Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 13. Okt. 2015 - Au 3 K 15.874

bei uns veröffentlicht am13.10.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von jugendhilferechtlicher Eingliederungshilfe für eine Legasthenietherapie.

1. Der am ... 2005 geborene Kläger besucht seit September 2012 die Grundschule in ..., derzeit in der vierten Jahrgangsstufe.

Am 25. August 2014 beantragten die sorgeberechtigten Eltern des Klägers beim Jugendamt des Beklagten die Übernahme der Kosten für eine Legasthenietherapie als Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII.

Dem Beklagten wurden zwei Jahreszeugnisse der ersten beiden Jahrgangsstufen, das Zwischenzeugnis der zweiten Jahrgangsstufe, ein ausgefüllter Elternfragebogen, ein Schulbericht und eine „Stellungnahme der Schule/Beratungslehrer“ vorgelegt. Auf deren Inhalt wird verwiesen.

Weiter legten die Eltern dem Beklagten den Bericht eines Kinder- und Jugendpsychiaters vom 24. März 2014 vor. In diesem wird u. a. als „Psychopathologischer Befund“ festgehalten:

„Im interpersonellen Kontakt freundlich und zugewandt, Stimmung ausgeglichen und affektiv schwingungsfähig, keine motorische Unruhe zu beobachten.“

Unter „Zusammenfassung und Empfehlung“ finden sich folgende Ausführungen:

„Wir hatten L. in der Testuntersuchung als einen aufgeschlossenen und leistungsbereiten, freundlich zugewandten Jungen kennengelernt. Im Intelligenztest hatte er durchschnittlich abgeschnitten. Im Gegensatz hierzu zeigten die Untersuchungen der Lese- und Rechtschreibfertigkeiten deutliche Auffälligkeiten, es liegt eine Lese- und Rechtschreibstörung vor.

Sie [gemeint: Eltern] üben bereits regelmäßig mit L. lesen, was sicherlich sehr wichtig ist. Zusätzlich könnte ein Lesetraining nach DÜRR für die Motivation förderlich sein. Darüber hinaus empfehlen wird die Einleitung einer qualifizierten lerntherapeutischen Unterstützung. ... Im schulischen Kontext erscheint es sinnvoll, mit einem entsprechenden Attest einen Nachteilsausgleich und Notenschutz zu bewirken. ...“

Mit Schreiben vom 7. Januar 2015 teilte der Beklagte den Sorgeberechtigten des Klägers mit, dass und aus welchen Gründen beabsichtigt sei, den Antrag auf Übernahme der Kosten der Legasthenietherapie abzulehnen und gab Gelegenheit zur Äußerung. Aufgrund der Angaben der Eltern und der Stellungnahmen der Schule bzw. der Lehrer sei ein Integrationsrisiko nicht ersichtlich. L. sei in die Klasse voll integriert. In seiner Freizeit treffe er sich gern mit Freunden, treibe Sport und komme mit andern gut aus. Eine Teilhabebeeinträchtigung sei nicht erkennbar. Wichtig seien allerdings häufige und regelmäßige Wiederholungen und Übungen (Lesen) im häuslichen Bereich.

Die Eltern des Klägers wandten sich daraufhin mit Schreiben vom 15. Januar 2015 an den Beklagten. Beim Kläger liege eine fachärztlich diagnostizierte Legasthenie vor. Das Jugendamt habe es bisher versäumt, ein Gutachten eines Kinder- und Jugendpsychiaters über die Abweichung der seelischen Gesundheit des Klägers einzuholen; ohne ein solches fachärztliches Gutachten sei eine Entscheidung über den gestellten Antrag nicht möglich. Es bestehe ein schulisches und soziales Integrationsrisiko. Die Leistungen im Rechtschreiben und Lesen seien unterdurchschnittlich. Der Kläger brauche viel Lob und Verstärkung und vor allem Einzelförderung, was die Schule nicht leisten könne. Wie aus der schulischen Stellungnahme weiter hervorgehe, habe der Kläger Angst, etwas Falsches zu sagen und beteilige sich deshalb nur sehr zurückhaltend am Unterricht. Eine häusliche, fachlich fundierte Förderung sei den Eltern mangels pädagogischer Kompetenz nicht möglich. Zu Beginn des ersten Schuljahres habe der Kläger starke Veränderungen in seiner Persönlichkeit gezeigt. Er habe begonnen, tagsüber einzukoten; nachts sei das Bett manchmal nass gewesen. Er habe im häuslichen Bereich und gegenüber Nachbarskindern starke aggressive Neigungen gezeigt; auch in den Schulpausen sei es öfters zu Rangeleien und größeren Auseinandersetzungen gekommen. Er habe auch kaum Kontakte zu anderen Kindern gesucht und nur sehr wenige eigene Freunde. Die Eltern hätten sich innerhalb der Familie um eine Stärkung der Persönlichkeit und des Selbstbewusstseins bemüht. Ein vermehrter Leistungsdruck durch nachmittägliches häusliches Üben sei nicht angezeigt, um dem Kläger die nötige Persönlichkeitshilfe angedeihen zu lassen. Demgegenüber bestehe aufgrund der bereits im September 2014 begonnenen Therapie die begründete Aussicht, „dass ein durchschnittlich begabter Junge auch einen durchschnittlichen Schulabschluss erreichen kann und am sozialen Leben in der Gesellschaft normal teilnehmen kann“...[12] 2. Mit Bescheid vom 9. Februar 2015 lehnte der Beklagte die Gewährung von Eingliederungshilfe in Form der Kostenübernahme für eine ambulante Legasthenietherapie ab.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass beim Kläger keine Teilhabebeeinträchtigung im schulischen oder sozialen Bereich (als Voraussetzung für die Gewährung von Eingliederungshilfe) erkennbar sei. Der Kläger sei in die Klasse sowie in die Familie integriert und habe sozialen Kontakt.

3. Gegen den Bescheid vom 9. Februar 2015 erhoben die Eltern des Klägers für diesen mit Schreiben vom 2. März 2015 Widerspruch, über den nicht entscheiden wurde.

4. Am 22. Juni 2015 erhoben die sorgeberechtigten Eltern des Klägers zum Verwaltungsgericht Augsburg Klage mit dem Antrag,

den Bescheid des Beklagten vom 9. Februar 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Kosten der beantragten Legasthenie-Therapie zu übernehmen.

Das Jugendamt habe ohne Einholung eines kinder- und jugendpsychiatrischen Gutachtens entschieden. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung habe ein soziales und schulisches Integrationsrisiko bestanden, auch wenn dies möglicherweise durch die frühzeitige Intervention der Eltern und die fachgerechte Förderung kaum erkennbar gewesen sei. Dies ergebe sich aus den Angaben der Eltern im Antrag, dem Schulfragebogen und dem kinder- und jugendpsychiatrischen Bericht. Auch das ärztlicherseits bestätigte Einkoten bestätige dies. Dass sich zwischenzeitlich der Zustand sehr gebessert habe, sei sowohl auf die Diagnosestellung und den schulischen Nachteilsausgleich als auch auf die im September 2014 begonnene Legasthenietherapie zurückzuführen.

Gleichzeitig werde - hilfsweise - Antrag auf Weitergewährung der zustehenden Eingliederungshilfe auch für das Schuljahr 2015/16 gestellt.

5. Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Eine Aussage zur Abweichung der seelischen Gesundheit vom Normalzustand werde in dem kinder- und jugendpsychiatrischen Bericht vom 24. März 2014 nicht getroffen.

Es liege auch kein schulisches oder soziales Integrationsrisiko vor, wie sich aus den Zeugnissen sowie den Angaben der Eltern, der Beratungslehrkraft sowie der Klassenlehrerin ergebe.

Das Zeugnis der ersten Klasse sowie das Zwischenzeugnis der zweiten Klasse spreche von einem guten Verhältnis des Klägers zu seinen Klassenkameraden, das Jahreszeugnis der zweiten Jahrgangsstufe von einem gleichberechtigten Arbeiten innerhalb der Klassengemeinschaft. Der Kläger suche zwar nur zu wenigen Kindern von sich aus Kontakt, könne aber auf Angebote seiner Mitschüler meist eingehen. Im Elternfragebogen werde auch angegeben, dass das besondere schulische Interesse des Klägers darin bestehe, Freunde zu treffen. Soziale Auffälligkeiten würden im Schulbericht verneint; eine normale Interaktion mit der Klassengemeinschaft werde bestätigt. Die Beratungslehrkraft attestiere eine sehr aktive Teilnahme am sozialen Geschehen in den Pausen und im Sport.

6. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Gründe

Die als Versagungsgegenklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthafte und auch sonst (als Untätigkeitsklage i. S. d. § 75 VwGO) zulässige Klage hat keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Rechtsanspruch auf Übernahme der Kosten einer Legasthenietherapie durch das Jugendamt (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Nach § 35a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) haben Kinder oder Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

- ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht (Nr. 1)

- und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist (Nr. 2).

Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieses Buches sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (Satz 2).

1.1 Tatbestandliche Voraussetzung der Gewährung von Eingliederungshilfe sind danach zwei voneinander zu unterscheidende Elemente, die kumulativ vorliegen müssen, zum einen die Abweichung von der alterstypischen seelischen Gesundheit (seelische Störung), zum andern die dadurch, d. h. kausal verursachte (bereits eingetretene oder zu erwartende) Teilhabebeeinträchtigung (vgl. BVerwG, U. v. 26.11.1998 - 5 C 38.97 - FEVS 49, 487). Nur wenn beide Voraussetzungen gegeben sind, kann eine „seelische Behinderung“ im Sinne des § 35a SGB VIII (zu diesem Begriff siehe amtliche Überschrift und Abs. 1 Satz 2 der genannten Vorschrift) angenommen werden.

Die erstgenannte Voraussetzung (seelische Störung) ist von einem dafür qualifizierten Gutachter (Facharzt, Psychotherapeut) festzustellen, wobei dessen Stellungnahme gegebenenfalls vom Träger der Jugendhilfe einzuholen ist (§ 35a Abs. 1a SGB VIII); dagegen hat über die (drohende) Teilhabebeeinträchtigung das Jugendamt - gegebenenfalls unter Beteiligung anderer Stellen - zu entscheiden (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 24.6.2009 - 12 B 09.602 - juris). Insoweit kommt dem Jugendamt allerdings kein Beurteilungsspielraum zu; vielmehr unterliegt der unbestimmte Rechtsbegriff der Teilhabebeeinträchtigung der vollen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2014 - 12 ZB 13.1283 - juris m. w. N.).

Im Rahmen der Feststellung einer Teilhabebeeinträchtigung i. S. v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII obliegt es dem Jugendamt, die vorliegenden Informationen - etwa aus dem Elternhaus, aus der Schule oder aus Einrichtungen, die der Betroffene bereits besucht (hat), von Ärzten oder Fachkräften außerhalb des Jugendamtes, ins-besondere wenn sie den Betroffenen bereits betreuen oder betreut haben - heran-zuziehen, auszuwerten und daraus nachvollziehbare und gerichtlich überprüfbare Schlussfolgerungen zu treffen. Es gilt der Untersuchungsgrundsatz des § 20 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdaten-schutz (SGB X) mit der Folge, dass das Jugendamt alle wesentlichen entscheidungserheblichen Tatsachen zu ermitteln hat (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 7.12.2010 - CE 10.2326 - juris).

Vom Vorliegen einer Teilhabebeeinträchtigung i. S. v. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII ist dann auszugehen, wenn die Fähigkeit des Betroffenen zu altersgemäßen Handlungsmöglichkeiten und Kontakten in den Bereichen Familie, Schule, Freizeit und - vorliegend nicht relevant - Ausbildung und Beruf aufgrund der Abweichung der seelischen Gesundheit vom lebensalterstypischen Zustand beeinträchtigt ist (vgl. BayVGH, B. v. 10.9.2012 - 12 ZB 12.1076; B. v. 23.7.2012 - 12 ZB 11.1742 - beide juris). Erforderlich ist daher, dass eine nachhaltige Einschränkung der „sozialen Funktionstüchtigkeit“ des betreffenden Kindes oder Jugendlichen vorliegt oder eine solche droht (vgl. OVG NRW, B. v. 12.06.2014 - 12 A 659/14 - juris). Bezogen auf den schulischen Bereich ist dies beispielsweise bei einer auf Versagensängsten beruhenden Schulphobie, bei einer totalen Schul- und Lernverweigerung, bei einem Rückzug aus jedem sozialen Kontakt oder bei einer Vereinzelung in der Schule, nicht jedoch bereits bei bloßen Schulproblemen - auch nicht bei schlechten schulischen Leistungen - oder auch Schulängsten, die auch bei Kindern ohne seelische Störung auftreten können, anzunehmen (vgl. BVerwG, U. v. 26.11.1998 - 5 C 38.97 - FEVS 49, 487; OVG NRW, B. v. 3.2.2015 - 12 B 1493/14 - juris).

1.2 Der Beklagte hat im vorliegenden Fall seiner Amtsermittlungspflicht nach § 20 SGB X genügt.

Insbesondere bestand - entgegen der klägerischen Auffassung - aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung über der Antrag keine Veranlassung zur Einholung einer den Anforderungen des § 35a Abs. 1a SGB VIII entsprechenden (fach-) ärztlichen oder (fach-) therapeutischen Stellungnahme zur Frage des Vorliegens einer seelischen Störung; die Einholung einer solchen Stellungnahme ist auch zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht geboten. Denn es ist nicht erkennbar, dass beim Kläger überhaupt eine Teilhabebeeinträchtigung vorlag/vorliegt bzw. zu erwarten war/ist, wie nachfolgend noch dargelegt wird. Fehlt es bereits an einer (bestehenden oder zu erwartenden) Teilhabebeeinträchtigung, so kann es für die Frage, ob ein Anspruch auf Eingliederungshilfe - wie klägerseits beantragt - besteht oder nicht, auf das eventuelle Vorliegen einer seelischen Störung i. S. d. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XIII nicht mehr ankommen.

Der Beklagte hat seine Entscheidung über das (Nicht-) Vorliegen einer bereits eingetretenen oder drohenden Teilhabebeeinträchtigung auf eine tragfähige und nach Lage der Dinge ausreichende Erkenntnisgrundlage gestützt. Er hat die ihm vorgelegten Schulzeugnisse, den von den Sorgeberechtigten sorgfältig ausgefüllten umfangreichen Elternfragebogen, den „Schulbericht zum Antrag auf Eingliederungshilfe“, die „Stellungnahme der Schule/Beratungslehrer zum Antrag auf Kostenübernahme für eine Legasthenie-/Dyskalkulietherapie“ und den kinder- und jugendpsychiatrischen Bericht vom 24. März 2014 zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht. Es ist nicht erkennbar, dass und welche weiteren behördliche Ermittlungen möglicherweise zu umfangreicheren oder präziseren Erkenntnissen hätten führen können. Soweit die Sorgeberechtigten in ihrem Schreiben vom 15. Januar 2015 an den Beklagten sowie in der Klagebegründung ausführen, dass der Kläger „zu Beginn des ersten Schuljahres“ begonnen habe, tagsüber einzukoten und „manchmal auch das Bett nass“ gewesen sei, weswegen sie auf Empfehlung des Kinderarztes beim Kinderpsychologen vorstellig geworden seien, löste dies keine Verpflichtung des Jugendamts zu weiteren Ermittlungen aus, denn die Antragstellung erfolgte zu Beginn der dritten Jahrgangsstufe, wo diese Symptome nach den elterlichen Angaben im Elternfragebogen offensichtlich nicht mehr auftraten. Nach den Angaben der Sorgeberechtigten unter Ziffer VI. Nr. 1. „Entwicklung des Problemverhaltens“ („Einkoten in der ersten Klasse (derzeit besser)“) konnte der Beklagte davon ausgehen, dass ein solches Verhalten, das nach den Angaben unter VI. 2. und 3. mit der Einschulung auftrat, z.Zt. der Antragstellung nicht mehr relevant war. Im Übrigen wird auch in dem kinderpsychiatrischen Bericht vom 24. März 2014 weder auf ein derartiges Problemverhalten des Klägers noch darauf hingewiesen, dass der Anlass der ärztlichen Untersuchung damit zusammenhängen könnte. Die Sorgeberechtigten haben auch weder mit dem Antrag auf Leistungsgewährung noch zu einem späteren Zeitpunkt ein entsprechendes ärztliches Attest beigebracht; dies hätte sich den Eltern bei einem Anhalten der problematischen Verhaltensweisen jedenfalls aufdrängen müssen, um eine „Anstoßwirkung“ in Richtung auf eine weitere Amtsermittlung durch das Jugendamt auszulösen. Auch die im Schreiben der Eltern vom 15. Januar 2015 an das Jugendamt und in der Klagebegründung geschilderten aggressiven Verhaltensweisen, zeigten sich zum Zeitpunkt der Antragstellung wohl nicht mehr, zumindest nicht mehr in dem Umfang wie früher; ansonsten hätten die Eltern im Elternfragbogen unter Ziffer V. „Beziehungen zu anderen Personen“ nicht angegeben, dass das „Verhältnis zu Mutter und Vater gleich gut“ sei, der Kläger „fast täglich“ seine Freizeit „mit Freunden“ verbringe und in der Gruppe „gut mit den anderen auskommt“ (wobei keine der weiter vorgegebenen Optionen, die auf aggressives Verhalten schließen lassen könnten, gekennzeichnet war).

Auch zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bestand - weder für den Beklagten noch für das Verwaltungsgericht (vgl. dazu OVG NRW, B. v. 16.2.2014 - 12 A 659/14 - juris) - Veranlassung zu weiteren Ermittlungen, da - wie unten noch dargelegt wird - die in der mündliche Verhandlung erstmals vorgelegten Unterlagen sowie die Angaben der Eltern keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Teilhabebeeinträchtigung ergeben.

1.3 Entgegen der Auffassung der Klägerseite bestand zum Zeitpunkt der Antragstellung im August 2014 sowie auch der Entscheidung des Jugendamts im Februar 2015 (auf frühere Zeitpunkte, etwa den Zeitpunkt der Einschulung, der bereits zwei Jahre zurück lag, kommt es nicht an) kein erkennbares Integrationsdefizit oder -risiko, das als Grundlage für die Gewährung von Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII hätte angesehen werden können.

Soweit es den familiären Bereich betrifft, konnte das Jugendamt seine Beurteilung in erster Linie auf die Angaben der Eltern im Elternfragebogen stützen. Hieraus wird ein Teilhabedefizit auch nicht im Ansatz erkennbar. Wie oben bereits dargelegt, haben die Eltern auf ein gutes Verhältnis des Klägers zu beiden Elternteilen hingewiesen. Er vertrage sich gut mit seinem (jüngeren) Bruder; eine besondere Zuneigung bestehe auch zu den Großeltern. Ein besonderes Interesse habe der Kläger an Aktivitäten mit der Familie.

Auch hinsichtlich des Freizeitbereichs konnte das Jugendamt im Wesentlichen (nur) die elterlichen Angaben als Erkenntnisgrundlage heranziehen. Danach habe der Kläger (drei) Freunde, verbringe seine Freizeit fast täglich mit gleichaltrigen Freunden und vertrage sich gut mit anderen innerhalb einer Gruppe.

Schließlich kann auch nicht erkannt werden, dass der Kläger im schulischen Bereich teilhabebeeinträchtigt gewesen wäre. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass schlechte schulische Leistungen, auch wenn sie anhalten, für sich genommen noch keine Teilhabebeeinträchtigung darstellen; im jugendhilferechtlichen Sinn kommt es vielmehr auf die „soziale Funktionsfähigkeit“ des Kindes an, d. h. ob die Fähigkeit zur Partizipation am Leben in der (schulischen) Gemeinschaft, insbesondere innerhalb der besuchten Klasse, im Sinne einer aktiven, selbstbestimmten und altersgemäßen Ausübung sozialer Funktionen und Rollen (vgl. Wiesner, SGB VIII, 4. Auflage, § 35a Rn. 19 m. w. N.) gestört ist oder eine solche Störung droht. Insoweit haben die Eltern im betreffenden Fragebogen zwar angegeben, dass der Kläger nicht gern zur Schule gehe - auch von „Schulangst“ ist die Rede - und „alle Fächer“ nicht möge, doch vermitteln die Bemerkungen in den Zeugnissen sowie die weiteren Äußerungen der Schule bzw. der Lehrkräfte, denen hinsichtlich des Bereichs Schule eine besondere Bedeutung zukommt, ein differenzierteres Bild. So wird in den vorgelegten Zeugnissen unter „Sozialverhalten“ ausgeführt, dass er gleichberechtigt und meist lösungsorientiert mit anderen Kindern zusammenarbeite und auf Angebote seiner Mitschüler meist interessiert eingehe, auch wenn er von sich aus nur zu wenigen Kindern Kontakt suche (Jahreszeugnis 2. Jahrgangsstufe). Im Zwischenzeugnis der 2. Jahrgangsstufe wurde der Kläger als freundlicher, hilfsbereiter Schüler beschrieben, der ein gutes Verhältnis zu seinen Klassenkameraden habe, auch wenn er sich bei Gruppenarbeiten ruhig und zurückhaltend verhalte. Bereits im Jahreszeugnis der ersten Jahrgangsstufe ist erwähnt, dass der Kläger ein gutes Verhältnis zu seinen Mitschülern habe, mit denen er offen und freundlich umgegangen sei. Die Zusammenarbeit sei ihm mit vielen Kindern gelungen und er habe sich meist zuverlässig an vereinbarte Klassen und Gesprächsregeln gehalten. Die in den Zeugnissen beschriebenen sozialen Verhaltensweisen des Klägers in der Schule finden sich auch im Wesentlichen in den weiteren Äußerungen der betreffenden Lehrkräfte. Die Klassenlehrerinnen in den verschiedenen Jahrgangsstufen geben an, dass die Fähigkeit des Klägers, sich in die Interaktionen der Klassengemeinschaft einzubringen, „normal“ ausgeprägt sei. In „sozialen Situationen“ zeige er keine besonderen Auffälligkeiten, sondern verhalte sich meist unauffällig. Hiervon ausgehend lassen sich Symptome, die auf eine auf Versagensängsten beruhende Schulphobie, eine Schul- und Lernverweigerung, einen Rückzug aus jedem sozialen Kontakt oder eine Vereinzelung in der Schule schließen ließen, jedenfalls nicht erkennen.

In der Gesamtschau der Angaben sowohl der Eltern als auch der Schule bzw. Lehrkräfte kann somit keine (bestehende oder drohende) Teilhabebeeinträchtigung bejaht werden. Bestätigt wird diese Einschätzung nicht zuletzt auch durch den kinder- und jugendpsychiatrischen Bericht vom 24. März 2014, wonach der Kläger als im interpersonellen Kontakt aufgeschlossener, leistungsbereiter und freundlich zugewandter Junge beschrieben wird.

1.4 Auch zum Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung kann die Kammer eine Teilhabebeeinträchtigung i. S. d. § 35a Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII nicht erkennen.

So haben die sorgeberechtigten Eltern des Klägers in der Klageschrift vom 18. Juni 2015 auf einen „aktuell ... sehr gebesserten“ Zustand und eine „sehr erfolgreiche Legasthenietherapie“ hingewiesen, was gegen eine zwischenzeitlich, d. h. nach Bescheidserlass eingetretene Teilhabebeeinträchtigung spricht.

Auch aus den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen (Lehrerfragebogen, Leseprobe) lassen sich keine ausreichenden Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Integrationsrisikos entnehmen. Zwar wird hieraus ersichtlich, dass der Kläger nach wie vor nicht unerhebliche Schwächen im Lesen und Rechtschreiben aufweist, was ihn offensichtlich auch belastet, doch wird von der Klassenlehrerin ausgeführt, dass er sehr umgänglich sei, sich in die Klassengemeinschaft gut einfüge und mit seinen Mitschülern gut zurecht komme.

Dass der Kläger, wie von seinen Eltern in der mündlichen Verhandlung vorgetragen wurde, dem Bundesleistungskader des Deutschen Skiverbands in der Sportart Snowboard angehört, spricht ebenfalls nicht für (sondern eher gegen) eine Teilhabebeeinträchtigung (im Freizeitbereich).

2. Nach allem ist die Klage mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 188 Satz 2 VwGO).

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet seine Rechtsgrundlage in § 167 VwGO, §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 13. Okt. 2015 - Au 3 K 15.874

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 13. Okt. 2015 - Au 3 K 15.874

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 13. Okt. 2015 - Au 3 K 15.874 zitiert 12 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 75


Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von d

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 188


Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in e

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 35a Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischer Behinderung oder drohender seelischer Behinderung


(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn 1. ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und2. daher ihre Teilhabe am Leben in d

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 20 Untersuchungsgrundsatz


(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. (2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 13. Okt. 2015 - Au 3 K 15.874 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 13. Okt. 2015 - Au 3 K 15.874 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 23. Apr. 2014 - 12 ZB 13.1283

bei uns veröffentlicht am 23.04.2014

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der zulässige Antrag ist unbegründet

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 03. Feb. 2015 - 12 B 1493/14

bei uns veröffentlicht am 03.02.2015

Tenor Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. 1G r ü n d e : 2Die zulässige Beschwerde ist unbegründet, weil die Entscheidung des Verwaltungsgeric

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 12. Juni 2014 - 12 A 659/14

bei uns veröffentlicht am 12.06.2014

Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. 1G r ü n d e : 2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, denn

Referenzen

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der zulässige Antrag ist unbegründet. Zulassungsgründe liegen - soweit dargelegt - nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung begegnet keinen ernstlichen Zweifeln (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat zutreffend einen Anspruch des Klägers auf Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten für seine Unterbringung im Internat J. ... im Zeitraum vom September 2011 bis 9. August 2012 verneint.

1.1 Der Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht hätte sich zu Unrecht auf den Standpunkt gestellt, die vom Jugendamt getroffene Entscheidung sei nicht schon deshalb fehlerhaft, weil es im Verwaltungsverfahren nicht abschließend geprüft habe, ob eine seelische Behinderung vorliege und in welchen Bereichen diese eine Teilhabebeeinträchtigung kausal bedinge, kann keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils begründen. Denn im Rahmen der vom Kläger erhobenen Verpflichtungsklage ist nicht zu prüfen, ob der Träger der öffentlichen Jugendhilfe seiner verfahrensrechtlichen Verpflichtung nach § 35a Abs. 1a SGB VIII nachgekommen ist, sondern ob der geltend gemachte Anspruch auf Gewährung der begehrten Eingliederungshilfe - hier die Übernahme der Internatskosten im streitigen Zeitraum - besteht (BVerwG, U. v. 18.10.2012 - 5 C 15/11 - BVerwGE 144, 364, Rn. 12 bei juris).

Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung zu Recht auf das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung der selbstbeschafften Hilfe abgestellt (§§ 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 35a SGB VIII) und in diesem Zusammenhang eine seelische Behinderung des Klägers (§ 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII) aufgrund der fachärztlichen Stellungnahme vom 13. Oktober 2012 sowie die daraus folgende Teilhabebeeinträchtigung nach § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII bejaht. Zur Beurteilung der aus der seelischen Behinderung resultierenden Defizite für die soziale Integration des Klägers hat das Verwaltungsgericht zutreffend die sozialpädagogische Prüfung berücksichtigt, die der Beklagte aufgrund der im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen vorgenommen hat, da die fachliche Beurteilung zur Feststellung des Defizits bei der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft den Fachkräften des Jugendamts obliegt (vgl. den im Prozesskostenhilfeverfahren des Klägers ergangenen Beschluss des Senats vom 4.3.2013 - 12 C 13.38 - m. w. N.).

1.2 Die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Gericht die vom Beklagten vorgenommene Bewertung des Ausmaßes der beim Kläger bestehenden Beeinträchtigungen für nachvollziehbar hält und die Entscheidung zur mangelnden Erforderlichkeit und Geeignetheit der konkret beantragten Hilfemaßnahme als rechtlich nicht zu beanstanden bewertet.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Beurteilung des Vorliegens einer Teilhabebeeinträchtigung nach § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, dass dem Jugendhilfeträger aber im Hinblick auf die Auswahlentscheidung über die Hilfeart ein Entscheidungsspielraum eröffnet ist, weil es sich hierbei um das Ergebnis eines kooperativen pädagogischen Entscheidungsprozesses handelt, das nicht den Anspruch objektiver Richtigkeit erhebt und auch nicht durch eine gerichtliche Bewertung - gegebenenfalls mit Hilfe von Sachverständigen - ersetzt werden kann (BayVGH, B. v. 4.3.2013, a. a. O. m. w. N.).

Vorliegend hat die Fachkraft des Jugendamts in der Stellungnahme vom 4. April 2013 und in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ausgeführt, dass der Kläger grundsätzlich zum anspruchsberechtigten Personenkreis nach § 35a SGB VIII gehört, da bei ihm Auffälligkeiten im sozialen Bereich vorliegen, die alle Lebensbereiche betreffen, weshalb ein gewisses bereits vorhandenes Defizit bei der Teilhabe zu bejahen sei. Diese Probleme werden vom Jugendamt jedoch als nicht so schwerwiegend erachtet, weshalb dieses im Rahmen des ihm eröffneten Entscheidungsspielraums hinsichtlich der notwendigen und geeigneten Hilfeart zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die selbstbeschaffte familienersetzende Hilfe in Form der stationären Internatsunterbringung mit psychologischer Betreuung vorliegend nicht erforderlich war.

Die Einwendungen des Klägers gegen diese Beurteilung greifen nicht durch. Die vom Jugendamt vorgenommene Bewertung der Art und des Ausmaßes der Teilhabebeeinträchtigung des Klägers entspricht den vorliegenden schulischen Stellungnahmen. Bereits in den Schulberichten der ...schule wird von schulischen Problemen des Klägers infolge der diagnostizierten Legasthenie und Aufmerksamkeitsstörung, aber auch von Schwierigkeiten im sozialen und emotionalen Bereich berichtet. Dem Kläger wird aber gerade im 4. Schuljahr eine Besserung, auch in seinem Verhalten bei den Kontakten zu seinen Mitschülern, bescheinigt (persönlicher Brief zum Halbjahr vom Februar 2011, Bl. 4 der Behördenakte; pädagogisches Wortgutachten zum Übertritt vom 22.7.2011, Bl. 3 der Behördenakte). In der ergänzenden Stellungnahme der ehemaligen Klassenlehrerin der ...schule vom 14. September 2012 wird zwar relativierend darauf hingewiesen, dass die persönlichen Briefe an die Kinder stets positiv geschrieben würden, die Besserung im Lern- und Sozialverhalten des Klägers, insbesondere seit Beginn der 4. Klasse, ergebe sich aber auch aus der Schulstellungnahme zum Eingliederungshilfeantrag (Bl. 7 f. der Behördenakte) sowie aus der ergänzenden Stellungnahme vom 14. September 2012 selbst. Soweit darin im Übrigen ausgeführt wird, dass der Kläger noch Hilfestellung und „Begleitung mit viel Struktur und klaren Vorgaben“ benötigt, hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass hieraus ebenso wenig wie aus der vorgelegten Stellungnahme des Fahrers des Schulbusses vom 12. März 2013 darauf geschlossen werden kann, dass schwerwiegende Probleme des Klägers wie z. B. totale Vereinzelung in der Schule vorgelegen hätten. Auch im Entwicklungsbericht des J. ... vom 10. September 2012 wird zwar von Konflikten des Klägers mit Gleichaltrigen berichtet, zugleich aber auch festgestellt, dass dem Kläger die gemeinsamen Beschäftigungen mit den Mitschülern äußerst wichtig seien und er bei Gruppenaktivitäten gerne dabei sei.

Nicht gefolgt werden kann der Auffassung des Klägers, in der Stellungnahme des Jugendamts vom 7. April 2013 werde überhaupt nicht auf die fachärztliche Stellungnahme vom 31. Oktober 2012 eingegangen. Denn das genannte Schreiben des Beklagten verweist auf die angefügte sozialpädagogische Stellungnahme vom 4. April 2013, in der sich die zuständige Fachkraft des Jugendamts mit den vom Facharzt genannten Gründen für seine Empfehlung zum Verbleib des Klägers im Internat auseinander setzt und letztendlich zu dem Ergebnis gelangt, dass die stationäre Unterbringung in der beantragten Form nicht zwingend erforderlich ist. Das wird zum Einen damit begründet, dass sich aus den vorliegenden ärztlichen und schulischen Berichten keine Notwendigkeit für ein über die Möglichkeiten einer Regelschule hinausgehendes schulisches Förderangebot ergibt. Im Hinblick auf die erforderliche Unterstützung bei Integrationsproblemen und Konfliktsituationen in der Schule wird auf die an der Mittelschule vorhandenen Jugendsozialarbeiter, den mobilen sonderpädagogischen Dienst und die Schulpsychologin hingewiesen. Weiter wird angeführt, dass sich die Rahmenbedingungen eines strukturierten Tagesablaufs auch in einer teilstationären Jugendhilfemaßnahme mit fachlicher (heilpädagogischer) Betreuung sowie gegebenenfalls durch die Stärkung der elterlichen Erziehungskompetenzen mittels einer sozialpädagogischen Familienhilfe erreichen lassen und damit das soziale (familiäre) Umfeld des Klägers einbezogen und erhalten bleibt.

Angesichts dessen fehlt es schon an der notwendigen Darlegung und ist auch im Übrigen nicht erkennbar, dass das Jugendamt bei dieser Bewertung allgemein gültige fachliche Maßstäbe nicht beachtet hat bzw. sachfremde Erwägungen in die Entscheidung eingeflossen sind. Im Hinblick darauf, dass es sich vorliegend um eine selbstbeschaffte Hilfe handelt, musste der Beklagte auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Kontinuität und Verlässlichkeit, auf die in der fachärztlichen Stellungnahme vom 31. Oktober 2012 abgestellt wird, die seit September 2011 andauernde Unterbringung des Klägers im J. ... berücksichtigen. In der sozialpädagogischen Stellungnahme vom 4. April 2013 wird sowohl auf die Beeinträchtigungen im schulischen Bereich als auch auf die Bearbeitung von Integrationsproblemen eingegangen und die fehlende Erforderlichkeit der begehrten stationären Unterbringung mit den aufgezeigten, an der öffentlichen Schule vorhandenen Unterstützungsangeboten in Kombination mit einer Nachmittagsbetreuung, gegebenenfalls unterstützt durch ambulante Hilfen, nachvollziehbar begründet.

Inwiefern es auf der Hand liegen soll, dass derartige alternative Hilfen nicht ausreichen, erschließt sich dem Senat nicht und wird auch in der Zulassungsbegründung nicht dargelegt. Gründe, weshalb vorliegend eine pädagogisch-psychologisch interdisziplinäre Betreuung durch Fachkräfte erforderlich sein soll, die dem Kläger ständig, also Tag und Nacht, stützend zur Verfügung stehen müssten, ergeben sich weder aus der fachärztlichen Stellungnahme vom 31. Oktober 2012 noch aus der Begründung des Zulassungsantrags. Solche sind im Übrigen auch auf der Grundlage der oben dargestellten Feststellungen zum Integrationsrisiko des Klägers nicht ersichtlich. Insbesondere kann die Erforderlichkeit einer stationären Unterbringung, wie der Kläger selbst ausführt, nicht daraus abgeleitet werden, dass sich die Mutter des Klägers eine Entlastung von ihrer sich aus dem Personensorgerecht ergebenden Pflicht zur vollumfänglichen Betreuung ihres Sohnes einschließlich der schulischen Belange wünschte.

Es bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, dass die in der Stellungnahme vom 4. April 2013 angesprochene Stärkung der elterlichen Erziehungskompetenz mit Hilfe ambulanter Maßnahmen wie der sozialpädagogischen Familienhilfe nicht zum Erfolg geführt hätte. Auf die Krankheit des (nicht sorgeberechtigten) Vaters des Klägers kommt es insoweit nicht an, weil der Kläger und seine Mutter erst nach Ablauf des streitgegenständlichen Zeitraums, also ab dem 8. September 2012 zu diesem gezogen sind. Daher kann auch dahinstehen, ob die Behauptung des Klägers zutrifft, dass aufgrund der psychischen Erkrankung des Vaters eine sozialpädagogische Familienhilfe kaum zielführend gewesen wäre. Im Hinblick auf die Versorgung der pflegebedürftigen Großmutter des Klägers durch dessen Mutter hat das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass diese ihre Mutter später sogar von einem anderen Wohnort aus betreuen konnte. Danach besteht kein Anlass zu der Annahme, dass sie im streitgegenständlichen Zeitraum durch die Pflege derart belastet war, dass die vom Jugendamt alternativ vorgeschlagenen Hilfemaßnahmen - zumal diese eine Nachmittagsbetreuung des Klägers vorsehen - nicht geeignet gewesen wären, dessen Teilhabebeeinträchtigung zu beseitigen.

Zudem weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass die begehrte Fremdunterbringung die Teilhabe des Klägers in der Familie und in der Gesellschaft in seinem Heimat- und damaligen Wohnort beeinträchtigt, zumal der Kläger in der weiteren Entwicklung im streitgegenständlichen Zeitraum wegen der Entfernung zur Schule die Mutter auch an den Wochenenden nicht mehr besucht hat. Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, vor diesem Hintergrund sei die sozialpädagogische Entscheidung, dem Erhalt des familiären und sozialen Umfelds Vorrang einzuräumen und daher ambulante und teilstationäre Hilfe anzubieten, nachvollziehbar, begegnet nach alledem keinen rechtlichen Bedenken.

1.3 Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ergeben sich auch nicht daraus, dass das Jugendamt des Beklagten bei der Prüfung der Teilhabebeeinträchtigung des Klägers und bei der Bewertung der Erforderlichkeit der Hilfeart keine weiteren Stellen eingebunden hat. Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich ein solches Erfordernis insbesondere auch nicht aus dem im vorangegangenen Prozesskostenhilfeverfahren ergangenen Beschluss des Senats vom 4. März 2013 (12 C 13.38) ableiten. In dieser Entscheidung wird die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der damals noch gänzlich fehlenden Beurteilung der im gerichtlichen Verfahren vorgelegten fachärztlichen Stellungnahme vom 31. Oktober 2012 durch Fachkräfte des Jugendamts begründet. Der Senat hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass diese auf der Grundlage der fachärztlichen Stellungnahme vom 31. Oktober 2012 weitere Feststellungen zu Art und Inhalt der Gefährdung der sozialen Integration und der sozio-emotionalen Entwicklung des Klägers zu treffen und auf dieser Grundlage die zur Beseitigung des Integrationsrisikos erforderliche Hilfeart zu bewerten hätten, wozu es gegebenenfalls der Heranziehung weiteren - möglicherweise externen - Sachverstands bedürfe (Beschluss vom 4.3.2013, a. a. O. Rn. 7). Diesen Anforderungen entspricht die Stellungnahme der sozialpädagogischen Fachkraft des Jugendamts des Beklagten vom 4. April 2013 und deren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung. Danach wird aufgrund der vorliegenden Stellungnahmen eine Teilhabebeeinträchtigung des Klägers in allen Lebensbereichen bejaht, die fachärztliche Stellungnahme vom 31. Oktober 2012 zu der bereits im Widerspruchsverfahren vorgelegten Stellungnahme vom 23. September 2011 und zum Entwicklungsbericht des J. ... vom 10. September 2012 in Bezug gesetzt und danach die Erforderlichkeit der beantragten stationären Eingliederungshilfe bewertet. Diese Einschätzung erweist sich, wie oben ausgeführt, auch als tragfähig, ohne dass es hierzu der Heranziehung weiteren Sachverstands bedurfte.

1.4 Soweit im Zulassungsverfahren weiter eingewandt wird, der Mutter des Klägers seien keine alternativen Hilfemaßnahmen angeboten worden, trifft dies nach den vorliegenden Akten nicht zu. Ausweislich der Stellungnahme des Jugendamts des Beklagten vom 18. Januar 2012 (Bl. 13 der Widerspruchsakte) wurden der Mutter des Klägers, nachdem sich diese wegen des anstehenden Schulwechsels Ende Juli 2011 an das Jugendamt wandte, weniger einschneidende Hilfsangebote in Form des Besuchs der ...schule S. mit einer anschließenden Nachmittagsbetreuung sowie eine heilpädagogisch orientierte Tagesstätte in S. angeboten. Im Schreiben vom 5. September 2011, mit dem das Jugendamt der Mutter des Klägers die telefonisch angeforderten Antragsunterlagen übermittelte, wurde zudem auch auf den Besuch der ...-Schule in E. und der Möglichkeit einer dortigen ganztägigen Betreuung hingewiesen (Bl. 10 der Behördenakte).

Wenn der Kläger hiergegen einwendet, die Gespräche seien ausschließlich telefonisch erfolgt und die Mutter des Klägers könne sich nur noch an den Vorschlag des Besuchs der Mittelschule in Simbach mit einer Nachmittagsbetreuung erinnern, stellt das die Richtigkeit der Ausführungen des Beklagten zu den vorgeschlagenen Alternativen nicht in Frage. Wie sich aus dem Aktenvermerk des Beklagten zu den mit der Mutter des Klägers geführten Telefonaten (Bl. 9 der Behördenakte) ergibt, hat diese erstmals am 28. Juli 2011 wegen des unmittelbar bevorstehenden Schulwechsels Kontakt zum Jugendamt aufgenommen und den Wunsch nach Gewährung der Eingliederungshilfe für den Kläger von vornherein ausschließlich auf die Übernahme der Internatskosten im J. ... beschränkt, bei dem sie noch am gleichen Tag und ohne Einbindung des Jugendamts einen Besichtigungstermin wahrnahm. Die Durchführung eines ordnungsgemäßen Hilfeplanverfahrens war damit nicht möglich. Es entspricht indes nicht dem gesetzlichen Auftrag des Jugendhilfeträgers, nur „Zahlstelle“ zu sein. Vielmehr ist seine Einbeziehung in den Entscheidungsprozess erforderlich, damit er seine aus §§ 36a Abs. 1, 79 SGB VIII folgende Gesamtverantwortung für die Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen kann (BVerwG, U. v. 18.10.2012 - 5 C 21/11 - BVerwGE 145, 1, Rn. 31 bei juris).

Dem Vorbringen des Klägers, der Besuch der ...-Schule in E. sei angesichts der Beschreibungen des während des Grundschulbesuchs des Klägers tätigen Schulbusfahrers (Schreiben des Herrn ... vom 12.3.2013) für die Mutter des Klägers absolut undenkbar gewesen, ist entgegenzuhalten, dass gerade diese Stellungnahme das vom Verwaltungsgericht angesprochene Integrationsdefizit des Klägers im Heimatort belegt, welches durch die Fremdunterbringung des Klägers noch verstärkt wurde. Im Übrigen bestand für den Kläger auch die vom Beklagten aufgezeigte Möglichkeit des Schul- und Tagesstättenbesuchs in S..

Aus den Darlegungen in der Zulassungsbegründung ergeben sich danach keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Weitere Zulassungsgründe wurden nicht geltend gemacht und sind auch im Übrigen nicht ersichtlich. Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt deshalb insgesamt ohne Erfolg.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gemäß § 188 Satz 2 VwGO ist das Verfahren gerichtskostenfrei.

3. Gegen diesen Beschluss gib es kein Rechtsmittel (§ 152 Abs. 1 VwGO). Damit wird das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 2. Mai 2013 rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden.

(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24

(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden.

(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.