Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 03. Sept. 2018 - Au 7 K 18.306

bei uns veröffentlicht am03.09.2018

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollsteckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der 1952 geborene Kläger, der am 17. April 1970 erstmals die Fahrerlaubnis der damaligen Fahrerlaubnisklasse 3 erworben hatte, begehrt die Verpflichtung des Beklagten, ihm eine Fahrerlaubnis der Klassen B, AM und L neu zu erteilen.

1. Aus dem vom Landratsamt ... (nachfolgend: Landratsamt) angeforderten Auszug aus dem Fahreignungsregister des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 26. September 2017 (Bl. 611-621 der Behördenakte) geht Folgendes hervor:

- Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis durch Beschluss des Amtsgerichts ... vom 20. April 1995. Nachfolgend:

- Urteil des Amtsgerichts ... vom 20. April 1995 (...), rechtskräftig seit 24. Oktober 1995: Verurteilung des Klägers unter anderem wegen Bedrohung und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in zwei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, Entzug der Fahrerlaubnis mit Sperrfrist von einem Jahr. Der Verurteilung lag als Sachverhalt unter anderem zugrunde, dass der Kläger den neuen Lebensgefährten seiner geschiedenen Ehefrau verfolgt und dabei angefahren hat.

- Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse 3 durch das Landratsamt am 20. April 1996.

- Beschlagnahme des Führerscheins durch Staatsanwaltschaft ... nach § 94 StPO am 30. März 2004 (Datum der Tat: 5.2.2004). Nachfolgend:

- Urteil des Amtsgerichts ... vom 22. Juli 2004 (...), rechtskräftig seit 13. September 2005 (über die Instanzen Landgericht ... und Oberlandesgericht ...): Verurteilung des Klägers unter anderem wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr mit gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, die in der Gesamtfreiheitsstrafe (ein Jahr und sechs Monate) aufgegangen ist. Führerscheinmaßnahme: Entzug der Fahrerlaubnis mit Sperrfrist bis 18. Oktober 2005.

Der Verurteilung lag im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:

Am 5. Februar 2004, gegen 17:30 Uhr, fuhr der Kläger mit seinem Pkw auf den Parkplatz eines Supermarktes in, da er wusste, dass die Zeugin Frau ... zu dieser Zeit dort ihre Einkäufe erledigte. Entgegen eines beim Landgericht ... geschlossenen Vergleichs, wonach er sich Frau ... nicht nähern durfte, lief er nach dem Abstellen seines Pkw auf sie zu, als sie gerade Waren in den Kofferraum ihres Autos legte. Daraufhin lief der (von ... beauftragte) Detektiv ... mit seiner Mitarbeiterin (...) auf Frau ... zu und der Kläger bemerkte, dass er observiert wurde. Als Herr ... und seine Mitarbeiterin der Zeugin ... in den Einkaufsmarkt folgten, schlug der Kläger gegen die Scheibe des Fahrzeugs des Herrn, in dem sich eine weitere Angestellte (...) befand und drohte dieser, sie fertig zu machen. Der telefonisch informierte Herr ... kam seiner Angestellten zu Hilfe, drohte die Polizei zu verständigen und folgte dem Kläger zu seinem Fahrzeug, um mit ihm ins Gespräch zu kommen. Der Kläger stieg in seinen Pkw ein und verriegelte diesen von innen. Als ... auf halbem Weg zu seinem Auto war, an dem seine beiden Mitarbeiterinnen standen, fuhr der Kläger mit seinem Pkw mit aufheulendem Motor zügig an, steuerte ihn in einem engen Rechtsbogen auf Herrn ... zu und erfasste diesen mit der Frontseite seines Autos von hinten, wodurch Herr ... auf die Motorhaube des klägerischen Fahrzeugs fiel und sich nach rechts abrollen konnte. Der Kläger hielt seinen Pkw nicht an, sondern steuerte bewusst auf die Mitarbeiterin ... zu, die ein bis zwei Meter vor dem Pkw ... stand. Diese wurde vom Pkw des Klägers am rechten Knie und Oberschenkel gestreift und verletzt.

Zur Entziehung der Fahrerlaubnis wurde (in der Berufungsinstanz, siehe Urteil des Landgerichts ... vom 19.4.2005, S. 73, Bl. 115 der Behördenakte) ausgeführt, dass sich der Kläger durch den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr mit gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen in höchstem Maße als charakterlich ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr erwiesen habe. Wer wie der Kläger Kraftfahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr als gefährliches Werkzeug gegen Dritte einsetze und dabei deren Verletzung billigend in Kauf nehme und dadurch vorsätzlich die Sicherheit des Straßenverkehrs gefährde, stelle für die Allgemeinheit eine erhebliche Gefährdung dar.

- Versagung der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis durch Bescheid des Landratsamtes vom 23. Juli 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheids der Regierung von ... vom 4. Mai 2009, bestandskräftig seit 29 März 2010, nachdem die gegen diesen Bescheid erhobene Klage (Az.: Au 7 K 09.764) zurückgenommen wurde. Dem Ablehnungsbescheid lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Aufgrund seines Antrags auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis vom 16. September 2005 wurde der Kläger zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufgefordert. Das von ihm vorgelegte Fahreignungsgutachten der ... (Untersuchungstermin: 14.12.2005) kam zu dem Ergebnis, dass es insbesondere zu erwarten sei, dass der Kläger auch zukünftig erhebliche Straftaten im Straßenverkehr begeht (Bl. 154-157 der Behördenakte). Nachdem auf Wunsch des Klägers unter dem 24. Januar 2006 ein weiterer Begutachtungsauftrag an die ... erteilt wurde, legte der Kläger ein weiteres Gutachten nicht mehr vor.

- Vorläufige Entziehung der am 2. September 2008 erteilten (tschechischen) Fahrerlaubnis des Klägers nach § 111 StPO durch Beschluss des Amtsgerichts... vom 27. April 2009. Nachfolgend:

- Urteil des Amtsgerichts ... vom 20. April 2010 (...), rechtskräftig seit 22. Juli 2011 (über die Instanzen Landgericht ... und Oberlandesgericht ...): Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten. Führerscheinmaßnahme: Aberkennung des Rechts, von der (tschechischen) Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen mit Sperrfrist bis 21. Juli 2016.

Der Verurteilung lag im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger hielt sich am 15. November 2008, gegen 16.30 Uhr, auf dem Gelände der ... in ... auf. Anlass war, dass die Tochter ... der Eheleute ... an diesem Tag an einem Handballspiel teilnahm. Als ... den Kläger, der das Spiel vom Spielfeldrand beobachtete, erkannte, informierte sie in einer Spielpause telefonisch ihren Vater, den Geschädigten, über die Anwesenheit des Klägers. ... führ daraufhin mit seinem Pkw zur ... und informierte während der Fahrt telefonisch seine Ehefrau,, die sich bereits auf dem Gelände der ... befand. Am Parkplatz traf ... auf den Kläger, der zwischenzeitlich die Halle verlassen und in seinen, im südöstlichen Parkplatzbereich rückwärts geparkten Pkw eingestiegen war. Der Kläger fuhr sodann gegen 17:00 Uhr entgegen der bestehenden Einbahnstraßenregelung auf der ...straße des Parkplatzes aus der Parkbucht aus und auf den Geschädigten ... zu, der sich in einigen Metern Entfernung am Rand der ...straße des Parkplatzes befand. Der Kläger bewegte sein Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt mit einer Geschwindigkeit von ca. 3 bis 5 km/h. Obwohl es dem Kläger unproblematisch möglich gewesen wäre, an dem ... vorbeizufahren, lenkte er sein Fahrzeug abrupt bewusst auf den Geschädigten ... zu, so dass dieser gerade noch eine Drehbewegung auf dem rechten Standbein vollführen konnte, um instinktiv sein vorgeschädigtes linkes Bein zu schützen. Der Kläger streifte mit seinem Fahrzeug den Geschädigten ... am rechten Knie in Höhe des Radkastens.

Zur Aberkennung des Rechts, von der (tschechischen) Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen und zur fünfjährigen Sperrfrist, wurde (in der Berufungsinstanz, siehe Urteil des Landgerichts ... vom 1.2.2011, S. 22, Bl. 453 der Behördenakte) unter anderem ausgeführt, dass das Verhalten des Klägers einen gravierenden und vorsätzlichen Verstoß gegen die Pflichten eines Kraftfahrzeugführers darstellt und nachhaltig dokumentiert, dass eine weitere Teilnahme des Klägers am Kraftfahrzeugverkehr zu einer nicht hinnehmbaren Gefährdung der Verkehrssicherheit führen würde. …Die Kammer habe das Höchstmaß der zeitigen Sperrfrist von fünf Jahren angeordnet. Angesichts des massiven und vorsätzlichen Verstoßes gegen die Pflichten eines Kraftfahrzeugführers und insbesondere auch angesichts der wiederholten Tatbegehung und der gezeigten Rückfallgeschwindigkeit erscheine dieser Zeitraum von fünf Jahren als Mindestzeitraum, um die charakterliche Eignung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen wiederherzustellen. Von einer Verhängung einer lebenslangen Sperre, wie von der Staatsanwaltschaft gefordert, wurde abgesehen, weil ein Zeitraum von fünf Jahren unter Berücksichtigung der Wirkung weiteren Strafvollzugs als gerade noch ausreichend erscheint, um die vom Kläger ausgehende Gefahr zu beseitigen. Zugunsten des Klägers wird davon ausgegangen, dass trotz der starken Häufung einschlägiger Straftaten das Fehlverhalten des Klägers noch nicht als derart verfestigt anzusehen ist, dass von einer Unbehebbarkeitsprognose ausgegangen werden müsste.

2. Aufgrund der Einziehung des am 2. September 2008 ausgestellten tschechischen Führerscheins, stellte der Magistrat ... dem Kläger hinsichtlich der am 2. September 2008 erteilten Fahrerlaubnis für die Klasse B am 3. Juni 2009 einen tschechischen (Ersatz-) Führerschein aus (Bl. 505 der Behördenakte).

Am 21. März 2016, eingegangen beim Landratsamt am 24. März 2016, stellte der Kläger einen Antrag zur Neuerteilung einer deutschen Fahrerlaubnis bzw. zur Anerkennung seiner tschechischen Fahrerlaubnis in Deutschland. Das vom Landratsamt geforderte medizinisch-psychologische Gutachten legte der Kläger nicht vor und nahm seinen Antrag am 12. Dezember 2016 zurück (Bl. 548 der Behördenakte).

Seinen am 23. März 2017 gestellten Antrag auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis lehnte das Landratsamt per Entscheidungsniederschrift am 17. August 2017 bestandskräftig ab, da der Kläger das geforderte Fahreignungsgutachten nicht beigebracht hatte (Bl. 588 der Behördenakte).

3. Am 2. September 2017, eingegangen beim Landratsamt am 5. September 2017, beantragte der Kläger erneut, ihm die Fahrerlaubnis der Klassen B, AM und L neu zu erteilen. Am 6. Oktober 2017 ging beim Landratsamt der angeforderte Auszug aus dem Fahreignungsregister des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 26. September 2017 ein (Bl. 611-621 der Behördenakte). Mit Schreiben des Landratsamtes vom 12. Oktober 2017 (Bl. 622-625 der Behördenakte) wurde der Kläger aufgefordert, bis spätestens 24. November 2017 das Gutachten einer Begutachtungsstelle für Fahreignung vorzulegen. Das Gutachten solle zu folgenden Fragen Stellung nehmen:

„Ist zu erwarten, dass der Untersuchte auch zukünftig erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen wird?

Erfüllt der Untersuchte trotz der im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung begangenen Straftaten die charakterlichen Anforderungen an das Führen von Kraftfahrzeugen der o.g. Klassen?“

Am 20. November 2017 ging beim Landratsamt das medizinisch-psychologische Gutachten der ... (Untersuchungstag: 8.11.2017) ein (Bl. 637-656 der Behördenakte). Im Gutachten werden unter „II.1. Aktenübersicht“ u.a. die strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers aufgeführt. Unter „IV. „Bewertung der Befunde“ wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für eine positive Prognose im vorliegenden Fall erfüllt seien. Dabei wird unter dem Punkt „Bewertung des psychologischen Untersuchungsgesprächs“ (S. 18 ff.) im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger aufgrund problematischer und verfestigter Verhaltensmuster bei verminderter Anpassungsfähigkeit vermehrt oder erheblich gegen verkehrs- und/oder strafrechtliche Bestimmungen verstoßen habe. Aus den Angaben im psychologischen Untersuchungsgespräch könne abgeleitet werden, dass inzwischen eine selbstkritische Distanzierung zum früheren auffälligen Verhalten erarbeitet worden sei. Der Kläger habe die Bedenken der Behörde an seiner Fahreignung akzeptieren können. Er habe sich kooperativ gezeigt und offen zu seinen Delikten Stellung genommen. Die Überprüfung der Angaben des Klägers habe im Vergleich mit den aktenkundigen Informationen eine ausreichend widerspruchsfreie Schilderung des eigenen Fehlverhaltens ergeben. Der Kläger habe darstellen können, dass er sich mit den individuellen Ursachen bzw. persönlichen Anteilen seiner früheren Vergehen auseinandergesetzt habe. Damit könne angenommen werden, dass der Kläger das persönliche Fehlverhalten auch tatsächlich als solches identifiziert habe und ein ausreichendes Problembewusstsein entwickelt habe. Hierzu werden wörtliche Aussagen des Klägers aus dem psychologischen Untersuchungsgespräch zitiert, unter anderem Folgende:

Zitat: Was am 5.2.2004 gewesen sei: …“Beim Einfahren in den Parkplatz (stand die Frau ... hinter ihrem Pkw rechts der Einfahrtstraße. Auf der linken Seite, genau gegenüber, wo ich geparkt habe, stand der 2. Pkw mit zwei weiteren Detektivinnen. Insgesamt waren es drei. Im Nachhinein war es völliger Blödsinn von mir, dass ich trotzdem mit meinem Pkw am üblichen Ort geparkt habe und wie immer zu Fuß ins Therapiezentrum gegangen bin. Kurz vor Erreichen des Therapiezentrums ist mir eingefallen, dass ich das Rezept im Auto vergessen habe. Ich bin dann zu dem Auto zurückgegangen. Und auf halber Strecke kamen mir der männliche und der weibliche Detektiv entgegen. Schupften mich hin und her, beleidigten mich aufs Vulgärste. In meiner Angst… bin ich zu meinem Auto gesprintet, habe mich ins Auto gesetzt und wollte sofort zur Polizeiinspektion ... fahren. Hier sehe ich im Nachhinein, dass ich einen riesigen Fehler gemacht habe. Die Detektive sind dann auch gekommen, und dann habe ich gemerkt, dass ich in meinem Auto gefangen war…Ich bin dann losgefahren und plötzlich setzt sich der Detektiv vorne auf die Motorhaube drauf und die Detektivin hat sich an den Außenspiegel gehangen, so dass er abgebrochen ist…“

Was er denke, weshalb er wegen dem Vorfall am 15.11.2008 rechtskräftig verurteilt worden sei: „Ganz einfach, weil ich mich total falsch verhalten habe. Im Nachhinein hätte ich spätestens, als ich Frau ... oben gesehen habe, die Situation überreißen sollen und überhaupt nicht mehr zu meinem Fahrzeug gehen und einsteigen sollen. Ich hätte eigentlich problemlos ins Stadion zurückgehen sollen und somit wäre es gar nicht zu der eskalierenden Situation gekommen Ich habe in beiden Situationen, in ... und in, die beide vom Herrn ... in die Wege geleitet wurden, völlig falsch reagiert und nicht deeskalierend die Situation beschwichtigt…“

Weiter führt die Gutachterin unter anderem aus, dass der Kläger die Auffälligkeiten im Wesentlichen in einer problematischen, jetzt abgeschlossenen Lebensphase begangen habe. Er habe bereitwillig Hilfe angenommen und die davon ausgehenden Anregungen umgesetzt. Er habe in der JVA ... angefangen, über sein Leben nachzudenken und habe Veränderungen eingeleitet. Er habe Veränderungen in seiner Lebensführung vorgenommen. Es bestehe eine angemessene soziale Einbindung sowie eine sichtbare Distanzierung von früherem Fehlverhalten.

Auch hierzu werden wörtliche Aussagen des Klägers aus dem psychologischen Untersuchungsgespräch zitiert, unter anderem Folgende:

„Ich habe eingesehen, dass das Verhalten damals völlig falsch von mir war. Ich muss sagen, besonders geprägt hat mich die JVA in .... Ich bin immer mit dem Kopf durch die Wand und habe meine Ziele verfolgt. In der JVA habe ich gemerkt, dass ich mich unterordnen muss. Ich habe mich wirklich total untergeordnet und nachgedacht, dass mit dem Kopf durch die Wand eigentlich nichts zu erreichen ist…“

Was sich bei ihm alles verändert habe: „Ich gehe jedem Streit, jedem Ärger aus dem Weg. Ich lasse mich auf verbale Scharmützel gar nicht mehr ein. Früher, wenn ein Problem war, bin ich ins Auto und wollte voller Wut die Situation sofort klären. Jetzt, wenn ich ein Problem habe bespreche ich mich erst mit der Verlobten. Hole eventuell juristischen Rat oder informiere mich selber, bevor ich etwas Unüberlegtes mache. Und vor allem, was ich mir angewöhnt habe, ist, dass ich alles schriftlich mache…“

Unter Punkt V. werden die gestellten Fragen folgendermaßen beantwortet:

Es ist nicht zu erwarten, dass Herr ... auch zukünftig erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen wird.

Herr ... erfüllt trotz der im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung begangenen Straftaten die charakterlichen Anforderungen an das Führen von Fahrzeugen der FE-Klassen B.

Das Landratsamt teilte dem Kläger mit Schreiben vom 28. November 2017 (Bl. 661-663) mit, dass das Gutachten der ... zu einem Ergebnis komme, dass unter nicht nachvollziehbaren Sachverhaltsschilderungen bzw. Sachverhaltskürzungen seitens des Klägers entstanden sei. Darüber hinaus enthalte das Gutachten Rückschlüsse, welche sich nicht aus seinen selbst getätigten Aussagen ableiten lasse. Die Fahrerlaubnisbehörde könne dieses Gutachten nicht zur Entkräftung der begründeten Fahreignungszweifel heranziehen. Eine Ergänzung dieses Gutachtens im Rahmen einer Nachbegutachtung sei auf Grund der widersprüchlichen Angaben über die Tatgeschehen ausgeschlossen.

Mit Schreiben des Landratsamtes vom 5. Dezember 2017 wurde der Kläger zum beabsichtigten Erlass eines Ablehnungsbescheides angehört.

Mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2017 nahm der Bevollmächtigte des Klägers zum Schreiben des Landratsamtes vom 28. November 2017 Stellung und erklärte, dass eine Rücknahme des Antrags vom 2. September 2017 auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis nicht erfolgen werde.

3. Mit Bescheid vom 6. Februar 2018, dem Klägerbevollmächtigten zugestellt am 7. Februar 2018, lehnte das Landratsamt den Antrag auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis der Klassen B, L und AM nach vorangegangener Entziehung ab.

Zur Begründung wird ausführlich dargelegt, in welchen Punkten die Angaben des Klägers gegenüber der Gutachterin zu den Geschehnissen am 5. Februar 2004 und 15. November 2008 sich zu dem in den Strafurteilen festgestellten Sachverhalten unterscheiden. Es wird dargelegt, dass das Gutachten Feststellungen enthalte, die nicht auf den Aussagen des Klägers beruhten.

Gemäß § 11 Abs. 5 FeV, Anlage 4a Nr. 2 Buchst. a) müsse ein Gutachten u.a. nachvollziehbar sein, wobei die Nachvollziehbarkeit die logische Ordnung (Schlüssigkeit) des Gutachtens voraussetze. Dies beinhalte die Darstellung der zur Beurteilung führenden Schlussfolgerungen. Der Einwand des Klägerbevollmächtigten, den Mitarbeitern des Landratsamtes fehle die Sachkunde, von einem medizinisch-psychologischen Gutachten abzuweichen, verfange hier nicht, da lediglich die Schlüssigkeit des Gutachtens beurteilt werde. Vorliegendes Gutachten sei nicht nachvollziehbar, da es Schlussfolgerungen aufstelle, die sich nicht aus den Einlassungen des Klägers herleiten ließen, weil sie entweder den aktenkundigen Tatsachen schlichtweg nicht entsprächen oder nie bei der Untersuchung so geäußert worden seien. Soweit der Klägerbevollmächtigte behaupte, dass die Mitarbeiter des Landratsamtes nicht beim Untersuchungsgespräch anwesend gewesen seien und deshalb die genauen Gesprächsinhalte nicht kennen, sei dies unerheblich, da sich alle entscheidungserheblichen Begutachtungsinhalte aus dem schriftlich erstellten und zur Auswertung vorgelegten Gutachten ergeben müssen. Eine Korrektur der Wiedergabe des Untersuchungsgesprächs erfolgte seitens der beauftragten Begutachtungsstelle trotz Kenntnis der Einwände der Fahrerlaubnisbehörde jedenfalls nicht.

Soweit im konkreten Fall eine Verhaltens- und Einstellungsänderung mit Reue und Einsicht in ein Fehlverhalten begründet werde, sei dies ebenfalls nicht nachvollziehbar, da eine Reue lediglich auf den eigenen Einlassungen zu den Taten beruhen kann. Diese Einlassungen seien aber deutlich verharmlosend oder sachverhaltsverkürzend und ignorierten den Kern der begangenen Straftaten an vielen Stellen. Hinzu komme in einigen Schilderungen die Behauptung, rein zufällig in konfliktgeladene Situationen geraten zu sein, was sich ebenfalls nicht mit den strafgerichtlich festgestellten Sachverhalten decke. Darüber hinaus werde stellenweise sogar die Opferrolle eingenommen, wenn z.B. geschildert werde, dass die Tatwaffe Fahrzeug aus Angst, zum Selbstschutz oder zur Deeskalation aufgesucht worden sei. Außerdem werde behauptet, dass es sich um gestellte Situationen gehandelt haben solle.

4. Der Kläger ließ hiergegen am 28. Februar 2018 Klage erheben und beantragen,

den Bescheid des Landratsamtes ... vom 6. Februar 2018 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die beantragte Neuerteilung einer Fahrerlaubnis der Klassen B, L und AM auszustellen.

Zur Begründung der Klage wurde mit Schriftsatz vom 26. März 2018 im Wesentlichen ausgeführt, dass nach den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung (Punkt 3.16 - Straftaten) zu den Voraussetzungen einer wiedererlangten Kraftfahreignung ausgeführt werde, dass die Voraussetzungen zum sicheren Führen von Kraftfahrzeugen nur dann als wiederhergestellt gelten, wenn die Persönlichkeitsbedingungen, die Krankheitsbedingungen und sozialen Bedingungen, die für das frühere gesetzwidrige Verhalten verantwortlich gewesen seien, sich entscheidend positiv verändert oder ihre Bedeutung soweit verloren hätten, dass negative Auswirkungen auf das Verhalten als Kraftfahrer nicht mehr zu erwarten seien. Der Beklagte treffe dann folgende Schlussfolgerung: „Ein wichtiger Aspekt für eine verlässliche Beurteilung der Kraftfahreignung bei der vorliegenden Fragestellung sei demnach der Nachweis, dass tiefgreifende Verhaltens- oder Persönlichkeitsveränderungen eingetreten sind.“

Diese Schlussfolgerung des Beklagten sei unzutreffend. Die von den Begutachtungsleitlinien, Ziffer 3.16, geforderten Voraussetzungen seien im Rahmen des Gutachtens allesamt festgestellt und beachtet worden. Insbesondere seien die unter Ziffer I. des Bescheides des Beklagten vorgetragenen Punkte nicht dazu geeignet, um die Voraussetzungen zum zukünftigen, sicheren Führen von Kraftfahrzeugen als nicht wiederhergestellt zu betrachten.

Bei den vom Landratsamt angeführten Punkten I.1. a) bis h) handle es sich größtenteils um Schlussfolgerungen und eigene Wertungen durch den Sachbearbeiter. Auch bleibe unberücksichtigt, dass der strafrechtliche Vorwurf aus dem Jahr 2008, also ca. neun Jahre nach (muss wohl heißen: „vor“) der MPU-Begutachtung herrühre. Insoweit seien die Abweichungen von den damaligen Feststellungen ohne weiteres erklärbar. Darüber hinaus sei im Rahmen des Gesprächs bei der MPU-Begutachtung auch keine wörtliche Protokollierung erfolgt; selbiges gelte auch für die Fragen des Gutachters.

Unter Ziffer I.2. des Bescheides führe der Beklagte aus, dass aus dem Gutachten nicht hervorgehen würde, dass der Kläger vor Eintritt einer Änderung sich an der Befriedigung spontaner Bedürfnisse orientiert hätte, so dass das Gutachten nicht auf eine derartige Feststellung gestützt werden könne. Davon abgesehen, dass der Kläger sehr wohl als Grund für seine Taten die Befriedigung von spontanen Bedürfnissen gesehen habe (vgl. S. 19 unten und 20 oben des ... Gutachtens), ergebe sich für die Begutachtungsstelle zweifelsfrei aus dem Inhalt der Akte der Fahrerlaubnisbehörde, insbesondere auch aus den Urteilen, dass der Grund für die Taten des Klägers die Befriedigung spontaner Bedürfnisse gewesen sei.

Der Beklagte führe weiterhin aus, dass die Feststellung im Gutachten (S. 20), der Kläger erlebe die eingetretenen Veränderungen als Gewinn und sei mit seiner Situation zufrieden, durch keine vom Kläger selbst getätigte Aussage innerhalb des Gutachtens gestützt werde. Auch diese Schlussfolgerung des Beklagten sei unzutreffend. Der Kläger führe aus (S. 19, 20 des Gutachtens), dass er jedem Streit, jedem Ärger aus dem Weg gehe. Er lasse sich auf verbale Scharmützel gar nicht mehr ein. Früher, wenn ein Problem war, sei er ins Auto und habe voller Wut die Situation sofort klären wollen. Jetzt, wenn er ein Problem habe, bespreche er sich erst mit der Verlobten. … Die vom Kläger getätigte und im Rahmen der Begutachtung zitierte Äußerung sei ohne Weiteres dazu geeignet, um die Feststellung im Gutachten, an welcher sich das Landratsamt störe, zu begründen.

Der Kläger habe in Absprache mit dem Landratsamt in der Zeit vom 5. Juli 2016 bis 20. Juni 2017 an insgesamt 28 Therapiesitzungen zu je 60 Minuten in der psychotherapeutischen Praxis B. teilgenommen. In der Therapie seien Merkmale einer Persönlichkeitsproblematik mit rechthaberischen, rigiden und aggressiven Anteilen behandelt worden. Die Reflexionen persönlicher Verhaltensanteile in Krisenzuspitzungen seien im Fokus gestanden. Dem Zugewinn sozialer Kompetenzen v.a. in Konfliktsituationen sei ein hoher Stellenwert eingeräumt worden, um die Voraussetzungen für zukünftig stabile Regelbefolgungen zu schaffen. Im Weiteren habe der Kläger auch an acht Gesprächen zu je 50 Minuten bei Frau Dipl. Sozialpädagogin K. teilgenommen. Hierzu wurden Bestätigungen der Psychotherapeutischen Praxis B. vom 20. Juni 2017 und der ... vom 6. November 2017 vorgelegt.

Das Fahreignungsgutachten sei daher sehr wohl dazu geeignet, um die Zweifel der Fahreignung aus dem Weg zu räumen.

Der Beklagte beantragte mit Schreiben vom 7. Mai 2018,

die Klage abzuweisen.

Der Behauptung des Klägerbevollmächtigten, die von den aktenkundigen Sachverhalten der begangenen Straftaten abweichenden Sachverhaltsschilderungen seien dadurch zu erklären, dass die Vorfälle bereits ca. neun Jahre her seien und der Kläger deshalb Erinnerungslücken aufweise, könne nicht gefolgt werden. Falsch sei auch die Behauptung, dass im Rahmen des Gesprächs bei der Begutachtung keine wörtliche Protokollierung erfolgt sei. Die Ausführungen im Bescheid zur Unschlüssigkeit des Gutachtens würden nicht nachvollziehbar entkräftet. Es werde wiederholend und ergänzend darauf hingewiesen, dass die Angaben des Klägers darauf gerichtet seien, die eigene Schuld zu relativieren, teilweise zu negieren und das strafrechtlich relevante Verhalten zu bagatellisieren.

Mit Schriftsatz vom 27. August 2018 vertiefte der Klägerbevollmächtigte seine Ausführungen.

5. Die Kammer hat den Rechtsstreit mit den Beteiligten am 3. September 2018 mündlich verhandelt. Dabei ist zur Fahreignung des Klägers Frau Dipl. Psych., die an der Erstellung des medizinisch-psychologischen Gutachtens der ... (Untersuchungstag: 8.11.2017) als verkehrspsychologische Gutachterin beteiligt war, als sachverständige Zeugin vernommen worden. Der Klägerbevollmächtigte stellte den Antrag aus der Klageschrift vom 27. Februar 2018. Die Vertreter des Beklagten beantragten Klageabweisung.

6. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 3. September 2018 Bezug genommen.

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid des Beklagten vom 6. Februar 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat daher keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis der Klassen B, AM und L (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Für die Beurteilung des Verpflichtungsbegehrens des Klägers in der Konstellation der Versagungsgegenklage ist auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 6.4.2017 - 3 C 24/15 - juris Rn. 12 m.w.N.).

1. Nach § 20 Abs. 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 18. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV, BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 3. Mai 2018 (BGBl I S. 566), gelten für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis die Vorschriften über die Ersterteilung. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. August 2017 (BGBl I S. 3202), müssen Fahrerlaubnisbewerber zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sein. Dies ist nach § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG, § 11 Abs. 1 Satz 1 FeV der Fall, wenn sie die körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Sie dürfen daher unter anderem nach § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG, § 11 Abs. 1 Satz 1 und 3 FeV nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, so dass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Klärung von Eignungszweifeln die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) anordnen (§ 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 FeV). Gleiches gilt bei Straftaten oder einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die Straftaten unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurden (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 FeV) oder wenn die Fahrerlaubnis wegen einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 entzogen war (§ 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 9 Buchst. b FeV).

Dabei entspricht es der gefestigten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, dass die Fahrerlaubnisbehörde und das Verwaltungsgericht trotz der gesetzlich nicht ausdrücklich angeordneten Bindungswirkung für das Erteilungsverfahren in § 3 Abs. 4 StVG grundsätzlich von dem in einem rechtskräftigen Straf- oder Bußgeldverfahren festgestellten Sachverhalt, an dem sich der Betroffene festhalten lassen muss, ausgehen müssen, sofern nicht ausnahmsweise gewichtige Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestehen, insbesondere neue Tatsachen oder Beweismittel als Wiederaufnahmegründe im Sinne des § 359 Nr. 5 StPO vorliegen, die für die Unrichtigkeit der tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil sprechen (vgl. BayVGH, B.v. 4.3.2016 - 11 ZB 15.2682 m.w.N; B.v. 13.2.2015 - 11 ZB 14.1452 - BayVBl 2016, 59; B.v. 12.8.2013 - 11 ZB 11.2200 - juris Rn. 7). Solche gewichtigen Anhaltspunkte liegen hier nicht vor. Die im Fahreignungsregister eingetragenen Urteile sind allesamt rechtskräftig. Anträge des Klägers zur Wiederaufnahme des Strafverfahrens blieben erfolglos. Die von ihm in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen des Ingenieurbüros ... vom 15. Juni 2012 und 4. Oktober 2013 sowie eine Stellungnahme des Landgerichtsarztes bei dem Landgericht ... vom 21. Juli 2010 waren bereits Gegenstand des (erfolglosen) Wiederaufnahmeverfahrens oder des Urteils des Landgerichts ... vom 1. Februar 2011 (S. 14 des Urteils, Bl. 445 der Behördenakte).

Das Vorliegen der Fahreignung wird vom Gesetz positiv als Voraussetzung für die Erteilung einer Fahrerlaubnis gefordert; die Nichtfeststellbarkeit der Fahreignung geht also zu Lasten des Bewerbers (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl., § 2 StVG Rn. 29, 41). Ein Anspruch auf Erteilung der Fahrerlaubnis besteht nicht, solange Eignungszweifel vorliegen.

Nach Nr. 2 Buchst. a Satz 1 der Anlage 4a zur FeV muss ein erstelltes Gutachten nachvollziehbar und nachprüfbar sein. Dazu müssen nach Nr. 2 Buchst. a Satz 3 der Anlage 4a alle wesentlichen Befunde wiedergegeben und die zur Beurteilung führenden Schlussfolgerungen dargestellt werden.

2. Das vom Kläger vorgelegte medizinisch-psychologische Gutachten der, Untersuchungstag: 8.11.2017 (nachfolgend: Gutachten), ist nicht verwertbar und kann seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht belegen, da die Bewertung des psychologischen Untersuchungsgesprächs (unter IV., S. 18) nicht schlüssig und nachvollziehbar ist.

Das Gutachten hat zunächst unter II.2 (S.4/5) den allgemeinen Beurteilungshintergrund dargestellt sowie die grundsätzlichen Eignungsbedenken, wenn Straftaten im Straßenverkehr begangen werden, aber auch außerhalb des Straßenverkehrs, insbesondere wenn diese Straftaten auf ein hohes Aggressionspotential schließen lassen. Anschließend wurden die grundsätzlichen Voraussetzungen dargelegt, die für die Prognose einer (nun) fehlenden Wiederholungsgefahr vorliegen müssen. Dabei wurde insbesondere auf Folgendes hingewiesen: „Herr ... muss die Gründe für bisheriges Fehlverhalten, die in der eigenen Person liegen, erkannt und problematische Einstellungen und Verhaltensweisen entsprechend geändert haben.“

Diesen Darstellungen kann nachvollziehbar entnommen werden, dass der Betroffene als ersten Schritt bzw. grundlegende Voraussetzung auf jeden Fall zunächst sein bisheriges Fehlverhalten, hier also die konkreten Straftaten und deren Gefährlichkeit, die zum Verlust der Fahreignung geführt haben, erkannt haben muss und es im zweiten Schritt darüber hinaus der Kenntnis und der Einsicht in die Gründe bedarf, warum es zur Tatbegehung durch ihn kommen konnte.

Ausgehend von den im psychologischen Untersuchungsgespräch (III.2.2) vom Kläger gemachten Angaben, insbesondere zu seinen strafrechtlichen Verurteilungen (S. 13 bis 16), sind die im Gutachten unter Punkt IV. “Bewertung des psychologischen Untersuchungsgesprächs“ (S. 18) getroffenen Aussagen nicht schlüssig und nachvollziehbar. Dies gilt vor allem für folgende Aussagen: „Die Überprüfung der Angaben von Herrn ... ergab im Vergleich mit den aktenkundigen Informationen eine ausreichend widerspruchsfreie Schilderung des eigenen Fehlverhaltens. Herr ... konnte darstellen, dass er sich mit den individuellen Ursachen bzw. den persönlichen Anteilen seiner früheren Vergehen auseinandergesetzt hat. Damit kann angenommen werden, dass Herr ... das persönliche Fehlverhalten auch tatsächlich als solches identifiziert und ein ausreichendes Problembewusstsein entwickelt hat.“

Gegenüber der Gutachterin hat der Kläger zum Vorfall am 5. Februar 2004 angegeben: „Ich bin dann losgefahren und plötzlich setzt sich der Detektiv vorne auf die Motorhaube drauf und die Detektivin hat sich an den Außenspiegel gehangen, so dass er abgebrochen ist…“ (S. 14 und 19 des Gutachtens). Im Urteil des Amtsgerichts ... vom 22. Juli 2004 (nach Maßgabe des Urteils des Landgerichts ... vom 19.4.2005) wurde jedoch festgestellt, dass der Kläger mit seinem Pkw in einem engen Rechtsbogen auf den Detektiv zugesteuert sei und diesen mit der Frontseite seines Autos von hinten erfasst, danach seinen Pkw nicht angehalten habe, sondern bewusst auf dessen Mitarbeiterin zugesteuert sei, die vom Pkw des Klägers am rechten Knie und Oberschenkel gestreift und verletzt worden sei.

Zum Vorfall vom 15. November 2008 hat der Kläger auf die Frage der Gutachterin, was er denke, weshalb er wegen dem Vorfall am 15.11.2008 rechtskräftig verurteilt worden sei, geantwortet: „Ganz einfach, weil ich mich total falsch verhalten habe. Im Nachhinein hätte ich spätestens, als ich Frau ... oben gesehen habe, die Situation überreißen sollen und überhaupt nicht mehr zu meinem Fahrzeug gehen und einsteigen sollen. Ich hätte eigentlich problemlos ins Stadion zurückgehen sollen und somit wäre es gar nicht zu der eskalierenden Situation gekommen. Ich habe in beiden Situationen, in ... und in, die beide vom Herrn ... in die Wege geleitet wurden, völlig falsch reagiert und nicht deeskalierend die Situation beschwichtigt.“ Den Sachverhalt, der zur Verurteilung führte (Urteil des Amtsgerichts ... vom 20.4.2010 nach Maßgabe des Urteils des Landgerichts ... vom 1.2.2011), nämlich dass er seinen Pkw abrupt bewusst auf den Geschädigten ... zulenkte und diesen am rechten Knie in Höhe des Radkastens streifte, erwähnte er mit keinem Wort.

Die Angaben des Klägers im psychologischen Untersuchungsgespräch zu den am 5. Februar 2004 und am 15. November 2008 begangenen Straftaten widersprechen damit nicht nur in Einzelheiten, sondern in der Schilderung des Kerngeschehens den Sachverhalten, die in den jeweiligen Urteilen des Amtsgerichts ... (nach Maßgabe der Urteile in der Berufungsinstanz) festgestellt wurden. Grundlage der Verurteilungen war, dass der Kläger vorsätzlich mit einem Pkw zwei Personen (am 5.2.2004) bzw. eine Person (am 15.11.2008) angefahren und verletzt hat und deswegen jeweils wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt und seine Fahreignung verneint wurde. Ein solches Tatgeschehen hat der Kläger im psychologischen Untersuchungsgespräch (siehe oben) jedoch nicht annähernd eingeräumt.

Damit ist die im Gutachten getroffene Bewertung - im Vergleich mit den aktenkundigen Informationen ausreichend widerspruchsfreie Schilderung des eigenen Fehlverhaltens - nicht nachvollziehbar, zumal im Gutachten selbst nicht erläutert wurde, warum diese Aussage gleichwohl, trotz der geradezu gegensätzlichen Darstellungen des Klägers im Vergleich mit den aktenkundigen Informationen, getroffen wurde.

Eine Erklärung hierfür hat die Gutachterin in der mündlichen Verhandlung gegeben und hierzu im Wesentlichen ausgeführt, dass sie im Hinblick auf das Kriterium 0.4N - die Angaben des Klägers widersprechen nicht… der Aktenlage - zur (erforderlichen) Widerspruchsfreiheit den Zusatz „ausreichend“ angegeben habe. Sie habe die Widersprüche durchaus gesehen. Es sei ihr klar, dass der Kläger die Vorwürfe in den Strafurteilen nicht zu 100% eingestehen könne. Sie führe dies auf die schwierige Persönlichkeitsstruktur des Klägers und die besondere Situation (schwierige komplexe Beziehungsstruktur), aus der heraus die Taten begangen wurden, zurück. Er habe sein Fehlverhalten in dem Umfang eingestanden, in dem es ihm möglich sei.

Diese Ausführungen sind nicht geeignet, die Bewertung, dass der Kläger „ausreichend“ widerspruchsfreie Angaben zum Akteninhalt gemacht hat und er sich mit den individuellen Ursachen bzw. den persönlichen Anteilen seiner früheren Vergehen auseinandergesetzt hat, zu tragen.

Die Erklärung der Gutachterin, dass die schwierige Persönlichkeitsstruktur des Klägers und die damalige besondere Situation (schwierige komplexe Beziehungsstruktur) es ihm unmöglich mache, die Vorwürfe in den Strafurteilen zu 100% einzugestehen, ist zu unbestimmt und lässt die Ausprägung und Schwere der Problematik, die diesem Verhalten zugrunde liegt, nicht erkennen. Insofern fehlt es an einer diagnostischen Hypothese als Grundlage, um daraus die erforderlichen Veränderungsvoraussetzungen für eine positive Beurteilung abzuleiten. Mangels einer solchen Grundlage sind daher Schlüsse auf die Verwertbarkeit der Aussagen des Klägers bzw. auf eine genügende Auseinandersetzung mit seinem Fehlverhalten und damit Aussagen, ob Einstellungen und Verhaltensweisen ausreichend und nachhaltig geändert wurden, nur bedingt, wenn überhaupt möglich.

Insofern sind auch von der Gutachterin benannte Aussagen des Klägers nicht geeignet, ihre Schlussfolgerung zu stützen, dass er sich mit den individuellen Ursachen bzw. den persönlichen Anteilen seiner früheren Vergehen, in ausreichender Weise auseinandergesetzt hat. Z.B. ist die Aussage des Klägers, er erkenne die (sich aus dem Gesetz, der FeV, ergebende) Berechtigung der Behörde an, eine MPU zu verlangen, vor dem Hintergrund, dass er intelligent und zudem anwaltlich vertreten ist, nicht aussagekräftig. Auch seine Aussage, „Bei der Verurteilung ist mir erst bewusst geworden, dass juristisch gesehen ein Auto als gefährliche Waffe anzusehen ist.“ weckt gerade im Hinblick auf den Zusatz „juristisch gesehen“, Zweifel, ob eine Auseinandersetzung mit seinem konkreten Verhalten, dass er mit dem Pkw Personen angefahren hat, stattgefunden hat. Dies gilt auch für die Angabe des Klägers, „Ich habe in beiden Situationen in ... und in, die beide von Herrn ... in die Wege geleitet wurden, völlig falsch reagiert…“.Die Gutachterin hat hierzu erklärt, dass diese Aussage aus der Sicht des Klägers zutreffe, weil am 5. Februar 2004 tatsächlich Detektive, die nicht von ihm (sondern von Herrn ...) beauftragt waren, vor Ort gewesen seien und sich der Kläger am 15. November 2008 von Herrn ... provoziert gefühlt habe. Diese Erklärung lässt aber nicht erkennen, dass eine hinreichende Auseinandersetzung des Klägers mit seinen an diesen Tagen begangenen Straftaten stattgefunden hat, sondern deuten vielmehr darauf hin, dass der Kläger Beiträge einer anderen Person als Wesentlich für seine strafrechtlichen Verurteilungen, die auch zur Aberkennung seiner Fahreignung führten, ansieht.

In der mündlichen Verhandlung hat die Gutachterin ausgesagt, dass sie ihre positive Prognose letztendlich damit begründe, dass sie die geänderten Lebensverhältnisse des Klägers zu Grunde gelegt habe. Hierfür benannte sie, dass es keine aktuellen Zusammentreffen mit den geschädigten Personen gegeben habe und den vergangenen Zeitraum. Zudem erläuterte sie, dass für ihre positive Prognose ein wesentliches Kriterium gewesen sei, dass sie beim Kläger, den sie seit einem Informationsabend im März 2016 kenne, positive Veränderungen festgestellt habe. Während zu Beginn noch Uneinsichtigkeit im Hinblick auf die geforderte Gutachtensbeibringung bestanden habe, könne der Kläger jetzt nachvollziehen, warum eine Begutachtung gefordert werde. Im Vorfeld der jetzigen Begutachtung habe sie keine Aggressivität feststellen können, obwohl sie zuvor ein negatives Gutachten erstellt habe.

Wie bereits ausgeführt, ist die Aussage des Klägers, er erkenne die Berechtigung der Behörde an, eine MPU zu verlangen, vor dem Hintergrund, dass er intelligent und zudem anwaltlich vertreten ist, nicht aussagekräftig. Die weiter genannten Umstände sprechen zwar für den Kläger, wenn auch gutes Verhalten gegenüber der Gutachterin (keine aggressiven Reaktionen), von der er ja im Ergebnis eine positive Beurteilung erhalten will, auch wenig aussagekräftig ist. Das Erkenntnisdefizit im Hinblick auf die Verwertbarkeit seiner Aussagen und eine genügende Auseinandersetzung mit seinem Fehlverhalten, wiegt aber so schwer, dass die Prognose einer (nun) fehlenden Wiederholungsgefahr nicht schlüssig und nachvollziehbar ist.

Lediglich ergänzend sei noch anzumerken, dass die Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung klar erkennen ließen, dass er die den Verurteilungen zugrundliegenden Straftaten, nämlich dass er vorsätzlich mit einem Pkw zwei Personen (am 5.2.2004) bzw. eine Person (am 15.11.2008) angefahren und verletzt hat, in Gänze abstreitet und sich im Ergebnis als Opfer eines Justizirrtums betrachtet. Auch seine Ausführungen zeigen daher, dass die von der Gutachterin noch als ausreichend erachtete Erfüllung des Kriteriums 0.4N („Die Überprüfung der Angaben von Herrn ... ergab im Vergleich mit den aktenkundigen Informationen eine ausreichend widerspruchsfreie Schilderung des eigenen Fehlverhaltens“) und ihr Schluss auf eine ausreichende Auseinandersetzung des Klägers mit den individuellen Ursachen bzw. den persönlichen Anteilen seiner früheren Vergehen nicht schlüssig sind.

Nach allem ist das Gutachten nicht verwertbar. Der Kläger hat seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht nachgewiesen und damit keinen Anspruch auf eine Neuerteilung der beantragten Fahrerlaubnis.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

III.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV 2010 | § 11 Eignung


(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Ei

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 3 Entziehung der Fahrerlaubnis


(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung - auch wenn sie nach anderen Vorsc

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 2 Fahrerlaubnis und Führerschein


(1) Wer auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führt, bedarf der Erlaubnis (Fahrerlaubnis) der zuständigen Behörde (Fahrerlaubnisbehörde). Die Fahrerlaubnis wird in bestimmten Klassen erteilt. Sie ist durch eine amtliche Bescheinigung (Führersche

Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV 2010 | § 20 Neuerteilung einer Fahrerlaubnis


(1) Für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht gelten die Vorschriften für die Ersterteilung. § 15 findet vorbehaltlich des Absatzes 2 keine Anwendung. (2) Die Fahrerlaubnisbehörde

Strafprozeßordnung - StPO | § 94 Sicherstellung und Beschlagnahme von Gegenständen zu Beweiszwecken


(1) Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können, sind in Verwahrung zu nehmen oder in anderer Weise sicherzustellen. (2) Befinden sich die Gegenstände in dem Gewahrsam einer Person und werden sie nicht freiwil

Strafprozeßordnung - StPO | § 359 Wiederaufnahme zugunsten des Verurteilten


Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zugunsten des Verurteilten ist zulässig, 1. wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen Ungunsten als echt vorgebrachte Urkunde unecht oder verfälscht war;2. wenn der Ze

Strafprozeßordnung - StPO | § 111 Errichtung von Kontrollstellen an öffentlich zugänglichen Orten


(1) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß eine Straftat nach § 89a oder § 89c Absatz 1 bis 4 des Strafgesetzbuchs oder nach § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, des Strafgesetzbuches, eine der in dieser Vorschrift bezeichneten Stra

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(1) Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können, sind in Verwahrung zu nehmen oder in anderer Weise sicherzustellen.

(2) Befinden sich die Gegenstände in dem Gewahrsam einer Person und werden sie nicht freiwillig herausgegeben, so bedarf es der Beschlagnahme.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Führerscheine, die der Einziehung unterliegen.

(4) Die Herausgabe beweglicher Sachen richtet sich nach den §§ 111n und 111o.

(1) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß eine Straftat nach § 89a oder § 89c Absatz 1 bis 4 des Strafgesetzbuchs oder nach § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, des Strafgesetzbuches, eine der in dieser Vorschrift bezeichneten Straftaten oder eine Straftat nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 des Strafgesetzbuches begangen worden ist, so können auf öffentlichen Straßen und Plätzen und an anderen öffentlich zugänglichen Orten Kontrollstellen eingerichtet werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß diese Maßnahme zur Ergreifung des Täters oder zur Sicherstellung von Beweismitteln führen kann, die der Aufklärung der Straftat dienen können. An einer Kontrollstelle ist jedermann verpflichtet, seine Identität feststellen und sich sowie mitgeführte Sachen durchsuchen zu lassen.

(2) Die Anordnung, eine Kontrollstelle einzurichten, trifft der Richter; die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) sind hierzu befugt, wenn Gefahr im Verzug ist.

(3) Für die Durchsuchung und die Feststellung der Identität nach Absatz 1 gelten § 106 Abs. 2 Satz 1, § 107 Satz 2 erster Halbsatz, die §§ 108, 109, 110 Abs. 1 und 2 sowie die §§ 163b und 163c entsprechend.

(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.

(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem

1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
Unberührt bleiben medizinisch-psychologische Begutachtungen nach § 2a Absatz 4 und 5 und § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes sowie § 10 Absatz 2 und den §§ 13 und 14 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5 dieser Verordnung.

(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder
2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.

(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.

(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.

(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.

(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.

(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn

1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist,
2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben,
3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
Wurde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder nach § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 7 angeordnet, findet Satz 1 keine Anwendung.

(11) Die Teilnahmebescheinigung muss

1.
den Familiennamen und Vornamen, den Tag und Ort der Geburt und die Anschrift des Seminarteilnehmers,
2.
die Bezeichnung des Seminarmodells und
3.
Angaben über Umfang und Dauer des Seminars
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt nach strafgerichtlicher Entziehung ihrer Fahrerlaubnis deren Neuerteilung, ohne hierfür ein positives medizinisch-psychologisches Gutachten beibringen zu müssen.

2

Mit Urteil vom 11. Februar 2014 verurteilte das Amtsgericht Amberg die Klägerin wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (Blutalkoholkonzentration von 1,28 Promille) nach § 316 StGB zu einer Geldstrafe, entzog ihr gemäß § 69 StGB die Fahrerlaubnis, da sie sich durch die Tat als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen habe, und bestimmte eine Sperrfrist von drei Monaten für die Neuerteilung.

3

Im März 2014 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis. Sie hat, nachdem die Fahrerlaubnisbehörde dies von der Vorlage eines positiven medizinisch-psychologischen Gutachtens abhängig machte, (Untätigkeits-)Klage beim Verwaltungsgericht erhoben.

4

Mit Schreiben vom 30. September 2014 forderte die Beklagte die Klägerin gestützt auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d i.V.m. Buchst. a der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) auf, das Gutachten einer amtlich anerkannten medizinisch-psychologischen Untersuchungsstelle zur Frage beizubringen, ob zu erwarten sei, dass sie auch zukünftig ein (Kraft-)Fahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde und/oder ob als Folge eines unkontrollierten Alkoholkonsums Beeinträchtigungen vorlägen, die das sichere Führen eines Kraftfahrzeugs der Gruppe 1 (hier Klasse B) in Frage stellten.

5

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung heißt es: Eine frühere Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration unter 1,6 Promille könne nach dem Sinn und Zweck sowie dem Regelungszusammenhang des § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV für sich allein ohne das Hinzutreten weiterer Umstände nicht die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens rechtfertigen. Doch gebe es im Falle der Klägerin weitere gewichtige Gründe, um ihre Fahreignung durch eine medizinisch-psychologische Begutachtung zu klären. Die zeitlichen Zusammenhänge bei ihrer Trunkenheitsfahrt legten bei einer Rückrechnung nicht nur eine deutlich höhere Blutalkoholkonzentration zum Tatzeitpunkt, sondern auch einen sorglosen, wenn nicht gar missbräuchlichen Umgang mit Melissengeist nahe. Der Konsum von mehreren Gläsern Melissengeist innerhalb kurzer Zeit liege derart weit außerhalb des vom Hersteller vorgesehenen Anwendungsrahmens, dass sich der Gedanke aufdränge, die Klägerin setze das Mittel gezielt wegen seiner alkoholspezifischen Wirkungen ein. Ihr hätte sich aufdrängen müssen, dass der hohe Alkoholgehalt und die konsumierte Menge Auswirkungen auf ihre Fahreignung haben mussten. Wenn sie sich trotzdem für fahrtüchtig gehalten habe, deute das auf ein sogenanntes Spiegeltrinken hin. Offen sei außerdem, ob die Klägerin seit dem damaligen Vorfall tatsächlich keinen Melissengeist mehr zu sich nehme, wie sie behaupte. Die sich daraus ergebenden Zweifel an ihrer Fahreignung könnten nur durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten ausgeräumt werden.

6

Die Berufung der Klägerin hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt: Die Behörde habe die Fahrerlaubniserteilung von der Vorlage eines positiven medizinisch-psychologischen Gutachtens abhängig machen müssen. Entgegen dem Verwaltungsgericht habe die Beibringensaufforderung allerdings nicht auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a FeV gestützt werden dürfen. Für die Annahme von Alkoholmissbrauch im Sinne der Nr. 8.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung genüge nicht, dass die Klägerin mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,28 Promille gefahren sei. Um einen Wertungswiderspruch zu § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und c FeV zu vermeiden, müssten für die Anwendung des Buchstabens a bei einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration unter 1,6 Promille Umstände hinzutreten, denen eine annähernd gleiche Aussagekraft für das Fehlen des Trennungsvermögens wie den in den Buchstaben b und c genannten Umständen zukomme. Das sei bei der Klägerin nicht der Fall. Weder das Vorhalten von Melissengeist in großen Mengen noch die Vermutung, dass sie ihn eventuell zur Berauschung missbrauchen könne, reichten als Zusatztatsachen aus. Auch ein sogenanntes Spiegeltrinken könne nicht angenommen werden. Das teilweise Fehlen von Ausfallerscheinungen bei der Blutabnahme genüge ebenfalls nicht. Doch sei die Fahrerlaubnisbehörde nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d FeV zur Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens verpflichtet gewesen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei geklärt, dass Fahrerlaubnisentziehung im Sinne dieser Vorschrift auch die strafgerichtliche Entziehung auf der Grundlage von § 69 StGB sei. Das Strafgericht habe der Klägerin die Fahrerlaubnis wegen (fahrerlaubnisrechtlichen) Alkoholmissbrauchs und damit aus einem der in § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a bis c FeV genannten Gründe entzogen. Nach einer strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis, die auf der Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss (hier: § 316 StGB) beruhe, sei im Wiedererteilungsverfahren unabhängig von der Blutalkoholkonzentration die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens erforderlich. Insoweit halte der Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung nicht fest. Für § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d FeV bliebe kein eigenständiger Anwendungsbereich, wenn für eine medizinisch-psychologische Untersuchung auch nach einer strafgerichtlichen Fahrerlaubnisentziehung wegen Alkoholmissbrauchs stets noch zusätzlich die Voraussetzungen der Buchstaben a, b oder c vorliegen müssten. § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV sei so zu verstehen, dass die Buchstaben a bis e voneinander unabhängige Fälle normierten, in denen wegen ähnlich gewichtiger Hinweise auf eine alkoholbedingte Straßenverkehrsgefährdung ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen sei. Der Buchstabe d habe nur dann einen eigenständigen Anwendungsbereich, wenn als Sachgrund für die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung die vorangegangene strafgerichtliche Fahrerlaubnisentziehung wegen Alkoholmissbrauchs genüge. Das entspreche der Vorrangstellung, die § 3 Abs. 3 und 4 StVG einer Fahrerlaubnisentziehung durch das Strafgericht beimesse. Die gegenteilige Annahme stehe im Widerspruch zu Nr. 8.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung. Sei es in der Vergangenheit zu Alkoholmissbrauch im fahrerlaubnisrechtlichen Sinne gekommen, führe das nach Nr. 8.1 dieser Anlage zum Ausschluss der Fahreignung. Nach Nr. 8.2 der Anlage 4 bestehe die Fahreignung erst wieder, wenn der Missbrauch beendigt und die Änderung des Trinkverhaltens gefestigt sei. Gegenstand des medizinisch-psychologischen Gutachtens sei daher auch das künftige Verhalten des Betroffenen, insbesondere ob zu erwarten sei, dass er nicht oder nicht mehr ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde. Zu einem Wertungswiderspruch zwischen § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 und Buchst. d FeV führe dies nicht. Die dort geforderte Zusatztatsache liege mit der strafgerichtlichen Fahrerlaubnisentziehung wegen Alkoholmissbrauchs vor. Der Begriff der Ungeeignetheit in § 69 StGB stimme inhaltlich mit dem entsprechenden Begriff im Fahrerlaubnisrecht überein. Die strafgerichtliche Feststellung der Nichteignung berücksichtige nicht nur die Tat, sondern beziehe auch das Verhalten nach der Tat ein. Zwar bestünden Wertungsunterschiede zwischen den strafrechtlichen Vorschriften, die zur Fahrerlaubnisentziehung wegen Alkoholmissbrauchs führten, und den fahrerlaubnisrechtlichen Vorschriften, sie würden durch die Regelvermutung des § 69 Abs. 2 StGB noch verstärkt. Doch auch diese Regelvermutung entbinde den Strafrichter nicht davon, sich von der Ungeeignetheit des Täters zu überzeugen; er habe stets auch zu prüfen, ob eine Ausnahme von der Regel vorliege. Auch bei einer relativen Fahruntüchtigkeit, also bei einem Blutalkoholwert zwischen 0,3 und unter 1,1 Promille in Verbindung mit einem alkoholbedingten Fahrfehler, habe der Täter gezeigt, dass er ein Problem mit dem Trennungsvermögen habe.

7

Zur Begründung ihrer Revision macht die Klägerin geltend: Zu Recht gehe das Berufungsgericht davon aus, dass die Gutachtensanforderung nicht auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV gestützt werden könne. Zusätzliche Tatsachen für die Annahme von Alkoholmissbrauch lägen in ihrem Fall nicht vor. Dafür reichten weder der Umstand, dass sie eine Flasche Melissengeist vorhalte, noch fehlende Ausfallerscheinungen bei der Blutabnahme aus. Anders als das Berufungsgericht meine, rechtfertige aber auch § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d FeV nicht, von ihr die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu fordern. Die Motivlage des Normgebers sei eindeutig; er wolle nicht, dass sich Ersttäter schon nach einer Fahrt mit einem Blutalkoholpegel von weniger als 1,6 Promille einer medizinisch-psychologischen Untersuchung unterziehen müssten. Ein Fahrerlaubnisinhaber könne vom Strafgericht bereits bei einem Alkoholpegel von 0,3 Promille nach § 316 StGB oder § 315c StGB verurteilt und ihm die Fahrerlaubnis entzogen werden, wenn er bei der Tat Ausfallerscheinungen gezeigt habe. In solchen Fällen könnten aber keinesfalls, zumindest nicht generell, Anzeichen für Alkoholabhängigkeit oder Alkoholmissbrauch angenommen werden. Bei einer strafgerichtlichen Fahrerlaubnisentziehung gehe es nur darum, ob der Täter bei der Tatbegehung fahruntüchtig gewesen sei. Mit Alkoholabhängigkeit oder Alkoholmissbrauch und fehlendem Trennungsvermögen im Sinne des Fahrerlaubnisrechts habe das nichts zu tun. Zudem werde die Entscheidung des Strafgerichts zur Dauer der Sperrfrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis entwertet.

8

Die Beklagte tritt der Revision entgegen: Nach den berufungsgerichtlichen Feststellungen habe die Klägerin ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss geführt. Eine Fahrerlaubnisentziehung nach § 69 StGB setze ungeachtet der in Absatz 2 genannten Regelbeispiele eine positive Feststellung des Strafgerichts voraus, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet sei. Das sei hier erfolgt. In den von der Klägerin angeführten Fällen niedriger Alkoholwerte komme es nicht zu einer strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis, sondern es bleibe bei einem Fahrverbot. Ob von Tätern wie der Klägerin auch künftig ein Gefährdungspotenzial ausgehe, könne durch das angeforderte medizinisch-psychologische Gutachten geklärt werden. Selbst wenn man dem Berufungsgericht in seiner Auslegung von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d FeV nicht folgte, fände die Anforderung des Gutachtens ihre rechtliche Grundlage hier jedenfalls in § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV. Zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit sei zu fordern, dass vorgeahndete Trunkenheitsfahrer ihre Fahreignung nachwiesen, bevor sie wieder ein Kraftfahrzeug führen dürften. Die Auffassung des Berufungsgerichts bringe die strafrechtlichen und die fahrerlaubnisrechtlichen Vorgaben in Einklang. Sie ermögliche, einen Nachweis der Fahreignung zu verlangen, wenn ein Strafgericht beim Betroffenen zu dem Ergebnis gekommen sei, dass ihm die Fahrerlaubnis wegen fehlender Fahreignung entzogen werden müsse.

9

Die Landesanwaltschaft Bayern macht geltend: Dem Normgeber könne nicht unterstellt werden, er habe mit § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d FeV eine Vorschrift ohne eigenen Anwendungsbereich schaffen wollen. Bei einer Blutalkoholkonzentration von 0,3 Promille bis 1,1 Promille in Verbindung mit einem alkoholbedingten Fahrfehler möge der Betroffene zwar oft kein Alkoholproblem in dem Sinne haben, dass er Alkohol in gesundheitsschädlichem Umfang konsumiere. Doch zeige auch eine strafgerichtliche Verurteilung wegen relativer Fahruntüchtigkeit, dass er zwischen dem Fahren und einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum nicht trennen könne.

10

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht trägt in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur vor: § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV liege der fahrerlaubnisrechtliche Begriff des Alkoholmissbrauchs zugrunde. Ein solcher Missbrauch könne bei Wiederholungstätern (Buchst. b) und bei Ersttätern nach einer Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille und mehr (Buchst. c) angenommen werden. Zwar könne gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV auch bei einer Trunkenheitsfahrt mit weniger als 1,6 Promille von Alkoholmissbrauch ausgegangen werden, wenn dafür zusätzliche Tatsachen sprächen. Doch sei eine strafgerichtliche Fahrerlaubnisentziehung auf der Grundlage von § 69 StGB keine solche Zusatztatsache. Diese Regelung stelle auf eine relative oder absolute Fahruntüchtigkeit und damit auf andere Voraussetzungen ab. Sie ziele auf einen auf die Tat bezogenen Istzustand; dagegen gehe es bei dem auf Prävention ausgerichteten fahrerlaubnisrechtlichen Eignungssystem um einen Dauerzustand. Die Regelvermutung des § 69 Abs. 2 StGB gebe keinen ausreichenden Anhalt für die Eignungsbeurteilung durch die Fahrerlaubnisbehörde. § 3 Abs. 4 StVG und § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV in Verbindung mit den Anlagen 4 und 4a sowie den Begutachtungsleitlinien für Kraftfahreignung gäben als Grundlinie für die Annahme von Alkoholmissbrauch vor, dass bei einer Erstbegehung mindestens ein Promillewert von 1,6 erreicht sein müsse oder gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a FeV andere Anzeichen für Missbrauch bestünden. Wenn im strafgerichtlichen Urteil solche über die Regelvermutung hinausgehende Anzeichen oder Tatsachen aufgezeigt würden, könne auch bei einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von weniger als 1,6 Promille die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angemessen sein. Derzeit werde durch die Bundesanstalt für Straßenwesen untersucht, ob schon bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille Zweifel an der Fahreignung wegen Alkoholmissbrauchs gerechtfertigt seien.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin ist begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) und erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die vorinstanzlichen Urteile sind deshalb zu ändern; die Beklagte ist zu verpflichten, die begehrte Fahrerlaubnis ohne vorherige Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu erteilen.

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1. Für die Beurteilung des Verpflichtungsbegehrens der Klägerin ist auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen; Anwendung finden die rechtlichen Regelungen, die auch das Berufungsgericht zugrunde zu legen hätte, wenn es zum Zeitpunkt des revisionsgerichtlichen Urteils entschiede (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 - 3 C 1.13 - BVerwGE 149, 74 Rn. 13 m.w.N.). Anzuwenden sind danach das Straßenverkehrsgesetz (StVG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBI. I S. 310), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 28. November 2016 (BGBI. I S. 2722), sowie die Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV) vom 13. Dezember 2010 (BGBI. I S. 1980), zuletzt geändert durch Art. 2 der Verordnung vom 21. Dezember 2016 (BGBI. I S. 3083).

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Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG müssen Fahrerlaubnisbewerber zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sein. Die Eignung besitzt nach § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG sowie § 11 Abs. 1 Satz 1 und 3 FeV, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat. Die Anforderungen sind insbesondere dann nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 zur Fahrerlaubnis-Verordnung vorliegt, wodurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird (§ 11 Abs. 1 Satz 2 FeV). § 13 FeV konkretisiert die Fälle, in denen die Fahrerlaubnisbehörde im Zusammenhang mit einer Alkoholproblematik die Fahreignung durch ein ärztliches oder medizinisch-psychologisches Gutachten zu klären hat. Nach Nr. 8.1 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV ist die Eignung bei Alkoholmissbrauch ausgeschlossen; er liegt vor, wenn das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden kann. Gemäß Nr. 8.2 dieser Anlage kann von einer Eignung erst dann wieder ausgegangen werden, wenn der Missbrauch beendet und die Änderung des Trinkverhaltens gefestigt ist. Für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung gelten die Vorschriften für die Ersterteilung (§ 20 Abs. 1 Satz 1 FeV).

14

2. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, nach einer strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB), die auf einer Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss beruht, sei im Wiedererteilungsverfahren unabhängig von der Blutalkoholkonzentration die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen (im Anschluss an die Rechtsprechung des VGH Mannheim, Urteile vom 18. Juni 2012 - 10 S 452/10 - VBIBW 2013, 19 und vom 7. Juli 2015 - 10 S 116/15 - ZfS 2015, 539 sowie Beschluss vom 15. Januar 2014 - 10 S 1748/13 - VBIBW 2014, 348; diesem folgend auch OVG Greifswald, Beschluss vom 22. Mai 2013 - 1 M 123/12 - VRS 127, 269 = juris Rn. 14 ff.; zustimmend Rebler, in: Müller/Rebler, Die Klärung von Eignungszweifeln im Fahrerlaubnisrecht, 2. Aufl. 2017, S. 159; offen lassend OVG Münster, Beschluss vom 21. Januar 2015 - 16 B 1374/14 - DAR 2015, 606 = juris Rn. 10 sowie OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17. Juli 2015 - OVG 1 S 123.14 - VerkMitt 2015 Nr. 55 = juris Rn. 4; ablehnend VG Würzburg, Beschluss vom 21. Juli 2014 - W 6 E 14.606 - DAR 2014, 541; VG Regensburg, Beschluss vom 12. November 2014 - RO 8 K 14.1624 - DAR 2015, 40; VG München, Urteil vom 9. Dezember 2014 - M 1 K 14.2841 - DAR 2015, 154; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 13 FeV Rn. 26b; Koehl, DAR 2016, 47; Mahlberg, DAR 2014, 419 und 603; Zwerger, DAR 2015, 157; kritisch auch Dronkovic/Kalus, DAR 2016, 191). Diese Auffassung ist mit § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d i.V.m. Buchst. a bis c FeV nicht vereinbar. Lag die Blutalkoholkonzentration unter 1,6 Promille, so bedarf es bei einer einmalig gebliebenen Zuwiderhandlung im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss zusätzlicher Tatsachen, die die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen. Die Entziehung der Fahrerlaubnis durch das Strafgericht genügt für sich gesehen nicht.

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a) Nach § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV ist zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis zur Klärung von Eignungszweifeln bei einer Alkoholproblematik ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, wenn nach dem ärztlichen Gutachten zwar keine Alkoholabhängigkeit, jedoch Anzeichen für Alkoholmissbrauch vorliegen oder sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen (Buchst. a). Gleiches gilt, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden (Buchst. b), ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr geführt wurde (Buchst. c), die Fahrerlaubnis aus einem der unter den Buchstaben a bis c genannten Gründe entzogen war (Buchst. d) oder sonst zu klären ist, ob Alkoholmissbrauch oder Alkoholabhängigkeit nicht mehr besteht (Buchst. e).

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Zutreffend geht das Berufungsgericht auf der Grundlage seiner bisherigen Rechtsprechung davon aus, dass eine Gutachtensanforderung nur dann auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV gestützt werden kann, wenn Zusatztatsachen vorliegen, die unter Berücksichtigung der Wertungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und c FeV geeignet sind, die Annahme von Alkoholmissbrauch zu begründen. Mit den Tatbeständen des § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV erfasst der Verordnungsgeber verschiedene Lebenssachverhalte, die je selbständig zur Anordnung der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens verpflichten. Diese Tatbestände stehen jedoch nicht beziehungslos nebeneinander. Vielmehr hat der Verordnungsgeber mit ihnen einen Rahmen geschaffen, bei dessen Ausfüllung auch die jeweils anderen Tatbestände und die ihnen zugrunde liegenden Wertungen zu berücksichtigen sind. Das gilt namentlich für die Tatbestände des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und c FeV. Lag die Blutalkoholkonzentration, mit der ein Fahrzeug geführt wurde, unter 1,6 Promille und wurde keine wiederholte Zuwiderhandlung im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen, so ist nach diesen Bestimmungen die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht ohne weiteres gerechtfertigt. Diese Grundentscheidung des Verordnungsgebers ist nicht anders als im Rahmen eines Regelbeispielskatalogs bei der Auslegung des Tatbestands des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV zu beachten. Eine einmalig gebliebene Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration unter 1,6 Promille genügt ohne zusätzliche aussagekräftige Umstände nicht, um als sonstige Tatsache im Sinne dieses Tatbestands die Annahme von Alkoholmissbrauch zu begründen.

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b) Nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d FeV ist ein medizinisch-psychologisches Gutachten auch dann beizubringen, wenn die Fahrerlaubnis aus einem der unter den Buchstaben a bis c genannten Gründe entzogen war. In der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist geklärt, dass Entziehung der Fahrerlaubnis im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d FeV auch die strafgerichtliche Entziehung auf der Grundlage von § 69 StGB ist (BVerwG, Beschluss vom 24. Juni 2013 - 3 B 71.12 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 13 Rn. 6). Hiervon geht das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend aus. Soweit es aus dem Beschluss des Senats allerdings ableiten möchte, mit der strafgerichtlichen Fahrerlaubnisentziehung wegen einer Trunkenheitsfahrt sei der Tatbestand des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d FeV ohne weiteres erfüllt, so ist dies nicht tragfähig. Der Senat hat sich in seinem Beschluss auf die Aussage beschränkt, dass eine strafgerichtliche Fahrerlaubnisentziehung nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d FeV in dem durch die Buchstaben a bis c gezogenen Rahmen zur Anforderung eines Fahreignungsgutachtens führe (a.a.O. Rn. 6).

18

c) Die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens setzt nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift voraus, dass die Fahrerlaubnis aus einem der unter Buchstabe a bis c genannten Gründe entzogen wurde. Aus dieser Rückbindung folgt, dass auch im Zusammenhang mit dem Tatbestand des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d FeV die Systematik und Wertung dieser Gründe zu beachten ist. Mit der Vorschrift nicht vereinbar ist es, sich hiervon zu lösen und die strafgerichtliche Fahrerlaubnisentziehung im Falle einer Trunkenheitsfahrt zum eigenständigen Sachgrund für die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung zu machen.

19

d) Das Berufungsgericht meint, gegen dieses Verständnis der Vorschrift spreche, dass § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d FeV überflüssig werde; eine überflüssige Regelung könne dem Verordnungsgeber nicht unterstellt werden. Richtig ist, dass es bedenklich wäre, einer Regelung durch Auslegung ihre praktische Bedeutung zu nehmen. Dem Verordnungsgeber ist es aber unbenommen, im Interesse der Rechtssicherheit Regelungen zu treffen, die der Klarstellung dienen. So wären beispielsweise auf die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis auch ohne die ausdrückliche Regelung in § 20 Abs. 1 Satz 1 FeV die Vorschriften über die Ersterteilung anzuwenden, denn auch die Neuerteilung ist eine Erteilung der Fahrerlaubnis. Eine klarstellende Regelung macht gerade auch im hier streitigen Zusammenhang Sinn, in dem die Tragweite einer strafrichterlichen Fahrerlaubnisentziehung in Frage steht.

20

e) Zu Unrecht beruft sich das Berufungsgericht für seine Auffassung auf den Vorrang des Strafverfahrens und die Bindung an das Strafurteil. Nach § 3 Abs. 3 StVG darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand eines anhängigen Strafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen; ordnet das strafgerichtliche Urteil eine Sperre für die (Neu-)Erteilung einer Fahrerlaubnis an, so darf innerhalb der Sperrfrist keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden (§ 69a Abs. 1 StGB). Unter welchen Voraussetzungen nach Ablauf der Sperrfrist die Fahrerlaubnis neu erteilt werden darf, ergibt sich daraus nicht. Auch die weiteren Bindungen an das strafgerichtliche Urteil führen nicht weiter. Gemäß § 3 Abs. 4 StVG darf die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren insoweit nicht zum Nachteil des Fahrerlaubnisinhabers vom Inhalt des Urteils abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Diese eng umrissene Bindungswirkung, die sich in der komplementären Begründungspflicht des § 267 Abs. 6 Satz 2 StPO spiegelt, ist in vorliegendem Zusammenhang ebenfalls ohne Bedeutung. Es geht weder um die Entziehung der Fahrerlaubnis noch darum, von dem strafrichterlichen Urteil zum Nachteil des Betroffenen abzuweichen. Jenseits der Sperrfrist hat der Gesetzgeber eine Bindung an die auf strafgesetzlichen Bestimmungen beruhende negative Eignungsbeurteilung nicht vorgesehen.

21

Aus den Grenzen der Bindungswirkung ergibt sich im Übrigen zugleich, dass die Sperrfrist, die für deren Dauer und Ende gegebene Begründung und ihr Ablauf die Fahrerlaubnisbehörde im nachfolgenden (Neu-)Erteilungsverfahren nicht binden (in diesem Sinne bereits BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 1963 - 7 C 30.63 - BVerwGE 17, 347 <348 ff.>). Die Sperrfrist gibt nur den Mindestzeitraum vor, während dessen der Betroffene als ungeeignet anzusehen ist. Ob die eignungsausschließende Gefährlichkeit darüber hinaus anzunehmen ist, ist im Anschluss daran von der Fahrerlaubnisbehörde eigenständig zu beurteilen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 1987 - 7 C 87.84 - BVerwGE 77, 40 <44 f.>).

22

f) Weiter ist das Berufungsgericht der Auffassung, die strafgerichtliche Feststellung der Fahrungeeignetheit sei als Zusatztatsache zu berücksichtigen, auf deren Grundlage auch bei einer Blutalkoholkonzentration unter 1,6 Promille gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen sei. Eine solche Bedeutung kommt der strafgerichtlichen Feststellung nicht zu.

23

aa) Nicht weiter zweifelhaft ist, dass ein strafgerichtliches Urteil tatsächliche Feststellungen enthalten kann, die als Zusatztatsachen im Falle einer Blutalkoholkonzentration, die für sich gesehen die Anforderung eines Gutachtens nicht rechtfertigt (§ 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV), die Annahme von Alkoholmissbrauch gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV begründen können. Derartige tatsächliche Feststellungen können - wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat - grundsätzlich dem Erteilungsverfahren zugrunde gelegt werden. Tatsächliche Feststellungen, die jenseits der strafgerichtlichen Eignungsbeurteilung geeignet wären, die Annahme von Alkoholmissbrauch zu begründen, enthält der Strafbefehl des Amtsgerichts jedoch nicht.

24

bb) Folglich bezieht sich das Berufungsgericht auf die Eignungsbeurteilung als solche, die als wertende Erkenntnis des Strafgerichts der Fahrerlaubnisentziehung zugrunde liegt. Die auf der Grundlage des § 69 StGB getroffene Eignungsbeurteilung kann für sich gesehen nicht als eine Zusatztatsache im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV herangezogen werden. Hierdurch würde die in § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d FeV vorgeschriebene Bindung an die Gründe des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a bis c FeV und namentlich die Wertung des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV weitgehend unterlaufen, was auch das Berufungsgericht einräumt. An die Stelle der Voraussetzungen der Fahrerlaubnis-Verordnung für die Anordnung der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens im Neuerteilungsverfahren träte die auf dem System des Strafrechts beruhende, hinter der Fahrerlaubnisentziehung stehende strafgerichtliche Eignungsbeurteilung. Das ist weder im Strafgesetzbuch noch in § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d FeV vorgesehen.

25

Richtig ist allerdings, dass die strafgerichtliche Fahrerlaubnisentziehung nicht anders als die Fahreignungsprüfung im Verwaltungsverfahren dem Schutz der Verkehrssicherheit dient, also präventiv ausgerichtet ist. Entgegen den Ausführungen des Vertreters des Bundesinteresses zielt die strafgerichtliche Fahrerlaubnisentziehung nicht auf die Sanktionierung der jeweiligen Trunkenheitsfahrt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stimmt der in § 69 StGB verwendete Begriff der Ungeeignetheit inhaltlich mit demselben in den einschlägigen Vorschriften des Straßenverkehrs- und Fahrerlaubnisrechts verwendeten Begriff überein. Das folge schon daraus, dass - wie die Materialien zum ersten Straßenverkehrssicherungsgesetz 1952 belegten (vgl. BT-Drs. 1/2674 S. 8 und 12) - mit der Übertragung der zuvor ausschließlich den Verwaltungsbehörden zugewiesenen Aufgabe der Entziehung der Fahrerlaubnis "auch" auf den Strafrichter letzterer der Sache nach eine Ordnungsaufgabe der Fahrerlaubnisbehörde wahrnehme. Maßstab für die Entziehung der Fahrerlaubnis sei deshalb entsprechend der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung auch hier die in die Zukunft gerichtete Beurteilung der Gefährlichkeit des Kraftfahrers für den öffentlichen Straßenverkehr (vgl. BGH, Großer Senat für Strafsachen, Beschluss vom 27. April 2005 - GSSt 2/04 - BGHSt 50, 93 <100> = juris Rn. 22).

26

Trotz dieses Gleichlaufs ist jedoch nicht zu übersehen, dass die Spruchpraxis der Strafgerichte von der Regelvermutung des § 69 Abs. 2 StGB geprägt ist. Nach dieser Vorschrift ist bei einer Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB) insbesondere in Fällen absoluter Fahruntüchtigkeit (ab 1,1 Promille, vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juni 1990 - 4 StR 297/90 - BGHSt 37, 89) und selbst bei relativer Fahruntüchtigkeit (ab 0,3 Promille in Verbindung mit einer alkoholbedingten Ausfallerscheinung) in der Regel die Fahrerlaubnis zu entziehen. Entsprechend ist nicht die Fahrerlaubnisentziehung weiter begründungsbedürftig, sondern das Absehen hiervon (vgl. § 267 Abs. 6 Satz 2 StPO). Im Neuerteilungsverfahren bedarf es hingegen bei einer Blutalkoholkonzentration unter 1,6 Promille nach der Wertung des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV zusätzlicher tatsächlicher Anhaltspunkte für einen Alkoholmissbrauch im Sinne des Fahrerlaubnisrechts. Auch im vorliegenden Fall beschränkt sich das Urteil des Amtsgerichts auf die Feststellung, die Klägerin habe infolge Alkoholkonsums fahruntüchtig einen Pkw geführt, eine Blutprobe habe eine Alkoholkonzentration von 1,28 Promille ergeben.

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g) Schließlich lässt sich das Regelungssystem des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d i.V.m. Buchst. a bis c FeV nicht unter Hinweis auf die Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV in Frage stellen. Sie enthält eine Aufstellung häufiger vorkommender Erkrankungen und Mängel, die die Fahreignung länger beeinträchtigen oder aufheben können und nimmt für diese eine Bewertung des Regelfalls vor, die für Abweichungen im Einzelfall offen ist (vgl. Vorbemerkung der Anlage). Nr. 8.1 der Anlage verneint die Fahreignung im Falle des Alkoholmissbrauchs und fügt in Klammern hinzu, Missbrauch liege vor, wenn das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden könne. Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen nach einer einmaligen Trunkenheitsfahrt zu erwarten ist, dass der Betroffene das Führen von Fahrzeugen und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum auch künftig nicht hinreichend sicher wird trennen können, ergibt sich hieraus nicht. Der Verordnungsgeber hat 1998 auf der Grundlage seines damaligen Erkenntnisstands angenommen, dass von einem fehlenden Trennungsvermögen nach einer einmaligen Trunkenheitsfahrt erst bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr ohne weiteres auszugehen ist. Dass diese Annahme heute gänzlich unvertretbar wäre, ist nicht ersichtlich. Es ist Sache des Verordnungsgebers, diesen Grenzwert gegebenenfalls neu zu bestimmen. Wie der Vertreter des Bundesinteresses in Übereinstimmung mit dem für eine Verordnungsänderung zuständigen Ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur mitgeteilt hat, prüft die Bundesanstalt für Straßenwesen, ob es gerechtfertigt ist, die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens bereits nach einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille oder mehr zwingend vorzusehen.

28

3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Jenseits der strafgerichtlichen Fahrerlaubnisentziehung hat es das Vorliegen von Zusatztatsachen im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV verneint. Das ist mit Bundesrecht vereinbar. Nach seinen tatsächlichen Feststellungen lassen sich aus dem Umgang der Klägerin mit Melissengeist keine sonstigen Tatsachen im Sinne dieser Vorschrift entnehmen. Auch im Übrigen hat das Berufungsgericht das Vorliegen relevanter Anhaltspunkte, etwa das Fehlen von alkoholbedingten Ausfallerscheinungen, die auf eine gewisse Giftfestigkeit schließen lassen, verneint (UA S. 9 f.). Diese tatsächlichen Feststellungen hat die Beklagte im Revisionsverfahren nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen, sie sind daher bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO). Es ist auch nicht zu erkennen, dass das Berufungsgericht bei der Würdigung des Sachverhalts einen unzutreffenden rechtlichen Maßstab zugrunde gelegt hat.

29

4. Nach der vom erkennenden Senat ausgesprochenen Verpflichtung der Beklagten ist es ihr verwehrt, die Neuerteilung der beantragten Fahrerlaubnis wegen der von der Klägerin begangenen Trunkenheitsfahrt, deren Begleitumständen und der im Anschluss daran vom Strafgericht angeordneten Fahrerlaubnisentziehung von der Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens abhängig zu machen. Ob die Beklagte aus einem anderen der in § 2 Abs. 4 StVG und § 11 Abs. 1 FeV genannten Gründe an einer sofortigen Fahrerlaubniserteilung gehindert sein könnte, war nicht Streitgegenstand.

30

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht gelten die Vorschriften für die Ersterteilung. § 15 findet vorbehaltlich des Absatzes 2 keine Anwendung.

(2) Die Fahrerlaubnisbehörde ordnet eine Fahrerlaubnisprüfung an, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Bewerber die nach § 16 Absatz 1 und § 17 Absatz 1 erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht mehr besitzt.

(3) Unberührt bleibt die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung nach § 11 Absatz 3 Satz 1 Nummer 9.

(4) Die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung kann frühestens sechs Monate vor Ablauf einer Sperre

1.
nach § 2a Absatz 5 Satz 3 oder § 4 Absatz 10 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes oder
2.
nach § 69 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 69a Absatz 1 Satz 1 oder § 69a Absatz 1 Satz 3 in Verbindung mit Satz 1 des Strafgesetzbuches
bei der nach Landesrecht zuständigen Behörde beantragt werden.

(1) Wer auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führt, bedarf der Erlaubnis (Fahrerlaubnis) der zuständigen Behörde (Fahrerlaubnisbehörde). Die Fahrerlaubnis wird in bestimmten Klassen erteilt. Sie ist durch eine amtliche Bescheinigung (Führerschein) nachzuweisen. Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und Absatz 3 Nummer 2 kann die Gültigkeitsdauer der Führerscheine festgelegt werden.

(2) Die Fahrerlaubnis ist für die jeweilige Klasse zu erteilen, wenn der Bewerber

1.
seinen ordentlichen Wohnsitz im Sinne des Artikels 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl. L 403 vom 30.12.2006, S. 26) im Inland hat,
2.
das erforderliche Mindestalter erreicht hat,
3.
zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist,
4.
zum Führen von Kraftfahrzeugen nach dem Fahrlehrergesetz und den auf ihm beruhenden Rechtsvorschriften ausgebildet worden ist,
5.
die Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen in einer theoretischen und praktischen Prüfung nachgewiesen hat,
6.
Erste Hilfe leisten kann und
7.
keine in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erteilte Fahrerlaubnis dieser Klasse besitzt.
Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b können als weitere Voraussetzungen der Vorbesitz anderer Klassen oder Fahrpraxis in einer anderen Klasse festgelegt werden. Die Fahrerlaubnis kann für die Klassen C und D sowie ihre Unterklassen und Anhängerklassen befristet erteilt werden. Sie ist auf Antrag zu verlängern, wenn der Bewerber zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist und kein Anlass zur Annahme besteht, dass eine der aus den Sätzen 1 und 2 ersichtlichen sonstigen Voraussetzungen fehlt.

(3) Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und b kann für die Personenbeförderung in anderen Fahrzeugen als Kraftomnibussen zusätzlich zur Fahrerlaubnis nach Absatz 1 eine besondere Erlaubnis verlangt werden. Die Erlaubnis wird befristet erteilt. Für die Erteilung und Verlängerung können dieselben Voraussetzungen bestimmt werden, die für die Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftomnibussen gelten. Außerdem kann ein Fachkundenachweis verlangt werden. Im Übrigen gelten die Bestimmungen für Fahrerlaubnisse entsprechend, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

(4) Geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat. Ist der Bewerber auf Grund körperlicher oder geistiger Mängel nur bedingt zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet, so erteilt die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis mit Beschränkungen oder unter Auflagen, wenn dadurch das sichere Führen von Kraftfahrzeugen gewährleistet ist.

(5) Befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer

1.
ausreichende Kenntnisse der für das Führen von Kraftfahrzeugen maßgebenden gesetzlichen Vorschriften hat,
2.
mit den Gefahren des Straßenverkehrs und den zu ihrer Abwehr erforderlichen Verhaltensweisen vertraut ist,
3.
die zum sicheren Führen eines Kraftfahrzeugs, gegebenenfalls mit Anhänger, erforderlichen technischen Kenntnisse besitzt und zu ihrer praktischen Anwendung in der Lage ist und
4.
über ausreichende Kenntnisse einer umweltbewussten und energiesparenden Fahrweise verfügt und zu ihrer praktischen Anwendung in der Lage ist.

(6) Wer die Erteilung, Erweiterung, Verlängerung oder Änderung einer Fahrerlaubnis oder einer besonderen Erlaubnis nach Absatz 3, die Aufhebung einer Beschränkung oder Auflage oder die Ausfertigung oder Änderung eines Führerscheins beantragt, hat der Fahrerlaubnisbehörde nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und Absatz 3 Nummer 1 mitzuteilen und nachzuweisen

1.
Familiennamen, Geburtsnamen, sonstige frühere Namen, Vornamen, Ordens- oder Künstlernamen, Doktorgrad, Geschlecht, Tag und Ort der Geburt, Anschrift, Staatsangehörigkeit, Art des Ausweisdokumentes und
2.
das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 6 und Satz 2 und Absatz 3
sowie ein Lichtbild abzugeben. Außerdem hat der Antragsteller eine Erklärung darüber abzugeben, ob er bereits eine in- oder ausländische Fahrerlaubnis der beantragten Klasse oder einen entsprechenden Führerschein besitzt.

(7) Die Fahrerlaubnisbehörde hat zu ermitteln, ob der Antragsteller zum Führen von Kraftfahrzeugen, gegebenenfalls mit Anhänger, geeignet und befähigt ist und ob er bereits eine in- oder ausländische Fahrerlaubnis oder einen entsprechenden Führerschein besitzt. Sie hat dazu Auskünfte aus dem Fahreignungsregister und dem Zentralen Fahrerlaubnisregister nach den Vorschriften dieses Gesetzes einzuholen. Sie kann außerdem insbesondere entsprechende Auskünfte aus ausländischen Registern oder von ausländischen Stellen einholen sowie die Beibringung eines Führungszeugnisses zur Vorlage bei der Verwaltungsbehörde nach den Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes verlangen.

(8) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung oder Befähigung des Bewerbers begründen, so kann die Fahrerlaubnisbehörde anordnen, dass der Antragsteller ein Gutachten oder Zeugnis eines Facharztes oder Amtsarztes, ein Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung oder eines amtlichen anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr innerhalb einer angemessenen Frist beibringt. Anstelle eines erneuten Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung genügt zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung in der Regel die Vorlage einer Bescheinigung über die Teilnahme an einem amtlich anerkannten Kurs zur Wiederherstellung der Kraftfahreignung, wenn

1.
auf Grund eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, bestehende Eignungsmängel zu beseitigen,
2.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
3.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme zugestimmt hat.
Satz 2 gilt nicht, wenn die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 oder wegen erheblichen oder wiederholten Verstoßes gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze angeordnet wird.

(9) Die Registerauskünfte, Führungszeugnisse, Gutachten und Gesundheitszeugnisse dürfen nur zur Feststellung oder Überprüfung der Eignung oder Befähigung verwendet werden. Sie sind nach spätestens zehn Jahren zu vernichten, es sei denn, mit ihnen im Zusammenhang stehende Eintragungen im Fahreignungsregister oder im Zentralen Fahrerlaubnisregister sind nach den Bestimmungen für diese Register zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt zu tilgen oder zu löschen. In diesem Fall ist für die Vernichtung oder Löschung der frühere oder spätere Zeitpunkt maßgeblich. Die Zehnjahresfrist nach Satz 2 beginnt mit der rechts- oder bestandskräftigen Entscheidung oder mit der Rücknahme des Antrags durch den Antragsteller. Die Sätze 1 bis 4 gelten auch für entsprechende Unterlagen, die der Antragsteller nach Absatz 6 Satz 1 Nr. 2 beibringt. Anstelle einer Vernichtung der Unterlagen ist die Verarbeitung der darin enthaltenen Daten einzuschränken, wenn die Vernichtung wegen der besonderen Art der Führung der Akten nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist.

(10) Bundeswehr, Bundespolizei und Polizei können durch ihre Dienststellen Fahrerlaubnisse für das Führen von Dienstfahrzeugen erteilen (Dienstfahrerlaubnisse). Diese Dienststellen nehmen die Aufgaben der Fahrerlaubnisbehörde wahr. Für Dienstfahrerlaubnisse gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes und der auf ihm beruhenden Rechtsvorschriften, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Mit Dienstfahrerlaubnissen dürfen nur Dienstfahrzeuge geführt werden.

(10a) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren, der nach Landesrecht anerkannten Rettungsdienste, des Technischen Hilfswerks und sonstiger Einheiten des Katastrophenschutzes, die ihre Tätigkeit ehrenamtlich ausüben, Fahrberechtigungen zum Führen von Einsatzfahrzeugen auf öffentlichen Straßen bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 4,75 t – auch mit Anhängern, sofern die zulässige Gesamtmasse der Kombination 4,75 t nicht übersteigt – erteilen. Der Bewerber um die Fahrberechtigung muss

1.
mindestens seit zwei Jahren eine Fahrerlaubnis der Klasse B besitzen,
2.
in das Führen von Einsatzfahrzeugen bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 4,75 t eingewiesen worden sein und
3.
in einer praktischen Prüfung seine Befähigung nachgewiesen haben.
Die Fahrberechtigung gilt im gesamten Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland zur Aufgabenerfüllung der in Satz 1 genannten Organisationen oder Einrichtungen. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für den Erwerb der Fahrberechtigung zum Führen von Einsatzfahrzeugen bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 7,5 t – auch mit Anhängern, sofern die zulässige Gesamtmasse der Kombination 7,5 t nicht übersteigt.

(11) Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 3 Nummer 1 und 2 berechtigen auch ausländische Fahrerlaubnisse zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland.

(12) Die Polizei hat Informationen über Tatsachen, die auf nicht nur vorübergehende Mängel hinsichtlich der Eignung oder auf Mängel hinsichtlich der Befähigung einer Person zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen lassen, den Fahrerlaubnisbehörden zu übermitteln, soweit dies für die Überprüfung der Eignung oder Befähigung aus der Sicht der übermittelnden Stelle erforderlich ist. Soweit die mitgeteilten Informationen für die Beurteilung der Eignung oder Befähigung nicht erforderlich sind, sind die Unterlagen unverzüglich zu vernichten.

(13) Stellen oder Personen, die die Eignung oder Befähigung zur Teilnahme am Straßenverkehr oder Fachkundenachweise zwecks Vorbereitung einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung beurteilen oder prüfen oder die in Erster Hilfe (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6) ausbilden, müssen für diese Aufgaben gesetzlich oder amtlich anerkannt oder beauftragt sein. Personen, die die Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen nach § 2 Abs. 5 prüfen, müssen darüber hinaus einer Technischen Prüfstelle für den Kraftfahrzeugverkehr nach § 10 des Kraftfahrsachverständigengesetzes angehören. Voraussetzungen, Inhalt, Umfang und Verfahren für die Anerkennung oder Beauftragung und die Aufsicht werden - soweit nicht bereits im Kraftfahrsachverständigengesetz oder in auf ihm beruhenden Rechtsvorschriften geregelt - durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c und d in Verbindung mit Absatz 3 Nummer 3 näher bestimmt. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 sind Personen, die die Voraussetzungen des Absatzes 16 für die Begleitung erfüllen, berechtigt, die Befähigung zum Führen von Einsatzfahrzeugen der in Absatz 10a Satz 1 genannten Organisationen oder Einrichtungen zu prüfen.

(14) Die Fahrerlaubnisbehörden dürfen den in Absatz 13 Satz 1 genannten Stellen und Personen die Daten übermitteln, die diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Die betreffenden Stellen und Personen dürfen diese Daten und nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c und d in Verbindung mit Absatz 3 Nummer 3 die bei der Erfüllung ihrer Aufgaben anfallenden Daten verarbeiten.

(15) Wer zur Ausbildung, zur Ablegung der Prüfung oder zur Begutachtung der Eignung oder Befähigung ein Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen führt, muss dabei von einem Fahrlehrer oder einem Fahrlehreranwärter im Sinne des Fahrlehrergesetzes begleitet werden. Bei den Fahrten nach Satz 1 sowie bei der Hin- und Rückfahrt zu oder von einer Prüfung oder einer Begutachtung gilt im Sinne dieses Gesetzes der Fahrlehrer oder der Fahrlehreranwärter als Führer des Kraftfahrzeugs, wenn der Kraftfahrzeugführer keine entsprechende Fahrerlaubnis besitzt.

(16) Wer zur Einweisung oder zur Ablegung der Prüfung nach Absatz 10a ein entsprechendes Einsatzfahrzeug auf öffentlichen Straßen führt, muss von einem Fahrlehrer im Sinne des Fahrlehrergesetzes oder abweichend von Absatz 15 Satz 1 von einem Angehörigen der in Absatz 10a Satz 1 genannten Organisationen oder Einrichtungen, der

1.
das 30. Lebensjahr vollendet hat,
2.
mindestens seit fünf Jahren eine gültige Fahrerlaubnis der Klasse C1 besitzt und
3.
zum Zeitpunkt der Einweisungs- und Prüfungsfahrten im Fahreignungsregister mit nicht mehr als zwei Punkten belastet ist,
begleitet werden. Absatz 15 Satz 2 gilt entsprechend. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann überprüfen, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 erfüllt sind; sie kann die Auskunft nach Satz 1 Nummer 3 beim Fahreignungsregister einholen. Die Fahrerlaubnis nach Satz 1 Nummer 2 ist durch einen gültigen Führerschein nachzuweisen, der während der Einweisungs- und Prüfungsfahrten mitzuführen und zur Überwachung des Straßenverkehrs berechtigten Personen auszuhändigen ist.

(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.

(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem

1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
Unberührt bleiben medizinisch-psychologische Begutachtungen nach § 2a Absatz 4 und 5 und § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes sowie § 10 Absatz 2 und den §§ 13 und 14 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5 dieser Verordnung.

(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder
2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.

(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.

(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.

(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.

(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.

(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn

1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist,
2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben,
3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
Wurde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder nach § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 7 angeordnet, findet Satz 1 keine Anwendung.

(11) Die Teilnahmebescheinigung muss

1.
den Familiennamen und Vornamen, den Tag und Ort der Geburt und die Anschrift des Seminarteilnehmers,
2.
die Bezeichnung des Seminarmodells und
3.
Angaben über Umfang und Dauer des Seminars
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.

(1) Wer auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führt, bedarf der Erlaubnis (Fahrerlaubnis) der zuständigen Behörde (Fahrerlaubnisbehörde). Die Fahrerlaubnis wird in bestimmten Klassen erteilt. Sie ist durch eine amtliche Bescheinigung (Führerschein) nachzuweisen. Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und Absatz 3 Nummer 2 kann die Gültigkeitsdauer der Führerscheine festgelegt werden.

(2) Die Fahrerlaubnis ist für die jeweilige Klasse zu erteilen, wenn der Bewerber

1.
seinen ordentlichen Wohnsitz im Sinne des Artikels 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl. L 403 vom 30.12.2006, S. 26) im Inland hat,
2.
das erforderliche Mindestalter erreicht hat,
3.
zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist,
4.
zum Führen von Kraftfahrzeugen nach dem Fahrlehrergesetz und den auf ihm beruhenden Rechtsvorschriften ausgebildet worden ist,
5.
die Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen in einer theoretischen und praktischen Prüfung nachgewiesen hat,
6.
Erste Hilfe leisten kann und
7.
keine in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erteilte Fahrerlaubnis dieser Klasse besitzt.
Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b können als weitere Voraussetzungen der Vorbesitz anderer Klassen oder Fahrpraxis in einer anderen Klasse festgelegt werden. Die Fahrerlaubnis kann für die Klassen C und D sowie ihre Unterklassen und Anhängerklassen befristet erteilt werden. Sie ist auf Antrag zu verlängern, wenn der Bewerber zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist und kein Anlass zur Annahme besteht, dass eine der aus den Sätzen 1 und 2 ersichtlichen sonstigen Voraussetzungen fehlt.

(3) Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und b kann für die Personenbeförderung in anderen Fahrzeugen als Kraftomnibussen zusätzlich zur Fahrerlaubnis nach Absatz 1 eine besondere Erlaubnis verlangt werden. Die Erlaubnis wird befristet erteilt. Für die Erteilung und Verlängerung können dieselben Voraussetzungen bestimmt werden, die für die Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftomnibussen gelten. Außerdem kann ein Fachkundenachweis verlangt werden. Im Übrigen gelten die Bestimmungen für Fahrerlaubnisse entsprechend, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

(4) Geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat. Ist der Bewerber auf Grund körperlicher oder geistiger Mängel nur bedingt zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet, so erteilt die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis mit Beschränkungen oder unter Auflagen, wenn dadurch das sichere Führen von Kraftfahrzeugen gewährleistet ist.

(5) Befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer

1.
ausreichende Kenntnisse der für das Führen von Kraftfahrzeugen maßgebenden gesetzlichen Vorschriften hat,
2.
mit den Gefahren des Straßenverkehrs und den zu ihrer Abwehr erforderlichen Verhaltensweisen vertraut ist,
3.
die zum sicheren Führen eines Kraftfahrzeugs, gegebenenfalls mit Anhänger, erforderlichen technischen Kenntnisse besitzt und zu ihrer praktischen Anwendung in der Lage ist und
4.
über ausreichende Kenntnisse einer umweltbewussten und energiesparenden Fahrweise verfügt und zu ihrer praktischen Anwendung in der Lage ist.

(6) Wer die Erteilung, Erweiterung, Verlängerung oder Änderung einer Fahrerlaubnis oder einer besonderen Erlaubnis nach Absatz 3, die Aufhebung einer Beschränkung oder Auflage oder die Ausfertigung oder Änderung eines Führerscheins beantragt, hat der Fahrerlaubnisbehörde nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und Absatz 3 Nummer 1 mitzuteilen und nachzuweisen

1.
Familiennamen, Geburtsnamen, sonstige frühere Namen, Vornamen, Ordens- oder Künstlernamen, Doktorgrad, Geschlecht, Tag und Ort der Geburt, Anschrift, Staatsangehörigkeit, Art des Ausweisdokumentes und
2.
das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 6 und Satz 2 und Absatz 3
sowie ein Lichtbild abzugeben. Außerdem hat der Antragsteller eine Erklärung darüber abzugeben, ob er bereits eine in- oder ausländische Fahrerlaubnis der beantragten Klasse oder einen entsprechenden Führerschein besitzt.

(7) Die Fahrerlaubnisbehörde hat zu ermitteln, ob der Antragsteller zum Führen von Kraftfahrzeugen, gegebenenfalls mit Anhänger, geeignet und befähigt ist und ob er bereits eine in- oder ausländische Fahrerlaubnis oder einen entsprechenden Führerschein besitzt. Sie hat dazu Auskünfte aus dem Fahreignungsregister und dem Zentralen Fahrerlaubnisregister nach den Vorschriften dieses Gesetzes einzuholen. Sie kann außerdem insbesondere entsprechende Auskünfte aus ausländischen Registern oder von ausländischen Stellen einholen sowie die Beibringung eines Führungszeugnisses zur Vorlage bei der Verwaltungsbehörde nach den Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes verlangen.

(8) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung oder Befähigung des Bewerbers begründen, so kann die Fahrerlaubnisbehörde anordnen, dass der Antragsteller ein Gutachten oder Zeugnis eines Facharztes oder Amtsarztes, ein Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung oder eines amtlichen anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr innerhalb einer angemessenen Frist beibringt. Anstelle eines erneuten Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung genügt zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung in der Regel die Vorlage einer Bescheinigung über die Teilnahme an einem amtlich anerkannten Kurs zur Wiederherstellung der Kraftfahreignung, wenn

1.
auf Grund eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, bestehende Eignungsmängel zu beseitigen,
2.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
3.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme zugestimmt hat.
Satz 2 gilt nicht, wenn die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 oder wegen erheblichen oder wiederholten Verstoßes gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze angeordnet wird.

(9) Die Registerauskünfte, Führungszeugnisse, Gutachten und Gesundheitszeugnisse dürfen nur zur Feststellung oder Überprüfung der Eignung oder Befähigung verwendet werden. Sie sind nach spätestens zehn Jahren zu vernichten, es sei denn, mit ihnen im Zusammenhang stehende Eintragungen im Fahreignungsregister oder im Zentralen Fahrerlaubnisregister sind nach den Bestimmungen für diese Register zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt zu tilgen oder zu löschen. In diesem Fall ist für die Vernichtung oder Löschung der frühere oder spätere Zeitpunkt maßgeblich. Die Zehnjahresfrist nach Satz 2 beginnt mit der rechts- oder bestandskräftigen Entscheidung oder mit der Rücknahme des Antrags durch den Antragsteller. Die Sätze 1 bis 4 gelten auch für entsprechende Unterlagen, die der Antragsteller nach Absatz 6 Satz 1 Nr. 2 beibringt. Anstelle einer Vernichtung der Unterlagen ist die Verarbeitung der darin enthaltenen Daten einzuschränken, wenn die Vernichtung wegen der besonderen Art der Führung der Akten nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist.

(10) Bundeswehr, Bundespolizei und Polizei können durch ihre Dienststellen Fahrerlaubnisse für das Führen von Dienstfahrzeugen erteilen (Dienstfahrerlaubnisse). Diese Dienststellen nehmen die Aufgaben der Fahrerlaubnisbehörde wahr. Für Dienstfahrerlaubnisse gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes und der auf ihm beruhenden Rechtsvorschriften, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Mit Dienstfahrerlaubnissen dürfen nur Dienstfahrzeuge geführt werden.

(10a) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren, der nach Landesrecht anerkannten Rettungsdienste, des Technischen Hilfswerks und sonstiger Einheiten des Katastrophenschutzes, die ihre Tätigkeit ehrenamtlich ausüben, Fahrberechtigungen zum Führen von Einsatzfahrzeugen auf öffentlichen Straßen bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 4,75 t – auch mit Anhängern, sofern die zulässige Gesamtmasse der Kombination 4,75 t nicht übersteigt – erteilen. Der Bewerber um die Fahrberechtigung muss

1.
mindestens seit zwei Jahren eine Fahrerlaubnis der Klasse B besitzen,
2.
in das Führen von Einsatzfahrzeugen bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 4,75 t eingewiesen worden sein und
3.
in einer praktischen Prüfung seine Befähigung nachgewiesen haben.
Die Fahrberechtigung gilt im gesamten Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland zur Aufgabenerfüllung der in Satz 1 genannten Organisationen oder Einrichtungen. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für den Erwerb der Fahrberechtigung zum Führen von Einsatzfahrzeugen bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 7,5 t – auch mit Anhängern, sofern die zulässige Gesamtmasse der Kombination 7,5 t nicht übersteigt.

(11) Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 3 Nummer 1 und 2 berechtigen auch ausländische Fahrerlaubnisse zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland.

(12) Die Polizei hat Informationen über Tatsachen, die auf nicht nur vorübergehende Mängel hinsichtlich der Eignung oder auf Mängel hinsichtlich der Befähigung einer Person zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen lassen, den Fahrerlaubnisbehörden zu übermitteln, soweit dies für die Überprüfung der Eignung oder Befähigung aus der Sicht der übermittelnden Stelle erforderlich ist. Soweit die mitgeteilten Informationen für die Beurteilung der Eignung oder Befähigung nicht erforderlich sind, sind die Unterlagen unverzüglich zu vernichten.

(13) Stellen oder Personen, die die Eignung oder Befähigung zur Teilnahme am Straßenverkehr oder Fachkundenachweise zwecks Vorbereitung einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung beurteilen oder prüfen oder die in Erster Hilfe (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6) ausbilden, müssen für diese Aufgaben gesetzlich oder amtlich anerkannt oder beauftragt sein. Personen, die die Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen nach § 2 Abs. 5 prüfen, müssen darüber hinaus einer Technischen Prüfstelle für den Kraftfahrzeugverkehr nach § 10 des Kraftfahrsachverständigengesetzes angehören. Voraussetzungen, Inhalt, Umfang und Verfahren für die Anerkennung oder Beauftragung und die Aufsicht werden - soweit nicht bereits im Kraftfahrsachverständigengesetz oder in auf ihm beruhenden Rechtsvorschriften geregelt - durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c und d in Verbindung mit Absatz 3 Nummer 3 näher bestimmt. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 sind Personen, die die Voraussetzungen des Absatzes 16 für die Begleitung erfüllen, berechtigt, die Befähigung zum Führen von Einsatzfahrzeugen der in Absatz 10a Satz 1 genannten Organisationen oder Einrichtungen zu prüfen.

(14) Die Fahrerlaubnisbehörden dürfen den in Absatz 13 Satz 1 genannten Stellen und Personen die Daten übermitteln, die diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Die betreffenden Stellen und Personen dürfen diese Daten und nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c und d in Verbindung mit Absatz 3 Nummer 3 die bei der Erfüllung ihrer Aufgaben anfallenden Daten verarbeiten.

(15) Wer zur Ausbildung, zur Ablegung der Prüfung oder zur Begutachtung der Eignung oder Befähigung ein Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen führt, muss dabei von einem Fahrlehrer oder einem Fahrlehreranwärter im Sinne des Fahrlehrergesetzes begleitet werden. Bei den Fahrten nach Satz 1 sowie bei der Hin- und Rückfahrt zu oder von einer Prüfung oder einer Begutachtung gilt im Sinne dieses Gesetzes der Fahrlehrer oder der Fahrlehreranwärter als Führer des Kraftfahrzeugs, wenn der Kraftfahrzeugführer keine entsprechende Fahrerlaubnis besitzt.

(16) Wer zur Einweisung oder zur Ablegung der Prüfung nach Absatz 10a ein entsprechendes Einsatzfahrzeug auf öffentlichen Straßen führt, muss von einem Fahrlehrer im Sinne des Fahrlehrergesetzes oder abweichend von Absatz 15 Satz 1 von einem Angehörigen der in Absatz 10a Satz 1 genannten Organisationen oder Einrichtungen, der

1.
das 30. Lebensjahr vollendet hat,
2.
mindestens seit fünf Jahren eine gültige Fahrerlaubnis der Klasse C1 besitzt und
3.
zum Zeitpunkt der Einweisungs- und Prüfungsfahrten im Fahreignungsregister mit nicht mehr als zwei Punkten belastet ist,
begleitet werden. Absatz 15 Satz 2 gilt entsprechend. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann überprüfen, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 erfüllt sind; sie kann die Auskunft nach Satz 1 Nummer 3 beim Fahreignungsregister einholen. Die Fahrerlaubnis nach Satz 1 Nummer 2 ist durch einen gültigen Führerschein nachzuweisen, der während der Einweisungs- und Prüfungsfahrten mitzuführen und zur Überwachung des Straßenverkehrs berechtigten Personen auszuhändigen ist.

(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.

(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem

1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
Unberührt bleiben medizinisch-psychologische Begutachtungen nach § 2a Absatz 4 und 5 und § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes sowie § 10 Absatz 2 und den §§ 13 und 14 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5 dieser Verordnung.

(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder
2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.

(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.

(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.

(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.

(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.

(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn

1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist,
2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben,
3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
Wurde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder nach § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 7 angeordnet, findet Satz 1 keine Anwendung.

(11) Die Teilnahmebescheinigung muss

1.
den Familiennamen und Vornamen, den Tag und Ort der Geburt und die Anschrift des Seminarteilnehmers,
2.
die Bezeichnung des Seminarmodells und
3.
Angaben über Umfang und Dauer des Seminars
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.

(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung - auch wenn sie nach anderen Vorschriften erfolgt - die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. § 2 Abs. 7 und 8 gilt entsprechend.

(2) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Nach der Entziehung ist der Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde abzuliefern oder zur Eintragung der Entscheidung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis auf Grund anderer Vorschriften entzieht.

(3) Solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 des Strafgesetzbuchs in Betracht kommt, darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen. Dies gilt nicht, wenn die Fahrerlaubnis von einer Dienststelle der Bundeswehr, der Bundespolizei oder der Polizei für Dienstfahrzeuge erteilt worden ist.

(4) Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(5) Die Fahrerlaubnisbehörde darf der Polizei die verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Bestehen eines Fahrverbots übermitteln, soweit dies im Einzelfall für die polizeiliche Überwachung im Straßenverkehr erforderlich ist.

(6) Für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland gelten die Vorschriften über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht entsprechend.

(7) Durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 können Fristen und Voraussetzungen

1.
für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht oder
2.
für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland
bestimmt werden.

Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zugunsten des Verurteilten ist zulässig,

1.
wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen Ungunsten als echt vorgebrachte Urkunde unecht oder verfälscht war;
2.
wenn der Zeuge oder Sachverständige sich bei einem zuungunsten des Verurteilten abgelegten Zeugnis oder abgegebenen Gutachten einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht oder einer vorsätzlichen falschen uneidlichen Aussage schuldig gemacht hat;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf die Sache einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten schuldig gemacht hat, sofern die Verletzung nicht vom Verurteilten selbst veranlaßt ist;
4.
wenn ein zivilgerichtliches Urteil, auf welches das Strafurteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftig gewordenes Urteil aufgehoben ist;
5.
wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die Freisprechung des Angeklagten oder in Anwendung eines milderen Strafgesetzes eine geringere Bestrafung oder eine wesentlich andere Entscheidung über eine Maßregel der Besserung und Sicherung zu begründen geeignet sind,
6.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert wird unter Abänderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts für beide Rechtszüge auf jeweils 15.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis.

Am 9. April 2013 beantragte er die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis der Klassen A, B, BE, C1, C1E. Das Kraftfahrt-Bundesamt teilte der Fahrerlaubnisbehörde der Beklagten (Fahrerlaubnisbehörde) am 10. April 2013 mit, für den Kläger seien fünf Eintragungen im damaligen Verkehrszentralregister erfasst. Dabei handele es sich u. a. um zwei strafrechtliche Verurteilungen und die unanfechtbare Versagung der Fahrerlaubnis mit Bescheid vom 3. August 2010.

Den strafrechtlichen Verurteilungen liegt ein Vorfall vom 8. Dezember 2006 zugrunde. Das Amtsgericht Schwabach verurteilte den Kläger deswegen am 17. September 2007 (Az. 3 Cs 706 Js 60932/07) wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit Nötigung und wegen Sachbeschädigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, entzog ihm die Fahrerlaubnis und wies die Verwaltungsbehörde an, dem Kläger vor Ablauf von (noch) sechs Monaten (d. h. insgesamt ca. 15 Monate) keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth änderte auf Berufung der Staatsanwaltschaft das Urteil des Amtsgerichts Schwabach mit Urteil vom 14. April 2008 im Rechtsfolgenausspruch ab (Az. 2 Ns 706 Js 60932/07) und wies die Verwaltungsbehörde an, dem Kläger vor Ablauf von weiteren drei Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Die Berufung des Klägers, die er nach durchgeführter Beweisaufnahme in der Berufungshauptverhandlung vom 14. April 2008 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte, verwarf das Landgericht als unbegründet.

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts überholte der Kläger einen Personenkraftwagen, dessen Fahrer, ohne den Blinker zu setzen, während des Überholvorgangs des Klägers ebenfalls zum Überholen ansetzte. Der Kläger scherte daraufhin äußerst knapp vor dem anderen Personenkraftwagen wieder rechts ein und bremste aus einer Geschwindigkeit von ca. 100 km/h bis zum Stillstand ab, ohne dass dies verkehrsbedingt erforderlich gewesen wäre. Der andere Personenkraftwagen kam ungefähr einen Meter hinter dem klägerischen Fahrzeug zum Stehen. Der Kläger stieg aus und begab sich zu dem anderen Fahrzeug. Nachdem der Fahrer das Fahrzeug von innen verriegelt hatte, schlug der Kläger das linke Seitenfenster ein, traf den Fahrer des Pkw dabei mit der Faust und versetzte ihm dann noch einen Faustschlag gegen den Kopf.

Mit Schreiben vom 13. Juni 2013 forderte die Fahrerlaubnisbehörde den Kläger, gestützt auf § 11 Abs. 3 Nr. 6 FeV auf, ein Gutachten einer medizinisch-psycho-logischen Untersuchungsstelle beizubringen. Es müsse geklärt werden, ob zu erwarten sei, dass der Kläger trotz der aktenkundigen Straftat im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung aufgrund von Anhaltspunkten für ein hohes Aggressionspotential, künftig nicht erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen werde.

Das vorgelegte Gutachten des Instituts für Beratung - Begutachtung - Kraftfahrereignung GmbH (IBBK) vom 7. August 2013 kommt zu dem Ergebnis, dass nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen sei, dass der Kläger künftig erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen werde. Grundlage für diese Beurteilung sei, dass die Angaben des Klägers zu dem Vorfall am 8. Dezember 2006 in erheblichem Widerspruch zur Aktenlage stünden (Kriterium 0.4 N). Der vom Kläger geschilderte Sachverhalt sei nicht wahrscheinlicher als der aktenkundige Sachverhalt. Aufgrund der Widersprüche könne keine ausreichende selbstkritische Distanzierung von den Taten festgestellt werden. Seine Verhaltensproblematik sei dem Kläger nicht hinreichend bewusst.

Daraufhin lehnte die Fahrerlaubnisbehörde mit Bescheid vom 31. Oktober 2013 den Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis ab. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Regierung von Mittelfranken mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2013 zurück.

Die Klage auf Erteilung einer Fahrerlaubnis hat das Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 14. Oktober 2015 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erteilung einer Fahrerlaubnis. Aus dem Gutachten der IBBK ergäbe sich, dass der Kläger nicht geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen sei. Das Gutachten entspreche den Vorgaben der Fahrerlaubnis-Verordnung und sei in sich schlüssig, widerspruchsfrei und nachvollziehbar. Nachdem der Kläger das Gutachten vorgelegt habe, komme es nicht mehr darauf an, ob die Anordnung rechtmäßig gewesen sei. Soweit der Kläger vortrage, der Vorfall vom 8. Dezember 2006 habe sich nicht so zugetragen wie im Strafurteil festgestellt, könne dies nicht zum Erfolg der Klage führen. Die Behörde sei entsprechend § 3 Abs. 4 StVG an den durch das Strafgericht festgestellten Sachverhalt gebunden. Der Kläger habe weder vorgetragen, dass neue Tatsachen oder Beweismittel im Sinne von § 359 Nr. 5 StPO gegeben seien, noch habe er einen Antrag auf Wiederaufnahme des strafgerichtlichen Verfahrens gestellt. Er habe durch die Beschränkung seiner Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch selbst versäumt, die tatsächlichen Feststellungen in der Berufungsinstanz nochmals überprüfen zu lassen. Selbst wenn das Gutachten nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen sollte, so habe der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung einer Fahrerlaubnis, da er seine Eignung nicht nachgewiesen habe. Auf die bedingt gestellten Beweisanträge komme es nicht entscheidungserheblich an. Ob dem Kläger ein hohes Aggressionspotential im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung zukomme, sei bereits sachverständig entschieden. Eine neue Begutachtung dränge sich nicht auf.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem die Beklagte entgegentritt. Der Kläger macht geltend, er habe die abgeurteilten Straftaten nicht begangen. Er habe sich zwar falsch verhalten, indem er die Seitenscheibe des Fahrzeugs beschädigt habe, aber die Feststellungen der Strafgerichte träfen im Übrigen nicht zu. Er sei ein Opfer von falschen Verdächtigungen, falschen Aussagen und Rechtsbeugung geworden. Es sei ein unfallanalytisches Gutachten einzuholen und der Sachverhalt neu zu bewerten, damit die Gutachter bei der medizinisch-psychologischen Begutachtung ihrer Bewertung nicht stets den falschen Sachverhalt zugrunde legen würden. Es sei auch zu berücksichtigen, dass der Vorfall mittlerweile schon lange zurück liege. Die Fahrerlaubnisbehörde habe bei der Anordnung der Gutachtensvorlage ihr Ermessen nicht richtig ausgeübt. Die Wertungen des Fahreignung-Bewertungssystems seien zu beachten. Auch die Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts, dass es auf die bedingt gestellten Beweisanträge nicht ankomme, sei verfehlt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen entweder nicht vor oder sind nicht ausreichend im Sinne von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt worden.

1. Das Zulassungsvorbringen begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils liegen vor, wenn ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (zu diesem Maßstab vgl. BVerfG, B.v. 21.1.2009 - 1 BvR 2524/06 - NVwZ 2009, 515). Wird die angegriffene Entscheidung auf mehrere selbstständig tragende Begründungen gestützt, so setzt die Zulassung der Berufung voraus, dass für jeden dieser Gründe die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind (Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 124a Rn. 7). Daran fehlt es hier.

Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Sie dürfen unter anderem nach § 2 Abs. 4 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310, 919), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Juni 2015 (BGBl I S. 904), und § 11 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV, BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 2. Oktober 2015 (BGBl I S. 1674), nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, so dass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Klärung von Eignungszweifeln die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) anordnen (§ 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 FeV). Gleiches gilt bei Straftaten oder einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die Straftaten unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurden (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 FeV) oder wenn die Fahrerlaubnis wegen einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 entzogen war (§ 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 9 Buchst. b FeV).

Die Beklagte und das Verwaltungsgericht sind zutreffend davon ausgegangen, dass die Verurteilung des Klägers wegen Nötigung und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs Zweifel an seiner Fahreignung begründet und daher die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens im Erteilungsverfahren rechtfertigt. Das Verwaltungsgericht ist dabei zu Recht davon ausgegangen, dass trotz der gesetzlich nicht ausdrücklich angeordneten Bindungswirkung für das Erteilungsverfahren in § 3 Abs. 4 StVG die Fahrerlaubnisbehörde oder das Verwaltungsgericht den in einem Straf- oder Bußgeldverfahren festgestellten Sachverhalt gleichwohl nicht jeweils neu ermitteln müssen. Vielmehr können sie auch hier grundsätzlich von den für die Fahreignung relevanten strafrichterlichen Feststellungen ausgehen, an denen sich der Betroffene festhalten lassen muss, sofern nicht ausnahmsweise gewichtige Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestehen, insbesondere neue Tatsachen oder Beweismittel als Wiederaufnahmegründe im Sinne des § 359 Nr. 5 StPO vorliegen, die für die Unrichtigkeit der tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil sprechen (vgl. BayVGH, B.v. 13.2.2015 - 11 ZB 14.1452 - BayVBl 2016, 59; B.v. 12.8.2013 - 11 ZB 11.2200 - juris Rn. 7 für die Wiedererteilung der Fahrlehr- und Fahrschulerlaubnis). Mit dieser Argumentation setzt sich die Antragsbegründung auch nicht ansatzweise auseinander, sondern wiederholt überwiegend nur den erstinstanzlichen Vortrag. Auch der Feststellung des Verwaltungsgerichts, der Kläger habe nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch das Landgericht seine Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt und somit selbst zu vertreten, dass die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts in Rechtskraft erwachsen seien, hat der Kläger nicht substantiiert in Frage gestellt. Auch Wiederaufnahmegründe im Sinne des § 359 Nr. 5 StPO hat er weder geltend gemacht noch dargelegt, dass er Anstrengungen hinsichtlich eines strafrechtlichen Wiederaufnahmeverfahrens unternommen hat. Damit sind ernstliche Zweifel an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht hinreichend dargelegt.

Soweit der Kläger vorträgt, die Verurteilung liege schon lange zurück, kann dies seinem Zulassungsantrag ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass Taten verwertbar sind und dem Betroffenen vorgehalten werden dürfen, solange sie im Fahreignungsregister eingetragen sind (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.2005 - 3 C 21/04 - NJW 2005, 3440, juris Rn. 26; BayVGH, B.v. 12.8.2015 - 11 CS 15.1499 - juris; B.v. 31.10.2014 - 11 CS 14.1627 - juris; B.v. 6.5.2008 - 11 CS 08.551 - juris). Eintragungen von Straftaten, bei denen die Fahrerlaubnis entzogen worden ist, sind nach § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Buchst. a StVG regelmäßig zehn Jahre nach dem Tag der Rechtskraft (§ 29 Abs. 4 Nr. 1 StVG) aus dem Fahreignungsregister zu tilgen. Diese Frist ist bei den für den Kläger eingetragenen Straftaten noch nicht abgelaufen.

Die Auffassung des Klägers, die Gutachtensanordnung leide unter Ermessensfehlern, kann nicht zur Zulassung der Berufung führen. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, es sei unerheblich, ob die Gutachtensanordnung rechtmäßig sei, denn der Kläger habe das Gutachten vorgelegt. Damit setzt sich die Antragsbegründung nicht substantiiert auseinander. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass nach einer Entziehung der Fahrerlaubnis auf der Grundlage des Fahreignungs-Bewertungssystems nach § 4 Abs. 10 Satz 4 StVG in der Regel die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen ist. Es ist daher nicht ersichtlich, welche Erwägungen hinsichtlich des Fahreignungs-Bewertungssystems erforderlich gewesen sein könnten.

Auch die Ablehnung der bedingt gestellten Beweisanträge führt nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des Urteils. Mit der Antragsbegründung wird nicht dargelegt, aus welchen Gründen die Beweisanträge entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts entscheidungserheblich gewesen sein sollen. Der Kläger führt selbst zutreffend aus, dass die Begehung einer erheblichen Straftat, die auf ein hohes Aggressionspotential hindeutet, Anlass für eine Gutachtensanordnung sein kann. Er verkennt jedoch, dass in dem Gutachten nicht isoliert zu klären ist, ob bei ihm ein hohes Aggressionspotential im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung vorliegt, sondern ob zu erwarten ist, dass er künftig Verkehrsverstöße begehen wird. Das vorliegende Gutachten kam hier insbesondere deshalb zu einer negativen Prognose, da die Angaben des Klägers mit der Aktenlage nicht in Einklang zu bringen waren (Nr. 3.3.1 Kriterium 0.4 N der Beurteilungskriterien - Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung, Hrsg. Deutsche Gesellschaft für Verkehrspsychologie/Deutsche Gesellschaft für Verkehrsmedizin, 3. Aufl. 2013, S. 97) und keine hinreichende Auseinandersetzung mit den durch den Vorfall zu Tage getretenen Verhaltensweisen erfolgte. Soweit der Kläger meint, es sei zu klären, dass bei ihm kein hohes Aggressionspotential vorliege, um damit die Sachverhaltsfeststellungen in den strafrechtlichen Entscheidungen zu erschüttern, zeigt er damit keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf. Das Verwaltungsgericht ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für weitere Sachverhaltsermittlungen nicht vorliegen.

Im Übrigen ist das Verwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung einer Fahrerlaubnis habe, selbst wenn das vorgelegte Gutachten nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen sollte, da er seine Eignung nachweisen müsse. Mit dieser Argumentation setzt sich die Antragsbegründung nicht hinreichend auseinander.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen. Hierzu hätte der Kläger darlegen müssen, dass die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, sich also der Rechtsstreit wegen seiner Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt. Dies lässt sich der Antragsbegründung nicht entnehmen.

3. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht hinreichend dargelegt. Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO setzt voraus, dass eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert wird, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, deren Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiter-entwicklung des Rechts geboten ist und der eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72). Daran fehlt es hier. Der Antragsbegründung kann schon keine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage entnommen werden, deren Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten wäre.

4. Der Antrag auf Zulassung der Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3 und § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. den Empfehlungen in Nrn. 46.1, 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, Anh. § 164 Rn. 14). Die Befugnis zur Abänderung der Streitwertfestsetzung der ersten Instanz ergibt sich aus § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis.

Mit Urteil vom 18. Oktober 2007 sprach das Amtsgericht Aichach den Kläger der Nötigung im Straßenverkehr in zwei tatmehrheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit Nötigung in Tatmehrheit mit Beleidigung schuldig, verhängte eine Geldstrafe, entzog die Fahrerlaubnis und ordnete eine Sperrfrist von 18 Monaten für die Wiedererteilung an. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts war der Kläger am 31. Mai 2006 auf der Autobahn vom rechten auf den linken Fahrstreifen gewechselt und hatte dann grundlos eine Vollbremsung eingeleitet, wodurch das hinter ihm fahrende Fahrzeug massiv abbremsen musste. Am 12. Juli 2006 fuhr er auf der linken Fahrspur der Autobahn mit hoher Geschwindigkeit zunächst dicht auf ein vor ihm fahrendes Fahrzeug auf, überholte dieses dann rechts, scherte anschließend vor dem Fahrzeug ein und bremste dann ohne ersichtlichen Grund ab. Am 14. Juli 2006 überholte er auf einer mehrspurigen Bundesstraße ein Fahrzeug auf der rechten Fahrspur, wechselte dann wieder auf die linke Spur und beleidigte anschließend den Fahrer dieses Fahrzeugs durch eine Geste. Am 28. August 2006 überholte der Kläger erneut auf der Autobahn ein Fahrzeug auf der rechten Spur, wechselte vor diesem Fahrzeug wieder auf die linke Spur und bremste dann unvermittelt und grundlos sehr stark ab. Das Amtsgericht sah den vom Kläger bestrittenen Sachverhalt aufgrund der Einvernahme von Zeugen und der Inaugenscheinnahme von Videoaufzeichnungen des Verkehrsgeschehens als erwiesen an, die der Kläger mit einer in seinem Fahrzeug angebrachten Kamera während der Fahrt aufgenommen hatte. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil hatte lediglich hinsichtlich einer Reduzierung der Anzahl der Tagessätze und einer Verkürzung der Sperrfrist Erfolg (Urteil des Landgerichts Augsburg vom 20.6.2008).

Nachdem die Beklagte den Kläger mehrfach zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung aufgefordert und der Kläger daraufhin zwei seine Fahreignung verneinende Gutachten der DEKRA (Untersuchung am 25.6.2009) und der IAS (Untersuchung am 16.6.2011) vorgelegt hatte, lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis der Klassen A1, B, BE, L, M und S mit Bescheid vom 8. Februar 2012 ab. Der hiergegen eingereichte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 22.1.2014).

Mit Urteil vom 7. Mai 2014 hat das Verwaltungsgericht München die Klage des Klägers mit dem Antrag, die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 8. Februar 2012 und des Widerspruchsbescheids der Regierung von Oberbayern vom 22. Januar 2014 zur Erteilung der Fahrerlaubnis der Klassen A1, B, BE, L, M und S zu verpflichten, abgewiesen. Die Beklagte sei wegen der strafgerichtlichen Verurteilung des Klägers berechtigt gewesen, von ihm die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu verlangen. Ein positives Fahreignungsgutachten habe der Kläger jedoch nicht vorgelegt. Die Sachverhaltsfeststellungen und der Schuldspruch im Strafverfahren hätten den Gutachtensaufforderungen und den vorgelegten Gutachten uneingeschränkt zugrunde gelegt werden können. Die im strafgerichtlichen Verfahren bereits berücksichtigten Videoaufnahmen des Klägers könnten zu keinem anderen Ergebnis führen. Sie seien keine neuen Tatsachen oder Beweismittel und von der Beklagten und vom Gericht nicht zu prüfen. Eine vollständige Wiederholung der Beweisaufnahme des Strafprozesses im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sei nicht vorgesehen. Außerdem wäre die Inaugenscheinnahme der Videoaufzeichnungen durch das Verwaltungsgericht wegen des damit verbundenen Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der aufgenommenen Personen unzulässig. Schließlich habe sich der Kläger durch die Akzeptanz der strafgerichtlichen Urteile und Verzicht auf ihm zur Verfügung stehende Rechtsmittel der Möglichkeit beraubt, die Videoaufnahmen zu seiner Entlastung zu verwenden. Daher müsse er sich an der Verurteilung festhalten lassen. Im Übrigen ergebe die verbale Beschreibung des Klägers zum Vorfall vom 28. August 2006, dass sich dieser Vorfall tatsächlich wie im strafgerichtlichen Verfahren angenommen abgespielt habe und vom Kläger lediglich abweichend bewertet werde.

Zur Begründung des hiergegen eingereichten Antrags auf Zulassung der Berufung, dem die Beklagte entgegentritt, macht der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, Verfahrensmängel und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Aus der Antragsbegründung ergeben sich weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch liegt ein Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

a) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Sie dürfen unter anderem nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, so dass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird (§ 2 Abs. 4 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes [StVG] i. d. F. d. Bek. vom 5.3.2003 [BGBl I S. 310, 919], zuletzt geändert durch Gesetz vom 28.11.2014 [BGBl I S. 1802]; § 11 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr [Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV] vom 13.12.2010 [BGBl I S. 1980], zuletzt geändert durch Verordnung vom 16.12.2014 [BGBl I S. 2213]). Bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Klärung von Eignungszweifeln die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) anordnen (§ 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 FeV). Gleiches gilt bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen (§ 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 FeV).

Die Beklagte und das Verwaltungsgericht sind zutreffend davon ausgegangen, dass die Verurteilung des Klägers wegen Nötigung im Straßenverkehr und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs Zweifel an seiner Fahreignung begründet und daher die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens im Erteilungsverfahren rechtfertigt. Soweit der Kläger vortragen lässt, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils ergäben sich daraus, dass das Verwaltungsgericht die Inaugenscheinnahme der Videoaufzeichnungen abgelehnt habe, kann er damit nicht durchdringen. Zwar gilt die Bindungswirkung des in einem Strafverfahren festgestellten Sachverhalts, der Beurteilung der Schuldfrage und der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen gemäß § 3 Abs. 4 StVG für die Fahrerlaubnisbehörde zum einen ausdrücklich nur in einem Entziehungsverfahren und zum anderen lediglich für Abweichungen zum Nachteil des Betroffenen. Außerdem entfällt die Bindungswirkung, wenn gewichtige Anhaltspunkte, insbesondere neue Tatsachen oder Beweismittel als Wiederaufnahmegründe im Sinne des § 359 Nr. 5 StPO, für die Unrichtigkeit der tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil sprechen (BVerwG, B.v. 28.9.1981 - 7 B 188.81 - juris Rn. 7, B.v. 3.9.1992 - 11 B 22.92 - BayVBl 1993, 26 m. w. N.; BayVGH, B.v. 16.9.2010 - 11 ZB 09.2002 - juris Rn. 12 ff.). Trotz der gesetzlich nicht ausdrücklich angeordneten Bindungswirkung für das Erteilungsverfahren muss die Fahrerlaubnisbehörde oder das Verwaltungsgericht den in einem Straf- oder Bußgeldverfahren festgestellten Sachverhalt jedoch nicht jeweils neu ermitteln. Vielmehr können sie auch hier grundsätzlich von den für die Fahreignung relevanten strafrichterlichen Feststellungen ausgehen, an denen sich der Betroffene festhalten lassen muss, sofern nicht ausnahmsweise gewichtige Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestehen (vgl. BayVGH, B.v. 12.8.2013 - 11 ZB 11.2200 - juris Rn. 7 für die Wiedererteilung der Fahrlehr- und Fahrschulerlaubnis).

Gemessen daran ist das Verwaltungsgericht zu Recht von der Richtigkeit der Feststellungen des Amtsgerichts Aichach und des Landgerichts Augsburg ausgegangen und hat diese seiner Entscheidung zugrunde gelegt, ohne die Videoaufzeichnungen des Klägers in Augenschein zu nehmen. Neu im Sinne von § 359 Nr. 5 StPO sind nur solche Tatsachen und Beweismittel, die erst nach dem Urteil im Strafverfahren eingetreten oder dem erkennenden Gericht zuvor nicht bekannt gewesen sind (Schmidt in Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 7. Auflage 2013, § 359 Rn. 24). Das ist hier nicht der Fall. Vielmehr lagen die Videoaufzeichnungen bereits im Strafverfahren vor, wurden von den Gerichten in beiden Rechtszügen eingesehen und bei der Urteilsfindung berücksichtigt. Es handelt sich dabei somit nicht um neue Tatsachen oder Beweismittel i. S.v. § 359 Nr. 5 StPO. Von der erneuten Verwertung konnte das Verwaltungsgericht daher ohne Verletzung der Amtsaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) und unabhängig von der Frage, ob die Inaugenscheinnahme und Berücksichtigung im Hinblick auf die Persönlichkeitsrechte der ohne ihr Wissen aufgezeichneten anderen Verkehrsteilnehmer überhaupt zulässig wäre (vgl. dazu VG Ansbach U.v. 12.8.2014 - AN 4 K 13.01634 - DAR 2014, 663; AG München, B.v. 13.8.2014 - 345 C 5551.14 - ZD 2014, 530), absehen.

Gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit des strafrichterlich festgestellten Sachverhalts ergeben sich auch nicht daraus, dass das Geständnis des Verurteilten und das Ergebnis des Verfahrens auf einer Verständigung im Strafprozess nach § 257c StPO beruhen (vgl. BVerwG, B.v. 3.9.1992 a. a. O. und BayVGH, B.v. 12.8.2013 a. a. O.). Anderes gilt allenfalls dann, wenn neue Erkenntnisse dafür vorliegen, dass der Verurteilte aufgrund einer solchen Verständigung die ihm zur Last gelegten Verstöße der Wahrheit zuwider auf sich genommen hat. Dafür ist hier nichts ersichtlich. Vielmehr hat der Kläger die ihm zur Last gelegten Taten auch nach seiner Verurteilung beispielsweise bei einer verkehrspsychologischen Einzeltherapie zumindest teilweise eingeräumt. In der vom Kläger selbst der Beklagten vorgelegten Bestätigung vom 17. Juni 2009 führt die Fachpsychologin für Verkehrstherapie hierzu aus, der Kläger nehme das Überholen auf der rechten Spur und anschließende Ausbremsen des Fahrzeugs rückblickend sehr kritisch wahr. Sein Ärger über den vorausfahrenden Verkehrsteilnehmer habe zu einem äußerst impulsiven Handeln geführt. Im DEKRA-Gutachten (Untersuchungsdatum 25.6.2009) wird der Kläger unter anderem wie folgt zitiert (S. 7 f.): „Im Jahr 2006, bei mir hat sich ein schlechter Fahrstil eingeschlichen, das heißt rechts überholen. Ich habe gelernt, dass das Ausbremsen keine belehrende Wirkung hat, keinen Effekt hat. … Dass ich Fehler gemacht habe, die sich im Laufe der Jahre langsam eingeschlichen haben. Ich habe erkannt, was zu tun ist, damit es nicht mehr passiert. Ja, diese Kette aufbrechen. Diese Kette besteht aus Lichthupe, rechts überholen, ausbremsen und Kopfschusszeichen geben. Ich werde das nicht mehr tun, es ist gefährlich und verboten.“

Unter diesen Umständen ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Kläger - ausgehend von der Richtigkeit der Feststellungen im Strafverfahren - gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 5 und 7 FeV zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung aufgefordert und aufgrund der von ihm vorgelegten und nachvollziehbaren negativen Gutachten der DEKRA und der IAS seinen Antrag auf Erteilung der Fahrerlaubnis abgelehnt hat.

b) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils oder ein entscheidungserheblicher Verfahrensmangel wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs oder unterbliebener Aufklärung des Sachverhalts sind auch nicht deshalb anzunehmen, weil das Verwaltungsgericht die Zulässigkeit der Inaugenscheinnahme der Videoaufzeichnungen verneint hat. Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung nicht allein tragend auf diesen Gesichtspunkt gestützt, sondern die Inaugenscheinnahme - wie bereits ausgeführt zu Recht - auch deshalb abgelehnt, weil die Videoaufzeichnungen bereits im Strafverfahren berücksichtigt worden waren und es sich bei ihnen somit nicht um neue Tatsachen oder Beweismittel i. S.v. § 359 Nr. 5 StPO handelt, die die strafgerichtlichen Feststellungen im Verfahren hinsichtlich der Erteilung der Fahrerlaubnis in Frage stellen können. Die Zulassung der Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils setzt jedoch voraus, dass der Rechtsmittelführer einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011.10 - NVwZ 2011, 546; B.v. 16.7.2013 - 1 BvR 3057.11 - BVerfGE 134, 106 Rn. 36). Auch wegen eines Verfahrensmangels kann die Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO nur zugelassen werden, wenn die Entscheidung auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen und der Verfahrensmangel somit für die Entscheidung ausschlaggebend gewesen sein kann. Daran fehlt es hinsichtlich der vom Verwaltungsgericht als nicht neu i. S.v. § 359 Nr. 5 StPO angesehenen und abgelehnten Inaugenscheinnahme der Videoaufzeichnungen. Auf die ebenfalls verneinte Zulässigkeit ihrer Berücksichtigung kam es für die Klageabweisung nicht entscheidungserheblich an.

c) Schließlich ist die Berufung auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Die hierzu in der Antragsbegründung aufgeworfene Frage, ob Behörden und Verwaltungsgerichte sich „unbesehen auf die Rechtskraft von Deal-Urteilen“ stützen dürfen, würde sich im Berufungsverfahren nicht stellen. Das Verwaltungsgericht hat sich nicht „unbesehen“ auf die Feststellungen des Amtsgerichts Aichach und des Landgerichts Augsburg gestützt. Es hat diese vielmehr (auch) deshalb seiner Entscheidung zugrunde gelegt, weil die Videoaufzeichnungen, mit denen der Kläger die Unrichtigkeit des angenommenen Sachverhalts belegen will, bereits im Strafverfahren berücksichtigt wurden und damit keine neuen Tatsachen oder Beweismittel sind, mit denen die Unrichtigkeit der tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil belegt werden könnte. Abgesehen davon ist die Frage der Berücksichtigung strafrichterlicher Feststellungen in einem Urteil, das auf einer Absprache beruht, nicht klärungsbedürftig. Vielmehr kann diese Frage im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. September 1992 (11 B 22.92 - BayVBl 1993, 26) dahingehend als geklärt angesehen werden, dass sich der Verurteilte den in einem Strafverfahren festgestellten Sachverhalt auch im Falle einer Verständigung bei der Prüfung seines Antrags auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis jedenfalls dann entgegenhalten lassen muss, wenn er - wie hier - gegen das Strafurteil weder Berufung eingelegt noch später ein Wiederaufnahmeverfahren betrieben hat und auch keine hinreichenden und nachvollziehbaren Gründe dafür vorträgt, warum er die ihm zur Last gelegten Verstöße der Wahrheit zuwider auf sich genommen haben könnte.

2. Als unterlegener Rechtsmittelführer hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 und § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nrn. 46.2 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der 2013 aktualisierten Fassung.

3. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.