Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 08. März 2016 - 18 K 2039/15
Gericht
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
1
Gründe:
2I.
3Der am 00.00.2003 geborene Sohn H. der Kläger besuchte in den Schuljahren 2009/2010 sowie 2010/2011 die N. -von-U. -Grundschule in N1.. Mit Bescheid vom 23. Mai 2011 stellte das Schulamt für die Stadt N1. fest, dass bei H. sonderpädagogischer Förderbedarf mit den Schwerpunkten Lernen/Emotionale und soziale Entwicklung besteht und bestimmte als Förderort eine Förderschule. Seit dem Schuljahr 2011/2012 besucht H. die X. -C. Schule (Förderschule) in N1..
4Nachdem die Kläger den Wunsch geäußert hatten, einen Fördererortwechsel herbeizuführen und H. am Gemeinsamen Lernen teilnehmen zu lassen, befasste sich im Herbst 2014 zunächst die Klassenkonferenz und später auch die Stufenkonferenz der X. -C. -Schule (Förderschule) mit diesem Thema. Beide Konferenzen kamen zu dem Ergebnis, unter Beibehaltung beider Förderschwerpunkte einen Antrag auf Wechsel des Förderortes zu stellen. In dem am 27. November 2014 gestellten Antrag betreffend das Schuljahr 2015/2016 wurde als gewünschter künftiger Förderort für H. die allgemeine Schule (Gemeinsamer Unterricht) angegeben und wurden konkret die Schule am I. , die Gesamtschule T. sowie die X1. -C1. -Schule genannt.
5Mit Bescheid vom 12. Februar 2015 lehnte das Schulamt für die Stadt N1. diesen Antrag ab. Eine Aufnahme des Sohnes der Kläger in das Gemeinsame Lernen könne nicht erfolgen, weil zur Zeit keine weiterführende Schule angeboten werden könne, an der die Möglichkeit der Aufnahme in das Gemeinsame Lernen in Klasse 7 bestehe. Ein Rechtsanspruch bestehe insoweit nur für Schülerinnen und Schüler, die im Schuljahr 2015/2016 die Jahrgänge 5 oder 6 besuchen.
6Am 13. März 2015 haben die Kläger im Hinblick auf die gleichzeitig erhobene Klage einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt. Sie machen geltend, ein Wechsel des Förderortes sei dringend im Interesse ihres Sohnes, da die akute Schulsituation den Sohn der Kläger in erheblichem Umfang psychisch belaste. Ferner seien die schulischen Leistungen des Sohnes der Kläger gut.
7Die Kläger beantragen,
8ihnen für das Begehren, den Bescheid des Beklagten vom 12. Februar 2015 aufzuheben und dem Antrag der Kläger auf Wechsel des Förderortes ihres Sohnes H. stattzugeben, Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
9Zur Begründung seines Klageabweisungsantrags hat der Beklagte im Rahmen der Klage vorgetragen, es seien weder die Schule am I. noch die X1. -C1. -Gesamtschule bereit gewesen, den Sohn der Kläger in die zukünftige 7. Klasse aufzunehmen. In der weiter benannten Gesamtschule T. sei im fraglichen Jahrgang kein Gemeinsames Lernen für zieldifferent zu unterrichtende Schülerinnen und Schüler eingerichtet. Ferner bestehe ein Rechtsanspruch im Schuljahr 2015/2016 in der Sekundarstufe I nur für Schülerinnen und Schüler, die dann die 5. oder 6. Klasse besuchen.
10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
11II.
12Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat keinen Erfolg.
13Nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
14Unabhängig davon, ob im Falle der Kläger die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe erfüllt sind, bietet ihre Klage jedenfalls nicht die erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht. Die Klage ist zwar als Verpflichtungsklage statthaft. Der angefochtene Bescheid des Schulamtes für die Stadt N1. vom 12. Februar 2015 ist als Ablehnung eines begünstigenden Verwaltungsaktes zu verstehen. Denn mit Blick auf den bestandskräftigen und unbefristet geltenden Bescheid vom 23. Mai 2011, mit dem das Schulamt den Förderort „Förderschule“ festgelegt hatte, begehren die Kläger eine Rechtskreiserweiterung.
15Vgl. zur Klageart OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2014 - 19 B 849/14 -, juris, Rn. 9.
16Nach dem im Prozesskostenhilfeverfahren anzulegenden Prüfungsmaßstab haben die Kläger mit Blick auf die Begründetheit ihrer Klage jedoch keinen Anspruch darauf, dass das Schulamt für die Stadt N1. die Förderortbestimmung im Bescheid vom 23. Mai 2011 ändert, den Bescheid vom 12. Februar 2015 aufhebt und ihnen als allgemeine Schule, an der ein Angebot zum Gemeinsamen Lernen eingerichtet ist, eine der von ihnen benannten Schulen vorschlägt.
17Ein solcher Anspruch lässt sich nicht aus § 19 Abs. 5 Satz 3 SchulG NRW herleiten. Denn diese Vorschrift - die eine entsprechende Regelung enthält - ist auf den Sohn der Kläger nicht anwendbar. Insoweit bestimmt Art. 2 Abs. 1 Ziffer 1 des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes nämlich, dass § 19 Abs. 5 Satz 3 SchulG NRW erstmals Anwendung findet zum Schuljahr 2014/2015 für Schülerinnen und Schüler, bei denen erstmals ein Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung festgestellt wurde oder die in der Primarstufe sonderpädagogisch gefördert werden und in die Klasse 5 einer weiterführenden Schule oder die Eingangsklasse einer gymnasialen Oberstufe wechseln wollen; zum Schuljahr 2015/2016 und zu den darauf folgenden Schuljahren gelten diese Bestimmungen auch für Schülerinnen und Schüler der jeweils nächsthöheren Klasse. Eine gleich lautende Übergangsregelung enthält Art. 2 der achten Verordnung zur Änderung der AO-SF für § 16 Abs. 1 AO-SF, der eine dem § 19 Abs. 5 Satz 3 SchulG NRW entsprechende Regelung enthält. Hintergrund der nur schrittweisen Umsetzung der in § 19 Abs. 5 Satz 3 SchulG NRW getroffenen Regelung ist, dass sich die inklusive Beschulung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf und Kindern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf an Regelschulen erst im Aufbau befindet.
18Gemessen an den genannten Übergangsvorschriften finden § 19 Abs. 5 Satz 3 SchulG NRW bzw. § 16 Abs. 1 AO-SF auf den Sohn der Kläger keine Anwendung. Denn zum Schuljahr 2015/2016, für das der Förderortwechsel begehrt wird, ist der Sohn der Kläger in die Klasse 7 gewechselt. Eine Anwendung der Vorschriften hätte jedoch vorausgesetzt, dass er zu diesem Schuljahr in die Klasse 6 gewechselt wäre.
19Besteht mangels Anwendung des § 19 Abs. 5 Satz 3 SchulG NRW mithin kein Anspruch der Kläger darauf, dass ihnen eine allgemeine Schule vorgeschlagen wird, an der ein Angebot zum Gemeinsamen Lernen eingerichtet ist, ist die Entscheidung der Schulaufsichtsbehörde vom 12. Februar 2015, den Förderort „Förderschule“ beizubehalten, nicht zu beanstanden. Sie lässt Rechtsfehler weder in Anbetracht der sonstigen derzeit geltenden Vorschriften (§§ 19, 20 SchulG NRW, § 17 AO-SF) noch mit Blick auf die - wegen der suspendierten Anwendung des § 19 Abs. 5 Satz 3 SchulG NRW ggf. zu berücksichtigenden - vormals geltenden Regelungen (§ 19 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW 2005, § 13 Abs. 1 Nr. 3 AO-SF a.F.) erkennen. Das gilt auch unter Berücksichtigung der von den Klägern vorgetragenen Umstände. Denn das Schulamt für die Stadt N1. hat nachvollziehbar dargelegt, dass an den von den Klägern konkret benannten Schulen eine angemessene sonderpädagogische Förderung des Sohnes der Kläger im Schuljahr 2015/2016 in der 7. Klasse nicht möglich ist. Soweit die Gesamtschule T. betroffen ist, wird dort nach den Angaben des Schulamtes im fraglichen Jahrgang gar kein Gemeinsames Lernen für zieldifferent zu unterrichtende Schülerinnen und Schüler angeboten. Bei der Schule am I. sind zwar integrative Klassen eingerichtet. Dort bestehen jedoch nach den mit Zahlen untermauerten Darlegungen der Schule keine Kapazitäten für die Aufnahme des Sohnes der Kläger, für den die Förderschwerpunkte Lernen sowie Emotionale und soziale Entwicklung festgestellt sind und der zieldifferent unterrichtet wird. Auch die X1. -C1. -Schule hat plausibel dargelegt, dass die Aufnahme des Klägers zum Schuljahr 2015/2016 in die 7. Klasse aus Kapazitätsgründen nicht möglich ist, und zwar vor dem Hintergrund begrenzter personeller Kapazitäten (Anzahl von Lehrerwochenstunden von Sonderpädagogen). Darüber hinaus hat auch die - von den Klägern gar nicht konkret benannte, von dem Schulamt für die Stadt N1. aber dennoch angefragte - Realschule Stadtmitte anhand von Kapazitätserwägungen dargelegt, warum eine Aufnahme des Sohnes der Kläger zum Schuljahr 2015/2016 in die 7. Klasse dort nicht erfolgen kann.
20Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass sich der angegriffene Bescheid vor dem Hintergrund dieser Erwägungen selbst unter Geltung des § 19 Abs. 5 Satz 3 SchulG NRW aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweist. Denn die Regelung des § 19 Abs. 5 Satz 3 SchulG NRW steht unter dem Vorbehalt des § 20 Abs. 4 SchulG NRW, dessen Geltung gemäß § 19 Abs. 5 Satz 4 SchulG NRW unberührt bleibt. Nach § 20 Abs. 4 Satz 1 SchulG NRW kann die Schulaufsichtsbehörde in besonderen Ausnahmefällen abweichend von der Wahl der Eltern die allgemeine Schule anstelle der Förderschule oder die Förderschule anstelle der allgemeinen Schule als Förderort bestimmen. Dies setzt nach Satz 2 der Vorschrift voraus, dass die personellen und sächlichen Voraussetzungen am gewählten Förderort nicht erfüllt sind und auch nicht mit vertretbarem Aufwand erfüllt werden können. Dabei ist zu beachten, dass abweichend von dem auf einem Redaktionsversehen beruhenden Wortlaut dieser Regelung ein besonderer Ausnahmefall im Sinne des Satzes 1 schon dann vorliegt, wenn entweder die personellen oder die sächlichen Voraussetzungen am gewählten Förderort fehlen.
21Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2014 - 19 B 849/14 -, juris, Rn. 24.
22Gemessen daran sind die oben genannten Kapazitätserwägungen betreffend die genannten Schulen nach dem im Prozesskostenhilfeverfahren anzulegenden Prüfungsmaßstab geeignet, einen besonderen Ausnahmefall im Sinne dieser Vorschrift zu begründen.
23Schließlich sei angemerkt, dass sowohl das Bestehen des sonderpädagogischen Förderbedarfs des Sohnes der Kläger als auch der festgelegte Förderort regelmäßig überprüft werden (vgl. § 17 AO-SF). Sollte die Klassenkonferenz zukünftig (wieder) einen Wechsel des Förderorts für angebracht halten, wäre die Schulaufsichtsbehörde gehalten, eine Beschulung des Sohnes der Kläger an einer allgemeinen Schule anhand der dann bestehenden Kapazitäten erneut zu prüfen.
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(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.
(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
Die sachliche Zuständigkeit der Finanzbehörden richtet sich, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz über die Finanzverwaltung.
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Ständiger Vertreter ist eine Person, die nachhaltig die Geschäfte eines Unternehmens besorgt und dabei dessen Sachweisungen unterliegt. Ständiger Vertreter ist insbesondere eine Person, die für ein Unternehmen nachhaltig
- 1.
Verträge abschließt oder vermittelt oder Aufträge einholt oder - 2.
einen Bestand von Gütern oder Waren unterhält und davon Auslieferungen vornimmt.
Die örtliche Zuständigkeit richtet sich, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach den folgenden Vorschriften.