Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 28. Okt. 2015 - B 4 K 14.21

bei uns veröffentlicht am28.10.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Bayreuth

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung der Nichtigkeit eines Herstellungsbeitragsbescheides des Beklagten, hilfsweise seine Aufhebung, soweit ein Beitrag von mehr als 2.342,68 EUR verlangt wird.

Das streitgegenständliche...Grundstück Flnr. ... Gemarkung T. mit einer Buchgrundstücksfläche von 22.794 qm liegt im Ortsteil H. des Beklagten und ist bebaut mit einem Sägewerk, einer Lagerhalle für Holzstapel, einem Wohngebäude (...), einem Aufenthaltshaus für die Sägewerksarbeiter mit Waschgelegenheit, Toilette und Aufenthaltsraum (...) und einem Mühlengebäude ohne Wasseranschluss. Es stand zunächst im Eigentum der „...OHG“, die am 01.01.1983 ihren Geschäftsbetrieb aufnahm. Einziger weiterer persönlich haftender Gesellschafter neben dem Kläger war Herr ..., der am 02.11.2009 verstarb. Nach seinem Ausscheiden übernahm der Kläger als Alleinerbe die Aktiven und Passiven der OHG. Die Änderung der Rechtsform in ein einzelkaufmännisch betriebenes Handelsgeschäft unter der Firma „Sägewerk ... e. K. Inhaber ...“ wurde am 29.06.2011 ins Handelsregister eingetragen. Das Grundbuch wurde am 12.07.2011 berichtigt.

Der Beklagte betrieb bis 31.12.2007 eine öffentliche Wasserversorgungsanlage, die nur den Ortsteil T. umfasste. Im Ortsteil H. bestand eine private Wasserversorgungsanlage. Im Jahr 2006 wurde der Gemeindeteil H. an die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung angeschlossen. Seither führt die öffentliche Wasserversorgung im öffentlichen Grund unmittelbar am klägerischen Grundstück vorbei.

Mit Bescheid vom 19.01.2010, der an die „... OHG“ adressiert ist, setzte der Beklagte für das Grundstück Flnr. ... Gemarkung T. einen Herstellungsbeitrag für die Wasserversorgungseinrichtung in Höhe von 15.069,75 EUR...unter Zugrundelegung einer Grundstücksfläche von 7.696,11 qm und einer Geschossfläche von 2.565,37 qm fest.

Gegen den Bescheid erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers zunächst ohne förmlichen Antrag namens der Firma „... OHG“ und vorsorglich auch namens des...Klägers Widerspruch. Am 11.03.2010 wurde der Widerspruch auf den 2.342,68 EUR übersteigenden Betrag beschränkt und begründet. Kurz darauf entrichtete der Kläger den Betrag von 2.342,68 EUR. Am 27.11.2013 ergänzte der Beklagte den Bescheid um einen Lageplan, aus dem die herangezogene Grundstücksfläche hervorgeht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 09.12.2013, der an die Prozessbevollmächtigten des Klägers adressiert war und ihnen am 11.12.2013 zuging, wies das Landratsamt Wunsiedel i. Fichtelgebirge den laut Betreff „namens und im Auftrag der Firma ... OHG “ erhobenen Widerspruch zurück.

Mit Telefax seiner Prozessbevollmächtigten vom 13.01.2014 hat der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth erhoben und zunächst beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 19.01.2010 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamtes Wunsiedel vom 09.12.2013 aufzuheben, soweit sie einen Herstellungsbeitrag mit einem grundstücksbezogenen Anteil von 585,67 EUR und einem geschossflächenbezogenen Anteil von 1.757,01 EUR und somit einen Gesamtbeitrag von 2.342,68 EUR übersteigen.

Zur Begründung führt er aus, der Bescheid sei nichtig. Denn als der Verwaltungsakt am 19.01.2010 an die OHG bekanntgegeben worden sei, sei die Personengesellschaft nach dem Tod des einen der beiden Gesellschafter am 02.11.2009 auch ohne vorherige Liquidation erloschen gewesen. Damit sei das Bezugsobjekt des Verwaltungsaktes schon vor seinem Erlass weggefallen, so dass der Bescheid nicht an die OHG hätte bekanntgegeben werden dürfen. Folge man dieser Argumentation nicht, sei der Herstellungsbeitrag jedenfalls insoweit rechtswidrig, als er 2.342,68 EUR überschreite. Die Geschoss- und die Grundstücksflächen seien falsch angesetzt worden. Die Geschossfläche der Sägewerkshalle habe außer Betracht zu bleiben. Die Halle habe keinen Wasseranschluss und löse schon deshalb keinen Bedarf für einen Wasseranschluss aus, weil die Waschmöglichkeiten für die Mitarbeiter im Aufenthaltshaus eingerichtet seien. Die zugrunde zu legende Grundstücksfläche entspreche der Geschossfläche von Wohn- und Aufenthaltshaus. Da das Grundstück im Jahr 2006 an die Wasserversorgung angeschlossen worden sei, seien die im Jahr 2006 geltenden niedrigeren und nicht die seit 01.01.2008 geltenden höheren Beitragssätze anzuwenden. Damit errechne sich ein grundstücksbezogener Anteil von 1.148,37 qm x 0,51 EUR/qm = 585,67 EUR und ein geschossflächenbezogener Anteil von 1.148,37 EUR x 1,53 EUR/qm = 1.757,01 EUR, d. h. insgesamt ein Herstellungsbeitrag von 2.342,68 EUR statt von 15.069,75 EUR.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er zunächst aus, der Bescheid sei nicht nichtig. Er sei zu Recht an die OHG adressiert worden, weil die OHG durch den Tod von Herrn ... nicht erloschen sei. Zudem sei zu berücksichtigen, dass dem Kläger von Beginn an und während des gesamten Schriftwechsels im Widerspruchsverfahren klar gewesen sei, dass der Bescheid ihn betreffe und angehe, so dass er sich folgerichtig selbst mit einem Rechtsbehelf gegen den Bescheid gewandt habe. Erst im Klageverfahren habe er die Adressierung des Bescheides gerügt. Der Bescheid sei auch nicht rechtswidrig. Denn die Geschoss- und die Grundstücksflächen seien rechtmäßig angesetzt und mit den richtigen Beitragssätzen multipliziert worden. In die Geschossflächenberechnung sei die Sägewerkshalle zu Recht einbezogen worden. Denn die Sägewerkshalle sei, anders als die Lagerhalle, beitragspflichtig, weil die bestimmungsgemäße Nutzung einer Sägewerkshalle den ständigen oder überwiegenden Aufenthalt einer oder mehrerer Personen während des Sägewerksbetriebs erforderlich mache und deshalb einen Anschlussbedarf auslöse. Die beitragsfähige Grundstücksfläche sei nicht lediglich in Höhe der Geschossfläche anzusetzen. Welche Beitragssätze anzuwenden seien, richte sich nicht nach dem Zeitpunkt des tatsächlichen Anschlusses des Grundstücks. Vielmehr sei auf das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht am 01.01.2008 abzustellen. Denn erst zu diesem Zeitpunkt habe für die neuen Gemeindeteile nach vorangegangener neuer Globalkalkulation aufgrund der Erhöhung der Beizugsflächen und des weiteren Herstellungsaufwands für ihren Anschluss wirksames Satzungsrecht vorgelegen. Schließlich habe der Kläger bei seiner Berechnung eines Beitrages von 2.342,68 EUR die Mehrwertsteuer nicht berücksichtigt.

Am 29.07.2015 hat das Gericht einen Erörterungstermin durchgeführt. Eine im Anschluss daran vom Beklagten vorgelegte Vergleichsberechnung, die davon ausgeht, dass das Grundstück insgesamt im Außenbereich liegt und deshalb die Flächen der vorhandenen Bebauung samt Umgriff zugrunde zu legen sind, ergab eine zu veranlagende Grundstücksfläche von 10.240 qm.

In der mündlichen Verhandlung am 28.10.2015 hat der Kläger beantragt

festzustellen, dass der Bescheid des Marktes T. vom 19.01.2010 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts Wunsiedel vom 09.12.2013 nichtig sind.

Hilfsweise hat er auf seinen Antrag in der Klageschrift vom 13.01.2014 Bezug genommen.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die Behördenakten verwiesen. Wegen des Ablaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag abzuweisen.

1. Die angegriffenen Verwaltungsakte sind nicht wegen einer fehlerhaften Adressierung inhaltlich unbestimmt und deshalb nichtig (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b) KAG i. V. m. § 119 Abs. 1, § 125 Abs. 1 AO).

Gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a) KAG i. V. m. § 119 Abs. 1 AO muss ein Bescheid hinreichend bestimmt sein. Dieses Erfordernis ist bei einem Bescheid, der einen Beitrag festsetzt, nur gewahrt, wenn angegeben ist, wer den Beitrag schuldet (Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) aa) KAG i. V. m. § 157 Abs. 1 Satz 2 AO). Verwechslungen müssen ausgeschlossen sein.

Auch wenn der Bescheid der Beklagten vom 19.01.2010 nach dem Wortlaut seiner Adressierung an eine nicht mehr existierende juristische Person gerichtet ist (a), lässt sich im Auslegungswege zweifelsfrei der Kläger als Inhaltsadressat ermitteln (b).

a) Zum Zeitpunkt des Zugangs des Bescheides vom 19.01.2010 war die im Anschriftenfeld genannte „... OHG“ bereits erloschen, weil der eine der beiden Gesellschafter am 02.11.2009 verstorben und von dem anderen Gesellschafter, dem Kläger, allein beerbt worden war. Der Tod eines Gesellschafters führt, sofern gesellschaftsvertraglich nichts anderes geregelt ist, grundsätzlich nicht zur Auflösung einer OHG, sondern nur zum Ausscheiden dieses Gesellschafters (§ 131 Abs. 2 Nr. 1 HGB). Etwas anderes gilt aber, wenn - wie hier - bei einer Zweipersonengesellschaft ein Gesellschafter verstirbt und von dem anderen Gesellschafter allein beerbt wird. Dann wird die OHG mit dem Tod des Gesellschafters durch Konfusion ohne Liquidation vollbeendet und erlischt. Das Gesellschaftsvermögen geht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Verbliebenen über, d. h. der Eigentumsübergang bei Grundstücken erfolgt außerhalb des Grundbuchs (BFH, U. v. 15.04.2010 - IV R 67/07 - juris Rn. 19; Roth in Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl. 2014, § 131 Rn. 19, 35; § 140 Rn. 25). Auf die später erfolgte Eintragung der Änderung der Rechtsform am 29.06.2011 kommt es nicht an. Denn das Ausscheiden des Gesellschafters und die Auflösung der Gesellschaft sind zwar gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1 und 4 HGB anmeldepflichtige Tatsachen, die Eintragungen im Handelsregister wirken jedoch nur deklaratorisch (Roth, a. a. O., § 143 Rn. 5). Nach dem Wortlaut seiner Adressierung ist der Bescheid vom 19.01.2010 damit an eine nicht mehr existierende juristische Person gerichtet.

b) Jenseits des Wortlauts der Adressierung sind in einem zweiten Schritt aber auch alle Umstände im Auslegungswege einzubeziehen, die einen Schluss auf den Sinngehalt einer Regelung zulassen. Selbst ein klarer Wortlaut einer Regelung stellt keine Grenze für die Auslegung anhand der Gesamtumstände dar (BVerwG, U. v. 27.06.2012 - 9 C 7/11 - BVerwGE 143, 222/228 = NVwZ 2012, 1413/1415 jew. Rn. 17). Unter Berücksichtigung aller Umstände konnte der Kläger zum Zeitpunkt des Zugangs des Bescheides entsprechend seinem objektiven Verständnishorizont auf der Grundlage der für ihn ohne weiteres erkennbaren Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben den Bescheid nur so verstehen, dass er als aktueller Eigentümer des Grundstücks zum Beitrag herangezogen werden sollte.

Denn im Nachgang zu einem Ortstermin mit der Beklagten am 17.11.2009 hatte der Kläger mit einem an ihn persönlich adressierten Schreiben vom gleichen Tag die einschlägigen Satzungen des Beklagten erhalten. Darin ist ausdrücklich von der Beitragspflicht „Ihrer Sägehalle“ die Rede. Außerdem erhielt der Kläger zusammen mit dem Bescheid am 19.01.2010 ein an ihn persönlich adressiertes Begleitschreiben, in dem der Bescheid als „Beitragsbescheid für Ihr Anwesen“ bezeichnet wird. Dass der Kläger sich auch selbst als Inhaltsadressaten des Bescheides ansah, wird ferner daran deutlich, dass er jedenfalls auch in eigenem Namen am 10.02.2010 anwaltlich vertreten Widerspruch erhob und erst im Klageverfahren geltend gemacht hat, der Bescheid sei wegen unrichtiger Adressierung inhaltlich unbestimmt und deshalb nichtig.

Unbeachtlich ist, dass der Sachbearbeiter des Beklagten auf der Grundlage des Allgemeinen Liegenschaftsbuches, in dem die OHG bei Erlass des Bescheides noch als Eigentümerin eingetragen war, den Bescheid an die OHG adressierte. Abzustellen ist allein darauf, wie der Kläger den Bescheid verstehen musste, so dass es nicht darauf ankommt, ob der zuständige Sachbearbeiter der Behörde den Bescheid bewusst und gewollt an einen anderen Adressaten gerichtet hat (BVerwG, BVerwGE 143, 222/229f. = NVwZ 2012, 1413/1416 jew.Rn.18).

c) Obwohl die Widerspruchsbehörde trotz Änderung des Handelsregisters am 29.06.2011 und des Grundbuchs am 12.07.2011 davon ausging, dass der Widerspruch von der OHG erhoben wurde, konnte der Kläger auch den Widerspruchsbescheid vom 09.12.2013 nur so verstehen, dass er an ihn gerichtet war. Er hat das Widerspruchsverfahren betrieben bzw. betreiben lassen und hat im März 2010 den Teilbetrag von 2.342,68 EUR gezahlt. Der Umstand, dass das Finanzamt den Kläger darauf hinweisen musste, dass er keine Rechnungen mehr als „OHG“ mehr ausstellen dürfe, zeigt, dass er selbst keine klare Unterscheidung vorgenommen hat, obwohl ihm bewusst war, dass er nun Alleininhaber der Firma geworden war.

Damit ist die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der beiden Bescheide abzuweisen.

2. Die Klage hat auch im Hilfsantrag keinen Erfolg. Der Bescheid vom 19.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.12.2013 ist nicht gem. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuheben, soweit ein Beitrag von mehr als 2.342,68 EUR festgesetzt wurde, weil er in voller Höhe rechtmäßig und der Kläger dadurch nicht in seinen Rechten verletzt ist.

Gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG können die Gemeinden zur Deckung des Aufwandes für die Herstellung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Zu diesen Einrichtungen zählt auch die vom Beklagten öffentlich betriebene Wasserversorgungseinrichtung.

a) Von dieser Möglichkeit hat der Beklagte durch den Erlass der BGS-WAS vom 15.11.1996 Gebrauch gemacht. Sie ist in der Fassung der Änderungssatzung vom 14.12.2007 anzuwenden, die am 01.01.2008 in Kraft getreten ist, und nicht in der zuvor geltenden Fassung mit den günstigeren Beitragssätzen. Denn erst am 14.12.2007 erweiterte der Beklagte durch Änderung von § 1 Abs. 1 WAS mit Wirkung vom 01.01.2008 das Gebiet seiner Wasserversorgungseinrichtung auch auf das Gebiet des Gemeindeteils H. und legte weiter durch Änderung von § 1 BGS-WAS fest, dass auch für die Herstellung der Wasserversorgungseinrichtung in diesem Ortsteil ein Beitrag erhoben wird.

b) Das Grundstück ist gemäß § 2 Satz 1 BGS-WAS dem Grunde nach beitragspflichtig, denn es ist bebaut, gewerblich genutzt und durch die Einrichtung erschlossen.

c) Der im Bescheid vom 19.01.2010 erhobene Beitrag von 15.069,75 EUR erweist sich im Ergebnis als nicht zu hoch. Die Beitragshöhe richtet sich gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 BGS-WAS nach der Grundstücksfläche und der Fläche der vorhandenen Gebäude.

aa) Bei der Berechnung der Geschossfläche hat der Beklagte zu Recht die Geschossfläche der Sägewerkshalle von 1.417 qm mit einbezogen. Zwar werden gemäß § 5 Abs. 2 Satz 4 BGS-WAS Gebäude oder selbstständige Gebäudeteile, die nach der Art ihrer Nutzung keinen Bedarf nach Anschluss an die Wasserversorgung auslösen, nicht herangezogen; das gilt nicht für Gebäude oder Gebäudeteile, die tatsächlich einen Wasseranschluss haben. Die bestimmungsgemäße Nutzung einer Sägewerkshalle löst aber einen Bedarf nach Wasserversorgung aus, wenn sie den ständigen oder überwiegenden Aufenthalt einer oder mehrere Personen während des Sägewerksbetriebs erforderlich macht (BayVGH, U. v. 23.05. 2004 - 23 B 03.2416 - BeckRS 2004, 34110). Denn nach § 6 Abs. 2 der Verordnung über Arbeitsstätten vom 12.08.2004 sind in einem Gebäude, das typisierend dafür bestimmt ist, dass in ihm ständig oder überwiegend Personen arbeiten, unter anderem Waschräume oder zumindest Waschgelegenheiten sowie Toilettenräume erforderlich. Dass diese Räume nicht in demselben Gebäude oder Gebäudeteil vorgehalten werden müssen, ändert am Anschlussbedarf nichts (BayVGH, U. v. 01.12.2005 - 23 ZB 05.2083 - BeckRS 2005, 39652). Der Kläger hat im Erörterungstermin erklärt, dass sich während des Betriebes in der Sägewerkshalle Arbeiter regelmäßig aufhalten. Deshalb löst die Sägewerkshalle Anschlussbedarf aus, auch wenn sie selbst keinen Wasseranschluss hat.

bb) Bei der Berechnung der beitragspflichtigen Grundstücksfläche hat der Beklagte unter der Prämisse, eine Teilfläche von 10.274 qm des streitgegenständlichen Grundstücks liege im Innenbereich, die Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 2 BGS-WAS für übergroße Grundstücke angewandt und nur das Dreifache der beitragspflichtigen Geschossfläche, d. h. 3 x 2.565,37 qm = 7.896,11 qm, als Grundstücksfläche angesetzt. Das Grundstück ist jedoch in vollem Umfang dem Außenbereich zuzurechnen. Eine umfassende Wertung und Bewertung des Einzelfalls ergibt, dass das Grundstück insgesamt nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne des § 34 BauGB liegt. Wie der dem Bescheid beigefügte Lageplan und das vom Beklagten vorgelegte Orthofoto verdeutlichen, trennt die in den Außenbereich führende Straße Flnr. ... die südlich von ihr gelegene Bebauung, die auf dem Grundstück Flnr. ... endet, von dem nördlich davon gelegenen klägerischen Grundstück Flnr. ... ab. Es ist deshalb insgesamt und nicht nur teilweise dem Außenbereich zuzuordnen.

Bei Außenbereichsgrundstücken ist die Flächenbegrenzungsregelung für übergroße Grundstücke nicht anwendbar, weil der Umgriff zur vorhandenen Bebauung bereits die zutreffende Fläche angibt, mit der ein Grundstück herangezogen wird (BayVGH, B. v. 13.11.2009 - 20 ZB 09.1786 - BayVBl 2007, 601/601; st. Rspr.). Die Umgriffsbildung ergibt vorliegend eine beitragspflichtige Grundstücksfläche von 10.240 qm. Die Beitragsfestsetzung für eine Grundstücksfläche von nur 7.896,11 EUR verletzt daher den Kläger jedenfalls nicht in seinen Rechten. Damit ist auch der auf Aufhebung gerichtete Hilfsantrag unbegründet und die Klage insgesamt abzuweisen.

3. Als unterliegender Teil trägt der Kläger gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 167 VwGO, § 709 ZPO.

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(1) Die Auflösung der Gesellschaft ist von sämtlichen Gesellschaftern zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Dies gilt nicht in den Fällen der Eröffnung oder der Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesells

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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 27. Juni 2012 - 9 C 7/11

bei uns veröffentlicht am 27.06.2012

Tatbestand 1 Die Klägerin, die ein Kalkwerk im Gebiet der beklagten Gemeinde betreibt, wendet sich gegen die Heranziehung zu Abwasserbeiträgen durch die Beklagte.

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(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und die betroffene Person dies unverzüglich verlangt.

(3) Ein schriftlich oder elektronisch erlassener Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen. Ferner muss er die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten; dies gilt nicht für einen Verwaltungsakt, der formularmäßig oder mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird. Ist für einen Verwaltungsakt durch Gesetz eine Schriftform angeordnet, so muss bei einem elektronischen Verwaltungsakt auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Falle des § 87a Absatz 4 Satz 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Finanzbehörde aber nicht erkennen lässt,
2.
den aus tatsächlichen Gründen niemand befolgen kann,
3.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht,
4.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind,
2.
eine nach § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 und Satz 2 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat,
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsakts vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war,
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsakts, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Finanzbehörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Finanzbehörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und die betroffene Person dies unverzüglich verlangt.

(3) Ein schriftlich oder elektronisch erlassener Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen. Ferner muss er die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten; dies gilt nicht für einen Verwaltungsakt, der formularmäßig oder mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird. Ist für einen Verwaltungsakt durch Gesetz eine Schriftform angeordnet, so muss bei einem elektronischen Verwaltungsakt auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Falle des § 87a Absatz 4 Satz 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(1) Steuerbescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Sie müssen die festgesetzte Steuer nach Art und Betrag bezeichnen und angeben, wer die Steuer schuldet. Ihnen ist außerdem eine Belehrung darüber beizufügen, welcher Rechtsbehelf zulässig ist und binnen welcher Frist und bei welcher Behörde er einzulegen ist.

(2) Die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen bildet einen mit Rechtsbehelfen nicht selbständig anfechtbaren Teil des Steuerbescheids, soweit die Besteuerungsgrundlagen nicht gesondert festgestellt werden.

(1) Die offene Handelsgesellschaft wird aufgelöst:

1.
durch den Ablauf der Zeit, für welche sie eingegangen ist;
2.
durch Beschluß der Gesellschafter;
3.
durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft;
4.
durch gerichtliche Entscheidung.

(2) Eine offene Handelsgesellschaft, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, wird ferner aufgelöst:

1.
mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist;
2.
durch die Löschung wegen Vermögenslosigkeit nach § 394 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(3) Folgende Gründe führen mangels abweichender vertraglicher Bestimmung zum Ausscheiden eines Gesellschafters:

1.
Tod des Gesellschafters,
2.
Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Gesellschafters,
3.
Kündigung des Gesellschafters,
4.
Kündigung durch den Privatgläubiger des Gesellschafters,
5.
Eintritt von weiteren im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Fällen,
6.
Beschluß der Gesellschafter.
Der Gesellschafter scheidet mit dem Eintritt des ihn betreffenden Ereignisses aus, im Falle der Kündigung aber nicht vor Ablauf der Kündigungsfrist.

(1) Die Auflösung der Gesellschaft ist von sämtlichen Gesellschaftern zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Dies gilt nicht in den Fällen der Eröffnung oder der Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft (§ 131 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 Nr. 1). In diesen Fällen hat das Gericht die Auflösung und ihren Grund von Amts wegen einzutragen. Im Falle der Löschung der Gesellschaft (§ 131 Abs. 2 Nr. 2) entfällt die Eintragung der Auflösung.

(2) Absatz 1 Satz 1 gilt entsprechend für das Ausscheiden eines Gesellschafters aus der Gesellschaft.

(3) Ist anzunehmen, daß der Tod eines Gesellschafters die Auflösung oder das Ausscheiden zur Folge gehabt hat, so kann, auch ohne daß die Erben bei der Anmeldung mitwirken, die Eintragung erfolgen, soweit einer solchen Mitwirkung besondere Hindernisse entgegenstehen.

Tatbestand

1

Die Klägerin, die ein Kalkwerk im Gebiet der beklagten Gemeinde betreibt, wendet sich gegen die Heranziehung zu Abwasserbeiträgen durch die Beklagte.

2

Mit zwei Bescheiden vom 27. Dezember 2006 setzte die Beklagte Abwasserbeiträge in Höhe von insgesamt 1 004 000,45 € fest. Adressiert waren die Beitragsbescheide unter der Anschrift der Klägerin an die "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH". Als Beitragsschuldner wird "die in der Anschrift genannte Person" bezeichnet. In einem der Bescheide brachte die Beklagte 127 822,97 € Vorausleistung in Abzug, die von der "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" aufgrund eines an sie adressierten Vorausleistungsbescheides vom 14. Dezember 2001 entrichtet worden waren.

3

Die "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" wurde mit Verschmelzungsvertrag vom 28. August 2001 gemeinsam mit (vier) weiteren Gesellschaften der ...-Gruppe zum 27. Dezember 2001 durch Eintragung in das Handelsregister mit der "Heidelberger ... GmbH" als übernehmendem Rechtsträger verschmolzen. Die Beklagte teilte der "Heidelberger ... GmbH" unter dem 28. August 2002 mit, dass die Bauarbeiten zum Anschluss der M. Schmutzwasserentsorgung an die Kläranlage des örtlichen Zweckverbandes abgeschlossen seien und es daher möglich sei, die Grundstücke der "Heidelberger ... GmbH" an den öffentlichen Schmutzwasserkanal anzuschließen. Ferner enthält das Schreiben einen Hinweis, dass über die zu entrichtenden Beiträge gesonderte Bescheide ergehen werden. Die Firma der "Heidelberger ... GmbH" wurde im Dezember 2002 in "... Deutschland GmbH" geändert. Die Klägerin ist im Wege einer weiteren Verschmelzung am 20. Juli 2009 als übernehmender Rechtsträger Rechtsnachfolgerin der "... Deutschland GmbH" und damit Eigentümerin der beitragspflichtigen Grundstücke geworden.

4

Der von der "... Deutschland GmbH" gegen die Bescheide eingelegte Widerspruch wurde zurückgewiesen. Die daraufhin erhobene Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof hat die erstinstanzliche Entscheidung mit Urteil vom 28. April 2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die angegriffenen Bescheide seien inhaltlich hinreichend bestimmt. Aus den Bescheiden ergebe sich insbesondere eindeutig, an wen sie sich richteten; danach schulde die "... Deutschland GmbH" die festgesetzten Abwasserbeiträge und nicht deren im Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide erloschene Rechtsvorgängerin. Die Bescheide führten zwar im Adressfeld die "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" als Adressatin auf, die lediglich bis zum 27. Dezember 2001 Eigentümerin der im Bescheid genannten Grundstücke des Kalkwerks gewesen sei. Im Zeitpunkt des Zugangs der Bescheide hätten die Organe der "... Deutschland GmbH" die Bescheide auf Grundlage der für sie ohne Weiteres erkennbaren Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung von Treu und Glauben aber nur so verstehen können, dass die "... Deutschland GmbH" als aktuelle Eigentümerin der Grundstücke des Kalkwerks zum Beitrag herangezogen werden sollte. Eine andere Entscheidung rechtfertige auch nicht die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach ein Verwaltungsakt unwirksam sei, wenn er sich gegen ein nicht oder nicht mehr existentes Steuersubjekt richte. Ob sich ein Verwaltungsakt gegen ein nicht existentes Steuersubjekt richte, könne erst nach erfolgter Auslegung und damit nicht allein aufgrund des Wortlauts des Adressfeldes gesagt werden.

5

Mit ihrer vom Senat mit Beschluss vom 28. April 2011 zugelassenen Revision macht die Klägerin in erster Linie geltend: Die Beitragsbescheide seien inhaltlich unbestimmt und damit nichtig, da vor ihrem Erlass das Vermögen der "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" einschließlich der beitragspflichtigen Grundstücke durch Verschmelzung auf die Rechtsvorgängerin der Klägerin übergegangen und die "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" erloschen sei. Darauf, ob die Rechtsvorgängerin der Klägerin hätte wissen müssen, dass die Bescheide an sie gerichtet gewesen seien, komme es nicht an. Der Verwaltungsgerichtshof habe durch seine Auslegung die Bescheide in Wahrheit umgedeutet und deren Unbestimmtheit erst herbeigeführt. Tatsächlich habe seitens der Beklagten auch kein Erklärungsirrtum vorgelegen, da der Sachbearbeiter den Bescheid bewusst an die noch im Grundbuch als Eigentümerin eingetragene "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" adressiert habe.

6

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 28. April 2010 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29. April 2009 zurückzuweisen.

7

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

8

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Bescheide seien auslegungsfähig. Dabei komme es nicht darauf an, wie ein außenstehender Dritter, sondern allein wie der Betroffene sie nach den ihm bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste. Der Klägerin sei sofort klar gewesen, dass sie die Adressatin der Bescheide und Beitragsschuldnerin gewesen sei. Aus der den Bescheiden beigefügten Liste der der Beitragspflicht unterliegenden Grundstücke und der Vorkorrespondenz hätte sie dies jedenfalls ohne Weiteres erkennen können und müssen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin, auf die das Abgabenschuldverhältnis im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergegangen ist (§ 45 Abs. 1 Satz 1 AO) und die das Verfahren ihrer Rechtsvorgängerin aufgenommen hat (§ 173 VwGO i.V.m. den entsprechend anwendbaren §§ 239 ff. ZPO), ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil ist mit Bundesrecht vereinbar (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

10

Die vom Verwaltungsgerichtshof vertretene Auffassung, die Beitragsbescheide der Beklagten, die an eine schon mehrere Jahre zuvor durch gesellschaftsrechtliche Verschmelzung erloschene und damit als Rechtssubjekt nicht mehr existente GmbH adressiert sind, seien inhaltlich hinreichend bestimmt, weil sich die Rechtsnachfolgerin der Gesellschaft als Inhaltsadressatin ansehen musste, betrifft im Ausgangspunkt irrevisibles Landesrecht. Denn die Anforderungen an die Bestimmtheit von Heranziehungsbescheiden zu Abwasserbeiträgen ergeben sich hier zunächst aus § 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b, Nr. 4 Buchst. c des baden-württembergischen Kommunalabgabengesetzes in Verbindung mit § 119 Abs. 1, § 157 Abs. 1 Satz 2 der kraft Verweisung im Kommunalabgabengesetz ebenfalls nur als Landesrecht zur Anwendung kommenden Abgabenordnung (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 2. Juli 1990 - BVerwG 5 B 37.90 - Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 160 S.10 und vom 25. März 1996 - BVerwG 8 B 48.96 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 79 S. 53; Urteil vom 19. März 2009 - BVerwG 9 C 10.08 - Buchholz 406.11 § 133 BauGB Nr. 135 Rn. 9). Unter bundesrechtlichen und damit revisiblen Gesichtspunkten ist deshalb lediglich fraglich, ob die Auslegung und Anwendung von Landesrecht mit den Anforderungen, die das allgemeine Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) an die Bestimmtheit von Abgabenbescheiden stellt, vereinbar ist. Dies ist der Fall.

11

1. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass der Adressat eines Verwaltungsakts zwar einerseits hinreichend bestimmt bezeichnet sein muss, dass aber andererseits ein Verwaltungsakt mit Blick auf die Bezeichnung des Inhaltsadressaten auslegungsfähig sein und die Auslegung etwaige Zweifel an der Bestimmtheit beseitigen kann. Dabei kommt es nicht darauf an, wie ein außenstehender Dritter, sondern allein wie der Betroffene selbst nach den ihm bekannten Umständen den Verwaltungsakt unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste. Die Annahme der Nichtigkeit eines Abgabenbescheides wegen Unbestimmtheit scheidet danach aus, wenn die (vorrangige) Auslegung des Bescheides etwaige Zweifel an der Bestimmtheit beseitigt (Urteil vom 25. Februar 1994 - BVerwG 8 C 2.92 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 68 S. 4; Beschlüsse vom 25. März 1996 a.a.O. S. 53 f. und vom 6. September 2008 - BVerwG 7 B 10.08 - juris Rn. 24). Diese Auslegungsgrundsätze hat das Berufungsgericht seinem Urteil zugrunde gelegt.

12

Weiter gehende Anforderungen an die Auslegung von Bescheiden aufgrund des rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebots folgen nicht aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Unbestimmtheit und Nichtigkeit von an den nicht mehr existenten Rechtsvorgänger des Steuerschuldners adressierten Steuerbescheiden. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geht der Bundesfinanzhof davon aus, dass konstituierender Bestandteil jedes Verwaltungsakts die Angabe des Inhaltsadressaten ist, d.h. desjenigen, dem gegenüber der Einzelfall geregelt werden soll (BFH, Urteil vom 13. Dezember 2007 - IV R 91/05 - juris Rn. 14). Weiterhin in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Bestimmtheit von Verwaltungsakten lässt der Bundesfinanzhof es grundsätzlich genügen, wenn die Identität des Inhaltsadressaten eines Steuerverwaltungsakts durch Auslegung anhand der dem Betroffenen bekannten Umstände einschließlich dem Bescheid beigefügten Unterlagen und zeitlich vorhergehender Bescheide hinreichend sicher bestimmt werden kann (BFH, Beschluss vom 29. Juni 1988 - IV B 70/88 - juris Rn. 22 und Urteil vom 1. Dezember 2004 - II R 10/02 - juris Rn. 9 m.w.N. ). Diese Grundsätze erfahren nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs jedoch dann eine Einschränkung, wenn sich der in seiner Bezeichnung des Adressaten eindeutige Abgabenbescheid gegen ein nicht oder nicht mehr existierendes Steuersubjekt richtet. Das ist unter anderem dann der Fall, wenn der Adressat des Abgabenbescheides eine Gesellschaft ist, die bei Erlass des Bescheides durch Umwandlung erloschen war (BFH, Großer Senat, Beschluss vom 21. Oktober 1985 - GrS 4/84 - BFHE 145, 110, BStBl II 1986, 230; Urteil vom 25. Januar 2006 - I R 52/05 - juris Rn. 9, 13). Ferner können nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs Fehler in der Bezeichnung des Steuerschuldners im Fall der Rechtsnachfolge im weiteren Verfahren nicht geheilt werden (BFH, Großer Senat, Beschluss vom 21. Oktober 1985 a.a.O.). Die Tatsache, dass sich der Empfänger eines Bescheides mit unrichtiger Bezeichnung des Steuerschuldners als Adressat angesehen hat, sei unbeachtlich, weil die objektive Richtigkeit oder Unrichtigkeit eines Bescheides nicht vom Verhalten der Beteiligten abhängen könne. Eine Auslegung eines Steuerbescheides hinsichtlich des Inhaltsadressaten kommt danach nur dann in Betracht, wenn dessen Bezeichnung im Bescheid selbst mehrdeutig ist (BFH, Urteil vom 13. Dezember 2007 a.a.O. Rn. 16, 19).

13

Die Frage, ob das Berufungsgericht bei seiner Auslegung diesen vom Bundesfinanzhof für die Fälle der Rechtsnachfolge entwickelten Grundsätzen gerecht geworden ist, stünde einer revisionsgerichtlichen Überprüfung nur dann offen, wenn die vom Bundesfinanzhof vorgenommenen Einschränkungen der allgemeinen Auslegungsregeln bei der Ermittlung des Inhaltsadressaten eines Abgabenverwaltungsakts durch den rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz geboten und damit Teil des Bundesrechts (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) wären. Dies ist nicht der Fall.

14

Das Bundesverfassungsgericht hat das im allgemeinen Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) wurzelnde, der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit dienende Bestimmtheitsgebot vor allem im Zusammenhang mit der hinreichenden Bestimmtheit von Gesetzen konturiert. Danach sind gesetzliche Tatbestände so zu fassen, dass die Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach ausrichten können. Welche Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen sind, lässt sich indes nicht generell und abstrakt festlegen, sondern hängt auch von der Eigenart des zu ordnenden Lebenssachverhalts und dem Zweck der betroffenen Norm (BVerfG, Beschlüsse vom 17. Juli 2003 - 2 BvL 1/99 u.a. - BVerfGE 108, 186 <235> und vom 18. Mai 2004 - 2 BvR 2374/99 - BVerfGE 110, 370 <396 f.>) sowie den jeweiligen Grundrechtsauswirkungen und der Art und Intensität des zugelassenen behördlichen Eingriffs ab (BVerfG, Beschluss vom 24. November 1981 - 2 BvL 4/80 - BVerfGE 59, 104 <114>; Urteil vom 27. Juli 2005 - 1 BvR 668/04 - BVerfGE 113, 348 <375 f.>; BVerwG, Beschluss vom 20. August 1997 - BVerwG 8 B 170.97 - BVerwGE 105, 144 <147>). Auch bei öffentlich-rechtlichen Abgaben kommt es für die hinreichende Bestimmtheit des Gesetzes auf die Eigenart des geregelten Sachbereichs wie auf das Betroffensein von Grundrechten an. Für alle Abgaben gilt als allgemeiner Grundsatz, dass abgabenbegründende Tatbestände so bestimmt sein müssen, dass der Abgabenpflichtige die auf ihn entfallende Abgabe in gewissem Umfang vorausberechnen kann. Dabei genügt es im Bereich des Gebühren- und Beitragsrechts, dass für den Abgabenschuldner die Höhe der zu erwartenden Abgabe im Wesentlichen abschätzbar ist, so dass für ihn unzumutbare Unsicherheiten nicht entstehen können (BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 2003 a.a.O. S. 236; BVerwG, Beschluss vom 20. August 1997 a.a.O. S. 148 f.).

15

Aus diesen Grundsätzen lassen sich Rückschlüsse auf die verfassungsrechtlich gebotene Bestimmtheit von Verwaltungsakten ziehen. Auch bei ihnen dient das Bestimmtheitsgebot der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit und verlangt, dass ein rechtsstaatlicher Mindeststandard eingehalten wird (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 37 Rn. 2). Der Adressat muss in der Lage sein zu erkennen, was von ihm gefordert wird; zudem muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (vgl. Urteil vom 18. April 1997 - BVerwG 8 C 43.95 - BVerwGE 104, 301 = Buchholz 401.0 § 191 AO Nr. 7). Dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot lässt sich von daher nicht entnehmen, dass es in Fällen der Rechtsnachfolge von Verfassungs wegen ausgeschlossen ist, einen an ein erloschenes Rechtssubjekt als Beitragsschuldner adressierten Abgabenbescheid im Wege der Auslegung als an den Rechtsnachfolger des Adressaten gerichtet zu verstehen. Bei Beachtung der anerkannten Auslegungsgrundsätze ist auch in diesen Fällen in einer dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot genügenden Weise gesichert, dass für den durch Auslegung des Bescheides ermittelten Inhaltsadressaten keine unzumutbaren Unsicherheiten über seine Betroffenheit sowie über Grund, Höhe und Fälligkeit der Abgabenschuld entstehen. Die von dem Bundesfinanzhof in Auslegung einfach-rechtlicher Normen der Abgabenordnung vertretene Auffassung, ein im Fall der Rechtsnachfolge an den Rechtsvorgänger gerichteter Abgabenbescheid sei unwirksam und könne nicht dahin ausgelegt werden, dass Inhaltsadressat der Rechtsnachfolger sei, geht mithin über das durch Bundes(verfassungs)recht Gebotene hinaus und ist damit einer revisionsgerichtlichen Überprüfung hier entzogen.

16

2. Die Auslegung der angefochtenen Beitragsbescheide durch das Berufungsgericht hält einer revisionsgerichtlichen Überprüfung ebenfalls stand. Dabei kann offen bleiben, ob das Revisionsgericht zur selbständigen Auslegung von Verwaltungsakten befugt ist (so Urteile vom 14. Dezember 2005 - BVerwG 10 C 6.04 - BVerwGE 125, 9 Rn. 19 und vom 25. Februar 1994 a.a.O.) oder ob es jedenfalls dann, wenn das Berufungsgericht ein Auslegungsergebnis - wie hier - näher begründet hat, darauf beschränkt ist, die Auslegung des Tatrichters daraufhin zu überprüfen, ob sie auf einem Rechtsirrtum beruht oder ob sie einen Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln erkennen lässt oder einen umstrittenen Prozessstoff zu Unrecht unberücksichtigt gelassen hat (Urteil vom 4. Dezember 2001 - BVerwG 4 C 2.00 - BVerwGE 115, 274 <280>; vgl. auch Neumann, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 3. Aufl. 2010, § 137 Rn. 166 ff.). Denn die Vorinstanz ist ohne Verstoß gegen die anerkannten Auslegungsregeln oder einen sonstigen Rechtsverstoß zu einer Auslegung der angegriffenen Beitragsbescheide gelangt, die der Senat teilt.

17

Die Rüge der Revision, die Bescheide seien aufgrund der Adressierung an die "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" hinsichtlich ihres Inhaltsadressaten eindeutig und daher nicht der Auslegung zugänglich, übersieht, dass nach der Ermittlung des Wortlauts einer Erklärung in einem zweiten Schritt auch die außerhalb der Begleitumstände liegenden Umstände in die Auslegung einzubeziehen sind, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Selbst ein klarer Wortlaut einer Erklärung stellt keine Grenze für die Auslegung anhand der Gesamtumstände dar. Die Feststellung, dass eine Erklärung eindeutig ist, lässt sich erst durch eine alle Umstände berücksichtigende Auslegung treffen (BGH, Urteile vom 19. Januar 2000 - VIII ZR 275/98 - NJW-RR 2000, 1002 <1003> und vom 19. Dezember 2001 - XII ZR 281/99 - NJW 2002, 1260 <1261>). Eine solche umfassende Auslegung hat der Verwaltungsgerichtshof vorgenommen, indem er berücksichtigt hat, dass der Klägerin ihre Eigentümerstellung hinsichtlich der in der Anlage zu den Bescheiden genau bezeichneten Grundstücke ebenso bekannt war wie ihre Beitragspflicht aufgrund des Anschlusses ihres Betriebs an die neu errichtete Schmutzwasserentsorgungsanlage der Beklagten. Als weiteren wesentlichen und der Klägerin bekannten Teil der Vorgeschichte der Bescheide hat der Verwaltungsgerichtshof den an die "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" gerichteten und beglichenen Vorausleistungsbescheid vom 14. Dezember 2001 und insbesondere das nach Erlöschen der "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" an deren Rechtsnachfolgerin gerichtete Schreiben der Beklagten vom 28. August 2002, mit dem die Klägerin als Grundstückseigentümerin über ihre bevorstehende Heranziehung zu den Kosten des Klärwerks informiert wurde, angesehen. Die Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, der Rechtsvorgängerin der Klägerin habe aufgrund dieser Umstände bei Erhalt der Bescheide "auf den ersten Blick" klar sein müssen, dass sie selbst als aktuelle Eigentümerin der Grundstücke des Kalkwerks und nicht die bereits seit Jahren erloschene "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" herangezogen werden sollte und lediglich die Adressierung versehentlich fehlerhaft war, weist einen Rechtsfehler nicht auf.

18

Die Rüge der Klägerin, bei einer eindeutigen Adressierung eines Bescheides könne sich aus einem zeitlich vorangehenden Bescheid allenfalls ergeben, dass unklar sei, welches Rechtssubjekt der später ergangene Bescheid betreffe, übersieht, dass die Auslegung stets einer Gesamtbetrachtung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls bedarf und das Berufungsgericht gerade nicht nur auf die Ankündigung der Beklagten, die Rechtsvorgängerin der Klägerin heranziehen zu wollen, sondern zusätzlich darauf abgestellt hat, dass für die Klägerin ohne Weiteres erkennbar war, dass sie für den ihr gewährten Vorteil des Anschlusses an die kommunale Kläranlage beitragspflichtig und daher Adressatin der Beitragsforderung war. Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Klägerin, bei einer Auslegung nach § 133 BGB sei der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und der Sachbearbeiter der Beklagten habe nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts in den Bescheiden bewusst und gewollt die "... Baustoff- und Kalkwerk ... GmbH" als Adressatin bezeichnet. Entsprechend den zu empfangsbedürftigen Willenserklärungen im Zivilrecht entwickelten Grundsätzen ist bei Verwaltungsakten nicht auf den wirklichen Willen des Erklärenden (sog. natürliche Auslegung), sondern - wie oben dargelegt - auf die objektive Erklärungsbedeutung (sog. normative Auslegung), wie sie der Empfänger verstehen musste, abzustellen (stRspr, Urteil vom 2. September 1999 - BVerwG 2 C 22.98 - BVerwGE 109, 283 <286>; BFH, Urteil vom 26. August 1982 - IV R 31/82 - BFHE 136, 351 m.w.N; vgl. zum Zivilrecht Ellenberger, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 71. Aufl. 2012, § 133 Rn. 7, 9). Dass der Abgabenbescheid Grundlage für die Zwangsvollstreckung gegen den Abgabenschuldner ist, führt zu keiner anderen Beurteilung. Soweit die Klägerin unter Hinweis auf zivilrechtliche Grundsätze geltend macht, aufgrund der Formenstrenge des Zwangsvollstreckungsverfahrens komme eine Auslegung eines Titels durch außerhalb des Titels liegende Umstände nicht in Betracht, übersieht sie, dass auch im Zivilrecht Umstände außerhalb des Titels berücksichtigt werden können, wenn dem nicht berechtigte Schutzinteressen des Vollstreckungsschuldners entgegenstehen. Solche verneint der Bundesgerichtshof dann, wenn Prozess- und Vollstreckungsgericht identisch sind und daher auch das Vollstreckungsgericht über die für die Auslegung des Titels erforderlichen Kenntnisse verfügt (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - I ZB 45/02 - BGHZ 156, <339>). Hiermit vergleichbar ist die Situation bei der zwangsweisen Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Abgaben durch die den Abgabenbescheid erlassende Behörde, die zudem bei der Vollstreckung weitergehenden rechtlichen Bindungen als ein privater Gläubiger unterworfen ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten ausreichende und angemessene Informationen anhand der Gefährdungsbeurteilung in einer für die Beschäftigten verständlichen Form und Sprache zur Verfügung zu stellen über

1.
das bestimmungsgemäße Betreiben der Arbeitsstätte,
2.
alle gesundheits- und sicherheitsrelevanten Fragen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit,
3.
Maßnahmen, die zur Gewährleistung der Sicherheit und zum Schutz der Gesundheit der Beschäftigten durchgeführt werden müssen, und
4.
arbeitsplatzspezifische Maßnahmen, insbesondere bei Tätigkeiten auf Baustellen oder an Bildschirmgeräten,
und sie anhand dieser Informationen zu unterweisen.

(2) Die Unterweisung nach Absatz 1 muss sich auf Maßnahmen im Gefahrenfall erstrecken, insbesondere auf

1.
die Bedienung von Sicherheits- und Warneinrichtungen,
2.
die Erste Hilfe und die dazu vorgehaltenen Mittel und Einrichtungen und
3.
den innerbetrieblichen Verkehr.

(3) Die Unterweisung nach Absatz 1 muss sich auf Maßnahmen der Brandverhütung und Verhaltensmaßnahmen im Brandfall erstrecken, insbesondere auf die Nutzung der Fluchtwege und Notausgänge. Diejenigen Beschäftigten, die Aufgaben der Brandbekämpfung übernehmen, hat der Arbeitgeber in der Bedienung der Feuerlöscheinrichtungen zu unterweisen.

(4) Die Unterweisungen müssen vor Aufnahme der Tätigkeit stattfinden. Danach sind sie mindestens jährlich zu wiederholen. Sie haben in einer für die Beschäftigten verständlichen Form und Sprache zu erfolgen. Unterweisungen sind unverzüglich zu wiederholen, wenn sich die Tätigkeiten der Beschäftigten, die Arbeitsorganisation, die Arbeits- und Fertigungsverfahren oder die Einrichtungen und Betriebsweisen in der Arbeitsstätte wesentlich verändern und die Veränderung mit zusätzlichen Gefährdungen verbunden ist.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.