Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 08. Nov. 2011 - 2 A 82/09

bei uns veröffentlicht am08.11.2011

Tenor

Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 04.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.12.2008 wird insoweit aufgehoben, als der dortige Festsetzungebetrag die Summe von 666,64 € übersteigt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens haben der Kläger zu ¾ und der Beklagte zu ¼ zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe des Vollstreckungsbetrags abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Rundfunkgebühren für einen früheren Zeitraum.

2

Die Klägerin war in der Vergangenheit seit 5/2009 mit einem Radio- und einem Fernsehgerät bei der GEZ, (zuletzt) unter der Teilnehmernummer gemeldet. Während die Klägerin im Jahre 2002 noch unter der Anschrift B.straße 20 in A-Stadt bei der GEZ geführt wurde, waren Schreiben der GEZ an die Klägerin im Jahre 2003 ab März an deren neuen Anschrift in der V.straße 29 in A-Stadt gerichtet.

3

Mit einem nicht im Verwaltungsvorgang des Beklagten befindlichen Schreiben vom 04.06.2004 erklärte die Klägerin gegenüber der GEZ die Abmeldung der Geräte, da sie nicht mehr in der Lage sei für die Zahlung aufzukommen und ihre Gebührenbefreiung nicht verlängert werde. Das Gerät werde von ihr nicht mehr betrieben.

4

Am 03.03.2008 vermerkte die GEZ einen Wechsel der Anschrift der Klägerin von der bisherigen in der V.straße 29 auf die Anschrift W.-K.-Str. 6 in A-Stadt. Mit an diese neue Anschrift gerichtetes Schreiben vom 04.03.2008 und teilte die GEZ der Klägerin mit, dass ihr Teilnehmerkonto einen Gebührenrückstand von 806,88 Euro aufweise. Die Klägerin habe keine Zahlungsaufforderung erhalten, da sie durch die GEZ auf dem Postwege nicht habe erreicht werden können.

5

Die Klägerin antwortete mit Schreiben vom 04.03.2008, in dem die Anschrift der Klägerin mit W. Köppenstr. 6 angegeben ist. Die Klägerin führte in dem Schreiben aus, dass sie im Juni 2004 schriftlich die Kündigung erklärt habe und fügte eine Ablichtung des Kündigungsschreibens vom 04.06.2004 bei. Der GEZ sei ihre Adresse in der V.straße 29 bekannt, so dass die Behauptung, dass die Klägerin auf dem Postwege nicht zu erreichen sei, schlichtweg falsch sei. Sie lebe in der V.straße 29 mit ihrem Lebensgefährten, der nach Erwerb eines neuen Endgerätes dieses ordnungsgemäß unter der Teilnehmernummer 571738255 angemeldet habe.

6

Nach weiterem Schriftverkehr zwischen der Klägerin und der GEZ, welche u.a. in einem Schreiben vom 02.04.2008 ausführte, dass die Abmeldung vom 04.06.2004 erst mit dem Schreiben der Klägerin vom 07.03.2008 eingegangen sei, setzte der Beklagte mit Gebührenbescheid vom 04.07.2008 gegenüber der Klägerin Rundfunkgebühren für den Zeitraum 4/2004 bis 3/2008 zuzüglich eines Säumniszuschlags in Gesamthöhe von 811,99 Euro fest.

7

Mit Schreiben vom 24.07.2008 an die GEZ zeigten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin deren Vertretung an und nahmen zum Schreiben der GEZ vom 02.04.2008 dahingehend Stellung, dass der dort geforderte Betrag von 806,88 Euro als unberechtigt zurückzuweisen sei.

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Nach weiteren Schriftverkehr legte die Klägerin durch Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 06.11.2008 Widerspruch gegen den Gebührenbescheid vom 04.07.2008 ein und machten geltend, dass dieser erst am 27.10.2008 zugestellt worden sei.

9

Mit Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 12.12.2008 wies die GEZ den Widerspruch der Klägerin zurück. In den Gründen des Widerspruchsbescheids ist ausgeführt, dass der Widerspruch nicht zulässig sei. Ein schriftlicher Verwaltungsakt gelte mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben (§ 41 Absatz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz Mecklenburg-Vorpommern). Im Hinblick darauf, dass der an die Klägerin gerichtete Gebührenbescheid nicht als unzustellbar zurückgesandt worden sei, bestünden keine Zweifel an einem ordnungsgemäßen Zugang des Bescheids in 07.2008. Die Widerspruchsfrist sei danach abgelaufen. Im Übrigen wäre der Widerspruch auch in der Sache nicht begründet gewesen. Die Klägerin habe versäumt, dem Beklagten die neue Anschrift mitzuteilen. Der Beklagte habe die Rundfunkgeräte der Klägerin unter Berücksichtigung deren Mitteilung vom 07.03.2008 mit Ablauf des Monats März 2008 abgemeldet. Eine rückwirkende Abmeldung sehe der Rundfunkgebührenstaatsvertrag nicht vor. Eine doppelte Erhebung der Rundfunkgebühren liege nicht vor. Von der Klägerin würden Gebühren für die von ihr angemeldeten, von ihrem Partner die Gebühren von diesem angemeldeten Geräte gefordert. Die Ausnahmeregelung für eheliche Lebensgemeinschaften sei auf nichteheliche Lebensgemeinschaften nicht anwendbar. Wegen des Säumniszuschlages verwies der Widerspruchsbescheid auf § 6 der Satzung der Landesrundfunkanstalt über das Verfahren zur Leistung von Rundfunkgebühren.

10

Der Widerspruchsbescheid wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 18.12.2008 zugestellt. Am 19.01.2009, einem Montag, hat die Klägerin Klage erhoben.

11

Sie trägt vor, dass sie nach ihrer Abmeldung vom 04.06.2004 Anfang des Jahres 2006 mit ihrem damaligen Lebensgefährten und heutigen Ehegatten eine gemeinsame Wohnung zur Bildung einer häuslichen Gemeinschaft bezogen habe. Ebenfalls zur häuslichen Gemeinschaft hätten die gemeinsamen Kinder E. und F. gehört. Der Ehegatte habe die neu erworbenen Geräte unter der für ihn geführten Teilnehmernummer angemeldet. Darüber hinausgehende meldepflichtige Geräte habe die Klägerin nicht bereitgehalten.

12

Die Klägerin habe im Zeitraum 01/06 – 03/08 Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit in Höhe von durchschnittlich monatlich 500 Euro brutto erzielt.

13

Erstmalig Anfang des Jahres 2008 habe der Beklagte die Klägerin zur Zahlung ausstehender Gebühren aufgefordert. Der Gebührenbescheid vom 04.07.2008 sei der Klägerin nicht übersandt worden. Den fehlenden Eingang könne der Ehemann der Klägerin bezeugen. Erst mit am 27.10.2008 beim Verfahrensbevollmächtigten eingegangenem Schreiben vom 22.10.2008 sei der Gebührenbescheid übersandt worden. Dem sei entgegen der Ankündigung auf der Vorderseite keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt gewesen.

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Die Widerspruchsfrist sei mithin gewahrt, da der Gebührenbescheid erst mit Zustellung am 22.10.2008 erfolgt sei. Die Fiktion des Zugangs gem. § 41 Abs. 2 VwVfG könne durch Aussage des Ehegatten der Klägerin widerlegt werden.

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Für den Zeitraum 04/2004 – 12/2004 sei entsprechend § 4 Abs. 4 RGebStV die Verjährung der Ansprüche eingetreten. Insofern werde hinsichtlich des Gebührenanspruchs die Einrede der Verjährung erhoben und sei insofern der Gebührenanspruch in Höhe von 145,35 Euro aus diesem Grunde unbegründet.

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Der Betrag in Höhe von 211,23 Euro für den Zeitraum 01/05 – 12/05 sei dagegen mangels Erweisbarkeit des Zugangs des Kündigungsschreibens durch die Klägerin zu leisten.

17

Ein Anspruch auf Zahlung der Rundfunkgebühren für den Zeitraum 01.01.2006 bis 31.03.2008 in Höhe von 459,81 Euro sei dagegen ebenfalls unbegründet. Insoweit greife die Regelung des § 5 Abs. 1 S. 2 RGebStV. Die Klägerin lebe seit diesem Zeitpunkt in häuslicher Gemeinschaft mit ihrem jetzigen Ehegatten. Ihr Gehalt entspreche einem Einkommen, das den einfachen Sozialhilfesatz nicht übersteige. Da entsprechende Ausnahmeschriften für eine Gebührenpflicht nicht greifen und die von der Klägerin ursprünglich gemeldeten Geräte der Regelung für Zweitgeräte unterfallen würden, entfalle – unabhängig von der Regelung des § 4 Abs: 2RGebStV – ipso jure die Gebührenpflicht ab 01/2006.

18

Einer Anzeige an den Beklagten bedürfe es entgegen der Auffassung des Beklagten nicht, um die Gebührenpflicht entfallen zu lassen. Der durch den Beklagten zitierten Rechtsprechung des VG München und der darauf Bezug nehmenden Kommentierung könne nicht gefolgt werden. Aus § 5 RGebStV ergebe sich eine solche Anzeigepflicht gerade nicht. Die Formulierung in Abs. 1 Satz 1 („eine Rundfunkgebühr ist nicht zu leisten“) lasse vielmehr darauf schließen, dass die Gebührenpflicht für solche Zweitgeräte in den nachfolgenden Konstellationen kraft Gesetzes entfalle und es keiner Anzeigepflicht bedürfe. Auch aus dem systematischen Zusammenhang des § 4 Abs. 1 RGebStV lasse sich erkennen, dass § 4 Abs. 2 RGebStV lediglich für den Regelfall des Wegfalls von Rundfunkempfangsgeräten gelten solle. Die Anzeigepflicht betreffe bereits nach dem (eindeutigen) Wortlaut des § 4 Abs. 2 RGebStV gerade nicht den Fall des § 5 RGebStV, da hier Geräte durchaus weiterhin für den Empfang bereit gehalten werden könnten. Zudem sei das die Gebührenpflicht für Zweitgeräte in einer Zweitwohnung betreffende Urteil des Verwaltungsgerichts München auf den vorliegenden Rechtsstreit nicht übertragbar. Eine analoge Anwendung des § 4 Abs. 2 RGebStV komme zudem ebenfalls nicht in Betracht, da § 5 Abs. 1 Satz 1 RGebStV eine hinreichende Regelung für den Wegfall der Leistungspflicht bei Bestehen einer Lebensgemeinschaft normiere. Mithin fehle es an einer entsprechenden Regelungslücke.

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Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht von einer Anzeigepflicht ausgehen sollte, werde das Vertrauen geltend gemacht, dass die Klägerin darin gehabt habe, dass ihr Kündigungsschreiben vom 04.06.2004 dem Beklagten spätestens drei Tage nach Aufgabe zur Post zugegangen sei. Dieses Vertrauen sei bis zum Auszug aus der – dem Beklagten bekannten – Wohnung nicht erschüttert worden. In den nachfolgenden Jahren habe der Beklagte die Klägerin weder durch Gebührenbescheid, noch durch Zahlungsaufforderung etc. auf ihre Zahlungspflicht aufmerksam gemacht. Es sei dem Beklagten ohne weiteres möglich gewesen, die Klägerin auf den Zahlungsrückstand hinzuweisen. Da ein solcher Hinweis nicht erfolgt sei, habe die Klägerin davon ausgehen können, dass eine Gebührenpflicht nicht mehr bestehe und habe keine Veranlassung mehr bestanden, den Wohnungswechsel beim Beklagten anzuzeigen. Im Übrigen habe sich die Klägerin am 01.04.2003 beim Einwohnermeldeamt an die Anschrift V.straße 29 umgemeldet. Sie habe auch am 05.03.2003 bei der Deutschen Post einen Nachsendeauftrag eingerichtet. Am 27.12.2007 sei die Klägerin in die W.-K.-Straße Nr. 6 gezogen. Eine Ummeldung sei am 10.01.2008 erfolgt. Damit habe die Klägerin alles getan, um eine Kontaktaufnahme des Beklagten zu gewährleisten. Es habe dem Beklagten oblegen, den Gebührenpflichtigen jedenfalls durch Nachfrage beim Einwohnermeldeamt ausfindig zu machen (Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 21.04.08 – 4 ME 122/08 -). Den Beklagten treffe eine Obliegenheitsverletzung, aufgrund derer der Klägerin nicht mehr möglich gewesen sei, den Zugang der Abmeldeerklärung im Jahre 2004 nachzuweisen. Darüber hinaus sei dem Beklagten die Anschrift der Klägerin in der V.straße 29 bekannt gewesen, wie der Kontoauszug vom 07.05.2003 belege.

20

Die Gebührenpflicht entfalle jedenfalls unter Berücksichtigung des Gedankens des Mitverschuldens gemäß § 254 BGB sowie des Grundsatzes „venire factum propium“ aus § 242 BGB.

21

Hinsichtlich der Einrede der Verjährung könne sich der Beklagte nicht auf die Grundsätze der unzulässigen Rechtsausübung berufen. Erforderlich dafür sei ein qualifiziertes Fehlverhalten, dass den Gläubiger von der rechtzeitigen Geltendmachung seines Anspruchs abgehalten habe (VG Karlsruhe, Urteil v. 24.10.07 – 4 K 1618/07). Daran fehle es hier aus den genannten Gründen. Unerheblich sei auch, dass der Rundfunkgebührenstaatsvertrag in der bis zum 01.04.2005 gegoltenen früheren Fassung noch eine vierjährige Verjährungsfrist vorgesehen habe. Mangels Übergangsregelung gelte die seit dem 01.04.2005 geregelte dreijährige Verjährungsfrist.

22

Die Klägerin beantragt,

23

den Gebührenbescheid des Beklagten vom 04.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.12.2008 insoweit aufzuheben, als darin eine Gebühr von mehr als 211,23 Euro festgesetzt wird.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

26

Er hält die Klage für unbegründet. Eine frühere Abmeldung der Klägerin als die vom 07.03.2008 liege dem Beklagten nicht vor. Auf eine Gebührenbefreiung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV könne sich die Klägerin nicht berufen, da sie unabhängig von dem erzielten Einkommen verpflichtet gewesen wäre, dem Beklagten die Veränderung ihrer Lebensumstände anzuzeigen. Im Rahmen des § 5 RGebstV bedürfe es einer ausdrücklichen Anzeige, wenn sich der Status eines angemeldeten Erstgerätes in den eines nicht anmeldepflichtigen Zweitgerätes ändere. Auf die Rechtsprechung des VG München, Urt. v. 19.11.1999 – M 32a K 97.5836 – werde insoweit verwiesen. Damit entfalle auch nicht die Abmeldepflicht für Rundfunkgeräte, für die vor dem begründen einer häuslichen oder ehelichen Gemeinschaft Rundfunkgebühren zu entrichten gewesen seien (vgl. Hahn/ Vesting, Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl., § 5 Rn. 24; Göhmann/Naujock/Siekmann).

27

Die Geltendmachung der Einrede der Verjährung gehe fehl, da sie eine unzulässige Rechtsausübung darstelle (so VG Hannover, Urt. v. 16.01.2008 – 7 a 5497/06). Die Klägerin habe erst im März 2008 ihre Adressenänderung angezeigt, so dass der Beklagte auch erst ab diesem Zeitpunkt die Möglichkeit gehabt habe, der Klägerin einen Gebührenbescheid zuzustellen.

28

Im Übrigen gelte ohnehin für die im Jahre 2004 entstandenen Gebührenansprüche die vierjährige Verjährungsfrist, die der Rundfunkgebührenstaatsvertrag in der bis zum 01.04.2005 gegoltenen Fassung vorgesehen habe. Dies ergebe sich aus der Gesetzesbegründung der Änderung. Die Festsetzung der Gebühren durch den Bescheid vom 04.07.2008 sei binnen dieser Frist erfolgt.

29

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des durch den Beklagten übersandten Verwaltungsvorgangs (1 Hefter) ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

30

Die Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Sie ist zulässig und teilweise begründet.

31

Der Zulässigkeit der Klage stehen die §§ 68 Abs. 1 Satz 1, 70 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nicht entgegen. Danach ist vor Erhebung der Anfechtungsklage Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren nachzuprüfen und ist der das Vorverfahren einleitende Widerspruch innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben ist, zu erheben.

32

Vorliegend ist davon auszugehen, dass der streitgegenständliche Gebührenbescheid vom 04.07.2008 der Klägerin erst am 27.10.2008 bekanntgegeben worden ist und sie ihren Widerspruch vom 06.11.2008 damit fristgerecht erhoben hat.

33

Entgegen der durch den Beklagten in seinem Widerspruchsbescheid geäußerten Rechtsauffassung ist nicht von einer bereits wesentlich früher erfolgten Bekanntgabe des Gebührenbescheids vom 04.07.2008 auszugehen. Die gesetzliche Fiktion der Bekanntgabe nach § 41 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz M-V (VwVfG M-V) greift entgegen der Widerspruchsentscheidung des Beklagten vorliegend nicht ein.

34

Gemäß § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG M-V gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt bei der Übermittlung durch die Post im Inland zwar am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Dies gilt nach § 41 Abs. 2 Satz 2 VwVfG M-V aber nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen, § 41 Abs. 2 Satz 3 VwVfG M-V.

35

Die Klägerin macht geltend, dass ihr der Gebührenbescheid vor der Zustellung an ihren Verfahrensbevollmächtigten am 27.10.2008 nicht zugegangen sei.

36

Sie untermauert dies durch Angebot eines Zeugenbeweises ihres Ehemanns. Gestützt wird die Richtigkeit der Behauptung der Klägerin aber ungeachtet dessen insbesondere dadurch, dass die Klägerin sich durch Schriftsatz ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 24.07.2008 gegen die angemahnte Forderung des Beklagten verwahrte. Der Schriftsatz datiert mit dem 24.07.2008 auf einen Zeitpunkt, zu dem eine Widerspruchseinlegung gegen den Gebührenbescheid vom 04.07.2008, wenn dieser denn der Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt gewesen wäre, fristgerecht hätte erfolgen können. Der Schriftsatz vom 24.07.2008 nennt stattdessen als Grund der anwaltlichen Mandatierung ausschließlich die Mahnung und stützt damit die Darlegung der Klägerin, dass ihr der nach der Mahnung verfasste Gebührenbescheid zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt war. War der Klägerin aber der Gebührenbescheid vom 04.07.2008 am 27.07.2008 noch nicht zugegangen, bestehen damit auch durchgreifende Zweifel daran, dass der Zugang zu einem späteren Zeitpunkt vor dem 27.10.2008 erfolgt wäre.

37

Den somit gemäß § 41 Abs. 2 Satz 3 VwVfG M-V durch den Beklagten zu erfolgenden Nachweis eines früheren Zugangs hat der Beklagte nicht geführt.

38

Die Klage ist teilweise auch begründet.

39

Sie ist insoweit begründet, als der Beklagte mit dem Bescheid vom 04.07.2008 Rundfunkgebühren für den Zeitraum 04/2004 bis 12/2004 festgesetzt hat. Die durch die Klägerin insoweit erhobene Einrede der Verjährung greift durch. Die Rundfunkgebühren für das Jahr 2004 waren zum Zeitpunkt der Festsetzung durch den Bescheid vom 04.07.2008 bereits verjährt.

40

Nach § 4 Abs. 4 RGebStV in der seit dem 01.04.2005 geltenden Fassung finden dagegen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die regelmäßige Verjährung Anwendung. Danach können sich Rundfunkteilnehmer bereits nach drei Jahren auf die Einrede der Verjährung berufen (§ 195 BGB). Gleichzeitig wird durch die Bezugnahme auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs aber auch klargestellt, dass der Lauf der Verjährungsfrist erst mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste (§ 199 Abs. 1 BGB). Vorliegend waren dem Beklagten die den Anspruch begründenden Umstände und die Person der Klägerin bereits mit Anspruchsentstehung im Jahr 2004 bekannt. Insbesondere war dem Beklagten die Anschrift der Klägerin in der V.straße 29 in A-Stadt bekannt, wo sie bis zu ihrem Umzug zum Jahreswechsel 2007 /2008 wohnhaft war. Insofern kann sich der Beklagte auch nicht darauf berufen, dass die Klägerin mit der Einrede der Verjährung eine unzulässige Rechtsausübung betreibe, weil sie ihm während des Laufs der Verjährungsfrist ihre Wohnanschrift verschwiegen bzw. ihre Erreichbarkeit verhindert habe. Bei einer Anwendung der neuen Regelung des § 4 Abs. 4 RGebStV auf die im Jahre 2004 entstandenen Gebühren hat die Verjährungseinrede der Klägerin mithin Erfolg.

41

Anderes folgt für den vorliegenden Fall nicht daraus, dass die Forderungen für das Jahr 2004 vor Inkrafttreten der Änderung des Rundfunkgebührenstaatsvertrags am 01.04.2005 entstanden sind und nach der bis zum 01.04.2005 gegoltenen früheren Fassung des § 4 Abs. 4 RGebStV der Anspruch auf Rundfunkgebühren in vier Jahren verjährte. Für den Beginn der Verjährungsfrist war in entsprechender Anwendung des § 201 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf den Schluss des Jahres abzustellen, in welchem die Rundfunkgebührenforderung entstanden, d.h. fällig geworden ist (vgl. dazu: Gall in Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 2. Aufl. § 4 RGebStV, Rdnr. 55). Das Ende der Verjährung lag danach vier Jahre später, wiederum am Ende des Jahres. Danach wäre die Verjährungsfrist hier erst mit Ablauf des 31.12.2008 abgelaufen gewesen.

42

Die Regelung wurde aber durch die Neufassung des Gesetzes mit Wirkung zum 01.04.2005 abgelöst. Eine Übergangsregelung enthält der Rundfunkgebührenstaatsvertrag nicht.

43

Bei nicht vorhandenen Übergangsregelungen tritt neues Gesetzesrecht grundsätzlich an die Stelle des früheren Rechts, soweit damit nicht eine Einwirkung auf in der Vergangenheit liegende abgeschlossene Sachverhalte verbunden ist, die als verfassungsrechtlich unzulässige echte Rückwirkung zu bewerten wären. In diesen Fällen ist nach verfassungskonformer Auslegung auch ohne ausdrückliche gesetzliche Übergangsregelung die aufgrund des bisherigen Rechts entstandene Rechtslage zugrunde zu legen. Einer zum Zeitpunkt der Rechtsänderung nach dem bisherigen Recht noch nicht abgelaufenen Verjährungsfrist liegt allerdings ein insoweit noch nicht abgeschlossener Sachverhalt zugrunde. In den Fällen der sogenannten unechten Rückwirkung, in denen die Änderung der Rechtslage auf einen zwar in der Vergangenheit begründeten, aber zum Zeitpunkt der Rechtsänderung noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt einwirkt, ist ein Vertrauen auf den Fortbestand der Rechtslage berücksichtigungsfähig, erfordert aber keine zwingende Rechtsauslegung dahingehend, dass aus Verfassungsgründen auch ohne Übergangsregelung zwingend von einer unveränderten Fortgeltung des bisherigen Rechts ausgegangen werden müsste.

44

In der Rechtsprechung werden in den Fällen einer ohne Übergangsregelung erfolgten gesetzlichen Veränderung der Verjährungsfrist für die Fälle der bei Rechtsänderung nach bisherigem Recht noch nicht abgelaufenen Verjährungsfrist die in den Überleitungsvorschriften der Art. 229 und 169 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) ausgeführten Rechtsgrundsätze als allgemeiner Rechtsgedanke herangezogen (vgl. für das Rundfunkgebührenrecht VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 26.04.2007 – Juris Rn. 10 ff. –; OVG Niedersachsen, Beschl. v. 20.11.2009 – 4 LA 709/07 – Juris Rn. 12; sowie allgemein für andere Rechtsgebiete BGH, Urt. v. 22.02.1979 – VII ZR 256/77 – Juris Rn. 10 und Urt. v. 17.10.1960 – VII ZR 216/59 – Juris LS 1). Danach findet die Neuregelung der Verjährung auf die am Tag des Inkrafttretens bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche grundsätzlich Anwendung (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB; Art. 169 Abs. 1 Satz 1 EGBGB). Soweit das neue Verjährungsrecht aber - wie hier – die Verjährungsfrist abkürzt, könnte die Anwendung des neuen Rechts dazu führen, dass die kürzere neue Frist am Tag des Inkrafttretens bereits abgelaufen ist. Um den Gläubiger hiervor zu schützen, legen Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1 EGBGB; Art. 169 Abs. 2 Satz 1 EGBGB sinngemäß fest, dass die neue Frist erst am Tag des Inkrafttretens des neuen Gesetzes, mit dem die Frist geändert wurde, zu laufen beginnt. Die Verjährungsfrist des alten Rechts bleibt aber maßgebend, falls sie vor der Frist des neuen Rechts endet (Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 2 EGBGB; Art. 169 Abs. 2 Satz 2 EGBGB).

45

Übertragen auf den vorliegenden Fall ist auch danach die Verjährung der Ansprüche des Beklagten für das Jahr 2004 eingetreten. Die kürzere Frist des § 4 Abs. 4 RGebStV n.F. begann damit zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung am 01.04.2005. Sie endete drei Jahre später mit Ablauf des 01.04.2008. Die Verjährungsfrist des alten Rechts ist damit nicht maßgebend, da sie nicht vor der Frist des neuen Rechts endet. Zum Zeitpunkt des Erlasses und der Bekanntgabe des Gebührenbescheids vom 04.07.2008 waren die Forderungen für das Jahr 2004 auch danach bereits verjährt.

46

Soweit demgegenüber für die Anwendung des Rechtsgedankens aus Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 2 EGBGB (gleichlautend Art. 169 Abs. 2 Satz 1 EGBGB) auch vertreten wird, dass danach das Ende der dreijährigen Verjährungsfrist der im Jahr 2004 entstanden Ansprüche auf den Ablauf des Jahres 2008 zu errechnen wäre (so ohne Begründung VG Stuttgart, Beschl. v. 05.01.2007 – 3 K 4289/06 – Juris Rn. 26) ist dem nicht zu folgen. Dies lässt sich dem Rechtsgedanken der Regelungen des EGBGB, die für den Fristbeginn an das Datum des Inkrafttretens der Gesetzesänderung – hier des Rundfunkgebührenstaatsvertrags – anknüpfen, nicht entnehmen (vgl. i. E. für andere Forderungen ebenso BGH, Urt. v. 22.02.1979 a.a.O. Rn. 10).

47

Das Verwaltungsgericht folgt des Weiteren auch nicht der in der Literatur zum Rundfunkgebührenstaatsvertrag vertretenen Auffassung, dass für die vor dem 01.04.2005 entstandenen Rechtsansprüche stets und ohne weitere Differenzierung die frühere vierjährige Verjährungsfrist anzuwenden sei (so Gall, a.a.O., Rn. 54a. mit nur teilweise zutreffenden Nachweisen). Dies lässt sich dem Gesetz auch nach Auslegung nicht entnehmen. Sollte der Gesetzgeber bei der Änderung des Rundfunkgebührenstaatsvertrags zum 01.04.2005 eine derartige Rechtsvorstellung gehabt haben, wie der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, hat sich eine solche Vorstellung nicht im Gesetz niedergeschlagen.

48

Unbegründet ist die Klage dagegen insoweit, als sie auch gegen die Gebührenfestsetzung hinsichtlich des Gebührenzeitraums 01/2006 bis einschließlich 03/2008 gerichtet ist.

49

Die Klägerin war in diesem Zeitraum gebührenpflichtig. Gemäß § 4 Abs. 1 und 2 RGebStV beginnt die Rundfunkgebührenpflicht mit dem ersten Tag des Monats, in dem ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereitgehalten wird und endet mit Ablauf des Monats, in dem das Bereithalten eines Rundfunkempfangsgerät endet, nicht jedoch vor Ablauf des Monats, in dem dies der Landesrundfunkanstalt angezeigt worden ist.

50

Die in der Vergangenheit mit dem Bereithalten der Empfangsgeräte begonnene Gebührenpflicht der Klägerin bestand mangels rechtzeitig vorheriger Anzeige der Klägerin gemäß § 4 Abs. 2 RGebStV bis zum 31.03.2008 fort.

51

Eine Abmeldung der Klägerin bereits im Jahr 2004 ist nicht erfolgt. Zwar hat die Klägerin nach ihrer eigenen Erinnerung ihr Abmeldungsschreiben vom 04.07.2004 erstmalig bereits zeitnah nach dem Erstellungsdatum an den Beklagten abgesandt. Empfangsbedürftige Willenserklärungen im Rechtsverkehr, zu denen auch die („Abmeldungs-„) Anzeige nach § 4 Abs. 2 RGebStV gehört, werden nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen aber erst mit Zugang beim Empfänger wirksam. Die Darlegungs- und Beweislast trifft denjenigen, der sich auf die Wirksamkeit seiner Erklärung beruft. Ein Zugang des Schreibens vom 04.07.2004 beim Beklagten vor dem Monat März 2008 konnte nach Angabe des Beklagten durch diesen nicht ermittelt werden und lässt sich in dem durch den Beklagten übersandten Verwaltungsvorgang auch nicht feststellen. Damit liegt mangels nachgewiesenen Zugangs keine wirksam gewordene Abmeldungserklärung der Klägerin im Jahr 2004 vor.

52

Darauf, ob, wie die Klägerin meint, bei normalen Verlauf der Dinge von einem Zugang binnen drei Tage nach Aufgabe der Post auszugehen gewesen wäre, wie die Klägerin meint, kommt es nicht an. Eine gesetzliche Fiktionsregelung, wie sie § 41 Abs. 2 VwVfG M-V für die Bekanntgabe von Verwaltungsakten vorsieht, besteht nicht. § 41 Abs. 2 VwVfG M-V findet als speziell die Wirksamkeit von Verwaltungsakten betreffende Vorschrift auch keine darüber hinausgehende entsprechende Anwendung.

53

Die Gebührenpflicht der Klägerin endete des Weiteren auch nicht im Januar 2006, nachdem die Klägerin bei nur geringem eigenen Einkommen mit ihrem jetzigen Ehemann eine häusliche Gemeinschaft begründet hatte. Zwar besteht nach § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV eine Rundfunkgebührenpflicht nicht für weitere Rundfunkempfangsgeräte, die von Personen zum Empfang bereit gehalten werden, welche mit dem Rundfunkteilnehmer in häuslicher Gemeinschaft leben und deren Einkommen den einfachen Sozialhilferegelsatz nicht übersteigt. Für die Beendigung der bereits zuvor bestandenen Gebührenpflicht findet auch insoweit § 4 Abs. 2 RGebStV Anwendung, wonach die Gebührenpflicht nicht vor Ablauf des Monats endet, in dem dies der Landesrundfunkanstalt angezeigt ist.

54

Dass die Anzeigepflicht auch solche gebührenrelevante Veränderungen des Rundfunkteilnehmerverhältnisses betrifft, begegnet angesichts der Regelung des § 3 der Satzung des Beklagten über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkgebühren keinen Zweifel. Gemäß § 3 Abs. 3 der Satzung gilt der das Anzeigeverfahren betreffende Absatz 1 auch für sonstige Veränderungen, die das Rundfunkteilnehmerverhältnis einschließlich des Zahlungsverfahrens betreffen. Die Satzung gilt gemäß ihrem § 1 u.a. für alle Rundfunkteilnehmer, die im Anstaltsbereich des Beklagten wohnen.

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Die Geltung der Anzeigepflicht des § 4 Abs. 2 RGebStV auch für gebührenrelevante Sachverhalte des § 5 RGebStV steht aber auch ohne Heranziehung der Satzung des Beklagten außer Zweifel. § 4 Abs. 2 RGebStV regelt mit der Anzeige eine der beiden Voraussetzungen zur Beendigung einer bereits bestandenen Gebührenpflicht. Dass davon für den Eintritt der Gebührenfreiheit des § 5 Abs. 1 RGebStV eine Ausnahme bestehen sollte, lässt sich weder dem Wortlaut, noch dem Sinn und Zweck der Regelungen entnehmen. Denn § 5 Abs. 1 RGebStV lässt lediglich die Anmeldepflicht für die darin genannten Zweitgeräte entfallen, nicht jedoch die Abmeldepflicht für solche Geräte, für die vorher Rundfunkgebühren zu entrichten waren (VG München, Urt. v. 19.11.1999 – M 32a K 97.5836 – Juris Rn. 22 m.w.Nw.; Göhmann/Naujock/Siekmann in Hahn/Vesting, a.a.O. § 5 Rn. 24 sowie dort auch Hahn § 3 Rn. 41 unter Bezugnahme auf nicht veröffentlichte Rspr.).

56

Dem Wortlaut nach beschränkt § 4 Abs. 2 RGebStV die Voraussetzungen für eine Beendigung einer durch früheres Bereithalten entstandenen Gebührenpflicht im Übrigen sogar auf die Anzeige einer Beendigung des Bereithaltens. Dies bedarf allerdings nach Sinn und Zweck der Regelung insofern einer dem Rundfunkteilnehmer günstigen erweiternden Auslegung, als auch die Anzeige eines die Gebührenfreiheit nach § 5 Abs. 1 RGebStV begründenden Sachverhalts die Wirkung der Beendigung der bereits bestehenden Gebührenpflicht herbeiführt.

57

Auch der durch die Klägerin gegen die Gebührenfestsetzung erhobene Einwand der unzulässigen Rechtsausübung greift nicht durch. Die Rechtsfolgen einer längeren Untätigkeit des Gläubigers und das dadurch beim Schuldner entstehende Vertrauen, für eine Forderung nicht mehr in Anspruch genommen zu werden, sind durch den Gesetzgeber in den Vorschriften über die Verjährung geregelt und berücksichtigt. Handlungen, aufgrund derer die Klägerin hätte darauf vertrauen können, dass der Beklagte keine Forderungen mehr geltend machen würde und die deshalb unter dem Gesichtspunkt des venire contra factum propium zu berücksichtigen wären, hat der Beklagte nicht vorgenommen. Eine Untätigkeit steht solchen Handlungen nicht gleich, sondern ist – wie bereits ausgeführt – durch die Vorschriften der Verjährung insoweit abschließend erfasst.

58

Die in dem Gebührenbescheid erfolgte Festsetzung des Säumniszuschlags lässt keine Rechtsfehler erkennen.

59

Rechtswidrig ist somit die für den Zeitraum 04/2004 bis 12/2004 erfolgte Festsetzung (145,35 Euro). Der Gebührenbescheid ist insoweit aufzuheben, als der dortige Festsetzungsbetrag den Betrag von 666,64 Euro übersteigt (811,99 Euro abzüglich 145,35 Euro).

60

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf den §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe, die Berufung zuzulassen, liegen nicht vor, § 124 Abs. 1 VwGO.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


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(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S

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(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem

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Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 68


(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn 1. der Verwaltungsakt von einer ob

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 41 Bekanntgabe des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, so kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden. (2) Ein schriftlicher Verwaltun

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Die Verjährung von Ansprüchen der in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 bezeichneten Art beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung, der Errichtung des vollstreckbaren Titels oder der Feststellung im Insolvenzverfahren, nicht jedoch vor der Entstehung des An

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Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 24. Okt. 2007 - 4 K 1618/07

bei uns veröffentlicht am 24.10.2007

Tenor 1. Der Bescheid des Beklagten vom 01.04.2006 - ... - und dessen Widerspruchsbescheid vom 19.09.2006 - ... - werden aufgehoben. 2. Die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig e

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(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, so kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder in das Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten kann ein elektronischer Verwaltungsakt dadurch bekannt gegeben werden, dass er vom Beteiligten oder von seinem Bevollmächtigten über öffentlich zugängliche Netze abgerufen wird. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Der Verwaltungsakt gilt am Tag nach dem Abruf als bekannt gegeben. Wird der Verwaltungsakt nicht innerhalb von zehn Tagen nach Absendung einer Benachrichtigung über die Bereitstellung abgerufen, wird diese beendet. In diesem Fall ist die Bekanntgabe nicht bewirkt; die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 01.04.2006 - ... - und dessen Widerspruchsbescheid vom 19.09.2006 - ... - werden aufgehoben.

2. Die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

3. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

4. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid des Beklagten vom 01.04.2006, mit dem rückwirkend für den Zeitraum 01.12.1991 bis 31.12.1999 Rundfunkgebühren für ein Rundfunkempfangsgerät i.H.v. 430,11 EUR zuzüglich eines Säumniszuschlages i.H.v. 5,11 EUR festgesetzt wurden.
Nach einem in den vom Beklagten vorgelegten Behördenakten befindlichen Anmeldeformular vom 11.07.2005 habe die Klägerin seit ca. 15 Jahren einen Kassettenrekorder der Marke ... im eigenen Zimmer im Haushalt ihrer Eltern besessen, welchen sie bei ihrem Auszug im Jahr 1998 mitgenommen habe. Seit Ende 1991 habe sie ein eigenes Einkommen. Die rückständigen Rundfunkgebühren würden sich auf 430,10 EUR belaufen. Eine Ratenzahlung mit einer monatlichen Rate von 20 EUR wurde vereinbart. Das Anmeldeformular wurde von der Klägerin unterschrieben.
Mit Schreiben vom 20.07.2005 wendete sich die Klägerin gegen die Rundfunkgebührenforderung. Sie sei von den Rundfunkgebührenbeauftragten unter Druck gesetzt worden und fechte die Willenserklärung an. Zudem sei der Radioempfänger des Gerätes seit 1991 defekt, was seitens der Rundfunkgebührenbeauftragten auch bestätigt und akzeptiert worden sei. Es sei daher sittenwidrig und verstoße gegen Treu und Glauben, diesen Umstand nachträglich umzukehren. Zudem zahle ihr Ehemann Rundfunkgebühren.
Mit Schreiben der Gebühreneinzugszentrale - GEZ - vom 08.08.2005 wurde die „Abmeldung der Rundfunkgeräte zum Ablauf Dezember 1999“ mitgeteilt und um Überweisung eines Betrages von 1259,79 EUR gebeten. Mit Schreiben der GEZ vom 12.08.2005 wurde dieses Schreiben als gegenstandslos betrachtet und die befristete Anmeldung eines Rundfunkgerätes vom 01.12.1991 bis 31.12.1999 sowie die rückständigen Gebühren i.H.v. 430,10 EUR mitgeteilt. In einem weiteren Schreiben vom 12.08.2005 schlug die GEZ eine Ratenzahlung von 21 Raten zu 20 EUR und einer Rate zu 10,11 EUR beginnend ab Mitte September 2005 vor.
Mit Schreiben vom 22.08.2005 erhob die Klägerin die Einrede der Verjährung.
Mit Schreiben vom 25.10.2005 erhob der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erneut die Einrede der Verjährung. Es sei auch für die Rundfunkgebührenbeauftragten erkennbar gewesen, dass das Gerät nicht funktioniere. Zudem werde um die Namen und Adressen der Rundfunkgebührenbeauftragten gebeten. Diese hätten sich bei der Klägerin eingeschlichen; es werde geprüft, ob Strafantrag gestellt werde. Mit Schreiben vom 05.12.2005 teilte die GEZ mit, dass die Adresse der Rundfunkgebührenbeauftragten erst nach Stellung des Strafantrags herausgegeben werde. Diese behalte sich vor, umgehend Schadensersatzklage zu stellen, wenn sich die Vorwürfe als haltlos erweisen würden. Ebenso würden sich der Beklagte und die GEZ vorbehalten, einen möglichen Imageschaden geltend zu machen.
Mit Bescheid vom 01.04.2006 wurden rückwirkend für den Zeitraum 01.12.1991 bis 31.12.1999 Rundfunkgebühren für ein Rundfunkempfangsgerät i.H.v. 430,11 EUR zuzüglich eines Säumniszuschlages i.H.v. 5,11 EUR vom Beklagten festgesetzt.
Der mit anwaltlichen Schriftsatz vom 15.04.2006 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2006 zurückgewiesen.
Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 09.10.2006, eingegangen beim Verwaltungsgericht Karlsruhe am selben Tag, hat die Klägerin Klage erhoben.
10 
Sie beantragt,
11 
den Bescheid des Beklagten vom 01.04.2005 i.d.F. des Widerspruchsbescheids vom 19.09.2006 aufzuheben und
12 
die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
13 
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass das Radiogerät bereits seit längerem defekt gewesen sei. Die Forderungen seien zudem verjährt. Die Klägerin könne sich auch auf die Verjährung berufen, der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung greife nicht.
14 
Der Beklagte beantragt,
15 
die Klage abzuweisen.
16 
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei dem Anmeldeformular um eine öffentliche Urkunde handele. Zudem werde bestritten, dass das Gerät defekt gewesen sei. Die Gebührenforderung sei auch nicht verjährt, da die Verjährung erst mit Kenntnis des Beklagten zu laufen beginne. Zudem sei der Klägerin die Berufung auf die Einrede der Verjährung verwehrt, da sie das Gerät nicht ordnungsgemäß angemeldet habe.
17 
Mit Schreiben vom 22.11.2006 und 24.08.2007 haben die Parteien ihr Einverständnis zur Entscheidung durch die Berichterstatterin erklärt.
18 
Im Termin der mündlichen Verhandlung vom 24.10.2007 sind die Rundfunkgebührenbeauftragten, die die rückwirkende Anmeldung der Klägerin vorgenommen haben, als Zeugen vernommen worden.
19 
Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, insbesondere auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 24.10.2007, und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Der Rechtsstreit konnte durch die Berichterstatterin entschieden werden, da die Beteiligten ihr Einverständnis dazu erteilt haben (§ 87 Abs. 2 und 3 VwGO).
21 
Das Gericht konnte über die Klage verhandeln und entscheiden, obwohl nicht alle Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erschienen sind und auch nicht vertreten waren, da auf diese Möglichkeit in der ordnungsgemäß bewirkten Terminsladung hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
22 
Die Klage ist zulässig und begründet.
23 
Der angefochtene Gebührenbescheid vom 01.04.2006 und dessen Widerspruchsbescheid vom 19.09.2006 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die vom Beklagten erstmals mit Bescheid vom 01.04.2006 geltend gemachten Rundfunkgebühren für den Zeitraum 01.12.1991 bis 31.12.1999 waren zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses bereits verjährt und konnten daher nicht mehr geltend gemacht werden.
24 
1. Zwar mag die Klägerin nach den Angaben im Anmeldeformular vom 11.07.2005 bezüglich des Kassettenrekorders gebührenpflichtig gewesen sein. Eine solche Gebührenpflicht ergibt sich wohl aus § 2 Abs. 2 i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV, da die Klägerin nach den im Anmeldeformular gemachten Angaben einen Kassettenrekorder mit Radio besaß, als sie mit eigenem Einkommen in häuslicher Gemeinschaft mit ihren - ebenfalls Rundfunkgebühren zahlenden - Eltern lebte.
25 
Offen bleiben kann, ob eine Rundfunkgebührenpflicht bereits der Sache nach ausscheidet, weil das Gerät defekt gewesen ist und die Klägerin daher dieses nicht i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 1 RGebStV zum Empfang bereitgehalten hat. Die Klägerin hat schriftsätzlich vorgetragen, dass der Radioempfänger bereits seit 1991 defekt sei. Ob dies zutrifft, konnte in der mündlichen Verhandlung vom 24.10.2007 nicht abschließend geklärt werden. Weder die Klägerin noch ihr Prozessvertreter sind zum Termin der mündlichen Verhandlung erschienen. Die als Zeugin vernommene Rundfunkgebührenbeauftragte, Frau R., hat zwar ausgeführt, dass sie persönlich einen Radiosender eingestellt und Radio gehört hätte. Allerdings hat die Klägerin im Schreiben vom 20.07.2005 ausgeführt, dass ihr Vater den Radioempfänger 1991 funktionsunfähig gemacht hätte und dies die Zeugin auch bestätigt habe. Der Klägerin kann auch nicht ohne weiteres der Vorwurf der Unglaubwürdigkeit gemacht werden, weil sie das angeblich defekte Gerät weiter aufbewahrt hat. Denn nach den übereinstimmenden Aussagen der Klägerin und der Zeugin war das Gerät zugleich als Kassettenrekorder nutzbar und hätte daher auch bei einem Defekt des Radioempfängers weiterhin genutzt werden können. Im Übrigen enthält das von der Zeugin ausgefüllte Anmeldeformular lediglich die Bemerkung, dass die Klägerin über einen Kassettenrekorder verfüge. Dass dieses auch mit einem funktionsfähigen Radioempfänger ausgestattet war, ergibt sich daraus nicht. Schon deshalb führt auch der vom Beklagten stets angeführte Vortrag, es handele sich bei dem Anmeldeformular um eine „öffentliche Urkunde“ i.S.v. § 415 Abs. 1 ZPO mit dem Beweis der inhaltlichen Richtigkeit, hier nicht weiter (zur - beschränkten - Beweiskraft des Anmeldeformulars vgl. VG Sigmaringen, Urt. v. 24.01.2005 - 4 K 934/04 -, zit. in Juris).
26 
2. Jedenfalls sind die geltend gemachten Forderungen verjährt.
27 
a. Die Verjährung von Rundfunkgebühren ist durch Art. 5 des Gesetzes zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 17.03.2005 (GBl. 2005, S. 194) neu geregelt worden. Nach § 4 Abs. 4 RGebStV richtet sich die Verjährung nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB - über die regelmäßige Verjährung. Demnach können sich Rundfunkteilnehmer bereits nach drei Jahren auf die Einrede der Verjährung berufen (§ 195 BGB). Gleichzeitig folgt aus der Bezugnahme auf die Verjährungsvorschriften des BGB, dass die Verjährungsfrist erst mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 BGB). Der Anspruch verjährt ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von seiner Entstehung an (§ 199 Abs. 4 BGB). § 199 Abs. 1 BGB unterscheidet sich somit hinsichtlich des Verjährungsbeginns in einem erheblichen Maße von seinen Vorgängervorschriften (§§ 198 und 201 BGB a.F.), nach denen es auf eine Kenntnis des Gläubigers nicht ankam.
28 
Hinsichtlich des für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkts ist grundsätzlich auf die letzte behördliche Entscheidung - hier das Ergehen des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2006 - abzustellen (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 30.11.2005 - 10 PA 118/05 - zit. in Juris). Unter Anwendung des § 4 Abs. 4 RGebStV i.d.F. des Art. 5 des Gesetzes zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 17.03.2005 i.V.m. §§ 195, 199 Abs. 1 und 4 BGB wären somit die die Rundfunkgebührenforderung des Beklagten für den Zeitraum 01.04.1996 bis 31.12.1999 noch nicht verjährt.
29 
Zu berücksichtigen ist allerdings, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung des § 4 Abs. 4 RGebStV die Rundfunkgebührenforderungen nach der Vorgängerregelung bereits verjährt waren. Nach dem der Neuregelung des RGebStV vorangegangenen und zum Zeitpunkt der Entstehung der geforderten Rundfunkgebühren geltenden Fassung des § 4 Abs. 4 RGebStV (Fassung vom 31.08.1991, GBl. 1991, S. 745 ff.) verjährte der Anspruch auf Rundfunkgebühren in vier Jahren. Da die Vorschrift keine Regelungen zum Beginn und Ende der Verjährungsfrist enthielt, wurden nach ständiger Rechtsprechung und allgemeiner Auffassung in der Literatur die Vorschriften des BGB für die kurze Verjährungsfrist nach §§ 197, 201 BGB i.d.F. vor Inkrafttreten der verjährungsrechtlichen Neuregelungen durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 29.11.2001 (BGBl. I 2002, S. 42 ff.) angewendet, mit der Folge, dass Verjährungsbeginn einer Rundfunkgebührenforderung der Schluss des Jahres war, in dem die Forderung entstanden ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.04.2007 - 2 S 290/07 -, zit. in Juris m.w.N.). Trat keine verjährungshemmende oder –unterbrechende Wirkung ein, so verjährte der Anspruch nach vier Jahren mit Ablauf des Jahres. Beginn der Verjährung der Rundfunkgebührenforderungen war daher gem. § 4 Abs. 4 RGebStV a.F. i.V.m. § 201 BGB a.F. der Schluss des Jahres, in dem sie entstanden sind, also am 31.12. des jeweiligen Jahres 1991 bis 1999. Die Anwendung der Verjährungsregeln des alten Rechts führt dazu, dass auch die zuletzt entstandene Forderung aus dem Jahr 1999 am 31.12.2003 und somit bereits vor Inkrafttreten der verjährungsrechtlichen Neuregelung verjährt war.
30 
Die Forderungen sind auch nicht rückwirkend als unverjährt anzusehen.
31 
Welche Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung Geltung hat, bestimmt sich maßgeblich nach dem materiellen Recht. In den Neufassungen des RGebStV finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die verjährungsrechtliche Neuregelung des § 4 Abs. 4 RGebStV rückwirkende Geltung beansprucht. Dies ergibt sich insbesondere aus den Schlussvorschriften der einzelnen Änderungsgesetze, wonach der jeweilige RGebStV für die Zukunft gilt. Gegen eine Rückwirkung der verjährungsrechtlichen Neuregelung sprechen zudem die Überleitungsregelungen zum Verjährungsrecht des EGBGB als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.04.2007 - 2 S 290/07 -, zit. in Juris mit Hinweis auf BGH, Urt. v. 22.02.1979, BGHZ 73, 363). Nach Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB finden die Neuregelungen des BGB auf die am Tag des Inkrafttretens bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche Anwendung. Bereits verjährte Ansprüche bleiben somit unberührt und leben insbesondere nicht deshalb wieder auf, weil § 199 BGB nunmehr den Verjährungsbeginn von der Kenntnis bzw. grob fahrlässigen Unkenntnis des Gläubigers abhängig macht und kenntnisunabhängige Verjährungshöchstfristen enthält.
32 
b. Die Klägerin durfte sich auch auf die Verjährung berufen (§ 214 Abs. 1 BGB). Insbesondere kann ihr nicht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegengehalten werden.
33 
Das Gericht ist der Auffassung, dass die Erhebung der Verjährungseinrede nicht schon deshalb per se als unzulässige Rechtsausübung ausgeschlossen ist, weil ein Rundfunkteilnehmer gebührenpflichtige Geräte nicht oder nicht unverzüglich angemeldet hat (so auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 - 10 PA 118/05 -, zit. in Juris m.w.N.; VG Kassel, Urt. v. 10.10.2006 - 1 E 2190/04 -, zit. in Juris; VG Göttingen, Urt. v. 30.11.2006 - 2 A 604/05 -, zit. in Juris; VG Stuttgart, Beschl. v. 05.01.2007 - 3 K 4289/06 -, zit. in Juris; VG Braunschweig, Urt. v. 09.03.2007 - 4 A 83/06 -; a.A. OVG Lüneburg, Urt. v. 07.05.2007 - 4 LA 521/07 -, zit. in Juris; VG Frankfurt (Oder), Urt. v. 10.08.2007 - 3 K 1160/04 -, zit. in Juris; wohl auch VG Düsseldorf, Urt. v. 09.03.2004 - 27 K 955/02 -, zit. in Juris). Einen derartigen ausnahmslosen Grundsatz gibt es im Rundfunkgebührenrecht nicht.
34 
Normzweck der gesetzlichen Regelung der Verjährung ist es, im Rechtsverkehr klare Verhältnisse zu schaffen und so dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit Rechnung zu tragen (Staudinger-Peters, Kommentar zum BGB, Stand Oktober 2003, Vorbem. zu §§ 194 ff. BGB Rd.nr. 5 ff.; Palandt-Heinrichs, Kommentar zum BGB, 63. Auflage 2004, vor § 194 BGB Rd.nr. 7 ff.). Dieser Zweck gilt auch im öffentlichen Recht (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 30.11.2005 - 10 PA 118/05 -, zit. in Juris.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.02.1993, ZBR 1994, 287, 288 zum Besoldungsrecht) und unabhängig davon, ob es sich um gesetzliche oder vertragliche Ansprüche handelt.
35 
Im Einzelfall kann das Verhalten des Schuldners in einem derartigen Maße gegen Treu und Glauben verstoßen, dass der Verjährungseinrede unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) die Wirksamkeit zu versagen ist. Insbesondere der Zweck der Verjährung gebietet es aber, strenge Maßstäbe anzulegen und diesen Einwand nur gegenüber einem wirklich groben Verstoß gegen Treu und Glauben durchgreifen zu lassen (Münchener Kommentar - Grothe, Kommentar zum BGB, 5. Auflage 2006, Vorbem. zu §§ 194 ff. BGB, Rd.nr. 20 m.w.N. aus der zivilgerichtlichen Rechtsprechung). Ob eine unzulässige Rechtsausübung gegeben ist, ist daher stets im Einzelfall und unter Berücksichtigung des Zwecks der Verjährung zu prüfen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.04.2007 - 2 B 31/07 -, zit. in Juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.02.1993, ZBR 1994, 287, 288; BayVGH, Urt. v. 27.07.2000 - 12 B 98.679 -, zit. in Juris).
36 
Bei der Prüfung, ob die Erhebung der Verjährungseinrede als unzulässige Rechtsausübung und daher als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist, ist mit Blick auf die spezielle Risikoverteilung hinsichtlich der Geltendmachung von Ansprüchen insbesondere auf das Verhalten des Schuldners abzustellen. Denn grundsätzlich liegt es im Risikobereich des Gläubigers, seine Ansprüche rechtzeitig geltend zu machen. Dies gilt - wie sich beispielsweise aus § 199 Abs. 2 und 3 BGB ergibt - auch hinsichtlich gesetzlicher Ansprüche, von deren Entstehung im Zweifel weder der Schuldner noch der Gläubiger Kenntnis haben muss. Diese Risikoverteilung zu Lasten des Gläubigers gilt auch bezüglich öffentlich-rechtlicher Forderungen, da grundsätzlich bei keinem der Beteiligten eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses ein größerer Pflichtenkreis besteht (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.02.1993, ZBR 1994, 287, 288; BayVGH, Urt. v. 27.07.2000 - 12 B 98.679 -, zit. in Juris). Eine Verschiebung der Risikosphären zu Lasten des Schuldners setzt ein qualifiziertes Fehlverhalten voraus, das den Gläubiger von der rechtzeitigen Geltendmachung seines Anspruches abgehalten hat (BVerwG, Urt. v. 26.01.1966, BVerwGE 23, 166; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.02.1993, ZBR 1994, 287, 288). Zu fordern ist daher ein positives Tun oder ein qualifiziertes, pflichtwidriges Unterlassen, welches als adäquat kausal für die unterlassene Geltendmachung des Anspruches anzusehen ist (OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 - 10 PA 118/05 -, zit. in Juris; Staudinger- Looschelder/Olzen, Kommentar zum BGB, Stand Juli 2005, § 242 BGB Rd.nr. 551). Bloßes Ausweichen, Schweigen oder Ablenken genügt nicht zu einer Verschiebung der Risikosphären zu Lasten des Schuldners.
37 
Als qualifiziertes, pflichtwidriges Unterlassen kann dabei insbesondere nicht ohne weiteres die Nichterfüllung der rundfunkgebührenrechtlichen Anmeldepflicht in § 3 Abs. 1 RGebStV gesehen werden. Der bloße Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften zieht nicht stets ein erhebliches Unwerturteil nach sich und rechtfertigt nicht ohne weiteres den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung. Zwar mag § 3 Abs. 1 RGebStV auch dazu dienen, den Rundfunkanstalten die Erhebung von Rundfunkgebühren zu erleichtern, für deren Bestehen diese beweispflichtig sind, wobei ihnen dafür umfangreiche Informationsrechte und eine Erhebungsstelle - GEZ - mit zahlreichen auf Provisionsbasis arbeitenden selbständigen Mitarbeitern zur Verfügung stehen.
38 
Ein Verstoß gegen Anzeige- oder Meldepflichten führt auch im öffentlichen Recht nicht ohne weiteres und ausnahmslos dazu, dass sich der Anzeigepflichtige nicht auf eine etwaige Verjährung von Ansprüchen der öffentlichen Hand berufen könnte. So enthält beispielsweise die Abgabenordnung - deren Regelungen vorliegend zur Auslegung herangezogen werden können, da die Rundfunkgebühren zu den öffentlichen Abgaben zu zählen sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 30.06.2005 - 2 S 395/04 -, zit. in Juris) - Regelungen zur Festsetzungsverjährung (§§ 169 bis 171 AO) und zur Zahlungsverjährung ( §§ 228 bis 232 AO). Der Gesetzgeber hat dabei detaillierte Vorschriften zum Beginn und Ablauf der Verjährung der gesetzlichen Steueransprüche geschaffen. Nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO beginnt die Festsetzungsverjährung solcher Steueransprüche, für die eine Steuererklärung einzureichen oder Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem dies erfolgt ist. Unabhängig von der Kenntnis der Steuerbehörden von der Steuerpflichtigkeit, also bei Verstoß gegen die Mitteilungspflichten, beginnt die Verjährung mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Entstehungsjahr der Steuer folgt. Zweck der Regelung ist es, zu vermeiden, dass die Festsetzungsfrist zu laufen beginnt, bevor die Finanzbehörden vom Entstehen und der Höhe des Steueranspruches erfahren haben (Klein-Rüsken, Kommentar zur AO, 9. Auflage 2006, § 170 Rd.nr. 5). Allerdings wird der Beginn der Festsetzungsfrist nicht unbegrenzt hinausgeschoben, wenn die Erklärungspflicht nicht erfüllt wird, sondern das Gesetz legt einen äußersten Zeitpunkt fest, an dem die Verjährungsfrist trotzdem zu laufen beginnt. Der Gesetzgeber war sich des Verhältnisses von Mitteilungspflichten und Kenntnis des Finanzamtes somit durchaus bewusst und hat dieses durch eine Verteilung des Verjährungsrisikos geregelt.
39 
Ähnliches wurde nunmehr mit dem Gesetz zur Schuldrechtsmodernisierung durch § 199 BGB geschaffen. § 199 Abs. 1 BGB fordert für den Verjährungsbeginn die Kenntnis (bzw. grob fahrlässige Unkenntnis) des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Tatsachen und der Person des Schuldners und wird in den Abs. 2 bis 4 durch kenntnisunabhängige Obergrenzen ergänzt (dazu Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und der Bündnis 90/GRÜNEN zur Modernisierung des Schuldrechtes vom 14.05.2001, BT-Drs. 14/6040, S. 100 ff.).
40 
Es ist mithin Aufgabe des Gesetzgebers, allgemeine Regelungen der Verjährung und des Verjährungsbeginns zu schaffen, um einen Ausgleich der Interessen von Schuldner und Gläubiger insbesondere im Hinblick auf die Rechtssicherheit erreichen. Hat er dies nicht getan, kann eine allgemeine Regelung auch nicht durch die Rechtsfigur „Treu und Glauben“, welche stets auf Einzelfallgerechtigkeit außerhalb des Wortlauts des einzelnen Gesetzes abzielt, geschaffen werden.
41 
Anderes ergibt sich auch nicht aus den Regelungen zur kurzen Verjährungsfrist in den §§ 196, 197 BGB a.F. (a.A. OVG Lüneburg, Besch. v. 07.05.2007 - 4 LA 521/07 -). Die kurze Verjährungsfrist kann gerade nicht einen erhöhten Gläubigerschutz begründen, da sich die Vorschriften insbesondere auf bestimmte Berufsgruppen bezogen, von denen der Gesetzgeber eine größere Sorgfalt forderte (§ 196 BGB a.F.) bzw. eine kürzere Verjährungsfrist für erforderlich hielt (§ 197 BGB a.F.). Eine verstärkte Anwendung der Rechtsfigur Treu und Glauben in den Fällen der kürzeren Verjährungsfrist würde diesen Gesetzeszweck gerade in sein Gegenteil verkehren.
42 
Folglich bedarf es somit einer Prüfung im Einzelfall, ob der Klägerin ein qualifiziertes fehlerhaftes Verhalten vorgeworfen und ihr daher der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegengehalten werden kann. Dies kann vorliegend allerdings nicht angenommen werden.
43 
Zwar hat die Klägerin entgegen § 3 Abs. 1 RGebStV das Bereithalten des Kassettenrekorders der Marke … dem Beklagten nicht angezeigt, als sie, noch bei ihren Eltern wohnend, eine Ausbildung begonnen hatte. Das Bereithalten des Gerätes war wohl gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV auch anzeigepflichtig, da die Klägerin über ein Einkommen über dem (damals geltenden) Sozialhilfesatz verfügte.
44 
Nach den Angaben der Klägerin im Gerichtsverfahren und in dem Anmeldeformular hat sie das Gerät schon seit ca. 1990 im Besitz, also zu einem Zeitpunkt, als dieses noch keine Gebührenpflicht auslöste, da - wie sowohl die Zeugin als auch die Prozessbevollmächtigte des Beklagten in der mündlichen Verhandlung aussagten - die Eltern der Klägerin ordnungsgemäß Rundfunkgebühren für die von ihnen bereitgehaltenen Geräte gezahlt haben und somit eine Ausnahme nach § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV vorlag. Nachdem die Klägerin aus der Wohnung ihrer Eltern ausgezogen und zu ihrem jetzigen Ehemann gezogen ist, zahlt dieser ausweislich der vom Beklagten vorgelegten Behördenakte die Rundfunkgebühren. Verkürzt geht es darum, dass die Klägerin während dessen sie mit eigenem Einkommen mit ihren Eltern in häuslicher Gemeinschaft lebte, zusätzlich zu ihren Eltern rundfunkgebührenpflichtig war.
45 
Zu berücksichtigen ist, dass § 5 Abs. 1 RGebStV eine gesetzliche Gebührenbefreiung vorsieht, es also nicht auf eine Anzeige oder einen Antrag auf Befreiung ankommt. Somit obliegt es den Rundfunkteilnehmern, festzustellen, ob ein von Gesetzes wegen gebührenbefreites Gerät aufgrund einer Änderung der Umstände - hier: das Einkommen der Klägerin - gebührenpflichtig wird und daher angezeigt werden muss. Es war daher Aufgabe der Klägerin festzustellen, ob sie durch die Aufnahme einer Ausbildung möglicherweise rundfunkgebührenpflichtig geworden ist, weil ihr Einkommen den Sozialhilfesatz übersteigt, dessen Höhe sie durch behördliche oder anderweitige Auskunft in Erfahrung hätte bringen müssen. Allerdings ist dabei auch zu berücksichtigen, dass die Gebührenpflichtigkeit derartiger „Zweitgeräte“ nicht ohne weiteres ersichtlich ist. Dies gilt umso mehr, als auch der Beklagte bezüglich der Rundfunkgebührenpflicht informiert, dass pro Haushalt in der Regel nur ein Radio und ein Fernseher angemeldet werden müsse und alle anderen ausschließlich privat genutzten Geräte gebührenfrei seien (http://www.swr.de/unternehmen/rundfunkgebuehren/gebuehrenlexikon vom 26.11.2007 unter dem Stichwort „Privathaushalt“, so auch die GEZ unter http://www.gez.de/door/gebuehren/gebuehrenlexikon vom 26.11.2007 unter dem Stichwort „Privathaushalt“). Weiter wird ausgeführt: „Nur in Sonderfällen müssen zusätzliche Geräte angemeldet werden: wenn etwa Jugendliche mit eigenem Einkommen oder Senioren mit ihrer Rente im Haushalt leben und das Einkommen den Sozialhilferegelsatz übersteigt“ (http://www.swr.de/unternehmen/rundfunkgebuehren/gebuehrenlexikon, a.a.O.). Somit ergibt sich für den Bürger erst aus dem Umkehrschluss von § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV, dass Kinder von Rundfunkgebührenzahlern selbst rundfunkgebührenpflichtig sind, wenn sie über ein bestimmtes Einkommen verfügen.
46 
Der Klägerin kann nicht der Vorwurf des vorsätzlichen Verschweigens gemacht werden, da dafür weder Anhaltspunkte vorliegen noch vom Beklagten vorgetragen wurde.
47 
Dass die Klägerin die Verpflichtung zur Anzeige des mit Aufnahme ihrer Ausbildung nunmehr gebührenpflichtigen Kassettenrekorders nicht erkannt hat, stellt kein qualifiziertes fehlerhaftes Verhalten dar, welches es rechtfertigt, der Erhebung der Einrede der Verjährung den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen zu halten. Es ist nämlich mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die Klägerin lediglich im Irrtum über ihre mit der Beginn der Ausbildung entstandene Rundfunkgebührenpflicht war. Allein das objektive Moment - das Versäumnis der Anmeldung - unterliegt jedoch nicht einem solchen Unwerturteil, dass ihr die Einrede der Verjährung wegen unzulässiger Rechtsausübung zu verweigern wäre.
48 
Der Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
49 
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt. Gemäß § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO war im vorliegenden Fall die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren und damit die Erstattungsfähigkeit seiner Gebühren und Auslagen zu bejahen. Der Klägerin war es aufgrund ihrer persönlichen Kenntnisse und Erfahrungen und im Hinblick auf die rechtlichen und tatsächlichen Probleme des Falls nicht zuzumuten, ihre Rechte gegenüber dem Beklagten ohne einen Bevollmächtigten wahrzunehmen (BVerwG, Urt. v. 26.01.1996, Buchholz 316 § 80 VwVfG Nr. 36).
50 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167, 170 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.
51 
Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Es liegt auch keine Abweichung von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vor. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat in seiner Entscheidung vom 26.04.2007 - 2 S 290/07 - unter Anschluss an sein Urteil vom 14.04.2005 - 2 S 964/03 - ausgeführt, dass der entscheidende Senat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes für den Zeitraum vor Inkrafttreten der Neuregelung der Verjährungsvorschrift nach § 4 Abs. 4 RGebStV an seiner Auffassung festhält, dass sich, wer ohne Anzeige nach § 3 Abs. 1 RGebStV ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithält, grundsätzlich nicht auf die Einrede der Verjährung berufen kann. Somit sind - wie sich auch aus den Gründen der vorbezeichneten Entscheidung ergibt - Ausnahmen im Einzelfall möglich.
52 
Beschluss
53 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 435,22 festgesetzt.
54 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG verwiesen.

Gründe

 
20 
Der Rechtsstreit konnte durch die Berichterstatterin entschieden werden, da die Beteiligten ihr Einverständnis dazu erteilt haben (§ 87 Abs. 2 und 3 VwGO).
21 
Das Gericht konnte über die Klage verhandeln und entscheiden, obwohl nicht alle Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erschienen sind und auch nicht vertreten waren, da auf diese Möglichkeit in der ordnungsgemäß bewirkten Terminsladung hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
22 
Die Klage ist zulässig und begründet.
23 
Der angefochtene Gebührenbescheid vom 01.04.2006 und dessen Widerspruchsbescheid vom 19.09.2006 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die vom Beklagten erstmals mit Bescheid vom 01.04.2006 geltend gemachten Rundfunkgebühren für den Zeitraum 01.12.1991 bis 31.12.1999 waren zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses bereits verjährt und konnten daher nicht mehr geltend gemacht werden.
24 
1. Zwar mag die Klägerin nach den Angaben im Anmeldeformular vom 11.07.2005 bezüglich des Kassettenrekorders gebührenpflichtig gewesen sein. Eine solche Gebührenpflicht ergibt sich wohl aus § 2 Abs. 2 i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV, da die Klägerin nach den im Anmeldeformular gemachten Angaben einen Kassettenrekorder mit Radio besaß, als sie mit eigenem Einkommen in häuslicher Gemeinschaft mit ihren - ebenfalls Rundfunkgebühren zahlenden - Eltern lebte.
25 
Offen bleiben kann, ob eine Rundfunkgebührenpflicht bereits der Sache nach ausscheidet, weil das Gerät defekt gewesen ist und die Klägerin daher dieses nicht i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 1 RGebStV zum Empfang bereitgehalten hat. Die Klägerin hat schriftsätzlich vorgetragen, dass der Radioempfänger bereits seit 1991 defekt sei. Ob dies zutrifft, konnte in der mündlichen Verhandlung vom 24.10.2007 nicht abschließend geklärt werden. Weder die Klägerin noch ihr Prozessvertreter sind zum Termin der mündlichen Verhandlung erschienen. Die als Zeugin vernommene Rundfunkgebührenbeauftragte, Frau R., hat zwar ausgeführt, dass sie persönlich einen Radiosender eingestellt und Radio gehört hätte. Allerdings hat die Klägerin im Schreiben vom 20.07.2005 ausgeführt, dass ihr Vater den Radioempfänger 1991 funktionsunfähig gemacht hätte und dies die Zeugin auch bestätigt habe. Der Klägerin kann auch nicht ohne weiteres der Vorwurf der Unglaubwürdigkeit gemacht werden, weil sie das angeblich defekte Gerät weiter aufbewahrt hat. Denn nach den übereinstimmenden Aussagen der Klägerin und der Zeugin war das Gerät zugleich als Kassettenrekorder nutzbar und hätte daher auch bei einem Defekt des Radioempfängers weiterhin genutzt werden können. Im Übrigen enthält das von der Zeugin ausgefüllte Anmeldeformular lediglich die Bemerkung, dass die Klägerin über einen Kassettenrekorder verfüge. Dass dieses auch mit einem funktionsfähigen Radioempfänger ausgestattet war, ergibt sich daraus nicht. Schon deshalb führt auch der vom Beklagten stets angeführte Vortrag, es handele sich bei dem Anmeldeformular um eine „öffentliche Urkunde“ i.S.v. § 415 Abs. 1 ZPO mit dem Beweis der inhaltlichen Richtigkeit, hier nicht weiter (zur - beschränkten - Beweiskraft des Anmeldeformulars vgl. VG Sigmaringen, Urt. v. 24.01.2005 - 4 K 934/04 -, zit. in Juris).
26 
2. Jedenfalls sind die geltend gemachten Forderungen verjährt.
27 
a. Die Verjährung von Rundfunkgebühren ist durch Art. 5 des Gesetzes zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 17.03.2005 (GBl. 2005, S. 194) neu geregelt worden. Nach § 4 Abs. 4 RGebStV richtet sich die Verjährung nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB - über die regelmäßige Verjährung. Demnach können sich Rundfunkteilnehmer bereits nach drei Jahren auf die Einrede der Verjährung berufen (§ 195 BGB). Gleichzeitig folgt aus der Bezugnahme auf die Verjährungsvorschriften des BGB, dass die Verjährungsfrist erst mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 BGB). Der Anspruch verjährt ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von seiner Entstehung an (§ 199 Abs. 4 BGB). § 199 Abs. 1 BGB unterscheidet sich somit hinsichtlich des Verjährungsbeginns in einem erheblichen Maße von seinen Vorgängervorschriften (§§ 198 und 201 BGB a.F.), nach denen es auf eine Kenntnis des Gläubigers nicht ankam.
28 
Hinsichtlich des für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkts ist grundsätzlich auf die letzte behördliche Entscheidung - hier das Ergehen des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2006 - abzustellen (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 30.11.2005 - 10 PA 118/05 - zit. in Juris). Unter Anwendung des § 4 Abs. 4 RGebStV i.d.F. des Art. 5 des Gesetzes zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 17.03.2005 i.V.m. §§ 195, 199 Abs. 1 und 4 BGB wären somit die die Rundfunkgebührenforderung des Beklagten für den Zeitraum 01.04.1996 bis 31.12.1999 noch nicht verjährt.
29 
Zu berücksichtigen ist allerdings, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung des § 4 Abs. 4 RGebStV die Rundfunkgebührenforderungen nach der Vorgängerregelung bereits verjährt waren. Nach dem der Neuregelung des RGebStV vorangegangenen und zum Zeitpunkt der Entstehung der geforderten Rundfunkgebühren geltenden Fassung des § 4 Abs. 4 RGebStV (Fassung vom 31.08.1991, GBl. 1991, S. 745 ff.) verjährte der Anspruch auf Rundfunkgebühren in vier Jahren. Da die Vorschrift keine Regelungen zum Beginn und Ende der Verjährungsfrist enthielt, wurden nach ständiger Rechtsprechung und allgemeiner Auffassung in der Literatur die Vorschriften des BGB für die kurze Verjährungsfrist nach §§ 197, 201 BGB i.d.F. vor Inkrafttreten der verjährungsrechtlichen Neuregelungen durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 29.11.2001 (BGBl. I 2002, S. 42 ff.) angewendet, mit der Folge, dass Verjährungsbeginn einer Rundfunkgebührenforderung der Schluss des Jahres war, in dem die Forderung entstanden ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.04.2007 - 2 S 290/07 -, zit. in Juris m.w.N.). Trat keine verjährungshemmende oder –unterbrechende Wirkung ein, so verjährte der Anspruch nach vier Jahren mit Ablauf des Jahres. Beginn der Verjährung der Rundfunkgebührenforderungen war daher gem. § 4 Abs. 4 RGebStV a.F. i.V.m. § 201 BGB a.F. der Schluss des Jahres, in dem sie entstanden sind, also am 31.12. des jeweiligen Jahres 1991 bis 1999. Die Anwendung der Verjährungsregeln des alten Rechts führt dazu, dass auch die zuletzt entstandene Forderung aus dem Jahr 1999 am 31.12.2003 und somit bereits vor Inkrafttreten der verjährungsrechtlichen Neuregelung verjährt war.
30 
Die Forderungen sind auch nicht rückwirkend als unverjährt anzusehen.
31 
Welche Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung Geltung hat, bestimmt sich maßgeblich nach dem materiellen Recht. In den Neufassungen des RGebStV finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die verjährungsrechtliche Neuregelung des § 4 Abs. 4 RGebStV rückwirkende Geltung beansprucht. Dies ergibt sich insbesondere aus den Schlussvorschriften der einzelnen Änderungsgesetze, wonach der jeweilige RGebStV für die Zukunft gilt. Gegen eine Rückwirkung der verjährungsrechtlichen Neuregelung sprechen zudem die Überleitungsregelungen zum Verjährungsrecht des EGBGB als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.04.2007 - 2 S 290/07 -, zit. in Juris mit Hinweis auf BGH, Urt. v. 22.02.1979, BGHZ 73, 363). Nach Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB finden die Neuregelungen des BGB auf die am Tag des Inkrafttretens bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche Anwendung. Bereits verjährte Ansprüche bleiben somit unberührt und leben insbesondere nicht deshalb wieder auf, weil § 199 BGB nunmehr den Verjährungsbeginn von der Kenntnis bzw. grob fahrlässigen Unkenntnis des Gläubigers abhängig macht und kenntnisunabhängige Verjährungshöchstfristen enthält.
32 
b. Die Klägerin durfte sich auch auf die Verjährung berufen (§ 214 Abs. 1 BGB). Insbesondere kann ihr nicht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegengehalten werden.
33 
Das Gericht ist der Auffassung, dass die Erhebung der Verjährungseinrede nicht schon deshalb per se als unzulässige Rechtsausübung ausgeschlossen ist, weil ein Rundfunkteilnehmer gebührenpflichtige Geräte nicht oder nicht unverzüglich angemeldet hat (so auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 - 10 PA 118/05 -, zit. in Juris m.w.N.; VG Kassel, Urt. v. 10.10.2006 - 1 E 2190/04 -, zit. in Juris; VG Göttingen, Urt. v. 30.11.2006 - 2 A 604/05 -, zit. in Juris; VG Stuttgart, Beschl. v. 05.01.2007 - 3 K 4289/06 -, zit. in Juris; VG Braunschweig, Urt. v. 09.03.2007 - 4 A 83/06 -; a.A. OVG Lüneburg, Urt. v. 07.05.2007 - 4 LA 521/07 -, zit. in Juris; VG Frankfurt (Oder), Urt. v. 10.08.2007 - 3 K 1160/04 -, zit. in Juris; wohl auch VG Düsseldorf, Urt. v. 09.03.2004 - 27 K 955/02 -, zit. in Juris). Einen derartigen ausnahmslosen Grundsatz gibt es im Rundfunkgebührenrecht nicht.
34 
Normzweck der gesetzlichen Regelung der Verjährung ist es, im Rechtsverkehr klare Verhältnisse zu schaffen und so dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit Rechnung zu tragen (Staudinger-Peters, Kommentar zum BGB, Stand Oktober 2003, Vorbem. zu §§ 194 ff. BGB Rd.nr. 5 ff.; Palandt-Heinrichs, Kommentar zum BGB, 63. Auflage 2004, vor § 194 BGB Rd.nr. 7 ff.). Dieser Zweck gilt auch im öffentlichen Recht (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 30.11.2005 - 10 PA 118/05 -, zit. in Juris.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.02.1993, ZBR 1994, 287, 288 zum Besoldungsrecht) und unabhängig davon, ob es sich um gesetzliche oder vertragliche Ansprüche handelt.
35 
Im Einzelfall kann das Verhalten des Schuldners in einem derartigen Maße gegen Treu und Glauben verstoßen, dass der Verjährungseinrede unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) die Wirksamkeit zu versagen ist. Insbesondere der Zweck der Verjährung gebietet es aber, strenge Maßstäbe anzulegen und diesen Einwand nur gegenüber einem wirklich groben Verstoß gegen Treu und Glauben durchgreifen zu lassen (Münchener Kommentar - Grothe, Kommentar zum BGB, 5. Auflage 2006, Vorbem. zu §§ 194 ff. BGB, Rd.nr. 20 m.w.N. aus der zivilgerichtlichen Rechtsprechung). Ob eine unzulässige Rechtsausübung gegeben ist, ist daher stets im Einzelfall und unter Berücksichtigung des Zwecks der Verjährung zu prüfen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.04.2007 - 2 B 31/07 -, zit. in Juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.02.1993, ZBR 1994, 287, 288; BayVGH, Urt. v. 27.07.2000 - 12 B 98.679 -, zit. in Juris).
36 
Bei der Prüfung, ob die Erhebung der Verjährungseinrede als unzulässige Rechtsausübung und daher als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist, ist mit Blick auf die spezielle Risikoverteilung hinsichtlich der Geltendmachung von Ansprüchen insbesondere auf das Verhalten des Schuldners abzustellen. Denn grundsätzlich liegt es im Risikobereich des Gläubigers, seine Ansprüche rechtzeitig geltend zu machen. Dies gilt - wie sich beispielsweise aus § 199 Abs. 2 und 3 BGB ergibt - auch hinsichtlich gesetzlicher Ansprüche, von deren Entstehung im Zweifel weder der Schuldner noch der Gläubiger Kenntnis haben muss. Diese Risikoverteilung zu Lasten des Gläubigers gilt auch bezüglich öffentlich-rechtlicher Forderungen, da grundsätzlich bei keinem der Beteiligten eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses ein größerer Pflichtenkreis besteht (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.02.1993, ZBR 1994, 287, 288; BayVGH, Urt. v. 27.07.2000 - 12 B 98.679 -, zit. in Juris). Eine Verschiebung der Risikosphären zu Lasten des Schuldners setzt ein qualifiziertes Fehlverhalten voraus, das den Gläubiger von der rechtzeitigen Geltendmachung seines Anspruches abgehalten hat (BVerwG, Urt. v. 26.01.1966, BVerwGE 23, 166; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.02.1993, ZBR 1994, 287, 288). Zu fordern ist daher ein positives Tun oder ein qualifiziertes, pflichtwidriges Unterlassen, welches als adäquat kausal für die unterlassene Geltendmachung des Anspruches anzusehen ist (OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.11.2005 - 10 PA 118/05 -, zit. in Juris; Staudinger- Looschelder/Olzen, Kommentar zum BGB, Stand Juli 2005, § 242 BGB Rd.nr. 551). Bloßes Ausweichen, Schweigen oder Ablenken genügt nicht zu einer Verschiebung der Risikosphären zu Lasten des Schuldners.
37 
Als qualifiziertes, pflichtwidriges Unterlassen kann dabei insbesondere nicht ohne weiteres die Nichterfüllung der rundfunkgebührenrechtlichen Anmeldepflicht in § 3 Abs. 1 RGebStV gesehen werden. Der bloße Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften zieht nicht stets ein erhebliches Unwerturteil nach sich und rechtfertigt nicht ohne weiteres den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung. Zwar mag § 3 Abs. 1 RGebStV auch dazu dienen, den Rundfunkanstalten die Erhebung von Rundfunkgebühren zu erleichtern, für deren Bestehen diese beweispflichtig sind, wobei ihnen dafür umfangreiche Informationsrechte und eine Erhebungsstelle - GEZ - mit zahlreichen auf Provisionsbasis arbeitenden selbständigen Mitarbeitern zur Verfügung stehen.
38 
Ein Verstoß gegen Anzeige- oder Meldepflichten führt auch im öffentlichen Recht nicht ohne weiteres und ausnahmslos dazu, dass sich der Anzeigepflichtige nicht auf eine etwaige Verjährung von Ansprüchen der öffentlichen Hand berufen könnte. So enthält beispielsweise die Abgabenordnung - deren Regelungen vorliegend zur Auslegung herangezogen werden können, da die Rundfunkgebühren zu den öffentlichen Abgaben zu zählen sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 30.06.2005 - 2 S 395/04 -, zit. in Juris) - Regelungen zur Festsetzungsverjährung (§§ 169 bis 171 AO) und zur Zahlungsverjährung ( §§ 228 bis 232 AO). Der Gesetzgeber hat dabei detaillierte Vorschriften zum Beginn und Ablauf der Verjährung der gesetzlichen Steueransprüche geschaffen. Nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO beginnt die Festsetzungsverjährung solcher Steueransprüche, für die eine Steuererklärung einzureichen oder Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem dies erfolgt ist. Unabhängig von der Kenntnis der Steuerbehörden von der Steuerpflichtigkeit, also bei Verstoß gegen die Mitteilungspflichten, beginnt die Verjährung mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Entstehungsjahr der Steuer folgt. Zweck der Regelung ist es, zu vermeiden, dass die Festsetzungsfrist zu laufen beginnt, bevor die Finanzbehörden vom Entstehen und der Höhe des Steueranspruches erfahren haben (Klein-Rüsken, Kommentar zur AO, 9. Auflage 2006, § 170 Rd.nr. 5). Allerdings wird der Beginn der Festsetzungsfrist nicht unbegrenzt hinausgeschoben, wenn die Erklärungspflicht nicht erfüllt wird, sondern das Gesetz legt einen äußersten Zeitpunkt fest, an dem die Verjährungsfrist trotzdem zu laufen beginnt. Der Gesetzgeber war sich des Verhältnisses von Mitteilungspflichten und Kenntnis des Finanzamtes somit durchaus bewusst und hat dieses durch eine Verteilung des Verjährungsrisikos geregelt.
39 
Ähnliches wurde nunmehr mit dem Gesetz zur Schuldrechtsmodernisierung durch § 199 BGB geschaffen. § 199 Abs. 1 BGB fordert für den Verjährungsbeginn die Kenntnis (bzw. grob fahrlässige Unkenntnis) des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Tatsachen und der Person des Schuldners und wird in den Abs. 2 bis 4 durch kenntnisunabhängige Obergrenzen ergänzt (dazu Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und der Bündnis 90/GRÜNEN zur Modernisierung des Schuldrechtes vom 14.05.2001, BT-Drs. 14/6040, S. 100 ff.).
40 
Es ist mithin Aufgabe des Gesetzgebers, allgemeine Regelungen der Verjährung und des Verjährungsbeginns zu schaffen, um einen Ausgleich der Interessen von Schuldner und Gläubiger insbesondere im Hinblick auf die Rechtssicherheit erreichen. Hat er dies nicht getan, kann eine allgemeine Regelung auch nicht durch die Rechtsfigur „Treu und Glauben“, welche stets auf Einzelfallgerechtigkeit außerhalb des Wortlauts des einzelnen Gesetzes abzielt, geschaffen werden.
41 
Anderes ergibt sich auch nicht aus den Regelungen zur kurzen Verjährungsfrist in den §§ 196, 197 BGB a.F. (a.A. OVG Lüneburg, Besch. v. 07.05.2007 - 4 LA 521/07 -). Die kurze Verjährungsfrist kann gerade nicht einen erhöhten Gläubigerschutz begründen, da sich die Vorschriften insbesondere auf bestimmte Berufsgruppen bezogen, von denen der Gesetzgeber eine größere Sorgfalt forderte (§ 196 BGB a.F.) bzw. eine kürzere Verjährungsfrist für erforderlich hielt (§ 197 BGB a.F.). Eine verstärkte Anwendung der Rechtsfigur Treu und Glauben in den Fällen der kürzeren Verjährungsfrist würde diesen Gesetzeszweck gerade in sein Gegenteil verkehren.
42 
Folglich bedarf es somit einer Prüfung im Einzelfall, ob der Klägerin ein qualifiziertes fehlerhaftes Verhalten vorgeworfen und ihr daher der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegengehalten werden kann. Dies kann vorliegend allerdings nicht angenommen werden.
43 
Zwar hat die Klägerin entgegen § 3 Abs. 1 RGebStV das Bereithalten des Kassettenrekorders der Marke … dem Beklagten nicht angezeigt, als sie, noch bei ihren Eltern wohnend, eine Ausbildung begonnen hatte. Das Bereithalten des Gerätes war wohl gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV auch anzeigepflichtig, da die Klägerin über ein Einkommen über dem (damals geltenden) Sozialhilfesatz verfügte.
44 
Nach den Angaben der Klägerin im Gerichtsverfahren und in dem Anmeldeformular hat sie das Gerät schon seit ca. 1990 im Besitz, also zu einem Zeitpunkt, als dieses noch keine Gebührenpflicht auslöste, da - wie sowohl die Zeugin als auch die Prozessbevollmächtigte des Beklagten in der mündlichen Verhandlung aussagten - die Eltern der Klägerin ordnungsgemäß Rundfunkgebühren für die von ihnen bereitgehaltenen Geräte gezahlt haben und somit eine Ausnahme nach § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV vorlag. Nachdem die Klägerin aus der Wohnung ihrer Eltern ausgezogen und zu ihrem jetzigen Ehemann gezogen ist, zahlt dieser ausweislich der vom Beklagten vorgelegten Behördenakte die Rundfunkgebühren. Verkürzt geht es darum, dass die Klägerin während dessen sie mit eigenem Einkommen mit ihren Eltern in häuslicher Gemeinschaft lebte, zusätzlich zu ihren Eltern rundfunkgebührenpflichtig war.
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Zu berücksichtigen ist, dass § 5 Abs. 1 RGebStV eine gesetzliche Gebührenbefreiung vorsieht, es also nicht auf eine Anzeige oder einen Antrag auf Befreiung ankommt. Somit obliegt es den Rundfunkteilnehmern, festzustellen, ob ein von Gesetzes wegen gebührenbefreites Gerät aufgrund einer Änderung der Umstände - hier: das Einkommen der Klägerin - gebührenpflichtig wird und daher angezeigt werden muss. Es war daher Aufgabe der Klägerin festzustellen, ob sie durch die Aufnahme einer Ausbildung möglicherweise rundfunkgebührenpflichtig geworden ist, weil ihr Einkommen den Sozialhilfesatz übersteigt, dessen Höhe sie durch behördliche oder anderweitige Auskunft in Erfahrung hätte bringen müssen. Allerdings ist dabei auch zu berücksichtigen, dass die Gebührenpflichtigkeit derartiger „Zweitgeräte“ nicht ohne weiteres ersichtlich ist. Dies gilt umso mehr, als auch der Beklagte bezüglich der Rundfunkgebührenpflicht informiert, dass pro Haushalt in der Regel nur ein Radio und ein Fernseher angemeldet werden müsse und alle anderen ausschließlich privat genutzten Geräte gebührenfrei seien (http://www.swr.de/unternehmen/rundfunkgebuehren/gebuehrenlexikon vom 26.11.2007 unter dem Stichwort „Privathaushalt“, so auch die GEZ unter http://www.gez.de/door/gebuehren/gebuehrenlexikon vom 26.11.2007 unter dem Stichwort „Privathaushalt“). Weiter wird ausgeführt: „Nur in Sonderfällen müssen zusätzliche Geräte angemeldet werden: wenn etwa Jugendliche mit eigenem Einkommen oder Senioren mit ihrer Rente im Haushalt leben und das Einkommen den Sozialhilferegelsatz übersteigt“ (http://www.swr.de/unternehmen/rundfunkgebuehren/gebuehrenlexikon, a.a.O.). Somit ergibt sich für den Bürger erst aus dem Umkehrschluss von § 5 Abs. 1 Satz 2 RGebStV, dass Kinder von Rundfunkgebührenzahlern selbst rundfunkgebührenpflichtig sind, wenn sie über ein bestimmtes Einkommen verfügen.
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Der Klägerin kann nicht der Vorwurf des vorsätzlichen Verschweigens gemacht werden, da dafür weder Anhaltspunkte vorliegen noch vom Beklagten vorgetragen wurde.
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Dass die Klägerin die Verpflichtung zur Anzeige des mit Aufnahme ihrer Ausbildung nunmehr gebührenpflichtigen Kassettenrekorders nicht erkannt hat, stellt kein qualifiziertes fehlerhaftes Verhalten dar, welches es rechtfertigt, der Erhebung der Einrede der Verjährung den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen zu halten. Es ist nämlich mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die Klägerin lediglich im Irrtum über ihre mit der Beginn der Ausbildung entstandene Rundfunkgebührenpflicht war. Allein das objektive Moment - das Versäumnis der Anmeldung - unterliegt jedoch nicht einem solchen Unwerturteil, dass ihr die Einrede der Verjährung wegen unzulässiger Rechtsausübung zu verweigern wäre.
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Der Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
49 
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt. Gemäß § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO war im vorliegenden Fall die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren und damit die Erstattungsfähigkeit seiner Gebühren und Auslagen zu bejahen. Der Klägerin war es aufgrund ihrer persönlichen Kenntnisse und Erfahrungen und im Hinblick auf die rechtlichen und tatsächlichen Probleme des Falls nicht zuzumuten, ihre Rechte gegenüber dem Beklagten ohne einen Bevollmächtigten wahrzunehmen (BVerwG, Urt. v. 26.01.1996, Buchholz 316 § 80 VwVfG Nr. 36).
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167, 170 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.
51 
Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Es liegt auch keine Abweichung von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vor. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat in seiner Entscheidung vom 26.04.2007 - 2 S 290/07 - unter Anschluss an sein Urteil vom 14.04.2005 - 2 S 964/03 - ausgeführt, dass der entscheidende Senat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes für den Zeitraum vor Inkrafttreten der Neuregelung der Verjährungsvorschrift nach § 4 Abs. 4 RGebStV an seiner Auffassung festhält, dass sich, wer ohne Anzeige nach § 3 Abs. 1 RGebStV ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithält, grundsätzlich nicht auf die Einrede der Verjährung berufen kann. Somit sind - wie sich auch aus den Gründen der vorbezeichneten Entscheidung ergibt - Ausnahmen im Einzelfall möglich.
52 
Beschluss
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Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 435,22 festgesetzt.
54 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG verwiesen.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, so kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder in das Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten kann ein elektronischer Verwaltungsakt dadurch bekannt gegeben werden, dass er vom Beteiligten oder von seinem Bevollmächtigten über öffentlich zugängliche Netze abgerufen wird. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Der Verwaltungsakt gilt am Tag nach dem Abruf als bekannt gegeben. Wird der Verwaltungsakt nicht innerhalb von zehn Tagen nach Absendung einer Benachrichtigung über die Bereitstellung abgerufen, wird diese beendet. In diesem Fall ist die Bekanntgabe nicht bewirkt; die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

Die Verjährung von Ansprüchen der in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 bezeichneten Art beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung, der Errichtung des vollstreckbaren Titels oder der Feststellung im Insolvenzverfahren, nicht jedoch vor der Entstehung des Anspruchs. § 199 Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, so kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder in das Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten kann ein elektronischer Verwaltungsakt dadurch bekannt gegeben werden, dass er vom Beteiligten oder von seinem Bevollmächtigten über öffentlich zugängliche Netze abgerufen wird. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Der Verwaltungsakt gilt am Tag nach dem Abruf als bekannt gegeben. Wird der Verwaltungsakt nicht innerhalb von zehn Tagen nach Absendung einer Benachrichtigung über die Bereitstellung abgerufen, wird diese beendet. In diesem Fall ist die Bekanntgabe nicht bewirkt; die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.