Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 12. Feb. 2016 - 40 L 132/16.PVL
Tenor
Im Wege der einstweiligen Verfügung wird vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache festgestellt, dass der Beteiligte zu 2) berechtigt ist, an den Sitzungen des Antragstellers teilzunehmen und Aufgaben nach dem Landespersonalvertretungsgesetz NRW für den Antragsteller zu erfüllen.
1
Gründe:
2Das Rubrum war bzgl. der Beteiligten zu 1) nach § 105 Abs. 1 Satz 3 LPVG NRW von Amts wegen zu berichtigen.
3Die Fachkammer entscheidet gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 3 LPVG NRW, § 85 Abs. 2 ArbGG, §§ 937 Abs. 2, 944 ZPO wegen Eilbedürftigkeit ohne mündliche Verhandlung und ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter.
4Der Antrag hat Erfolg.
5Nach den gemäß § 85 Abs. 2 ArbGG entsprechend anwendbaren Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozessordnung kann eine einstweilige Verfügung erlassen werden, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts eines Beteiligten vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 935 ZPO), oder wenn die Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 940 ZPO). Die Gefährdung des Rechts bzw. die Notwendigkeit einer Regelung, d. h. der Verfügungsgrund, und der Verfügungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 920 Abs. 2 ZPO). Darüber hinaus darf die einstweilige Verfügung grundsätzlich nicht mehr zusprechen, als im Hauptsacheverfahren möglich ist, und die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen. Lediglich ausnahmsweise kann es die Effektivität des Rechtsschutzes erfordern, durch eine einstweilige Verfügung der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen, sofern wirksamer Rechtsschutz im ordentlichen Verfahren nicht erreichbar ist und dies für den Antragsteller zu schlechthin unzumutbaren Folgen führen würde, insbesondere wenn die Versagung des Erlasses einer einstweiligen Verfügung zu einem endgültigen Rechtsverlust oder sonstigen irreparablen Zustand führt. Dabei sind die Belange des Antragstellers und des Beteiligten abzuwägen und strenge Anforderungen an die materiellen Voraussetzungen der einstweiligen Verfügung zu stellen.
6Ständige Rspr., vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 11. Juli 2014 – 20 B 236/14.PVL, NWVBl. 2015, 70 m.w.N.
7Diese besonderen Anforderungen für eine die Hauptsache vorwegnehmende einstweilige Verfügung sind für das Begehren des Antragstellers einschlägig, da er eine der Hauptsacheentscheidung – jedenfalls in zeitlicher Hinsicht teilweise – entsprechende Feststellung seiner Mitgliedschaft im Personalrat für das wissenschaftliche und künstlerische Personal verfolgt.
8Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Antragsteller einen Verfügungsanspruch und einen Verfügungsgrund glaubhaft gemacht.
9Dem Antragsteller steht ein Verfügungsanspruch zur Seite, weil der Beteiligte zu 1) – nach der in diesem Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung – ihm und dem Beteiligten zu 2) gegenüber zu Unrecht die Auffassung vertritt, der Beteiligte zu 2) sei nicht (mehr) Mitglied im antragstellenden Personalrat für das wissenschaftliche und künstlerische Personal.
10Nach § 104 LPVG NRW gelten die Vorschriften des LPVG auch für wissenschaftliche Mitarbeiter an den Hochschulen. Der Begriff der Hochschule ist im LPVG NRW nicht definiert. Er knüpft an die Legaldefinition des Hochschulgesetzes NRW an. Soweit nämlich das LPVG fest umrissene Begriffe aus anderen Rechtsgebieten verwendet, ist bei seiner Anwendung von diesen Begriffen auszugehen, wenn kein gesetzlich abweichendes Begriffsverständnis geboten ist.
11Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. August 2012 – 20 A 698/11.PVL, PersR 2012, 515.
12Die Fachhochschule E. , die nach § 1 Abs. 2 ihrer Grundordnung vom 8. Oktober 2015 den Namen „Hochschule E. “ führt, ist nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 HG NRW im hochschulrechtlichen und damit auch im personalvertretungsrechtlichen Sinne eine Hochschule.
13Nach § 105 LPVG NRW werden für die Beschäftigten nach § 104 LPVG NRW besondere Personalvertretungen gebildet, für die die allgemeinen Vorschriften des LPVG NRW gelten. Nach § 26 Abs. 1 lit. f) LPVG NRW erlischt die Mitgliedschaft im Personalrat bei Verlust der Wählbarkeit. Wählbar sind – abgesehen von erst kurzzeitig Beschäftigten – gemäß § 11 Abs. 1, 10 Abs. 1 LPVG NRW alle volljährigen Wahrberechtigten. Unter der Maßgabe der §§ 104, 105 Abs. 1 LPVG NRW sind zum Personalrat für die wissenschaftlichen und künstlerischen Beschäftigten einer Hochschule also u. a. alle wissenschaftlichen Mitarbeiter der Hochschule wahlberechtigt.
14Da auch der Begriff des wissenschaftlichen Mitarbeiters landespersonalvertretungsrechtlich nicht gesondert definiert ist, gilt auch insofern das Verständnis des landesrechtlichen HG NRW. Auf die Bedeutung des Begriffs des „wissenschaftlichen Personals“ in § 1 Abs. 1 Satz 1 des Wissenschaftszeitvertragsgesetz des Bundes, auf den das Arbeitsgericht Düsseldorf in seinem zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) ergangenen rechtskräftigen Urteil vom 13. August 2015 – 10 Ca 2741/15 abgestellt hat, kommt es nicht an, weil dieses lediglich abweichend vom allgemeinen Arbeitsrecht zusätzliche Befristungsmöglichkeiten im Hochschulbereich ermöglicht.
15Vgl. zuletzt: BAG, Urteil vom 29. April 2015 – 7 AZR 519/13 –, ZTR 2015, 665 m.w.N.
16Wer wissenschaftlicher Mitarbeiter einer Fachhochschule ist, ergibt sich aus § 45 HG NRW (in der seit 1. Oktober 2014 geltenden Fassung). Danach gilt: Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Fachhochschulen sind die den Fachbereichen, wissenschaftlichen Einrichtungen oder Betriebseinheiten der Fachhochschulen zugeordneten Bediensteten, denen nach Maßgabe ihres Dienstverhältnisses wissenschaftliche Dienstleistungen in der Lehre und in Forschungs- und Entwicklungsvorhaben obliegen (Absatz 1). Die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Fachhochschulen haben als Dienstleistung die Aufgabe, die Studierenden zu betreuen und anzuleiten, insbesondere im Rahmen von Projekten, Praktika und praktischen Übungen fachliche Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln (Absatz 2 Satz 1). Einstellungsvoraussetzung für die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Fachhochschulen ist ein den vorgesehenen Aufgaben entsprechender Abschluss eines Hochschulstudiums (Absatz 3 Satz 1).
17Nach Aktenlage erfüllt der Beteiligte zu 2) diese Voraussetzungen. Der Beteiligte zu 2) ist Mitarbeiter des Fachbereichs 03 Elektro- und Informationstechnik. Er ist seit dem 28. September 2015 unbefristet beschäftigt. Der Beteiligte zu 2) verfügt als Bachelor of Science zudem über den Abschluss eines Hochschulstudiums (vgl. § 66 Abs. 1 HG NRW). Dieser entspricht den vorgesehenen Aufgaben, wie sie sich aus der Tätigkeitsdarstellung vom 24. April 2015 „nach Vorgabe von Prof. M. “ und der hochschulseitig erstellen Tätigkeitsbewertung vom 31. Juli 2015 ergeben (Beiakte Heft 1, nicht foliiert). Die Beteiligte zu 1) hat dort zusammenfassend festgehalten, dass ein abgeschlossenes einschlägiges Hochschulstudium als Bachelor für die Aufgaben 2, 3 und 5 unter II bis IV nötig ist.
18Zumindest die dort unter 2 und 3 genannten Aufgaben entsprechen denen, die § 45 Abs. 2 Satz 1 HG NRW den wissenschaftlichen Mitarbeitern an Fachhochschulen in erster Linie zuweist. Nach der Tätigkeitsbewertung ist nämlich Aufgabe des Beteiligten zu 2): Unterstützung von Praktika und Übungen für Studierende (30 %) sowie Aufbau und Betreuung von Laborpraktika (5 %). Die Aufgabenbeschreibung erfasst mithin bereits 35 % der Tätigkeiten, die das Gesetz ausdrücklich von wissenschaftlichen Mitarbeitern erwartet. Dem Beteiligten zu 2) obliegt mithin zumindest auch – und zwar mehr als ganz untergeordnet – die Erbringung wissenschaftlicher Dienstleistungen i.S.d. § 45 HG NRW.
19Zumindest im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes geht die Fachkammer davon aus, dass das genügt und dass die vom Fachsenat des OVG NRW für wissenschaftliche Mitarbeiter von Universitäten (§ 44 HG NRW) vorgenommene abstrakte Betrachtung auch für § 45 HG NRW gilt, sodass unerheblich ist, welchen Anteil an seiner Arbeitszeit die wissenschaftliche Tätigkeit des Beteiligten zu 2) tatsächlich einnimmt bzw. wie das Arbeitsverhältnis arbeitsvertraglich bezeichnet oder er tarifvertraglich eingruppiert ist.
20Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. August 2012 – 20 A 698/11.PVL, PersR 2012, 515.
21Nach Auffassung des Fachsenats sind für die Zuordnung zum Personenkreis der wissenschaftlichen Mitarbeiter an Universitäten zwei Voraussetzungen notwendig, zum einen die Zuordnung des Mitarbeiters zu bestimmten Organisationseinheiten, nämlich den Fachbereichen, den wissenschaftlichen Einrichtungen oder Betriebseinheiten, und zum anderen die Aufgabe, wissenschaftliche Dienstleistungen zu erbringen. Sowohl in Bezug auf den einzelnen Mitarbeiter als auch in Bezug auf die Organisationseinheit als Ganzes bedarf danach es keiner Prüfung, ob im Einzelfall eine wissenschaftliche Tätigkeit ausgeübt wird.
22Ob diese Grundsätze unbesehen,
23so VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 31. Januar 2014 – 12c K 1151/13.PVL, juris,
24auf wissenschaftliche Mitarbeiter an Fachhochschulen zu übertragen sind oder die Unterschiede der Normtexte von § 44 und § 45 HG NRW eine differenzierte Betrachtung erfordern, lässt sich im Eilverfahren nicht abschließend beurteilen. Insofern ist eine nähere Untersuchung erforderlich. Denn die obergerichtliche Rechtsprechung stützt die abstrakte und teilweise fingierende Zuordnung zu den wissenschaftlichen Mitarbeitern ausdrücklich auf die „anderen Aufgaben der Hochschule“ (§ 44 Abs. 1 Satz 3 HG NRW) und beschränkt sie auf „Dienstleistungen im höheren Dienst“. So heißt es in Rn. 72 f. des OVG NRW-Beschlusses vom 17. August 2012 (Hervorhebung nur hier):
25„§ 44 Abs. 1 Satz 3 HG erweitert somit den Dienstleistungsbegriff in Satz 1 dieser Vorschrift um Tätigkeiten, die im weitesten Sinne zum Umfeld von Forschung und Lehre gehören. Zweck dieser Regelung ist, eine praktikable Abgrenzung zwischen den wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Mitarbeitern zu ermöglichen und so die früher erforderliche Prüfung des konkreten Aufgabenbereichs im Einzelfall entbehrlich zu machen. Dieses Ziel wird am besten erreicht, wenn im Rahmen des § 44 Abs. 1 Satz 3 HG – der durch dieEinbeziehung der anderen Aufgaben praktisch alle denkbaren Dienstleistungen im höheren Dienst erfasst – generell auf die organisatorische Zuordnung abgestellt wird.
26Hierbei ist nicht zu prüfen, ob in der jeweiligen Organisationseinheit, soweit die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 und 3 HG erfüllt sind, konkret wissenschaftliche Dienstleistungen erbracht werden. Die in § 44 Abs. 1 Satz 1 und 3 HG aufgeführten Tätigkeiten sind vielmehr, um die Notwendigkeit einer Prüfung des Einzelfalls, und zwar sowohl in Bezug auf den einzelnen Mitarbeiter als auch in Bezug auf die Organisationseinheit als Ganzes, zu vermeiden, kraft Gesetzes wissenschaftliche Dienstleistungen. § 44 Abs. 1 Satz 1 und 3 HG enthält danach zumindest teilweise eine Fiktion.“
27Anders als in § 44 HG NRW sind in § 45 HG NRW den wissenschaftlichen Mitarbeitern an Fachhochschulen diese „anderen Aufgaben der Hochschule“ nicht zugewiesen, sodass das tatbestandliche Merkmal, auf das die abstrakte und fingierende Betrachtungsweise tragend gestützt ist, fehlen könnte. Indessen ist auch nicht ausgeschlossen, § 45 HG NRW mit Blick auf den Sinn und Zweck (Praktikabilität der Abgrenzung ohne Einzelfallprüfung) zumindest in personalvertretungsrechtlichen Zusammenhängen ergänzend auszulegen.
28Der Antragsteller hat auch einen Verfügungsgrund glaubhaft gemacht. Die Effektivität des Rechtsschutzes gebietet es, durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen, weil der Antragsteller wirksamen Rechtsschutz im ordentlichen Verfahren jedenfalls für dessen Dauer nicht mehr erreichen kann und dies für den Antragsteller zu schlechthin unzumutbaren Folgen führen würde. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Antragsteller ein erhebliches Interesse an einer dem Wählerwillen entsprechenden Besetzung hat.
29Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. Juni 2011 – 16 B 271/11.PVB –, PersR 2011, 386.
30Eine Kostenentscheidung entfällt im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren
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(1) Soweit sich aus Absatz 2 nichts anderes ergibt, findet aus rechtskräftigen Beschlüssen der Arbeitsgerichte oder gerichtlichen Vergleichen, durch die einem Beteiligten eine Verpflichtung auferlegt wird, die Zwangsvollstreckung statt. Beschlüsse der Arbeitsgerichte in vermögensrechtlichen Streitigkeiten sind vorläufig vollstreckbar; § 62 Abs. 1 Satz 2 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. Für die Zwangsvollstreckung gelten die Vorschriften des Achten Buches der Zivilprozeßordnung entsprechend mit der Maßgabe, daß der nach dem Beschluß Verpflichtete als Schuldner, derjenige, der die Erfüllung der Verpflichtung auf Grund des Beschlusses verlangen kann, als Gläubiger gilt und in den Fällen des § 23 Abs. 3, des § 98 Abs. 5 sowie der §§ 101 und 104 des Betriebsverfassungsgesetzes eine Festsetzung von Ordnungs- oder Zwangshaft nicht erfolgt.
(2) Der Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist zulässig. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Achten Buches der Zivilprozeßordnung über die einstweilige Verfügung entsprechend mit der Maßgabe, daß die Entscheidungen durch Beschluß der Kammer ergehen, erforderliche Zustellungen von Amts wegen erfolgen und ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 945 der Zivilprozeßordnung in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes nicht besteht. Eine in das Schutzschriftenregister nach § 945a Absatz 1 der Zivilprozessordnung eingestellte Schutzschrift gilt auch als bei allen Arbeitsgerichten der Länder eingereicht.
(1) Soweit sich aus Absatz 2 nichts anderes ergibt, findet aus rechtskräftigen Beschlüssen der Arbeitsgerichte oder gerichtlichen Vergleichen, durch die einem Beteiligten eine Verpflichtung auferlegt wird, die Zwangsvollstreckung statt. Beschlüsse der Arbeitsgerichte in vermögensrechtlichen Streitigkeiten sind vorläufig vollstreckbar; § 62 Abs. 1 Satz 2 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. Für die Zwangsvollstreckung gelten die Vorschriften des Achten Buches der Zivilprozeßordnung entsprechend mit der Maßgabe, daß der nach dem Beschluß Verpflichtete als Schuldner, derjenige, der die Erfüllung der Verpflichtung auf Grund des Beschlusses verlangen kann, als Gläubiger gilt und in den Fällen des § 23 Abs. 3, des § 98 Abs. 5 sowie der §§ 101 und 104 des Betriebsverfassungsgesetzes eine Festsetzung von Ordnungs- oder Zwangshaft nicht erfolgt.
(2) Der Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist zulässig. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Achten Buches der Zivilprozeßordnung über die einstweilige Verfügung entsprechend mit der Maßgabe, daß die Entscheidungen durch Beschluß der Kammer ergehen, erforderliche Zustellungen von Amts wegen erfolgen und ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 945 der Zivilprozeßordnung in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes nicht besteht. Eine in das Schutzschriftenregister nach § 945a Absatz 1 der Zivilprozessordnung eingestellte Schutzschrift gilt auch als bei allen Arbeitsgerichten der Länder eingereicht.
Einstweilige Verfügungen in Bezug auf den Streitgegenstand sind zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.
Einstweilige Verfügungen sind auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
1
G r ü n d e
2Über die Beschwerde kann der Vorsitzende des Fachsenats wegen der Eilbedürftigkeit der Sache ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter und ohne vorhergehende Durchführung einer mündlichen Anhörung der Beteiligten entscheiden (§ 79 Abs. 2 LPVG NRW i. V. m. §§ 87 Abs. 2 Satz 1, 85 Abs. 2 ArbGG sowie § 937 Abs. 2 und § 944 ZPO).
3Das mit der Beschwerde vom Antragsteller verfolgte vorläufige Rechtsschutzbegehren,
4die Beteiligte im Wege der einstweiligen Verfügung zu verpflichten,
5dem vom Antragsteller bestimmten Wirtschaftsausschuss
6- alle Jahresabschlüsse inklusive des Berichts des Wirtschaftsprüfers,
7- Fachbereichs- bzw. Hochschulentwicklungspläne und
8- Stellenpläne oder, soweit solche nicht vorhanden sind, die der Stellenbewirtschaftung zugrunde liegenden Stellenäquivalente bzw. Aufstellungen über die für Stellen zu bewirtschaftenden Mittel
9vorzulegen,
10hilfsweise
11dem Antrag des Antragstellers auf Bildung eines Wirtschaftsausschusses zuzustimmen,
12hat keinen Erfolg.
13Eine einstweilige Verfügung kann nach den hier anzuwendenden Vorschriften des Achten Buches der Zivilprozessordnung erlassen werden, wenn die Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 940 ZPO). Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 920 Abs. 2 ZPO). Die einstweilige Verfügung darf grundsätzlich nicht mehr zusprechen, als im Hauptsacheverfahren möglich ist; sie darf außerdem die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen. Allerdings kann es die Effektivität des Rechtsschutzes ausnahmsweise erfordern, durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen, sofern wirksamer Rechtsschutz im ordentlichen Verfahren nicht erreicht werden kann und dies für den Antragsteller zu schlechthin unzumutbaren Folgen führen würde, insbesondere wenn ein endgültiger Rechtsverlust oder ein sonstiger irreparabler Zustand droht. Dabei sind die Belange der Beteiligten sorgfältig abzuwägen und strenge Anforderungen an die materiellen Voraussetzungen der einstweiligen Verfügung zu stellen.
14Ständige Rechtsprechung, vgl. etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Januar 2003 ‑ 1 B 1907/02.PVL ‑, PersV 2003, 198, vom 28. Januar 2003 ‑ 1 B 1681/02.PVL ‑, PersR 2004, 64, vom 30. Dezember 2004 ‑ 1 B 1864/04.PVL ‑ und vom 22. Februar 2007 ‑ 1 B 2563/06.PVL ‑.
15An diesen Anforderungen hat sich aufgrund der Änderungen des § 79 LPVG NRW durch Art. I des Gesetzes zur Änderung des Landespersonalvertretungsgesetzes und des WDR-Gesetzes vom 5. Juli 2011 (GV. NRW. S. 348) ‑ LPVG-Novelle 2011 ‑ nichts geändert.
16Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 9. Juli 2012 ‑ 20 B 511/12.PVL ‑, DÖD 2012, 235, vom 20. August 2013 ‑ 20 B 585/13.PVL ‑, IÖD 2013, 234, und vom 8. Oktober 2013 ‑ 20 B 838/13.PVL ‑.
17Diese besonderen Anforderungen für eine die Hauptsache vorwegnehmende einstweilige Verfügung sind für das Begehren des Antragstellers einschlägig, da er eine der Hauptsacheentscheidung ‑ jedenfalls in zeitlicher Hinsicht teilweise ‑ entsprechende Verpflichtung der Beteiligten zur Vorlage der im Einzelnen bezeichneten Unterlagen an den vom Antragsteller bestimmten Wirtschaftsausschuss, hilfsweise zur Erteilung der Zustimmung zur Bildung eines Wirtschaftsausschusses, verfolgt.
18Ausgehend davon mangelt es sowohl für das mit dem Hauptantrag als auch für das mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Begehren des Antragstellers an den Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung.
19Hinsichtlich des Hauptantrags, der auf eine Verpflichtung der Beteiligten zur Vorlage von näher bezeichneten Unterlagen an den vom Antragsteller bestimmten Wirtschaftsausschuss gerichtet ist, fehlt es schon an einer hinreichenden Glaubhaftmachung eines Verfügungsanspruchs.
20Als Rechtsgrundlage für das Begehren des Antragstellers kommt allein § 65 a Abs. 2 LPVG NRW in Betracht. Nach dieser Bestimmung hat die Dienststelle den Wirtschaftsausschuss rechtzeitig und umfassend über die wirtschaftlichen Angelegenheiten unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen zu unterrichten - soweit dadurch nicht die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse oder Dienstgeheimnisse gefährdet werden - sowie die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Personalplanung darzustellen. Dass diese Voraussetzungen für die begehrte Vorlage der im Einzelnen bezeichneten Unterlagen an den vom Antragsteller bestimmten Wirtschaftsausschuss vorliegen, kann nicht mit einer solchen Sicherheit festgestellt werden, wie sie für den Erlass einer die Hauptsache - jedenfalls teilweise - vorwegnehmenden einstweiligen Verfügung erforderlich ist.
21Grundvoraussetzung für das Bestehen einer aus § 65 a Abs. 2 LPVG NRW folgenden Pflicht zur Vorlage von Unterlagen an den Wirtschaftsausschuss ist, dass in der Dienststelle überhaupt ein solcher Wirtschaftsausschuss wirksam gebildet ist. Die Voraussetzungen dafür sind in § 65 a Abs. 1 Satz 1 LPVG NRW im Einzelnen festgelegt. Danach soll in Dienststellen mit in der Regel mehr als 100 ständig Beschäftigten auf Antrag des Personalrats ein Wirtschaftsausschuss gebildet werden. Mit Blick auf diese Anforderungen reicht es nicht aus, dass der Antragsteller die Bildung eines Wirtschaftsausschusses beschließt und dessen Mitglieder bestimmt. Erforderlich ist vielmehr jedenfalls auch, dass die materiellen Voraussetzungen für die Bildung eines Wirtschaftsausschusses erfüllt sind. Hier ist zwischen den Verfahrensbeteiligten aber gerade streitig, ob diese Voraussetzungen vorliegen. Während der Antragsteller der Meinung ist, die Dienststelle verfüge über in der Regel mehr als 100 ständig Beschäftigte, vertritt die Beteiligte den Standpunkt, diese Zahl sei nicht erreicht.
22Welcher dieser beiden Auffassungen zu folgen ist, lässt sich nicht ohne weiteres beantwortet. Dafür bedarf es, unabhängig von möglicherweise noch offenen tatsächlichen Fragen, jedenfalls in rechtlicher Hinsicht insbesondere einer Klärung, wie das Tatbestandsmerkmal des "in der Regel ständig Beschäftigten" zu verstehen ist. Zu dessen Auslegung kann nicht ohne Weiteres auf das von Rechtsprechung und Literatur entwickelte Verständnis des Merkmals des "in der Regel Beschäftigten", wie es etwa in § 13 Abs. 1 und 3, § 14 Abs. 4 und § 42 Abs. 4 LPVG NRW zu finden ist, zurückgegriffen werden. Jenes Merkmal unterscheidet sich von der hier relevanten Wendung in § 65 a Abs. 1 Satz 1 LPVG NRW ‑ dem Wortlaut nach ‑ schon dadurch, dass es an dem Zusatz "ständig" fehlt. Diesem Zusatz könnte etwa besondere Bedeutung für die Frage zukommen, inwieweit auch befristet Beschäftigte bei der Ermittlung der maßgeblichen Beschäftigtenzahl zu berücksichtigen sind.
23Im vorliegenden Verfahren kann der Inhalt des für das Bestehen des vom Antragsteller geltend gemachten Anspruchs entscheidungserheblichen Begriffs des "in der Regel ständig Beschäftigten" aber nicht abschließend geklärt werden. Dies würde den Rahmen des in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes möglichen Prüfungsumfangs übersteigen. Die Klärung muss vielmehr der Entscheidung in der Hauptsache vorbehalten bleiben.
24Angesichts dieses Befundes kann schon nicht mit der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass in der Dienststelle bereits tatsächlich ein Wirtschaftsausschuss im Sinne von § 65 a LPVG NRW besteht. Daraus folgt zugleich, dass auch nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden kann, dass einem solchen Wirtschaftsausschuss die vom Antragsteller benannten Unterlagen vorzulegen sind.
25Da für den Hauptantrag schon aus den vorstehenden Gründen ein Verfügungsanspruch nicht hinreichend glaubhaft gemacht ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob das Vorliegen eines Verfügungsanspruchs darüber hinaus auch noch aus anderen, insbesondere aus den von der Beteiligten angeführten Gründen zu verneinen ist.
26Hinsichtlich des Hilfsantrags, der auf eine Verpflichtung der Beteiligten zur Erteilung der Zustimmung zur Bildung eines Wirtschaftsausschusses gerichtet ist, fehlt es ebenfalls schon an einer hinreichenden Glaubhaftmachung eines Verfügungsanspruchs.
27Dass die Bildung eines Wirtschaftsausschusses überhaupt einer förmlichen Zustimmung der Dienststelle bedarf, lässt sich dem Wortlaut des § 65 a LPVG NRW unmittelbar nicht entnehmen. Allerdings könnte für die Notwendigkeit einer Zustimmung sprechen, dass nach § 65 a Abs. 1 Satz 1 LPVG NRW ein Wirtschaftsausschuss "auf Antrag des Personalrats" gebildet werden soll. Ein derartiges Antragserfordernis dürfte bei einem sachgerechten Verständnis der Vorschrift nämlich nur dann einen Sinn ergeben, wenn auf den geforderten Antrag hin auch eine von der Dienststelle zu treffende Entscheidung über den Antrag zu erfolgen hat. Gegenstand einer solchen Entscheidung könnte zumindest die Feststellung sein, ob die materiellen Voraussetzung für Bildung eines Wirtschaftsausschusses erfüllt sind. Eine solche Prüfung dürfte jedenfalls auch mit dem Charakter des Wirtschaftsausschusses als ein allein vom Personalrat zu bildendes Gremium zu vereinbaren sein.
28Die Frage der Notwendigkeit einer Zustimmung bedarf vorliegend aber keiner abschließenden Entscheidung. Denn auch wenn unterstellt wird, dass eine förmliche Zustimmung der Dienststelle erforderlich ist, führt dies noch nicht zu einer für die Beteiligte bestehenden Pflicht zur Erteilung einer solchen. Das Bestehen einer derartigen Pflicht würde vielmehr jedenfalls auch erfordern, dass die materiellen Voraussetzungen aus § 65 a Abs. 1 Satz 1 LPVG NRW vorliegen, die Dienststelle also über in der Regel mehr als 100 ständig Beschäftigte verfügt. Dies kann aber aus den schon zum Hauptantrag dargestellten Gründen nicht mit der für den Erlass einer die Hauptsache teilweise vorwegnehmenden einstweiligen Verfügung erforderlichen Sicherheit festgestellt werden.
29Im Übrigen hat der Antragsteller auch einen Verfügungsgrund nicht hinreichend glaubhaft gemacht.
30Es kann nicht festgestellt werden, dass es für den Antragsteller mit unzumutbaren Folgen verbunden wäre, die Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren abzuwarten.
31Bei der Frage, wann schlechthin unzumutbare Folgen anzunehmen sind, ist sowohl das Interesse des Personalrats als auch dasjenige der von ihm vertretenen Beschäftigten in den Blick zu nehmen. Als wesentlicher Gesichtspunkt ist dabei zu berücksichtigen, inwieweit die Arbeit des Personalrats ohne den Erlass der einstweiligen Verfügung generell oder für bestimmte wichtige Bereiche in einer Weise unmöglich oder eingeschränkt würde, die auch nur vorübergehend hinzunehmen dem Personalrat und/oder den von ihm vertretenen Beschäftigten nicht angesonnen werden könnte. Zu gewichten ist vor allem, welche Bedeutung dem geltend gemachten Beteiligungsrecht für den Personalrat und/oder für die Beschäftigten in dem jeweiligen Einzelfall beizumessen ist. Dabei ist insbesondere auch in den Blick zu nehmen, welche Möglichkeiten dem Personalrat zur Erlangung von Rechtsschutz in einem Hauptsacheverfahren noch verbleiben.
32Angesichts dieser Umstände sind weder mit Blick auf die Interessen des Antragstellers noch mit Blick auf die Interessen der betroffenen Beschäftigten unzumutbare Folgen für den Antragsteller glaubhaft gemacht.
33Eine mögliche dauerhafte Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Antragstellers ist nicht zu befürchten, weil ihm weiterhin die Möglichkeit offen steht, die Frage des Bestehens der geltend gemachten Ansprüche zum Gegenstand eines Hauptsacheverfahrens zu machen. Dafür, dass es dem Antragsteller nicht zumutbar wäre, eine mögliche Beeinträchtigung seiner Rechte vorübergehend bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens hinzunehmen, ist nicht erkennbar.
34Dabei ist in den Blick zu nehmen, dass der Wirtschaftsausschuss als Informations- und Beratungsgremium des jeweiligen Personalrats ausgestaltet ist. Der Personalrat soll durch den Wirtschaftsausschuss in die Lage versetzt werden, die teilweise komplexen wirtschaftlichen Zusammenhänge in der Dienststelle nachzuvollziehen und durch regelmäßige Befassung mit wirtschaftlichen Themen Informationen angemessen prüfen und bewerten zu können. Die Beteiligungsrechte des Personalrats bleiben von der Tätigkeit des Wirtschaftsausschusses unberührt.
35So ausdrücklich der Gesetzentwurf der Landesregierung zur LPVG-Novelle 2011 (LT-Drucks. 15/1644 S. 81).
36Angesichts dessen wird die Wahrnehmung der dem Antragsteller als Personalrat nach dem LPVG NRW gesetzlich zustehenden Aufgaben von dem Bestehen eines Wirtschaftsausschusses und, sofern ein solcher gebildet ist, von den diesem vorzulegenden Unterlagen nicht unmittelbar beeinflusst. In Rede steht vielmehr allein eine nur mittelbare, aber dennoch nicht als unerheblich einzustufende Beeinträchtigung der Personalratsarbeit, die darin liegt, dass dem Antragsteller die Unterstützung durch ein Informations- und Beratungsgremium fehlt. Dieser Nachteil wird jedoch zumindest teilweise zum einen durch den allgemeinen Unterrichtungsanspruch des Antragstellers aus § 65 Abs. 1 Satz 1 LPVG NRW kompensiert, der die Beteiligte verpflichtet, dem Antragsteller die für seine Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen. Zum anderen findet ein Ausgleich auch dadurch statt, dass die Beteiligte nach § 63 Satz 4 LPVG NRW solange, wie kein Wirtschaftsausschuss nach § 65 a LPVG NRW besteht, verpflichtet ist, den Antragsteller im Rahmen der gemeinschaftlichen Besprechungen zweimal im Jahr über die Haushaltsplanung und die wirtschaftliche Entwicklung zu unterrichten, so dass der Antragsteller auf diesem Wege frühzeitig Informationen über anstehende Planungen in den Bereichen Haushalt und wirtschaftliche Entwicklung erhält. Die trotz dieser Möglichkeiten verbleibenden Beeinträchtigungen der Personalratsarbeit des Antragstellers durch das Fehlen eines Informations- und Beratungsgremiums in Form des Wirtschaftsausschusses erreichen nicht ein derartiges Gewicht, dass der Erlass einer die Hauptsache zumindest teilweise vorwegnehmenden einstweiligen Verfügung erforderlich wäre, weil es für den Antragsteller unzumutbar wäre, die Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten.
37Eine Kostenentscheidung entfällt im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren.
38Der Beschluss ist gemäß § 79 Abs. 2 LPVG NRW i. V. m. § 92 Abs. 1 Satz 3 ArbGG unanfechtbar.
Tenor
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Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 4. März 2013 - 10 Sa 856/12 - aufgehoben.
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Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
- 1
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Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch Befristung mit Ablauf des 30. September 2012 geendet hat, sowie um Weiterbeschäftigung.
- 2
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Der Kläger wurde nach einem Studium der evangelischen Theologie im Jahr 1993 zum Doktor der Philosophie promoviert. Er war seit dem 1. August 2007 aufgrund befristeter Arbeitsverträge mit dem beklagten Land bei der Leibniz Universität Hannover am Institut für Theologie und Religionswissenschaft, Abteilung Religionswissenschaft beschäftigt. Die streitgegenständliche Befristung beruht auf dem Arbeitsvertrag vom 7. Juli 2011, der auszugsweise folgenden Wortlaut hat:
-
„§ 1
Herr Dr. phil. S geb. 1954 wird ab 01.10.2011 befristet bis zum 30.09.2012 als Lehrkraft für besondere Aufgaben eingestellt.
Für die Befristung des Arbeitsverhältnisses gelten die Vorschriften des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes.
...
§ 2
Für das Arbeitsverhältnis gelten
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der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L),
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der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) sowie
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die Tarifverträge, die den TV-L und den TVÜ-Länder ergänzen, ändern oder ersetzen,
in der Fassung, die für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder und für das Land Niedersachsen jeweils gilt.
...
§ 4
Die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit entspricht 100,00 % der regelmäßigen Arbeitszeit gem. § 6 TV-L.
§ 5
Der Obengenannte wird als Lehrkraft für besondere Aufgaben gemäß § 32 NHG in der Philosophischen Fakultät beschäftigt.“
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Nach der Tätigkeitsdarstellung vom 8. Juni 2007 waren dem Kläger Lehraufgaben mit einem Anteil von 75 vH der Gesamtarbeitszeit übertragen. Er hatte zwölf Semesterwochenstunden zu unterrichten, Zeiten für die Abnahme von Prüfungen eingeschlossen. Die dem Kläger übertragenen Lehrveranstaltungen folgten einem Handbuch des Studienfachs Religionswissenschaft, in dem die jeweiligen Lehrmodule festgelegt sind. Im Umfang von 25 vH der Gesamtarbeitszeit sah die Tätigkeitsdarstellung Gremienarbeit in der akademischen Selbstverwaltung, die Betreuung der Studierenden sowie die Durchführung von Sprechstunden vor.
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Mit der am 5. Januar 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, die Befristung seines Arbeitsvertrags sei unwirksam. Eine Befristungsmöglichkeit nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz sei vorliegend nicht eröffnet, weil er nicht zum wissenschaftlichen Personal iSv. § 1 Abs. 1 WissZeitVG gehöre. Nach § 32 NHG seien Lehrkräfte für besondere Aufgaben ausschließlich oder überwiegend in der Lehre tätig und überdies weisungsgebunden. Für seine Tätigkeit habe er nur Standard- oder Einführungsliteratur verwenden müssen. Raum zur eigenständigen Forschung und Reflexion habe für ihn nicht bestanden.
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Der Kläger hat beantragt
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1.
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung vom 7. Juli 2011 mit Ablauf des 30. September 2012 geendet hat,
2.
das beklagte Land zu verurteilen, ihn im Institut für Theologie und Religionswissenschaft, Abteilung Religionswissenschaft der Leibniz Universität Hannover mit zwölf Semesterwochenstunden Lehre einschließlich der Abnahme von Studien- und Prüfungsleistungen im Rahmen der Studienordnung der neuen Studiengänge sowie der noch zu beendenden Magister- und Lehramtsstudiengänge, mit Vertretung in den Gremien der akademischen Selbstverwaltung, mit Betreuung der Studierenden der neuen Studiengänge sowie der noch zu beendenden Magister- und Lehramtsstudiengänge einschließlich der Sprechstunde für Studierende bis zum rechtskräftigen Abschluss des Entfristungsstreits zu beschäftigen.
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Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, die Befristung sei nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG gerechtfertigt. Der Kläger zähle zum wissenschaftlichen Personal iSv. § 1 Abs. 1 WissZeitVG. Für die Wissenschaftlichkeit der Lehre reiche es aus, dass eine Lehrkraft für besondere Aufgaben fremde Forschungsergebnisse verstehen, bewerten und vermitteln müsse. Dies sei hier der Fall. Der Kläger habe seine Lehraufgaben unter Berücksichtigung des neuesten Stands der Religionsforschung wahrzunehmen.
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Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt das beklagte Land den Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des beklagten Landes ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob die Befristung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG gerechtfertigt ist.
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A. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann der Klage nicht stattgegeben werden. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Befristung könne nicht auf § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG gestützt werden, da der Kläger nicht dem wissenschaftlichen Personal iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG angehöre. Die dem Kläger übertragenen Lehraufgaben stellten keine wissenschaftliche Tätigkeit dar, weil sie einem Modulhandbuch folgten und nicht auf eigener Forschung beruhten. Damit hat das Landesarbeitsgericht den Begriff des wissenschaftlichen Personals iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG verkannt. Die Wissenschaftlichkeit der Lehre iSd. WissZeitVG ist nicht nur gegeben, wenn Kenntnisse vermittelt werden, die auf eigener Forschung beruhen. Lehre kann auch dann wissenschaftlich sein, wenn die Lehrveranstaltungen unter Berücksichtigung aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse Dritter von dem Lehrenden eigenständig zu gestalten sind. Auf der Grundlage der bislang festgestellten Tatsachen kann der Senat nicht abschließend beurteilen, ob diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.
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I. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass die Befristung des Arbeitsvertrags vom 7. Juli 2011 nicht bereits nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam gilt, denn der Kläger hat deren Rechtsunwirksamkeit rechtzeitig geltend gemacht. Der Kläger hat mit der beim Arbeitsgericht am 5. Januar 2012 eingegangenen Klage die Frist des § 17 Satz 1 TzBfG eingehalten. Die Klagefrist von drei Wochen nach dem vereinbarten Vertragsende wird nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch durch die Erhebung einer Klage vor dem Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit gewahrt (vgl. BAG 2. Juni 2010 - 7 AZR 136/09 - Rn. 13 mwN, BAGE 134, 339 ; 12. November 2014 - 7 AZR 891/12 - Rn. 10).
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II. Die vereinbarte Befristung genügt dem Zitiergebot des § 2 Abs. 4 Satz 1 WissZeitVG. Danach ist im Arbeitsvertrag anzugeben, ob die Befristung auf den Vorschriften des WissZeitVG beruht. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Im Arbeitsvertrag vom 7. Juli 2011 ist angegeben, dass „für die Befristung des Arbeitsverhältnisses … die Vorschriften des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes“ gelten. Wie der Senat zu der mit § 2 Abs. 4 Satz 1 WissZeitVG wortgleichen Vorschrift des § 57b Abs. 3 Satz 1 HRG in der bis 17. April 2007 geltenden Fassung entschieden hat, erfordert die Einhaltung des Zitiergebots nicht die Angabe der einzelnen Befristungsnormen (vgl. BAG 21. Juni 2006 - 7 AZR 234/05 - Rn. 15, BAGE 118, 290; 1. Juni 2011 - 7 AZR 827/09 - Rn. 13, BAGE 138, 91).
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III. Der Senat kann jedoch auf der Grundlage der bislang festgestellten Tatsachen nicht abschließend beurteilen, ob der Arbeitsvertrag nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG wirksam zum 30. September 2012 befristet werden konnte.
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1.Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gelten für den Abschluss von Arbeitsverträgen für eine bestimmte Zeit (befristete Arbeitsverträge) mit wissenschaftlichem und künstlerischem Personal mit Ausnahme der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer an Einrichtungen des Bildungswesens, die nach Landesrecht staatliche Hochschulen sind, die §§ 2 und 3 WissZeitVG. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 iVm. Satz 1 WissZeitVG ist die Befristung von Arbeitsverträgen des in § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG genannten Personals nach abgeschlossener Promotion bis zu einer Dauer von sechs Jahren - im Bereich der Medizin bis zu einer Dauer von neun Jahren - möglich(BAG 1. Juni 2011 - 7 AZR 827/09 - Rn. 15, BAGE 138, 91).
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2. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann der Senat nicht abschließend entscheiden.
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a) Der zeitliche Geltungsbereich des WissZeitVG ist eröffnet. Für die Wirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrags ist die im Zeitpunkt ihrer Vereinbarung geltende Rechtslage maßgeblich (vgl. BAG 2. September 2009 - 7 AZR 291/08 - Rn. 10, BAGE 132, 54). Das WissZeitVG ist mit dem „Gesetz zur Änderung arbeitsrechtlicher Vorschriften in der Wissenschaft“ vom 12. April 2007 (BGBl. I S. 506) beschlossen worden und am 18. April 2007 in Kraft getreten. Die am 7. Juli 2011 vereinbarte Befristung unterfällt nicht einer der auf andere Rechtsgrundlagen verweisenden Übergangsregelungen nach § 6 WissZeitVG(vgl. hierzu BAG 1. Juni 2011 - 7 AZR 827/09 - Rn. 16 f., BAGE 138, 91; 24. August 2011 - 7 AZR 228/10 - Rn. 19, BAGE 139, 109).
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b) Auch der betriebliche Geltungsbereich von § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG ist eröffnet. Es handelt sich um den Abschluss eines Arbeitsvertrags für eine bestimmte Zeit an einer Einrichtung des Bildungswesens, die nach Landesrecht eine staatliche Hochschule ist. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. h NHG in der Fassung vom 10. Juni 2010 ist die Leibniz Universität Hannover eine Hochschule in staatlicher Verantwortung. Voraussetzung der Anwendbarkeit der §§ 2, 3 WissZeitVG auf befristete Arbeitsverträge ist nicht, dass die staatliche Hochschule Vertragsarbeitgeber ist(vgl. hierzu BAG 1. Juni 2011 - 7 AZR 827/09 - Rn. 18, BAGE 138, 91). Vertragsarbeitgeber ist hier das beklagte Land als Träger der Hochschule.
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c) Die Zulässigkeit der Befristung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG setzt voraus, dass sie nach Abschluss der Promotion vereinbart wird. Dies ist vorliegend der Fall. Der Kläger wurde am 28. April 1993 zum Doktor der Philosophie promoviert. Nach dem Wortlaut der Vorschrift muss sich die Befristung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG nicht nahtlos an den Abschluss der Promotion oder den Ablauf der maximal zulässigen Vertragslaufzeit gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG anschließen(vgl. APS/Schmidt 4. Aufl. § 2 WZVG Rn. 10; Krause in Hailbronner/Geis Hochschulrecht in Bund und Ländern Stand September 2014 § 2 WissZeitVG Rn. 23; KR-Treber 10. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 27; Dörner Der befristete Arbeitsvertrag 2. Aufl. Rn. 562; ErfK/Müller-Glöge 15. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 3 und Rn. 4; Preis WissZeitVG § 2 Rn. 21). Da der Gesetzgeber auf eine altersmäßige Obergrenze für diesen zweiten Qualifikationsabschnitt verzichtet hat, ist auch eine sehr viel spätere Arbeitsaufnahme zulässig (vgl. Preis aaO).
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d) Die zulässige Höchstdauer der Befristung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 iVm. Satz 4 WissZeitVG von sechs Jahren ist durch die streitgegenständliche Befristungsvereinbarung nicht überschritten. Nach § 2 Abs. 1 Satz 4 WissZeitVG sind innerhalb der jeweils zulässigen Befristungsdauer Verlängerungen eines befristeten Arbeitsvertrags möglich. Entscheidend ist allein die Einhaltung der gesetzlichen Höchstgrenzen (ErfK/Müller-Glöge 15. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 7 mwN). Diese sind eingehalten. Die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses der Parteien beläuft sich auf fünf Jahre und zwei Monate.
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e) Noch nicht abschließend kann beurteilt werden, ob der Kläger zu dem in § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG genannten wissenschaftlichen Personal gehört, für das die Befristung von Arbeitsverträgen nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG zulässig ist.
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aa) Der Begriff des „wissenschaftlichen und künstlerischen Personals“ ist durch § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG eigenständig und abschließend bestimmt. Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es nicht auf Begriffsbezeichnungen oder Zuordnungsdefinitionen nach den landeshochschulrechtlichen Regelungen - hier nach § 32 NHG - an(vgl. BAG 1. Juni 2011 - 7 AZR 827/09 - Rn. 26 bis 31, BAGE 138, 91). Ob die dem Angestellten übertragenen Aufgaben wissenschaftlichen Zuschnitt iSd. WissZeitVG haben, richtet sich ausschließlich nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG. Die Bedeutung der landesrechtlichen Vorschriften ist darauf beschränkt, den Rahmen zu bestimmen, in dem das Land einem Angestellten bestimmte Tätigkeiten übertragen darf.
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bb) § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG bezeichnet mit dem Ausdruck „wissenschaftliches Personal“ eine Beschäftigtengruppe, ohne diese näher zu definieren. Der Begriff des „wissenschaftlichen und künstlerischen Personals“ bestimmt sich inhaltlich-aufgabenbezogen (BAG 1. Juni 2011 - 7 AZR 827/09 - Rn. 35 ff., BAGE 138, 91). Anknüpfungspunkt ist die Art der zu erbringenden Dienstleistung. Zum „wissenschaftlichen Personal“ nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gehört derjenige Arbeitnehmer, der wissenschaftliche Dienstleistungen erbringt. Es kommt nicht auf dessen formelle Bezeichnung an, sondern auf den wissenschaftlichen Zuschnitt der von ihm auszuführenden Tätigkeit. Das Adjektiv „wissenschaftlich“ bedeutet, „die Wissenschaft betreffend“. Wissenschaftliche Tätigkeit ist alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter, planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist (BAG 19. März 2008 - 7 AZR 1100/06 - Rn. 33 mwN, BAGE 126, 211). Sie ist nach Aufgabenstellung und anzuwendender Arbeitsmethode darauf angelegt, neue Erkenntnisse zu gewinnen und zu verarbeiten, um den Erkenntnisstand der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin zu sichern oder zu erweitern (vgl. BAG 27. Mai 2004 - 6 AZR 129/03 - zu B II 4 der Gründe, BAGE 111, 8).
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cc) Zur wissenschaftlichen Dienstleistung kann auch die Vermittlung von Fachwissen und praktischen Fertigkeiten an Studierende und deren Unterweisung in der Anwendung wissenschaftlicher Methoden gehören. Die wissenschaftliche Lehrtätigkeit ist dabei von einer unterrichtenden Lehrtätigkeit ohne Wissenschaftsbezug abzugrenzen. Bei Mischtätigkeiten ist es erforderlich, dass die wissenschaftlichen Dienstleistungen zeitlich überwiegen oder zumindest das Arbeitsverhältnis prägen. Überwiegend mit der bloßen Vermittlung von Sprachkenntnissen betraute Fremdsprachenlektoren gehören deshalb in der Regel nicht zum wissenschaftlichen Personal nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG. Die Wissenschaftlichkeit der Lehre setzt voraus, dass dem Lehrenden die Möglichkeit zur eigenständigen Forschung und Reflexion verbleibt (vgl. BAG 1. Juni 2011 - 7 AZR 827/09 - Rn. 35 bis 45 mwN, BAGE 138, 91). Das bedeutet allerdings entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht, dass wissenschaftliche Lehre iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG das Hervorbringen eigener Forschungsergebnisse und deren Vermittlung an die Studierenden verlangt. Für eine wissenschaftliche Lehre ist es nicht erforderlich, dass sich der Lehrende um eigene, neue wissenschaftliche Erkenntnisse bemüht. Es kann vielmehr ausreichen, dass wissenschaftliche Erkenntnisse Dritter vermittelt werden. Unter Berücksichtigung des Zwecks der durch § 2 Abs. 1 WissZeitVG eröffneten besonderen Befristungsmöglichkeiten im Hochschulbereich ist jedoch nicht jede Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse als wissenschaftliche Dienstleistung anzusehen. Die Befristungsmöglichkeit in § 2 Abs. 1 WissZeitVG dient der Wahrung der durch Art. 5 Abs. 3 GG garantierten Wissenschaftsfreiheit im Interesse der Nachwuchs- und Qualifikationsförderung und zur Sicherung der Innovation in Forschung und Lehre(BT-Drs. 15/4132 S. 17). Art. 5 Abs. 3 GG enthält eine objektive Wertentscheidung, die den Staat dazu verpflichtet, die Pflege der freien Wissenschaft undihre Vermittlung an die nachfolgende Generation durch Bereitstellung von personellen, finanziellen und organisatorischen Mitteln zu ermöglichen und zu fördern(vgl. BVerfG 24. April 1996 - 1 BvR 712/86 - zu C II 2 der Gründe mwN, BVerfGE 94, 268). Dies umfasst auch die Pflicht, die erforderlichen arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen für die Beschäftigung des wissenschaftlichen Personals an den Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu gewährleisten. Dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG unterfällt auch eine Lehre, die nicht auf eigenen, neuen Forschungserkenntnissen basiert, sondern allein die ständige Reflexion fremder wissenschaftlicher Ergebnisse verlangt. Entscheidend ist, dass der Lehrende Forschungs- und Erkenntnisentwicklungen auf seinem jeweiligen Wissenschaftsgebiet permanent verfolgen, reflektieren und kritisch hinterfragen muss, um diese für seine Lehre didaktisch und methodisch zu verarbeiten. Würde man wissenschaftliche Lehre nur dann annehmen, wenn sie sich als Resultat eigener Forschung darstellt, wäre auch ein Großteil der Lehre an Universitäten nicht als wissenschaftlich zu qualifizieren, was dem Grundrechtsschutz für die Freiheit der Lehre nicht gerecht würde (BVerfG 13. April 2010 - 1 BvR 216/07 - Rn. 50, BVerfGE 126, 1).
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Unter Berücksichtigung dessen ist eine Lehrtätigkeit, die sich nach dem vereinbarten Vertragsinhalt auf eine rein repetierende Wiedergabe vorgegebener Inhalte beschränkt, nicht als wissenschaftliche Lehre anzusehen, während eine Lehrtätigkeit auch dann eine wissenschaftliche Dienstleistung ist, wenn zwar keine eigenen Forschungsergebnisse gelehrt, sondern Erkenntnisse Dritter vermittelt werden, von dem Lehrenden aber nach dem Vertragsinhalt erwartet wird, dass er diese Erkenntnisse kritisch hinterfragt, sich damit auseinandersetzt und dass er diese eigenen Reflexionen in seine Lehrtätigkeit einbringt. Dies kann von dem Lehrenden allerdings nur erwartet werden, wenn ihm während seiner Arbeitszeit die Gelegenheit und insbesondere die erforderliche Zeit zu eigener Reflexion verbleibt. Die Möglichkeit der Nutzung wissenschaftlicher Einrichtungen außerhalb der Dienstzeit genügt nicht (vgl. Krause in Hailbronner/Geis Hochschulrecht in Bund und Ländern Stand September 2014 § 1 WissZeitVG Rn. 19).
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dd) Danach konnte das Landesarbeitsgericht die Zuordnung des Klägers zum wissenschaftlichen Personal iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG nicht mit der Begründung verneinen, die Erbringung wissenschaftlicher Dienstleistungen sei für sein Arbeitsverhältnis nicht prägend gewesen, weil seine Lehrtätigkeit mit einem Anteil von 75 vH an der Gesamtarbeitszeit nicht auf eigener Forschungstätigkeit aufbaue. Soweit das Landesarbeitsgericht ausgeführt hat, es möge erforderlich sein, genüge aber nicht, dass der Kläger „sein eigenes Wissen über die vermittelten Inhalte auf dem neuesten Stand halten“ müsse, hat es nicht hinreichend gewürdigt, dass darin eine wissenschaftliche Tätigkeit liegen kann. Für die Wissenschaftlichkeit der Lehre kommt es darauf an, ob der Kläger die Forschungs- und Erkenntnisentwicklungen auf seinem Wissenschaftsgebiet permanent verfolgen, reflektieren und kritisch hinterfragen musste, um diese im Rahmen seiner Lehrtätigkeit eigenständig didaktisch und methodisch zu verarbeiten. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts sprechen weder die Ausbildung des Klägers zum Theologen und seine Promotion zum Doktor der Philosophie anstelle eines Studiums der Religionswissenschaft noch der Umstand, dass der Kläger seine Lehrveranstaltungen nach Maßgabe eines „Modulhandbuchs“ zu gestalten hatte und sich deren Inhalte seit seiner Arbeitsaufnahme im Wintersemester 2007 nicht wesentlich geändert hatten, gegen die Wissenschaftlichkeit seiner Lehrveranstaltungen. Es ist weder dargelegt noch ersichtlich, aus welchen Gründen der Kläger als Theologe und promovierter Philosoph fachlich nicht in der Lage sein soll, die Unterrichtsinhalte im Rahmen der Lehrmodule im Fach Religionswissenschaft eigenständig auf neuestem wissenschaftlichen Stand zu halten.
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B. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO).
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Das Landesarbeitsgericht wird unter Berücksichtigung der dargestellten Grundsätze erneut zu prüfen haben, ob der Kläger zum wissenschaftlichen Personal iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gehört. Dies hängt wesentlich davon ab, ob die Aufgabe des Klägers die wissenschaftliche Aktualisierung der Lehrinhalte innerhalb der Module umfasste oder ob die zu vermittelnden Lehrinhalte von dem Lehrstuhlinhaber vorgegeben sowie weiterentwickelt wurden und vom Kläger nur unreflektiert vorgetragen werden mussten. Insoweit wird das Landesarbeitsgericht den Parteien Gelegenheit zu weiterem Sachvortrag zu geben und anschließend die gebotenen Tatsachen festzustellen und zu würdigen haben. Gegebenenfalls wird das Landesarbeitsgericht zu berücksichtigen haben, dass der vollzeitbeschäftigte Kläger zumindest über das für eine wissenschaftliche Lehre erforderliche Zeitkontingent verfügt haben dürfte. Auf sein Arbeitsverhältnis fand der TV-L kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Nach § 6 Abs. 1 TV-L iVm. den Bestimmungen im Anhang zu § 6 TV-L in der bei Vertragsschluss am 7. Juli 2011 geltenden Fassung betrug die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten im Land Niedersachsen 39,48 Stunden. Die Lehrtätigkeit des Klägers, die nach der Tätigkeitsbeschreibung einschließlich der Abnahme von Studien- und Prüfungsleistungen auf zwölf Semesterwochenstunden festgesetzt war, nahm 75 vH der Gesamtarbeitszeit ein. Damit verblieb bei einem Lehrdeputat von zwölf Wochenstunden einschließlich der Nebenaufgaben während des Semesters eine Vorbereitungszeit auf die Lehrveranstaltungen und Prüfungen von wöchentlich etwa 17,61 Stunden. In der vorlesungsfreien Zeit standen ihm dafür 29,61 Stunden zur Verfügung.
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C. Die Zurückverweisung erübrigt sich nicht deshalb, weil die Sache aus anderen Gründen nach § 563 Abs. 3 ZPO zur Endentscheidung reif wäre. Der Klage kann vom Senat weder stattgegeben werden noch unterliegt sie der Abweisung. Die Befristung des Arbeitsvertrags ist nicht nach dem TzBfG wirksam. Eine sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG scheidet aufgrund der Beschäftigungsdauer des Klägers von über zwei Jahren aus und ein die Befristung des Arbeitsvertrags rechtfertigender sachlicher Grund iSv. § 14 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 TzBfG ist nicht ersichtlich.
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D. Der Weiterbeschäftigungsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an. Er ist erkennbar für den Fall des Obsiegens mit dem Befristungskontrollantrag gestellt. Ob der Befristungskontrollantrag begründet ist, kann der Senat nicht beurteilen.
-
Gräfl
M. Rennpferdt
Kiel
Busch
Donath
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Beschäftigung von S. L. und K. L1. im Fachbereich Wirtschaft der Mitbestimmung des Antragstellers unterliegt.
1
Gründe:
2I.
3Der Antragsteller ist der Personalrat der wissenschaftlich und künstlerisch Beschäftigten der beteiligten Fachhochschule E. . Diese schrieb im September 2012 unter den Kennziffern 9.1 und 9.2 folgende Stellen aus:
4„Mitarbeiterin/Mitarbeiter in der DV-Systemtechnik (Entgeltgruppe 11 TV-L) Kennziffer 9.1
5Fachbereich Wirtschaft
6Im Fachbereich Wirtschaft ist die Stelle einer Mitarbeiterin/eines Mitarbeiters neu zu besetzen. Die Bewerberin/der Bewerber soll die Installation und Pflege der fachbereichseigenen heterogenen Serverlandschaft unterstützen, die Betreuung der PC-Räume inklusive des dazugehörenden Desktopmanagements unter Einsatz der Software Novelle-Zenworks übernehmen und die technische Unterstützung des Lehrbetriebs sowie die Benutzerverwaltung des E-Learning System Ilias und der ERP-Systems SAP sicherstellen.
7Bei Erfüllung der Voraussetzungen erfolgt die Eingruppierung ... . Die Stelle ist zum nächstmöglichen Zeitpunkt für zunächst zwei Jahre in Vollzeit zu besetzen. Eine Entfristung wird angestrebt.
8Einstellungsvoraussetzungen
9Bewerberinnen und Bewerber verfügen über ein abgeschlossenes Fachhochschulstudium der Informatik oder Wirtschaftsinformatik oder eine über ein anderes Hochschulstudium erworbene adäquate Qualifikation, fundierte Kenntnisse in Server Betriebssystemen (Novelle, Windows, Linux) und Windows 7, Erfahrungen im Umgang mit Datenbanken (Oracle, MySQL), Desktopmanagementsystemen (Novelle ZENWorks) und in der Webentwicklung, gute Englischkenntnisse in Wort und Schrift sowie Engagement, Selbstständigkeit, Kreativität und Teamfähigkeit.
10Mitarbeiterin/Mitarbeiter in der DV-Systemtechnik (Entgeltgruppe 11 TV-L) Kennziffer 9.2
11Fachbereich Wirtschaft
12Im Fachbereich Wirtschaft ist die Stelle einer Mitarbeiterin/eines Mitarbeiters neu zu besetzen. Der Aufgabenbereich umfasst die Implementierung, Systembetreuung und Weiterentwicklung der Plattformen für die Lehrangebots– und Prüfungsplanung sowie die Mitarbeit bei der Lernangebots– und Prüfungsplanung. Die Bewerberin/der Bewerber soll weiterhin die Installation und Pflege der fachbereichseigenen heterogenen Serverlandschaft unterstützen, die Betreuung der PC-Räume inklusive des dazugehörenden Desktopmanagements unter Einsatz der Software Novelle–Zenworks übernehmen und die technische Unterstützung des Lehrbetriebs sowie die Benutzerverwaltung des E-Learning–Systems ILIAS und des ERP–Systems SAP sicherstellen.
13Bei Erfüllung der Voraussetzungen erfolgt die Eingruppierung. Die Stelle ist zum nächstmöglichen Zeitpunkt für zwei Jahre in Vollzeit zu besetzen.
14Einstellungsvoraussetzungen
15Bewerberinnen und Bewerber verfügen über ein abgeschlossenes Fachhochschulstudium der Informatik oder Wirtschaftsinformatik oder eine über ein anderes Hochschulstudium erworbene adäquate Qualifikation, fundierte Kenntnisse in Serverbetriebssystemen (Novelle, Windows, Linux) und Windows 7, Erfahrungen im Umgang mit Datenbanken (Oracle, MySQL), Desktopmanagementsystemen (Noelle ZENWorks) und in der Webentwicklung, gute Englischkenntnisse in Wort und Schrift sowie Engagement, Selbstständigkeit, Kreativität und Teamfähigkeit.“
16Der Antragsteller forderte in Bezug auf die Besetzung der beiden Stellen seine Beteiligung erfolglos ein. Die Stellen wurden am 13. November 2012 mit den Bewerbern S. L. (Kennziffer 9.1) und K. L1. (Kennziffer 9.2) besetzt. Beide Arbeitsverträge enthalten keine Tätigkeitsbeschreibung. Die ansonsten aber vorhandene „Tätigkeitsdarstellung und –Bewertung“ hinsichtlich der Stelle mit der Kennziffer 9.1 weist als Organisationseinheit den „Fachbereich Wirtschaft“ aus und bestimmt als Funktion „Systemtechniker“. Der Aufgabenkreis wird wie folgt skizziert:
17• Betreuung, Wartung und Überwachung der Systeme des Fachbereichs und des FB – Netzes
18• Installation, Bereitstellung und Pflege von Novelle Zenworks Server und Erstellung und Verwaltung von PC – Images in den Pool-Räumen und Arbeitsplatzrechner des FBs
19• technische und administrative Unterstützung des Lehrbetriebs
20• Anwenderbetreuung und Beratung
21• Aufsicht/technische Hilfestellung bei den Lehrenden und Studenten
22• Optimierung der eingesetzten Hard– und Softwarekomponenten
23• Mitarbeit im Projekt Netzsicherheit, insbesondere Planung und Umsetzung von Datenschutz – und Datensicherheitskonzept für die FB – Pools und FB eigenen Rechner
24• Kontaktperson im Fachbereich für die SAP und ILIAS Nutzer
25Die „Tätigkeitdarstellung und –Bewertung“ der Stelle mit der Kennziffer 9.2, in der als Organisationseinheit ebenfalls der „Fachbereich Wirtschaft“ und als Funktion „Systemtechniker“ angegeben wird, lautet:
26• Systembetreuung und Weiterentwicklung der Plattformen für die Lehrangebots – und Prüfungsplanung
27• Lehrangebots– und Prüfungsplanung
28• Benutzerverwaltung und erweiterte Anwendungen des E- Learning Systems ILIAS und des ERP Systems SAP
29• Betreuung, Wartung und Überwachung der Systeme des Fachbereichs und des FB-Netzes
30• technische Unterstützung des Lehrbetriebs
31• Optimierung der eingesetzten Hard– und Softwarekomponenten
32Der Antragsteller hat am 25. Februar 2013 den vorliegenden Antrag gestellt. Er trägt unter Bezugnahme auf die obergerichtliche Rechtsprechung vor, eine Tätigkeit sei als wissenschaftlich zu qualifizieren, wenn den sie ausführenden Mitarbeitern Dienstleistungen in Forschung, Lehre und Krankenversorgung oblägen. Maßgeblich sei, ob die Mitarbeiter einem Fachbereich, einer wissenschaftlichen Einrichtung oder einer Betriebseinheit zugeordnet seien. Für die Zuordnung des wissenschaftlichen Mitarbeiters seien demnach zwei Voraussetzungen notwendig: zum einen die Zuordnung zu bestimmten Organisationseinheiten, zum anderen die Erbringung wissenschaftlicher Dienstleistungen. Vorliegend ergebe sich eindeutig aus der Stellenbeschreibung, dass die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der wissenschaftlichen Einheit des Fachbereichs Wirtschaft eingesetzt würden und für diesen Fachbereich die Dienstleistungen übernähmen. Außerdem hätten sie auch ein Studium als Qualifikationsnachweis zu führen.
33Der Antragsteller beantragt,
34festzustellen, dass die Beschäftigung von S. L. und K. L1. im Fachbereich Wirtschaft seiner Mitbestimmung unterliegt.
35Die Beteiligte beantragt,
36den Antrag abzulehnen.
37Sie trägt vor, die Stellen seien ausdrücklich als weitere Mitarbeiterstellen und nicht als Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter ausgeschrieben worden. Sie seien in der Datenverarbeitung angesiedelt, die zu den Verwaltungseinheiten gehöre. Diese Abteilungen stünden nicht unter der Leitung und der Aufsicht von Professoren, sondern des Dekanats. Die Mitarbeiter dieser Abteilungen trügen nicht direkt zur Lehre und zu den Studieninhalten bei. Die Haupttätigkeiten der Stelle Kennziffer 9.1 hätten nichts mit Dienstleistungen in Lehre, Forschung und Entwicklung zu tun. Es gehe vielmehr um die technische Aufrechterhaltung der Datenverarbeitung und der IT – Landschaft. Beispielsweise müssten Programme installiert und gepflegt, Störungen behoben werden, Datensicherungen durchgeführt und die Sicherheit der Programme und Netze aufrechterhalten werden. Auch bei den Tätigkeiten der Stelle mit der Kennziffer 9.2 gebe es keine Schnittstelle zur Lehre, Forschung und Entwicklung. Vielmehr werde ausschließlich technische Verwaltungstätigkeit durchgeführt. Betreute Software, Hardware und sonstige Systeme würden auch in der Lehre verwendet. Dies beinhalte jedoch keine Dienstleistung für konkrete Lehrveranstaltungen. Der Stelleninhaber sei weiterhin mit der Koordinierung des Lehrangebots betraut. Dies betreffe die allgemeine Planung aller Lehrangebote in dem Bereich und nicht die Planung einzelner Lehrveranstaltungen.
38Selbst wenn man die Tätigkeiten als wissenschaftliche Dienstleistungen einstufen würde, käme eine Mitbestimmung des Antragstellers nicht in Betracht. Es widerspräche dem Sinn und Zweck der Mitbestimmung, wenn eine Person, die zu 90 vom 100 Verwaltungsaufgaben ausführe, vom Antragsteller vertreten werde. Die nichtwissenschaftlichen Belange stünden bei diesen Personen eindeutig im Vordergrund.
39Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.
40II.
41Der Antrag ist begründet.
42Die Beschäftigung von S. L. und K. L1. im Fachbereich Wirtschaft der beteiligten Fachhochschule unterliegt der Mitbestimmung des Antragstellers.
43Rechtsgrundlage für ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers ist
44§ 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG NRW. Danach hat der Personalrat in
45Personalangelegenheiten bei Einstellungen mitzubestimmen.
46Als Einstellung im Sinne dieses Mitbestimmungstatbestandes ist auch die
47Beschäftigung in einem befristeten Arbeitsverhältnis anzusehen.
48Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 13. Februar 1979
49- 6 P 48.78 -, BVerwGE 57, 280, und vom 1. Februar
501989 - 6 P 2.86 -, PersR 1989, 198 = PersV 1989,
51354 = RiA 1989, 240 = ZfPR 1989, 105; BAG, Be-
52schluss vom 28. Oktober 1986 - 1 ABR 16/85 -, DB
531987, 847.
54Ein Mitbestimmungsrecht gerade des Antragstellers besteht, weil
55die Beschäftigten S. L. und K. L1. zu dem von ihm vertretenen Personenkreis zählen.
56Die Beschäftigten S. L. und K. L1. gehören zu den in § 104 Satz 1 LPVG NRW genannten Beschäftigten, für die nach § 105 Abs. 1 Satz 1 LPVG NRW eine besondere Personalvertretung (als Personalrat der wissenschaftlich Beschäftigten) gebildet wird und die deshalb vom Antragsteller (als dem Personalrat der wissenschaftlich Beschäftigten) vertreten werden. Sie zählen zum Personenkreis der
57wissenschaftlichen Mitarbeiter.
58Wer wissenschaftlicher Mitarbeiter im Sinne von § 104 Satz 1 LPVG NRW ist,
59richtet sich nicht danach, ob im Einzelfall eine wissenschaftliche Tätigkeit ausgeübt
60wird. Der Begriff des wissenschaftlichen Mitarbeiters im personalvertretungsrechtli-
61chen Sinne knüpft vielmehr an die Legaldefinition des § 45 HG an. Soweit nämlich
62das LPVG NRW fest umrissene Begriffe aus anderen Rechtsgebieten verwendet, ist
63bei seiner Anwendung von diesen Begriffen auszugehen, es sei denn, es
64bestünden Anhaltspunkte für ein vom Gesetzgeber gewolltes abweichendes
65Verständnis der jeweiligen Begriffe. Letzteres ist hier jedoch nicht der Fall.
66Nach § 45 Absatz 1 Satz 1 HG sind wissenschaftliche Mitarbeiter die den Fachbereichen, den wissenschaftlichen Einrichtungen oder den Betriebseinheiten der Fachhochschulen zugeordneten Bediensteten, denen nach Maßgabe ihres Dienstverhältnisses wissenschaftliche Dienstleistungen in der Lehre und in Forschungs- und Entwicklungsvorhaben obliegen. Danach sind für die Zuordnung zum Personenkreis der wissenschaftlichen Mitarbeiter zwei Voraussetzungen notwendig, zum einen die Zuordnung des Mitarbeiters zu bestimmten Organisationseinheiten, nämlich den Fachbereichen, den wissenschaftlichen Einrichtungen oder Betriebseinheiten, und zum anderen die Aufgabe, wissenschaftliche Dienstleistungen zu erbringen.
67Letzteres setzt, wie sich aus § 45 Abs. 3 HG, der die besonderen Einstellungs-
68voraussetzungen für die wissenschaftlichen Mitarbeiter regelt, ein den vorgesehenen Aufgaben entsprechendes abgeschlossenes Hochschulstudium voraus.
69Der Begriff der wissenschaftlichen Dienstleistungen erfasst im eigentlichen Sinne
70zunächst das typische Zuarbeiten in Forschung und Lehre zu der Tätigkeit der Pro-
71fessoren. Zur eigenverantwortlichen Lehre und Forschung sind die wissenschaft-lichen Mitarbeiter nicht befugt.
72Der Begriff der Dienstleistung wird jedoch durch die Sätze 1 und 4 des § 45 Abs. 2
73HG erweitert. Dabei ist der Begriff "Dienstleistung" in den genannten Vorschriften
74im Sinne von wissenschaftlichen Dienstleistungen zu verstehen.
75Nach § 45 Abs. 2 Satz 3 HG gehört zu den (wissenschaftlichen) Dienstleistungen
76auch die Tätigkeit in der Verwaltung der wissenschaftlichen Einrichtungen oder Be-
77triebseinheiten einschließlich der Betreuung der Ausstattung. In § 45 Abs. 2 HG werden den wissenschaftlichen Mitarbeitern über das Zuarbeiten zu der Tätigkeit der Professoren (Satz 5) hinaus als Dienstleistung subsidiär Unterrichtsaufgaben zugewiesen (Satz 1).
78§ 45 Abs. 2 Satz 3 HG erweitert somit den Dienstleistungsbegriff in Satz 1 dieser
79Vorschrift um Tätigkeiten, die im weitesten Sinne zum Umfeld von Forschung und
80Lehre gehören. Zweck dieser Regelung ist, eine praktikable Abgrenzung zwischen
81den wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Mitarbeitern zu ermöglichen
82und so die früher erforderliche Prüfung des konkreten Aufgabenbereichs im
83Einzelfall entbehrlich zu machen. Dieses Ziel wird am besten erreicht, wenn im
84Rahmen des § 45 Abs. 2 Satz 3 HG generell auf die organisatorische Zuordnung abgestellt wird.
85Hierbei ist nicht zu prüfen, ob in der jeweiligen Organisationseinheit, soweit die
86Voraussetzungen des § 45 Abs. 1, 2 Satz 3 HG erfüllt sind, konkret wissen-
87schaftliche Dienstleistungen erbracht werden. Die in § 45 Abs. 1, 2 Satz 3 HG
88aufgeführten Tätigkeiten sind vielmehr, um die Notwendigkeit einer Prüfung des
89Einzelfalls, und zwar sowohl in Bezug auf den einzelnen Mitarbeiter als auch in
90Bezug auf die Organisationseinheit als Ganzes, zu vermeiden, kraft Gesetzes
91wissenschaftliche Dienstleistungen. § 45 Abs. 1, 2 Satz 3 HG enthält danach
92zumindest teilweise eine Fiktion.
93Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Beschlüsse vom 17. August 2012 – 20 A 698/11.PVL -, 30. Juli 2003 - 1 A 1038/01.PVL -, NWVBl. 2004, 30 = PersR 2004, 66 = PersV 2004, 107 = ZTR 2003, 636, und vom 14. Februar 1990 - CL 10/88 -, PersV 1991, 181 = RiA 1991, 147, jeweils m. w. N.
94Nach diesen Grundsätzen sind die Beschäftigten S. L. und K. L1. als wissenschaftliche Mitarbeiter einzustufen.
95Zum einen sind die beiden Beschäftigten einer der in § 45 Abs. 1 Satz 1 HG genannten Organisationseinheiten zugeordnet. Aufgrund ihres Beschäftigungsvertrages sind sie dem Fachbereich Wirtschaft der beteiligten Fachhochschule E. und damit dem Fachbereich einer Hochschule zugeordnet, dessen Aufgaben in Forschung und Lehre zu erfüllen die Dienststelle dient. Der Fachbereich Wirtschaft betreibt praxisorientierte Forschung in einer Reihe von betriebswirtschaftlich relevanten Bereichen und vernetzt diese Aktivitäten systematisch mit der Lehre. Operativ geschieht dies über zahlreiche persönliche Praxiskontakte der Dozenten am Fachbereich und im Rahmen von ausgewiesenen Forschungsprojekten. Zudem werden am Fachbereich Wirtschaft eine Reihe von Forschungs- und Entwicklungsprojekten als eigenständige Aktivitäten betrieben.
96Zum anderen obliegen beiden Beschäftigten nach Maßgabe ihrer Dienstverhältnisse, die sich in den Stellenausschreibungen mit den Kennziffern 9.1 und 9.2 widerspiegeln, im weiteren Sinne die Erbringung von Dienstleistungen in der Lehre. Hierzu gehören die technische Unterstützung des Lehrbetriebs (9.1 und 9.2) ebenso wie die Implementierung, Systembetreuung und Weiterentwicklung der Plattformen für die Lehrangebote und Prüfungsplanung (9.2) und die Aufsicht sowie technische Hilfestellung bei den Lehrenden und Studenten (9.1). Dazu fügt sich die Tätigkeitsdarstellung und –Bewertung zu den Ziffern 9.1 und 9.2. In der erstgenannten Darstellung ist unter Nr. 3 die „Durchführung von Propädeutika und unter Nr. 4 die „Begleitung von Abschluss – und Projektarbeiten“ vorgesehen. Zur Durchführung von Propädeutika zählen der Aufbau und Strukturierung der jeweiligen Themen nach didaktischen Gesichtspunkten durch Vorgaben der Professoren, die Planung und Vorbereitung des Medieneinsatzes, Entwicklung und Gestaltung von Overheadfolien oder Bildschirmpräsentationen zur Vermittlung des Lehrstoffes, die Einführung in die in dem vorgenannten Veranstaltungen benötigte Standardsoftware, die Entwicklung und Auswahl von leichten bis hin zu komplexen fachbezogenen Fallbeispielen aus der BWL für die Durchführung praktischer Übungen sowie die DV – technische Umsetzung der Fallbeispiele (Nr. 3). Zur Begleitung von Abschluss– und Projektarbeiten zählen die Teilnahme an Gesprächen zwischen Professoren und Studenten, die Einarbeitung in die Themenstellungen der Arbeiten, die Hilfe bei der Beschaffung benötigter Literatur sowie bei Fehlererkennung und Fehlerbeseitigung sowie die Bereitstellung der erforderlichen Arbeitsumgebungen für Projekt- und Abschlussarbeiten sowie Kontrolle der Einhaltung von Sicherheitskonzepten (Nr. 4). Bei der Tätigkeitsdarstellung und -Bewertung der Stelle mit der Kennziffer 9.2 ist unter Nr. 4 die „Planerische Durchführung, Entwicklung, Einführung und Evaluation betriebswirtschaftlicher Lehr-und Lernsysteme“ vorgesehen. Erfasst werden hiervon die Erarbeitung von Konzepten für den Einsatz im Lehrbetrieb für verschiedene betriebswirtschaftliche Disziplinen, das Erstellen von Referenzmodellen für multimediale Lehr- und Lernsysteme (vorlesungsbegleitend, zum Selbststudium, zur Aus- und Weiterbildung, Lehrevaluation der Systeme), die Überführung der Modelle in betriebswirtschaftliche Thematiken in enger Zusammenarbeit und Abstimmung mit den Fachprofessoren, E-Learning-Plattform Ilias und SAP.
97Die dafür erforderlichen Einstellungsvoraussetzungen haben die Beschäftigten aufgrund des erforderlichen (Fach-)Hochschulstudium in der Fachrichtung Informatik an der Fachhochschule E. erfüllt.
98Ob die Beschäftigten S. L. und K. L1. tatsächlich wissenschaftliche Dienstleistungen auf ihrem Arbeitsplatz erbringen, ist unerheblich. Die für die Zuordnung zum Personenkreis der wissenschaftlichen Mitarbeiter im Sinne von § 104 Satz 1 LPVG NRW maßgebliche Legaldefinition des § 45 HG stellt - wie bereits dargestellt - gerade nicht darauf ab, welche Tätigkeiten der einzelne Beschäftigte auf seinem Arbeitsplatz zu erbringen hat. Vielmehr ist sie von dem Gedanken getragen, eine praktikable Abgrenzung zwischen den wissenschaftlichen und Nichtwissenschaftlichen Mitarbeitern zu ermöglichen und so die Prüfung des konkreten Aufgabenbereichs im Einzelfall entbehrlich zu machen, und sieht deshalb generell die organisatorische Zuordnung als maßgebliches Abgrenzungskriterium an.
99Eine andere Betrachtung folgt auch nicht aus den Dienstverträgen der beiden Beschäftigten. Sie enthalten sich einer hochschulgesetzlichen Zuordnung und damit einer (möglichen) arbeitsvertraglichen Zuweisung zum Kreis der wissenschaftlichen Mitarbeiter oder der weiteren Mitarbeiter. Weder findet sich ein Hinweis auf § 45 HG noch ein solcher auf § 47 HG; die Verträge sind insofern neutral. Wenn die Beteiligte in der Anhörung vorträgt, die Dienstverträge wissenschaftlicher Mitarbeiter enthielten den Hinweis auf § 45 HG, kann daraus nicht geschlossen werden, dass das Fehlen eines solchen Hinweises im Dienstvertrag die Zuordnung zum Kreis der weiteren Mitarbeiter nach § 47 HG bedinge. Abgesehen davon, dass der Fachkammer Vertragsentwürfe der Beteiligten für wissenschaftliche Mitarbeiter nicht vorliegen, obliegt es der beteiligten Hochschule, ihre Verträge inhaltlich so bestimmt zu fassen, dass sich daraus im Einzelfall die Zuordnung des jeweiligen Beschäftigten zum Kreis der wissenschaftlichen (§ 45 HG) oder weiteren (§ 47 HG) Mitarbeiter erkennen lässt. Daran mangelt es jedoch in den Dienstverträgen der Beschäftigten L. und L1. .
100Eine Kostenentscheidung entfällt in personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren.