Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 12. Juni 2014 - 6 L 853/14
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 15.000,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2- 3
I.
Der am 0.00.1965 in I. /Türkei geborene Antragsteller erwarb am 30. April 1985 die Fahrerlaubnis der Klassen B, BE, C1, C1E, CE, L, M und – am 2. Oktober 2000 ERS).
5Mit Bescheid vom 1. Juli 2011 erteilte die Bezirkshauptmannschaft H. /Österreich dem Antragsteller die Fahrlehrerberechtigung Klasse B, die zur Erteilung praktischen Fahrunterrichts an einer Fahrschule berechtigt. Am 15. Oktober 2012 beantragte er die „Anerkennung der österreichischen Fahrlehrerberechtigung in Deutschland“ gemäß „§§ 2, 2a FahrlG“. Er gab nach Aktenlage an, für etwa drei Monate in der Fahrschule „D. E. “ in X. Fahrschüler praktisch ausgebildet zu haben. Diese Angaben konnte die Fahrschule auf telefonische Nachfrage nicht bestätigen.
6Mit Schreiben vom 11. Januar 2013 hörte die Antragsgegnerin den Antragsteller nach umfangreichen Ermittlungen zu der beabsichtigten Ablehnung seines Antrags an. Zur Begründung hieß es: Die erworbene österreichische Fahrlehrerlaubnis liege wesentlich hinter der deutschen Fahrlehrerausbildung zurück. Daher sei die Absolvierung eines umfassenden Anpassungslehrgangs erforderlich. Dies bedeute, dass der Antragsteller sowohl eine fünfmonatige Ausbildung in einer Fahrlehrerausbildungsstätte als auch ein viereinhalbmonatiges Praktikum in einer Ausbildungsfachschule zu durchlaufen habe. Nach § 1 Abs. 3 der Durchführungsverordnung zum Fahrlehrergesetz – DV-FahrlG – sei unter anderem der Erfolg des Anpassungslehrgangs Gegenstand einer Bewertung. Die Bewertung erfolge im Rahmen einer Prüfung, welche durch den Fahrlehrerprüfungsausschuss abgenommen werde. Die Teilnahme an dem Anpassungslehrgang könne auch durch die erfolgreiche Teilnahme an einer Eignungsprüfung ersetzt werden. Letztere bestehe aus einer schriftlichen und einer mündlichen Fachkundeprüfung sowie Lehrproben im theoretischen und fahrpraktischen Unterricht. Ein Ausgleich durch im Rahmen der Berufserfahrung erworbene Kenntnisse sei aufgrund der lediglich dreimonatigen Aushilfstätigkeit in einer österreichischen Fahrschule („D. E. “ in X. ) nicht möglich. Damit setze die begehrte Anerkennung in jedem Fall die erfolgreiche Ablegung einer Fachkundeprüfung sowie Lehrproben im theoretischen und fahrpraktischen Unterricht voraus.
7Unter dem 17. Januar 2013 teilte der Antragsteller mit, er habe sich am 22. Oktober 2012 zu einem Anpassungslehrgang angemeldet. Ferner werde er ein Praktikum absolvieren. Er hoffe, er habe im Mai 2013 alle Belege zusammen. Er gehe davon aus, dass dann die Fahrlehrererlaubnis ohne weitere Prüfung „umgeschrieben“ werden könne. Bis dahin bitte er, von einer Entscheidung über den Antrag abzusehen.
8Im Rahmen weiteren Schriftverkehrs erklärte der Antragsteller unter dem 19. Februar 2013, dass er zur Absolvierung eines fünfeinhalbmonatigen Anpassungslehrgangs bereit sei, jedoch nicht zu einer Eignungsprüfung. Beides dürfe die Antragsgegnerin nicht verlangen. Zwar sei nach § 1 Abs. 3 Satz 7 DV-FahrlG der Anpassungslehrgang „Gegenstand einer Bewertung“. Da jedoch das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung seiner Verpflichtung aus § 1 Abs. 9 DV-FahrlG nicht nachgekommen sei und eine Liste der Staaten, deren Fahrlehrerausbildung wesentlich hinter den deutschen Standards zurückbleibe, bislang nicht veröffentlicht habe, sei die Behauptung, die österreichische Fahrlehrerberechtigung bleibe wesentlich hinter der deutschen Ausbildung zurück, nicht richtig. Daher sei die vorgelegte österreichische Fahrlehrerberechtigung nach Absolvierung des Anpassungslehrgangs ohne zusätzliche Prüfung durch den Fahrlehrerprüfungsausschuss anzuerkennen.
9Hierauf hörte die Antragsgegnerin den Antragssteller unter dem 8. März 2013 erneut zu der beabsichtigten Antragsablehnung an. Auf § 1 Abs. 9 DV-FahrlG könne sich der Antragsteller nicht berufen, da die Vorschrift keine subjektiven Rechte beinhalte. Ein Anspruch sei lediglich über § 2a FahrlG gegeben. Nach § 2a Abs. 2 FahrlG könne die Erteilung der Fahrlehrererlaubnis von einem Anpassungslehrgang (als Alternative zu der Eignungsprüfung) abhängig gemacht werden. Dieser müsse nach den insoweit maßgeblichen Bestimmungen erfolgreich absolviert werden, was wiederum über § 1 Abs. 3 Satz 7 DV-FahrlG eine bestandene Prüfung bei dem Fahrlehrerprüfungsausschuss voraussetze.
10Der Antragsteller teilte hierzu unter dem 13. März 2013 mit, es sei nicht zulässig, sowohl einen Anpassungslehrgang als auch eine Eignungsprüfung zu verlangen. Die von dem Verwaltungsgericht Köln zitierte Entscheidung sei vorliegend irrelevant, da der Antragsteller – anders als der Kläger in dem entschiedenen Fall – einen Anpassungslehrgang besuche. Im Übrigen seien deutschlandweit etwa 700 österreichische Fahrlehrerlaubnisse nach Besuch eines Anpassungslehrgangs anerkannt worden.
11Unter dem 26. März 2013 legte der Antragsteller eine Bescheinigung der Fahrschule „F. GmbH“ vom 22. März 2013 über die Teilnahme an einem Anpassungslehrgang nach § 1 DV-FahrlG vor. Demnach hat der Antragsteller vom 22. Oktober 2012 bis zum 22. März 2013 an einem Anpassungslehrgang teilgenommen, wobei während der Lehrgangsdauer „alle Inhalte des Rahmenplans für die Fahrlehrerausbildung an Fahrlehrerausbildungsstätten“ vermittelt wurden. Gegenstände des Lehrgangs waren laut der Bescheinigung insbesondere:
12- 13
280 Unterrichtseinheiten („UE“) Verkehrsverhalten,
- 14
90 UE Technik,
- 15
10 UE Umweltschutz,
- 16
235 UE Pädagogik,
- 17
70 UE Recht,
- 18
15 UE praktische Ausbildung.
Die Fehlzeit des Antragstellers wurde mit 24 UE angegeben.
20Mit Ordnungsverfügung vom 17. Mai 2013 lehnte die Antragsgegnerin die Erteilung der Fahrlehrererlaubnis der Klasse BE ab. Zur Begründung hieß es: Die erworbene österreichische Fahrlehrererlaubnis bleibe wesentlich hinter der deutschen Fahrlehrerausbildung zurück. Dieses Defizit sei weder durch eine kurzzeitige und geringfügige Beschäftigung bei der Fahrschule „D. E. “ in Österreich noch durch den bei der Fahrschule „F. GmbH“ absolvierten Anpassungslehrgang ausgeglichen worden. Das Ermessen bei der Festsetzung des Anpassungslehrgangs werde mit Blick auf die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs dahin ausgeübt, dass ein Absehen von dem Anpassungslehrgang nicht in Betracht komme. Letzterer sei nach der Vorschrift des § 1 Abs. 3 Satz 7 DV-FahrlG, die das über § 2a Abs. 2 FahrlG eingeräumte Ermessen bundeseinheitlich lenke, „Gegenstand einer Bewertung“. Dies setze wiederum eine Prüfung der in der österreichischen Fahrlehrerausbildung nicht behandelten Inhalte durch den Fahrlehrerprüfungsausschuss voraus. Da der Antragsteller hierzu nicht bereit sei, werde der Antrag gebührenpflichtig abgelehnt.
21Der Antragsteller hat am 17. Juni 2013 die bei dem beschließenden Gericht noch anhängige Klage erhoben (– 6 K 5173/13 –) und am 8. April 2014 den vorliegenden Eilrechtsschutzantrag gestellt. Im Klageverfahren trägt der Antragsteller vor: Er habe einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Fahrlehrererlaubnis. Die österreichischen Ausbildungsstandards blieben hinter den deutschen nicht zurück. Er habe einen Anpassungslehrgang absolviert. Eine weitergehende Prüfung sei in Anbetracht der unklaren Regelung in § 1 Abs. 3 Satz 7 DV-FahrlG auch nicht erforderlich. Das nach § 2a Abs. 2 FahrlG eröffnete Ermessen sei mit Blick auf die bundesweit zahlreichen Anerkennungen österreichischer Fahrlehrererlaubnisse, die es nach Besuch eines Anpassungslehrgangs ohne zusätzliche Wissenskontrolle bei den Fahrlehrerprüfungsausschüssen – auch in NRW – gegeben habe, auf Null reduziert. Im Übrigen seien zusätzliche Wissenskontrollen ohne entsprechenden – hier fehlenden –Erlass nicht zulässig.
22Darüber hinaus könne der Antragsteller seine bisherige schwere körperliche Tätigkeit bei der Firma L. AG in I1. nicht mehr ausüben. Er leide unter einem Verschleiß der linken Schulter und beziehe von der AOK Rheinland/Hamburg Krankengeld in Höhe von 1300,00 Euro monatlich. Nach Ablauf von 19 Monaten werde der Antragsteller auf staatliche Transferleistungen (ALG II) angewiesen sein. Er könne indes ohne weiteres als Fahrlehrer bei einer Fahrschule in W. anfangen. Einen Antrag auf Erteilung einer vorläufigen Fahrlehrererlaubnis habe die Antragsgegnerin unter dem 18. März 2014 abgelehnt. Der Antragsteller habe den Anpassungslehrgang ordnungsgemäß absolviert. Er entspreche den Anforderungen in § 1 Abs. 3 Satz 2 und 3 DV-FahrlG. Dagegen sei die Zuständigkeit für die von der Antragsgegnerin geforderte „Wissenskontrolle“ nach derzeitiger Erlasslage des Landes NRW unklar. Im Übrigen begnügten sich die Straßenverkehrsämter häufig mit einem Anpassungslehrgang. Exemplarisch seien Fälle u.a. aus Frankfurt a.M., Darmstadt, in NRW aus Neuss, Köln und Dormagen bekannt. Wenn dies Bundespraxis sei, müsse die Antragsgegnerin die österreichische Fahrlehrererlaubnis anerkennen. Ein Ermessensspielraum stehe ihr im Rahmen von § 2a Abs. 2 FahrlG insoweit nicht zu. Ohne die begehrte Anordnung würde der Antragsteller schwerwiegende, durch späteres Obsiegen nicht mehr auszugleichende Nachteile erleiden, so dass mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG auch eine Vorwegnahme der Hauptsache geboten sei.
23Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
24der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, dem Antragsteller vorläufig eine Fahrlehrerlaubnis der Klasse „BE“ zu erteilen.
25Die Antragsgegnerin beantragt unter Bezugnahme auf das Verwaltungsverfahren,
26den Antrag abzulehnen.
27Sie führt ergänzend aus, dass der Antragsteller erst die erforderlichen Prüfungen ablegen und mit Blick auf die zuletzt mitgeteilte Erkrankung seine körperliche Eignung nachweisen müsse.
28Das Gericht hat im Klageverfahren unter dem 19. Dezember 2013 Auskunft eingeholt bei dem Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr sowie bei der Fahrschule „F. GmbH“.
29Mit Schreiben vom 9. Januar 2014 verwies das Ministerium bezüglich der rechtlichen Vorgaben für die Inhalte eines Anpassungslehrganges auf die Vorschriften des § 1 Abs. 3 Satz 2 und 4 DV-FahrlG und Art. 14 Abs. 5 RL 2005/26/EG. Bezüglich der Überprüfung des Erfolgs eines Anpassungslehrgangs sei – so das Ministerium weiter – eine Erfolgskontrolle in § 1 Abs. 3 Satz 7 DV-FahrlG vorgesehen („Gegenstand einer Bewertung“). Der Umfang dieser Überprüfung müsse allerdings aus Gründen der Verhältnismäßigkeit einen geringeren Umfang als die „Eignungsprüfung“ gem. § 1 Abs. 4 DV-FahrlG aufweisen. Der Gesetzgeber spreche von einer „Wissenskontrolle“, die ‑ naheliegend – der Fahrlehrerprüfungsausschuss durchführen solle (BT-Drucks. 211/11, S. 68). Durch die Wortwahl „kann“ in der Begründung werde allerdings eine Bewertung auf anderem Wege als durch eine „Wissenskontrolle“ offensichtlich vom Gesetzgeber bewusst ermöglicht. Allerdings sehe er die „Wissenskontrolle“ als Regelfall an. Die Fahrlehrerprüfungsausschüsse bei den Bezirksregierungen Köln und Detmold hätten auf Nachfrage angegeben, entsprechende Bewertungen (Wissenskontrollen) nicht durchzuführen. Hierzu seien sie indes ohne entsprechenden Erlass der obersten Landesbehörde in der Lage. Daher bestehe in NRW – im Unterschied zur hessischen Erlasslage, die einen Fragenkatalog für den Fahrlehrerprüfungsausschuss bei „Wissenskontrollen“ vorsieht – kein Handlungsbedarf für eine Handlungsanweisung zu Wissenskontrollen.
30Die Fahrschule „F. GmbH“ teilte unter dem 24. Januar 2014 mit, der Antragsteller habe an dem theoretischen Unterricht teilgenommen, der anhand des Rahmenplans (Anlage 2 zu § 2 Abs. 1 FahrlAusbO) für die Fahrlehrerausbildung an Fahrlehrerausbildungsstätten abgehalten werde. Um die Fahrlehreranwärter „auf die Prüfung vor der Bezirksregierung vorzubereiten“, würden auch schriftliche Leistungskontrollen durchgeführt, die von den Dozenten korrigiert und überprüft an die Teilnehmer zurückgegeben würden. Der Antragsteller habe den Anforderungen des Lehrgangs entsprochen und die Leistungskontrollen mit Erfolg absolviert.
31Das Gericht hat im vorliegenden Verfahren die Fahrschule „F. GmbH“ am 15. April 2014 um ergänzende Auskunft dazu ersucht, ob der Antragsteller auch in theoretischem Fahrunterricht ausgebildet wurde und er insbesondere eine Lehrprobe im theoretischen Unterricht absolviert hat (§ 4 Abs. 2 FahrlG) und welcher Art die schriftlichen Leistungskontrollen waren. Diese Fragen wurden dahingehend beantwortet, dass der Antragsteller zwar Probefahrstunden in Anwesenheit eines Dozenten durchgeführt habe; eine Lehrprobe habe indes nicht stattfinden können, da hierfür die Bezirksregierung zuständig sei. Die schriftlichen Ausarbeitungen seien zu den Themengebieten der FahrlAusbO angefertigt und von den Dozenten – wenngleich ohne Benotung – korrigiert worden. Der zeitliche Umfang habe zwischen 2 und 3 Stunden je Themengebiet gelegen.
32Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten 6 L 853/13 und 6 K 5173/13 sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
33II.
34Der Antrag hat keinen Erfolg. Er ist unbegründet.
35Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Die Notwendigkeit der einstweiligen Sicherung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte materielle Anspruch (Anordnungsanspruch) sind in diesem Fall vom Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).
36Der Antragsteller hat bereits keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
37Der angegriffene Versagungsbescheid der Antragsgegnerin dürfte rechtmäßig sein, weil der Antragsteller voraussichtlich keinen Anspruch darauf hat, dass ihm auf der Grundlage der österreichischen Fahrlehrerberechtigung und des absolvierten Anpassungslehrgangs eine deutsche Fahrlehrererlaubnis erteilt wird.
38§ 2a Abs. 1 Satz 1 des Fahrlehrergesetzes sieht vor, dass dem Bewerber um eine Fahrlehrerlaubnis, der Inhaber einer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erteilten Fahrlehrerlaubnis oder eines in einem dieser Staaten ausgestellten Nachweises über die Befähigung zur Fahrschülerausbildung (Befähigungsnachweis) ist, abweichend von § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 7 die Fahrlehrerlaubnis der entsprechenden Klasse erteilt wird, wenn die Voraussetzungen der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. L 255 vom 30.9.2006, S. 22) erfüllt sind. Auch EU-ausländische Befähigungsnachweise werden allerdings nicht uneingeschränkt anerkannt. Einschränkend heißt es in Absatz 2 der Norm: Unterscheidet sich die bisherige durch Ausbildung und Prüfung des Bewerbers erworbene Qualifikation wesentlich von den durch die Bestimmungen der Fahrlehrer-Ausbildungsordnung und der Prüfungsordnung für Fahrlehrer für die Aufnahme der Fahrlehrertätigkeit im Inland vorgeschriebenen Anforderungen und wird dieser Unterschied auch durch die von dem Bewerber im Rahmen seiner Berufserfahrung – auch in einem Drittland – erworbenen Kenntnisse nicht ausgeglichen, kann die Erteilung der Fahrlehrerlaubnis nach Absatz 1, die zur Niederlassung im Inland berechtigt, von der Teilnahme an einem Anpassungslehrgang oder einer Eignungsprüfung abhängig gemacht werden. Näheres regelt die Durchführungsverordnung zum Fahrlehrergesetz (DVFahrlG), die nach § 2a Abs. 5 FahrlG vom Bundesverkehrsministerium erlassen worden ist.
39Das österreichische Recht unterscheidet in §§ 108 ff. ÖKraftfahrG zwischen dem Fahrschullehrer und dem Fahrlehrer. § 116 ÖKraftfahrG erlaubt nur dem Fahrschullehrer, an einer Fahrschule in Österreich theoretischen und praktischen Unterricht zu erteilen. Der Fahrlehrer ist nach § 117 ÖKraftfahrG – von hier nicht interessierenden Ausnahmen bei einer langjährigen Berufstätigkeit abgesehen – lediglich zur Erteilung von praktischem Fahrunterricht berechtigt.
40Hiernach verfehlt der Antragsteller aller Voraussicht nach die Anerkennungsvoraussetzungen des § 2a Abs. 1 Satz 1 FahrlG, weil er ausweislich des Bescheids der Bezirkshauptmannschaft H. vom 1. Juli 2011 nur die Fahrlehrerberechtigung, nicht aber die Fahrschullehrerberechtigung erworben hat. Die österreichische Fahrlehrerberechtigung stellt keine Fahrlehrerlaubnis i. S. d. § 2a Abs. 1 Satz 1 FahrlG dar. Das deutsche Recht kennt keine Zweiteilung in Fahrlehrer, die theoretischen und praktischen und solche, die nur praktischen Fahrunterricht erteilen dürfen. Aus §§ 1 Abs. 3, 6 Abs. 1 Satz 1 FahrlG ergibt sich vielmehr, dass jeder Fahrlehrer seine Fahrschüler umfassend theoretisch und praktisch ausbilden können muss. Eine Fahrlehrererlaubnis i. S. v. § 2a Abs. 1 Satz 1 FahrlG ist nur ein EU-ausländischer Befähigungsnachweis, der im Ausstellerstaat dazu berechtigt, theoretischen und praktischen Fahrunterricht zu erteilen. Da in Österreich eine solche Berechtigung nur dem Fahrschullehrer zukommt, genügt die dahinter (deutlich) zurückbleibende österreichische Fahrlehrerberechtigung den Anerkennungsanforderungen des § 2a Abs. 1 Satz 1 FahrlG nicht.
41Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Februar 2013 – 14 A 1260/12 –, juris Rdnr. 13 f. (= GewArch 2013, 216); Hess.VGH, Beschluss vom 29. Juli 2013 – 2 A 1944/12.Z -, juris Rdnr. 7 ff.; Erlass des Ministeriums für Bauen und Verkehr des Landes NRW vom 15. Juni 2010 – III B 2-24-00/1 zur Fahrlehrerberechtigung aus Österreich.
42Der Antragsteller hat diese Defizite nicht gemäß § 2a Abs. 2 Satz 1 FahrlG ausgeglichen. Indem die Antragsgegnerin die Erteilung der begehrten Fahrlehrererlaubnis von der Teilnahme an einem Anpassungslehrgang mit anschließender Wissenskontrolle abhängig gemacht hat, hat sie sowohl ihr Entschließungs- als auch ihr Auswahlermessen ordnungsgemäß ausgeübt.
43Weder war es ermessensfehlerhaft, die Teilnahme an einer Ausgleichsmaßnahme als solche (Anpassungslehrgang oder Eignungsprüfung) aus Gründen der Verkehrssicherheit zu verlangen,
44vgl. VG Köln, Urteil vom 11. Mai 2009 – 11 K 7981/08 –, juris,
45noch war die Antragsgegnerin gehalten, von sich aus eine Eignungsprüfung zu verlangen. Zwar stehen beide Alternativen gleichrangig nebeneinander. Geht es jedoch – wie hier – ausschließlich um die Anpassung der ausländischen Qualifikation an die deutschen Verhältnisse (und nicht um die im Wege der Eignungsprüfung zu ermittelnden Nachweise beruflicher Kenntnisse), ist das Bestehen auf die Teilnahme an einem Anpassungslehrgang nicht zu beanstanden.
46Vgl. zur Abgrenzung OVG NRW, a.a.O., Rn. 12.
47Hinsichtlich des vom Antragsteller zwischen Oktober 2012 und März 2013 absolvierten Anpassungslehrgangs bei der Fahrschule „F. GmbH“ in E1. mangelt es jedoch an einem Nachweis der Befähigung zur Erteilung von theoretischem Fahrunterricht, der durch die österreichische Fahrlehrerberechtigung nicht abgedeckt war und in Deutschland durch eine Lehrprobe im theoretischen Unterricht geführt wird (vgl. § 4 Abs. 2 FahrlG). Ein derartiger Nachweis wurde von dem Antragsteller nicht erbracht. Auch die Fahrschule „F. GmbH“ hat in der ergänzend eingeholten Stellungnahme vom 30. April 2014 die Durchführung einer Lehrprobe durch den Antragsteller ausdrücklich verneint (Bl. 84 d. Gerichtsakte 6 K 5173/13).
48Vgl. HessVGH, a.a.O., juris Rn. 14.
49Der während des Anpassungslehrgangs erteilte verkehrspädagogische Unterricht vermag dieses Erfordernis nicht zu ersetzen. Der Unterricht wird nach Maßgabe der Anlage 2 zu § 2 Abs. 1 FahrlAusbO, die gemäß § 13 Abs. 2 FahrlPrüfO nach wie vor Anwendung findet, erteilt und ist bereits Teil der gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 FahrlG im Rahmen der Fachkundeprüfung nachzuweisenden „gründlichen Kenntnisse“ über Verkehrspädagogik.
50Dessen ungeachtet hat sich der Antragsteller entgegen § 1 Abs. 3 Satz 7 DV-FahrlG der erforderlichen Erfolgsbewertung seines Lehrgangs entzogen. Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 7 DV-FahrlG vom 19. Juni 2012 ist der Erfolg des Anpassungslehrgangs Gegenstand einer Bewertung.
51In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu:
52„Den Umfang des Anpassungslehrgangs legt die Erlaubnisbehörde fest. Der Erfolg eines Anpassungslehrgangs nach § 1 Abs. 3 DV-FahrlG in Verbindung mit Art. 14 der Richtlinie 2005/36/EG kann<
BT-Drucks. 17/7218, S. 48 f., BR-Drucks. 606/11, S. 19,
54§ 1 Abs. 3 Satz 5 DV-FahrlG lautete vormals mit nahezu identischer Begründung:
55„Der Erfolg eines Anpassungslehrgangs nach § 1 Abs. 3 DV-FahrlG kann mit einer Wissenskontrolle überprüft werden“.
56BR-Drucks. 211/11, S. 67 f.
57Hieraus folgt: Die Novellierung stellt eine bloße Anpassung an den Wortlaut der Richtlinie 2005/36/EG dar, ohne jedoch die Befugnis der zuständigen Erlaubnisbehörde, die Erteilung der inländischen Fahrlehrererlaubnis von einer „Wissenskontrolle“ abhängig zu machen, zu beschneiden.
58Das widerspricht nicht den Vorgaben der RL 2005/36/EG. Denn nach deren Erwägungsgrund 11 sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit behalten, das Mindestniveau der notwendigen Qualifikation festzulegen, um die Qualität der in ihrem Hoheitsgebiet erbrachten Leistungen zu sichern. Trotz des allgemeinen Systems gegenseitiger Anerkennung kann ein Mitgliedstaat jeder Person, die einen Beruf in diesem Mitgliedstaat ausübt, spezifische Erfordernisse vorschreiben, die durch die Anwendung der im allgemeinen Interesse gerechtfertigten Berufsregeln begründet sind. Das entspricht auch den deutschen verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes, wonach die Berufsausübung durch Gesetze geregelt - und damit auch im Interesse der Allgemeinheit durch subjektive Anforderungen eingeschränkt - werden kann. Unterschiedliche Berufsqualifikationen rechtfertigen auch eine unterschiedliche Anerkennungspraxis.
59Vgl. VG Köln, a.a.O. unter Hinweis auf OVG NRW, Beschluss vom 26. Juni 2008 - 13 A 2132/03 -, PflR 2008, 452.
60Dies beinhaltet jedenfalls die Befugnis der Erlaubnisbehörde – hier der Antragsgegnerin –, eine Prüfung zu verlangen und den Prüfer zu bestimmen. Diese kann und muss sich mit Blick auf den in Art. 14 der Richtlinie 2005/36/EG explizit vorgesehenen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem Sinn des Anpassungslehrgangs entsprechend darauf beschränken, lediglich die nachgeholten, bisher fehlenden Ausbildungsteile zu beinhalten. Es ist daher grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die Erlaubnisbehörde von dieser Befugnis Gebrauch macht und die Stoffvermittlung aus dem Anpassungslehrgang einer zusätzlichen Leistungskontrolle bei dem Fahrlehrerprüfungsausschuss unterwirft. Hiervon ging offenbar auch die Ausbildungsstätte („F. GmbH“) selbst aus, nach deren Auskunft die schriftlichen Leistungskontrollen gerade der Vorbereitung auf die Prüfung durch die Bezirksregierung dienten.
61Eine solche Auslegung entspricht auch dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung des Qualitätsstandards und eines Höchstmaßes an Sicherheit im Straßenverkehr.
62Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes wegen der sinngemäß gerügten Ungleichbehandlung des Antragstellers mit anderen Inhabern österreichischer Fahrlehrerlaubnisse, denen eine Fahrlehrererlaubnis gemäß § 2a FahrlG von anderen Erlaubnisbehörden nach bloßer Teilnahme an einem Anpassungslehrgang erteilt wurde, scheidet bereits deshalb aus, weil Art. 3 Abs. 1 GG jeweils nur Bindungswirkung für den jeweiligen Hoheitsträger innerhalb seines Herrschaftsbereichs entfaltet.
63Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. November 2002 – 2 BvR 1053/98 –, BVerfGE 106, 225 [241, Rn. 48], juris Rn. 48 m.w.N.; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Februar 2014 - 6 A 10959/13 –, juris Rn. 40; VG Düsseldorf, Urteil vom 18. Juli 2013 - 6 K 2604/12 -, juris Rn. 41.
64Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin in anderen Fällen auf eine Prüfung durch den Fahrlehrerprüfungsausschuss verzichtet und stattdessen österreichische Fahrlehrererlaubnisse aufgrund der bloßen Teilnahme an einem Anpassungslehrgang ohne zusätzliche Wissenskontrolle erteilt hätte, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
65Der Antragsteller hat auch keine Eignungsprüfung abgelegt (vgl. § 1 Abs. 3 und 4 DVFahrlG). Eine Rückausnahme von diesen Erfordernissen nach § 1 Abs. 5 DVFahrlG kommt wegen der lediglich erworbenen österreichischen Fahrlehrerlaubnis von vornherein nicht in Betracht.
66Vgl. Liste des Bundesverkehrsministeriums gem. § 1 Abs. 9 DVFahrlG, abgedruckt in: Deutsche Fahrlehrerakademie, Datensammlung und Auswertung der Anforderungen an Ausbildung und Prüfung von Fahrlehrern in Europa, Stand: 15.07.2009, Bl. 13, und zwar zur österreichischen Fahrschullehrerberechtigung, abrufbar unter: www.deutsche-fahrlehrer-akademie.de.
67Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
68Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2, 63 Abs. 3 Satz 1 GKG. Weil der Antrag zumindest teilweise auf eine sog. Vorwegnahme der Hauptsache zielte, bestand – entsprechend der Empfehlung in Ziffer 1.5 Satz 2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit von 2013 – kein Anlass, den für das Hauptsacheverfahren maßgebenden Streitwert auf die Hälfte zu reduzieren.
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(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) In dem Antrag auf Erteilung der Fahrlehrerlaubnis hat der Bewerber anzugeben, für welche Fahrlehrerlaubnisklasse er die Fahrlehrerlaubnis erwerben will. Dem Antrag sind beizufügen:
- 1.
ein amtlicher Nachweis über Ort und Tag der Geburt, - 2.
ein Lebenslauf, - 3.
ein Zeugnis oder ein Gutachten über die Erfüllung der von Bewerbern um eine Fahrerlaubnis der Klasse C1 geforderten Anforderungen an die körperliche und geistige Eignung und eine Bescheinigung oder ein Zeugnis über die Erfüllung der von Bewerbern um eine Fahrerlaubnis der Klasse C1 geforderten Anforderungen an das Sehvermögen, die bei Antragstellung nicht älter als ein Jahr sind, - 4.
eine Ablichtung des nach dem 1. Januar 1999 ausgestellten Kartenführerscheins; sie muss amtlich beglaubigt sein, wenn der Führerschein nicht zur Einsichtnahme vorgelegt wird, - 5.
ein Nachweis über die nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 geforderte Vorbildung, - 6.
eine Bescheinigung der amtlich anerkannten Fahrlehrerausbildungsstätte über die Dauer der durchgeführten Ausbildung nach § 7, - 7.
dem Antrag auf Erteilung der Fahrlehrerlaubnis der Klasse BE zusätzlich eine Bescheinigung der Ausbildungsfahrschule über die Dauer der durchgeführten Ausbildung nach § 7.
(2) Der Nachweis nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 kann auch durch einen Führerschein mit den gültigen und nach dem 31. Dezember 1998 erworbenen Fahrerlaubnisklassen C1, C1E, C, CE, D1, D1E, D oder DE erbracht werden.
(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2 Satz 1, kann die nach Landesrecht zuständige Behörde die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anordnen, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung begründen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von
- 1.
einem für die Fragestellung zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation, - 2.
einem Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung, - 3.
einem Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“, - 4.
einem Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder - 5.
einem Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 der Fahrerlaubnis-Verordnung erfüllt,
(4) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung kann
- 1.
zur weiteren Klärung von Eignungszweifeln nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 oder Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 bis 4 oder - 2.
zur Klärung, ob die für die Ausübung des Fahrlehrerberufs notwendige Zuverlässigkeit besteht,
(5) Der Bewerber hat ferner ein Führungszeugnis im Sinne des § 30a Absatz 1 Nummer 1 des Bundeszentralregistergesetzes nach Maßgabe des § 30 Absatz 5 des Bundeszentralregistergesetzes vorzulegen, das nicht älter als drei Monate sein darf.
(6) Zur Prüfung der Voraussetzungen nach § 2 Absatz 1 Nummer 4 hat die nach Landesrecht zuständige Behörde auf Kosten des Bewerbers eine Auskunft aus dem Fahreignungsregister einzuholen. Die sich auf die Ausbildung nach § 7 beziehenden Bescheinigungen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 und 7 sind nach Abschluss der Ausbildung nachzureichen.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Wer Personen ausbildet, die eine Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen nach § 2 des Straßenverkehrsgesetzes erwerben wollen (Fahrschüler), bedarf der Fahrlehrerlaubnis oder der Anwärterbefugnis. Die Fahrlehrerlaubnis wird auf Antrag in der Fahrlehrerlaubnisklasse BE und zusätzlich in den Fahrlehrerlaubnisklassen A, CE und DE erteilt. Bewerber um die Fahrlehrerlaubnis der Klasse BE erhalten zunächst eine Anwärterbefugnis nach § 9.
(2) Die Fahrlehrerlaubnis wird in folgendem Umfang erteilt:
- 1.
Die Fahrlehrerlaubnisklasse BE berechtigt zur Ausbildung in den Fahrerlaubnisklassen B, BE und L. - 2.
Die Fahrlehrerlaubnisklasse A berechtigt zur Ausbildung in den Fahrerlaubnisklassen AM, A1, A2 und A. - 3.
Die Fahrlehrerlaubnisklasse CE berechtigt zur Ausbildung in den Fahrerlaubnisklassen C1, C1E, C, CE und T. - 4.
Die Fahrlehrerlaubnisklasse DE berechtigt zur Ausbildung in den Fahrerlaubnisklassen D1, D1E, D und DE.
(3) Jede Fahrlehrerlaubnis und jede Anwärterbefugnis berechtigt zur Durchführung des allgemeinen Teils des theoretischen Unterrichts jeder Fahrerlaubnisklasse.
(4) Von der Fahrlehrerlaubnis darf nur zusammen mit der Fahrschulerlaubnis oder im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses mit dem Inhaber einer Fahrschule Gebrauch gemacht werden. Von der Anwärterbefugnis darf nur unselbstständig im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses mit dem Inhaber einer Fahrschule Gebrauch gemacht werden. Im Fall des § 44 Absatz 1 gilt die Gebietskörperschaft, welche die Fahrschule eingerichtet hat, als deren Inhaber. Von der Fahrlehrerlaubnis mit einem Zusatz nach § 3 Absatz 1 Satz 2 darf nur zur vorübergehenden und gelegentlichen Ausbildung von Fahrschülern Gebrauch gemacht werden.
(1) In dem Antrag auf Erteilung der Fahrlehrerlaubnis hat der Bewerber anzugeben, für welche Fahrlehrerlaubnisklasse er die Fahrlehrerlaubnis erwerben will. Dem Antrag sind beizufügen:
- 1.
ein amtlicher Nachweis über Ort und Tag der Geburt, - 2.
ein Lebenslauf, - 3.
ein Zeugnis oder ein Gutachten über die Erfüllung der von Bewerbern um eine Fahrerlaubnis der Klasse C1 geforderten Anforderungen an die körperliche und geistige Eignung und eine Bescheinigung oder ein Zeugnis über die Erfüllung der von Bewerbern um eine Fahrerlaubnis der Klasse C1 geforderten Anforderungen an das Sehvermögen, die bei Antragstellung nicht älter als ein Jahr sind, - 4.
eine Ablichtung des nach dem 1. Januar 1999 ausgestellten Kartenführerscheins; sie muss amtlich beglaubigt sein, wenn der Führerschein nicht zur Einsichtnahme vorgelegt wird, - 5.
ein Nachweis über die nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 geforderte Vorbildung, - 6.
eine Bescheinigung der amtlich anerkannten Fahrlehrerausbildungsstätte über die Dauer der durchgeführten Ausbildung nach § 7, - 7.
dem Antrag auf Erteilung der Fahrlehrerlaubnis der Klasse BE zusätzlich eine Bescheinigung der Ausbildungsfahrschule über die Dauer der durchgeführten Ausbildung nach § 7.
(2) Der Nachweis nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 kann auch durch einen Führerschein mit den gültigen und nach dem 31. Dezember 1998 erworbenen Fahrerlaubnisklassen C1, C1E, C, CE, D1, D1E, D oder DE erbracht werden.
(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2 Satz 1, kann die nach Landesrecht zuständige Behörde die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anordnen, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung begründen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von
- 1.
einem für die Fragestellung zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation, - 2.
einem Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung, - 3.
einem Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“, - 4.
einem Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder - 5.
einem Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 der Fahrerlaubnis-Verordnung erfüllt,
(4) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung kann
- 1.
zur weiteren Klärung von Eignungszweifeln nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 oder Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 bis 4 oder - 2.
zur Klärung, ob die für die Ausübung des Fahrlehrerberufs notwendige Zuverlässigkeit besteht,
(5) Der Bewerber hat ferner ein Führungszeugnis im Sinne des § 30a Absatz 1 Nummer 1 des Bundeszentralregistergesetzes nach Maßgabe des § 30 Absatz 5 des Bundeszentralregistergesetzes vorzulegen, das nicht älter als drei Monate sein darf.
(6) Zur Prüfung der Voraussetzungen nach § 2 Absatz 1 Nummer 4 hat die nach Landesrecht zuständige Behörde auf Kosten des Bewerbers eine Auskunft aus dem Fahreignungsregister einzuholen. Die sich auf die Ausbildung nach § 7 beziehenden Bescheinigungen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 und 7 sind nach Abschluss der Ausbildung nachzureichen.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Tenor
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Mainz vom 17. Mai 2013 wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Der 1959 geborene Kläger begehrt die Aufnahme in das Versorgungswerk der Beklagten.
- 2
Er war bis 1999 im Zuständigkeitsbereich der Zahnärztekammer Nordrhein als Zahnarzt tätig und von 1992 bis 1999 im dortigen Versorgungswerk beitragspflichtig. Seine erneute Aufnahme lehnt das Versorgungswerk der Zahnärztekammer Nordrhein mit der Begründung ab, er sei dort zum 1. April 2000 auf eigenen Antrag nicht nur von der Beitragspflicht, sondern auch von der Mitgliedschaft befreit worden.
- 3
Seit November 2011 ist der Kläger als angestellter Zahnarzt im Zuständigkeitsbereich der Beklagten deren Pflichtmitglied. Die Beklagte lehnte eine Teilnahme des Klägers an ihrer Versorgungsanstalt ab und berief sich hierzu auf § 11 Nr. 2 ihrer Satzung. Danach nimmt ein Pflichtmitglied der Landeszahnärztekammer Rheinland-Pfalz nicht an der Versorgungsanstalt teil, wenn es bei Erwerb der Kammermitgliedschaft das 50. Lebensjahr (in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung: das 45. Lebensjahr) bereits vollendet hat, es sei denn, das Mitglied fällt unter den persönlichen Geltungsbereich nach Art. 2 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 und ist nicht zugleich Mitglied einer entsprechenden Versorgungseinrichtung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union.
- 4
Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat der Kläger Klage erhoben und vorgetragen, die Altersgrenze in der Satzung der Versorgungsanstalt der Beklagten verstoße gegen höherrangiges Recht, nämlich gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz. Zwischen den Versorgungswerken bestünden Überleitungsabkommen. Mit deren Abschluss sei es zur Sicherung des offenen Deckungsplanverfahrens nicht mehr notwendig, die Altersgrenze aufrecht zu erhalten. Im Gegenteil: Diese laufe der Durchführung der Überleitungsabkommen zuwider.
- 5
Der Kläger hat beantragt,
- 6
den Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2011 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
- 7
Die Beklagte hat beantragt,
- 8
die Klage abzuweisen.
- 9
Sie hat vorgetragen, der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht verletzt. Das Versorgungswerk werde nach dem offenen Deckungsplanverfahren finanziert, so dass die Aufnahme älterer Teilnehmer versicherungsmathematisch nachteilig sei.
- 10
Mit Urteil vom 17. Mai 2013 hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Aufnahme als Pflichtmitglied unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Die Vorschrift des § 11 Nr. 2 der Satzung der Versorgungsanstalt verstoße gegen höherrangiges Recht und sei damit unwirksam. Dies folge aus der Ungleichbehandlung des Klägers mit Zahnärzten aus dem EU-Ausland, die in den Geltungsbereich der Satzung wechselten. Die Ungleichbehandlung sei durch tragfähige Sachgründe nicht gerechtfertigt und verstoße deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Sofern die Rechtsprechung bislang einen sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung deutscher und europäischer Zuwanderer anerkannt habe, sei sie davon ausgegangen, dass bei deutschen Zahnärzten – anders als im Falle eines EU-Ausländers – keine Proratisierung stattfinde. Das sei aber nicht mehr der Fall, nachdem die deutschen heilberuflichen Versorgungswerke auf das strenge Lokalitätsprinzip umgestellt und untereinander Überleitungsabkommen abgeschlossen hätten.
- 11
Zur Begründung ihrer hiergegen gerichteten und vom Senat zugelassenen Berufung macht die Beklagte im Wesentlichen geltend, aufgrund der zwingenden Regelung in der Verordnung (EG) 883/2004 müssten EU-Ausländer unabhängig vom Alter in die jeweiligen Versorgungswerke aufgenommen werden. Die Altersgrenze diene im offenen Deckungsplanverfahren einem legitimen Zweck. Das Verwaltungsgericht verstehe den Begriff der Proratisierung falsch, wenn es sie mit dem Lokalitätsprinzip verknüpfe.
- 12
Die Beklagte beantragt,
- 13
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Mainz vom 17. Mai 2013 die Klage abzuweisen.
- 14
Der Kläger beantragt,
- 15
die Berufung zurückzuweisen
- 16
und verteidigt unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags das angefochtene Urteil.
- 17
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
- 18
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
- 19
Der Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dieser hat keinen Anspruch auf erneute Entscheidung über seinen Antrag auf Aufnahme in das Versorgungswerk der Beklagten (§ 113 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –).
- 20
Der Teilnahme des Klägers an der Versorgungsanstalt der Beklagten steht § 11 Nr. 2 der Satzung der Versorgungsanstalt bei der Beklagten (im Folgenden: Satzung) entgegen. Danach nehmen alle Pflichtmitglieder der Landeszahnärztekammer Rheinland-Pfalz an der Versorgungsanstalt teil, ausgenommen diejenigen Mitglieder, die bei Erwerb der Kammermitgliedschaft das 50. Lebensjahr bereits vollendet haben, es sei denn das Mitglied fällt unter den persönlichen Geltungsbereich nach Art. 2 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 und ist nicht zugleich Mitglied einer entsprechenden Versorgungseinrichtung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union. Diese Vorschrift ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Insbesondere hält sie – entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts – einer verfassungsrechtlichen Überprüfung am Maßstab des allgemeinen Gleichheitssatzes stand (I.). Auch unter dem Blickwinkel des Europarechts (II.) und des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (III.) ist die Regelung nicht zu beanstanden.
I.
- 21
Die Altersgrenze in § 11 Nr. 2 der Satzung ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz – GG – und Art. 17 Abs. 1 der Verfassung für Rheinland-Pfalz – LV –) vereinbar.
- 22
Die Vorschrift bewirkt unter verschiedenen Aspekten eine Ungleichbehandlung: Zum einen werden über 50jährige Inländer und unter 50jährige Inländer ungleich behandelt (sogenannte Altersdifferenzierung, dazu 1.). Des Weiteren werden über 50jährige Inländer und über 50jährige EU-Ausländer ungleich behandelt (sogenannte Inländerdiskriminierung, dazu 2.), und schließlich werden über 50jährige Zahnärzte, die aus dem Zuständigkeitsbereich der Beklagten in den Bereich eines anderen Versorgungswerkes (z.B. den des Versorgungswerkes der Zahnärztekammer Nordrhein) wechseln, anders behandelt als über 50jährige Zahnärzte, die einen umgekehrten Wechsel vollziehen (dazu 3.). Keine dieser Differenzierungen führt im Ergebnis zu einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes.
- 23
1. Die Ungleichbehandlung von über 50jährigen Inländern und unter 50jährigen Inländern ist nach Maßgabe des allgemeinen Gleichheitssatzes gerechtfertigt.
- 24
a) Dieser gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Aus ihm ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet nicht nur, dass die Ungleichbehandlung an ein der Art nach sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungskriterium anknüpft, sondern verlangt auch für das Maß der Differenzierung einen inneren Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht erweist. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG, Kammerbeschluss vom 3. Juni 2013 – 1 BvR 131/13 u.a. –, juris, Rn. 11 ff. m.w.N.).
- 25
b) An diesem Maßstab gemessen liegt keine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes vor, denn die hier in Rede stehende Altersdifferenzierung ist sachlich gerechtfertigt mit dem allgemeinen Interesse an der Funktions- und Leistungsfähigkeit der Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung, die vom Versorgungswerk der Beklagten zu gewährleisten ist.
- 26
aa) Das Versorgungswerk der Beklagten finanziert sich nach einem sogenannten modifizierten offenen Deckungsplanverfahren. Kennzeichnend für dieses zwischen dem reinen Kapitaldeckungsprinzip und dem Umlageverfahren angesiedelte Modell ist, dass die dauernde Leistungsfähigkeit der Versorgungseinrichtung sichergestellt wird, indem in der versicherungstechnischen Bilanz unter Einbeziehung der zu erwartenden Neuzugänge die künftigen Leistungen dem im gleichen Zeitraum vorhandenen Vermögen und den zu erwartenden Beiträgen gegenübergestellt werden (s. bereits OVG RP, Urteil vom 14. Dezember 2011 – 6 C 11098/11.OVG –, ESOVG, sowie BVerwG, Urteil vom 21. September 2005 – 6 C 3/05 –, juris, Rn 28 m.w.N.). Es besteht beim offenen Deckungsplanverfahren also keine exakte Äquivalenz zwischen Beitrag und Leistung jedes einzelnen Mitgliedes, sondern lediglich eine Äquivalenz zwischen den Beiträgen und den Leistungen aller Mitglieder insgesamt („Gruppenäquivalenz“). Dementsprechend ist es in der Rechtsprechung zu Recht anerkannt, dass Altersgrenzen geeignet sind, zur finanziellen Stabilität von Versorgungswerken beizutragen, die sich nach dem offenen Deckungsplanverfahren finanzieren. Denn je später Beitragszahlungen in diesem Versorgungssystem erfolgen, desto mehr belasten sie dessen Finanzierung, weil sich keine Zinsvorteile aus einer längeren Verweildauer mehr ergeben können, die den leistungsberechtigten Teilnehmern zugute kämen (vgl. VGH BW, Urteil vom 1. September 2009 – 9 S 576/08 –, juris, Rn. 37; VG Stuttgart, Urteil vom 9. Februar 2001 – 4 K 3265/00 –, juris; VG Karlsruhe, Urteil vom 26. Juni 2007 – 5 K 2394/05 –, juris; VG Freiburg, Urteil vom 13. März 2013 – 1 K 454/11 – juris).
- 27
Dass die Finanzierung des Versorgungswerkes der Beklagten im Grundsatz - modifiziert durch eintrittsaltersabhängige Multiplikatoren (vgl. § 22 Abs. 2 der Satzung) - diesem Modell folgt, ist zwischen den Beteiligten unstreitig und findet seinen Niederschlag insbesondere in § 22 Abs. 1 und 5 sowie in § 22 Abs. 6 in Verbindung mit § 17 Abs. 8 der Satzung. Insbesondere wird gemäß § 22 Abs. 5 Satz 1 der Satzung der Punktwert alle 3 Jahre so berechnet, dass zu Beginn des entsprechenden Jahres die künftigen Einnahmen und der vorhandene Ausgleichsstock einschließlich der Zinsen ausreichen, die künftigen Verpflichtungen gemäß § 24 Abs. 2 zu erfüllen. Zudem wird die Gesamtleistungszahl aus der Summe der Jahresleistungszahlen grundsätzlich unabhängig vom Zeitpunkt der Beitragsleistung gebildet (vgl. § 17 Abs. 8 der Satzung).
- 28
bb) Dies zugrunde gelegt ist die Altersgrenze in § 11 Nr. 2 der Satzung – an deren Geeignetheit zur Gewährleistung der Stabilität des Finanzierungssystems der Beklagten keine Zweifel bestehen – erforderlich und angemessen. Dem Satzungsgeber kommt insoweit ein Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu, der nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Insbesondere ist es nicht Sache der Gerichte zu entscheiden, ob der Satzungsgeber die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. entsprechend zum Sozialversicherungsrecht BVerfG, Kammerbeschluss vom 3. Juni 2013 – 1 BvR 131/13 u.a. –, juris, Rn. 14).
- 29
cc) Die Erforderlichkeit der Altersdifferenzierung in § 11 Nr. 2 der Satzung wird auch nicht durch den Abschluss von Überleitungsabkommen zwischen den einzelnen Versorgungswerken infrage gestellt.
- 30
(1) Das folgt für den Personenkreis, der – wie der Kläger – nicht unmittelbar aus dem Zuständigkeitsbereich einer anderen Zahnärztekammer in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten wechselt, sondern der hier eine Kammermitgliedschaft (erstmals oder nach vorangehender Aufgabe einer früheren Kammermitgliedschaft) neu begründet, schon daraus, dass insoweit der Anwendungsbereich der Überleitungsabkommen nicht eröffnet ist. Nach § 1 des Überleitungsabkommens zwischen dem Versorgungswerk der Zahnärztekammer Nordrhein, Düsseldorf (VZN) und der Versorgungsanstalt der Beklagten vom 8. April 2013 (zuvor: vom 7. Dezember 2004; im Folgenden: Überleitungsabkommen) regelt dieses die Überleitung der bisher entrichteten Geldleistungen nur für solche Mitglieder, die aus der abgebenden Versorgungseinrichtung ausgeschieden sind, weil sie durch die Aufnahme einer Tätigkeit in der aufnehmenden Versorgungseinrichtung Mitglied geworden sind. Nicht erfasst sind daher Fälle, in denen das betreffende Mitglied, wie hier der Kläger, bereits vor dem Wechsel des Zuständigkeitsbereichs aus der abgebenden Versorgungseinrichtung - aus welchen Gründen auch immer - ausgeschieden war.
- 31
(2) Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob – wie das Verwaltungsgericht angenommen hat – die betreffenden Überleitungsabkommen tatsächlich von einer uneingeschränkten Geltung des Lokalitätsprinzips und von einer Proratisierung ausgehen.
- 32
Dagegen spricht allerdings, dass nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Überleitungsabkommens zwischen der Beklagten und dem VZN die Überleitung ausgeschlossen ist, sofern das Mitglied in dem Zeitpunkt, in dem es die Mitgliedschaft in der aufnehmenden Versorgungseinrichtung erwirbt, das 50. Lebensjahr bereits vollendet hat. Das Überleitungsabkommen geht also zwar einerseits davon aus, dass über 50jährigen Zahnärzten ein Wechsel des Versorgungswerkes durchaus noch möglich ist, andererseits ist in diesen Fällen die Überleitung der Beiträge gerade ausgeschlossen. Das bedeutet, dass die geleisteten Beiträge beim abgebenden Versorgungswerk verbleiben und auch die entsprechenden Rechte und Pflichten des Mitgliedes im Verhältnis zu diesem Versorgungswerk weiter bestehen bleiben.
- 33
Zudem sieht auch die Satzung des VZN in § 16 Abs. 3 eine Fortführung der Beitragszahlung vor, wenn das den Kammerbereich wechselnde Mitglied nicht beitragspflichtig in der nunmehr zuständigen Versorgungseinrichtung werden kann. Unter Durchbrechung des Lokalitätsprinzips besteht also auch hier die Möglichkeit einer Fortsetzung der Mitgliedschaft im VZN trotz des Wechsels der Kammermitgliedschaft. Dass dem Kläger diese Möglichkeit verwehrt bleibt, liegt allein daran, dass das VZN auf dem Standpunkt steht, der Kläger habe seine dortige Mitgliedschaft – völlig unabhängig von dem hier in Rede stehenden Wechsel des Zuständigkeitsbereichs – bereits zum 1. April 2000 beendet.
- 34
(3) Aber selbst wenn das Überleitungsabkommen zwischen der Beklagten und dem VZN so auszulegen wäre, dass das Versorgungswerk der Beklagten aufgrund der Vereinbarung des Lokalitätsprinzips und der anteiligen Aufrechterhaltung der im abgebenden Versorgungswerk erworbenen Anwartschaften dazu verpflichtet sei, über 50jährige Teilnehmer aus dem Bezirk der Zahnärztekammer aufzunehmen, könnten die einzelnen betroffenen Kammermitglieder hieraus keine subjektiv-öffentlichen Rechte auf Aufnahme in das Versorgungswerk der Beklagten ableiten. Denn bei dem Überleitungsabkommen handelt es sich lediglich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen den beteiligten Versorgungseinrichtungen, der von diesen nach § 7 ohne Weiteres mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines jeden Kalenderjahres durch eingeschriebenen Brief gekündigt werden kann. Ein durchsetzbarer Anspruch einzelner Mitglieder auf Änderung von Satzungsregelungen der beteiligten Versorgungswerke kann daraus hingegen nicht hergeleitet werden. Dies gilt zumal im Falle des Klägers, der bereits deshalb nicht in den Anwendungsbereich eines Überleitungsabkommens fällt, weil er – wie bereits erwähnt – aus dem VZN bereits im Jahr 2000 ausgeschieden ist.
- 35
2. Auch der von § 11 Nr. 2 der Satzung ebenfalls bewirkten Besserstellung von über 50jährigen EU-Ausländern gegenüber über 50jährigen Inländern (sogenannte Inländerdiskriminierung) steht der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 17 Abs. 1 LV nicht entgegen.
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a) So scheidet eine Verletzung nationalen Verfassungsrechts unter dem Gesichtspunkt der Inländerdiskriminierung bereits deshalb aus, weil eine auf zwingenden Vorgaben beruhende Umsetzung des Rechtes der Europäischen Union nicht am Maßstab nationaler Grundrechte gemessen werden kann, auch wenn der Umsetzungsakt Ausübung deutscher Staatsgewalt ist (BVerfG, Beschluss vom 13. März 2007 – 1 BvF 1/05 – BVerfGE 118, 79 [95]; BVerfG, Urteil vom 24.4.2013 – 1 BvR 1215/07 –, NJW 2013, 1499 [1500]; dahingehend speziell zu Art. 3 Abs. 1 GG wohl auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 1. Oktober 2004 – 1 BvR 2221/03 –, NJW 2005, 737 [738]). Zur Beseitigung einer Ungleichbehandlung durch zwei unterschiedliche Normgeber ist der deutsche Gesetzgeber gemäß Art. 3 Abs. 1 GG nämlich nicht verpflichtet (BVerfG, Beschluss vom 8. Juni 2004 – 2 BvL 5/00 –, BVerfGE 110, 412 [439, Rn. 83]).
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Hier besaß die Beklagte bei der Entscheidung über die Öffnung der Mitgliedschaft für über 50jährige EU-Ausländer keinen Spielraum, sondern kam damit lediglich ihrer Verpflichtung aus der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 (ABl. v. 30.4.2004 L 166/1) nach, welche die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (ABl. L 149 vom 5.7.1971, S. 1) ersetzt hat. Da es danach für die berufsständischen Versorgungswerke keinen entsprechenden Vorbehalt mehr gibt (vgl. noch die Verordnung EWG 1408/71, Anhang II [I.]), ist diese Koordinierungsverordnung auf die berufsständische Versorgung anwendbar (vgl. auch § 1 Nr. 1 und § 3 des Gesetzes zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in Europa, BGBl. I 2011, 1202). Die Verordnung dient dem Ziel des freien Personenverkehrs innerhalb der Union (vgl. Erwägungsgründe [1] und [3] Satz 3 sowie [15] und [45] der Verordnung). Eine Ausnahme der Koordinierung der Systeme im Hinblick auf ältere Unionsbürger sieht sie nicht vor, so dass anzunehmen ist, dass eine Altersgrenze in einem berufsständischen Versorgungswerk die effektive Durchsetzung dieser Verordnung bzw. allgemeiner die Freizügigkeit, die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit unzulässig behindern würde (vgl. auch Fuchs, Europäisches Sozialrecht, 6. Aufl. 2013, Art. 51 VO [EG] Nr. 883/2004, Rn. 8).
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b) Aber selbst wenn man Art. 3 Abs. 1 GG sowie Art. 17 Abs. 1 LV grundsätzlich auch in Fällen der sogenannten Inländerdiskriminierung für anwendbar hielte, stellten die unionsrechtlichen Vorgaben jedenfalls einen gewichtigen sachlichen Grund dar, der eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen würde, je nachdem, ob es um die Durchsetzung einer im innerstaatlichen Recht oder im Gemeinschaftsrecht wurzelnden Rechtsposition geht. Ein gewichtiger sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung liegt unter diesem Blickwinkel in der Tatsache begründet, dass der nationale Gesetzgeber in seiner Gestaltungsfreiheit für die EU-Ausländer durch Europarecht gebunden war (BVerwG, Urteil vom 31. August 2011 – 8 C 9/10 –, BVerwGE 140, 276 [287, Rn 44]; s. auch bereits OVG RP, Beschluss vom 3. Februar 1988 – 13 B 308/87 –, NJW 1988, 1477; Kokott, DV 31 [1998], S. 335 [368]; Jochum/Hailbronner, Europarecht II, 2006, Rn. 292 ff.). Insoweit genügt als gewichtiger sachlicher Rechtfertigungsgrund für die Ungleichbehandlung von Inländern die Tatsache, dass die vom Unionsrecht erfassten Sachverhalte einerseits und die dem nationalen Recht verbleibenden Bereiche andererseits sich sachlich unterscheiden (vgl. Gundel, DVBl. 2007, 269 [22]; Albers, JZ 2008, 708 [713]; Ehlers, in: ders./Becker (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 3. Aufl. 2009, § 7 Rn. 24). Verpflichtete nämlich Art. 3 Abs. 1 GG zur Gleichbehandlung der rein inländischen Sachverhalte mit den unionsrechtlich geprägten Konstellationen, würde er eine unionsrechtlich veranlasste Angleichung des innerstaatlichen deutschen Rechts in Sachbereichen bewirken, in denen der Europäischen Union gar keine Kompetenzen zustehen (Albers, JZ 2008, 708 [713]). Eine Grundrechtsverletzung durch die Besserstellung von EU-Ausländern gegenüber Inländern kommt daher insoweit allenfalls dann in Betracht, wenn das vom nationalen Gesetzgeber verfolgte Regelungsziel wegen der Ausklammerung der EU-Ausländer ohnehin nicht mehr erreichbar wäre (vgl. Ehlers, in: ders./Becker [Hrsg.], Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 3. Aufl. 2009, § 7 Rn. 24).
- 39
Nach diesen Maßstäben wäre der aus der Verordnung (EG) 883/2004 folgende Anspruch über 50jähriger EU-Ausländer auf Aufnahme in das Versorgungswerk der Beklagten allenfalls dann kein ausreichender Rechtfertigungsgrund für eine Ungleichbehandlung der über 50jährigen Inländer, wenn das mit § 11 Nr. 2 der Satzung verfolgte Regelungsziel wegen der Ausklammerung der EU-Ausländer ohnehin nicht mehr erreichbar wäre. Dafür bestehen aber keine Anhaltspunkte. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass das Regelungsziel der Altersgrenze in § 11 Nr. 2 der Satzung – die Stabilität der Finanzierung des Versorgungswerkes – wegen der Ausklammerung der EU-Ausländer nicht mehr erreichbar wäre. Vielmehr hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, dass von 2005 bis zum Mai 2013 lediglich 5 Teilnehmer aus einem EU-Staat in den Bereich der Beklagten übergesiedelt sind, die älter als 45 Jahre waren. Danach ist ein nennenswerter Einfluss der Aufnahme älterer EU-Ausländer auf das Finanzierungssystem des Versorgungswerkes der Beklagte ausgeschlossen.
- 40
3. Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes wegen der von dem Kläger gerügten Ungleichbehandlung von über 50jährigen Zahnärzten, die in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten wechseln, mit über 50jährigen Zahnärzten, die ihre Tätigkeit in den Bereich anderer Zahnärztekammern verlagern, scheidet schon deshalb aus, weil Art. 3 Abs. 1 GG und entsprechend Art. 17 Abs. 1 LV jeweils nur Bindungswirkung für den jeweiligen Hoheitsträger innerhalb seines Herrschaftsbereichs entfaltet (st. Rspr., vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 7. November 2002 – 2 BvR 1053/98 –, BVerfGE 106, 225 [241, Rn. 48] m.w.N.).
II.
- 41
Durchgreifende europarechtliche Bedenken gegen die Regelung in § 11 Nr. 2 der Satzung des Versorgungswerkes der Beklagten bestehen ebenfalls nicht.
- 42
1. Die Altersgrenze ist insbesondere mit den Vorgaben der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (Abl. L 303/16) vereinbar. Es spricht zwar alles dafür, dass der Anwendungsbereich dieser Richtlinie im Falle einer Altersgrenze für die Aufnahme in ein berufsständisches Versorgungswerk auch unabhängig von dem Vorliegen eines grenzüberschreitenden Bezugs eröffnet ist (anders VGH BW, Urteil vom 1. September 2009 – 9 S 576/08 –, juris, Rn. 39 f.).
- 43
Die darin liegende Ungleichbehandlung wegen des Alters ist aber jedenfalls gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie gerechtfertigt. Nach dieser Vorschrift können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sind. Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie stellt klar, dass bei betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit die Festsetzung von Altersgrenzen als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität keine Diskriminierung wegen des Alters darstellt, solange dies nicht zu Diskriminierungen wegen des Geschlechts führt. Entsprechendes muss für die hier in Rede stehende Altersgrenze in § 11 Nr. 2 der Satzung gelten, denn dieser liegen die gleichen – legitimen – sozialpolitischen Ziele der Allgemeinheit (s. zu diesem Erfordernis EuGH, Urteil vom 13. September 2011 – C-447/09 [Prigge] –, Rn. 80 ff.) zugrunde, nämlich das Funktionieren der berufsständischen Versorgung durch eine Risikobegrenzung im Interesse der Solidargemeinschaft (vgl. bereits OVG RP, Urteil vom 26. Mai 2010 – 6 A 10320/10.OVG –, ESOVG).
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Nach den vorstehenden Ausführungen (s. unter I.) ist die Altersgrenze in § 11 Nr. 2 der Satzung auch ohne Weiteres angemessen und erforderlich, um dieses Ziel zu erreichen (vgl. zu diesem Erfordernis auch EuGH, Urteil vom 16. Oktober 2007 – C-411/05 [Félix Palacios de la Villa/Cortefiel Servicios SA] –, NJW 2007, 3339 Rn. 71).
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2. Ein Verstoß gegen das unionsrechtliche Diskriminierungsverbot in Art. 18 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV – (ex Art. 12 EG) kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Vorschrift nur im Anwendungsbereich der Verträge gilt, also voraussetzt, dass die angegriffene Regelung dem Vollzug bzw. der Durchführung des Unionsrechts dient oder zumindest im Zusammenhang mit der Ausübung von Grundfreiheiten steht, also einen grenzüberschreitenden Bezug aufweist. Das ist im Falle einer Schlechterstellung von Inländern bei rein inländischen Sachverhalten nicht der Fall (vgl. Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl., Art. 18 Rn. 17 f. und Art. 34 Rn. 39). Insoweit sind allein die nationalen Regelungen, nicht jedoch das Unionsrecht maßgeblich (vgl. EuGH, Urteil vom 23. September 2008 – C-427/06 [Bartsch] –, NJW 2008, 3471 [Rn. 25]).
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Ob das Verbot der Altersdiskriminierung aus Art. 21 Abs. 1 der EU-Grundrechtecharta – GrCh – gemäß Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GrCh anwendbar ist, weil die hier in Rede stehende Satzungsregelung, soweit sie im Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG liegt, der „Durchführung des Rechts der Union“ dient, kann offen bleiben (s. zum Anwendungsbereich der Grundrechtcharta einerseits BVerfG, Urteil vom 24. April 2013 – 1 BvR 1215/07, NJW 2013, 1499 [1500]; andererseits EuGH, 26.2.2013, Rs C-617/10 [Akerberg Fransson]). Da die betreffende Richtlinie eine spezielle Ausgestaltung des Verbotes der Altersdifferenzierung enthält und diese hiernach – wie unter II.1. dargelegt – gerechtfertigt ist, scheidet eine Verletzung jedenfalls aus diesem Grunde aus.
III.
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Eine Verletzung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897) – AGG – ist angesichts der Vereinbarkeit der Satzung mit der Richtlinie 2000/78/EG, deren Umsetzung das AGG dient, ebenfalls ausgeschlossen.
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Dabei kann offen bleiben, ob das AGG auf Fälle der vorliegenden Art überhaupt anwendbar ist, was zweifelhaft ist, weil die Mitglieder der Beklagten als Angehörige eines freien Berufs keine Beschäftigten im Sinne des 2. Abschnitts des AGG sind (vgl. § 6 Abs. 1 AGG), so dass allenfalls eine entsprechende Anwendung gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 AGG in Betracht käme. Zudem bestehen begründete Zweifel an der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für Regelungen, die Auswirkungen auf die Leistungen von Versorgungseinrichtungen der Angehörigen freier Berufe haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2007 – 6 C 27/06 –, BVerwGE 129, 129 [Rn. 35], OVG RP, Urteil vom 26. Mai 2010 – 6 A 10320/10.OVG –, ESOVG m.w.N.).
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Ungeachtet der Anwendbarkeit des AGG steht § 11 Nr. 2 der Satzung vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen aber jedenfalls mit dessen Vorgaben in Einklang. § 11 Nr. 2 der Satzung bewirkt zwar eine Benachteiligung wegen des Alters im Sinne von § 7 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 AGG. Diese ist aber nach § 10 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AGG gerechtfertigt, weil sie – wie bereits oben dargelegt (I. und II.1.) – objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.
IV.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
- 51
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.
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Beschluss
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Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 39.533,60 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.