|
|
| Die im Wege objektiver Klagehäufung (§ 44 VwGO) erhobenen Klagen sind zulässig. |
|
| 1. Soweit sich der Kläger gegen die Gebührenfestsetzungen in den Bescheiden vom 30.07.2014 und vom 19.09.2014 (dort jeweils unter Nr. IV) wendet, sind die Klagen als Anfechtungsklagen zulässig. |
|
| Im Hinblick auf den Bescheid vom 30.07.2014 hat das Regierungspräsidium F das vom Kläger durch Widerspruch vom 08.08.2014 eingeleitete Widerspruchsverfahren mit Schreiben vom 03.11.2014 formlos eingestellt. Die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage gegen die Gebührenfestsetzung (Nr. IV) ist als Untätigkeitsklage gemäß §§ 40, 42, 75 VwGO zulässig. Auch die Klage gegen Nr. IV im Bescheid der Beklagten vom 19.09.2014 ist gemäß §§ 40, 42, 75 VwGO zulässig, nachdem die Stadt, die insoweit selbst Widerspruchsbehörde gewesen wäre, keinen Widerspruchsbescheid erlassen hat. |
|
| 2. Der Antrag des Klägers, festzustellen, dass das mit Bescheiden vom 19.08.2014 und vom 19.09.2014 angeordnete Aufenthalts- und Betretungsverbot (jeweils Verfügung Nummer I.1 in den genannten Bescheiden) und die Meldeauflagen (jeweils Verfügung Nummer I.2) einschließlich deren Konkretisierung durch den Bescheid der Beklagten vom 06.10.2014 rechtswidrig waren, ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. |
|
| 2.1 Die hier streitgegenständlichen Regelungen (Betretens- und Aufenthaltsverbote bzw. Meldeauflagen) bezogen sich auf das Jahr 2014 und haben sich daher zwischenzeitlich durch Zeitablauf erledigt (§ 43 Abs. 2 LVwVfG). Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich ein Verwaltungsakt vorher (nach Klagerhebung, aber vor gerichtlicher Entscheidung) durch Rücknahme oder auf andere Weise, etwa durch Zeitablauf, erledigt hat, wie es beim Bescheid vom 19.09.2014 der Fall ist, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Erledigt sich der Verwaltungsakt - wie hier der Verwaltungsakt vom 19.08.2014 - bereits vor Klageerhebung, findet auf die so genannte nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2010 - 6 C 16/09 -, juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.08.2012 - 1 S 618/12 -, juris; Urteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 -, juris). |
|
| 2.2 Der Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklagen steht nicht der Ablauf von Rechtsmittelfristen entgegen. |
|
| 2.2.1 Gegen den Bescheid der Beklagten vom 19.08.2014, der dem Kläger am 20.08.2014 zugegangen ist, hat er zwar keinen Widerspruch eingelegt, mutmaßlich aufgrund der Anmerkung der Beklagten in diesem Bescheid, der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 30.07.2014 werde „auch auf diese Verfügung angewendet“. Daran, ob eine derartige Erstreckung rechtlich möglich ist, hat die Kammer Zweifel. Denn zum einen ist ein Widerspruch vor Ergehen des betreffenden Verwaltungsaktes nicht zulässig und verwandelt sich auch nicht nachträglich in einen zulässigen Widerspruch (vgl. nur Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 68 Rn. 2; Beschluss der Kammer vom 06.08.2015 - 4 K 1382/15 -), und zum anderen unterliegt es allein der Dispositionsbefugnis des Bürgers, ob er gegen einen (erneuten) Bescheid Widerspruch einlegen will oder nicht; dies muss umso mehr gelten, wenn, wie hier, der den ursprünglichen Bescheid ersetzende Bescheid mit ersterem nicht inhaltlich identisch ist, sondern von jenem substantiell (hier etwa im Hinblick auf die Herausnahme der Wohnanschrift des Klägers vom Aufenthalts- und Betretungsverbot) abweicht. Auch hat die Kammer mit Blick auf die nicht allein datumsmäßigen Änderungen im Bescheid vom 19.08.2014 gegenüber dem zu ersetzenden Bescheid vom 30.07.2014 Zweifel daran, ob die Durchführung eines Vorverfahrens entbehrlich und sogleich die Erhebung einer Anfechtungsklage möglich gewesen wäre (vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 68 Rn. 23). |
|
| Ob der Kläger rechtswirksam Widerspruch eingelegt hat, Erledigung durch Zeitablauf somit während des bereits laufenden Widerspruchsverfahren eingetreten ist, oder ob es an einem rechtswirksamen Widerspruch fehlt, und wenn ja, ob dieser entbehrlich gewesen ist, kann jedoch letztlich dahinstehen. Denn Erledigung des am 19.08.2014 erlassenen Verwaltungsaktes ist am Samstag, dem 20.09.2014 und damit während der gemäß § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 2 ZPO bis zum Montag, dem 22.09.2014, laufenden Widerspruchsfrist des § 70 Abs. 1 VwGO eingetreten. In allen genannten Konstellationen bedürfte es jedenfalls nach dem 20.09.2014 der Einleitung bzw. (weiteren) Durchführung eines Widerspruchsverfahrens nicht mehr, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr erfüllen könnte (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.08.2012 - 1 S 618/12 -, juris, m.w.N.). Stattdessen stand mit Ablauf des 20.09.2014 dem Kläger die nachgezogene Fortsetzungsfeststellungsklage offen. Diese ist nicht an die Klagefristen der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden und in zeitlicher Hinsicht nur durch eine Verwirkung begrenzt (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.08.2012 - 1 S 618/12 -, juris; Urteil vom 30.06.2011 - 1 S 2901/10 -, juris). Für eine Verwirkung aber ist im Hinblick auf die weniger als vier Monate nach Erledigung und etwa zwei Monate nach Mitteilung des Regierungspräsidiums F, dass ein Widerspruchsbescheid nach Erledigung nicht mehr ergehe, nichts ersichtlich. |
|
| 2.2.2 Im Hinblick auf die Bescheide der Beklagten vom 19.09.2014 und 06.10.2014 wurde der fristgerecht eingelegte Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums F vom 08.12.2014, zugestellt am 12.12.2014, zurückgewiesen. Erledigung trat am 22.12.2014, 22:00 Uhr ein, somit während der einmonatigen Klagefrist des § 74 Abs. 1 VwGO. Da die Klage am 10.01.2015 und damit binnen Monatsfrist erhoben wurde, bestehen auch insoweit keine Bedenken an der Zulässigkeit der Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage. |
|
| 2.4 Der Kläger kann ferner bezüglich aller mit der Fortsetzungsfeststellungsklage angegriffenen Verwaltungsakte ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse für sich reklamieren. |
|
| Aus dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und dem systematischen Zusammenhang mit § 42 VwGO ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichte nur ausnahmsweise für die Überprüfung erledigter Verwaltungsakte in Anspruch genommen werden können. Nach dem Wegfall der mit dem Verwaltungsakt verbundenen Beschwer wird gerichtlicher Rechtsschutz grundsätzlich nur zur Verfügung gestellt, wenn der Kläger ein berechtigtes rechtliches, wirtschaftliches oder ideelles Interesse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme hat. |
|
| 2.3.1 Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich vorliegend aus dem Gebot effektiven Rechtsschutzes. Art. 19 Abs. 4 GG verlangt, dass der Betroffene die Möglichkeit erhält, die Rechtmäßigkeit ihn belastender Eingriffsmaßnahmen nicht nur im Eil-, sondern auch und gerade in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren überprüfen zu lassen. Handelt es sich daher um Maßnahmen, die sich typischerweise - d.h. entsprechend der Eigenart des Verwaltungsakts - so kurzfristig erledigen, dass sie ohne die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten, eröffnet Art. 19 Abs. 4 GG die Möglichkeit einer Klärung der Rechtmäßigkeit des erledigten Verwaltungsakts im Wege nachträglicher Feststellung (st. RSpr., vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 30.04.1997 - 2 BvR 817/90 -, juris; BVerfG, Beschluss vom 05.07.2013 - 2 BvR 370/13 -, juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.05.2015 - 6 S 494/15 -, juris; Bayer. VGH, Urteil vom 04.02.2014 - 10 B 10.2913 -, juris; OVG Saarland, Urteil vom 26.11.2013 - 3 A 106/12 -, juris). |
|
| Das polizeirechtliche, auf § 27a Abs. 2 PolG BW gestützte Betretungs- und Aufenthaltsverbot, das zeitlich auf den zur Verhütung der Straftat erforderlichen Umfang zu beschränken ist und die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten darf (vgl. § 27a Abs. 2 Sätze 2, 3 PolG), und dessen gerichtlicher Überprüfung zudem ein Widerspruchsverfahren vorgeschaltet ist, gehört zu den sich typischerweise vor der Möglichkeit der Erlangung verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes im Hauptsacheverfahren erledigenden Maßnahmen; aufgrund welcher Einschätzung die Beklagte zu dem Ergebnis gelangt ist, eine typischerweise kurzfristige Erledigung liege „in der vorliegenden Konstellation erkennbar nicht vor“, erschließt sich für die Kammer nicht. Gleiches gilt für die regelmäßig als Annex zu Betretungs- und Aufenthaltsverboten erlassenen, auf §§ 1, 3 PolG BW gestützten Meldeauflagen. |
|
| Art. 19 Abs. 4 GG wurde bei der Frage, inwieweit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse vorliegt, in der Vergangenheit häufig im Zusammenhang mit tiefgreifenden Grundrechtseingriffen, insbesondere solcher, die das Grundgesetz selbst unter Richtervorbehalt gestellt hat, fruchtbar gemacht (vgl. die oben zitierte Rechtsprechung). Insoweit kann aber dahinstehen, inwieweit ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot den grundrechtsrelevanten Bereich der Freiheit der Person nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG (vgl. VG Frankfurt, Urteil vom 24.09.2014 - 5 K 659/14.F -, juris; a.A. Bayer. VGH, Beschluss vom 09.06.2006 - 24 CS 06.1521 -, juris) bzw. das Recht auf Freizügigkeit nach Art. 11 GG (VG Hamburg, Urteil vom 02.10.2012 - 5 K 1236/11 -, juris; Wolf/Stephan/Deger, PolG BW, 6. Aufl., § 27a Rn. 10; Siegel, NJW 2013, 1035) berührt und deshalb bereits einen hinreichend tiefgreifenden Grundrechtseingriff darstellt. Denn nach Auffassung der Kammer ist ein auf Art. 19 Abs. 4 GG gestütztes Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht auf Fälle tiefgreifender Grundrechtseingriffe beschränkt. Das Bundesverwaltungsgericht hat in mehreren Urteilen aus dem Jahr 2013 (Urteil vom 16.05.2013 - 8 C 20/12 -, juris; Urteil vom 16.05.2013 - 8 C 38/12 -, juris; Urteil vom 20.06.2013 - 8 C 39/12 -, juris) festgestellt, die Garantie effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG differenziere nicht nach der Intensität des erledigten Eingriffs und dem Rang der betroffenen Rechte. „Sie gilt auch für einfach-rechtliche Rechtsverletzungen, die - von der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG abgesehen - kein Grundrecht tangieren, und für weniger schwerwiegende Eingriffe in Grundrechte und Grundfreiheiten.“ Dass das Bundesverwaltungsgericht aus diesem Befund nicht explizit den Schluss gezogen hat, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bestehe ungeachtet der Schwere des Eingriffs allein aufgrund typischerweise kurzfristiger Erledigung des Verwaltungsakts, war dem Umstand geschuldet, dass in den dort zu entscheidenden Fallkonstellationen gerade kein sich typischerweise kurzfristig erledigender Verwaltungsakt vorlag mit der Folge, dass dort, da die „Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG selbst bei tiefgreifenden Eingriffen in solche Rechte nicht [gebietet], ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse anzunehmen, wenn dies nicht erforderlich ist, die Effektivität des Rechtsschutzes zu sichern“, das Bestehen eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses im Ergebnis abzulehnen war. Nimmt man jedoch die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zu Art. 19 Abs. 4 GG ernst, so ist im Lichte des Art. 19 Abs. 4 GG ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse in Fällen typischerweise kurzfristiger Erledigung eines Verwaltungsaktes zu bejahen, ohne dass es insoweit besonderer Anforderungen etwa an die Intensität des Grundrechtseingriffs bedürfte (so bereits VG F, Urteil vom 23.02.2012 - 4 K 2649/10 -, juris; vgl. auch Sächs. OVG, Urteil vom 27.01.2015 - 4 A 533/13 -, juris; ebenso Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 113 Rn. 145, m.w.N.; Fehling/Kastner/Störmer, VerwR, § 113 VwGO Rn. 110; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 113 Rn. 282 f.; a.A. VG Düsseldorf, Urteil vom 03.02.2015 - 22 K 5865/13 -, juris, in dem zwar festgestellt wird, die Anforderungen an das Gewicht des Grundrechtseingriffs dürften nicht überspannt werden, andererseits aber eine Verletzung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG allein als nicht gewichtig genug eingestuft wird, um ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu begründen). |
|
| 2.3.2 Dahinstehen kann vor diesem Hintergrund, ob ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse daneben wegen eines Rehabilitierungsinteresses des Klägers zu bejahen ist. Ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (BVerwG, Urteil vom 16.05.2013 - 8 C 20/12 -, juris). |
|
| Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten beruhen vom maßgebenden Empfängerhorizont aus auf dem Vorwurf, der Kläger gehöre zum Personenkreis „Gewalttäter Sport“ und habe sich bei Drittortschlägereien strafbar gemacht. Es spricht einiges dafür, dass dieser doppelte Vorwurf der Beklagten und die daraus resultierende Stigmatisierung des Klägers als einem für seine Umwelt in bestimmten Situationen gefährlichen, sich in strafwürdiger Weise gewalttätig verhaltenden Menschen, der sich aufgrund seines Verhaltens an einer relevanten Zahl von Wochenenden über Stunden hinweg nicht im Innenstadtbereich seines Wohnorts aufhalten darf, sich als gegenüber dem Kläger diskriminierend und seinen grundrechtlichen Ehrschutz aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG beeinträchtigend darstellt (so etwa VG Stuttgart, Urteil vom 14.09.2009 - 5 K 2929/08 -, juris). Dies kann jedoch im Ergebnis offen bleiben. |
|
| Die Klagen sind ferner vollumfänglich begründet. |
|
| 1. Die Begründetheit der gegen die Verfügungen Nummer IV. in den Bescheiden der Beklagten vom 30.07.2014 und vom 19.09.2014 - Gebührenfestsetzungen von jeweils 150,-- EUR - ergibt sich bereits daraus, dass eine Gebühr, die für eine rechtswidrige Amtshandlung erhoben wird, deren Schicksal teilt und selbst als rechtswidrig zu qualifizieren ist. Die in den Bescheiden vom 30.07.2014 und vom 19.09.2015 erlassenen Betretungs- und Aufenthaltsverbote sowie Meldeauflagen aber erweisen sich, wie sich aus den Ausführungen unter 2. ergibt, als rechtswidrig. Auch die Gebührenfestsetzungen sind daher rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). |
|
| 2. Auch die Fortsetzungsfeststellungsklagen sind begründet. Denn die Bescheide vom 30.07.2014, 19.08.2014 und 19.09.2014 in Gestalt der Konkretisierung durch den Bescheid vom 06.10.2014 waren rechtswidrig. |
|
| 2.1 Der Bescheid der Beklagten vom 30.07.2014 ist bereits wegen eines Anhörungsmangels formal rechtswidrig gewesen. |
|
| 2.1.1 Nach § 28 Abs. 1 LVwVfG ist einem Beteiligten vorbehaltlich der Ausnahmen in § 28 Abs. 2, 3 LVwVfG Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in seine Rechte eingreift. |
|
| Eine Anhörung des Klägers durch die Beklagte vor Erlass des Bescheides vom 30.07.2014 hat nicht stattgefunden. Dafür, dass Ausnahmegründe i.S.d. § 28 Abs. 2, 3 LVwVfG gegeben wären, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, gibt es vorliegend keine hinreichenden Anhaltspunkte. Zwar erhielt die Beklagte erst durch Schreiben des Polizeipräsidiums F vom 23.07.2014 davon Kenntnis, dass es über den Kläger personenbezogene Kenntnisse gibt, wonach er sich an körperlichen Auseinandersetzungen außerhalb von Fußballbegegnungen beteilige und die Wahrscheinlichkeit für die zukünftige Straftatenbegehung als hoch zu bezeichnen sei, weshalb Antrag auf Erteilung einer Meldeauflage sowie eines Aufenthalts- und Betretungsverbots für Begegnungen ab dem 02.08.2014 gestellt werde. Dennoch blieb der Beklagten ungefähr eine Woche bis zum geplanten Erlass der beantragten Auflagen und Verbote vor der ersten anstehenden Begegnung. Auch wenn die Beklagte in diesem Zeitraum eine Verbotsverfügung nicht lediglich formulieren, sondern zunächst auch die Akten sichten und ggf. durch Rückfragen bei der Polizei den Sachverhalt aufklären musste, kann die Kammer nicht erkennen, dass sie den Kläger nicht vom beabsichtigten Erlass eines Bescheides beispielsweise fernmündlich hätten informieren und ihm Gelegenheit etwa zu einer persönlichen Vorsprache binnen einer eng bemessenen Frist hätte geben können. Dass durch eine vorherige Anhörung auch bei Gewährung kürzester Anhörungsfristen ein Zeitverlust eingetreten wäre, der im Sinne von § 28 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Folge gehabt hätte, dass die durch den Verwaltungsakt zu treffende Regelung zu spät gekommen wäre, um ihren Zweck zu erreichen, kann die Kammer - zumal auch nichts dafür vorgetragen ist, dass der Zweck der Aufenthalts- und Betretungsverbote nicht hätte erreicht werden können, wenn diese erst ab der zweiten Begegnung gegolten hätten - nicht erkennen. Eine Anhörung wäre daher tunlich gewesen. |
|
| Die Kammer sieht sich vor dem Hintergrund, dass in Sachverhaltskonstellationen wie den vorliegenden nach dem Eindruck der Kammer die Beklagte fast regelhaft auf eine Anhörung zu verzichten scheint, zu dem Hinweis veranlasst, dass die gesetzlichen, in § 28 Abs. 1 LVwVfG verankerten Anhörungsrechte mitnichten ein relatives, auch nachträglich gewährbares Recht darstellen, sie vielmehr - ungeachtet der Heilungsmöglichkeit des § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG - grundsätzlich als zwingendes Recht ausgestaltet sind, hinter dem das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) steht. |
|
| 2.1.2 Der Anhörungsmangel ist vorliegend auch nicht gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG unbeachtlich. Nach dieser Vorschrift ist ein Verstoß gegen § 28 LVwVfG unbeachtlich, wenn der die erforderliche Anhörung eines Beteiligten bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (Abs. 2) nachgeholt wird. Eine Heilung in diesem Sinne tritt allerdings nur dann ein, wenn die Anhörung nachträglich ordnungsgemäß durchgeführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht wird (BVerwG, Urteil vom 24.06.2010 - 3 C 14/09 -, juris). Das setzt voraus, dass der Beteiligte - nachträglich - eine vollwertige Gelegenheit zur Stellungnahme erhält und die Behörde die vorgebrachten Argumente zum Anlass nimmt, die ohne vorherige Anhörung getroffene Entscheidung kritisch zu überdenken (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45 Rn. 26, m.w.N.; Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Aufl., § 45 Rn. 76, m.w.N.). Die Heilung ist ausgeschlossen, wenn die nachgeholte Verfahrenshandlung ihre rechtsstaatlich gebotene Funktion nicht mehr erfüllen kann (Hess. VGH, Urteil vom 06.05.2015 - 6 A 493/14 -, juris). |
|
| Gemessen daran ist eine Heilung hier nicht erfolgt. Eine Heilung des Anhörungsfehlers wäre nur bis zum 17.08.2014 möglich gewesen, da sich die Aufenthalts- und Betretungsverbote bzw. Meldeauflagen zu diesem Zeitpunkt durch Zeitablauf erledigten und eine Nachholung der Anhörung nach Erledigung eines Verwaltungsaktes nicht mehr in Betracht kommt (Ziekow, VwVfG, 3. Aufl., § 45 Rn. 14; Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 1. Aufl., § 45 Rn. 43; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 45 Rn. 76). Bis zu diesem Zeitpunkt aber war eine Heilung nicht erfolgt. |
|
| Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine unterbliebene Anhörung regelmäßig auch dadurch geheilt werden kann, dass der Betroffene auf Grundlage der dem Verwaltungsakt beigefügten Begründung die Möglichkeit hat, im Rahmen der Widerspruchsbegründung zu den im Bescheid verwerteten Tatsachen Stellung zu nehmen und weitere ihm bedeutsam erscheinende Tatsachen vorzutragen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17.08.1982 - 1 C 22/81 -, NVwZ 1983, 284; Stelkens/Bonk/Sachs, VwGO, 7. Aufl., § 45 Rn. 80). Vorliegend hat der Kläger am 08.08.2014 Widerspruch eingelegt. Allerdings führt nicht bereits die Widerspruchseinlegung als solche zu einer Heilung des Verfahrensmangels der Anhörung. Eine Heilung tritt nämlich nicht bereits aufgrund schlichter isolierter Nachholung der fehlerhaften oder versäumten Verfahrenshandlung ein (vgl. zum Folgenden Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 45 Rn. 43, 46; Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 1. Aufl., § 45 Rn. 105; Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl., § 45 Rn. 16 f., 47; jew. m.w.N.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17.08.1982 - 1 C 22/81 -, NVwZ 1983, 284). Läge in dem Widerspruch bereits die Heilung der von der Erstbehörde unterlassenen Anhörung, liefe § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG weitgehend leer (vgl. dazu Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., Rn. 79), denn eine Überprüfung dieses Verfahrensfehlers erfolgt in aller Regel nur aufgrund eines Widerspruchs, der seinerseits grundsätzlich die Heilung bewirkte, ohne dass die Behörde ihrerseits zu irgendeinem Zeitpunkt die Ausführungen des Betroffenen zur Kenntnis nehmen müsste. Vielmehr bedarf es hierfür insbesondere im Falle einer zunächst unterbliebenen Anhörung im Anschluss an deren Nachholung einer nochmaligen neuen und unvoreingenommenen Überprüfung des ursprünglichen Verwaltungsaktes durch die Behörde anhand etwaigen Vorbringens des Betroffenen sowie aller seit dem Erlass des Verwaltungsaktes zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen der Rechts- oder Sachlage und des Weiteren einer daran anschließenden Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Verwaltungsaktes. Ob das Ergebnis der erneuten Überprüfung dem Betroffenen in einem separaten Schreiben mitgeteilt werden muss oder ob es ausreicht, dass aus den Akten bzw. im Rahmen eines Abhilfe- oder Widerspruchsbescheids aus dem Bescheid deutlich wird, dass die Behörde ihre Ausgangsentscheidung kritisch überprüft hat, kann vorliegend dahinstehen. Denn vorliegend hat die Beklagte ihre Ausgangsentscheidung bis zum 19.08.2014 nicht überprüft und lediglich unter dem 19.08.2014 einen neuen, teilweise inhaltlich abweichenden Bescheid erlassen, der den Bescheid vom 30.07.2014 für die Zukunft ersetzte. |
|
| Nachdem folglich eine Heilung gemäß § 45 LVwVfG nicht stattgefunden hat und bei der im Ermessen der Behörde stehenden Verhängung von Aufenthalts- und Betretungsverboten auch kein Fall des § 46 LVwVfG gegeben ist, war der Bescheid vom 30.07.2014, soweit er die genannten Aufenthalts- und Betretungsverbote sowie Meldeauflagen betraf, rechtswidrig. |
|
| 2.1.3 Abgesehen davon ist der Bescheid auch deshalb rechtswidrig gewesen, weil die Voraussetzungen des § 27a Abs. 2 PolG nicht vorgelegen haben (vgl. dazu die Ausführungen unter 2.3.2, die auf diesen Bescheid uneingeschränkt übertragbar sind). |
|
| 2.2 Auch der Bescheid vom 19.08.2014 ist bereits wegen eines Anhörungsmangels formal rechtswidrig gewesen. |
|
| Auch vor Erlass des angefochtenen Bescheides vom 19.08.2014 hat eine ausdrückliche Anhörung des Klägers durch die Beklagte nicht stattgefunden. Eine Anhörung ist zur Überzeugung der Kammer auch nicht darin zu sehen, dass die Beklagte unter dem 30.07.2014 einen - im Wesentlichen gleich lautenden - Bescheid gegen den Kläger erlassen hatte, vor dessen Erlass sie den Kläger zwar ebenfalls nicht angehört hatte, gegen den dieser jedoch mit Schreiben vom 08.08.2014 Widerspruch eingelegt hat. Denn unabhängig davon, unter welchen Voraussetzungen der Anhörungsmangel betreffend den Bescheid vom 30.07.2014 durch die Widerspruchseinlegung hätte geheilt werden können, ist in der Widerspruchseinlegung jedenfalls keine Anhörung bezüglich eines anderen, im Übrigen, wie insbesondere aus dem Herausnahmen der Wohnanschrift des Klägers vom Aufenthaltsverbot deutlich wird, mit dem Bescheid vom 30.07.2014 nicht identischen Bescheids zu sehen. Davon abgesehen hatte der Kläger seinen Widerspruch vom 08.08.2014 noch nicht vollumfänglich begründet in der berechtigten Erwartung, dies im Laufe des Widerspruchsverfahrens nach Einsichtnahme in die Ermittlungsakten von Polizei und Staatsanwaltschaft tun zu können. Auch hieran wird deutlich, dass hier der Widerspruchseinlegung nicht zugleich die Funktion einer Anhörung eines noch zu erlassenden Verwaltungsaktes zugeschrieben werden kann. |
|
| Dafür, dass Ausnahmegründe i.S.d. § 28 Abs. 2, 3 LVwVfG gegeben wären, gibt es auch hier keine Anhaltspunkte. Nachdem seit dem 08.08.2014 ein Rechtsanwalt mandatiert war, hätte die Beklagte diesem unschwer per Telefax Kenntnis über den beabsichtigten Neuerlass eines Betretungs- und Aufenthaltsverbotes geben und eine - sei es auch kurz bemessene - Frist zur Stellungnahme einräumen können. Dies hätte den Erlass des Bescheides, der erstmals für den 23.08.2014 - hier bezüglich der Herausnahme der Wohnanschrift des Klägers aus dem Regelungsbereich des Aufenthalts- und Betretungsverbots - eine Regelung traf, nicht untunlich verzögert. |
|
| Eine Anhörung wäre daher auch vor Erlass des Bescheids vom 19.08.2014 erforderlich gewesen. |
|
| Der Anhörungsmangel ist vorliegend auch nicht gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG unbeachtlich. Eine Heilung des Anhörungsfehlers wäre nur bis zum 20.09.2014, 14.00 Uhr, möglich gewesen, da der Bescheid sich zu diesem Zeitpunkt erledigte. Bis zu diesem Zeitpunkt aber war eine Heilung nicht erfolgt. Zwar kann, wie bereits dargelegt, ein Anhörungsmangel dadurch geheilt werden, dass der Betroffene gegen einen Ausgangsbescheid, dessen Begründung sich die wesentlichen Argumente der Behörde entnehmen lassen, Widerspruch einlegt. Der Kläger hat aber - wie gesehen - gegen den Bescheid vom 19.08.2014 keinen Widerspruch eingelegt und sich auch im Übrigen vor Erledigung des Verwaltungsaktes durch Zeitablauf am 20.09.2014 gegenüber der Behörde zur Rechtmäßigkeit dieses Bescheids nicht geäußert. Im Übrigen hätte, wie bereits dargelegt, auch eine Widerspruchseinlegung als solche nicht zu einer Heilung des Verfahrensmangels der Anhörung geführt, da diese jedenfalls eine ergebnisoffene Überprüfung der Ausgangsentscheidung durch die Behörde voraussetzt. An einer - wie auch immer gearteten - Überprüfung der Ausgangsentscheidung durch die Beklagte aber fehlte es bis zum Zeitpunkt der Erledigung. |
|
| Nachdem folglich eine Heilung gemäß § 45 LVwVfG nicht stattgefunden hat und bei der im Ermessen der Behörde stehenden Verhängung von Aufenthalts- und Betretungsverboten auch kein Fall des § 46 LVwVfG gegeben ist, war auch der Bescheid vom 19.08.2014 rechtswidrig. |
|
| Abgesehen davon ist der Bescheid auch deshalb rechtswidrig gewesen, weil die Voraussetzungen des § 27a PolG nicht vorgelegen haben (vgl. dazu die Ausführungen unter 2.3.2, die auf diesen Bescheid uneingeschränkt übertragbar sind). |
|
| 2.3 Auch der Bescheid vom 19.09.2014, konkretisiert durch Bescheid vom 06.10.2014, ist im Ergebnis rechtswidrig gewesen. |
|
| 2.3.1 Zwar sind diese Bescheide formell rechtmäßig zustande gekommen. Insbesondere wurde der Kläger im Vorfeld des Erlasses des Bescheids vom 19.09.2014 angehört (vgl. Schreiben vom 10.09.2014), wobei die recht kurze Frist zur Stellungnahme umso weniger Bedenken aufwirft, als es sich hierbei inhaltlich lediglich um die Verlängerung bereits bestehender Verbote bzw. Auflagen handelt. Zwar wurde der Kläger vor Erlass dieses Bescheides nicht separat angehört; bereits mit Schreiben vom 10.09.2014 war der Kläger aber allgemein zum Erlass von Betretungs- und Aufenthaltsverboten sowie Meldeauflagen für den Zeitpunkt 21.09.2014 bis zum 20.12.2014 unter Verweis auf die Begründung im Bescheid vom 19.08.2014 angehört worden. Gegenstand der Anhörung waren folglich auch die mit Bescheid vom 06.10.2014 verhängten Maßnahmen. |
|
| 2.3.2 Das mit Bescheid vom 19.09.2014 unter Nr. I.1. gegen den Kläger verhängte Aufenthalts- und Betretungsverbot betreffend näher bestimmte Bereiche Fs an einzelnen Tagen im Zeitraum vom 27.09.2014 bis zum 21.12.2014, konkretisiert durch Bescheid vom 06.10.2014, erweist sich jedoch als materiell rechtswidrig. |
|
| Das Aufenthalts- und Betretungsverbot ist auf § 27a Abs. 2 PolG gestützt. Nach § 27a Abs. 2 Satz 1 PolG kann die Polizei einer Person verbieten, einen bestimmten Ort, ein bestimmtes Gebiet innerhalb einer Gemeinde oder ein Gemeindegebiet zu betreten oder sich dort aufzuhalten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person dort eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird (Aufenthaltsverbot). Das Aufenthaltsverbot ist zeitlich und örtlich auf den zur Verhütung der Straftat erforderlichen Umfang zu beschränken und darf räumlich nicht den Zugang zur Wohnung der betroffenen Person umfassen (Satz 2). Es darf die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten (Satz 3). |
|
| Die Beklagte stützt die gegen den Kläger verhängten Aufenthalts- und Betretungsverbote auf Erkenntnisse der Polizei. Danach sei der Kläger dem erweiterten Umfeld der Fer Problemfanszene (Drittortszene) zuzurechnen, die sich aus Personen der „ABC“ und „DEF“ zusammensetze. Auch wenn der Kläger keiner der Gruppen zuzuordnen sei, beteilige er sich vorsätzlich und willentlich an geplanten Schlägereien. In den Jahren 2012/13 habe er sich an zwei Drittortauseinandersetzungen beteiligt; weitere Drittortauseinandersetzungen, an denen der Kläger habe teilnehmen wollen, seien aus verschiedenen Gründen abgesagt worden. Mitglieder der Fer Ultraszene seien an Gewaltdelikten und anderen Straftaten beteiligt gewesen (Zünden von Pyrotechnik im Stadion, körperliche Auseinandersetzungen mit gegnerischen Problemfans im Bereich des Stadions oder der Innenstadt, Beschädigung von Sitzschalen, Widerstand gegen Polizeibeamte etc.). Der Umstand, dass der Kläger sich nachweislich in der Saison 2012/13 an Drittortauseinandersetzungen beteiligt habe, zeige seinen Hang zur Gewalt und dazu, bei Fußballbegegnungen die Konfrontation zu gegnerischen Fans erneut bewusst zu suchen. Es sei, so die Polizei, nicht auszuschließen, dass sich der Betroffene bei Fußballspielen aufhalte und hier eine körperliche Konfrontation mit gegnerischen Fans suche. |
|
| Die Beklagte hatte keinen Grund, an der Richtigkeit der schriftlich vorgelegten Erkenntnisse der polizeilichen szenekundigen Beamten zu zweifeln. Durch jahrelange Beobachtung der Hooliganszene sowie durch die Sachbearbeitung aller Delikte rund um Fußballspiele verfügen szenekundige Beamte über eine umfassende Personenkenntnis und sind in der Lage, Problemfans differenziert zu beurteilen. Für ihre Informationsgewinnung greifen sie auf die Zentrale Informationsstelle Sportveranstaltungen zurück, bei welcher sämtliche Hinweise aus allen Bundesligastandorten zentral gebündelt und von dort wieder an die einzelnen Dienststellen und hier an die szenekundigen Beamten weitergegeben werden. Außerdem stehen sie untereinander in ständigem Kontakt und beobachten die Hooliganszene anlässlich von Fußballspielen. Aus der Bündelung dieser Informationen wird das Erkenntnismaterial gewonnen, das zur Beurteilung der Gefahrenprognose bei präventiven Maßnahmen zu Grunde gelegt wird (VG Minden, Urteil vom 29.06.2005 - 11 K 2952/04 -, juris; VG Braunschweig, Beschluss vom 08.06.2006 - 5 B 173/06 -, juris; VG München, Urteil vom 25.02.2010 - M 22 K 08.203 -, juris; VG Meiningen, Urteil vom 08.02.2011 - 2 K 453/09 Me -, juris). |
|
| Diese polizeiliche Auswertung der Sachlage und Gefahreneinschätzung, die in der mündlichen Verhandlung von Herrn K vom Polizeirevier F-Süd weiter erläutert wurde, rechtfertigt zur Überzeugung der Kammer ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot gegen den Kläger für Bereiche der Innenstadt bzw. um das Stadion herum nicht. Vielmehr fehlte es insoweit im Herbst 2014 an Tatsachen, die die Annahme rechtfertigten, dass der Kläger gerade in den vom Aufenthaltsverbot betroffenen Bereichen - und nur hierauf kommt es an - eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen werde, so dass bereits der Tatbestand des § 27a Abs. 2 PolG nicht erfüllt gewesen ist. |
|
| Zwar ist die Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Frage, wann gegen ein Mitglied einer gewaltbereiten Fangruppierung bzw. einer Hooligangruppe ein Aufenthalts- und Betretungsverbot erlassen werden kann, weil Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person in dem vom Aufenthaltsverbot erfassten Bereich eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird, relativ großzügig. So wird zu Recht nicht verlangt, dass dem Betroffenen im Einzelnen eine konkrete Tatbegehung nachgewiesen werden kann (VG Minden, Beschluss vom 02.10.2014 - 11 L 763/14 -, juris; VG Arnsberg, Beschluss vom 01.07.2009 - 3 L 345/09 -, juris; VG Aachen, Beschluss vom 26.04.2013 - 6 L 170/13 -, juris; VG Hannover, Beschluss vom 21.07.2011 - 10 B 2096/11 -, juris; ); selbst der Nachweis der Zugehörigkeit zum Kernbereich der gewalttätigen Fan- bzw. Hooliganszene wird als nicht erforderlich erachtet (VG Braunschweig, Beschluss vom 08.06.2006 - 5 B 173/06 -, juris). Begründet wird dies überzeugend damit, dass eine von einem Mitglied einer gewaltbereiten Gruppierung ausgehende Gefahr schon darin besteht, dass dieser durch seine zum Ausdruck gebrachte Zugehörigkeit zu dieser Gruppe die Gewaltbereitschaft fördert und für diejenigen, die persönlich Gewalt anwenden, eine zumindest psychologische Stütze darstellt. Die von Hooligans oder gewaltbereiten Fans etwa einer Ultra-Gruppierung begangenen Straftaten haben ein typisches Erscheinungsbild und stellen sich als Deliktstyp dar, der aus der homogenen Gruppe heraus initiiert und gesteigert wird. Die gewaltbereite Szene benötigt ein unterstützendes Umfeld; schon die bloße Anwesenheit von Gleichgesinnten trägt zur Gewaltbereitschaft derjenigen bei, die ihrem Kernbereich zuzurechnen sind und aus der Anonymität der Gruppe heraus agieren. |
|
| Andererseits lassen sich Maßnahmen auf Grundlage des § 27a Abs. 2 PolG nicht auf reine Vermutungen stützen; vielmehr müssen aussagekräftige, tatsächliche Hinweise dafür vorliegen, dass der Betreffende nicht nur allgemein, sondern gerade dort, wo das Aufenthaltsverbot gelten soll, eine Straftat verüben wird (VG Stuttgart, Beschluss vom 08.06.2006 - 5 K 2106/06 -, juris; VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 15.07.2014 - 5 K 996/13.NW -, juris; Wolf/Stephan/Deger, PolG BW, 6. Aufl., § 27a Rn. 11; Belz/Mussmann/Kahlert/Sander, PolG BW, 8. Aufl., § 27a Rn. 10; Siegel, NJW 2013, 1035). |
|
| An derartigen aussagekräftigen Hinweisen dafür, dass der Kläger zukünftig in den vom Aufenthalts- und Betretungsverbot erfassten Bereichen eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen würde, aber fehlt es nach Auffassung der Kammer. Wie Herr K vom Polizeirevier F Süd und später auch der szenekundige Beamte M anlässlich seiner Angaben im Verfahren 4 K 3074/14 ausgeführt haben, ist der Kläger nicht deshalb ins Visier der Polizei geraten, weil er bereits in der Vergangenheit im Bereich des Stadions oder der Innenstadt als zur Gewalt neigend oder auch nur als Mitglied einer Ultra-Gruppierung aufgefallen wäre; tatsächlich hat der Kläger, der auch nach Informationen der Polizei keiner Ultra-Gruppierung zuzuordnen war, auch nach eigenen Angaben nur selten eine Fußballbegegnung im Stadion verfolgt. Ein Aufenthalts- und Betretungsverbot wurde gegen ihn letztlich (nur) deshalb verhängt, weil er nachweislich an Drittortauseinandersetzungen mit Fans rivalisierender Vereine teilgenommen hat. So hat er sich am 13.10.2012 an einer Drittortauseinandersetzung mit einer Gruppierung aus Nancy in L in Frankreich und am 12.04.2013 an einer Auseinandersetzung mit einer Gruppierung aus H in der Nähe von T beteiligt und war darüber hinaus ausweislich der im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens erfolgten Rekonstruktion eines SMS-Verlaufs auf dem iPhone von R an Planungen hinsichtlich einer geplanten Drittortauseinandersetzung mit einer Gruppierung aus Ulm in der Nähe von Pforzheim im März 2013 sowie einer weiteren Auseinandersetzung gegen München in Friedrichshafen / Bodensee im Mai 2013 beteiligt bzw. wurde insoweit angefragt, sagte aber jeweils ab. Damit hat sich der Kläger mehrfach der (gefährlichen) Körperverletzung schuldig gemacht (vgl. zur Strafbarkeit verabredeter Schlägereien konkurrierender Gruppierungen BGH, Urteil vom 22.01.2015 - 3 StR 233/14 -, juris). Allerdings gab und gibt es für die Polizei keinen Hinweis darauf, dass der Kläger im örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit Fußballbegegnungen - und damit außerhalb von Drittortauseinandersetzungen, die im gegenseitigen Einverständnis stattfinden und nach gewissen Regeln ablaufen - gegnerische Fans provoziert oder angegangen oder zur Begehung von Straftaten durch andere gewaltbereite Fans in irgendeiner Weise beigetragen hätte. Zwar hat der Polizeibeamte M ausgeführt, es spreche einiges dafür, dass jemand, der sich bereits außerhalb des Stadions körperlich mit gegnerischen Fans gemessen habe, auch bei kritischen Situationen im Stadionbereich eher die körperliche Auseinandersetzung suche als jemand, der Gewalt für sich vollständig ablehne. Unabhängig davon, ob diese Überlegungen grundsätzlich als konkreter Anhaltspunkt für die Begehung von Straftaten dienen und damit ein Aufenthalts- und Betretungsverbot rechtfertigen können, ist ein solcher Schluss im Zusammenhang mit dem Kläger bereits deshalb unzulässig, weil er auch nach Informationen der Polizei im Vorfeld der Verhängung der Aufenthalts- und Betretungsverbote gerade nicht zum engeren Kreis der Ultra-Fans gehörte und sich auch nur gelegentlich - und wenn, dann offenbar für die Polizei unauffällig - im Stadion aufhielt. Allein aus der Beteiligung an Drittortauseinandersetzungen aber wird lässt sich gerade nicht herleiten, dass der betreffende Fußballfan bewusst auch im engeren oder weiteren Umfeld von Stadien die tätliche Auseinandersetzung mit anderen Fußballfans suchen wird (vgl. VG Stuttgart, Beschluss vom 08.06.2006 - 5 K 2106/06 -, juris, und Urteil vom 14.09.2009 - 5 K 2929/08 -, juris). Auch der Eintrag in die Datei „Gewalttäter Sport“ ist als solcher keine Tatsache, die im Sinne von § 27a Abs. 2 PolG die Annahme der Begehung von Straftaten rechtfertigt, sondern allenfalls ein Hinweis auf das Vorliegen entsprechender Tatsachen; er enthebt die Behörde daher nicht davon, ihre Einschätzung, der Betreffende werde in einem bestimmten Bereich eine Straftat begehen, auf konkret belegbare Ereignisse zu stützen (OVG Bremen, Beschluss vom 10.02.2010 - 1 B 30/10 -, juris; VG Hamburg, Urteil vom 02.10.2012 - 5 K 1236/11 -, juris; VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 15.07.2014 - 5 K 996/13.NW -, juris). Schließlich schätzte auch die Polizei die Lage offenbar nicht so ein, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit bestanden hat, der Kläger werde in den vom Aufenthaltsverbot betroffenen Bereichen Straftaten begehen oder zu ihrer Begehung beitragen. Vielmehr ist in den polizeilichen Stellungnahmen zur Person des Klägers lediglich davon die Rede, der Kläger sei dem „erweiterten Umfeld der Fer Problemfanszene (Drittortszene) zuzurechnen“ und es könne „nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Betroffene bei Fußballspielen aufhält und hier eine körperliche Konfrontation mit gegnerischen Fans sucht“. Es folgt eine Chronologie der Ereignisse, an denen die Ultragrupperungen „ABC“ und „DEF“ beteiligt waren, jedoch ohne Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger an einer der Aktionen beteiligt oder auch nur dabei anwesend war. Allein die abstrakte, von allgemeinen Erfahrungswerten gestützte Möglichkeit, der Kläger könne in Zukunft in Abweichung von seinem bisherigen Verhalten auch im Bereich des Stadions oder der Innenstadt auffällig werden und bei künftigen Spielen dort sicherheitsrelevante Störungen verursachen, aber genügt nicht für die Erfüllung des Tatbestands des § 27a Abs. 2 PolG. |
|
| 2.3.3 Auch die Meldeauflage in dem Bescheid der Beklagten vom 19.09.2014 ist (Nr. I.2.) als rechtswidrig zu qualifizieren. |
|
| Eine Meldeauflage zielt darauf, dass die betreffende Person sich bei einer bestimmten polizeilichen Dienststelle zu einem bestimmten Zeitpunkt „melden“ muss. Im Gegensatz zu einem Aufenthalts- und Betretungsverbot regelt sie unmittelbar nicht das „Wegbleiben“ vom einem bestimmten Ort, sondern das „Hinkommen“ zu einer Polizeidien (Siegel, NJW 2013, 1035). Mangels spezialgesetzlicher Grundlage lässt sich eine derartige Meldeauflage auf die polizeiliche Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) stützen (BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 6 C 39/06 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.06.2000 - 1 S 1271/00 -, juris). Voraussetzung für den Erlass einer Meldeauflage ist danach das Vorliegen einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, wobei eine objektive ex-ante-Sicht maßgeblich ist. Die Beklagte hat den Erlass der Meldeauflage damit begründet, dass der Kläger von einer Anreise zum Auswärtsspielort des SC F und dadurch von der Teilnahme an hooligantypischen Auseinandersetzungen bei Auswärtsspielen habe abgehalten werden sollen. Damit lässt sich jedoch der Erlass einer Meldeauflage nicht rechtfertigen. Ebenso wenig nämlich wie konkrete Anhaltspunkte dafür bestanden, der Kläger werde im Bereich des Stadions Straftaten begehen, bestand eine hinreichend konkrete Gefahr dafür, dass der Kläger bei Auswärtsspielen am Auswärtsspielort straffällig werden würde. Denn der Kläger war in der Vergangenheit zu keinem Zeitpunkt am Auswärtsspielort einer Mannschaft des SC F auffällig geworden; es fehlte darüber hinaus bereits an Anhaltspunkten dafür, dass er sich überhaupt an Auswärtsspieltagen am Auswärtsspielort des SC F aufhalten würde. Aber auch der für eine Eignung der verhängten Maßnahme zur Verhinderung von Straftaten erforderliche zeitliche Zusammenhang zwischen Auswärtsspielen des SC F und Drittortauseinandersetzungen war nicht gegeben. So fand etwa die Auseinandersetzung in T am 12.04.2013 im Zusammenhang mit einem Heimspiel des SC F statt, die Drittortauseinandersetzung bei H am 11.08.2012, an der auch der Kläger im Verfahren 4 K 3074/14 beteiligt war, stand gar nicht im Zusammenhang mit einer Partie der ersten oder zweiten Mannschaft des SC F, und die für den 10.03.2013 geplante Auseinandersetzung gegen U wurde mangels Beteiligung kurzerhand auf den 23.03.2013 verschoben. |
|
| 2.4 Vor diesem Hintergrund ist auch die Zwangsgeldandrohung betreffend die unter Anordnung des Sofortvollzugs erlassene Meldeauflage rechtswidrig gewesen. |
|
| Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Gericht sieht im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens davon ab, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Gründe, die Berufung durch das Verwaltungsgericht zuzulassen, bestehen nicht. |
|