiger Weise doppelt berücksichtigt. Dr. K. betreut die Patch clamp-Apparatur am Institut für Anatomie und Zellbiologie, während Dr. Kl. diese Aufgabe am Institut für Physiologie wahrnimmt.

14

Die Antragsgegnerin hat auch die Deputatsermäßigung für Prof. Dr. K. als Projektleiter für gentechnische Arbeiten am Institut für Physiologie nachvollziehbar begründet. Die Tätigkeit als Projektleiter setzt gemäß § 15 GenTSV besondere Sachkunde voraus, die über den Abschluss eines medizinischen oder naturwissenschaftlichen Studiums hinausgeht. Angesichts der in § 10 f. des Gentechnikgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1993 (GenTG, BGBl. I S. 2066, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 09.12.2010, BGBl. I S. 1934) gesetzlich umrissenen Aufgaben bei der Genehmigung und dem Betrieb von gentechnischen Anlagen ist in der Stellenbeschreibung plausibel dargelegt, dass es sich hierbei um einen besonderen Arbeitsaufwand handelt, der nicht von dem für Forschung angesetzten Arbeitskraftanteil abgedeckt werden kann.

15

Auch die Tätigkeit von Frau Dr. F. als Strahlenschutzbeauftragte bzw. Isotopenbeauftragte nach § 31 der Strahlenschutzverordnung vom 20. Juli 2001 (StrlSchV, BGBl. I S. 1714, zuletzt geändert durch Artikel 5 Absatz 7 des Gesetzes vom 24.02.2012, BGBl. I S. 212) bzw. § 13 der Röntgenverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. April 2003 (RöV, BGBl. I S. 604, zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 04.10.2011, BGBl. I S. 200) rechtfertigt angesichts des in der Stellenbeschreibung beschriebenen Aufgabenbereiches, welcher im Wesentlichen durch die gesetzlichen Regelungen des § 33 StrlSchV bzw. § 15 RöV vorgegeben ist, die gewährte Deputatsermäßigung (vgl. zur Deputatsreduzierung für Strahlenschutzbeauftragte: BayVGH, Beschl. v. 10.01.2012 - 7 ZB 11.783 -, juris).

16

Der Fakultätsvorstand hat sich im Übrigen bei der Beschlussfassung ausdrücklich auf die ständige Rechtsprechung des Senats zur Höhe der Deputatsermäßigungen bei den sog. Funktionsstellen i. S. d. § 6 Abs. 5 LVVO bezogen und die Deputatsermäßigungen auf zwei Semesterwochenstunden begrenzt, auch wenn nach den Stellenbeschreibungen eine höhere Deputatsermäßigung vertretbar wäre. § 6 Abs. 5 LVVO ermöglicht auch eine Deputatsermäßigung für sog. Funktionsstellen (Beschl. d. Senates v. 16.07.2009 - 3 N 599/08 -, juris). Die Antragsgegnerin hat unter Beachtung der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 18.08.2009 - 3 M 18/09 u. a. -, juris) auch im Einzelnen dargelegt, warum die Wahrnehmung der dort genannten Aufgaben (weiterhin) nicht kapazitätsneutral etwa durch Drittmittelbeschäftigte oder technische Mitarbeiter erfolgen kann und daher eine Deputatsermäßigung gerechtfertigt ist. Anhaltspunkte dafür, dass eine kapazitätsrechtlich unzulässige Niveaupflege betrieben wird oder bei der Antragsgegnerin eine „Luxusgeräteausstattung“ vorliegt, sind nicht ersichtlich.

17

Entgegen der Auffassung der Antragsteller waren im streitgegenständlichen Berechnungszeitraum bei der Ermittlung des unbereinigten Lehrangebotes keine weiteren Lehrauftragsstunden kapazitätserhöhend zu berücksichtigen. Gemäß § 10 Satz 1 KapVO LSA werden als Lehrauftragsstunden die Lehrveranstaltungsstunden in die Berechnung des Lehrangebots einbezogen, die der Lehreinheit für den Ausbildungsaufwand nach § 13 Abs. 1 KapVO LSA in den dem Berechnungsstichtag vorausgehenden zwei Semestern (hier: Wintersemester 2009/2010 und Sommersemester 2010) im Durchschnitt je Semester zur Verfügung standen und nicht auf einer Regellehrverpflichtung beruhen. Nach § 10 Satz 2 KapVO LSA gilt dies nicht, soweit die Lehrauftragsstunden aus Haushaltsmitteln für unbesetzte Stellen vergütet worden sind, da diese Stellen nach dem abstrakten Stellenprinzip i. S. d. § 8 KapVO LSA kapazitätserhöhend bereits beim unbereinigten Lehrangebot berücksichtigt werden (vgl. zum Zusammenhang zwischen Lehrauftrag und Vertretung bei der Vakanzverrechnung: OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 15.12.2009 - 5 NC 31.09 -, juris). Nach dem Sinn und Zweck des § 10 Satz 2 KapVO LSA ist es nicht erforderlich, dass mit dem Lehrauftrag gerade Leistungen einer konkreten unbesetzten Stelle im Fachbereich ersetzt werden sollen. Ausreichend ist ein finanzieller Zusammenhang zwischen der Stellenvakanz und dem Lehrangebot (VGH Mannheim, Urt. v. 22.03.1991 - NC 9 S 81/90 -, juris). Die an die im Ruhestand befindlichen Prof. Dr. S. und Dr. R. erteilten Lehraufträge am Institut für Anatomie und Zellbiologie wurden zum Ausgleich der in den Bezugssemestern vakanten 0,5-Planstelle einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin und der infolge von Mutterschutz und anschließender Elternzeit vakanten Stelle einer weiteren Stelle einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin sowie - bezogen auf das Sommersemester 2010 - für die Stelle des ausgeschiedenen Prof. Dr. P. eingesetzt. Die an die im Ruhestand befindlichen Prof. Dr. W. und Dr. B. erteilten Lehraufträge am Institut für Physiologie wurden zum Ausgleich der vakanten W2-Planstelle verwandt. Die an die im Ruhestand befindlichen Prof. Dr. L. und Dr. W. sowie an Herrn Dr. N. erteilten Lehraufträge am Institut für Physiologische Chemie dienten zum Ausgleich der Vakanz einer W3-Stelle. Die Angaben der Antragsgegnerin sind anhand der vorgelegten Stellenpläne und Anträge auf Genehmigung der Lehraufträge plausibel und nachvollziehbar. Der Senat hat auch keine Zweifel, dass die in den Anträgen auf Genehmigung der Lehraufträge genannten Stellen auch in den Bezugssemestern tatsächlich vakant waren. So ergibt sich aus allgemein zugänglichen Quellen (www.xing.com, www.anatomie.unibas.ch/members/members.html), dass PD Dr. L. G. seit Januar 2010 am Anatomischen Institut der Universität Basel tätig ist. Prof. Dr. F. P. hat zum Sommersemester 2010 den Lehrstuhl II am Institut für Anatomie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen übernommen(www.vision-research.eu/fileadmin/user_upload/researcher/p/paulsen-friedrich-cv_full.pdf). Der erforderliche Zusammenhang zwischen den erteilten Lehrauftragsstunden und einer Stellenvakanz in der Lehreinheit Vorklinische Medizin ist daher für die Bezugssemester nicht zweifelhaft.

18

Entgegen der Auffassung der Antragsteller hat das Verwaltungsgericht auch den Dienstleistungsexport für den nicht zugeordneten Studiengang Zahnmedizin rechtsfehlerfrei ermittelt. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 17.10.1982 - 7 C 99, 102 und 103.81 -, juris) die Kapazitätsersparnis zu berücksichtigen, die durch Doppelstudenten eintritt, die die entsprechenden Lehrveranstaltungen in der einen Lehreinheit bereits belegt haben und die Lehrveranstaltungen in der anderen Lehreinheit daher nicht nachfragen. Einmal davon abgesehen, ob es - anders als an den meisten medizinischen Fakultäten im Bundesgebiet - bei der Antragsgegnerin nach der Immatrikulationsordnung und aufgrund der sich zeitlich überschneidenden Pflichtveranstaltungen in den beiden Studiengängen überhaupt möglich ist, ein Doppelstudium Humanmedizin/Zahnmedizin zu betreiben, würdigen die Antragsteller nicht den Umstand, dass die Antragsgegnerin nur die gesondert für die Studenten der Zahnmedizin vorgesehenen Praktika der Anatomie, Physiologie und der Physiologischen Chemie berücksichtigt hat. Die Vorlesungen in Anatomie, Physiologie und der Physiologischen Chemie, welche von den Studenten der Humanmedizin und der Zahnmedizin gemeinsam besucht werden, hat die Antragsgegnerin nicht zum Ansatz gebracht (Generalakte, Ordnungsnummer 16). Soweit die Antragsteller darauf verweisen, dass auch eine mögliche Kapazitätsersparnis durch Zweitstudenten, welche die für den Dienstleistungsexport in Ansatz gebrachten Lehrveranstaltungen bereits besucht hätten, zu berücksichtigen ist, ist dem nicht zu folgen. Da die Berücksichtigung der Zweitstudenten bei der Ermittlung des Dienstleistungsabzugs nach der Kapazitätsverordnung nicht ausdrücklich vorgesehen ist, legen die Antragsteller nicht dar, aus welchen (verfassungsrechtlichen) Gründen es als geboten erscheint, auch die Zweitstudenten, welche bei der Antragsgegnerin in den Studiengängen Humanmedizin oder Zahnmedizin immatrikuliert sind, zu berücksichtigen (ausdrücklich offen lassend: BVerwG, Beschl. v. 23.12.1985 - 7 B 104/85 u. a.-, juris, ablehnend: BayVGH, Beschl. v. 24.08.2010 - 7 CE 10.10210 -, juris). Die Antragsteller würdigen dabei nicht den Umstand, dass auch ein Zweitstudent Anspruch auf Teilnahme an der als Dienstleistung exportierten Veranstaltung hat, so dass bei ihm nicht generell von einer „ersparten“ Nachfrage ausgegangen werden. Im Übrigen haben die betreffenden Zweitstudenten regelmäßig die Möglichkeit, wegen der Anrechnung ihrer bereits erbrachten Studienleistungen sich sogleich in einem höheren Fachsemester immatrikulieren zu lassen und sind daher nicht bei der Berechnung des Dienstleistungsabzugs zu berücksichtigen. Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist hinsichtlich der für einen der Lehreinheit nicht zugeordneten Studiengang erbrachten Dienstleistungen eine Schwundkorrektur nicht geboten (vgl. Beschl. d. Senates v. 02.08.2011 - 3 M 250/11 -, juris; SächsOVG, Beschl. v. 20.06.2013 - NC 2 B 505/12 -, juris; VGH Mannheim, Beschl. v. 13.06.2008 - NC 9 S 241/08 -, juris; BayVGH, Beschl. v. 30.04.2012 - 7 CE 12.10044 u. a. -, juris). Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 2 KapVO LSA, der ausdrücklich anordnet, dass zur Berechnung des Bedarfs an Dienstleistungen die Studienanfängerzahlen anzusetzen sind.

19

Das Verwaltungsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Überbuchung von zwei Studienplätzen den Antragstellern rechtsfehlerfrei entgegen gehalten werden kann. Das Verwaltungsgericht ist im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 18.08.2009 - 3 M 18/09 -, juris) davon ausgegangen, dass es keine Rechtsvorschrift gibt, die die Rechte eines auf Zuweisung eines „außerkapazitären“ Studienplatzes klagenden Bewerbers im Sinne des Beschwerdevorbringens schützt. Die Bindung der Hochschule an die Zulassungszahl dient - ausgehend davon, dass die Zulassungszahl entsprechend den Vorgaben der KapVO LSA und damit kapazitätserschöpfend festgesetzt ist - der Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Hochschulbetriebes, also dem Schutz der Rechte von Hochschule, Hochschullehrern und der bereits immatrikulierten Studenten. Deshalb verletzt die Besetzung von Studienplätzen jenseits der festgesetzten Kapazität keine Rechte der die Zulassung auf einen „außerkapazitären“ Studienplatz begehrenden Bewerber, wenn die Hochschule diese Plätze im Nachrückverfahren nach den vergaberechtlichen Kriterien vergibt. Allein der Umstand, dass die von der Antragsgegnerin angestellte Prognose bei der Bestimmung der Überbuchungsfaktoren sich bei einer nachträglichen Betrachtung als unzutreffend erweist, rechtfertigt nicht den Schluss einer willkürlichen Überbuchung. Die Antragsteller legen nicht dar, dass sich die Bestimmung der Überbuchungsfaktoren als gesetzlos und bewusst ohne Rücksicht auf die gesetzlichen Anforderungen darstellt. Die kapazitäts- und vergaberechtlichen Vorschriften gehen von dem Grundgedanken aus, dass bei pflichtgemäßer Kapazitätsermittlung alle vorhandenen Studienplätze in das Vergabeverfahren einbezogen werden, um in verfassungskonformer Weise zu gewährleisten, dass zum einen kein Studienplatz unbesetzt bleibt und zum anderen durch die Zugrundelegung einheitlicher und sachgerechter Auswahlkriterien und die Vergabe von Rangziffern eine im Sinne des Gleichheitssatzes möglichst gerechte Auswahl unter den grundsätzlich gleichberechtigten Bewerbern vorgenommen wird. Ausschließlich dann, wenn infolge unzureichender Kapazitätsermittlung vorhandene Studienplätze nicht in das Vergabeverfahren einbezogen worden sind und bei Einhaltung der normativ vorgegebenen Verteilungsmaßstäbe überhaupt ungenutzt blieben und unwiederbringlich verlorengingen, tritt die vorrangige Berücksichtigung berechtigter Studienbewerber zurück und ist, um ein mit Art. 12 GG unvereinbares Ergebnis zu vermeiden, einem gegen die Hochschule klagenden Bewerber ein freier Studienplatz unabhängig von seiner Rangziffer zuzuweisen (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 18.06.2008 - 1 N 1/07 -, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse v. 14.04.2009 - 5 NC 174.08 - und v. 01.06.2007 - 5 NC 1.07 -, juris).

20

Auch die sinngemäß erhobene Rüge einer „rechtswidrigen Überbuchung der Ausländerquote“ greift daher nicht durch. Ob innerhalb der festgesetzten Kapazität die vorhandenen Studienplätze in jeder Hinsicht rechtmäßig vergeben wurden und etwa die Vorabquote des § 6 Abs. 1 Nr. 1 VVO Stiftung LSA eingehalten wurde, ist unerheblich. Denn auf die Einhaltung der Verfahrensvorschriften, die dem innerkapazitären Vergabeverfahren zugrunde liegen, haben Studienbewerber, die - wie die Antragsteller - einen Studienplatz außerhalb der Kapazität geltend machen, keinen Anspruch (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 17.01.2012 - NC 9 S 2775/10 -, juris m. w. N.).

21

Den nur noch auf die Anfechtung der Kostenentscheidung beschränkten Beschwerden der Antragsgegnerin steht zwar nicht die Regelung des § 158 Abs. 1 VwGO entgegen, da aufgrund der zulässigen Beschwerden der Antragsteller das Beschwerdeverfahren zu einer Sachentscheidung führt (vgl. hierzu: Rennert in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2011, § 158 Rdnr. 4 m. w. N.). Die Beschwerden der Antragsgegnerin sind indes unbegründet. Der Senat gibt seine bisherige Rechtsprechung, wonach die Kosten nach Maßgabe der Loschance zu verteilen seien, auf (vgl. Beschl. d. Senates v. 21.03.2013 - 3 M 363/12 u. a. -). Ob mit der vom Verwaltungsgericht zitierten obergerichtlichen Rechtsprechung angenommen werden kann, dass in den Fällen der Anordnung eines gerichtlichen Vergabeverfahrens von außerkapazitären Studienplätzen im Regelfall eine Kostenaufhebung sachgerecht ist (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 12.05.2009 - NC 9 S 240/09 -, juris; SächsOVG, Beschl. v. 09.09.2009 - NC 2 B 180/09 -, juris und 22.01.2013 - NC 2 B 356/11 -, juris; BayVGH, Beschl. v. 29.06.2011 - 7 CE 11.10338 u.a. -, juris), kann dahinstehen.

22

Immerhin haben die Antragsteller das mit dem Eilantrag verfolgte Ziel, die Zulassung zum Studium nach Maßgabe eines gerichtlichen Vergabeverfahrens insofern erreicht, als dass das Verwaltungsgericht wegen zwei zusätzlichen Studienplätzen ein Vergabeverfahren angeordnet hat. Dass sie aufgrund des Losverfahrens tatsächlich nicht zugelassen worden sind, stellt einen außerhalb des gerichtlichen Verfahrens liegenden Umstand dar. Das könnte für die Anwendbarkeit des § 154 Abs. 1 VwGO sprechen. Auch wenn man mit dem Verwaltungsgericht von der Anwendbarkeit des § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO ausgeht, können die Beschwerden keinen Erfolg haben.

23

Gemäß § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen, wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt. Ob bei Vorliegen dieser Voraussetzungen das Gericht die Kosten verhältnismäßig verteilt oder gegeneinander aufhebt, steht in seinem Ermessen. Die Entscheidung ist nach den Gesamtumständen des Einzelfalles zu treffen. Wenn beide Beteiligte wie hier anwaltlich vertreten sind, ist in zulassungsrechtlichen Verfahren, in denen die Vergabe von außerkapazitären Studienplätzen im Wege eines Losverfahrens durch das Verwaltungsgericht angeordnet wird, jedenfalls eine Kostenaufhebung vorzusehen. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass die Kapazitätsberechnung der Hochschule fehlerhaft war und weitere Studienplätze (vorläufig) vergeben werden können und berücksichtigt andererseits, dass die fehlerhafte Kapazitätsberechnung bei Anordnung eines Losverfahrens nicht jedem Antragsteller zum Erfolg des Zulassungsantrages verhilft. Dagegen weist die Kostenverteilung anhand der Loschance den Nachteil auf, dass der damit maßgebliche Faktor, wie viele andere Studienplatzbewerber ebenfalls einen Antrag beim Verwaltungsgericht stellen, vom jeweiligen Antragsteller weder in irgendeiner Form beeinflusst noch vorhergesehen werden kann. Die Kostenverteilung wird damit von Zufälligkeiten abhängig, die nicht sachgerecht erscheinen. Dies zeigen auch die vorliegenden Verfahren, da bei einer an der Loschance orientierten Kostenentscheidung selbst eine hälftige Kostenteilung erst dann in Betracht käme, wenn mehr als 167 außerkapazitäre Studienplätze „aufgedeckt“ würden. Bei einer festgesetzten Kapazität von 221 Studienplätzen stellt dies jedoch nur eine allenfalls theoretische Möglichkeit dar.

24

Die Kostenentscheidung für das jeweilige Beschwerdeverfahren folgt aus § 155 Abs. 1, 161 Abs. 2 VwGO.

25

Die Höhe des Streitwertes folgt aus §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Da die Antragsteller nur die Vergabe weiterer Teilstudienplätze begehren, war der Auffangstreitwert zu halbieren. Die Halbierung des Auffangstreitwerts im Fall der vorläufigen Zulassung auf einen Teilstudienplatz im Studiengang Humanmedizin ist dem Umstand geschuldet, dass das Teilstudium von vornherein auf den vorklinischen Abschnitt des Studiums beschränkt ist und weder mit dem Ablegen der ärztlichen Vorprüfung noch mit einem Bachelorabschluss vergleichbar ist, mithin nicht zu einem berufsqualifizierenden Abschluss führt (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 10.05.2012 - 2 OA 187/12 -, juris).

26

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 20.11.2012 mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert:

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung des Antragsgegners vom 10.07.2012 (Az. 03941-11) wird angeordnet.

Der Antragsgegner und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750,- € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller und Beschwerdeführer wenden sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines Verbrauchermarktes mit Bäcker und Fleischer mit einer Verkaufsfläche von (knapp) unter 800 qm und 72 Stellplätzen an der T. Straße in A-Stadt.

2

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung mit der Begründung abgelehnt, sie könnten sich nicht auf einen Gebietserhaltungsanspruch berufen. Aufgrund der in der näheren Umgebung vorhandenen Nutzungen wie einem Hotel, einer Tankstelle, einer Autovermietung und einer Autowaschanlage könne nicht von einem reinen Wohngebiet ausgegangen werden. Wegen der wohngebietsunverträglichen Autowaschanlage käme auch in Betracht, die nähere Umgebung keinem der Baugebiete nach der BauNVO zuzuordnen. Ginge man von einem faktischen allgemeinen Wohngebiet aus, sei der geplante Verbrauchermarkt bauplanungsrechtlich seiner Art nach nicht nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO unzulässig. Der Annahme, dass der Discountmarkt der Gebietsversorgung diene, stehe nicht entgegen, dass dieser an einer vielbefahrenen Ausfallstraße liege. Hieraus könne im Hinblick auf das übliche Sortiment eines NETTO-Marktes nicht auf eine gebietsübergreifende Versorgung geschlossen werden, zumal in A-Stadt eine gute Versorgung mit Verbrauchermärkten bestehe. Auch die Stellplatzgröße sei kein ausreichend gewichtiges Indiz für eine übergebietliche Ausrichtung des Marktes. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes durch unzulässige Lärmimmissionen auf das Grundstück der Antragsteller sei nicht überwiegend wahrscheinlich; die Immissionsrichtwerte nach der TA-Lärm für ein allgemeines Wohngebiet würden bei Umsetzung der genehmigten Bebauung und Nutzung eingehalten. Die von den Antragstellern behauptete höhere Kundenzahl (und damit verbundenen höheren Fahrzeugbewegungen) seien nicht weiter sachverständig belegt und stünden einer Einschätzung des TÜV-Nord entgegen. Auf eine Unbestimmtheit der Baugenehmigung im Hinblick auf drittschützende Bestimmungen könnten sich die Antragsteller nicht berufen. Auch ohne Einbeziehung der schalltechnischen Untersuchung regele die Baugenehmigung das zum Schutze der Nachbarn vor schädlichen Umwelteinwirkungen Erforderliche. Unberechtigtes Parken Dritter in der Nacht sei spekulativ und dem könne durch nachträgliche Anordnungen Rechnung getragen werden.

II.

3

Die dagegen gerichtete Beschwerde hat unter Zugrundelegung des gem. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO maßgeblichen Beschwerdevorbringens Erfolg.

4

Die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung erweist sich nach der im Eilverfahren gebotenen und allein möglichen summarischen Prüfung aller Voraussicht nach als rechtswidrig und verletzt die Antragsteller in ihren Rechten, weil sie dem geplanten Vorhaben einen Gebietserhaltungsanspruch für ein faktisches allgemeines Wohngebiet entgegen halten können.

5

Der Senat geht davon aus, dass sich die nähere Umgebung des geplanten Vorhabens als allgemeines Wohngebiet darstellt, so dass sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art gem. § 34 Abs. 2 BauGB nach § 4 BauNVO beurteilt und sich die Antragsteller auf einen entsprechenden Gebietserhaltungsanspruch berufen können.

6

Der aus § 34 Abs. 2 BauGB resultierende und von den Antragstellern in erster Linie geltend gemachte Gebietserhaltungsanspruch gibt den Eigentümern von Grundstücken in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet (§ 9 Satz 1 Nr. 1 BauGB, § 1 Abs. 3 BauNVO) das Recht, sich gegen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässige Vorhaben zur Wehr zu setzen. Derselbe Nachbarschutz besteht im unbeplanten Innenbereich, der hier mangels Bebauungsplans vorliegt, wenn die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der Baunutzungsverordnung entspricht (BVerwG, B. v. 27.09.2007 - 4 B 36/07 -, juris). Die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art der Nutzung beurteilt sich in diesen Fällen sodann allein danach, ob das Vorhaben aufgrund seiner Art nach der BauNVO in dem Gebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der BauNVO ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Abs. 1 BauGB, im Übrigen ist § 31 Abs. 2 BauGB entsprechend anzuwenden (BVerwG, U. v. 16.09.1993, BVerwGE 94, 151 und v. 23.08.1996, BVerwGE 101, 364).

7

Sieht man die nähere Umgebung des Vorhabens mit den durch die Beschwerde nicht angezweifelten Feststellungen des Verwaltungsgerichts und aufgrund des Eindrucks im Ortstermin im Osten durch die Bahnlinie, im Westen durch das Waldstück am H.weg, im Norden durch die T. Straße und im Süden durch die am R. Weg beginnende Bebauung mit Wochenend- und Gartenhäusern als begrenzt an, so ist eine überwiegende Wohnbebauung mit Ein- und Zweifamilienhäusern vorzufinden. Nach Einschätzung des Senats dürfte der T. Straße als vierspurige Ausfallstraße trennende Wirkung zukommen, so dass das Gebiet nördlich der T. Straße – auch wegen vorhandenen Freiflächen zwischen der T. Straße und der sich erst daran nördlich anschließenden Bebauung – wohl nicht mehr zur näheren Umgebung zu zählen ist. Damit zählt auch der von der Beigeladenen angeführte Park+Ride Parkplatz sowie das Hotel aufgrund der Lage nördlich der T. Straße nicht mehr zur näheren Umgebung des Vorhabens.

8

Der Annahme eines faktischen reinen Wohngebiets steht die in der nordöstlichen Ecke dieses Gebietes vorhandene Tankstelle entgegen. Vom Vorliegen eines solchen Gebietes gehen die Antragsteller in der Beschwerde selbst nicht mehr aus. Die Tankstelle und der sich weiter nordöstlich in der äußerten Ecke des beschriebenen Gebietes befindliche Autoverleih, die ausweislich der Inaugenscheinnahme im Ortstermin nicht (mehr) über eine Waschanlage verfügen, stehen der Annahme eines faktischen allgemeinen Wohngebietes nicht entgegen.

9

Tankstellen sind im allgemeinen Wohngebiet gem. § 4 Abs. 3 Nr. 5 BauNVO ausnahmsweise zulässig, wobei grundsätzlich nur kleine Tankstellen mit wenigen Zapfsäulen und der üblichen Ausstattung mit Anlagen für die Wartung und Pflege von Kraftfahrzeugen sowie für den Verkauf von Waren als gebietstypisch bzw. gebietsverträglich anzusehen sind. Zum Schutz der Wohnruhe vor Lärm durch den Tankstellenbetrieb kommen im Einzelfall dem Standort und der Anordnung der Anlage auf dem Grundstück Bedeutung zu, so dass ein Standort am Rande des Gebiets an einer stärker befahrenen Straße eher zulassungsfähig als an einer ruhigen Wohnstraße oder an der Grenze zu einem reinen Wohngebiet ist. In einem solchen Fall kann auch die Schutzwürdigkeit einer von der Tankstelle betroffenen Wohnnutzung durch eine höhere Vorbelastung mit Lärm gemindert sein (vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB-Kommentar, § 4 BauNVO Rn. 138 f m.w.N. zur Rspr.).

10

Hiervon ausgehend können bei einer Tankstelle mit (mindestens) 5 Tankanlagen und 10 Zapfsäulen und einem geräumigen Verkaufsraum zwar Zweifel an der Gebietstypik für ein allgemeines Wohngebiet bestehen. Allerdings erscheint die Tankstelle aufgrund ihrer Lage in der äußeren nord-östlichen Ecke des Gebietes an der T. Straße als vierspurige Ausfallstraße und der daraus resultierende Vorbelastung für die angrenzende Wohnbebauung trotz ihrer Größe noch als gebietsverträglich für ein allgemeines Wohngebiet, zumal die Erschließung der Tankstelle allein von der T. Straße aus erfolgt, der Tankstellenbetrieb insgesamt in Richtung der T. Straße ausgerichtet ist und durch die Lage des Verkaufsgebäudes von der dahinterliegenden Wohnbebauung, zu der keine Anbindung für Fahrzeuge besteht, abgegrenzt ist.

11

Unter Zugrundelegung des Vortrages der Beigeladenen und den Feststellungen im Ortstermin, wonach durch den Autoverleih auch Lkw und Transporter vermietet werden und auf dem Gelände eine größere Zahl von Fahrzeugen vorgehalten wird, kann dieser zwar nicht als ausnahmsweise zulässiger nicht störender Gewerbebetrieb i.S.v. § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO angesehen werden. So sind etwa Kfz- Handels- und Reparaturbetriebe als störend in einem allgemeinen Wohngebiet anzusehen (vgl. VGH Mannheim, B. v. 16.02.1987 – 3 S 261/87 -, VBlBW 87, 342; OVG Berlin, U. v. 15.08.2003 – 2 B 18.01 -, NVwZ-RR 2004, 391), wobei bei einem Autoverleih gegenüber einem Autohandel von einer höheren Frequenz an Fahrzeugbewegungen auszugehen sein dürfte.

12

Allerdings handelt es sich nach Auffassung des Senats bei dem Autoverleih um einen Fremdkörper, der der Annahme eines faktischen allgemeinen Wohngebietes nicht entgegen steht. Bei der Beurteilung der näheren Umgebung haben Fremdkörper außer Betracht zu bleiben, die als singuläre Anlagen in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung stehen und die wegen ihrer Einzigartigkeit den Charakter der Umgebung nicht prägen. Dabei sind vor allem die Größe des Baukörpers, die von ihm ausgehenden Störungen und die Homogenität der übrigen Bebauung zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, U. v. 15.02.1990 – 4 C 23.86 -, BRS 50, Nr. 75). Störende Einwirkungen auf die Umgebungsbebauung schließen die Annahme eines Fremdkörpers nicht aus, wenn sie der Umgebung nicht ein bestimmtes Gepräge aufdrücken. Je weniger homogen die Bebauung ist, desto weniger wird eine aus dem Rahmen fallende Anlage bei der notwendigen wertenden Betrachtung als Fremdkörper qualifiziert werden können (Bracher in Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, 7. Aufl., Rn. 2012).

13

Ausgehend von dem Vortrag der Beteiligten und den Feststellungen im Rahmen des Ortstermins ist in der oben beschriebenen näheren Umgebung des Vorhabens mit Ausnahme der Tankstelle und dem Autoverleih Wohnbebauung vorhanden, so dass diese beiden Anlagen in deutlichem Kontrast zur übrigen homogenen Bebauung stehen. Die von dem Autoverleih ausgehenden Störungen für die übrige Bebauung werden zum einen durch die Lage in der äußersten nord-östlichen Ecke des umschriebenen Gebietes direkt an einer vierspurigen Ausfallstraße und einer Bahnlinie und auch dadurch relativiert, dass sich zwischen dem Vorhabengrundstück und dem sich anschließenden Grundstück der Antragsteller noch die Tankstelle befindet, deren Immissionen die des Autoverleihs überlagern. Der Autoverleih ist zudem zur Wohnbebauung durch eine ca. 28 m lange und 4 m hohe Lärmschutzwand abgetrennt und entfaltet damit wegen seiner Lage und der beschriebenen Situation keine prägende Wirkung für die übrige Bebauung.

14

Schließlich kommt aufgrund der Singularität des Autoverleihs gegenüber der übrigen Wohnbebauung und dessen Randlage sowie der (ausnahmsweisen) Zulässigkeit der Tankstelle die Annahme eines faktischen Gewerbegebietes nicht in Betracht.

15

Der vom Verwaltungsgericht angenommene Gebietsversorgungscharakter des Vorhabens der Beigeladenen wird mit der Beschwerde substantiiert angezweifelt und aufgrund der Feststellungen im Ortstermin und dem weiteren Vortrag der Beteiligten im Beschwerdeverfahren kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Vorhaben überwiegend der übergebietlichen Versorgung dient und der mangelnde Gebietsversorgungscharakter der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens entgegensteht.

16

Mit einer Verkaufsfläche von knapp unter 800 qm handelt es sich bei dem von der Beigeladenen geplanten Lebensmittel-Discounter um einen Laden i.S.v. § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO, der im allgemeinen Wohngebiet zulässig ist, soweit er der Versorgung des Gebietes dient (vgl. zur Größe in Abgrenzung zum großflächigen Einzelheiten: Stock, a.a.O., § 4 BauNVO Rn. 52 m.w.N.).

17

Die Beschränkung auf den Gebietsbezug in § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO soll den gebietstypischen Schutz der Wohnruhe gewährleisten und dient insbesondere der Vermeidung einer durch den An- und Abfahrtverkehr erzeugten, sich nicht mit einem allgemeinen Wohngebiet vertragenden Unruhe, die durch die Einbeziehung eines überörtlichen Kundenkreises von außen in das Gebiet getragen wird. Die Grenze des Gebiets, um dessen Versorgung es geht, bestimmt sich dabei nach den jeweiligen konkreten städtebaulichen Verhältnissen und ist unabhängig von etwa festgesetzten Baugebietsgrenzen oder der näheren Umgebung i.S.v. § 34 Abs. 1 BauGB. Maßgeblich ist, dass es sich um einen einheitlich strukturierten und zusammenhängenden Bereich handelt, wobei neben Gebieten anderer Nutzungsart auch solche Gebiete außer Betracht zu bleiben haben, die von dem Einzelhandelsbetrieb so weit entfernt sind, dass der vom Verordnungsgeber vorausgesetzte Funktionszusammenhang nicht mehr als gewahrt angesehen werden kann (vgl. BVerwG, B. v. 03.09.1998 - 4 B 85.98 -, BRS 60 Nr. 67; OVG Münster, B. v. 19.08.2003 – 7 B 1040/03 -, BRS 66 Nr. 72, juris Rn. 38; OVG Lüneburg, B. v. 19.07.2004 - 1 ME 116/04 -, NVwZ-RR 2005, 231, juris Rn. 13; OVG Bautzen, B. v. 30.08.2004 - 1 BS 297/04 -, BRS 67 Nr. 67, juris Rn. 8).

18

Ob ein Laden oder Verkaufsbetrieb im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO der Versorgung des Gebiets dient, ist anhand objektiver Kriterien unter Berücksichtigung des Betriebskonzepts typisierend zu ermitteln, wobei neben der Größe und sonstigen Beschaffenheit des Betriebs auch die sich daraus ergebenden Erfordernisse einer wirtschaftlich tragfähigen Ausnutzung, die örtlichen Gegebenheiten, insbesondere die demografischen und sozialen Verhältnisse im Gebiet, und die typischen Verhaltensweisen in der Bevölkerung einbezogen werden können. Danach ist zu beurteilen, ob die Anlage zumindest in einem erheblichen, ins Gewicht fallenden Umfang auch von den Bewohnern des Gebiets aufgesucht wird (vgl. BVerwG, U. v. 29.10.1998 - 4 C 9.97 -, BRS 60 Nr. 68). Der funktionale Zusammenhang zum Gebiet ist gegeben, wenn der Verkaufsbetrieb objektiv geeignet ist, seinen Umsatz zu einem ins Gewicht fallenden, mehr als nur unerheblichen Umfang aus dem Gebiet zu beziehen, wobei jedenfalls ein Umsatzanteil von 60 % ausreichen dürfte (vgl. Stock, a.a.O., Rn. 40 f m.w.N.). Die jeweilige Versorgungsstruktur wird durch die Eigenart des konkret betroffenen Gebiets maßgeblich mitgeprägt. Wohngebiete können, je nachdem, welche der jeweils zulässigen Nutzungen tatsächlich ausgeübt werden und in welcher Weise von den in §§ 16 ff. BauNVO eröffneten Möglichkeiten Gebrauch gemacht worden ist, einen ganz unterschiedlichen Charakter aufweisen. Ein Gebiet, in dem sozialer Wohnungsbau in verdichteter Form vorherrscht, hebt sich deutlich von einer aufgelockerten Villenbebauung ab. Dementsprechend unterschiedlich können die Bedürfnisse der Bewohner sein, deren Befriedigung zu dienen ein Vorhaben im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO geeignet sein muss. Ein Vorhaben mag in einem bestimmten Wohnumfeld unbedenklich sein, kann an einem anderen Standort aber unzulässig sein, weil es dort der gebietstypischen Bedarfssituation nicht hinreichend Rechnung trägt (Senatsurteil vom 16.01.2013 – 3 L 25/08 – zu einer Schank- und Speisewirtschaft).

19

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe bestehen nach den Angaben der Beteiligten und den Feststellungen im Ortstermin im Eilverfahren zwar keine durchgreifenden Zweifel an dem von der Beigeladenen dargelegten Betriebskonzept und des dem zugrunde gelegten Versorgungsbereichs. Das Warensortiment des Vorhabens - in erster Linie Lebensmittel - erscheint grundsätzlich geeignet, der Gebietsversorgung zu dienen. Aufgrund der Möglichkeiten zur Querung der T. Straße sowohl für Fußgänger als auch für Fahrzeuge im Bereich des Vorhabens können die Wohnbebauung nördlich der T. Straße bis zur Höhe R. und dann Teile der (überwiegenden) Wohnbebauung im südlich des Vorhabens anschließenden Bereich K. als Versorgungsbereich gesehen werden. Dessen Struktur und Einwohnerzahl (knapp 4.000 im engeren Bereich) dürften auch die in Literatur und Rechtsprechung angeführten Kriterien für eine wirtschaftliche Tragfähigkeit des Vorhabens erfüllen, wonach Lebensmittel-Discounter bei einem heute üblichen Zuschnitt von 700 bis 1.000 qm Verkaufsfläche einen Einzugsbereich von 4.000 bis 9.000 Einwohner benötigten (vgl. OVG Berlin, B. v. 21.12.2011 – OVG 10 S 29.10 -, BauR 2012, 683 unter Hinweis auf Kuschnerus, Der standortgerechte Einzelhandel, 2007, Rn. 61, 66, 103, 191).

20

Angesichts der Größe des Marktes, die die Grenze zur Großflächigkeit i.S.d. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO nur sehr knapp unterschreitet, bedarf die Frage des Gebietsversorgungscharakters allerdings einer besonders eingehenden Prüfung (vgl. Stock, a.a.O., Rn. 53).

21

Auch wenn die Lage eines Vorhabens in der von der Beigeladenen geplanten Art an einer Ausfallstraße wie auch die die Werte einer Stellplatzsatzung überschreitende Zahl von genehmigten Stellplätzen für sich genommen nicht zwangsläufig gegen den Gebietsversorgungscharakter sprechen, so deuten diese Umstände zumindest auf eine Ausrichtung auf einen überörtlichen Kundenkreis hin (vgl. OVG Münster, B. v. 19.08.2003, a.a.O., Rn. 42; OVG Magdeburg, U. v. 14.11.2006 - 2 L 504/02 -, juris Rn. 31). Kunden, die unter Berücksichtigung der topographischen Verhältnisse und der sonstigen örtlichen Gegebenheiten auf die Benutzung eines Kraftfahrzeuges angewiesen sind, gehören nämlich grundsätzlich nicht mehr zur Zielgruppe, deren Versorgung § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO vornehmlich ermöglichen will (vgl. BVerwG, B. v. 03.09.1998 – 4 B 85.98 -, BRS 60 Nr. 67 für Schank- und Speisewirtschaften). Zwar mag es für die Frage des Gebietsversorgungscharakters eines Vorhabens für sich genommen unschädlich sein, wenn die im Gebiet Ansässigen mit Kraftfahrzeugen anfahren, weil die heutigen Einkaufsgewohnheiten der Bevölkerung sich dadurch kennzeichnen, dass Einkäufe regelmäßig nicht mehr täglich, sondern ein- oder zweimal wöchentlich getätigt werden und wegen der dann größeren Warenmengen auch bei geringeren Entfernungen Kraftfahrzeuge genutzt werden (vgl. OVG Bautzen, B. v. 30.08.2004, a.a.O.; OVG Berlin, B. v. 21.12.2011, a.a.O.). Auch kann ein Selbstbedienungsmarkt am Rande eines allgemeinen Wohngebiets jedenfalls dann zugelassen werden, wenn der Bereich durch eine stark befahrene Straße mitgeprägt und lärmvorbelastet ist (OVG Lüneburg, B. v. 08.01.1986 – 6 B 164/85 -, BauR 1986, 187), so dass ein Gebietsbezug nicht schon wegen einer (auch) für Kunden außerhalb des Gebiets günstigen Verkehrslage verneint werden kann (a.A. OVG Münster, B. v. 28.11.2000 – 10 B 1428/00 -, BauR 2001, 906; Rn. 28 in juris; kritisch: Jäde in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, BauNVO, § 4 Rn. 6).

22

Neben der Lage des Vorhabens an der T. Straße als einer vielbefahrenen Ausfallstraße weist das Vorhaben aber zudem mit 72 genehmigten Stellplätzen eine dreifach höhere Stellplatzzahl aus als nach der Stellplatzsatzung der Antragsgegnerin vorgesehen. Eine derart hohe Stellplatzzahl kann ein gewichtiges Indiz gegen den Gebietsversorgungscharakter des Vorhabens sein (OVG Lüneburg, B. v. 19.07.2004, a.a.O. bei 62 Stellplätzen für 692 qm Verkaufsfläche; VG Gelsenkirchen, B. v. 22.05.2012 – 5 L 263/12 -, zit. n. juris bei 70 Stellplätzen für 799 qm Verkaufsfläche). Betrachtet man diese – für einen in einem allgemeinen Wohngebiet zulässigen Laden – vergleichsweise hohe Stellplatzzahl vor dem eingangs geschilderten Zweck der Beschränkung auf den Gebietsbezug in § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO (Gewährleistung des gebietstypischen Schutzes der Wohnruhe, Vermeidung einer durch den An- und Abfahrtsverkehr erzeugten Unruhe), so erscheint jedenfalls ein Vorhaben, welches erst durch massiven aktiven Lärmschutz die zulässigen Lärmimmissionsrichtwerte (gerade noch) einhält, als nicht mehr der Gebietsversorgung dienend.

23

Können die Antragsteller danach einen Gebietserhaltungsanspruch geltend machen, kommt es entscheidungserheblich nicht mehr darauf an, ob das Vorhaben auch das Rücksichtnahmegebot verletzt und sich die Baugenehmigung wegen Unbestimmtheit als rechtswidrig erweist.

24

Die mit der Beschwerde aufgeworfene Frage der eindeutigen Bestimmung der Anlieferungszeiten dürfte sich weniger als Frage der Bestimmtheit der Baugenehmigung stellen. Im Bauantrag, der Grundlage der Genehmigung ist, ist die Betriebszeit eindeutig von 07.00 - 21.00 Uhr und die Immissionszeit von 06.00 – 22.00 Uhr jeweils werktags angegeben. Ein Widerspruch besteht insoweit zu der schalltechnischen Untersuchung des TÜV-Nord vom 10.04.2012 und deren 1. Ergänzung vom 10.05.2012, die als Bestandteil der Bauvorlagen und damit des Bescheides angesehen wird und in der als organisatorische Maßnahme die Möglichkeit der Belieferung des Backshop bereits vor 6.00 Uhr angegeben wird. Hier weicht das Betriebskonzept des Bauantrages offensichtlich von der begutachteten Situation ab. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass sich eine Überschreitung der Immissionszeiten auf die Frage der Beachtung des Rücksichtnahmegebotes auswirken kann.

25

Die in diesem Zusammenhang mit der Beschwerde erhobenen Zweifel an der schalltechnischen Untersuchung wegen der eingestellten Bewegungshäufigkeit pro Stellplatz und Stunde erscheinen insoweit unbegründet, als sie mit dem eingestellten Faktor von 1,37 Bewegungen pro 10 qm Verkaufsfläche dem durchschnittlichen Wert nach der sog. Bayerischen Parkplatzlärmstudie entsprechen. Soweit mit der Beschwerde zum anderen die der Untersuchung zugrunde gelegten Kundenzahlen angezweifelt werden, vermag der Verweis auf die erstinstanzlich zitierte obergerichtliche Rechtsprechung, unbeschadet dessen, ob sie sich auf Läden mit Gebietsversorgungscharakter bezieht, die vom Verwaltungsgericht angeführte mangelnde Substantiierung der von den Antragstellern behaupteten Zahlen nicht ernsthaft in Zweifel zu ziehen. So ist in dem vom OVG Lüneburg entschiedenen Fall (B. v. 19.07.2004, a.a.O.) von 750 Kunden/Tag und 1.500 Fahrzeugbewegungen bei einer Verkaufsfläche von 692 qm ausgegangen worden, die sich in etwa mit den hier zugrunde gelegten 1.900 Fahrzeugbewegungen für 900 Kunden bei einer Verkaufsfläche von 799 qm decken. Das OVG Münster (B. v. 28.11.2000 – 10 B 1428/00 -, a.a.O. und B. v. 19.08.2003 – 7 B 1040/03 -, BauR 2004, 788) geht bei Aldi-Märkten an verkaufsstärksten Tagen von einem Durchlauf von 2.000 Pkw-Kunden aus. Diese Zahl kann einer gebotenen Durchschnittsbetrachtung jedoch nicht zugrunde gelegt werden. Das OVG Koblenz (U. v. 02.03.2001 – 1 A 12338/99 -, BauR 2001, 1062, Rn. 28 in juris) sieht unter Zugrundelegung einer vom ihm eingeholten gutachterlichen Stellungnahme keine unzumutbaren Lärmeinwirkungen und damit keine Verletzung des Rücksichtnahmegebots bei einem Vorhaben mit 802 qm Verkaufsfläche und 70 Außen- sowie 18 Tiefgaragenstellplätzen. Es verhält sich auch nicht so, dass der TÜV-Nord seiner Begutachtung lediglich die von der Beigeladenen angegebenen Kundenzahlen zugrunde gelegt hat. Im Schreiben vom 18.09.2012 an die Beigeladene (Anl. BG 1 zum SS. v. 25.09.2012) wird aufgrund eigener Untersuchungen (des TÜV-Nord) davon ausgegangen, dass die tatsächliche Zahl der Pkw-Kunden eher geringer sei und ein Ansatz mit 900 Pkw innerhalb der Öffnungszeiten für den geplanten Markt mit seiner örtlichen Lage auf der sicheren Seite liege. Schließlich kommt die 2. Ergänzung zur schalltechnischen Untersuchung des TÜV-Nord vom 02.10.2012 (Anl. BG 2 zum SS. v. 04.10.2012) unter Zugrundelegung eines Bewegungsfaktors von 1,9 bei 952 Kunden zu dem Ergebnis, dass am maßgeblichen Immissionsort IO 2 am Grundstück der Antragsteller eine Gesamtbelastung von 53 dB(A) tags und 37 dB(A) nachts besteht. Jedenfalls nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung kann die Grundlage der schalltechnischen Untersuchung danach nicht als ernsthaft in Zweifel gezogen angesehen werden.

26

4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 S. 1 und 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 und 3, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

27

Hinweis:

28

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar

Gründe

1

Die von den Antragstellern bei dem beschließenden Gericht gestellten Anträge auf (vorläufige) Zulassung zum Studiengang Humanmedizin bei der Antragsgegnerin im Wintersemester 2009/2010 im 1. Fachsemester außerhalb der festgesetzten Kapazität bzw. auf Beteiligung an der Verlosung freier außerkapazitärer Studienplätze, haben in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Das Gericht erachtet die im gerichtlichen Eilverfahren gestellten Anträge unabhängig davon für zulässig, ob einzelne Antragsteller ihren jeweiligen Antrag auf eine unmittelbare Zulassung gerichtet und nur hilfsweise die Zulassung nach den Rangplätzen eines anzuordnenden Losverfahrens begehrt haben oder ob sie isoliert (nur) die Durchführung eines – mitunter auf eine bestimmte Platzzahl beschränkten – Losverfahrens und die anschließende Zulassung nach den jeweiligen Rangplätzen beantragt haben.

2

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn diese, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung). Gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 und § 294 Abs. 1 ZPO muss ein Antragsteller dazu glaubhaft machen, dass ihm dadurch, dass man ihn auw ein Hauptsacheverfahren verweist, Nachteile entstehen, die bei einem Obsiegen in der Sache nicht mehr ausgeglichen werden können (Anordnungsgrund). Darüber hinaus ist zu prüfen, ob der Antragsteller mit seinem Begehren im Hauptsacheverfahren voraussichtlich Erfolg haben wird (Anordnungsanspruch).

3

Der für ein erfolgreiches Rechtsschutzbegehren der Antragsteller erforderliche Anordnungsgrund ergibt sich bereits daraus, dass den Antragstellern ein Zuwarten bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren, das erst geraume Zeit nach Beginn des Bewerbungssemesters durchgeführt und abgeschlossen werden kann, und eine damit verbundene Zurückstellung ihrer Berufsausbildung nicht zuzumuten ist.

4

Ein Anspruch auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang glaubhaft gemacht.

5

Der von den Antragstellern begehrten vorläufigen Zuweisung eines Studienplatzes im Wintersemester 2009/2010 im 1. Fachsemester im Studiengang Humanmedizin steht zunächst nicht teilweise entgegen, dass einige Antragsteller, die ihre Hochschulzugangsberechtigung vor dem 16. Januar 2009 erworben haben (sog. Altabiturienten), bei der Antragsgegnerin einen Antrag auf Zulassung außerhalb der festgesetzten Kapazität zum Wintersemester 2009/2010 erst nach dem 31. Mai 2009 gestellt haben. Die in §§ 23, 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 1. Alt. der Verordnung des Landes Sachsen-Anhalt über die zentrale Vergabe von Studienplätzen – ZVS-LSA – vom 13. Juni 2008 (GVBl. S. 209) für sog. Altabiturienten vorgesehene Antragsfrist ist auf Anträge außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl nicht anwendbar. Die Verweisung in § 23 ZVS-LSA auf § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ist im Lichte der Art. 12 Abs. 1, 3 Abs. 1 GG einschränkend dahingehend auszulegen, dass nur die dort ebenfalls bestimmte – von sämtlichen Antragstellern eingehaltene – allgemeine Antragsfrist für das Wintersemester (15. Juli) entsprechend auf außerkapazitäre Zulassungsanträge Anwendung findet (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 09. Dezember 2009 - 3 M 390/09 u.a. -).

6

Die Antragsteller haben auch an Eides statt versichert, mangels Zulassung an einer anderen Hochschule im Studiengang Humanmedizin über ein rechtliches Interesse an der mit ihren Eilanträgen begehrten vorläufigen Zuweisung eines Studienplatzes bei der Antragsgegnerin zu verfügen. Soweit die Antragsgegnerin von den Antragstellern in diesem Zusammenhang die Vorlage aktueller eidesstattlicher Versicherungen des Inhalts verlangt, dass sie auch weiterhin nicht an einer anderen Hochschule im Studiengang Humanmedizin zugelassen sind, ist darauf hinzuweisen, dass dieser Forderung nicht ohne erhebliche zeitliche Verzögerungen bei der Entscheidung der Kammer über die mehrere Hundert Eilanträge Rechnung getragen werden kann. Abgesehen davon nehmen die meisten Antragsteller nach den Beobachtungen der Kammer ihren Antrag zurück, sobald sie eine anderweitige Zulassung erhalten haben. Dies führt regelmäßig bereits vor der Beschlussfassung der Kammer über die anhängigen Eilanträge zu zahlreichen Verfahrenseinstellungen. Soweit die Antragsgegnerin vorträgt, dass in der Vergangenheit einige Antragsteller den ihnen zugewiesenen Studienplatz wegen einer anderweitigen Zulassung nicht angenommen haben, handelt es sich im Verhältnis zu der Gesamtzahl der Eilanträge lediglich um Einzelfälle. Dem nachvollziehbaren Interesse der Antragsgegnerin, solche Antragsteller von der Verlosung eventuell gerichtlich festgestellter zusätzlicher Studienplätze auszuschließen, die bereits eine anderweitige Zulassung erhalten haben, aber ihren Eilantrag gleichwohl aufrechterhalten, ist auf andere Weise Rechnung zu tragen, wie z.B. durch einen Antrag auf Änderung der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren getroffenen einstweiligen Anordnung in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 7 VwGO (vgl. Posser/Wolff, VwGO, § 123 Rdnr. 182 f.; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 123 Rdnr. 35). Soweit es der Antragsgegnerin dabei allein um die Frage der Verfahrenskosten geht, wäre auch eine freiwillige außergerichtliche Ausgleichung durch die betroffenen Antragsteller denkbar.

7

In der Sache hat die Antragsgegnerin mit der Anzahl der (innerkapazitär) zugelassenen Studierenden nicht ihre vorhandene Ausbildungskapazität ausgeschöpft. Das Kultusministerium hat die Zulassungszahl für das Wintersemester 2009/2010, 1. Fachsemester, Studiengang Humanmedizin bei der Antragsgegnerin in Anlage 1 zu § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 der Verordnung über die Festsetzung von Zulassungszahlen für Studienplätze im Wintersemester 2009/2010 und im Sommersemester 2010 (Zulassungszahlenverordnung 2009/2010) – ZZVO 2009/2010 – vom 22. Juni 2009 (GVBl. LSA S. 316) auf 237 Studienanfängerplätze festgesetzt. Zum Zeitpunkt der Entscheidung der Kammer waren nach den Mitteilungen der Antragsgegnerin im ersten Fachsemester 238 Studienplätze belegt. Diese Überbuchung erkennt die Kammer im Eilverfahren als kapazitätsdeckend an (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 12. August 2009 - 3 M 17/09 -; Beschl. v. 18. August 2009 - 3 M 18/09 -, zitiert nach juris). Die der Zulassungszahlenfestsetzung zugrunde gelegte Kapazitätsberechnung ist nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erforderlichen, aber auch hinreichenden summarischen Prüfung allerdings fehlerhaft, soweit insgesamt eine Aufnahmekapazität von weniger als 255 Studierenden für das 1. Fachsemester errechnet worden ist. Die im Verordnungswege festgesetzte niedrigere Zulassungszahl ist vor dem Hintergrund des sich aus Art. 12 Abs. 1 GG ergebenden Gebotes, vorhandene Ausbildungskapazitäten zu erschöpfen, wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht als rechtlich unbeachtlich zu behandeln. Die Antragsgegnerin ist daher zur vorläufigen Vergabe weiterer 17 Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität zu verpflichten.

8

Die Ermittlung der jährlichen Aufnahmekapazität bestimmt sich nach den Vorschriften der Kapazitätsverordnung des Landes Sachsen-Anhalt – KapVO – vom 24. Januar 1994 (GVBl. LSA S. 68), zuletzt geändert durch Verordnung vom 14. Februar 2003 (GVBl. LSA S. 8). Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 KapVO wird die jährliche Aufnahmekapazität in zwei Verfahrensschritten durch Berechnung aufgrund der personellen Ausstattung (Nr. 1) und Überprüfung des Ergebnisses anhand der weiteren kapazitätsbestimmenden Kriterien (Nr. 2) ermittelt. Zu diesem Zweck wird entsprechend § 6 KapVO i.V.m. Anl. 1 zur KapVO dem jährlichen Lehrangebot der Lehreinheit für den Studiengang die Lehrnachfrage des Studiengangs bei dieser Lehreinheit gegenübergestellt.

9

Für die Ermittlung des unbereinigten Lehrangebotes gilt danach folgendes:

10

Wie in den Vorjahren sind die in der Lehreinheit Vorklinische Medizin im Umfang von 12 SWS erfolgten Stellenreduzierungen (entspricht den von den Beteiligten in Bezug genommenen drei sog. „fiktiven Stellen“) nicht kapazitätsmindernd zu berücksichtigen. Das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt hat hierzu in seinem Beschluss vom 04. Mai 2007 (- 3 N 56/07 -, zitiert nach juris) zunächst allgemein ausgeführt:

11

„Da sich ein (absoluter) Numerus clausus, wie er für den Studiengang Humanmedizin in der Bundesrepublik Deutschland praktiziert wird, an der Grenze des verfassungsrechtlich Hinnehmbaren bewegt [vgl. BVerfG, Urt. v. 18.07.1992 - 1 BvL 32/70 u. 25/71 -, BVerfGE 33, 303 (333)], ist es auch im Interesse der gebotenen Nachprüfbarkeit der von der jeweiligen Hochschule angestellten Kapazitätsberechnungen (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 08.02.1984 - 1 BvR 580/83 u. a. -, BVerfGE 66, 155 (179)) erforderlich, zur Ermittlung des Lehrangebots die in diesem Rahmen verfügbaren Stellen normativ festzulegen. Es wäre anderenfalls den in Streitverfahren bezüglich einer Zulassung außerhalb der festgesetzten Kapazität angerufenen Verwaltungsgerichten nicht möglich, das von den Hochschulen vorgelegte Datenmaterial daraufhin zu überprüfen, ob es sich bei den Zahlen um die für die Hochschule verbindliche Festlegung der verfügbaren Stellen des Studiengangs oder nur unverbindliches Zahlenmaterial handelt, das im Verwaltungsprozess lediglich dazu dienen soll, die zuvor ohne eine verbindliche Festlegung des Lehrangebots festgesetzte Studienplatzzahl aus Sicht der Hochschule plausibel darzustellen. Grundsätzlich hat die Wissenschaftsverwaltung bei der Zuordnung und Verteilung von Stellen auf die Fachbereiche und ihre Untergliederungen ein durch strukturplanerische und haushaltsbezogene Wertungen und Abwägungen bestimmtes Ermessen, das nur beschränkt gerichtlich überprüfbar ist. Eine sachgemäße Ausübung dieses Ermessens setzt dabei voraus, dass z.B. bei Stellenverlagerungen Kapazitätsminderungen soweit wie möglich vermieden werden und unvermeidbare Kapazitätsverluste jedenfalls nachprüfbar begründet werden. Dazu muss durch die Wissenschaftsverwaltung dargelegt werden, dass etwa die Verringerung der Stellenausstattung einer Lehreinheit auf einer sorgfältigen Planung und einer Abwägung der Forschungs- und Lehraufgaben der Hochschule mit den Ausbildungsansprüchen der Studienbewerber beruht (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 05.04.1989 - M a 72 G 6959/87 - juris m. w. N).“

12

In Anwendung dieser Grundsätze hat sowohl die beschließende Kammer als auch das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt in den vergangenen Berechnungszeiträumen die in diesem Zusammenhang von der Antragsgegnerin in Bezug genommene Zielvereinbarung zwischen dem Kultusministerium und der Medizinischen Fakultät der Antragsgegnerin vom 08. März 2006 und die darauf beruhenden Begründungen des jeweiligen Haushaltsplans nicht als Legitimationsgrundlage für die Stellenreduzierungen anerkannt, da der Zielvereinbarung eine budgetorientierte Betrachtungsweise bei der Ermittlung der Studienanfängerzahl zugrunde lag, es aber an der erforderlichen normativen Bestimmung des danach maßgeblichen Kostennormwertes und damit an der erforderlichen Abwägung der gegenläufigen Interessen der Hochschule und der Studienbewerber gefehlt hatte (zum Ganzen: OVG LSA, Beschl. v. 04. Mai 2007, a.a.O.; im Anschluss daran OVG LSA, Beschl. v. 19. August 2008 - 3 N 54/08 u.a. -; Beschl. v. 18. August 2009 - 3 M 51/09 -).

13

Zwar hat der Landesgesetzgeber nunmehr für den Berechnungszeitraum 2009/2010 – worauf die Antragsgegnerin verweist – durch den Nachtrag zum Haushaltsplan 2009 im Nachtragshaushaltsgesetz 2009 vom 22. April 2009 (GVBl. LSA S. 219) in den Einzelplan 06 des Haushaltsgesetzes 2008/2009 einen Stellenplan eingefügt (Anlage zum Kapitel 0605 - Stellenbeilage inkl. Titelgruppe 96, Zusammenfassung nach Lehreinheiten und sonstigen Stellen -). Dieser legt für die Lehreinheit Vorklinische Medizin insgesamt 32,5 kapazitätsrelevante Stellen fest, wobei gegenüber der Vorjahresberechnung die gerichtlich nicht anerkannten Kapazitätsminderungen im Umfang von drei Stellen (12 SWS) in Abzug gebracht worden sind. Zudem sind einzelne Bestimmungen der Zielvereinbarung vom 08. März 2006 durch eine Ergänzungsvereinbarung zwischen dem Kultusministerium und der Medizinischen Fakultät der Antragsgegnerin vom 28. September 2009 in Ansehung der Aufnahme eines Stellenplans in den Nachtragshaushalt vom 24. April 2009 geändert worden. Danach soll die Ermittlung der jährlichen Aufnahmekapazität für die Studiengänge Humanmedizin und Zahnmedizin nunmehr ausdrücklich auf der Grundlage des Hochschulzulassungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt und der KapVO erfolgen (vgl. S. 6 Satz 5 des ersten Absatzes sowie S. 8, Ziffer 1.1.1 Studienangebot/Lehrexport). Gleichwohl wird die personelle und sächliche Ausstattung der Medizinischen Fakultät – und damit die Ermittlung der Aufnahmekapazität – weiterhin maßgeblich durch eine kostennormwertorientierte Budgetierung bestimmt. Denn alleinige Grundlage für die finanziellen Zuweisungen des Landes bleibt nach wie vor ein durch Rechtsverordnung noch zu bestimmender Kostennormwert. Dies ergibt sich aus dem auf Seite 6 Satz 4 des ersten Absatzes der Zielvereinbarung eingefügten Hinweis auf § 1 Abs. 6 Satz 2 und 3 des Hochschulmedizingesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vom 12. August 2005 (GVBl. LSA S. 508). Danach gewährt das Land der jeweiligen Medizinischen Fakultät Zuschüsse zur Gewährleistung von Forschung und Lehre, wobei die staatlichen Zuschüsse für die Studiengänge Human- und Zahnmedizin über Kostennormwerte bestimmt werden. Diese Kostennormwerte sind letztlich auch für die personelle (Lehr-)Ausstattung der Lehreinheit Vorklinische Medizin und damit – trotz der Bezugnahme auf die KapVO – für die Ermittlung der Aufnahmekapazität maßgebend. Denn die Zielvereinbarung stellt selbst einen engen Zusammenhang zwischen der Mittelzuweisung und der Lehrkapazität her. So ist auf Seite 8 der Zielvereinbarung im Hinblick auf die festgelegte Mindestaufnahmekapazität von 185 Studienanfängern ausgeführt:

14

„Die Festlegung der Mindestzahlen soll dazu dienen, dass unter Zugrundelegung der vorhandenen Mittel (Hervorhebung durch die Kammer) eine für die akademische Lehre notwendige Forschung weiterhin möglich ist. “

15

Weiterhin bestimmt die Zielvereinbarung auf Seite 7:

16

„Die Mittelzuweisungen des Landes sichern den hochschulmedizinischen Einrichtungen eine Finanzierung ihrer Aufgaben in Forschung und Lehre in dem in der Zielvereinbarung vereinbarten Umfang (Hervorhebung durch die Kammer). Hierzu werden die Zuschüsse aus dem Landeshaushalt für Grundausstattung bzw. Ergänzungsausstattung Forschung und Lehre bereitgestellt. […] Aus den Mitteln für Grundausstattung Forschung und Lehre sind die kapazitätsrelevanten (Hervorhebung durch die Kammer) Personal-, Betriebs- und Investitionskosten zu finanzieren.“

17

Vor diesem Hintergrund ist die Ermittlung der Aufnahmekapazität durch die Antragsgegnerin nur vordergründig nach Maßgabe des abstrakten Stellenprinzips (§ 8 KapVO) erfolgt. Denn die Anwendung des abstrakten Stellenprinzips stünde in Widerspruch mit dem Sinn und Zweck der der Mittelverteilung zugrunde gelegten budgetorientierten Betrachtungsweise (vgl. den von der Kultusministerkonferenz am 06. November 2003 zur Kenntnis genommenen Bericht des Ausschusses für Hochschule und Forschung der Kultusministerkonferenz „Auswirkungen des Kostennormwertverfahrens auf die Budget- und Organisationsstrukturen der Hochschulmedizin“, zu beziehen über die KMK, www.kmk.org). Das hergebrachte Stellenprinzip folgt einem gänzlich anderen Ansatz als das Budgetprinzip, indem es ausschließlich an die nach Maßgabe eines Stellenplans vorhandene Personalausstattung anknüpft und die Finanzierung dieser Stellen grundsätzlich unberücksichtigt lässt (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 04. Mai 2007, a.a.O.).

18

Abgesehen davon ließe allein der Umstand, dass die Zuweisung von Stellen zur Lehreinheit Vorklinische Medizin auf eine hinreichende normative Grundlage gestellt wäre, die im Hinblick auf eine Verringerung der Stellenausstattung einer Lehreinheit erforderliche sorgfältige Abwägung der Forschungs- und Lehraufgaben der Hochschule mit den Ausbildungsansprüchen der Studienbewerber nicht entbehrlich werden. Auch unter diesem Gesichtspunkt würde der nunmehr gewählte Ansatz zur Ermittlung der Aufnahmekapazität der Antragsgegnerin mangels weitergehender Begründung keine Legitimationsgrundlage für die hier in Rede stehenden Stellenreduzierungen bieten.

19

Soweit die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass die in den vergangenen Jahren bei der Kapazitätsermittlung „gerichtlich fiktiv fortgeführten Stellen“ bei ihr tatsächlich nicht vorhanden sind, lässt sie außer Acht, dass diese Stellen zu einem früheren Zeitpunkt sehr wohl bei ihr vorhanden waren, aber auf der Grundlage eines Beschlusses des Fakultätsvorstandes vom 26. September 2006 gestrichen worden sind.

20

Es handelt sich hierbei einesteils um die ehemals von den wissenschaftlichen Mitarbeitern T., K. und H. im Bereich der Anatomie und Zellbiologie besetzten Stellen (Wissenschaftliche Mitarbeiter, befristet, insgesamt zwei Stellen). Die dadurch um 8 SWS verminderte Lehrkapazität des Instituts ist durch die Umwandlung einer C-1-Stelle in eine A-14-Stelle lediglich im Umfang von 4 SWS ausgeglichen worden. Anderenteils betreffen die in den vergangenen Jahren gerichtlich nicht anerkannten Stellenentscheidungen in einem Umfang von 8 SWS den Bereich der Physiologischen Chemie, namentlich eine weggefallene C-2-Stelle sowie eine ebenfalls gestrichene, ehemals mit der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Tx. besetzte halbe (Zeit-)-Stelle (vgl. zum Ganzen: OVG LSA, Beschl. v. 04. Mai 2007, a.a.O.; OVG LSA, Beschl. v. 19. August 2008, a.a.O.). Im Bereich der Physiologie hat es dagegen keine kapazitätsrelevanten Stellenstreichungen gegeben, die in den vergangenen Berechnungszeiträumen unberücksichtigt geblieben sind. Dementsprechend hat insoweit auch keine gerichtliche Erhöhung der Lehrkapazität stattgefunden. Vor diesem Hintergrund ist es missverständlich, wenn die Antragsgegnerin die aufgrund gerichtlich nicht anerkannter Stellenreduzierungen fiktiv berücksichtigten Stellen bei der Erstellung ihrer Kapazitätsunterlagen in den Varianten A 2 und B für den hier streitgegenständlichen Berechnungszeitraum gleichmäßig auf die vorklinischen Institute verteilt, auch wenn das Ergebnis hierdurch nicht beeinflusst werden mag.

21

Der den vorgenannten Stellenstreichungen zugrunde liegende Beschluss des Fakultätsvorstandes vom 26. September 2006 genügt im Hinblick auf den Abbau von Lehrkapazität nicht den Anforderungen an eine sachgerechte Abwägung der gegenläufigen Interessen, da er lediglich auf die Vorgaben der Zielvereinbarung vom 08. März 2006 hinsichtlich der künftigen Personalbemessung der Medizinischen Fakultät Bezug nimmt, jedoch keine auf die Interessen der Studienbewerber bezogene besondere Begründung für den Stellenabbau gibt (vgl. Beschl. der Kammer v. 19. Dezember 2006 - 3 C 321/06 HAL u.a. -; OVG LSA, Beschl. v. 04. Mai 2007, a.a.O.). Dieses Abwägungsdefizit ist auch nicht dadurch geheilt worden, dass der Fakultätsvorstand in seinem Beschluss vom 22. September 2008 die Bestimmungen der Zielvereinbarung bei der Entscheidung über den Stellenplan für das Wintersemester 2008/2009 als rechtlich nicht bindend angesehen hat. Gleichwohl wird unter Ziffer 5 des Beschlusses im Hinblick auf den Stellenabbau weiterhin auf den Inhalt der Zielvereinbarung Bezug genommen, der eine kostennormwertorientierten Betrachtungsweise zugrunde liegt. Die übrigen Ausführungen zur Rechtfertigung des Stellenabbaus in der Lehreinheit Vorklinische Medizin lassen nicht nur eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Belangen der Studienbewerber vermissen, sondern geben vor allem keine über allgemeine Erwägungen hinausgehende inhaltliche Begründung dafür, weshalb dem Abbau gerade der konkret betroffenen Stellen Vorrang vor den Interessen der nach wie vor zahlreichen Studienbewerber einzuräumen ist und ein Ausgleich auf andere Weise im Interesse des Erhalts der Lehrkapazität nicht möglich ist. Auch der Nachtrag zum Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2009 sowie der Beschluss des Fakultätsvorstandes der Medizinischen Fakultät der Antragsgegnerin vom 23. September 2009 über einen konkretisierenden Stellenplan für das Haushaltsjahr 2009 lassen eine tragfähige Begründung für die Stellenreduzierungen vermissen. Insoweit wird lediglich auf die Notwendigkeit der normativen Verankerung des Stellenplans verwiesen, ohne aber auszuführen, worin der bislang gerichtlich nicht anerkannte Stellenabbau in Ansehung der einer damit verbundenen Reduzierung der Lehrkapazität entgegenstehenden Interessen der Studienbewerber seine Rechtfertigung findet.

22

Des Weiteren hat die Antragsgegnerin die Lehrdeputate einiger befristet im Angestelltenverhältnis beschäftigter wissenschaftlicher Mitarbeiter rechtlich fehlerhaft bemessen.

23

Nach § 9 Abs. 1 KapVO ist das Lehrdeputat die im Rahmen des Dienstrechts festgesetzte Lehrverpflichtung einer Lehrperson einer Stellengruppe, gemessen in Deputatsstunden. Auf der Grundlage des § 44 Abs. 1 Satz 1 HSG LSA hat das Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt den Umfang der dienstrechtlichen Lehrverpflichtungen des wissenschaftlichen Personals der Hochschulen in der Verordnung über die Lehrverpflichtungen an staatlichen Hochschulen des Landes Sachsen-Anhalt – LVVO – vom 06. April 2006 (GVBl. S. 232) geregelt. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 LVVO gilt für beamtete wissenschaftliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit Lehraufgaben nach Maßgabe der Funktionsbeschreibung der einzelnen Stelle unter Berücksichtigung der sonstigen Dienstaufgaben eine Lehrverpflichtung im Umfang von 8 Lehrveranstaltungsstunden (SWS). Wissenschaftliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit Lehraufgaben im Beamtenverhältnis auf Zeit haben nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 LVVO hingegen nur Lehrverpflichtungen bis zu 4 SWS zu erfüllen. Für angestellte wissenschaftliche Mitarbeiter ist in der LVVO keine Lehrverpflichtung bestimmt, deren Umfang wie bei Beamten davon abhängt, ob sie dauerhaft oder lediglich befristet beschäftigt sind. Vielmehr sind die Lehrdeputate mit angestellten wissenschaftlichen Mitarbeitern im Einzelnen zu vereinbaren. Dies folgt aus § 4 Abs. 5 Satz 1 LVVO, wonach sich die Lehrverpflichtung dieser Mitarbeiter nach der Ausgestaltung des Dienstverhältnisses richtet. Nehmen Angestellte auf Grund vertraglicher Vereinbarung die gleichen Dienstaufgaben wie die in den Absätzen 1 bis 4 genannten Beamten und Beamtinnen wahr, ist ihre Lehrverpflichtung nach § 4 Abs. 5 Satz 2 LVVO grundsätzlich entsprechend festzusetzen.

24

Die Antragsgegnerin hat für die bei ihr im Bereich der Lehreinheit Vorklinische Medizin befristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter keine individuellen vertraglichen Bestimmungen über den Umfang der Lehrverpflichtung getroffen. In den entsprechenden Anstellungsverträgen ist allenfalls allgemein geregelt worden, dass eine Verpflichtung zur Lehre besteht (vgl. exemplarisch den Arbeitsvertrag von Frau B. vom 23. Mai 2003, Nr. 13 der Generalakte). Dies kann gleichwohl nicht dazu führen, für sämtliche hier in Rede stehenden befristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiter – wie bei dauerhaft beamteten wissenschaftlichen Mitarbeitern – von einer Lehrverpflichtung im Umfang von jeweils 8 SWS auszugehen. Die Kapazitätsberechnung nach dem Modell der KapVO basiert auf dem sog. abstrakten Stellenprinzip (vgl. § 8 Abs. 1 KapVO), nach welchem in die Kapazitätsberechnung die der Stelle der jeweiligen Stellengruppe aus ihrem Amtsinhalt abgeleitete Regellehrverpflichtung unabhängig von ihrer Besetzung oder der Qualifikation ihres Stelleninhabers und seinem tatsächlichen Lehraufwand einzubringen ist (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 27. April 2009 - 13 C 10/09 -, zitiert nach juris). Auf die tatsächliche Ausgestaltung der individuellen Dienstverhältnisse kommt es somit gerade nicht an. Für die Bemessung des Lehrdeputats der hier in Rede stehenden wissenschaftlichen Mitarbeiter ist es grundsätzlich – entgegen der Auffassung einiger Antragsteller – auch nicht von rechtlicher Bedeutung, ob im Einzelfall tatsächlich noch ein Befristungsgrund vorliegt oder eine Verlängerung der Befristung nach den Vorschriften der §§ 57 a und b Hochschulrahmengesetz – HRG – vom 19. Januar 1999 (BGBl. I S. 18) in der bis zum 17. April 2007 geltenden Fassung bzw. nunmehr des § 2 des Gesetzes über befristete Arbeitsverträge in der WissenschaftWissZeitVG – vom 12. April 2007 (BGBl. I 2007, S. 506) rechtlich zulässig ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 10. März 2005 - 13 C 2/05 -, zitiert nach juris). Entscheidend ist vielmehr, ob die Antragsgegnerin sämtliche Stellen der Angestellten mit Zeitverträgen zutreffend einer eigenen Stellengruppe mit einem im Verhältnis zu unbefristet beschäftigten Lehrpersonen geringeren Lehrdeputat von 4 SWS zugeordnet hat.

25

In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Befristung eines Dienstverhältnisses für sich genommen nicht in jedem Fall ein die Reduzierung der Lehrverpflichtung rechtfertigendes und damit kapazitätserhebliches Kriterium bildet. So schließt etwa eine Befristung aus haushaltsrechtlichen Gründen nicht zwangsläufig die Übernahme von Lehrverpflichtungen im Umfang von mehr als 4 SWS aus. Andererseits stellt die Befristung ein für die Bemessung eines verringerten Lehrdeputats bedeutsames Kriterium dar, wenn die Stelle zeitlich begrenzt zu Fort- und Weiterbildungszwecken, beispielsweise zur Ermöglichung einer Promotion, zur Verfügung gestellt wird. Mit Rücksicht auf die danach gegebene unterschiedliche Aussagekraft der Befristungsgründe hat die Wissenschaftsverwaltung gegebenenfalls hinsichtlich der einzelnen Stelle daher darzulegen, inwiefern eine Befristung, auf die als Kriterium der Zuordnung der Stelle zu einer Stellengruppe mit einem bestimmten Lehrdeputat zurückgegriffen wird, in einem sachlichen Bezug zum Umfang der Lehrverpflichtung steht, die für die Stellengruppe vorgesehen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 23. Juli 1987 - 7 C 10/86 -, NVwZ 1989, 360). Fehlt ein solcher sachlicher Bezug, gebietet es das verfassungsrechtlich verankerte Kapazitätserschöpfungsgebot, die betreffende Stelle bei der Berechnung des Lehrangebots mit einem höheren Lehrdeputat – hier 8 SWS entsprechend der Stellengruppe unbefristet beschäftigte wissenschaftliche Mitarbeiter – zu berücksichtigen. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn eine für befristet beschäftigte wissenschaftliche Mitarbeiter verfügbare Stelle dauerhaft mit einer Lehrperson besetzt ist, der eine höhere als die für die Stellengruppe vorgesehene Lehrverpflichtung obliegt, oder die in die Voraussetzungen einer Stelle mit höherer Lehrverpflichtung „hineingewachsen“ ist. Davon ist nicht bereits dann auszugehen, wenn im letztmöglichen Kapazitätsberechnungszeitpunkt die Verlängerung der Anstellung eines wissenschaftlichen Mitarbeiters erkennbar nur einem vorübergehenden Zweck dient oder das Auslaufen des Beschäftigungsverhältnisses noch im Berechnungszeitraum oder gegen dessen Ende feststeht. Ergibt sich jedoch im Rahmen einer Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls, dass die Hochschule erkennbar auf eine Verwendung des Stelleninhabers auf erheblich längere oder unabsehbare Zeit und damit wie im Falle eines unbefristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiters eingestellt ist, kann sie sich redlicherweise nicht mehr auf das abstrakte Stellenprinzip berufen, weil sie die Stelle faktisch in die eines unbefristet beschäftigten Angestellten umgewandelt hat (zum Ganzen: VG Köln, Beschl. v. 22. Januar 2009 - 6 Nc 197/08 -, zitiert nach juris, m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 27. April 2009, a.a.O.). Denn die Ausweisung einer Stelle im Stellenplan als lehrdeputatsmäßig geringwertig, obgleich sie tatsächlich höherwertig genutzt wird oder werden könnte, erwiese sich, wenn dies auf Dauer geschähe, als ein bewusstes Verdecken tatsächlich vorhandener Ausbildungskapazität (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 14. Juli 2004 - 13 C 1712/04 -, zitiert nach juris).

26

In Anwendung dieser Grundsätze sind die Lehrdeputate der befristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiter Frau Dr. G. und Herr Dr. N. anders als in der Kapazitätsberechnung der Antragsgegnerin nicht mit lediglich 4 SWS, sondern mit 8 SWS in Ansatz zu bringen. Frau Dr. G. ist bereits seit dem 04. Januar 1999 und damit mittlerweile seit über 10 Jahren bei der Antragsgegnerin beschäftigt, wobei ihre befristeten Arbeitsverträge mehrfach verlängert worden sind. Im Zeitraum vom 04. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2003 ist Frau Dr. G. ausweislich der dem Gericht vorliegenden Arbeitsverträge offenbar wissenschaftlichen Tätigkeiten nachgegangen, die zumindest auch ihrer Fortbildung gedient haben oder einem bestimmten zeitlich begrenzten Forschungsprojekt zugeordnet werden können. Demgegenüber ist für den Weiterbeschäftigungszeitraum vom 01. Januar 2004 bis zum 30. Juni 2010 nicht ersichtlich oder von der Antragsgegnerin dargelegt, dass die Befristung als stellenerhebliches Kriterium auf Umständen beruht, die – wie etwa eine berufliche Weiterqualifizierung – nach ihrer Art für die Bemessung der aus dieser Stelle zu erbringenden Lehrverpflichtungen dergestalt bedeutsam sind, dass insoweit der Ansatz eines im Verhältnis zu der Stellengruppe der unbefristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiter geringeren Lehrdeputats gerechtfertigt ist. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass Frau Dr. G. bereits promoviert gewesen ist, als sie bei der Antragsgegnerin ein Anstellungsverhältnis aufgenommen hat. Die für befristet angestellte wissenschaftliche Mitarbeiter ungewöhnlich lange Beschäftigungsdauer infolge mehrerer Arbeitsvertragsverlängerungen deutet vielmehr darauf hin, dass die Antragsgegnerin auf eine Verwendung von Frau Dr. G. auf erheblich längere oder – wie im Falle eines unbefristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiters – unabsehbare Zeit eingestellt ist. Dies führt aber dazu, dass die Stelle anderen wissenschaftlichen Mitarbeitern nicht mehr entsprechend ihres Amtsinhalts für eine Beschäftigung zu einem bestimmten befristeten Zweck zur Verfügung steht. Dies kann kapazitätsrechtlich nicht ohne Folgen bleiben. Im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens ist die Stelle daher kapazitätsrechtlich nicht mehr der Gruppe der befristet Beschäftigten, sondern der Gruppe der unbefristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiter mit der Folge eines um 4 SWS höheren Lehrdeputats zuzuordnen.

27

Gleiches gilt für das Lehrdeputat von Herrn Dr. N.. Auch er ist vor mehr als 10 Jahren mit Wirkung vom 01. Oktober 1999 von der Antragsgegnerin als – bereits promovierter – wissenschaftlicher Mitarbeiter angestellt worden. Er war zunächst bis zum 30. Juni 2001 in Drittmittelforschungsprojekten tätig, wobei sein befristeter Arbeitsvertrag zwei Mal verlängert wurde. Mit Wirkung vom 01. Juli 2001 ist er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit für drei Jahre zum wissenschaftlichen Assistenten ernannt worden. Hieran schloss sich ein weiteres befristetes Anstellungsverhältnis im Hinblick auf ein Forschungsprojekt an. In der Zeit vom 01. Juli 2005 bis zum 12. März 2006 war Herr Dr. N. nicht bei der Antragsgegnerin beschäftigt. Mit Wirkung vom 13. März 2006 wurde er erneut befristet angestellt. Dieses Arbeitsverhältnis ist fünf Mal verlängert worden, zuletzt durch Änderungsvertrag vom 29. Juli 2009 bis zum 30. September 2011. Seit seiner erneuten Anstellung ist nicht ersichtlich, worauf die weiteren Befristungen zurückzuführen sind. In Anbetracht der Vielzahl der Arbeitsvertragsverlängerungen ohne die nähere Angabe von Gründen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die von Herrn Dr. N. besetzte Stelle ihrem Amtsinhalt zufolge lediglich für einen zeitlich begrenzten Zweck zur Verfügung steht, der einen sachlichen Bezug zum Umfang der für die Stellengruppe der befristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiter in Ansatz gebrachte Lehrverpflichtung herstellt.

28

Demgegenüber ist im Hinblick auf die übrigen befristeten angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiter eine Erhöhung ihres Lehrdeputats (derzeit) nicht veranlasst. Zwar ist auch bei diesen Mitarbeitern teilweise nicht ersichtlich, welchen Amtsinhalt die von ihnen besetzte befristete Stelle besitzt. Allerdings sind die betreffenden Mitarbeiter seit deutlich kürzerer Zeit als Frau Dr.G. und Herr Dr. N. bei der Antragsgegnerin beschäftigt. Der Befristung ihrer Arbeitsverhältnisse ist daher trotz der teilweise bereits erfolgten Verlängerungen zumindest eine indizielle Bedeutung dahingehend beizumessen, dass die betreffenden Stellen nicht auf Dauer einem wissenschaftlichen Mitarbeiter, sondern in bestimmten Zeitabständen immer wieder neuen wissenschaftlichen Mitarbeitern zur Verfügung stehen soll, um ihnen beispielsweise die Möglichkeit einer befristeten Weiterbildung zu geben (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 10. März 2005 - 13 C 2/05 -, zitiert nach juris), die Befristung als stellenbedeutsames Kriterium damit auf Umständen beruht, die eine Lehrverpflichtung in einem Umfang von lediglich 4 SWS rechtfertigen. Mit dem Ansatz dieses Lehrdeputats für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in befristeten Arbeitsverhältnissen wird an die Vorgaben der KMK-Vereinbarung über die Lehrverpflichtung an Hochschulen angeknüpft (vgl. Ziffer 2.1.9.3 des Beschlusses der Kultusministerkonferenz vom 12. Juni 2003, www.kmk.org/dokumentation/veroeffentlichungen-beschluesse/wissenschaft- hochschule.html). Soweit einige Antragsteller in diesem Zusammenhang insbesondere für aufklärungsbedürftig halten, welcher Tätigkeit Frau Dr. S., Frau Dr. C., Frau A. oder Frau Gl. nachgehen, ist darauf hinzuweisen, dass diesen befristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeitern überhaupt kein Lehrdeputat – auch nicht im Umfang von 4 SWS – zugeordnet ist, da sie aus Drittmitteln bezahlt werden (dazu unten).

29

Dagegen begegnen die von der Antragsgegnerin im Umfang von 18 SWS in Ansatz gebrachten Lehrdeputatsverminderungen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 KapVO) keinen rechtlich durchgreifenden Beanstandungen. Die Ermäßigung der Lehrverpflichtung von Herrn Prof. XX in Höhe von 2 SWS beruht auf dem Umstand, dass dieser die Funktion des Studienfachberaters übernommen hat, für die nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 LVVO eine Ermäßigung der Lehrverpflichtung von bis zu 25 v. H., jedoch nicht mehr als zwei Lehrveranstaltungsstunden je Studiengang gewährt werden kann. Die Antragsgegnerin hat ihre Entscheidung zur Bestimmung von Prof. XX zum Studienfachberater und die damit verbundene Reduzierung seiner Lehrverpflichtung nachvollziehbar und glaubhaft begründet. Rechtliche Bedenken sind von den Antragstellern insoweit auch nicht vorgetragen worden. Die von der Antragsgegnerin im Übrigen in der Lehreinheit Vorklinische Medizin tätigen Lehrpersonen jeweils im Umfang von 2 SWS genehmigten Lehrdeputatsverminderungen finden ihren rechtlichen Anknüpfungspunkt in § 6 Abs. 5 LVVO. Danach kann für die Wahrnehmung sonstiger Aufgaben und Funktionen an Universitäten unter Berücksichtigung des Lehrbedarfs im jeweiligen Fach auf Antrag eine Ermäßigung der Lehrverpflichtung gewährt werden; sie soll bei den einzelnen Lehrenden zwei Lehrveranstaltungsstunden nicht überschreiten. Die beschließende Kammer und das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt haben in den vergangenen Berechnungszeiträumen für die betreffenden acht Funktionsstellen durchgehend eine Deputatsermäßigung in Höhe von jeweils 2 SWS anerkannt, darüber hinausgehende Deputatsermäßigungen jedoch unberücksichtigt gelassen (vgl. Beschluss der Kammer v. 08. Januar 2008 - 3 C 358/08 HAL u.a. -; OVG LSA, Beschl. v. 19. August 2008 - 3 N 113/08 -; Beschl. v. 18. August 2009 - 3 M 51/09 -). Die vormals von Herrn Dr. R. wahrgenommenen berücksichtigungsfähigen (organisatorischen) Aufgaben im Institut für Physiologische Chemie hat Herr Dr. L. übernommen, der auch eine entsprechende Deputatsermäßigung beansprucht. Die Antragsgegnerin geht zwar bei einigen Funktionsstellen – wie in den Vorjahren – davon aus, dass die ordnungsgemäße Erfüllung der Funktionsaufgaben an sich eine höhere Ermäßigung der Lehrverpflichtungen rechtfertigt (vgl. Beschluss des Fakultätsvorstandes zu den Funktionsstellen vom 28. September 2009). Sie hat aber dem Lehrbedarf im Interesse der Studienbewerber an einer unverminderten Aufnahmekapazität dadurch Rechnung getragen, dass sie bei sämtlichen Funktionsstellen von einer jeweils 2 SWS übersteigenden Deputatsverminderung abgesehen hat.

30

Ohne Erfolg wenden einige Antragsteller gegen die Berücksichtigung der vorgenannten Lehrdeputatsverminderungen ein, das Rektorat der Antragsgegnerin habe die hierfür erforderlichen Genehmigungen erst nach dem Stichtag für die Ermittlung der jährlichen Aufnahmekapazität – hier 31. Januar 2009 (vgl. § 5 Abs. 1 KapVO) – erteilt. Denn nach § 5 Abs. 2 und 3 KapVO sollen bei der Kapazitätsermittlung und -festsetzung auch solche wesentlichen Änderungen der Daten berücksichtigt werden, die vor Beginn des Berechnungszeitraums – hier 01. Oktober 2009 (vgl. § 5 Abs. 1 KapVO) – erkennbar oder eingetreten sind. So verhält es sich hier. Sämtliche Genehmigungen sind in der Sitzung des Rektorats der Antragsgegnerin vom 24. März 2009 und damit zwar nach dem Stichtag für die Ermittlung der Aufnahmekapazität für das Wintersemester 2009/2010, aber noch vor Beginn des Berechnungszeitraums genehmigt worden. Dies trifft auch auf den sich erneut mit den Funktionsstellen befassenden Beschluss des Fakultätsvorstandes vom 28. September 2009 zu.

31

Zusammenfassend ergibt sich für das Angebot an Deputatstunden aus den Stellen der Lehreinheit Vorklinische Medizin die nachfolgende Berechnung. Die Kammer legt hierbei die von der Antragsgegnerin vorgelegten aktualisierten Stellenübersichten (Stand: 30. September 2009) zugrunde und ergänzt diese um die bereits in den Vorjahren nicht anerkannten Stellenstreichungen im Institut für Anatomie und Zellbiologie im Umfang von 4 SWS (entspricht einer Stelle eines befristeten wissenschaftlichen Mitarbeiters) sowie im Institut Physiologische Chemie im Umfang von 8 SWS (entspricht zwei Stellen befristeter wissenschaftlicher Mitarbeiter). Ferner finden die Deputatserhöhungen für die befristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiter Dr.G. und Dr. N. Eingang in die Berechnung. Im Übrigen wird hinsichtlich der Höhe der Lehrdeputate und der Berücksichtigung der Lehrdeputatsermäßigungen auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen.

32

Aus dem Bereich der Anatomie und Zellbiologie gehen somit in das Lehrangebot ein:

33

Institut/Fach: Anatomie und Zellbiologie

Stellengruppe

Plan-
stellen

Verfüg-
bare
Stellen

Deputat
je Stelle
(hj)
in SWS

lj x hj

Vermin-
derung
Deputat
(rj)
in SWS

lj x hj - rj

W 3

1,0

1,0

8

8,0

0,00

8,00

W 2

2,0

2,0

8

16,0

0,00

16,00

Wissenschaftliche
Assistenten (C1)

3,0

3,0

4

16,0
(12,0+ 4 SWS Dr.G.)

0,00

16,00

A 14

1,0

1,0

8

8,0

2,00

6,00

Wissenschaftliche
Mitarbeiter
(befristet)

4,5

5,5
(4,5 + 1 „fiktiv“)

4

22,0
(18,0 + 4 SWS)

0,00

22,00

Wissenschaftliche
Mitarbeiter
(unbefristet)

1,0

2,0

8,0

16,0

2,00

14,00

Summe:

12,5

14,5

86
(78 + 8 SWS)

4,00

82,00
(74 + 8 SWS)

34

Die im Bereich der Anatomie und Zellbiologie nach dem Stichtag für die Berechnung der jährlichen Aufnahmekapazität – hier 31. Januar 2009 – aber vor Beginn des Berechnungszeitraums – hier 01. Oktober 2009 (vgl. § 5 Abs. 1 KapVO) – eingetretenen personellen Stellenbesetzungsentscheidungen führen nicht zu einer nach § 5 Abs. 2, 3 KapVO zu berücksichtigenden Änderung der kapazitätsrelevanten Daten. Die nach den ursprünglichen Kapazitätsunterlagen bis zum 31. März 2009 teilzeitbeschäftigte (50 %) wissenschaftliche Mitarbeiterin YY ist zwar nunmehr mit insgesamt 75 % der Arbeitszeit einer Vollzeitstelle beschäftigt. Mit der Erhöhung ihrer Arbeitszeit ist aber keine Stellenänderung einhergegangen. Vielmehr hat sie zusätzlich zu der von ihr besetzten halben Stelle (010110,0) die Stelle der ebenfalls befristet beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeiterin J. (010108,0) in Höhe von 25 % übernommen. Frau J. füllt ihrerseits seit dem 01. September 2009 nur noch 75 % der von ihr besetzten (Vollzeit-)Stelle aus.

35

Aus dem Bereich der Physiologie gehen in das Lehrangebot ein:

36

Institut/Fach: Physiologie

Stellengruppe

Plan-
stellen

Verfüg-
bare
Stellen

Deputat
je Stelle
(hj)
in SWS

lj x hj

Vermin-
derung
Deputat
(rj)
in SWS

lj x hj - rj

W 3

1,0

1,0

8

8,0

2,00

6,00

W 2

2,0

2,0

8

16,0

0,00

16,00

Wissenschaftliche
Assistenten (C1)

2,0

2,0

4

8,0

0,00

8,00

W 1

1,0

1,0

6

6,0

0,00

6,00

Wissenschaftliche
Mitarbeiter
(unbefristet)

3,0

3,0

8,0

24,0

6,00

18,00

Summe:

9,0

9,0

62,00

8,00

54,00

37

Die Kammer hat hier anders als die Antragsgegnerin in den Varianten A2 und B ihrer Kapazitätsberechnung keine „fiktive“ Stelle im Umfang von 4 SWS in Ansatz gebracht, da dem Institut Physiologie keine der gerichtlich nicht anerkannten Stellenreduzierungen zuzuordnen ist.

38

Aus dem Bereich der Physiologischen Chemie gehen in das Lehrangebot ein:

39

Institut/Fach: Physiologische Chemie

Stellengruppe

Plan-
stellen

Verfüg-
bare
Stellen

Deputat
je Stelle
(hj)
in SWS

lj x hj

Vermin-
derung
Deputat
(rj)
in SWS

lj x hj - rj

W 3

1,0

1,0

8

8,0

0,00

8,00

W 2

2,0

2,0

8

16,0

0,00

16,00

Wissenschaftliche
Assistenten (C1)

2,0

2,0

4

8,0

0,00

8,00

Wissenschaftliche
Mitarbeiter
(befristet)

2,0

4,0
(2,0 + 2 „fiktiv“)

4

20,0
(16,0 + 4 SWS Dr. N.)

0,00

20,00

Wissenschaftliche
Mitarbeiter
(unbefristet)

3,0

3,0

8,0

24,0

6,00

18,00

Summe:

10,0

12,0

76
(64 + 12 SWS)

6,00

70,00
(58 + 12 SWS)

40

Darüber hinaus sind in die Ermittlung des Lehrangebots keine Lehrauftragsstunden gemäß § 10 KapVO einzurechnen. Nach Satz 1 der vorgenannten Bestimmung werden die Lehrveranstaltungsstunden, die der Lehreinheit für den Ausbildungsaufwand nach § 13 Abs. 1 KapVO in den dem Berechnungsstichtag vorausgehenden zwei Semestern im Durchschnitt je Semester zur Verfügung gestanden haben und nicht auf einer Lehrverpflichtung beruhen, als Lehrauftragsstunden in die Berechnung der jährlichen Aufnahmekapazität einbezogen. Nach § 10 Satz 2 KapVO gilt dies nicht, soweit die Lehrauftragsstunden aus Haushaltsmitteln für unbesetzte Stellen vergütet worden sind. Denn diese Stellen sind bereits entsprechend des abstrakten Stellenprinzips (§ 8 KapVO) bei der Ermittlung des unbereinigten Lehrangebotes berücksichtigt. Ein kapazitätserhöhender Ansatz der zum Ausgleich dieser Stellenvakanzen erteilten Lehraufträge würde damit zu einer doppelten Einbeziehung eines tatsächlich nur einmal vorhandenen Lehrangebots führen. Hiervon ist im Hinblick auf die von der Antragsgegnerin in den Bezugssemestern – Wintersemester 2007/2008 und Sommersemester 2008 – erteilten Lehraufträge auszugehen. Die an die emeritierten Professoren Dr. x., Dr. y. und Dr. z. erteilten Lehraufträge wurden zum Ausgleich der in den Referenzsemestern – und nach wie vor – vakanten W2-Stelle im Bereich der Physiologie sowie der im Bereich der Physiologischen Chemie vakanten W3-Stelle eingesetzt. Der erforderliche Zusammenhang zwischen den erteilten Lehrauftragsstunden und einer Stellenvakanz innerhalb der Lehreinheit Vorklinische Medizin ist schließlich auch im Hinblick auf die von Prof. Dr. yz. im Bereich der Anatomie erbrachten Lehrleistungen nicht zweifelhaft. Die Antragsgegnerin hat die mit den Kapazitätsunterlagen vorgelegte Übersicht über die Lehraufträge (Nr. 12 der Generalakte) auf Nachfrage des Gerichts dahingehend konkretisiert, dass der von Prof. Dr. yz. im Wintersemester 2007/2008 wahrgenommene Lehrauftrag als Elternzeitvertretung für die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen J. und M. erfolgt ist. Der im Sommersemester 2008 von Prof. Dr. yz. angenommene Lehrauftrag bezog sich auf die Elternzeitvertretung für die wissenschaftliche Mitarbeiterinnen J. und den wissenschaftlichen Mitarbeiter p.. Die Angaben der Antragsgegnerin lassen sich anhand der Stellenbestandspläne zu den Stichtagen 31. Januar 2007, 31. Januar 2008 und 01. November 2008 nachvollziehen. Die Kammer hat in diesem Zusammenhang die Generalakten mit den Kapazitätsberechnungen der Antragsgegnerin für die Wintersemester 2006/2007 und 2007/2008 beigezogen. Der Verrechnung der an Prof. Dr. yz. erteilten Lehraufträge steht nicht entgegen, dass die Planstellen der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen J. (010108) und M. (010104) während ihrer Elternzeiten mit Herrn Q. (010108) und Herrn V. (010104) besetzt worden sind. Denn in beiden Referenzsemestern war trotz dieser Stellenbesetzungen jeweils eine andere Stelle im Bereich der Anatomie zumindest während der Vorlesungszeit vakant. Nach dem Sinn und Zweck des § 10 Satz 2 KapVO ist es nicht erforderlich, dass mit dem Lehrauftrag gerade Leistungen einer konkreten unbesetzten Stelle im Fachbereich ersetzt werden sollen. Ausreichend ist ein finanzieller Zusammenhang zwischen der Stellenvakanz und dem Lehrangebot (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 22. März 1991 - NC 9 S 81/90 -, zitiert nach juris). Diesbezüglich sind keine Anhaltspunkte vorgetragen noch sonst ersichtlich, die vorliegend am Bestehen eines solchen Zusammenhangs Zweifel aufkommen lassen könnten. Jedenfalls lassen es die Ausführungen der Antragsgegnerin nicht als zweifelhaft erscheinen, dass mit den Herrn Prof. Dr. yz. erteilten Lehraufträgen durch das Stellenprinzip entstandene faktische Lücken im Lehrangebot im Bereich der Anatomie ausgeglichen werden sollten (vgl. diesbezüglich OVG Bremen, Beschl. v. 28. April 1992 - 1 B 16/92 -, zitiert nach juris).

41

Bei der Berechnung des Lehrangebots finden außerdem die bei der Antragsgegnerin tätigen Drittmittelbediensteten keine Berücksichtigung. Aus Mitteln Dritter bezahlte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Forschungsvorhaben, die in der Hochschule durchgeführt werden (§ 25 Abs. 5 Satz 1 Hochschulrahmengesetz - HRG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Januar 1999 (BGBl. I S. 18), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. April 2007 (BGBl. I. S. 506); § 25 Abs. 5 Satz 1 HSG LSA) gehören zunächst nicht zum Kreis des nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KapVO in die Ermittlung des Lehrangebotes einzubeziehenden wissenschaftlichen Lehrpersonals. Das abstrakte Stellenprinzip knüpft an die der Lehreinheit nach dem geltenden Haushaltsplan zugewiesenen Stellen und die auf diese Stellen entfallenden Regellehrverpflichtungen an. Drittmittelbedienstete, die nicht im Haushaltsplan verankert sind und nicht aus Haushaltsmitteln bezahlt werden, gehören nicht dazu (vgl. etwa OVG LSA, Beschl. v. 03. Mai 2004 - 2 N 826/03 -; OVG Hamburg, Beschl. v. 24. Oktober 2005 - 3 NC 6/05 -, zitiert nach juris). Sie sind in aller Regel ausschließlich im Rahmen eines bestimmten Forschungsvorhabens tätig und werden hierfür ausschließlich vom Drittmittelgeber bezahlt. Soweit einige Antragsteller darauf hinweisen, dass Drittmittelgeber, insbesondere von öffentlicher Seite, den Einsatz der Drittmittel in der Lehre häufig nicht ausschließen, könnte dies allenfalls zu einer Berücksichtigung von Lehrauftragsstunden gemäß § 10 KapVO führen, wenn die bei der Antragsgegnerin beschäftigten Drittmittelbediensteten außerhalb der mit Drittmitteln bezahlten Tätigkeit Lehraufgaben tatsächlich übernommen hätten. Dies ist nach der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens gebotenen Sachverhaltsaufklärung nicht der Fall. Der Studiendekan hat sowohl schriftlich als auch auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts im Erörterungstermin versichert, dass – wie in den Vorjahren – keiner der Drittmittelbeschäftigten in den vorklinischen Instituten in der curricularen Lehre eingesetzt wird.

42

Auch das Vorbringen einzelner Antragsteller, durch die ausschließlich in der Forschung tätigen Drittmittelbediensteten würden die eigentlichen zur Lehre verpflichteten Hochschulmitarbeiter von Forschungsaufgaben entlastet, so dass diesen ein größeres Zeitbudget für die Lehre zur Verfügung stehe, vermag zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung zu führen. Nach dem klaren Wortlaut des § 14 Abs. 3 KapVO kommt es allein darauf an, dass durch die besondere Ausstattung der Lehreinheittatsächlich eine Entlastung des Lehrpersonals eintritt (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 15. April 2004 - 3 NB 16/03 -, zitiert nach juris). Insoweit ist aber weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass das Lehrpersonal in der Lehreinheit Vorklinische Medizin durch zusätzliche Drittmittelstellen entlastet wird. Im Übrigen findet an den Hochschulen auch außerhalb des drittmittelfinanzierten Bereiches Forschungstätigkeit statt, so dass es weiterhin zum Aufgabenbereich auch des über § 8 KapVO erfassten Lehrpersonals gehört, Forschungsarbeit zu leisten. Selbst wenn die zur Lehre verpflichteten Hochschulmitarbeiter in Einzelfällen durch die Forschungstätigkeit von Drittmittelbediensteten von Forschungsaufgaben entlastet würden, stünde diesen dadurch nicht zwangsläufig ein größeres Zeitbudget für die Lehre zur Verfügung, weil die auf diese Weise möglicherweise gewonnene Zeit auch in andere Aufgabenbereiche eingebracht werden könnte (OVG LSA, Beschl. v. 03. Mai 2004, a.a.O.).

43

Das unbereinigte Lehrangebot der Lehreinheit Vorklinische Medizin ist damit auf insgesamt 206,00 SWS anzusetzen.

44

Das unbereinigte Lehrangebot ist – wie in den Vorjahren – gemäß § 11 Abs. 1 KapVO i.V.m. Anlage 1 Ziffer I.2 KapVO nur um die Dienstleistungen, gemessen in Deputatsstunden, zu reduzieren, welche die Lehreinheit Vorklinische Medizin für den nicht zugeordneten Studiengang Zahnmedizin zu erbringen hat. Dabei ist der von der Antragsgegnerin für den Studiengang Zahnmedizin mit 17,6751 SWS angesetzte Dienstleistungsbedarf zu korrigieren. Die Antragsgegnerin hat den von der Lehreinheit Vorklinische Medizin als Dienstleistung zu erbringenden Anteil am Curricularnormwert des Studiengangs Zahnmedizin (CAq-Wert) rechtsfehlerhaft mit 0,8622 in Ansatz gebracht. Das vom Institut für Anatomie und Zellbiologie zugunsten des Studiengangs Zahnmedizin als Dienstleistung zu erbringende Praktikum Anatomische Präparierübungen nimmt lediglich einen Umfang von 6 SWS und nicht – wie in den Kapazitätsunterlagen der Antragsgegnerin angegeben – 8 SWS ein (vgl. § 4 Abs. 1 Ziffer 4.2 der Studienordnung für den Studiengang Zahnmedizin an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg vom 08. Februar 2000, veröffentlicht im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 01. August 2000, S. 2). Ausgehend davon entfällt auf die Lehreinheit Vorklinische Medizin nach den Angaben der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 11. Januar 2010 lediglich ein CAq von 0,800. Die Kammer legt diesen Wert im vorläufigen Rechtsschutzverfahren seiner Entscheidung zugrunde.

45

Dieser CAq ist mit dem von der Antragsgegnerin in ihrer Kapazitätsberechnung zugrunde gelegten Aq/2-Wert von 20,5 zu multiplizieren. Der Aq/2-Wert errechnet sich aus der Zahl der Studienanfänger im Studiengang Zahnmedizin im Wintersemester 2008/2009. Zwar hat die Kammer mit Beschluss vom 08. September 2009 (- 3 C 261/08 HAL u.a.-) festgestellt, dass im Wintersemester 2008/2009 im Studiengang Zahnmedizin lediglich eine Aufnahmekapazität von 40 Studienplätzen bestanden hat und diese Zahl dementsprechend zutreffend in der Zulassungszahlenverordnung 2008/2009 vom 13. Juni 2008 (GVBl. LSA S. 224) festgesetzt worden ist. Infolge einer Überbuchung um einen Studienplatz haben in diesem Semester allerdings tatsächlich 41 Studierende das Studium aufgenommen. Allein diese Zahl ist für die Berechnung des Aq/2-Wertes maßgebend. Denn nach § 11 Abs. 2 KapVO sind zur Berechnung des Bedarfs an Dienstleistungen die Studienanfängerzahlen für die nicht zugeordneten Studiengänge anzusetzen. Bereits nach dem Wortlaut der Norm ist also nicht etwa eine für den importierenden Studiengang normativ festgesetzte Zulassungszahl – soweit vorhanden – maßgebend, sondern die tatsächlichen Studienanfängerzahlen. Ebenso wenig ist hinsichtlich der für einen der Lehreinheit nicht zugeordneten Studiengang erbrachten Dienstleistungen eine Schwundkorrektur geboten (OVG LSA, Beschl. .v. 18. August 2009, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 12. Mai 2009 - NC 9 S 240/09 -, zitiert nach juris).

46

Keine Berücksichtigung finden kann dagegen die von der Antragsgegnerin erstmals mit Schriftsatz vom 11. Januar 2010 vorgelegte Berechnung, nach welcher der Aq/2-Wert nunmehr – entgegen ihrer ursprünglichen Kapazitätsberechnung – 21,0 betragen soll. Die Antragsgegnerin hat hierbei die durchschnittliche tatsächliche Studienanfängerzahl von 42 Studienanfängern aus den dem Berechnungsstichtag vorangegangenen (Eingangs-)Semestern – WS 2004/2005 bis WS 2008/2009 – zugrunde gelegt. Zwar sind nach § 11 Abs. 2 KapVO bei der Berechnung des Dienstleistungsbedarfs die voraussichtlichen Zulassungszahlen für die Dienstleistungen nachfragenden Studiengänge und/oder die bisherige Entwicklung der Studienanfängerzahlen zu berücksichtigen. Danach ist es im Ansatz rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Antragsgegnerin auf die bisherige Entwicklung der Studienanfängerzahlen zurückgreift (vgl. BVerwG, Urt. v. 15. Dezember 1989 - 7 C 17/89 -, DVBl 1990, 531; OVG LSA, Beschl. v. 19. August 2008, a.a.O.; OVG des Saarlandes, Beschl. v. 17. Juli 2006 - 3 X 3/06 u.a. -, zitiert nach juris; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 09. Februar 1994 - NC 9 S 131/92 -, zitiert nach juris). Für den hier streitgegenständlichen Berechnungszeitraum hat die Antragsgegnerin sich im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt des Berechnungsstichtages (vgl. § 5 Abs. 1 KapVO) aber gegen eine solche Betrachtungsweise entschieden. Hieran muss sie sich festhalten lassen. Sie kann sich insoweit auch nicht auf die Regelungen des § 5 Abs. 2 und 3 KapVO berufen, da lediglich die Methodik der Bestimmung des Aq/2-Wertes von der Frage betroffen ist, unter welchem Blickwinkel die Berechnung des Dienstleistungsbedarfs nach § 11 Abs. 2 KapVO zu erfolgen hat.

47

Nach alledem ergibt sich für den Studiengang Zahnmedizin ein Dienstleistungsbedarf (CAq x Aq/2) von 16,4 SWS (0,800 x 20,5).

48

Demgegenüber findet der von der Antragsgegnerin für die sog. innovativen Studiengänge Gesundheits- und Pflegewissenschaften, Ernährungswissenschaften und Medizinische Physik in Ansatz gebrachte Dienstleistungsbedarf auch in diesem Jahr keine rechtliche Anerkennung. Zwar fallen die Begründungen des Fakultätsvorstandes der Medizinischen Fakultät der Antragsgegnerin für die Notwendigkeit eines Dienstleistungsexports in die vorgenannten Studiengänge deutlich umfassender als in den vergangenen Berechnungszeiträumen aus. Außerdem bringen die Beschlüsse wesentlich stärker das Bemühen der Antragsgegnerin zum Ausdruck, in der Abwägung nicht nur formelhaft den Interessen der Studienbewerber für den Studiengang Humanmedizin an einer nicht durch einen Dienstleistungsexport verminderten Aufnahmekapazität Rechnung zu tragen. Dies vermag allerdings nicht den Blick darauf zu verstellen, dass die Entscheidung der Antragsgegnerin, nach der ein Teil des Lehrangebots in den innovativen Studiengängen durch Lehrleistungen der Lehreinheit Vorklinische Medizin zu erbringen ist, im Ergebnis unverändert auf in der Zielvereinbarung 08. März 2006 geregelten Verpflichtungen beruht. Dass die Antragsgegnerin den Inhalt der Zielvereinbarung – entgegen ihrer Ausführungen in vergangenen Berechnungszeiträumen – für sich als rechtlich verbindlich erachtet, wird bereits daran deutlich, dass sie mit dem Kultusministerium eine Ergänzungsvereinbarung getroffen und nicht etwa – unabhängig davon, ob dies rechtlich überhaupt möglich ist – auf die Aufhebung der Vereinbarung gedrungen hat. Auch in der ihr nunmehr durch die Ergänzungsvereinbarung gegebenen Fassung heißt es unter Punkt B.I.1.1.1. der Zielvereinbarung (Seite 8 f.):

49

„Die Medizinische Fakultät wird den bisher von ihr geleisteten und mit den betreffenden Fakultäten der Martin-Luther-Universität über die entsprechenden Studienordnungen festgelegten Lehrexport für die interdisziplinären Studiengänge Medizinphysik, Ernährungswissenschaften […] im Rahmen gegenseitiger Leistungsverrechnung aufrecht erhalten. Dabei wird die Umstellung der Studienstruktur (Bachelor/Master) Berücksichtigung finden. Die interdisziplinären Studiengänge sind ein Markenzeichen der Martin-Luther-Universität und dienen in hohem Maße ihrer Profilbildung. Die durch sie gegebenen personellen Vernetzungen mit den anderen Fachbereichen/Fakultäten der MLU sind ein wesentliches Element für interdisziplinäre Forschungsverbände, an denen die Medizinische Fakultät beteiligt ist. Die Fakultät verpflichtet sich, für Studierende der genannten interdisziplinären Studiengänge im Rahmen ihrer personellen und materiellen Gegebenheiten Bachelor-, Master-, Diplom- und Doktorarbeiten anzubieten.“

50

Unter dem Punkt Profilbildung in der Lehre (B.I.1.1.2., Seite 9) heißt es zudem:

51

„Die Medizinische Fakultät in Halle wird praxisnah und forschungsorientiert Studierende in allen von ihr angebotenen Studiengängen ausbilden. Sie geht davon aus, dass unter Berücksichtigung der personellen (C-/W-Stellen-Zielstruktur) und materiellen Ressourcen (Landeszuschuss) ein attraktives und national konkurrenzfähiges Studium sowohl in der Medizin, Zahnmedizin als auch in der Pflege- und Gesundheitswissenschaft möglich ist.“

52

Darüber hinaus enthält die Zielvereinbarung weiterhin obligatorische inhaltliche Vorgaben für die zukünftige personelle und sächliche Struktur der Medizinischen Fakultät der Antragsgegnerin. In diesem Zusammenhang heißt es auf Seite 6 der Zielvereinbarung in ihrer geänderten Fassung:

53

„Die strukturelle Weiterentwicklung beider Fakultäten basiert auf einer Festlegung der Zahl der Professuren auf je 60 für Humanmedizin und der Etablierung einer adäquaten Anzahl von Departments je Standort mit den für die Lehre und eine konkurrenzfähige Forschung der unerlässlichen Disziplinen. Die Fakultäten werden ihre Struktur und die Ausstattung der Organisationseinheiten gemäß der angestrebten Zielfakultät (ca. 560 Stellen für die Humanmedizin einschließlich jeweils 60 C- bzw. W-Stellen) unter Berücksichtigung des vom Land vorgegebenen Finanzrahmens so weiterentwickeln, dass sie die entsprechenden Ausbildungsanordnungen erfüllen und eine Aufnahmekapazität im Studiengang Humanmedizin von mindestens 185 Studienanfängern erreichen.“

54

Auf Seite 8 der Zielvereinbarung heißt es unter B.I.1.1.1. Studienangebote/Lehrexport:

55

„Die Medizinische Fakultät Halle bietet die Studiengänge „Medizin“, „Zahnmedizin“ und „Pflege- und Gesundheitswissenschaft“ (PGW) an. Sie wird ihre Struktur und die Ausstattung ihrer Struktureinheiten gemäß der angestrebten Zielfakultät (ca. 560 Stellen für die Humanmedizin einschließlich jeweils 60 C- bzw. W-Stellen und 100 Stellen für Zahnmedizin und PGW (einschließlich der 8 C- bzw. W-Stellen)) unter Berücksichtigung des vom Land vorgegebenen Finanzrahmens so weiterentwickeln, dass sie die entsprechenden Ausbildungsanordnungen erfüllt […]. Für die Studiengänge Zahnmedizin sowie Pflege- und Gesundheitswissenschaft soll eine Aufnahmekapazität von mindestens 40 Studienanfängern gehalten werden.“

56

Wie bereits dargelegt, wird die personelle und sächliche Ausstattung der Medizinischen Fakultät dabei weiterhin maßgeblich durch eine kostennormwertorientierte Budgetierung bestimmt.

57

Angesichts dieser Vorgaben beruht die Entscheidung der Antragsgegnerin, dass das Lehrangebot in den innovativen Studiengängen teilweise durch Lehrleistungen der Lehreinheit Vorklinische Medizin zu erbringen ist und nicht etwa durch eigenes Personal der importierenden Studiengänge, durch Lehraufträge oder einen Lehrimport aus anderen Lehreinheiten, z.B. der klinisch-theoretischen Medizin, übernommen werden kann, nur scheinbar auf einer die Belange der Studienbewerber der importierenden Studiengänge mit den Interessen der Bewerber für ein Studium der Humanmedizin in einen gerechten Ausgleich bringenden sorgfältigen Abwägung. Die Zielvereinbarung lenkt die Abwägungsentscheidung der Antragsgegnerin zur Sicherstellung einer bestimmten Aufnahmekapazität in den importierenden Studiengängen bereits in Richtung des Dienstleistungsexports zu Lasten der Kapazität im Studiengang Humanmedizin. Dies ist in Anbetracht des auf unabsehbare Zeit gegebenen groben Missverhältnisses zwischen den bundesweit im Studiengang Humanmedizin an den Hochschulen vorhandenen Ausbildungskapazitäten und der Nachfrage an Studienplätzen sowie der sich abzeichnenden weiteren Verlängerung der Wartezeit über derzeit 10 Semester hinaus nicht hinnehmbar.

58

Ausgehend von einem unbereinigten Lehrangebot von 206,00 SWS ergibt sich abzüglich des Dienstleistungsbedarfs in Höhe von 16,4 SWS mithin ein bereinigtes Lehrangebot von 189,60 SWS.

59

Für die von der Antragsgegnerin durchgeführte Berechnung der Lehrnachfrage sind keine Korrekturen veranlasst. Die Bestimmung der Lehrnachfrage erfolgt gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KapVO anhand des in Deputatsstunden gemessenen Aufwands aller beteiligten Lehreinheiten, der für die ordnungsgemäße Ausbildung einer Studentin oder eines Studenten in dem jeweiligen Studiengang erforderlich ist (sog. Curricularnormwert, CNW). Bei der Berechnung der jährlichen Aufnahmekapazität sind die in Anlage 2 der KapVO aufgeführten Curricularnormwerte anzuwenden (§ 13 Abs. 1 Satz 2 KapVO). Für den Studiengang Humanmedizin gilt danach ein CNW von 8,2 (Anlage 2, Ziffer I., laufende Nr. 35). Die KapVO geht für die Berechnung der Aufnahmekapazität jedoch nicht vom Studiengang selbst, sondern von Lehreinheiten aus (§ 7 Abs. 1 KapVO). Dementsprechend muss der CNW zwischen den an der Ausbildung für den Studiengang beteiligten Lehreinheiten aufgeteilt werden (§ 13 Abs. 4 Satz 1 KapVO). Für die Berechnung der Aufnahmekapazität der jeweiligen Lehreinheit kommt es lediglich auf deren (Eigen-)Curriculareigenanteil (CAp) an. Der Aufwand, der von einer anderen Lehreinheit erbracht wird, stellt eine vom CAp der Lehreinheit, deren Aufnahmekapazität ermittelt werden soll – hier Vorklinische Medizin –, abzuziehende importierte Dienstleistung dar. Dabei enthält die KapVO keine Vorschriften darüber, wie der für die Berechnung der Lehrnachfrage maßgebende CAp inhaltlich zu bestimmen ist. In § 13 Abs. 4 Satz 2 KapVO ist lediglich vorgeschrieben, dass die Angaben der beteiligten Lehreinheiten aufeinander abzustimmen sind. Die Ausgestaltung des CAp obliegt daher grundsätzlich der Hochschule selbst, die im Rahmen der ihr durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gewährleisteten Eigenständigkeit befugt ist, bei der Organisation und Ausgestaltung des Studiums ihren eigenen hochschulpolitischen Vorstellungen und fachdidaktischen Zielvorstellungen Ausdruck zu verleihen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18. März 1987 - 7 C 62.84 -, NVwZ 1987, 690; Urt. v. 23. Juli 1987, a.a.O.). Im Rahmen des vom KapVO-Geber vorgegebenen CNW des Studiengangs gestaltet die Hochschule Struktur und Inhalt ihrer Studienpläne daher grundsätzlich selbst. Ihre Grundentscheidungen unterliegen hinsichtlich ihrer fachdidaktisch-wissenschaftlichen Geeignetheit nicht unmittelbar der richterlichen Überprüfung. Aus dem Kapazitätserschöpfungsgebot folgt insoweit jedoch, dass die nach Lehrveranstaltungsstunden (v), Anrechnungsfaktoren (f) und Betreuungsrelationen (g) quantifizierte Lehrnachfrage (Berechnungsformel: v x f : g) so zu bemessen ist, dass sie den für ein ordnungsgemäßes Studium unentbehrlichen Lehraufwand noch trägt (vgl. BVerwG, Urt. v. 18. März 1987, a.a.O.).

60

Ausgehend davon begegnet der von der Antragsgegnerin der Ermittlung der Aufnahmekapazität für die Lehreinheit Vorklinische Medizin zugrunde gelegte CAp von 1,5497 keinen rechtlich durchgreifenden Bedenken.

61

Entgegen der Auffassung einiger Antragsteller bedarf es zunächst weder einer normativen Aufteilung des CNW zwischen den Lehreinheiten des Studiengangs noch hat die Aufteilung des CNW und damit die Festlegung der Curricularanteile durch das Ministerium für Wissenschaft und Forschung zu erfolgen. Soweit die Antragsteller in diesem Zusammenhang auf die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 15. Februar 2000 (- NC 9 S 39/99 -, zitiert nach juris) sowie vom 12. Mai 2009 (a.a.O.) verweisen, verkennen sie, dass die für das Land Sachsen-Anhalt maßgebende KapVO im Gegensatz zu der in Baden-Württemberg geltenden KapVO VII vom 14. Juni 2002 (GBl. S. 271), zuletzt geändert durch Verordnung vom 30. Juni 2009 (GBl. S. 313), Fußnote 3 zur laufenden Nr. 49 der Anlage 2, keine ausdrückliche Anordnung kennt, nach der die Zuständigkeit für die Aufteilung des CNW gemäß § 13 Abs. 4 KapVO im Studiengang Humanmedizin abweichend von allen anderen Studiengängen, bei denen insoweit allein die Hochschule zuständig ist (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 KapVO), beim Ministerium für Wissenschaft und Forschung liegt.

62

Des Weiteren ist auch keine Verminderung des CAp-Wertes für die Lehreinheit Vorklinische Medizin im Hinblick auf die im Ersten Abschnitt der Ärztlichen Ausbildung vorgesehenen integrierten Seminare mit klinischen Fächern und weiteren Seminare mit klinischem Bezug (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 5 Approbationsordnung für Ärzte – ÄAppO – vom 27. Juni 2002, BGBl. 2002 I S. 2405) geboten. Nach der hier zugrunde gelegten ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt sind diese Seminare – entgegen der Auffassung einiger Antragsteller – nicht zwingend zumindest teilweise von Lehrpersonen der klinischen Lehreinheiten durchzuführen, so dass sie – kapazitätsmindernd – dem Eigenanteil der Lehreinheit Vorklinische Medizin zugerechnet werden können (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 26. Februar 2007 - 3 N 187/06 -, zitiert nach juris). Ungeachtet dessen ist die Antragsgegnerin bei ihrer Berechnung (Nr. 3 der Generalakte) kapazitätsfreundlich davon ausgegangen, dass die integrierten Seminare mit klinischen Fächern (vgl. § 8 Abs. 2 Nrn. 9 bis 11 der Studienordnung der Antragsgegnerin für den Studiengang Medizin vom 21. April 2009, veröffentlicht im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 15. September 2009, S. 2) – entsprechend § 4 Abs. 2 Satz 2 der Studienordnung – jeweils zur Hälfte von Lehrpersonen aus der Vorklinik und der Klinisch-Praktischen Medizin (Seminare Physiologie III, Biochemie/Molekularbiologie III, Anatomie III) durchgeführt werden. Im Übrigen ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass über diesen rechnerischen Ansatz hinaus weiteres klinisches Lehrpersonal in den Seminaren gemäß § 2 Abs. 2 Satz 5 ÄAppO eingesetzt wird oder eingesetzt werden müsste.

63

Ebenso wenig ist eine Umrechnung der auf die in der Anlage 1 zu § 2 Abs. 1 Satz 2 ÄAppO unter den Ziffern I.1.7 bis I.1.9. aufgeführten Seminare Anatomie, Physiologie und Biochemie entfallenden Curricularanteile auf die nunmehr anerkannt maßgebliche Semestervorlesungszeit von 14 Wochen geboten. Das Vorbringen einiger Antragsteller, diese Seminare seien im Umfang von 8 SWS auf 12 Semesterwochen statt – wie die neuen Seminare gemäß § 2 Abs. 2 Satz 5 ÄAppO – auf 14 Semesterwochen angelegt, geht ins Leere. Die Anlage 1 zur aktuellen ÄAppO hat die Vorgaben der Anlage 1 der ÄAppO in der Fassung der 7. Änderungsverordnung vom 21. Dezember 1989 (BGBl. I 1989 S. 2549) zum Umfang dieser Seminare gerade nicht unverändert übernommen. Stattdessen legt sie nunmehr nur noch für sämtliche der hier aufgeführten Pflichtveranstaltungen eine Gesamtstundenzahl von mindestens 630 Stunden fest (vgl. Hessischer VGH, Beschl. v. 02. April 2007 - 8 FM 5204.06.W -, zitiert nach juris). Dementsprechend kann nicht davon ausgegangen werden, dass die drei Seminare Anatomie I, Physiologie I und Biochemie I bei der Berechnung des CAp für den vorklinischen Studienabschnitt im Umfang von genau 8 SWS Berücksichtigung gefunden haben (vgl. OVG des Saarlandes, Beschl. v. 01. August 2007 - 3 B 53.07.NC u.a. -, zitiert nach juris). Dass sämtliche Seminare, d.h. auch die vorstehenden Seminare, an einer Semestervorlesungszeit von 14 Wochen ausgerichtet sind, wird zudem daran deutlich, dass der Studienplan der Antragsgegnerin (Anlage 1 der Studienordnung für den Studiengang Medizin) einen Umfang von 56 SWS = 784 Stunden (56 x 14) ausweist.

64

Entgegen der Auffassung einiger Antragsteller ist der von der Antragsgegnerin bei der Kapazitätsberechnung angesetzte CAp der Lehreinheit Vorklinische Medizin auch nicht deshalb als überhöht anzusehen, weil bei den einzelnen Lehrveranstaltungen zu geringe Gruppengrößen (g) (für Vorlesungen 180, 15 für Praktika und 20 für Seminare) angesetzt worden wären. Die von der Antragsgegnerin für Seminare zugrunde gelegte Gruppengröße von 20 beruht auf der normativen Vorgabe in § 2 Abs. 4 Satz 5 ÄAppO, wonach die Zahl der jeweils an einem Seminar teilnehmenden Studierenden 20 nicht überschreiten darf. Hinsichtlich der – hier von der Antragstellerseite beanstandeten – Gruppengröße 180 für Vorlesungen hat die Antragsgegnerin sich an der in den früheren ZVS-Beispielstudienplänen zugrunde gelegte entsprechende Größe orientiert. Dies gibt keinen Anlass zu rechtlichen Beanstandungen. Den bisherigen ZVS-Beispielstudienplänen war ein kapazitätserschöpfender Maßstab zu entnehmen, der zu einer sachgerechten Quantifizierung des vorklinischen Unterrichtsanteiles führte. Denn auf der Grundlage einer verbreiteten und vieljährigen Handhabung im Hochschulzulassungsrecht war erwiesen, dass mit der in diesem Studienplanmodell nach Lehrveranstaltungsstunden, Anrechnungsfaktoren und Betreuungsrelationen quantifizierten Unterrichtsmenge ein ordnungsgemäßes Studium zu absolvieren war (vgl. BVerwG, Urt. v. 18. März 1987, a.a.O.). Dementsprechend lag die Gruppengröße 180 bereits den Curricularnormwerten für den Studiengang Medizin in den früheren Fassungen der KapVO beginnend mit der Verordnung vom 24. Januar 1994 (GVBl. LSA S. 68) zugrunde und stellt ein Mittel gewonnener Erfahrungswerte dar. Zwar ist durch die Neufassung der ÄAppO die Bedeutung der Seminare gegenüber den Vorlesungen zusätzlich betont worden, indem der zeitliche Umfang für integrierte Lehrveranstaltungen um 98 Stunden und für Seminare mit klinischem Bezug um weitere 56 Stunden erhöht worden ist (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 5 ÄAppO). Allein die dadurch bedingte Erhöhung des Lehraufwandes, mit der Folge der Erhöhung des CNW von 7,2 auf nunmehr 8,2, bietet keinen Anlass, die bisher angenommene Gruppengröße für Vorlesungen in Zweifel zu ziehen. Wenngleich nach der Novellierung der ÄAppO kein ZVS-Beispielstudienplan als quantifizierter Modellstudienplan mehr aufgestellt worden ist, ist auch der gegenwärtige CNW vom ZVS-Unterausschuss „Kapazitätsverordnung“ aus der ÄAppO abgeleitet. Seine einzelnen Anteile stehen in einem gewissen „Beziehungsverhältnis“ zueinander und die Gruppengrößen der verschiedenen Veranstaltungsarten sind wie bisher aufeinander abgestimmt (OVG LSA, Beschl. v. 26. Februar 2007, a.a.O.). Die vom Verordnungsgeber der ÄAppO durch die Erhöhung der Seminarstunden mit niedriger Betreuungsrelation erkennbar beabsichtigte Intensivierung der Medizinerausbildung würde durch die – von den Antragstellern geforderte – Erhöhung der Gruppengröße bei Vorlesungen zumindest neutralisiert (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 11. Mai 2004 - 13 C 1280/04 -, zitiert nach juris). Denn die Anhebung der Betreuungsrelation für Vorlesungen hätte zwangsläufig eine höhere Zulassungszahl und damit auch eine Steigerung der in den Kleingruppenveranstaltungen auszubildenden Studierenden zur Folge. Die Gruppengröße dieser Veranstaltungen ist aber teilweise – bei Seminaren (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 5 ÄAppO) – normativ vorgegeben und im Übrigen – anders als Vorlesungen in Anbetracht der heutigen technischen Möglichkeiten von Bild- und Tonübertragungen – aufgrund didaktischer Gründe und tatsächlicher Umstände wie begrenzter Unterrichtsräume und einer begrenzten Anzahl von Dozenten nicht beliebig erweiterbar (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 27. Februar 2009 - 2 NB 154/08 -, zitiert nach juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 25. Mai 2007 - 13 C 125/07 -, zitiert nach juris). Außerdem würde die normative Vorstellung von einer u.a. von den Betreuungsrelationen geprägten Mindestausbildungsqualität gestört (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 11. Mai 2004, a.a.O.; Beschl. v. 27. Februar 2008 - 13 C 5/08 -, zitiert nach juris). In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass dem KapVO-Geber bei der Bestimmung der Lehrnachfrage ein weites Gestaltungsermessen zusteht (OVG Lüneburg, Beschl. v. 27. Februar 2009 - 2 NB 154/08 -, a.a.O.). Bei dem Curricularnormwert handelt es sich um eine Rechtsnorm mit zahlenförmigem Inhalt und nicht um eine bloße Rechengröße. Seine Festlegung beruht auf einem komplexen Meinungs- und Entscheidungsbildungsprozess des KapVO-Gebers, der ein abwägendes Bewerten dessen beinhaltet, was für die Ermittlung des Ausbildungsaufwandes als vereinheitlichungsfähige Betreuungsrelation angesetzt werden kann. Das Gebot der vollständigen Kapazitätsausschöpfung zwingt den Normgeber insbesondere nicht dazu, der Festsetzung des CNW diejenigen Betreuungsrelationen zugrunde zu legen, die stets zu der höchsten Kapazität, aber der schlechtesten Ausbildung führen (OVG LSA, Beschl. v. 26. Februar 2007, a.a.O.).

65

Weiter besteht keine Veranlassung, den der Berechnung des CAp im Hinblick auf die Seminare mit klinischen Bezügen sowie die integrierten Seminare (§ 2 Abs. 2 Satz 5 ÄAppO) zugrunde gelegten Anrechnungsfaktor (f) von 1,0 aus Rechtsgründen zu beanstanden. Der Anrechnungsfaktor (f) dient dazu, dem unterschiedlichen Aufwand für die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Lehrveranstaltungen Rechnung zu tragen (Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht, 4. Aufl. 2003, S. 382). Die Berechnung des gegenwärtigen CNW durch den Unterausschuss „Kapazitätsverordnung“ der ZVS ist den ZVS-Beispielstudienplänen nicht nur im Hinblick auf die zugrunde gelegten Gruppengrößen, sondern auch hinsichtlich der Anrechnungsfaktoren für die verschiedenen Lehrveranstaltungen – bei Seminaren f = 1,0 – angelehnt. Ungeachtet des Umstandes, dass nach der Novellierung der ÄAppO kein ZVS-Beispielstudienplan als quantifizierter Modellstudienplan mehr aufgestellt worden ist, ist es daher gerechtfertigt, an diesem Berechnungssystem auch bezüglich der Anrechnungsfaktoren festzuhalten (vgl. OVG Berlin, Beschl. v. 20. Oktober 2004 - 5 NC 44.04 -, zitiert nach juris). Im Übrigen entspricht der von der Antragsgegnerin für sämtliche Seminare gewählte Ansatz eines Anrechnungsfaktors von 1,0 auch den Vorgaben der LVVO. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 LVVO werden Seminare wie Vorlesungen und Übungen auf die Lehrverpflichtung voll angerechnet.

66

Soweit einige Antragsteller bei Seminaren gemäß § 2 Abs. 2 Satz 5 ÄAppO lediglich einen Anrechnungsfaktor von 0,5 als gerechtfertigt ansehen wollen, da Dozenten ihre Seminarthemen gewöhnlich verschiedenen Seminargruppen zu unterschiedlichen Zeiten unterrichteten und dadurch zwangsläufig in nicht unerheblichem Umfang Vorbereitungszeiten ersparten, kann dem nicht gefolgt werden. Nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass bei der Antragsgegnerin die ständige Übung besteht, die Seminare mit klinischen Bezügen sowie die integrierten Seminare durch dieselben Dozenten in mehreren (parallelen) Veranstaltungen durchzuführen. Bei einem Blick in die allgemein zugänglichen Vorlesungsverzeichnisse der Antragsgegnerin (http://studip.uni-halle.de/mlu_vv.php) ist zwar festzustellen, dass im Sommersemester 2007 etwa das Seminar Physiologie II (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 9, Abs. 3 der Studienordnung der Antragsgegnerin für den Studiengang Medizin) in 16 Gruppen an vier Tagen in der Woche von lediglich zwei Dozenten (Klöckner, Markwardt) durchgeführt worden ist. Dagegen wurde das Seminar Biochemie/Molekularbiologie II (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 10, Abs. 3 der Studienordnung) im Sommersemester 2009 von insgesamt 11 Dozenten in 12 Gruppen durchgeführt, d.h. nur in einem Fall betreute eine Lehrperson gleich zwei Seminargruppen. Ähnlich stellt sich die Situation im Sommersemester 2010 dar. Es wäre daher verfehlt, die Lehrveranstaltungsstruktur im Sommersemester 2007 zur Richtschnur der Kapazitätsberechnung zu machen. Bei den Anrechnungsfaktoren handelt es sich um hochkomplexe zahlenförmige Parameter, in deren Ableitung eine Fülle von Erwägungen, Erfahrungen und Wertungen eingeflossen ist. Sie müssen zwangsläufig pauschalieren. In Anbetracht ihres abstrakten Charakters können sie die Ausbildungswirklichkeit naturgemäß weder in die eine – kapazitätsgünstige – noch in die andere – kapazitätsungünstige – Richtung in allen Einzelheiten getreu abbilden (vgl. Hamburgisches OVG, Beschl. v. 22. Dezember 2004 - 3 Nc 59/04 -, zitiert nach juris). Ungeachtet dessen berücksichtigt die pauschale Annahme der Antragsteller, der Aufwand eines Dozenten reduziere sich in erheblichem Maße, wenn dieser sein Seminarthema in einem Semester mehreren Gruppen darbringe, nicht hinreichend die lehrdidaktisch-spezifischen Besonderheiten der medizinischen Seminare. In den Seminaren wird nicht nur der durch praktische Übungen und Vorlesungen vermittelte Lehrstoff vertiefend, anwendungs- und gegenstandsbezogen erörtert (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 1 ÄAppO). Vielmehr haben sich die Studierenden durch eigene Beiträge zu beteiligen (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 4 ÄAppO). Insbesondere durch diese Beteiligung der Studierenden können die parallel abgehaltenen Seminarveranstaltungen einen mitunter gänzlich anderen Diskussionsverlauf nehmen. Die sich hierbei unterschiedlich stellenden inhaltlich-thematischen Problemkreise bedürfen einer entsprechenden auf die jeweilige Veranstaltung bzw. Seminargruppe bezogene Vor- und Nachbereitung durch den Dozenten. Vor diesem Hintergrund ist es gerechtfertigt, auch für parallel durchgeführte Seminare eines Dozenten jeweils einen Anrechnungsfaktor von 1,0 anzusetzen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 22. Oktober 2009 - 7 CE 09.10572 u.a. -, zitiert nach juris).

67

Die Antragsgegnerin hat der Berechnung der Aufnahmekapazität jedoch einen fehlerbehafteten Schwundfaktor von 0,9821 zugrunde gelegt. Nach § 16 KapVO ist die Aufnahmekapazität zu erhöhen, wenn zu erwarten ist, dass wegen Studienabbruchs, Fachwechsels oder Hochschulwechsels die Zahl der Abgänge an Studierenden in höheren Fachsemestern größer ist als die Zahl der Zugänge (Schwundquote). Die Berechnung der Schwundquote erfolgt in aller Regel nach dem so genannten Hamburger Modell. Diesem Modell liegt als eine der Modellannahmen die Überlegung zugrunde, dass ein Studierender das gesamte Lehrangebot während der Regelstudienzeit nachfragt (Bahro/Berlin, a.a.O., § 16 KapVO Rdnr. 3). Die Ermittlung der Schwundquote ist dabei Aufgabe der Universität und die von ihr errechnete Schwundquote gerichtlich nur eingeschränkt daraufhin überprüfbar, ob die zuständige Behörde von zutreffenden Abgrenzungen und Daten ausgegangen ist und sich einer wissenschaftlich vertretbaren Methode bei der Schwundberechnung bedient hat (Bahro/Berlin, a.a.O., § 16 KapVO Rdnr. 6). Diesen Anforderungen wird die Schwundberechnung der Antragsgegnerin nicht gerecht.

68

Zunächst ist – entgegen der Auffassung einiger Antragsteller – rechtlich nicht zu erinnern, dass die Antragsgegnerin bei der Ermittlung des Schwundfaktors die gerichtlich zugelassenen Studierenden (sog. „Gerichtsmediziner“) nicht der Kohorte desjenigen Semesters nachträglich zugerechnet hat, für welches sie die Aufnahme des Studiums begehrt haben. Nach den Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt in seinem Beschluss vom 18. August 2008 (a.a.O.) ist es in Anbetracht des Umstandes, dass sich das (derzeitige) Studierverhalten der nachträglich zugelassenen Studierenden nicht wesentlich von dem der aufgrund der Vergabeverordnung zugelassenen Studenten unterscheidet, rechtlich zulässig, dass die Antragsgegnerin – wie in der Kapazitätsberechnung für das Wintersemester 2009/2010 – die Gerichtsmediziner bei der Schwundquotenberechnung der Semesterkohorte des ihrer vorläufigen Zulassung nachfolgenden Wintersemesters zugerechnet hat.

69

Allerdings stellen sich die von der Antragsgegnerin in die Berechnung eingestellten Bestandszahlen an mehreren Stellen als nicht nachvollziehbar dar. Ihre Schwundberechnungstabelle weist bei den Übergängen vom 2. Fachsemester im Sommersemester 2006 zum 3. Fachsemester im Wintersemester 2006/07, vom 1. Fachsemester im Wintersemester 2006/2007 zum 2. Fachsemester im Sommersemester 2007 sowie vom 2. Fachsemester im Sommersemester 2008 zum 3. Fachsemester im Wintersemester 2008/09 jeweils eine Zunahme der Semesterkohorten in nicht unerheblichem Umfang aus (vom SS 06 zum WS 06/07 8 Studierende, vom WS 06/07 zum SS 07 11 Studierende, vom SS 08 zum WS 08/09 23 Studierende). Dies führt im Ergebnis zu einer positiven Schwundquote von 1,0286 beim Übergang vom 2. zum 3. Fachsemester. Zwar hat das Auftreten eines positiven Übergangsschwundes – worauf die Antragsgegnerin zutreffend hinweist – nicht zwangsläufig die rechtliche Fehlerhaftigkeit der Ermittlung des Schwundfaktors insgesamt zur Folge, so lange der Schwundfaktor im Ergebnis nicht größer als 1,0 ist (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 16. Juli 2009 - 3 N 599/08 -, zitiert nach juris). Allerdings ist nicht nachvollziehbar, auf welche Umstände oder Zulassungspraxis der Antragsgegnerin die Zunahme der Bestandszahlen der vorgenannten Semesterkohorten zurückzuführen ist. Die betreffenden Anstiege der Bestandszahlen lassen sich jedenfalls nicht damit erklären, dass in den vergangenen Jahren aufgrund gerichtlicher Beschlüsse zusätzliche Studienplätze vergeben worden sind. Die Antragsgegnerin hat die sog. Gerichtsmediziner auf gerichtliche Aufforderung gesondert in der Schwundberechnungstabelle ausgewiesen. Dadurch wird deutlich, dass der Anstieg der Bestandszahlen einzelner Semesterkohorten auf einer Erhöhung der regulären Studentenzahlen, d.h. der Zahlen ohne Berücksichtigung der Gerichtsmediziner, beruht. Die aufgezeigte Zunahme einzelner Bestandszahlen ist auch nicht mit einer gesonderten Behandlung von beurlaubten Studierenden zu erklären. Nach den Angaben der Antragsgegnerin sind die beurlaubten Studenten bei der Schwundberechnung so behandelt worden, als würden sie ihr Studium ohne Beurlaubung fortsetzen. Durch diese Zählweise sollten gerade Ungenauigkeiten bei der Schwundberechnung durch Doppelzählungen von beurlaubten Studenten oder das Auftreten eines positiven Schwundes durch Berücksichtigung der beurlaubten Studenten im Semester der Wiederaufnahme des Studiums vermieden werden.

70

Hiervon ausgehend spricht einiges dafür, dass der in den vergangenen Studienjahren bei einzelnen Semesterübergängen festzustellende Anstieg der Bestandszahlen auf einer unzulässigen Doppelzählung von Studierenden beruht. Der Antragsgegnerin ist es jedenfalls trotz substantieller Einwände der Antragstellerseite und ausdrückliche Nachfrage der Kammer im Rahmen des Erörterungstermins bislang nicht gelungen, nachvollziehbar zu erklären, worauf der zum Teil erhebliche Anstieg der Bestandszahlen bei einzelnen Semesterübergängen beruht. Soweit sie zuletzt erstmals – weit nach Ablauf der ihr in diesem Zusammenhang gesetzten Stellungnahmefrist – mit Schriftsatz vom 09. Februar 2010 die in ihrer Schwundberechnung festzustellenden „Aufwüchse“ damit zu erklären versucht hat, dass bei der Erstellung der Bestandszahlen zwei Stichtage verwendet und nach einem Stichtag eingetretene Änderungen erst zum darauffolgenden Stichtag berücksichtigt worden seien, was dann dort zu einem „Aufwuchs“ führe, räumt sie selbst ein, dass ihre Schwundquotenberechnung auf einem fehlerhaften Datenmaterial beruht und damit im Ergebnis nicht zutreffend sein kann. Die Antragsgegnerin hat in diesem Zusammenhang nicht im Einzelnen dargelegt, wie sich die Bestandszahlen nunmehr tatsächlich richtig darstellen müssten. Soweit sie (lediglich) exemplarisch darauf hinweist, dass die Gesamtzahl der im Wintersemester 2007/08 im 1. Fachsemester und im Sommersemester 2008 dann im 2. Fachsemester immatrikulierten Studierenden jeweils 252 betragen habe, entzieht sie mit ihrem eigenen Vortrag der in ihrer Berechnung ausgewiesenen positiven Übergangsschwundsquote vom 2. zum 3. Fachsemester die rechnerische Grundlage.

71

Die Antragsgegnerin trifft im Hinblick auf die ihrer Kapazitätsberechnung zugrunde gelegten Daten und Annahmen aber eine Darlegungspflicht, deren Verletzung sowohl in Gestalt von Begründungslücken als auch im Hinblick auf Fehler des Ableitungszusammenhangs den Schluss nahelegen kann, dass sie das Gebot erschöpfender Kapazitätsauslastung verletzt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 22. Oktober 1991 - 1 BvR 393/85 u.a. -, BVerfGE 85, 36). Hiervon ausgehend können die nicht nachvollziehbaren Bestandszahlen bei der Schwundberechnung im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens keine Berücksichtigung finden, da sie im Ergebnis – kapazitätsungünstig – zu einer niedrigeren Schwundquote führen. Sie sind durch korrigierte Werte zu ersetzen, mit denen sich eine realitätsnähere Übergangsquote errechnen lässt. Die Kammer erachtet es insoweit als angemessen, die nicht zu erklärenden Bestandszahlen durch die Zahlen des jeweils vorhergehenden Semesters zu ersetzen, mit der Folge, dass bei den regulären Studierendenzahlen der betreffenden Semesterübergänge kein Schwund zu verzeichnen ist. Die korrigierten Bestandszahlen sind in der nachfolgenden Tabelle graphisch hervorgehoben.

72

Im Übrigen stimmen die von der Antragsgegnerin in ihre Schwundberechnungstabelle übernommenen Bestandszahlen – ohne Gerichtsmediziner – zum überwiegenden Teil auch nicht mit den Zahlen überein, welche sie der Schwundberechnung für die Ermittlung der Aufnahmekapazität für das Wintersemester 2008/2009 zugrunde gelegt hat. Dies betrifft namentlich die Zahlen für das 2. Fachsemester im Sommersemester 2006 (Schwundberechnung 2008/2009: 194, aktuelle Schwundberechnung: 197), für das Eingangssemester und 3. Fachsemester WS 2006/2007 (2008/2009: 1. FS 200, 3. FS 202, aktuell: 1. FS 202, 3. FS 205), für das 2. und 4. Fachsemester im Sommersemester 2007 (2008/2009: 2. FS 209, 4. FS 199, aktuell: 2. FS 213, 4. FS 194) sowie für das Eingangssemester und 3. Fachsemester im Wintersemester 2007/2008 (2008/2009: 1. FS 187, 3. FS 196, aktuell: 1. FS 196, 3. FS 201). Für das vorläufige Rechtsschutzverfahren legt die Kammer der Schwundberechnung insoweit bis auf die korrigierten Zahlen die Bestandszahlen der Antragsgegnerin aus der Kapazitätsberechnung zugrunde.

73

Somit ergibt sich folgende Schwundberechnung:

74

Humanmedizin – Vorklinik

Erhebungssemester

Studenten im n-ten Fachsemester

1

2

3

4

WS 2005/06

Regulär

208

2

237

1

Gerichtsmediziner

19

aus WS 04/05

Gesamt

227

2

237

1

SS 2006

Regulär

197

3

229

Gerichtsmediziner

19

Gesamt

0

216

3

229

WS 2006/07

Regulär

202

197

3

Gerichtsmediziner

48

19

aus WS 05/06

Gesamt

250

0

216

3

SS 2007

Regulär

0

202

194

Gerichtsmediziner

45

19

Gesamt

0

247

0

213

WS 2007/08

Regulär

196

201

1

Gerichtsmediziner

45

45

aus WS 06/07

Gesamt

241

0

246

1

SS 2008

Regulär

1

183

1

192

Gerichtsmediziner

41

44

Gesamt

1

224

1

236

WS 2008/09

Regulär

220

183

1

Gerichtsmediziner

37

40

aus WS 07/08

Gesamt

257

0

223

1

Semesterliche Erfolgsquoten:

0,9555

1,0000

0,9716

1,0000

0,9555

0,9555

0,9284

Schwundstudienzeit: 4 Semester

Schwundfaktor

3,8394

:

4

=

0,9599

75

Dass die von der Kammer eingesetzten (korrigierten) Werte zu einer realitätsnahen Übergangsquote führen, zeigt sich auch daran, dass der Schwundfaktor im letzten Berechnungszeitraum – WS 2008/09: 0,9562 (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 18. August 2009, a.a.O.) – ähnlich ausgefallen ist.

76

Ohne Erfolg weist die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang darauf hin, bei der Berechnung der Aufnahmekapazität im Wintersemester 2009/2010 dürfe ein Schwundfaktor ohnehin nicht berücksichtigt werden, da in den höheren Fachsemestern im Falle eines tatsächlichen Schwundes eine Auffüllverpflichtung bis zu der errechneten Aufnahmekapazität bestehe (vgl. in diesem Zusammenhang den die Zulassung zum Sommersemester 2009, 2. und 4. Fachsemester betreffenden Beschluss der Kammer vom 14. Januar 2010 - 3 B 101/09 u.a. -). Zu einem Schwundausgleich bei der Berechnung der Aufnahmekapazität im Studieneingangssemester (1. Fachsemester) besteht nach dem Wortlaut des § 16 KapVO nur dann Veranlassung, wenn die Zahl der Abgänge an Studenten in höheren Fachsemestern nicht durch Zugänge in gleichem Umfang ausgeglichen wird. Zwar hat sich der Verordnungsgeber in § 2 Abs. 1 i.V.m. der Anlage 2 der ZZVO 2009/2010 ersichtlich dafür entschieden, dass die Auffüllgrenzen für höhere Fachsemester im Wintersemester 2009/2010 und im Sommersemester 2010 durchgängig der Zahl der im Eingangssemester (Wintersemester 2009/2010) zuzulassenden Studienanfänger entsprechen soll. Diese Auffüllverpflichtung vermag die Verpflichtung zur Erhöhung der Studienanfängerzahl durch einen Schwundzuschlag allenfalls dann zu verdrängen, solange die Erwartung des Normgebers gerechtfertigt ist, dass damit das Ziel der Kapazitätsauslastung durch Auffüllen der höheren Fachsemester bis auf die Zulassungszahl des Anfangssemesters erfüllt wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 12. Juni 2007 - NC 9 S 4/07 -, zitiert nach juris). Die Annahme eines Schwundfaktors kann aber geboten sein, wenn aufgrund der Verhältnisse in den vergangenen Studienjahren künftig eine Auffüllung nicht zu erwarten sein dürfte (VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 17. September 2008 - NC 9 S 1792/08 -, zitiert nach juris). Hiervon ist die Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Kapazitätsberechnung für das Wintersemester 2009/2010 selbst ausgegangen, indem sie einen Schwundfaktor berücksichtigt hat. Auch der Normgeber ist bei der Festsetzung der Zulassungszahlen ersichtlich prognostisch davon ausgegangen, dass das in den Folgesemestern zu erwartende Schwundverhalten eine Korrektur der Studienanfängerzahl durch einen Schwundzuschlag erforderlich macht. Er ist zwar nicht dem Festsetzungsvorschlag der Antragsgegnerin gefolgt. Die abweichend davon erfolgte Normierung der Zulassungszahl für das Wintersemester 2009/2010 ist aber ersichtlich nicht darauf zurückzuführen, dass das Kultusministerium im Gegensatz zur Antragsgegnerin keinen Schwundaufschlag als zur Sicherstellung der Kapazitätsausschöpfung in den Folgesemestern erforderlich angesehen hat. Daran muss die Antragsgegnerin sich nunmehr festhalten lassen. Ob eine Kombination von einem Schwundzuschlag bei der Bestimmung der Aufnahmekapazität im Eingangssemester und einer – starren – Auffüllverpflichtung in den höheren Fachsemestern bis zu der errechneten Aufnahmekapazität in der Hochschulwirklichkeit der Antragsgegnerin zu einer Überlastung des Lehrpersonals führt, bedarf vorliegend somit keiner weiteren Erörterung. Im Übrigen bestehen begründete Zweifel daran, dass die Antragsgegnerin in der Vergangenheit der nach der jeweils maßgebenden ZZVO bestehenden Auffüllverpflichtung tatsächlich Folge geleistet hat und dies in Zukunft tun wird. Denn in den vorläufigen Rechtsschutzverfahren über die Zulassung zum Studium der Humanmedizin im Sommersemester 2009 in einem höheren als dem Eingangssemester (vgl. Beschluss der Kammer vom 14. Januar 2010, a.a.O.) hat die Antragsgegnerin eine Zulassung der Antragsteller bis zur Auffüllgrenze noch mit der Begründung abgelehnt, der tatsächlich vorhandene Schwund müsse Berücksichtigung finden. Werden freie Kapazitäten in höheren Semestern tatsächlich bis zur festgesetzten Zulassungszahl aufgefüllt, so wird bei der Berechnung der Kapazität im Folgejahr tatsächlich rechnerisch auch kein Schwund zu verzeichnen sein. Auf Dauer betrachtet wird es auch bei Ansatz eines Schwundausgleichsfaktors bei der Kapazitätsbemessung trotz „starrer“, der Aufnahmekapazität des 1. Fachsemesters entsprechenden Auffüllgrenzen in höheren Semestern nicht zu einer signifikanten „doppelten“ Inanspruchnahme der nur einmal vorhandenen Ausbildungskapazität kommen.

77

Auf der Grundlage des bereinigten Lehrangebots in Höhe von 189,60 SWS errechnet sich hiernach bei dem anzusetzenden Curriculareigenanteil der Lehreinheit Vorklinische Medizin von 1,5497 eine jährliche Aufnahmekapazität der Lehreinheit von (189,60 x 2 =) 379,20 : 1,5497 = 244,6925, so dass sich unter Berücksichtigung des korrigierten Schwundausgleichsfaktors von 0,9599 eine Gesamtzahl von (244,6925 : 0,9599 = 254,9146) gerundet 255 Studienplätzen ergibt.

78

Hinsichtlich der damit vorläufig noch zu vergebenden 17 Studienplätze ist eine Beschränkung der Zulassung auf den vorklinischen Teil nicht angezeigt. Die in der Lehreinheit Vorklinische Medizin festgestellten (verdeckten) freien Studienplätze sind unter den Antragstellern als Voll- und nicht lediglich als Teilstudienplätze zu verteilen, soweit die Fortsetzung des Studiums nach dem vorklinischen Teil gewährleistet werden kann. In diesem Zusammenhang kommt der Ausbildungskapazität im klinischen Teil des Studiengangs Medizin eine maßgebende Bedeutung zu (vgl. § 18 Abs. 1 und 2 KapVO).

79

Bei der Ermittlung der klinischen Ausbildungskapazität bedarf es vorliegend keiner näheren inhaltlichen Prüfung der personalbezogenen Aufnahmekapazität der Lehreinheit Klinisch-praktische Medizin, die sich – wie auch die Ermittlung der Aufnahmekapazität der Lehreinheit Vorklinische Medizin – nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts der KapVO richtet. Denn die Ausbildungskapazität der Antragsgegnerin im klinischen Teil des Studiengangs Humanmedizin wird gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 2 Nr. 4 KapVO durch den sog. patientenbezogenen Engpass bestimmt. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KapVO ist das – nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts der KapVO ermittelte – Berechnungsergebnis für den klinischen Teil des Studiengangs Medizin anhand der patientenbezogenen Einflussfaktoren (§ 14 Abs. 2 Nr. 4 KapVO) zu überprüfen. Würde sich danach eine größere Zahl von Studienplätzen als nach der Berechnung der personalbezogenen Kapazität für den klinischen Teil des Studiums ergeben, wäre dies unbeachtlich, da es nach den genannten Vorschriften auf die (niedrigere) patientenbezogene Kapazität ankommt. Fiele umgekehrt die personalbezogene Kapazität niedriger als die patientenbezogene Kapazität aus, so wäre diese niedrigere Kapazität gemäß § 17 Abs. 2 KapVO zugrunde zu legen. Für diesen Fall hat die Antragsgegnerin allerdings erklärt, dennoch die aufgrund der patientenbezogenen Einflussfaktoren berechnete Anzahl von Studierenden aufzunehmen. Dass sich die Ausbildungskapazität gemäß § 17 KapVO maßgeblich danach richtet, wie viele Patienten zu Ausbildungszwecken zur Verfügung stehen, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Beim Studiengang Humanmedizin sollen Patienten in der klinisch-praktischen Ausbildung dazu dienen, den Medizinstudenten die für die Ausbildung zum Arzt erforderlichen Anschauungen zu vermitteln; auch können ohne Patienten bestimmte ärztliche Techniken nicht eingeübt werden (vgl. Bahro/Berlin, a.a.O., § 17 KapVO, Rdnr. 1). In Anbetracht dessen ist es sachlich gerechtfertigt, dass die patientenbezogene Kapazität das Lehrangebot in der Lehreinheit Klinisch-Praktische Medizin und damit die Aufnahmekapazität der Hochschule in dem Studiengang Humanmedizin – bei einem Mangel an Patienten auch in begrenzender Weise – beeinflussen kann (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 10. Mai 2004 - 2 NB 856/04 -, zitiert nach juris).

80

Als patientenbezogene jährliche Aufnahmekapazität für den Studienabschnitt zwischen dem Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung und dem Beginn des Praktischen Jahres sind gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KapVO 15,5 vom Hundert der Gesamtzahl der tagesbelegten Betten des Klinikums anzusetzen. Ausgehend von 867 tagesbelegten Betten ausweislich der insoweit nicht in Zweifel gezogenen Berechnungsunterlagen der Antragsgegnerin ergibt sich danach eine patientenbezogene Aufnahmekapazität von 134,385 (= 15,5 % von 867). Die Betten von Privatpatienten sind danach – entgegen der Vermutung einiger Antragsteller – zumindest teilweise enthalten. Nach den insoweit nicht in Zweifel zu ziehenden Angaben der Antragsgegnerin wird die Behandlung von Privatpatienten in Anbetracht der in Sachsen-Anhalt niedrigen Fallzahlen statistisch nicht gesondert erfasst. Die Zahl der poliklinischen Neuzugänge – 102.366 nach der Berechnungsvariante B der Antragsgegnerin, dagegen aus nicht nachvollziehbaren Gründen lediglich 95.942 nach der Berechnungsvariante C der Antragsgegnerin – ist im vorliegenden Fall wegen der Regelung in § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 KapVO ohne Einfluss auf das Berechnungsergebnis. Denn gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KapVO ist die nach Nr. 1 errechnete patientenbezogene Aufnahmekapazität je 1.000 jährliche poliklinische Neuzugänge um die Zahl 1, maximal aber um 50 % der Zahl nach Nr. 1 zu erhöhen. Hiervon ausgehend erhöht sich die nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KapVO errechnete patientenbezogene Aufnahmekapazität unabhängig von der tatsächlichen Zahl der poliklinischen Neuzugänge lediglich um 67,1925 (= 134,385 : 2) auf insgesamt 201,5775 Plätze (134,385 + 67,1925). Bei Ansatz des von der Antragsgegnerin für den klinischen Studienabschnitt errechneten Schwundausgleichsfaktors von 0,9221 ergibt sich daraus eine Anzahl von 218,61, gerundet 219 klinischen Studienplätzen. In diesem Zusammenhang bedarf es keiner weiteren Erörterung, ob die von der Antragsgegnerin für den klinischen Teil vorgelegte Schwundtabelle bereits deshalb von fehlerhaften Bestandszahlen ausgeht, da sie nach dem Vorbringen der Antragsgegnerin in einem der Leitverfahren insbesondere auch diejenigen Studierenden der Kohorte des jeweils fünften Fachsemesters zuordnet, die den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung noch nicht bestanden haben. Jedenfalls wirkt sich diese Vorgehensweise der Antragsgegnerin bei der Schwundberechnung für den klinischen Teil kapazitätsgünstig aus, mit der Folge, dass sie hier zugrunde gelegt werden kann. Denn bei dem von der Antragsgegnerin verfolgten Ansatz stellt sich die Anzahl derjenigen Studierenden, welche die Prüfungen am Ende des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung endgültig nicht besteht und damit keine Lehre in der Lehreinheit Klinisch-Praktische Medizin nachfragt, als Schwund im klinischen Ausbildungsabschnitt dar. Ohne diese nur formal dem fünften Fachsemester zugehörigen Studierenden fiele die Schwundquote für den klinischen Studienabschnitt demgegenüber geringer aus, was dann zu einer niedrigeren Zahl der bei der Antragsgegnerin im klinischen Bereich zur Verfügung stehenden Studienplätze führen würde.

81

Ebenso kann die Frage dahinstehen, ob auch die in den Tageskliniken der Antragsgegnerin zur Verfügung stehenden (tagesbelegten) Betten bei der Berechnung der patientenbezogenen Kapazität nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KapVO Berücksichtigung finden müssen. Denn die patientenbezogene Ausbildungskapazität läge auch dann unterhalb der gerichtlich für den vorklinischen Bereich festgestellten Aufnahmekapazität von 255 Studienplätzen, wenn die in den Tageskliniken zur Krankenversorgung zur Verfügung stehenden Betten den tagesbelegten Betten im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KapVO zugerechnet würden. Nach den nicht in Abrede gestellten Angaben der Antragsgegnerin stehen in den Tageskliniken 48 Betten zur Verfügung. Ausgehend von einer sich bei Berücksichtigung dieser Betten ergebenden Gesamtzahl von 915 (867 + 48) tagesbelegten Betten ergäbe sich eine patientenbezogene Kapazität von gerundet 231 klinischen Studienplätzen (141,825 (15,5 % von 915) + 70,9125 (141,825 : 2) = 212,7375 : 0,9221). Selbst diese Kapazität liegt noch unterhalb der in der ZZVO 2009/2010 für das fünfte Fachsemester mit 237 Plätzen festgesetzten Zulassungszahl, welche die Antragsgegnerin sich entgegenhalten lassen muss.

82

Auch die von einigen Antragstellern gegen den Ansatz des Berechnungsparameters von 15,5 % der tagesbelegten Betten geltend gemachten rechtlichen Bedenken vermögen zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung zu führen. Es mag zwar zutreffen, dass die durchschnittliche Verweildauer von Patienten in Krankenhäusern in den letzten Jahren aus Kostengründen zurückgegangen ist. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass es im (weiten) Gestaltungsermessen des Verordnungsgebers liegt, ob und in welcher Weise auf diese Entwicklung zu reagieren ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 01. Oktober 2009 - 13 B 1185/09 -, zitiert nach juris; Beschl. v. 22. Februar 2008 - 13 C 659/08 -, zitiert nach juris; siehe auch Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 26. November 2008 - 2 NB 34/08 -, zitiert nach juris). Dass der Verordnungsgeber diesen Entscheidungsspielraum unsachgemäß überschritten hat, ist nicht erkennbar.

83

Für die Frage, ob die hier gerichtlich über die festgesetzte Zulassungszahl hinaus aufgedeckten 17 Studienplätze im 1. Fachsemester auf den vorklinischen Studienabschnitt zu beschränken sind, kann jedoch nicht allein darauf abgestellt werden, dass die mit 237 Plätzen normativ festgesetzte Ausbildungskapazität im ersten klinischen Semester niedriger ist als die nunmehr gerichtlich festgestellte Aufnahmekapazität in der Lehreinheit Vorklinische Medizin von 255 Studienplätzen. Entscheidend ist vielmehr, wie viele der nach den Feststellungen der Kammer im Wintersemester 2009/2010 im 1. Fachsemester aufzunehmenden 255 Studienanfänger am Ende des vorklinischen Studienabschnitts tatsächlich in das erste klinische Fachsemester eintreten und dort Lehre nachfragen. Nur wenn zu erwarten ist, dass mehr Studienanfänger der Eingangssemesterkohorte 2009/2010 nach Abschluss des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung in den klinischen Ausbildungsabschnitt eintreten als klinische Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass im Hinblick auf die über die festgesetzte Zulassungszahl hinaus zuzulassenden Studienplatzbewerber ein Weiterstudium im klinischen Ausbildungsabschnitt bei der Antragsgegnerin gewährleistet ist (vgl. auch Hamburgisches OVG, Beschl. v. 26. März 1999 - 3 Nc 34/98 -, zitiert nach juris). Denn durch die Beschränkung der Zulassungen auf Teilstudienplätze soll nur verhindert werden, dass bei Erreichen eines – hier patientenbezogenen – Ausbildungsengpasses im Bereich des klinischen Studienabschnitts mehr Studierende auszubilden sind als die klinische Kapazität dies zulässt. Die Zahl der im ersten klinischen Semester Lehre nachfragenden Studierenden der Eingangssemesterkohorte verringert sich aber einesteils um die Zahl derjenigen Studierenden, die die den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung endgültig nicht bestehen (sog. Prüfungsschwund), und anderenteils um die derjenigen Studierenden, die das Studium von sich aus vor dem letzten Prüfungsversuch oder auch erst unmittelbar nach Bestehen der Prüfung abbrechen (sog. Exmatrikulationsschwund). Dementsprechend ist die Anzahl der im Eingangssemester 2009/2010 bereits aufgrund der in der ZZVO 2009/2010 festgesetzten Zulassungszahl zur Verfügung stehenden Vollstudienplätze – hier 237 – im Umfang des Prüfungs- und Exmatrikulationsschwundes zu erhöhen (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 30. November 2004 - 2 NB 430/03 -, zitiert nach juris; VG Sigmaringen, Beschl. v. 03. November 2006 - NC 6 K 216/06 -, zitiert nach juris; Beschl. v. 09. November 2007 - NC 6 K 1426/07 -, zitiert nach juris; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 31. März 2003 - NC 9 S 45/02 u.a. -, NVwZ-RR 2003, 500). Von dem Prüfungs- und Exmatrikulationsschwund ist der bei der Berechnung der vorklinischen Aufnahmekapazität berücksichtigte Schwund zu unterscheiden. Letzterer nimmt die Entwicklung der Studierendenzahlen bis zum Beginn des vierten Fachsemesters in den Blick und ist für die Frage ausschlaggebend, ob und wie viele zusätzliche (verdeckte) Studienplätze für das vorklinische Eingangssemester – hier Wintersemester 2009/2010 – zu vergeben sind. Demgegenüber bildet der Prüfungs- und Exmatrikulationsschwund die Verringerung der Zahl der Studierenden beim Übergang vom vorklinischen in den klinischen Studienabschnitt ab. Ihm kommt somit allein Bedeutung dafür zu, ob die – ggf. unter Berücksichtigung des vorklinischen Schwundfaktors – aufgedeckten Studienplätze im Eingangssemester Voll- oder Teilstudienplätze darstellen.

84

In Anwendung dieser Grundsätze ist – prognostisch – davon auszugehen, dass sämtlichen der nach den Feststellungen der Kammer 255 Studierenden aus der Studienanfängerkohorte des Wintersemesters 2009/2010 ein Weiterstudium nach dem Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung bei der Antragsgegnerin gewährleistet werden kann.

85

Den zu berücksichtigenden Prüfungsschwund vom 4. zum 5. Fachsemester leitet die Kammer mangels insoweit hinreichend aussagekräftigen Datenmaterials aus den von der Antragsgegnerin vorgelegten Zahlen über das Bestehen des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung ab. Danach haben im Jahr 2006 84 %, im Jahr 2007 72,5 % und im Jahr 2008 76 % der angetretenen Studierenden die Prüfung bestanden. Hieraus ergibt pauschaliert sich eine durchschnittliche Bestehensquote von 77,5 %. Die daraus ersichtlich werdende durchschnittliche Misserfolgsquote von 22,5 % kann jedoch noch nicht als Prüfungsschwund in Ansatz gebracht werden, da sie nicht die endgültige Misserfolgsquote abbildet. Denn in die Betrachtung einzubeziehen sind auch die zunächst durchgefallenen Studierenden, die die Wiederholungsprüfung bestehen. Dem Rechnung tragend erachtet es die Kammer als sachgerecht, im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zur Ermittlung einer annähernd realistischen endgültigen Misserfolgsquote davon auszugehen, dass von den in den Jahren 2006 bis 2008 insgesamt 169 durchgefallenen Studierenden ein Teil in Höhe der durchschnittlichen Bestehensquote von 77,5 %, d.h. 131 Studierende, die Wiederholungsprüfungen erfolgreich absolviert bzw. 38 Studierende den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung endgültig nicht bestanden haben. Ausgehend von einer Gesamtzahl von 738 Studierenden, die in den Jahren 2006 bis 2008 die Prüfung angetreten haben, entspricht dies einer durchschnittlichen Misserfolgsquote von 5,15 %. Diesen annäherungsweise pauschalierend gefundenen Wert als Prüfungsschwund zugrunde gelegt ist prognostisch davon auszugehen, dass 13 der 255 Studierenden der Eingangssemesterkohorte des Wintersemesters 2009/2010 den vorklinischen Studienabschnitt – unabhängig vom sonstigen Schwundverhalten – nicht erfolgreich absolvieren und dementsprechend im klinischen Studienabschnitt keine Lehre nachfragen werden.

86

Zur Ermittlung des zusätzlich zu berücksichtigenden Exmatrikulationsschwundes ist grundsätzlich eine Betrachtung der Übergangsquote vom letzten vorklinischen in das erste klinische Fachsemester und des hieran anknüpfenden Auffüllverhaltens der Hochschule geboten. Hierbei ist zu beachten, dass die vorgenannte Übergangsquote auch den Prüfungsschwund einschließt. Insoweit wäre es auch denkbar, den Prüfungs- und Exmatrikulationsschwund insgesamt aus der Übergangsquote vom letzten vorklinischen in das erste klinische Fachsemester abzuleiten. Vorliegend fehlt es allerdings an Zahlenmaterial, aus dem sich diese Übergangsquote hinreichend verlässlich bestimmen lässt. Die von der Antragsgegnerin vorlegten Schwundberechnungen beziehen sich lediglich auf den vorklinischen Studienabschnitt einerseits oder den klinischen Studienabschnitt andererseits, blenden aber den Übergang vom letzten vorklinischen in das erste klinische Fachsemester aus. Der berücksichtigungsfähige Prüfungs- und Exmatrikulationsschwund lässt sich auch nicht aus einem Vergleich der Bestandszahlen des vierten Fachsemesters in der die Lehreinheit Vorklinische Medizin betreffenden Schwundberechnungstabelle mit den Bestandszahlen des fünften Fachsemesters in der den klinischen Studienabschnitt erfassenden Schwundberechnungstabelle der Antragsgegnerin ableiten. Die Antragsgegnerin hat ihrem Vorbringen zufolge bei den Studierenden die Fachsemester fortgezählt, ohne im Einzelnen zu berücksichtigen, ob die ärztlichen Vorprüfungen bestanden worden sind oder nicht. Dadurch erscheinen aber insbesondere im fünften Fachsemester auch – in nicht näher bestimmter Zahl – Studierende, die materiell-rechtlich betrachtet dort nicht hingehören, weil sie den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (noch) nicht bestanden haben. Ausgehend davon ist die bei einem Vergleich der Bestandszahlen ersichtliche Übergangsquote vom vierten zum fünften Fachsemester für den hier festzustellenden Prüfungs- und Exmatrikulationsschwund nicht aussagekräftig.

87

Zumindest einen Anhaltspunkt zur Bestimmung des Exmatrikulationsschwundes am Ende des vorklinischen Studienabschnitts bietet der von der Antragsgegnerin zur Berechnung der klinischen Kapazität in Ansatz gebrachte Schwundfaktor von 0,9221 im Verhältnis zum Prüfungsschwund. Dieser Schwundfaktor berücksichtigt zwar den gesamten klinischen Studienabschnitt, wird aber im Ergebnis – wie bereits ausgeführt – angesichts der von der Antragsgegnerin insoweit gewählten Betrachtungsweise in erheblichem Maße vom Schwund beim Übertritt vom vorklinischen in den klinischen Studienabschnitt nach Abschluss des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung und damit auch vom Prüfungsschwund beeinflusst. Von diesem Schwundfaktor ausgehend würden lediglich 235 Studierende (92,21 % von 255 Studienanfängern) der hier maßgebenden Eingangssemesterkohorte überhaupt das erste klinische Fachsemester erreichen. Die sich somit im Vergleich zur Anzahl der Studierenden im Eingangssemester ergebende Differenz von 20 Studierenden ließe sich bei Berücksichtigung eines Prüfungsschwundes von 5 % im Umfang von 13 Studierenden auf das Nichtbestehen des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung zurückführen. Damit verbleibt noch ein zu erwartender (Rest-)Schwund von 7 Studierenden. Es spricht vieles dafür, dass dieser Schwund zumindest hinsichtlich einer Anzahl von 5 Studierenden auf eine Exmatrikulation von Studierenden beim Übergang vom letzten vorklinischen in das erste klinische Semester zurückzuführen ist. Jedenfalls dürfen die von den Antragstellern nicht zu vertretenen Unklarheiten bezüglich des tatsächlichen Prüfungs- und Exmatrikulationsschwundes beim Übergang vom vorklinischen in den klinischen Studienabschnitt zumindest im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens nicht dazu führen, dass diejenigen Studienplatzbewerber, auf die einer der 17 gerichtlich festgestellten (außerkapazitären) Studienplätze entfällt, lediglich einen Teil- anstelle eines Vollstudienplatzes erhalten, obwohl in Anbetracht der Gesamtumstände eine – wenngleich nur schätzungsweise – hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie ihr Studium im klinischen Abschnitt bei der Antragsgegnerin werden fortsetzen können.

88

Mangels anderer Berechnungsgrundlagen geht die Kammer deshalb im vorläufigen Rechtsschutzverfahren aber im Wege der Schätzung davon aus, dass von den nach Abzug des Prüfungsschwundes verbleibenden 242 Studierenden der Eingangssemesterkohorte Wintersemester 2009/2010 mindestens fünf weitere Studierende nicht im klinischen Studienabschnitt bei der Antragsgegnerin weiterstudieren werden. Ausgehend davon steht nicht zu erwarten, dass im Bereich des klinischen Studienabschnitts – ausgehend von der derzeitigen normativ festgesetzten Ausbildungskapazität von 237 Studienplätzen – eine Überlast eintritt, wenn sämtlichen der nach den Feststellungen der Kammer im Wintersemester 2009/2010 außerhalb der Kapazität zuzulassenden 17 weiteren Studienplatzbewerbern bereits zum jetzigen Zeitpunkt ein Vollstudienplatz zugewiesen wird.

89

Soweit die Antragstellerin zu 27. zugleich mit dem Hauptantrag einen innerkapazitären Hochschulzulassungsanspruch als Studienanfängerin verfolgt, hat sie keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Wie bereits ausgeführt, sind nach dem insoweit unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Antragsgegnerin sämtliche der in der ZZVO 2009/2010 festgesetzten (innerkapazitären) Studienplätze im Wintersemester 2009/2010 vergeben. Außerdem hat die Antragsgegnerin nachvollziehbar dargelegt, dass im Auswahlverfahren der Hochschule lediglich Bewerberinnen und Bewerber mit mindestens 745 Punkten zugelassen werden konnten, die Antragstellerin allerdings nur eine Gesamtpunktzahl von 699 Punkten erreicht hat. Dem ist die Antragstellerin nicht substantiiert entgegengetreten. Insbesondere hat sie sich nicht näher damit auseinandergesetzt, unter welchen Gesichtspunkten ihr der Vorrang vor demjenigen Studienbewerber einzuräumen sein sollte, der aufgrund seiner weitaus höheren Gesamtpunktzahl den letzten innerhalb der Kapazität zu vergebenden Studienplatz erhalten hat.

90

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Danach können einem Beteiligten die Kosten des Verfahrens ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Diese Entscheidung steht im Ermessen des Gerichts. Vorliegend entspricht es der Billigkeit, die Antragsteller mit den gesamten Kosten ihres Verfahrens zu belasten, obwohl die Antragsgegnerin zu einem Teil unterlegen ist. Auch soweit einige Antragsteller einen "Losantrag" gestellt haben, begehren sie der Sache nach eine vorläufige Regelung, die sich nicht nur in der Teilnahme an einem Vergabeverfahren (Losverfahren) erschöpft, sondern im eigentlichen Kern und vorrangig zugleich auch die sofortige Aufnahme des Studiums nach Maßgabe des Losergebnisses anordnet. Dies ergibt eine nach den §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO vorzunehmende Auslegung der – im Einzelnen teilweise unterschiedlich – gestellten Anträge, an deren Wortlaut das Gericht nicht gebunden ist. Das Gericht darf im Rahmen der Auslegung lediglich nicht über das Antragsbegehren hinausgehen. Aus Gründen der Rechtssicherheit schließt sich die Kammer der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt an, wonach in Numerus-Clausus-Verfahren, in denen das Obsiegen der Antragsteller in einer Teilnahme an einer Verlosung der gerichtlich festgestellten Studienplätze unter sämtlichen verbliebenen Antragstellern besteht, im Rahmen der Kostenentscheidung eine Quote zu bilden ist, bei der die Gesamtzahl der verbliebenen Antragsteller der Anzahl der zu verlosenden Studienplätze gegenüberzustellen ist. Ausgehend von einer Zahl der noch verbliebenen 471 Antragsteller ergibt sich für jeden Antragsteller im Hinblick auf die noch zu vergebenden 17 Studienplätze eine Loschance von 3,6 %. Bei dieser – minimalen – Loschance wäre der Antragsgegnerin allenfalls eine Kostenquote von 1/28 aufzuerlegen. In Anbetracht dieser geringen Quote erscheint es billig und aus verwaltungsökonomischen Gründen geboten, im Rahmen der Kostenentscheidung von einer Kostenteilung abzusehen und die Antragsteller vollumfänglich mit den Kosten des Verfahrens zu belasten.

91

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG. In Anlehnung an Ziffer 18.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, S. 1327) legt das Gericht jedem auf Zulassung zum Studium gerichteten Begehren der Antragsteller den Auffangstreitwert in Höhe von 5.000,00 € zugrunde. Dieser Betrag ist trotz der hier vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht zu ermäßigen, weil die von den Antragstellern begehrte Entscheidung eine faktische Vorwegnahme der Hauptsache darstellt (ständige Rechtsprechung des OVG LSA: vgl. Beschlüsse vom 09. Dezember 2005 – 3 O 393/05 –, vom 18. Dezember 2006 – 3 O 228/06 – und vom 28. März 2008 – 3 O 401/08).


(1) Die Universität vermittelt eine Ausbildung, die den in § 1 Abs. 1 genannten Zielen entspricht und die es den Studierenden ermöglicht, die dazu erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erwerben, die in den in dieser Verordnung vorgesehenen Prüfungen gefordert werden. Zu diesem Zweck werden unter Berücksichtigung der Vorgaben der Anlage 1 zu dieser Verordnung neben Vorlesungen insbesondere praktische Übungen und Seminare durchgeführt. Darüber hinaus kann die Universität weitere Unterrichtsformen, z. B. gegenstandsbezogene Studiengruppen, vorsehen. Praktische Übungen umfassen den Unterricht am Krankenbett, Praktika und Blockpraktika.

(2) Der Unterricht im Studium soll fächerübergreifendes Denken fördern und soweit zweckmäßig problemorientiert am Lehrgegenstand ausgerichtet sein. Die Universitäten haben im erforderlichen Umfang fächerübergreifenden Unterricht und Unterricht in Querschnittsbereichen anzubieten. Die Vermittlung der naturwissenschaftlichen und theoretischen Grundlagen ist auf die medizinisch relevanten Ausbildungsinhalte zu konzentrieren. Die Vermittlung des theoretischen und klinischen Wissens soll während der gesamten Ausbildung so weitgehend wie möglich miteinander verknüpft werden. Neben den Veranstaltungen nach Anlage 1 zu dieser Verordnung sind Seminare im Umfang von mindestens 98 Stunden als integrierte Veranstaltungen, in die geeignete klinische Fächer einbezogen werden, vorzusehen; darüber hinaus sind weitere Seminare mit klinischem Bezug im Umfang von mindestens 56 Stunden vorzusehen.

(3) Die praktischen Übungen umfassen die eigenständige Bearbeitung von praktischen Aufgaben durch die Studierenden unter Anleitung, Aufsicht und Verantwortung der ausbildenden Lehrkraft. Bei den praktischen Übungen ist die praktische Anschauung zu gewährleisten. Soweit der Lehrstoff dies erfordert, ist in kleinen Gruppen zu unterrichten. Praktische Übungen können durch digitale Lehrformate begleitet werden. Der Lehrstoff der praktischen Übungen soll sich an den Anforderungen der ärztlichen Praxis ausrichten. Dabei steht zunächst die Unterweisung am Gesunden und entsprechend dem Stand der Fähigkeiten und Fertigkeiten insbesondere nach dem Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung die Unterweisung am Patienten im Vordergrund. Die Praktikumszeit ist nach dem Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung in einem Anteil von mindestens 20 Prozent durch theoretische Unterweisungen in Seminaren oder gegenstandsbezogenen Studiengruppen zu begleiten. Den Studierenden ist ausreichend Gelegenheit zu geben, unter Anleitung, Aufsicht und Verantwortung des ausbildenden Arztes am Patienten tätig zu werden, soweit dies zum Erwerb von Fähigkeiten und Fertigkeiten erforderlich ist. Unzumutbare Belastungen des Patienten durch den Unterricht sind zu vermeiden. Beim Unterricht am Krankenbett darf jeweils nur eine kleine Gruppe von Studierenden gleichzeitig unmittelbar am Patienten unterwiesen werden, und zwar

-
beim Unterricht in Form der Patientendemonstration eine Gruppe von höchstens sechs,
-
bei der Untersuchung eines Patienten durch Studierende eine Gruppe von höchstens drei.
Bei der praktischen Unterweisung am Patienten entfällt je die Hälfte der Unterrichtszeit auf den Unterricht in Form der Patientendemonstration und auf den Unterricht mit Patientenuntersuchung. Die Gesamtstundenzahl für den Unterricht am Krankenbett beträgt 476. Blockpraktika sind Veranstaltungen von ein- bis sechswöchiger Dauer zur Differentialdiagnostik und -therapie der wichtigsten Krankheitsbilder unter Bedingungen des klinischen und ambulanten medizinischen Alltags. In der Allgemeinmedizin dauert das Blockpraktikum nach § 27 Absatz 4 Nummer 5 mindestens zwei Wochen. Mindestens 20 Prozent der Praktika nach dem Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung sind in Form von Blockpraktika zu unterrichten.

(4) In den Seminaren wird der durch praktische Übungen und Vorlesungen vermittelte Lehrstoff vertiefend, anwendungs- und gegenstandsbezogen erörtert. Die Seminare sind darauf gerichtet, den Studierenden wichtige medizinische Zusammenhänge zu vermitteln. Die Seminare umfassen auch die Vorstellung von Patienten sowie die Präsentation und Diskussion von bevölkerungsmedizinisch relevanten Themen und Szenarien. Sie können durch digitale Lehrformate begleitet werden. Die Studierenden haben durch eigene Beiträge vor allem fächerübergreifende Probleme und Beziehungen zwischen medizinischen Grundlagen und klinischen Anwendungen zu verdeutlichen. Die Zahl der jeweils an einem Seminar teilnehmenden Studierenden darf 20 nicht überschreiten. Eine Überschreitung ist zulässig, wenn andernfalls eine Gruppe gebildet werden müsste, die weniger als zehn Studierende umfassen würde; in diesem Fall sind die Studierenden, für die keine weitere Gruppe gebildet wird, auf die übrigen Gruppen möglichst gleichmäßig zu verteilen.

(5) Die gegenstandsbezogenen Studiengruppen haben die Aufgabe, den in praktischen Übungen, Seminaren und Vorlesungen dargestellten Stoff zu besprechen und das eigenständige, problemorientierte Arbeiten zu üben. Gegenstandsbezogene Studiengruppen werden von den Lehrkräften der Universität oder durch von der Universität beauftragte Lehrkräfte geleitet. In den gegenstandsbezogenen Studiengruppen sollen vor allem Fallbeispiele behandelt werden. Sie können durch digitale Lehrformate begleitet werden. In Verbindung mit Seminaren und gegenstandsbezogenen Studiengruppen sollen die Universitäten auch die Abhaltung von Tutorien ermöglichen.

(6) Die in den Absätzen 3 bis 5 genannten Unterrichtsveranstaltungen werden durch systematische Vorlesungen vorbereitet oder begleitet. Die Vorlesung ist eine zusammenhängende Darstellung und Vermittlung von wissenschaftlichen und methodischen Kenntnissen durch den Vortrag von Lehrkräften. Sie kann auch in digitaler Form durchgeführt werden.

(7) Die Studierenden weisen durch Bescheinigungen nach dem Muster der Anlage 2 oder durch eine zusammenfassende Bescheinigung nach dem Muster der Anlage 2a oder 2b zu dieser Verordnung ihre regelmäßige und erfolgreiche Teilnahme an den in Absatz 1 Satz 2 und 3 und Absatz 2 Satz 5 genannten praktischen Übungen, Seminaren und gegenstandsbezogenen Studiengruppen sowie den regelmäßigen Besuch der die praktischen Übungen vorbereitenden oder begleitenden Vorlesungen nach, soweit deren Besuch von der Universität in einer Studienordnung vorgeschrieben ist. In der Studienordnung werden auch die Voraussetzungen für die Feststellung der regelmäßigen und erfolgreichen Teilnahme an diesen Unterrichtsveranstaltungen geregelt. Eine erfolgreiche Teilnahme an einer praktischen Übung nach Absatz 3 liegt vor, wenn die Studierenden in der praktischen Übung in einer dem betreffenden Fachgebiet angemessenen Weise gezeigt haben, dass sie sich die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten angeeignet haben und sie in der Praxis anzuwenden wissen. Eine erfolgreiche Teilnahme an einem Seminar nach Absatz 4 liegt vor, wenn die Studierenden gezeigt haben, dass sie den Lehrstoff in seinen Zusammenhängen erfasst haben und in der Lage sind, dies darzustellen. Eine erfolgreiche Teilnahme an einer gegenstandsbezogenen Studiengruppe nach Absatz 5 liegt vor, wenn die Studierenden in der gegenstandsbezogenen Studiengruppe gezeigt haben, dass sie vor allem Fallbeispiele eigenständig und sachgerecht bearbeiten können.

(8) Bis zum Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung und bis zum Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung ist jeweils ein Wahlfach abzuleisten. Für den Ersten Abschnitt kann aus den hierfür angebotenen Wahlfächern der Universität frei gewählt, für den Zweiten Abschnitt können ein in der Anlage 3 zu dieser Verordnung genanntes Stoffgebiet oder Teile davon gewählt werden, soweit sie von der Universität angeboten werden. Die Leistungen im Wahlfach werden benotet. Die Note wird für das erste Wahlfach in das Zeugnis nach dem Muster der Anlagen 11 und 12 zu dieser Verordnung, für das zweite Wahlfach nach dem Muster der Anlage 12 zu dieser Verordnung aufgenommen, ohne bei der Gesamtnotenbildung berücksichtigt zu werden.

(9) Lehrveranstaltungen sind regelmäßig auf ihren Erfolg zu evaluieren. Die Ergebnisse sind bekannt zu geben.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

Gründe

1

Die von den Antragstellern bei dem beschließenden Gericht gestellten Anträge auf (vorläufige) Zulassung zum Studiengang Humanmedizin bei der Antragsgegnerin im Wintersemester 2009/2010 im 1. Fachsemester außerhalb der festgesetzten Kapazität bzw. auf Beteiligung an der Verlosung freier außerkapazitärer Studienplätze, haben in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Das Gericht erachtet die im gerichtlichen Eilverfahren gestellten Anträge unabhängig davon für zulässig, ob einzelne Antragsteller ihren jeweiligen Antrag auf eine unmittelbare Zulassung gerichtet und nur hilfsweise die Zulassung nach den Rangplätzen eines anzuordnenden Losverfahrens begehrt haben oder ob sie isoliert (nur) die Durchführung eines – mitunter auf eine bestimmte Platzzahl beschränkten – Losverfahrens und die anschließende Zulassung nach den jeweiligen Rangplätzen beantragt haben.

2

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn diese, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung). Gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 und § 294 Abs. 1 ZPO muss ein Antragsteller dazu glaubhaft machen, dass ihm dadurch, dass man ihn auw ein Hauptsacheverfahren verweist, Nachteile entstehen, die bei einem Obsiegen in der Sache nicht mehr ausgeglichen werden können (Anordnungsgrund). Darüber hinaus ist zu prüfen, ob der Antragsteller mit seinem Begehren im Hauptsacheverfahren voraussichtlich Erfolg haben wird (Anordnungsanspruch).

3

Der für ein erfolgreiches Rechtsschutzbegehren der Antragsteller erforderliche Anordnungsgrund ergibt sich bereits daraus, dass den Antragstellern ein Zuwarten bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren, das erst geraume Zeit nach Beginn des Bewerbungssemesters durchgeführt und abgeschlossen werden kann, und eine damit verbundene Zurückstellung ihrer Berufsausbildung nicht zuzumuten ist.

4

Ein Anspruch auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang glaubhaft gemacht.

5

Der von den Antragstellern begehrten vorläufigen Zuweisung eines Studienplatzes im Wintersemester 2009/2010 im 1. Fachsemester im Studiengang Humanmedizin steht zunächst nicht teilweise entgegen, dass einige Antragsteller, die ihre Hochschulzugangsberechtigung vor dem 16. Januar 2009 erworben haben (sog. Altabiturienten), bei der Antragsgegnerin einen Antrag auf Zulassung außerhalb der festgesetzten Kapazität zum Wintersemester 2009/2010 erst nach dem 31. Mai 2009 gestellt haben. Die in §§ 23, 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 1. Alt. der Verordnung des Landes Sachsen-Anhalt über die zentrale Vergabe von Studienplätzen – ZVS-LSA – vom 13. Juni 2008 (GVBl. S. 209) für sog. Altabiturienten vorgesehene Antragsfrist ist auf Anträge außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl nicht anwendbar. Die Verweisung in § 23 ZVS-LSA auf § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ist im Lichte der Art. 12 Abs. 1, 3 Abs. 1 GG einschränkend dahingehend auszulegen, dass nur die dort ebenfalls bestimmte – von sämtlichen Antragstellern eingehaltene – allgemeine Antragsfrist für das Wintersemester (15. Juli) entsprechend auf außerkapazitäre Zulassungsanträge Anwendung findet (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 09. Dezember 2009 - 3 M 390/09 u.a. -).

6

Die Antragsteller haben auch an Eides statt versichert, mangels Zulassung an einer anderen Hochschule im Studiengang Humanmedizin über ein rechtliches Interesse an der mit ihren Eilanträgen begehrten vorläufigen Zuweisung eines Studienplatzes bei der Antragsgegnerin zu verfügen. Soweit die Antragsgegnerin von den Antragstellern in diesem Zusammenhang die Vorlage aktueller eidesstattlicher Versicherungen des Inhalts verlangt, dass sie auch weiterhin nicht an einer anderen Hochschule im Studiengang Humanmedizin zugelassen sind, ist darauf hinzuweisen, dass dieser Forderung nicht ohne erhebliche zeitliche Verzögerungen bei der Entscheidung der Kammer über die mehrere Hundert Eilanträge Rechnung getragen werden kann. Abgesehen davon nehmen die meisten Antragsteller nach den Beobachtungen der Kammer ihren Antrag zurück, sobald sie eine anderweitige Zulassung erhalten haben. Dies führt regelmäßig bereits vor der Beschlussfassung der Kammer über die anhängigen Eilanträge zu zahlreichen Verfahrenseinstellungen. Soweit die Antragsgegnerin vorträgt, dass in der Vergangenheit einige Antragsteller den ihnen zugewiesenen Studienplatz wegen einer anderweitigen Zulassung nicht angenommen haben, handelt es sich im Verhältnis zu der Gesamtzahl der Eilanträge lediglich um Einzelfälle. Dem nachvollziehbaren Interesse der Antragsgegnerin, solche Antragsteller von der Verlosung eventuell gerichtlich festgestellter zusätzlicher Studienplätze auszuschließen, die bereits eine anderweitige Zulassung erhalten haben, aber ihren Eilantrag gleichwohl aufrechterhalten, ist auf andere Weise Rechnung zu tragen, wie z.B. durch einen Antrag auf Änderung der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren getroffenen einstweiligen Anordnung in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 7 VwGO (vgl. Posser/Wolff, VwGO, § 123 Rdnr. 182 f.; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 123 Rdnr. 35). Soweit es der Antragsgegnerin dabei allein um die Frage der Verfahrenskosten geht, wäre auch eine freiwillige außergerichtliche Ausgleichung durch die betroffenen Antragsteller denkbar.

7

In der Sache hat die Antragsgegnerin mit der Anzahl der (innerkapazitär) zugelassenen Studierenden nicht ihre vorhandene Ausbildungskapazität ausgeschöpft. Das Kultusministerium hat die Zulassungszahl für das Wintersemester 2009/2010, 1. Fachsemester, Studiengang Humanmedizin bei der Antragsgegnerin in Anlage 1 zu § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 der Verordnung über die Festsetzung von Zulassungszahlen für Studienplätze im Wintersemester 2009/2010 und im Sommersemester 2010 (Zulassungszahlenverordnung 2009/2010) – ZZVO 2009/2010 – vom 22. Juni 2009 (GVBl. LSA S. 316) auf 237 Studienanfängerplätze festgesetzt. Zum Zeitpunkt der Entscheidung der Kammer waren nach den Mitteilungen der Antragsgegnerin im ersten Fachsemester 238 Studienplätze belegt. Diese Überbuchung erkennt die Kammer im Eilverfahren als kapazitätsdeckend an (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 12. August 2009 - 3 M 17/09 -; Beschl. v. 18. August 2009 - 3 M 18/09 -, zitiert nach juris). Die der Zulassungszahlenfestsetzung zugrunde gelegte Kapazitätsberechnung ist nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erforderlichen, aber auch hinreichenden summarischen Prüfung allerdings fehlerhaft, soweit insgesamt eine Aufnahmekapazität von weniger als 255 Studierenden für das 1. Fachsemester errechnet worden ist. Die im Verordnungswege festgesetzte niedrigere Zulassungszahl ist vor dem Hintergrund des sich aus Art. 12 Abs. 1 GG ergebenden Gebotes, vorhandene Ausbildungskapazitäten zu erschöpfen, wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht als rechtlich unbeachtlich zu behandeln. Die Antragsgegnerin ist daher zur vorläufigen Vergabe weiterer 17 Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität zu verpflichten.

8

Die Ermittlung der jährlichen Aufnahmekapazität bestimmt sich nach den Vorschriften der Kapazitätsverordnung des Landes Sachsen-Anhalt – KapVO – vom 24. Januar 1994 (GVBl. LSA S. 68), zuletzt geändert durch Verordnung vom 14. Februar 2003 (GVBl. LSA S. 8). Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 KapVO wird die jährliche Aufnahmekapazität in zwei Verfahrensschritten durch Berechnung aufgrund der personellen Ausstattung (Nr. 1) und Überprüfung des Ergebnisses anhand der weiteren kapazitätsbestimmenden Kriterien (Nr. 2) ermittelt. Zu diesem Zweck wird entsprechend § 6 KapVO i.V.m. Anl. 1 zur KapVO dem jährlichen Lehrangebot der Lehreinheit für den Studiengang die Lehrnachfrage des Studiengangs bei dieser Lehreinheit gegenübergestellt.

9

Für die Ermittlung des unbereinigten Lehrangebotes gilt danach folgendes:

10

Wie in den Vorjahren sind die in der Lehreinheit Vorklinische Medizin im Umfang von 12 SWS erfolgten Stellenreduzierungen (entspricht den von den Beteiligten in Bezug genommenen drei sog. „fiktiven Stellen“) nicht kapazitätsmindernd zu berücksichtigen. Das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt hat hierzu in seinem Beschluss vom 04. Mai 2007 (- 3 N 56/07 -, zitiert nach juris) zunächst allgemein ausgeführt:

11

„Da sich ein (absoluter) Numerus clausus, wie er für den Studiengang Humanmedizin in der Bundesrepublik Deutschland praktiziert wird, an der Grenze des verfassungsrechtlich Hinnehmbaren bewegt [vgl. BVerfG, Urt. v. 18.07.1992 - 1 BvL 32/70 u. 25/71 -, BVerfGE 33, 303 (333)], ist es auch im Interesse der gebotenen Nachprüfbarkeit der von der jeweiligen Hochschule angestellten Kapazitätsberechnungen (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 08.02.1984 - 1 BvR 580/83 u. a. -, BVerfGE 66, 155 (179)) erforderlich, zur Ermittlung des Lehrangebots die in diesem Rahmen verfügbaren Stellen normativ festzulegen. Es wäre anderenfalls den in Streitverfahren bezüglich einer Zulassung außerhalb der festgesetzten Kapazität angerufenen Verwaltungsgerichten nicht möglich, das von den Hochschulen vorgelegte Datenmaterial daraufhin zu überprüfen, ob es sich bei den Zahlen um die für die Hochschule verbindliche Festlegung der verfügbaren Stellen des Studiengangs oder nur unverbindliches Zahlenmaterial handelt, das im Verwaltungsprozess lediglich dazu dienen soll, die zuvor ohne eine verbindliche Festlegung des Lehrangebots festgesetzte Studienplatzzahl aus Sicht der Hochschule plausibel darzustellen. Grundsätzlich hat die Wissenschaftsverwaltung bei der Zuordnung und Verteilung von Stellen auf die Fachbereiche und ihre Untergliederungen ein durch strukturplanerische und haushaltsbezogene Wertungen und Abwägungen bestimmtes Ermessen, das nur beschränkt gerichtlich überprüfbar ist. Eine sachgemäße Ausübung dieses Ermessens setzt dabei voraus, dass z.B. bei Stellenverlagerungen Kapazitätsminderungen soweit wie möglich vermieden werden und unvermeidbare Kapazitätsverluste jedenfalls nachprüfbar begründet werden. Dazu muss durch die Wissenschaftsverwaltung dargelegt werden, dass etwa die Verringerung der Stellenausstattung einer Lehreinheit auf einer sorgfältigen Planung und einer Abwägung der Forschungs- und Lehraufgaben der Hochschule mit den Ausbildungsansprüchen der Studienbewerber beruht (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 05.04.1989 - M a 72 G 6959/87 - juris m. w. N).“

12

In Anwendung dieser Grundsätze hat sowohl die beschließende Kammer als auch das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt in den vergangenen Berechnungszeiträumen die in diesem Zusammenhang von der Antragsgegnerin in Bezug genommene Zielvereinbarung zwischen dem Kultusministerium und der Medizinischen Fakultät der Antragsgegnerin vom 08. März 2006 und die darauf beruhenden Begründungen des jeweiligen Haushaltsplans nicht als Legitimationsgrundlage für die Stellenreduzierungen anerkannt, da der Zielvereinbarung eine budgetorientierte Betrachtungsweise bei der Ermittlung der Studienanfängerzahl zugrunde lag, es aber an der erforderlichen normativen Bestimmung des danach maßgeblichen Kostennormwertes und damit an der erforderlichen Abwägung der gegenläufigen Interessen der Hochschule und der Studienbewerber gefehlt hatte (zum Ganzen: OVG LSA, Beschl. v. 04. Mai 2007, a.a.O.; im Anschluss daran OVG LSA, Beschl. v. 19. August 2008 - 3 N 54/08 u.a. -; Beschl. v. 18. August 2009 - 3 M 51/09 -).

13

Zwar hat der Landesgesetzgeber nunmehr für den Berechnungszeitraum 2009/2010 – worauf die Antragsgegnerin verweist – durch den Nachtrag zum Haushaltsplan 2009 im Nachtragshaushaltsgesetz 2009 vom 22. April 2009 (GVBl. LSA S. 219) in den Einzelplan 06 des Haushaltsgesetzes 2008/2009 einen Stellenplan eingefügt (Anlage zum Kapitel 0605 - Stellenbeilage inkl. Titelgruppe 96, Zusammenfassung nach Lehreinheiten und sonstigen Stellen -). Dieser legt für die Lehreinheit Vorklinische Medizin insgesamt 32,5 kapazitätsrelevante Stellen fest, wobei gegenüber der Vorjahresberechnung die gerichtlich nicht anerkannten Kapazitätsminderungen im Umfang von drei Stellen (12 SWS) in Abzug gebracht worden sind. Zudem sind einzelne Bestimmungen der Zielvereinbarung vom 08. März 2006 durch eine Ergänzungsvereinbarung zwischen dem Kultusministerium und der Medizinischen Fakultät der Antragsgegnerin vom 28. September 2009 in Ansehung der Aufnahme eines Stellenplans in den Nachtragshaushalt vom 24. April 2009 geändert worden. Danach soll die Ermittlung der jährlichen Aufnahmekapazität für die Studiengänge Humanmedizin und Zahnmedizin nunmehr ausdrücklich auf der Grundlage des Hochschulzulassungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt und der KapVO erfolgen (vgl. S. 6 Satz 5 des ersten Absatzes sowie S. 8, Ziffer 1.1.1 Studienangebot/Lehrexport). Gleichwohl wird die personelle und sächliche Ausstattung der Medizinischen Fakultät – und damit die Ermittlung der Aufnahmekapazität – weiterhin maßgeblich durch eine kostennormwertorientierte Budgetierung bestimmt. Denn alleinige Grundlage für die finanziellen Zuweisungen des Landes bleibt nach wie vor ein durch Rechtsverordnung noch zu bestimmender Kostennormwert. Dies ergibt sich aus dem auf Seite 6 Satz 4 des ersten Absatzes der Zielvereinbarung eingefügten Hinweis auf § 1 Abs. 6 Satz 2 und 3 des Hochschulmedizingesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vom 12. August 2005 (GVBl. LSA S. 508). Danach gewährt das Land der jeweiligen Medizinischen Fakultät Zuschüsse zur Gewährleistung von Forschung und Lehre, wobei die staatlichen Zuschüsse für die Studiengänge Human- und Zahnmedizin über Kostennormwerte bestimmt werden. Diese Kostennormwerte sind letztlich auch für die personelle (Lehr-)Ausstattung der Lehreinheit Vorklinische Medizin und damit – trotz der Bezugnahme auf die KapVO – für die Ermittlung der Aufnahmekapazität maßgebend. Denn die Zielvereinbarung stellt selbst einen engen Zusammenhang zwischen der Mittelzuweisung und der Lehrkapazität her. So ist auf Seite 8 der Zielvereinbarung im Hinblick auf die festgelegte Mindestaufnahmekapazität von 185 Studienanfängern ausgeführt:

14

„Die Festlegung der Mindestzahlen soll dazu dienen, dass unter Zugrundelegung der vorhandenen Mittel (Hervorhebung durch die Kammer) eine für die akademische Lehre notwendige Forschung weiterhin möglich ist. “

15

Weiterhin bestimmt die Zielvereinbarung auf Seite 7:

16

„Die Mittelzuweisungen des Landes sichern den hochschulmedizinischen Einrichtungen eine Finanzierung ihrer Aufgaben in Forschung und Lehre in dem in der Zielvereinbarung vereinbarten Umfang (Hervorhebung durch die Kammer). Hierzu werden die Zuschüsse aus dem Landeshaushalt für Grundausstattung bzw. Ergänzungsausstattung Forschung und Lehre bereitgestellt. […] Aus den Mitteln für Grundausstattung Forschung und Lehre sind die kapazitätsrelevanten (Hervorhebung durch die Kammer) Personal-, Betriebs- und Investitionskosten zu finanzieren.“

17

Vor diesem Hintergrund ist die Ermittlung der Aufnahmekapazität durch die Antragsgegnerin nur vordergründig nach Maßgabe des abstrakten Stellenprinzips (§ 8 KapVO) erfolgt. Denn die Anwendung des abstrakten Stellenprinzips stünde in Widerspruch mit dem Sinn und Zweck der der Mittelverteilung zugrunde gelegten budgetorientierten Betrachtungsweise (vgl. den von der Kultusministerkonferenz am 06. November 2003 zur Kenntnis genommenen Bericht des Ausschusses für Hochschule und Forschung der Kultusministerkonferenz „Auswirkungen des Kostennormwertverfahrens auf die Budget- und Organisationsstrukturen der Hochschulmedizin“, zu beziehen über die KMK, www.kmk.org). Das hergebrachte Stellenprinzip folgt einem gänzlich anderen Ansatz als das Budgetprinzip, indem es ausschließlich an die nach Maßgabe eines Stellenplans vorhandene Personalausstattung anknüpft und die Finanzierung dieser Stellen grundsätzlich unberücksichtigt lässt (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 04. Mai 2007, a.a.O.).

18

Abgesehen davon ließe allein der Umstand, dass die Zuweisung von Stellen zur Lehreinheit Vorklinische Medizin auf eine hinreichende normative Grundlage gestellt wäre, die im Hinblick auf eine Verringerung der Stellenausstattung einer Lehreinheit erforderliche sorgfältige Abwägung der Forschungs- und Lehraufgaben der Hochschule mit den Ausbildungsansprüchen der Studienbewerber nicht entbehrlich werden. Auch unter diesem Gesichtspunkt würde der nunmehr gewählte Ansatz zur Ermittlung der Aufnahmekapazität der Antragsgegnerin mangels weitergehender Begründung keine Legitimationsgrundlage für die hier in Rede stehenden Stellenreduzierungen bieten.

19

Soweit die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass die in den vergangenen Jahren bei der Kapazitätsermittlung „gerichtlich fiktiv fortgeführten Stellen“ bei ihr tatsächlich nicht vorhanden sind, lässt sie außer Acht, dass diese Stellen zu einem früheren Zeitpunkt sehr wohl bei ihr vorhanden waren, aber auf der Grundlage eines Beschlusses des Fakultätsvorstandes vom 26. September 2006 gestrichen worden sind.

20

Es handelt sich hierbei einesteils um die ehemals von den wissenschaftlichen Mitarbeitern T., K. und H. im Bereich der Anatomie und Zellbiologie besetzten Stellen (Wissenschaftliche Mitarbeiter, befristet, insgesamt zwei Stellen). Die dadurch um 8 SWS verminderte Lehrkapazität des Instituts ist durch die Umwandlung einer C-1-Stelle in eine A-14-Stelle lediglich im Umfang von 4 SWS ausgeglichen worden. Anderenteils betreffen die in den vergangenen Jahren gerichtlich nicht anerkannten Stellenentscheidungen in einem Umfang von 8 SWS den Bereich der Physiologischen Chemie, namentlich eine weggefallene C-2-Stelle sowie eine ebenfalls gestrichene, ehemals mit der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Tx. besetzte halbe (Zeit-)-Stelle (vgl. zum Ganzen: OVG LSA, Beschl. v. 04. Mai 2007, a.a.O.; OVG LSA, Beschl. v. 19. August 2008, a.a.O.). Im Bereich der Physiologie hat es dagegen keine kapazitätsrelevanten Stellenstreichungen gegeben, die in den vergangenen Berechnungszeiträumen unberücksichtigt geblieben sind. Dementsprechend hat insoweit auch keine gerichtliche Erhöhung der Lehrkapazität stattgefunden. Vor diesem Hintergrund ist es missverständlich, wenn die Antragsgegnerin die aufgrund gerichtlich nicht anerkannter Stellenreduzierungen fiktiv berücksichtigten Stellen bei der Erstellung ihrer Kapazitätsunterlagen in den Varianten A 2 und B für den hier streitgegenständlichen Berechnungszeitraum gleichmäßig auf die vorklinischen Institute verteilt, auch wenn das Ergebnis hierdurch nicht beeinflusst werden mag.

21

Der den vorgenannten Stellenstreichungen zugrunde liegende Beschluss des Fakultätsvorstandes vom 26. September 2006 genügt im Hinblick auf den Abbau von Lehrkapazität nicht den Anforderungen an eine sachgerechte Abwägung der gegenläufigen Interessen, da er lediglich auf die Vorgaben der Zielvereinbarung vom 08. März 2006 hinsichtlich der künftigen Personalbemessung der Medizinischen Fakultät Bezug nimmt, jedoch keine auf die Interessen der Studienbewerber bezogene besondere Begründung für den Stellenabbau gibt (vgl. Beschl. der Kammer v. 19. Dezember 2006 - 3 C 321/06 HAL u.a. -; OVG LSA, Beschl. v. 04. Mai 2007, a.a.O.). Dieses Abwägungsdefizit ist auch nicht dadurch geheilt worden, dass der Fakultätsvorstand in seinem Beschluss vom 22. September 2008 die Bestimmungen der Zielvereinbarung bei der Entscheidung über den Stellenplan für das Wintersemester 2008/2009 als rechtlich nicht bindend angesehen hat. Gleichwohl wird unter Ziffer 5 des Beschlusses im Hinblick auf den Stellenabbau weiterhin auf den Inhalt der Zielvereinbarung Bezug genommen, der eine kostennormwertorientierten Betrachtungsweise zugrunde liegt. Die übrigen Ausführungen zur Rechtfertigung des Stellenabbaus in der Lehreinheit Vorklinische Medizin lassen nicht nur eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Belangen der Studienbewerber vermissen, sondern geben vor allem keine über allgemeine Erwägungen hinausgehende inhaltliche Begründung dafür, weshalb dem Abbau gerade der konkret betroffenen Stellen Vorrang vor den Interessen der nach wie vor zahlreichen Studienbewerber einzuräumen ist und ein Ausgleich auf andere Weise im Interesse des Erhalts der Lehrkapazität nicht möglich ist. Auch der Nachtrag zum Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2009 sowie der Beschluss des Fakultätsvorstandes der Medizinischen Fakultät der Antragsgegnerin vom 23. September 2009 über einen konkretisierenden Stellenplan für das Haushaltsjahr 2009 lassen eine tragfähige Begründung für die Stellenreduzierungen vermissen. Insoweit wird lediglich auf die Notwendigkeit der normativen Verankerung des Stellenplans verwiesen, ohne aber auszuführen, worin der bislang gerichtlich nicht anerkannte Stellenabbau in Ansehung der einer damit verbundenen Reduzierung der Lehrkapazität entgegenstehenden Interessen der Studienbewerber seine Rechtfertigung findet.

22

Des Weiteren hat die Antragsgegnerin die Lehrdeputate einiger befristet im Angestelltenverhältnis beschäftigter wissenschaftlicher Mitarbeiter rechtlich fehlerhaft bemessen.

23

Nach § 9 Abs. 1 KapVO ist das Lehrdeputat die im Rahmen des Dienstrechts festgesetzte Lehrverpflichtung einer Lehrperson einer Stellengruppe, gemessen in Deputatsstunden. Auf der Grundlage des § 44 Abs. 1 Satz 1 HSG LSA hat das Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt den Umfang der dienstrechtlichen Lehrverpflichtungen des wissenschaftlichen Personals der Hochschulen in der Verordnung über die Lehrverpflichtungen an staatlichen Hochschulen des Landes Sachsen-Anhalt – LVVO – vom 06. April 2006 (GVBl. S. 232) geregelt. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 LVVO gilt für beamtete wissenschaftliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit Lehraufgaben nach Maßgabe der Funktionsbeschreibung der einzelnen Stelle unter Berücksichtigung der sonstigen Dienstaufgaben eine Lehrverpflichtung im Umfang von 8 Lehrveranstaltungsstunden (SWS). Wissenschaftliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit Lehraufgaben im Beamtenverhältnis auf Zeit haben nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 LVVO hingegen nur Lehrverpflichtungen bis zu 4 SWS zu erfüllen. Für angestellte wissenschaftliche Mitarbeiter ist in der LVVO keine Lehrverpflichtung bestimmt, deren Umfang wie bei Beamten davon abhängt, ob sie dauerhaft oder lediglich befristet beschäftigt sind. Vielmehr sind die Lehrdeputate mit angestellten wissenschaftlichen Mitarbeitern im Einzelnen zu vereinbaren. Dies folgt aus § 4 Abs. 5 Satz 1 LVVO, wonach sich die Lehrverpflichtung dieser Mitarbeiter nach der Ausgestaltung des Dienstverhältnisses richtet. Nehmen Angestellte auf Grund vertraglicher Vereinbarung die gleichen Dienstaufgaben wie die in den Absätzen 1 bis 4 genannten Beamten und Beamtinnen wahr, ist ihre Lehrverpflichtung nach § 4 Abs. 5 Satz 2 LVVO grundsätzlich entsprechend festzusetzen.

24

Die Antragsgegnerin hat für die bei ihr im Bereich der Lehreinheit Vorklinische Medizin befristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter keine individuellen vertraglichen Bestimmungen über den Umfang der Lehrverpflichtung getroffen. In den entsprechenden Anstellungsverträgen ist allenfalls allgemein geregelt worden, dass eine Verpflichtung zur Lehre besteht (vgl. exemplarisch den Arbeitsvertrag von Frau B. vom 23. Mai 2003, Nr. 13 der Generalakte). Dies kann gleichwohl nicht dazu führen, für sämtliche hier in Rede stehenden befristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiter – wie bei dauerhaft beamteten wissenschaftlichen Mitarbeitern – von einer Lehrverpflichtung im Umfang von jeweils 8 SWS auszugehen. Die Kapazitätsberechnung nach dem Modell der KapVO basiert auf dem sog. abstrakten Stellenprinzip (vgl. § 8 Abs. 1 KapVO), nach welchem in die Kapazitätsberechnung die der Stelle der jeweiligen Stellengruppe aus ihrem Amtsinhalt abgeleitete Regellehrverpflichtung unabhängig von ihrer Besetzung oder der Qualifikation ihres Stelleninhabers und seinem tatsächlichen Lehraufwand einzubringen ist (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 27. April 2009 - 13 C 10/09 -, zitiert nach juris). Auf die tatsächliche Ausgestaltung der individuellen Dienstverhältnisse kommt es somit gerade nicht an. Für die Bemessung des Lehrdeputats der hier in Rede stehenden wissenschaftlichen Mitarbeiter ist es grundsätzlich – entgegen der Auffassung einiger Antragsteller – auch nicht von rechtlicher Bedeutung, ob im Einzelfall tatsächlich noch ein Befristungsgrund vorliegt oder eine Verlängerung der Befristung nach den Vorschriften der §§ 57 a und b Hochschulrahmengesetz – HRG – vom 19. Januar 1999 (BGBl. I S. 18) in der bis zum 17. April 2007 geltenden Fassung bzw. nunmehr des § 2 des Gesetzes über befristete Arbeitsverträge in der WissenschaftWissZeitVG – vom 12. April 2007 (BGBl. I 2007, S. 506) rechtlich zulässig ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 10. März 2005 - 13 C 2/05 -, zitiert nach juris). Entscheidend ist vielmehr, ob die Antragsgegnerin sämtliche Stellen der Angestellten mit Zeitverträgen zutreffend einer eigenen Stellengruppe mit einem im Verhältnis zu unbefristet beschäftigten Lehrpersonen geringeren Lehrdeputat von 4 SWS zugeordnet hat.

25

In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Befristung eines Dienstverhältnisses für sich genommen nicht in jedem Fall ein die Reduzierung der Lehrverpflichtung rechtfertigendes und damit kapazitätserhebliches Kriterium bildet. So schließt etwa eine Befristung aus haushaltsrechtlichen Gründen nicht zwangsläufig die Übernahme von Lehrverpflichtungen im Umfang von mehr als 4 SWS aus. Andererseits stellt die Befristung ein für die Bemessung eines verringerten Lehrdeputats bedeutsames Kriterium dar, wenn die Stelle zeitlich begrenzt zu Fort- und Weiterbildungszwecken, beispielsweise zur Ermöglichung einer Promotion, zur Verfügung gestellt wird. Mit Rücksicht auf die danach gegebene unterschiedliche Aussagekraft der Befristungsgründe hat die Wissenschaftsverwaltung gegebenenfalls hinsichtlich der einzelnen Stelle daher darzulegen, inwiefern eine Befristung, auf die als Kriterium der Zuordnung der Stelle zu einer Stellengruppe mit einem bestimmten Lehrdeputat zurückgegriffen wird, in einem sachlichen Bezug zum Umfang der Lehrverpflichtung steht, die für die Stellengruppe vorgesehen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 23. Juli 1987 - 7 C 10/86 -, NVwZ 1989, 360). Fehlt ein solcher sachlicher Bezug, gebietet es das verfassungsrechtlich verankerte Kapazitätserschöpfungsgebot, die betreffende Stelle bei der Berechnung des Lehrangebots mit einem höheren Lehrdeputat – hier 8 SWS entsprechend der Stellengruppe unbefristet beschäftigte wissenschaftliche Mitarbeiter – zu berücksichtigen. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn eine für befristet beschäftigte wissenschaftliche Mitarbeiter verfügbare Stelle dauerhaft mit einer Lehrperson besetzt ist, der eine höhere als die für die Stellengruppe vorgesehene Lehrverpflichtung obliegt, oder die in die Voraussetzungen einer Stelle mit höherer Lehrverpflichtung „hineingewachsen“ ist. Davon ist nicht bereits dann auszugehen, wenn im letztmöglichen Kapazitätsberechnungszeitpunkt die Verlängerung der Anstellung eines wissenschaftlichen Mitarbeiters erkennbar nur einem vorübergehenden Zweck dient oder das Auslaufen des Beschäftigungsverhältnisses noch im Berechnungszeitraum oder gegen dessen Ende feststeht. Ergibt sich jedoch im Rahmen einer Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls, dass die Hochschule erkennbar auf eine Verwendung des Stelleninhabers auf erheblich längere oder unabsehbare Zeit und damit wie im Falle eines unbefristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiters eingestellt ist, kann sie sich redlicherweise nicht mehr auf das abstrakte Stellenprinzip berufen, weil sie die Stelle faktisch in die eines unbefristet beschäftigten Angestellten umgewandelt hat (zum Ganzen: VG Köln, Beschl. v. 22. Januar 2009 - 6 Nc 197/08 -, zitiert nach juris, m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 27. April 2009, a.a.O.). Denn die Ausweisung einer Stelle im Stellenplan als lehrdeputatsmäßig geringwertig, obgleich sie tatsächlich höherwertig genutzt wird oder werden könnte, erwiese sich, wenn dies auf Dauer geschähe, als ein bewusstes Verdecken tatsächlich vorhandener Ausbildungskapazität (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 14. Juli 2004 - 13 C 1712/04 -, zitiert nach juris).

26

In Anwendung dieser Grundsätze sind die Lehrdeputate der befristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiter Frau Dr. G. und Herr Dr. N. anders als in der Kapazitätsberechnung der Antragsgegnerin nicht mit lediglich 4 SWS, sondern mit 8 SWS in Ansatz zu bringen. Frau Dr. G. ist bereits seit dem 04. Januar 1999 und damit mittlerweile seit über 10 Jahren bei der Antragsgegnerin beschäftigt, wobei ihre befristeten Arbeitsverträge mehrfach verlängert worden sind. Im Zeitraum vom 04. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2003 ist Frau Dr. G. ausweislich der dem Gericht vorliegenden Arbeitsverträge offenbar wissenschaftlichen Tätigkeiten nachgegangen, die zumindest auch ihrer Fortbildung gedient haben oder einem bestimmten zeitlich begrenzten Forschungsprojekt zugeordnet werden können. Demgegenüber ist für den Weiterbeschäftigungszeitraum vom 01. Januar 2004 bis zum 30. Juni 2010 nicht ersichtlich oder von der Antragsgegnerin dargelegt, dass die Befristung als stellenerhebliches Kriterium auf Umständen beruht, die – wie etwa eine berufliche Weiterqualifizierung – nach ihrer Art für die Bemessung der aus dieser Stelle zu erbringenden Lehrverpflichtungen dergestalt bedeutsam sind, dass insoweit der Ansatz eines im Verhältnis zu der Stellengruppe der unbefristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiter geringeren Lehrdeputats gerechtfertigt ist. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass Frau Dr. G. bereits promoviert gewesen ist, als sie bei der Antragsgegnerin ein Anstellungsverhältnis aufgenommen hat. Die für befristet angestellte wissenschaftliche Mitarbeiter ungewöhnlich lange Beschäftigungsdauer infolge mehrerer Arbeitsvertragsverlängerungen deutet vielmehr darauf hin, dass die Antragsgegnerin auf eine Verwendung von Frau Dr. G. auf erheblich längere oder – wie im Falle eines unbefristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiters – unabsehbare Zeit eingestellt ist. Dies führt aber dazu, dass die Stelle anderen wissenschaftlichen Mitarbeitern nicht mehr entsprechend ihres Amtsinhalts für eine Beschäftigung zu einem bestimmten befristeten Zweck zur Verfügung steht. Dies kann kapazitätsrechtlich nicht ohne Folgen bleiben. Im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens ist die Stelle daher kapazitätsrechtlich nicht mehr der Gruppe der befristet Beschäftigten, sondern der Gruppe der unbefristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiter mit der Folge eines um 4 SWS höheren Lehrdeputats zuzuordnen.

27

Gleiches gilt für das Lehrdeputat von Herrn Dr. N.. Auch er ist vor mehr als 10 Jahren mit Wirkung vom 01. Oktober 1999 von der Antragsgegnerin als – bereits promovierter – wissenschaftlicher Mitarbeiter angestellt worden. Er war zunächst bis zum 30. Juni 2001 in Drittmittelforschungsprojekten tätig, wobei sein befristeter Arbeitsvertrag zwei Mal verlängert wurde. Mit Wirkung vom 01. Juli 2001 ist er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit für drei Jahre zum wissenschaftlichen Assistenten ernannt worden. Hieran schloss sich ein weiteres befristetes Anstellungsverhältnis im Hinblick auf ein Forschungsprojekt an. In der Zeit vom 01. Juli 2005 bis zum 12. März 2006 war Herr Dr. N. nicht bei der Antragsgegnerin beschäftigt. Mit Wirkung vom 13. März 2006 wurde er erneut befristet angestellt. Dieses Arbeitsverhältnis ist fünf Mal verlängert worden, zuletzt durch Änderungsvertrag vom 29. Juli 2009 bis zum 30. September 2011. Seit seiner erneuten Anstellung ist nicht ersichtlich, worauf die weiteren Befristungen zurückzuführen sind. In Anbetracht der Vielzahl der Arbeitsvertragsverlängerungen ohne die nähere Angabe von Gründen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die von Herrn Dr. N. besetzte Stelle ihrem Amtsinhalt zufolge lediglich für einen zeitlich begrenzten Zweck zur Verfügung steht, der einen sachlichen Bezug zum Umfang der für die Stellengruppe der befristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiter in Ansatz gebrachte Lehrverpflichtung herstellt.

28

Demgegenüber ist im Hinblick auf die übrigen befristeten angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiter eine Erhöhung ihres Lehrdeputats (derzeit) nicht veranlasst. Zwar ist auch bei diesen Mitarbeitern teilweise nicht ersichtlich, welchen Amtsinhalt die von ihnen besetzte befristete Stelle besitzt. Allerdings sind die betreffenden Mitarbeiter seit deutlich kürzerer Zeit als Frau Dr.G. und Herr Dr. N. bei der Antragsgegnerin beschäftigt. Der Befristung ihrer Arbeitsverhältnisse ist daher trotz der teilweise bereits erfolgten Verlängerungen zumindest eine indizielle Bedeutung dahingehend beizumessen, dass die betreffenden Stellen nicht auf Dauer einem wissenschaftlichen Mitarbeiter, sondern in bestimmten Zeitabständen immer wieder neuen wissenschaftlichen Mitarbeitern zur Verfügung stehen soll, um ihnen beispielsweise die Möglichkeit einer befristeten Weiterbildung zu geben (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 10. März 2005 - 13 C 2/05 -, zitiert nach juris), die Befristung als stellenbedeutsames Kriterium damit auf Umständen beruht, die eine Lehrverpflichtung in einem Umfang von lediglich 4 SWS rechtfertigen. Mit dem Ansatz dieses Lehrdeputats für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in befristeten Arbeitsverhältnissen wird an die Vorgaben der KMK-Vereinbarung über die Lehrverpflichtung an Hochschulen angeknüpft (vgl. Ziffer 2.1.9.3 des Beschlusses der Kultusministerkonferenz vom 12. Juni 2003, www.kmk.org/dokumentation/veroeffentlichungen-beschluesse/wissenschaft- hochschule.html). Soweit einige Antragsteller in diesem Zusammenhang insbesondere für aufklärungsbedürftig halten, welcher Tätigkeit Frau Dr. S., Frau Dr. C., Frau A. oder Frau Gl. nachgehen, ist darauf hinzuweisen, dass diesen befristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeitern überhaupt kein Lehrdeputat – auch nicht im Umfang von 4 SWS – zugeordnet ist, da sie aus Drittmitteln bezahlt werden (dazu unten).

29

Dagegen begegnen die von der Antragsgegnerin im Umfang von 18 SWS in Ansatz gebrachten Lehrdeputatsverminderungen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 KapVO) keinen rechtlich durchgreifenden Beanstandungen. Die Ermäßigung der Lehrverpflichtung von Herrn Prof. XX in Höhe von 2 SWS beruht auf dem Umstand, dass dieser die Funktion des Studienfachberaters übernommen hat, für die nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 LVVO eine Ermäßigung der Lehrverpflichtung von bis zu 25 v. H., jedoch nicht mehr als zwei Lehrveranstaltungsstunden je Studiengang gewährt werden kann. Die Antragsgegnerin hat ihre Entscheidung zur Bestimmung von Prof. XX zum Studienfachberater und die damit verbundene Reduzierung seiner Lehrverpflichtung nachvollziehbar und glaubhaft begründet. Rechtliche Bedenken sind von den Antragstellern insoweit auch nicht vorgetragen worden. Die von der Antragsgegnerin im Übrigen in der Lehreinheit Vorklinische Medizin tätigen Lehrpersonen jeweils im Umfang von 2 SWS genehmigten Lehrdeputatsverminderungen finden ihren rechtlichen Anknüpfungspunkt in § 6 Abs. 5 LVVO. Danach kann für die Wahrnehmung sonstiger Aufgaben und Funktionen an Universitäten unter Berücksichtigung des Lehrbedarfs im jeweiligen Fach auf Antrag eine Ermäßigung der Lehrverpflichtung gewährt werden; sie soll bei den einzelnen Lehrenden zwei Lehrveranstaltungsstunden nicht überschreiten. Die beschließende Kammer und das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt haben in den vergangenen Berechnungszeiträumen für die betreffenden acht Funktionsstellen durchgehend eine Deputatsermäßigung in Höhe von jeweils 2 SWS anerkannt, darüber hinausgehende Deputatsermäßigungen jedoch unberücksichtigt gelassen (vgl. Beschluss der Kammer v. 08. Januar 2008 - 3 C 358/08 HAL u.a. -; OVG LSA, Beschl. v. 19. August 2008 - 3 N 113/08 -; Beschl. v. 18. August 2009 - 3 M 51/09 -). Die vormals von Herrn Dr. R. wahrgenommenen berücksichtigungsfähigen (organisatorischen) Aufgaben im Institut für Physiologische Chemie hat Herr Dr. L. übernommen, der auch eine entsprechende Deputatsermäßigung beansprucht. Die Antragsgegnerin geht zwar bei einigen Funktionsstellen – wie in den Vorjahren – davon aus, dass die ordnungsgemäße Erfüllung der Funktionsaufgaben an sich eine höhere Ermäßigung der Lehrverpflichtungen rechtfertigt (vgl. Beschluss des Fakultätsvorstandes zu den Funktionsstellen vom 28. September 2009). Sie hat aber dem Lehrbedarf im Interesse der Studienbewerber an einer unverminderten Aufnahmekapazität dadurch Rechnung getragen, dass sie bei sämtlichen Funktionsstellen von einer jeweils 2 SWS übersteigenden Deputatsverminderung abgesehen hat.

30

Ohne Erfolg wenden einige Antragsteller gegen die Berücksichtigung der vorgenannten Lehrdeputatsverminderungen ein, das Rektorat der Antragsgegnerin habe die hierfür erforderlichen Genehmigungen erst nach dem Stichtag für die Ermittlung der jährlichen Aufnahmekapazität – hier 31. Januar 2009 (vgl. § 5 Abs. 1 KapVO) – erteilt. Denn nach § 5 Abs. 2 und 3 KapVO sollen bei der Kapazitätsermittlung und -festsetzung auch solche wesentlichen Änderungen der Daten berücksichtigt werden, die vor Beginn des Berechnungszeitraums – hier 01. Oktober 2009 (vgl. § 5 Abs. 1 KapVO) – erkennbar oder eingetreten sind. So verhält es sich hier. Sämtliche Genehmigungen sind in der Sitzung des Rektorats der Antragsgegnerin vom 24. März 2009 und damit zwar nach dem Stichtag für die Ermittlung der Aufnahmekapazität für das Wintersemester 2009/2010, aber noch vor Beginn des Berechnungszeitraums genehmigt worden. Dies trifft auch auf den sich erneut mit den Funktionsstellen befassenden Beschluss des Fakultätsvorstandes vom 28. September 2009 zu.

31

Zusammenfassend ergibt sich für das Angebot an Deputatstunden aus den Stellen der Lehreinheit Vorklinische Medizin die nachfolgende Berechnung. Die Kammer legt hierbei die von der Antragsgegnerin vorgelegten aktualisierten Stellenübersichten (Stand: 30. September 2009) zugrunde und ergänzt diese um die bereits in den Vorjahren nicht anerkannten Stellenstreichungen im Institut für Anatomie und Zellbiologie im Umfang von 4 SWS (entspricht einer Stelle eines befristeten wissenschaftlichen Mitarbeiters) sowie im Institut Physiologische Chemie im Umfang von 8 SWS (entspricht zwei Stellen befristeter wissenschaftlicher Mitarbeiter). Ferner finden die Deputatserhöhungen für die befristet angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiter Dr.G. und Dr. N. Eingang in die Berechnung. Im Übrigen wird hinsichtlich der Höhe der Lehrdeputate und der Berücksichtigung der Lehrdeputatsermäßigungen auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen.

32

Aus dem Bereich der Anatomie und Zellbiologie gehen somit in das Lehrangebot ein:

33

Institut/Fach: Anatomie und Zellbiologie

Stellengruppe

Plan-
stellen

Verfüg-
bare
Stellen

Deputat
je Stelle
(hj)
in SWS

lj x hj

Vermin-
derung
Deputat
(rj)
in SWS

lj x hj - rj

W 3

1,0

1,0

8

8,0

0,00

8,00

W 2

2,0

2,0

8

16,0

0,00

16,00

Wissenschaftliche
Assistenten (C1)

3,0

3,0

4

16,0
(12,0+ 4 SWS Dr.G.)

0,00

16,00

A 14

1,0

1,0

8

8,0

2,00

6,00

Wissenschaftliche
Mitarbeiter
(befristet)

4,5

5,5
(4,5 + 1 „fiktiv“)

4

22,0
(18,0 + 4 SWS)

0,00

22,00

Wissenschaftliche
Mitarbeiter
(unbefristet)

1,0

2,0

8,0

16,0

2,00

14,00

Summe:

12,5

14,5

86
(78 + 8 SWS)

4,00

82,00
(74 + 8 SWS)

34

Die im Bereich der Anatomie und Zellbiologie nach dem Stichtag für die Berechnung der jährlichen Aufnahmekapazität – hier 31. Januar 2009 – aber vor Beginn des Berechnungszeitraums – hier 01. Oktober 2009 (vgl. § 5 Abs. 1 KapVO) – eingetretenen personellen Stellenbesetzungsentscheidungen führen nicht zu einer nach § 5 Abs. 2, 3 KapVO zu berücksichtigenden Änderung der kapazitätsrelevanten Daten. Die nach den ursprünglichen Kapazitätsunterlagen bis zum 31. März 2009 teilzeitbeschäftigte (50 %) wissenschaftliche Mitarbeiterin YY ist zwar nunmehr mit insgesamt 75 % der Arbeitszeit einer Vollzeitstelle beschäftigt. Mit der Erhöhung ihrer Arbeitszeit ist aber keine Stellenänderung einhergegangen. Vielmehr hat sie zusätzlich zu der von ihr besetzten halben Stelle (010110,0) die Stelle der ebenfalls befristet beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeiterin J. (010108,0) in Höhe von 25 % übernommen. Frau J. füllt ihrerseits seit dem 01. September 2009 nur noch 75 % der von ihr besetzten (Vollzeit-)Stelle aus.

35

Aus dem Bereich der Physiologie gehen in das Lehrangebot ein:

36

Institut/Fach: Physiologie

Stellengruppe

Plan-
stellen

Verfüg-
bare
Stellen

Deputat
je Stelle
(hj)
in SWS

lj x hj

Vermin-
derung
Deputat
(rj)
in SWS

lj x hj - rj

W 3

1,0

1,0

8

8,0

2,00

6,00

W 2

2,0

2,0

8

16,0

0,00

16,00

Wissenschaftliche
Assistenten (C1)

2,0

2,0

4

8,0

0,00

8,00

W 1

1,0

1,0

6

6,0

0,00

6,00

Wissenschaftliche
Mitarbeiter
(unbefristet)

3,0

3,0

8,0

24,0

6,00

18,00

Summe:

9,0

9,0

62,00

8,00

54,00

37

Die Kammer hat hier anders als die Antragsgegnerin in den Varianten A2 und B ihrer Kapazitätsberechnung keine „fiktive“ Stelle im Umfang von 4 SWS in Ansatz gebracht, da dem Institut Physiologie keine der gerichtlich nicht anerkannten Stellenreduzierungen zuzuordnen ist.

38

Aus dem Bereich der Physiologischen Chemie gehen in das Lehrangebot ein:

39

Institut/Fach: Physiologische Chemie

Stellengruppe

Plan-
stellen

Verfüg-
bare
Stellen

Deputat
je Stelle
(hj)
in SWS

lj x hj

Vermin-
derung
Deputat
(rj)
in SWS

lj x hj - rj

W 3

1,0

1,0

8

8,0

0,00

8,00

W 2

2,0

2,0

8

16,0

0,00

16,00

Wissenschaftliche
Assistenten (C1)

2,0

2,0

4

8,0

0,00

8,00

Wissenschaftliche
Mitarbeiter
(befristet)

2,0

4,0
(2,0 + 2 „fiktiv“)

4

20,0
(16,0 + 4 SWS Dr. N.)

0,00

20,00

Wissenschaftliche
Mitarbeiter
(unbefristet)

3,0

3,0

8,0

24,0

6,00

18,00

Summe:

10,0

12,0

76
(64 + 12 SWS)

6,00

70,00
(58 + 12 SWS)

40

Darüber hinaus sind in die Ermittlung des Lehrangebots keine Lehrauftragsstunden gemäß § 10 KapVO einzurechnen. Nach Satz 1 der vorgenannten Bestimmung werden die Lehrveranstaltungsstunden, die der Lehreinheit für den Ausbildungsaufwand nach § 13 Abs. 1 KapVO in den dem Berechnungsstichtag vorausgehenden zwei Semestern im Durchschnitt je Semester zur Verfügung gestanden haben und nicht auf einer Lehrverpflichtung beruhen, als Lehrauftragsstunden in die Berechnung der jährlichen Aufnahmekapazität einbezogen. Nach § 10 Satz 2 KapVO gilt dies nicht, soweit die Lehrauftragsstunden aus Haushaltsmitteln für unbesetzte Stellen vergütet worden sind. Denn diese Stellen sind bereits entsprechend des abstrakten Stellenprinzips (§ 8 KapVO) bei der Ermittlung des unbereinigten Lehrangebotes berücksichtigt. Ein kapazitätserhöhender Ansatz der zum Ausgleich dieser Stellenvakanzen erteilten Lehraufträge würde damit zu einer doppelten Einbeziehung eines tatsächlich nur einmal vorhandenen Lehrangebots führen. Hiervon ist im Hinblick auf die von der Antragsgegnerin in den Bezugssemestern – Wintersemester 2007/2008 und Sommersemester 2008 – erteilten Lehraufträge auszugehen. Die an die emeritierten Professoren Dr. x., Dr. y. und Dr. z. erteilten Lehraufträge wurden zum Ausgleich der in den Referenzsemestern – und nach wie vor – vakanten W2-Stelle im Bereich der Physiologie sowie der im Bereich der Physiologischen Chemie vakanten W3-Stelle eingesetzt. Der erforderliche Zusammenhang zwischen den erteilten Lehrauftragsstunden und einer Stellenvakanz innerhalb der Lehreinheit Vorklinische Medizin ist schließlich auch im Hinblick auf die von Prof. Dr. yz. im Bereich der Anatomie erbrachten Lehrleistungen nicht zweifelhaft. Die Antragsgegnerin hat die mit den Kapazitätsunterlagen vorgelegte Übersicht über die Lehraufträge (Nr. 12 der Generalakte) auf Nachfrage des Gerichts dahingehend konkretisiert, dass der von Prof. Dr. yz. im Wintersemester 2007/2008 wahrgenommene Lehrauftrag als Elternzeitvertretung für die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen J. und M. erfolgt ist. Der im Sommersemester 2008 von Prof. Dr. yz. angenommene Lehrauftrag bezog sich auf die Elternzeitvertretung für die wissenschaftliche Mitarbeiterinnen J. und den wissenschaftlichen Mitarbeiter p.. Die Angaben der Antragsgegnerin lassen sich anhand der Stellenbestandspläne zu den Stichtagen 31. Januar 2007, 31. Januar 2008 und 01. November 2008 nachvollziehen. Die Kammer hat in diesem Zusammenhang die Generalakten mit den Kapazitätsberechnungen der Antragsgegnerin für die Wintersemester 2006/2007 und 2007/2008 beigezogen. Der Verrechnung der an Prof. Dr. yz. erteilten Lehraufträge steht nicht entgegen, dass die Planstellen der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen J. (010108) und M. (010104) während ihrer Elternzeiten mit Herrn Q. (010108) und Herrn V. (010104) besetzt worden sind. Denn in beiden Referenzsemestern war trotz dieser Stellenbesetzungen jeweils eine andere Stelle im Bereich der Anatomie zumindest während der Vorlesungszeit vakant. Nach dem Sinn und Zweck des § 10 Satz 2 KapVO ist es nicht erforderlich, dass mit dem Lehrauftrag gerade Leistungen einer konkreten unbesetzten Stelle im Fachbereich ersetzt werden sollen. Ausreichend ist ein finanzieller Zusammenhang zwischen der Stellenvakanz und dem Lehrangebot (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 22. März 1991 - NC 9 S 81/90 -, zitiert nach juris). Diesbezüglich sind keine Anhaltspunkte vorgetragen noch sonst ersichtlich, die vorliegend am Bestehen eines solchen Zusammenhangs Zweifel aufkommen lassen könnten. Jedenfalls lassen es die Ausführungen der Antragsgegnerin nicht als zweifelhaft erscheinen, dass mit den Herrn Prof. Dr. yz. erteilten Lehraufträgen durch das Stellenprinzip entstandene faktische Lücken im Lehrangebot im Bereich der Anatomie ausgeglichen werden sollten (vgl. diesbezüglich OVG Bremen, Beschl. v. 28. April 1992 - 1 B 16/92 -, zitiert nach juris).

41

Bei der Berechnung des Lehrangebots finden außerdem die bei der Antragsgegnerin tätigen Drittmittelbediensteten keine Berücksichtigung. Aus Mitteln Dritter bezahlte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Forschungsvorhaben, die in der Hochschule durchgeführt werden (§ 25 Abs. 5 Satz 1 Hochschulrahmengesetz - HRG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Januar 1999 (BGBl. I S. 18), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. April 2007 (BGBl. I. S. 506); § 25 Abs. 5 Satz 1 HSG LSA) gehören zunächst nicht zum Kreis des nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KapVO in die Ermittlung des Lehrangebotes einzubeziehenden wissenschaftlichen Lehrpersonals. Das abstrakte Stellenprinzip knüpft an die der Lehreinheit nach dem geltenden Haushaltsplan zugewiesenen Stellen und die auf diese Stellen entfallenden Regellehrverpflichtungen an. Drittmittelbedienstete, die nicht im Haushaltsplan verankert sind und nicht aus Haushaltsmitteln bezahlt werden, gehören nicht dazu (vgl. etwa OVG LSA, Beschl. v. 03. Mai 2004 - 2 N 826/03 -; OVG Hamburg, Beschl. v. 24. Oktober 2005 - 3 NC 6/05 -, zitiert nach juris). Sie sind in aller Regel ausschließlich im Rahmen eines bestimmten Forschungsvorhabens tätig und werden hierfür ausschließlich vom Drittmittelgeber bezahlt. Soweit einige Antragsteller darauf hinweisen, dass Drittmittelgeber, insbesondere von öffentlicher Seite, den Einsatz der Drittmittel in der Lehre häufig nicht ausschließen, könnte dies allenfalls zu einer Berücksichtigung von Lehrauftragsstunden gemäß § 10 KapVO führen, wenn die bei der Antragsgegnerin beschäftigten Drittmittelbediensteten außerhalb der mit Drittmitteln bezahlten Tätigkeit Lehraufgaben tatsächlich übernommen hätten. Dies ist nach der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens gebotenen Sachverhaltsaufklärung nicht der Fall. Der Studiendekan hat sowohl schriftlich als auch auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts im Erörterungstermin versichert, dass – wie in den Vorjahren – keiner der Drittmittelbeschäftigten in den vorklinischen Instituten in der curricularen Lehre eingesetzt wird.

42

Auch das Vorbringen einzelner Antragsteller, durch die ausschließlich in der Forschung tätigen Drittmittelbediensteten würden die eigentlichen zur Lehre verpflichteten Hochschulmitarbeiter von Forschungsaufgaben entlastet, so dass diesen ein größeres Zeitbudget für die Lehre zur Verfügung stehe, vermag zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung zu führen. Nach dem klaren Wortlaut des § 14 Abs. 3 KapVO kommt es allein darauf an, dass durch die besondere Ausstattung der Lehreinheittatsächlich eine Entlastung des Lehrpersonals eintritt (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 15. April 2004 - 3 NB 16/03 -, zitiert nach juris). Insoweit ist aber weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass das Lehrpersonal in der Lehreinheit Vorklinische Medizin durch zusätzliche Drittmittelstellen entlastet wird. Im Übrigen findet an den Hochschulen auch außerhalb des drittmittelfinanzierten Bereiches Forschungstätigkeit statt, so dass es weiterhin zum Aufgabenbereich auch des über § 8 KapVO erfassten Lehrpersonals gehört, Forschungsarbeit zu leisten. Selbst wenn die zur Lehre verpflichteten Hochschulmitarbeiter in Einzelfällen durch die Forschungstätigkeit von Drittmittelbediensteten von Forschungsaufgaben entlastet würden, stünde diesen dadurch nicht zwangsläufig ein größeres Zeitbudget für die Lehre zur Verfügung, weil die auf diese Weise möglicherweise gewonnene Zeit auch in andere Aufgabenbereiche eingebracht werden könnte (OVG LSA, Beschl. v. 03. Mai 2004, a.a.O.).

43

Das unbereinigte Lehrangebot der Lehreinheit Vorklinische Medizin ist damit auf insgesamt 206,00 SWS anzusetzen.

44

Das unbereinigte Lehrangebot ist – wie in den Vorjahren – gemäß § 11 Abs. 1 KapVO i.V.m. Anlage 1 Ziffer I.2 KapVO nur um die Dienstleistungen, gemessen in Deputatsstunden, zu reduzieren, welche die Lehreinheit Vorklinische Medizin für den nicht zugeordneten Studiengang Zahnmedizin zu erbringen hat. Dabei ist der von der Antragsgegnerin für den Studiengang Zahnmedizin mit 17,6751 SWS angesetzte Dienstleistungsbedarf zu korrigieren. Die Antragsgegnerin hat den von der Lehreinheit Vorklinische Medizin als Dienstleistung zu erbringenden Anteil am Curricularnormwert des Studiengangs Zahnmedizin (CAq-Wert) rechtsfehlerhaft mit 0,8622 in Ansatz gebracht. Das vom Institut für Anatomie und Zellbiologie zugunsten des Studiengangs Zahnmedizin als Dienstleistung zu erbringende Praktikum Anatomische Präparierübungen nimmt lediglich einen Umfang von 6 SWS und nicht – wie in den Kapazitätsunterlagen der Antragsgegnerin angegeben – 8 SWS ein (vgl. § 4 Abs. 1 Ziffer 4.2 der Studienordnung für den Studiengang Zahnmedizin an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg vom 08. Februar 2000, veröffentlicht im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 01. August 2000, S. 2). Ausgehend davon entfällt auf die Lehreinheit Vorklinische Medizin nach den Angaben der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 11. Januar 2010 lediglich ein CAq von 0,800. Die Kammer legt diesen Wert im vorläufigen Rechtsschutzverfahren seiner Entscheidung zugrunde.

45

Dieser CAq ist mit dem von der Antragsgegnerin in ihrer Kapazitätsberechnung zugrunde gelegten Aq/2-Wert von 20,5 zu multiplizieren. Der Aq/2-Wert errechnet sich aus der Zahl der Studienanfänger im Studiengang Zahnmedizin im Wintersemester 2008/2009. Zwar hat die Kammer mit Beschluss vom 08. September 2009 (- 3 C 261/08 HAL u.a.-) festgestellt, dass im Wintersemester 2008/2009 im Studiengang Zahnmedizin lediglich eine Aufnahmekapazität von 40 Studienplätzen bestanden hat und diese Zahl dementsprechend zutreffend in der Zulassungszahlenverordnung 2008/2009 vom 13. Juni 2008 (GVBl. LSA S. 224) festgesetzt worden ist. Infolge einer Überbuchung um einen Studienplatz haben in diesem Semester allerdings tatsächlich 41 Studierende das Studium aufgenommen. Allein diese Zahl ist für die Berechnung des Aq/2-Wertes maßgebend. Denn nach § 11 Abs. 2 KapVO sind zur Berechnung des Bedarfs an Dienstleistungen die Studienanfängerzahlen für die nicht zugeordneten Studiengänge anzusetzen. Bereits nach dem Wortlaut der Norm ist also nicht etwa eine für den importierenden Studiengang normativ festgesetzte Zulassungszahl – soweit vorhanden – maßgebend, sondern die tatsächlichen Studienanfängerzahlen. Ebenso wenig ist hinsichtlich der für einen der Lehreinheit nicht zugeordneten Studiengang erbrachten Dienstleistungen eine Schwundkorrektur geboten (OVG LSA, Beschl. .v. 18. August 2009, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 12. Mai 2009 - NC 9 S 240/09 -, zitiert nach juris).

46

Keine Berücksichtigung finden kann dagegen die von der Antragsgegnerin erstmals mit Schriftsatz vom 11. Januar 2010 vorgelegte Berechnung, nach welcher der Aq/2-Wert nunmehr – entgegen ihrer ursprünglichen Kapazitätsberechnung – 21,0 betragen soll. Die Antragsgegnerin hat hierbei die durchschnittliche tatsächliche Studienanfängerzahl von 42 Studienanfängern aus den dem Berechnungsstichtag vorangegangenen (Eingangs-)Semestern – WS 2004/2005 bis WS 2008/2009 – zugrunde gelegt. Zwar sind nach § 11 Abs. 2 KapVO bei der Berechnung des Dienstleistungsbedarfs die voraussichtlichen Zulassungszahlen für die Dienstleistungen nachfragenden Studiengänge und/oder die bisherige Entwicklung der Studienanfängerzahlen zu berücksichtigen. Danach ist es im Ansatz rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Antragsgegnerin auf die bisherige Entwicklung der Studienanfängerzahlen zurückgreift (vgl. BVerwG, Urt. v. 15. Dezember 1989 - 7 C 17/89 -, DVBl 1990, 531; OVG LSA, Beschl. v. 19. August 2008, a.a.O.; OVG des Saarlandes, Beschl. v. 17. Juli 2006 - 3 X 3/06 u.a. -, zitiert nach juris; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 09. Februar 1994 - NC 9 S 131/92 -, zitiert nach juris). Für den hier streitgegenständlichen Berechnungszeitraum hat die Antragsgegnerin sich im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt des Berechnungsstichtages (vgl. § 5 Abs. 1 KapVO) aber gegen eine solche Betrachtungsweise entschieden. Hieran muss sie sich festhalten lassen. Sie kann sich insoweit auch nicht auf die Regelungen des § 5 Abs. 2 und 3 KapVO berufen, da lediglich die Methodik der Bestimmung des Aq/2-Wertes von der Frage betroffen ist, unter welchem Blickwinkel die Berechnung des Dienstleistungsbedarfs nach § 11 Abs. 2 KapVO zu erfolgen hat.

47

Nach alledem ergibt sich für den Studiengang Zahnmedizin ein Dienstleistungsbedarf (CAq x Aq/2) von 16,4 SWS (0,800 x 20,5).

48

Demgegenüber findet der von der Antragsgegnerin für die sog. innovativen Studiengänge Gesundheits- und Pflegewissenschaften, Ernährungswissenschaften und Medizinische Physik in Ansatz gebrachte Dienstleistungsbedarf auch in diesem Jahr keine rechtliche Anerkennung. Zwar fallen die Begründungen des Fakultätsvorstandes der Medizinischen Fakultät der Antragsgegnerin für die Notwendigkeit eines Dienstleistungsexports in die vorgenannten Studiengänge deutlich umfassender als in den vergangenen Berechnungszeiträumen aus. Außerdem bringen die Beschlüsse wesentlich stärker das Bemühen der Antragsgegnerin zum Ausdruck, in der Abwägung nicht nur formelhaft den Interessen der Studienbewerber für den Studiengang Humanmedizin an einer nicht durch einen Dienstleistungsexport verminderten Aufnahmekapazität Rechnung zu tragen. Dies vermag allerdings nicht den Blick darauf zu verstellen, dass die Entscheidung der Antragsgegnerin, nach der ein Teil des Lehrangebots in den innovativen Studiengängen durch Lehrleistungen der Lehreinheit Vorklinische Medizin zu erbringen ist, im Ergebnis unverändert auf in der Zielvereinbarung 08. März 2006 geregelten Verpflichtungen beruht. Dass die Antragsgegnerin den Inhalt der Zielvereinbarung – entgegen ihrer Ausführungen in vergangenen Berechnungszeiträumen – für sich als rechtlich verbindlich erachtet, wird bereits daran deutlich, dass sie mit dem Kultusministerium eine Ergänzungsvereinbarung getroffen und nicht etwa – unabhängig davon, ob dies rechtlich überhaupt möglich ist – auf die Aufhebung der Vereinbarung gedrungen hat. Auch in der ihr nunmehr durch die Ergänzungsvereinbarung gegebenen Fassung heißt es unter Punkt B.I.1.1.1. der Zielvereinbarung (Seite 8 f.):

49

„Die Medizinische Fakultät wird den bisher von ihr geleisteten und mit den betreffenden Fakultäten der Martin-Luther-Universität über die entsprechenden Studienordnungen festgelegten Lehrexport für die interdisziplinären Studiengänge Medizinphysik, Ernährungswissenschaften […] im Rahmen gegenseitiger Leistungsverrechnung aufrecht erhalten. Dabei wird die Umstellung der Studienstruktur (Bachelor/Master) Berücksichtigung finden. Die interdisziplinären Studiengänge sind ein Markenzeichen der Martin-Luther-Universität und dienen in hohem Maße ihrer Profilbildung. Die durch sie gegebenen personellen Vernetzungen mit den anderen Fachbereichen/Fakultäten der MLU sind ein wesentliches Element für interdisziplinäre Forschungsverbände, an denen die Medizinische Fakultät beteiligt ist. Die Fakultät verpflichtet sich, für Studierende der genannten interdisziplinären Studiengänge im Rahmen ihrer personellen und materiellen Gegebenheiten Bachelor-, Master-, Diplom- und Doktorarbeiten anzubieten.“

50

Unter dem Punkt Profilbildung in der Lehre (B.I.1.1.2., Seite 9) heißt es zudem:

51

„Die Medizinische Fakultät in Halle wird praxisnah und forschungsorientiert Studierende in allen von ihr angebotenen Studiengängen ausbilden. Sie geht davon aus, dass unter Berücksichtigung der personellen (C-/W-Stellen-Zielstruktur) und materiellen Ressourcen (Landeszuschuss) ein attraktives und national konkurrenzfähiges Studium sowohl in der Medizin, Zahnmedizin als auch in der Pflege- und Gesundheitswissenschaft möglich ist.“

52

Darüber hinaus enthält die Zielvereinbarung weiterhin obligatorische inhaltliche Vorgaben für die zukünftige personelle und sächliche Struktur der Medizinischen Fakultät der Antragsgegnerin. In diesem Zusammenhang heißt es auf Seite 6 der Zielvereinbarung in ihrer geänderten Fassung:

53

„Die strukturelle Weiterentwicklung beider Fakultäten basiert auf einer Festlegung der Zahl der Professuren auf je 60 für Humanmedizin und der Etablierung einer adäquaten Anzahl von Departments je Standort mit den für die Lehre und eine konkurrenzfähige Forschung der unerlässlichen Disziplinen. Die Fakultäten werden ihre Struktur und die Ausstattung der Organisationseinheiten gemäß der angestrebten Zielfakultät (ca. 560 Stellen für die Humanmedizin einschließlich jeweils 60 C- bzw. W-Stellen) unter Berücksichtigung des vom Land vorgegebenen Finanzrahmens so weiterentwickeln, dass sie die entsprechenden Ausbildungsanordnungen erfüllen und eine Aufnahmekapazität im Studiengang Humanmedizin von mindestens 185 Studienanfängern erreichen.“

54

Auf Seite 8 der Zielvereinbarung heißt es unter B.I.1.1.1. Studienangebote/Lehrexport:

55

„Die Medizinische Fakultät Halle bietet die Studiengänge „Medizin“, „Zahnmedizin“ und „Pflege- und Gesundheitswissenschaft“ (PGW) an. Sie wird ihre Struktur und die Ausstattung ihrer Struktureinheiten gemäß der angestrebten Zielfakultät (ca. 560 Stellen für die Humanmedizin einschließlich jeweils 60 C- bzw. W-Stellen und 100 Stellen für Zahnmedizin und PGW (einschließlich der 8 C- bzw. W-Stellen)) unter Berücksichtigung des vom Land vorgegebenen Finanzrahmens so weiterentwickeln, dass sie die entsprechenden Ausbildungsanordnungen erfüllt […]. Für die Studiengänge Zahnmedizin sowie Pflege- und Gesundheitswissenschaft soll eine Aufnahmekapazität von mindestens 40 Studienanfängern gehalten werden.“

56

Wie bereits dargelegt, wird die personelle und sächliche Ausstattung der Medizinischen Fakultät dabei weiterhin maßgeblich durch eine kostennormwertorientierte Budgetierung bestimmt.

57

Angesichts dieser Vorgaben beruht die Entscheidung der Antragsgegnerin, dass das Lehrangebot in den innovativen Studiengängen teilweise durch Lehrleistungen der Lehreinheit Vorklinische Medizin zu erbringen ist und nicht etwa durch eigenes Personal der importierenden Studiengänge, durch Lehraufträge oder einen Lehrimport aus anderen Lehreinheiten, z.B. der klinisch-theoretischen Medizin, übernommen werden kann, nur scheinbar auf einer die Belange der Studienbewerber der importierenden Studiengänge mit den Interessen der Bewerber für ein Studium der Humanmedizin in einen gerechten Ausgleich bringenden sorgfältigen Abwägung. Die Zielvereinbarung lenkt die Abwägungsentscheidung der Antragsgegnerin zur Sicherstellung einer bestimmten Aufnahmekapazität in den importierenden Studiengängen bereits in Richtung des Dienstleistungsexports zu Lasten der Kapazität im Studiengang Humanmedizin. Dies ist in Anbetracht des auf unabsehbare Zeit gegebenen groben Missverhältnisses zwischen den bundesweit im Studiengang Humanmedizin an den Hochschulen vorhandenen Ausbildungskapazitäten und der Nachfrage an Studienplätzen sowie der sich abzeichnenden weiteren Verlängerung der Wartezeit über derzeit 10 Semester hinaus nicht hinnehmbar.

58

Ausgehend von einem unbereinigten Lehrangebot von 206,00 SWS ergibt sich abzüglich des Dienstleistungsbedarfs in Höhe von 16,4 SWS mithin ein bereinigtes Lehrangebot von 189,60 SWS.

59

Für die von der Antragsgegnerin durchgeführte Berechnung der Lehrnachfrage sind keine Korrekturen veranlasst. Die Bestimmung der Lehrnachfrage erfolgt gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 KapVO anhand des in Deputatsstunden gemessenen Aufwands aller beteiligten Lehreinheiten, der für die ordnungsgemäße Ausbildung einer Studentin oder eines Studenten in dem jeweiligen Studiengang erforderlich ist (sog. Curricularnormwert, CNW). Bei der Berechnung der jährlichen Aufnahmekapazität sind die in Anlage 2 der KapVO aufgeführten Curricularnormwerte anzuwenden (§ 13 Abs. 1 Satz 2 KapVO). Für den Studiengang Humanmedizin gilt danach ein CNW von 8,2 (Anlage 2, Ziffer I., laufende Nr. 35). Die KapVO geht für die Berechnung der Aufnahmekapazität jedoch nicht vom Studiengang selbst, sondern von Lehreinheiten aus (§ 7 Abs. 1 KapVO). Dementsprechend muss der CNW zwischen den an der Ausbildung für den Studiengang beteiligten Lehreinheiten aufgeteilt werden (§ 13 Abs. 4 Satz 1 KapVO). Für die Berechnung der Aufnahmekapazität der jeweiligen Lehreinheit kommt es lediglich auf deren (Eigen-)Curriculareigenanteil (CAp) an. Der Aufwand, der von einer anderen Lehreinheit erbracht wird, stellt eine vom CAp der Lehreinheit, deren Aufnahmekapazität ermittelt werden soll – hier Vorklinische Medizin –, abzuziehende importierte Dienstleistung dar. Dabei enthält die KapVO keine Vorschriften darüber, wie der für die Berechnung der Lehrnachfrage maßgebende CAp inhaltlich zu bestimmen ist. In § 13 Abs. 4 Satz 2 KapVO ist lediglich vorgeschrieben, dass die Angaben der beteiligten Lehreinheiten aufeinander abzustimmen sind. Die Ausgestaltung des CAp obliegt daher grundsätzlich der Hochschule selbst, die im Rahmen der ihr durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gewährleisteten Eigenständigkeit befugt ist, bei der Organisation und Ausgestaltung des Studiums ihren eigenen hochschulpolitischen Vorstellungen und fachdidaktischen Zielvorstellungen Ausdruck zu verleihen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18. März 1987 - 7 C 62.84 -, NVwZ 1987, 690; Urt. v. 23. Juli 1987, a.a.O.). Im Rahmen des vom KapVO-Geber vorgegebenen CNW des Studiengangs gestaltet die Hochschule Struktur und Inhalt ihrer Studienpläne daher grundsätzlich selbst. Ihre Grundentscheidungen unterliegen hinsichtlich ihrer fachdidaktisch-wissenschaftlichen Geeignetheit nicht unmittelbar der richterlichen Überprüfung. Aus dem Kapazitätserschöpfungsgebot folgt insoweit jedoch, dass die nach Lehrveranstaltungsstunden (v), Anrechnungsfaktoren (f) und Betreuungsrelationen (g) quantifizierte Lehrnachfrage (Berechnungsformel: v x f : g) so zu bemessen ist, dass sie den für ein ordnungsgemäßes Studium unentbehrlichen Lehraufwand noch trägt (vgl. BVerwG, Urt. v. 18. März 1987, a.a.O.).

60

Ausgehend davon begegnet der von der Antragsgegnerin der Ermittlung der Aufnahmekapazität für die Lehreinheit Vorklinische Medizin zugrunde gelegte CAp von 1,5497 keinen rechtlich durchgreifenden Bedenken.

61

Entgegen der Auffassung einiger Antragsteller bedarf es zunächst weder einer normativen Aufteilung des CNW zwischen den Lehreinheiten des Studiengangs noch hat die Aufteilung des CNW und damit die Festlegung der Curricularanteile durch das Ministerium für Wissenschaft und Forschung zu erfolgen. Soweit die Antragsteller in diesem Zusammenhang auf die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 15. Februar 2000 (- NC 9 S 39/99 -, zitiert nach juris) sowie vom 12. Mai 2009 (a.a.O.) verweisen, verkennen sie, dass die für das Land Sachsen-Anhalt maßgebende KapVO im Gegensatz zu der in Baden-Württemberg geltenden KapVO VII vom 14. Juni 2002 (GBl. S. 271), zuletzt geändert durch Verordnung vom 30. Juni 2009 (GBl. S. 313), Fußnote 3 zur laufenden Nr. 49 der Anlage 2, keine ausdrückliche Anordnung kennt, nach der die Zuständigkeit für die Aufteilung des CNW gemäß § 13 Abs. 4 KapVO im Studiengang Humanmedizin abweichend von allen anderen Studiengängen, bei denen insoweit allein die Hochschule zuständig ist (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 KapVO), beim Ministerium für Wissenschaft und Forschung liegt.

62

Des Weiteren ist auch keine Verminderung des CAp-Wertes für die Lehreinheit Vorklinische Medizin im Hinblick auf die im Ersten Abschnitt der Ärztlichen Ausbildung vorgesehenen integrierten Seminare mit klinischen Fächern und weiteren Seminare mit klinischem Bezug (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 5 Approbationsordnung für Ärzte – ÄAppO – vom 27. Juni 2002, BGBl. 2002 I S. 2405) geboten. Nach der hier zugrunde gelegten ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt sind diese Seminare – entgegen der Auffassung einiger Antragsteller – nicht zwingend zumindest teilweise von Lehrpersonen der klinischen Lehreinheiten durchzuführen, so dass sie – kapazitätsmindernd – dem Eigenanteil der Lehreinheit Vorklinische Medizin zugerechnet werden können (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 26. Februar 2007 - 3 N 187/06 -, zitiert nach juris). Ungeachtet dessen ist die Antragsgegnerin bei ihrer Berechnung (Nr. 3 der Generalakte) kapazitätsfreundlich davon ausgegangen, dass die integrierten Seminare mit klinischen Fächern (vgl. § 8 Abs. 2 Nrn. 9 bis 11 der Studienordnung der Antragsgegnerin für den Studiengang Medizin vom 21. April 2009, veröffentlicht im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 15. September 2009, S. 2) – entsprechend § 4 Abs. 2 Satz 2 der Studienordnung – jeweils zur Hälfte von Lehrpersonen aus der Vorklinik und der Klinisch-Praktischen Medizin (Seminare Physiologie III, Biochemie/Molekularbiologie III, Anatomie III) durchgeführt werden. Im Übrigen ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass über diesen rechnerischen Ansatz hinaus weiteres klinisches Lehrpersonal in den Seminaren gemäß § 2 Abs. 2 Satz 5 ÄAppO eingesetzt wird oder eingesetzt werden müsste.

63

Ebenso wenig ist eine Umrechnung der auf die in der Anlage 1 zu § 2 Abs. 1 Satz 2 ÄAppO unter den Ziffern I.1.7 bis I.1.9. aufgeführten Seminare Anatomie, Physiologie und Biochemie entfallenden Curricularanteile auf die nunmehr anerkannt maßgebliche Semestervorlesungszeit von 14 Wochen geboten. Das Vorbringen einiger Antragsteller, diese Seminare seien im Umfang von 8 SWS auf 12 Semesterwochen statt – wie die neuen Seminare gemäß § 2 Abs. 2 Satz 5 ÄAppO – auf 14 Semesterwochen angelegt, geht ins Leere. Die Anlage 1 zur aktuellen ÄAppO hat die Vorgaben der Anlage 1 der ÄAppO in der Fassung der 7. Änderungsverordnung vom 21. Dezember 1989 (BGBl. I 1989 S. 2549) zum Umfang dieser Seminare gerade nicht unverändert übernommen. Stattdessen legt sie nunmehr nur noch für sämtliche der hier aufgeführten Pflichtveranstaltungen eine Gesamtstundenzahl von mindestens 630 Stunden fest (vgl. Hessischer VGH, Beschl. v. 02. April 2007 - 8 FM 5204.06.W -, zitiert nach juris). Dementsprechend kann nicht davon ausgegangen werden, dass die drei Seminare Anatomie I, Physiologie I und Biochemie I bei der Berechnung des CAp für den vorklinischen Studienabschnitt im Umfang von genau 8 SWS Berücksichtigung gefunden haben (vgl. OVG des Saarlandes, Beschl. v. 01. August 2007 - 3 B 53.07.NC u.a. -, zitiert nach juris). Dass sämtliche Seminare, d.h. auch die vorstehenden Seminare, an einer Semestervorlesungszeit von 14 Wochen ausgerichtet sind, wird zudem daran deutlich, dass der Studienplan der Antragsgegnerin (Anlage 1 der Studienordnung für den Studiengang Medizin) einen Umfang von 56 SWS = 784 Stunden (56 x 14) ausweist.

64

Entgegen der Auffassung einiger Antragsteller ist der von der Antragsgegnerin bei der Kapazitätsberechnung angesetzte CAp der Lehreinheit Vorklinische Medizin auch nicht deshalb als überhöht anzusehen, weil bei den einzelnen Lehrveranstaltungen zu geringe Gruppengrößen (g) (für Vorlesungen 180, 15 für Praktika und 20 für Seminare) angesetzt worden wären. Die von der Antragsgegnerin für Seminare zugrunde gelegte Gruppengröße von 20 beruht auf der normativen Vorgabe in § 2 Abs. 4 Satz 5 ÄAppO, wonach die Zahl der jeweils an einem Seminar teilnehmenden Studierenden 20 nicht überschreiten darf. Hinsichtlich der – hier von der Antragstellerseite beanstandeten – Gruppengröße 180 für Vorlesungen hat die Antragsgegnerin sich an der in den früheren ZVS-Beispielstudienplänen zugrunde gelegte entsprechende Größe orientiert. Dies gibt keinen Anlass zu rechtlichen Beanstandungen. Den bisherigen ZVS-Beispielstudienplänen war ein kapazitätserschöpfender Maßstab zu entnehmen, der zu einer sachgerechten Quantifizierung des vorklinischen Unterrichtsanteiles führte. Denn auf der Grundlage einer verbreiteten und vieljährigen Handhabung im Hochschulzulassungsrecht war erwiesen, dass mit der in diesem Studienplanmodell nach Lehrveranstaltungsstunden, Anrechnungsfaktoren und Betreuungsrelationen quantifizierten Unterrichtsmenge ein ordnungsgemäßes Studium zu absolvieren war (vgl. BVerwG, Urt. v. 18. März 1987, a.a.O.). Dementsprechend lag die Gruppengröße 180 bereits den Curricularnormwerten für den Studiengang Medizin in den früheren Fassungen der KapVO beginnend mit der Verordnung vom 24. Januar 1994 (GVBl. LSA S. 68) zugrunde und stellt ein Mittel gewonnener Erfahrungswerte dar. Zwar ist durch die Neufassung der ÄAppO die Bedeutung der Seminare gegenüber den Vorlesungen zusätzlich betont worden, indem der zeitliche Umfang für integrierte Lehrveranstaltungen um 98 Stunden und für Seminare mit klinischem Bezug um weitere 56 Stunden erhöht worden ist (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 5 ÄAppO). Allein die dadurch bedingte Erhöhung des Lehraufwandes, mit der Folge der Erhöhung des CNW von 7,2 auf nunmehr 8,2, bietet keinen Anlass, die bisher angenommene Gruppengröße für Vorlesungen in Zweifel zu ziehen. Wenngleich nach der Novellierung der ÄAppO kein ZVS-Beispielstudienplan als quantifizierter Modellstudienplan mehr aufgestellt worden ist, ist auch der gegenwärtige CNW vom ZVS-Unterausschuss „Kapazitätsverordnung“ aus der ÄAppO abgeleitet. Seine einzelnen Anteile stehen in einem gewissen „Beziehungsverhältnis“ zueinander und die Gruppengrößen der verschiedenen Veranstaltungsarten sind wie bisher aufeinander abgestimmt (OVG LSA, Beschl. v. 26. Februar 2007, a.a.O.). Die vom Verordnungsgeber der ÄAppO durch die Erhöhung der Seminarstunden mit niedriger Betreuungsrelation erkennbar beabsichtigte Intensivierung der Medizinerausbildung würde durch die – von den Antragstellern geforderte – Erhöhung der Gruppengröße bei Vorlesungen zumindest neutralisiert (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 11. Mai 2004 - 13 C 1280/04 -, zitiert nach juris). Denn die Anhebung der Betreuungsrelation für Vorlesungen hätte zwangsläufig eine höhere Zulassungszahl und damit auch eine Steigerung der in den Kleingruppenveranstaltungen auszubildenden Studierenden zur Folge. Die Gruppengröße dieser Veranstaltungen ist aber teilweise – bei Seminaren (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 5 ÄAppO) – normativ vorgegeben und im Übrigen – anders als Vorlesungen in Anbetracht der heutigen technischen Möglichkeiten von Bild- und Tonübertragungen – aufgrund didaktischer Gründe und tatsächlicher Umstände wie begrenzter Unterrichtsräume und einer begrenzten Anzahl von Dozenten nicht beliebig erweiterbar (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 27. Februar 2009 - 2 NB 154/08 -, zitiert nach juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 25. Mai 2007 - 13 C 125/07 -, zitiert nach juris). Außerdem würde die normative Vorstellung von einer u.a. von den Betreuungsrelationen geprägten Mindestausbildungsqualität gestört (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 11. Mai 2004, a.a.O.; Beschl. v. 27. Februar 2008 - 13 C 5/08 -, zitiert nach juris). In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass dem KapVO-Geber bei der Bestimmung der Lehrnachfrage ein weites Gestaltungsermessen zusteht (OVG Lüneburg, Beschl. v. 27. Februar 2009 - 2 NB 154/08 -, a.a.O.). Bei dem Curricularnormwert handelt es sich um eine Rechtsnorm mit zahlenförmigem Inhalt und nicht um eine bloße Rechengröße. Seine Festlegung beruht auf einem komplexen Meinungs- und Entscheidungsbildungsprozess des KapVO-Gebers, der ein abwägendes Bewerten dessen beinhaltet, was für die Ermittlung des Ausbildungsaufwandes als vereinheitlichungsfähige Betreuungsrelation angesetzt werden kann. Das Gebot der vollständigen Kapazitätsausschöpfung zwingt den Normgeber insbesondere nicht dazu, der Festsetzung des CNW diejenigen Betreuungsrelationen zugrunde zu legen, die stets zu der höchsten Kapazität, aber der schlechtesten Ausbildung führen (OVG LSA, Beschl. v. 26. Februar 2007, a.a.O.).

65

Weiter besteht keine Veranlassung, den der Berechnung des CAp im Hinblick auf die Seminare mit klinischen Bezügen sowie die integrierten Seminare (§ 2 Abs. 2 Satz 5 ÄAppO) zugrunde gelegten Anrechnungsfaktor (f) von 1,0 aus Rechtsgründen zu beanstanden. Der Anrechnungsfaktor (f) dient dazu, dem unterschiedlichen Aufwand für die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Lehrveranstaltungen Rechnung zu tragen (Bahro/Berlin, Das Hochschulzulassungsrecht, 4. Aufl. 2003, S. 382). Die Berechnung des gegenwärtigen CNW durch den Unterausschuss „Kapazitätsverordnung“ der ZVS ist den ZVS-Beispielstudienplänen nicht nur im Hinblick auf die zugrunde gelegten Gruppengrößen, sondern auch hinsichtlich der Anrechnungsfaktoren für die verschiedenen Lehrveranstaltungen – bei Seminaren f = 1,0 – angelehnt. Ungeachtet des Umstandes, dass nach der Novellierung der ÄAppO kein ZVS-Beispielstudienplan als quantifizierter Modellstudienplan mehr aufgestellt worden ist, ist es daher gerechtfertigt, an diesem Berechnungssystem auch bezüglich der Anrechnungsfaktoren festzuhalten (vgl. OVG Berlin, Beschl. v. 20. Oktober 2004 - 5 NC 44.04 -, zitiert nach juris). Im Übrigen entspricht der von der Antragsgegnerin für sämtliche Seminare gewählte Ansatz eines Anrechnungsfaktors von 1,0 auch den Vorgaben der LVVO. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 LVVO werden Seminare wie Vorlesungen und Übungen auf die Lehrverpflichtung voll angerechnet.

66

Soweit einige Antragsteller bei Seminaren gemäß § 2 Abs. 2 Satz 5 ÄAppO lediglich einen Anrechnungsfaktor von 0,5 als gerechtfertigt ansehen wollen, da Dozenten ihre Seminarthemen gewöhnlich verschiedenen Seminargruppen zu unterschiedlichen Zeiten unterrichteten und dadurch zwangsläufig in nicht unerheblichem Umfang Vorbereitungszeiten ersparten, kann dem nicht gefolgt werden. Nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass bei der Antragsgegnerin die ständige Übung besteht, die Seminare mit klinischen Bezügen sowie die integrierten Seminare durch dieselben Dozenten in mehreren (parallelen) Veranstaltungen durchzuführen. Bei einem Blick in die allgemein zugänglichen Vorlesungsverzeichnisse der Antragsgegnerin (http://studip.uni-halle.de/mlu_vv.php) ist zwar festzustellen, dass im Sommersemester 2007 etwa das Seminar Physiologie II (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 9, Abs. 3 der Studienordnung der Antragsgegnerin für den Studiengang Medizin) in 16 Gruppen an vier Tagen in der Woche von lediglich zwei Dozenten (Klöckner, Markwardt) durchgeführt worden ist. Dagegen wurde das Seminar Biochemie/Molekularbiologie II (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 10, Abs. 3 der Studienordnung) im Sommersemester 2009 von insgesamt 11 Dozenten in 12 Gruppen durchgeführt, d.h. nur in einem Fall betreute eine Lehrperson gleich zwei Seminargruppen. Ähnlich stellt sich die Situation im Sommersemester 2010 dar. Es wäre daher verfehlt, die Lehrveranstaltungsstruktur im Sommersemester 2007 zur Richtschnur der Kapazitätsberechnung zu machen. Bei den Anrechnungsfaktoren handelt es sich um hochkomplexe zahlenförmige Parameter, in deren Ableitung eine Fülle von Erwägungen, Erfahrungen und Wertungen eingeflossen ist. Sie müssen zwangsläufig pauschalieren. In Anbetracht ihres abstrakten Charakters können sie die Ausbildungswirklichkeit naturgemäß weder in die eine – kapazitätsgünstige – noch in die andere – kapazitätsungünstige – Richtung in allen Einzelheiten getreu abbilden (vgl. Hamburgisches OVG, Beschl. v. 22. Dezember 2004 - 3 Nc 59/04 -, zitiert nach juris). Ungeachtet dessen berücksichtigt die pauschale Annahme der Antragsteller, der Aufwand eines Dozenten reduziere sich in erheblichem Maße, wenn dieser sein Seminarthema in einem Semester mehreren Gruppen darbringe, nicht hinreichend die lehrdidaktisch-spezifischen Besonderheiten der medizinischen Seminare. In den Seminaren wird nicht nur der durch praktische Übungen und Vorlesungen vermittelte Lehrstoff vertiefend, anwendungs- und gegenstandsbezogen erörtert (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 1 ÄAppO). Vielmehr haben sich die Studierenden durch eigene Beiträge zu beteiligen (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 4 ÄAppO). Insbesondere durch diese Beteiligung der Studierenden können die parallel abgehaltenen Seminarveranstaltungen einen mitunter gänzlich anderen Diskussionsverlauf nehmen. Die sich hierbei unterschiedlich stellenden inhaltlich-thematischen Problemkreise bedürfen einer entsprechenden auf die jeweilige Veranstaltung bzw. Seminargruppe bezogene Vor- und Nachbereitung durch den Dozenten. Vor diesem Hintergrund ist es gerechtfertigt, auch für parallel durchgeführte Seminare eines Dozenten jeweils einen Anrechnungsfaktor von 1,0 anzusetzen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 22. Oktober 2009 - 7 CE 09.10572 u.a. -, zitiert nach juris).

67

Die Antragsgegnerin hat der Berechnung der Aufnahmekapazität jedoch einen fehlerbehafteten Schwundfaktor von 0,9821 zugrunde gelegt. Nach § 16 KapVO ist die Aufnahmekapazität zu erhöhen, wenn zu erwarten ist, dass wegen Studienabbruchs, Fachwechsels oder Hochschulwechsels die Zahl der Abgänge an Studierenden in höheren Fachsemestern größer ist als die Zahl der Zugänge (Schwundquote). Die Berechnung der Schwundquote erfolgt in aller Regel nach dem so genannten Hamburger Modell. Diesem Modell liegt als eine der Modellannahmen die Überlegung zugrunde, dass ein Studierender das gesamte Lehrangebot während der Regelstudienzeit nachfragt (Bahro/Berlin, a.a.O., § 16 KapVO Rdnr. 3). Die Ermittlung der Schwundquote ist dabei Aufgabe der Universität und die von ihr errechnete Schwundquote gerichtlich nur eingeschränkt daraufhin überprüfbar, ob die zuständige Behörde von zutreffenden Abgrenzungen und Daten ausgegangen ist und sich einer wissenschaftlich vertretbaren Methode bei der Schwundberechnung bedient hat (Bahro/Berlin, a.a.O., § 16 KapVO Rdnr. 6). Diesen Anforderungen wird die Schwundberechnung der Antragsgegnerin nicht gerecht.

68

Zunächst ist – entgegen der Auffassung einiger Antragsteller – rechtlich nicht zu erinnern, dass die Antragsgegnerin bei der Ermittlung des Schwundfaktors die gerichtlich zugelassenen Studierenden (sog. „Gerichtsmediziner“) nicht der Kohorte desjenigen Semesters nachträglich zugerechnet hat, für welches sie die Aufnahme des Studiums begehrt haben. Nach den Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt in seinem Beschluss vom 18. August 2008 (a.a.O.) ist es in Anbetracht des Umstandes, dass sich das (derzeitige) Studierverhalten der nachträglich zugelassenen Studierenden nicht wesentlich von dem der aufgrund der Vergabeverordnung zugelassenen Studenten unterscheidet, rechtlich zulässig, dass die Antragsgegnerin – wie in der Kapazitätsberechnung für das Wintersemester 2009/2010 – die Gerichtsmediziner bei der Schwundquotenberechnung der Semesterkohorte des ihrer vorläufigen Zulassung nachfolgenden Wintersemesters zugerechnet hat.

69

Allerdings stellen sich die von der Antragsgegnerin in die Berechnung eingestellten Bestandszahlen an mehreren Stellen als nicht nachvollziehbar dar. Ihre Schwundberechnungstabelle weist bei den Übergängen vom 2. Fachsemester im Sommersemester 2006 zum 3. Fachsemester im Wintersemester 2006/07, vom 1. Fachsemester im Wintersemester 2006/2007 zum 2. Fachsemester im Sommersemester 2007 sowie vom 2. Fachsemester im Sommersemester 2008 zum 3. Fachsemester im Wintersemester 2008/09 jeweils eine Zunahme der Semesterkohorten in nicht unerheblichem Umfang aus (vom SS 06 zum WS 06/07 8 Studierende, vom WS 06/07 zum SS 07 11 Studierende, vom SS 08 zum WS 08/09 23 Studierende). Dies führt im Ergebnis zu einer positiven Schwundquote von 1,0286 beim Übergang vom 2. zum 3. Fachsemester. Zwar hat das Auftreten eines positiven Übergangsschwundes – worauf die Antragsgegnerin zutreffend hinweist – nicht zwangsläufig die rechtliche Fehlerhaftigkeit der Ermittlung des Schwundfaktors insgesamt zur Folge, so lange der Schwundfaktor im Ergebnis nicht größer als 1,0 ist (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 16. Juli 2009 - 3 N 599/08 -, zitiert nach juris). Allerdings ist nicht nachvollziehbar, auf welche Umstände oder Zulassungspraxis der Antragsgegnerin die Zunahme der Bestandszahlen der vorgenannten Semesterkohorten zurückzuführen ist. Die betreffenden Anstiege der Bestandszahlen lassen sich jedenfalls nicht damit erklären, dass in den vergangenen Jahren aufgrund gerichtlicher Beschlüsse zusätzliche Studienplätze vergeben worden sind. Die Antragsgegnerin hat die sog. Gerichtsmediziner auf gerichtliche Aufforderung gesondert in der Schwundberechnungstabelle ausgewiesen. Dadurch wird deutlich, dass der Anstieg der Bestandszahlen einzelner Semesterkohorten auf einer Erhöhung der regulären Studentenzahlen, d.h. der Zahlen ohne Berücksichtigung der Gerichtsmediziner, beruht. Die aufgezeigte Zunahme einzelner Bestandszahlen ist auch nicht mit einer gesonderten Behandlung von beurlaubten Studierenden zu erklären. Nach den Angaben der Antragsgegnerin sind die beurlaubten Studenten bei der Schwundberechnung so behandelt worden, als würden sie ihr Studium ohne Beurlaubung fortsetzen. Durch diese Zählweise sollten gerade Ungenauigkeiten bei der Schwundberechnung durch Doppelzählungen von beurlaubten Studenten oder das Auftreten eines positiven Schwundes durch Berücksichtigung der beurlaubten Studenten im Semester der Wiederaufnahme des Studiums vermieden werden.

70

Hiervon ausgehend spricht einiges dafür, dass der in den vergangenen Studienjahren bei einzelnen Semesterübergängen festzustellende Anstieg der Bestandszahlen auf einer unzulässigen Doppelzählung von Studierenden beruht. Der Antragsgegnerin ist es jedenfalls trotz substantieller Einwände der Antragstellerseite und ausdrückliche Nachfrage der Kammer im Rahmen des Erörterungstermins bislang nicht gelungen, nachvollziehbar zu erklären, worauf der zum Teil erhebliche Anstieg der Bestandszahlen bei einzelnen Semesterübergängen beruht. Soweit sie zuletzt erstmals – weit nach Ablauf der ihr in diesem Zusammenhang gesetzten Stellungnahmefrist – mit Schriftsatz vom 09. Februar 2010 die in ihrer Schwundberechnung festzustellenden „Aufwüchse“ damit zu erklären versucht hat, dass bei der Erstellung der Bestandszahlen zwei Stichtage verwendet und nach einem Stichtag eingetretene Änderungen erst zum darauffolgenden Stichtag berücksichtigt worden seien, was dann dort zu einem „Aufwuchs“ führe, räumt sie selbst ein, dass ihre Schwundquotenberechnung auf einem fehlerhaften Datenmaterial beruht und damit im Ergebnis nicht zutreffend sein kann. Die Antragsgegnerin hat in diesem Zusammenhang nicht im Einzelnen dargelegt, wie sich die Bestandszahlen nunmehr tatsächlich richtig darstellen müssten. Soweit sie (lediglich) exemplarisch darauf hinweist, dass die Gesamtzahl der im Wintersemester 2007/08 im 1. Fachsemester und im Sommersemester 2008 dann im 2. Fachsemester immatrikulierten Studierenden jeweils 252 betragen habe, entzieht sie mit ihrem eigenen Vortrag der in ihrer Berechnung ausgewiesenen positiven Übergangsschwundsquote vom 2. zum 3. Fachsemester die rechnerische Grundlage.

71

Die Antragsgegnerin trifft im Hinblick auf die ihrer Kapazitätsberechnung zugrunde gelegten Daten und Annahmen aber eine Darlegungspflicht, deren Verletzung sowohl in Gestalt von Begründungslücken als auch im Hinblick auf Fehler des Ableitungszusammenhangs den Schluss nahelegen kann, dass sie das Gebot erschöpfender Kapazitätsauslastung verletzt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 22. Oktober 1991 - 1 BvR 393/85 u.a. -, BVerfGE 85, 36). Hiervon ausgehend können die nicht nachvollziehbaren Bestandszahlen bei der Schwundberechnung im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens keine Berücksichtigung finden, da sie im Ergebnis – kapazitätsungünstig – zu einer niedrigeren Schwundquote führen. Sie sind durch korrigierte Werte zu ersetzen, mit denen sich eine realitätsnähere Übergangsquote errechnen lässt. Die Kammer erachtet es insoweit als angemessen, die nicht zu erklärenden Bestandszahlen durch die Zahlen des jeweils vorhergehenden Semesters zu ersetzen, mit der Folge, dass bei den regulären Studierendenzahlen der betreffenden Semesterübergänge kein Schwund zu verzeichnen ist. Die korrigierten Bestandszahlen sind in der nachfolgenden Tabelle graphisch hervorgehoben.

72

Im Übrigen stimmen die von der Antragsgegnerin in ihre Schwundberechnungstabelle übernommenen Bestandszahlen – ohne Gerichtsmediziner – zum überwiegenden Teil auch nicht mit den Zahlen überein, welche sie der Schwundberechnung für die Ermittlung der Aufnahmekapazität für das Wintersemester 2008/2009 zugrunde gelegt hat. Dies betrifft namentlich die Zahlen für das 2. Fachsemester im Sommersemester 2006 (Schwundberechnung 2008/2009: 194, aktuelle Schwundberechnung: 197), für das Eingangssemester und 3. Fachsemester WS 2006/2007 (2008/2009: 1. FS 200, 3. FS 202, aktuell: 1. FS 202, 3. FS 205), für das 2. und 4. Fachsemester im Sommersemester 2007 (2008/2009: 2. FS 209, 4. FS 199, aktuell: 2. FS 213, 4. FS 194) sowie für das Eingangssemester und 3. Fachsemester im Wintersemester 2007/2008 (2008/2009: 1. FS 187, 3. FS 196, aktuell: 1. FS 196, 3. FS 201). Für das vorläufige Rechtsschutzverfahren legt die Kammer der Schwundberechnung insoweit bis auf die korrigierten Zahlen die Bestandszahlen der Antragsgegnerin aus der Kapazitätsberechnung zugrunde.

73

Somit ergibt sich folgende Schwundberechnung:

74

Humanmedizin – Vorklinik

Erhebungssemester

Studenten im n-ten Fachsemester

1

2

3

4

WS 2005/06

Regulär

208

2

237

1

Gerichtsmediziner

19

aus WS 04/05

Gesamt

227

2

237

1

SS 2006

Regulär

197

3

229

Gerichtsmediziner

19

Gesamt

0

216

3

229

WS 2006/07

Regulär

202

197

3

Gerichtsmediziner

48

19

aus WS 05/06

Gesamt

250

0

216

3

SS 2007

Regulär

0

202

194

Gerichtsmediziner

45

19

Gesamt

0

247

0

213

WS 2007/08

Regulär

196

201

1

Gerichtsmediziner

45

45

aus WS 06/07

Gesamt

241

0

246

1

SS 2008

Regulär

1

183

1

192

Gerichtsmediziner

41

44

Gesamt

1

224

1

236

WS 2008/09

Regulär

220

183

1

Gerichtsmediziner

37

40

aus WS 07/08

Gesamt

257

0

223

1

Semesterliche Erfolgsquoten:

0,9555

1,0000

0,9716

1,0000

0,9555

0,9555

0,9284

Schwundstudienzeit: 4 Semester

Schwundfaktor

3,8394

:

4

=

0,9599

75

Dass die von der Kammer eingesetzten (korrigierten) Werte zu einer realitätsnahen Übergangsquote führen, zeigt sich auch daran, dass der Schwundfaktor im letzten Berechnungszeitraum – WS 2008/09: 0,9562 (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 18. August 2009, a.a.O.) – ähnlich ausgefallen ist.

76

Ohne Erfolg weist die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang darauf hin, bei der Berechnung der Aufnahmekapazität im Wintersemester 2009/2010 dürfe ein Schwundfaktor ohnehin nicht berücksichtigt werden, da in den höheren Fachsemestern im Falle eines tatsächlichen Schwundes eine Auffüllverpflichtung bis zu der errechneten Aufnahmekapazität bestehe (vgl. in diesem Zusammenhang den die Zulassung zum Sommersemester 2009, 2. und 4. Fachsemester betreffenden Beschluss der Kammer vom 14. Januar 2010 - 3 B 101/09 u.a. -). Zu einem Schwundausgleich bei der Berechnung der Aufnahmekapazität im Studieneingangssemester (1. Fachsemester) besteht nach dem Wortlaut des § 16 KapVO nur dann Veranlassung, wenn die Zahl der Abgänge an Studenten in höheren Fachsemestern nicht durch Zugänge in gleichem Umfang ausgeglichen wird. Zwar hat sich der Verordnungsgeber in § 2 Abs. 1 i.V.m. der Anlage 2 der ZZVO 2009/2010 ersichtlich dafür entschieden, dass die Auffüllgrenzen für höhere Fachsemester im Wintersemester 2009/2010 und im Sommersemester 2010 durchgängig der Zahl der im Eingangssemester (Wintersemester 2009/2010) zuzulassenden Studienanfänger entsprechen soll. Diese Auffüllverpflichtung vermag die Verpflichtung zur Erhöhung der Studienanfängerzahl durch einen Schwundzuschlag allenfalls dann zu verdrängen, solange die Erwartung des Normgebers gerechtfertigt ist, dass damit das Ziel der Kapazitätsauslastung durch Auffüllen der höheren Fachsemester bis auf die Zulassungszahl des Anfangssemesters erfüllt wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 12. Juni 2007 - NC 9 S 4/07 -, zitiert nach juris). Die Annahme eines Schwundfaktors kann aber geboten sein, wenn aufgrund der Verhältnisse in den vergangenen Studienjahren künftig eine Auffüllung nicht zu erwarten sein dürfte (VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 17. September 2008 - NC 9 S 1792/08 -, zitiert nach juris). Hiervon ist die Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Kapazitätsberechnung für das Wintersemester 2009/2010 selbst ausgegangen, indem sie einen Schwundfaktor berücksichtigt hat. Auch der Normgeber ist bei der Festsetzung der Zulassungszahlen ersichtlich prognostisch davon ausgegangen, dass das in den Folgesemestern zu erwartende Schwundverhalten eine Korrektur der Studienanfängerzahl durch einen Schwundzuschlag erforderlich macht. Er ist zwar nicht dem Festsetzungsvorschlag der Antragsgegnerin gefolgt. Die abweichend davon erfolgte Normierung der Zulassungszahl für das Wintersemester 2009/2010 ist aber ersichtlich nicht darauf zurückzuführen, dass das Kultusministerium im Gegensatz zur Antragsgegnerin keinen Schwundaufschlag als zur Sicherstellung der Kapazitätsausschöpfung in den Folgesemestern erforderlich angesehen hat. Daran muss die Antragsgegnerin sich nunmehr festhalten lassen. Ob eine Kombination von einem Schwundzuschlag bei der Bestimmung der Aufnahmekapazität im Eingangssemester und einer – starren – Auffüllverpflichtung in den höheren Fachsemestern bis zu der errechneten Aufnahmekapazität in der Hochschulwirklichkeit der Antragsgegnerin zu einer Überlastung des Lehrpersonals führt, bedarf vorliegend somit keiner weiteren Erörterung. Im Übrigen bestehen begründete Zweifel daran, dass die Antragsgegnerin in der Vergangenheit der nach der jeweils maßgebenden ZZVO bestehenden Auffüllverpflichtung tatsächlich Folge geleistet hat und dies in Zukunft tun wird. Denn in den vorläufigen Rechtsschutzverfahren über die Zulassung zum Studium der Humanmedizin im Sommersemester 2009 in einem höheren als dem Eingangssemester (vgl. Beschluss der Kammer vom 14. Januar 2010, a.a.O.) hat die Antragsgegnerin eine Zulassung der Antragsteller bis zur Auffüllgrenze noch mit der Begründung abgelehnt, der tatsächlich vorhandene Schwund müsse Berücksichtigung finden. Werden freie Kapazitäten in höheren Semestern tatsächlich bis zur festgesetzten Zulassungszahl aufgefüllt, so wird bei der Berechnung der Kapazität im Folgejahr tatsächlich rechnerisch auch kein Schwund zu verzeichnen sein. Auf Dauer betrachtet wird es auch bei Ansatz eines Schwundausgleichsfaktors bei der Kapazitätsbemessung trotz „starrer“, der Aufnahmekapazität des 1. Fachsemesters entsprechenden Auffüllgrenzen in höheren Semestern nicht zu einer signifikanten „doppelten“ Inanspruchnahme der nur einmal vorhandenen Ausbildungskapazität kommen.

77

Auf der Grundlage des bereinigten Lehrangebots in Höhe von 189,60 SWS errechnet sich hiernach bei dem anzusetzenden Curriculareigenanteil der Lehreinheit Vorklinische Medizin von 1,5497 eine jährliche Aufnahmekapazität der Lehreinheit von (189,60 x 2 =) 379,20 : 1,5497 = 244,6925, so dass sich unter Berücksichtigung des korrigierten Schwundausgleichsfaktors von 0,9599 eine Gesamtzahl von (244,6925 : 0,9599 = 254,9146) gerundet 255 Studienplätzen ergibt.

78

Hinsichtlich der damit vorläufig noch zu vergebenden 17 Studienplätze ist eine Beschränkung der Zulassung auf den vorklinischen Teil nicht angezeigt. Die in der Lehreinheit Vorklinische Medizin festgestellten (verdeckten) freien Studienplätze sind unter den Antragstellern als Voll- und nicht lediglich als Teilstudienplätze zu verteilen, soweit die Fortsetzung des Studiums nach dem vorklinischen Teil gewährleistet werden kann. In diesem Zusammenhang kommt der Ausbildungskapazität im klinischen Teil des Studiengangs Medizin eine maßgebende Bedeutung zu (vgl. § 18 Abs. 1 und 2 KapVO).

79

Bei der Ermittlung der klinischen Ausbildungskapazität bedarf es vorliegend keiner näheren inhaltlichen Prüfung der personalbezogenen Aufnahmekapazität der Lehreinheit Klinisch-praktische Medizin, die sich – wie auch die Ermittlung der Aufnahmekapazität der Lehreinheit Vorklinische Medizin – nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts der KapVO richtet. Denn die Ausbildungskapazität der Antragsgegnerin im klinischen Teil des Studiengangs Humanmedizin wird gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 2 Nr. 4 KapVO durch den sog. patientenbezogenen Engpass bestimmt. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KapVO ist das – nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts der KapVO ermittelte – Berechnungsergebnis für den klinischen Teil des Studiengangs Medizin anhand der patientenbezogenen Einflussfaktoren (§ 14 Abs. 2 Nr. 4 KapVO) zu überprüfen. Würde sich danach eine größere Zahl von Studienplätzen als nach der Berechnung der personalbezogenen Kapazität für den klinischen Teil des Studiums ergeben, wäre dies unbeachtlich, da es nach den genannten Vorschriften auf die (niedrigere) patientenbezogene Kapazität ankommt. Fiele umgekehrt die personalbezogene Kapazität niedriger als die patientenbezogene Kapazität aus, so wäre diese niedrigere Kapazität gemäß § 17 Abs. 2 KapVO zugrunde zu legen. Für diesen Fall hat die Antragsgegnerin allerdings erklärt, dennoch die aufgrund der patientenbezogenen Einflussfaktoren berechnete Anzahl von Studierenden aufzunehmen. Dass sich die Ausbildungskapazität gemäß § 17 KapVO maßgeblich danach richtet, wie viele Patienten zu Ausbildungszwecken zur Verfügung stehen, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Beim Studiengang Humanmedizin sollen Patienten in der klinisch-praktischen Ausbildung dazu dienen, den Medizinstudenten die für die Ausbildung zum Arzt erforderlichen Anschauungen zu vermitteln; auch können ohne Patienten bestimmte ärztliche Techniken nicht eingeübt werden (vgl. Bahro/Berlin, a.a.O., § 17 KapVO, Rdnr. 1). In Anbetracht dessen ist es sachlich gerechtfertigt, dass die patientenbezogene Kapazität das Lehrangebot in der Lehreinheit Klinisch-Praktische Medizin und damit die Aufnahmekapazität der Hochschule in dem Studiengang Humanmedizin – bei einem Mangel an Patienten auch in begrenzender Weise – beeinflussen kann (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 10. Mai 2004 - 2 NB 856/04 -, zitiert nach juris).

80

Als patientenbezogene jährliche Aufnahmekapazität für den Studienabschnitt zwischen dem Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung und dem Beginn des Praktischen Jahres sind gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KapVO 15,5 vom Hundert der Gesamtzahl der tagesbelegten Betten des Klinikums anzusetzen. Ausgehend von 867 tagesbelegten Betten ausweislich der insoweit nicht in Zweifel gezogenen Berechnungsunterlagen der Antragsgegnerin ergibt sich danach eine patientenbezogene Aufnahmekapazität von 134,385 (= 15,5 % von 867). Die Betten von Privatpatienten sind danach – entgegen der Vermutung einiger Antragsteller – zumindest teilweise enthalten. Nach den insoweit nicht in Zweifel zu ziehenden Angaben der Antragsgegnerin wird die Behandlung von Privatpatienten in Anbetracht der in Sachsen-Anhalt niedrigen Fallzahlen statistisch nicht gesondert erfasst. Die Zahl der poliklinischen Neuzugänge – 102.366 nach der Berechnungsvariante B der Antragsgegnerin, dagegen aus nicht nachvollziehbaren Gründen lediglich 95.942 nach der Berechnungsvariante C der Antragsgegnerin – ist im vorliegenden Fall wegen der Regelung in § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 KapVO ohne Einfluss auf das Berechnungsergebnis. Denn gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KapVO ist die nach Nr. 1 errechnete patientenbezogene Aufnahmekapazität je 1.000 jährliche poliklinische Neuzugänge um die Zahl 1, maximal aber um 50 % der Zahl nach Nr. 1 zu erhöhen. Hiervon ausgehend erhöht sich die nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KapVO errechnete patientenbezogene Aufnahmekapazität unabhängig von der tatsächlichen Zahl der poliklinischen Neuzugänge lediglich um 67,1925 (= 134,385 : 2) auf insgesamt 201,5775 Plätze (134,385 + 67,1925). Bei Ansatz des von der Antragsgegnerin für den klinischen Studienabschnitt errechneten Schwundausgleichsfaktors von 0,9221 ergibt sich daraus eine Anzahl von 218,61, gerundet 219 klinischen Studienplätzen. In diesem Zusammenhang bedarf es keiner weiteren Erörterung, ob die von der Antragsgegnerin für den klinischen Teil vorgelegte Schwundtabelle bereits deshalb von fehlerhaften Bestandszahlen ausgeht, da sie nach dem Vorbringen der Antragsgegnerin in einem der Leitverfahren insbesondere auch diejenigen Studierenden der Kohorte des jeweils fünften Fachsemesters zuordnet, die den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung noch nicht bestanden haben. Jedenfalls wirkt sich diese Vorgehensweise der Antragsgegnerin bei der Schwundberechnung für den klinischen Teil kapazitätsgünstig aus, mit der Folge, dass sie hier zugrunde gelegt werden kann. Denn bei dem von der Antragsgegnerin verfolgten Ansatz stellt sich die Anzahl derjenigen Studierenden, welche die Prüfungen am Ende des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung endgültig nicht besteht und damit keine Lehre in der Lehreinheit Klinisch-Praktische Medizin nachfragt, als Schwund im klinischen Ausbildungsabschnitt dar. Ohne diese nur formal dem fünften Fachsemester zugehörigen Studierenden fiele die Schwundquote für den klinischen Studienabschnitt demgegenüber geringer aus, was dann zu einer niedrigeren Zahl der bei der Antragsgegnerin im klinischen Bereich zur Verfügung stehenden Studienplätze führen würde.

81

Ebenso kann die Frage dahinstehen, ob auch die in den Tageskliniken der Antragsgegnerin zur Verfügung stehenden (tagesbelegten) Betten bei der Berechnung der patientenbezogenen Kapazität nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KapVO Berücksichtigung finden müssen. Denn die patientenbezogene Ausbildungskapazität läge auch dann unterhalb der gerichtlich für den vorklinischen Bereich festgestellten Aufnahmekapazität von 255 Studienplätzen, wenn die in den Tageskliniken zur Krankenversorgung zur Verfügung stehenden Betten den tagesbelegten Betten im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KapVO zugerechnet würden. Nach den nicht in Abrede gestellten Angaben der Antragsgegnerin stehen in den Tageskliniken 48 Betten zur Verfügung. Ausgehend von einer sich bei Berücksichtigung dieser Betten ergebenden Gesamtzahl von 915 (867 + 48) tagesbelegten Betten ergäbe sich eine patientenbezogene Kapazität von gerundet 231 klinischen Studienplätzen (141,825 (15,5 % von 915) + 70,9125 (141,825 : 2) = 212,7375 : 0,9221). Selbst diese Kapazität liegt noch unterhalb der in der ZZVO 2009/2010 für das fünfte Fachsemester mit 237 Plätzen festgesetzten Zulassungszahl, welche die Antragsgegnerin sich entgegenhalten lassen muss.

82

Auch die von einigen Antragstellern gegen den Ansatz des Berechnungsparameters von 15,5 % der tagesbelegten Betten geltend gemachten rechtlichen Bedenken vermögen zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung zu führen. Es mag zwar zutreffen, dass die durchschnittliche Verweildauer von Patienten in Krankenhäusern in den letzten Jahren aus Kostengründen zurückgegangen ist. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass es im (weiten) Gestaltungsermessen des Verordnungsgebers liegt, ob und in welcher Weise auf diese Entwicklung zu reagieren ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 01. Oktober 2009 - 13 B 1185/09 -, zitiert nach juris; Beschl. v. 22. Februar 2008 - 13 C 659/08 -, zitiert nach juris; siehe auch Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 26. November 2008 - 2 NB 34/08 -, zitiert nach juris). Dass der Verordnungsgeber diesen Entscheidungsspielraum unsachgemäß überschritten hat, ist nicht erkennbar.

83

Für die Frage, ob die hier gerichtlich über die festgesetzte Zulassungszahl hinaus aufgedeckten 17 Studienplätze im 1. Fachsemester auf den vorklinischen Studienabschnitt zu beschränken sind, kann jedoch nicht allein darauf abgestellt werden, dass die mit 237 Plätzen normativ festgesetzte Ausbildungskapazität im ersten klinischen Semester niedriger ist als die nunmehr gerichtlich festgestellte Aufnahmekapazität in der Lehreinheit Vorklinische Medizin von 255 Studienplätzen. Entscheidend ist vielmehr, wie viele der nach den Feststellungen der Kammer im Wintersemester 2009/2010 im 1. Fachsemester aufzunehmenden 255 Studienanfänger am Ende des vorklinischen Studienabschnitts tatsächlich in das erste klinische Fachsemester eintreten und dort Lehre nachfragen. Nur wenn zu erwarten ist, dass mehr Studienanfänger der Eingangssemesterkohorte 2009/2010 nach Abschluss des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung in den klinischen Ausbildungsabschnitt eintreten als klinische Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass im Hinblick auf die über die festgesetzte Zulassungszahl hinaus zuzulassenden Studienplatzbewerber ein Weiterstudium im klinischen Ausbildungsabschnitt bei der Antragsgegnerin gewährleistet ist (vgl. auch Hamburgisches OVG, Beschl. v. 26. März 1999 - 3 Nc 34/98 -, zitiert nach juris). Denn durch die Beschränkung der Zulassungen auf Teilstudienplätze soll nur verhindert werden, dass bei Erreichen eines – hier patientenbezogenen – Ausbildungsengpasses im Bereich des klinischen Studienabschnitts mehr Studierende auszubilden sind als die klinische Kapazität dies zulässt. Die Zahl der im ersten klinischen Semester Lehre nachfragenden Studierenden der Eingangssemesterkohorte verringert sich aber einesteils um die Zahl derjenigen Studierenden, die die den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung endgültig nicht bestehen (sog. Prüfungsschwund), und anderenteils um die derjenigen Studierenden, die das Studium von sich aus vor dem letzten Prüfungsversuch oder auch erst unmittelbar nach Bestehen der Prüfung abbrechen (sog. Exmatrikulationsschwund). Dementsprechend ist die Anzahl der im Eingangssemester 2009/2010 bereits aufgrund der in der ZZVO 2009/2010 festgesetzten Zulassungszahl zur Verfügung stehenden Vollstudienplätze – hier 237 – im Umfang des Prüfungs- und Exmatrikulationsschwundes zu erhöhen (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 30. November 2004 - 2 NB 430/03 -, zitiert nach juris; VG Sigmaringen, Beschl. v. 03. November 2006 - NC 6 K 216/06 -, zitiert nach juris; Beschl. v. 09. November 2007 - NC 6 K 1426/07 -, zitiert nach juris; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 31. März 2003 - NC 9 S 45/02 u.a. -, NVwZ-RR 2003, 500). Von dem Prüfungs- und Exmatrikulationsschwund ist der bei der Berechnung der vorklinischen Aufnahmekapazität berücksichtigte Schwund zu unterscheiden. Letzterer nimmt die Entwicklung der Studierendenzahlen bis zum Beginn des vierten Fachsemesters in den Blick und ist für die Frage ausschlaggebend, ob und wie viele zusätzliche (verdeckte) Studienplätze für das vorklinische Eingangssemester – hier Wintersemester 2009/2010 – zu vergeben sind. Demgegenüber bildet der Prüfungs- und Exmatrikulationsschwund die Verringerung der Zahl der Studierenden beim Übergang vom vorklinischen in den klinischen Studienabschnitt ab. Ihm kommt somit allein Bedeutung dafür zu, ob die – ggf. unter Berücksichtigung des vorklinischen Schwundfaktors – aufgedeckten Studienplätze im Eingangssemester Voll- oder Teilstudienplätze darstellen.

84

In Anwendung dieser Grundsätze ist – prognostisch – davon auszugehen, dass sämtlichen der nach den Feststellungen der Kammer 255 Studierenden aus der Studienanfängerkohorte des Wintersemesters 2009/2010 ein Weiterstudium nach dem Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung bei der Antragsgegnerin gewährleistet werden kann.

85

Den zu berücksichtigenden Prüfungsschwund vom 4. zum 5. Fachsemester leitet die Kammer mangels insoweit hinreichend aussagekräftigen Datenmaterials aus den von der Antragsgegnerin vorgelegten Zahlen über das Bestehen des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung ab. Danach haben im Jahr 2006 84 %, im Jahr 2007 72,5 % und im Jahr 2008 76 % der angetretenen Studierenden die Prüfung bestanden. Hieraus ergibt pauschaliert sich eine durchschnittliche Bestehensquote von 77,5 %. Die daraus ersichtlich werdende durchschnittliche Misserfolgsquote von 22,5 % kann jedoch noch nicht als Prüfungsschwund in Ansatz gebracht werden, da sie nicht die endgültige Misserfolgsquote abbildet. Denn in die Betrachtung einzubeziehen sind auch die zunächst durchgefallenen Studierenden, die die Wiederholungsprüfung bestehen. Dem Rechnung tragend erachtet es die Kammer als sachgerecht, im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zur Ermittlung einer annähernd realistischen endgültigen Misserfolgsquote davon auszugehen, dass von den in den Jahren 2006 bis 2008 insgesamt 169 durchgefallenen Studierenden ein Teil in Höhe der durchschnittlichen Bestehensquote von 77,5 %, d.h. 131 Studierende, die Wiederholungsprüfungen erfolgreich absolviert bzw. 38 Studierende den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung endgültig nicht bestanden haben. Ausgehend von einer Gesamtzahl von 738 Studierenden, die in den Jahren 2006 bis 2008 die Prüfung angetreten haben, entspricht dies einer durchschnittlichen Misserfolgsquote von 5,15 %. Diesen annäherungsweise pauschalierend gefundenen Wert als Prüfungsschwund zugrunde gelegt ist prognostisch davon auszugehen, dass 13 der 255 Studierenden der Eingangssemesterkohorte des Wintersemesters 2009/2010 den vorklinischen Studienabschnitt – unabhängig vom sonstigen Schwundverhalten – nicht erfolgreich absolvieren und dementsprechend im klinischen Studienabschnitt keine Lehre nachfragen werden.

86

Zur Ermittlung des zusätzlich zu berücksichtigenden Exmatrikulationsschwundes ist grundsätzlich eine Betrachtung der Übergangsquote vom letzten vorklinischen in das erste klinische Fachsemester und des hieran anknüpfenden Auffüllverhaltens der Hochschule geboten. Hierbei ist zu beachten, dass die vorgenannte Übergangsquote auch den Prüfungsschwund einschließt. Insoweit wäre es auch denkbar, den Prüfungs- und Exmatrikulationsschwund insgesamt aus der Übergangsquote vom letzten vorklinischen in das erste klinische Fachsemester abzuleiten. Vorliegend fehlt es allerdings an Zahlenmaterial, aus dem sich diese Übergangsquote hinreichend verlässlich bestimmen lässt. Die von der Antragsgegnerin vorlegten Schwundberechnungen beziehen sich lediglich auf den vorklinischen Studienabschnitt einerseits oder den klinischen Studienabschnitt andererseits, blenden aber den Übergang vom letzten vorklinischen in das erste klinische Fachsemester aus. Der berücksichtigungsfähige Prüfungs- und Exmatrikulationsschwund lässt sich auch nicht aus einem Vergleich der Bestandszahlen des vierten Fachsemesters in der die Lehreinheit Vorklinische Medizin betreffenden Schwundberechnungstabelle mit den Bestandszahlen des fünften Fachsemesters in der den klinischen Studienabschnitt erfassenden Schwundberechnungstabelle der Antragsgegnerin ableiten. Die Antragsgegnerin hat ihrem Vorbringen zufolge bei den Studierenden die Fachsemester fortgezählt, ohne im Einzelnen zu berücksichtigen, ob die ärztlichen Vorprüfungen bestanden worden sind oder nicht. Dadurch erscheinen aber insbesondere im fünften Fachsemester auch – in nicht näher bestimmter Zahl – Studierende, die materiell-rechtlich betrachtet dort nicht hingehören, weil sie den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (noch) nicht bestanden haben. Ausgehend davon ist die bei einem Vergleich der Bestandszahlen ersichtliche Übergangsquote vom vierten zum fünften Fachsemester für den hier festzustellenden Prüfungs- und Exmatrikulationsschwund nicht aussagekräftig.

87

Zumindest einen Anhaltspunkt zur Bestimmung des Exmatrikulationsschwundes am Ende des vorklinischen Studienabschnitts bietet der von der Antragsgegnerin zur Berechnung der klinischen Kapazität in Ansatz gebrachte Schwundfaktor von 0,9221 im Verhältnis zum Prüfungsschwund. Dieser Schwundfaktor berücksichtigt zwar den gesamten klinischen Studienabschnitt, wird aber im Ergebnis – wie bereits ausgeführt – angesichts der von der Antragsgegnerin insoweit gewählten Betrachtungsweise in erheblichem Maße vom Schwund beim Übertritt vom vorklinischen in den klinischen Studienabschnitt nach Abschluss des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung und damit auch vom Prüfungsschwund beeinflusst. Von diesem Schwundfaktor ausgehend würden lediglich 235 Studierende (92,21 % von 255 Studienanfängern) der hier maßgebenden Eingangssemesterkohorte überhaupt das erste klinische Fachsemester erreichen. Die sich somit im Vergleich zur Anzahl der Studierenden im Eingangssemester ergebende Differenz von 20 Studierenden ließe sich bei Berücksichtigung eines Prüfungsschwundes von 5 % im Umfang von 13 Studierenden auf das Nichtbestehen des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung zurückführen. Damit verbleibt noch ein zu erwartender (Rest-)Schwund von 7 Studierenden. Es spricht vieles dafür, dass dieser Schwund zumindest hinsichtlich einer Anzahl von 5 Studierenden auf eine Exmatrikulation von Studierenden beim Übergang vom letzten vorklinischen in das erste klinische Semester zurückzuführen ist. Jedenfalls dürfen die von den Antragstellern nicht zu vertretenen Unklarheiten bezüglich des tatsächlichen Prüfungs- und Exmatrikulationsschwundes beim Übergang vom vorklinischen in den klinischen Studienabschnitt zumindest im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens nicht dazu führen, dass diejenigen Studienplatzbewerber, auf die einer der 17 gerichtlich festgestellten (außerkapazitären) Studienplätze entfällt, lediglich einen Teil- anstelle eines Vollstudienplatzes erhalten, obwohl in Anbetracht der Gesamtumstände eine – wenngleich nur schätzungsweise – hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie ihr Studium im klinischen Abschnitt bei der Antragsgegnerin werden fortsetzen können.

88

Mangels anderer Berechnungsgrundlagen geht die Kammer deshalb im vorläufigen Rechtsschutzverfahren aber im Wege der Schätzung davon aus, dass von den nach Abzug des Prüfungsschwundes verbleibenden 242 Studierenden der Eingangssemesterkohorte Wintersemester 2009/2010 mindestens fünf weitere Studierende nicht im klinischen Studienabschnitt bei der Antragsgegnerin weiterstudieren werden. Ausgehend davon steht nicht zu erwarten, dass im Bereich des klinischen Studienabschnitts – ausgehend von der derzeitigen normativ festgesetzten Ausbildungskapazität von 237 Studienplätzen – eine Überlast eintritt, wenn sämtlichen der nach den Feststellungen der Kammer im Wintersemester 2009/2010 außerhalb der Kapazität zuzulassenden 17 weiteren Studienplatzbewerbern bereits zum jetzigen Zeitpunkt ein Vollstudienplatz zugewiesen wird.

89

Soweit die Antragstellerin zu 27. zugleich mit dem Hauptantrag einen innerkapazitären Hochschulzulassungsanspruch als Studienanfängerin verfolgt, hat sie keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Wie bereits ausgeführt, sind nach dem insoweit unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Antragsgegnerin sämtliche der in der ZZVO 2009/2010 festgesetzten (innerkapazitären) Studienplätze im Wintersemester 2009/2010 vergeben. Außerdem hat die Antragsgegnerin nachvollziehbar dargelegt, dass im Auswahlverfahren der Hochschule lediglich Bewerberinnen und Bewerber mit mindestens 745 Punkten zugelassen werden konnten, die Antragstellerin allerdings nur eine Gesamtpunktzahl von 699 Punkten erreicht hat. Dem ist die Antragstellerin nicht substantiiert entgegengetreten. Insbesondere hat sie sich nicht näher damit auseinandergesetzt, unter welchen Gesichtspunkten ihr der Vorrang vor demjenigen Studienbewerber einzuräumen sein sollte, der aufgrund seiner weitaus höheren Gesamtpunktzahl den letzten innerhalb der Kapazität zu vergebenden Studienplatz erhalten hat.

90

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Danach können einem Beteiligten die Kosten des Verfahrens ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Diese Entscheidung steht im Ermessen des Gerichts. Vorliegend entspricht es der Billigkeit, die Antragsteller mit den gesamten Kosten ihres Verfahrens zu belasten, obwohl die Antragsgegnerin zu einem Teil unterlegen ist. Auch soweit einige Antragsteller einen "Losantrag" gestellt haben, begehren sie der Sache nach eine vorläufige Regelung, die sich nicht nur in der Teilnahme an einem Vergabeverfahren (Losverfahren) erschöpft, sondern im eigentlichen Kern und vorrangig zugleich auch die sofortige Aufnahme des Studiums nach Maßgabe des Losergebnisses anordnet. Dies ergibt eine nach den §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO vorzunehmende Auslegung der – im Einzelnen teilweise unterschiedlich – gestellten Anträge, an deren Wortlaut das Gericht nicht gebunden ist. Das Gericht darf im Rahmen der Auslegung lediglich nicht über das Antragsbegehren hinausgehen. Aus Gründen der Rechtssicherheit schließt sich die Kammer der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt an, wonach in Numerus-Clausus-Verfahren, in denen das Obsiegen der Antragsteller in einer Teilnahme an einer Verlosung der gerichtlich festgestellten Studienplätze unter sämtlichen verbliebenen Antragstellern besteht, im Rahmen der Kostenentscheidung eine Quote zu bilden ist, bei der die Gesamtzahl der verbliebenen Antragsteller der Anzahl der zu verlosenden Studienplätze gegenüberzustellen ist. Ausgehend von einer Zahl der noch verbliebenen 471 Antragsteller ergibt sich für jeden Antragsteller im Hinblick auf die noch zu vergebenden 17 Studienplätze eine Loschance von 3,6 %. Bei dieser – minimalen – Loschance wäre der Antragsgegnerin allenfalls eine Kostenquote von 1/28 aufzuerlegen. In Anbetracht dieser geringen Quote erscheint es billig und aus verwaltungsökonomischen Gründen geboten, im Rahmen der Kostenentscheidung von einer Kostenteilung abzusehen und die Antragsteller vollumfänglich mit den Kosten des Verfahrens zu belasten.

91

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG. In Anlehnung an Ziffer 18.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, S. 1327) legt das Gericht jedem auf Zulassung zum Studium gerichteten Begehren der Antragsteller den Auffangstreitwert in Höhe von 5.000,00 € zugrunde. Dieser Betrag ist trotz der hier vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht zu ermäßigen, weil die von den Antragstellern begehrte Entscheidung eine faktische Vorwegnahme der Hauptsache darstellt (ständige Rechtsprechung des OVG LSA: vgl. Beschlüsse vom 09. Dezember 2005 – 3 O 393/05 –, vom 18. Dezember 2006 – 3 O 228/06 – und vom 28. März 2008 – 3 O 401/08).


(1) Hat ein Unternehmen oder ein mit ihm in Verbindung stehendes Unternehmen den öffentlichen Auftraggeber beraten oder war auf andere Art und Weise an der Vorbereitung des Vergabeverfahrens beteiligt (vorbefasstes Unternehmen), so ergreift der öffentliche Auftraggeber angemessene Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Wettbewerb durch die Teilnahme dieses Unternehmens nicht verzerrt wird.

(2) Die Maßnahmen nach Absatz 1 umfassen insbesondere die Unterrichtung der anderen am Vergabeverfahren teilnehmenden Unternehmen in Bezug auf die einschlägigen Informationen, die im Zusammenhang mit der Einbeziehung des vorbefassten Unternehmens in der Vorbereitung des Vergabeverfahrens ausgetauscht wurden oder daraus resultieren, und die Festlegung angemessener Fristen für den Eingang der Angebote und Teilnahmeanträge.

(3) Vor einem Ausschluss nach § 124 Absatz 1 Nummer 6 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist dem vorbefassten Unternehmen die Möglichkeit zu geben nachzuweisen, dass seine Beteiligung an der Vorbereitung des Vergabeverfahrens den Wettbewerb nicht verzerren kann.

(1) Der öffentliche Auftraggeber legt das erforderliche Sicherheitsniveau für die elektronischen Mittel fest. Elektronische Mittel, die von dem öffentlichen Auftraggeber für den Empfang von Angeboten, Teilnahmeanträgen und Interessensbestätigungen sowie von Plänen und Entwürfen für Planungswettbewerbe verwendet werden, müssen gewährleisten, dass

1.
die Uhrzeit und der Tag des Datenempfangs genau zu bestimmen sind,
2.
kein vorfristiger Zugriff auf die empfangenen Daten möglich ist,
3.
der Termin für den erstmaligen Zugriff auf die empfangenen Daten nur von den Berechtigten festgelegt oder geändert werden kann,
4.
nur die Berechtigten Zugriff auf die empfangenen Daten oder auf einen Teil derselben haben,
5.
nur die Berechtigten nach dem festgesetzten Zeitpunkt Dritten Zugriff auf die empfangenen Daten oder auf einen Teil derselben einräumen dürfen,
6.
empfangene Daten nicht an Unberechtigte übermittelt werden und
7.
Verstöße oder versuchte Verstöße gegen die Anforderungen gemäß den Nummern 1 bis 6 eindeutig festgestellt werden können.

(2) Die elektronischen Mittel, die von dem öffentlichen Auftraggeber für den Empfang von Angeboten, Teilnahmeanträgen und Interessensbestätigungen sowie von Plänen und Entwürfen für Planungswettbewerbe genutzt werden, müssen über eine einheitliche Datenaustauschschnittstelle verfügen. Es sind die jeweils geltenden Interoperabilitäts- und Sicherheitsstandards der Informationstechnik gemäß § 3 Absatz 1 des Vertrags über die Errichtung des IT-Planungsrats und über die Grundlagen der Zusammenarbeit beim Einsatz der Informationstechnologie in den Verwaltungen von Bund und Ländern vom 1. April 2010 zu verwenden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.