Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 15. Nov. 2012 - 3 A 684/10

bei uns veröffentlicht am15.11.2012

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 15.12.2008 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 07.06.2010 wird aufgehoben.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu einem Anschlussbeitrag (Schmutzwasser).

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des auf der Insel Hiddensee gelegenen Grundstücks Flurstücke G1, G2. Das Grundstück ist an die vom Zweckverband betriebene Schmutzwassereinrichtung angeschlossen.

3

Mit Bescheid vom 15.12.2008 zog der Beklagte die Klägerin zu einem Anschlussbeitrag i.H.v. 8.059,80 EUR heran. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07.06.2010 zurück.

4

Am 06.07.2010 hat die Klägerin Anfechtungsklage erhoben. Sie ist der Auffassung, ihre Heranziehung sei rechtswidrig. Der Beitragsanspruch sei verjährt. Die Gemeinde Ostseebad Insel Hiddensee habe seit dem Jahre 1998 über eine wirksame Beitragssatzung verfügt, den Beitrag aber nicht festgesetzt. Damit sei die vierjährige Festsetzungsfrist abgelaufen. Der im Jahre 2003 erfolgte Beitritt der Gemeinde Ostseebad Insel Hiddensee zum Zweckverband und dessen Befugnis, Anschlussbeiträge zu erheben ändere an diesem Umstand nichts.

5

Die Klägerin beantragt,

6

den Bescheid des Beklagten vom 15.12.2008 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 07.06.2010 aufzuheben.

7

Der Beklagte verteidigt den angegriffenen Bescheid und beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Mit Beschluss vom 27.08.2012 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

10

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

I.

11

Der Rechtsstreit kann trotz des Fehlens eines Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung entschieden werden, denn der Beklagte ist ausweislich des Empfangsbekenntnisses vom 30.08.2012 ordnungsgemäß geladen worden. Die Ladung enthält einen Hinweis gemäß § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

II.

12

Die zulässige Klage ist auch begründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin daher in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Ihm fehlt die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage.

13

Die vorliegend allein maßgebliche Satzung des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Rügen über die Erhebung von Beiträgen für die zentrale Schmutzwasserbeseitigung (Schmutzwasserbeseitigungsbeitragssatzung - SBS) vom 21.06.2012 ist nichtig. Sie weist eine fehlerhafte Maßstabsregelung auf. Die Satzung ist damit unvollständig (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V) und insgesamt unwirksam. Soweit das erkennende Gericht bisher von einer Wirksamkeit der Satzung ausgegangen ist (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 26.07.2012 – 3 A 1424/09 –), kann daran mit Blick auf die aktuelle Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern (Urt. v. 10.10.2012 – 1 L 289/11 – [dazu sogleich]) nicht mehr festgehalten werden.

14

§ 3 Abs. 1 SBS bestimmt, dass der Anschlussbeitrag nach einem nutzungsbezogenen Flächenmaßstab berechnet wird. Bei der Ermittlung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche wird die nach Absatz 4 ermittelte beitragsfähige Grundstücksfläche mit einem Geschossfaktor vervielfacht (Vollgeschossmaßstab). § 3 Abs. 4 lit. d 1. Halbsatz SBS bestimmt, dass bei Grundstücken, die (in Bezug auf ihre Tiefe) teils dem Innenbereich und im Übrigen dem Außenbereich zuzuordnen sind, oder bei denen (hinsichtlich ihrer Tiefe) fraglich sein kann, ob sie insgesamt dem Innenbereich zugeordnet werden können, als beitragsfähige Grundstücksfläche die Fläche zwischen der jeweiligen Straßengrenze und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen gilt.

15

Die Bestimmung normiert eine so genannte „qualifizierte“ Tiefenbegrenzung, die von der „schlichten“ Tiefenbegrenzung zu unterscheiden ist. Die "schlichte" Tiefenbegrenzung gilt – vorbehaltlich des Falles einer grenzübergreifenden Bebauung – "immer", d.h. die rückwärtige, jenseits der Begrenzung gelegene Fläche eines Baugrundstücks bleibt ungeachtet ihrer bauplanungsrechtlichen Einstufung bei der Ermittlung des Beitrags regelmäßig unberücksichtigt. Sie ist damit sowohl auf „übertiefe“ Grundstücke anwendbar, die mit ihrer Gesamtfläche im unbeplanten Innenbereich liegen („zentrale Grundstücke“), als auch auf solche, die vom unbeplanten Innenbereich in den Außenbereich übergehen („Randlagengrundstücke“). Demgegenüber ist der Anwendungsbereich der "qualifizierten" Tiefenbegrenzung beschränkt: Sie greift nur in Fällen, in denen es sich bei der rückwärtigen Teilfläche eines Grundstücks um eine Außenbereichsfläche i.S.d. § 35 Baugesetzbuch (BauGB) handelt bzw. es zweifelhaft ist, ob die rückwärtige Teilfläche dem Außenbereich zuzuordnen ist. Ihr Anwendungsbereich ist damit auf „Randlagengrundstücke“ beschränkt. Dies ist nach der neueren Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern unzulässig.

16

Im Anschlussbeitragsrecht dient die Tiefenbegrenzung in beiden Spielarten der Abgrenzung von bevorteilten und nicht bevorteilten Grundstücksflächen. Diese Abgrenzung ist erforderlich, weil nur Baugrundstücken - hierzu gehören neben Grundstücken im Geltungsbereich rechtsverbindlicher Bebauungspläne Grundstücke im unbeplanten Innenbereich - durch die beitragsfähige Einrichtung ein Vorteil geboten wird, Grundstücken bzw. Teilflächen von Grundstücken, die kein Bauland darstellen, dagegen nicht. Nach der bisherigen Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern erfolgte diese Abgrenzung über das Begriffspaar „Innen- bzw. Außenbereich“. So hat das Gericht mehrfach ausgeführt, dass die Tiefenbegrenzung der Abgrenzung von Innenbereichs- und Außenbereichsflächen dient (Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 – juris Rn. 77 [zur „qualifizierten“ Tiefenbegrenzung]; Beschl. v. 29.10.2003 – 1 M 62/03 – juris Rn. 8 m.w.N. [zur „schlichten“ Tiefenbegrenzung]). Dies entspricht der Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte (vgl. OVG Weimar, Urt. v. 18.12.2000 – 4 N 472/00 –, juris Rn. 111 OVG Magdeburg, Urt. v. 27.04.2006 – 4 L 186/05 –, juris Rn. 71; OVG Schleswig, Urt. v. 26.05.1999 – 2 K 23/97 –, juris Rn. 29). Soweit eine „schlichte“ Tiefenbegrenzung dennoch für zulässig gehalten wird, wird dies mit dem Grundsatz der Verwaltungspraktikabilität begründet (OVG Schleswig a.a.O., Rn. 30). Die darauf aufbauende Rechtsprechung des erkennenden Gerichts (Urt. v. 27.08.2003 – 3 A 767/00) wurde vom OVG Mecklenburg-Vorpommern bestätigt (Beschl. v. 03.05.2005 – 1 L 268/03 – n.v.).

17

An dieser Auffassung hält das OVG Mecklenburg-Vorpommern nun nicht mehr fest (Urt. v. 10.10.2012 – 1 L 289/11 – S.15 des Entscheidungsumdrucks). Zwar führt es in dem Urteil – wie bisher – aus, dass sich die Tiefenbegrenzungslinie zur Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz - GG) an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der Innen- von den Außenbereichsflächen im Geltungsbereich der Tiefenbegrenzung auszurichten hat (S. 12 des Entscheidungsumdrucks). Dann aber stellt es klar, dass bezogen auf die Frage des beitragsrelevanten Vorteils nicht baulich nutzbare – jenseits der ortsüblichen Bebauungstiefe bzw. der hierauf gegründeten Tiefenbegrenzungslinie liegende – Teilflächen „übertiefer“, vollständig im Innenbereich liegender Grundstücke den Außenbereichsteilflächen „übertiefer“ Grundstücke, die vom Innen- in den Außenbereich übergehen, gleichstehen können. (…) Wenn eine satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung die typischen örtlichen Verhältnisse tatsächlich widerspiegelt, verstößt es folglich nicht gegen den aus Art. 3 Abs. 1 GG herzuleitenden Grundsatz der Abgabengerechtigkeit, und das in § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V normierte Vorteilsprinzip, bei vollständig im unbeplanten Innenbereich liegenden Grundstücken den die Tiefengrenze überschreitenden Grundstücksteilen, soweit sie nicht tatsächlich baulich oder gewerblich genutzt werden (können), keinen beitragsrelevanten Vorteil beizumessen (S. 16 des Entscheidungsumdrucks). Dabei bezieht sich das OVG Mecklenburg-Vorpommern ausdrücklich auf die zum Erschließungsbeitragsrecht ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 01.09.2004 – 9 C 15.03 –) und führt aus, dass sich der Senat bereits in dem Beschluss vom 03.05.2005 auf die zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bezogen habe, wonach es keinen tragfähigen Grund gebe, die entwickelten Grundsätze für eine Tiefenbegrenzung auf einen wie auch immer gearteten „Randbereich“ des unbeplanten Innenbereichs im Übergang zum Außenbereich zu beschränken (S. 15 des Entscheidungsumdrucks).

18

Dies überrascht, denn bisher hat das OVG Mecklenburg-Vorpommern weder in dem Beschluss vom 03.05.2005 noch in einer anderen Entscheidung zur Tiefenbegrenzung im Anschlussbeitragsrecht auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.09.2004 (a.a.O.) zur Tiefenbegrenzung im Erschließungsbeitragsrecht Bezug genommen. Eine solche Bezugnahme ist auch nicht konkludent erfolgt, denn in dem Beschluss vom 03.05.2005 wird die Anwendbarkeit der Tiefenbegrenzung auf Einzelfälle übertiefer zentraler Innenbereichsgrundstücke mit dem Grundsatz der Verwaltungspraktikabilität gerechtfertigt (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 03.05.2005 – 1 L 268/03 – S. 8 des Entscheidungsumdrucks). Hätte das OVG Mecklenburg-Vorpommern bereits in dem Beschluss vom 03.05.2005 den Ansatz des Bundesverwaltungsgerichts verfolgt, so wäre die Anwendung der satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung auf übertiefe zentrale Innenbereichsgrundstücke nicht lediglich aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität gerechtfertigt, sondern aus Vorteilsgründen geboten (dazu sogleich). Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass die in dem Beschluss vom 03.05.2005 enthaltenden Ausführungen zur Zulässigkeit der schlichten Tiefenbegrenzung wortgleich sind mit den diesbezüglichen Ausführungen in dem Urteil des OVG Mecklenburg-Vorpommern vom 13.11.2001 (– 4 K 16/00 – juris Rn. 45), einer Entscheidung, die älter ist als das genannte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Weil bisher eine Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.09.2004 fehlte, hat sich das OVG Mecklenburg-Vorpommern auch nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob der vom Bundesverwaltungsgericht für das Erschließungsbeitragsrecht entwickelte Ansatz überhaupt auf das Anschlussbeitragsrecht übertragbar ist (verneint vom OVG Weimar, Urt. v. 21.06.2006 – 4 N 574/98 – juris Rn. 163 f.).

19

Gemessen an den im Urteil des OVG Mecklenburg-Vorpommern vom 10.10.2012 (– 1 L 289/11 –) aufgestellten Maßgaben ist die Normierung einer – wie hier – „qualifizierten“ Tiefenbegrenzung unzulässig, denn sie führt dazu, dass übertiefe, vollständig im unbeplanten Innenbereich gelegene Grundstücke regelmäßig vollständig berücksichtigt werden müssen. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 3 Abs. 4 lit. d 1. Halbsatz SBS ist die Anwendbarkeit der Tiefenbegrenzung auf Grundstücke beschränkt, „die (in Bezug auf ihre Tiefe) teils dem Innenbereich und im Übrigen dem Außenbereich zuzuordnen sind, oder bei denen (hinsichtlich ihrer Tiefe) fraglich sein kann, ob sie insgesamt dem Innenbereich zugeordnet werden können“. Auf „übertiefe“ Grundstücke, bei denen in Bezug auf ihre Tiefe die Innenbereichslage feststeht, kann die Vorschrift nicht angewandt werden.

20

Diese Beschränkung widerspricht dem Vorteilsprinzip, denn es gibt keinen Grund, die entwickelten Grundsätze für eine Tiefenbegrenzung auf einen wie auch immer gearteten „Randbereich“ des unbeplanten Innenbereichs im Übergang zum Außenbereich zu beschränken (OVG Mecklenburg-Vorpommern, a.a.O., S. 15 des Entscheidungsumdrucks; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 01.09.2004 – 9 C 15.03 – juris Rn. 23). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, auf die sich das OVG Mecklenburg-Vorpommern ausdrücklich bezieht, beruht dies auf der Erwägung, dass Grundstücken von vergleichbarer Größe und Ausnutzbarkeit durch die durch eine Anbaustraße bewirkte Erschließung grundsätzlich annähernd gleiche Vorteile verschafft werden. Bei besonders tiefen (namentlich landwirtschaftlich genutzten) Grundstücken in unbeplanten Gebieten fehlt diese Korrelation zwischen Größe und Vorteil: Der Erschließungsvorteil, dessen Umfang von der zulässigen baulichen Nutzung (Ausnutzbarkeit) abhängt, ist bei ihnen regelmäßig nicht größer als bei den durchschnittlich tiefen Grundstücken eines Abrechnungsgebiets. Daraus ergibt sich unmittelbar kraft Gesetzes die Notwendigkeit einer Tiefenbegrenzung bei solchen Grundstücken (BVerwG, Urt. v. 01.09.2004 – 9 C 15.03 – juris Rn. 22).

21

Anhaltspunkte dafür, dass das OVG Mecklenburg-Vorpommern den dargestellten Ansatz für das Anschlussbeitragsrecht modifiziert hat, sind nicht ersichtlich. Zwar führt es aus, dass, bezogen auf die Frage des beitragsrelevanten Vorteils, nicht baulich nutzbare – jenseits der ortsüblichen Bebauungstiefe bzw. der hierauf gegründeten Tiefenbegrenzungslinie liegende – Teilflächen „übertiefer“, vollständig im Innenbereich liegender Grundstücke den Außenbereichsteilflächen „übertiefer“ Grundstücke, die vom Innen- in den Außenbereich übergehen, gleichstehen können (S. 16 des Entscheidungsumdrucks). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass diese Gleichstellung im Ermessen des Ortsgesetzgebers steht. Insbesondere kann dieser nicht durch die Wahl der Tiefenbegrenzungsregelung darüber entscheiden, ob die rückwärtigen Teilflächen „übertiefer“ zentraler Innenbereichsgrundstücke im Rahmen des Vorteilsausgleichs zu berücksichtigen sind (so bei der „qualifizierten“ Tiefenbegrenzung) oder nicht (so bei der „schlichten“ Tiefenbegrenzung). Denn eine solche Annahme liefe darauf hinaus, dass der Ortsgesetzgeber darüber zu befinden hätte, ob die rückwärtigen Teilflächen „übertiefer“ zentraler Innenbereichsgrundstücke in beitragsrechtlicher Hinsicht bevorteilt sind. Das in § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V normierte Vorteilsprinzip unterliegt jedoch nicht der Disposition des Ortsgesetzgebers. Es ist – umgekehrt – Prüfungsmaßstab für die vom Ortsgesetzgeber zu normierende Maßstabsregelung und damit auch für die Regelung der Tiefenbegrenzung. Wenn – wie OVG Mecklenburg-Vorpommern angenommen – im Anschlussbeitragsrecht die rückwärtigen Teilflächen „übertiefer“ zentraler Innenbereichsgrundstücke nicht bevorteilt sind, ist es ausgeschlossen, diese Flächen zu berücksichtigten. Hieran hat sich die Maßstabsregelung im Anschlussbeitragsrecht zu orientieren. Eine Tiefenbegrenzungsregelung, die dem nicht Rechnung trägt, ist unwirksam.

22

Auf die übrigen Einwände der Klägerin kommt es entscheidungserheblich nicht an. Es sei vorsorglich aber darauf hingewiesen, dass eine Festsetzungsverjährung nicht eingetreten ist. Entgegen der Auffassung der Klägerin konnte die Satzung der Gemeinde Seebad Insel Hiddensee über die Erhebung von Beiträgen für die Herstellung der zentralen Schmutzwasseranlage (Herstellungsbeitragssatzung - HBS) vom 09.07.1998 die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht und damit den Lauf der Festsetzungsfrist nicht auslösen, da die Satzung unwirksam ist (eingehend: VG Greifswald, Urt. v. 27.01.2010 – 4 A 194/09 – juris Rn. 34 ff).

23

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Die Anschlussbeitragssatzungen des weitaus größten Teils der beitragsberechtigten Körperschaften im Zuständigkeitsbereich des erkennenden Gerichts weisen „qualifizierte“ Tiefenbegrenzungen auf, die nach der zitierten Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern nunmehr unzulässig sind.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

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(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

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(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu einem Anschlussbeitrag (Schmutzwasser).

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks G1 in einer Größe von 2.745 m². Das mit einer Ferienanlage bebaute Grundstück entwässert in die Kläranlage Göhren.

3

Mit Bescheid vom 27.11.2008 zog der Beklagte die Klägerin zu einem Anschlussbeitrag i.H.v. 14.411,25 EUR heran. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.09.2009 als unbegründet zurück.

4

Am 13.10.2009 hat die Klägerin Anfechtungsklage erhoben. Sie ist der Auffassung, ihre Heranziehung sei rechtswidrig. Bei ihrem Grundstück handele es sich um ein so genanntes altangeschlossenes Grundstück. Es sei daher unzutreffend, wenn der Beklagte behaupte, dem Grundstück sei erst im Zuge des Ausbaus der Ferienanlage eine Anschlussmöglichkeit geboten worden. Zudem fehle es an einer wirksamen Rechtsgrundlage. Die dem Beitragssatz zu Grunde liegende Kalkulation sei fehlerhaft. Es sei unzulässig, den Beitragssatz anhand einer Globalkalkulation zu ermitteln. Die Kalkulation erfasse einen Zeitraum von 38 Jahren bis zur endgültigen Fertigstellung der Anlage im Jahr 2030. Der Prognosezeitraum betrage 18 Jahre. Dieser Zeitraum sei zu lang für verlässliche Schätzungen. Weiter sei zu beanstanden, dass im Einzugsbereich der Kläranlage Göhren eine Vielzahl von Grundstücken flächenseitig nicht berücksichtigt worden sei. Bei den meisten dieser Grundstücke enthalte die Spalte „Baurecht“ den Vermerk „unbebaut“. Die Einzugsgebiete der Kläranlagen Gustow, Sellin, Sagard, Poggenhof und Venz seien in der Kalkulation nicht berücksichtigt worden. Sellin sei ein durchaus repräsentativer Ort. Die Maßstabsregelung sei ebenfalls fehlerhaft. Die Satzung enthalte statt der gebotenen qualifizierten Tiefenbegrenzung eine unzulässige „starre“ Tiefenbegrenzung. Die Richtigkeit der der Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe von 35 m zu Grunde liegenden tatsächlichen Erhebungen des Beklagten würden bestritten. Auch die Rechtsanwendung sei fehlerhaft. Das Grundstück sei in erheblichem Umfang mit einem öffentlichen Weg bebaut. Die Wegefläche nehme an der Vorteilsverteilung nicht teil.

5

Unter dem 10.11.2009 teilte der Beklagte mit, dass aus dem streitgegenständlichen Bescheid keine Rechte geltend gemacht werden, soweit die Festsetzung den Betrag von 13.908,72 EUR übersteigt.

6

Die Klägerin beantragt,

7

den Bescheid des Beklagten vom 27.11.2008 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 24.09.2009 und der Änderung vom 10.11.2009 aufzuheben.

8

Der Beklagte verteidigt den angegriffenen Bescheid und beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Mit Beschluss vom 27.01.2012 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

I.

12

Der Rechtsstreit kann trotz des Fehlens eines Vertreters der Klägerin in der mündlichen Verhandlung entschieden werden, weil die Klägerin ausweislich des Empfangsbekenntnisses vom 01.02.2012 ordnungsgemäß geladen ist. Die Ladung enthält einen Hinweis gemäß § 102 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

13

Auch der mit Schriftsatz vom 24.07.2012 gestellte Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht steht der Entscheidungsreife der Sache nicht entgegen, denn die dem Gericht nunmehr vom Beklagten vorgelegten Unterlagen sind der Klägerin mit Schreiben vom 25.06.2012 (Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe) bzw. 20.07.2012 (Beiakte II) übersandt worden. Die Klägerin hatte daher die Möglichkeit, diese Unterlagen vor der mündlichen Verhandlung einzusehen.

II.

14

In Ansehung des von der Erklärung vom 10.11.2009 erfassten Teilbetrages ist die Klage unzulässig. Der Klägerin fehlt das erforderliche Rechtsschutzinteresse, weil der Beklagte diesen Betrag nicht mehr geltend macht. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

15

Der Bescheid findet seine nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage in der Die Satzung des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Rügen über die Erhebung von Beiträgen für die zentrale Schmutzwasserbeseitigung (Schmutzwasserbeseitigungsbeitragssatzung - SBS) vom 21.06.2012.

16

1. Die Satzung ist nach gegenwärtiger Erkenntnis wirksam.

17

a. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es nicht nur zulässig, sondern geboten ist, auch die Eigentümer von altangeschlossenen Grundstücken, also Grundstücken, die - wie hier - bereits seit mehreren Jahrzehnten an eine zentrale Abwasserbehandlungsanlage angeschlossen sind, zu einem Herstellungsbeitrag heranzuziehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern, der das erkennende Gericht folgt, unterliegen auch die Eigentümer so genannter altangeschlossener Grundstücke der Beitragspflicht. Bereits in dem Beschluss vom 21.04.1999 (1 M 12/99, LKV 2000, S. 161) hat das OVG Mecklenburg-Vorpommern ausgeführt:

18

"Bei der Differenzierung von Beitragssätzen ist § 8 Abs. 1 Satz 2 KAG (a.F.) zu beachten, der eine gesetzliche Umschreibung eines allgemeinen beitragsrechtlichen Prinzips enthält. Nach dieser Vorschrift sind Beiträge nach Vorteilen zu bemessen. Es ist aber festzustellen, dass den Grundstückseigentümern ... derselbe Vorteil zugute kommt. Allen Grundstückseigentümern wird durch die vom Antragsgegner betriebene öffentliche Einrichtung erstmals der rechtlich gesicherte Vorteil geboten, ihr Schmutzwasser mittels einer öffentlichen Einrichtung entsorgen zu können. Entscheidend ist auf diese rechtliche Absicherung des Vorteils abzustellen, die erstmals nach Inkrafttreten des KAG M-V und nach Erlass einer wirksamen Beitragssatzung durch den Antragsgegner eintreten kann. Kein taugliches Kriterium zur Differenzierung des Vorteils sind die tatsächlichen Verhältnisse, das heißt ob rein faktisch zuvor das Abwasser in der einen oder anderen Weise hat abgeleitet werden können."

19

Diese Rechtsprechung hat das Gericht mehrfach, unter anderem mit Urteil vom 30.06.2004 (4 K 34/02) und zuletzt mit Beschluss vom 21.03.2007 (1 L 281/05) bestätigt. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass die im Beitrittsgebiet im Jahr 1990 vorhandenen Abwasserbehandlungsanlagen den wasserrechtlichen Anforderungen vielfach nicht ansatzweise genügten und ein erheblicher Investitionsbedarf vorhanden war. Anders als in den alten Bundesländern, in denen die Abwasserbehandlungsanlagen den steigenden wasserrechtlichen Anforderungen und wirtschaftlichen Bedürfnissen über einen verhältnismäßig langen Zeitraum nach und nach angepasst wurden, ergab sich in den neuen Bundesländern die Notwendigkeit, diesen Investitionsstau in verhältnismäßig kurzer Zeit zu beseitigen, was dazu führte, dass nicht nur rechtlich, sondern auch praktisch tatsächlich neue Anlagen errichtet wurden. Dies rechtfertigt es, alle Eigentümer oder sonst dinglich Berechtigten ungeachtet des Zeitpunkts der Schaffung der Anschlussmöglichkeit an eine zentrale Anlage der Abwasserbehandlung zu einem einheitlichen Beitrag heranzuziehen. Wollte man die Erhebung eines Herstellungsbeitrags auf die Eigentümer oder dinglich Berechtigten der Grundstücke beschränken, bei denen die Anschlussmöglichkeit erst nach dem Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes geschaffen wurde, so hieße dies, die erheblichen Kosten im Wesentlichen - die Eigentümer altangeschlossener Grundstücke könnten allenfalls zu Erneuerungsbeiträgen herangezogen werden, die nach Lage der Dinge aber deutlich niedriger ausfallen dürften als Herstellungsbeiträge - vornehmlich auf den verhältnismäßig kleinen Kreis der Eigentümer von Grundstücken in den seit 1990 neu geschaffenen Eigenheim- oder Gewerbegebieten zu verteilen. Die damit verbundene erhebliche Belastung dieses Personenkreises wäre aber mit dem dem Beitragsrecht immanenten Solidarprinzip nicht zu vereinbaren (VG Greifswald, Urt. v. 30.03.2005 - 3 A 1064/04, S. 8 des Umdrucks).

20

Darin liegt auch keine im Regelfall nach Art 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) unzulässige (echte) Rückwirkung, sondern lediglich eine sog. tatbestandliche Rückanknüpfung (unechte Rückwirkung), die allgemein zulässig ist. Der Gesetzgeber regelt keinen in der Vergangenheit liegenden Sachverhalt mit Wirkung für die Vergangenheit neu, sondern nimmt einen in der Vergangenheit liegenden Sachverhalt (Schaffung der Anschlussmöglichkeit bzw. des Anschlusses) zum Anlass, daran Rechtsfolgen für die Zukunft zu knüpfen (Beitragspflicht).

21

Unschädlich ist weiter, dass in der Vergangenheit womöglich Anschlussgebühren oder ähnliche Leistungsäquivalente gezahlt worden sind bzw. einzelne Anlagenteile in Eigenleistung hergestellt wurden. Denn beitragsfähig sind nur solche Kosten, die nach der Wende entstanden sind (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 18.10.2005 - 1 L 197/05, NordÖR 2006, 160 <161>). Damit besteht auch insoweit keine "Gerechtigkeitslücke" (eingehend: OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 18.10.2005 a.a.O.).

22

bb. Weiter ist es nicht zu beanstanden, dass die Schmutzwasserbeseitigungsbeitragssatzung die Erhebung eines Beitrages für die erstmalige Herstellung der Anlage i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V auch für solche Grundstücke regelt, die - wie das des Antragstellers - seit langem an eine zentrale Abwasserbehandlungsanlage angeschlossen sind. Dies rechtfertigt sich nach der bereits genannten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern Beschl. v. 21.04.1999, 1 M 12/99) aus folgenden Überlegungen:

23

"Vor dem Inkrafttreten des Landeswassergesetzes am 01.12.1992 hat es keine kommunalen Abwasserbeseitigungseinrichtungen gegeben. Eine Beitragspflicht für derartige Einrichtungen aufgrund des Kommunalabgabengesetzes hat daher erstmals nach diesem Zeitpunkt entstehen können, zumal auch das erste Kommunalabgabengesetz erst am 13.05.1991 in Kraft getreten ist. § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG (a.F.) enthält eine Spezialregelung für das Entstehen der Anschlussbeitragspflicht, wobei diese Vorschrift vorrangig die Beitragspflicht für die (erstmalige) Herstellung und nicht etwa Verbesserungsbeiträge im Auge hat. Besondere beitragsrechtliche Tatbestände wie Aus- und Umbau, Verbesserung, Erweiterung und Erneuerung liegen in der Regel bei der Abwasserbeseitigung (noch) nicht vor, weil erst unter Geltung des Kommunalabgabengesetzes Mecklenburg-Vorpommern ein Herstellungsbeitrag entstehen kann."

24

Da in Ansehung der vom Zweckverband betriebenen Schmutzwasserbehandlungsanlage die Herstellungsphase auch gegenwärtig noch nicht abgeschlossen ist, kommt die Erhebung eines Erneuerungsbeitrags nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V nicht in Betracht.

25

b. Die Maßstabsregelung der Schmutzwasserbeseitigungsbeitragssatzung begegnet keinen Bedenken. § 3 Abs. 1 SBS bestimmt, dass der Anschlussbeitrag nach einem nutzungsbezogenen Flächenmaßstab berechnet wird.Bei der Ermittlung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche wird die nach Absatz 4 ermittelte beitragsfähige Grundstücksfläche mit einem Geschossfaktor vervielfacht (Vollgeschossmaßstab).

26

aa. § 3 Abs. 4 lit. d 1. Halbsatz SBS bestimmt, dass bei Grundstücken, die (in Bezug auf ihre Tiefe) teils dem Innenbereich und im Übrigen dem Außenbereich zuzuordnen sind, oder bei denen (hinsichtlich ihrer Tiefe) fraglich sein kann, ob sie insgesamt dem Innenbereich zugeordnet werden können, als beitragsfähige Grundstücksfläche die Fläche zwischen der jeweiligen Straßengrenze und einer im Abstand von 35 m dazu verlaufenden Parallelen gilt. Die in dieser Vorschrift normierte Tiefenbegrenzung ist nicht zu beanstanden.

27

(1) Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt sich bei der Bestimmung um eine sog. qualifizierte Tiefenbegrenzung, die im Gegensatz zu der sog. „schlichten“ oder – um den von der Klägerin gewählten Begriff zu gebrauchen – „starren“ Tiefenbegrenzung nicht mit der Vermutung arbeitet, dass übertiefe Innenbereichsgrundstücke mit ihren rückwärtigen Teilflächen regelmäßig im Außenbereich liegen. Bei der qualifizierten Tiefenbegrenzung muss die Außenbereichslage der rückwärtigen Teilfläche feststehen oder zumindest die Zuordnung zum Innenbereich zweifelhaft sein. Dies ist unter Vorteilsgesichtspunkten (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V) nicht zu beanstanden, da Außenbereichsgrundstücke der Bebaubarkeit regelmäßig entzogen sind (vgl. § 35 Abs. 2 BauGB) und ihnen daher von der Schaffung der Anschlussmöglichkeit an die zentrale Abwasserbehandlungsanlage kein beitragsrechtlich relevanter Vorteil vermittelt wird.

28

Die Bestimmung ist auch insoweit nicht zu beanstanden, als sie in Fällen, in denen die bodenrechtliche Einstufung des hinteren Grundstücksteils fraglich ist, die Geltung der Tiefenbegrenzung anordnet. Die Aufnahme einer solchen Zweifelsregelung ist aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität, die der Ortsgesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit berücksichtigen darf (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.10.1975 - VII C 64.74 - AS 49, 227 <230>), zulässig. Sie wird von der Erwägung getragen, dass angesichts der gerade in den neuen Bundesländern oftmals inhomogenen Bebauungsstrukturen die bodenrechtliche Einstufung eines Grundstücks oder Grundstücksteils oftmals schwierig ist und wegen der Vielzahl dieser Fälle ein Bedürfnis für eine pauschalierende Regelung besteht.

29

Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern auch die Normierung einer schlichten Tiefenbegrenzung zulässig ist (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 20.11.2003 – 1 M 180/03 – juris Rn. 13 m.w.N.).

30

(2) Die Festlegung der Tiefenbegrenzung auf 35 m ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Bei der Tiefenbegrenzung – sei es der „schlichten“, sei es der „qualifizierten“ handelt es sich um eine eine vertypte Form der Abgrenzung vom Innen- zum Außenbereich. Nach der Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern hat sich die Tiefenbegrenzungslinie zur Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der Innen- von den Außenbereichsflächen im Geltungsbereich der Tiefenbegrenzung auszurichten. Ein sachgerechter Anhaltspunkt dafür, dass eine bauliche Nutzung über eine bestimmte Tiefe hinaus in der Regel nicht stattfindet, stellt - wenn eine solche ermittelbar ist - die ortsübliche Tiefe der baulichen Nutzung dar. Die gewählte Tiefenbegrenzung muss die typischen örtlichen Verhältnisse widerspiegeln und sich an der ortsüblichen Nutzung orientieren. Für die Festsetzung der an diesen Verhältnissen zu orientierenden Tiefenbegrenzung steht dem Ortsgesetzgeber ein normgeberisches Ermessen zu. Um dieses Ermessen ordnungsgemäß ausüben zu können, muss er vor Beschlussfassung über die Satzung und Festlegung der Tiefenbegrenzung die örtlichen Verhältnisse sorgfältig und willkürfrei in allen Bereichen des Verbandsgebietes ermitteln, wobei eine Ermittlung der örtlichen Verhältnisse begrenzt auf repräsentativ ausgewählte Ortslagen zulässig ist. Die Ergebnisse dieser Ermittlung sollen als Nachweis für die Kalkulation dokumentiert werden (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 14.12.2010 - 4 K 12/07, S. 24 f. des Entscheidungsumdrucks m.w.N.).

31

Diesen rechtlichen Maßstäben wird die Festlegung der Tiefenbegrenzung in § 3 Abs. 4 lit. d SBS gerecht. Ausweislich der dokumentierten Ermessenserwägungen sind die von der Regelung einer qualifizierten Tiefenbegrenzung betroffenen bebauten Grundstücke ermittelt und ist aus diesen eine Auswahl vorgenommen worden. Zweifel an der Repräsentativität der Auswahl bestehen bereits deshalb nicht, weil auf die in die berücksichtigten Kläranlagen entwässernden Grundstücke ca. 80 v.H. der schmutzwasserrelevanten Einwohnergleichwerte im Verbandsgebiet entfallen. Dieser Umstand und alle anderen tatsächlichen Erhebungen des Beklagten zur Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe werden von der Klägerin zwar pauschal bestritten. Das Bestreiten erfolgt jedoch offensichtlich „ins Blaue“ hinein und daher unbeachtlich.

32

Zu Recht wurde bei der Ermittlung der Bebauungstiefe nur Randlagengrundstücke, also Grundstücke im Übergang vom unbeplanten Innenbereich zum Außenbereich, nicht aber Grundstücke im Geltungsbereich eines Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 BauGB und zentrale Innenbereichsgrundstücke berücksichtigt. Denn diese Grundstücke geben für die Ermittlung einer ortsüblichen Bebauungstiefe von Grundstücken, die mit einer Teilfläche im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB und im Übrigen im Außenbereich nach § 35 BauGB liegen, nichts her (VG Greifswald, Urt. v. 07.09.2011 – 3 A 402/10 – juris Rn. 17).

33

Ein methodischer Fehler liegt auch nicht darin, dass der Beklagte bei der Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe Grundstücke, die im Geltungsbereich einer Abrundungs- oder Klarstellungssatzung nach § 34 Abs. 4 Baugesetzbuch (BauGB) liegen, ebenfalls nicht berücksichtigt hat (vgl. VG Greifswald, a.a.O. Rn. 18 bis 21).

34

Ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass bei der Ermittlung der Bebauungstiefe auch die Tiefe der so genannten bauakzessorischen Nutzung berücksichtigt worden ist (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern a.a.O. Rn. 85). Denn nach der genannten Entscheidung steht es dem Ortsgesetzgeber frei, im Rahmen der Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe nur auf die Tiefe der baulichen Nutzung (Gebäudegrenze) abzustellen oder zusätzlich die Tiefe der sog. bauakzessorischen Nutzung zu berücksichtigen.

35

Weiter besteht kein Widerspruch zwischen der „Cluster-Betrachtung“ in Nr. 3 der vom Beklagten vorgelegten Ermittlung der ortsüblichen Tiefe und der Darstellung des Ergebnisses der Messgruppen (Nr. 4). Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung hinreichend plausibel erläutert, dass die Ermittlung der Bebauungstiefe nicht einzelgrundstücksbezogen erfolgt ist, sondern dass Gegenstand der Betrachtung zunächst jeweils Grundstückgruppen mit einer vergleichbaren Bebauungstiefe waren. Für diese Gruppen wurde dann die jeweilige Bebauungstiefe ermittelt. In einem weiteren Schritt wurde dieser Wert den jeweiligen Einzelgrundstücken zugeordnet. Das Ergebnis ist in der Anlage zu Nr. 4 tabellarisch aufgeführt. Durchgreifende Bedenken gegen diese Verfahrensweise bestehen mit Blick auf das dem Beklagten zustehende Ermessen nicht.

36

Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der Beklagte die vorliegenden Messergebnisse nicht ermessensfehlerfrei gewichtet hat. Bei der Festlegung der Tiefenbegrenzung ist von der üblichen im Sinne einer normalen, geläufigen, verbreiteten und in der Mehrzahl der ermittelten Fälle anzutreffenden Bebauungstiefe in dem zu betrachtenden Gebiet auszugehen. Das Erfordernis der Üblichkeit einer Bebauungstiefe setzt voraus, dass es daneben eine nicht nur geringe Anzahl von Grundstücken mit im Gebiet nicht üblichen Bebauungstiefen geben muss, die nicht dem mit normal, geläufig oder verbreitet zu bezeichnenden Maß entsprechen muss. Für die Annahme der Ortsüblichkeit ist daher eine zahlenmäßig hinreichend große Gruppe von Grundstücken ausreichend, die in etwa die gleichen Bebauungstiefen aufweisen, so dass von einer üblichen Tiefe gesprochen werden kann (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, a.a.O. Rn. 83). Damit hat eine wertende Betrachtung zu erfolgen. Der Beklagte hat die Bebauungstiefe von insgesamt 432 Grundstücken im Übergang von Innen- zum Außenbereich untersucht. Hiervon weisen 217 Grundstücke eine Bebauungstiefe von 30 bis 35 m auf. Dies entspricht einer Quote von knapp 50 v.H.. Diese Gruppe ist hinreichend groß um die Annahme einer üblichen Bebauungstiefe von 35 m zu begründen.

37

bb. Die Regelung zur Ermittlung der Anzahl der Vollgeschosse bei Grundstücken, die nicht im Geltungsbereich von Bebauungsplänen liegen (§ 3 Abs. 5 lit. d SBS), begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Sie weist den der Schmutzwasserbeseitigungsbeitragssatzung vom 20.03.2008 i.d.F. der 1. Änderung noch anhaftenden Fehler (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 27.01.2010 – 3 A 194/09 – juris Rn. 17) nicht mehr auf.

38

cc. Ebenfalls unbedenklich ist die auf der Ermächtigung in § 9 Abs. 6 KAG M-V beruhende Regelung über die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht bei unbebauten Baugrundstücken in § 6 Abs. 3 SBS (eingehend: VG Greifswald a.a.O., juris Rn. 27 bis 31).

39

c. Gegen die Beitragskalkulation vom 10.04.2012 ist ebenfalls nichts zu erinnern.

40

aa. Es handelt sich um eine Globalkalkulation i.S.d. § 9 Abs. 2 Satz 2 erste Var. KAG M-V. Der Kalkulationszeitraum erstreckt sich auf den Zeitraum von der Gründung des Zweckverbandes und der damit beginnenden Investitionstätigkeit im Jahre 1992 bis zur prognostizierten endgültigen Herstellung der Gesamtanlage im Jahre 2030. Unschädlich ist, dass der Beklagte noch in der Beitragskalkulation vom 11.11.2007 von einer endgültigen Herstellung der Gesamtanlage im Jahre 2020 ausgegangen ist. Die Verlängerung des zunächst veranschlagten Herstellungszeitraums für die Gesamtanlage um 10 Jahre ist erfolgt, weil der Beklagte erkannt hat, dass sein Abwasserbeseitigungskonzept wegen der Verschiebung bestimmter Investitionen bis zum ursprünglich angestrebten Zeitpunkt nicht verwirklicht werden kann. Daraus folgt nicht die Fehlerhaftigkeit der Kalkulation. Denn es liegt auf der Hand, dass es sich bei der Festlegung des Herstellungszeitraums um eine Prognoseentscheidung handelt, bei der eine Vielzahl von Unwägbarkeiten einen Anpassungsbedarf auslösen kann.

41

bb. Soweit die Klägerin meint, die vom Beklagten vorgenommene Wahl der Kalkulationsmethode sei wegen der Länge des Prognosezeitraums ermessensfehlerhaft, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar steht die Entscheidung, die Beitragskalkulation als Global- oder Rechnungsperiodenkalkulation durchzuführen, im pflichtgemäßen Ermessen des Ortsgesetzgebers. Allerdings legt auch der verhältnismäßig lange Prognosezeitraum von 18 Jahren nicht die Annahme nahe, die Wahl der Kalkulationsmethode sei fehlerhaft. Denn lange Prognosezeiträume sind bei der Globalkalkulation systembedingt und daher hinzunehmen. Folgte man der gegenteiligen Auffassung der Klägerin, so wäre eine Globalkalkulation wegen der Länge des Prognosezeitraums regelmäßig unzulässig. Dieses Ergebnis entspräche ersichtlich nicht dem Willen des Gesetzgebers, der mit der Neufassung des § 9 KAG M-V im Rahmen der KAG-Novelle 2005 erstmals klargestellt hat, dass eine Rechnungsperiodenkalkulation überhaupt zulässig ist. Bis dahin ist das OVG Mecklenburg-Vorpommern davon ausgegangen, dass (nur) die Globalkalkulation ohne weiteres zulässig ist (zum damaligen Stand der Rechtsprechung vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 15.11.2000 – 4 K 8/99 – juris Rn. 49).

42

cc. Ebenfalls unschädlich ist, dass die Globalkalkulation nicht das gesamte Verbandsgebiet in den Blick nimmt, sondern aufgrund der Daten repräsentativer Gebiete erstellt worden ist, die allerdings – wie bereits erwähnt – ca. 80 v.H. der im Verbandsgebiet bestehenden Einwohnergleichwerte umfasst. Dies verstößt nicht gegen § 9 Abs. 2 Satz 2 KAG M-V. Die Vorschrift ist nicht so zu verstehen, dass eine Globalkalkulation zwingend auf Grundlage der Daten des gesamten Erhebungsgebietes erstellt werden muss und lediglich die Rechnungsperiodenkalkulation auf Grundlage der Daten repräsentativ ausgewählter Teile des Erhebungsgebietes zulässig ist. Der Unterschied zwischen Global- und Rechnungsperiodenkalkulation besteht lediglich darin, dass bei jener der gesamte Herstellungsaufwand und alle Beitragseinheiten in der Endausbaustufe der Anlage zu berücksichtigten sind („Jahrhundertrechnung“), während bei dieser die Ermittlung der Kalkulationsgrundlagen auf bestimmte Zeiträume beschränkt ist. Eine Beschränkung der Ermittlungsgrundlage auf repräsentative Anlagenteile ist bei beiden Kalkulationsmethoden zulässig.

43

dd. Die Nichtberücksichtigung der Entsorgungsgebiete der Kläranlagen Gustow, Sellin, Sagard, Poggenhof und Venz beruht auf dem Umstand, dass der Kalkulation die Daten anderer Entsorgungsanlagen (Bergen, Göhren, Garz, Lobkevitz, Gingst, Ummanz, Lohme, Dreschvitz, Zirkow, Gagern und Boldevitz) zu Grunde lagen. Die diesbezüglichen Einwände der Klägerin gehen daher ins Leere. Unschädlich ist, dass die nunmehr getroffene Auswahl nicht mehr mit der der Kalkulation vom 11.11.2007 zu Grunde liegenden Auswahl identisch ist. Hierzu hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass es sich bei der Kalkulation vom 10.04.2012 nicht um die Fortschreibung der Kalkulation vom 11.11.2007 handele. Statt dessen sei die Kalkulation völlig neu erstellt worden. Die noch der Kalkulation vom 11.11.2007 zu Grunde liegende Aufstellung der Referenzanlagen sei von der früher geltenden Unterscheidung in biologisch reinigende Anlagen mit bzw. ohne dritte Reinigungsstufe geprägt gewesen und zwischenzeitlich überholt. Gegenwärtig betreibe der Beklagte gemäß § 1 Abs. 2 lit. a Abwasseranschlusssatzung vom 20.03.2008 nur noch eine biologisch reinigende zentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage. Aus diesem Grunde sei die Aufstellung modifiziert worden. Hiergegen ist mit Blick auf das dem Beklagten zustehende Ermessen nichts zu erinnern.

44

ee. Auch im Übrigen ist die Kalkulation nicht zu beanstanden. Der rechnerisch ermittelte (höchstzulässige) Beitragssatz beträgt bei Abzug der (anteiligen) Kosten der Klärschlammverwertungsanlage 5,60 EUR/m², ohne Abzug dieser Kosten beträgt der höchstzulässige Beitragssatz 6,35 EUR/m². Der beschlossene Beitragssatz beträgt 4,20 EUR/m² und überschreitet den höchstzulässigen Beitragssatz nicht. Geht man davon aus, dass die Kosten der Klärschlammverwertungsanlage nicht zum beitragsfähigen Aufwand gehören, so wird mit dem Beitragsatz von 4,20 EUR/m² ein Deckungsgrad, d.h. eine Refinanzierungsquote aus Beiträgen von 75 v.H. angestrebt. Geht man umgekehrt davon aus, das die Kosten der Klärschlammverwertungsanlage zum beitragsfähigen Aufwand gehören, so liegt der angestrebte Deckungsgrad immer noch bei 66 v.H.. Selbst bei dem angestrebten Deckungsgrad von 66 v.H. kann nicht von einem Verstoß gegen die Soll-Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V ausgegangen werden (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 02.04.2008 – 3 A 1395/05 – juris Rn. 33).

45

ff. Unbegründet ist schließlich auch der Einwand, diverse Grundstücke im unbeplanten Innenbereich seien auf der Flächenseite der Kalkulation nicht berücksichtigt worden, weil sie unbebaut seien. Zwar nehmen Baugrundstücke grundsätzlich am Vorteilsausgleich teil - und zwar unabhängig davon, ob sie bebaut oder unbebaut sind. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass für unbebaute Grundstücke, die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils nach § 34 BauGB liegen, gemäß § 6 Abs. 3 SBS die Beitragspflicht erst als entstanden gilt, wenn das Grundstück mit anzuschließenden Gebäuden bebaut oder tatsächlich angeschlossen wird. Dass diese Bestimmung keinen Bedenken unterliegt, wurde bereits dargelegt. Offensichtlich ist der Beklagte bei den von der Klägerin benannten Grundstücken davon ausgegangen, dass diese Grundstücke im Kalkulationszeitraum nicht bebaut werden und daher die sachliche Beitragspflicht nicht entsteht. Dass diese Einschätzung fehlerhaft ist, wird auch von der Klägerin nicht behauptet.

46

2. Die Rechtsanwendung durch den Beklagten begegnet keinen Bedenken.

47

a. Der streitgegenständliche Bescheid kann auf die Schmutzwasserbeseitigungsbeitragssatzung vom 21.06.2012 gestützt werden. Entscheidungserheblicher Zeitpunkt bei der Erhebung von Beiträgen für leitungsgebunden Einrichtungen der der mündlichen Verhandlung ist der der mündlichen Verhandlung. Dies folgt aus § 9 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz KAG M-V, wonach die sachliche Beitragspflicht frühesten mit dem Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung entsteht. Aus diesem Grund ist auch keine Rückwirkung der Satzung erforderlich. Abweichendes folgt auch nicht aus dem rechtlichen Hinweis in dem Gerichtsschreiben vom 15.10.2009. Die dortigen Ausführungen beziehen sich auf die Frage des anzuwendenden Satzungsrechts bei aufeinanderfolgenden wirksamen Satzungen. In einem solche Fall ist die Satzung maßgebend, unter deren Geltung die sachliche Beitragspflicht entstanden ist. Diese Frage stellt sich vorliegend nicht, da die Schmutzwasserbeseitigungsbeitragssatzung vom 21.06.2012 die erste wirksame Beitragssatzung ist. Der Hinweis ist durch die Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern (Urt. v. 14.12.2010 – 4 K 12/07) überholt. Infolge dieser Entscheidung sind alle zuvor Geltung beanspruchenden Beitragssatzungen des Beklagten unwirksam (dazu sogleich).

48

b. Gegen die Beitragsberechnung ist nichts zu erinnern. Zu Recht hat der Beklagte der Beitragsberechnung die Gesamtfläche des klägerischen Grundstücks zu Grunde gelegt. Anhaltspunkte dafür, dass eine Teilfläche des klägerischen Grundstücks mit einer öffentlichen Wegefläche überbaut ist, was der Berücksichtigung dieser Fläche entgegen stehen würde, bestehen nicht. Richtig ist zwar, dass auf dem Grundstück Flurstücke 65/73 und 102/1 eine Wegefläche vorhanden ist. Die Klägerin hat jedoch ihre Behauptung, die Wegefläche sei öffentlich, nicht ansatzweise – etwa durch Vorlage einer Bestätigung der Gemeinde Ostseebad Sellin über eine erfolgte straßenrechtliche Widmung – belegt. Ermittlungen des Beklagten haben keinen Hinweis auf eine Öffentlichkeit der Wegefläche ergeben. Dass es sich bei dem Weg um eine private Erschließungsanlage (zu den hierfür geltenden Anforderungen vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 11.12.2003 – 1 M 218/03 – juris Rn. 29 ff.) handelt, was einer Berücksichtung der Wegefläche ebenfalls entgegen stehen dürfte, wird von der Klägerin nicht behauptet.

49

c. Der Beitragsanspruch ist schließlich nicht infolge Festsetzungsverjährung gemäß § 47 Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 12 Abs. 1 KAG M-V erloschen. Nach § 12 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V beträgt die Festsetzungsfrist für alle kommunalen Abgaben und damit auch für Anschlussbeiträge vier Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt gemäß § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe entstanden ist. Die Beitragspflicht ist nicht bereits mit dem Anschluss des Grundstücks an die Anlage, sondern gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V mit dem Inkrafttreten der Schmutzwasserbeseitigungsbeitragssatzung vom 21.06.2012 entstanden. Nach dieser Bestimmung entsteht die sachliche Beitragspflicht, sobald das Grundstück an die Einrichtung angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem Inkrafttreten der ersten wirksamen Satzung. Die Vorschrift gibt damit keine bestimmte zeitliche Reihenfolge für das Vorliegen der Entstehungsvoraussetzungen der sachlichen Beitragspflicht vor. Ausreichend - aber auch erforderlich - ist das Vorliegen eines Anschlusses bzw. einer Anschlussmöglichkeit des Grundstücks und die Existenz einer wirksamen Beitragssatzung. Liegen beide Voraussetzungen vor, so entsteht ungeachtet der zeitlichen Reihenfolge ihres Eintritts die sachliche Beitragspflicht. Daraus folgt, dass bei - wie hier - altangeschlossenen Grundstücken die sachliche Beitragspflicht mit dem Inkrafttreten der ersten wirksamen Beitragssatzung entsteht. Die am 22.06.2012 bekannt gemachte Schmutzwasserbeseitigungsbeitragssatzung vom 21.06.2012 ist die erste wirksame Beitragssatzung des Beklagten.

50

Zu einem früheren Zeitpunkt konnte die Beitragspflicht nicht entstehen und damit auch die Festsetzungsfrist nicht ablaufen, denn die vor dem 22.06.2012 Geltung beanspruchenden Satzungen des Zweckverbandes waren allesamt unwirksam. Die in der Schmutzwasserbeseitigungsbeitragssatzung vom 21.04.2010 normierte Tiefenbegrenzung von 50 m beruht nicht auf einer ordnungsgemäßen Ermittlung der ortsübliche Bebauungstiefe im Verbandsgebiet. Sie ist damit unwirksam (st. Rspr., zuletzt: VG Greifswald, Urt. v. 31.05.2012 – 3 A 510/10 – n.v.). Dieser Fehler, der erst „bekannt“ ist, seitdem das OVG Mecklenburg-Vorpommern in dem Urteil vom 14.12.2010 (4 K 12/07) die Anforderungen an die Ermittlung der Tiefenbegrenzung definiert hat, haftet sämtlichen Vorgängersatzungen an, so dass von einer Einzeldarstellung – auch zusätzlicher Fehler – abgesehen werden kann.

51

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124a VwGO) sind nicht ersichtlich.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 07. September 2011 – 3 A 402/10 – wie folgt geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldnerin wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten des Vollstreckungsgläubigers abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung der Klägerin zu Anschlussbeiträgen (Trinkwasser).

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Flurstück .../..., Flur ..., Gemarkung ... mit einer Größe von 1.777 m², welches an die öffentliche Wasserversorgungsanlage des Wasserzweckverbandes Strelitz angeschlossen ist.

3

Mit Bescheid vom 01. Dezember 2008 zog der Beklagte, ausgehend von einer beitragspflichtigen Grundstücksfläche von 1.263 m² und einem Vollgeschoss, die Klägerin zu einem Anschlussbeitrag in Höhe von 736,46 EUR heran. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein. Mit Änderungsbescheid vom 22. Juli 2009 reduzierte der Beklagte die Beitragsforderung aufgrund einer Änderung des bislang zugrunde gelegten Mehrwertsteuersatzes von 19 % auf 7 % auf 662,19 EUR. Mit Widerspruchsbescheid vom 24. März 2010, zugestellt am 26. März 2010, wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.

4

Die Klägerin hat am 26. April 2010 Klage erhoben.

5

Sie hat vorgetragen, ihre Heranziehung sei rechtswidrig. Die Wasserabgabensatzung sei unter Beachtung der neuesten Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern unwirksam, da der Tiefenbegrenzungslinie gemäß Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B c) der Satzung nicht die tatsächlichen Verhältnissen zugrunde gelegt worden seien. Fehlerhaft sei auch die Ermittlung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche. Es könne lediglich die Fläche herangezogen werden, die an die Straße angrenze. Beitragspflichtig sei damit eine Fläche von 586 m², so dass sich ein Beitrag von 307,24 EUR errechne. Der Beklagte gehe satzungswidrig von einer Grundstücksfläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksgrenze und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen aus. Selbst bei Anwendung der Tiefenbegrenzung würde die Fläche nur 939,39 m² betragen, da sich die Parallele am Verlauf der Straße orientieren müsse. Die Klägerin hat insoweit zur Erläuterung auf einen von ihr an den Beklagten übermittelten Flurkartenausschnitt verwiesen; für die weiteren Einzelheiten wird dazu auf den bei den Verwaltungsvorgängen (Beiakte B, Bl. 3) befindlichen Flurkartenausschnitt verwiesen.

6

Die Klägerin hat beantragt,

7

den Bescheid des Beklagten vom 01. Dezember 2008 – Az. 1620006 – in Gestalt des Änderungsbescheides vom 22. Juli 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2010 insoweit aufzuheben, als ein Beitrag von mehr als 307,24 EUR festgesetzt wird.

8

Der Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Er hat vorgetragen, dass die in der Verbandsversammlung am 10. August 2011 beschlossene Wasserabgabensatzung eine ordnungsgemäß ermittelte Tiefenbegrenzungsregelung aufweise, und dies unter Vorlage der die Ermittlung und Festlegung der Tiefenbegrenzung betreffenden Dokumente erläutert; für die weiteren Einzelheiten wird auf diese Dokumente, die sich bei der Gerichtsakte befinden, verwiesen. Im Übrigen liege das klägerische Grundstück im unbeplanten Innenbereich und die Grundstücksfläche betrage bei Anwendung der Tiefenbegrenzungsregelung 1.263 m².

11

Während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hat der Wasserzweckverband Strelitz am 10. August 2011 seine Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Wasserversorgung (Wasserabgabensatzung – WAgS) beschlossen, die am 17. August 2011 ausgefertigt worden ist. Die Satzung ist nach ihrem § 24 Satz 1 rückwirkend zum 01. Januar 2008 in Kraft getreten.

12

Mit dem angefochtenem Urteil vom 07. September 2011, Az. 3 A 402/10, hat das Verwaltungsgericht den Bescheid des Beklagten vom 01. Dezember 2008 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 22. Juli 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2010 aufgehoben, soweit darin ein Beitrag von mehr als 307,24 EUR festgesetzt worden ist. Die zulässige Klage sei begründet. Dem angegriffenen Bescheid fehle die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V erforderliche Rechtsgrundlage. Die am 10. August 2011 beschlossene Satzung des Wasserzweckverbandes Strelitz über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Wasserversorgung (Wasserabgabensatzung – WAgS) sei unwirksam. Die in Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B c) Wasserabgabensatzung geregelte Tiefenbegrenzung verstoße, soweit eine Tiefenbegrenzung von 50 m normiert werde, gegen § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG bzw. das darin normierte Vorteilsprinzip. Dieser Verstoß führe zur Unwirksamkeit der Verteilungsregelung und damit zur Unwirksamkeit der Wasserabgabensatzung insgesamt. Die Bestimmung normiere eine „schlichte“ Tiefenbegrenzung. Ihr Anwendungsbereich beschränke sich nicht auf Grundstücke, die mit ihrer vorderen, straßennahen Teilfläche im unbeplanten Innenbereich i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB und mit ihrer rückwärtigen Teilfläche im Außenbereich lägen (sog. „Randlagengrundstücke“). Die Bestimmung finde vielmehr auch auf solche Grundstücke Anwendung, die vollständig, d.h. auch mit ihren rückwärtigen Teilflächen, im unbeplanten Innenbereich lägen (sog. „zentrale Innenbereichsgrundstücke“). Eine „schlichte“ Tiefenbegrenzung sei im Anschlussbeitragsrecht zulässig. Sie habe sich zur Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der Innen- von den Außenbereichsflächen im Geltungsbereich der Tiefenbegrenzung auszurichten. Ein sachgerechter Anhaltspunkt dafür, dass eine bauliche Nutzung über eine bestimmte Tiefe hinaus in der Regel nicht stattfinde, stelle die ortsübliche Tiefe der baulichen Nutzung dar. Für die Festsetzung der an diesen Verhältnissen zu orientierenden Tiefenbegrenzung stehe dem Ortsgesetzgeber ein normgeberisches Ermessen zu. Um dieses ordnungsgemäß ausüben zu können, müsse er die örtlichen Verhältnisse sorgfältig und willkürfrei in allen Bereichen des Verbandsgebietes sowohl für die ortsübliche Bebauungstiefe als auch für die ggf. einzubeziehende bauakzessorische Nutzung ermitteln. Nach diesen Kriterien entspreche die in der Wasserabgabensatzung festgesetzte Tiefenbegrenzungslinie von 50 m nicht den örtlichen Verhältnissen. So sei bereits die Ermittlung der üblichen Bebauungstiefe methodisch fehlerhaft. Der Wasserzweckverband Strelitz habe bei den vorliegenden Messdaten zur Ermittlung der ortspezifischen Bebauungstiefe sowohl „zentrale Innenbereichsgrundstücke“ als auch „Randlagengrundstücke“ berücksichtigt. Dies sei fehlerhaft, denn es widerspreche der Funktion der Tiefenbegrenzung. Auch die „schlichte“ Tiefenbegrenzung diene der Abgrenzung von Innen- und Außenbereichsflächen. Daher könnten nur „Randlagengrundstücke“ für die Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe herangezogen werden, denn nur diese zeichneten sich dadurch aus, dass sie vom Innenbereich in den Außenbereich übergehen. „Zentrale Innenbereichsgrundstücke“ gäben für diese Frage dagegen nichts her, da sie vollständig im unbeplanten Innenbereich lägen. Der Fehler sei nicht „ergebnisneutral“. Vielmehr begründe die Berücksichtigung von „zentralen Innenbereichsgrundstücken“ bei der Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe die Gefahr einer unrealistischen Abbildung der tatsächlich bestehenden Außenbereichsgrenzen. Im Gebiet des Wasserzweckverbandes Strelitz lägen drei Kleinstädte. Angesichts der dort vorhandenen eher kleinteiligen Bebauungsstruktur habe die Berücksichtigung zentraler Innenbereichsgrundstücke die Folge, dass die Zahl der eher weniger tief bebauten Grundstücke zunehme und damit das Gesamtergebnis der Untersuchung dergestalt beeinflusse, dass die metrische Festlegung der Tiefenbegrenzung kleiner ausfalle, als bei einer ausschließlichen Berücksichtigung von „Randlagengrundstücken“. Sinke aber die metrische Festlegung der Tiefenbegrenzung, so steige bei dieser Sachlage die Anzahl der Grundstücke im zentralen Innenbereich bedenklich, die von der Tiefenbegrenzungsregelung profitierten.

13

Etwas anderes ergebe sich auch dann nicht, wenn man den vorstehenden Ausführungen nicht folge und von einer methodisch fehlerfreien Ermittlung der Bebauungstiefe in den einzelnen Messreihen ausginge. Denn in diesem Fall habe der Beklagte die vorliegenden Messergebnisse nicht ermessensfehlerfrei gewichtet. Bei der Festlegung der Tiefenbegrenzung habe eine wertende Betrachtung zu erfolgen. Der Beklagte habe vorliegend die ortspezifische Grundstückstiefe anhand von 14 repräsentativen Messreihen ermittelt und – unter zusätzlicher Berücksichtigung einer Tiefe der bauakzessorischen Nutzung von 15 m – die Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m festgelegt, d.h. er sei grundsätzlich von einer üblichen Bebauungstiefe in seinem Verbandsgebiet von 35 m ausgegangen. Soweit dem die Überlegung zugrunde liege, die durchschnittliche Bebauungstiefe aller untersuchten Grundstücke betrage 31,59 m, sei dies fehlerhaft. Denn eine Durchschnittsbildung sei mit der erforderlichen Gewichtung nicht zu vereinbaren, weil in den Durchschnittswert regelmäßig auch „Ausreißer“, also Grundstücke mit einer außergewöhnlich großen bzw. geringen Bebauungstiefe einfließen würden, die gerade nicht die „übliche“ Bebauungstiefe widerspiegelten. Zur Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe könne entgegen der Beschlussvorlage vom 11. August 2011 auch nicht darauf abgestellt werden, dass 70,09 % aller Grundstücke im Verbandsgebiet bis zu einer Tiefe von 35 m bebaut worden seien. Denn die reine Addition der Vom-Hundert-Sätze der Bebauungstiefen der ermittelten Messreihen gebe regelmäßig keine Auskunft darüber, welche Messreihen eine hinreichend große Gruppe von Grundstücken abbildeten, die eine in etwa gleiche Bebauungstiefe aufwiesen. Die Kammer verkenne nicht, dass die Bewertung der Messreihen im Ermessen des Beklagten stehe, und wolle dieses Ermessen nicht selbst ausüben. Es sei aber kein plausibler Grund für die vom Beklagten vorgenommene Bewertung erkennbar: Entweder man stütze sich auf die Messreihen mit den „zweistelligen“ Vom-Hundert-Sätzen (Messreihen 2 bis 5), dann sei eine Bebauungstiefe von bis zu 30 m ortsüblich, was unter Berücksichtigung der vom Beklagten festgestellten Tiefe der bauakzessorischen Nutzung (15 m) eine Tiefenbegrenzung von 45 m rechtfertigen würde. Oder aber man ziehe den Kreis der berücksichtigungsfähigen Messreihen weiter und berücksichtige zusätzlich die zahlenmäßig etwa gleichstarken Messreihen 6 (31 bis 35 m) und 7 (36 bis 40 m), die 8,93 % bzw. 9,69 % aller Grundstücke beträfen. Dann läge die ortsübliche Bebauungstiefe bei 40 m, was unter Berücksichtigung der Tiefe der bauakzessorischen Nutzung eine Tiefenbegrenzung von 55 m rechtfertigen würde. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil die Berufung wegen grundsätzliche Bedeutung der Rechtsache zugelassen.

14

Das Urteil ist dem Beklagten am 30. September 2011 zugestellt worden. Am 21. Oktober 2011 hat er Berufung eingelegt.

15

Der Beklagte trägt im Wesentlichen vor,

16

bei der in Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B c) Wasserabgabensatzung normierten Tiefenbegrenzungsregelung handele es sich um eine sog. „undifferenzierte“ Tiefenbegrenzungsregelung, die sämtliche Grundstücke im unbeplanten Innenbereich, unabhängig von ihrer Qualität als „Randlagengrundstück“ im Übergangsbereich zwischen Innen- und Außenbereich, betreffe. Das Verwaltungsgericht sei offensichtlich der Auffassung, dass die Tiefenbegrenzungslinie dort zu ziehen sei, wo sich die Bebauung im Sinne einer signifikanten Häufigkeit konzentriere. Diese Erwägung überzeuge nicht. Der Ausgangspunkt des Verwaltungsgerichts, auch bei der undifferenzierten Tiefenbegrenzung käme es ausschließlich darauf an, festzustellen, wann der Innenbereich in den Außenbereich übergehe, sei unzutreffend. Der Unterschied zwischen der „undifferenzierten“ und der sog. „qualifizierten“ Tiefenbegrenzung liege gerade darin, dass von der undifferenzierten Tiefenbegrenzung auch die Grundstücke betroffen seien, die sich vollständig im Innenbereich befinden. Würde man der Auffassung des Verwaltungsgerichts folgen und annehmen, dass es auch bei der „undifferenzierten“ Tiefenbegrenzung ausschließlich um die typisierte Abgrenzung von Innen- und Außenbereich gehe, würden alle Grundstücke, die von der Tiefenbegrenzung betroffen seien, „Randlagengrundstücke“ sein, mit der Folge, dass es einen Unterschied zwischen qualifizierter und undifferenzierten Tiefenbegrenzung nicht gebe. Bei der undifferenzierten Tiefenbegrenzung sei daher nicht die Frage zu beantworten, wann der Innenbereich in den Außenbereich übergehe, sondern wie sich die ortstypische bauliche Ausnutzbarkeit der Grundstücke am Maßstab der Kriterien des § 34 Abs. 1 BauGB darstelle. Der Beklagte stütze sich dabei auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 01. September 2004 – 9 C 15.03 –, wonach maßgeblich gerade auf die bauliche Ausnutzbarkeit unter Berücksichtigung der Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 BauGB abgestellt werde. Folgerichtig gehe es bei der „undifferenzierten“ Tiefenbegrenzungsregelung auch darum zu erkennen, dass der Erschließungsvorteil, dessen Umfang von der zulässigen baulichen Nutzung (Ausnutzbarkeit) abhänge, bei übergroßen Grundstücken im Innenbereich regelmäßig nicht größer sei, als bei den durchschnittlich tiefen Grundstücken eines Abrechnungsgebietes. Hinsichtlich dieses Kriteriums besäßen aber auch die zentral gelegenen Innenbereichsgrundstücke, auch soweit sie vollständig dem Innenbereich zuzuordnen seien, durchaus Aussagepotenzial hinsichtlich der typischen baulichen Ausnutzbarkeit von Innenbereichsgrundstücken. Aber selbst wenn man dieser Auffassung nicht folge und mit dem Verwaltungsgericht der Auffassung sei, dass es auch bei der „undifferenzierten“ Tiefenbegrenzungsregelung um eine Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich gehe, erweise sich die Auffassung des Verwaltungsgerichts, man dürfe methodisch nur die „Randlagengrundstücke“ berücksichtigen, als unzutreffend. Die entsprechende Ermittlung der örtlichen Verhältnisse dürfte dann aber gerade auch dazu dienen, festzustellen, ab wann überhaupt von einem „Randlagengrundstück“ gesprochen werden könne. Wenn die Tiefenbegrenzungslinie den Übergang zwischen dem Innen- und Außenbereich markiere, dann stehe vor Feststellung der örtlichen Verhältnisse noch überhaupt nicht fest, bei welchen Grundstücken in einer Ortslage der Innenbereich in den Außenbereich übergehe. Ohne die erforderlichen Ermittlungen sei daher noch nicht bekannt, welche Grundstücke sogenannte „Randlagengrundstücke“ seien. Es sei schlechterdings nicht möglich, bei der Ermittlung der ortsüblichen Verhältnisse zur Festsetzung einer Tiefenbegrenzungslinie ausschließlich „Randlagengrundstücke“ zu berücksichtigen, weil die Randlage erst das Ergebnis der Ermittlungstätigkeit sei.

17

Soweit das Verwaltungsgericht meint, es sei unzulässig, die Tiefenbegrenzungslinie auf Grundlage eines ermittelten Durchschnittwertes der ortsüblichen Bebauung sowie durch eine Addition der Vom-Hundert-Sätze der Bebauungstiefe der ermittelten Messreihen festzusetzen, sei dies ebenfalls nicht überzeugend. Zunächst sei darauf hinzuweisen, dass der beklagte Zweckverband seine Entscheidung, die Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m unter Berücksichtigung einer bauakzessorischen Nutzung von 15 m anzunehmen, nicht alleine auf die ermittelte durchschnittliche Bebauungstiefe gestützt habe. Vielmehr habe die durchschnittliche Bebauungstiefe dazu gedient, festzustellen, ob sich die Abweichungen beiderseits der beabsichtigten Tiefenbegrenzungslinie in etwa die Waage hielten, d.h. also, ob die Anzahl der Grundstücke, bei denen die bauliche Ausnutzbarkeit diesseits der Tiefenbegrenzungslinie ende, der Anzahl der Grundstücke in etwa entspreche, bei denen die bauliche Ausnutzbarkeit jenseits der Tiefenbegrenzungslinie ende. Für diese Ausgewogenheit habe die durchschnittliche Bebauungstiefe Aussagekraft. Immerhin habe auch das Bundesverwaltungsgericht in der bereits erwähnten Entscheidung hinsichtlich der Ermittlung der Tiefenbegrenzungslinie maßgeblich darauf abgestellt, dass bei Innenbereichsgrundstücken die bauliche Ausnutzbarkeit regelmäßig nicht größer sei als bei den „durchschnittlich“ tiefen Grundstücke eines Abrechnungsgebietes. Um festzustellen, ab wann eine bauliche Nutzbarkeit der betroffenen Grundstücke typischerweise nicht mehr gegeben sei, sei es zudem erforderlich gewesen, gewissermaßen von unten kommend, sämtliche Vom-Hundert-Sätze der Bebauungstiefen zu summieren, und so festzustellen, ab wann eine Bebauung nur noch ausnahmsweise stattfinde. Zur Vorteilsgerechtigkeit gehöre, ausreichend Flächen heranzuziehen, um den Beitragssatz möglichst gering zu halten. Vor diesem Hintergrund halte es der Beklagte eben gerade nicht für vorteilsgerecht, beispielsweise die Tiefenbegrenzungslinie im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung der bauakzessorischen Nutzung bei 45 m zu ziehen, weil hier immerhin noch bei 40 % der untersuchten Fälle eine Bebauung jenseits der Tiefenbegrenzungslinie ende. Ein Verhältnis von 60 zu 40 stelle noch kein Regel-Ausnahme-Verhältnis dar. Demgegenüber erfasse die Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m unter Berücksichtigung der bauakzessorischen Nutzung 70,09 % der untersuchten Grundstücke mit der Folge, dass lediglich bei 30 % der untersuchten Fälle die bauliche Nutzbarkeit jenseits der Tiefenbegrenzungslinie ende. Hierin habe der beklagte Zweckverband unter Ausnutzung des ihm zustehenden weiten Ermessens angenommen, dass an dieser Stelle ein Regel-Ausnahmeverhältnis durchaus angemessen sei und angenommen werden könne. Darin liege auch der sachliche Grund, die Tiefenbegrenzungslinie bei der Messreihe 6 zu ziehen.

18

Der Beklagte beantragt,

19

die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 01. Dezember 2008, Az. 1620006, in Gestalt des Änderungsbescheides vom 22. Juli 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2010 unter Aufhebung des Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 07. September 2011, Az. 3 A 402/10, abzuweisen.

20

Die Klägerin beantragt,

21

die Berufung zurückzuweisen.

22

Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei im Ergebnis richtig. Selbst bei ermessenfehlerfreier Festsetzung der Tiefenbegrenzungsregelung und damit wirksamer Satzungsgrundlage hätte es der Klage stattgeben müssen, da auch dann die streitgegenständlichen Bescheide in dem angefochtenen Umfang rechtswidrig gewesen wären. In Anwendung der Tiefenbegrenzungsregelung habe die Klägerin aufgrund der nur teilweisen Anfechtung des Beitragsbescheides den Beitrag bereits vollständig entrichtet. Darüber hinaus bestehe keine Beitragspflicht der Klägerin. Hätte der Beklagte auch die Grundstücksfläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksgrenze und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen zur Beitragspflicht unterwerfen wollen, hätte es hierzu einer entsprechenden Satzungsregelung bedurft, wie sie in zahlreichen anderen Beitragssatzungen und der Mustersatzung des Städte- und Gemeindetages M-V e.V. und des Innenministeriums M-V zu finden sei.

23

Das Verfahren ist in der mündlichen Verhandlung mit dem Verfahren Az. 1 L 27/09 zur gemeinsamen Verhandlung verbunden worden.

24

Für die weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung, die Verfahrensakten samt der zu diesen gereichten Behördenakten und auf die beigezogenen Akten des Verfahrens Az. 1 M 91/09 (VG Greifswald Az. 3 B 249/09) nebst Behördenakten, die jeweils zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe

25

Die zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg.

26

Die zulässige Anfechtungsklage der Klägerin ist unbegründet; das verwaltungsgerichtliche Urteil war entsprechend abzuändern und die Klage abzuweisen.

27

Der angefochtene Anschlussbeitragsbescheid des Beklagten vom 01. Dezember 2008 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 22. Juli 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin folglich nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er kann auf eine wirksame Rechtsgrundlage gestützt werden (1.); auch die Rechtsanwendung ist nicht zu beanstanden (2.).

28

1. Der angefochtene Bescheid ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht mangels wirksamer, gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KG M-V aber erforderlicher Rechtsgrundlage rechtwidrig. Die am 10. August 2011 beschlossene, am 17. August 2011 ausgefertigte und nach ihrem § 24 Satz 1 rückwirkend zum 01. Januar 2008 in Kraft getretene Satzung des Wasserzweckverbandes Strelitz über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Wasserversorgung (Wasserabgabensatzung – WAgS) ist wirksam und damit Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides.

29

Die in Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B c) Wasserabgabensatzung geregelte Tiefenbegrenzung von 50 m verstößt entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts nicht gegen § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG bzw. das darin normierte Vorteilsprinzip.

30

Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B. c) WAgS bestimmt:

31

Als Grundstücksfläche gilt: bei Grundstücken, für die kein Bebauungsplan besteht und die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles liegen (§ 34 BauGB), die Gesamtfläche des Grundstücks, höchstens jedoch die Fläche zwischen der jeweiligen Straßengrenze und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen; bei Grundstücken, die nicht an eine Straße angrenzen oder nur durch einen zum Grundstück gehörenden Weg mit einer Straße verbunden sind, die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen. Im Falle eines Eckgrundstückes ist die Tiefenbegrenzungsregelung in jede Richtung der vorhandenen Anbaustraßen aus zu ziehen.

32

Die in der Vorschrift enthaltene Festlegung der Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m ist nicht zu beanstanden.

33

Eine Tiefenbegrenzung ist im Anschlussbeitragsrecht grundsätzlich zulässig. Die Tiefenbegrenzung ist eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung, dass der diesseits der Begrenzungslinie liegende Teil des Grundstücks Bauland ist. Die damit verbundene und im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen allgemein als zulässig angesehene Pauschalierung wirkt sich in Einzelfällen mehr oder weniger zu Lasten einzelner Beitragspflichtiger aus. Eine Tiefenbegrenzung findet gerade im Anschlussbeitragsrecht ihre Rechtfertigung darin, dass im Rahmen der Beitragskalkulation die Ermittlung der Gesamtbeitragsfläche erforderlich ist, die auf metrische Festlegungen angewiesen ist. Dadurch gewinnt der Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität und -vereinfachung besondere Bedeutung. Ohne Tiefenbegrenzung müsste gegebenenfalls eine exakte Einzelfallbewertung sämtlicher der Beitragspflicht unterliegender unbeplanten Grundstücke trotz verbleibender Unsicherheiten in der Abgrenzung des Innenbereichs angestellt werden. Die Gesichtspunkte der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität stehen im Spannungsfeld mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Vorteilsprinzip (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V). Danach sind die Beiträge nach den Vorteilen zu bemessen. Die Vorteile bestehen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V in der Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung, für die die Beiträge erhoben werden. Da eine exakte Bemessung der Vorteile in der Praxis mit einem nicht akzeptablen Aufwand verbunden wäre, sind Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe anerkannt, insbesondere ist es zulässig, Vorteile nach einem – wie in Anlage 1 1. A Abs. 1 WAgS geregelten – kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstab zu bemessen. Nach diesem Maßstab ist die Größe der bevorteilten Fläche des Grundstückes ein wesentlicher Faktor zur Errechnung des auf das Grundstück entfallenden Beitrages. Je größer die Fläche des Grundstückes bzw. bei Grundstücken im Übergangsbereich vom Innen- zum Außenbereich der im Innenbereich liegende (bebaubare) Teil des Grundstückes ist, desto größer ist im Prinzip der zu leistende Beitrag. Dieser Zusammenhang ist bei der Normierung einer Tiefenbegrenzung zu beachten. Denn läge bei exakter Betrachtung des einzelnen Grundstückes die Grenze des baurechtlichen Innenbereiches (§ 34 Abs. 1 BauGB) vor (straßenseits) der Tiefenbegrenzungslinie, so würde der Eigentümer des Grundstückes – aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität grundsätzlich zulässigerweise – höher belastet als es ohne eine Tiefenbegrenzungsregelung der Fall wäre. Gleichermaßen würde derjenige Grundstückseigentümer, dessen Grundstück ohne die Vermutung der Tiefenbegrenzung erst jenseits der Tiefenlinie in den Außenbereich überginge, besser gestellt als ohne Geltung der Tiefenbegrenzungslinie.

34

Die Bestimmung einer Tiefenbegrenzungslinie hat sich daher zur Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der Innen- von den Außenbereichsflächen im Geltungsbereich der Tiefenbegrenzung auszurichten. Ein sachgerechter Anhaltspunkt dafür, dass eine bauliche Nutzung über eine bestimmte Tiefe hinaus in der Regel nicht stattfindet, stellt – wenn eine solche ermittelbar ist – die ortsübliche Tiefe der baulichen Nutzung dar. Es ist darauf abzustellen, ob sich die gewählte Tiefenlinie als ortsangemessen darstellt bzw. den örtlichen Verhältnissen entspricht. Dies stimmt mit den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts im Erschließungsbeitragsrecht an die satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung überein. Danach muss die gewählte Tiefenbegrenzung die typischen örtlichen Verhältnisse tatsächlich widerspiegeln und sich an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientieren (BVerwG, 01.09.2004 – 9 C 15.03 –, BVerwGE 121, 365, 369). Für die Festsetzung der an diesen Verhältnissen zu orientierenden Tiefenbegrenzung steht dem Ortsgesetzgeber ein normgeberisches Ermessen zu. Um dieses Ermessen ordnungsgemäß ausüben zu können, muss er vor Beschlussfassung über die Satzung und Festlegung der Tiefenbegrenzung die örtlichen Verhältnisse sorgfältig und willkürfrei in allen Bereichen des Verbandsgebietes ermitteln. Die Ergebnisse dieser Ermittlung sollen als Nachweis für die Kalkulation dokumentiert werden. Das Gericht hat die Ermessensausübung durch den Satzungsgeber nur auf deren Übereinstimmung mit den gesetzlichen Erfordernissen zu überprüfen, darf jedoch keine eigene Entscheidung an die Stelle der zu überprüfenden Ermessensentscheidung setzen.

35

Bei der Ermittlung der örtlichen Verhältnisse ist eine Begrenzung auf repräsentativ ausgewählten Ortslagen zulässig. Müsste der Ortsgesetzgeber die tatsächlichen Bebauungstiefen in allen Ortslagen des Verbandsgebietes untersuchen, verlöre die Tiefenbegrenzung als Instrument zur Verwaltungsvereinfachung ihre Berechtigung, denn dann würden die Grundstücksdaten, die aufgrund der Tiefenbegrenzungsregel nicht sollen erhoben werden müssen, schon für die Bildung der Regel benötigt. Auf welche Weise der Satzungsgeber die ortsüblichen Verhältnisse zu ermitteln hat, ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Auch dies liegt in seinem Ermessen. Ortsüblich ist die Bebauungstiefe, die im zu betrachtenden Gebiet üblich i. S. v. normal, geläufig, verbreitet oder in der Mehrzahl der ermittelten Fälle anzutreffen ist. Die Begriffe "ortsüblich" und "orientieren" bringen mit der ihnen inbegriffenen Unschärfe zum Ausdruck, dass es nicht um die Ermittlung einer exakt zu berechnenden Größe geht, von der nur zu bestimmten Prozentanteilen abgewichen werden darf. Das Erfordernis der Üblichkeit einer Bebauungstiefe setzt vielmehr schon voraus, dass es daneben eine nicht nur geringe Anzahl von Grundstücken mit im Gebiet nicht üblichen Bebauungstiefen geben muss, die nicht dem mit normal, geläufig oder verbreitet zu bezeichnenden Maß entsprechen muss. Aus all dem folgt, dass für die Annahme der Ortsüblichkeit ausreichend eine zahlenmäßig hinreichend große Gruppe von Grundstücken ist, die in etwa die gleichen Bebauungstiefen aufweisen, so dass von einer üblichen Tiefe gesprochen werden kann. Der Bebauungszusammenhang nach § 34 Abs. 1 BauGB muss nicht unbedingt mit der Außenwand der letzten Baulichkeit enden, sondern kann je nach den örtlichen Gegebenheiten etwa noch einen Hausgarten einschließen (bauakzessorische Nutzung); auch topographische Verhältnisse können dabei eine prägende Rolle spielen (vgl. zum Ganzen OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris; Urt. v. 12.10.2011 – 4 K 31/06 –, juris; jeweils m. w. N.).

36

Nach Maßgabe dieses Maßstabes liegt der streitgegenständlichen Tiefenbegrenzungsregelung weder eine methodisch fehlerhafte Ermittlung der üblichen Bebauungstiefe bzw. der diesbezüglichen örtlichen Verhältnisse im Gebiet des Zweckverbandes zugrunde (a) noch hat das satzungsgebende Organ des Wasserzweckverbandes die betreffenden Ermittlungsergebnisse bei seiner Festlegung im Übrigen ermessensfehlerhaft bewertet und gewichtet (b).

37

a) Das Verwaltungsgericht meint, es sei methodisch fehlerhaft gewesen, dass der Wasserzweckverband Strelitz zur Ermittlung der ortspezifischen Bebauungstiefe sowohl „zentrale Innenbereichsgrundstücke“ als auch „Randlagengrundstücke“ berücksichtigt habe. Dies sei zu beanstanden, weil es der Funktion der Tiefenbegrenzung – der Abgrenzung von Innen- und Außenbereichsflächen – widerspreche. Daher könnten auch nur Randlagengrundstücke für die Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe herangezogen werden, denn nur diese zeichneten sich dadurch aus, dass sie vom Innenbereich in den Außenbereich übergingen. Diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichts vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

38

aa) Das Verwaltungsgericht führt zunächst (S. 5 des Urteils) aus, der Anwendungsbereich der Regelung in Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B. c) WAgS beschränke sich nicht auf Grundstücke, die mit ihrer vorderen, straßennahen Teilfläche im unbeplanten Innenbereich i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB und mit ihrer rückwärtigen Teilfläche im Außenbereich lägen („Randlagengrundstücke“), vielmehr seien „auch“ solche Grundstücke erfasst, die vollständig, d.h. auch mit ihren rückwärtigen Teilflächen, im unbeplanten Innenbereich lägen ( „zentrale Innenbereichsgrundstücke“). Von diesem grundsätzlichen Normverständnis ausgehend entwickelt es dann seinen Rechtsstandpunkt, nur die von ihm so bezeichneten Randlagengrundstücke dürften in die Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe einbezogen werden.

39

Diesem Rechtsstandpunkt scheint damit eine grundlegende Fehldeutung des Regelungsgehalts der Bestimmung in Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B. c) WAgS zugrunde zu liegen: Anlage 1 Ziff. 1.3 B. c) WAgS findet nicht „auch“, sondern nach seinem klaren Wortlaut („Grundstücken, … die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles liegen“) entweder nur oder jedenfalls vor allem auf solche Grundstücke Anwendung, die vollständig, d.h. auch mit ihren rückwärtigen Teilflächen, „innerhalb“ des unbeplanten Innenbereichs liegen, daneben allenfalls „auch“ auf Grundstücke, die mit ihrer vorderen Teilfläche im unbeplanten Innenbereich und mit ihrer rückwärtigen Teilfläche im Außenbereich lägen („Randlagengrundstücke“). Das Verwaltungsgericht hat demzufolge in seinem grundsätzlichen Normverständnis den Regelungsgehalt der Bestimmung gewissermaßen in sein Gegenteil verkehrt. Seine methodische Kritik, es könnten nur „Randlagengrundstücke“ für die Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe herangezogen werden, denn nur diese zeichneten sich dadurch aus, dass sie vom Innen- in den Außenbereich übergingen, verliert den Regelungsgehalt von Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B. c) WAgS aus den Augen. Bei zutreffendem Verständnis der Norm betrachtet der Senat daher die Annahme, obwohl sie sich zumindest in erster Linie auf vollständig im Innenbereich belegene Grundstücke bezieht, dürften gerade diese Grundstücke für die Ermittlung der für sie vorgesehenen Tiefenbegrenzungsregelung nicht berücksichtigt werden, als unschlüssig.

40

Bleibt man im Übrigen eng am Wortlaut („Grundstücke, … die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles liegen“), folgt daraus ohne Weiteres, dass es definitionsgemäß nach Maßgabe von Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B. c) WAgS keine „Randlagengrundstücke“ und/oder „zentrale Innenbereichsgrundstücke“ geben kann, sondern eben ausschließlich nur innerhalb des Innenbereichs liegende Grundstücke, auf die die Tiefenbegrenzungsregelung Anwendung findet. Entsprechende Regelungen waren ohne Beanstandung insoweit bereits Gegenstand von Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts (vgl. etwa Beschl. v. 03.05.2005 – 1 L 268/03 – und Urt. v. 13.11.2001 – 4 K 16/00 – sowie v. 12.10.2011 – 4 K 31/06 –). Auch dort beschäftigte sich insbesondere der 4. Senat mit den „insgesamt im Innenbereich gelegenen Grundstücken“.

41

bb) Die Erwägungen des Verwaltungsgerichts stehen im Widerspruch zur Senatsrechtsprechung und zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 03. Mai 2005 – 1 L 268/03 – darauf hingewiesen, dass eine satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung, die die typischen örtlichen Verhältnisse tatsächlich widerspiegele, auch auf „zentrale“ Grundstücke des unbeplanten Innenbereichs anwendbar sei. Der Senat hat sich dabei auf die erschließungsbeitragsrechtliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 01.09.2004 – 9 C 15.03 –, BVerwGE 121, 365 – zitiert nach juris) bezogen, wonach es keinen tragfähigen Grund gebe, die entwickelten Grundsätze für eine Tiefenbegrenzung auf einen wie auch immer gearteten „Randbereich“ des unbeplanten Innenbereichs im Übergang zum Außenbereich zu beschränken oder – im Gegenteil – auf diesen Randbereich für unanwendbar zu halten. Wegen entsprechender örtlicher Verhältnisse könne danach die Anwendbarkeit einer satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung auch auf „zentrale“ Grundstücke mit § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB in Einklang stehen. Dann ist es grundsätzlich nicht gerechtfertigt, die „zentralen“ Grundstücke bei der Ermittlung der örtlichen Verhältnisse „außen vor zu lassen“.

42

cc) Mit der in Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B. c) WAgS geregelten Tiefenbegrenzung soll nach dem zutreffenden Vortrag des Beklagten in erster Linie die Frage beantwortet werden, wie sich die ortsübliche bauliche Ausnutzbarkeit der Grundstücke am Maßstab der Kriterien des § 34 Abs. 1 BauGB darstellt bzw. ab welcher Linie typischerweise „übertiefe“ Grundstücke in ihrem hinteren Teil weder bebaut noch bauakzessorisch genutzt werden können; daneben mag es in Innenbereichsrandlagen auch um die Klärung gehen, ab wo der Innenbereich in den Außenbereich übergeht. Bezogen auf die Frage des beitragsrechtlichen Vorteils können nicht baulich nutzbare – jenseits der ortsüblichen Bebauungstiefe bzw. der hierauf gegründeten Tiefenbegrenzungslinie liegende – Teilflächen „übertiefer“, vollständig im Innenbereich liegender Grundstücke den Außenbereichsteilflächen „übertiefer“ Grundstücke, die vom Innen- in den Außenbereich übergehen, gleichstehen. Entsprechend hat das Oberverwaltungsgericht in den vorstehend in Bezug genommenen Entscheidungen formuliert, die Tiefenbegrenzung sei eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung, dass der diesseits der Begrenzungslinie liegende Teil des Grundstücks „Bauland“ ist und jenseits eine bauliche Nutzung nicht mehr stattfinde, damit also das Kriterium der baulichen Nutzbarkeit unterstrichen. Wenn eine satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung die typischen örtlichen Verhältnisse tatsächlich widerspiegelt, verstößt es folglich nicht gegen den aus Art. 3 Abs. 1 GG herzuleitenden Grundsatz der Abgabengerechtigkeit und das in § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V normierte Vorteilsprinzip, bei vollständig im unbeplanten Innenbereich liegenden Grundstücken den die Tiefengrenze überschreitenden Grundstücksteilen, soweit sie nicht tatsächlich baulich oder gewerblich genutzt werden (können), keinen beitragsrechtlichen Vorteil beizumessen (vgl. BVerwG, Urt. v. 01.09.2004 – 9 C 15.03 –, a. a. O.). Insoweit sind die zentral gelegenen Innenbereichsgrundstücke, auch soweit sie vollständig dem Innenbereich zuzuordnen sind, bei der Ermittlung der ortsüblichen bzw. typischen baulichen Ausnutzbarkeit von Innenbereichsgrundstücken heranzuziehen.

43

dd) Vor Feststellung der örtlichen Verhältnisse steht zudem überhaupt noch nicht fest, bei welchen Grundstücken in einer Ortslage im Gebiet des Wasserzweckverbandes der Innenbereich in den Außenbereich überginge. Die Tiefenbegrenzungslinie soll in der Sichtweise des Verwaltungsgerichts gerade erst „vertypt“ die Grenze bestimmen, ab der dies der Fall wäre. Die „Randlage“ wird jedenfalls bei den betreffenden Grundstücken erst durch Ermittlung der ortsüblichen bzw. typischen Bebauungstiefe konkretisiert. Der Beklagte weist insoweit zutreffend darauf hin, dass es schlechterdings nicht möglich sei, bei der Ermittlung der ortsüblichen Verhältnisse zur Festlegung einer Tiefenbegrenzungslinie ausschließlich Randlagengrundstücke zu berücksichtigen, weil die Randlage der Grundstücke im konkreten Einzelfall erst das Ergebnis der Ermittlungstätigkeit sei. Wollte das Verwaltungsgericht verlangen, unabhängig von einer Tiefenbegrenzungslinie sei im Vorfeld der eigentlichen Ermittlung derselben zunächst für jedes einzelne Grundstück eine Differenzierung nach zentralen Innenbereichs- und Randlagengrundstücken zu fordern, um dann anschließend nur unter Berücksichtigung der letzteren die tatsächlichen Grundlagen zu ermitteln und die Tiefenbegrenzungslinie festzulegen, ginge im Übrigen jeder Vereinfachungsvorteil derselben verloren.

44

ee) Wenn das Verwaltungsgericht meint, die Berücksichtigung von zentralen Innenbereichsgrundstücken begründe bei der Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe die „Gefahr“ einer unrealistischen Abbildung der tatsächlich bestehenden Außenbereichsgrenzen, verkennt dies den skizzierten Regelungsgehalt der konkret in Rede stehenden Tiefenbegrenzungsregelung und erscheint dies zudem spekulativ. Eine „Gefahr“ einer unrealistischen Abbildung der tatsächlich bestehenden Außenbereichsgrenzen ist noch keine Feststellung einer solchen und vermag daher die gerichtliche Verwerfung einer satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzungsfestlegung nicht zu tragen. Auch der weitere Hinweis darauf, dass im Gebiet des Wasserzweckverbandes Strelitz drei Kleinstädte lägen und angesichts der dort vorhandenen „eher“ kleinteiligen Bebauungsstruktur die Berücksichtigung zentraler Innenbereichsgrundstücke die Folge habe, dass die Zahl der „eher“ weniger tief bebauten Grundstücke zunehme und damit das Gesamtergebnis der Untersuchung dergestalt beeinflusse, dass die metrische Festlegung der Tiefenbegrenzung kleiner ausfalle als bei einer ausschließlichen Berücksichtigung von Randlagengrundstücken, liegt zum einen mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen neben der Sache und lässt zum anderen bereits eine hinreichende Tatsachenbasis und eine hinreichend konkrete Betrachtung der Verhältnisse im Verbandsgebiet bzw. der vorliegenden Ermittlungsergebnisse vermissen. Hierzu bestünde für die Gerichte im Übrigen grundsätzlich auch nur dann Anlass, wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen oder geltend gemacht werden, die unter diesem Blickwinkel zur Annahme einer fehlerhaft zusammengestellten Tatsachenbasis für die Ermessensentscheidung führen könnten.

45

b) Der Wasserzweckverband hat – entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts – die Ergebnisse seiner Ermittlung der ortsüblichen Verhältnisse bei seiner Festlegung der Tiefenbegrenzung auf 50 m im Übrigen ermessensfehlerfrei bewertet und gewichtet.

46

Er ist bei der Festlegung der Tiefenbegrenzung auf 50 m wie folgt vorgegangen: Er hat ein Referenz-/Untersuchungsgebiet mit 964 km² Fläche der ländlich geprägten Gesamtverbandsgröße von 984 km² zugrunde gelegt. Ausgewertet wurden insgesamt 5.038 Grundstücke im unbeplanten Innenbereich in drei von drei Kleinstädten sowie 86 von 103 Dörfern. Komplett erfasst wurden 17 von 18 Gemeinden und sechs Ortslagen der Gemeinde Feldberger Seenlandschaft. Hieraus resultiert die Übersicht „Ermittlung der Tiefenbegrenzungslinie / Zusammenfassung Bebauungstiefe im unbeplanten Innenbereich“, die die Zahl der Grundstücke mit einer bestimmten Bebauungstiefe, gestaffelt in 5 m-Schritten, darstellt. Die ermittelte Bebauungstiefe stellt dabei auf das Ende der tatsächlichen Bebauung ab. Die durchschnittliche Bebauungstiefe wurde mit 31,58 m ermittelt. Unter Einbeziehung einer bauakzessorischen Nutzung von 15 m wurde die Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m festgelegt; dabei wurden insgesamt 70,09 % der Grundstücke in dem Sinne erfasst, dass ihre bauliche Nutzung bis an diese Grenze endet. In der Begründung der Beschlussvorlage VB/15/11 ist ausgeführt, dass neben der Bebauungstiefe die sogenannte bauakzessorische Nutzung (Garten, Terrasse, etc.) untersucht und im Verbandsgebiet mit 15 m als ortsüblich festgestellt worden sei. Weiter heißt es:

47

„Unter Berücksichtigung einer der größten Gruppen entsprechenden Bebauungstiefe bis 20 m ergäbe sich unter Berücksichtigung der bauakzessorischen Nutzung eine Tiefenbegrenzungslinie von 35 m. Bei dieser Tiefenbegrenzungslinie würden allerdings lediglich 34,16 % aller Grundstücke erfasst werden. Dies ist eine noch nicht hinreichend große Anzahl von Grundstücken, die unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Vorteilsgerechtigkeit noch eine aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität zulässige Typisierung durch eine Tiefenbegrenzungslinie ermöglichen würde.

48

Die Gruppe der Grundstücke, die unter Berücksichtigung der bauakzessorischen Nutzung des Grundstücks von 15 m eine bauliche Nutzung zwischen 45 und 50 Metern aufweist, beträgt 8,93 %. Zieht man unter Einbeziehung dieser Gruppe die Tiefenbegrenzungslinie bei 50 Metern, wären 70,09 % aller Grundstücke erfasst. Dies ist eine Zahl, die unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Vorteilsgerechtigkeit noch eine aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität zulässige Typisierung durch eine Tiefenbegrenzungslinie zulässt. Dafür spricht zudem die Tatsache, dass die durchschnittliche bauliche Nutzung der Grundstücke unter Berücksichtigung der bauakzessorischen Nutzung in dieser Gruppe liegt (46,58 %).“

49

Auf der Basis der Ermittlungen der Bebauungstiefe und der vorstehenden Erwägungen des Wasserzweckverbandes ist ein justitiabler Ermessensfehler bei der Festlegung der Tiefenbegrenzungslinie auf 50 m nicht feststellbar.

50

Wie bereits ausgeführt geht es bei der Frage der Ortsüblichkeit nicht um die Ermittlung einer exakt berechenbaren Größe. Da es zwangsläufig auch Grundstücke mit nicht üblichen Bebauungstiefen gibt, die also nicht dem mit normal, geläufig oder verbreitet zu bezeichnenden Maß entsprechen, kann für die Annahme der Ortsüblichkeit eine zahlenmäßig ausreichend große Gruppe von Grundstücken maßgeblich sein, die in etwa die gleichen Bebauungstiefen aufweisen.

51

Betrachtet man hiervon ausgehend und auf der Grundlage der Übersicht „Ermittlung der Tiefenbegrenzungslinie / Zusammenfassung Bebauungstiefe im unbeplanten Innenbereich“ einen Korridor der tatsächlichen Bebauungstiefe von 21 bis 50 m bzw. – nach Addition der ortsüblichen bauakzessorischen Nutzung – von 36 bis 65 m, also etwa 15 m unter- und oberhalb der normierten Tiefenbegrenzungslinie, lässt sich feststellen, dass mit diesem Korridor eine Gruppe von knapp 56 % aller Grundstücke erfasst ist. Es erscheint nicht ermessensfehlerhaft, wenn der Wasserzweckverband in diesem Bereich eine im vorstehenden Sinne zahlenmäßig ausreichend große Gruppe von Grundstücken, die in etwa die gleichen Bebauungstiefen aufweisen, verortet hat. Das gilt insbesondere mit Blick auf das ihm für die Festsetzung der Tiefenbegrenzung zustehende normgeberische und weit zu verstehende Ermessen.

52

Auch die Begründung der Beschlussvorlage benennt Kriterien, die entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts geeignet sind, die konkret bei 50 m festgelegte Tiefenbegrenzung ermessensfehlerfrei abzusichern. Insbesondere durfte der Wasserzweckverband auch die durchschnittliche Bebauungstiefe berücksichtigen, die er im Ergebnis seiner Untersuchungen festgestellt hat. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Berechnung einer solchen durchschnittlichen Bebauungstiefe – wie vorliegend mit 5.038 Grundstücken – eine hinreichend große Zahl von Grundstücken zugrunde liegt. Denn damit werden jedenfalls „Ausreißer“ weitgehend nivelliert. Dass die durchschnittliche Bebauungstiefe einen Bezug zur ortsüblichen Bebauungstiefe aufweist, ist aus Sicht des Senats offensichtlich: Je mehr Grundstücke in einem Bereich bebaut sind, der als ortsüblich qualifiziert werden kann, umso eher wird auch die durchschnittliche Bebauungstiefe in diesem Bereich liegen, jedenfalls dann, wenn eine hinreichend große Zahl von Grundstücken in die Betrachtung einbezogen wird. Nicht unplausibel ist auch der diesbezügliche Vortrag des Beklagten, die durchschnittliche Bebauungstiefe erlaube die Kontrolle, ob sich die Abweichungen beiderseits der beabsichtigten Tiefenbegrenzungslinie in etwa die Waage hielten, d.h. also, ob die Anzahl der Grundstücke, bei denen die bauliche Ausnutzbarkeit diesseits der Tiefenbegrenzungslinie ende, der Anzahl der Grundstücke in etwa entspreche, bei denen die bauliche Ausnutzbarkeit jenseits der Tiefenbegrenzungslinie ende. Für diese Ausgewogenheit habe die durchschnittliche Bebauungstiefe Aussagekraft. Die durchschnittliche Bebauungstiefe kennzeichne nämlich die Linie, bei der sich die Anzahl der Grundstücke, deren bauliche Ausnutzbarkeit diesseits der Tiefenbegrenzungslinie ende, mit der Anzahl der Grundstücke, deren bauliche Ausnutzbarkeit jenseits der Tiefenbegrenzungslinie ende, decke. Insoweit sei – zumindest als Kontrollüberlegung – eine Bezugnahme auf die durchschnittliche Bebauungstiefe durchaus zulässig. Schließlich hat auch der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 14. September 2010 – 4 K 12/07 – (juris, vgl. Rn. 83) den Gesichtspunkt der durchschnittlichen Bebauungstiefe im Kontext des Erfordernisses der Üblichkeit der Bebauungstiefe als relevant erwähnt.

53

Ebenfalls als nicht ermessensfehlerhaft erweist sich die Berücksichtigung des Umstandes, dass mit der Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m immerhin 70,09 % aller Grundstücke – in dem Sinne, dass dort ihre Bebauung spätestens endet – erfasst würden und dies eine Zahl sei, die unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Vorteilsgerechtigkeit noch eine aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität zulässige Typisierung durch eine Tiefenbegrenzungslinie zulasse. Auch dieser Aspekt ist im vorerwähnten Urteil des 4. Senats des Oberverwaltungsgerichts angesprochen worden. Er wird dem Umstand gerecht, dass aus einer ortsüblichen Bebauungstiefe als Basis der Festlegung der Tiefenbegrenzungslinie zugleich folgt, dass das Eingreifen der Tiefenbegrenzungsregelung nicht der Regelfall sein kann. Wäre dies anders, läge darin ein Anhaltspunkt dafür, dass die ortsübliche Bebauungstiefe nicht korrekt ermittelt worden ist. In diese Richtung zielt auch das Vorbringen des Beklagten, zur Vorteilsgerechtigkeit gehöre, ausreichend Flächen heranzuziehen, um den Beitragssatz möglichst gering zu halten. Vor diesem Hintergrund halte er es für vorteilsgerecht, wenn die Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m unter Berücksichtigung der bauakzessorischen Nutzung 70,09 % der untersuchten Grundstücke mit der Folge erfasse, dass lediglich bei 30 % der untersuchten Fälle die bauliche Nutzbarkeit jenseits der Tiefenbegrenzungslinie ende, und habe unter Ausnutzung des ihm zustehenden weiten Ermessens angenommen, dass an dieser Stelle ein Regel-Ausnahmeverhältnis durchaus angemessen sei und angenommen werden könne. Auch diese Erwägungen erscheinen jedenfalls nicht unplausibel.

54

Das Verwaltungsgericht kann seinerseits nicht überzeugend darlegen, warum die 50 m-Linie ermessensfehlerhaft sein soll. Ihm ist zuzugeben, dass die Tiefenbegrenzungslinie möglicherweise auch anders, z. B. bei 45 m hätte gezogen werden können. Selbst wenn man aber unterstellen wollte, dies wäre „richtiger“ gewesen, könnte dies nicht ohne weiteres damit gleichgesetzt werden, dass die 50 m-Linie vom Zweckverband ermessensfehlerhaft bzw. handgreiflich „falsch“ festgelegt worden wäre. Mit seinen Überlegungen zur Berücksichtigungsfähigkeit einzelner Messreihen beachtet das Verwaltungsgericht den diesbezüglich weiten Ermessensspielraum des Wasserzweckverbandes nicht im ausreichenden Maße.

55

2. Soweit die Klägerin weiter geltend macht, fehlerhaft sei auch die Ermittlung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche, liegt auch kein Rechtsanwendungsfehler vor.

56

Die Klägerin meint, es könne lediglich die Fläche herangezogen werden, die an die Straße angrenze. Der Beklagte gehe demgegenüber fehlerhaft von einer Grundstücksfläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksgrenze und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallele aus. Selbst bei Anwendung der Tiefenbegrenzung würde die Fläche nur 939,39 m² betragen, da sich die Parallele an dem Verlauf der Straße orientieren müsse, die an der Ecke zum Nachbarflurstück 45/5 abknicke.

57

Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Anwendung der Tiefenbegrenzungsregelung satzungskonform. Der Wortlaut der Bestimmung gemäß Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B. c) WAgS gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die berücksichtigungsfähige Fläche – auch – durch eine vom Endpunkt der Grundstücksstraßengrenze ausgehenden gedachten Senkrechten zur Straße zu begrenzen wäre. Der Wortlaut – „die Fläche zwischen der jeweiligen Straßengrenze und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen“ – führt vielmehr zwanglos auf das Normverständnis des Beklagten, die gesamte Grundstücksfläche zwischen diesen Parallelen zu berücksichtigen, auch wenn im rückwärtigen Bereich Flächen erfasst werden, die ihrerseits nicht mehr „auf der Höhe“ der Grundstücksgrenze bzw. zwischen den beiden Endpunkten der Grundstücksstraßengrenze lägen sich also das Grundstück im rückwärtigen Bereich verbreitert. Systematisch wird das Normverständnis des Beklagten auch dadurch gestützt, dass nach der Tiefenbegrenzungsregelung bei Grundstücken, die nur durch einen zum Grundstück gehörenden Weg mit einer Straße verbunden sind, die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen als Grundstücksfläche gilt. Auch dort ist offensichtlich die berücksichtigungsfähige Fläche nicht auf die Breite des betreffenden Weges beschränkt. Schließlich erschiene es vorteilswidrig, dergleichen rückwärtige Flächen unberücksichtigt zu lassen, wenn ihre bauliche Nutzung gerade ortsüblich ist. Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, der es rechtfertigen könnte, einen Unterschied zwischen der auf der einen und der auf der anderen Seite der gedachten Senkrechten liegenden Fläche zu machen. Die hilfsweise Argumentation der Klägerin, jedenfalls müsse sich die Parallele auf der gesamten Breite ihres Grundstücks am Verlauf der Straße orientieren, überzeugt ebenfalls nicht. Auch insoweit ist der Wortlaut der Bestimmung eindeutig, wonach die Parallele zur jeweiligen Straßengrenze zu ziehen ist. Die Parallele wird folglich nur zu der konkret vorhandenen Straßengrenze gezogen. Soweit das Grundstück der Klägerin im rückwärtigen Bereich über diese konkrete Grenze hinaus eine der Straße zugewandte Grundstücksseite aufweist, grenzt es gerade nicht an die Straße an. Die weitere Regelungsalternative der Tiefenbegrenzungsbestimmung – „bei Grundstücken, die nicht an eine Straße angrenzen“ – ist jedenfalls im Hinblick auf das Grundstück der Klägerin nicht einschlägig, ebenso wenig die Regelung für Eckgrundstücke. Soweit der Abwasserbeseitigungszweckverband Tollensesee möglicherweise einer gleichlautenden Bestimmung ein anderes Normverständnis zugrunde legt, ist dies vorliegend rechtlich nicht von Bedeutung.

58

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

59

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beurteilt sich nach § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

60

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tenor

Die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 14. Dezember 2006 in der Fassung der Zweiten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 23. Dezember 2009 wird für unwirksam erklärt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Dem Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller ist Eigentümer des mit einem eingeschossigen Wohnhaus bebauten Grundstücks A-Straße in A-Stadt (Gemarkung A-Stadt, Flur 1, Flurstück 48) mit einer Größe von 11.000 qm. Er ist für sein im Bereich des beklagten Verbandes liegendes Grundstück bisher nicht zu Anschlussbeiträgen herangezogen worden.

2

Die Verbandsversammlung des Antragsgegners beschloss am 4. Dezember 2006 die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz (TBS). Die Satzung wurde am 14. Dezember 2006 von der Verbandsvorsteherin ausgefertigt und am 6. Januar 2007 öffentlich bekanntgemacht. Am 5. November 2007 beschloss die Verbandsversammlung die Erste Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz. Diese Satzung wurde am 15. November 2007 ausgefertigt. Sie ändert die in § 4 d) TBS enthaltene Regelung über die Tiefenbegrenzung von im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich zum Außenbereich liegenden Grundstücken. Der dem Satzungsbeschluss zugrundeliegenden Vorlage (Nr. 09-1/2007) beigefügt war eine fünfseitige "Dokumentation der Ermessenserwägungen bezüglich Auswahl, Ermittlung und Festsetzung einer qualifizierten Tiefenbegrenzung von 50 Metern". Mit der am 21. Dezember 2009 beschlossenen und am 23. Dezember 2009 ausgefertigten Zweiten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung wurde § 5 TBS dahingehend geändert, dass der Beitragssatz je Quadratmeter bevorteilter Grundstücksfläche nicht mehr wie zuvor 6,- Euro einschließlich Umsatzsteuer, sondern nunmehr 5,04 Euro zuzüglich gesetzlich geltender Umsatzsteuer beträgt.

3

Der Antragsteller hat am 15. Juni 2007 einen Normenkontrollantrag gegen die Schmutzwasserbeitrags- und die Trinkwasserbeitragssatzung des Antragsgegners gestellt (4 K 10/07). Mit Beschluss vom 10. Juli 2007 hat der Senat das Verfahren gegen die Trinkwasserbeitragssatzung abgetrennt und unter dem vorliegenden Aktenzeichen weitergeführt.

4

Zur Begründung trägt der Antragsteller vor:

5

Die Kalkulation des in § 5 TBS bestimmten Beitragssatzes sei zu beanstanden. Der der Beitragsbemessung zugrundeliegende Zeitraum der Globalkalkulation sei nicht mit dem Zeitraum des Trinkwasserversorgungskonzeptes identisch. In der Kalkulation fänden sich unterschiedliche Abzugsbeträge über kostenlos übernommenes Vermögen. Nicht nur 14.267.518,75 €, sondern 16.283.771,09 € hätten in Abzug gebracht werden müssen. Es sei zu bezweifeln, dass die in der Kalkulation aufgeführten übernommenen Darlehen in dem einbezogenen Umfang der jeweiligen Einrichtung zuzurechnen seien. Unterlagen hierzu seien den Beitragsunterlagen nicht zu entnehmen. Auch der Umfang der Gesamtinvestitionen von 18.081.197,- € sei nicht nachvollziehbar. Es sei unklar, inwieweit es sich um Nettobeträge handele. Der Anlagespiegel sei nicht nachvollziehbar. Es gebe begründete Anhaltspunkte dafür, dass Aufwand für Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten in die Kalkulation einbezogen worden sei. Beispielhaft werde auf die Positionen 60721950022, 6072192002 und 0560110 hingewiesen. Fraglich sei, ob der Aufwand für früher hergestellte Hausanschlüsse zu Recht in die Beitragskalkulation eingestellt worden sei. Die zur Beschlussfassung vorgelegten Kalkulationsunterlagen enthielten unterschiedliche Aussagen zum Zeitraum der Globalkalkulation. Die korrekte Berechnung der beitragsfähigen Flächen werde bestritten. Den Vertretern in der Verbandsversammlung hätten zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 4. Dezember 2006 die Kalkulationsunterlagen nicht zur Kenntnis vorgelegen. Anderes könne weder der Ladung zur Verbandsversammlung noch den weiteren Unterlagen, insbesondere nicht dem Protokoll entnommen werden. Gleiches gelte für die Beschlussfassung über den geänderten Beitragssatz in der Verbandsversammlung vom 21. Dezember 2009. Der an diesem Tage beschlossenen Änderung (§ 5 TBS) hätte aufgrund verschiedener mittlerweile eingetretener Veränderungen auf der Flächenseite eine neue bzw. überarbeitete Kalkulation, die auch eine Überprüfung der Aufwandsseite erfordert hätte, zugrundegelegt werden müssen. Verschiedene Bestimmungen der Trinkwasserbeitragssatzung seien unwirksam. Den Kreis der Beitragsschuldner erstrecke § 6 Abs. 1 TBS im Widerspruch zu § 7 KAG auf "dinglich Berechtigte". Dies führe zur Unwirksamkeit der gesamten Beitragssatzung. Nach § 2 Abs. 1 TBS unterlägen auch Außenbereichsgrundstücke, die bebaut seien und nur angeschlossen werden könnten, ohne bereits angeschlossen zu sein, der Beitragspflicht. Im Außenbereich reiche aber die Bebauung des Grundstücks allein nicht aus, um die Beitragspflicht entstehen zu lassen. Die in § 4 Abs. 2 d) TBS normierte Tiefenbegrenzung von 50 m sei methodisch fehlerhaft ermittelt worden. Die durchschnittliche Bebauungstiefe beruhe auf einer fehlerhaften arithmetischen Mittelung der tatsächlichen Bebauung. Die Tiefenbegrenzung entspreche außerdem nicht den örtlichen Gegebenheiten. § 4 Abs. 2 d) TBS leide außerdem darunter, dass danach im Falle einer Zuwegung zum Grundstück die Grundstücksfläche beginnend vom Ende der Zuwegung bis zu einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen zu messen sei und die Zuwegung somit flächenmäßig unberücksichtigt bliebe. Nach § 4 Abs. 2 b) TBS würden die Grundstücke, die im Plangebiet liegen und in den Außenbereich übergehen, gegenüber vollständig im Außenbereich liegenden Grundstücken ungerechtfertigt bessergestellt. Nach § 4 Abs. 2 g) TBS komme auf privaten Grünflächen und Parkplätzen trotz bauakzessorischer Nutzung eine Beitragserhebung nicht in Betracht. Dies sei nicht vorteilsgerecht. § 4 Abs. 5 TBS sei gleichheitswidrig, weil danach für Bauten, die vor dem 30. April 1994 errichtet worden seien, keine konkrete Regelung zur Geschosshöhe bestehe. Eine derartige Unterscheidung zwischen vor und nach dem 30. April 1994 errichteten Bauten sei nur dann zulässig, wenn Altbauten auch mit geringerer Deckenhöhe als gemäß der Vollgeschossregelung für Neubauten generell weitgehender nutzbar wären. Das sei aber nicht der Fall. Insbesondere Dachgeschosse von Neubauten mit Dachschrägen könnten baurechtlich ebenfalls zu Wohn- und gewerblichen Zwecken genutzt werden, ohne dass sie beitragsrechtlich als Vollgeschosse zu werten seien. Abweichend von anderen Beitragssatzungen enthalte § 4 Abs. 5 TBS keinerlei Einschränkungen bezüglich der Anrechenbarkeit bei Dachschrägen und einer geringeren Geschosshöhe des Obergeschosses gegenüber dem Untergeschoss, die eine Ungleichbehandlung relativieren bzw. sachlich legitimieren. Ein sachlicher Grund für diese weitgehende Regelung zum Vollgeschossmaßstab bestehe nicht.

6

Der Antragsteller beantragt,

7

die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 14. Dezember 2006 in der Fassung der zweiten Änderungssatzung vom 23. Dezember 2009 für unwirksam zu erklären.

8

Der Antragsgegner beantragt,

9

den Antrag abzuweisen.

10

Er tritt den Einwänden des Antragstellers in allen Punkten entgegen. Insbesondere die in § 4 Abs. 2 d) TBS normierte Regelung über die Tiefenbegrenzung für sogenannte Übergangsgrundstücke sei nicht zu beanstanden. Die Festlegung der qualifizierten Tiefenbegrenzung von 50 Metern entspreche den tatsächlichen örtlichen Verhältnissen im Verbandsgebiet.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

12

Der nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, § 13 AGGerStrG statthafte Normenkontrollantrag ist zulässig (I.) und begründet (II.).

13

I. Der Antrag ist fristgerecht nach § 47 Abs. 2 Satz 1, § 195 Abs. 7 VwGO binnen eines Jahres nach Bekanntmachung der angegriffenen Trinkwasserbeitragssatzung bei Gericht eingegangen. Die Satzung ist in ihrer ursprünglichen Fassung am 6. Januar 2007 veröffentlicht worden. Der Normenkontrollantrag wurde am 15. Juni 2007 gestellt.

14

Änderungen oder Neuregelungen der angegriffenen Rechtsvorschrift setzen die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in Lauf, wenn mit ihnen eine neue oder zusätzliche Beschwer verbunden ist. Ein erneuter Fristenlauf beginnt dann, wenn sich aus der Neuregelung eine neue belastende Wirkung ergibt, z. B. durch das Zusammenwirken mit geänderten anderen Bestimmungen (vgl. OVG Bautzen, 20.08.2008 - 5 D 24/06 -, juris). Die mit der Ersten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung vom 15. November 2007 vorgenommene Änderung der Tiefenbegrenzungsregel nach § 4 Abs. 2 d) TBS hat im Wesentlichen der Klarstellung schon geltenden Satzungsrechts gedient, insbesondere verläuft die Tiefenbegrenzungslinie nach der neuen Regelung unverändert zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 Metern dazu verlaufenden Parallelen. Danach hat die Erste Satzungsänderung keinen neuen Fristlauf ausgelöst. Die geänderte Bestimmung ist vielmehr von dem gegen die im Januar 2007 veröffentlichte Ursprungssatzung gerichteten Normenkontrollantrag vom 15. Juni 2007 erfasst.

15

Soweit der Antrag nunmehr auch die Zweite Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung vom 23. Dezember 2009 und damit § 5 TBS mit dem jetzt geltenden Beitragssatz in Höhe von 5,04 € erfasst, liegt hierin eine in entsprechender Anwendung von § 91 VwGO zulässige Antragsänderung, insbesondere war die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach Bekanntmachung der Satzungsänderung noch nicht abgelaufen.

16

Der Antragsteller ist schließlich als noch nicht zu Trinkwasseranschlussbeiträgen herangezogener Eigentümer eines im Verbandsgebiet liegenden Grundstückes antragsbefugt i. S. v. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Er kann geltend machen, möglicherweise durch die angefochtene Trinkwasserbeitragssatzung in seinen Rechten verletzt zu werden, indem er auf ihrer Grundlage zu Beitragszahlungen durch - bei angenommener Unwirksamkeit der Satzung - rechtswidrige Beitragsbescheide verpflichtet wird.

17

Der Senat versteht den nicht ausdrücklich beschränkten Antrag des Antragstellers, die Trinkwasserbeitragssatzung für unwirksam zu erklären, in der Weise (§ 133 BGB), dass die Ordnungswidrigkeitenbestimmung des § 11 TBS nicht angegriffen ist. Regelungen des Ordnungswidrigkeitenrechtes unterfallen nicht dem Verwaltungsrechtsweg und können daher von vornherein nicht Gegenstand einer verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle sein (OVG Greifswald, 27.07.2005 - 4 K 4/03 -, KStZ 2006, 156, 157). Durch die Erklärung der Unwirksamkeit der übrigen Satzungsbestimmungen verliert auch die Regelung über die Ordnungswidrigkeiten ihren rechtlichen Gehalt.

18

II. Der Normenkontrollantrag ist begründet. Zwar greifen die Einwendungen des Antragstellers ganz überwiegend nicht durch (nachfolgend 1.). Die angefochtene Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 14. Dezember 2006 in der Fassung der Zweiten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung vom 23. Dezember 2009 war aber nach § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO insgesamt für unwirksam zu erklären, weil die Tiefenbegrenzungsregelung des § 4 Abs. 2 d) TBS gegen die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes (KAG) und den aus dem Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) folgenden Grundsatz der Abgabengerechtigkeit verstößt, daher unwirksam ist und die daraus folgende Satzungslücke zur Ungültigkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung führt (nachfolgend 2.).

19

Die formelle Ordnungsgemäßheit der Trinkwasserbeitragssatzung hat der Antragsteller nicht in Zweifel gezogen. Dem Senat drängen sich entsprechende Mängel nicht auf (vgl. zum Prüfungsmaßstab im Normenkontrollverfahren OVG Greifswald, 02.06.2004 – 4 K 38/02 -, juris, Rn. 133 = DVBl. 2005, 64 [nur Leitsätze]).

20

1. Die gegen die Gültigkeit der angefochtenen Satzung erhobenen Einwände des Antragstellers treffen ganz überwiegend nicht zu. Dies gilt insbesondere für die auf die Kalkulation des Beitragssatzes zielenden Rügen (nachfolgend a. bis f.). Die gegen die Gültigkeit einzelner Satzungsbestimmungen gerichteten Angriffe führen ebenfalls überwiegend nicht zum Erfolg (g. bis l.).

21

a. Wenn der Antragsteller geltend macht, der der Beitragsbemessung zugrundeliegende Zeitraum der Globalkalkulation sei nicht mit dem Zeitraum des Trinkwasserversorgungskonzeptes des Antragsgegners identisch, ist dem nicht zu folgen. Zwar trifft es zu, dass bei einer Globalkalkulation nach § 9 Abs. 2 Satz 2 KAG der notwendige Aufwand für die Herstellung der gesamten öffentlichen Einrichtung auf der Grundlage der von dem Verband gewählten Wasserversorgungskonzeption zu ermitteln ist (vgl. Birk in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: März 2010, § 8 Rn. 678b). Es liegen jedoch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dies hier nicht geschehen ist.

22

Die Kalkulation des Anschlussbeitrages Trinkwasser nennt einen Investitionszeitraum bis zum Jahre 2020 ("geplante Investitionen von 2006 bis 2020: 18.081.197,- €"). Das Trinkwasserversorgungskonzept des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt-Lübz ("Investitionen Rohrnetz [2006 bis 2020]") sieht Investitionen bis zum Jahr 2018 vor. Für die Jahre 2019 und 2020 ist für Investitionen jeweils der Betrag von 0,- € prognostiziert. Ein Widerspruch zwischen Kalkulation und Trinkwasserversorgungskonzept ist danach nicht zu erkennen. Der Antragsgegner hat zu diesem Einwand des Antragstellers ausgeführt, bei der Überarbeitung des Trinkwasserversorgungskonzeptes im Jahre 2006 habe sich bei der Spezifikation der einzelnen notwendigen Maßnahmen ergeben, dass bei günstigem zeitlichen Verlauf der Investitionen von einer Fertigstellung der Einrichtung bereits im Jahr 2018 auszugehen sei. Da zeitliche Verschiebungen nicht auszuschließen seien, sei auf eine Änderung des Zeitraumes für die Gültigkeit des Trinkwasserversorgungskonzeptes verzichtet worden. Die Kalkulation habe daher den nach dem Trinkwasserversorgungskonzept maßgeblichen Investitionszeitraum zutreffend berücksichtigt.

23

b. Auch der Einwand des Antragstellers führt nicht weiter, in der Kalkulation fänden sich unterschiedliche Abzugsbeträge über (von der Westmecklenburger Wasser GmbH) bei Errichtung des Verbandes kostenlos übernommenes Vermögen. Die Folge sei, dass möglicherweise nicht nur 14.267.518,75 €, sondern 16.283.771,09 € hätten in Abzug gebracht werden müssen. Es trifft zu, dass es nach der Auffassung des Senates dann, wenn eine Altanlage kostenlos übernommen wird, rechtlich nicht zulässig ist, für diese Altanlage einen Wert in die Kalkulation einzustellen. Denn bei dem Wert der Altanlage handelt es sich dann nicht um Kosten, die dem Zweckverband für die Herstellung der Anlage tatsächlich entstanden sind. Anderes gilt, wenn dabei Schulden übernommen werden. Diese können als eigener Aufwand in die Kalkulation eingestellt werden (vgl. OVG Greifswald, 15.11.2000 - 4 K 8/99 -, KStZ 2001, 174, 177). Wenn der Antragsgegner danach aus dem Wert des Anlagevermögens für den Bereich Trinkwasser das kostenlos von "WMW" übernommene Vermögen abzuziehen hatte, so ist das offenbar auch im gebotenen Umfang geschehen. Der Senat hat nach der im gerichtlichen Verfahren abgegebenen plausiblen Erläuterung des Antragsgegners zu dem tatsächlichen Hintergrund des auf Blatt 172 der Verwaltungsvorgänge dargestellten Wertes von 16.283.771,09 € jedenfalls keinen Anlass, an der Richtigkeit des in der Kalkulation abgesetzten Betrages von 14.267.518,75 € zu zweifeln. Nach den Ausführungen des Antragsgegners hat der Verband die Summe der kostenlos übernommenen Anlagegüter aus einer Addition der in den Abschreibungsbuchunterlagen enthaltenen Angaben gewonnen und so einen Wert von vor 1993 angeschafften Gütern von 14.267.518,75 € ermittelt. Diesen Wert hat er anhand einer Obergrenze einer Plausibilitätsüberprüfung unterzogen, indem er ihn einem in der Bilanz zum 31.12.1993 ausgewiesenen übertragenen Gesamtvermögen von 16.283.771,09 € gegenübergestellt hat. Anhand dieser Gegenüberstellung konnte er kontrollieren, ob der Gesamtwert aus den Einzelwerten der Anlagegüter nicht etwa oberhalb des übertragenen Gesamtvermögens lag. Das Gesamtvermögen soll nach der Stellungnahme des Antragsgegners zum einen nicht beitragsfähige Positionen enthalten und zum anderen auch Anlagegüter, die nicht Bestandteil der öffentlichen Einrichtung geworden seien. So erkläre sich die Differenz zwischen den beiden Werten. Darin liegt eine nachvollziehbare Begründung für die in den Kalkulationsunterlagen enthaltenen, das übernommene Anlagevermögen betreffenden unterschiedlichen Werte, die an dieser Stelle eine weitere Sachaufklärung nicht erfordert. Ob schließlich der Antragsgegner den Wert von 14.267.518,75 € korrekt ermittelt hat, hatte der Senat mangels gegenteiliger Anhaltspunkte nicht weiter zu prüfen.

24

c. Der Einwand des Antragstellers, es sei zu bezweifeln, dass die in der Kalkulation aufgeführten übernommenen Darlehen ("Darlehen Investitionen KfW" in Höhe von 588.088,43 €) in dem einbezogenen Umfang der jeweiligen Wasserversorgungseinrichtung zuzurechnen seien, trifft nicht zu. Der Antragsgegner hat im gerichtlichen Verfahren Kopien der Beschlüsse seiner Verbandsversammlung vorgelegt, die die Übertragung von vier "KfW-Krediten" für der Wasserversorgung dienende Bauvorhaben in Goldberg und B-Stadt von der Westmecklenburger Wasser GmbH E-Stadt auf den Antragsgegner belegen. Die Summe der dort aufgeführten und in Anspruch genommenen bzw. abgerufenen Kreditbeträge ergibt den in der Kalkulation ausgewiesenen Betrag.

25

d. Der Antragsgegner hat auf den Einwand des Antragstellers, er habe in den beitragsfähigen Aufwand auch Aufwendungen für Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten eingestellt, ausgeführt, solche Aufwendungen würden nicht aktiviert, sondern in die laufenden Kosten gebucht und über Gebühren finanziert. Weiteren Anlass zur Prüfung sieht der Senat danach an dieser Stelle ebenfalls nicht. Zu den von Antragstellerseite angesprochenen drei verschiedenen im Anlagespiegel enthaltenen Positionen hat der Antragsgegner erläutert, bei der Position 60721950022 ("Auswechslung Knotenpunkte") handele es sich um die planmäßige Umsetzung des im Trinkwasserversorgungskonzept bezüglich einer veralteten Altanlage vorgesehenen Standards und nicht um Instandhaltungs- oder Reparaturarbeiten. Gleiches gelte für eine unter der Position "05in60110" verzeichnete Baumaßnahme aus dem Jahr 2005 am Reinwasserbehälter im Wasserwerk Herzberg. Hier sei eine als Provisorium anzusehende veraltete Steuerungstechnik in einer seinerzeit kostenlos übernommenen Altanlage durch neue Steuerungstechnik ersetzt worden. Der im Anlagespiegel an der zugehörigen Stelle verwendete Begriff der Sanierung sei insoweit nicht zutreffend. Es handele sich nicht um eine Sanierung neu errichteter Anlagenteile, sondern um die erstmalige Verwirklichung des im Trinkwasserkonzept vorgesehenen Standards. Die Position 6072192002 sei schließlich in den Herstellungsaufwand nicht eingerechnet worden, weil sie zu dem vom Verband kostenlos übernommenen Vermögen gehöre. Danach war auch zu diesen Punkten keine vertiefte Überprüfung angezeigt.

26

Entgegen den Ausführungen des Antragstellers ergibt sich außerdem der Umfang der Gesamtinvestitionen aus dem Trinkwasserkonzept. Hier wird - entgegen dessen Auffassung - auch hinreichend deutlich, dass es sich um Nettoinvestitionen handeln soll.

27

e. Der Antragsteller rügt, den Vertretern der Verbandsversammlung hätten zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vom 21. Dezember 2009 über die Änderung des Beitragssatzes in § 5 TBS (Zweite Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung) die Kalkulationsunterlagen nicht zur Kenntnis vorgelegen. Gleiches gelte für die Beschlussfassung vom 4. Dezember 2006. Anderes könne weder der Ladung zur Verbandsversammlung noch den weiteren Unterlagen, insbesondere nicht dem Protokoll der Verbandsversammlung entnommen werden. Diese Rüge ist unzutreffend.

28

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senates (vgl. dazu die zahlreichen Nachweise bei Aussprung in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG, Stand: Juni 2010, § 2 Anm. 8.3.1.2) muss der Verbandsversammlung - neben der Beschlussvorlage über die Satzung - eine (Global-) Kalkulation bei der Beschlussfassung über die Abgabensatzung vorliegen. Wird dem Rechtssetzungsorgan vor oder bei seiner Beschlussfassung über den Abgabensatz eine solche Kalkulation nicht zur Billigung unterbreitet oder ist die unterbreitete Abgabenkalkulation in einem für die Abgabensatzhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft, hat dies die Ungültigkeit des Abgabensatzes zur Folge, weil das Rechtssetzungsorgan das ihm bei der Festsetzung der Abgabensätze eingeräumte Ermessen nicht fehlerfrei hat ausüben können.

29

Es unterliegt aus Sicht des Senates keinen Zweifeln, dass der Verbandsversammlung in ihrer Sitzung vom 4. Dezember 2006 ebenso wie in der Sitzung vom 21. Dezember 2009 die Kalkulationsunterlagen mit der Möglichkeit zur Kenntnisnahme vorgelegen haben. Das folgt für die Sitzung vom 4. Dezember 2006 aus der wohl nach späterem Abhören des Tonbandmitschnittes am 19. März 2008 gefertigten Ergänzung zum Protokoll der Verbandsversammlung Nr. 02/2006, wonach im Anschluss an den Tagesordnungspunkt 5 die Verbandsvorsteherin explizit darauf hingewiesen habe, dass zur Beratung alle Kalkulationsunterlagen zur Einsichtnahme vorlagen. Diese in der mündlichen Verhandlung im Original vorgelegte Protokollergänzung ist als öffentliche Urkunde nach §§ 98 VwGO, 418 ZPO anzusehen, die den vollen Beweis der darin (aufgrund eigener Wahrnehmung, § 418 Abs. 3 ZPO) bezeugten Tatsache begründet, mithin dass der Hinweis durch die Verbandsvorsteherin auf die ausliegenden Kalkulationsunterlagen ergangen ist (vgl. dazu MüKo ZPO, § 418, Rn. 4; Rudisile in: Schoch, VwGO § 98, Rn. 206;). Die Voraussetzungen des § 418 ZPO liegen vor. Die Verbandsversammlung (§§ 155, 156 KV) ist eine öffentliche Behörde i.S.d. Definition der öffentlichen Urkunde nach § 415 Abs. 1 ZPO. Als solche Behörden werden nicht nur Verwaltungsbehörden angesehen, sondern die in den allgemeinen Organismus der Behörden eingefügte Organe der Staatsgewalt, die dazu berufen sind, unter öffentlicher Autorität für die Erreichung der Zwecke des Staates oder der von ihm geförderten Zwecke tätig zu sein, gleichviel ob das Organ unmittelbar vom Staate oder einer dem Staate untergeordneten Körperschaft zunächst für deren eigene Zwecke bestellt ist (BGH, 16.10.1963 - IV ZB 171/63 -, BGHZ 40, 225, 228; vgl. OVG Magdeburg, 10.12.1998 - C 2 S 477/96 -, juris: Protokoll über die Sitzung des Gemeinderats ist öffentliche Urkunde, die nach § 418 ZPO den vollen Beweis begründet). Die von Antragstellerseite geäußerte Einschätzung, es sei ungewöhnlich, dass die Protokollergänzung so spät gekommen sei, ist danach unbeachtlich.

30

Damit erweist sich die Rüge fehlender Kalkulationsunterlagen allein als offenbar ungeprüfte und unzutreffende Vermutung. Gleiches gilt für den inhaltlich gleichlautenden, die Sitzung vom 21. Dezember 2009 betreffenden Einwand. Hier ist schon der Sitzungsniederschrift (Verbandsversammlung 03/2009) selbst zu entnehmen, dass die Kalkulationsunterlagen zur Einsichtnahme im Präsidium ausgelegen haben. Im Übrigen besteht kein einziger Anhaltspunkt, dass ein Verbandsvertreter Bedarf an einer Einsichtnahme in die Unterlagen geäußert hätte und diese nicht möglich gewesen wäre.

31

f. Wenn weiter eingewandt wird, die dem Beschluss der Verbandsversammlung über die Änderung des Beitragssatzes vom 21. Dezember 2009 zugrundeliegende Kalkulation habe der Antragsgegner nicht ohne Prüfung der Aktualität von Aufwands- und Flächenseite verwenden dürfen, insbesondere seien seit dem Jahre 2006 im Verbandsgebiet verschiedene Flächennutzungs- und Bebauungspläne sowie Abrundungssatzungen in Kraft getreten, so führt auch das nicht zum Erfolg. Der Erlass oder die Änderung solcher Pläne und Satzungen sind mit Blick auf die zahlreichen Gemeinden des gesamten Verbandsgebietes ein permanent stattfindender Vorgang der bauplanungsrechtlichen Fortentwicklung, der zu einer Vergrößerung ebenso wie zu einer Verkleinerung der beitragsrelevanten Gesamtfläche führen kann. Damit zusammenhängende Ungenauigkeiten der Flächenberechnung müssen bei einer gesetzlich zulässigen (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 2 KAG) Globalkalkulation ebenso wie andere mit einer mehrere Jahre in die Zukunft reichenden Investitionsprognose verbundene Schätzungen in Kauf genommen werden. Anderenfalls müsste eine Kalkulation bei jeder Änderung der bauplanungsrechtlichen Gegebenheiten in einem Teil des Verbandsgebietes überarbeitet werden, um auch minimale Veränderungen der Aufwandsverteilung zu berücksichtigen. Dies ist aber angesichts der ohnehin nur scheinbar vorhandenen Präzision der Kalkulation (Aussprung, a.a.O., § 9, Anm. 3.4) nicht zu fordern. Vielmehr wird - ohne dass sich der Senat an dieser Stelle mangels Entscheidungserheblichkeit abschließend äußern muss - angesichts der Regelung in § 6 Abs. 2 d) KAG eine Beitragskalkulation grundsätzlich für den Zeitraum von fünf Jahren als hinreichend aktuell angesehen (Aussprung, a.a.O., § 9 Anm. 3.4; vgl. dazu auch OVG M-V, 15.11.2000, a.a.O., 177).

32

Damit reicht allein der Hinweis des Antragstellers auf eine Veränderung bzw. den Erlass von Bebauungsplänen und Abrundungssatzungen nicht aus, um die Aktualität der Globalkalkulation des Antragsgegners in Zweifel zu ziehen. Anhaltspunkte dafür, dass dies ausnahmsweise anders gesehen werden müsste, etwa weil besonders intensive Flächenänderungen betroffen wären, die erhebliche Auswirkungen auf die Kalkulation hätten, fehlen im Vortrag des Antragstellers. Solche drängen sich bei der aus dem August 2006 stammenden Flächenkalkulation für den im Dezember 2009 getroffenen Beschluss über den Beitragssatz auch nicht auf.

33

g. § 2 TBS ist nicht im Hinblick auf eine etwaige Beitragspflicht noch nicht angeschlossener bebauter Außenbereichsgrundstücke zu beanstanden. Die Vorschrift lautet:

34

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, die an die öffentliche Einrichtung zur zentralen Trinkwasserversorgung angeschlossen werden können und

35

(a) für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden können, oder

36

(b) für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinden zur Bebauung oder gewerblichen Nutzung anstehen, oder

37

(c) wenn sie bebaut sind.

38

(2) Wird ein Grundstück an die Trinkwasserversorgung tatsächlich angeschlossen, so unterliegt es der Beitragspflicht auch dann, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vorliegen.

(3).....................

39

§ 2 Abs. 1 c) TBS ist nicht so zu verstehen, dass bebaute Außenbereichsgrundstücke, die an die Einrichtung nur angeschlossen werden können, ohne schon angeschlossen zu sein, bereits der Beitragspflicht unterliegen sollen und dass die Bestimmung damit gegen das Vorteilsprinzip nach § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG verstieße. Mangels Baulandqualität solcher Grundstücke führt bei ihnen allein die Anschlussmöglichkeit noch nicht zu einer gesicherten Vorteilslage (vgl. Klausing in: Driehaus, Stand: März 2010, § 8, Rn. 1032). Entgegen der Auffassung des Antragstellers zwingt der Wortlaut des § 2 Abs. 1 TBS nicht zu einer solchen Deutung der Norm, denn er ist nicht in diesem Sinne eindeutig und lässt Raum für eine Lesart, die zu einer Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht führt.

40

Sollten schon nichtangeschlossene und nur anschließbare bebaute Außenbereichsgrundstücke der Beitragspflicht unterstellt werden, so müsste die Bestimmung folgendermaßen gelesen werden: "Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, die ....angeschlossen werden können und wenn sie bebaut sind". Der Satz müsste dann aber richtigerweise lauten: "...angeschlossen werden können und bebaut sind". Wegen dieser grammatikalischen Ungenauigkeit lässt sich § 2 Abs. 1 TBS auch so verstehen, dass sich die Formulierung unter Buchstabe c) ("wenn sie bebaut sind") allein auf die unter den Buchstaben a) und b) geregelten Fälle festgesetzter oder nach der Verkehrsauffassung bestehender, aber noch nicht verwirklichter Bebaubarkeit bezieht (beplanter bzw. Innenbereich) und sie um die Fälle schon realisierter Bebauung solcher Grundstücke ergänzt. Der von dem Antragsteller angesprochene Fall des angeschlossenen und bebauten Außenbereichsgrundstückes unterfiele dann allein § 2 Abs. 2 TBS. Dass dieses nach dem Wortlaut mögliche Verständnis der Norm vorzugswürdig gegenüber einer Interpretation ist, die zur Unwirksamkeit der gesamten Satzung führt, versteht sich von selbst. Darüber hinaus fügt sich allein die so verstandene Bestimmung auch in das weitere Satzungsgefüge ein. Dies wäre nicht der Fall, wenn man § 2 Abs. 1 c) TBS entnehmen wollte, dass bereits bebaute und nur über eine Anschlussmöglichkeit verfügende Außenbereichsgrundstücke der Beitragspflicht unterfallen sollen. Für solche Grundstücke fehlte es dann nämlich an einem Beitragsmaßstab mit der Folge, dass sie zwar der Beitragspflicht unterstellt würden, letztendlich jedoch überhaupt nicht veranlagt werden könnten. Nach § 4 Abs. 1 TBS ("Beitragsmaßstab") wird der Anschlussbeitrag für die bevorteilte Grundstücksfläche unter Berücksichtigung der Art und des Maßes der Bebaubarkeit des Grundstückes berechnet. Ist eine Grundstücksfläche nicht bevorteilt, wird danach dafür auch kein Beitrag berechnet. Das trifft aber auf mit noch nicht angeschlossenen Baulichkeiten bebaute Außenbereichsgrundstücke mangels gesicherter Vorteilslage zu. Damit übereinstimmend regelt § 4 Abs. 2 i) TBS, dass bei bebauten Grundstücken im Außenbereich der mit 0,2 vervielfachte Teil der Grundfläche der an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Baulichkeiten als Grundstücksfläche gilt. Ohne bereits angeschlossene Baulichkeiten errechnet sich danach keine unter Geltung des Grundstücksflächenmaßstabes für die Beitragserhebung erforderliche Grundstücksfläche.

41

h. Der Antragsteller meint, § 4 Abs. 2 b) TBS ordne für Grundstücke, die im Bereich eines Bebauungsplanes liegen und über die Grenzen des Bebauungsplanes hinausreichen, für den Außenbereichsteil die Geltung der Grundstücksfläche im Umfang der Grundfläche der Baulichkeit an. § 4 Abs. 2 i) TBS bestimme hingegen für ganz im Außenbereich liegende bebaute Grundstücke die durch die GRZ 0,2 geteilte Grundfläche als beitragspflichtige Fläche. Hierin sei eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zu erkennen. Das trifft nicht zu.

42

§ 4 Abs. 2 b) TBS enthält entgegen der von dem Antragsteller vertretenen Auffassung keine Regelung für Grundstücke, die teils im Gebiet eines Bebauungsplanes und teils im Außenbereich liegen. Die Bestimmung setzt nämlich voraus, dass die Fläche außerhalb des Plangebietes baulich oder gewerblich genutzt werden kann. Die Möglichkeit einer baulichen Nutzung besteht jedoch für Außenbereichsflächen grundsätzlich nicht. Der Außenbereich ist nach § 35 Abs. 2 BauGB grundsätzlich unbebaubar (Battis/Krautzberger/Löhr, 11. Aufl., Vorb §§ 29-38, Rn. 5). Befindet sich ein Gebäude auf einer Außenbereichsfläche, so mag dieses Bestandsschutz genießen und als solches genutzt werden können. Damit ist jedoch nicht zugleich die Außenbereichsfläche selbst baulich nutzbar. Würde das Gebäude zerstört, dürfte es im Grundsatz wegen seiner Lage im Außenbereich nicht wieder aufgebaut werden (vgl. BVerwG, 20.09.1974 - IV C 70.72 -, DÖV 1975, 104, 105).

43

Damit ist § 4 Abs. 2 i) TBS alleinige Norm zur Berechnung der Grundstücksfläche bei bebauten und angeschlossenen Grundstücken im Außenbereich. Der von Antragstellerseite gerügte Konflikt mit § 4 Abs. 2 b) TBS besteht nicht.

44

Die von Antragstellerseite monierte Ungleichbehandlung führte aber auch nur dann zum Fehlen einer erforderlichen Maßstabsregelung, also einer Satzungslücke und somit zur Nichtigkeit der Satzung, wenn es im Verbandsbereich überhaupt vom Bebauungsplanbereich in den Außenbereich übergehende Grundstücke gäbe. Nur dann könnte sich eine nichtige Maßstabsregelung vor dem Hintergrund des im Recht der leitungsgebundenen Einrichtung geltenden Grundsatzes der konkreten Vollständigkeit als rechtlich problematisch darstellen und ggf. zur Nichtigkeit der Satzung insgesamt führen (vgl. OVG Greifswald, 30.06.2004 - 4 K 34/02 -, juris, NordÖR 2004, 417[nur Leitsätze]). Der Antragsgegner hat jedoch unwidersprochen vorgetragen, es gebe in seinem Verbandsgebiet keine Veranlagungsfälle, bei denen einzelne Buchgrundstücke über die Bebauungsplangrenze hinausreichten, direkt in den Außenbereich übergingen und trotz vorhandener Baulichkeiten nicht dem unbeplanten Innenbereich zuzurechnen wären.

45

i. Die § 4 Abs. 2 d) Satz 2 TBS betreffende Rüge des Antragstellers bleibt ohne Erfolg. Der Antragsteller meint, dass danach bei von der Tiefenbegrenzungsregelung betroffenen sogenannten "Pfeifenstielgrundstücken" die Zuwegung zum Grundstück bei der Berechnung des Beitrages außer Betracht bleibe, was mit dem Gleichheitssatz unvereinbar sei. Wegeflächen auf Grundstücken müssten bei der Kalkulation in vollem Umfang berücksichtigt werden.

46

Die Vorschrift lautet:

47

"Als Grundstücksfläche gilt:

d) bei Grundstücken, die im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) zum Außenbereich (§ 35 BauGB) liegen, die Gesamtfläche des Grundstückes, höchstens jedoch die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen. Dieser Abstand wird bei Grundstücken, die mit der Straße nur durch eine Zuwegung verbunden sind, vom Ende der Zuwegung an gemessen."

48

Die Bedenken des Antragstellers sind bei richtigem Verständnis der Bestimmung unbegründet. Im Falle einer Grundstückszuwegung wird nicht der straßenseitige Anfang der zu berechnenden Fläche von der Straße weg bis zum Ende der Zuwegung und Anfang der eigentlichen Grundstücksfläche verlegt mit der Folge, dass die Fläche der Zuwegung nicht mitzählte, sondern nur der Verlauf der Tiefenlinie, indem insoweit der Abstand von 50 Metern erst ab dem Ende der Zuwegung gemessen wird. Maßgeblich ist grundsätzlich die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und der im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen. Bei "Pfeifenstiel-" bzw. "Zuwegungsgrundstücken" wird nur der Verlauf dieser Parallele verschoben, indem der 50 Meter betragende Abstand (zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und der Parallelen) erst von dem Ende der Zuwegung an gemessen wird. Die der Straße zugewandte Grundstücksseite wird nicht verschoben. Daher fällt die Zuwegung - anders als der Antragsteller meint - in die beitragspflichtige Fläche.

49

j. Die Rüge, § 4 Abs. 2 g) TBS sei nicht vorteilsgerecht, greift nicht durch. Die Bestimmung lautet:

50

"bei Grundstücken, für die im Bebauungsplan sonstige Nutzung ohne oder mit nur untergeordneter Bebauung festgesetzt ist oder die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles (§ 34 BauGB) tatsächlich so genutzt werden (z.B. Schwimmbäder, Camping- und Sportplätze), die Grundfläche der an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Baulichkeiten geteilt durch die Grundflächenzahl (GRZ) 0,2. Die unter Berücksichtigung des Maßes der Nutzung ermittelte Fläche wird den betreffenden Gebäuden so zugeordnet, dass ihre Grenzen jeweils im gleichen Abstand von den Außenwänden der Gebäude verlaufen. ..."

51

Nach Auffassung des Antragstellers blieben danach bauakzessorisch genutzte private Grünflächen oder private Parkplätze beitragsfrei, da sich auf diesen Flächen üblicherweise keine an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Baulichkeiten befänden. Gleiches gelte, wenn in einem Bebauungsplan für Teilflächen eines Buchgrundstückes sowohl eine sonstige Nutzung ohne Bebauung als auch eine andere Teilfläche "Bebauung" geplant sei. Bei konsequenter Anwendung der Vorschrift wäre die Folge, dass trotz der Bebaubarkeit nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes nur die Grundfläche des an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Gebäudes geteilt durch die Grundflächenzahl 0,2 als Grundstücksfläche beitragsfähig wäre. Dies sei nicht vorteilsgerecht.

52

Dem ist nicht zu folgen.

53

Im Anschlussbeitragsrecht ist im Interesse von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit grundsätzlich vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff auszugehen (vgl. OVG Greifswald, 10.10.2007 - 1 L 256/06 - (Volkswerft), NordÖR 2008, 40, 41; 20.11.2003 - 1 M 180/03 -, DÖV 2004, 259, 260). Unter "Grundstück" ist danach derjenige katastermäßig abgegrenzte Teil der Erdoberfläche zu verstehen, der im Grundbuch unter einer besonderen Nummer eingetragen ist. Diese vom Bundesverwaltungsgericht im Erschließungsbeitragsrecht vertretene Rechtsansicht (vgl. etwa BVerwG, 12.12.1986 - 8 C 9.86 -, NVwZ 1987, 420) gilt auch für das Recht der leitungsgebundenen Anlagen (vgl. OVG Greifswald, 10.10.2007, a.a.O.). Für die von dem Antragsteller aufgeworfene Frage der beitragsrechtlich maßgeblichen Ausnutzbarkeit des Grundstückes, insbesondere die Frage, ob das gesamte Grundstück oder nur Teile baulich nutzbar sind, muss ebenfalls grundsätzlich die (gesamte) Fläche des im Bereich eines Bebauungsplanes nach § 30 BauGB oder vollständig im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB liegenden Buchgrundstückes betrachtet werden. Eine Unterteilung des Grundstückes nach verschiedenen Nutzungsarten (Bauland, Parkplatz, Grünfläche etc.) scheidet - von Ausnahmen abgesehen - aus. Für die Frage der Baulandeigenschaft des Grundstückes ist dessen gesamte Fläche einheitlich und nicht nach Grundstücksteilen getrennt zu betrachten, obgleich so gut wie nie die gesamte Fläche der baulichen (oder sonstwie beitragsrechtlich relevanten) Nutzung zugeführt werden bzw. voll überbaut werden darf. Denn die Zulässigkeit einer Bebauung setzt zumeist die Freihaltung erheblicher Grundstücksteile voraus, für die Ausführbarkeit eines Bauvorhabens muss daher in der Regel mehr an Fläche zur Verfügung stehen, als für die bauliche Anlage als solche benötigt wird. Baulinien, Baugrenzen, Abstands- und Anbauverbotsvorschriften sind für den Umfang der zu berücksichtigenden Grundstücksfläche ebenso ohne Belang wie bauplanungsrechtliche Festsetzungen von Grundstücksteilen als private Grünfläche (BVerwG, 29.11.1994 - 8 B 171/94 -, NVwZ 1995, 1215, 1216; vgl. Klausing in: Driehaus, a.a.O., § 8, Rn. 1029). Anderes gilt nur, wenn ein Grundstücksteil einer privaten Nutzung durch den Eigentümer - wie etwa bei der Festsetzung als öffentliche Grünfläche - schlechthin entzogen ist (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 17, Rn. 8).

54

Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass § 4 Abs. 2 g) TBS eine von diesen Maßstäben abweichende Regelung treffen will. Wird demnach ein im Gebiet eines qualifizierten Bebauungsplanes oder vollständig im Bereich nach § 34 BauGB liegendes baulich nutzbares Grundstück in Teilen auch "sonstig" i.S.v. § 4 Abs. 2 g) TBS genutzt, so bleibt es für die Frage der Baulandqualität bei der gesamten Grundstücksfläche. Nur wenn das Grundstück ausschließlich im in § 4 Abs. 2 g) TBS angesprochenen Sinne nutzbar ist oder im Bereich nach § 34 BauGB in dieser Weise genutzt wird, gilt der dort geregelte Maßstab für die "sonstige Nutzung". Ein Verstoß gegen das Vorteilsprinzip kann daher nicht gesehen werden.

55

k. § 4 Abs. 5 TBS ist nicht zu beanstanden. Die im Zusammenhang mit § 4 Abs. 3 und 4 TBS stehende Bestimmung lautet:

56

(Abs.3) Zur Berücksichtigung des unterschiedlichen Maßes der Nutzung wird die Fläche nach Abs. 2 mit einem Vom-Hundert-Satz für jedes Vollgeschoss wie folgt bewertet:

a) für das erste Vollgeschoss 25 %,

b) für jedes weitere Vollgeschoss 20 % der Grundstücksfläche nach Absatz 2

57

(Abs. 4) Als Zahl der Vollgeschosse gilt:

a) soweit ein B-Plan besteht, die hier festgesetzte höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse,

b) soweit kein B-Plan besteht oder in einem B-Plan die Zahl der Vollgeschosse nicht bestimmt ist:

- bei bebauten Grundstücken die Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse,

- bei genehmigten Vorhaben die Zahl der genehmigten Vollgeschosse,

- bei unbebauten Grundstücken die Zahl der in der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse.

58

(Abs. 5) Als Vollgeschoss gelten alle Geschosse, die nach den Vorschriften der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern Vollgeschosse sind. Bei Gebäuden, die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet wurden, müssen die Mindesthöhen gemäß der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern nicht erreicht werden.

59

Der Antragsteller hält § 4 Abs. 5 TBS für gleichheitswidrig, weil danach für Bauten, die vor dem 30. April 1994 errichtet worden seien, keine konkrete Regelung zur Geschosshöhe bestehe. Die Vorschrift sei daher unbestimmt, und es bliebe letztlich der Entscheidung des rechtsanwendenden Sachbearbeiters überlassen, wie die zahlreich vor 1994 errichteten Gebäude zu veranlagen seien. Eine derartige Unterscheidung zwischen vor und nach dem 30. April 1994 errichteten Bauten sei auch nur dann zulässig, wenn Altbauten auch mit geringerer Deckenhöhe als der Vollgeschossregelung für Neubauten generell weitgehender nutzbar wären. Das sei aber nicht der Fall. Diesen Einwänden vermag der Senat nicht zu folgen.

60

§ 4 Abs. 5 TBS ist nicht unbestimmt. Einer Norm - auch einer Bestimmung in einer kommunalen Beitragssatzung - fehlt nicht deshalb die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit oder Klarheit, weil sie der Auslegung bedarf. Der Bestimmtheitsgrundsatz verpflichtet den Normgeber, seine Vorschriften so zu fassen, dass sie den rechtsstaatlichen Anforderungen der Klarheit und Justiziabilität entsprechen. Normen müssen so formuliert sein, dass die davon Betroffenen die Rechtslage erkennen können und die Gerichte in der Lage sind, die Anwendung der betreffenden Vorschrift durch die Verwaltung zu kontrollieren. Das Gebot der Bestimmtheit darf nicht übersteigert werden, weil die Normen sonst starr und kasuistisch würden und der Vielgestaltigkeit der Sachverhalte oder der Besonderheit des Einzelfalls nicht mehr gerecht werden könnten. Es ist deshalb ausreichend, wenn der Norminhalt durch die anerkannten Auslegungsmethoden zweifelsfrei ermittelt werden kann. Dabei ist die Interpretation nicht durch den formalen Wortlaut der Norm begrenzt. Ausschlaggebend ist der objektive Wille des Gesetzgebers, soweit er wenigstens andeutungsweise im Gesetzestext einen Niederschlag gefunden hat (BayVerfGH, 22.06.2010 - Vf. 15-VII-09 -; juris; OVG Weimar, 18.12.2000 - 4 N 472/00 -, LKV 2001, 415ff; BVerwG, 14.12.1995 - 4 N 2/95 -, NVwZ-RR 1996, 429). Im Interesse der Normerhaltung kann eine Bestimmung nur dann für nichtig gehalten werden, wenn keine nach anerkannten Auslegungsregeln zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende, insbesondere den Gesamtzusammenhang der getroffenen Regelung mit berücksichtigende Auslegung möglich ist (BVerwG, 20.08.2003 - 6 CN 5/02 -, juris; 15.12.1993 - 6 C 20/92 -, BVerwGE 94, 352, 358).

61

Danach kann § 4 Abs. 5 TBS in einer Weise ausgelegt werden, die auch im Satzungstext hinreichend deutlich ihren Ausdruck findet. Die Vorschrift für unbestimmt zu halten oder anzunehmen, sie treffe für Bauwerke, die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung errichtet worden sind, im Hinblick auf die Anforderungen an deren Geschosshöhen überhaupt keine Regelung, sodass der Rechtsanwender nicht mehr in der Lage sei zu erkennen, was der Satzungsgeber für diese Fälle bestimmt habe, geht fehl.

62

Der Sinn der Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS, wonach bei Gebäuden, die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet wurden, die Mindesthöhen nach der Landesbauordnung nicht eingehalten werden müssen, ist in ausreichend deutlicher Weise der Regelungssystematik des in § 4 Abs. 3 bis 5 TBS bestimmten Vollgeschossmaßstabes zu entnehmen. Zur Ermittlung der für den Anschlussbeitrag maßgeblichen Grundstücksfläche (§ 4 Abs. 1 TBS) ist die nach § 4 Abs. 2 TBS ermittelte Fläche nach § 4 Abs. 3 TBS für das erste Vollgeschoss mit 25% und für jedes weitere Vollgeschoss mit 20% zu bewerten. Nach § 4 Abs. 4 b) TBS gilt, soweit kein Bebauungsplan besteht oder in einem solchen Plan die Zahl der Vollgeschosse nicht bestimmt ist, bei bebauten Grundstücken die Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse. Absatz 5 des § 4 TBS schließlich regelt, dass als Vollgeschoss alle Geschosse gelten, die nach den Vorschriften der Landesbauordnung Vollgeschosse sind. Das sind nach § 2 Abs. 6 LBauO v. 26. April 1994 (GVOBl. 1994, 518) Geschosse, die über mindestens zwei Drittel der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses oder, wenn kein darunterliegendes Geschoss vorhanden ist, zwei Drittel ihrer Grundfläche eine lichte Höhe von mindestens 2,30 m haben. Ähnliches gilt nach § 87 Abs. 2 LBauO v. 18. April 2006 (GVOBl. 2006, 102), wonach die Geschosse über mindestens zwei Drittel ihrer Grundfläche eine lichte Höhe von mindestens 2,30 m haben müssen, was auch schon nach § 2 Abs. 4 Gesetz über die Bauordnung v. 20. Juli 1990 (Gesetzblatt Teil I 1990, 929) geltendes Recht war (vgl. zur Legaldefinition des Vollgeschosses OVG Greifswald, 11.10.2007 - 3 M 169/07 -, LKV 2008, 421).

63

Wenn der Satzungsgeber vor dem Hintergrund dieser Bestimmungen anordnet, dass für die Bewertung von Gebäuden, die vor Inkrafttreten der den Beurteilungsmaßstab für Vollgeschosse enthaltenden Rechtsvorschrift errichtet worden sind, die Anforderungen dieser Vorschrift nicht gelten sollen, so ist dem ohne Weiteres der Sinn zu entnehmen, dass für diese Gebäude - was die Mindesthöhe der Geschosse anbelangt - ein weniger strenger Begriff des Vollgeschosses gelten soll. Denn ordnete die Satzung auch für solche früher errichtete Gebäude den Vollgeschossmaßstab nach der Landesbauordnung an, so könnte der Fall eintreten, dass ein solches Gebäude allein deshalb, weil seine Geschosshöhen die an ein "Vollgeschoss" zu stellenden Voraussetzungen nicht erfüllen mussten und nicht erfüllten, obwohl es wie ein neueres Gebäude mit nach der Landesbauordnung vorgeschriebenen Geschosshöhen genutzt wird, vorteilswidrigerweise zu gering oder überhaupt nicht veranlagt wird, weil es keine Vollgeschosse i.S.d. Landesbauordnung, sondern nur niedrigere Geschosse aufwiese. Die Regelung will demnach verhindern, "Altbauten" wegen der Maßgeblichkeit der Anzahl der Vollgeschosse besser zu stellen, wenn sie die für Vollgeschosse geltenden Mindesthöhen der Landesbauordnung nicht erreichen. Da der vom Maß der Nutzung abhängige wirtschaftliche Vorteil bei Vollgeschossen einerseits und bei Geschossen unterhalb der Vollgeschossigkeit andererseits annähernd gleich ist (OVG NW, 29.08.2000 - 15 A 4178/00 -, juris, Rn. 4) verstieße das - wenn es denn solche Gebäude im Verbandsgebiet gäbe - gegen das nach § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG geltende Vorteilsprinzip, wonach die Beiträge nach Vorteilen zu bemessen sind.

64

§ 4 Abs. 5 Satz 2 TBS ist zu entnehmen, dass sich für früher errichtete Gebäude die Qualifizierung als für die Flächenberechnung (§ 4 Abs. 3 TBS) relevantes Geschoss nach den zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden Anforderungen bestimmen soll. Dies findet in dem Satzteil "..., die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet wurden,..." hinreichend Ausdruck. Eine andere sinnvolle Interpretation der Norm bietet sich nicht an. Insbesondere scheidet eine Deutung aus, die quasi am Buchstaben des § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS haftete. Bei einer solchen Interpretation müssten die Mindesthöhen der Landesbauordnung nur dann nicht eingehalten werden, wenn das Gebäude vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet worden ist. Das hieße, dass Gebäude, die unter Missachtung der seinerzeitigen rechtlichen Anforderungen errichtet worden sind, nicht unter die Freistellung von den Mindesthöhen nach der Landesbauordnung fielen mit der Folge, dass für sie der Vollgeschossbegriff der Landesbauordnung anzuwenden wäre. Dann könnten Grundstücke mit solchen "illegalen" Gebäuden mangels Erreichen der Mindestgeschosshöhe nicht in vorteilsgerechtem Maße oder sogar überhaupt nicht herangezogen werden. Dies widerspräche dem Willen des Satzungsgebers, möglichst vorteilsgerechte Ergebnisse auch bezüglich der "Altbauten" zu erzielen.

65

Die Bestimmung kann auch nicht - wie der Antragsteller unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts E-Stadt vom 22. Januar 2010 (- 8 A 1364/09 -, Urteilsabdruck, S. 6) meint - deshalb beanstandet werden, weil danach satzungsrechtliche Einschränkungen für die Anrechenbarkeit von Dachräumen mit schrägen Wänden fehlten und Altbauten deshalb ohne hinreichenden sachlichen Grund in höherem Maße als Neubauten zur Berechnung des Vorteils herangezogen würden. Diese Erwägung ist nicht zwingend. § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS befreit lediglich von der Geltung der für Vollgeschosse vorgesehenen Mindesthöhen. Das Kriterium nach den oben genannten Bestimmungen der verschiedenen Landesbauordnungen, wonach die Mindesthöhe auf zwei Dritteln der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses oder der eigenen Grundfläche des Geschosses (vgl. § 2 Abs. 6 LBauO 1994) vorliegen muss, wird von § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS nicht berührt. Somit gilt auch für Dachgeschosse älterer Gebäude, dass die seinerzeitigen Anforderungen an die Mindesthöhe von Vollgeschossen bzw. von nach der beitragsrechtlich relevanten Nutzung her nicht anders zu behandelnden "Geschossen" gleichermaßen wie für Dachgeschosse von Neubauten auf zwei Dritteln der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses vorliegen müssen. Ein Dachraum in einem unter Geltung der Deutschen Bauordnung (DBO) vom 2. Oktober 1958 errichteten Gebäude muss danach eine lichte Höhe von 2,20 m (vgl. §§ 93c, 366 Abs. 2 DBO) über mindestens zwei Drittel der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses haben, um als Vollgeschoss i.S.v. § 4 Abs. 3 bis 5 TBS zu zählen.

66

§ 4 Abs. 5 Satz 2 TBS verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG, weil die Bestimmung schon vor Inkrafttreten der Landesbauordnung errichtete Gebäude von der Geltung der dort geregelten Mindesthöhen ausnimmt, obwohl auch nach dem zuvor geltenden Gesetz über die Bauordnung dieselbe Mindesthöhe einzuhalten war (so aber VG Greifswald, 28.04.2010 - 3 A 1398/07 -, Urteilsabdruck, S. 5 zu einer vergleichbaren Satzungsregelung). Wie oben ausgeführt ist nach § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS für ältere Gebäude hinsichtlich der Mindesthöhe der Räume das seinerzeitige Recht anzuwenden, sodass für unter Geltung des Gesetzes über die Bauordnung errichtete Gebäude ebenfalls die nach den späteren Fassungen der Landesbauordnung vorgesehene Mindesthöhe (2,30 m) zugrundezulegen ist. § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS bleibt insoweit ohne rechtliche Bedeutung.

67

Wenn § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS danach im Einzelfall eines älteren Gebäudes nicht einfache Fragen nach den früheren rechtlichen Anforderungen an die Errichtung baulicher Anlagen in Bezug auf die Mindesthöhe von Geschossen aufwerfen kann und sich sein Regelungsgehalt erst aufgrund einer Auslegung der Norm vollständig erschließt, so kann darunter womöglich eine reibungslose Anwendung der Bestimmung im Einzelfall leiden. Eine Unwirksamkeit der Norm und damit womöglich der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung lässt sich daraus aber nicht ableiten. Im Übrigen weist der Antragsgegner zutreffend darauf hin, dass die Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS nicht auf sämtliche vor 1994 errichtete Gebäude Anwendung findet, sondern sich ihre Geltung auf solche Gebäude beschränkt, deren Geschosse niedriger als 2,30 m sind.

68

l. § 6 Abs. 1 TBS verstößt zwar gegen § 7 Abs. 2 KAG, soweit neben dem Eigentümer des Grundstückes der zur Nutzung des Grundstückes dinglich Berechtigte als Beitragsschuldner bezeichnet wird. Dieser Fehler führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung. § 6 Abs. 1 TBS lautet:

69

"Beitragsschuldner ist, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstückes oder zur Nutzung des Grundstückes dinglich Berechtigter ist. Bei einem erbbaubelasteten Grundstück ist der Erbbauberechtigte an Stelle des Eigentümers Beitragsschuldner. Ist das Grundstück mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Art. 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch belastet, so ist der Inhaber dieses Rechtes anstelle des Pflichtigen nach Satz 1 oder Satz 2 beitragspflichtig."

70

Damit bestimmt § 6 Abs. 1 TBS auch den zur Nutzung des Grundstückes dinglich Berechtigten zum Beitragspflichtigen, obwohl nach § 7 Abs. 2 Satz 1 KAG, von dem Sonderfall des Inhabers eines Gewerbebetriebes im Zusammenhang mit § 8 Abs. 7 KAG abgesehen, allein der Eigentümer des bevorteilten Grundstückes Beitragspflichtiger ist. Dieser wird nach § 7 Abs. 2 Satz 3 KAG nur im Falle eines erbbaubelasteten Grundstückes durch den Erbbauberechtigten als Beitragspflichtigen ersetzt und nach Satz 4 dieser Bestimmung im Falle der Belastung des Grundstückes mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Artikel 233 § 4 EGBGB durch den Inhaber dieses Rechts. Weitere dinglich Berechtigte scheiden nach den Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes daher, anders als noch nach § 8 Abs. 10 KAG in der Fassung vom 1. Juni 1993, als Beitragspflichtige aus. § 6 Abs. 1 TBS geht unzulässigerweise darüber hinaus.

71

Dieser Fehler führt nicht zur Gesamtnichtigkeit der angegriffenen Trinkwasserbeitragssatzung. Zwar gehört die Bestimmung des Kreises der Abgabenschuldner zu dem in § 2 Abs. 1 KAG geregelten notwendigen Umfang einer Abgabensatzung. Hier ist aber § 6 Abs. 1 TBS trotz des angesprochenen Verstoßes gegen § 7 Abs. 2 KAG nur teilnichtig, denn die Norm bleibt auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll, insbesondere umfasst der Restbestand der Bestimmung den von § 2 Abs. 1 KAG erforderten Mindestinhalt, und es ist anzunehmen, dass der Antragsgegner § 6 Abs. 1 TBS auch ohne den nichtigen Teil (Bestimmung des dinglich Berechtigten als Beitragspflichtigen) erlassen hätte (vgl. zu diesen Voraussetzungen BVerwG, 27.01.1978 - VII C 44.76 -, DVBl. 1978, 536, 537; Sauthoff in: Driehaus, KAG, Stand: März 2010, § 8 Rn. 1714; OVG Greifswald, 29.11.2001 - 1 M 66/01 -, NordÖR 2002, 81, 82; 02.06.2004, a.a.O.). Die letztgenannte Annahme wird auch nicht dadurch widerlegt, dass der Antragsgegner die fragliche Satzungsbestimmung im Laufe des Prozesses verteidigt hat. Daraus kann nicht gefolgert werden, dass er § 6 Abs. 1 TBS mit einem dem Kommunalabgabengesetz entsprechenden Regelungsgehalt nicht erlassen hätte. Diese Annahme wäre nicht nur deshalb fernliegend, weil der Antragsgegner als Körperschaft des öffentlichen Rechts per se um den Erlass gesetzeskonformer Satzungen bemüht sein muss, sondern auch deshalb, weil es nach der in der mündlichen Verhandlung gegebenen Auskunft des Antragsgegners aus seiner Sicht im Verbandsgebiet Anwendungsfälle des "dinglich Berechtigten" neben den in § 6 Abs. 1 TBS erfassten Fallgruppen (Erbbauberechtigter, Inhaber des Rechts nach Art. 233 § 4 EGBGB) nicht geben soll. Daher ist dem Antragsgegner an dieser Stelle auch kein Regelungsbedürfnis zu unterstellen, das der Annahme widersprechen könnte, er hätte die Satzungsbestimmung auch ohne den zu beanstandenden Teil erlassen.

72

2. § 4 Abs. 2 d) TBS verstößt gegen höherrangiges Recht, soweit die hier geregelte Tiefenbegrenzungslinie bei grundsätzlich 50 m gezogen wird (a.). Dieser Verstoß führt zur Unwirksamkeit der Tiefenbegrenzungsregel und damit zur Unwirksamkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung (b.).

73

§ 4 Abs. 2 d) lautet:

74

Als Grundstücksfläche gilt:

… bei Grundstücken, die im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) zum Außenbereich (§ 35 BauGB) liegen, die Gesamtfläche des Grundstückes, höchstens jedoch die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen. Dieser Abstand wird bei Grundstücken, die mit der Straße nur durch eine Zuwegung verbunden sind, vom Ende der Zuwegung an gemessen...

75

a. Die Bestimmung regelt eine sogenannte qualifizierte Tiefenbegrenzung, denn sie gilt ausschließlich für Grundstücke, die im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) zum Außenbereich liegen, nicht jedoch (auch) für vollständig im Innenbereich liegende Grundstücke (sogenannte schlichte Tiefenbegrenzung). Eine Tiefenbegrenzung ist im Anschlussbeitragsrecht nach der Rechtsprechung des Senates grundsätzlich zulässig (vgl. OVG Greifswald, 15.03.1995 - 4 K 22/94 -, KStZ 1996, 114, 118; 13.11.2001 - 4 K 16/00 -, NVwZ-RR 2002, 687ff; 02.06.2004, a.a.O.). Daran hat sich mit Einführung von § 9 Abs. 5 KAG durch die Novellierung des Kommunalabgabengesetzes im Jahre 2005 nichts geändert. Ziel der Einführung dieser Bestimmung war es nicht, ein in der Rechtsprechung allgemein anerkanntes Rechtsinstitut auf nunmehr besonders geregelte Fälle einzuschränken. Vielmehr sollte dem Satzungsgeber zusätzlich die Möglichkeit an die Hand gegeben werden, für bebaute Grundstücke im baurechtlichen Innenbereich mit einem überdurchschnittlich großen nicht bebauten Grundstücksteil aus abgabenpolitischen Gründen eine Flächenbegrenzung vorzusehen (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung, LT-Drs. 4/1307, S. 49/50; dazu Aussprung, a.a.O., § 9, Anm. 10).

76

Die Tiefenbegrenzung ist eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung, dass der diesseits der Begrenzungslinie liegende Teil des Grundstücks Bauland ist. Die damit verbundene und im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen allgemein als zulässig angesehene Pauschalierung wirkt sich in Einzelfällen mehr oder weniger zu Lasten einzelner Beitragspflichtiger aus. Eine Tiefenbegrenzung findet gerade im Anschlussbeitragsrecht ihre Rechtfertigung darin, dass im Rahmen der Beitragskalkulation die Ermittlung der Gesamtbeitragsfläche erforderlich ist, die auf metrische Festlegungen angewiesen ist. Dadurch gewinnt der Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität und -vereinfachung besondere Bedeutung. Ohne Tiefenbegrenzung müsste gegebenenfalls eine exakte Einzelfallbewertung sämtlicher der Beitragspflicht unterliegender unbeplanten Grundstücke trotz verbleibender Unsicherheiten in der Abgrenzung des Innenbereichs angestellt werden. Die Gesichtspunkte der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität stehen im Spannungsfeld mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Vorteilsprinzip (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KAG). Danach sind die Beiträge nach Vorteilen zu bemessen. Die Vorteile bestehen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG in der Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung, für die die Beiträge erhoben werden (vgl. dazu eingehend OVG Greifswald, 10.10.2007, a.a.O.). Da eine exakte Bemessung der Vorteile in der Praxis mit einem nicht akzeptablen Aufwand verbunden wäre, sind Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe anerkannt, insbesondere ist es zulässig, Vorteile nach einem - wie in § 4 Abs. 1 TBS geregelten - kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstab zu bemessen (vgl. BVerwG, 26.07.1993 - 8 B 85/93 -, juris, Rn. 3). Nach diesem Maßstab ist die Größe der bevorteilten Fläche des Grundstückes ein wesentlicher Faktor zur Errechnung des auf das Grundstück entfallenden Beitrages. Je größer die Fläche des Grundstückes bzw. bei Grundstücken im Übergangsbereich vom Innen- zum Außenbereich der im Innenbereich liegende (bebaubare) Teil des Grundstückes ist, desto größer ist im Prinzip der zu leistende Beitrag. Dieser Zusammenhang ist bei der Normierung einer Tiefenbegrenzung zu beachten. Denn läge bei exakter Betrachtung des einzelnen Grundstückes die Grenze des baurechtlichen Innenbereiches (§ 34 Abs. 1 BauGB) vor (straßenseits) der Tiefenbegrenzungslinie, so würde der Eigentümer des Grundstückes - aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität grundsätzlich zulässigerweise - höher belastet als es ohne eine Tiefenbegrenzungsregelung der Fall wäre. Gleichermaßen würde derjenige Grundstückseigentümer, dessen Grundstück ohne die Vermutung der Tiefenbegrenzung erst jenseits der Tiefenlinie in den Außenbereich überginge, besser gestellt als ohne Geltung der Tiefenbegrenzungslinie.

77

Die Bestimmung einer Tiefenbegrenzungslinie hat sich daher zur Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der Innen- von den Außenbereichsflächen im Geltungsbereich der Tiefenbegrenzung auszurichten. Ein sachgerechter Anhaltspunkt dafür, dass eine bauliche Nutzung über eine bestimmte Tiefe hinaus in der Regel nicht stattfindet, stellt - wenn eine solche ermittelbar ist - die ortsübliche Tiefe der baulichen Nutzung dar (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 17, Rn. 39). Der Senat hat daher in seiner bisherigen Rechtsprechung durchweg darauf abgestellt, ob sich die gewählte Tiefenlinie als ortsangemessen darstellt bzw. den örtlichen Verhältnissen entspricht (15.11.2000, - 4 K 8/99 -, a.a.O.; 13.11.2001, - 4 K 16/00 -, a.a.O.; 02.06.2004, - 4 K 38/02 -, a.a.O.; vgl. auch OVG Greifswald, 29.11.2001, - 1 M 66/01 -,a.a.O.). Dies stimmt mit den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts im Erschließungsbeitragsrecht an die satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung überein. Danach muss die gewählte Tiefenbegrenzung die typischen örtlichen Verhältnisse tatsächlich widerspiegeln und sich an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientieren (BVerwG, 01.09.2004 - 9 C 15/03 -, BVerwGE 121, 365, 369). Für die Festsetzung der an diesen Verhältnissen zu orientierenden Tiefenbegrenzung steht dem Ortsgesetzgeber ein normgeberisches Ermessen zu (BVerwG, 30.07.1976 - IV C 65.74 -, DÖV 1977, 247; OVG Weimar, 18.12.2000, a.a.O.; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 17, Rn. 43). Um dieses Ermessen ordnungsgemäß ausüben zu können, muss er vor Beschlussfassung über die Satzung und Festlegung der Tiefenbegrenzung die örtlichen Verhältnisse sorgfältig und willkürfrei in allen Bereichen des Verbandsgebietes ermitteln (OVG Greifswald, 15.03.1995, a.a.O.; 15.11.2000, a.a.O.; 13.11.2001, a.a.O.; 20.11.2003, a.a.O.; 27.08.2008 - 1 L 155/06 -, n.v.). Die Ergebnisse dieser Ermittlung sollen als Nachweis für die Kalkulation dokumentiert werden (vgl. Erläuterungen zu den Gemeinsamen Satzungsmustern des Städte- und Gemeindetages M-V e.V. und des Innenministeriums M-V über Beiträge und Gebühren für die Schmutzwasserbeseitigung und die zentrale Niederschlagswasserbeseitigung, Anm. 10, abgedruckt bei Aussprung, a.a.O., KAG-Anhang 7.3). Das Normenkontrollgericht hat die Ermessensausübung durch den Satzungsgeber nur auf deren Übereinstimmung mit den gesetzlichen Erfordernissen zu überprüfen, darf jedoch keine eigene Entscheidung an die Stelle der zu überprüfenden Ermessensentscheidung setzen (OVG Weimar, 18.12.2000, a.a.O.).

78

Hier hat der Antragsgegner die Anforderungen an eine solche sorgfältige Ermittlung der örtlichen Verhältnisse im Verbandsgebiet grundsätzlich erfüllt. Der Senat hält insbesondere die von dem Antragsgegner angestellte Ermittlung der örtlichen Verhältnisse begrenzt auf repräsentativ ausgewählten Ortslagen für zulässig. Müsste der Ortsgesetzgeber die tatsächlichen Bebauungstiefen in allen Ortslagen des Verbandsgebietes untersuchen, verlöre die Tiefenbegrenzung als Instrument zur Verwaltungsvereinfachung ihre Berechtigung, denn dann würden die Grundstücksdaten, die aufgrund der Tiefenbegrenzungsregel nicht sollen erhoben werden müssen, schon für die Bildung der Regel benötigt (vgl. Bloemenkamp in: Driehaus, KAG, Stand: März 2010, § 8, Rn. 1464). Auf welche Weise der Satzungsgeber die ortsüblichen Verhältnisse zu ermitteln hat, ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Auch dies liegt in seinem Ermessen. Dass er dabei von zutreffenden tatsächlichen Umständen wie etwa der richtigen Anzahl der von der Tiefenbegrenzung betroffenen Ortslagen auszugehen hat, bedarf keiner näheren Ausführungen.

79

Der Antragsgegner hat sodann jedoch die Tiefenbegrenzung nicht nach diesen Ermittlungen bestimmt, sondern die gewonnenen Ergebnisse mit im vorliegenden Zusammenhang rechtlich nicht zutreffenden Erfordernissen des auch im Abgabenrecht geltenden Grundsatzes der Typengerechtigkeit kombiniert. Damit hat er sich von seinen Daten über die ortsübliche Bebauungstiefe der vom Innen- in den Außenbereich übergehenden Grundstücke aufgrund eines hier nicht maßgeblichen Kriteriums entfernt und insoweit die Tiefenbegrenzungslinie nicht nach dem Maßstab von § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG, Art. 3 Abs. 1 GG rechtsfehlerfrei festgesetzt.

80

Der Grundsatz der Typengerechtigkeit dient der Erhaltung der dem Normgeber im Abgabenrecht in Bezug auf das Gleichbehandlungsgebot eingeräumten Gestaltungsfreiheit. Danach ist es ihm gestattet, bei der Gestaltung abgabenrechtlicher Regelungen in der Weise zu verallgemeinern und zu pauschalieren, dass an Regelfälle eines Sachbereichs angeknüpft wird und dabei die Besonderheiten von Einzelfällen außer Betracht bleiben. Dabei stellt das Auftreten solcher abweichenden Einzelfälle die Entscheidung des Normgebers nicht in Frage, solange nicht mehr als 10 % der von der Regelung betroffenen Fälle dem "Typ" widersprechen. Der Grundsatz der Typengerechtigkeit bewahrt damit die im Interesse der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität getroffene Entscheidung des Normgebers für einen bestimmten "Regelungstypus" davor, durch das Auftreten von Einzelfällen, die der Regelung unterfallen, dem Typus aber widersprechen, in Frage gestellt zu werden (BVerwG, 30.04.2009 - 9 B 60/08 -, Buchholz 401.9, Nr. 57; 01.08.1986 - 8 C 112/84 -, NVwZ 1987, 231, 232; 19.09.1983 - 8 N 1/83 -, BVerwGE 68, 36, 41; vgl. zum Grundsatz der Typengerechtigkeit, Schoch, Der Gleichheitssatz, DVBl. 1988, 863, 879).

81

Der Antragsgegner hat nach dem Inhalt seiner der Beschlussvorlage Nr. 09-1/2007 beigefügten Dokumentation der Ermessenserwägungen zur Ermittlung der Tiefenbegrenzung und der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten, der Dokumentation seinerzeit ebenfalls beigefügten Excel-Tabelle festgestellt, dass 77% der in die Betrachtung einbezogenen Grundstücke im Übergangsbereich vom Innen- in den Außenbereich kleiner oder gleich 40 Meter tief und 84% der Grundstücke kleiner oder gleich 45 Meter tief bebaut sind. Den weiteren Angaben ist zu entnehmen, dass danach nicht nur 7% aller in die Betrachtung einbezogenen Grundstücke eine Bebauungstiefe von 40 bis 45 Metern aufwiesen, sondern auch nur 9 % eine Tiefe von 45 bis 50 Metern und 7% eine über 50 Meter hinausreichende Bebauungstiefe. Die Tiefenbegrenzungslinie hat er daraufhin in einem Abstand von 50 Meter gezogen, da dies – wie er meinte - nur dann willkürfrei geschehen könne, wenn die ermittelten örtlichen Verhältnisse belegten, dass die Grundstücke im unbeplanten Übergangsbereich mit Baulandqualität jenseits der Tiefenbegrenzungslinie die Ausnahme, d.h. weniger als 10% der von der Tiefenbegrenzung betroffenen Grundstücke, darstellten. Nur dann stehe die Ungleichbehandlung in einem angemessenen Verhältnis zu den Vorteilen der Typisierung. Betrage die Anzahl der übertiefen Grundstücke mehr als 10%, so lasse sich die Einführung einer Tiefenbegrenzung nicht mehr auf den Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität stützen.

82

Diese Auffassung führt zu unzutreffenden Ergebnissen. Die Anwendung der Regel auf die Festlegung der Tiefenbegrenzungslinie, wonach nicht mehr als 10% der von der Regelung betroffenen Fälle dem "Typ" widersprechen dürfen, bedingt bereits eine vorteils- und gleichheitswidrige Tiefenbegrenzungsregelung, wenn der Satzungsgeber allein die Grundstücke mit Baulandqualität jenseits der Tiefenbegrenzung im Blick hat. Eine solche Vorgehensweise übersieht, dass nicht nur die bei exakter Einzelfallbetrachtung der örtlichen Grundstücksverhältnisse jenseits der Linie noch Baulandqualität aufweisenden Grundstücke "dem Typ" widersprechen. Auf die Grundstücke, deren Baulandeigenschaft bei genauer Betrachtung schon diesseits der Linie endet, trifft dies ebenso zu. Je weiter der Ortsgesetzgeber die Tiefenlinie in Richtung des Außenbereiches verlegt, desto geringer wird zwar die Anzahl der Grundstücke mit tieferer Bebaubarkeit, umso größer aber die Anzahl derer, deren Bebaubarkeit eigentlich schon eher (diesseits der Linie) endet. Auch diese Fälle widersprechen im Sinne des Grundsatzes der Typengerechtigkeit dem generalisierend normierten Regelfall. Die Zahl der von der Regel abweichenden Fälle kann durch ein Verschieben der Linie weg von den tatsächlich ermittelten Bebauungstiefeergebnissen daher nicht verringert werden. Geschieht dies - wie im vorliegenden Fall - dennoch, so geht dies zu Lasten der Eigentümer von Grundstücken mit geringerer Bebauungstiefe. Das im Übergangsbereich gelegene Grundstück, das bei exakter Betrachtung beispielsweise nur bis zur Tiefe von 35 Metern Baulandqualität hat, würde bei einer entsprechend einer ortsüblichen Bebauungstiefe im Verbandsgebiet von (angenommen) 40 Metern verlaufenden Tiefenbegrenzung - zulässigerweise pauschalierend - so behandelt, als wenn es fünf Meter tiefer Baulandqualität hätte. Bei einem Hinausschieben der Tiefenlinie auf 50 Meter verdreifachte sich aber bereits die beitragspflichtige Fläche, die bei genauer Grundstücksbetrachtung ohne Tiefenbegrenzungsregelung für die Bemessung des Beitrages überhaupt nicht angerechnet würde. Weicht der Satzungsgeber von dem aus Verwaltungsvereinfachungsgründen zulässigen Kriterium der ortsüblichen bzw. typischen Bebauungstiefe ab und gelangt so zu einem abweichenden Verlauf der Tiefenlinie, so entfernt er sich damit ohne vertretbaren Grund von dem wegen des Vorteilsprinzips (§ 7 Abs. 1 Satz 2 KAG) und aus Gründen der Gleichbehandlung bestehenden Erfordernis einer realitätsnahen Abgrenzung von Innen- und Außenbereichsflächen.

83

Die Anwendung der als Begrenzung des Grundsatzes der Typengerechtigkeit aufgestellten Quantifizierungsregel von höchstens 10% zulässiger Ausnahmefälle auf die Ermittlung der Tiefenbegrenzung erscheint aber auch grundsätzlich als unzutreffend. Die erforderliche Orientierung der Tiefenbegrenzung an der ortsüblichen baulichen Nutzung (BVerwG, 01.09.2004, a.a.O.) enthält bereits den entscheidenden Zulässigkeitsmaßstab der Pauschalierung und schließt die Anwendung der "10%-Regel" aus. Der Maßstab der ortsüblichen bzw. -angemessenen Bebauungstiefe greift weiter als das mit 90% und 10% quantifizierte Regel-Ausnahmeverhältnis. Ortsüblich ist die Bebauungstiefe, die im zu betrachtenden Gebiet üblich i.S.v. normal, geläufig, verbreitet oder in der Mehrzahl der ermittelten Fälle anzutreffen ist (vgl. Bloemenkamp, a.a.O., Rn. 1464). Dafür ist nicht erforderlich, dass sie in mindestens 90% der Fälle auftritt. Dies würde wegen der unterschiedlichen Verteilung der die einzelnen Grundstücke betreffenden Bebauungstiefen wohl auch zumeist zur Unanwendbarkeit der Tiefenbegrenzung führen. Denn schon sobald sich die Streubreite der tatsächlich anzutreffenden Bebauungstiefen ausgehend von der festgesetzten Tiefenbegrenzungslinie um mehr als 5% nach oben und unten erstreckte, wäre die Höchstgrenze von 10% überschritten. Es ist - wie zuvor ausgeführt - anerkannt, dass sich die Tiefenbegrenzung an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientieren muss. Die Begriffe "ortsüblich" und "orientieren" bringen mit der ihnen inbegriffenen Unschärfe zum Ausdruck, dass es nicht um die Ermittlung einer exakt zu berechnenden Größe geht, von der nur zu bestimmten Prozentanteilen abgewichen werden darf. Das Erfordernis der Üblichkeit einer Bebauungstiefe setzt vielmehr schon voraus, dass es daneben eine nicht nur geringe Anzahl von Grundstücken mit im Gebiet nicht üblichen Bebauungstiefen geben muss, die nicht dem mit normal, geläufig oder verbreitet zu bezeichnenden Maß entsprechen muss. Aus all dem folgt, dass für die Annahme der Ortsüblichkeit ausreichend eine zahlenmäßig hinreichend große Gruppe von Grundstücken ist, die in etwa die gleichen Bebauungstiefen aufweisen, so dass von einer üblichen Tiefe gesprochen werden kann (vgl. dazu Bloemenkamp, a.a.O.). Der Senat hätte keine Bedenken, dies in dem vorliegenden Fall etwa für die Gruppe der bis zu 40 m tief bebauten Grundstücke anzunehmen, für die der Antragsgegner den Wert von immerhin 77% aller in die Betrachtung einbezogenen Grundstücke bei einer durchschnittlichen Bebauungstiefe aller Grundstücke von 34,85 m ermittelt hat.

84

Die bisherige Rechtsprechung des mit dem Abgabenrecht befassten 1. Senates steht dazu nicht im Widerspruch. Soweit er sich bislang zu Fragen der Tiefenbegrenzung in Verbindung mit dem Grundsatz der Typengerechtigkeit geäußert hat (04.12.2007 - 1 M 27/07 -, n.v.), ist das allein in dem Zusammenhang geschehen, dass eine im erstinstanzlichen Verfahren von dem Verwaltungsgericht festgestellte Kollision der festgesetzten Tiefenbegrenzung mit der "10%-Regel" nach Überarbeitung der Kalkulation durch den Zweckverband im Beschwerdeverfahren nicht mehr festgestellt werden konnte. Eine Aussage über die Anwendbarkeit dieser Quantifizierung im Zusammenhang mit der Tiefenbegrenzung ist damit entgegen anderslautender Einschätzung in der Kommentarliteratur (vgl. Aussprung, a.a.O., § 9, Anm. 4.3) nicht verbunden gewesen.

85

Der Senat hat dennoch erwogen, die vorliegend festgelegte Tiefenbegrenzungslinie von 50 Metern für ermessensgerecht zu erachten, weil bei Abgrenzung des Innen- vom Außenbereich zu berücksichtigen sein mag, dass der Bebauungszusammenhang nach § 34 Abs. 1 BauGB nicht unbedingt mit der Außenwand der letzten Baulichkeit enden muss, sondern je nach den örtlichen Gegebenheiten etwa noch einen Hausgarten einschließen kann (bauakzessorische Nutzung) und auch topographische Verhältnisse dabei eine prägende Rolle spielen können (vgl. Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Kommentar, § 34, Rn. 25f; Rieger in: Schrödter, Baugesetzbuch, Kommentar, 7. Aufl., § 34, Rn. 14). Der Senat sieht sich jedoch gehindert, die hier getroffene Entscheidung über die Tiefenbegrenzung von 50 Metern aufgrund dieser Überlegungen für fehlerfrei zu halten. Der Antragsgegner hat ausweislich seiner Dokumentation der Ermessenserwägungen diesen Gesichtspunkt bei der Festlegung der Tiefengrenze selbst nicht mit einbezogen, sondern allein die hintere Begrenzung des letzten nach seiner Einschätzung für einen Bebauungszusammenhang nach § 34 Abs. 1 BauGB relevanten Gebäudes ausschlaggebend sein lassen. Allein danach und nach der Eingruppierung in derart definierte Tiefengruppen („Grenzwerte“ von 40,45 und 50 Metern) hat er die ortsübliche Bebauungstiefe ermittelt. Der Senat müsste damit an die Stelle der ortsgesetzgeberischen Ermessensentscheidung des Antragsgegners eine eigene Entscheidung über die Tiefenbegrenzung setzen; dies ist ihm jedoch verwehrt. Außerdem erforderte eine Berücksichtigung dieser Umstände womöglich eine weitere Ermittlung der örtlichen Verhältnisse, weil das Ziehen der Grenze zwischen dem im Zusammenhang bebauten Ortsteil und dem Außenbereich grundsätzlich eine Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhaltes erfordert (BVerwG, 06.11.1968 – IV C 2.66 -, BVerwGE 31, 20, 21).

86

b. Der danach festzustellende Verstoß von § 4 Abs. 2 d) TBS gegen den Vorteilsgrundsatz (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KAG) und das Gleichbehandlungsprinzip führt zur Unwirksamkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung.

87

Die Normierung einer Tiefenbegrenzung ist im Anschlussbeitragsrecht zwar nicht vorgeschrieben. Ihre Anordnung steht vielmehr im Ermessen des Ortsgesetzgebers. Fehlt sie, sind in jedem Einzelfall die örtlichen Grundstücksverhältnisse zu betrachten und der Kalkulation des Beitragssatzes sowie der Heranziehung des einzelnen Grundstückseigentümers zugrundezulegen. Dies kann dazu führen, dass eine Kanalbaubeitragssatzung trotz festgestellter Unwirksamkeit der Tiefenbegrenzung fortbesteht.

88

Hier ist eine Fortgeltung der Trinkwasserbeitragssatzung trotz Unwirksamkeit der Tiefenbegrenzungsregelung nach § 4 Abs. 2 d) TBS jedoch ausgeschlossen. Die Ungültigkeit eines Teils einer Satzungsbestimmung schlägt nur dann nicht auf die gesamte Regelung mit der Folge der Gesamtnichtigkeit durch, wenn die Restbestimmungen auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll bleiben und mit Sicherheit anzunehmen ist, daß sie auch ohne diesen erlassen worden wären (BVerwG, 27.01.1978, a.a.O.). Vorliegend sind beide Voraussetzungen nicht gegeben.

89

§ 4 Abs. 2 d) TBS könnte ohne die Regelung über die Tiefenbegrenzung nicht fortbestehen, weil dann bei Grundstücken im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich zum Außenbereich als Grundstücksfläche die Gesamtfläche des Grundstücks zählen würde. Dies wäre vorteilswidrig, weil dann auch die einer Bebauung entzogene Außenbereichsfläche mitgerechnet würde. Betrachtete man deshalb die gesamte Regelung unter § 4 Abs. 2 d) TBS als nichtig, so fehlte dem Beitragsmaßstab eine Regelung über die anrechenbare Grundstücksfläche von solchen Übergangsgrundstücken. Da im Verbandsgebiet zahlreiche Grundstücke dieser Art existieren, wäre die nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG unabdingbare Bestimmung des Beitragsmaßstabes wegen des im Anschlussbeitragsrecht geltenden Grundsatzes der konkreten Vollständigkeit (vgl. OVG Greifswald, 30.06.2004, a.a.O., juris, Rn. 91) zu beanstanden. Darüber hinaus würde sich die Unwirksamkeit von § 4 Abs. 2 d) TBS auf den Bestand weiterer Satzungsbestimmungen auswirken [(§ 4 Abs. 2 e) und f)], die auf diese Bestimmung Bezug nehmen.

90

Eine isolierte Nichtigkeit der Tiefenbegrenzungsregelung bei Fortbestand der weiteren Satzungsbestimmungen scheidet auch deshalb aus, weil sie nicht dem Willen des Satzungsgebers entspräche. Nach seiner Dokumentation der Ermessenserwägungen waren Vorstand und Verbandsvorsteher zu dem Ergebnis gekommen, dass aus Gründen der Rechtssicherheit und Verwaltungspraktikabilität eine Vermutungsregel in Form einer Tiefenbegrenzung aufgestellt und keine konkreten Einzelabgrenzungen von Innen- und Außenbereichsflächen vorgenommen werden sollten. Denn eine ohne Tiefenbegrenzungsregel erforderliche einzelfallbezogene Abgrenzung von Innenbereichs- und Außenbereichsflächen wäre sehr zeit- und kostenaufwändig.

91

Danach würde dem Antragsgegner bei Annahme der alleinigen Nichtigkeit von § 4 Abs. 2 d) TBS eine Beitragssatzung aufgenötigt, die dieser ausdrücklich so nicht erlassen wollte. Somit musste der Senat die gesamte Trinkwasserbeitragssatzung des Antragsgegners für unwirksam erklären.

92

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beurteilt sich nach § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

93

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 07. September 2011 – 3 A 402/10 – wie folgt geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldnerin wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten des Vollstreckungsgläubigers abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung der Klägerin zu Anschlussbeiträgen (Trinkwasser).

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Flurstück .../..., Flur ..., Gemarkung ... mit einer Größe von 1.777 m², welches an die öffentliche Wasserversorgungsanlage des Wasserzweckverbandes Strelitz angeschlossen ist.

3

Mit Bescheid vom 01. Dezember 2008 zog der Beklagte, ausgehend von einer beitragspflichtigen Grundstücksfläche von 1.263 m² und einem Vollgeschoss, die Klägerin zu einem Anschlussbeitrag in Höhe von 736,46 EUR heran. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein. Mit Änderungsbescheid vom 22. Juli 2009 reduzierte der Beklagte die Beitragsforderung aufgrund einer Änderung des bislang zugrunde gelegten Mehrwertsteuersatzes von 19 % auf 7 % auf 662,19 EUR. Mit Widerspruchsbescheid vom 24. März 2010, zugestellt am 26. März 2010, wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.

4

Die Klägerin hat am 26. April 2010 Klage erhoben.

5

Sie hat vorgetragen, ihre Heranziehung sei rechtswidrig. Die Wasserabgabensatzung sei unter Beachtung der neuesten Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern unwirksam, da der Tiefenbegrenzungslinie gemäß Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B c) der Satzung nicht die tatsächlichen Verhältnissen zugrunde gelegt worden seien. Fehlerhaft sei auch die Ermittlung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche. Es könne lediglich die Fläche herangezogen werden, die an die Straße angrenze. Beitragspflichtig sei damit eine Fläche von 586 m², so dass sich ein Beitrag von 307,24 EUR errechne. Der Beklagte gehe satzungswidrig von einer Grundstücksfläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksgrenze und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen aus. Selbst bei Anwendung der Tiefenbegrenzung würde die Fläche nur 939,39 m² betragen, da sich die Parallele am Verlauf der Straße orientieren müsse. Die Klägerin hat insoweit zur Erläuterung auf einen von ihr an den Beklagten übermittelten Flurkartenausschnitt verwiesen; für die weiteren Einzelheiten wird dazu auf den bei den Verwaltungsvorgängen (Beiakte B, Bl. 3) befindlichen Flurkartenausschnitt verwiesen.

6

Die Klägerin hat beantragt,

7

den Bescheid des Beklagten vom 01. Dezember 2008 – Az. 1620006 – in Gestalt des Änderungsbescheides vom 22. Juli 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2010 insoweit aufzuheben, als ein Beitrag von mehr als 307,24 EUR festgesetzt wird.

8

Der Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Er hat vorgetragen, dass die in der Verbandsversammlung am 10. August 2011 beschlossene Wasserabgabensatzung eine ordnungsgemäß ermittelte Tiefenbegrenzungsregelung aufweise, und dies unter Vorlage der die Ermittlung und Festlegung der Tiefenbegrenzung betreffenden Dokumente erläutert; für die weiteren Einzelheiten wird auf diese Dokumente, die sich bei der Gerichtsakte befinden, verwiesen. Im Übrigen liege das klägerische Grundstück im unbeplanten Innenbereich und die Grundstücksfläche betrage bei Anwendung der Tiefenbegrenzungsregelung 1.263 m².

11

Während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hat der Wasserzweckverband Strelitz am 10. August 2011 seine Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Wasserversorgung (Wasserabgabensatzung – WAgS) beschlossen, die am 17. August 2011 ausgefertigt worden ist. Die Satzung ist nach ihrem § 24 Satz 1 rückwirkend zum 01. Januar 2008 in Kraft getreten.

12

Mit dem angefochtenem Urteil vom 07. September 2011, Az. 3 A 402/10, hat das Verwaltungsgericht den Bescheid des Beklagten vom 01. Dezember 2008 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 22. Juli 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2010 aufgehoben, soweit darin ein Beitrag von mehr als 307,24 EUR festgesetzt worden ist. Die zulässige Klage sei begründet. Dem angegriffenen Bescheid fehle die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V erforderliche Rechtsgrundlage. Die am 10. August 2011 beschlossene Satzung des Wasserzweckverbandes Strelitz über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Wasserversorgung (Wasserabgabensatzung – WAgS) sei unwirksam. Die in Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B c) Wasserabgabensatzung geregelte Tiefenbegrenzung verstoße, soweit eine Tiefenbegrenzung von 50 m normiert werde, gegen § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG bzw. das darin normierte Vorteilsprinzip. Dieser Verstoß führe zur Unwirksamkeit der Verteilungsregelung und damit zur Unwirksamkeit der Wasserabgabensatzung insgesamt. Die Bestimmung normiere eine „schlichte“ Tiefenbegrenzung. Ihr Anwendungsbereich beschränke sich nicht auf Grundstücke, die mit ihrer vorderen, straßennahen Teilfläche im unbeplanten Innenbereich i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB und mit ihrer rückwärtigen Teilfläche im Außenbereich lägen (sog. „Randlagengrundstücke“). Die Bestimmung finde vielmehr auch auf solche Grundstücke Anwendung, die vollständig, d.h. auch mit ihren rückwärtigen Teilflächen, im unbeplanten Innenbereich lägen (sog. „zentrale Innenbereichsgrundstücke“). Eine „schlichte“ Tiefenbegrenzung sei im Anschlussbeitragsrecht zulässig. Sie habe sich zur Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der Innen- von den Außenbereichsflächen im Geltungsbereich der Tiefenbegrenzung auszurichten. Ein sachgerechter Anhaltspunkt dafür, dass eine bauliche Nutzung über eine bestimmte Tiefe hinaus in der Regel nicht stattfinde, stelle die ortsübliche Tiefe der baulichen Nutzung dar. Für die Festsetzung der an diesen Verhältnissen zu orientierenden Tiefenbegrenzung stehe dem Ortsgesetzgeber ein normgeberisches Ermessen zu. Um dieses ordnungsgemäß ausüben zu können, müsse er die örtlichen Verhältnisse sorgfältig und willkürfrei in allen Bereichen des Verbandsgebietes sowohl für die ortsübliche Bebauungstiefe als auch für die ggf. einzubeziehende bauakzessorische Nutzung ermitteln. Nach diesen Kriterien entspreche die in der Wasserabgabensatzung festgesetzte Tiefenbegrenzungslinie von 50 m nicht den örtlichen Verhältnissen. So sei bereits die Ermittlung der üblichen Bebauungstiefe methodisch fehlerhaft. Der Wasserzweckverband Strelitz habe bei den vorliegenden Messdaten zur Ermittlung der ortspezifischen Bebauungstiefe sowohl „zentrale Innenbereichsgrundstücke“ als auch „Randlagengrundstücke“ berücksichtigt. Dies sei fehlerhaft, denn es widerspreche der Funktion der Tiefenbegrenzung. Auch die „schlichte“ Tiefenbegrenzung diene der Abgrenzung von Innen- und Außenbereichsflächen. Daher könnten nur „Randlagengrundstücke“ für die Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe herangezogen werden, denn nur diese zeichneten sich dadurch aus, dass sie vom Innenbereich in den Außenbereich übergehen. „Zentrale Innenbereichsgrundstücke“ gäben für diese Frage dagegen nichts her, da sie vollständig im unbeplanten Innenbereich lägen. Der Fehler sei nicht „ergebnisneutral“. Vielmehr begründe die Berücksichtigung von „zentralen Innenbereichsgrundstücken“ bei der Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe die Gefahr einer unrealistischen Abbildung der tatsächlich bestehenden Außenbereichsgrenzen. Im Gebiet des Wasserzweckverbandes Strelitz lägen drei Kleinstädte. Angesichts der dort vorhandenen eher kleinteiligen Bebauungsstruktur habe die Berücksichtigung zentraler Innenbereichsgrundstücke die Folge, dass die Zahl der eher weniger tief bebauten Grundstücke zunehme und damit das Gesamtergebnis der Untersuchung dergestalt beeinflusse, dass die metrische Festlegung der Tiefenbegrenzung kleiner ausfalle, als bei einer ausschließlichen Berücksichtigung von „Randlagengrundstücken“. Sinke aber die metrische Festlegung der Tiefenbegrenzung, so steige bei dieser Sachlage die Anzahl der Grundstücke im zentralen Innenbereich bedenklich, die von der Tiefenbegrenzungsregelung profitierten.

13

Etwas anderes ergebe sich auch dann nicht, wenn man den vorstehenden Ausführungen nicht folge und von einer methodisch fehlerfreien Ermittlung der Bebauungstiefe in den einzelnen Messreihen ausginge. Denn in diesem Fall habe der Beklagte die vorliegenden Messergebnisse nicht ermessensfehlerfrei gewichtet. Bei der Festlegung der Tiefenbegrenzung habe eine wertende Betrachtung zu erfolgen. Der Beklagte habe vorliegend die ortspezifische Grundstückstiefe anhand von 14 repräsentativen Messreihen ermittelt und – unter zusätzlicher Berücksichtigung einer Tiefe der bauakzessorischen Nutzung von 15 m – die Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m festgelegt, d.h. er sei grundsätzlich von einer üblichen Bebauungstiefe in seinem Verbandsgebiet von 35 m ausgegangen. Soweit dem die Überlegung zugrunde liege, die durchschnittliche Bebauungstiefe aller untersuchten Grundstücke betrage 31,59 m, sei dies fehlerhaft. Denn eine Durchschnittsbildung sei mit der erforderlichen Gewichtung nicht zu vereinbaren, weil in den Durchschnittswert regelmäßig auch „Ausreißer“, also Grundstücke mit einer außergewöhnlich großen bzw. geringen Bebauungstiefe einfließen würden, die gerade nicht die „übliche“ Bebauungstiefe widerspiegelten. Zur Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe könne entgegen der Beschlussvorlage vom 11. August 2011 auch nicht darauf abgestellt werden, dass 70,09 % aller Grundstücke im Verbandsgebiet bis zu einer Tiefe von 35 m bebaut worden seien. Denn die reine Addition der Vom-Hundert-Sätze der Bebauungstiefen der ermittelten Messreihen gebe regelmäßig keine Auskunft darüber, welche Messreihen eine hinreichend große Gruppe von Grundstücken abbildeten, die eine in etwa gleiche Bebauungstiefe aufwiesen. Die Kammer verkenne nicht, dass die Bewertung der Messreihen im Ermessen des Beklagten stehe, und wolle dieses Ermessen nicht selbst ausüben. Es sei aber kein plausibler Grund für die vom Beklagten vorgenommene Bewertung erkennbar: Entweder man stütze sich auf die Messreihen mit den „zweistelligen“ Vom-Hundert-Sätzen (Messreihen 2 bis 5), dann sei eine Bebauungstiefe von bis zu 30 m ortsüblich, was unter Berücksichtigung der vom Beklagten festgestellten Tiefe der bauakzessorischen Nutzung (15 m) eine Tiefenbegrenzung von 45 m rechtfertigen würde. Oder aber man ziehe den Kreis der berücksichtigungsfähigen Messreihen weiter und berücksichtige zusätzlich die zahlenmäßig etwa gleichstarken Messreihen 6 (31 bis 35 m) und 7 (36 bis 40 m), die 8,93 % bzw. 9,69 % aller Grundstücke beträfen. Dann läge die ortsübliche Bebauungstiefe bei 40 m, was unter Berücksichtigung der Tiefe der bauakzessorischen Nutzung eine Tiefenbegrenzung von 55 m rechtfertigen würde. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil die Berufung wegen grundsätzliche Bedeutung der Rechtsache zugelassen.

14

Das Urteil ist dem Beklagten am 30. September 2011 zugestellt worden. Am 21. Oktober 2011 hat er Berufung eingelegt.

15

Der Beklagte trägt im Wesentlichen vor,

16

bei der in Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B c) Wasserabgabensatzung normierten Tiefenbegrenzungsregelung handele es sich um eine sog. „undifferenzierte“ Tiefenbegrenzungsregelung, die sämtliche Grundstücke im unbeplanten Innenbereich, unabhängig von ihrer Qualität als „Randlagengrundstück“ im Übergangsbereich zwischen Innen- und Außenbereich, betreffe. Das Verwaltungsgericht sei offensichtlich der Auffassung, dass die Tiefenbegrenzungslinie dort zu ziehen sei, wo sich die Bebauung im Sinne einer signifikanten Häufigkeit konzentriere. Diese Erwägung überzeuge nicht. Der Ausgangspunkt des Verwaltungsgerichts, auch bei der undifferenzierten Tiefenbegrenzung käme es ausschließlich darauf an, festzustellen, wann der Innenbereich in den Außenbereich übergehe, sei unzutreffend. Der Unterschied zwischen der „undifferenzierten“ und der sog. „qualifizierten“ Tiefenbegrenzung liege gerade darin, dass von der undifferenzierten Tiefenbegrenzung auch die Grundstücke betroffen seien, die sich vollständig im Innenbereich befinden. Würde man der Auffassung des Verwaltungsgerichts folgen und annehmen, dass es auch bei der „undifferenzierten“ Tiefenbegrenzung ausschließlich um die typisierte Abgrenzung von Innen- und Außenbereich gehe, würden alle Grundstücke, die von der Tiefenbegrenzung betroffen seien, „Randlagengrundstücke“ sein, mit der Folge, dass es einen Unterschied zwischen qualifizierter und undifferenzierten Tiefenbegrenzung nicht gebe. Bei der undifferenzierten Tiefenbegrenzung sei daher nicht die Frage zu beantworten, wann der Innenbereich in den Außenbereich übergehe, sondern wie sich die ortstypische bauliche Ausnutzbarkeit der Grundstücke am Maßstab der Kriterien des § 34 Abs. 1 BauGB darstelle. Der Beklagte stütze sich dabei auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 01. September 2004 – 9 C 15.03 –, wonach maßgeblich gerade auf die bauliche Ausnutzbarkeit unter Berücksichtigung der Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 BauGB abgestellt werde. Folgerichtig gehe es bei der „undifferenzierten“ Tiefenbegrenzungsregelung auch darum zu erkennen, dass der Erschließungsvorteil, dessen Umfang von der zulässigen baulichen Nutzung (Ausnutzbarkeit) abhänge, bei übergroßen Grundstücken im Innenbereich regelmäßig nicht größer sei, als bei den durchschnittlich tiefen Grundstücken eines Abrechnungsgebietes. Hinsichtlich dieses Kriteriums besäßen aber auch die zentral gelegenen Innenbereichsgrundstücke, auch soweit sie vollständig dem Innenbereich zuzuordnen seien, durchaus Aussagepotenzial hinsichtlich der typischen baulichen Ausnutzbarkeit von Innenbereichsgrundstücken. Aber selbst wenn man dieser Auffassung nicht folge und mit dem Verwaltungsgericht der Auffassung sei, dass es auch bei der „undifferenzierten“ Tiefenbegrenzungsregelung um eine Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich gehe, erweise sich die Auffassung des Verwaltungsgerichts, man dürfe methodisch nur die „Randlagengrundstücke“ berücksichtigen, als unzutreffend. Die entsprechende Ermittlung der örtlichen Verhältnisse dürfte dann aber gerade auch dazu dienen, festzustellen, ab wann überhaupt von einem „Randlagengrundstück“ gesprochen werden könne. Wenn die Tiefenbegrenzungslinie den Übergang zwischen dem Innen- und Außenbereich markiere, dann stehe vor Feststellung der örtlichen Verhältnisse noch überhaupt nicht fest, bei welchen Grundstücken in einer Ortslage der Innenbereich in den Außenbereich übergehe. Ohne die erforderlichen Ermittlungen sei daher noch nicht bekannt, welche Grundstücke sogenannte „Randlagengrundstücke“ seien. Es sei schlechterdings nicht möglich, bei der Ermittlung der ortsüblichen Verhältnisse zur Festsetzung einer Tiefenbegrenzungslinie ausschließlich „Randlagengrundstücke“ zu berücksichtigen, weil die Randlage erst das Ergebnis der Ermittlungstätigkeit sei.

17

Soweit das Verwaltungsgericht meint, es sei unzulässig, die Tiefenbegrenzungslinie auf Grundlage eines ermittelten Durchschnittwertes der ortsüblichen Bebauung sowie durch eine Addition der Vom-Hundert-Sätze der Bebauungstiefe der ermittelten Messreihen festzusetzen, sei dies ebenfalls nicht überzeugend. Zunächst sei darauf hinzuweisen, dass der beklagte Zweckverband seine Entscheidung, die Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m unter Berücksichtigung einer bauakzessorischen Nutzung von 15 m anzunehmen, nicht alleine auf die ermittelte durchschnittliche Bebauungstiefe gestützt habe. Vielmehr habe die durchschnittliche Bebauungstiefe dazu gedient, festzustellen, ob sich die Abweichungen beiderseits der beabsichtigten Tiefenbegrenzungslinie in etwa die Waage hielten, d.h. also, ob die Anzahl der Grundstücke, bei denen die bauliche Ausnutzbarkeit diesseits der Tiefenbegrenzungslinie ende, der Anzahl der Grundstücke in etwa entspreche, bei denen die bauliche Ausnutzbarkeit jenseits der Tiefenbegrenzungslinie ende. Für diese Ausgewogenheit habe die durchschnittliche Bebauungstiefe Aussagekraft. Immerhin habe auch das Bundesverwaltungsgericht in der bereits erwähnten Entscheidung hinsichtlich der Ermittlung der Tiefenbegrenzungslinie maßgeblich darauf abgestellt, dass bei Innenbereichsgrundstücken die bauliche Ausnutzbarkeit regelmäßig nicht größer sei als bei den „durchschnittlich“ tiefen Grundstücke eines Abrechnungsgebietes. Um festzustellen, ab wann eine bauliche Nutzbarkeit der betroffenen Grundstücke typischerweise nicht mehr gegeben sei, sei es zudem erforderlich gewesen, gewissermaßen von unten kommend, sämtliche Vom-Hundert-Sätze der Bebauungstiefen zu summieren, und so festzustellen, ab wann eine Bebauung nur noch ausnahmsweise stattfinde. Zur Vorteilsgerechtigkeit gehöre, ausreichend Flächen heranzuziehen, um den Beitragssatz möglichst gering zu halten. Vor diesem Hintergrund halte es der Beklagte eben gerade nicht für vorteilsgerecht, beispielsweise die Tiefenbegrenzungslinie im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung der bauakzessorischen Nutzung bei 45 m zu ziehen, weil hier immerhin noch bei 40 % der untersuchten Fälle eine Bebauung jenseits der Tiefenbegrenzungslinie ende. Ein Verhältnis von 60 zu 40 stelle noch kein Regel-Ausnahme-Verhältnis dar. Demgegenüber erfasse die Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m unter Berücksichtigung der bauakzessorischen Nutzung 70,09 % der untersuchten Grundstücke mit der Folge, dass lediglich bei 30 % der untersuchten Fälle die bauliche Nutzbarkeit jenseits der Tiefenbegrenzungslinie ende. Hierin habe der beklagte Zweckverband unter Ausnutzung des ihm zustehenden weiten Ermessens angenommen, dass an dieser Stelle ein Regel-Ausnahmeverhältnis durchaus angemessen sei und angenommen werden könne. Darin liege auch der sachliche Grund, die Tiefenbegrenzungslinie bei der Messreihe 6 zu ziehen.

18

Der Beklagte beantragt,

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die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 01. Dezember 2008, Az. 1620006, in Gestalt des Änderungsbescheides vom 22. Juli 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2010 unter Aufhebung des Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 07. September 2011, Az. 3 A 402/10, abzuweisen.

20

Die Klägerin beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

22

Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei im Ergebnis richtig. Selbst bei ermessenfehlerfreier Festsetzung der Tiefenbegrenzungsregelung und damit wirksamer Satzungsgrundlage hätte es der Klage stattgeben müssen, da auch dann die streitgegenständlichen Bescheide in dem angefochtenen Umfang rechtswidrig gewesen wären. In Anwendung der Tiefenbegrenzungsregelung habe die Klägerin aufgrund der nur teilweisen Anfechtung des Beitragsbescheides den Beitrag bereits vollständig entrichtet. Darüber hinaus bestehe keine Beitragspflicht der Klägerin. Hätte der Beklagte auch die Grundstücksfläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksgrenze und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen zur Beitragspflicht unterwerfen wollen, hätte es hierzu einer entsprechenden Satzungsregelung bedurft, wie sie in zahlreichen anderen Beitragssatzungen und der Mustersatzung des Städte- und Gemeindetages M-V e.V. und des Innenministeriums M-V zu finden sei.

23

Das Verfahren ist in der mündlichen Verhandlung mit dem Verfahren Az. 1 L 27/09 zur gemeinsamen Verhandlung verbunden worden.

24

Für die weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung, die Verfahrensakten samt der zu diesen gereichten Behördenakten und auf die beigezogenen Akten des Verfahrens Az. 1 M 91/09 (VG Greifswald Az. 3 B 249/09) nebst Behördenakten, die jeweils zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe

25

Die zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg.

26

Die zulässige Anfechtungsklage der Klägerin ist unbegründet; das verwaltungsgerichtliche Urteil war entsprechend abzuändern und die Klage abzuweisen.

27

Der angefochtene Anschlussbeitragsbescheid des Beklagten vom 01. Dezember 2008 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 22. Juli 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin folglich nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er kann auf eine wirksame Rechtsgrundlage gestützt werden (1.); auch die Rechtsanwendung ist nicht zu beanstanden (2.).

28

1. Der angefochtene Bescheid ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht mangels wirksamer, gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KG M-V aber erforderlicher Rechtsgrundlage rechtwidrig. Die am 10. August 2011 beschlossene, am 17. August 2011 ausgefertigte und nach ihrem § 24 Satz 1 rückwirkend zum 01. Januar 2008 in Kraft getretene Satzung des Wasserzweckverbandes Strelitz über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Wasserversorgung (Wasserabgabensatzung – WAgS) ist wirksam und damit Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides.

29

Die in Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B c) Wasserabgabensatzung geregelte Tiefenbegrenzung von 50 m verstößt entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts nicht gegen § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG bzw. das darin normierte Vorteilsprinzip.

30

Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B. c) WAgS bestimmt:

31

Als Grundstücksfläche gilt: bei Grundstücken, für die kein Bebauungsplan besteht und die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles liegen (§ 34 BauGB), die Gesamtfläche des Grundstücks, höchstens jedoch die Fläche zwischen der jeweiligen Straßengrenze und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen; bei Grundstücken, die nicht an eine Straße angrenzen oder nur durch einen zum Grundstück gehörenden Weg mit einer Straße verbunden sind, die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen. Im Falle eines Eckgrundstückes ist die Tiefenbegrenzungsregelung in jede Richtung der vorhandenen Anbaustraßen aus zu ziehen.

32

Die in der Vorschrift enthaltene Festlegung der Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m ist nicht zu beanstanden.

33

Eine Tiefenbegrenzung ist im Anschlussbeitragsrecht grundsätzlich zulässig. Die Tiefenbegrenzung ist eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung, dass der diesseits der Begrenzungslinie liegende Teil des Grundstücks Bauland ist. Die damit verbundene und im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen allgemein als zulässig angesehene Pauschalierung wirkt sich in Einzelfällen mehr oder weniger zu Lasten einzelner Beitragspflichtiger aus. Eine Tiefenbegrenzung findet gerade im Anschlussbeitragsrecht ihre Rechtfertigung darin, dass im Rahmen der Beitragskalkulation die Ermittlung der Gesamtbeitragsfläche erforderlich ist, die auf metrische Festlegungen angewiesen ist. Dadurch gewinnt der Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität und -vereinfachung besondere Bedeutung. Ohne Tiefenbegrenzung müsste gegebenenfalls eine exakte Einzelfallbewertung sämtlicher der Beitragspflicht unterliegender unbeplanten Grundstücke trotz verbleibender Unsicherheiten in der Abgrenzung des Innenbereichs angestellt werden. Die Gesichtspunkte der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität stehen im Spannungsfeld mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Vorteilsprinzip (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V). Danach sind die Beiträge nach den Vorteilen zu bemessen. Die Vorteile bestehen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V in der Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung, für die die Beiträge erhoben werden. Da eine exakte Bemessung der Vorteile in der Praxis mit einem nicht akzeptablen Aufwand verbunden wäre, sind Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe anerkannt, insbesondere ist es zulässig, Vorteile nach einem – wie in Anlage 1 1. A Abs. 1 WAgS geregelten – kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstab zu bemessen. Nach diesem Maßstab ist die Größe der bevorteilten Fläche des Grundstückes ein wesentlicher Faktor zur Errechnung des auf das Grundstück entfallenden Beitrages. Je größer die Fläche des Grundstückes bzw. bei Grundstücken im Übergangsbereich vom Innen- zum Außenbereich der im Innenbereich liegende (bebaubare) Teil des Grundstückes ist, desto größer ist im Prinzip der zu leistende Beitrag. Dieser Zusammenhang ist bei der Normierung einer Tiefenbegrenzung zu beachten. Denn läge bei exakter Betrachtung des einzelnen Grundstückes die Grenze des baurechtlichen Innenbereiches (§ 34 Abs. 1 BauGB) vor (straßenseits) der Tiefenbegrenzungslinie, so würde der Eigentümer des Grundstückes – aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität grundsätzlich zulässigerweise – höher belastet als es ohne eine Tiefenbegrenzungsregelung der Fall wäre. Gleichermaßen würde derjenige Grundstückseigentümer, dessen Grundstück ohne die Vermutung der Tiefenbegrenzung erst jenseits der Tiefenlinie in den Außenbereich überginge, besser gestellt als ohne Geltung der Tiefenbegrenzungslinie.

34

Die Bestimmung einer Tiefenbegrenzungslinie hat sich daher zur Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der Innen- von den Außenbereichsflächen im Geltungsbereich der Tiefenbegrenzung auszurichten. Ein sachgerechter Anhaltspunkt dafür, dass eine bauliche Nutzung über eine bestimmte Tiefe hinaus in der Regel nicht stattfindet, stellt – wenn eine solche ermittelbar ist – die ortsübliche Tiefe der baulichen Nutzung dar. Es ist darauf abzustellen, ob sich die gewählte Tiefenlinie als ortsangemessen darstellt bzw. den örtlichen Verhältnissen entspricht. Dies stimmt mit den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts im Erschließungsbeitragsrecht an die satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung überein. Danach muss die gewählte Tiefenbegrenzung die typischen örtlichen Verhältnisse tatsächlich widerspiegeln und sich an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientieren (BVerwG, 01.09.2004 – 9 C 15.03 –, BVerwGE 121, 365, 369). Für die Festsetzung der an diesen Verhältnissen zu orientierenden Tiefenbegrenzung steht dem Ortsgesetzgeber ein normgeberisches Ermessen zu. Um dieses Ermessen ordnungsgemäß ausüben zu können, muss er vor Beschlussfassung über die Satzung und Festlegung der Tiefenbegrenzung die örtlichen Verhältnisse sorgfältig und willkürfrei in allen Bereichen des Verbandsgebietes ermitteln. Die Ergebnisse dieser Ermittlung sollen als Nachweis für die Kalkulation dokumentiert werden. Das Gericht hat die Ermessensausübung durch den Satzungsgeber nur auf deren Übereinstimmung mit den gesetzlichen Erfordernissen zu überprüfen, darf jedoch keine eigene Entscheidung an die Stelle der zu überprüfenden Ermessensentscheidung setzen.

35

Bei der Ermittlung der örtlichen Verhältnisse ist eine Begrenzung auf repräsentativ ausgewählten Ortslagen zulässig. Müsste der Ortsgesetzgeber die tatsächlichen Bebauungstiefen in allen Ortslagen des Verbandsgebietes untersuchen, verlöre die Tiefenbegrenzung als Instrument zur Verwaltungsvereinfachung ihre Berechtigung, denn dann würden die Grundstücksdaten, die aufgrund der Tiefenbegrenzungsregel nicht sollen erhoben werden müssen, schon für die Bildung der Regel benötigt. Auf welche Weise der Satzungsgeber die ortsüblichen Verhältnisse zu ermitteln hat, ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Auch dies liegt in seinem Ermessen. Ortsüblich ist die Bebauungstiefe, die im zu betrachtenden Gebiet üblich i. S. v. normal, geläufig, verbreitet oder in der Mehrzahl der ermittelten Fälle anzutreffen ist. Die Begriffe "ortsüblich" und "orientieren" bringen mit der ihnen inbegriffenen Unschärfe zum Ausdruck, dass es nicht um die Ermittlung einer exakt zu berechnenden Größe geht, von der nur zu bestimmten Prozentanteilen abgewichen werden darf. Das Erfordernis der Üblichkeit einer Bebauungstiefe setzt vielmehr schon voraus, dass es daneben eine nicht nur geringe Anzahl von Grundstücken mit im Gebiet nicht üblichen Bebauungstiefen geben muss, die nicht dem mit normal, geläufig oder verbreitet zu bezeichnenden Maß entsprechen muss. Aus all dem folgt, dass für die Annahme der Ortsüblichkeit ausreichend eine zahlenmäßig hinreichend große Gruppe von Grundstücken ist, die in etwa die gleichen Bebauungstiefen aufweisen, so dass von einer üblichen Tiefe gesprochen werden kann. Der Bebauungszusammenhang nach § 34 Abs. 1 BauGB muss nicht unbedingt mit der Außenwand der letzten Baulichkeit enden, sondern kann je nach den örtlichen Gegebenheiten etwa noch einen Hausgarten einschließen (bauakzessorische Nutzung); auch topographische Verhältnisse können dabei eine prägende Rolle spielen (vgl. zum Ganzen OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris; Urt. v. 12.10.2011 – 4 K 31/06 –, juris; jeweils m. w. N.).

36

Nach Maßgabe dieses Maßstabes liegt der streitgegenständlichen Tiefenbegrenzungsregelung weder eine methodisch fehlerhafte Ermittlung der üblichen Bebauungstiefe bzw. der diesbezüglichen örtlichen Verhältnisse im Gebiet des Zweckverbandes zugrunde (a) noch hat das satzungsgebende Organ des Wasserzweckverbandes die betreffenden Ermittlungsergebnisse bei seiner Festlegung im Übrigen ermessensfehlerhaft bewertet und gewichtet (b).

37

a) Das Verwaltungsgericht meint, es sei methodisch fehlerhaft gewesen, dass der Wasserzweckverband Strelitz zur Ermittlung der ortspezifischen Bebauungstiefe sowohl „zentrale Innenbereichsgrundstücke“ als auch „Randlagengrundstücke“ berücksichtigt habe. Dies sei zu beanstanden, weil es der Funktion der Tiefenbegrenzung – der Abgrenzung von Innen- und Außenbereichsflächen – widerspreche. Daher könnten auch nur Randlagengrundstücke für die Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe herangezogen werden, denn nur diese zeichneten sich dadurch aus, dass sie vom Innenbereich in den Außenbereich übergingen. Diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichts vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

38

aa) Das Verwaltungsgericht führt zunächst (S. 5 des Urteils) aus, der Anwendungsbereich der Regelung in Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B. c) WAgS beschränke sich nicht auf Grundstücke, die mit ihrer vorderen, straßennahen Teilfläche im unbeplanten Innenbereich i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB und mit ihrer rückwärtigen Teilfläche im Außenbereich lägen („Randlagengrundstücke“), vielmehr seien „auch“ solche Grundstücke erfasst, die vollständig, d.h. auch mit ihren rückwärtigen Teilflächen, im unbeplanten Innenbereich lägen ( „zentrale Innenbereichsgrundstücke“). Von diesem grundsätzlichen Normverständnis ausgehend entwickelt es dann seinen Rechtsstandpunkt, nur die von ihm so bezeichneten Randlagengrundstücke dürften in die Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe einbezogen werden.

39

Diesem Rechtsstandpunkt scheint damit eine grundlegende Fehldeutung des Regelungsgehalts der Bestimmung in Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B. c) WAgS zugrunde zu liegen: Anlage 1 Ziff. 1.3 B. c) WAgS findet nicht „auch“, sondern nach seinem klaren Wortlaut („Grundstücken, … die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles liegen“) entweder nur oder jedenfalls vor allem auf solche Grundstücke Anwendung, die vollständig, d.h. auch mit ihren rückwärtigen Teilflächen, „innerhalb“ des unbeplanten Innenbereichs liegen, daneben allenfalls „auch“ auf Grundstücke, die mit ihrer vorderen Teilfläche im unbeplanten Innenbereich und mit ihrer rückwärtigen Teilfläche im Außenbereich lägen („Randlagengrundstücke“). Das Verwaltungsgericht hat demzufolge in seinem grundsätzlichen Normverständnis den Regelungsgehalt der Bestimmung gewissermaßen in sein Gegenteil verkehrt. Seine methodische Kritik, es könnten nur „Randlagengrundstücke“ für die Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe herangezogen werden, denn nur diese zeichneten sich dadurch aus, dass sie vom Innen- in den Außenbereich übergingen, verliert den Regelungsgehalt von Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B. c) WAgS aus den Augen. Bei zutreffendem Verständnis der Norm betrachtet der Senat daher die Annahme, obwohl sie sich zumindest in erster Linie auf vollständig im Innenbereich belegene Grundstücke bezieht, dürften gerade diese Grundstücke für die Ermittlung der für sie vorgesehenen Tiefenbegrenzungsregelung nicht berücksichtigt werden, als unschlüssig.

40

Bleibt man im Übrigen eng am Wortlaut („Grundstücke, … die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles liegen“), folgt daraus ohne Weiteres, dass es definitionsgemäß nach Maßgabe von Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B. c) WAgS keine „Randlagengrundstücke“ und/oder „zentrale Innenbereichsgrundstücke“ geben kann, sondern eben ausschließlich nur innerhalb des Innenbereichs liegende Grundstücke, auf die die Tiefenbegrenzungsregelung Anwendung findet. Entsprechende Regelungen waren ohne Beanstandung insoweit bereits Gegenstand von Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts (vgl. etwa Beschl. v. 03.05.2005 – 1 L 268/03 – und Urt. v. 13.11.2001 – 4 K 16/00 – sowie v. 12.10.2011 – 4 K 31/06 –). Auch dort beschäftigte sich insbesondere der 4. Senat mit den „insgesamt im Innenbereich gelegenen Grundstücken“.

41

bb) Die Erwägungen des Verwaltungsgerichts stehen im Widerspruch zur Senatsrechtsprechung und zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 03. Mai 2005 – 1 L 268/03 – darauf hingewiesen, dass eine satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung, die die typischen örtlichen Verhältnisse tatsächlich widerspiegele, auch auf „zentrale“ Grundstücke des unbeplanten Innenbereichs anwendbar sei. Der Senat hat sich dabei auf die erschließungsbeitragsrechtliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 01.09.2004 – 9 C 15.03 –, BVerwGE 121, 365 – zitiert nach juris) bezogen, wonach es keinen tragfähigen Grund gebe, die entwickelten Grundsätze für eine Tiefenbegrenzung auf einen wie auch immer gearteten „Randbereich“ des unbeplanten Innenbereichs im Übergang zum Außenbereich zu beschränken oder – im Gegenteil – auf diesen Randbereich für unanwendbar zu halten. Wegen entsprechender örtlicher Verhältnisse könne danach die Anwendbarkeit einer satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung auch auf „zentrale“ Grundstücke mit § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB in Einklang stehen. Dann ist es grundsätzlich nicht gerechtfertigt, die „zentralen“ Grundstücke bei der Ermittlung der örtlichen Verhältnisse „außen vor zu lassen“.

42

cc) Mit der in Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B. c) WAgS geregelten Tiefenbegrenzung soll nach dem zutreffenden Vortrag des Beklagten in erster Linie die Frage beantwortet werden, wie sich die ortsübliche bauliche Ausnutzbarkeit der Grundstücke am Maßstab der Kriterien des § 34 Abs. 1 BauGB darstellt bzw. ab welcher Linie typischerweise „übertiefe“ Grundstücke in ihrem hinteren Teil weder bebaut noch bauakzessorisch genutzt werden können; daneben mag es in Innenbereichsrandlagen auch um die Klärung gehen, ab wo der Innenbereich in den Außenbereich übergeht. Bezogen auf die Frage des beitragsrechtlichen Vorteils können nicht baulich nutzbare – jenseits der ortsüblichen Bebauungstiefe bzw. der hierauf gegründeten Tiefenbegrenzungslinie liegende – Teilflächen „übertiefer“, vollständig im Innenbereich liegender Grundstücke den Außenbereichsteilflächen „übertiefer“ Grundstücke, die vom Innen- in den Außenbereich übergehen, gleichstehen. Entsprechend hat das Oberverwaltungsgericht in den vorstehend in Bezug genommenen Entscheidungen formuliert, die Tiefenbegrenzung sei eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung, dass der diesseits der Begrenzungslinie liegende Teil des Grundstücks „Bauland“ ist und jenseits eine bauliche Nutzung nicht mehr stattfinde, damit also das Kriterium der baulichen Nutzbarkeit unterstrichen. Wenn eine satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung die typischen örtlichen Verhältnisse tatsächlich widerspiegelt, verstößt es folglich nicht gegen den aus Art. 3 Abs. 1 GG herzuleitenden Grundsatz der Abgabengerechtigkeit und das in § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V normierte Vorteilsprinzip, bei vollständig im unbeplanten Innenbereich liegenden Grundstücken den die Tiefengrenze überschreitenden Grundstücksteilen, soweit sie nicht tatsächlich baulich oder gewerblich genutzt werden (können), keinen beitragsrechtlichen Vorteil beizumessen (vgl. BVerwG, Urt. v. 01.09.2004 – 9 C 15.03 –, a. a. O.). Insoweit sind die zentral gelegenen Innenbereichsgrundstücke, auch soweit sie vollständig dem Innenbereich zuzuordnen sind, bei der Ermittlung der ortsüblichen bzw. typischen baulichen Ausnutzbarkeit von Innenbereichsgrundstücken heranzuziehen.

43

dd) Vor Feststellung der örtlichen Verhältnisse steht zudem überhaupt noch nicht fest, bei welchen Grundstücken in einer Ortslage im Gebiet des Wasserzweckverbandes der Innenbereich in den Außenbereich überginge. Die Tiefenbegrenzungslinie soll in der Sichtweise des Verwaltungsgerichts gerade erst „vertypt“ die Grenze bestimmen, ab der dies der Fall wäre. Die „Randlage“ wird jedenfalls bei den betreffenden Grundstücken erst durch Ermittlung der ortsüblichen bzw. typischen Bebauungstiefe konkretisiert. Der Beklagte weist insoweit zutreffend darauf hin, dass es schlechterdings nicht möglich sei, bei der Ermittlung der ortsüblichen Verhältnisse zur Festlegung einer Tiefenbegrenzungslinie ausschließlich Randlagengrundstücke zu berücksichtigen, weil die Randlage der Grundstücke im konkreten Einzelfall erst das Ergebnis der Ermittlungstätigkeit sei. Wollte das Verwaltungsgericht verlangen, unabhängig von einer Tiefenbegrenzungslinie sei im Vorfeld der eigentlichen Ermittlung derselben zunächst für jedes einzelne Grundstück eine Differenzierung nach zentralen Innenbereichs- und Randlagengrundstücken zu fordern, um dann anschließend nur unter Berücksichtigung der letzteren die tatsächlichen Grundlagen zu ermitteln und die Tiefenbegrenzungslinie festzulegen, ginge im Übrigen jeder Vereinfachungsvorteil derselben verloren.

44

ee) Wenn das Verwaltungsgericht meint, die Berücksichtigung von zentralen Innenbereichsgrundstücken begründe bei der Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe die „Gefahr“ einer unrealistischen Abbildung der tatsächlich bestehenden Außenbereichsgrenzen, verkennt dies den skizzierten Regelungsgehalt der konkret in Rede stehenden Tiefenbegrenzungsregelung und erscheint dies zudem spekulativ. Eine „Gefahr“ einer unrealistischen Abbildung der tatsächlich bestehenden Außenbereichsgrenzen ist noch keine Feststellung einer solchen und vermag daher die gerichtliche Verwerfung einer satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzungsfestlegung nicht zu tragen. Auch der weitere Hinweis darauf, dass im Gebiet des Wasserzweckverbandes Strelitz drei Kleinstädte lägen und angesichts der dort vorhandenen „eher“ kleinteiligen Bebauungsstruktur die Berücksichtigung zentraler Innenbereichsgrundstücke die Folge habe, dass die Zahl der „eher“ weniger tief bebauten Grundstücke zunehme und damit das Gesamtergebnis der Untersuchung dergestalt beeinflusse, dass die metrische Festlegung der Tiefenbegrenzung kleiner ausfalle als bei einer ausschließlichen Berücksichtigung von Randlagengrundstücken, liegt zum einen mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen neben der Sache und lässt zum anderen bereits eine hinreichende Tatsachenbasis und eine hinreichend konkrete Betrachtung der Verhältnisse im Verbandsgebiet bzw. der vorliegenden Ermittlungsergebnisse vermissen. Hierzu bestünde für die Gerichte im Übrigen grundsätzlich auch nur dann Anlass, wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen oder geltend gemacht werden, die unter diesem Blickwinkel zur Annahme einer fehlerhaft zusammengestellten Tatsachenbasis für die Ermessensentscheidung führen könnten.

45

b) Der Wasserzweckverband hat – entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts – die Ergebnisse seiner Ermittlung der ortsüblichen Verhältnisse bei seiner Festlegung der Tiefenbegrenzung auf 50 m im Übrigen ermessensfehlerfrei bewertet und gewichtet.

46

Er ist bei der Festlegung der Tiefenbegrenzung auf 50 m wie folgt vorgegangen: Er hat ein Referenz-/Untersuchungsgebiet mit 964 km² Fläche der ländlich geprägten Gesamtverbandsgröße von 984 km² zugrunde gelegt. Ausgewertet wurden insgesamt 5.038 Grundstücke im unbeplanten Innenbereich in drei von drei Kleinstädten sowie 86 von 103 Dörfern. Komplett erfasst wurden 17 von 18 Gemeinden und sechs Ortslagen der Gemeinde Feldberger Seenlandschaft. Hieraus resultiert die Übersicht „Ermittlung der Tiefenbegrenzungslinie / Zusammenfassung Bebauungstiefe im unbeplanten Innenbereich“, die die Zahl der Grundstücke mit einer bestimmten Bebauungstiefe, gestaffelt in 5 m-Schritten, darstellt. Die ermittelte Bebauungstiefe stellt dabei auf das Ende der tatsächlichen Bebauung ab. Die durchschnittliche Bebauungstiefe wurde mit 31,58 m ermittelt. Unter Einbeziehung einer bauakzessorischen Nutzung von 15 m wurde die Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m festgelegt; dabei wurden insgesamt 70,09 % der Grundstücke in dem Sinne erfasst, dass ihre bauliche Nutzung bis an diese Grenze endet. In der Begründung der Beschlussvorlage VB/15/11 ist ausgeführt, dass neben der Bebauungstiefe die sogenannte bauakzessorische Nutzung (Garten, Terrasse, etc.) untersucht und im Verbandsgebiet mit 15 m als ortsüblich festgestellt worden sei. Weiter heißt es:

47

„Unter Berücksichtigung einer der größten Gruppen entsprechenden Bebauungstiefe bis 20 m ergäbe sich unter Berücksichtigung der bauakzessorischen Nutzung eine Tiefenbegrenzungslinie von 35 m. Bei dieser Tiefenbegrenzungslinie würden allerdings lediglich 34,16 % aller Grundstücke erfasst werden. Dies ist eine noch nicht hinreichend große Anzahl von Grundstücken, die unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Vorteilsgerechtigkeit noch eine aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität zulässige Typisierung durch eine Tiefenbegrenzungslinie ermöglichen würde.

48

Die Gruppe der Grundstücke, die unter Berücksichtigung der bauakzessorischen Nutzung des Grundstücks von 15 m eine bauliche Nutzung zwischen 45 und 50 Metern aufweist, beträgt 8,93 %. Zieht man unter Einbeziehung dieser Gruppe die Tiefenbegrenzungslinie bei 50 Metern, wären 70,09 % aller Grundstücke erfasst. Dies ist eine Zahl, die unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Vorteilsgerechtigkeit noch eine aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität zulässige Typisierung durch eine Tiefenbegrenzungslinie zulässt. Dafür spricht zudem die Tatsache, dass die durchschnittliche bauliche Nutzung der Grundstücke unter Berücksichtigung der bauakzessorischen Nutzung in dieser Gruppe liegt (46,58 %).“

49

Auf der Basis der Ermittlungen der Bebauungstiefe und der vorstehenden Erwägungen des Wasserzweckverbandes ist ein justitiabler Ermessensfehler bei der Festlegung der Tiefenbegrenzungslinie auf 50 m nicht feststellbar.

50

Wie bereits ausgeführt geht es bei der Frage der Ortsüblichkeit nicht um die Ermittlung einer exakt berechenbaren Größe. Da es zwangsläufig auch Grundstücke mit nicht üblichen Bebauungstiefen gibt, die also nicht dem mit normal, geläufig oder verbreitet zu bezeichnenden Maß entsprechen, kann für die Annahme der Ortsüblichkeit eine zahlenmäßig ausreichend große Gruppe von Grundstücken maßgeblich sein, die in etwa die gleichen Bebauungstiefen aufweisen.

51

Betrachtet man hiervon ausgehend und auf der Grundlage der Übersicht „Ermittlung der Tiefenbegrenzungslinie / Zusammenfassung Bebauungstiefe im unbeplanten Innenbereich“ einen Korridor der tatsächlichen Bebauungstiefe von 21 bis 50 m bzw. – nach Addition der ortsüblichen bauakzessorischen Nutzung – von 36 bis 65 m, also etwa 15 m unter- und oberhalb der normierten Tiefenbegrenzungslinie, lässt sich feststellen, dass mit diesem Korridor eine Gruppe von knapp 56 % aller Grundstücke erfasst ist. Es erscheint nicht ermessensfehlerhaft, wenn der Wasserzweckverband in diesem Bereich eine im vorstehenden Sinne zahlenmäßig ausreichend große Gruppe von Grundstücken, die in etwa die gleichen Bebauungstiefen aufweisen, verortet hat. Das gilt insbesondere mit Blick auf das ihm für die Festsetzung der Tiefenbegrenzung zustehende normgeberische und weit zu verstehende Ermessen.

52

Auch die Begründung der Beschlussvorlage benennt Kriterien, die entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts geeignet sind, die konkret bei 50 m festgelegte Tiefenbegrenzung ermessensfehlerfrei abzusichern. Insbesondere durfte der Wasserzweckverband auch die durchschnittliche Bebauungstiefe berücksichtigen, die er im Ergebnis seiner Untersuchungen festgestellt hat. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Berechnung einer solchen durchschnittlichen Bebauungstiefe – wie vorliegend mit 5.038 Grundstücken – eine hinreichend große Zahl von Grundstücken zugrunde liegt. Denn damit werden jedenfalls „Ausreißer“ weitgehend nivelliert. Dass die durchschnittliche Bebauungstiefe einen Bezug zur ortsüblichen Bebauungstiefe aufweist, ist aus Sicht des Senats offensichtlich: Je mehr Grundstücke in einem Bereich bebaut sind, der als ortsüblich qualifiziert werden kann, umso eher wird auch die durchschnittliche Bebauungstiefe in diesem Bereich liegen, jedenfalls dann, wenn eine hinreichend große Zahl von Grundstücken in die Betrachtung einbezogen wird. Nicht unplausibel ist auch der diesbezügliche Vortrag des Beklagten, die durchschnittliche Bebauungstiefe erlaube die Kontrolle, ob sich die Abweichungen beiderseits der beabsichtigten Tiefenbegrenzungslinie in etwa die Waage hielten, d.h. also, ob die Anzahl der Grundstücke, bei denen die bauliche Ausnutzbarkeit diesseits der Tiefenbegrenzungslinie ende, der Anzahl der Grundstücke in etwa entspreche, bei denen die bauliche Ausnutzbarkeit jenseits der Tiefenbegrenzungslinie ende. Für diese Ausgewogenheit habe die durchschnittliche Bebauungstiefe Aussagekraft. Die durchschnittliche Bebauungstiefe kennzeichne nämlich die Linie, bei der sich die Anzahl der Grundstücke, deren bauliche Ausnutzbarkeit diesseits der Tiefenbegrenzungslinie ende, mit der Anzahl der Grundstücke, deren bauliche Ausnutzbarkeit jenseits der Tiefenbegrenzungslinie ende, decke. Insoweit sei – zumindest als Kontrollüberlegung – eine Bezugnahme auf die durchschnittliche Bebauungstiefe durchaus zulässig. Schließlich hat auch der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 14. September 2010 – 4 K 12/07 – (juris, vgl. Rn. 83) den Gesichtspunkt der durchschnittlichen Bebauungstiefe im Kontext des Erfordernisses der Üblichkeit der Bebauungstiefe als relevant erwähnt.

53

Ebenfalls als nicht ermessensfehlerhaft erweist sich die Berücksichtigung des Umstandes, dass mit der Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m immerhin 70,09 % aller Grundstücke – in dem Sinne, dass dort ihre Bebauung spätestens endet – erfasst würden und dies eine Zahl sei, die unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Vorteilsgerechtigkeit noch eine aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität zulässige Typisierung durch eine Tiefenbegrenzungslinie zulasse. Auch dieser Aspekt ist im vorerwähnten Urteil des 4. Senats des Oberverwaltungsgerichts angesprochen worden. Er wird dem Umstand gerecht, dass aus einer ortsüblichen Bebauungstiefe als Basis der Festlegung der Tiefenbegrenzungslinie zugleich folgt, dass das Eingreifen der Tiefenbegrenzungsregelung nicht der Regelfall sein kann. Wäre dies anders, läge darin ein Anhaltspunkt dafür, dass die ortsübliche Bebauungstiefe nicht korrekt ermittelt worden ist. In diese Richtung zielt auch das Vorbringen des Beklagten, zur Vorteilsgerechtigkeit gehöre, ausreichend Flächen heranzuziehen, um den Beitragssatz möglichst gering zu halten. Vor diesem Hintergrund halte er es für vorteilsgerecht, wenn die Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m unter Berücksichtigung der bauakzessorischen Nutzung 70,09 % der untersuchten Grundstücke mit der Folge erfasse, dass lediglich bei 30 % der untersuchten Fälle die bauliche Nutzbarkeit jenseits der Tiefenbegrenzungslinie ende, und habe unter Ausnutzung des ihm zustehenden weiten Ermessens angenommen, dass an dieser Stelle ein Regel-Ausnahmeverhältnis durchaus angemessen sei und angenommen werden könne. Auch diese Erwägungen erscheinen jedenfalls nicht unplausibel.

54

Das Verwaltungsgericht kann seinerseits nicht überzeugend darlegen, warum die 50 m-Linie ermessensfehlerhaft sein soll. Ihm ist zuzugeben, dass die Tiefenbegrenzungslinie möglicherweise auch anders, z. B. bei 45 m hätte gezogen werden können. Selbst wenn man aber unterstellen wollte, dies wäre „richtiger“ gewesen, könnte dies nicht ohne weiteres damit gleichgesetzt werden, dass die 50 m-Linie vom Zweckverband ermessensfehlerhaft bzw. handgreiflich „falsch“ festgelegt worden wäre. Mit seinen Überlegungen zur Berücksichtigungsfähigkeit einzelner Messreihen beachtet das Verwaltungsgericht den diesbezüglich weiten Ermessensspielraum des Wasserzweckverbandes nicht im ausreichenden Maße.

55

2. Soweit die Klägerin weiter geltend macht, fehlerhaft sei auch die Ermittlung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche, liegt auch kein Rechtsanwendungsfehler vor.

56

Die Klägerin meint, es könne lediglich die Fläche herangezogen werden, die an die Straße angrenze. Der Beklagte gehe demgegenüber fehlerhaft von einer Grundstücksfläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksgrenze und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallele aus. Selbst bei Anwendung der Tiefenbegrenzung würde die Fläche nur 939,39 m² betragen, da sich die Parallele an dem Verlauf der Straße orientieren müsse, die an der Ecke zum Nachbarflurstück 45/5 abknicke.

57

Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Anwendung der Tiefenbegrenzungsregelung satzungskonform. Der Wortlaut der Bestimmung gemäß Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B. c) WAgS gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die berücksichtigungsfähige Fläche – auch – durch eine vom Endpunkt der Grundstücksstraßengrenze ausgehenden gedachten Senkrechten zur Straße zu begrenzen wäre. Der Wortlaut – „die Fläche zwischen der jeweiligen Straßengrenze und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen“ – führt vielmehr zwanglos auf das Normverständnis des Beklagten, die gesamte Grundstücksfläche zwischen diesen Parallelen zu berücksichtigen, auch wenn im rückwärtigen Bereich Flächen erfasst werden, die ihrerseits nicht mehr „auf der Höhe“ der Grundstücksgrenze bzw. zwischen den beiden Endpunkten der Grundstücksstraßengrenze lägen sich also das Grundstück im rückwärtigen Bereich verbreitert. Systematisch wird das Normverständnis des Beklagten auch dadurch gestützt, dass nach der Tiefenbegrenzungsregelung bei Grundstücken, die nur durch einen zum Grundstück gehörenden Weg mit einer Straße verbunden sind, die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen als Grundstücksfläche gilt. Auch dort ist offensichtlich die berücksichtigungsfähige Fläche nicht auf die Breite des betreffenden Weges beschränkt. Schließlich erschiene es vorteilswidrig, dergleichen rückwärtige Flächen unberücksichtigt zu lassen, wenn ihre bauliche Nutzung gerade ortsüblich ist. Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, der es rechtfertigen könnte, einen Unterschied zwischen der auf der einen und der auf der anderen Seite der gedachten Senkrechten liegenden Fläche zu machen. Die hilfsweise Argumentation der Klägerin, jedenfalls müsse sich die Parallele auf der gesamten Breite ihres Grundstücks am Verlauf der Straße orientieren, überzeugt ebenfalls nicht. Auch insoweit ist der Wortlaut der Bestimmung eindeutig, wonach die Parallele zur jeweiligen Straßengrenze zu ziehen ist. Die Parallele wird folglich nur zu der konkret vorhandenen Straßengrenze gezogen. Soweit das Grundstück der Klägerin im rückwärtigen Bereich über diese konkrete Grenze hinaus eine der Straße zugewandte Grundstücksseite aufweist, grenzt es gerade nicht an die Straße an. Die weitere Regelungsalternative der Tiefenbegrenzungsbestimmung – „bei Grundstücken, die nicht an eine Straße angrenzen“ – ist jedenfalls im Hinblick auf das Grundstück der Klägerin nicht einschlägig, ebenso wenig die Regelung für Eckgrundstücke. Soweit der Abwasserbeseitigungszweckverband Tollensesee möglicherweise einer gleichlautenden Bestimmung ein anderes Normverständnis zugrunde legt, ist dies vorliegend rechtlich nicht von Bedeutung.

58

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

59

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beurteilt sich nach § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

60

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 07. September 2011 – 3 A 402/10 – wie folgt geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldnerin wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten des Vollstreckungsgläubigers abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung der Klägerin zu Anschlussbeiträgen (Trinkwasser).

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Flurstück .../..., Flur ..., Gemarkung ... mit einer Größe von 1.777 m², welches an die öffentliche Wasserversorgungsanlage des Wasserzweckverbandes Strelitz angeschlossen ist.

3

Mit Bescheid vom 01. Dezember 2008 zog der Beklagte, ausgehend von einer beitragspflichtigen Grundstücksfläche von 1.263 m² und einem Vollgeschoss, die Klägerin zu einem Anschlussbeitrag in Höhe von 736,46 EUR heran. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein. Mit Änderungsbescheid vom 22. Juli 2009 reduzierte der Beklagte die Beitragsforderung aufgrund einer Änderung des bislang zugrunde gelegten Mehrwertsteuersatzes von 19 % auf 7 % auf 662,19 EUR. Mit Widerspruchsbescheid vom 24. März 2010, zugestellt am 26. März 2010, wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.

4

Die Klägerin hat am 26. April 2010 Klage erhoben.

5

Sie hat vorgetragen, ihre Heranziehung sei rechtswidrig. Die Wasserabgabensatzung sei unter Beachtung der neuesten Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern unwirksam, da der Tiefenbegrenzungslinie gemäß Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B c) der Satzung nicht die tatsächlichen Verhältnissen zugrunde gelegt worden seien. Fehlerhaft sei auch die Ermittlung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche. Es könne lediglich die Fläche herangezogen werden, die an die Straße angrenze. Beitragspflichtig sei damit eine Fläche von 586 m², so dass sich ein Beitrag von 307,24 EUR errechne. Der Beklagte gehe satzungswidrig von einer Grundstücksfläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksgrenze und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen aus. Selbst bei Anwendung der Tiefenbegrenzung würde die Fläche nur 939,39 m² betragen, da sich die Parallele am Verlauf der Straße orientieren müsse. Die Klägerin hat insoweit zur Erläuterung auf einen von ihr an den Beklagten übermittelten Flurkartenausschnitt verwiesen; für die weiteren Einzelheiten wird dazu auf den bei den Verwaltungsvorgängen (Beiakte B, Bl. 3) befindlichen Flurkartenausschnitt verwiesen.

6

Die Klägerin hat beantragt,

7

den Bescheid des Beklagten vom 01. Dezember 2008 – Az. 1620006 – in Gestalt des Änderungsbescheides vom 22. Juli 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2010 insoweit aufzuheben, als ein Beitrag von mehr als 307,24 EUR festgesetzt wird.

8

Der Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Er hat vorgetragen, dass die in der Verbandsversammlung am 10. August 2011 beschlossene Wasserabgabensatzung eine ordnungsgemäß ermittelte Tiefenbegrenzungsregelung aufweise, und dies unter Vorlage der die Ermittlung und Festlegung der Tiefenbegrenzung betreffenden Dokumente erläutert; für die weiteren Einzelheiten wird auf diese Dokumente, die sich bei der Gerichtsakte befinden, verwiesen. Im Übrigen liege das klägerische Grundstück im unbeplanten Innenbereich und die Grundstücksfläche betrage bei Anwendung der Tiefenbegrenzungsregelung 1.263 m².

11

Während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hat der Wasserzweckverband Strelitz am 10. August 2011 seine Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Wasserversorgung (Wasserabgabensatzung – WAgS) beschlossen, die am 17. August 2011 ausgefertigt worden ist. Die Satzung ist nach ihrem § 24 Satz 1 rückwirkend zum 01. Januar 2008 in Kraft getreten.

12

Mit dem angefochtenem Urteil vom 07. September 2011, Az. 3 A 402/10, hat das Verwaltungsgericht den Bescheid des Beklagten vom 01. Dezember 2008 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 22. Juli 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2010 aufgehoben, soweit darin ein Beitrag von mehr als 307,24 EUR festgesetzt worden ist. Die zulässige Klage sei begründet. Dem angegriffenen Bescheid fehle die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V erforderliche Rechtsgrundlage. Die am 10. August 2011 beschlossene Satzung des Wasserzweckverbandes Strelitz über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Wasserversorgung (Wasserabgabensatzung – WAgS) sei unwirksam. Die in Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B c) Wasserabgabensatzung geregelte Tiefenbegrenzung verstoße, soweit eine Tiefenbegrenzung von 50 m normiert werde, gegen § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG bzw. das darin normierte Vorteilsprinzip. Dieser Verstoß führe zur Unwirksamkeit der Verteilungsregelung und damit zur Unwirksamkeit der Wasserabgabensatzung insgesamt. Die Bestimmung normiere eine „schlichte“ Tiefenbegrenzung. Ihr Anwendungsbereich beschränke sich nicht auf Grundstücke, die mit ihrer vorderen, straßennahen Teilfläche im unbeplanten Innenbereich i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB und mit ihrer rückwärtigen Teilfläche im Außenbereich lägen (sog. „Randlagengrundstücke“). Die Bestimmung finde vielmehr auch auf solche Grundstücke Anwendung, die vollständig, d.h. auch mit ihren rückwärtigen Teilflächen, im unbeplanten Innenbereich lägen (sog. „zentrale Innenbereichsgrundstücke“). Eine „schlichte“ Tiefenbegrenzung sei im Anschlussbeitragsrecht zulässig. Sie habe sich zur Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der Innen- von den Außenbereichsflächen im Geltungsbereich der Tiefenbegrenzung auszurichten. Ein sachgerechter Anhaltspunkt dafür, dass eine bauliche Nutzung über eine bestimmte Tiefe hinaus in der Regel nicht stattfinde, stelle die ortsübliche Tiefe der baulichen Nutzung dar. Für die Festsetzung der an diesen Verhältnissen zu orientierenden Tiefenbegrenzung stehe dem Ortsgesetzgeber ein normgeberisches Ermessen zu. Um dieses ordnungsgemäß ausüben zu können, müsse er die örtlichen Verhältnisse sorgfältig und willkürfrei in allen Bereichen des Verbandsgebietes sowohl für die ortsübliche Bebauungstiefe als auch für die ggf. einzubeziehende bauakzessorische Nutzung ermitteln. Nach diesen Kriterien entspreche die in der Wasserabgabensatzung festgesetzte Tiefenbegrenzungslinie von 50 m nicht den örtlichen Verhältnissen. So sei bereits die Ermittlung der üblichen Bebauungstiefe methodisch fehlerhaft. Der Wasserzweckverband Strelitz habe bei den vorliegenden Messdaten zur Ermittlung der ortspezifischen Bebauungstiefe sowohl „zentrale Innenbereichsgrundstücke“ als auch „Randlagengrundstücke“ berücksichtigt. Dies sei fehlerhaft, denn es widerspreche der Funktion der Tiefenbegrenzung. Auch die „schlichte“ Tiefenbegrenzung diene der Abgrenzung von Innen- und Außenbereichsflächen. Daher könnten nur „Randlagengrundstücke“ für die Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe herangezogen werden, denn nur diese zeichneten sich dadurch aus, dass sie vom Innenbereich in den Außenbereich übergehen. „Zentrale Innenbereichsgrundstücke“ gäben für diese Frage dagegen nichts her, da sie vollständig im unbeplanten Innenbereich lägen. Der Fehler sei nicht „ergebnisneutral“. Vielmehr begründe die Berücksichtigung von „zentralen Innenbereichsgrundstücken“ bei der Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe die Gefahr einer unrealistischen Abbildung der tatsächlich bestehenden Außenbereichsgrenzen. Im Gebiet des Wasserzweckverbandes Strelitz lägen drei Kleinstädte. Angesichts der dort vorhandenen eher kleinteiligen Bebauungsstruktur habe die Berücksichtigung zentraler Innenbereichsgrundstücke die Folge, dass die Zahl der eher weniger tief bebauten Grundstücke zunehme und damit das Gesamtergebnis der Untersuchung dergestalt beeinflusse, dass die metrische Festlegung der Tiefenbegrenzung kleiner ausfalle, als bei einer ausschließlichen Berücksichtigung von „Randlagengrundstücken“. Sinke aber die metrische Festlegung der Tiefenbegrenzung, so steige bei dieser Sachlage die Anzahl der Grundstücke im zentralen Innenbereich bedenklich, die von der Tiefenbegrenzungsregelung profitierten.

13

Etwas anderes ergebe sich auch dann nicht, wenn man den vorstehenden Ausführungen nicht folge und von einer methodisch fehlerfreien Ermittlung der Bebauungstiefe in den einzelnen Messreihen ausginge. Denn in diesem Fall habe der Beklagte die vorliegenden Messergebnisse nicht ermessensfehlerfrei gewichtet. Bei der Festlegung der Tiefenbegrenzung habe eine wertende Betrachtung zu erfolgen. Der Beklagte habe vorliegend die ortspezifische Grundstückstiefe anhand von 14 repräsentativen Messreihen ermittelt und – unter zusätzlicher Berücksichtigung einer Tiefe der bauakzessorischen Nutzung von 15 m – die Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m festgelegt, d.h. er sei grundsätzlich von einer üblichen Bebauungstiefe in seinem Verbandsgebiet von 35 m ausgegangen. Soweit dem die Überlegung zugrunde liege, die durchschnittliche Bebauungstiefe aller untersuchten Grundstücke betrage 31,59 m, sei dies fehlerhaft. Denn eine Durchschnittsbildung sei mit der erforderlichen Gewichtung nicht zu vereinbaren, weil in den Durchschnittswert regelmäßig auch „Ausreißer“, also Grundstücke mit einer außergewöhnlich großen bzw. geringen Bebauungstiefe einfließen würden, die gerade nicht die „übliche“ Bebauungstiefe widerspiegelten. Zur Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe könne entgegen der Beschlussvorlage vom 11. August 2011 auch nicht darauf abgestellt werden, dass 70,09 % aller Grundstücke im Verbandsgebiet bis zu einer Tiefe von 35 m bebaut worden seien. Denn die reine Addition der Vom-Hundert-Sätze der Bebauungstiefen der ermittelten Messreihen gebe regelmäßig keine Auskunft darüber, welche Messreihen eine hinreichend große Gruppe von Grundstücken abbildeten, die eine in etwa gleiche Bebauungstiefe aufwiesen. Die Kammer verkenne nicht, dass die Bewertung der Messreihen im Ermessen des Beklagten stehe, und wolle dieses Ermessen nicht selbst ausüben. Es sei aber kein plausibler Grund für die vom Beklagten vorgenommene Bewertung erkennbar: Entweder man stütze sich auf die Messreihen mit den „zweistelligen“ Vom-Hundert-Sätzen (Messreihen 2 bis 5), dann sei eine Bebauungstiefe von bis zu 30 m ortsüblich, was unter Berücksichtigung der vom Beklagten festgestellten Tiefe der bauakzessorischen Nutzung (15 m) eine Tiefenbegrenzung von 45 m rechtfertigen würde. Oder aber man ziehe den Kreis der berücksichtigungsfähigen Messreihen weiter und berücksichtige zusätzlich die zahlenmäßig etwa gleichstarken Messreihen 6 (31 bis 35 m) und 7 (36 bis 40 m), die 8,93 % bzw. 9,69 % aller Grundstücke beträfen. Dann läge die ortsübliche Bebauungstiefe bei 40 m, was unter Berücksichtigung der Tiefe der bauakzessorischen Nutzung eine Tiefenbegrenzung von 55 m rechtfertigen würde. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil die Berufung wegen grundsätzliche Bedeutung der Rechtsache zugelassen.

14

Das Urteil ist dem Beklagten am 30. September 2011 zugestellt worden. Am 21. Oktober 2011 hat er Berufung eingelegt.

15

Der Beklagte trägt im Wesentlichen vor,

16

bei der in Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B c) Wasserabgabensatzung normierten Tiefenbegrenzungsregelung handele es sich um eine sog. „undifferenzierte“ Tiefenbegrenzungsregelung, die sämtliche Grundstücke im unbeplanten Innenbereich, unabhängig von ihrer Qualität als „Randlagengrundstück“ im Übergangsbereich zwischen Innen- und Außenbereich, betreffe. Das Verwaltungsgericht sei offensichtlich der Auffassung, dass die Tiefenbegrenzungslinie dort zu ziehen sei, wo sich die Bebauung im Sinne einer signifikanten Häufigkeit konzentriere. Diese Erwägung überzeuge nicht. Der Ausgangspunkt des Verwaltungsgerichts, auch bei der undifferenzierten Tiefenbegrenzung käme es ausschließlich darauf an, festzustellen, wann der Innenbereich in den Außenbereich übergehe, sei unzutreffend. Der Unterschied zwischen der „undifferenzierten“ und der sog. „qualifizierten“ Tiefenbegrenzung liege gerade darin, dass von der undifferenzierten Tiefenbegrenzung auch die Grundstücke betroffen seien, die sich vollständig im Innenbereich befinden. Würde man der Auffassung des Verwaltungsgerichts folgen und annehmen, dass es auch bei der „undifferenzierten“ Tiefenbegrenzung ausschließlich um die typisierte Abgrenzung von Innen- und Außenbereich gehe, würden alle Grundstücke, die von der Tiefenbegrenzung betroffen seien, „Randlagengrundstücke“ sein, mit der Folge, dass es einen Unterschied zwischen qualifizierter und undifferenzierten Tiefenbegrenzung nicht gebe. Bei der undifferenzierten Tiefenbegrenzung sei daher nicht die Frage zu beantworten, wann der Innenbereich in den Außenbereich übergehe, sondern wie sich die ortstypische bauliche Ausnutzbarkeit der Grundstücke am Maßstab der Kriterien des § 34 Abs. 1 BauGB darstelle. Der Beklagte stütze sich dabei auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 01. September 2004 – 9 C 15.03 –, wonach maßgeblich gerade auf die bauliche Ausnutzbarkeit unter Berücksichtigung der Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 BauGB abgestellt werde. Folgerichtig gehe es bei der „undifferenzierten“ Tiefenbegrenzungsregelung auch darum zu erkennen, dass der Erschließungsvorteil, dessen Umfang von der zulässigen baulichen Nutzung (Ausnutzbarkeit) abhänge, bei übergroßen Grundstücken im Innenbereich regelmäßig nicht größer sei, als bei den durchschnittlich tiefen Grundstücken eines Abrechnungsgebietes. Hinsichtlich dieses Kriteriums besäßen aber auch die zentral gelegenen Innenbereichsgrundstücke, auch soweit sie vollständig dem Innenbereich zuzuordnen seien, durchaus Aussagepotenzial hinsichtlich der typischen baulichen Ausnutzbarkeit von Innenbereichsgrundstücken. Aber selbst wenn man dieser Auffassung nicht folge und mit dem Verwaltungsgericht der Auffassung sei, dass es auch bei der „undifferenzierten“ Tiefenbegrenzungsregelung um eine Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich gehe, erweise sich die Auffassung des Verwaltungsgerichts, man dürfe methodisch nur die „Randlagengrundstücke“ berücksichtigen, als unzutreffend. Die entsprechende Ermittlung der örtlichen Verhältnisse dürfte dann aber gerade auch dazu dienen, festzustellen, ab wann überhaupt von einem „Randlagengrundstück“ gesprochen werden könne. Wenn die Tiefenbegrenzungslinie den Übergang zwischen dem Innen- und Außenbereich markiere, dann stehe vor Feststellung der örtlichen Verhältnisse noch überhaupt nicht fest, bei welchen Grundstücken in einer Ortslage der Innenbereich in den Außenbereich übergehe. Ohne die erforderlichen Ermittlungen sei daher noch nicht bekannt, welche Grundstücke sogenannte „Randlagengrundstücke“ seien. Es sei schlechterdings nicht möglich, bei der Ermittlung der ortsüblichen Verhältnisse zur Festsetzung einer Tiefenbegrenzungslinie ausschließlich „Randlagengrundstücke“ zu berücksichtigen, weil die Randlage erst das Ergebnis der Ermittlungstätigkeit sei.

17

Soweit das Verwaltungsgericht meint, es sei unzulässig, die Tiefenbegrenzungslinie auf Grundlage eines ermittelten Durchschnittwertes der ortsüblichen Bebauung sowie durch eine Addition der Vom-Hundert-Sätze der Bebauungstiefe der ermittelten Messreihen festzusetzen, sei dies ebenfalls nicht überzeugend. Zunächst sei darauf hinzuweisen, dass der beklagte Zweckverband seine Entscheidung, die Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m unter Berücksichtigung einer bauakzessorischen Nutzung von 15 m anzunehmen, nicht alleine auf die ermittelte durchschnittliche Bebauungstiefe gestützt habe. Vielmehr habe die durchschnittliche Bebauungstiefe dazu gedient, festzustellen, ob sich die Abweichungen beiderseits der beabsichtigten Tiefenbegrenzungslinie in etwa die Waage hielten, d.h. also, ob die Anzahl der Grundstücke, bei denen die bauliche Ausnutzbarkeit diesseits der Tiefenbegrenzungslinie ende, der Anzahl der Grundstücke in etwa entspreche, bei denen die bauliche Ausnutzbarkeit jenseits der Tiefenbegrenzungslinie ende. Für diese Ausgewogenheit habe die durchschnittliche Bebauungstiefe Aussagekraft. Immerhin habe auch das Bundesverwaltungsgericht in der bereits erwähnten Entscheidung hinsichtlich der Ermittlung der Tiefenbegrenzungslinie maßgeblich darauf abgestellt, dass bei Innenbereichsgrundstücken die bauliche Ausnutzbarkeit regelmäßig nicht größer sei als bei den „durchschnittlich“ tiefen Grundstücke eines Abrechnungsgebietes. Um festzustellen, ab wann eine bauliche Nutzbarkeit der betroffenen Grundstücke typischerweise nicht mehr gegeben sei, sei es zudem erforderlich gewesen, gewissermaßen von unten kommend, sämtliche Vom-Hundert-Sätze der Bebauungstiefen zu summieren, und so festzustellen, ab wann eine Bebauung nur noch ausnahmsweise stattfinde. Zur Vorteilsgerechtigkeit gehöre, ausreichend Flächen heranzuziehen, um den Beitragssatz möglichst gering zu halten. Vor diesem Hintergrund halte es der Beklagte eben gerade nicht für vorteilsgerecht, beispielsweise die Tiefenbegrenzungslinie im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung der bauakzessorischen Nutzung bei 45 m zu ziehen, weil hier immerhin noch bei 40 % der untersuchten Fälle eine Bebauung jenseits der Tiefenbegrenzungslinie ende. Ein Verhältnis von 60 zu 40 stelle noch kein Regel-Ausnahme-Verhältnis dar. Demgegenüber erfasse die Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m unter Berücksichtigung der bauakzessorischen Nutzung 70,09 % der untersuchten Grundstücke mit der Folge, dass lediglich bei 30 % der untersuchten Fälle die bauliche Nutzbarkeit jenseits der Tiefenbegrenzungslinie ende. Hierin habe der beklagte Zweckverband unter Ausnutzung des ihm zustehenden weiten Ermessens angenommen, dass an dieser Stelle ein Regel-Ausnahmeverhältnis durchaus angemessen sei und angenommen werden könne. Darin liege auch der sachliche Grund, die Tiefenbegrenzungslinie bei der Messreihe 6 zu ziehen.

18

Der Beklagte beantragt,

19

die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 01. Dezember 2008, Az. 1620006, in Gestalt des Änderungsbescheides vom 22. Juli 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2010 unter Aufhebung des Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 07. September 2011, Az. 3 A 402/10, abzuweisen.

20

Die Klägerin beantragt,

21

die Berufung zurückzuweisen.

22

Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei im Ergebnis richtig. Selbst bei ermessenfehlerfreier Festsetzung der Tiefenbegrenzungsregelung und damit wirksamer Satzungsgrundlage hätte es der Klage stattgeben müssen, da auch dann die streitgegenständlichen Bescheide in dem angefochtenen Umfang rechtswidrig gewesen wären. In Anwendung der Tiefenbegrenzungsregelung habe die Klägerin aufgrund der nur teilweisen Anfechtung des Beitragsbescheides den Beitrag bereits vollständig entrichtet. Darüber hinaus bestehe keine Beitragspflicht der Klägerin. Hätte der Beklagte auch die Grundstücksfläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksgrenze und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen zur Beitragspflicht unterwerfen wollen, hätte es hierzu einer entsprechenden Satzungsregelung bedurft, wie sie in zahlreichen anderen Beitragssatzungen und der Mustersatzung des Städte- und Gemeindetages M-V e.V. und des Innenministeriums M-V zu finden sei.

23

Das Verfahren ist in der mündlichen Verhandlung mit dem Verfahren Az. 1 L 27/09 zur gemeinsamen Verhandlung verbunden worden.

24

Für die weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung, die Verfahrensakten samt der zu diesen gereichten Behördenakten und auf die beigezogenen Akten des Verfahrens Az. 1 M 91/09 (VG Greifswald Az. 3 B 249/09) nebst Behördenakten, die jeweils zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe

25

Die zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg.

26

Die zulässige Anfechtungsklage der Klägerin ist unbegründet; das verwaltungsgerichtliche Urteil war entsprechend abzuändern und die Klage abzuweisen.

27

Der angefochtene Anschlussbeitragsbescheid des Beklagten vom 01. Dezember 2008 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 22. Juli 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin folglich nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er kann auf eine wirksame Rechtsgrundlage gestützt werden (1.); auch die Rechtsanwendung ist nicht zu beanstanden (2.).

28

1. Der angefochtene Bescheid ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht mangels wirksamer, gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KG M-V aber erforderlicher Rechtsgrundlage rechtwidrig. Die am 10. August 2011 beschlossene, am 17. August 2011 ausgefertigte und nach ihrem § 24 Satz 1 rückwirkend zum 01. Januar 2008 in Kraft getretene Satzung des Wasserzweckverbandes Strelitz über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Wasserversorgung (Wasserabgabensatzung – WAgS) ist wirksam und damit Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides.

29

Die in Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B c) Wasserabgabensatzung geregelte Tiefenbegrenzung von 50 m verstößt entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts nicht gegen § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG bzw. das darin normierte Vorteilsprinzip.

30

Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B. c) WAgS bestimmt:

31

Als Grundstücksfläche gilt: bei Grundstücken, für die kein Bebauungsplan besteht und die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles liegen (§ 34 BauGB), die Gesamtfläche des Grundstücks, höchstens jedoch die Fläche zwischen der jeweiligen Straßengrenze und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen; bei Grundstücken, die nicht an eine Straße angrenzen oder nur durch einen zum Grundstück gehörenden Weg mit einer Straße verbunden sind, die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen. Im Falle eines Eckgrundstückes ist die Tiefenbegrenzungsregelung in jede Richtung der vorhandenen Anbaustraßen aus zu ziehen.

32

Die in der Vorschrift enthaltene Festlegung der Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m ist nicht zu beanstanden.

33

Eine Tiefenbegrenzung ist im Anschlussbeitragsrecht grundsätzlich zulässig. Die Tiefenbegrenzung ist eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung, dass der diesseits der Begrenzungslinie liegende Teil des Grundstücks Bauland ist. Die damit verbundene und im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen allgemein als zulässig angesehene Pauschalierung wirkt sich in Einzelfällen mehr oder weniger zu Lasten einzelner Beitragspflichtiger aus. Eine Tiefenbegrenzung findet gerade im Anschlussbeitragsrecht ihre Rechtfertigung darin, dass im Rahmen der Beitragskalkulation die Ermittlung der Gesamtbeitragsfläche erforderlich ist, die auf metrische Festlegungen angewiesen ist. Dadurch gewinnt der Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität und -vereinfachung besondere Bedeutung. Ohne Tiefenbegrenzung müsste gegebenenfalls eine exakte Einzelfallbewertung sämtlicher der Beitragspflicht unterliegender unbeplanten Grundstücke trotz verbleibender Unsicherheiten in der Abgrenzung des Innenbereichs angestellt werden. Die Gesichtspunkte der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität stehen im Spannungsfeld mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Vorteilsprinzip (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V). Danach sind die Beiträge nach den Vorteilen zu bemessen. Die Vorteile bestehen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V in der Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung, für die die Beiträge erhoben werden. Da eine exakte Bemessung der Vorteile in der Praxis mit einem nicht akzeptablen Aufwand verbunden wäre, sind Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe anerkannt, insbesondere ist es zulässig, Vorteile nach einem – wie in Anlage 1 1. A Abs. 1 WAgS geregelten – kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstab zu bemessen. Nach diesem Maßstab ist die Größe der bevorteilten Fläche des Grundstückes ein wesentlicher Faktor zur Errechnung des auf das Grundstück entfallenden Beitrages. Je größer die Fläche des Grundstückes bzw. bei Grundstücken im Übergangsbereich vom Innen- zum Außenbereich der im Innenbereich liegende (bebaubare) Teil des Grundstückes ist, desto größer ist im Prinzip der zu leistende Beitrag. Dieser Zusammenhang ist bei der Normierung einer Tiefenbegrenzung zu beachten. Denn läge bei exakter Betrachtung des einzelnen Grundstückes die Grenze des baurechtlichen Innenbereiches (§ 34 Abs. 1 BauGB) vor (straßenseits) der Tiefenbegrenzungslinie, so würde der Eigentümer des Grundstückes – aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität grundsätzlich zulässigerweise – höher belastet als es ohne eine Tiefenbegrenzungsregelung der Fall wäre. Gleichermaßen würde derjenige Grundstückseigentümer, dessen Grundstück ohne die Vermutung der Tiefenbegrenzung erst jenseits der Tiefenlinie in den Außenbereich überginge, besser gestellt als ohne Geltung der Tiefenbegrenzungslinie.

34

Die Bestimmung einer Tiefenbegrenzungslinie hat sich daher zur Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der Innen- von den Außenbereichsflächen im Geltungsbereich der Tiefenbegrenzung auszurichten. Ein sachgerechter Anhaltspunkt dafür, dass eine bauliche Nutzung über eine bestimmte Tiefe hinaus in der Regel nicht stattfindet, stellt – wenn eine solche ermittelbar ist – die ortsübliche Tiefe der baulichen Nutzung dar. Es ist darauf abzustellen, ob sich die gewählte Tiefenlinie als ortsangemessen darstellt bzw. den örtlichen Verhältnissen entspricht. Dies stimmt mit den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts im Erschließungsbeitragsrecht an die satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung überein. Danach muss die gewählte Tiefenbegrenzung die typischen örtlichen Verhältnisse tatsächlich widerspiegeln und sich an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientieren (BVerwG, 01.09.2004 – 9 C 15.03 –, BVerwGE 121, 365, 369). Für die Festsetzung der an diesen Verhältnissen zu orientierenden Tiefenbegrenzung steht dem Ortsgesetzgeber ein normgeberisches Ermessen zu. Um dieses Ermessen ordnungsgemäß ausüben zu können, muss er vor Beschlussfassung über die Satzung und Festlegung der Tiefenbegrenzung die örtlichen Verhältnisse sorgfältig und willkürfrei in allen Bereichen des Verbandsgebietes ermitteln. Die Ergebnisse dieser Ermittlung sollen als Nachweis für die Kalkulation dokumentiert werden. Das Gericht hat die Ermessensausübung durch den Satzungsgeber nur auf deren Übereinstimmung mit den gesetzlichen Erfordernissen zu überprüfen, darf jedoch keine eigene Entscheidung an die Stelle der zu überprüfenden Ermessensentscheidung setzen.

35

Bei der Ermittlung der örtlichen Verhältnisse ist eine Begrenzung auf repräsentativ ausgewählten Ortslagen zulässig. Müsste der Ortsgesetzgeber die tatsächlichen Bebauungstiefen in allen Ortslagen des Verbandsgebietes untersuchen, verlöre die Tiefenbegrenzung als Instrument zur Verwaltungsvereinfachung ihre Berechtigung, denn dann würden die Grundstücksdaten, die aufgrund der Tiefenbegrenzungsregel nicht sollen erhoben werden müssen, schon für die Bildung der Regel benötigt. Auf welche Weise der Satzungsgeber die ortsüblichen Verhältnisse zu ermitteln hat, ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Auch dies liegt in seinem Ermessen. Ortsüblich ist die Bebauungstiefe, die im zu betrachtenden Gebiet üblich i. S. v. normal, geläufig, verbreitet oder in der Mehrzahl der ermittelten Fälle anzutreffen ist. Die Begriffe "ortsüblich" und "orientieren" bringen mit der ihnen inbegriffenen Unschärfe zum Ausdruck, dass es nicht um die Ermittlung einer exakt zu berechnenden Größe geht, von der nur zu bestimmten Prozentanteilen abgewichen werden darf. Das Erfordernis der Üblichkeit einer Bebauungstiefe setzt vielmehr schon voraus, dass es daneben eine nicht nur geringe Anzahl von Grundstücken mit im Gebiet nicht üblichen Bebauungstiefen geben muss, die nicht dem mit normal, geläufig oder verbreitet zu bezeichnenden Maß entsprechen muss. Aus all dem folgt, dass für die Annahme der Ortsüblichkeit ausreichend eine zahlenmäßig hinreichend große Gruppe von Grundstücken ist, die in etwa die gleichen Bebauungstiefen aufweisen, so dass von einer üblichen Tiefe gesprochen werden kann. Der Bebauungszusammenhang nach § 34 Abs. 1 BauGB muss nicht unbedingt mit der Außenwand der letzten Baulichkeit enden, sondern kann je nach den örtlichen Gegebenheiten etwa noch einen Hausgarten einschließen (bauakzessorische Nutzung); auch topographische Verhältnisse können dabei eine prägende Rolle spielen (vgl. zum Ganzen OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris; Urt. v. 12.10.2011 – 4 K 31/06 –, juris; jeweils m. w. N.).

36

Nach Maßgabe dieses Maßstabes liegt der streitgegenständlichen Tiefenbegrenzungsregelung weder eine methodisch fehlerhafte Ermittlung der üblichen Bebauungstiefe bzw. der diesbezüglichen örtlichen Verhältnisse im Gebiet des Zweckverbandes zugrunde (a) noch hat das satzungsgebende Organ des Wasserzweckverbandes die betreffenden Ermittlungsergebnisse bei seiner Festlegung im Übrigen ermessensfehlerhaft bewertet und gewichtet (b).

37

a) Das Verwaltungsgericht meint, es sei methodisch fehlerhaft gewesen, dass der Wasserzweckverband Strelitz zur Ermittlung der ortspezifischen Bebauungstiefe sowohl „zentrale Innenbereichsgrundstücke“ als auch „Randlagengrundstücke“ berücksichtigt habe. Dies sei zu beanstanden, weil es der Funktion der Tiefenbegrenzung – der Abgrenzung von Innen- und Außenbereichsflächen – widerspreche. Daher könnten auch nur Randlagengrundstücke für die Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe herangezogen werden, denn nur diese zeichneten sich dadurch aus, dass sie vom Innenbereich in den Außenbereich übergingen. Diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichts vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

38

aa) Das Verwaltungsgericht führt zunächst (S. 5 des Urteils) aus, der Anwendungsbereich der Regelung in Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B. c) WAgS beschränke sich nicht auf Grundstücke, die mit ihrer vorderen, straßennahen Teilfläche im unbeplanten Innenbereich i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB und mit ihrer rückwärtigen Teilfläche im Außenbereich lägen („Randlagengrundstücke“), vielmehr seien „auch“ solche Grundstücke erfasst, die vollständig, d.h. auch mit ihren rückwärtigen Teilflächen, im unbeplanten Innenbereich lägen ( „zentrale Innenbereichsgrundstücke“). Von diesem grundsätzlichen Normverständnis ausgehend entwickelt es dann seinen Rechtsstandpunkt, nur die von ihm so bezeichneten Randlagengrundstücke dürften in die Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe einbezogen werden.

39

Diesem Rechtsstandpunkt scheint damit eine grundlegende Fehldeutung des Regelungsgehalts der Bestimmung in Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B. c) WAgS zugrunde zu liegen: Anlage 1 Ziff. 1.3 B. c) WAgS findet nicht „auch“, sondern nach seinem klaren Wortlaut („Grundstücken, … die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles liegen“) entweder nur oder jedenfalls vor allem auf solche Grundstücke Anwendung, die vollständig, d.h. auch mit ihren rückwärtigen Teilflächen, „innerhalb“ des unbeplanten Innenbereichs liegen, daneben allenfalls „auch“ auf Grundstücke, die mit ihrer vorderen Teilfläche im unbeplanten Innenbereich und mit ihrer rückwärtigen Teilfläche im Außenbereich lägen („Randlagengrundstücke“). Das Verwaltungsgericht hat demzufolge in seinem grundsätzlichen Normverständnis den Regelungsgehalt der Bestimmung gewissermaßen in sein Gegenteil verkehrt. Seine methodische Kritik, es könnten nur „Randlagengrundstücke“ für die Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe herangezogen werden, denn nur diese zeichneten sich dadurch aus, dass sie vom Innen- in den Außenbereich übergingen, verliert den Regelungsgehalt von Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B. c) WAgS aus den Augen. Bei zutreffendem Verständnis der Norm betrachtet der Senat daher die Annahme, obwohl sie sich zumindest in erster Linie auf vollständig im Innenbereich belegene Grundstücke bezieht, dürften gerade diese Grundstücke für die Ermittlung der für sie vorgesehenen Tiefenbegrenzungsregelung nicht berücksichtigt werden, als unschlüssig.

40

Bleibt man im Übrigen eng am Wortlaut („Grundstücke, … die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles liegen“), folgt daraus ohne Weiteres, dass es definitionsgemäß nach Maßgabe von Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B. c) WAgS keine „Randlagengrundstücke“ und/oder „zentrale Innenbereichsgrundstücke“ geben kann, sondern eben ausschließlich nur innerhalb des Innenbereichs liegende Grundstücke, auf die die Tiefenbegrenzungsregelung Anwendung findet. Entsprechende Regelungen waren ohne Beanstandung insoweit bereits Gegenstand von Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts (vgl. etwa Beschl. v. 03.05.2005 – 1 L 268/03 – und Urt. v. 13.11.2001 – 4 K 16/00 – sowie v. 12.10.2011 – 4 K 31/06 –). Auch dort beschäftigte sich insbesondere der 4. Senat mit den „insgesamt im Innenbereich gelegenen Grundstücken“.

41

bb) Die Erwägungen des Verwaltungsgerichts stehen im Widerspruch zur Senatsrechtsprechung und zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 03. Mai 2005 – 1 L 268/03 – darauf hingewiesen, dass eine satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung, die die typischen örtlichen Verhältnisse tatsächlich widerspiegele, auch auf „zentrale“ Grundstücke des unbeplanten Innenbereichs anwendbar sei. Der Senat hat sich dabei auf die erschließungsbeitragsrechtliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 01.09.2004 – 9 C 15.03 –, BVerwGE 121, 365 – zitiert nach juris) bezogen, wonach es keinen tragfähigen Grund gebe, die entwickelten Grundsätze für eine Tiefenbegrenzung auf einen wie auch immer gearteten „Randbereich“ des unbeplanten Innenbereichs im Übergang zum Außenbereich zu beschränken oder – im Gegenteil – auf diesen Randbereich für unanwendbar zu halten. Wegen entsprechender örtlicher Verhältnisse könne danach die Anwendbarkeit einer satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung auch auf „zentrale“ Grundstücke mit § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB in Einklang stehen. Dann ist es grundsätzlich nicht gerechtfertigt, die „zentralen“ Grundstücke bei der Ermittlung der örtlichen Verhältnisse „außen vor zu lassen“.

42

cc) Mit der in Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B. c) WAgS geregelten Tiefenbegrenzung soll nach dem zutreffenden Vortrag des Beklagten in erster Linie die Frage beantwortet werden, wie sich die ortsübliche bauliche Ausnutzbarkeit der Grundstücke am Maßstab der Kriterien des § 34 Abs. 1 BauGB darstellt bzw. ab welcher Linie typischerweise „übertiefe“ Grundstücke in ihrem hinteren Teil weder bebaut noch bauakzessorisch genutzt werden können; daneben mag es in Innenbereichsrandlagen auch um die Klärung gehen, ab wo der Innenbereich in den Außenbereich übergeht. Bezogen auf die Frage des beitragsrechtlichen Vorteils können nicht baulich nutzbare – jenseits der ortsüblichen Bebauungstiefe bzw. der hierauf gegründeten Tiefenbegrenzungslinie liegende – Teilflächen „übertiefer“, vollständig im Innenbereich liegender Grundstücke den Außenbereichsteilflächen „übertiefer“ Grundstücke, die vom Innen- in den Außenbereich übergehen, gleichstehen. Entsprechend hat das Oberverwaltungsgericht in den vorstehend in Bezug genommenen Entscheidungen formuliert, die Tiefenbegrenzung sei eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung, dass der diesseits der Begrenzungslinie liegende Teil des Grundstücks „Bauland“ ist und jenseits eine bauliche Nutzung nicht mehr stattfinde, damit also das Kriterium der baulichen Nutzbarkeit unterstrichen. Wenn eine satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung die typischen örtlichen Verhältnisse tatsächlich widerspiegelt, verstößt es folglich nicht gegen den aus Art. 3 Abs. 1 GG herzuleitenden Grundsatz der Abgabengerechtigkeit und das in § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V normierte Vorteilsprinzip, bei vollständig im unbeplanten Innenbereich liegenden Grundstücken den die Tiefengrenze überschreitenden Grundstücksteilen, soweit sie nicht tatsächlich baulich oder gewerblich genutzt werden (können), keinen beitragsrechtlichen Vorteil beizumessen (vgl. BVerwG, Urt. v. 01.09.2004 – 9 C 15.03 –, a. a. O.). Insoweit sind die zentral gelegenen Innenbereichsgrundstücke, auch soweit sie vollständig dem Innenbereich zuzuordnen sind, bei der Ermittlung der ortsüblichen bzw. typischen baulichen Ausnutzbarkeit von Innenbereichsgrundstücken heranzuziehen.

43

dd) Vor Feststellung der örtlichen Verhältnisse steht zudem überhaupt noch nicht fest, bei welchen Grundstücken in einer Ortslage im Gebiet des Wasserzweckverbandes der Innenbereich in den Außenbereich überginge. Die Tiefenbegrenzungslinie soll in der Sichtweise des Verwaltungsgerichts gerade erst „vertypt“ die Grenze bestimmen, ab der dies der Fall wäre. Die „Randlage“ wird jedenfalls bei den betreffenden Grundstücken erst durch Ermittlung der ortsüblichen bzw. typischen Bebauungstiefe konkretisiert. Der Beklagte weist insoweit zutreffend darauf hin, dass es schlechterdings nicht möglich sei, bei der Ermittlung der ortsüblichen Verhältnisse zur Festlegung einer Tiefenbegrenzungslinie ausschließlich Randlagengrundstücke zu berücksichtigen, weil die Randlage der Grundstücke im konkreten Einzelfall erst das Ergebnis der Ermittlungstätigkeit sei. Wollte das Verwaltungsgericht verlangen, unabhängig von einer Tiefenbegrenzungslinie sei im Vorfeld der eigentlichen Ermittlung derselben zunächst für jedes einzelne Grundstück eine Differenzierung nach zentralen Innenbereichs- und Randlagengrundstücken zu fordern, um dann anschließend nur unter Berücksichtigung der letzteren die tatsächlichen Grundlagen zu ermitteln und die Tiefenbegrenzungslinie festzulegen, ginge im Übrigen jeder Vereinfachungsvorteil derselben verloren.

44

ee) Wenn das Verwaltungsgericht meint, die Berücksichtigung von zentralen Innenbereichsgrundstücken begründe bei der Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe die „Gefahr“ einer unrealistischen Abbildung der tatsächlich bestehenden Außenbereichsgrenzen, verkennt dies den skizzierten Regelungsgehalt der konkret in Rede stehenden Tiefenbegrenzungsregelung und erscheint dies zudem spekulativ. Eine „Gefahr“ einer unrealistischen Abbildung der tatsächlich bestehenden Außenbereichsgrenzen ist noch keine Feststellung einer solchen und vermag daher die gerichtliche Verwerfung einer satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzungsfestlegung nicht zu tragen. Auch der weitere Hinweis darauf, dass im Gebiet des Wasserzweckverbandes Strelitz drei Kleinstädte lägen und angesichts der dort vorhandenen „eher“ kleinteiligen Bebauungsstruktur die Berücksichtigung zentraler Innenbereichsgrundstücke die Folge habe, dass die Zahl der „eher“ weniger tief bebauten Grundstücke zunehme und damit das Gesamtergebnis der Untersuchung dergestalt beeinflusse, dass die metrische Festlegung der Tiefenbegrenzung kleiner ausfalle als bei einer ausschließlichen Berücksichtigung von Randlagengrundstücken, liegt zum einen mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen neben der Sache und lässt zum anderen bereits eine hinreichende Tatsachenbasis und eine hinreichend konkrete Betrachtung der Verhältnisse im Verbandsgebiet bzw. der vorliegenden Ermittlungsergebnisse vermissen. Hierzu bestünde für die Gerichte im Übrigen grundsätzlich auch nur dann Anlass, wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen oder geltend gemacht werden, die unter diesem Blickwinkel zur Annahme einer fehlerhaft zusammengestellten Tatsachenbasis für die Ermessensentscheidung führen könnten.

45

b) Der Wasserzweckverband hat – entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts – die Ergebnisse seiner Ermittlung der ortsüblichen Verhältnisse bei seiner Festlegung der Tiefenbegrenzung auf 50 m im Übrigen ermessensfehlerfrei bewertet und gewichtet.

46

Er ist bei der Festlegung der Tiefenbegrenzung auf 50 m wie folgt vorgegangen: Er hat ein Referenz-/Untersuchungsgebiet mit 964 km² Fläche der ländlich geprägten Gesamtverbandsgröße von 984 km² zugrunde gelegt. Ausgewertet wurden insgesamt 5.038 Grundstücke im unbeplanten Innenbereich in drei von drei Kleinstädten sowie 86 von 103 Dörfern. Komplett erfasst wurden 17 von 18 Gemeinden und sechs Ortslagen der Gemeinde Feldberger Seenlandschaft. Hieraus resultiert die Übersicht „Ermittlung der Tiefenbegrenzungslinie / Zusammenfassung Bebauungstiefe im unbeplanten Innenbereich“, die die Zahl der Grundstücke mit einer bestimmten Bebauungstiefe, gestaffelt in 5 m-Schritten, darstellt. Die ermittelte Bebauungstiefe stellt dabei auf das Ende der tatsächlichen Bebauung ab. Die durchschnittliche Bebauungstiefe wurde mit 31,58 m ermittelt. Unter Einbeziehung einer bauakzessorischen Nutzung von 15 m wurde die Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m festgelegt; dabei wurden insgesamt 70,09 % der Grundstücke in dem Sinne erfasst, dass ihre bauliche Nutzung bis an diese Grenze endet. In der Begründung der Beschlussvorlage VB/15/11 ist ausgeführt, dass neben der Bebauungstiefe die sogenannte bauakzessorische Nutzung (Garten, Terrasse, etc.) untersucht und im Verbandsgebiet mit 15 m als ortsüblich festgestellt worden sei. Weiter heißt es:

47

„Unter Berücksichtigung einer der größten Gruppen entsprechenden Bebauungstiefe bis 20 m ergäbe sich unter Berücksichtigung der bauakzessorischen Nutzung eine Tiefenbegrenzungslinie von 35 m. Bei dieser Tiefenbegrenzungslinie würden allerdings lediglich 34,16 % aller Grundstücke erfasst werden. Dies ist eine noch nicht hinreichend große Anzahl von Grundstücken, die unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Vorteilsgerechtigkeit noch eine aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität zulässige Typisierung durch eine Tiefenbegrenzungslinie ermöglichen würde.

48

Die Gruppe der Grundstücke, die unter Berücksichtigung der bauakzessorischen Nutzung des Grundstücks von 15 m eine bauliche Nutzung zwischen 45 und 50 Metern aufweist, beträgt 8,93 %. Zieht man unter Einbeziehung dieser Gruppe die Tiefenbegrenzungslinie bei 50 Metern, wären 70,09 % aller Grundstücke erfasst. Dies ist eine Zahl, die unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Vorteilsgerechtigkeit noch eine aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität zulässige Typisierung durch eine Tiefenbegrenzungslinie zulässt. Dafür spricht zudem die Tatsache, dass die durchschnittliche bauliche Nutzung der Grundstücke unter Berücksichtigung der bauakzessorischen Nutzung in dieser Gruppe liegt (46,58 %).“

49

Auf der Basis der Ermittlungen der Bebauungstiefe und der vorstehenden Erwägungen des Wasserzweckverbandes ist ein justitiabler Ermessensfehler bei der Festlegung der Tiefenbegrenzungslinie auf 50 m nicht feststellbar.

50

Wie bereits ausgeführt geht es bei der Frage der Ortsüblichkeit nicht um die Ermittlung einer exakt berechenbaren Größe. Da es zwangsläufig auch Grundstücke mit nicht üblichen Bebauungstiefen gibt, die also nicht dem mit normal, geläufig oder verbreitet zu bezeichnenden Maß entsprechen, kann für die Annahme der Ortsüblichkeit eine zahlenmäßig ausreichend große Gruppe von Grundstücken maßgeblich sein, die in etwa die gleichen Bebauungstiefen aufweisen.

51

Betrachtet man hiervon ausgehend und auf der Grundlage der Übersicht „Ermittlung der Tiefenbegrenzungslinie / Zusammenfassung Bebauungstiefe im unbeplanten Innenbereich“ einen Korridor der tatsächlichen Bebauungstiefe von 21 bis 50 m bzw. – nach Addition der ortsüblichen bauakzessorischen Nutzung – von 36 bis 65 m, also etwa 15 m unter- und oberhalb der normierten Tiefenbegrenzungslinie, lässt sich feststellen, dass mit diesem Korridor eine Gruppe von knapp 56 % aller Grundstücke erfasst ist. Es erscheint nicht ermessensfehlerhaft, wenn der Wasserzweckverband in diesem Bereich eine im vorstehenden Sinne zahlenmäßig ausreichend große Gruppe von Grundstücken, die in etwa die gleichen Bebauungstiefen aufweisen, verortet hat. Das gilt insbesondere mit Blick auf das ihm für die Festsetzung der Tiefenbegrenzung zustehende normgeberische und weit zu verstehende Ermessen.

52

Auch die Begründung der Beschlussvorlage benennt Kriterien, die entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts geeignet sind, die konkret bei 50 m festgelegte Tiefenbegrenzung ermessensfehlerfrei abzusichern. Insbesondere durfte der Wasserzweckverband auch die durchschnittliche Bebauungstiefe berücksichtigen, die er im Ergebnis seiner Untersuchungen festgestellt hat. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Berechnung einer solchen durchschnittlichen Bebauungstiefe – wie vorliegend mit 5.038 Grundstücken – eine hinreichend große Zahl von Grundstücken zugrunde liegt. Denn damit werden jedenfalls „Ausreißer“ weitgehend nivelliert. Dass die durchschnittliche Bebauungstiefe einen Bezug zur ortsüblichen Bebauungstiefe aufweist, ist aus Sicht des Senats offensichtlich: Je mehr Grundstücke in einem Bereich bebaut sind, der als ortsüblich qualifiziert werden kann, umso eher wird auch die durchschnittliche Bebauungstiefe in diesem Bereich liegen, jedenfalls dann, wenn eine hinreichend große Zahl von Grundstücken in die Betrachtung einbezogen wird. Nicht unplausibel ist auch der diesbezügliche Vortrag des Beklagten, die durchschnittliche Bebauungstiefe erlaube die Kontrolle, ob sich die Abweichungen beiderseits der beabsichtigten Tiefenbegrenzungslinie in etwa die Waage hielten, d.h. also, ob die Anzahl der Grundstücke, bei denen die bauliche Ausnutzbarkeit diesseits der Tiefenbegrenzungslinie ende, der Anzahl der Grundstücke in etwa entspreche, bei denen die bauliche Ausnutzbarkeit jenseits der Tiefenbegrenzungslinie ende. Für diese Ausgewogenheit habe die durchschnittliche Bebauungstiefe Aussagekraft. Die durchschnittliche Bebauungstiefe kennzeichne nämlich die Linie, bei der sich die Anzahl der Grundstücke, deren bauliche Ausnutzbarkeit diesseits der Tiefenbegrenzungslinie ende, mit der Anzahl der Grundstücke, deren bauliche Ausnutzbarkeit jenseits der Tiefenbegrenzungslinie ende, decke. Insoweit sei – zumindest als Kontrollüberlegung – eine Bezugnahme auf die durchschnittliche Bebauungstiefe durchaus zulässig. Schließlich hat auch der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 14. September 2010 – 4 K 12/07 – (juris, vgl. Rn. 83) den Gesichtspunkt der durchschnittlichen Bebauungstiefe im Kontext des Erfordernisses der Üblichkeit der Bebauungstiefe als relevant erwähnt.

53

Ebenfalls als nicht ermessensfehlerhaft erweist sich die Berücksichtigung des Umstandes, dass mit der Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m immerhin 70,09 % aller Grundstücke – in dem Sinne, dass dort ihre Bebauung spätestens endet – erfasst würden und dies eine Zahl sei, die unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Vorteilsgerechtigkeit noch eine aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität zulässige Typisierung durch eine Tiefenbegrenzungslinie zulasse. Auch dieser Aspekt ist im vorerwähnten Urteil des 4. Senats des Oberverwaltungsgerichts angesprochen worden. Er wird dem Umstand gerecht, dass aus einer ortsüblichen Bebauungstiefe als Basis der Festlegung der Tiefenbegrenzungslinie zugleich folgt, dass das Eingreifen der Tiefenbegrenzungsregelung nicht der Regelfall sein kann. Wäre dies anders, läge darin ein Anhaltspunkt dafür, dass die ortsübliche Bebauungstiefe nicht korrekt ermittelt worden ist. In diese Richtung zielt auch das Vorbringen des Beklagten, zur Vorteilsgerechtigkeit gehöre, ausreichend Flächen heranzuziehen, um den Beitragssatz möglichst gering zu halten. Vor diesem Hintergrund halte er es für vorteilsgerecht, wenn die Tiefenbegrenzungslinie bei 50 m unter Berücksichtigung der bauakzessorischen Nutzung 70,09 % der untersuchten Grundstücke mit der Folge erfasse, dass lediglich bei 30 % der untersuchten Fälle die bauliche Nutzbarkeit jenseits der Tiefenbegrenzungslinie ende, und habe unter Ausnutzung des ihm zustehenden weiten Ermessens angenommen, dass an dieser Stelle ein Regel-Ausnahmeverhältnis durchaus angemessen sei und angenommen werden könne. Auch diese Erwägungen erscheinen jedenfalls nicht unplausibel.

54

Das Verwaltungsgericht kann seinerseits nicht überzeugend darlegen, warum die 50 m-Linie ermessensfehlerhaft sein soll. Ihm ist zuzugeben, dass die Tiefenbegrenzungslinie möglicherweise auch anders, z. B. bei 45 m hätte gezogen werden können. Selbst wenn man aber unterstellen wollte, dies wäre „richtiger“ gewesen, könnte dies nicht ohne weiteres damit gleichgesetzt werden, dass die 50 m-Linie vom Zweckverband ermessensfehlerhaft bzw. handgreiflich „falsch“ festgelegt worden wäre. Mit seinen Überlegungen zur Berücksichtigungsfähigkeit einzelner Messreihen beachtet das Verwaltungsgericht den diesbezüglich weiten Ermessensspielraum des Wasserzweckverbandes nicht im ausreichenden Maße.

55

2. Soweit die Klägerin weiter geltend macht, fehlerhaft sei auch die Ermittlung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche, liegt auch kein Rechtsanwendungsfehler vor.

56

Die Klägerin meint, es könne lediglich die Fläche herangezogen werden, die an die Straße angrenze. Der Beklagte gehe demgegenüber fehlerhaft von einer Grundstücksfläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksgrenze und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallele aus. Selbst bei Anwendung der Tiefenbegrenzung würde die Fläche nur 939,39 m² betragen, da sich die Parallele an dem Verlauf der Straße orientieren müsse, die an der Ecke zum Nachbarflurstück 45/5 abknicke.

57

Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Anwendung der Tiefenbegrenzungsregelung satzungskonform. Der Wortlaut der Bestimmung gemäß Anlage 1 Ziff. 1.3 Abs. 2 B. c) WAgS gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die berücksichtigungsfähige Fläche – auch – durch eine vom Endpunkt der Grundstücksstraßengrenze ausgehenden gedachten Senkrechten zur Straße zu begrenzen wäre. Der Wortlaut – „die Fläche zwischen der jeweiligen Straßengrenze und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen“ – führt vielmehr zwanglos auf das Normverständnis des Beklagten, die gesamte Grundstücksfläche zwischen diesen Parallelen zu berücksichtigen, auch wenn im rückwärtigen Bereich Flächen erfasst werden, die ihrerseits nicht mehr „auf der Höhe“ der Grundstücksgrenze bzw. zwischen den beiden Endpunkten der Grundstücksstraßengrenze lägen sich also das Grundstück im rückwärtigen Bereich verbreitert. Systematisch wird das Normverständnis des Beklagten auch dadurch gestützt, dass nach der Tiefenbegrenzungsregelung bei Grundstücken, die nur durch einen zum Grundstück gehörenden Weg mit einer Straße verbunden sind, die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen als Grundstücksfläche gilt. Auch dort ist offensichtlich die berücksichtigungsfähige Fläche nicht auf die Breite des betreffenden Weges beschränkt. Schließlich erschiene es vorteilswidrig, dergleichen rückwärtige Flächen unberücksichtigt zu lassen, wenn ihre bauliche Nutzung gerade ortsüblich ist. Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, der es rechtfertigen könnte, einen Unterschied zwischen der auf der einen und der auf der anderen Seite der gedachten Senkrechten liegenden Fläche zu machen. Die hilfsweise Argumentation der Klägerin, jedenfalls müsse sich die Parallele auf der gesamten Breite ihres Grundstücks am Verlauf der Straße orientieren, überzeugt ebenfalls nicht. Auch insoweit ist der Wortlaut der Bestimmung eindeutig, wonach die Parallele zur jeweiligen Straßengrenze zu ziehen ist. Die Parallele wird folglich nur zu der konkret vorhandenen Straßengrenze gezogen. Soweit das Grundstück der Klägerin im rückwärtigen Bereich über diese konkrete Grenze hinaus eine der Straße zugewandte Grundstücksseite aufweist, grenzt es gerade nicht an die Straße an. Die weitere Regelungsalternative der Tiefenbegrenzungsbestimmung – „bei Grundstücken, die nicht an eine Straße angrenzen“ – ist jedenfalls im Hinblick auf das Grundstück der Klägerin nicht einschlägig, ebenso wenig die Regelung für Eckgrundstücke. Soweit der Abwasserbeseitigungszweckverband Tollensesee möglicherweise einer gleichlautenden Bestimmung ein anderes Normverständnis zugrunde legt, ist dies vorliegend rechtlich nicht von Bedeutung.

58

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

59

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beurteilt sich nach § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

60

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.