Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 29. Okt. 2015 - 7 K 3228/15
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 3/4 und die Beklagte zu 1/4.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Der Kläger wendet sich gegen eine erweiterte Gewerbeuntersagung.
2Der Kläger ist seit März 2009 mit dem Gewerbe „Verkauf von Malerbedarf, Fassadenmontage, Bauwerksabdichtung, Trockenbau, Innenausbau und Holz- und Bautenschutz, Hausmeisterservice, sowie minderhandwerkliche Tätigkeiten für diesen Hauptbetrieb im Rahmen eines sogenannten unerheblichen Nebenbetriebs (Teiltätigkeit), einfache Malerarbeiten (nach § 3 Abs. 1 i. V. m. § 2 Nr. 2 und 3, § 3 Abs. 2 HWO). Fliesen, Platten- und Mosaikleger, Estrichverlegung, Verlegung von Parkett, Parkettarbeiten, Raumausstatter, Reinigung von Teppichen, Fuger, Gebäudereinigung, Einbau von genormten Baufertigteilen, Bautrocknung, Abrissarbeiten, Spachtelarbeiten, Isolierungsarbeiten, Bodenverlegung, sowie minderhandwerkliche Tätigkeiten für diesen Hauptbetrieb im Rahmen eines sogenannten unerheblichen Nebenbetriebs (Teiltätigkeit) nach § 3 Abs. 1 i. V. m. § 2 Nr. 2 und 3, § 3 HWO“ angemeldet.
3Mit Schreiben vom 5. Juni 2014 regte das Finanzamt N. die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens an. Der Kläger schulde aus seinem Betrieb herrührende Abgaben (Einkommensteuer, Umsatzsteuer) in Höhe von 11.378,03 Euro zuzüglich von Säumniszuschlägen in Höhe von 1.487,-- Euro, insgesamt 12.865,03 Euro. Die Vollstreckung sei im Wesentlichen erfolglos verlaufen. Der Kläger sei auch seinen Erklärungspflichten nicht nachgekommen. Die Einkommen- und Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2011 und 2012 habe dieser nicht abgegeben.
4Mit Schreiben vom 17. Juni 2014 wandte die Beklagte sich unter anderem an die Handwerkskammer N1. und bat diese, Tatsachen, insbesondere Zahlungsrückstände, zur Beurteilung der Zuverlässigkeit mitzuteilen. Diese teilte mit Schreiben vom 24. Juni 2014 mit, dass der Kläger seinen Zahlungsverpflichtungen bei der Handwerkskammer nachgekommen sei.
5Mit Schreiben vom 8. Januar 2015 teilte das Finanzamt N. mit, dass der Gesamtrückstand sich auf 13.565,03 Euro belaufe. Der Kläger komme seinen Erklärungspflichten nicht nach. Die Steuererklärungen für die Jahre 2012 und 2013 seien nicht eingereicht worden. Mit weiterem Schreiben vom 1. April 2015 teilte das Finanzamt N. mit, dass der Kläger am 4. März 2015 eine Zahlung in Höhe von 400,-- Euro geleistet habe und der aktuelle Rückstand 12.959,53 Euro betrage. Nach der übersandten Aufstellung des Finanzamts N. vom 17. Juni 2015 waren zum 16. Juni 2015 Umsatzsteuern in Höhe von 18.964,03 Euro, zuzüglich Säumniszuschläge in Höhe von 2.546,50 Euro, insgesamt 21.510,53 Euro rückständig.
6Mit Ordnungsverfügung vom 25. Juni 2015 untersagte die Beklagte dem Kläger auf Dauer die weitere selbständige Ausübung des von diesem ausgeübten Gewerbes sowie die weitere selbständige Ausübung eines jeden anderen Gewerbes. Weiter untersagte sie dem Kläger die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftrage Person (Ziffer 1). Sie forderte den Kläger auf, den Gewerbebetrieb bis zum 27. Juli 2015 einzustellen (Ziffer 2) und das Gewerbe bis zum 4. August 2015 abzumelden (Ziffer 3). Für den Fall, dass der Kläger der Aufforderung zu Ziffer 2 nicht nachkomme, drohte die Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,-- Euro an (Ziffer 4). Für den weiteren Fall, dass der Kläger der Anordnung zu Ziffer 3 nicht nachkomme, drohte sie ein Zwangsgeld in Höhe von 300,-- Euro an (Ziffer 5). Die Beklagte ordnete die sofortige Vollziehung der Verfügung an. Zur Begründung führte sie unter anderem aus: Der Kläger sei im Hinblick auf die Nichterfüllung seiner steuerlichen Zahlungs- und Erklärungspflichten als unzuverlässig anzusehen. Dieser habe durch die abgegebene Vermögensauskunft seine Vermögenslosigkeit erklärt und besitze nicht die erforderlichen Mittel zur Fortführung des Gewerbes. Die Gewerbeuntersagung sei auf alle weiteren Gewerbe und auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter und oder als mit der Leitung beauftragte Person zu erstrecken. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger auf andere Gewerbetätigkeiten ausweiche.
7Der Kläger hat am 24. Juli 2015 Klage erhoben. Die genannten Abgabenrückstände in Höhe von 21.510,53 Euro hätten bei Erlass der Ordnungsverfügung bestanden. Dies alleine erlaube jedoch noch nicht den Rückschluss auf seine Unzuverlässigkeit. Vielmehr müssten weitere Umstände hinzutreten, die deutlich machten, dass der Gewerbetreibende seine Abgabepflichten bewusst und nachhaltig ignoriere. Hiervon könne in seinem Fall nicht ausgegangen werden. Vielmehr habe er angesichts der Arbeitsbelastung seine Leistungsfähigkeit überschätzt. Er habe gemeint, die steuerlichen Dinge seines Betriebs selbst erledigen zu können. Diese Einschätzung sei falsch gewesen. Dies sei der Grund für die Steuerschulden, nicht aber der fehlende Wille, die öffentlichen Zahlungs- und Erklärungspflichten zu erfüllen. Darüber hinaus bestünden gegenüber mehreren Auftraggebern Außenstände in Höhe von insgesamt 151.185,44 Euro. Diese offenen Werklohnforderungen überstiegen die bestehenden Steuerschulden erheblich. In der Gesamtbetrachtung des Sachverhalts sei daher jedenfalls die erweiterte Gewerbeuntersagung unverhältnismäßig.
8Nachdem die Beklagte in der mündlichen Verhandlung Ziffer 1 der Ordnungsverfügung vom 25. Juni 2015 aufgehoben hat, soweit darin jede weitere Gewerbeausübung sowie die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person untersagt werden (erweiterte Gewerbeuntersagung), haben die Beteiligten den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
9Der Kläger beantragt im Übrigen,
10die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 25. Juni 2015 aufzuheben.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Durch Beschluss vom 9. September 2015 ist der Rechtsstreit auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen worden.
14Die Beteiligten haben sich durch die Schriftsätze vom 23. Oktober 2015 und vom 26. Oktober 2015 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
16E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
17Die Entscheidung ergeht durch den Einzelrichter (§ 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO ‑). Das Gericht kann im Einverständnis der Beteiligten ohne mündlichen Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
18Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben (§ 92 Abs. 3 VwGO analog).
19Im Übrigen hat die Klage in der Sache keinen Erfolg.
20Die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 25. Juni 2015 ist, soweit diese Bestand hat, rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Gericht verweist insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf die Begründung der angefochtenen Ordnungsverfügung, der das Gericht folgt. Ergänzend weist das Gericht auf Folgendes hin:
21Die Beklagte hat dem Kläger die Ausübung seines Gewerbes auf der Grundlage von § 35 Abs. 1 Satz 1 Gewerbeordnung – GewO – zu Recht untersagt. Danach ist die Ausübung eines Gewerbes von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden dartun, sofern die Untersagung zum Schutz der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist.
22Die Untersagungsverfügung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist nicht deshalb aufzuheben, weil die nach § 35 Abs. 4 GewO für den Regelfall vorgeschriebene Anhörung nicht durchgeführt wurde. Zwar dürfte vorliegend die Anhörung der Handwerkskammer N1. nicht in vollem Umfang ordnungsgemäß durchgeführt worden sein. Das Schreiben der Beklagten von 17. Juni 2014, mit dem diese unter anderem die Handwerkskammer N1. gebeten hat, Tatsachen zur Beurteilung der Zuverlässigkeit, insbesondere etwaige Beitragsrückstände mitzuteilen, dürfte nicht den Anforderungen des § 35 Abs. 4 GewO genügen. Denn das Anhörungserfordernis ist nicht gewahrt, wenn die anzuhörende Stelle nur zu dem Zweck eingeschaltet wird, weitere Unzuverlässigkeitstatbestände (Beitragsrückstände) zu ermitteln, ohne dass die in § 35 Abs. 4 Satz 2 GewO genannten Informationen und Unterlagen zur Verfügung gestellt werden.
23Vgl. VG München, Urteil vom 21. August 2001 ‑ M 16 K 00.2772 ‑, juris.
24Es sind vorliegend auch keine besonderen Umstände ersichtlich, die eine Anhörung ausnahmsweise entbehrlich machen. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang auch nicht das ihr nach § 35 Abs. 4 Satz 3 GewO eröffnete Ermessen ausgeübt. Die unterbliebene Anhörung der Handwerkskammer führt jedoch gemäß § 46 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG NW – nicht zur Aufhebung des Bescheides, weil der Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache offensichtlich nicht beeinflusst hat. Denn die Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist eine gebundene Entscheidung. Danach ist die Ausübung des Gewerbes – soweit die tatbestandlichen Voraussetzungen vorliegen – zwingend und unabhängig von dem Ergebnis der Anhörung nach § 35 Abs. 4 GewO zu untersagen.
25Vgl. VG München, Urteil vom 21. August 2001 ‑ M 16 K 00.2772 ‑, juris; Urteil vom 3. September 2002 ‑ M 16 K 01.2958 ‑, juris; Marcks, in: Landmann / Rohmer, GewO, § 35, Rn. 170.
26Die Voraussetzungen für die Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO sind erfüllt. Es liegen Tatsachen vor, die die Unzuverlässigkeit des Klägers dartun. Die Untersagung ist zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich. Der Gewerbetreibende ist unzuverlässig im Sinne der Vorschrift, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. Tatsächliche Anhaltspunkte für eine solche Unzuverlässigkeit bestehen bei einem Gewerbetreibenden mit erheblichen Steuerrückständen sowie Zahlungsrückständen bei den Trägern der Sozialversicherung oder bei Straftaten im Zusammenhang mit der gewerblichen Betätigung. Überschuldung und wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit begründen grundsätzlich die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden. Steuerrückstände sind dann geeignet, einen Gewerbetreibenden als unzuverlässig erscheinen zu lassen, wenn sie sowohl ihrer absoluten Höhe nach als auch im Verhältnis zur Gesamtbelastung des Gewerbetreibenden von Gewicht sind. Auch die Zeitdauer, während derer der Gewerbetreibende seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, ist von Bedeutung. Die Annahme der Unzuverlässigkeit entfällt nur dann, wenn der Gewerbetreibende zahlungswillig ist und trotz seiner Schulden nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept arbeitet. Maßgeblich für die Beurteilung der Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden und der Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagung ist der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Untersagungsverfügung.
27St. Rspr.: BVerwG, Urteil vom 15. April 2015 ‑ 8 C 6/14 ‑, juris; Beschluss vom 9. April 1997 ‑ 1 B 81/97 ‑, juris; Urteil vom 2. Februar 1982 ‑ 1 C 146/80 ‑, juris; OVG NRW, Beschluss vom 25. März 2015 ‑ 4 B 1480/14 ‑, juris; VG Köln, Beschluss vom 24. September 2012 ‑ 1 L 882/12 ‑, juris.
28Nach dieser Maßgabe ist von der Unzuverlässigkeit des Klägers auszugehen. Der Kläger ist nach den Mitteilungen des Finanzamts N. seit dem Jahr 2009 und damit über erheblichen Zeitraum seinen steuerrechtlichen Zahlungs- und Erklärungspflichten nicht bzw. nicht in vollem Umfang nachgekommen. Nach der Auskunft des Finanzamts N. vom 17. Juni 2015 bestanden am 16. Juni 2015 für die Jahre 2009 bis 2013 Umsatzsteuerrückstände in Höhe von 18.964,03 Euro, zuzüglich Säumniszuschläge in Höhe von 2.546,50 Euro, insgesamt 21.510,53 Euro. Zudem ist der Kläger nach der Auskunft des Finanzamts N. seinen steuerrechtlichen Erklärungspflichten, zuletzt für die Jahre 2012 und 2013, nicht nachgekommen. Planmäßige Zahlungen auf die Steuerrückstände sind nicht erfolgt. Der Kläger hat zuletzt am 3. März 2015 einmalig einen Betrag in Höhe von 400,‑‑ Euro gezahlt. Darüber hinaus liegen für den Kläger insgesamt zehn Einträge im Schuldnerverzeichnis aus den Jahren 2013 und 2014 vor, so dass insgesamt von der fehlenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Klägers auszugehen ist, die der Fortführung des Betriebs entgegen steht. Ein tragfähiges Sanierungskonzept hat der Kläger nicht vorgelegt. Dieser hat vielmehr in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass konkret verwertbare Ergebnisse insoweit noch nicht vorlägen. Dass der Kläger, wie dieser vorgetragen hat, die Steuerpflichten nicht bewusst ignoriert habe, sondern die Steuerrückstände durch die Arbeitsbelastung und Fehleinschätzung seiner organisatorischen Leistungsfähigkeit entstanden seien, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Annahme der Unzuverlässigkeit setzt kein Verschulden des Gewerbetreibenden voraus.
29St. Rspr. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 ‑ 1 C 146/80 ‑, juris.
30Unabhängig hiervon ist nicht ersichtlich, dass die Verletzung der steuerrechtlichen Zahlungs- und Erklärungspflichten im Fall des Klägers auf einer einmaligen, zeitlich begrenzten Überlastung oder vorübergehenden Fehleinschätzung beruhten. Vielmehr hat der Kläger über einen längeren Zeitraum in erheblichem Umfang seine steuerrechtlichen Pflichten verletzt. Über diesen Zeitraum hinweg hat er keine wirksamen organisatorischen Maßnahmen ergriffen, um die fristgerechte Steuererklärung und -zahlung sicherzustellen. Soweit der Kläger sich weiter darauf beruft, dass ihm gegen Dritte aus den Jahren 2013 bis 2015 Werklohnforderungen in Höhe von insgesamt 151.185,44 Euro zustünden, führt auch dies zu keiner anderen Beurteilung der Zuverlässigkeit. Es ist bereits nicht ersichtlich, ob und in welcher Höhe die geltend gemachten Forderungen berechtigt und durchsetzbar sind. Zudem war der Kläger unabhängig von etwaigen Zahlungsforderungen gegen Dritte verpflichtet, die steuerrechtlichen Zahlungs- und Abgabepflichten laufend zu erfüllen. Dem ist der Kläger jedenfalls seit 2009 nicht nachgekommen. Soweit der Kläger in Zukunft aus den geltend gemachten Forderungen Zahlungen erhalten und in der Lage sein sollte, die bestehenden Steuerschulden zu tilgen oder zu reduzieren, kann dies im Rahmen eines Wiedergestattungsverfahrens nach § 35 Abs. 6 GewO berücksichtigt werden.
31Das Gericht weist ergänzend darauf hin, dass der Kläger auch während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Steuerschulden bislang nicht reduziert hat. Diese sind vielmehr erheblich angestiegen. Nach der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Mitteilung des Finanzamts N. vom 22. Oktober 2015 bestanden zuletzt Steuerschulden (Umsatzsteuer) einschließlich der Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 56.787,45 Euro.
32Die Kostenentscheidung ergeht gemäß §§ 155 Abs. 1, 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO.
33Die Regelung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung ‑ ZPO ‑.
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Referenzen - Gesetze
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113
Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 117
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 6
Gewerbeordnung - GewO | § 35 Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit
Handwerksordnung - HwO | § 3
Handwerksordnung - HwO | § 2
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Die Vorschriften dieses Gesetzes für den selbständigen Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks gelten auch
- 1.
für gewerbliche Betriebe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, in denen Waren zum Absatz an Dritte handwerksmäßig hergestellt oder Leistungen für Dritte handwerksmäßig bewirkt werden, - 2.
für handwerkliche Nebenbetriebe, die mit einem Versorgungs- oder sonstigen Betrieb der in Nummer 1 bezeichneten öffentlich-rechtlichen Stellen verbunden sind, - 3.
für handwerkliche Nebenbetriebe, die mit einem Unternehmen eines zulassungspflichtigen Handwerks, der Industrie, des Handels, der Landwirtschaft oder sonstiger Wirtschafts- und Berufszweige verbunden sind.
(1) Ein handwerklicher Nebenbetrieb im Sinne des § 2 Nr. 2 und 3 liegt vor, wenn in ihm Waren zum Absatz an Dritte handwerksmäßig hergestellt oder Leistungen für Dritte handwerksmäßig bewirkt werden, es sei denn, daß eine solche Tätigkeit nur in unerheblichem Umfang ausgeübt wird, oder daß es sich um einen Hilfsbetrieb handelt.
(2) Eine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 ist unerheblich, wenn sie während eines Jahres die durchschnittliche Arbeitszeit eines ohne Hilfskräfte Vollzeit arbeitenden Betriebs des betreffenden Handwerkszweigs nicht übersteigt.
(3) Hilfsbetriebe im Sinne des Absatzes 1 sind unselbständige, der wirtschaftlichen Zweckbestimmung des Hauptbetriebs dienende Betriebe eines zulassungspflichtigen Handwerks, wenn sie
- 1.
Arbeiten für den Hauptbetrieb oder für andere dem Inhaber des Hauptbetriebs ganz oder überwiegend gehörende Betriebe ausführen oder - 2.
Leistungen an Dritte bewirken, die - a)
als handwerkliche Arbeiten untergeordneter Art zur gebrauchsfertigen Überlassung üblich sind oder - b)
in unentgeltlichen Pflege-, Installations-, Instandhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten bestehen oder - c)
in entgeltlichen Pflege-, Installations-, Instandhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten an solchen Gegenständen bestehen, die in einem Hauptbetrieb selbst hergestellt worden sind oder für die der Hauptbetrieb als Hersteller im Sinne des Produkthaftungsgesetzes gilt.
(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn
- 1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.
(2) Das Urteil enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren, - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, - 3.
die Urteilsformel, - 4.
den Tatbestand, - 5.
die Entscheidungsgründe, - 6.
die Rechtsmittelbelehrung.
(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.
(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.
(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.
(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.
(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf
- 1.
die Feststellung des Sachverhalts, - 2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder - 3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
(3a) (weggefallen)
(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.
(5) (weggefallen)
(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.
(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.
(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.
(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.
(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen eine erweiterte Gewerbeuntersagung bei nachfolgender Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
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Mit Bescheid vom 17. September 2010, zugestellt am 21. September 2010, untersagte das Landratsamt Rottal-Inn dem Kläger unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1 500 € die Ausübung des zuletzt gemeldeten Gewerbes "Handel und Montage von Bauelementen", die Gewerbeausübung generell sowie die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden und die Tätigkeit als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person zum 21. Oktober 2010 und ordnete an, innerhalb dieser Frist die gewerbliche Tätigkeit einzustellen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger sei unzuverlässig im Sinne des § 35 Abs. 1 GewO, weil er angesichts aufgelaufener Rückstände von Steuern von ca. 5 000 € und nicht abgeführter Sozialversicherungsbeiträge von ca. 845 € wegen seiner wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit nicht die Gewähr für eine ordnungsgemäße Betriebsführung biete.
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Mit Beschluss vom 23. September 2010 ordnete das Amtsgericht Landshut - Insolvenzgericht - auf Antrag eines Sozialversicherungsträgers die vorläufige Insolvenzverwaltung zur Sicherung des Schuldnervermögens vor nachteiligen Veränderungen an; außerdem bestellte es einen vorläufigen Insolvenzverwalter und ordnete an, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (§ 21 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Alt. 2 InsO). Das Insolvenzverfahren wurde vom Insolvenzgericht am 11. November 2010 eröffnet.
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Dem Antrag des Klägers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner gegen die Untersagungsverfügung vom 17. September 2010 erhobenen Klage gab der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 14. Februar 2011 statt.
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Mit Urteil vom 22. November 2012 hat das Verwaltungsgericht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 17. September 2010 abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 27. Januar 2014 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers hindere eine gerichtliche Entscheidung hinsichtlich der Gewerbeuntersagung nicht, weil der Prozess nicht gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 240 Satz 1 ZPO unterbrochen worden sei. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Gewerbeuntersagung sowie der erweiterten Gewerbeuntersagung seien zum maßgeblichen Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Bescheides mit dessen Zugang am 21. September 2010 erfüllt. Auch die Ermessenserwägungen der Behörde hinsichtlich der erweiterten Gewerbeuntersagung hielten der gerichtlichen Prüfung stand. Es sei ohne Einfluss auf den maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers und der Rechtmäßigkeit der erweiterten Gewerbeuntersagung, dass über das Vermögen des Klägers mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 23. September 2010 die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet worden sei, nachdem der Bescheid am 21. September 2010 bereits wirksam, wenn auch noch nicht bestandskräftig geworden und ferner die im Bescheid gewährte Frist (21. Oktober 2010) noch nicht abgelaufen gewesen sei, bis zu der die gewerbliche Betätigung habe eingestellt werden müssen, und dass das Insolvenzgericht am 11. November 2010 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschlossen gehabt habe. Die von § 12 GewO ausgehende Sperrwirkung für die Anwendung des § 35 Abs. 1 GewO komme daher vorliegend nicht zum Tragen.
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Zur Begründung seiner dagegen eingelegten Revision trägt der Kläger im Wesentlichen vor, seit der Anordnung vorläufiger Maßnahmen des Insolvenzgerichts und der späteren Eröffnung des Insolvenzverfahrens stehe § 12 GewO der Gewerbeuntersagung entgegen und mache damit den angefochtenen Bescheid, an dem der Beklagte festhalte, rechtswidrig.
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Er beantragt,
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die Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 22. November 2012 und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Januar 2014 zu ändern und den Bescheid des Landratsamtes Rottal-Inn vom 17. September 2010 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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Er verteidigt die Gründe des Berufungsurteils.
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Der Beteiligte stellt keinen Antrag.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision ist nicht begründet. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil zu Recht zurückgewiesen. Der Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
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1. Zu Recht hat das Berufungsgericht das gerichtliche Verfahren im Hinblick auf das eröffnete Insolvenzverfahren nicht gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 240 Satz 1 ZPO ausgesetzt. Eine Unterbrechung des Verfahrens nach § 240 Satz 1 ZPO setzt voraus, dass der Streitgegenstand "die Insolvenzmasse betrifft". Dies ist hier nicht der Fall. Die angefochtene Gewerbeuntersagung knüpft an in der Person des Klägers liegende Unzuverlässigkeitstatbestände an und entzieht ihm als Person die Befugnis, bestimmten beruflichen Tätigkeiten nachzugehen. Sie betrifft das berufliche Betätigungsrecht des Gewerbetreibenden. Dieses personenbezogene Recht gehört nicht zur Insolvenzmasse. Denn sie umfasst gemäß § 35 Abs. 1 Insolvenzordnung (InsO) vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2866) zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 31. August 2013 (BGBl. I S. 3533) allein das dem Gemeinschuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehörende und das während des Verfahrens erlangte Vermögen (BVerwG, Beschluss vom 18. Januar 2006 - 6 C 21.05 - Buchholz 310 § 134 VwGO Nr. 53). Das personenbezogene Recht zur Gewerbeausübung, das aus § 1 Gewerbeordnung (GewO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Februar 1999 (BGBl. I S. 202) zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 15. April 2015 (BGBl. I S. 583) folgt, zählt dazu nicht. Dementsprechend unterliegt es auch nicht der Verwaltungsbefugnis des Insolvenzverwalters.
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2. Die Tatbestandsvoraussetzungen der vom Beklagten nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO verfügten Gewerbeuntersagung sowie der erweiterten Gewerbeuntersagung (§ 35 Abs. 1 Satz 2 GewO) lagen zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Wirksamwerdens des angefochtenen Bescheides am 21. September 2010 vor.
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a) Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist die Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutz der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. Tatsächliche Anhaltspunkte für eine solche Unzuverlässigkeit bestehen bei einem Gewerbetreibenden mit erheblichen Steuerrückständen sowie Zahlungsrückständen bei den Trägern der Sozialversicherung oder bei Straftaten im Zusammenhang mit der gewerblichen Betätigung. Überschuldung und wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit begründen grundsätzlich die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 5. August 1965 - 1 C 69.62 - BVerwGE 22, 16). Im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs muss von einem Gewerbetreibenden erwartet werden, dass er bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit ohne Rücksicht auf die Ursachen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten seinen Gewerbebetrieb aufgibt. Dieser Grund entfällt nur dann, wenn der Gewerbetreibende zahlungswillig ist und trotz seiner Schulden nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept arbeitet (BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1 <4>).
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Für die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden und der Rechtmäßigkeit einer Gewerbeuntersagung kommt es nicht darauf an, wie sich die tatsächlichen Verhältnisse nach Abschluss des behördlichen Untersagungsverfahrens weiterentwickelt haben. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass seit Inkrafttreten der Neufassung des § 35 Abs. 6 GewO am 1. Mai 1974 eine deutliche Trennung zwischen dem Untersagungsverfahren einerseits und dem Wiedergestattungsverfahren andererseits besteht. Ist ein Gewerbe wirksam untersagt worden, hat die Behörde nicht mehr zu prüfen, ob die Untersagungsgründe die ergangene Gewerbeuntersagung weiterhin tragen. Haben sich die tatsächlichen Umstände geändert, muss die Initiative zur Wiederzulassung nach § 35 Abs. 6 GewO vom Gewerbetreibenden ausgehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1 <2 ff.>; Beschlüsse vom 15. Februar 1995 - 1 B 19.95 - Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 58 = GewArch 1995, 200 und vom 9. April 1997 - 1 B 81.97 - Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 67).
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In diesem Sinne war der Kläger zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens (Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG) des angefochtenen Bescheides am 21. September 2010 und damit zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung im Gewerbeuntersagungsverfahren unzuverlässig. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, gegen die durchgreifende Verfahrensrügen nicht erhoben worden sind, hatte der Kläger damals Steuerrückstände von 5 013 € und schuldete zudem der AOK seit über einem Jahr Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 845 €. Ferner hatte er am 21. Dezember 2009 die eidesstattliche Versicherung nach § 807 ZPO a.F. abgegeben, wobei sich dem zugehörigen Protokoll weitere Schulden des Klägers von mehr als 12 000 DM entnehmen ließen. Die Verletzung seiner Pflichten zur Zahlung der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge beruhte angesichts seiner Vermögensverhältnisse maßgeblich auf fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, nicht auf einer in der Person begründeten Unzuverlässigkeit. Gegenüber dem Beklagten hatte er sich selbst als mittellos bezeichnet. Irgendein Konzept zum Abbau seiner Schulden hatte der Kläger nicht entwickelt.
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b) Revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Voraussetzungen für die erweiterte Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung vorlagen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass insoweit Tatsachen vorliegen müssen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf die "Ausweichtätigkeit" dartun ("gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit"). Diese sind bei steuerlichen Pflichtverletzungen und bei ungeordneten Vermögensverhältnissen gegeben. Außerdem muss die erweiterte Gewerbeuntersagung erforderlich sein, weil eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für ein Ausweichen des Gewerbetreibenden vorliegt. Dabei folgt die Wahrscheinlichkeit der anderweitigen Gewerbeausübung schon daraus, dass der Gewerbetreibende trotz Unzuverlässigkeit an seiner gewerblichen Tätigkeit festgehalten hat, wodurch er regelmäßig seinen Willen bekundet hat, sich auf jeden Fall gewerblich zu betätigen. Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist unter dem Gesichtspunkt wahrscheinlicher anderweitiger Gewerbeausübung schon dann zulässig, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Gewerbetreibende das andere Gewerbe in Zukunft ausübt, eine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge also ausscheidet (BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 C 17.79 - BVerwGE 65, 9 <11>; Beschluss vom 11. September 1992 - 1 B 131.92 - GewArch 1995, 116).
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Auch die Annahme des Berufungsgerichts, dass die im angefochtenen Bescheid getroffenen Ermessenserwägungen der Behörde nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO rechtsfehlerfrei sind, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Ist ein Gewerbetreibender in Bezug auf andere - nicht ausgeübte - gewerbliche Betätigungen unzuverlässig und ist die Untersagung auch hinsichtlich dieser Betätigungen erforderlich, so ist eine Ermessensentscheidung, die von der Möglichkeit der erweiterten Gewerbeuntersagung Gebrauch macht, nicht rechtswidrig, wenn der Verwaltungsentscheidung zumindest konkludent die maßgebliche Erwägung entnommen werden kann, die anderweitige Gewerbeausübung sei so wahrscheinlich, dass sich die Untersagung auch darauf erstrecken soll (BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 C 17.79 - BVerwGE 65, 9 <11>). Eine Ermessenserwägung dieser Art lässt sich der angefochtenen Untersagungsverfügung entnehmen.
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c) An der Maßgeblichkeit des Zeitpunkts des Erlasses des angefochtenen Bescheides (hier: 21. September 2010) für die Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers und der Rechtmäßigkeit der Untersagung des ausgeübten Gewerbes sowie der erweiterten Gewerbeuntersagung ändert sich auch nichts dadurch, dass die dem Kläger im angefochtenen Bescheid gewährte Frist (21. Oktober 2010) noch nicht abgelaufen war, bis zu der die gewerbliche Betätigung eingestellt werden musste. Bis zum Ablauf der von der Gewerbeuntersagungsbehörde gesetzten Frist darf der Gewerbetreibende zwar noch gewerblich tätig sein, um Abwicklungsarbeiten vorzunehmen und die Einstellung des Geschäftsbetriebs vorzubereiten. Die Auslauffrist hebt die Wirksamkeit der bereits ergangenen Untersagungsverfügung aber nicht auf, sondern ist deren fester Bestandteil.
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3. Der angefochtene Bescheid ist auch nicht nachträglich nach § 12 Satz 1 GewO rechtswidrig geworden.
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Für die Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers und der Rechtmäßigkeit der Untersagung des ausgeübten Gewerbes sowie der erweiterten Gewerbeuntersagung war ohne Bedeutung, dass nach dem Wirksamwerden des angefochtenen Untersagungsbescheides am 21. September 2010 über das Vermögen des Klägers durch Beschluss des Amtsgerichts Landshut - Insolvenzgericht - vom 23. September 2010 zur Sicherung des Schuldnervermögens vor nachteiligen Veränderungen die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet, ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und die Anordnung getroffen wurde, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (§ 21 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Alt. 2 InsO). Gleiches gilt für den Umstand, dass das Insolvenzgericht am 11. November 2010 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschlossen hat.
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Nach § 12 Satz 1 GewO sind u.a. Vorschriften zur Untersagung des Gewerbes bei einer auf ungeordneten Vermögensverhältnissen beruhenden Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden während eines Insolvenzverfahrens, während der Zeit, in der Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO angeordnet sind, und während der Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans nicht anzuwenden in Bezug auf das Gewerbe, das zur Zeit des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeübt wurde. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat zu Recht angenommen, dass § 12 Satz 1 GewO die aus § 35 Abs. 6 GewO folgende Vorverlegung des für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Dauerverwaltungsakts "Untersagung der Gewerbeausübung" maßgeblichen Zeitpunkts auf die letzte Verwaltungsentscheidung unberührt lässt. Ein Insolvenzverfahren, das - wie hier - erst nach Abschluss des Gewerbeuntersagungsverfahrens eröffnet wurde, ist daher ohne Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Untersagung des Gewerbes wegen einer auf ungeordnete Vermögensverhältnisse zurückzuführenden Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden.
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Der Wortlaut ist insoweit zwar nicht zwingend. § 12 Satz 1 GewO verbietet für die Dauer des Insolvenzverfahrens nicht die Maßnahme der Untersagung eines Gewerbes selbst, sondern die Anwendung entsprechender Vorschriften. Mit Blick auf die nicht nur von den Behörden, sondern auch von den Gerichten vorzunehmende Subsumtion kann von einer Anwendung der Untersagungsvorschriften auch im gerichtlichen Verfahren gesprochen werden. Daher schließt nicht bereits der Wortsinn die Annahme aus, dass auch ein erst nach Abschluss des Gewerbeuntersagungsverfahrens eröffnetes Insolvenzverfahren nachträglich die im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Rechtswidrigkeit einer auf ungeordnete Vermögensverhältnisse gestützten Gewerbeuntersagung auslöst (vgl. Hahn, GewArch 2000, 361, <365 f.>). Allerdings liegt eine solche Auslegung schon deshalb nicht nahe, weil die gerichtliche Subsumtion in die im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes zu leistende Kontrolle der Rechtsanwendung durch die Behörden eingebunden ist. Entscheidend gegen die Annahme eines erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens entstehenden Anwendungsverbots spricht jedoch die im Gesetz angelegte systematische Trennung zwischen Untersagungs- und Wiedergestattungsverfahren. Nach dem Regelungszusammenhang von § 35 Abs. 1 und 6 GewO sind nach Abschluss des behördlichen Untersagungsverfahrens eintretende Änderungen der Verhältnisse allein im Rahmen der Entscheidung über einen Antrag auf Wiedergestattung zu prüfen und zu berücksichtigen. Die Vorschrift des § 12 Satz 1 GewO lässt die Anwendbarkeit des § 35 Abs. 6 GewO und die grundsätzliche systematische Trennung unberührt. Sie erfasst § 35 Abs. 6 GewO schon deshalb nicht, weil es sich dabei um keine Vorschrift handelt, "welche die Untersagung eines Gewerbes... ermöglicht". Eine Berücksichtigung nach Abschluss des behördlichen Untersagungsverfahrens eingetretener neuer Umstände würde die in § 35 Abs. 1 und 6 GewO normierte Systematik von Untersagungs- und Wiedergestattungsverfahren durchbrechen.
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Sinn und Zweck des § 12 Satz 1 GewO stehen dieser Auslegung nicht entgegen. Die Vorschrift verfolgt den Zweck, einen Konflikt mit den Zielen des Insolvenzverfahrens zu vermeiden und insbesondere die Möglichkeit einer Sanierung des insolventen Unternehmens nicht durch eine Gewerbeuntersagung zu vereiteln (vgl. dazu vor allem die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 12 Satz 1 GewO, BT-Drs. 12/3803, S. 103 f.). Ohne die Regelung in § 12 Satz 1 GewO könnte zum Beispiel einem Beschluss der Gläubigerversammlung gemäß § 157 InsO, das Unternehmen vorläufig fortzuführen, durch eine Untersagungsverfügung und ihre Vollziehung die Grundlage entzogen werden. Ebenso könnten ohne die von § 12 Satz 1 GewO ausgelöste Sperrwirkung die Aufstellung und Durchführung eines Insolvenzplanes nach §§ 217 ff. InsO gefährdet oder gar verhindert werden. Um diese Folgen auszuschließen, ordnet die Vorschrift an, dass die Untersagungsbehörde ab Beginn der in § 12 Satz 1 GewO abschließend bestimmten Zeiträume § 35 Abs. 1 GewO nicht mehr anwenden darf, soweit die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden auf ungeordneten Vermögensverhältnissen beruht. Auch im Hinblick auf die Interessen am Schutz des Geschäftsverkehrs vor den Gefahren, die von einem insolventen und deshalb gewerberechtlich unzuverlässigen Gewerbetreibenden ausgehen, erschien dies, wie insbesondere die Entstehungsgeschichte der Regelung ausweist, dem Gesetzgeber vertretbar. Der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter kompensiert das Gefährdungspotential, das von der weiteren Ausübung des Gewerbes des insolventen Gemeinschuldners ausgeht. Neue Vertragspartner des Gewerbetreibenden können aufgrund der Vorschriften des Insolvenzrechts über die Einsetzung eines Insolvenzverwalters und dessen die Direktionsrechte des insolventen Gewerbetreibenden ersetzenden Befugnisse, den Vorrang der Masseverbindlichkeiten und die Aufsicht des Insolvenzgerichts geschützt werden. Vorläufige Anordnungen des Insolvenzgerichts nach § 21 InsO dienen dem gleichen Ziel, wenn auch mit unterschiedlichen Schutzwirkungen für den Geschäftsverkehr.
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Das an die Behörden gerichtete Verbot des Erlasses von Untersagungsverfügungen wegen ungeordneter Vermögensverhältnisse des Gewerbetreibenden während eines parallel zum Gewerbeuntersagungsverfahren laufenden Insolvenzverfahrens dient dem Ziel des § 12 Satz 1 GewO, die Möglichkeit einer Sanierung des insolventen Unternehmens offenzuhalten. Dieses Ziel erfordert nicht darüber hinaus, dass ein erst nach Abschluss des Gewerbeuntersagungsverfahrens eröffnetes Insolvenzverfahren unter Durchbrechung der Trennung von Untersagungs- und Wiedergestattungsverfahren die nachträgliche Rechtswidrigkeit einer auf ungeordnete Vermögensverhältnisse gestützten Untersagung auslöst. Allerdings hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang zu Recht angenommen, dass § 12 Satz 1 GewO kein Verbot der Vollstreckung von Gewerbeuntersagungen wegen wirtschaftlicher Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden normiert, um die insolvenzrechtlichen Ziele zu sichern, wie dies zum Teil in der obergerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur vertreten wird. Dagegen spricht schon der klare Wortlaut der Vorschrift. Denn die vollstreckungsrechtlichen Vorschriften etwa zur Anordnung oder Festsetzung von Zwangsgeld "ermöglichen" nicht im Sinne von § 12 Satz 1 GewO die Untersagung eines Gewerbes wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, sondern den Vollzug einer bereits ergangenen Gewerbeuntersagung. Außerdem betrifft die Frage der Unzuverlässigkeit wegen ungeordneter Vermögensverhältnisse die Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsaktes "Untersagung", die von der Rechtmäßigkeit von Maßnahmen zur Vollstreckung des Grundverwaltungsaktes strikt zu trennen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2004 - 1 C 30.03 - BVerwGE 122, 293 <296 f.>). Zudem würde ein Vollstreckungsverbot eine ungerechtfertigte Privilegierung derjenigen Gewerbetreibenden bewirken, die eine vor Beginn der in § 12 Satz 1 GewO bezeichneten Zeiträume ergangene sofort vollziehbare oder bestandskräftig gewordene Untersagungsverfügung missachten. Die Frage, ob und inwieweit die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder die insolvenzgerichtliche Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO bei Ausübung des vollstreckungsrechtlichen Ermessens Berücksichtigung finden kann, betrifft allein die Auslegung und Anwendung des landesrechtlichen Vollstreckungsrechts.
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Dem Ziel des § 12 Satz 1 GewO, dem Gewerbetreibenden die mit der Durchführung eines Insolvenzverfahrens eröffnete Chance zu einem Neuanfang zu sichern, kann jedoch auch unter Wahrung der im Gesetz angelegten Trennung von Gewerbeuntersagungs- und Wiedergestattungsverfahren Rechnung getragen werden. Zwar ist § 12 GewO nach seinem Wortlaut nicht auf das Wiedergestattungsverfahren nach § 35 Abs. 6 GewO anwendbar. Soweit die Untersagung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden auf dessen ungeordneten Vermögensverhältnissen beruht, kann jedoch ein nach Abschluss des Gewerbeuntersagungsverfahrens eröffnetes Insolvenzverfahren die Grundlage für eine Wiedergestattung der Gewerbeausübung bieten. Das setzt die Prognose voraus, dass der Gewerbetreibende künftig wirtschaftlich hinreichend leistungsfähig sein wird, um das Gewerbe ordnungsgemäß ausüben zu können. Allerdings rechtfertigen allein die oben genannten insolvenzrechtlichen Sicherungen eine solche Prognose nicht. Wie ausgeführt, bewirken diese Sicherungen, solange und soweit sie greifen, dass kein Bedürfnis im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 GewO besteht, den Geschäftsverkehr von einer Fortsetzung der gewerblichen Tätigkeit des insolventen Gewerbetreibenden zu schützen (vgl. BT-Drs. 12/3803 S. 103). Für die Prognose einer auf den Aspekt der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bezogenen dauerhaften Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden ist darüber hinaus erforderlich, dass begründete Aussicht auf eine Sanierung seiner Vermögensverhältnisse infolge der im Insolvenzverfahren durchzuführenden Maßnahmen besteht. Für diesen Fall werden in der Regel die Voraussetzungen des § 35 Abs. 6 Satz 1 GewO für eine Wiedergestattung der Gewerbeausübung wegen künftig geordneter Vermögensverhältnisse und zwischenzeitlich fehlender Gefährdung des Geschäftsverkehrs vorliegen. Umgekehrt wird eine Wiedergestattung im Regelfalle nicht in Betracht kommen, wenn die Sanierungschancen negativ zu bewerten sind. Ist der Sanierungserfolg - insbesondere zu Beginn des Insolvenzverfahrens - noch offen, fehlt zwar zunächst die Grundlage für die Feststellung, dass der Gewerbetreibende die Gewähr dafür bietet, das Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß auszuüben. Insoweit kann dem in § 12 GewO zum Ausdruck kommenden öffentlichen Interesse, eine Sanierung des insolventen Gewerbes im Rahmen des Insolvenzverfahrens nicht durch eine fortdauernde Untersagung der Gewerbeausübung von vornherein zu vereiteln, dadurch Rechnung getragen werden, dass die nach § 35 Abs. 6 Satz 1 GewO vorausgesetzte Gewähr dauerhafter Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden - hier nach seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit - durch geeignete Nebenbestimmungen gesichert wird, die den weiteren Bestand der Wiedergestattung vom Ergebnis des Insolvenzverfahrens abhängig machen (§ 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG). Zur raschen vorläufigen Klärung der Befugnis zur Fortführung des Gewerbes nach § 35 Abs. 6 GewO steht dem Gewerbetreibenden die Möglichkeit des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO zur Verfügung.
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Das Wiedergestattungsverfahren ist auch nicht deshalb ungeeignet, die Chance für eine Sanierung des insolventen Gewerbes durch ein nach Abschluss des Gewerbeuntersagungsverfahrens eröffnetes Insolvenzverfahren zu erhalten, weil im Regelfall für die Wiedergestattung eine Wartefrist von einem Jahr nach Durchführung der Untersagungsverfügung einzuhalten ist (§ 35 Abs. 6 Satz 2 GewO). Denn für den Fall, dass Aussicht auf eine Sanierung der Vermögensverhältnisse des Gewerbetreibenden im Wege insolvenzrechtlicher Maßnahmen besteht oder ein Sanierungserfolg jedenfalls möglich erscheint, wird vom Vorliegen "besonderer Gründe" im Sinne des § 35 Abs. 6 Satz 2 GewO auszugehen sein, weil es dann nicht mehr aufgrund überwiegender öffentlicher Interessen gerechtfertigt ist, den Betroffenen trotz fehlender Gefährdung des Geschäftsverkehrs länger von der Ausübung des Gewerbes fernzuhalten und dadurch den Sanierungserfolg zu gefährden (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juli 1959 - 1 C 101.54 - DVBl. 1959, 775 <776> und Beschluss vom 23. November 1990 - 1 B 155.90 - Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 47; Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO, Stand Oktober 2014, Bd. I, § 35 Rn. 177.
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4. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist auch die vom Berufungsgericht bejahte Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung und der Kostenentscheidung im angefochtenen Bescheid.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 10.000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Der sinngemäße Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner am 6. November 2014 erhobenen Klage ‑ 3 K 7275/14 ‑ gegen die in der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 8. Oktober 2014 ausgesprochene Gewerbeuntersagung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO wiederherzustellen bzw. hinsichtlich der darin enthaltenen Zwangsgeldandrohung anzuordnen, hat in der Sache keinen Erfolg.
3Die Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt dem formellen Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Zwar bedarf es regelmäßig der Darlegung besonderer Gründe, die über die Gesichtspunkte hinausgehen, die den Verwaltungsakt selbst rechtfertigen. Geringere Begründungsanforderungen gelten aber ausnahmsweise in Fällen besonderer Dringlichkeit, etwa bei Verfügungen, die sich durch Zeitablauf erledigen, oder dann, wenn aus Sicht der Behörde nur die Anordnung der sofortigen Vollziehung erheblichen Gefahren oder der Begehung von Straftaten vorbeugen kann. In solchen Fällen reicht es aus, wenn diese besonderen Gründe benannt werden und deutlich gemacht wird, dass sie ein solches Gewicht haben, das ein besonderes öffentliches Interesse gerade an der sofortigen Vollziehung zu belegen fähig ist.
4Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. November 2013 ‑ 5 B 592/13 ‑, juris, Rdn. 6.
5Diesen Anforderungen hat die Antragsgegnerin entsprochen. Sie hat ausgeführt, es bestehe die begründete Besorgnis, dass sich die ‑ von der gewerblichen Tätigkeit des Antragstellers ausgehenden ‑ Gefahren für die Allgemeinheit in dem Zeitraum bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache weiter verwirklichten. Dieser Umstand begründe ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung und überwiege das private Interesse an deren einstweiligen Nichtvollzug. Dies ist eine hinreichend fallbezogene Begründung.
6Die im Weiteren gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer sofortigen Vollziehung der Gewerbeuntersagung in der Ordnungsverfügung vom 8. Oktober 2014 mit dem privaten Interesse des Antragstellers, von deren Vollzug einstweilen verschont zu bleiben, geht zu Lasten des Antragstellers aus. Denn die Gewerbeuntersagung erweist sich bei der hier nur gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als offensichtlich rechtmäßig und es sind keine Umstände ersichtlich, die gleichwohl einen Vorrang des privaten Aussetzungsinteresses des Antragstellers begründen können.
7Ermächtigungsgrundlage für die Untersagung des von dem Antragsteller derzeit ausgeübten Gewerbes eines Handelsvertreters für Bauelemente und Glasereiprodukte ist § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO. Nach dieser Vorschrift ist die Ausübung eines Gewerbes zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutz der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Antragsgegnerin geht in ihrer Beschwerdebegründung zu Recht davon aus, dass der Antragsteller unzuverlässig ist. Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, beurteilt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses der Gewerbeuntersagung.
8Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 ‑ 1 C 146.80 ‑, DÖV 1982, 900; OVG NRW, Urteil vom 12. April 2011 ‑ 4 A 1449/08 ‑, NVwZ-RR 2011, 553 = juris, Rdn. 23 ff. mit weiteren Nachweisen für die ständige Rechtsprechung.
9Zu diesem Zeitpunkt rechtfertigte sich die Prognose einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Antragstellers daraus, dass er kurz zuvor, am 24. Juli 2014, sein derzeitiges Gewerbe begonnen hat, obwohl er wirtschaftlich leistungsunfähig war. Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte der Antragsteller beim Finanzamt L. aus der Zeit von Dezember 2002 bis März 2006 Steuerrückstände in Höhe von rund 50.000,00 Euro (Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchen- und Umsatzsteuer zzgl. Zinsen, Verspätungs- und Versäumniszuschläge). Die letzte freiwillige Zahlung an das Finanzamt in Höhe von 337,00 Euro erfolgte am 29. Dezember 2003. Vollstreckungsversuche verliefen im Wesentlichen erfolglos. Ob die auf Schätzungen des Finanzamtes beruhenden Steuerforderungen materiell rechtmäßig sind, ist weder von der Verwaltungsbehörde noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu prüfen. Maßgeblich ist allein, dass die Steuern fällig und zu entrichten waren.
10Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. Juni 1994 ‑ 1 B 114.94 ‑, Buchholz 451.20 § 33c GewO Nr. 5 = juris, Rdn. 10, vom 12. Januar 1996 ‑ 1 B 177.95 ‑, Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 62 = juris, Rdn. 5 und vom 12. März 1997 ‑ 1 B 72.97 ‑, juris, Rdn. 4; OVG NRW, Urteil vom 10. November 1997 ‑ 4 A 156/97 ‑, juris, Rdn. 18.
11Weiterhin hatte die Antragsgegnerin Forderungen gegen den Antragsteller in Höhe von insgesamt 2.927,47 Euro (rückständige Gebühren, Verwarnungs‑ und Bußgelder).
12Zudem hatte der Antragsteller bereits am 15. November 2011 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben. Ferner ist am 27. Dezember 2013 seine Eintragung in das Schuldnerverzeichnis nach § 882 h Abs. 1 ZPO angeordnet worden, weil er nach einer zuvor von ihm abgegebenen Vermögensauskunft vermögenslos ist.
13Schon danach ist davon auszugehen, dass der Antragsteller bei Aufnahme seines derzeitigen Gewerbes wirtschaftlich leistungsunfähig war. Auf die Frage, ob bereits zu diesem Zeitpunkt auch seine Verbindlichkeiten gegenüber zwei Kreditinstituten in Höhe von ca. 20.000,00 Euro existierten, kam es demzufolge nicht mehr an.
14Diese Leistungsunfähigkeit begründete die Unzuverlässigkeit des Antragstellers, weil sie auch anhaltend war.
15Vgl. in diesem Zusammenhang BVerwG, Beschluss vom 29. April 1988 ‑ 1 B 41.88 ‑, Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 46; OVG NRW, Beschluss vom 3. Juni 1996 ‑ 25 A 5043/95 ‑, GewArch 1997, 27 = juris, Rdn. 2.
16Der Antragsteller hatte bereits im Dezember 2011 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben, wodurch das Bestehen einer wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit schon zu diesem Zeitpunkt belegt wird.
17Vgl. in diesem Zusammenhang OVG NRW, Beschluss vom 30. Mai 2011 ‑ 4 A 1069/10 ‑; vgl. in diesem Zusammenhang auch Marcks in Landmann/Rohmer, GewO, Loseblatt-Kommentar, Stand: Oktober 2014, § 35 GewO, Rdn. 46.
18Es widerspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer und redlicher Gewerbeausübung, bei dieser Sachlage eine gewerbliche Tätigkeit zu beginnen und damit das Vermögen der Gläubiger zu gefährden. Welche Umstände zu den wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Antragstellers geführt haben, ist nicht von Bedeutung. Denn ihm wird nicht die wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit als solche zur Last gelegt, sondern die Tatsache, dass er hieraus nicht die angemessenen Folgen gezogen hat.
19Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 ‑ 1 C 74.78 ‑, GewArch 1982, 301.
20Aus diesem Grund sind auch die von dem Antragsteller übersandten Unterlagen über den Bezug von Leistungen nach dem SGB II im Jahre 2005 sowie seine Lohn- und Gehaltsabrechnungen für die Zeit von November 1999 bis Januar 2000 nebst ergänzenden Unterlagen für die Frage seiner gewerberechtlichen Zuverlässigkeit nicht relevant.
21Umstände, die trotz der wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit des Antragstellers zum hier maßgeblichen Zeitpunkt eine andere, positive Prognose in Bezug auf seine gewerberechtliche Zuverlässigkeit hätten rechtfertigen können, wie etwa Anzeichen für eine Besserung seiner wirtschaftlichen Situation oder die Existenz eines erfolgversprechenden Sanierungskonzeptes,
22vgl. in diesem Zusammenhang OVG NRW, Urteil vom 12. April 2011 ‑ 4 A 1449/08 ‑, a. a. O. = juris, Rdn. 29,
23sind nicht gegeben. Der Antragsteller hat vielmehr in einem Gespräch mit der IHK N. O. im Vorfeld des Erlasses der Ordnungsverfügung vom 8. Oktober 2014 erklärt, weder seine Verbindlichkeiten bei den Kreditinstituten noch seine Steuerschulden bei dem Finanzamt L1. tilgen zu können.
24Im Übrigen lassen schon unabhängig davon die Steuerschulden des Antragstellers auf seine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit schließen. Steuerrückstände rechtfertigen die Annahme einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit, wenn sie sowohl nach ihrer absoluten Höhe als auch im Verhältnis zur Gesamtbelastung des Gewerbetreibenden von Gewicht sind; zudem ist die Zeitdauer, während derer der Gewerbetreibende seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachkommt, insoweit von Bedeutung.
25Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. Januar 1988 ‑ 1 B 164.87 ‑, GewArch 1988, 162, vom 11. Dezember 1996 ‑ 1 B 250.96 ‑, GewArch 1999, 72 und vom 9. April 1997 ‑ 1 B 81.97 ‑, GewArch 1999, 72.
26Die enorme Höhe der Steuerschulden des Antragstellers von mehr als 50.000,00 Euro und der Umstand, dass die letzte freiwillige Zahlung an das Finanzamt L1. am 29. Dezember 2003 lediglich in Höhe von 337,00 Euro erfolgte, lassen den Schluss zu, dass der Antragsteller seit langer Zeit nicht willens oder nicht in der Lage ist, seinen öffentlich-rechtlichen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Indem er gleichwohl im Juli 2014 eine gewerbliche Tätigkeit aufgenommen hat, hat er sich unter Verstoß gegen die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Gewerbeausübung unlautere Wettbewerbsvorteile gegenüber seinen Mitbewerbern verschafft. Inwieweit sich die Verletzung seiner steuerlichen Zahlungspflichten auf Steuern bezogen hat, die aus seiner Tätigkeit als abhängig Beschäftigter bei der G. GmbH mit Sitz in E. und Betriebsstätte in L1. resultieren und somit nicht gewerberechtlicher Natur sind, ist ohne Belang. Insoweit ist vielmehr entscheidend, dass die unzuverlässigkeitsbegründenden Tatsachen ‑ wie dies bei jeder Verletzung von steuerlichen Zahlungs‑ und Erklärungspflichten der Fall ist ‑ zu einer ungünstigen Prognose hinsichtlich des gewerblichen Wirkens der betreffenden Person Anlass geben.
27Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 ‑ 1 C 52.78 ‑, GewArch 1982, 233.
28Im Übrigen spricht Einiges dafür, dass eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit des Antragstellers auch daraus folgt, dass er wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz (Urteil des Amtsgerichts L1. vom 5. Januar 2012 ‑ 35 Js 801/11 31 Cs 3/12 ‑) und wegen Betruges (Urteil des Amtsgerichts L1. vom 16. August 2012 ‑ 20 Js 823/12 31 Cs 393/12 ‑) rechtskräftig verurteilt worden ist. Eine abschließende Beurteilung kann allerdings erst nach Beiziehung der Strafakten erfolgen.
29Vgl. hierzu Marcks in: Landmann/Rohmer, a. a. O., § 35 GewO, Rdn. 37.
30Die Gewerbeuntersagung war nach Aktenlage auch zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich, weil die Unzuverlässigkeit des Antragstellers das Vermögen der öffentlichen Hand gefährdete.
31Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist ebenfalls offensichtlich rechtmäßig. Nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO kann die Untersagung auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist.
32Die danach erforderliche gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit des Antragstellers ist zu bejahen. Seine wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit lässt ihn für die Ausübung aller Gewerbe als unzuverlässig erscheinen.
33Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 10. November 1997 ‑ 4 A 156/97 ‑, juris, Rdn. 25; vgl. in diesem Zusammenhang auch BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 1988 ‑ 1 B 164.87 ‑, a. a. O., 163.
34Jedenfalls ergibt sich seine gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit aus der Verletzung seiner steuerrechtlichen Verpflichtungen, die für jeden Gewerbetreibenden gelten und nicht nur Bezug zu einer bestimmten gewerblichen Tätigkeit haben.
35Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 1988 ‑ 1 B 164.87 ‑, a. a. O., 163; OVG NRW, Urteil vom 12. April 2011 ‑ 4 A 1449/08 ‑, a. a. O. = juris, Rdn. 35, mit weiteren Nachweisen.
36Die erweiterte Gewerbeuntersagung war ebenfalls zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich. Die über das betriebene Gewerbe hinausgehende Untersagung verlangt keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der unzuverlässige Gewerbetreibende zukünftig eine anderweitige gewerbliche Tätigkeit ausüben wird. Vielmehr ist sie schon dann erforderlich, wenn ‑ wie hier ‑ keine besonderen Umstände vorliegen, die ein Ausweichen auf eine solche Tätigkeit ausschließen, weil der Betreffende durch sein Festhalten an dem tatsächlich ausgeübten Gewerbe seinen Willen bekundet hat, sich irgendwie gewerblich zu betätigen.
37Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 ‑ 1 CB 2.81 ‑, Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 38 = juris, Rdn 35; OVG NRW, Urteil vom 12. April 2011 ‑ 4 A 1449/08 ‑, a. a. O. = juris, Rdn. 37 f. mit weiteren Nachweisen.
38Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die erweiterte Gewerbeuntersagung unter Ermessensfehlern leidet.
39Auch im Übrigen überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Gewerbeuntersagung das private Interesse des Antragsellers, sein Gewerbe vorläufig fortführen zu können. Zwar ist die Aufrechterhaltung der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Gewerbeuntersagung nicht schon allein deshalb gerechtfertigt, weil sich diese bei der im Rahmen von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotenen summarischen Prüfung der Sach‑ und Rechtslage als offensichtlich rechtmäßig erwiesen hat. Vielmehr erfordert die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip die aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls gewonnene zusätzliche Feststellung, dass die sofortige Vollziehbarkeit schon vor der Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens als Präventivmaßnahme zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter notwendig ist.
40Vgl. in diesem Zusammenhang BayVGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 ‑ 2 CS 11. 2428 ‑, juris, Rdn. 6; OVG Hamburg, Beschluss vom 14. September 2009 ‑ 4 BS 149/09 ‑, nicht veröffentlicht.
41Hierfür muss die begründete Besorgnis bestehen, dass sich die mit der Gewerbeuntersagung bekämpfte Gefahr schon in der Zeit bis zur abschließenden Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagung realisieren kann. Dies beurteilt sich nach der Sachlage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Insoweit sind auch Umstände zu berücksichtigen, die nach Erlass der Gewerbeuntersagung eingetreten sind.
42Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. September 2013 ‑ 4 B 907/13 ‑ und vom 11. Oktober 2013 ‑ 4 A 457/13 ‑; OVG Hamburg, Beschluss vom 14. September 2009 ‑ 4 BS 149/09 ‑, nicht veröffentlicht; Gröning in: Pielow, GewO, München 2009, § 35 GewO, Rdn. 63; Marcks in: Landmann/Rohmer, a. a. O., § 35 GewO, Rdn. 111.
43In Bezug auf den Antragsteller besteht die Besorgnis, dass er auch während des Klageverfahrens seine laufenden Steuern beim Finanzamt L1. nicht bezahlt und seine steuerlichen Rückstände weiter ansteigen. Hierdurch würde sich auch seine wirtschaftliche Situation weiter verschärfen. Bereits in der Beschwerdebegründung hat die Antragsgegnerin darauf hingewiesen, dass der Antragsteller laut Mitteilung des Finanzamtes L1. vom 9. Januar 2015 auch weiterhin seine Umsatzsteuervoranmeldungen nicht vornehme, weshalb die Steuern weiter geschätzt würden. Zahlungen seitens des Antragstellers erfolgten ebenfalls nicht. Unter dem 12. Februar 2015 hat die Antragsgegnerin auf Nachfrage des Senats weiter mitgeteilt, dass die Steuerrückstände des Antragstellers durch die Nichtentrichtung der Umsatzsteuern für die Monate Juli und August 2014, die zum 17. November 2014 fällig geworden seien, mittlerweile auf 53.724,57 Euro angestiegen seien. Einer dieser Mitteilung beigefügten Aufstellung des Finanzamtes L1. ist zu entnehmen, dass dieser Betrag auch die Umsatzsteuern für die Monate August und September 2014 umfasst, die ebenfalls zum 17. November 2014 fällig geworden und vom Antragsteller bisher nicht gezahlt worden sind.
44Angesichts dessen ist die Annahme gerechtfertigt, dass der Antragsteller auch derzeit nicht willens oder in der Lage ist, seinen laufenden steuerlichen Zahlungspflichten nachzukommen und dass aufgrund dessen seine Steuerschulden während des Klageverfahrens weiter anwachsen werden.
45Auch hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung in der Ordnungsverfügung vom 8. Oktober 2014 geht die hier vorzunehmende Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers aus. Die Androhung beruht auf den §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 58, 60 und 63 VwVG NRW und begegnet im Hinblick auf die Wahl des angedrohten Zwangsmittels, die Frist zur Einstellung des ausgeübten Gewerbes und die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes keinen rechtlichen Bedenken.
46Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
47Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
48Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.
(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.
(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf
- 1.
die Feststellung des Sachverhalts, - 2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder - 3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
(3a) (weggefallen)
(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.
(5) (weggefallen)
(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.
(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.
(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.
(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.
(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.