Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 23. Okt. 2014 - 17 L 2325/14.A
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
1
Gründe:
2Der am 6. Oktober 2014 bei Gericht sinngemäß gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage (17 K 6535/14.A) gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 26. September 2014 insoweit anzuordnen, als in Ziffer 2 des Bescheides die Abschiebung nach Bulgarien angeordnet wird,
4hat keinen Erfolg.
5A. Er ist zulässig (I.), jedoch unbegründet (II.).
6I. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist – wie sich auch aus § 34a Abs. 2 Satz 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) ergibt – der statthafte Rechtsbehelf. Die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG stellt einen belastenden Verwaltungsakt dar, dessen Aufhebung im Hauptsacheverfahren im Wege der Anfechtungsklage von dem Betroffenen verfolgt werden kann,
7vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, juris Rn. 28 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Juli 2014 – 17 L 1194/14.A –, juris Rn. 5; VG Düsseldorf, Urteil vom 23. April 2013 – 17 K 4548/12.A –, juris Rn. 15 ff.
8Der erhobenen Anfechtungsklage – 17 K 6535/14.A – kommt entgegen § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht schon kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung zu, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 75 Abs. 1 AsylVfG.
9Die Antragstellung bei Gericht am 6. Oktober 2014 ist auch innerhalb der Wochenfrist ab Bekanntgabe – hier: Zustellung am 30. September 2014 – erfolgt, § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG.
10II. Der Antrag ist unbegründet.
11Das öffentliche Vollzugsinteresse an der sofort vollziehbaren Abschiebungsanordnung überwiegt bei einer an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientierten Abwägung das Interesse der Antragsteller am vorläufigen Verbleib im Bundesgebiet.
12Die Abschiebungsanordnung ist nach summarischer Prüfung offensichtlich rechtmäßig. Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) abgeschoben werden (1.), ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 AsylVfG an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann (2.).
13Diese Voraussetzungen liegen vor.
141. Bulgarien ist als Mitgliedstaat der Europäischen Union „sicherer Drittstaat“ im Sinne von § 26a AsylVfG. Nach § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG kann sich ein Ausländer nicht auf Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz (GG) berufen, wenn er aus einem Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG eingereist ist.
15a. Der Anwendung des Art. 16a Abs. 2 GG und der §§ 26a, 31 Abs. 4 AsylVfG geht nicht die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (sog. Dublin III VO) vor. Denn diese findet auf Ausländer, die in Deutschland einen Asylantrag gestellt haben, nachdem ihnen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ‑ hier: Bulgarien – die Flüchtlingseigenschaft oder subsidiärer Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Richtlinie 2011/95/EU) zuerkannt worden ist, keine Anwendung,
16vgl. angedeutet in BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 C 7.13 –, juris Rn. 26; VG Düsseldorf, Urteil vom 9. September 2014 – 17 K 2897/14.A –, n.V.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Juli 2014 ‑ 17 L 1194/14.A ‑, juris Rn. 14; so auch zur Vorgängerregelung Dublin II VO Nr. 343/2003: VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Januar 2013 – 6 L 104/13.A –, juris Rn. 20; VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2013 – 6 K 7204/12.A –, juris; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand: November 2013, § 27a AsylVfG Rn. 34.
17Die Dublin III VO unterscheidet ausdrücklich zwischen „Antragsteller“, Art. 2 lit. c Dublin III VO und „Begünstigter internationalen Schutzes“, Art. 2 lit. f Dublin III VO. Antragsteller im Sinne der Verordnung ist danach derjenige, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, über den noch nicht endgültig entschieden wurde, wohingegen „Begünstigter internationalen Schutzes“ derjenige ist, dem internationaler Schutz zuerkannt wurde. Das Verfahren zur Bestimmung des für eine Bearbeitung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaates wird nach Art. 20 Abs. 1 Dublin III VO (nur) eingeleitet, sobald in einem Mitgliedstaat erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird. Dieses Verfahren ist indes nicht mehr einschlägig, wenn der Ausländer bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach dortigem Antrag auf internationalen Schutz die Flüchtlingseigenschaft oder den subsidiären Schutzstatus – wie hier die Antragsteller in Bulgarien mit Entscheidung vom 6. Februar 2014 – erhalten hat. Dementsprechend sieht auch Art. 18 Abs. 1 lit. a bis d Dublin III VO keine Pflicht des zuständigen Mitgliedstaates im Falle des positiven Bescheides über einen Antrag auf internationalen Schutz vor. Für eine Ausübung des in Art. 17 Abs. 1 Dublin III VO geregelten Selbsteintrittsrechts der Mitgliedstaaten ist dann ebenfalls von vornherein kein Raum mehr.
18b. Bulgarien ist nach dem im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes anzulegenden Prüfungsmaßstab als Mitgliedstaat der Europäischen Union jedenfalls für die Fälle des Antragstellern gewährten internationalen Schutzes ein „sicherer Drittstaat“ im Sinne von Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG.
19aa. Der vorgenannten Verfassungsnorm liegt das „Konzept der normativen Vergewisserung“ über die Sicherheit im Drittstaat zugrunde. Diese normative Vergewisserung bezieht sich darauf, dass der Drittstaat einem Betroffenen, der sein Gebiet als Flüchtling erreicht hat, den nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Konvention zum Schutze der Menschenrechte (EMRK) und den Grundfreiheiten gebotenen Schutz vor politischer Verfolgung und anderen ihm im Herkunftsstaat drohenden schwerwiegenden Beeinträchtigungen seines Lebens, seiner Gesundheit oder seiner Freiheit gewährt. Damit entfällt das Bedürfnis, ihm Schutz in der Bundesrepublik Deutschland zu bieten. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union gelten als sicher kraft Entscheidung der Verfassung,
20vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 22 BvR 2315/93 –, juris Rn. 181.
21Dieses nationale Konzept steht im Einklang mit dem hinter der Schaffung eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (vgl. Art. 78 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union) stehenden „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“. Selbiges beruht auf der Annahme, alle daran beteiligten Staaten, ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, beachteten die Grundrechte, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Richtlinie 2011/95/EU, der GFK sowie in der EMRK finden, und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Unter diesen Bedingungen muss die – freilich widerlegbare – Vermutung gelten, die Behandlung der Antragsteller als schutzberechtigt anerkannte Ausländer stehe in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den genannten Rechten,
22vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 und C-493/10 –, juris Rn. 10 ff., 75, 78, 80.
23Diese Annahmen zugrunde gelegt, greift die „sichere Drittstaatenregelung“ (nur) dann nicht, wenn sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, der Ausländer sei von einem Sonderfall betroffen, der von dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ nicht aufgefangen werde,
24vgl. EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 –, juris Rn. 52 f., 60 zum „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“; BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93 –, juris Rn. 189 zum „Konzept der normativen Vergewisserung“.
25Von einem solchen Fall ist dann auszugehen, wenn es ernst zu nehmende und durch Tatsachen gestützte Gründe dafür gibt, dass in dem Mitgliedstaat, in den abgeschoben werden soll, in verfahrensrechtlicher oder materieller Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz gewährt wird.
26Der Bezugspunkt für die Beurteilung des hinreichenden Schutzes hängt davon ab, ob der Ausländer bereits einen Schutzstatus in dem Land, in das er abgeschoben werden soll, erhalten hat oder nicht. Nur in letzterem Fall ist darauf abzustellen, ob das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische, dem ersuchenden Mitgliedstaat nicht unbekannte Mängel aufweisen, die für den Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr begründen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4 / Art. 19 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtecharta) bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein,
27vgl. etwa EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 und C-493/10 –, juris Rn. 78 f., 84 ff. und 94.
28Hat der Ausländer indes – wie hier – bereits einen Schutzstatus erhalten, ist darauf abzustellen, ob der gebotene Inhalt des jeweiligen Schutzstatus hinreichend eingehalten wird oder ein Verstoß gegen die GFK vorliegt bzw. für den Inhaber des Schutzstatus eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4 / Art. 19 Abs. 2 Grundrechtecharta bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein.
29Dass die Verhältnisse in Bulgarien diesbezüglich hinter dem unionsrechtlich vorgesehenen Schutz dergestalt zurückbleiben, ist nach der gebotenen summarischen Prüfung zu dem für die Entscheidung nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt nicht zu erkennen.
30Soweit die Genfer Flüchtlingskonvention für anerkannte Flüchtlinge Wohlfahrtsregelungen enthält (Art. 20 ff. GFK), die vom anerkennenden Drittstaat zu beachten und vom Konzept der normativen Vergewisserung mit umfasst sind, gehen diese im Wesentlichen über Diskriminierungsverbote gegenüber den jeweiligen Inländern nicht hinaus. Namentlich im Bereich der öffentlichen Fürsorge und der sozialen Sicherheit verpflichtet die Genfer Flüchtlingskonvention den Drittstaat zur Inländergleichbehandlung (vgl. Art. 23, 24 GFK). Letztere ist nach den aktuellen Erkenntnissen gegeben. Eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Antragsteller im Sinne von Art. 3 EMRK ist gleichfalls nicht ersichtlich.
31Der Inhalt des internationalen Flüchtlingsschutzes wird unionsrechtlich vorgegeben durch die Regelungen in Art. 20 bis 35 der Richtlinie 2011/95/EU. So gelten einheitliche Vorgaben etwa für die Erteilung des Aufenthaltstitels (Art. 24) und der Reisedokumente (Art. 25). Einem anerkannten Schutzberechtigten stehen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung (Art. 26), zur Bildung (Art. 27), zum Erhalt von Sozialhilfeleistungen (Art. 29) und medizinischer Versorgung (Art. 30) dieselben Rechte wie den jeweiligen Staatsangehörigen zu.
32Danach ist im Hinblick auf Bulgarien zwar anzuerkennen, dass die Lebensbedingungen (auch) für Personen mit zuerkannter Flüchtlingseigenschaft bzw. subsidiärem Schutzstatus dort nach den gegebenen Erkenntnissen prekär sind. Weder ist aber eine Verletzung der in Art. 26 ff. der Richtlinie 2011/95/EU vorgesehenen Gleichbehandlungsgebote erkennbar noch herrschen in Bulgarien derart handgreiflich eklatante Missstände, die die Annahme rechtfertigten, anerkannte Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte würden einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt und den Antragstellern müsste unabweisbar Schutz gewährt werden. Eine solche Behandlung muss vielmehr ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um als unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK zu gelten. Dieses Mindestmaß erreichen die Verhältnisse, denen anerkannte Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte in Bulgarien ausgesetzt sind, derzeit nicht.
33Der UNHCR schildert in seinem Bericht „Current Situation of Asylum in Bulgaria“ zwar Schwierigkeiten anerkannter Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigter in Bulgarien,
34vgl. UNHCR Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria, Stand: April 2014, Ziffer 2.7.
35So bestünde eine Lücke bei der Gesundheitsversorgung in der Zeit zwischen Anerkennung als Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte aufgrund der Änderung ihres Status im System. Sie hätten außerdem – wie die bulgarischen Staatsangehörigen auch – einen monatlichen Beitrag von umgerechnet 8,70 Euro für die Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen, von der indes Medikamente und psychologische Betreuung nicht eingeschlossen seien. Berichtet wird außerdem von Schwierigkeiten, eine gesicherte Beschäftigung zu erlangen. Neben der schwierigen wirtschaftlichen Situation seien einige strukturelle Hindernisse wie etwa die fehlende Anerkennung von Vorkenntnissen zu überwinden. Es fehle an gezielter Unterstützung. Außerdem mangele es an geeignetem und bezahlbarem Wohnraum. Auch die für eine erfolgreiche Integration erforderliche Bildung der Schutzberechtigten, insbesondere der Kinder, sei verbesserungswürdig.
36In den vorbezeichneten Defiziten ist eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung indes nicht zu erkennen. Art. 3 EMRK verpflichtet die Konventionsstaaten nicht etwa dazu, Schutzberechtigte finanziell zu unterstützen, um ihnen einen gewissen Lebensstandard einschließlich bestimmter Standards medizinischer Versorgung zu ermöglichen,
37vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30969/09 –, juris Rn. 249.
38Generell reicht die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat nicht aus, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten,
39vgl. EGMR, Beschluss vom 2. April 2013 – 27725/10 –, juris.
40Art. 3 EMRK ist im Kern ein Abwehrrecht gegen unwürdiges Staatsverhalten im Sinne eines strukturellen Versagens bei dem durch ihn zu gewährenden angemessenen materiellen Mindestniveau und weniger ein individuelles Leistungsrecht einzelner Antragsteller auf bestimmte materielle Lebens- und Sozialbedingungen selbst,
41vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. April 2013 – 17 L 660/13.A –, juris Rn. 43, m.w.N.
42Die Antragsteller müssen sich daher auf den in Bulgarien für alle bulgarischen Staatsangehörigen geltenden Versorgungsstandard verweisen lassen, auch wenn dieser dem hiesigen Niveau nicht entspricht,
43vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. April 2013 – 17 L 660/13.A –, juris Rn. 42, s.a. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. August 2004 – 13 A 2160/04.A –, juris (noch zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990, heute § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG).
44Sonstige, eine andere Würdigung begründende, speziell auf bereits anerkannte Flüchtlinge oder anerkannt subsidiär Schutzberechtigte bezogene Erkenntnisse liegen dem Gericht nicht vor und werden auch von den Antragstellern selbst nicht vorgetragen.
45In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die zur Frage der Ausgestaltung des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien ergangene Rechtsprechung und die hierzu dem Gericht vorliegenden Berichte etwa des UNHCR, von Amnesty International und Asylum Information Database nicht heranzuziehen sind. Denn diese betreffen maßgeblich die Einhaltung der Mindeststandards für Asylbewerber und die Ausgestaltung des Asylverfahrens, also den Zugang zum Asyl- bzw. Flüchtlingsschutz bzw. die Durchführung des Verfahrens, nicht aber die Umsetzung des gewährten internationalen Schutzes,
46vgl. einen systemischen Mangel aufgrund der Auswertung der diesbezüglichen Erkenntnisse für Asylsuchende in Bulgarien verneinend etwa: VG Düsseldorf, Beschluss vom 12. September 2014 ‑ 13 L 1690/14.A – n.V.; VG Ansbach, Urteil vom 10. Juli 2014 – AN 11 K 14.30366 –, juris; VG Potsdam, Beschluss vom 14. November 2013 – 6 L 787/13.A –, juris; VG Regensburg, Beschluss vom 20. August 2012 – RN 9 S 12.30284 –, juris, alle m.w.N.
47bb. Die Antragsteller gehören auch nicht zu einer gegebenenfalls besonders schutzbedürftigen Personengruppe.
48Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen kann es zwar im Einzelfall aus individuellen, in der Person der Antragsteller liegenden und damit von dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ von vornherein nicht erfassten Gründen geboten sein, von Überstellungen in den anderen Mitgliedstaat abzusehen. Anhaltspunkt für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls kann geben, ob es sich bei den Antragstellern um Personen mit besonderen Bedürfnissen gemäß Art. 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU handelt und sie gemäß Art. 20 Abs. 4 Richtlinie 2011/95/EU nach einer Einzelfallprüfung entsprechend eingestuft wurden.
49Beachtliche, in der Person der Antragsteller liegende Gründe von der Überstellung nach Bulgarien abzusehen liegen indes nicht vor. Sie sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Bei den Antragstellern handelt es sich um eine erwachsene 27 Jahre alte Frau und ein knapp vier Jahre altes Kind. Die bloße Tatsache, dass es sich bei der Antragstellerin zu 1) um eine verheiratete, allein mit dem minderjährigen Antragsteller zu 2) reisende und damit faktisch alleinerziehende Frau handelt, die derzeit ohne Begleitung ihres – noch in der Türkei befindlichen – Ehemannes ist, begründet für sich genommen im hiesigen Einzelfall keine besondere Schutzbedürftigkeit im Sinne der Fallgruppen des Art. 20 Abs. 3 und 4 Richtlinie 2011/95/EU oder ihnen angenäherter Fallgestaltungen. Erkrankungen oder sonstige gesundheitliche Beeinträchtigungen der Antragsteller sind weder vorgetragen noch ansatzweise aus den Verwaltungsvorgängen ersichtlich. Die Ausführungen der Antragstellerin zu 1) bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt gebieten gleichfalls keine andere Beurteilung. Denn insoweit hat sie lediglich pauschal und ohne Angabe näherer Einzelheiten ausgeführt, die Umstände in Bulgarien seien sehr schlecht und man sei dort sehr schlecht behandelt worden. Dies ist nicht hinreichend zur Begründung einer besonderen Schutzbedürftigkeit.
50Im Hinblick auf den minderjährigen Antragsteller zu 2) kann den bei der Durchführung von Überstellungen in sichere Drittstaaten vor dem Hintergrund der Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 6 Abs. 1 GG allgemein besonders zu beachtenden Gesichtspunkten des Kindeswohls und der Familieneinheit,
51vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 1795/14 –, juris,
52durch die Aufnahme eines Maßgabenvorbehaltes (siehe hierzu unten unter 2. b.) in hinreichendem Maße Rechnung getragen werden.
53cc. Schließlich liegt auch keine (weitere) der vom Bundesverfassungsgericht zur Abschiebungsanordnung nach §§ 34a Abs. 1, 26a AsylVfG gebildeten Fallgruppen zur Bestimmung der Ausnahmen vom „Konzept der normativen Vergewisserung“ vor,
54vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93 –, juris Rn. 189.
55Weder drohte den Antragstellern in Bulgarien die Todesstrafe, noch bestünde die erhebliche konkrete Gefahr dafür, dass sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Überstellung nach Bulgarien dort Opfer eines Verbrechens würden, welches zu verhindern nicht in der Macht Bulgariens stünde. Zudem ist nicht ersichtlich, dass Bulgarien selbst zum Verfolgerstaat werden würde.
562. Ebenso ist die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG rechtmäßig und es steht fest, dass die Abschiebung – unter Berücksichtigung des unter 2. b. ausgesprochenen Maßgabenvorbehaltes – durchgeführt werden kann.
57a. Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) sind weder vorgetragen noch sonst aus den beigezogenen Verwaltungsvorgängen auch nur im Ansatz ersichtlich. Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob den Antragstellern nicht von vornherein die Berufung auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aufgrund der Regelung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG versagt bliebe, sofern eventuelle Schwierigkeiten nicht individuell, sondern allgemein für eine bestimmte Bevölkerungsgruppe, der sie angehörten, in Bulgarien drohte,
58vgl. für die Gruppe aller ganz oder nahezu mittellosen Kranken in Bulgarien: VG Düsseldorf, Urteil vom 9. September 2014 – 17 K 2471/14.A –, n.V.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 14. Juli 2014 ‑ 17 L 870/14.A –, n.V.
59b. Im Rahmen des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG hat das Bundesamt indes mit Blick auf den Wortlaut der Vorschrift („feststeht“) neben zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen auch zu prüfen, ob der Abschiebung inlandsbezogene Vollzugshindernisse entgegenstehen. Für eine insoweit eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde verbleibt daneben kein Raum,
60vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 1795/14 –, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 2011 – 18 B 1060/11 –, juris Rn. 4; OVG Niedersachsen, Urteil vom 4. Juli 2012 – 2 LB 163/10 –, juris Rn. 41; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. Februar 2012 ‑ OVG 2 S 6.12 –, juris Rn. 4 ff.; VGH Bayern, Beschluss vom 12. März 2014 – 10 CE 14.427 –, juris Rn. 4; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 – 2 B 215/14 –, juris Rn. 7; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Mai 2011 – A 11 S 1523/11 –, juris Rn. 4 ff.; OVG Hamburg, Beschluss vom 3. Dezember 2010 – 4 Bs 223/10 –, juris Rn. 9 ff.; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 29. November 2004 – 2 M 299/04 –, juris Rn. 9 ff.
61Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender, sondern auch bei nachträglich auftretenden Abschiebungshindernissen und Duldungsgründen,
62vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 1795/14 –, juris m.w.N.
63Derartige inlandsbezogene Abschiebungshindernisse sind hinsichtlich der Antragsteller nicht ersichtlich. Hinreichend konkrete Umstände, aus denen sich etwa eine Reiseunfähigkeit (im engeren oder weiteren Sinne),
64vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 1795/14 –, juris,
65ergäbe, sind nicht geltend gemacht.
66Allerdings kann es in bestimmten Einzelfällen – und so auch hier – geboten sein, notwendige Vorkehrungen zu treffen, damit eine grundsätzlich zulässige Abschiebung verantwortet werden kann. Insbesondere im gegebenen Fall der Rückführung in sichere Drittstaaten können die betroffenen Ausländer – anders als bei der Rückführung in ihr Heimatland – regelmäßig weder auf verwandtschaftliche Hilfe noch auf ein soziales Netzwerk bei der Suche nach einer Unterkunft für die Zeit unmittelbar nach ihrer Rückkehr zurückgreifen. Bestehen daher belastbare Anhaltspunkte für das Bestehen von Kapazitätsengpässen bei der Unterbringung rückgeführter Ausländer im sicheren Drittstaat, hat die für die Abschiebung zuständige Behörde dem angemessen Rechnung zu tragen,
67vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 1795/14 –, juris, zur Rückführung von Inhabern internationalen Schutzes nach Italien.
68Derartige Anhaltspunkte für Kapazitätsengpässe bei der Unterbringung anerkannter Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigter bestehen in Anbetracht eines Mangels an geeignetem und bezahlbarem Wohnraum gegenwärtig auch für Bulgarien,
69vgl. UNHCR Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria, Stand: April 2014, Ziffer 2.7; UNHCR Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria, Stand: 2. Januar 2014, Ziffer 2.8; UNHCR Where is my home? Homelessness and Access to Housing among Asylum-Seekers, Refugees and Persons with International Protection in Bulgaria, Stand: 2013, Ziffer 2.3.
70Demgemäß hat die Antragsgegnerin vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts,
71vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 1795/14 –, juris,
72bei Rücküberstellungen nach Bulgarien angesichts der Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 6 Abs. 1 GG sowie unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohls und der Familieneinheit jedenfalls bei der Abschiebung von Familien (zwei Elternteile) mit Neugeborenen und Kleinstkindern bis zum Alter von drei Jahren in Abstimmung mit den bulgarischen Behörden sicherzustellen, dass für solche Familien der Übergang in eine gesicherte Unterkunft gewährleistet ist, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren für diese in besonderem Maße auf ihre Eltern angewiesenen Kinder auszuschließen. Diese Rechtsprechung ist wegen einer vergleichbaren Interessenlage auch auf den – hier gegebenen – Fall zu übertragen, bei dem die Rückführung einer faktisch alleinerziehenden Mutter mit einem knapp vier Jahre alten Kind in Rede steht.
73Bei der Rückführung hat die Antragsgegnerin daher die Maßgabe zu beachten, vor einer Abschiebung nach Bulgarien in Abstimmung mit den dortigen Behörden sicherzustellen, dass für die Antragsteller unmittelbar nach Ankunft in Bulgarien der Übergang in eine gesicherte Unterkunft gewährleistet ist.
74B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
75Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 23. Okt. 2014 - 17 L 2325/14.A
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 23. Okt. 2014 - 17 L 2325/14.A
Referenzen - Gesetze
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80
Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung
Gesetz
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6
Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 16a
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenVerwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 23. Okt. 2014 - 17 L 2325/14.A zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. März 2014 - 10 CE 14.427
Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 09. Sept. 2014 - 17 K 2471/14.A
Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 09. Sept. 2014 - 17 K 2897/14.A
Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 15. Juli 2014 - 17 L 1194/14.A
Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 25. Apr. 2014 - 2 B 215/14
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
1
Gründe:
2Der am 21. Mai 2014 bei Gericht sinngemäß gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage (17 K 3429/14.A) gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 12. Mai 2014 insoweit anzuordnen, als in Ziffer 2. des Bescheides die Abschiebung nach Bulgarien angeordnet wird,
4hat keinen Erfolg.
5A. Er ist zulässig (I.), jedoch unbegründet (II.).
6I. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist – wie sich auch aus § 34a Abs. 2 Satz 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) ergibt – der statthafte Rechtsbehelf. Die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG stellt einen belastenden Verwaltungsakt dar, dessen Aufhebung im Hauptsacheverfahren im Wege der Anfechtungsklage von dem Betroffenen verfolgt werden kann,
7vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, juris Rn.28 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 23. April 2013 - 17 K 4548/12.A -, juris.
8Der erhobenen Anfechtungsklage – 17 K 3429/14.A – kommt entgegen § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht schon kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung zu, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 75 Abs. 1 AsylVfG.
9Die Antragstellung bei Gericht am 21. Mai 2014 ist auch innerhalb der Wochenfrist ab Bekanntgabe – hier: 14. Mai 2014 – erfolgt, § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG.
10II. Der Antrag ist unbegründet.
11Das öffentliche Vollzugsinteresse an der sofort vollziehbaren Abschiebungsanordnung überwiegt bei einer an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientierten Abwägung das Interesse der Antragstellerin am vorläufigen Verbleib im Bundesgebiet.
12Die Abschiebungsanordnung ist nach summarischer Prüfung offensichtlich rechtmäßig. Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) abgeschoben werden (1.), ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 1. Alt. AsylVfG an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann (2.).
13Diese Voraussetzungen liegen vor.
141. Bulgarien ist „sicherer Drittstaat“ im Sinne von § 26a AsylVfG. Nach § 26a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AsylVfG kann sich ein Ausländer nicht auf Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz (GG) berufen, wenn er aus einem Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG eingereist ist.
15a. Der Anwendung des Art. 16a Abs. 2 GG und der §§ 26a, 31 Abs. 4 AsylVfG geht nicht die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (sog. Dublin III VO) vor. Denn diese findet auf Ausländer, die in Deutschland einen Asylantrag gestellt haben, nachdem ihnen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union – hier in Bulgarien – subsidiärer Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Richtlinie 2011/95/EU) zuerkannt worden ist, keine Anwendung,
16vgl. noch zur Vorgängerregelung Dublin II VO Nr. 343/2003: VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Januar 2013 – 6 L 104/13.A –, juris Rn. 20; VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2013 – 6 K 7204/12.A –, juris; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand: November 2013, § 27a AsylVfG Rn. 34.
17Die Dublin III VO unterscheidet ausdrücklich zwischen „Antragsteller“, Art. 2 lit. c Dublin III VO und „Begünstigter internationalen Schutzes“, Art. 2 lit f Dublin III VO. Antragsteller im Sinne der Verordnung ist danach derjenige, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, über den noch nicht endgültig entschieden wurde, wohingegen „Begünstigter internationalen Schutzes“ derjenige ist, dem internationaler Schutz zuerkannt wurde. Das Verfahren zur Bestimmung des für eine Bearbeitung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaates wird nach Art. 20 Abs. 1 Dublin III VO (nur) eingeleitet, sobald in einem Mitgliedstaat erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird. Dieses Verfahren ist indes nicht mehr einschlägig, wenn der Ausländer bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach dortigem Antrag auf internationalen Schutz den subsidiären Schutzstatus – wie hier die Antragstellerin in Bulgarien mit Entscheidung vom 13. November 2013 – erhalten hat. Dementsprechend sieht auch Art. 18 Abs. 1 lit. a bis d Dublin III VO keine Pflicht des zuständigen Mitgliedsstaates im Falle des positiven Bescheides über einen Antrag auf internationalen Schutz vor. Für eine Ausübung des in Art. 17 Abs. 1 der Dublin III VO geregelten Selbsteintrittsrechts der Mitgliedstaaten ist dann ebenfalls von vornherein kein Raum mehr.
18b. Bulgarien ist nach dem im Eilverfahren anzulegenden Prüfungsmaßstab als Mitgliedstaat der Europäischen Union ein „sicherer Drittstaat“ im Sinne von Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG.
19aa. Der vorgenannten Verfassungsnorm liegt das „Konzept der normativen Vergewisserung“ über die Sicherheit im Drittstaat zugrunde. Diese normative Vergewisserung bezieht sich darauf, dass der Drittstaat einem Betroffenen, der sein Gebiet als Flüchtling erreicht hat, den nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Konvention zum Schutze der Menschenrechte (EMRK) und den Grundfreiheiten gebotenen Schutz vor politischer Verfolgung und anderen ihm im Herkunftsstaat drohenden schwerwiegenden Beeinträchtigungen seines Lebens, seiner Gesundheit oder seiner Freiheit gewährt. Damit entfällt das Bedürfnis, ihm Schutz in der Bundesrepublik Deutschland zu bieten. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union gelten als sicher kraft Entscheidung der Verfassung,
20vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 22 BvR 2315/93 -, juris Rn. 181.
21Dieses nationale Konzept steht im Einklang mit dem hinter der Schaffung eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (vgl. Art. 78 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union) stehenden „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“. Selbiges beruht auf der Annahme, alle daran beteiligten Staaten, ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, beachteten die Grundrechte, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Richtlinie 2011/95/EU, der GFK sowie in der EMRK finden, und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Unter diesen Bedingungen muss die - freilich widerlegbare - Vermutung gelten, die Behandlung der Antragsteller bzw. als schutzberechtigt anerkannter Ausländer stehe in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den genannten Rechten,
22vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 -, juris Rn. 10 ff., 75, 78, 80.
23Diese Annahmen zugrunde gelegt, greift die „sichere Drittstaatenregelung“ (nur) dann nicht, wenn sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, der Ausländer sei von einem Sonderfall betroffen, der von dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ nicht aufgefangen werde,
24vgl. EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 –, juris Rn. 52 f., 60 zum „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“; BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93 –, juris Rn. 189 zum „Konzept der normativen Vergewisserung“.
25Von einem solchen Fall ist dann auszugehen, wenn es ernst zu nehmende und durch Tatsachen gestützte Gründe dafür gibt, dass in dem Mitgliedstaat, in den abgeschoben werden soll, in verfahrensrechtlicher oder materieller Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz gewährt wird.
26Der Bezugspunkt für die Beurteilung des hinreichenden Schutzes hängt davon ab, ob der Ausländer bereits einen Schutzstatus in dem Land, in das er abgeschoben werden soll, erhalten hat oder nicht. Nur in letzterem Fall ist darauf abzustellen, ob das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische, dem ersuchenden Mitgliedstaat nicht unbekannte Mängel aufweisen, die für den Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr begründen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4 / Art. 19 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtecharta) bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein,
27vgl. etwa EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 und C-493/10 –, juris Rn. 78 f., 84 ff. und 94.
28Hat der Ausländer indes – wie hier – bereits einen Schutzstatus erhalten, ist darauf abzustellen, ob der gebotene Inhalt des jeweiligen Schutzstatus hinreichend eingehalten wird oder ob für den Inhaber des Schutzstatus insoweit dann eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4 / Art. 19 Abs. 2 Grundrechtecharta bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein.
29Dass die Verhältnisse in Bulgarien diesbezüglich hinter dem unionsrechtlich vorgesehenen - hier gewährten - subsidiären Schutz dergestalt zurückbleiben, ist nach der gebotenen summarischen Prüfung zu dem für die Entscheidung nach § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt nicht zu erkennen.
30Der Inhalt des subsidiären Schutzstatus wird unionsrechtlich vorgegeben durch die Regelungen in Art. 20 bis 35 der Richtlinie 2011/95/EU. So gelten einheitliche Vorgaben etwa für die Erteilung des Aufenthaltstitels (Art. 24 Abs. 2) und der Reisedokumente (Art. 25 Abs. 2). Einem anerkannten subsidiär Schutzberechtigten stehen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung (Art. 26), zur Bildung (Art. 27), zum Erhalt von Sozialhilfeleistungen (Art. 29) und medizinischer Versorgung (Art. 30) dieselben Rechte wie den jeweiligen Staatsangehörigen zu.
31Danach ist im Hinblick auf Bulgarien zwar anzuerkennen, dass die Lebensbedingungen (auch) für Personen mit subsidiärem Schutzstatus dort nach den gegebenen Erkenntnissen prekär sind. Weder ist aber eine Verletzung der in Art. 26, 27, 29, 30 der Richtlinie 2011/95/EU vorgesehenen Gleichbehandlungsgebote erkennbar, noch herrschen in Bulgarien derart handgreiflich eklatante Missstände, die die Annahme rechtfertigten, anerkannt subsidiär Schutzberechtigte würden einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt und der Antragstellerin müsste unabweisbar Schutz gewährt werden. Eine solche Behandlung muss ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um als unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK zu gelten. Dieses Mindestmaß erreichen die Verhältnisse, denen anerkannt subsidiär Schutzberechtigte in Bulgarien ausgesetzt sind, nicht.
32Der UNHCR schildert in seinem Bericht „Current Situation of Asylum in Bulgaria“ aus April 2014 unter 2.7 zwar Schwierigkeiten anerkannter Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigter in Bulgarien. So bestünde eine Lücke bei der Gesundheitsversorgung in der Zeit zwischen Anerkennung als Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte aufgrund der Änderung ihres Status im System. Sie hätten außerdem – wie die bulgarischen Staatsangehörigen auch – einen monatlichen Beitrag von umgerechnet 8,70 Euro für die Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen, von der indes Medikamente und psychologische Betreuung nicht eingeschlossen seien. Berichtet wird außerdem von Schwierigkeiten, eine gesicherte Beschäftigung zu erlangen. Neben der schwierigen wirtschaftlichen Situation seien einige strukturelle Hindernisse wie etwa die fehlende Anerkennung von Vorkenntnissen zu überwinden. Es fehle an gezielter Unterstützung. Außerdem mangele es an geeignetem und bezahlbarem Wohnraum. Auch die für eine erfolgreiche Integration erforderliche Bildung der Schutzberechtigten, insbesondere der Kinder, sei verbesserungswürdig.
33In den vorbezeichneten Defiziten ist eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung nicht zu erkennen. Denn Art. 3 EMRK verpflichtet die Konventionsstaaten nicht etwa dazu, Schutzberechtigten ein Recht auf Unterkunft zu geben oder sie finanziell zu unterstützen, um ihnen einen gewissen Lebensstandard einschließlich bestimmter Standards medizinischer Versorgung zu ermöglichen,
34vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30969/09 –, juris Rn. 249.
35Generell reicht die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat nicht aus, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten,
36vgl. EGMR, Beschluss vom 2. April 2013 – 27725/10 –, juris.
37Art. 3 EMRK ist im Kern ein Abwehrrecht gegen unwürdiges Staatsverhalten im Sinne eines strukturellen Versagens bei dem durch ihn zu gewährenden angemessenen materiellen Mindestniveau und weniger ein individuelles Leistungsrecht einzelner Antragsteller auf bestimmte materielle Lebens- und Sozialbedingungen selbst,
38vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. April 2013 – 17 L 660/13.A –, juris Rn. 43, m.w.N.
39Die Antragstellerin muss sich daher auf den in Bulgarien für alle bulgarischen Staatsangehörigen geltenden Versorgungsstandard – somit auch auf den medizinischen Behandlungs- und Medikamentationsstandard – verweisen lassen, auch wenn dieser dem hiesigen Niveau nicht entspricht,
40vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. April 2013 – 17 L 660/13.A –, juris Rn. 42, s.a. OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2004 – 13 A 2160/04.A –, juris (noch zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990, heute § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG).
41Sonstige, eine andere Würdigung begründende, speziell auf bereits anerkannt subsidiär Schutzberechtigte bezogene Erkenntnisse liegen dem Gericht nicht vor und werden auch von der Antragstellerin selbst nicht vorgetragen.
42In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die zur Frage der Ausgestaltung des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien ergangene Rechtsprechung und die hierzu dem Gericht vorliegenden Berichte etwa des UNHCR, von Amnesty International und Asylum Information Database nicht heranzuziehen sind. Denn diese betreffen maßgeblich die Einhaltung der Mindeststandards für Asylbewerber und die Ausgestaltung des Asylverfahrens, also den Zugang zum Asyl- bzw. Flüchtlingsschutz bzw. die Durchführung des Verfahrens, nicht aber die Umsetzung des gewährten internationalen Schutzes.
43bb. Die Antragstellerin gehört auch nicht zu einer gegebenenfalls besonders schutzbedürftigen Personengruppe.
44Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen kann es zwar im Einzelfall aus individuellen, in der Person der Antragstellerin liegenden und damit von dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ von vornherein nicht erfassten Gründen – wenn auch nur vorübergehend – geboten sein, von Überstellungen in den anderen Mitgliedstaat abzusehen.
45Anhaltspunkt für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls kann geben, ob die Antragstellerin eine Personen mit besonderen Bedürfnissen gemäß Art. 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU ist und sie nach einer Einzelfallprüfung entsprechend eingestuft wurde. Allein die Minderjährigkeit der siebzehnjährigen Antragtellerin zu 3. begründet eine solche besondere Schutzbedürftigkeit nicht. Sie soll gemeinsam mit den Eltern, den Antragstellern zu 1. und 2. im Parallelverfahren 17 L 1193/14.A, nach Bulgarien zurückgeführt werden; Anhaltspunkte für -hinreichend beachtliche- Erkrankungen bei ihr sowie ihren Eltern, denen es jedenfalls zugemutet werden kann, den Lebensunterhalt und die Versorgung der Familie zu sichern, sind weder vorgebracht noch ersichtlich.
46cc. Schließlich liegt auch keine (weitere) der vom Bundesverfassungsgericht zur Abschiebungsanordnung nach §§ 34a Abs. 1, 26a AsylVfG gebildeten Fallgruppen zur Bestimmung der Ausnahmen vom „Konzept der normativen Vergewisserung“ vor,
47vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 ‑ 2 BvR 1938/93 –, juris Rn. 189.
48Weder droht der Antragstellerin in Bulgarien die Todesstrafe, noch besteht die erhebliche konkrete Gefahr dafür, dass sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Überstellung nach Bulgarien dort Opfer eines Verbrechens würde, welches zu verhindern nicht in der Macht Bulgariens stünde. Zudem ist nicht ersichtlich, dass Bulgarien selbst zum Verfolgerstaat werden würde.
492. Ebenso steht – nach dem im Eilverfahren angelegten Maßstab der summarischen Prüfung – fest, dass die Abschiebung im Sinne von § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG durchgeführt werden kann. Zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz sind weder vorgetragen noch sonst aus den beigezogenen Verwaltungsvorgängen ersichtlich.
50Sofern im Rahmen des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG vom Antragsgegner auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe zu prüfen wären,
51vgl. so OVG NRW, Beschluss vom 30. August 2011 – 18 B 1060/11 –, juris Rn. 4,
52stünden solche hier mangels Ersichtlichkeit und entsprechenden Vortrages der Aufenthaltsbeendigung ebenfalls nicht entgegen. Hinreichend konkrete Umstände, aus denen sich etwa eine Reiseunfähigkeit ergäbe, sind nicht geltend gemacht. Für sonstige Abschiebungshindernisse sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.
53B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert beruht auf § 30 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz.
54Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Kläger behaupten syrischer Staatsangehörigkeit und kurdischer Volks- sowie moslemischer Religionszugehörigkeit zu sein. Sie reisten gemeinsam Anfang Juli 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 15. Juli 2013 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag.
3Im Rahmen der vor dem Bundesamt am 18. Juli 2013 durchgeführten ausführlichen Anhörung erklärten die Kläger zu 1. und 2. im Wesentlichen übereinstimmend hinsichtlich des Reisewegs, sie hätten am 24. Juli 2009 Syrien Richtung Italien per Flugzeug verlassen. Am Flughafen in Italien hätten sie einen Asylantrag gestellt, der zunächst erfolglos geblieben sei. Daher seien sie in die Schweiz weitergereist. Dort hätten sie ebenfalls, allerdings erfolglos, um Asyl nachgesucht um dann kurze Zeit später wieder zurück nach Italien zu gehen. Der dort erneut gestellte Asylantrag sei jetzt erfolgreich gewesen. Sie hätten einen Schutztitel erhalten und zunächst bis 2015 befristet einen Aufenthaltstitel innegehabt. In Italien sei auch ihr zweiter Sohn, der Kläger zu 4. geboren worden. Sie seien dann mehr als ein Jahr in Italien geblieben, bis die Polizei ihnen gesagt habe, sie müssten gehen. Die Lage in Italien sei allgemein schlecht gewesen; sie hätten zwei Monate lange keine staatliche Unterstützung in Form von Geldleistungen erhalten. Daher seien sie weiter nach Frankreich gezogen, die Kläger zu 1. und 3. sowie 4. hätten dort wieder einen Asylantrag gestellt, der Kläger zu 2. nicht, da er erst einmal die Erfolgsaussichten bei den übrigen Klägern habe abwarten wollen; man habe ihm gesagt es sei leichter für eine vermeintlich alleinerziehende Frau mit zwei kleinen Kindern einen Titel zu bekommen. Nachdem indes dort der Asylantrag erfolglos war, seien sie nach 2 Monaten weiter nach Schweden gereist, wo sie sich ebenfalls deutlich über ein Jahr aufgehalten hätten. Die dort wieder für alle Kläger gestellten Asylanträge wurden abgelehnt; daraufhin seien sie Anfang Juli 2013 nach Italien abgeschoben worden. Dort hätten sie nicht bleiben wollen und seien bereits nach einer Woche mit dem Bus in die Bundesrepublik gefahren um hier Asyl zu beantragen. Sämtliche Papiere über ihre verschiedenen Aufenthalte in der Europäischen Union seien letztlich in der Bundesrepublik gestohlen worden. Einwände, dass ihr Asylantrag in Italien geprüft werde, hätten sie nicht. Auch gaben die Kläger zu 1. und 2. an, sie seien nicht behandlungsbedürftig erkrankt; allerdings sei der Kläger zu 3. psychisch angeschlagen, er spreche praktisch nicht mehr und der Kläger zu 4. könne auch keine Sprache richtig. Sie wollten nicht mehr von Land zu Land ziehen. Im Übrigen machten sie Ausführungen zu ihren Fluchtgründen aus Syrien. Dabei gab der Kläger zu 2. noch an, er sei bereits wegen vermeintlicher Verfolgung 2002 in der Slowakei, dann in Österreich und zuletzt für fast 13 Monate in Schweden gewesen; da dort damals Syrer keinen Aufenthaltstitel bekommen hätten, habe er sich unter fremden Personalien als Iraker ausgegeben. 2003 sei er dann freiwillig wieder zurück nach Syrien geflogen. Die Kläger machten bei einer Kurzbefragung am 15. Juli 2013 zum Teil geringfügig abweichende Zeitangaben über ihren Aufenthalt in den jeweiligen Staaten der Europäischen Union.
4Ein von der Beklagten durchgeführter Datenabgleich ergab, dass die Kläger zu 1. und 2. am 24. Juli 2009 in Italien erstmals erfasst wurden. Das am 20. November 2013 für alle Kläger an Italien gestellte Wiederaufnahmegesuch wurde vom italienischen Innenministerium am 28. November 2013 zurückgewiesen, da jedenfalls den Klägern zu 1. und 2. die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden sei.
5Der am 15. Juli 2013 beim Bundesamt gestellte Asylantrag wurde von dem seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten der Kläger mit Schriftsatz vom 5. August 2013 zurückgenommen.
6Mit Bescheid vom 17. April 2014 stellte das Bundesamt fest, dass den Klägern in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zustehe und ordnete die Abschiebung nach Italien an. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, sie seien aus einem sicheren Drittstaat -Italien- eingereist und hätten dort den Flüchtlingsstatus zuerkannt bekommen. Es sei daher nicht mehr über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes oder über Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Aufenthaltsgesetz -AufenthG- zu befinden.
7Gegen den Bescheid haben die Kläger am 29. April 2014 Klage erhoben und zugleich um gerichtlichen Eilrechtsschutz nachgesucht, den das Gericht mit Beschluss vom 17. Juli 2014 (17 L 1018/14.A) abgelehnt hat, da keine systemischen Mängel hinsichtlich Italiens vorlägen und darüber hinaus die Kläger keine beachtlichen, in ihrer Person liegenden, Gründe für ein Absehen von einer Überstellung nach Italien geltend gemacht hätten. Dies gelte insbesondere für die psychische Erkrankung der Klägerin zu 1. und die Sprachentwicklungsstörung des Klägers zu 3. Zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote und inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse seien nicht gegeben. Die gegen den unanfechtbaren Beschluss erhobene Beschwerde hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 23. Juli 2014 als unzulässig (14 B 853/14.A) verworfen.
8Zur Begründung der Klage wird im Wesentlichen Bezug genommen auf das Vorbringen im gerichtlichen Eilverfahren. Die Beklagte habe die Maßgaben der Verordnung (EG) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III VO) nicht hinreichend beachtet. In Italien seien die Kläger der Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt. Ungeachtet dessen lägen humanitäre Gründe vor, die die Ausübung des sog. Selbsteintrittsrechts geböten. Die Kläger zu 1. und 3. seien schwerwiegend erkrankt. Dazu wurden diverse Atteste und Unterlagen betreffend eine im Wesentlichen schwere posttraumatische Belastungsstörung und eine schwere depressive Symptomatik mit rezidivierender Suizidalität (Fachärztliche Atteste vom 29. April, 10. Juli, 11. sowie 20. August 2014, Bericht des St. W. Hospitals vom 22. Juli 2014) nebst Blutungsstörungen (Attest der Frauenärztin vom 24. August 2014) für die Klägerin zu 1. vorgelegt sowie hinsichtlich des Klägers zu 3. u.a. einer Sprachentwicklungsstörung mit Dyslalie und Dysgrammatismus (Heilmittelverordnung vom 21. Mai 2014, Fachärztliche Bescheinigung vom 22. Mai und 14. August 2014, Bescheinigung des N. Klinikums vom 20. Juni 2014). Eine Behandlung sei in Italien nicht möglich; auch sei von einer Reiseunfähigkeit auszugehen.
9Ungeachtet dessen hätten die minderjährigen Kläger zu 3. und 4. (2009 und 2010 geboren) nur einen Asylantrag bei der Beklagten, nicht aber in Italien gestellt.
10Die Kläger beantragen,
11den Bescheid der Beklagten vom 17. April 2014 aufzuheben.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Zur Begründung nimmt sie auf die Gründe des angefochtenen Bescheids des Bundesamtes Bezug.
15Die für die Kläger zuständige Ausländerbehörde hat mit Schreiben vom 3. September 2014 u.a. mitgeteilt, dass für den eventuellen Abschiebevorgang bereits vorgegeben worden sei, ein Arzt müsse anwesend sein. Darüber hinaus habe man für Maßnahmen bei Ankunft in Italien die italienischen Behörden über die geplante Abschiebung und über die psychische Erkrankung der Klägerin zu 1. informiert und angefragt, ob noch weitere Informationen für die Bereitstellung eines Arztes vor Ort zum Empfang der Familie geboten wären. Auch wurde ein Hinweis auf eine eventuell erforderliche stationäre Unterbringung erteilt. Am 8. September 2014 wurde die Klägerin zu 1. amtsärztlich begutachtet; Aussagen zu einer psychischen Erkrankung wurden nicht getroffen.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und den des beigezogenen Verwaltungsvorgangs ergänzend Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18A. Die Klage hat keinen Erfolg. Ungeachtet der Frage ihrer Zulässigkeit (I.) ist sie jedenfalls unbegründet (II.).
19I. Die Klage ist zwar als Anfechtungsklage statthaft (1.), jedoch vermag die Frage eines (teilweisen) Entfalls des Rechtsschutzbedürfnisses offen zu bleiben (2.).
201. Die Klage gegen den Bescheid vom 17. April 2014 ist als (isolierte) Anfechtungsklage statthaft. Rechtsgrundlage für die unter Ziffer 1 des Bescheides getroffene angefochtene Entscheidung ist § 26a Asylverfahrensgesetz -AsylVfG-, wonach sich ein Ausländer, der aus einem sicheren Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz -GG- (sicherer Drittstaat) eingereist ist, sich nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen kann. Die mit diesem Ausspruch regelmäßig verbundene Abschiebungsanordnung findet ihre Grundlage in § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 AsylVfG. Die Entscheidungen nach §§ 26a und 34a Abs. 1 AsylVfG stellen belastende Verwaltungsakte im Sinne des § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz dar, deren isolierte Aufhebung – anders als in sonstigen Fällen eines Verpflichtungsbegehrens – ausnahmsweise zulässig ist, weil deren Beseitigung grundsätzlich ein weiteres Prüfprogramm des Bundesamtes auszulösen vermag,
21vgl. zu § 27a AsylVfG OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A, juris Rn. 28 ff.; siehe aber für den Fall einer ausländischen Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft: BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 10 C 7/13, juris Rn. 29ff., wonach ein Anspruch auf erneuten nationalen Flüchtlingsschutz in solchen Fällen nicht besteht und insoweit bereits das Rechtsschutzbedürfnis für eine weitere Statusentscheidung fehlen dürfte.
222. Indes spricht Einiges dafür, dass jedenfalls teilweise das Rechtsschutzbedürfnis der Klage entfallen sein könnte. Denn der frühere Prozessbevollmächtigte der Kläger hat im Asylverfahren die am 15. Juli 2013 gestellten Asylanträge für alle Kläger mit Schriftsatz vom 5. August 2013 ohne Einschränkungen zurückgenommen; danach wäre das Verwaltungsverfahren einzustellen gewesen (vgl. § 32 Satz 1 AsylVfG). Ob vor diesem Hintergrund überhaupt noch ein Interesse an einer isolierten Aufhebung der negativen Entscheidung des Bundesamtes zu Ziff. 1. des angefochtenen Bescheides besteht, bedarf indes keiner Vertiefung, da der Klage in der Sache in Gänze der Erfolg verwehrt bleibt (II.).
23II. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 17. April 2014 ist zu dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
24Das Bundesamt hat zu Recht gemäß §§ 26a, 31 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG festgestellt, dass den Klägern aufgrund ihrer Einreise aus einem sicherem Drittstaat kein Asylrecht zusteht (1.) und die Abschiebung nach Italien gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 AsylVfG angeordnet (2.).
251. Italien ist sicherer Drittstaat im Sinne von § 26a AsylVfG. Nach § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG kann sich ein Ausländer nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen, wenn er aus einem Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG eingereist ist.
26a. Der Anwendung des Art. 16a Abs. 2 GG und der §§ 26a, 31 Abs. 4 AsylVfG geht entgegen der Ansicht der Kläger nicht die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (sog. Dublin II VO) vor. Zwar wäre diese Verordnung und nicht die nachfolgende Dublin III VO grundsätzlich noch einschlägig, da sowohl der Asylantrag als auch das Wiederaufnahmegesuch noch im Jahre 2013 gestellt wurden (vgl. Art. 49 Abs. 2 Dublin III VO,
27vgl. insoweit nunmehr auch BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 10 C 7/13, juris Rn. 27),
28jedoch findet das Regelwerk der Dublin II VO -ebenso wie die Dublin III VO- keine Anwendung mehr auf Ausländer, die in Deutschland einen Asylantrag gestellt haben, nachdem ihnen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union – hier in Italien – Flüchtlingsschutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Richtlinie 2011/95/EU) zuerkannt worden ist,
29vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Juli 2014 - 17 L 1018/14.A; VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Januar 2013 – 6 L 104/13.A, juris Rn. 20; VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2013 ‑ 6 K 7204/12.A, juris; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand: November 2013, § 27a AsylVfG Rn. 34; angedeutet in BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 10 C 7/13, juris Rn. 26.
30Dies ist für die Kläger zu 1. bis 4. der Fall, auf die entsprechenden Mitteilungen in dem Verwaltungsvorgang des Bundesamtes für die Kläger zu 1. und 2. wird verwiesen; im Übrigen wird auf die Ausführungen im vorangegangenen Eilverfahren 17 L 1018/14.A Bezug genommen (dort S. 3f.), die sich unter dem Maßstab des Hauptsacheverfahrens zu eigen gemacht werden. Es spricht nichts dafür, dass den im Zeitpunkt des Aufenthalts in Italien Kleinstkindern (bei Einreise nach Italien 2009 war der Kläger zu 3. unter einem Jahr alt und der Kläger zu 4. ist in Italien 2010 geboren worden) nicht auch Flüchtlingsschutz oder über die Eltern, die Kläger zu 1. und 2., abgeleiteter Schutz zuerkannt wurde. Für eine Ausübung des in Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO geregelten Selbsteintrittsrechts der Mitgliedstaaten ist daher ebenfalls von vornherein kein Raum mehr. Hieraus folgt zugleich, dass die Kläger mit ihrem Vortrag, aufgrund ihnen in Italien drohender Gesundheitsgefahren lägen „systemische Mängel im Asylverfahren“ vor, die den um Überstellung ersuchenden Mitgliedstaat zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts verpflichteten, nicht durchdringen können.
31Selbst wenn indes der Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Kläger unterstellt, die minderjährigen Kläger zu 3. und 4. in Italien formal (noch) keinen Flüchtlingsschutz erhalten haben sollten, mag dies allenfalls zwar insoweit zu einer Anwendung der Dublin II VO für diese, nicht jedoch zu einer Änderung in der Sache führen. Die erkennende Kammer hat in ständiger Rechtsprechung bereits entschieden, in Italien seien systemische Mängel des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen einschließlich der Gesundheitsversorgung derzeit nicht auszumachen,
32vgl. etwa VG Düsseldorf, Urteil vom 24. Mai 2013 - 17 K 7223/12.A, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 26. April 2013 - 17 K 1777/12.A, juris; zuletzt für minderjährige Kinder: VG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Mai 2014 - 17 L 930/14.A.; auch bei Erkrankungen und zur Gesundheitsfürsorge für Asylbewerber zuletzt: VG Düsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 - 17 K 4737/12.A, juris.
33Diese Rechtsauffassung hat jüngst in einer Grundsatzentscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, auf die entsprechend Bezug genommen wird, Bestätigung gefunden,
34vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A, juris.
35Auch die weiteren, hier unterstellt für die Kläger zu 3. und 4. anwendbaren, Vorschriften der Dublin II VO führten nicht zu einem sonstigen Übergang der Zuständigkeit auf die Beklagte. Insbesondere wäre die ursprünglich nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO gegebene Zuständigkeit Italiens (illegale Einreise über den Luftweg) nicht gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II VO auf die Beklagte übergegangen. Gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO hat der Mitgliedstaat, in dem ein Asylantrag gestellt wurde, der einen anderen Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags für zuständig hält, diesen in jedem Fall innerhalb von drei Monaten nach Einreichung des Antrags zu ersuchen, den Asylbewerber aufzunehmen. Bei Überschreitung der Frist nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO geht nach Satz 2 die Zuständigkeit auf den ersuchenden Staat über. Zwar hat das Bundesamt hier erst am 20. November 2013 – also etwa vier Monate nach Stellung des Asylantrages am 15. Juli 2013 in der Bundesrepublik – ein Übernahmegesuch an Italien gestellt. Diese Fristüberschreitung führt aber nicht zur Zuständigkeit der Beklagten. Die Frist des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO ist unmittelbar nur im Rahmen des Aufnahmeverfahrens anwendbar, nicht aber in Fällen des – hier ausweislich der Verwaltungsvorgänge und der entsprechenden Anfrage des Bundesamtes gegebenen – Wiederaufnahmegesuchs, welches Italien (nur) für die Kläger zu 3. und 4. (vgl. Bl. 129R des Verwaltungsvorganges) durch Nichtbeantwortung konkludent angenommen hat (vgl. Art. 20 Abs. 1 lit. c Dublin II VO),
36vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. April 2014 - 10 B 16.14, Rn. 13.
37Ungeachtet dessen und den Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Kläger zu 3. und 4. wiederum aufgreifend, diese hätten überhaupt keinen Asylantrag in Italien gestellt, mit der Konsequenz, dass es sich dann um ein Aufnahmeverfahren handeln würde und die Frist des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO anwendbar wäre, führte die Klage aufgrund der Nichteinhaltung der Frist bzw. der Folge gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II VO auch deshalb nicht zum Erfolg, weil die Vorschrift den Klägern kein subjektives Recht vermittelte,
38vgl. dazu näher std. Rspr. der Kammer, zuletzt VG Düsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 ‑ 17 K 4737/12.A, juris Rn. 34ff. m.w.N.; in diese Richtung auch OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 ‑ 1 A 21/12.A, juris Rn. 43ff.
39Im Einzelfall kann es bei beachtlicher Überschreitung der Frist des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO ggfs. auch in Fällen in denen überhaupt keine Frist läuft dem ersuchenden Mitgliedstaat zwar verwehrt sein, sich auf die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates zu berufen,
40vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 17 L 150/13.A, juris.
41Denn nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hat der Mitgliedstaat, in dem sich der Asylbewerber befindet, darauf zu achten, dass eine Situation, in der die Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats verschlimmert wird,
42vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10, juris Rn. 98, 108.
43Nicht jede Fristüberschreitung oder jeder längere Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat führt jedoch zugleich zu einer unangemessen langen Verfahrensdauer; vielmehr bedarf es des Hinzutretens eines weiteren Zeitmoments. Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer ist von einer unangemessen langen Verfahrensdauer ohne hinzutreten besonderer Umstände des Einzelfalls in aller Regel erst dann auszugehen, wenn eine Überschreitung von mehr als sechs Monaten vorliegt, also zwischen Asylantragstellung und Stellung eines Übernahmegesuchs mehr als neun Monate vergangen sind,
44std. Rspr. näher VG Düsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 - 17 K 4737/12.A, juris Rn. 40ff., m.w.N.
45Da die hier gegebene Überschreitung der Dreimonatsfrist gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO um etwas mehr als einen Monat bzw. der Aufenthalt im Bundesgebiet von etwas mehr als vier Monaten ab Asylantragstellung demgemäß nicht zu einer unangemessen langen Verfahrensdauer führt, wäre es der Beklagten nicht verwehrt, sich insoweit auf die Zuständigkeit Italiens für die Kläger zu 3. und 4. zu berufen.
46Weitere etwaig zu beachtenden Fristen der Dublin II VO sind nicht überschritten, entsprechendes ist auch nicht vorgetragen. Im Übrigen begründeten diese auch kein subjektives Recht für die Kläger aus den zuvor genannten Erwägungen in den in Bezug genommenen Entscheidungen. Eine unangemessen lange Verfahrensdauer wäre auch nicht ersichtlich.
47Die Beklagte hat schließlich entgegen der Ansicht des Prozessbevollmächtigten der Kläger auch nicht -nach wie vor davon ausgegangen, die Dublin II VO fände Anwendung- konkludent ihr Selbsteintrittsrecht gem. Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO ausgeübt. Die bloße ‑schon von Amts wegen gebotene (vgl. § 24 AsylVfG)‑ Befassung des Bundesamtes mit dem Asylbegehren der Kläger und die Absetzung einer negativen Entscheidung führt dazu nicht. Etwas anderes würde heißen, es käme in jedem Fall der Asylantragstellung gleichsam zwingend zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts. Dies findet im Gesetz und erst Recht in der Dublin II VO keine Stütze, was sich nicht zuletzt schon aus dem Regel-Ausnahme-Verhältnis von Art. 3 Abs. 1 zu Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO ergibt.
48b. Italien ist als Mitgliedstaat der Europäischen Union ein „sicherer Drittstaat“ im Sinne von Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG.
49aa. Der vorgenannten Verfassungsnorm liegt das „Konzept der normativen Vergewisserung“ über die Sicherheit im Drittstaat zugrunde. Diese normative Vergewisserung bezieht sich darauf, dass der Drittstaat einem Betroffenen, der sein Gebiet als Flüchtling erreicht hat, den nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Konvention zum Schutze der Menschenrechte (EMRK) und den Grundfreiheiten gebotenen Schutz vor politischer Verfolgung und anderen ihm im Herkunftsstaat drohenden schwerwiegenden Beeinträchtigungen seines Lebens, seiner Gesundheit oder seiner Freiheit gewährt. Damit entfällt das Bedürfnis, ihm Schutz in der Bundesrepublik Deutschland zu bieten. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union gelten als sicher kraft Entscheidung der Verfassung,
50vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 22 BvR 2315/93, juris Rn. 181.
51Dieses nationale Konzept steht im Einklang mit dem hinter der Schaffung eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (vgl. Art. 78 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union) stehenden „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“. Selbiges beruht auf der Annahme, alle daran beteiligten Staaten, ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, beachteten die Grundrechte, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Richtlinie 2011/95/EU, der GFK sowie in der EMRK finden, und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Unter diesen Bedingungen muss die - freilich widerlegbare - Vermutung gelten, die Behandlung der Kläger als schutzberechtigt anerkannter Ausländer stehe in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den genannten Rechten,
52vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10, juris Rn. 10 ff., 75, 78, 80.
53Das zugrunde gelegt, greift die „sichere Drittstaatenregelung“ (nur) dann nicht, wenn sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, der Ausländer sei von einem Sonderfall betroffen, der von dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ nicht aufgefangen werde,
54vgl. EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – C-394/12, juris Rn. 52 f., 60 zum „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“; BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93, juris Rn. 189 zum „Konzept der normativen Vergewisserung“.
55Von einem solchen Fall ist dann auszugehen, wenn es ernst zu nehmende und durch Tatsachen gestützte Gründe dafür gibt, dass in dem Mitgliedstaat, in den abgeschoben werden soll, in verfahrensrechtlicher oder materieller Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz gewährt wird.
56Der Bezugspunkt für die Beurteilung des hinreichenden Schutzes hängt davon ab, ob der Ausländer bereits einen Schutzstatus in dem Land, in das er abgeschoben werden soll, erhalten hat oder nicht. Nur in letzterem Fall ist darauf abzustellen, ob das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische, dem ersuchenden Mitgliedstaat nicht unbekannte Mängel aufweisen, die für den Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr begründen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4 / Art. 19 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtecharta) bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein,
57vgl. etwa EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 und C-493/10, juris Rn. 78 f., 84 ff. und 94.
58Unterstellt für die Kläger zu 3. und 4. wäre die Dublin II VO einschlägig, lägen keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen einschließlich der Gesundheitsversorgung derzeit vor. Insoweit wird auf die Ausführungen und die Rechtsprechungszitate unter A. II. 1. a. Bezug genommen.
59Haben die Kläger indes – wovon hier nach den obigen Darlegungen ausgegangen wird – bereits einen Schutzstatus erhalten, ist darauf abzustellen, ob der gebotene Inhalt des jeweiligen Schutzstatus hinreichend eingehalten wird oder ein Verstoß gegen die GFK vorliegt bzw. für den Inhaber des Schutzstatus eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4 / Art. 19 Abs. 2 Grundrechtecharta bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein.
60Dass die Verhältnisse in Italien diesbezüglich hinter dem unionsrechtlich vorgesehenen Flüchtlingsschutz dergestalt zurückbleiben, ist nach dem für die Entscheidung nach § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt nicht zu erkennen. Insoweit werden sich die ausführlichen Darlegungen aus dem vorangegangenen Eilverfahren zu Eigen gemacht (vgl. 17 L 1018/14.A, dort S. 6ff. m.w.N.), denen die Kläger nichts entscheidungserhebliches mehr entgegen gesetzt haben. Sie gelten auch unter dem Prüfungsmaßstab des Hauptsacheverfahrens fort.
61Die vorhandenen und ebenfalls im vorzitierten Beschluss ausgeführten Defizite bei der Unterbringung und der gesundheitlichen Versorgung reichen nicht dafür aus, Italien generell nicht mehr als sicheren Drittstaat anzusehen. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass insoweit Art. 3 EMRK die Konventionsstaaten auch nicht etwa dazu verpflichtet, Schutzberechtigten ein Recht auf Unterkunft zu geben oder sie finanziell zu unterstützen, um ihnen einen gewissen Lebensstandard einschließlich bestimmter Standards medizinischer Versorgung zu ermöglichen,
62vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30969/09, juris Rn. 249; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A, juris Rn. 118.
63Generell reicht die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat nicht aus, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK zu überschreiten,
64vgl. EGMR, Beschluss vom 2. April 2013 – 27725/10, juris.
65Art. 3 EMRK ist im Kern ein Abwehrrecht gegen unwürdiges Staatsverhalten im Sinne eines strukturellen Versagens bei dem durch ihn zu gewährenden angemessenen materiellen Mindestniveau und weniger ein individuelles Leistungsrecht einzelner Antragsteller auf bestimmte materielle Lebens- und Sozialbedingungen selbst,
66vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. April 2013 – 17 L 660/13.A, juris Rn. 43, m.w.N.
67Die Kläger müssen sich nach alledem daher auf den in Italien für alle italienischen Staatsangehörigen geltenden Versorgungsstandard – somit auch auf den medizinischen Behandlungs- und Medikamentationsstandard – verweisen lassen, selbst wenn dieser dem hiesigen Niveau nicht entsprechen sollte,
68vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. April 2013 – 17 L 660/13.A, juris Rn. 42, s.a. OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2004 – 13 A 2160/04.A, juris (noch zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990, heute § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG).
69Entgegen der Ansicht des Prozessbevollmächtigten der Kläger ist es auch nicht maßgeblich, wie ein vor der Großen Kammer des EGMR anhängiges und im Februar 2014 verhandeltes Verfahren zu Italien (offenbar Tarakhel ./. Schweiz; EGMR 29217/12) entschieden wird. Es ist ungewiss, inwieweit der EGMR in jenem Verfahren fallübergreifende Feststellungen zu den Verhältnissen in Italien treffen oder die konkreten Verhältnisse des zu entscheidenden Falles -ungeachtet der Frage, ob es sich überhaupt bei den Beschwerdeführern um anerkannte Flüchtlinge handelt- in den Vordergrund stellen wird; die Entscheidung hierzu steht -soweit ersichtlich- noch aus. Unbeschadet dessen bestand jedoch keine Veranlassung, zur Gewinnung der für die Entscheidungsfindung erforderlichen Überzeugung noch weitere Gutachten, Auskünfte oder Stellungnahmen zur Situation der anerkannten Flüchtlinge in Italien einzuholen. Denn die vorliegenden Erkenntnismittel haben im Ergebnis ausgereicht, dem Gericht diese Überzeugung bereits in einem ausreichenden Maße zu vermitteln.
70bb. Die Kläger gehören auch nicht zu einer gegebenenfalls besonders schutzbedürftigen Personengruppe.
71Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen kann es zwar im Einzelfall aus individuellen, in der Person der Kläger liegenden und damit von dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ von vornherein nicht erfassten Gründen – wenn auch nur vorübergehend – geboten sein, von Überstellungen in den anderen Mitgliedstaat abzusehen. Anhaltspunkt für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls kann geben, ob einer der Kläger eine Personen mit besonderen Bedürfnissen gemäß Art. 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU ist und er nach einer Einzelfallprüfung entsprechend eingestuft wurde.
72Beachtliche, in der Person der Kläger liegende Gründe von der Überstellung nach Italien abzusehen liegen indes nicht vor.
73Unterstellt, es läge die fachärztlich schließlich zuletzt diagnostizierte psychische Erkrankung der Klägerin zu 1., nämlich eine schwere posttraumatische Belastungsstörung sowie eine schwere depressive Symptomatik mit rezidivierender Suizidalität (vgl. Atteste des Facharztes F. -L. vom 29. April, 10. Juli sowie 11. und 20. August 2014 nebst Notfallambulanzbericht des St. W. Hospitals vom 22. Juli 2014) vor, ist weiter nicht nachvollziehbar vorgetragen, diese seien in Italien nicht behandelbar bzw. auch eine entsprechende Medikamentation unmöglich. Gleiches gilt für die am 24. August 2014 durch die Frauenärztin Dr. T. diagnostizierte Erkrankung, die Klägerin zu 1. leide an ‑zunächst medikamentierbaren‑ Blutungsstörungen (offenbar vaginaler Blutverlust, vgl. amtsärztliche Stellungnahme vom 9. September 2014). Nach derzeitiger gerichtlicher Erkenntnislage sind die Gesundheitsversorgung und der Zugang zu ihr vielmehr in Italien sowohl für Asylbewerber wie für anerkannte Flüchtlinge trotz zuweilen auftretender zumutbarer praktischer Erschwernisse hinreichend gewährleistet. Es wurde bereits dargelegt, dass bei anerkannt Schutzberechtigten -und damit insoweit unstreitig der Klägerin zu 1.- bei der medizinischen Versorgung dieselben Rechte wie italienischen Staatsangehörigen zustehen. Die -dem Flüchtling ohne Weiteres zumutbare- Anmeldung beim Servizio Sanitario Nazionale ist obligatorisch und ermöglicht die Ausstellung eines Gesundheitsausweises, der zur Behandlung bei einem praktischen Arzt, Kinderarzt, in Ambulanzen und bei Spezialisten oder zur Aufnahme in ein Krankenhaus berechtigt (siehe zuvor A. II. 1. b. aa. nebst den in Bezug genommenen Ausführungen in 17 L 1018/14.A). Es existiert ferner kostenfreier Zugang zu allen medizinischen öffentlichen Leistungen (Arzt, Zahnarzt, Krankenhaus); die stets bestehende Notambulanz ist -sogar ungeachtet einer Registrierung - für alle Personen ebenfalls kostenfrei zugänglich,
74vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 6.2, 7., 8.1; borderline-europe e.V. vom Dezember 2012, S. 46.
75Eine ärztliche Versorgung ist ausweislich der Erkenntnislage auch gewährleistet, sofern es um die Behandlung von psychischen bzw. traumatischen Erkrankungen geht,
76vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 8.1; Bericht der Deutschen Botschaft „Sozialpolitische Informationen Italien“ aus Januar 2012, S. 25f., aufgerufen am 9. September 2014 unter: www.rom.diplo.de/contentblob/4055570/Daten/.../sozialpol_it_pdf.pdf.
77Es ist danach nicht erkennbar, die Klägerin zu 1. könnte in Italien unzureichend behandelt werden. Schließlich lassen ihre Ausführungen beim Bundesamt (etwa im Jahre 2009/2010 sehr schlechte Lage im Asylheim in Italien, angebliche Unterbringung mit „kriminell auffälligen Menschen“ [Attest vom 20. August 2014], erforderliche neue Unterkunft nach sechs Monaten, phasenweise Obdachlosigkeit, zwei Monate keine Sozialhilfe) eine besondere Schutzbedürftigkeit hier nicht erkennen.
78Hinsichtlich des etwas über fünfzigjährigen Klägers zu 2. ist ebenso nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass nicht jedenfalls er sich um den Lebensunterhalt und die Versorgung seiner Familie wird kümmern können. Auch seine Ausführungen beim Bundesamt lassen eine besondere Schutzbedürftigkeit nicht erkennen (Anhörung am 18. Juli 2013: „Ich fühle mich gesund … Ich bin nicht behandlungsbedürftig erkrankt“); schließlich hat er -wie übrigens die Klägerin zu 1. auch- bei seiner dortigen Anhörung keine Einwände erhoben, dass sein Antrag in Italien wieder geprüft werde (Anhörung Frage 24).
79Endlich begründet allein die Minderjährigkeit der Kläger zu 3. (ca. 5 Jahre) und 4. (ca. 4 Jahre) eine besondere Schutzbedürftigkeit nicht. Sie sollen gemeinsam mit ihren Eltern, den Klägern zu 1. und 2., nach Italien zurückgeführt werden; Anhaltspunkte für ‑hinreichend beachtliche‑ Erkrankungen bei dem Kläger zu 4. sind weder vorgebracht noch ersichtlich. Hinsichtlich des Klägers zu 3. liegt offenbar eine Entwicklungsstörung des Sprechens oder der Sprache (Dyslalie sowie Dysgrammatismus) vor, wobei neurologische oder sonstige pädiatrische Besonderheiten nicht festgestellt wurden (siehe Heilmittelverordnung vom 21. Mai 2014). Im Attest des Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin, Dr. U. , vom 22. Mai 2014 wurde ferner, noch ohne nähere Ausführungen dazu „frühkindlicher Autismus“ (in dem Überweisungsschein an die Ausländerbehörde hieß es einen Tag zuvor noch zum frühkindlichen Autismus „z.A.“ [zur Abklärung]) sowie eine „Verhaltens- und emotionale Störung mit Beginn der Kindheit“ diagnostiziert und diverse Therapiemaßnahmen vorgeschlagen (u.a. Einzeltherapie mit begleitender Elternarbeit; Kooperation der Therapeuten mit dem Kindergarten bzw. dem Sozialamt; Gewährleistung eines Lebensortes, der das Risiko der Störungen minimiere). Das N1. Klinikum in E. befand am 20. Juni 2014, es liege im Wesentlichen eine Sprachentwicklungsstörung mit lexikalisch-semantischer Störung und Dysgrammatismus sowie eine bedeutende Familiensituation vor. Es wurde u.a. eine logopädische Therapie empfohlen. Dies bestätigt im Kern das weitere Attest des Dr. U. vom 14. August 2014. Auch diese diagnostizierten Erkrankungen können in Italien hinreichend behandelt werden; dies gilt selbst wenn sich frühkindlicher Autismus bestätigen und wenn der Hinweis in der Bescheinigung des N1. Klinikums auf die bedeutende Familiensituation auf eine psychische Belastung des Klägers zu 3. hindeuten sollte, denn beides wäre in Italien grundsätzlich behandelbar. Es besteht für anerkannte Schutzberechtigte, wie für italienische Staatsbürger, freie Arztwahl. Zwar muss zunächst -abgesehen von Notfällen- ein Hausarzt aufgesucht werden, der dann eine Überweisung an einen Spezialisten, wie einen Kinderarzt oder das Krankenhaus, vornimmt. Gegebenenfalls muss auch bei Fachärzten mit langen Wartezeiten für Termine gerechnet werden, dies trifft aber Italiener gleichermaßen und ist zumutbar, zumal sich insoweit das System in diesem Punkt nicht grundlegend von dem hiesigen unterscheidet,
80vgl. Bericht der Deutschen Botschaft „Sozialpolitische Informationen Italien“ aus Januar 2012, S. 26; Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 6.2.
81Soweit die Kläger zu. 3. und 4., die Argumentation des Prozessbevollmächtigten unterstellt, keine in Italien anerkannten Flüchtlinge wären und unter das Regime der Dublin II VO fielen (s.o. A. II. 1. a.), ergäbe sich nichts anderes. Denn eine besondere Schutzbedürftigkeit des -insoweit allein erkrankten- Klägers zu 3., die die Geltendmachung des Selbsteintrittsrechts der Bundesrepublik Deutschland geböte, ist nicht gegeben. Die behaupteten Erkrankungen wären im Falle des in Italien noch laufenden Asylverfahrens behandelbar und auch der zumutbare Zugang zu einer Behandlung gewährleistet,
82vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 6.2; s. auch OVG NRW, Beschluss vom 18. August 2014 - 14 A 1613/13.A; VG Düsseldorf, Urteil vom 26. April 2013 - 17 K 1777/12.A, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 24. Mai 2013 - 17 K 7223/12.A, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 - 17 K 4737/12.A, juris, jew. m.w.N.; i.Ü. grundsätzlich OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A, juris.
83cc. Schließlich liegt keine (weitere) der vom Bundesverfassungsgericht zur Abschiebungsanordnung nach §§ 34a Abs. 1, 26a AsylVfG gebildeten Fallgruppen zur Bestimmung der Ausnahmen vom „Konzept der normativen Vergewisserung“ vor,
84vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 ‑ 2 BvR 1938/93, juris Rn. 189.
85Weder droht den Klägern in Italien die Todesstrafe, noch besteht die erhebliche konkrete Gefahr dafür, dass sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Überstellung dort Opfer eines Verbrechens werden, welches zu verhindern nicht in der Macht Italiens steht. Zudem ist nicht ersichtlich, dass Italien selbst zum Verfolgerstaat werden wird.
862. Ebenso ist die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG rechtmäßig und es steht fest, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.
87a. Zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote liegen nicht vor. Für die Kläger besteht in Italien keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit.
88Eine Gefahr im Sinne dieser Norm für die dort benannten Rechtsgüter ist erheblich, wenn eine Beeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände im Zielstaat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Konkret ist eine derartige Gefahr, wenn die Verschlechterung alsbald nach der Rückkehr eintritt,
89vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 - 1 C 18.05, juris Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 25. November 1997 - 9 C 58.96, juris Rn. 13.
90Dies ist schon deshalb ausgeschlossen, weil die Behandlung und auch der Zugang zu ihr für sämtliche der von der Klägerin zu 1. geltend gemachten Erkrankungen in Italien zureichend gewährleistet ist (vgl. A II 1 b. bb.). Daher drohen ihr keine der in § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG beschriebene Gefahren mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit.
91Gleiches gilt für den Kläger zu 3. Denn auch seine Erkrankungen (vgl. zu ihnen bereits unter A. II. 1. b. bb.) können in Italien behandelt und therapiert werden, insbesondere ist eine kinderärztliche Betreuung sowie sind sonstige adäquate medizinische Behandlungs- und Betreuungsmöglichkeiten gegeben und zugänglich,
92vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 6.2, 7., 8.1.
93Soweit im Attest vom 22. Mai 2014 die Rede davon ist, eine Rückführung der Familie in ihre Heimat würde die Symptomatik verstärken, wird ungeachtet dessen angemerkt, dass eine Rückführung gemeinsam mit seiner Familie in einen sicheren Mitgliedstaat der Europäischen Union ansteht, nicht aber die Abschiebung in die Heimat - nämlich Syrien - selbst. Wenn im zitierten Attest weiter ausgeführt wird, „nur ein dauerhafter Aufenthaltsstatus der Familie in der Bundesrepublik Deutschland kann zu einer positiven Veränderungen der o.g. Störungen des Kindes beitragen“, wird darauf hingewiesen, dass es für den bei § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG anzulegenden Maßstab auf die besondere Intensität der Beeinträchtigung im Zielstaat -Italien- ankommt und nicht auf eine hiesige mögliche Verbesserung. Denn der Asylbewerber bzw. anerkannt Schutzberechtigte muss sich grundsätzlich auf den Behandlungs-, Therapie- und Medikamentationsstandard im Überstellungsstaat verweisen lassen, selbst wenn dieser dem hiesigen Niveau nicht entsprechen sollte,
94vgl. -zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990, heute § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG- OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2004 - 13 A 2160/04.A, juris; VG Aachen, Urteil vom 22. Juli 2009 - 8 K 1199/07, juris m.w.N.
95Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob den Klägern zu 1. und 3. nicht von vornherein die Berufung auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aufgrund der Regelung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG versagt bliebe, weil die eventuellen Schwierigkeiten, die bei der Gewährung medizinischer Versorgung und Medikamentation mit möglicherweise daraus resultierenden Beeinträchtigungen bestünden (etwa Eigenbeteiligungen an bestimmten Medikamenten, sog. „tickets“ bei Eigenbeteiligungen an bestimmten Behandlungen, vgl. Bericht der Deutschen Botschaft „Sozialpolitische Informationen Italien“ aus Januar 2012, S. 25, 27), nicht individuell, sondern allgemein für die Bevölkerungsgruppe aller ganz oder nahezu mittellosen Kranken in Italien drohten,
96vgl. in diese Richtung VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Januar 2013 - 6 L 104/13.A, juris (noch zu § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG a.F.); zuletzt so für Bulgarien die erkennende Kammer, Beschluss vom 14. Juli 2014 - 17 L 870/14.A.
97b. Sofern im Rahmen des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG von der Beklagten auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe zu prüfen wären,
98vgl. so OVG NRW, Beschluss vom 30. August 2011 – 18 B 1060/11, juris Rn. 4,
99stünden solche nicht entgegen.
100Ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis in Form einer krankheitsbedingten Reiseunfähigkeit kann gegeben sein, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers unmittelbar durch die Abschiebung oder als unmittelbare Folge davon voraussichtlich wesentlich verschlechtern wird.
101Für die Annahme eines solchen Abschiebungshindernisses wegen Gesundheitsgefahren ist danach erstens erforderlich, dass eine Gesundheitsverschlechterung von erheblichem Gewicht zu erwarten ist. Insoweit ist auf die Wertung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG abzustellen: Eine durch die Ausreise eintretende Gesundheitsverschlechterung ist jedenfalls dann nicht mehr zumutbar, wenn dadurch konkrete erhebliche Gefahren für die Gesundheit des Betreffenden von einem Gewicht einzutreten drohen, dass sie gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG einer Abschiebung entgegenstünden. Soweit sich unterhalb dieser Schwelle durch die Ausreise bzw. Abschiebung eine Gesundheitsverschlechterung einstellen sollte, ist sie hingegen grundsätzlich hinzunehmen. Eine mit der Erkenntnis der Aussichtslosigkeit eines Bleiberechts für Deutschland und einer bevorstehenden Rückkehr in das Heimatland einhergehende Gefährdung bzw. Verschlechterung des Gesundheitszustandes führt für sich genommen regelmäßig nicht zu einer Reiseunfähigkeit. Indem das Aufenthaltsgesetz die Abschiebung vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer unter bestimmten Voraussetzungen vorsieht (vgl. § 58 AufenthG), nimmt es in diesem Zusammenhang vielfach zu erwartende Auswirkungen auf den gesundheitlichen und insbesondere auf den psychischen Zustand der Betroffenen in Kauf und lässt diese nur unter besonderen Umständen, die durch § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ihre Begrenzung erfahren, als Abschiebungsverbote gelten.
102Zweitens sind die geltend gemachten Erkrankungen und etwa zu befürchtende Verschlechterungen nur hinsichtlich des Vollzugs der Abschiebung -nicht hier hinsichtlich der zielstaatsbezogenen Folgen der Abschiebung, namentlich der Frage der Behandelbarkeit vorliegender Erkrankungen (vgl. dazu zuvor A. II. 2. a.)- als solcher in den Blick zu nehmen. Im Hinblick auf die Schutzpflicht der zuständigen Behörde gilt, dass diese durch eine entsprechende Gestaltung der Abschiebung die notwendigen Vorkehrungen -etwa durch ärztliche Hilfen bis hin zur Flugbegleitung- zu treffen hat, damit eine Abschiebung verantwortet werden kann. Wenn dem Ausländer unmittelbar nach seiner Ankunft im Zielstaat eine Gesundheitsgefährdung im vorgenannten Sinne droht, endet die Schutzpflicht nicht mit der Ankunft des Ausländers im Zielstaat, sondern dauert bis zum Übergang in eine Versorgung und Betreuung dort fort. Dann ist sicher zu stellen, dass erforderliche Hilfen rechtzeitig nach der Ankunft im Heimatland zur Verfügung stehen, wobei der Ausländer allerdings auch in diesem Zusammenhang auf den allgemein üblichen Standard der Möglichkeiten in seinem Heimatland verwiesen ist.
103Dies zugrunde gelegt kann bei einer psychischen Erkrankung vom Vorliegen eines inlandsbezogenen Vollstreckungshindernisses im genannten Sinn außer in Fällen einer Flugreise- bzw. Transportuntauglichkeit im engen Sinne nur ausgegangen werden, wenn entweder im Rahmen einer Abschiebung die ernsthafte Gefahr einer Selbsttötung droht, der auch nicht durch ärztliche Hilfen oder in sonstiger Weise wirksam begegnet werden kann (aa.), oder wenn dem Ausländer unmittelbar durch die Abschiebung bzw. als unmittelbare Folge davon sonst konkret eine erhebliche und nachhaltige Verschlechterung des Gesundheitszustands droht, die allerdings - in Abgrenzung zu zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen - nicht wesentlich (erst) durch die Konfrontation des Betreffenden mit den Gegebenheiten im Zielstaat bewirkt werden darf (bb.). Ferner kann ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis aufgrund einer (auch psychischen) Erkrankung vorliegen, wenn dem Ausländer bei seiner Ankunft im Zielstaat eine Gefährdung im Sinne des oben aufgezeigten Maßstabs droht, weil es an einer erforderlichen, unmittelbar nach der Ankunft einsetzenden Versorgung und Betreuung fehlt (cc.),
104vgl. zum Ganzen: OVG NRW, Beschluss vom 29. November 2010 - 18 B 910/10, juris; OVG NRW, Beschluss vom 15. August 2008 - 18 B 538/08, juris; OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2006 ‑ 18 A 916/05, juris, jew. m.w.N.
105Hiervon ausgehend sind die Voraussetzungen für die Annahme eines inlandsbezogenen Vollstreckungshindernisses im Falle der Kläger -auch der allein erkrankten Kläger zu 1. und 3.- nicht erfüllt.
106aa. Es besteht zunächst kein Anhalt dafür, dass die Klägerin zu 1. im engen Sinne flugreise- oder transportuntauglich wäre. Hinsichtlich der mit Attest vom 24. August 2014 bei ihr ausgemachten Blutungsstörung, verhält sich dieses Attest schon nicht zu einer etwaig daraus resultierenden Reiseunfähigkeit. Diese ist aber auch sonst nicht ersichtlich, denn die amtsärztliche Stellungnahme vom 9. September 2014 hat insoweit die Transport- und Flugtauglichkeit bestätigt. Dem ist die Klägerin zu 1. insoweit nicht mehr entgegengetreten.
107Sofern -hierzu verhält sich die vorzitierte amtsärztliche Stellungnahme nicht- aufgrund des psychischen Gesundheitszustandes im Rahmen der Abschiebung die Gefahr einer Suizidhandlung ernsthaft bestünde, lässt sich auch nicht erkennen, dieser könnte nicht durch ärztliche Hilfen, wie einer Begleitung während des Fluges oder in sonstiger Weise wirksam begegnet werden. Zu einer insoweitigen Reiseunfähigkeit verhält sich zunächst das vorgelegte Attest des Facharztes F. -L. vom 29. April 2014 nicht. Im weiteren Attest vom 10. Juli 2014 wird lediglich unsubstantiiert und daher auch hier nicht hinreichend glaubhaft vorgetragen, die Klägerin zu 1. sei „weiterhin nicht reisefähig“. Begründungen oder Darlegungen hierzu fehlen im Attest oder den in Bezug genommenen früheren Attesten. Die Bescheinigung des St. W. -Hospitals vom 22. Juli 2014 über die ambulante psychiatrische Notfallbehandlung der Klägerin zu 1. verhält sich ebenfalls nicht zu einer Reiseunfähigkeit. Hinsichtlich einer etwaigen Suizidgefährdung konnte dort vielmehr diagnostiziert werden, dass sich die Klägerin zu 1. jedenfalls an dem entsprechenden Tag von „suizidalen Absichten glaubhaft distanzieren“ konnte. Indes sprechen die späteren Atteste des Facharztes F. -L. vom 11. und 20. August 2014 im Wesentlichen übereinstimmend davon, eine Reisefähigkeit bestehe nicht. Sie sei auch nicht durch „eventuelle Begleitmaßnahmen … herstellbar, da eine mögliche Suizidgefahr lediglich bis nach der Reisebeendigung aufgeschoben, jedoch nicht ernsthaft verhindert werden“ könne. Gerade durch letztere medizinische Einschätzung wird -eine akute bzw. latente Suizidalität der Klägerin zu 1. unterstellt- letztlich eingeräumt, dass gerade die Abschiebung selbst und die Rückführung im engeren Sinne bei entsprechender ärztlicher Begleitung ohne beachtliche Gefährdung der Klägerin zu 1. möglich wäre; im Übrigen mangelt es auch an einem substantiierten Vortrag, weshalb unter wirksamen Schutzmaßnahmen eine Abschiebung nicht möglich sein sollte. Soweit die amtsärztliche Stellungnahme vom 9. September 2014 empfiehlt, die Klägerin zu 1. solle bei der Flugreise von einem „notfallkompetenten Arzt“ begleitet werden, hatte die Ausländerbehörde mit Schreiben vom 3. September 2014 bereits zugesichert, dass während des eigentlichen Abschiebevorgangs ein Arzt anwesend sein werde. Nachdem die Ausländerbehörde selbst hierauf verweist, wird davon ausgegangen, dass die Abschiebung mit entsprechenden Vorkehrungen durchgeführt wird. Dies zugrunde gelegt ist anzunehmen, dass ein etwaiger Suizidversuch der Klägerin zu 1. während der Abschiebung durch Eingreifen des Arztes oder anderen Begleitpersonals wirksam verhindert werden kann. Daher liegt für den Abschiebevorgang selbst keine Reisunfähigkeit vor. Lediglich ergänzend wird angemerkt, dass entgegen der Aussagen im Attest des Arztes F. -L. vom 20. August 2014 eine Abschiebung nach Syrien -in das Heimatland der Kläger- gar nicht im Raum steht und somit auch nicht zu prüfen war. Ob die Unterbringung in Italien „menschlich unzumutbar“ ist, ist zum einen nicht Aufgaben des behandelnden Arztes zu beurteilen und zum anderen keine Frage des inlandsbezogenen Abschiebungshindernisses.
108Für den Kläger zu 3. ist mit den vorgelegten Attesten und Bescheinigungen bereits keine Reiseunfähigkeit geltend gemacht, sie ist aber auch sonst nicht ansatzweise bei dem dargelegten, im Wesentlichen eine Sprachentwicklungsstörung beinhaltenden, Krankheitsbild (siehe A. II. 1. b. bb.) ersichtlich. Fragen der Therapiefortsetzung und der Behandelbarkeit betreffen allein zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote und sind dort bereits behandelt worden. Im Übrigen ist auch hinsichtlich der Mutter des Klägers zu 3., der Klägerin zu 1., eine medizinische Betreuung bei der Rückführung vorgesehen, von der gegebenenfalls auch der Kläger selbst wird profitieren können.
109bb. Ferner ist nicht wie erforderlich dargelegt, im Falle der Klägerin zu 1. drohte eine erhebliche und nachhaltige Verschlechterung des Gesundheitszustands unmittelbar durch die Abschiebung bzw. als unmittelbare Folge davon im oben genannten Sinne einzutreten, die nicht wesentlich (erst) durch die Konfrontation mit den Gegebenheiten im Zielstaat bewirkt wäre. Zwar prognostiziert der Facharzt F. -L. in seinen Attesten vom 11. und 20. August 2014, eine Reisefähigkeit sei nicht gegeben, da bei einer Abschiebung mit einer erheblichen Verschlechterung des Zustandes zu rechnen sei. Dies gelte -neben Syrien- auch für Italien, da ein „nicht unerheblicher Teil der Traumatisierung“ dort stattgefunden habe. Selbst wenn tatsächlich -wovon bis zu diesem letzten Attest bislang nicht die Rede war- eine Traumatisierung in Italien stattgefunden haben sollte, ist den Ausführungen in den Attesten jedoch nicht zu entnehmen, diese Verschlechterung im oben erläuterten Sinne werde durch die Abschiebung bzw. als unmittelbare Folge davon bewirkt. Die Feststellungen im Attest -immer deren Richtigkeit unterstellt- können vielmehr nur so verstanden werden, dass diese die erwartete Verschlechterung der Erkrankung mindestens ganz wesentlich durch die Konfrontation der Klägerin zu 1. mit den Verhältnissen in Italien bewirkt sehen, mit denen diese nach Ansicht des Arztes F. -L. nicht zurecht kommen wird, so dass -von der angenommenen Suizidgefahr anlässlich der Abschiebung abgesehen- Zielstaatsbezogenheit anzunehmen ist. So wird in beiden Attesten in diesem Zusammenhang auf das Erfordernis der Fortsetzung der begonnenen Behandlung bei der Klägerin zu 1. abgehoben und im Attest vom 20. August 2014 davon gesprochen, die „Unterbringung dort [in Italien sei] menschlich unzumutbar“. Soweit daher auf die mit der Abschiebung bewirkte Verschlimmerung der Symptomatik abgehoben wird, steht diese in Zusammenhang mit den genannten zielstaatsbezogenen Aspekten und der Erwartung, nach der Abschiebung diesen ausgesetzt zu sein; anders gewendet besteht kein Anhalt dafür, dass die angenommene Verschlimmerung in gleicher Weise eintreten würde, wenn die Klägerin in einen ihrer Ansicht nach sicheren (Dritt-)Staat verbracht würde.
110Auf Grundlage der gegebenen ärztlichen Stellungnahmen zum Krankheitsbild des Klägers zu 3. bestehen auch keine Anhaltspunkte, eine sonstige erhebliche Gesundheitsverschlechterung drohte bei ihm durch oder als unmittelbare Folge der Abschiebung ernsthaft. Aus medizinischer Sicht konnten keine Gründe gefunden werden, nach denen eine Rückkehr in das Heimatland nicht möglich erscheint. Soweit der behandelnde Arzt Dr. U. insbesondere im Attest vom 22. Mai 2014 ebenso wie das N1. Klinikum E. in der Bescheinigung vom 20. Juni 2014 eine logopädische Therapie für geboten erachten und ersterer ausführt, „nur ein dauerhafter Aufenthaltsstatus in der Bundesrepublik [könne] zu einer positiven Veränderung der o.g. Störungen des Kindes beitragen“ handelt es sich schon nicht um inlandsbezogene Abschiebungshindernisse. Soweit in dem Attest vom 22. Mai 2014 ausgeführt wird, eine Rückführung „in die Heimat“ würde die Symptomatik verstärken gilt auch hier, dass eine Rückführung nach Syrien nicht im Raume steht und auch nicht Gegenstand der Abschiebungsanordnung ist. Ungeachtet dessen ist es schon mangels fehlender konkreter Angaben zu Art und Gewicht der befürchteten Gesundheitsverschlechterung nicht erkennbar, dass eine für die Annahme eines hier relevanten Abschiebungshindernisses erforderlich erhebliche und nachhaltige Verschlimmerung des Gesundheitszustandes droht. Etwaige gegenüber den hiesigen Behandlungen verminderte Standards der Therapie oder Behandlung in Italien und eine daraus befürchtete Gesundheitsverschlechterung beruhen nicht auf der Abschiebung selbst bzw. auf deren unmittelbarer Folge, sondern haben ihre Ursache in den Verhältnissen in Italien und damit in im vorliegenden Zusammenhang unerheblichen zielstaatsbezogenen Umständen.
111cc. Schließlich ist nicht anzunehmen, der Klägerin zu 1. drohte bei ihrer Ankunft im Zielstaat Italien eine Gefährdung im Sinne des zuvor aufgezeigten Maßstabes, die sich nicht durch eine unmittelbar nach der Ankunft einsetzende Versorgung und Betreuung vermeiden ließe. Wenn die Atteste des Facharztes F. -L. vom 11. und 20. August 2014 im Wesentlichen übereinstimmend davon sprechen, eine Reisefähigkeit sei auch nicht durch „eventuelle Begleitmaßnahmen … herstellbar, da eine mögliche Suizidgefahr lediglich bis nach der Reisebeendigung aufgeschoben, jedoch nicht ernsthaft verhindert werden“ könne, ist dies eine durch nichts gestützte bloße Behauptung, die im Übrigen auch nicht schlüssig ist. Denn es ist schon nicht überzeugend -geschweige denn dargelegt-, weshalb durch gebotene Begleitmaßnahmen während der Rückführung ein etwaiger Suizid zwar verhindert werden kann, denn nichts anderes heißt es der Sache nach, wenn davon gesprochen wird, durch Begleitmaßnahmen könne eine „Suizidgefahr lediglich bis nach der Reisebeendigung aufgeschoben werden“ (siehe dazu schon A. II. 2. b. aa.), nicht aber bei entsprechender ärztlicher Betreuung oder sonstiger geeigneter Maßnahmen unmittelbar danach. Sofern das Attest unbeschadet dessen dahin zu verstehen sein sollte, dass die Klägerin zu 1. nicht unmittelbar nach der Abschiebung sich selbst überlassen werden dürfe, steht dies nicht zu befürchten. Denn die zuständige Abschiebebehörde hat hier dafür Rechnung zu tragen, dass unmittelbar nach der Ankunft eine Versorgung und Betreuung gegeben und sichergestellt ist und so eine erhebliche Gefährdung der Klägerin -ggf. auch mittels entsprechender Medikamente für eine Übergangsphase bis zur Aufnahme der weiteren Behandlung vor Ort- ausgeschlossen wird. Auf Nachfrage hat die zuständige und die Vollstreckung durchführende Ausländerbehörde mit Schreiben vom 3. September 2014 denn auch bereits die italienischen Behörden darauf hingewiesen, dass möglicherweise eine stationäre Unterbringung der Klägerin erforderlich sein könnte, auch wurden die Behörden über die Erkrankung und die geplante -wenn auch noch nicht konkret bevorstehende- Abschiebung informiert. Weiter wurde angefragt, ob noch zusätzliche Informationen erforderlich seien, damit ein Arzt zum Empfang der Familie vor Ort bereitgestellt werden könne. Dies alles zeigt, dass die Ausländerbehörde ihren weiteren Schutzpflichten im Zielstaat gewillt ist Rechnung zu tragen. Sie wird in der gegebenen Situation, vorbehaltlich anderslautender aktuellerer amtsärztlicher Atteste vor der Abschiebung selbst, daher dafür sorgen müssen, dass die Klägerin zu 1. entsprechend sicher in Italien unmittelbar nach ihrer Ankunft tatsächlich betreut und versorgt wird. Vor diesem Hintergrund kann für die Klägerin zu 1. kein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis ausgemacht werden.
112Für den Kläger zu 3. ist weder hinreichend geltend gemacht noch sonst ersichtlich, es bestünde eine erhebliche und konkrete Gesundheitsgefährdung deswegen, weil es an einer erforderlichen, unmittelbar nach der Ankunft im Zielstaat Italien einsetzenden Betreuung und Versorgung fehlte.
113B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert richtet sich nach § 30 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 100 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 0.0.1978 geborene ledige Kläger behauptet staatenloser Palästinenser mit ständigem Aufenthalt in Syrien zu sein. Nach eigenen Angaben verließ er Syrien am 23. April 2013, reiste in die Türkei und von dort aus zunächst weiter nach Bulgarien. Von dort sei er am 22. Juni 2013 wieder zurück in die Türkei und sodann am 5. Januar 2014 weiter in die Bundesrepublik Deutschland gereist. Hier stellte er am 16. Januar 2014 einen Asylantrag.
3Durch einen Treffer in der EURODAC Datenbank am 12. Februar 2014 wurde bestätigt, dass der Kläger am 21. Mai 2013 einen Asylantrag ist Bulgarien gestellt hat. Mit Schreiben vom 17. Februar 2014 ersuchte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) Bulgarien um die Wiederaufnahme des Klägers.
4Die bulgarischen Behörden teilten mit Schreiben vom 20. Februar 2014 mit, dem Wiederaufnahmegesuch nach den Regeln der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III VO) werde nicht entsprochen, da dem Kläger mit Entscheidung vom 1. Oktober 2013 der subsidiäre Schutzstatus zugesprochen worden sei. Mit Schreiben vom 27. März 2014 erklärte sich die dafür zuständige Behörde in Bulgarien mit der Übernahme des Klägers in Anwendung des deutsch-bulgarischen Abkommens über die Übernahme und Durchführung von Personen (Rückübernahmeabkommen) vom 7. März 2006 (BGBl. II 2006, S. 259) bereit, nachdem die für die Rückführung zuständige Ausländerbehörde Bulgarien um die Übernahme ersucht hatte.
5Mit Bescheid vom 1. April 2014 (zugestellt am 3. April 2014) stellte das Bundesamt fest, dass dem Kläger in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zusteht (1.) und ordnete die Abschiebung nach Bulgarien an (Ziffer 2.). Zur Begründung führte das Bundesamt aus, der Kläger habe bereits in Bulgarien internationalen Schutz erhalten und könne sich wegen seiner Einreise aus Bulgarien als sicherem Drittstaat nicht auf das Asylrecht berufen.
6Der Kläger hat am 10. April 2014 Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus, in Bulgarien seien erhebliche systemische Mängel des Asylverfahrens sowie der Aufnahmebedingungen festzustellen, so dass im Falle einer Überstellung die Gefahr menschenrechtswidriger Behandlung bestehe. Er verweist auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Bremen vom 11. März 2014 – 1 V 153/14 – und den Bericht des UNHCR vom 2. Januar 2014. Die Gewährung subsidiären Schutzes durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union hindere die Anwendung der Dublin III VO auf einen zeitlich nachfolgenden gestellten (weiteren) Asylantrag in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht. Die Beklagte sei verpflichtet von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Aufgrund der Ablehnung des Asylantrages sei er suizidgefährdet und werde in der Allgemeinpsychiatrischen Institutsambulanz behandelt. Er erhalte eine medikamentöse Behandlung und mehrere notwendigen Behandlungstermine. Er legte eine Behandlungsbescheinigung des Landschaftsverbandes Rheinland Klinik M. , Ambulanz für Migrantinnen und Migranten vor, in der bestätigt wird, dass der Kläger seit dem 27. Mai 2014 in der Allgemeinpsychiatrischen Institutsambulanz behandelt werde und an der 1. Therapiesitzung teilgenommen habe. Als Diagnose wurde eine Posttraumatische Belastungsstörungen (F43.1) und eine generalisierte Angststörung (F41.1) gestellt. Die Behandlung sei dringend notwendig, es erfolge eine medikamentöse Einstellung.
7Am 22. Juli 2014 teilte der Kläger mit, zusammengebrochen zu sein und für kurze Zeit bewusstlos gewesen zu sein. Er habe Angstzustände und Schlafstörungen.
8Der Kläger beantragt,
9den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 1. April 2014 aufzuheben.
10Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
11die Klage abzuweisen.
12Zur Begründung nimmt sie Bezug auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung des Bundesamtes.
13Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung angehört worden. Wegen der von ihm hierbei gemachten Angaben wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift verwiesen.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes und der Ausländerakten Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe:
16Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig (I.) aber unbegründet (II.).
17I. Die Klage gegen den Bescheid vom 1. April 2014 ist als (isolierte) Anfechtungsklage statthaft. Rechtsgrundlage für die unter Ziffer 1. des Bescheides getroffene angefochtene Entscheidung ist § 26a Asylverfahrensgesetz (AsylVfG), wonach sich ein Ausländer, der aus einem sicheren Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) (sicherer Drittstaat) eingereist ist, sich nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen kann. Die mit diesem Ausspruch regelmäßig verbundene Abschiebungsanordnung findet ihre Grundlage in § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 AsylVfG. Die Entscheidungen nach §§ 26a und 34a Abs. 1 AsylVfG stellen belastende Verwaltungsakte im Sinne des § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) dar, deren isolierte Aufhebung – anders als in sonstigen Fällen eines Verpflichtungsbegehrens – ausnahmsweise zulässig ist, weil schon ihre Beseitigung grundsätzlich ein weiteres Prüfprogramm des Bundesamtes auszulösen vermag,
18vgl. zu § 27a AsylVfG OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, juris Rn. 28 ff.
19Denn das Bundesamt ist nach Aufhebung des Bescheides bereits gesetzlich verpflichtet, das Asylverfahren durchzuführen, §§ 31, 24 AsylVfG.
20Dem Kläger fehlt es – trotz der Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus in Bulgarien – auch nicht am Rechtsschutzbedürfnis für die auf die Aufhebung der Ziffer 1. des Bescheides gerichtete Klage. Die Aufhebung der Ziffer 1. der Entscheidung des Bundesamtes kann ihm weiterhin einen Vorteil bringen, weil jedenfalls sein auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gerichtetes Begehren nicht unzulässig ist,
21siehe aber für den Fall einer ausländischen Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 10 C 7/13, juris Rn. 29 ff., wonach ein Anspruch auf erneuten nationalen Flüchtlingsschutz in solchen Fällen nicht besteht und insoweit ein gleichwohl gestellter Antrag bereits unzulässig sein dürfte.
22II. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 1. April 2014 ist zu dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
23Das Bundesamt hat zu Recht gemäß §§ 26a, 31 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG festgestellt, dass dem Kläger aufgrund seiner Einreise aus einem sicherem Drittstaat kein Asylrecht zusteht (1.) und die Abschiebung nach Bulgarien gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 AsylVfG angeordnet (2.).
241. Bulgarien ist sicherer Drittstaat im Sinne von § 26a AsylVfG. Nach § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG kann sich ein Ausländer nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen, wenn er aus einem Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG eingereist ist.
25a. Der Anwendung des Art. 16a Abs. 2 GG und der §§ 26a, 31 Abs. 4 AsylVfG geht nicht die Dublin III VO vor. Denn diese findet auf Ausländer, die in Deutschland einen Asylantrag stellen, nachdem ihnen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union – hier in Bulgarien – subsidiärer Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Richtlinie 2011/95/EU) zuerkannt worden ist, keine Anwendung,
26vgl. noch zur Vorgängerregelung Dublin II VO Nr. 343/2003: VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Januar 2013 – 6 L 104/13.A –, juris Rn. 20; VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2013 – 6 K 7204/12.A –, juris; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand: November 2013, § 27a AsylVfG Rn. 34.
27Die Dublin III VO unterscheidet ausdrücklich zwischen „Antragsteller“, Art. 2 lit. c Dublin III VO und „Begünstigter internationalen Schutzes“, Art. 2 lit f Dublin III VO. Antragsteller im Sinne der Verordnung ist danach derjenige, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, über den noch nicht endgültig entschieden wurde, wohingegen „Begünstigter internationalen Schutzes“ derjenige ist, dem internationaler Schutz zuerkannt wurde. Das Verfahren zur Bestimmung des für eine Bearbeitung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaates wird nach Art. 20 Abs. 1 Dublin III VO (nur) eingeleitet, sobald in einem Mitgliedstaat erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird. Dieses Verfahren ist indes nicht mehr einschlägig, wenn der Ausländer bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach dortigem Antrag auf internationalen Schutz – wie hier der Kläger in Bulgarien – den subsidiären Schutzstatus erhalten hat. Dementsprechend sieht auch Art. 18 Abs. 1 lit a bis d Dublin III VO keine Pflicht des zuständigen Mitgliedsstaates im Falle des positiven Bescheides über einen Antrag auf internationalen Schutz vor.
28Für eine Ausübung des von dem Kläger geltend gemachten und in Art. 17 Abs. 1 der Dublin III VO geregelten Selbsteintrittsrechts der Mitgliedstaaten ist somit von vornherein kein Raum.
29b. Bulgarien ist als Mitgliedstaat der Europäischen Union ein „sicherer Drittstaat“ im Sinne von Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG.
30aa. Der vorgenannten Verfassungsnorm liegt das „Konzept der normativen Vergewisserung“ über die Sicherheit im Drittstaat zugrunde. Diese normative Vergewisserung bezieht sich darauf, dass der Drittstaat einem Betroffenen, der sein Gebiet als Flüchtling erreicht hat, den nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Konvention zum Schutze der Menschenrechte (EMRK) und den Grundfreiheiten gebotenen Schutz vor politischer Verfolgung und anderen ihm im Herkunftsstaat drohenden schwerwiegenden Beeinträchtigungen seines Lebens, seiner Gesundheit oder seiner Freiheit gewährt. Damit entfällt das Bedürfnis, ihm Schutz in der Bundesrepublik Deutschland zu bieten. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union gelten als sicher kraft Entscheidung der Verfassung,
31vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 22 BvR 2315/93 -, juris Rn. 181.
32Dieses nationale Konzept steht im Einklang mit dem hinter der Schaffung eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (vgl. Art. 78 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union) stehenden „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“. Selbiges beruht auf der Annahme, dass alle daran beteiligten Staaten, ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, die Grundrechte beachten, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Richtlinie 2011/95/EU, der GFK sowie in der EMRK finden, und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Unter diesen Bedingungen muss die - freilich widerlegbare - Vermutung gelten, dass die Behandlung der Antragsteller bzw. als schutzberechtigt anerkannte Ausländer in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den genannten Rechten steht,
33vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 -, juris Rn. 10 ff., 75, 78, 80.
34Diese beiden Annahmen zugrunde gelegt, greift die „sichere Drittstaatenregelung“ (nur) dann nicht, wenn sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass der Ausländer von einem Sonderfall betroffen ist, der von dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ nicht aufgefangen wird,
35vgl. EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 –, juris Rn. 52 f., 60 zum „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“; BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93 –, juris Rn. 189 zum „Konzept der normativen Vergewisserung“.
36Von einem solchen Fall ist dann auszugehen, wenn es ernst zu nehmende und durch Tatsachen gestützte Gründe dafür gibt, dass in dem Mitgliedstaat, in den abgeschoben werden soll, in verfahrensrechtlicher oder materieller Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz gewährt wird.
37Der Bezugspunkt für die Beurteilung des hinreichenden Schutzes hängt davon ab, ob der Ausländer bereits einen Schutzstatus in dem Land, in das er abgeschoben werden soll, erhalten hat oder nicht. Nur in letzterem Fall ist darauf abzustellen, ob das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische, dem ersuchenden Mitgliedstaat nicht unbekannte Mängel aufweisen, die für den Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr begründen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4 / Art. 19 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtecharta) bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein,
38vgl. etwa EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 und C-493/10 –, juris Rn. 78 f., 84 ff. und 94.
39Hat der Ausländer – wie hier – indes bereits einen Schutzstatus erhalten, ist der Prüfungsmaßstab ein anderer. Abzustellen ist in diesem Fall darauf, ob der gebotene Inhalt des jeweiligen Schutzstatus hinreichend eingehalten wird oder ob für den Inhaber des Schutzstatus eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4 / Art. 19 Abs. 2 Grundrechtecharta bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein.
40Dass die Verhältnisse in Bulgarien insoweit hinter dem unionsrechtlich vorgesehenen, hier gewährten subsidiären Schutzstatus dergestalt zurückbleiben, ist zu dem für die Entscheidung nach § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt nicht zu erkennen.
41Der Inhalt des subsidiären Schutzstatus wird unionrechtlich vorgegeben durch die Regelungen in Art. 20 bis 35 der Richtlinie 2011/95/EU. So gelten einheitliche Vorgaben etwa für die Erteilung des Aufenthaltstitels (Art. 24 Abs. 2) und der Reisedokumente (Art. 25 Abs. 2). Einem anerkannten subsidiär Schutzberechtigten stehen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung (Art. 26), zur Bildung (Art. 27), zum Erhalt von Sozialhilfeleistungen (Art. 29) und medizinischer Versorgung (Art. 30) dieselben Rechte wie den jeweiligen Staatsangehörigen zu.
42Danach ist im Hinblick auf Bulgarien zwar anzuerkennen, dass die Lebensbedingungen (auch) für Personen mit subsidiärem Schutzstatus dort nach den gegebenen Erkenntnissen prekär sind. Weder ist aber eine Verletzung der in Art. 26, 27, 29, 30 der Richtlinie 2011/95/EU vorgesehenen Gleichbehandlungsgebote erkennbar, noch herrschen in Bulgarien derart handgreiflich eklatante Missstände, die die Annahme rechtfertigten, anerkannte subsidiär Schutzberechtigte würden einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt und dem Kläger müsste unabweisbar Schutz gewährt werden. Eine solche Behandlung muss ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um als unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK zu gelten. Dieses Mindestmaß an Schwere erreichen die Verhältnisse, denen anerkannte subsidiär Schutzberechtigte in Bulgarien ausgesetzt sind, nicht.
43Der UNHCR schildert in seinem Bericht „Current Situation of Asylum in Bulgaria“ aus April 2014 unter 2.7 zwar Schwierigkeiten anerkannter Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigter in Bulgarien. So bestünde eine Lücke bei der Gesundheitsversorgung in der Zeit zwischen Anerkennung als Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte aufgrund der Änderung ihres Status im System. Sie hätten außerdem – wie die bulgarischen Staatsangehörigen auch – einen monatlichen Beitrag von umgerechnet 8,70 Euro für die Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen, von der indes Medikamente und psychologische Betreuung nicht eingeschlossen seien. Berichtet wird außerdem von Schwierigkeiten, eine gesicherte Beschäftigung zu erlangen. Neben der schwierigen wirtschaftlichen Situation seien einige strukturelle Hindernisse wie etwa die fehlende Anerkennung von Vorkenntnissen zu überwinden. Es fehle an gezielter Unterstützung. Außerdem mangele es an geeignetem und bezahlbarem Wohnraum. Auch die für eine erfolgreiche Integration erforderliche Bildung der Schutzberechtigten, insbesondere der Kinder, sei verbesserungswürdig.
44In den vorbezeichneten Mängeln ist eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung nicht zu erkennen. Art. 3 EMRK verpflichtet die Konventionsstaaten nicht etwa dazu, Schutzberechtigten ein Recht auf Unterkunft zu geben oder sie finanziell zu unterstützen, um ihnen einen gewissen Lebensstandard zu ermöglichen,
45vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30969/09 –, juris Rn. 249.
46Generell reicht die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat nicht aus, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten,
47vgl. EGMR, Beschluss vom 2. April 2013 – 27725/10 –, juris.
48Denn Art. 3 EMRK ist im Kern ein Abwehrrecht gegen unwürdiges Staatsverhalten im Sinne eines strukturellen Versagens bei dem durch ihn zu gewährenden angemessenen materiellen Mindestniveau und weniger ein individuelles Leistungsrecht einzelner Antragsteller auf bestimmte materielle Lebens- und Sozialbedingungen selbst,
49vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. April 2013 – 17 L 660/13.A –, juris Rn. 43.
50Der Kläger muss sich daher auf den in Bulgarien für alle bulgarischen Staatsangehörigen geltenden Versorgungsstandard – somit auch auf den medizinischen Behandlungs- und Medikamentationsstandard – verweisen lassen, selbst wenn dieser dem hiesigen Niveau nicht entsprechen sollte,
51vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. April 2013 – 17 L 660/13.A –, juris Rn. 42 am Ende mit Verweis auf den zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990, heute § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ergangenen Beschluss des OVG NRW vom 5. August 2004 – 13 A 2160/04.A –, juris.
52Sonstige, eine andere Würdigung begründende, speziell auf bereits anerkannte subsidiär Schutzberechtigte bezogene Erkenntnisse liegen dem Gericht nicht vor und werden auch von dem Kläger nicht vorgetragen. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die zur Frage der Ausgestaltung des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien ergangene Rechtsprechung und die hierzu dem Gericht vorliegenden Berichte etwa des UNHCR, von Amnesty International und Asylum Information Database nicht heranzuziehen sind. Denn diese betreffen maßgeblich die Einhaltung der Mindeststandards für Asylbewerber und die Ausgestaltung des Asylverfahrens, also den Zugang zum Asyl- bzw. Flüchtlingsschutz bzw. die Durchführung des Verfahrens, nicht aber die Umsetzung des gewährten internationalen Schutzes.
53bb. Der Kläger gehört als alleinstehender junger Mann ersichtlich auch nicht zu einer ggf. besonders schutzbedürftigen Personengruppe.
54Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen kann es zwar im Einzelfall aus individuellen, in der Person des Klägers liegenden und damit von dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ von vornherein nicht erfassten Gründen – wenn auch nur vorübergehend – geboten sein, von Überstellungen in den anderen Mitgliedstaat abzusehen.
55Anhaltspunkt für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls kann geben, ob der Kläger als Person mit besonderen Bedürfnissen gemäß Art. 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU eingestuft wurde. Zu diesen können (unter anderem) gehören unbegleitete Minderjährige, Behinderte, Schwangere, Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern sowie Personen mit psychischen Störungen. Der Kläger ist nicht als eine solche Person einzustufen. Die behauptete psychische Erkrankung des Klägers (posttraumatische Belastungsstörung sowie generalisierte Angststörung) wurde schon nicht durch ein (fach-)ärztliches Attest glaubhaft gemacht. Vorgelegt wurde allein eine Behandlungsbescheinigung über die Teilnahme an einer Therapiesitzung am 27. Mai 2014. Diese Bescheinigung lässt den Schluss auf eine (schwere) psychische Erkrankung des Klägers nicht zu. Die Bescheinigung nennt lediglich die Diagnose ohne Benennung hinreichender Befundtatsachen und vorgenommener Untersuchungen sowie der im Einzelnen erforderlichen (medikamentösen) Behandlung. Ungeachtet der nicht näher dargelegten Erkrankung ist des Weiteren nicht nachvollziehbar vorgetragen, dass diese in Bulgarien nicht behandelbar wäre. Entsprechendes ist nach der derzeitigen Erkenntnislage auch nicht ersichtlich. Mangels gegenteiliger durchgreifender Erkenntnisse ist der Zugang zur Gesundheitsversorgung in Bulgarien für anerkannte Schutzberechtigte trotz der zuweilen bereits geschilderten – die bulgarischen Staatsangehörigen gleichermaßen betreffenden – auftretenden praktischen Erschwernisse grundsätzlich hinreichend gewährleistet.
56cc. Letztlich liegt keine (weitere) der vom Bundesverfassungsgericht gebildeten Fallgruppen zur Bestimmung der Ausnahmen vom „Konzept der normativen Vergewisserung“ vor,
57vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 ‑ 2 BvR 1938/93 –, juris Rn. 189.
58Weder droht dem Kläger in Bulgarien die Todesstrafe, noch besteht die erhebliche konkrete Gefahr dafür, dass er in unmittelbarem Zusammenhang mit der Überstellung nach Bulgarien dort Opfer eines Verbrechens wird, welches zu verhindern nicht in der Macht Bulgariens steht. Zudem ist nicht ersichtlich, dass Bulgarien selbst zum Verfolgerstaat werden wird.
592. Zudem steht fest, dass die Abschiebung nach Bulgarien im Sinne von § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG durchgeführt werden kann.
60a. Die Übernahmebereitschaft Bulgariens als Drittstaat, in den abgeschoben werden soll, ist geklärt.
61Der Beklagte muss vor Erlass einer Abschiebungsanordnung die Übernahmebereitschaft des Zielstaates und die Frage abschließend geklärt haben, ob eine Rückführung in allernächster Zeit (alsbald) möglich sein wird,
62vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 30. September 1996 – 25 A 790/96.A –, juris Rn. 37; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand: Juni 2014, § 34a Rn. 20.
63Die Übernahmebereitschaft Bulgariens ist gegeben. Mit Schreiben vom 27. März 2014 erklärte sich die dafür zuständige Behörde in Bulgarien mit der Übernahme des Klägers in Anwendung des deutsch-bulgarischen Abkommens über die Übernahme und Durchbeförderung von Personen (Rückübernahmeabkommen) vom 7. März 2006 (BGBl. II 2006, S. 259) bereit, nachdem die für die Rückführung zuständige Ausländerbehörde Bulgarien um die Übernahme ersucht hatte.
64b. Weiterhin sind keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote gegeben.
65aa. Für den Kläger besteht in Bulgarien gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit.
66Eine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG für die dort benannten Rechtsgüter ist erheblich, wenn eine Beeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das ist bezogen auf das Rechtsgut Leib und Leben insbesondere der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände im Zielstaat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde,
67vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 – 1 C 18.5 –, juris Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 25. November 1997 ‑ 9 C 58.96 –, juris Rn. 13.
68Eine solche Verschlechterung kann zwar grundsätzlich infolge einer schweren psychische Erkrankung eintreten, die der Kläger hier aber weder hinreichend dargelegt noch glaubhaft gemacht hat. Die vom Kläger vorgelegte Behandlungsbescheinigung lässt aus den bereits genannten Gründen den Schluss auf eine solche Erkrankung mit der notwendigen zielstaatsbezogenen Verschlechterung nicht zu.
69Abgesehen von der fehlenden Glaubhaftigkeit einer (schweren) psychischen Erkrankung liegen derzeit wie bereits ausgeführt auch keine Anhaltspunkte dafür vor, eine gegebenenfalls erforderliche Behandlung von (schweren) psychischen Störungen sei in Bulgarien nicht gewährleistet, so dass ihm keine der in § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG beschriebene Gefahren mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen.
70bb. Sollte der Kläger die zu seiner Behandlung eventuell erforderlichen finanziellen Mittel nicht aufbringen können – etwa weil von der Leistung der Krankenversicherung wie ausgeführt Medikamente und psychologische Betreuung nicht erfasst sind –, führte dies zu keinem anderen Ergebnis, da ihm die daraus resultierende Beeinträchtigung nicht individuell droht und ihm die Berufung auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG insoweit aufgrund der Regelung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG versagt bliebe. Denn er wäre diesbezüglich einer Gefahr ausgesetzt, die allgemein für eine Bevölkerungsgruppe in Bulgarien droht.
71Bulgarien ist das ärmste Land in der Europäischen Union,
72vgl. http://europa.eu/about-eu/facts-figures/living/index_de.htm, zuletzt abgerufen am 11. Juli 2014.
73Das durchschnittliche Bruttonationaleinkommen lag 2011 bei 6550 US-Dollar, bzw. 2012 bei 6840 US-Dollar
74s. Der neue Fischer Weltalmanach 2013, Bulgarien; https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/LaenderRegionen/Internationales/Thema/Tabellen/Basistabelle_BNE.html, zuletzt abgerufen am 14. Juli 2014.
75In dieser wirtschaftlichen Situation im Zielstaat Bulgarien ist festzustellen, dass die Gefahr notwendige medizinische Hilfe aus finanziellen Gründen nicht in Anspruch nehmen zu können, bei einem nennenswert großen Teil der dortigen Bevölkerung – nämlich bei der Gruppe der nahezu oder gar gänzlich mittellosen Kranken, die die Kosten für die mögliche und erforderliche medizinische Behandlung mangels Finanzkraft nicht aufbringen können – in gleicher Weise besteht. Dieser Teil der (nach sozialen Merkmalen bestimmten) Gruppe, bildet eine eigene Bevölkerungsgruppe im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG,
76vgl. zur Gruppe, die aus finanziellen Gründen beschränkten Zugang zu einer Heilbehandlung hat BVerwG, Beschluss vom 29. April 2002 – 1 B 59/02 –, juris Rn. 8 m.w.N. (zu § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG).
77Solche allgemeine Gefahren sollen – wie sich aus § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG ergibt – regelmäßig durch einen Erlass nach § 60a Abs. 1 AufenthG berücksichtigt werden. Der Kläger kann sich in diesen Fällen nicht auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG berufen. Beim Fehlen einer Regelung nach § 60a Abs. 1 AufenthG kommt die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke (Art. 1, Art. 2 Abs. 2 GG) in Betracht, d.h. nur zur Vermeidung einer extremen konkreten Gefahrenlage in dem Sinne, dass dem Ausländer sehenden Auges der sichere Tod droht oder er schwerste Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten hätte,
78vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2008 – 10 C 43/07 –, juris Rn. 32 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 1995 – 9 C 9/95 –, juris Rn. 14.
79Für eine solche extreme Gefahrenlage bestehen im Falle des Klägers indes keinerlei Anhaltspunkte.
80c. Sofern im Rahmen des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG vom Bundesamt auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe zu prüfen wären,
81vgl. so OVG NRW, Beschluss vom 30. August 2011 – 18 B 1060/11 –, juris Rn. 4,
82stünden solche der Aufenthaltsbeendigung hier ebenfalls nicht entgegen. Etwas anderes ergibt sich nicht im Hinblick auf die behauptete Erkrankung des Klägers. Ein inlandsbezogenes Ausreisehindernis in Form von Reiseunfähigkeit liegt nur vor, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers unmittelbar durch die Ausreise bzw. Abschiebung oder als unmittelbare Folge davon voraussichtlich wesentlich oder lebensbedrohlich verschlechtern wird. Im Hinblick auf den Kläger sind eine im vorgenannten Sinne beachtliche Erkrankung und das ernsthafte Risiko, dass sich sein Zustand bei einer Abschiebung wesentlich oder lebensbedrohlich verschlechtern wird, nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Der vorgelegten Bescheinigung sind keine konkreten Angaben über den Grad der Erkrankung bzw. über die Reise(un)fähigkeit des Klägers zu entnehmen. Der Kläger bzw. seine Prozessbevollmächtigte haben keine konkreten Umstände benannt, aus denen sich die Reiseunfähigkeit ergeben soll. Selbst eine psychische Erkrankung unterstellt, führte nicht zwingend zur Reiseunfähigkeit. Die pauschale Behauptung der Suizidgefährdung ist durch nichts belegt und damit schon nicht hinreichend glaubhaft gemacht.
83Für sonstige Abschiebungshindernisse sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Entsprechendes wurde auch nicht vorgetragen.
84III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 S. 2, 711 Zivilprozessordnung.
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,-- Euro festgesetzt.
Gründe
die Antragsgegnerin auch passivlegitimiert. Entgegen der vom Verwaltungsgericht im Beschluss vom 10. Februar 2014 (Az. M 12 S7 14.30227) vertretenen Auffassung hat das Bundesamt im Rahmen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG die (rechtliche und tatsächliche) Durchführbarkeit der Abschiebung und damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde für die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (st. Rspr. des Senats; vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 28.10.2013 - 10 CE 13.2257 - juris Rn. 4; B.v. 20.11.2012 - 10 CE 12.2428 - juris Rn. 4; NdsOVG, U.v. 4.7.2012 - 2 LB 163/10 - juris Rn. 41; OVG Berlin-Bbg, B.v. 1.2.2012 - 2 S 6/12 - juris Rn. 4; VGH BW, B.v. 31.5.2011 - A 11 S 1523/11 - juris Rn. 4). Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe. Bei nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretenden Abschiebungshindernissen hat das Bundesamt gegebenenfalls die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von der Vollziehung der Abschiebungsanordnung abzusehen (OVG NRW, B.v. 30.8.2011 - 18 B 1060/11 - juris Rn. 4).
Tenor
Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 20. März 2014 mit der Ergänzung vom 2. April 2014 – 6 L 407/14 – wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
II.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.