Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 09. Sept. 2014 - 17 K 2897/14.A
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Kläger behaupten syrischer Staatsangehörigkeit und kurdischer Volks- sowie moslemischer Religionszugehörigkeit zu sein. Sie reisten gemeinsam Anfang Juli 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 15. Juli 2013 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag.
3Im Rahmen der vor dem Bundesamt am 18. Juli 2013 durchgeführten ausführlichen Anhörung erklärten die Kläger zu 1. und 2. im Wesentlichen übereinstimmend hinsichtlich des Reisewegs, sie hätten am 24. Juli 2009 Syrien Richtung Italien per Flugzeug verlassen. Am Flughafen in Italien hätten sie einen Asylantrag gestellt, der zunächst erfolglos geblieben sei. Daher seien sie in die Schweiz weitergereist. Dort hätten sie ebenfalls, allerdings erfolglos, um Asyl nachgesucht um dann kurze Zeit später wieder zurück nach Italien zu gehen. Der dort erneut gestellte Asylantrag sei jetzt erfolgreich gewesen. Sie hätten einen Schutztitel erhalten und zunächst bis 2015 befristet einen Aufenthaltstitel innegehabt. In Italien sei auch ihr zweiter Sohn, der Kläger zu 4. geboren worden. Sie seien dann mehr als ein Jahr in Italien geblieben, bis die Polizei ihnen gesagt habe, sie müssten gehen. Die Lage in Italien sei allgemein schlecht gewesen; sie hätten zwei Monate lange keine staatliche Unterstützung in Form von Geldleistungen erhalten. Daher seien sie weiter nach Frankreich gezogen, die Kläger zu 1. und 3. sowie 4. hätten dort wieder einen Asylantrag gestellt, der Kläger zu 2. nicht, da er erst einmal die Erfolgsaussichten bei den übrigen Klägern habe abwarten wollen; man habe ihm gesagt es sei leichter für eine vermeintlich alleinerziehende Frau mit zwei kleinen Kindern einen Titel zu bekommen. Nachdem indes dort der Asylantrag erfolglos war, seien sie nach 2 Monaten weiter nach Schweden gereist, wo sie sich ebenfalls deutlich über ein Jahr aufgehalten hätten. Die dort wieder für alle Kläger gestellten Asylanträge wurden abgelehnt; daraufhin seien sie Anfang Juli 2013 nach Italien abgeschoben worden. Dort hätten sie nicht bleiben wollen und seien bereits nach einer Woche mit dem Bus in die Bundesrepublik gefahren um hier Asyl zu beantragen. Sämtliche Papiere über ihre verschiedenen Aufenthalte in der Europäischen Union seien letztlich in der Bundesrepublik gestohlen worden. Einwände, dass ihr Asylantrag in Italien geprüft werde, hätten sie nicht. Auch gaben die Kläger zu 1. und 2. an, sie seien nicht behandlungsbedürftig erkrankt; allerdings sei der Kläger zu 3. psychisch angeschlagen, er spreche praktisch nicht mehr und der Kläger zu 4. könne auch keine Sprache richtig. Sie wollten nicht mehr von Land zu Land ziehen. Im Übrigen machten sie Ausführungen zu ihren Fluchtgründen aus Syrien. Dabei gab der Kläger zu 2. noch an, er sei bereits wegen vermeintlicher Verfolgung 2002 in der Slowakei, dann in Österreich und zuletzt für fast 13 Monate in Schweden gewesen; da dort damals Syrer keinen Aufenthaltstitel bekommen hätten, habe er sich unter fremden Personalien als Iraker ausgegeben. 2003 sei er dann freiwillig wieder zurück nach Syrien geflogen. Die Kläger machten bei einer Kurzbefragung am 15. Juli 2013 zum Teil geringfügig abweichende Zeitangaben über ihren Aufenthalt in den jeweiligen Staaten der Europäischen Union.
4Ein von der Beklagten durchgeführter Datenabgleich ergab, dass die Kläger zu 1. und 2. am 24. Juli 2009 in Italien erstmals erfasst wurden. Das am 20. November 2013 für alle Kläger an Italien gestellte Wiederaufnahmegesuch wurde vom italienischen Innenministerium am 28. November 2013 zurückgewiesen, da jedenfalls den Klägern zu 1. und 2. die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden sei.
5Der am 15. Juli 2013 beim Bundesamt gestellte Asylantrag wurde von dem seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten der Kläger mit Schriftsatz vom 5. August 2013 zurückgenommen.
6Mit Bescheid vom 17. April 2014 stellte das Bundesamt fest, dass den Klägern in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zustehe und ordnete die Abschiebung nach Italien an. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, sie seien aus einem sicheren Drittstaat -Italien- eingereist und hätten dort den Flüchtlingsstatus zuerkannt bekommen. Es sei daher nicht mehr über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes oder über Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Aufenthaltsgesetz -AufenthG- zu befinden.
7Gegen den Bescheid haben die Kläger am 29. April 2014 Klage erhoben und zugleich um gerichtlichen Eilrechtsschutz nachgesucht, den das Gericht mit Beschluss vom 17. Juli 2014 (17 L 1018/14.A) abgelehnt hat, da keine systemischen Mängel hinsichtlich Italiens vorlägen und darüber hinaus die Kläger keine beachtlichen, in ihrer Person liegenden, Gründe für ein Absehen von einer Überstellung nach Italien geltend gemacht hätten. Dies gelte insbesondere für die psychische Erkrankung der Klägerin zu 1. und die Sprachentwicklungsstörung des Klägers zu 3. Zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote und inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse seien nicht gegeben. Die gegen den unanfechtbaren Beschluss erhobene Beschwerde hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 23. Juli 2014 als unzulässig (14 B 853/14.A) verworfen.
8Zur Begründung der Klage wird im Wesentlichen Bezug genommen auf das Vorbringen im gerichtlichen Eilverfahren. Die Beklagte habe die Maßgaben der Verordnung (EG) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III VO) nicht hinreichend beachtet. In Italien seien die Kläger der Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt. Ungeachtet dessen lägen humanitäre Gründe vor, die die Ausübung des sog. Selbsteintrittsrechts geböten. Die Kläger zu 1. und 3. seien schwerwiegend erkrankt. Dazu wurden diverse Atteste und Unterlagen betreffend eine im Wesentlichen schwere posttraumatische Belastungsstörung und eine schwere depressive Symptomatik mit rezidivierender Suizidalität (Fachärztliche Atteste vom 29. April, 10. Juli, 11. sowie 20. August 2014, Bericht des St. W. Hospitals vom 22. Juli 2014) nebst Blutungsstörungen (Attest der Frauenärztin vom 24. August 2014) für die Klägerin zu 1. vorgelegt sowie hinsichtlich des Klägers zu 3. u.a. einer Sprachentwicklungsstörung mit Dyslalie und Dysgrammatismus (Heilmittelverordnung vom 21. Mai 2014, Fachärztliche Bescheinigung vom 22. Mai und 14. August 2014, Bescheinigung des N. Klinikums vom 20. Juni 2014). Eine Behandlung sei in Italien nicht möglich; auch sei von einer Reiseunfähigkeit auszugehen.
9Ungeachtet dessen hätten die minderjährigen Kläger zu 3. und 4. (2009 und 2010 geboren) nur einen Asylantrag bei der Beklagten, nicht aber in Italien gestellt.
10Die Kläger beantragen,
11den Bescheid der Beklagten vom 17. April 2014 aufzuheben.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Zur Begründung nimmt sie auf die Gründe des angefochtenen Bescheids des Bundesamtes Bezug.
15Die für die Kläger zuständige Ausländerbehörde hat mit Schreiben vom 3. September 2014 u.a. mitgeteilt, dass für den eventuellen Abschiebevorgang bereits vorgegeben worden sei, ein Arzt müsse anwesend sein. Darüber hinaus habe man für Maßnahmen bei Ankunft in Italien die italienischen Behörden über die geplante Abschiebung und über die psychische Erkrankung der Klägerin zu 1. informiert und angefragt, ob noch weitere Informationen für die Bereitstellung eines Arztes vor Ort zum Empfang der Familie geboten wären. Auch wurde ein Hinweis auf eine eventuell erforderliche stationäre Unterbringung erteilt. Am 8. September 2014 wurde die Klägerin zu 1. amtsärztlich begutachtet; Aussagen zu einer psychischen Erkrankung wurden nicht getroffen.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und den des beigezogenen Verwaltungsvorgangs ergänzend Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18A. Die Klage hat keinen Erfolg. Ungeachtet der Frage ihrer Zulässigkeit (I.) ist sie jedenfalls unbegründet (II.).
19I. Die Klage ist zwar als Anfechtungsklage statthaft (1.), jedoch vermag die Frage eines (teilweisen) Entfalls des Rechtsschutzbedürfnisses offen zu bleiben (2.).
201. Die Klage gegen den Bescheid vom 17. April 2014 ist als (isolierte) Anfechtungsklage statthaft. Rechtsgrundlage für die unter Ziffer 1 des Bescheides getroffene angefochtene Entscheidung ist § 26a Asylverfahrensgesetz -AsylVfG-, wonach sich ein Ausländer, der aus einem sicheren Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz -GG- (sicherer Drittstaat) eingereist ist, sich nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen kann. Die mit diesem Ausspruch regelmäßig verbundene Abschiebungsanordnung findet ihre Grundlage in § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 AsylVfG. Die Entscheidungen nach §§ 26a und 34a Abs. 1 AsylVfG stellen belastende Verwaltungsakte im Sinne des § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz dar, deren isolierte Aufhebung – anders als in sonstigen Fällen eines Verpflichtungsbegehrens – ausnahmsweise zulässig ist, weil deren Beseitigung grundsätzlich ein weiteres Prüfprogramm des Bundesamtes auszulösen vermag,
21vgl. zu § 27a AsylVfG OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A, juris Rn. 28 ff.; siehe aber für den Fall einer ausländischen Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft: BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 10 C 7/13, juris Rn. 29ff., wonach ein Anspruch auf erneuten nationalen Flüchtlingsschutz in solchen Fällen nicht besteht und insoweit bereits das Rechtsschutzbedürfnis für eine weitere Statusentscheidung fehlen dürfte.
222. Indes spricht Einiges dafür, dass jedenfalls teilweise das Rechtsschutzbedürfnis der Klage entfallen sein könnte. Denn der frühere Prozessbevollmächtigte der Kläger hat im Asylverfahren die am 15. Juli 2013 gestellten Asylanträge für alle Kläger mit Schriftsatz vom 5. August 2013 ohne Einschränkungen zurückgenommen; danach wäre das Verwaltungsverfahren einzustellen gewesen (vgl. § 32 Satz 1 AsylVfG). Ob vor diesem Hintergrund überhaupt noch ein Interesse an einer isolierten Aufhebung der negativen Entscheidung des Bundesamtes zu Ziff. 1. des angefochtenen Bescheides besteht, bedarf indes keiner Vertiefung, da der Klage in der Sache in Gänze der Erfolg verwehrt bleibt (II.).
23II. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 17. April 2014 ist zu dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
24Das Bundesamt hat zu Recht gemäß §§ 26a, 31 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG festgestellt, dass den Klägern aufgrund ihrer Einreise aus einem sicherem Drittstaat kein Asylrecht zusteht (1.) und die Abschiebung nach Italien gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 AsylVfG angeordnet (2.).
251. Italien ist sicherer Drittstaat im Sinne von § 26a AsylVfG. Nach § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG kann sich ein Ausländer nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen, wenn er aus einem Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG eingereist ist.
26a. Der Anwendung des Art. 16a Abs. 2 GG und der §§ 26a, 31 Abs. 4 AsylVfG geht entgegen der Ansicht der Kläger nicht die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (sog. Dublin II VO) vor. Zwar wäre diese Verordnung und nicht die nachfolgende Dublin III VO grundsätzlich noch einschlägig, da sowohl der Asylantrag als auch das Wiederaufnahmegesuch noch im Jahre 2013 gestellt wurden (vgl. Art. 49 Abs. 2 Dublin III VO,
27vgl. insoweit nunmehr auch BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 10 C 7/13, juris Rn. 27),
28jedoch findet das Regelwerk der Dublin II VO -ebenso wie die Dublin III VO- keine Anwendung mehr auf Ausländer, die in Deutschland einen Asylantrag gestellt haben, nachdem ihnen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union – hier in Italien – Flüchtlingsschutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Richtlinie 2011/95/EU) zuerkannt worden ist,
29vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Juli 2014 - 17 L 1018/14.A; VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Januar 2013 – 6 L 104/13.A, juris Rn. 20; VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2013 ‑ 6 K 7204/12.A, juris; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand: November 2013, § 27a AsylVfG Rn. 34; angedeutet in BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 10 C 7/13, juris Rn. 26.
30Dies ist für die Kläger zu 1. bis 4. der Fall, auf die entsprechenden Mitteilungen in dem Verwaltungsvorgang des Bundesamtes für die Kläger zu 1. und 2. wird verwiesen; im Übrigen wird auf die Ausführungen im vorangegangenen Eilverfahren 17 L 1018/14.A Bezug genommen (dort S. 3f.), die sich unter dem Maßstab des Hauptsacheverfahrens zu eigen gemacht werden. Es spricht nichts dafür, dass den im Zeitpunkt des Aufenthalts in Italien Kleinstkindern (bei Einreise nach Italien 2009 war der Kläger zu 3. unter einem Jahr alt und der Kläger zu 4. ist in Italien 2010 geboren worden) nicht auch Flüchtlingsschutz oder über die Eltern, die Kläger zu 1. und 2., abgeleiteter Schutz zuerkannt wurde. Für eine Ausübung des in Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO geregelten Selbsteintrittsrechts der Mitgliedstaaten ist daher ebenfalls von vornherein kein Raum mehr. Hieraus folgt zugleich, dass die Kläger mit ihrem Vortrag, aufgrund ihnen in Italien drohender Gesundheitsgefahren lägen „systemische Mängel im Asylverfahren“ vor, die den um Überstellung ersuchenden Mitgliedstaat zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts verpflichteten, nicht durchdringen können.
31Selbst wenn indes der Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Kläger unterstellt, die minderjährigen Kläger zu 3. und 4. in Italien formal (noch) keinen Flüchtlingsschutz erhalten haben sollten, mag dies allenfalls zwar insoweit zu einer Anwendung der Dublin II VO für diese, nicht jedoch zu einer Änderung in der Sache führen. Die erkennende Kammer hat in ständiger Rechtsprechung bereits entschieden, in Italien seien systemische Mängel des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen einschließlich der Gesundheitsversorgung derzeit nicht auszumachen,
32vgl. etwa VG Düsseldorf, Urteil vom 24. Mai 2013 - 17 K 7223/12.A, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 26. April 2013 - 17 K 1777/12.A, juris; zuletzt für minderjährige Kinder: VG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Mai 2014 - 17 L 930/14.A.; auch bei Erkrankungen und zur Gesundheitsfürsorge für Asylbewerber zuletzt: VG Düsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 - 17 K 4737/12.A, juris.
33Diese Rechtsauffassung hat jüngst in einer Grundsatzentscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, auf die entsprechend Bezug genommen wird, Bestätigung gefunden,
34vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A, juris.
35Auch die weiteren, hier unterstellt für die Kläger zu 3. und 4. anwendbaren, Vorschriften der Dublin II VO führten nicht zu einem sonstigen Übergang der Zuständigkeit auf die Beklagte. Insbesondere wäre die ursprünglich nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO gegebene Zuständigkeit Italiens (illegale Einreise über den Luftweg) nicht gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II VO auf die Beklagte übergegangen. Gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO hat der Mitgliedstaat, in dem ein Asylantrag gestellt wurde, der einen anderen Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags für zuständig hält, diesen in jedem Fall innerhalb von drei Monaten nach Einreichung des Antrags zu ersuchen, den Asylbewerber aufzunehmen. Bei Überschreitung der Frist nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO geht nach Satz 2 die Zuständigkeit auf den ersuchenden Staat über. Zwar hat das Bundesamt hier erst am 20. November 2013 – also etwa vier Monate nach Stellung des Asylantrages am 15. Juli 2013 in der Bundesrepublik – ein Übernahmegesuch an Italien gestellt. Diese Fristüberschreitung führt aber nicht zur Zuständigkeit der Beklagten. Die Frist des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO ist unmittelbar nur im Rahmen des Aufnahmeverfahrens anwendbar, nicht aber in Fällen des – hier ausweislich der Verwaltungsvorgänge und der entsprechenden Anfrage des Bundesamtes gegebenen – Wiederaufnahmegesuchs, welches Italien (nur) für die Kläger zu 3. und 4. (vgl. Bl. 129R des Verwaltungsvorganges) durch Nichtbeantwortung konkludent angenommen hat (vgl. Art. 20 Abs. 1 lit. c Dublin II VO),
36vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. April 2014 - 10 B 16.14, Rn. 13.
37Ungeachtet dessen und den Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Kläger zu 3. und 4. wiederum aufgreifend, diese hätten überhaupt keinen Asylantrag in Italien gestellt, mit der Konsequenz, dass es sich dann um ein Aufnahmeverfahren handeln würde und die Frist des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO anwendbar wäre, führte die Klage aufgrund der Nichteinhaltung der Frist bzw. der Folge gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II VO auch deshalb nicht zum Erfolg, weil die Vorschrift den Klägern kein subjektives Recht vermittelte,
38vgl. dazu näher std. Rspr. der Kammer, zuletzt VG Düsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 ‑ 17 K 4737/12.A, juris Rn. 34ff. m.w.N.; in diese Richtung auch OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 ‑ 1 A 21/12.A, juris Rn. 43ff.
39Im Einzelfall kann es bei beachtlicher Überschreitung der Frist des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO ggfs. auch in Fällen in denen überhaupt keine Frist läuft dem ersuchenden Mitgliedstaat zwar verwehrt sein, sich auf die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates zu berufen,
40vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 17 L 150/13.A, juris.
41Denn nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hat der Mitgliedstaat, in dem sich der Asylbewerber befindet, darauf zu achten, dass eine Situation, in der die Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats verschlimmert wird,
42vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10, juris Rn. 98, 108.
43Nicht jede Fristüberschreitung oder jeder längere Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat führt jedoch zugleich zu einer unangemessen langen Verfahrensdauer; vielmehr bedarf es des Hinzutretens eines weiteren Zeitmoments. Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer ist von einer unangemessen langen Verfahrensdauer ohne hinzutreten besonderer Umstände des Einzelfalls in aller Regel erst dann auszugehen, wenn eine Überschreitung von mehr als sechs Monaten vorliegt, also zwischen Asylantragstellung und Stellung eines Übernahmegesuchs mehr als neun Monate vergangen sind,
44std. Rspr. näher VG Düsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 - 17 K 4737/12.A, juris Rn. 40ff., m.w.N.
45Da die hier gegebene Überschreitung der Dreimonatsfrist gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO um etwas mehr als einen Monat bzw. der Aufenthalt im Bundesgebiet von etwas mehr als vier Monaten ab Asylantragstellung demgemäß nicht zu einer unangemessen langen Verfahrensdauer führt, wäre es der Beklagten nicht verwehrt, sich insoweit auf die Zuständigkeit Italiens für die Kläger zu 3. und 4. zu berufen.
46Weitere etwaig zu beachtenden Fristen der Dublin II VO sind nicht überschritten, entsprechendes ist auch nicht vorgetragen. Im Übrigen begründeten diese auch kein subjektives Recht für die Kläger aus den zuvor genannten Erwägungen in den in Bezug genommenen Entscheidungen. Eine unangemessen lange Verfahrensdauer wäre auch nicht ersichtlich.
47Die Beklagte hat schließlich entgegen der Ansicht des Prozessbevollmächtigten der Kläger auch nicht -nach wie vor davon ausgegangen, die Dublin II VO fände Anwendung- konkludent ihr Selbsteintrittsrecht gem. Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO ausgeübt. Die bloße ‑schon von Amts wegen gebotene (vgl. § 24 AsylVfG)‑ Befassung des Bundesamtes mit dem Asylbegehren der Kläger und die Absetzung einer negativen Entscheidung führt dazu nicht. Etwas anderes würde heißen, es käme in jedem Fall der Asylantragstellung gleichsam zwingend zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts. Dies findet im Gesetz und erst Recht in der Dublin II VO keine Stütze, was sich nicht zuletzt schon aus dem Regel-Ausnahme-Verhältnis von Art. 3 Abs. 1 zu Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO ergibt.
48b. Italien ist als Mitgliedstaat der Europäischen Union ein „sicherer Drittstaat“ im Sinne von Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG.
49aa. Der vorgenannten Verfassungsnorm liegt das „Konzept der normativen Vergewisserung“ über die Sicherheit im Drittstaat zugrunde. Diese normative Vergewisserung bezieht sich darauf, dass der Drittstaat einem Betroffenen, der sein Gebiet als Flüchtling erreicht hat, den nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Konvention zum Schutze der Menschenrechte (EMRK) und den Grundfreiheiten gebotenen Schutz vor politischer Verfolgung und anderen ihm im Herkunftsstaat drohenden schwerwiegenden Beeinträchtigungen seines Lebens, seiner Gesundheit oder seiner Freiheit gewährt. Damit entfällt das Bedürfnis, ihm Schutz in der Bundesrepublik Deutschland zu bieten. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union gelten als sicher kraft Entscheidung der Verfassung,
50vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 22 BvR 2315/93, juris Rn. 181.
51Dieses nationale Konzept steht im Einklang mit dem hinter der Schaffung eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (vgl. Art. 78 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union) stehenden „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“. Selbiges beruht auf der Annahme, alle daran beteiligten Staaten, ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, beachteten die Grundrechte, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Richtlinie 2011/95/EU, der GFK sowie in der EMRK finden, und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Unter diesen Bedingungen muss die - freilich widerlegbare - Vermutung gelten, die Behandlung der Kläger als schutzberechtigt anerkannter Ausländer stehe in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den genannten Rechten,
52vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10, juris Rn. 10 ff., 75, 78, 80.
53Das zugrunde gelegt, greift die „sichere Drittstaatenregelung“ (nur) dann nicht, wenn sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, der Ausländer sei von einem Sonderfall betroffen, der von dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ nicht aufgefangen werde,
54vgl. EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – C-394/12, juris Rn. 52 f., 60 zum „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“; BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93, juris Rn. 189 zum „Konzept der normativen Vergewisserung“.
55Von einem solchen Fall ist dann auszugehen, wenn es ernst zu nehmende und durch Tatsachen gestützte Gründe dafür gibt, dass in dem Mitgliedstaat, in den abgeschoben werden soll, in verfahrensrechtlicher oder materieller Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz gewährt wird.
56Der Bezugspunkt für die Beurteilung des hinreichenden Schutzes hängt davon ab, ob der Ausländer bereits einen Schutzstatus in dem Land, in das er abgeschoben werden soll, erhalten hat oder nicht. Nur in letzterem Fall ist darauf abzustellen, ob das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische, dem ersuchenden Mitgliedstaat nicht unbekannte Mängel aufweisen, die für den Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr begründen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4 / Art. 19 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtecharta) bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein,
57vgl. etwa EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 und C-493/10, juris Rn. 78 f., 84 ff. und 94.
58Unterstellt für die Kläger zu 3. und 4. wäre die Dublin II VO einschlägig, lägen keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen einschließlich der Gesundheitsversorgung derzeit vor. Insoweit wird auf die Ausführungen und die Rechtsprechungszitate unter A. II. 1. a. Bezug genommen.
59Haben die Kläger indes – wovon hier nach den obigen Darlegungen ausgegangen wird – bereits einen Schutzstatus erhalten, ist darauf abzustellen, ob der gebotene Inhalt des jeweiligen Schutzstatus hinreichend eingehalten wird oder ein Verstoß gegen die GFK vorliegt bzw. für den Inhaber des Schutzstatus eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4 / Art. 19 Abs. 2 Grundrechtecharta bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein.
60Dass die Verhältnisse in Italien diesbezüglich hinter dem unionsrechtlich vorgesehenen Flüchtlingsschutz dergestalt zurückbleiben, ist nach dem für die Entscheidung nach § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt nicht zu erkennen. Insoweit werden sich die ausführlichen Darlegungen aus dem vorangegangenen Eilverfahren zu Eigen gemacht (vgl. 17 L 1018/14.A, dort S. 6ff. m.w.N.), denen die Kläger nichts entscheidungserhebliches mehr entgegen gesetzt haben. Sie gelten auch unter dem Prüfungsmaßstab des Hauptsacheverfahrens fort.
61Die vorhandenen und ebenfalls im vorzitierten Beschluss ausgeführten Defizite bei der Unterbringung und der gesundheitlichen Versorgung reichen nicht dafür aus, Italien generell nicht mehr als sicheren Drittstaat anzusehen. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass insoweit Art. 3 EMRK die Konventionsstaaten auch nicht etwa dazu verpflichtet, Schutzberechtigten ein Recht auf Unterkunft zu geben oder sie finanziell zu unterstützen, um ihnen einen gewissen Lebensstandard einschließlich bestimmter Standards medizinischer Versorgung zu ermöglichen,
62vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30969/09, juris Rn. 249; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A, juris Rn. 118.
63Generell reicht die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat nicht aus, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK zu überschreiten,
64vgl. EGMR, Beschluss vom 2. April 2013 – 27725/10, juris.
65Art. 3 EMRK ist im Kern ein Abwehrrecht gegen unwürdiges Staatsverhalten im Sinne eines strukturellen Versagens bei dem durch ihn zu gewährenden angemessenen materiellen Mindestniveau und weniger ein individuelles Leistungsrecht einzelner Antragsteller auf bestimmte materielle Lebens- und Sozialbedingungen selbst,
66vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. April 2013 – 17 L 660/13.A, juris Rn. 43, m.w.N.
67Die Kläger müssen sich nach alledem daher auf den in Italien für alle italienischen Staatsangehörigen geltenden Versorgungsstandard – somit auch auf den medizinischen Behandlungs- und Medikamentationsstandard – verweisen lassen, selbst wenn dieser dem hiesigen Niveau nicht entsprechen sollte,
68vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. April 2013 – 17 L 660/13.A, juris Rn. 42, s.a. OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2004 – 13 A 2160/04.A, juris (noch zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990, heute § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG).
69Entgegen der Ansicht des Prozessbevollmächtigten der Kläger ist es auch nicht maßgeblich, wie ein vor der Großen Kammer des EGMR anhängiges und im Februar 2014 verhandeltes Verfahren zu Italien (offenbar Tarakhel ./. Schweiz; EGMR 29217/12) entschieden wird. Es ist ungewiss, inwieweit der EGMR in jenem Verfahren fallübergreifende Feststellungen zu den Verhältnissen in Italien treffen oder die konkreten Verhältnisse des zu entscheidenden Falles -ungeachtet der Frage, ob es sich überhaupt bei den Beschwerdeführern um anerkannte Flüchtlinge handelt- in den Vordergrund stellen wird; die Entscheidung hierzu steht -soweit ersichtlich- noch aus. Unbeschadet dessen bestand jedoch keine Veranlassung, zur Gewinnung der für die Entscheidungsfindung erforderlichen Überzeugung noch weitere Gutachten, Auskünfte oder Stellungnahmen zur Situation der anerkannten Flüchtlinge in Italien einzuholen. Denn die vorliegenden Erkenntnismittel haben im Ergebnis ausgereicht, dem Gericht diese Überzeugung bereits in einem ausreichenden Maße zu vermitteln.
70bb. Die Kläger gehören auch nicht zu einer gegebenenfalls besonders schutzbedürftigen Personengruppe.
71Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen kann es zwar im Einzelfall aus individuellen, in der Person der Kläger liegenden und damit von dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ von vornherein nicht erfassten Gründen – wenn auch nur vorübergehend – geboten sein, von Überstellungen in den anderen Mitgliedstaat abzusehen. Anhaltspunkt für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls kann geben, ob einer der Kläger eine Personen mit besonderen Bedürfnissen gemäß Art. 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU ist und er nach einer Einzelfallprüfung entsprechend eingestuft wurde.
72Beachtliche, in der Person der Kläger liegende Gründe von der Überstellung nach Italien abzusehen liegen indes nicht vor.
73Unterstellt, es läge die fachärztlich schließlich zuletzt diagnostizierte psychische Erkrankung der Klägerin zu 1., nämlich eine schwere posttraumatische Belastungsstörung sowie eine schwere depressive Symptomatik mit rezidivierender Suizidalität (vgl. Atteste des Facharztes F. -L. vom 29. April, 10. Juli sowie 11. und 20. August 2014 nebst Notfallambulanzbericht des St. W. Hospitals vom 22. Juli 2014) vor, ist weiter nicht nachvollziehbar vorgetragen, diese seien in Italien nicht behandelbar bzw. auch eine entsprechende Medikamentation unmöglich. Gleiches gilt für die am 24. August 2014 durch die Frauenärztin Dr. T. diagnostizierte Erkrankung, die Klägerin zu 1. leide an ‑zunächst medikamentierbaren‑ Blutungsstörungen (offenbar vaginaler Blutverlust, vgl. amtsärztliche Stellungnahme vom 9. September 2014). Nach derzeitiger gerichtlicher Erkenntnislage sind die Gesundheitsversorgung und der Zugang zu ihr vielmehr in Italien sowohl für Asylbewerber wie für anerkannte Flüchtlinge trotz zuweilen auftretender zumutbarer praktischer Erschwernisse hinreichend gewährleistet. Es wurde bereits dargelegt, dass bei anerkannt Schutzberechtigten -und damit insoweit unstreitig der Klägerin zu 1.- bei der medizinischen Versorgung dieselben Rechte wie italienischen Staatsangehörigen zustehen. Die -dem Flüchtling ohne Weiteres zumutbare- Anmeldung beim Servizio Sanitario Nazionale ist obligatorisch und ermöglicht die Ausstellung eines Gesundheitsausweises, der zur Behandlung bei einem praktischen Arzt, Kinderarzt, in Ambulanzen und bei Spezialisten oder zur Aufnahme in ein Krankenhaus berechtigt (siehe zuvor A. II. 1. b. aa. nebst den in Bezug genommenen Ausführungen in 17 L 1018/14.A). Es existiert ferner kostenfreier Zugang zu allen medizinischen öffentlichen Leistungen (Arzt, Zahnarzt, Krankenhaus); die stets bestehende Notambulanz ist -sogar ungeachtet einer Registrierung - für alle Personen ebenfalls kostenfrei zugänglich,
74vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 6.2, 7., 8.1; borderline-europe e.V. vom Dezember 2012, S. 46.
75Eine ärztliche Versorgung ist ausweislich der Erkenntnislage auch gewährleistet, sofern es um die Behandlung von psychischen bzw. traumatischen Erkrankungen geht,
76vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 8.1; Bericht der Deutschen Botschaft „Sozialpolitische Informationen Italien“ aus Januar 2012, S. 25f., aufgerufen am 9. September 2014 unter: www.rom.diplo.de/contentblob/4055570/Daten/.../sozialpol_it_pdf.pdf.
77Es ist danach nicht erkennbar, die Klägerin zu 1. könnte in Italien unzureichend behandelt werden. Schließlich lassen ihre Ausführungen beim Bundesamt (etwa im Jahre 2009/2010 sehr schlechte Lage im Asylheim in Italien, angebliche Unterbringung mit „kriminell auffälligen Menschen“ [Attest vom 20. August 2014], erforderliche neue Unterkunft nach sechs Monaten, phasenweise Obdachlosigkeit, zwei Monate keine Sozialhilfe) eine besondere Schutzbedürftigkeit hier nicht erkennen.
78Hinsichtlich des etwas über fünfzigjährigen Klägers zu 2. ist ebenso nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass nicht jedenfalls er sich um den Lebensunterhalt und die Versorgung seiner Familie wird kümmern können. Auch seine Ausführungen beim Bundesamt lassen eine besondere Schutzbedürftigkeit nicht erkennen (Anhörung am 18. Juli 2013: „Ich fühle mich gesund … Ich bin nicht behandlungsbedürftig erkrankt“); schließlich hat er -wie übrigens die Klägerin zu 1. auch- bei seiner dortigen Anhörung keine Einwände erhoben, dass sein Antrag in Italien wieder geprüft werde (Anhörung Frage 24).
79Endlich begründet allein die Minderjährigkeit der Kläger zu 3. (ca. 5 Jahre) und 4. (ca. 4 Jahre) eine besondere Schutzbedürftigkeit nicht. Sie sollen gemeinsam mit ihren Eltern, den Klägern zu 1. und 2., nach Italien zurückgeführt werden; Anhaltspunkte für ‑hinreichend beachtliche‑ Erkrankungen bei dem Kläger zu 4. sind weder vorgebracht noch ersichtlich. Hinsichtlich des Klägers zu 3. liegt offenbar eine Entwicklungsstörung des Sprechens oder der Sprache (Dyslalie sowie Dysgrammatismus) vor, wobei neurologische oder sonstige pädiatrische Besonderheiten nicht festgestellt wurden (siehe Heilmittelverordnung vom 21. Mai 2014). Im Attest des Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin, Dr. U. , vom 22. Mai 2014 wurde ferner, noch ohne nähere Ausführungen dazu „frühkindlicher Autismus“ (in dem Überweisungsschein an die Ausländerbehörde hieß es einen Tag zuvor noch zum frühkindlichen Autismus „z.A.“ [zur Abklärung]) sowie eine „Verhaltens- und emotionale Störung mit Beginn der Kindheit“ diagnostiziert und diverse Therapiemaßnahmen vorgeschlagen (u.a. Einzeltherapie mit begleitender Elternarbeit; Kooperation der Therapeuten mit dem Kindergarten bzw. dem Sozialamt; Gewährleistung eines Lebensortes, der das Risiko der Störungen minimiere). Das N1. Klinikum in E. befand am 20. Juni 2014, es liege im Wesentlichen eine Sprachentwicklungsstörung mit lexikalisch-semantischer Störung und Dysgrammatismus sowie eine bedeutende Familiensituation vor. Es wurde u.a. eine logopädische Therapie empfohlen. Dies bestätigt im Kern das weitere Attest des Dr. U. vom 14. August 2014. Auch diese diagnostizierten Erkrankungen können in Italien hinreichend behandelt werden; dies gilt selbst wenn sich frühkindlicher Autismus bestätigen und wenn der Hinweis in der Bescheinigung des N1. Klinikums auf die bedeutende Familiensituation auf eine psychische Belastung des Klägers zu 3. hindeuten sollte, denn beides wäre in Italien grundsätzlich behandelbar. Es besteht für anerkannte Schutzberechtigte, wie für italienische Staatsbürger, freie Arztwahl. Zwar muss zunächst -abgesehen von Notfällen- ein Hausarzt aufgesucht werden, der dann eine Überweisung an einen Spezialisten, wie einen Kinderarzt oder das Krankenhaus, vornimmt. Gegebenenfalls muss auch bei Fachärzten mit langen Wartezeiten für Termine gerechnet werden, dies trifft aber Italiener gleichermaßen und ist zumutbar, zumal sich insoweit das System in diesem Punkt nicht grundlegend von dem hiesigen unterscheidet,
80vgl. Bericht der Deutschen Botschaft „Sozialpolitische Informationen Italien“ aus Januar 2012, S. 26; Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 6.2.
81Soweit die Kläger zu. 3. und 4., die Argumentation des Prozessbevollmächtigten unterstellt, keine in Italien anerkannten Flüchtlinge wären und unter das Regime der Dublin II VO fielen (s.o. A. II. 1. a.), ergäbe sich nichts anderes. Denn eine besondere Schutzbedürftigkeit des -insoweit allein erkrankten- Klägers zu 3., die die Geltendmachung des Selbsteintrittsrechts der Bundesrepublik Deutschland geböte, ist nicht gegeben. Die behaupteten Erkrankungen wären im Falle des in Italien noch laufenden Asylverfahrens behandelbar und auch der zumutbare Zugang zu einer Behandlung gewährleistet,
82vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 6.2; s. auch OVG NRW, Beschluss vom 18. August 2014 - 14 A 1613/13.A; VG Düsseldorf, Urteil vom 26. April 2013 - 17 K 1777/12.A, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 24. Mai 2013 - 17 K 7223/12.A, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 - 17 K 4737/12.A, juris, jew. m.w.N.; i.Ü. grundsätzlich OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A, juris.
83cc. Schließlich liegt keine (weitere) der vom Bundesverfassungsgericht zur Abschiebungsanordnung nach §§ 34a Abs. 1, 26a AsylVfG gebildeten Fallgruppen zur Bestimmung der Ausnahmen vom „Konzept der normativen Vergewisserung“ vor,
84vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 ‑ 2 BvR 1938/93, juris Rn. 189.
85Weder droht den Klägern in Italien die Todesstrafe, noch besteht die erhebliche konkrete Gefahr dafür, dass sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Überstellung dort Opfer eines Verbrechens werden, welches zu verhindern nicht in der Macht Italiens steht. Zudem ist nicht ersichtlich, dass Italien selbst zum Verfolgerstaat werden wird.
862. Ebenso ist die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG rechtmäßig und es steht fest, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.
87a. Zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote liegen nicht vor. Für die Kläger besteht in Italien keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit.
88Eine Gefahr im Sinne dieser Norm für die dort benannten Rechtsgüter ist erheblich, wenn eine Beeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände im Zielstaat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Konkret ist eine derartige Gefahr, wenn die Verschlechterung alsbald nach der Rückkehr eintritt,
89vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 - 1 C 18.05, juris Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 25. November 1997 - 9 C 58.96, juris Rn. 13.
90Dies ist schon deshalb ausgeschlossen, weil die Behandlung und auch der Zugang zu ihr für sämtliche der von der Klägerin zu 1. geltend gemachten Erkrankungen in Italien zureichend gewährleistet ist (vgl. A II 1 b. bb.). Daher drohen ihr keine der in § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG beschriebene Gefahren mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit.
91Gleiches gilt für den Kläger zu 3. Denn auch seine Erkrankungen (vgl. zu ihnen bereits unter A. II. 1. b. bb.) können in Italien behandelt und therapiert werden, insbesondere ist eine kinderärztliche Betreuung sowie sind sonstige adäquate medizinische Behandlungs- und Betreuungsmöglichkeiten gegeben und zugänglich,
92vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 6.2, 7., 8.1.
93Soweit im Attest vom 22. Mai 2014 die Rede davon ist, eine Rückführung der Familie in ihre Heimat würde die Symptomatik verstärken, wird ungeachtet dessen angemerkt, dass eine Rückführung gemeinsam mit seiner Familie in einen sicheren Mitgliedstaat der Europäischen Union ansteht, nicht aber die Abschiebung in die Heimat - nämlich Syrien - selbst. Wenn im zitierten Attest weiter ausgeführt wird, „nur ein dauerhafter Aufenthaltsstatus der Familie in der Bundesrepublik Deutschland kann zu einer positiven Veränderungen der o.g. Störungen des Kindes beitragen“, wird darauf hingewiesen, dass es für den bei § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG anzulegenden Maßstab auf die besondere Intensität der Beeinträchtigung im Zielstaat -Italien- ankommt und nicht auf eine hiesige mögliche Verbesserung. Denn der Asylbewerber bzw. anerkannt Schutzberechtigte muss sich grundsätzlich auf den Behandlungs-, Therapie- und Medikamentationsstandard im Überstellungsstaat verweisen lassen, selbst wenn dieser dem hiesigen Niveau nicht entsprechen sollte,
94vgl. -zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990, heute § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG- OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2004 - 13 A 2160/04.A, juris; VG Aachen, Urteil vom 22. Juli 2009 - 8 K 1199/07, juris m.w.N.
95Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob den Klägern zu 1. und 3. nicht von vornherein die Berufung auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aufgrund der Regelung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG versagt bliebe, weil die eventuellen Schwierigkeiten, die bei der Gewährung medizinischer Versorgung und Medikamentation mit möglicherweise daraus resultierenden Beeinträchtigungen bestünden (etwa Eigenbeteiligungen an bestimmten Medikamenten, sog. „tickets“ bei Eigenbeteiligungen an bestimmten Behandlungen, vgl. Bericht der Deutschen Botschaft „Sozialpolitische Informationen Italien“ aus Januar 2012, S. 25, 27), nicht individuell, sondern allgemein für die Bevölkerungsgruppe aller ganz oder nahezu mittellosen Kranken in Italien drohten,
96vgl. in diese Richtung VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Januar 2013 - 6 L 104/13.A, juris (noch zu § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG a.F.); zuletzt so für Bulgarien die erkennende Kammer, Beschluss vom 14. Juli 2014 - 17 L 870/14.A.
97b. Sofern im Rahmen des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG von der Beklagten auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe zu prüfen wären,
98vgl. so OVG NRW, Beschluss vom 30. August 2011 – 18 B 1060/11, juris Rn. 4,
99stünden solche nicht entgegen.
100Ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis in Form einer krankheitsbedingten Reiseunfähigkeit kann gegeben sein, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers unmittelbar durch die Abschiebung oder als unmittelbare Folge davon voraussichtlich wesentlich verschlechtern wird.
101Für die Annahme eines solchen Abschiebungshindernisses wegen Gesundheitsgefahren ist danach erstens erforderlich, dass eine Gesundheitsverschlechterung von erheblichem Gewicht zu erwarten ist. Insoweit ist auf die Wertung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG abzustellen: Eine durch die Ausreise eintretende Gesundheitsverschlechterung ist jedenfalls dann nicht mehr zumutbar, wenn dadurch konkrete erhebliche Gefahren für die Gesundheit des Betreffenden von einem Gewicht einzutreten drohen, dass sie gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG einer Abschiebung entgegenstünden. Soweit sich unterhalb dieser Schwelle durch die Ausreise bzw. Abschiebung eine Gesundheitsverschlechterung einstellen sollte, ist sie hingegen grundsätzlich hinzunehmen. Eine mit der Erkenntnis der Aussichtslosigkeit eines Bleiberechts für Deutschland und einer bevorstehenden Rückkehr in das Heimatland einhergehende Gefährdung bzw. Verschlechterung des Gesundheitszustandes führt für sich genommen regelmäßig nicht zu einer Reiseunfähigkeit. Indem das Aufenthaltsgesetz die Abschiebung vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer unter bestimmten Voraussetzungen vorsieht (vgl. § 58 AufenthG), nimmt es in diesem Zusammenhang vielfach zu erwartende Auswirkungen auf den gesundheitlichen und insbesondere auf den psychischen Zustand der Betroffenen in Kauf und lässt diese nur unter besonderen Umständen, die durch § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ihre Begrenzung erfahren, als Abschiebungsverbote gelten.
102Zweitens sind die geltend gemachten Erkrankungen und etwa zu befürchtende Verschlechterungen nur hinsichtlich des Vollzugs der Abschiebung -nicht hier hinsichtlich der zielstaatsbezogenen Folgen der Abschiebung, namentlich der Frage der Behandelbarkeit vorliegender Erkrankungen (vgl. dazu zuvor A. II. 2. a.)- als solcher in den Blick zu nehmen. Im Hinblick auf die Schutzpflicht der zuständigen Behörde gilt, dass diese durch eine entsprechende Gestaltung der Abschiebung die notwendigen Vorkehrungen -etwa durch ärztliche Hilfen bis hin zur Flugbegleitung- zu treffen hat, damit eine Abschiebung verantwortet werden kann. Wenn dem Ausländer unmittelbar nach seiner Ankunft im Zielstaat eine Gesundheitsgefährdung im vorgenannten Sinne droht, endet die Schutzpflicht nicht mit der Ankunft des Ausländers im Zielstaat, sondern dauert bis zum Übergang in eine Versorgung und Betreuung dort fort. Dann ist sicher zu stellen, dass erforderliche Hilfen rechtzeitig nach der Ankunft im Heimatland zur Verfügung stehen, wobei der Ausländer allerdings auch in diesem Zusammenhang auf den allgemein üblichen Standard der Möglichkeiten in seinem Heimatland verwiesen ist.
103Dies zugrunde gelegt kann bei einer psychischen Erkrankung vom Vorliegen eines inlandsbezogenen Vollstreckungshindernisses im genannten Sinn außer in Fällen einer Flugreise- bzw. Transportuntauglichkeit im engen Sinne nur ausgegangen werden, wenn entweder im Rahmen einer Abschiebung die ernsthafte Gefahr einer Selbsttötung droht, der auch nicht durch ärztliche Hilfen oder in sonstiger Weise wirksam begegnet werden kann (aa.), oder wenn dem Ausländer unmittelbar durch die Abschiebung bzw. als unmittelbare Folge davon sonst konkret eine erhebliche und nachhaltige Verschlechterung des Gesundheitszustands droht, die allerdings - in Abgrenzung zu zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen - nicht wesentlich (erst) durch die Konfrontation des Betreffenden mit den Gegebenheiten im Zielstaat bewirkt werden darf (bb.). Ferner kann ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis aufgrund einer (auch psychischen) Erkrankung vorliegen, wenn dem Ausländer bei seiner Ankunft im Zielstaat eine Gefährdung im Sinne des oben aufgezeigten Maßstabs droht, weil es an einer erforderlichen, unmittelbar nach der Ankunft einsetzenden Versorgung und Betreuung fehlt (cc.),
104vgl. zum Ganzen: OVG NRW, Beschluss vom 29. November 2010 - 18 B 910/10, juris; OVG NRW, Beschluss vom 15. August 2008 - 18 B 538/08, juris; OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2006 ‑ 18 A 916/05, juris, jew. m.w.N.
105Hiervon ausgehend sind die Voraussetzungen für die Annahme eines inlandsbezogenen Vollstreckungshindernisses im Falle der Kläger -auch der allein erkrankten Kläger zu 1. und 3.- nicht erfüllt.
106aa. Es besteht zunächst kein Anhalt dafür, dass die Klägerin zu 1. im engen Sinne flugreise- oder transportuntauglich wäre. Hinsichtlich der mit Attest vom 24. August 2014 bei ihr ausgemachten Blutungsstörung, verhält sich dieses Attest schon nicht zu einer etwaig daraus resultierenden Reiseunfähigkeit. Diese ist aber auch sonst nicht ersichtlich, denn die amtsärztliche Stellungnahme vom 9. September 2014 hat insoweit die Transport- und Flugtauglichkeit bestätigt. Dem ist die Klägerin zu 1. insoweit nicht mehr entgegengetreten.
107Sofern -hierzu verhält sich die vorzitierte amtsärztliche Stellungnahme nicht- aufgrund des psychischen Gesundheitszustandes im Rahmen der Abschiebung die Gefahr einer Suizidhandlung ernsthaft bestünde, lässt sich auch nicht erkennen, dieser könnte nicht durch ärztliche Hilfen, wie einer Begleitung während des Fluges oder in sonstiger Weise wirksam begegnet werden. Zu einer insoweitigen Reiseunfähigkeit verhält sich zunächst das vorgelegte Attest des Facharztes F. -L. vom 29. April 2014 nicht. Im weiteren Attest vom 10. Juli 2014 wird lediglich unsubstantiiert und daher auch hier nicht hinreichend glaubhaft vorgetragen, die Klägerin zu 1. sei „weiterhin nicht reisefähig“. Begründungen oder Darlegungen hierzu fehlen im Attest oder den in Bezug genommenen früheren Attesten. Die Bescheinigung des St. W. -Hospitals vom 22. Juli 2014 über die ambulante psychiatrische Notfallbehandlung der Klägerin zu 1. verhält sich ebenfalls nicht zu einer Reiseunfähigkeit. Hinsichtlich einer etwaigen Suizidgefährdung konnte dort vielmehr diagnostiziert werden, dass sich die Klägerin zu 1. jedenfalls an dem entsprechenden Tag von „suizidalen Absichten glaubhaft distanzieren“ konnte. Indes sprechen die späteren Atteste des Facharztes F. -L. vom 11. und 20. August 2014 im Wesentlichen übereinstimmend davon, eine Reisefähigkeit bestehe nicht. Sie sei auch nicht durch „eventuelle Begleitmaßnahmen … herstellbar, da eine mögliche Suizidgefahr lediglich bis nach der Reisebeendigung aufgeschoben, jedoch nicht ernsthaft verhindert werden“ könne. Gerade durch letztere medizinische Einschätzung wird -eine akute bzw. latente Suizidalität der Klägerin zu 1. unterstellt- letztlich eingeräumt, dass gerade die Abschiebung selbst und die Rückführung im engeren Sinne bei entsprechender ärztlicher Begleitung ohne beachtliche Gefährdung der Klägerin zu 1. möglich wäre; im Übrigen mangelt es auch an einem substantiierten Vortrag, weshalb unter wirksamen Schutzmaßnahmen eine Abschiebung nicht möglich sein sollte. Soweit die amtsärztliche Stellungnahme vom 9. September 2014 empfiehlt, die Klägerin zu 1. solle bei der Flugreise von einem „notfallkompetenten Arzt“ begleitet werden, hatte die Ausländerbehörde mit Schreiben vom 3. September 2014 bereits zugesichert, dass während des eigentlichen Abschiebevorgangs ein Arzt anwesend sein werde. Nachdem die Ausländerbehörde selbst hierauf verweist, wird davon ausgegangen, dass die Abschiebung mit entsprechenden Vorkehrungen durchgeführt wird. Dies zugrunde gelegt ist anzunehmen, dass ein etwaiger Suizidversuch der Klägerin zu 1. während der Abschiebung durch Eingreifen des Arztes oder anderen Begleitpersonals wirksam verhindert werden kann. Daher liegt für den Abschiebevorgang selbst keine Reisunfähigkeit vor. Lediglich ergänzend wird angemerkt, dass entgegen der Aussagen im Attest des Arztes F. -L. vom 20. August 2014 eine Abschiebung nach Syrien -in das Heimatland der Kläger- gar nicht im Raum steht und somit auch nicht zu prüfen war. Ob die Unterbringung in Italien „menschlich unzumutbar“ ist, ist zum einen nicht Aufgaben des behandelnden Arztes zu beurteilen und zum anderen keine Frage des inlandsbezogenen Abschiebungshindernisses.
108Für den Kläger zu 3. ist mit den vorgelegten Attesten und Bescheinigungen bereits keine Reiseunfähigkeit geltend gemacht, sie ist aber auch sonst nicht ansatzweise bei dem dargelegten, im Wesentlichen eine Sprachentwicklungsstörung beinhaltenden, Krankheitsbild (siehe A. II. 1. b. bb.) ersichtlich. Fragen der Therapiefortsetzung und der Behandelbarkeit betreffen allein zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote und sind dort bereits behandelt worden. Im Übrigen ist auch hinsichtlich der Mutter des Klägers zu 3., der Klägerin zu 1., eine medizinische Betreuung bei der Rückführung vorgesehen, von der gegebenenfalls auch der Kläger selbst wird profitieren können.
109bb. Ferner ist nicht wie erforderlich dargelegt, im Falle der Klägerin zu 1. drohte eine erhebliche und nachhaltige Verschlechterung des Gesundheitszustands unmittelbar durch die Abschiebung bzw. als unmittelbare Folge davon im oben genannten Sinne einzutreten, die nicht wesentlich (erst) durch die Konfrontation mit den Gegebenheiten im Zielstaat bewirkt wäre. Zwar prognostiziert der Facharzt F. -L. in seinen Attesten vom 11. und 20. August 2014, eine Reisefähigkeit sei nicht gegeben, da bei einer Abschiebung mit einer erheblichen Verschlechterung des Zustandes zu rechnen sei. Dies gelte -neben Syrien- auch für Italien, da ein „nicht unerheblicher Teil der Traumatisierung“ dort stattgefunden habe. Selbst wenn tatsächlich -wovon bis zu diesem letzten Attest bislang nicht die Rede war- eine Traumatisierung in Italien stattgefunden haben sollte, ist den Ausführungen in den Attesten jedoch nicht zu entnehmen, diese Verschlechterung im oben erläuterten Sinne werde durch die Abschiebung bzw. als unmittelbare Folge davon bewirkt. Die Feststellungen im Attest -immer deren Richtigkeit unterstellt- können vielmehr nur so verstanden werden, dass diese die erwartete Verschlechterung der Erkrankung mindestens ganz wesentlich durch die Konfrontation der Klägerin zu 1. mit den Verhältnissen in Italien bewirkt sehen, mit denen diese nach Ansicht des Arztes F. -L. nicht zurecht kommen wird, so dass -von der angenommenen Suizidgefahr anlässlich der Abschiebung abgesehen- Zielstaatsbezogenheit anzunehmen ist. So wird in beiden Attesten in diesem Zusammenhang auf das Erfordernis der Fortsetzung der begonnenen Behandlung bei der Klägerin zu 1. abgehoben und im Attest vom 20. August 2014 davon gesprochen, die „Unterbringung dort [in Italien sei] menschlich unzumutbar“. Soweit daher auf die mit der Abschiebung bewirkte Verschlimmerung der Symptomatik abgehoben wird, steht diese in Zusammenhang mit den genannten zielstaatsbezogenen Aspekten und der Erwartung, nach der Abschiebung diesen ausgesetzt zu sein; anders gewendet besteht kein Anhalt dafür, dass die angenommene Verschlimmerung in gleicher Weise eintreten würde, wenn die Klägerin in einen ihrer Ansicht nach sicheren (Dritt-)Staat verbracht würde.
110Auf Grundlage der gegebenen ärztlichen Stellungnahmen zum Krankheitsbild des Klägers zu 3. bestehen auch keine Anhaltspunkte, eine sonstige erhebliche Gesundheitsverschlechterung drohte bei ihm durch oder als unmittelbare Folge der Abschiebung ernsthaft. Aus medizinischer Sicht konnten keine Gründe gefunden werden, nach denen eine Rückkehr in das Heimatland nicht möglich erscheint. Soweit der behandelnde Arzt Dr. U. insbesondere im Attest vom 22. Mai 2014 ebenso wie das N1. Klinikum E. in der Bescheinigung vom 20. Juni 2014 eine logopädische Therapie für geboten erachten und ersterer ausführt, „nur ein dauerhafter Aufenthaltsstatus in der Bundesrepublik [könne] zu einer positiven Veränderung der o.g. Störungen des Kindes beitragen“ handelt es sich schon nicht um inlandsbezogene Abschiebungshindernisse. Soweit in dem Attest vom 22. Mai 2014 ausgeführt wird, eine Rückführung „in die Heimat“ würde die Symptomatik verstärken gilt auch hier, dass eine Rückführung nach Syrien nicht im Raume steht und auch nicht Gegenstand der Abschiebungsanordnung ist. Ungeachtet dessen ist es schon mangels fehlender konkreter Angaben zu Art und Gewicht der befürchteten Gesundheitsverschlechterung nicht erkennbar, dass eine für die Annahme eines hier relevanten Abschiebungshindernisses erforderlich erhebliche und nachhaltige Verschlimmerung des Gesundheitszustandes droht. Etwaige gegenüber den hiesigen Behandlungen verminderte Standards der Therapie oder Behandlung in Italien und eine daraus befürchtete Gesundheitsverschlechterung beruhen nicht auf der Abschiebung selbst bzw. auf deren unmittelbarer Folge, sondern haben ihre Ursache in den Verhältnissen in Italien und damit in im vorliegenden Zusammenhang unerheblichen zielstaatsbezogenen Umständen.
111cc. Schließlich ist nicht anzunehmen, der Klägerin zu 1. drohte bei ihrer Ankunft im Zielstaat Italien eine Gefährdung im Sinne des zuvor aufgezeigten Maßstabes, die sich nicht durch eine unmittelbar nach der Ankunft einsetzende Versorgung und Betreuung vermeiden ließe. Wenn die Atteste des Facharztes F. -L. vom 11. und 20. August 2014 im Wesentlichen übereinstimmend davon sprechen, eine Reisefähigkeit sei auch nicht durch „eventuelle Begleitmaßnahmen … herstellbar, da eine mögliche Suizidgefahr lediglich bis nach der Reisebeendigung aufgeschoben, jedoch nicht ernsthaft verhindert werden“ könne, ist dies eine durch nichts gestützte bloße Behauptung, die im Übrigen auch nicht schlüssig ist. Denn es ist schon nicht überzeugend -geschweige denn dargelegt-, weshalb durch gebotene Begleitmaßnahmen während der Rückführung ein etwaiger Suizid zwar verhindert werden kann, denn nichts anderes heißt es der Sache nach, wenn davon gesprochen wird, durch Begleitmaßnahmen könne eine „Suizidgefahr lediglich bis nach der Reisebeendigung aufgeschoben werden“ (siehe dazu schon A. II. 2. b. aa.), nicht aber bei entsprechender ärztlicher Betreuung oder sonstiger geeigneter Maßnahmen unmittelbar danach. Sofern das Attest unbeschadet dessen dahin zu verstehen sein sollte, dass die Klägerin zu 1. nicht unmittelbar nach der Abschiebung sich selbst überlassen werden dürfe, steht dies nicht zu befürchten. Denn die zuständige Abschiebebehörde hat hier dafür Rechnung zu tragen, dass unmittelbar nach der Ankunft eine Versorgung und Betreuung gegeben und sichergestellt ist und so eine erhebliche Gefährdung der Klägerin -ggf. auch mittels entsprechender Medikamente für eine Übergangsphase bis zur Aufnahme der weiteren Behandlung vor Ort- ausgeschlossen wird. Auf Nachfrage hat die zuständige und die Vollstreckung durchführende Ausländerbehörde mit Schreiben vom 3. September 2014 denn auch bereits die italienischen Behörden darauf hingewiesen, dass möglicherweise eine stationäre Unterbringung der Klägerin erforderlich sein könnte, auch wurden die Behörden über die Erkrankung und die geplante -wenn auch noch nicht konkret bevorstehende- Abschiebung informiert. Weiter wurde angefragt, ob noch zusätzliche Informationen erforderlich seien, damit ein Arzt zum Empfang der Familie vor Ort bereitgestellt werden könne. Dies alles zeigt, dass die Ausländerbehörde ihren weiteren Schutzpflichten im Zielstaat gewillt ist Rechnung zu tragen. Sie wird in der gegebenen Situation, vorbehaltlich anderslautender aktuellerer amtsärztlicher Atteste vor der Abschiebung selbst, daher dafür sorgen müssen, dass die Klägerin zu 1. entsprechend sicher in Italien unmittelbar nach ihrer Ankunft tatsächlich betreut und versorgt wird. Vor diesem Hintergrund kann für die Klägerin zu 1. kein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis ausgemacht werden.
112Für den Kläger zu 3. ist weder hinreichend geltend gemacht noch sonst ersichtlich, es bestünde eine erhebliche und konkrete Gesundheitsgefährdung deswegen, weil es an einer erforderlichen, unmittelbar nach der Ankunft im Zielstaat Italien einsetzenden Betreuung und Versorgung fehlte.
113B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert richtet sich nach § 30 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Bei Eintritt einer der in § 59 Absatz 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen innerhalb der Ausreisefrist soll der Ausländer vor deren Ablauf abgeschoben werden.
(1a) Vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers hat sich die Behörde zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird.
(1b) Ein Ausländer, der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt oder eine entsprechende Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union innehat und in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union international Schutzberechtigter ist, darf außer in den Fällen des § 60 Absatz 8 Satz 1 nur in den schutzgewährenden Mitgliedstaat abgeschoben werden. § 60 Absatz 2, 3, 5 und 7 bleibt unberührt.
(2) Die Ausreisepflicht ist vollziehbar, wenn der Ausländer
- 1.
unerlaubt eingereist ist, - 2.
noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die Verlängerung beantragt hat oder trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 als erlaubt oder der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 nicht als fortbestehend gilt oder - 3.
auf Grund einer Rückführungsentscheidung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (ABl. EG Nr. L 149 S. 34) ausreisepflichtig wird, sofern diese von der zuständigen Behörde anerkannt wird.
(3) Die Überwachung der Ausreise ist insbesondere erforderlich, wenn der Ausländer
- 1.
sich auf richterliche Anordnung in Haft oder in sonstigem öffentlichen Gewahrsam befindet, - 2.
innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nicht ausgereist ist, - 3.
auf Grund eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 in Verbindung mit § 53 ausgewiesen worden ist, - 4.
mittellos ist, - 5.
keinen Pass oder Passersatz besitzt, - 6.
gegenüber der Ausländerbehörde zum Zweck der Täuschung unrichtige Angaben gemacht oder die Angaben verweigert hat oder - 7.
zu erkennen gegeben hat, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen wird.
(4) Die die Abschiebung durchführende Behörde ist befugt, zum Zweck der Abschiebung den Ausländer zum Flughafen oder Grenzübergang zu verbringen und ihn zu diesem Zweck kurzzeitig festzuhalten. Das Festhalten ist auf das zur Durchführung der Abschiebung unvermeidliche Maß zu beschränken.
(5) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde die Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung betreten, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich der Ausländer dort befindet. Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.
(6) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen. Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des abzuschiebenden Ausländers zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Ausländer sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.
(7) Zur Nachtzeit darf die Wohnung nur betreten oder durchsucht werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird. Die Organisation der Abschiebung ist keine Tatsache im Sinne von Satz 1.
(8) Durchsuchungen nach Absatz 6 dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde angeordnet werden. Die Annahme von Gefahr im Verzug kann nach Betreten der Wohnung nach Absatz 5 nicht darauf gestützt werden, dass der Ausländer nicht angetroffen wurde.
(9) Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume darf der Durchsuchung beiwohnen. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit hinzugezogenen Person ist in den Fällen des Absatzes 6 Satz 2 der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn bekannt zu machen. Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und, falls keine gerichtliche Anordnung ergangen ist, auch Tatsachen, welche die Annahme einer Gefahr im Verzug begründet haben, enthalten. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen. Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Wohnungsinhaber oder der hinzugezogenen Person lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.
(10) Weitergehende Regelungen der Länder, die den Regelungsgehalt der Absätze 5 bis 9 betreffen, bleiben unberührt.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.