Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 14. Mai 2019 - Au 1 K 18.1329
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Gründe
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Augsburg Urteil, 14. Mai 2019 - Au 1 K 18.1329 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Die §§ 1 bis 3, 5 und 9 finden auch auf die Änderung von Vornamen Anwendung.
(1) Ein Familienname darf nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt.
(2) Die für die Entscheidung erheblichen Umstände sind von Amts wegen festzustellen; dabei sollen insbesondere außer den unmittelbar Beteiligten die zuständige Ortspolizeibehörde und solche Personen gehört werden, deren Rechte durch die Namensänderung berührt werden.
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
I.
„Leider kann ich mich nicht mehr konkret an die Personen der Familie S erinnern, aber schon an diesen schönen „deutschen“ Namen. Es war in der Regel so, dass wir den Spätaussiedlern vorschlugen, ihren Namen „einzudeutschen“, zum Beispiel Ablegen der Vatersnamen, das Wegfallen der Endungen -owa bei den Frauen oder bei den Vornamen die deutsche Schreibweise anzunehmen (K. anstatt E., B anstatt B.). Bei den S.s könnte ich mir vorstellen, dass wir aus dem Namen V - T empfahlen, klingt ähnlich und kommt in Deutschland öfter vor. Wenn die Eltern nicht gewollt hätten, wäre es für uns kein Problem gewesen und so geblieben, keiner wurde „gezwungen“. Aus meiner 15-jährigen Spätaussiedlerbetreuung kann ich nur von guten Erfahrungen mit diesen Menschen und ihrer Dankbarkeit über unsere Hilfe in der ersten Zeit berichten.“
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 2. Dezember 2016 verpflichtet, den Vornamen des Klägers von „T“ in „V“ zu ändern.
Gründe
(1) Ein Familienname darf nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt.
(2) Die für die Entscheidung erheblichen Umstände sind von Amts wegen festzustellen; dabei sollen insbesondere außer den unmittelbar Beteiligten die zuständige Ortspolizeibehörde und solche Personen gehört werden, deren Rechte durch die Namensänderung berührt werden.
Die §§ 1 bis 3, 5 und 9 finden auch auf die Änderung von Vornamen Anwendung.
Gründe
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Die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger kann keinen Erfolg haben. Die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und der Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO liegen nicht vor.
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Die Kläger, ein Ehepaar, wollen einen Doppelnamen als gemeinsamen Familiennamen (Ehenamen) führen. Bei der Eheschließung im Dezember 2011 bestimmten sie durch Erklärung gegenüber dem Standesamt, dass Ehenamen der Geburtsnamen des Klägers zu 1 M. (im Folgenden "M") ist. Zugleich erklärte die Klägerin zu 2, dem Ehenamen ihren Geburtsnamen B. (im Folgenden "B") anzufügen. Dementsprechend tragen die 2012 und 2013 geborenen gemeinsamen Kinder den Ehenamen "M" als Geburtsnamen. Im März 2014 stellten die Kläger den Antrag, ihren Ehenamen und den Geburtsnamen der Kinder in "M-B" zu ändern. Der Name "M" führe wegen seiner Häufigkeit zu Verwechslungen. Die nach Ablehnung dieses Antrags erhobene, erstinstanzlich erfolgreiche Verpflichtungsklage hat der Verwaltungsgerichtshof aus im Wesentlichen folgenden Gründen abgewiesen: Der für eine öffentlich-rechtliche Namensänderung erforderliche wichtige Grund setze voraus, dass der bisherige Namen zu individuellen Unzuträglichkeiten führe. Dagegen seien Änderungen ausgeschlossen, die den gesetzlichen Wertungen des familienrechtlichen Namensrechts zuwiderliefen. Hierzu gehöre das vom Bundesverfassungsgericht als verfassungskonform bestätigte gesetzliche Verbot, bei der Eheschließung einen aus den Geburtsnamen der Ehegatten zusammengesetzten Doppelnamen als Ehenamen zu bestimmen. Auch könnten die Ehegatten den selbst bestimmten Ehenamen bis zur Grenze der Zumutbarkeit nicht nachträglich aus Gründen in Frage stellen, die sie hätten vorhersehen können. Diese Erwägungen gälten in gleicher Weise für häufig vorkommende Namen wie "M" (Sammelnamen).
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1. Mit der Grundsatzrüge stellen die Kläger die Frage,
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ob ein wichtiger Grund im Sinne von § 3 NamÄndG für die Gewährung des durch Hinzufügen ihres Geburtsnamens entstandenen Doppelnamens der Ehefrau an den Ehemann und die Kinder regelmäßig besteht oder bestehen kann, wenn die Ehegatten den Sammelnamen des Ehemannes als Ehenamen gewählt haben, während der Geburtsname der Ehefrau kein Sammelname ist, ohne dass es auf unerwartete oder unzumutbare Belastungen durch den Sammelnamen ankäme.
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Der Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Beschwerde eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung oder des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 2015 - 6 B 43.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:270115B6B43.14.0] - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 421 Rn. 8).
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Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben, weil die dargelegte Rechtsfrage aufgrund der Rechtsprechung von Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgericht keinen weiteren Klärungsbedarf in einem Revisionsverfahren aufwirft:
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a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt ein wichtiger Grund im Sinne des § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen - NamÄndG - für die Änderung eines Familiennamens vor, wenn die Abwägung der schutzwürdigen Interessen der Namensträger an der Namensänderung die gegenläufigen Interessen an der Beibehaltung des Namens, zu denen insbesondere dessen Ordnungsfunktion gehört, überwiegt. Allerdings darf diese Abwägung nicht dazu führen, dass die allgemeinen gesetzlichen Wertentscheidungen des Namensrechts des Bürgerlichen Gesetzbuchs für Erwerb und Änderung von Ehe- und Familiennamen revidiert oder umgangen werden. Denn das öffentlich-rechtliche Namensrecht ist an die allgemeinen Vorgaben des familienrechtlichen Namensrechts gebunden. Dementsprechend beschränkt sich die Bedeutung der Namensänderung nach § 3 NamÄndG darauf, in Ausnahmefällen individuellen Unzuträglichkeiten der Namensführung Rechnung zu tragen. Daraus folgt, dass ein wichtiger Grund im Sinne des § 3 Abs. 1 NamÄndG ein besonderes, die persönliche Situation der Namensträger prägendes Interesse verlangt, das den allgemeinen gesetzlichen Wertungen des familienrechtlichen Namensrechts nicht zuwiderläuft (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Dezember 2014 - 6 C 16.14 [ECLI:DE:BVerwG:2014:081214U6C16.14.0] - Buchholz 402.10 § 3 NÄG Nr. 81 Rn. 11; Beschluss vom 6. September 1985 - 7 B 197.84 - Buchholz 402.10 § 3 NÄG Nr. 54).
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b) Das Namensrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist durch die Gleichberechtigung der Ehegatten bei der Bestimmung des gemeinsamen Familiennamens (Ehenamens) geprägt. Die Ehegatten können bei der Eheschließung den Geburtsnamen oder den geführten Namen sowohl des Ehemannes als auch der Ehefrau zum gemeinsamen Familiennamen (Ehenamen) bestimmen (§ 1355 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB). Sie führen den von ihnen bestimmten Ehenamen (§ 1355 Abs. 1 Satz 2 BGB); der Ehenamen ist zugleich der Geburtsnamen der gemeinsamen Kinder (§ 1616 BGB). Derjenige Ehegatte, dessen Namen nicht Ehenamen wird, kann seinen Geburtsnamen oder geführten Namen dem Ehenamen hinzufügen; er führt dann einen Doppelnamen (§ 1355 Abs. 4 BGB). Als weitere Möglichkeit können die Ehegatten auf die Bestimmung eines Ehenamens verzichten; in diesem Fall führt jeder von ihnen seinen bisherigen Namen weiter (§ 1355 Abs. 1 Satz 3 BGB). Sie bestimmen dann einen der beiden Namen zum Geburtsnamen der Kinder (§ 1617 Abs. 1 und 2 BGB).
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Die Ehegatten können jedoch nicht ihre beiden Namen zum Ehenamen und damit zum gemeinsamen Familiennamen bestimmen. Wie sich aus § 1355 Abs. 2 und Abs. 4 Satz 1 BGB ergibt, hat der Gesetzgeber die Möglichkeit, einen aus beiden Namen zusammengesetzten Ehedoppelnamen zu wählen, bewusst ausgeschlossen. Es ist durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit bindender Wirkung nach § 31 Abs. 1 BVerfGG geklärt, dass diese allgemeine gesetzliche Wertung nicht gegen das grundrechtlich geschützte Namensbestimmungsrecht verstößt; sie ist mit den Grundrechten der Ehegatten nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 2, Art. 6 Abs. 1 GG vereinbar. Dieser Rechtsprechung liegt die Erwägung zugrunde, dass die gesetzlich eröffneten Möglichkeiten der Namensführung den grundrechtlich geschützten Bedürfnissen der Ehegatten in ausreichendem Maß Rechnung tragen. Zum einen können sie die gegenseitige Verbundenheit und Identität der neuen Gemeinsamkeit durch die Bestimmung eines Namens als Ehenamen zum Ausdruck bringen. Zum anderen ist gewährleistet, dass die eigene Identität des Ehegatten, der bei der Bestimmung des Ehenamens zurücksteht, durch die weitere Führung des Geburtsnamens oder des geführten Namens zusätzlich zum Ehenamen Ausdruck finden kann. Schließlich können die Ehegatten dem Ausdruck der jeweils eigenen Identität durch den Verzicht auf einen Ehenamen Vorrang einräumen. In Anbetracht dieser Gestaltungsmöglichkeiten durfte der Gesetzgeber dem öffentlichen Interesse, mehrgliedrige Namensketten und eine grundlegende Änderung des Namensgefüges zu vermeiden, durch den Ausschluss von Ehedoppelnamen, die aus den Geburtsnamen oder geführten Namen der Ehegatten zusammengesetzt sind, Rechnung tragen. Da diese Ehedoppelnamen als Geburtsnamen auf die gemeinsamen Kinder übergingen, würde ihre Zulassung in den folgenden Generationen zunehmend zu Mehrfachnamen führen. Daher wären Namensbegrenzungen unausweichlich; diese wiederum griffen in das grundrechtlich geschützte Namensrecht ein (BVerfG, Urteile vom 30. Januar 2002 - 1 BvL 23/96 - BVerfGE 104, 373 <388 ff.> und vom 5. Mai 2009 - 1 BvR 1155/03 - BVerfGE 123, 90 <102 f.>).
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Bei der Entscheidung des Gesetzgebers, die Möglichkeit der Bestimmung beider bisherigen Namen als Ehedoppelnamen auszuschließen, handelt es sich um eine das Namensrecht prägende, grundgesetzkonforme gesetzliche Wertung, die unabhängig von den persönlichen Verhältnissen der Ehegatten zu beachten ist. Daher kann das Verbot der aus den Namen der Ehegatten zusammengesetzten Ehedoppelnamen nur dann im Wege der Abwägung nach § 3 Abs. 1 NamÄndG überwunden werden, wenn den Namensträgern durch die Führung eines eingliedrigen Ehenamens individuelle Beeinträchtigungen von einigem Gewicht entstehen, die nur durch die Zulassung des Ehedoppelnamens beseitigt werden können. Dies gilt auch dann, wenn die Ehegatten den häufig vorkommenden Namen (Sammelnamen) eines von ihnen zum Ehenamen bestimmt haben. Könnte bereits das Führen eines solchen Ehenamens als wichtiger Grund im Sinne des § 3 Abs. 1 NamÄndG einen Anspruch auf Führung eines Ehedoppelnamens begründen, würde die allgemeine gesetzliche Wertentscheidung, diese Namen nicht als Ehenamen zuzulassen, keine Geltung für alle Ehegatten beanspruchen, die einen Sammelnamen als Ehenamen führen. Diese Ehegatten könnten das Doppelnamenverbot stets umgehen, indem sie den Sammelnamen eines Ehegatten als Ehenamen bestimmen und anschließend ein öffentlich-rechtliches Namensänderungsbegehren geltend machen. Hierfür besteht schon deshalb kein Anlass, weil es den Ehegatten freigestellt ist, ob sie den sog. Sammelnamen eines von ihnen zum Ehenamen bestimmen. Auch kann die Führung eines solchen Namens für sich genommen von vornherein keine zur Namensänderung nach § 3 Abs. 1 NamÄndG berechtigende individuelle Unzuträglichkeit darstellen, weil alle Träger derartiger Namen unabhängig von ihrer persönlichen Situation gleichermaßen betroffen sind.
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2. Mit der Divergenzrüge machen die Kläger geltend, das Berufungsurteil beruhe auf der Abweichung von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. März 1965 - 7 C 84.64 - (BVerwGE 20, 300). Dort habe das Gericht als wichtigen Grund im Sinne des § 3 Abs. 1 NamÄndG für die Gewährung eines aus den Namen der Ehegatten zusammengesetzten Doppelnamens an die anderen Familienmitglieder anerkannt, dass die Ehefrau dem sog. Sammelnamen des Ehemannes als Ehenamen ihren Geburtsnamen hinzugefügt hatte.
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Der Revisionszulassungsgrund der Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Entscheidung der Vorinstanz auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Zwischen den beiden Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines bestimmten Rechtsgrundsatzes bestehen (stRspr; vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 26 S. 14).
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Daran fehlt es im vorliegenden Fall jedenfalls deshalb, weil der Verwaltungsgerichtshof der dem Urteil vom 5. März 1965 - 7 C 84.64 - (BVerwGE 20, 300) zugrunde liegenden Rechtsauffassung zum Bedeutungsgehalt des unbestimmten Rechtsbegriffs des wichtigen Grundes im Sinne des § 3 Abs. 1 NamÄndG nicht widersprochen hat. Vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof die damaligen Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Auslegung des § 3 Abs. 1 NamÄndG zutreffend nicht herangezogen, weil das ihnen zugrunde liegende, im Jahr 1965 geltende Namensrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs überholt ist. Wie unter 1.a) dargelegt, knüpft der Begriff des wichtigen Grundes im Sinne des § 3 Abs. 1 NamÄndG an die allgemeinen gesetzlichen Wertungen des familienrechtlichen Namensrechts an. Eine öffentlich-rechtliche Namensänderung ist ausgeschlossen, wenn sie eine solche Wertung revidieren oder umgehen würde. Ihr Zweck liegt ausschließlich darin, individuellen Unzuträglichkeiten der Namensführung Rechnung zu tragen, die der familienrechtliche Gesetzgeber nicht in den Blick genommen hat. Daraus folgt, dass der Bedeutungsgehalt des gesetzlichen Begriffs des wichtigen Grundes im Sinne des § 3 Abs. 1 NamÄndG überdacht und gegebenenfalls neu bestimmt werden muss, wenn der Gesetzgeber die allgemeinen Wertungen des familienrechtlichen Namensrechts ändert. Im Falle derartiger Gesetzesänderungen kann die bisherige Rechtsprechung zum wichtigen Grund im Sinne des § 3 Abs. 1 NamÄndG nicht mehr unbesehen fortgeführt werden; sie ist regelmäßig nicht mehr geeignet, eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zu begründen.
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Die gesetzlichen Wertentscheidungen des Namensrechts des Bürgerlichen Gesetzbuchs haben sich seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. März 1965 - 7 C 84.64 - (BVerwGE 20, 300) grundlegend geändert. Nach dem damals geltenden § 1355 BGB in der Fassung des Gesetzes vom 18. Juni 1957 (BGBl. I S. 609) waren die Ehegatten bei der Namensführung nicht gleichberechtigt. Vielmehr war der Namen des Ehemannes zwingend der Ehenamen und damit der Namen der Ehefrau sowie der Geburtsnamen der gemeinsamen Kinder. Auch die Weiterführung der bisherigen Namen unter Verzicht auf einen Ehenamen war nicht vorgesehen. Die Ehefrau hatte lediglich die Möglichkeit, den Ehenamen mit der Beifügung ihres Geburtsnamens zu führen. Im Gegensatz zur heutigen Rechtslage konnten Ehegatten nicht verhindern, dass der Sammelname des Ehemannes Ehenamen wurde. Die Frage nach der Bestimmung von Ehedoppelnamen, die aus beiden bisherigen Namen der Ehegatten zusammengesetzt waren, stellte sich dem Gesetzgeber nicht. Aus diesen Gründen war die Abwägung zur Feststellung des wichtigen Grundes im Sinne des § 3 Abs. 1 NamÄndG durch das Namensrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs erheblich anders vorstrukturiert als die Abwägung auf der Grundlage der namensrechtlichen Gleichberechtigung der Ehegatten.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 52 Abs. 2 GKG.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 20. Februar 2014 wie folgt teilweise geändert:
Der Bescheid des Beklagten vom 22. Juni 2011 wird aufgehoben, soweit darin dem Antrag des Beigeladenen auf Änderung seines Vornamens von „X. Y.“ in „X.“ stattgegeben wurde.
Die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz tragen der Kläger und der Beklagte je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger wendet sich gegen die im Berufungsverfahren nur noch streitige Streichung des zweiten Vornamens des Beigeladenen.
3Der Beigeladene wurde am 21. März 1999 geboren. Die Geburt wurde am 6. April 1999 in das Geburtenregister des Standesamts der Stadt H. eingetragen. Danach trug der Beigeladene die Vornamen X. Y. und den Familiennamen C. , bei dem es sich um den damaligen Familiennamen seiner Mutter handelte. Der Kläger erkannte am 8. April 1999 die Vaterschaft hinsichtlich des Beigeladenen an. Am 4. Juni 1999 heirateten der Kläger und die Mutter des Beigeladenen. Nach der Eheschließung führten der Beigeladene und seine Eltern den Familiennamen des Klägers. Die Eltern des Beigeladenen trennten sich im Januar 2002. Am 4. März 2004 wurde die Ehe geschieden. Die Mutter des Beigeladenen nahm im Jahr 2011 zunächst wieder ihren Geburtsnamen E. an. Seit einer erneuten Eheschließung führt sie als Familiennamen den Namen ihres Ehemanns. Ihr steht das alleinige Sorgerecht für den Beigeladenen zu, der seit Jahren keinen Kontakt mehr zum Kläger hat.
4Am 13. August 2007 beantragte die Mutter des Beigeladenen für diesen beim Standesamt der Stadt H. die Änderung seines Familiennamens in ihren Geburtsnamen sowie die Streichung seines zweiten Vornamens. Zur Begründung führte sie an, ihr Sohn wünsche die Namensänderung. Es bestehe keinerlei Kontakt zum Vater. Die Erinnerungen an ihn seien von Gewalt und Gefahr geprägt. Bei dem Vornamen „Y.“ handele es sich um den Taufnamen des Vaters. Er solle gestrichen werden, um nicht an den Vater erinnert zu werden.
5Am 7. Februar 2008 nahm das Amt für Familie, Soziales und Jugend der Stadt H. zu dem Namensänderungsantrag Stellung, nachdem es den Beigeladenen und seine Mutter angehört hatte. Es kam zu dem Schluss, dass die Namensänderung für das Wohl des Beigeladenen nicht erforderlich sei. Nach Vorlage eines vom Diplom-Psychologen F. erstellten fachpsychiatrischen Gutachtens vom 24. Oktober 2008, das im familiengerichtlichen Verfahren eingeholt wurde, und einem weiteren Gespräch mit dem Beigeladenen stimmte das Amt für Familie, Jugend und Soziales der Stadt H. in einer Stellungnahme vom 16. März 2011 der Änderung des Familiennamens des Beigeladenen zu. Eine Abänderung des zweiten Vornamens des Beigeladenen wurde aber nicht als notwendig angesehen, weil er nicht als Ruf- oder Unterschriftsname geführt werden müsse und daher im Alltag kaum eine Rolle spiele.
6Mit Bescheid vom 22. Juni 2011 gab der Beklagte dem Antrag auf Änderung des Vornamens des Beigeladenen von „X. Y.“ in „X.“ und des Familiennamens von „N. “ in „E. “ statt.
7Am 22. Juli 2011 hat der Kläger dagegen Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass der Beigeladene ihn, den Kläger, nicht wegen eigener Erfahrungen ablehne, sondern durch seine Mutter beeinflusst sei. Die Namensänderung sei auch ungeeignet, um sich weiter von ihm, dem Vater, abzugrenzen.
8Der Kläger hat beantragt,
9den Namensänderungsbescheid des Landrates des Beklagten vom 22. Juni 2011 aufzuheben.
10Der Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Er hat u. a. darauf verwiesen, dass der Beigeladene mit den Namen seines Vaters ausschließlich negative Erlebnisse verbinde. Dies führe zur Ablehnung und dem Wunsch nach Abgrenzung. Dabei könne dahinstehen, ob der Beigeladene diese Haltung aus eigener Überzeugung gebildet oder im Wege einer Haltungsadaption von seiner Mutter übernommen habe. Um eine namentliche Abgrenzung zum Kläger und einen Entlastungseffekt zu erreichen, sei auch die Streichung des zweiten Vornamens erforderlich. Das Interesse des Klägers an der Beibehaltung des Namens müsse dagegen zurückstehen. Er habe sich weder um eine Verbesserung des Verhältnisses zu seinem Sohn bemüht noch Unterhalt gezahlt.
13Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
14Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat u. a. angenommen, die Klage sei unzulässig, soweit sich der Kläger gegen die Streichung des zweiten Vornamens des Beigeladenen wende. Es fehle ihm an der Klagebefugnis, weil er bei der Bestimmung des Vornamens des Beigeladenen nicht sorgeberechtigt gewesen sei.
15Der Senat hat die Berufung zugelassen, soweit der Kläger sich gegen die Streichung des zweiten Vornamens des Beigeladenen wendet. Im Übrigen ist der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung abgelehnt worden.
16Zur Begründung der Berufung trägt der Kläger vor, die Klage sei zulässig. Allein die Tatsache, dass die Mutter des Beigeladenen im Zeitpunkt der Namensgebung allein sorgeberechtigt gewesen sei, gebe ihr nicht das Recht, auch nach der Eheschließung alleine über den Vornamen des dann ehelichen Kindes zu entscheiden. Vielmehr könne die Frage, wer zur Änderung des Vornamens des Kindes berechtigt sei, nur auf der Grundlage des im Zeitpunkt der Namensänderung bestehenden Sorgerechts beurteilt werden. Auch könne der Vorname ebenso wie der Nachname auf eine Zugehörigkeit zu einer bestimmten Verwandtschaft hindeuten. Es sei etwa in katholischen Gegenden vielfach üblich, dem Kind den Vornamen des Taufpaten oder eines Elternteils zu geben und so das verwandtschaftliche Band zu stärken und das Fürsorgeverhältnis hervorzuheben. Insgesamt solle ein Zusammengehörigkeitsgefühl aufrecht erhalten werden. Die Klage sei auch begründet. Das deutsche Namensrecht kenne keine starre Namensführungspflicht. Dem Beigeladenen und seiner Mutter sei es unbenommen, im Alltag und in weiten Bereichen des Rechtsverkehrs nur den ersten Vornamen als Rufnamen zu verwenden. Der Namensänderung bedürfe es nicht.
17Der Kläger beantragt,
18das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 20. Februar 2014 teilweise zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 22. Juni 2011 insoweit aufzuheben, als dem Antrag des Beigeladenen auf Änderung seines Vornamens von „X. Y.“ in „X.“ stattgegeben wurde.
19Der Beklagte beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Er trägt vor, das Recht zur Bestimmung des Vornamens für ein Kind folge aus dem Personensorgerecht. Da die Mutter des Beigeladenen sowohl zum Zeitpunkt der Vornamensbestimmung als auch zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung über das alleinige Sorgerecht für den Beigeladenen verfügt habe, könne der Kläger durch die Vornamensänderung nicht in seinen Rechten verletzt sein. Unerheblich sei, dass der Kläger mit der Mutter des Beigeladenen kurze Zeit verheiratet und gemeinsam mit der Mutter sorgeberechtigt gewesen sei. Das Sorgerecht habe sich nicht auf die für die Entscheidung erheblichen Zeitpunkte erstreckt. Jedenfalls sei die Klage aber unbegründet. Auch hinsichtlich des Vornamens sei es dem Beigeladenen nicht zuzumuten, das Namensband zum Kläger aufrecht zu erhalten. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass bei der Änderung des Vornamens - insbesondere in der Form der Streichung des zweiten Vornamens - geringere Anforderungen zu stellen seien als bei der Änderung des Familiennamens. Die Verwendung nur des ersten Vornamens als Rufnamen erscheine für den Beigeladenen keine hinnehmbare Lösung, da der zweite Vorname weiterhin offizieller Namensbestandteil bleibe, den der Beigeladene zur Vermeidung einer Ordnungswidrigkeit (vgl. § 111 OWiG) sogar in einigen Fällen angeben müsse und der ihn an die negativen Erfahrungen mit dem Kläger regelmäßig erinnere.
22Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie auf die beigezogenen Akten des Amtsgerichts H. und das im familiengerichtliche Verfahren eingeholte Gutachten des Diplom-Psychologen F. vom 24. Oktober 2008 Bezug genommen.
24Entscheidungsgründe:
25Die Berufung hat Erfolg.
26Die Klage ist im Umfang der Berufung zulässig und begründet.
27Der Zulässigkeit der Klage steht insbesondere nicht eine fehlende Klagebefugnis entgegen. Der Kläger ist im Hinblick auf die im Bescheid des Beklagten vom 22. Juni 2011 dem Beigeladenen gewährte Änderung seines Vornamens von „X. Y.“ in „X.“ klagebefugt i. S. v. § 42 Abs. 2 VwGO. Das subjektiv‑öffentliche Recht, dessen mögliche Verletzung der Kläger geltend machen kann,
28vgl. allgemein zu § 42 Abs. 2 VwGO und der Geltendmachung einer Verletzung eigener Rechte: Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 42 Rn. 378 ff.,
29ist das Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG. Dieses Elternrecht steht auch nicht sorgeberechtigten Vätern eines nichtehelichen Kindes zu.
30Vgl. BVerfG, Urteil vom 29. Januar 2003 ‑ 1 BvL 20/99, 1 BvR 91 BvR 933/01 -, BVerfGE 107, 150 = juris, Rn. 48, und Beschluss vom 21. Juli 2010 ‑ 1 BvR 420/09 -, BVerfGE 127, 132 = juris, Rn. 37 f.; Brosius-Gersdorf, in: Dreier, GG, Bd. I, 3. Auflage 2013, Art. 6 Rn. 147 m. w. N.
31Das Elternrecht der rechtlich als Vater des Kindes anerkannten Person umfasst das Interesse am Fortbestand des namensrechtlichen Bandes zum Kind.
32Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Juli 2007 ‑ 16 B 224/07 -, juris, Rn. 5 (zum Familiennamen).
33Das insoweit geschützte namensrechtliche Band betrifft zwar zuvörderst den Familiennamen, weil diesem eine Dokumentationsfunktion hinsichtlich der Abstammung des Kindes zukommt.
34Vgl. in diesem Zusammenhang OVG NRW, Beschlüsse vom 2. April 2012 ‑ 16 E 303/12 -, juris, Rn. 9, und vom 4. Juni 2013 - 16 E 343/12 ‑, StAZ 2014, 211 = juris, Rn. 13 f.; OVG Bbg., Beschluss vom 12. Oktober 2004 ‑ 4 A 580/03.Z -, FamRZ 2005, 1119 = juris, Rn. 7; Hess. VGH, Beschluss vom 27. Juli 1994 ‑ 11 UE 842/94 -, FamRZ 1995, 568 = juris, Rn. 3; zur Dokumentation der Abstammung: BVerfG, Urteil vom 30. Januar 2002 ‑ 1 BvL 23/96 -, BVerfGE 104, 373 = juris, Rn. 45.
35Der Vorname dient dagegen der Unterscheidung mehrerer Träger desselben Familiennamens insbesondere innerhalb der Familie und hat eine regelmäßig auf die Individualität bezogene Bedeutung.
36Vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Januar 2002 ‑ 1 BvL 23/96 -, BVerfGE 104, 373 = juris, Rn. 43, Kammerbeschlüsse vom 3. November 2005 - 1 BvR 691/03 -, NJW 2006, 1414 = juris, Rn. 14, und vom 5. Dezember 2008 - 1 BvR 576/07 -, NJW 2009, 663 = juris, Rn. 12; BVerwG, Urteil vom 26. März 2003 ‑ 6 C 26.02 -, StAZ 2003, 240 = juris, Rn. 12; OVG NRW, Beschluss vom 4. Juni 2004 ‑ 8 A 945/04 -.
37Wird zur Individualisierung des Kindes aber ein (zumindest teilweise) mit dem Namen eines Elternteils identischer Vorname gewählt, wird damit die besondere Verbundenheit zwischen dem Kind und diesem Elternteil zum Ausdruck gebracht. Die Namensgleichheit kann sowohl für das Kind und das Elternteil gleichen Namens als auch für Dritte die besondere persönliche Beziehung zwischen den beiden namensgleichen Familienangehörigen verdeutlichen.
38Mit anderer Tendenz noch OVG NRW, Beschluss vom 4. Juni 2013 - 16 E 343/12 -, StAZ 2014, 211 = juris, Rn. 13; allgemein zur Namenswahl: Institut für Demoskopie Allensbach/Rüdebusch, Motive der Vornamenwahl, StAZ 2014, 323 (327 f.); vgl. zur Wahl des Familiennamens des Vaters als weiteren Vornamen: BGH, Beschluss vom 30. April 2008 - XII ZB 5/08 -, NJW 2008, 2500 = juris, Rn. 14 ff.
39Das rechtliche Interesse des nicht sorgeberechtigten Vaters an der Beibehaltung dieses durch die Vornamensgleichheit vermittelten Namensbands ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil ihm nach der (einfach-)gesetzlichen Ausgestaltung des grundrechtlich gewährleisteten Elternrechts
40- vgl. zu dem Erfordernis der gesetzlichen Ausgestaltung: BVerfG, Urteil vom 29. Januar 2003 ‑ 1 BvL 20/99, 1 BvR 91 BvR 933/01 -, BVerfGE 107, 150 = juris, Rn. 48, und Beschluss vom 21. Juli 2010 ‑ 1 BvR 420/09 -, BVerfGE 127, 132 = juris, Rn. 37-
41die Wahl der Vornamen des Kindes, die gemäß § 22 Abs. 1 PStG binnen eines Monats dem Standesamt anzuzeigen sind, nicht zusteht. Das Personensorgerecht (§ 1626 Abs. 1, § 1631 BGB), das auch das Recht der Eltern umfasst, ihrem Kind einen Namen zu geben,
42vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Januar 2002 - 1 BvL 23/96 -, BVerfGE 104, 373 = juris, Rn. 41; Kammerbeschlüsse vom 3. November 2005 ‑ 1 BvR 691/03 -, NJW 2006, 1414 = juris, Rn. 14, und vom 5. Dezember 2008 - 1 BvR 576/07 -, NJW 2009, 663 = juris, Rn. 12,
43hat gemäß § 1626a Abs. 3 BGB die Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes, sofern nicht ein Fall des § 1626a Abs. 1 BGB vorliegt, also die Eltern erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen, sie einander heiraten oder ihnen das Familiengericht die Sorge gemeinsam überträgt. Ist der Vater nicht sorgeberechtigt, steht es allein der Mutter zu, den bzw. die Vornamen des Kindes zu bestimmen.
44Vgl. Schwer, in: juris-PK-BGB, 7. Auflage 2014, § 1616 BGB Rn. 5.
45Wählt sie aber (auch) einen Vornamen, der die Verbundenheit zum Vater dokumentiert und demgemäß regelmäßig auf einer gemeinsamen Willensbildung der Eltern beruht, ist damit ein Namensband zum Vater hergestellt, dessen Durchtrennung den Vater in seinem - normenhierarchisch höher gestellten - Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verletzen kann.
46Letztlich offen gelassen in: OVG NRW, Beschluss vom 4. Juni 2013 - 16 E 343/12 -, StAZ 2014, 211 = juris, Rn. 6 ff.; eine Klagebefugnis des nicht sorgeberechtigten Vaters bei Vornamensänderung ablehnend: OVG Bbg., Beschluss vom 12. Oktober 2004 ‑ 4 A 580/03.Z -, FamRZ 2005, 1119 = juris, Rn. 7; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 4. Juni 2013 ‑ OVG 5 L19.13 -, Streit 2014, 172 = juris, Rn. 3; offen lassend: Hess. VGH, Beschluss vom 11. Dezember 1991 ‑ 11 UE 3173/90 -, FamRZ 1992, 1100 = juris, Rn. 27 (in Bezug auf einen zum im Zeitpunkt der Vornamensänderung nicht zur Personensorge Berechtigten).
47Dies gilt auch für den Kläger. Er führt denselben (in Deutschland eher seltenen) zweiten Vornamen wie sein Sohn, der Beigeladene. Entfällt der zweite Vorname des Beigeladenen, entfällt auch das sich daraus ergebende gemeinsame Band zwischen dem Kläger und seinem Sohn, was den Kläger in seinem Elternrecht verletzen kann. Dass der Kläger im Zeitpunkt der Namenswahl für seinen Sohn, den Beigeladenen, für diesen nicht sorgeberechtigt war, sondern ihm erst später die gemeinsame Sorge nach Eheschließung mit der Mutter seines Sohns zustand (vgl. § 1626a Abs. 1 Nr. 2 BGB in der damals gültigen Fassung), ändert daran ebenso wenig wie der Umstand, dass er auch im Zeitpunkt des Antrags auf Änderung des Vornamens des Beigeladenen und auch aktuell nicht über das Personensorgerecht für diesen verfügt.
48Die Klage ist im Umfang der Berufung auch begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 22. Juni 2011 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit darin dem Antrag des Beigeladenen auf Änderung seines Vornamens von „X. Y.“ in „X.“ stattgegeben wurde (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
49Die Voraussetzungen der Vornamensänderung nach §§ 11, 3 Abs. 1 NÄG liegen nicht vor. Danach darf ein Vorname nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. Eine Vornamensänderung liegt nicht nur bei Auswechslung eines Vornamens, sondern auch bei Hinzufügung oder Streichung eines oder mehrerer Vornamen vor.
50Vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. März 1981 ‑ 7 B 44.81 -, StAZ 1984, 131 = juris, Rn. 3; OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 2000 ‑ 8 A 3628/00 ‑, juris, Rn. 33 f.
51Ein wichtiger Grund ist anzunehmen, wenn die Abwägung aller für und gegen die Namensänderung streitenden Umstände ein Übergewicht der für die Änderung sprechenden Interessen ergibt. Allerdings sind an das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Änderung eines Vornamens geringere Anforderungen zu stellen als für die Änderung des Familiennamens, der in weitergehendem Umfang als Unterscheidungs- und Zuordnungsmerkmal dient. Das öffentliche Interesse tritt noch weiter zurück, wenn es nicht darum geht, einen Vornamen zu ersetzen, sondern der bereits registrierte erste Vorname und mit ihm seine Kennzeichnungsfunktion erhalten bleibt und die Namensänderung nur weitere Vornamen betrifft.
52Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2003 ‑ 6 C 26.02 ‑, StAZ 2003, 240 = juris, Rn. 10 ff., 19; OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 2000 ‑ 8 A 3628/00 ‑, juris, Rn. 37 ff. m. w. N.
53Dennoch hat auch die Änderung des Vornamens Ausnahmecharakter. Unter Berücksichtigung des ‑ wenngleich als gering einzustufenden ‑ öffentlichen Interesses an der Vornamenskontinuität sowie der gesetzgeberischen Grundentscheidung, die Führung des Vornamens der freien Disposition zu entziehen, bedarf es eines schutzwürdigen Interesses an der Namensänderung, das so wesentlich ist, dass die in der Regel für die Beibehaltung des bisherigen Namens sprechenden Belange der Allgemeinheit zurücktreten müssen.
54Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 4. Juni 2004 ‑ 8 A 945/04 ‑, vom 2. November 2009 ‑ 16 A 2341/08 - und vom 4. Juni 2013 - 16 E 343/12 -, StAZ 2014, 211 = juris, Rn. 23.
55Wie der Senat bereits im die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe in diesem Verfahren betreffenden Beschluss vom 4. Juni 2013 (16 E 343/12, StAZ 2014, 211 = juris, Rn. 25) ausgeführt hat, fehlt es hier daran. Das deutsche Namensrecht kennt keine starre Namensführungspflicht, sodass es dem Beigeladenen (und seiner Mutter) unbenommen ist, im Alltag ebenso wie in weiten Bereichen des Rechtsverkehrs nur den ersten Vornamen "X." als Rufnamen zu verwenden. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sich trotz dieser Möglichkeit die weitere Führung des zweiten Vornamens "Y." infolge der insoweit bestehenden Namensgleichheit zum Kläger in relevanter Weise nachteilig auswirkt bzw. umgekehrt sich dessen Streichung mehr als nur unerheblich vorteilhaft erweist, sind weder dargetan noch sonst erkennbar. Das Jugendamt der Stadt H. misst im Gegenteil in seiner Stellungnahme vom 16. März 2011 der Streichung des Vornamens "Y." ‑ anders als der Änderung des Familiennamens ‑ ausdrücklich keinen nennenswerten Entlastungseffekt bei, da er im Alltag kaum eine Rolle spiele. Diese Einschätzung erscheint ohne Weiteres nachvollziehbar. Vor diesem Hintergrund ist auch unter Berücksichtigung der im Urteil des Verwaltungsgerichts wiedergegebenen Äußerungen des Beigeladenen in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung, der den Umgang mit seinem Vater laut des im familiengerichtlichen Verfahren eingeholten fachpsychologischen Gutachtens des Diplom-Psychologen F. vom 24. Oktober 2008 nachdrücklich abgelehnt hat, nicht ersichtlich, dass ihn nicht nur der Familienname des Klägers, den der Beigeladene damals führte, sondern auch der zweite Vorname belastet. Aus dem Urteil ergibt sich, dass der Beigeladene es als schlimm empfunden hat, den Familiennamen seines Vaters zu tragen, weil mit ihm die Erinnerung an „schlimme Dinge“ verbunden sei, die zwischen seinen Eltern vorgefallen seien. Er verbinde mit dem Namen nichts Gutes. Dafür, dass der inzwischen 17 Jahre alte Beigeladene auch durch den zweiten Vornamen, den er nur in sehr seltenen Fällen angeben muss, belastet ist, ist nichts ersichtlich, so dass die erforderliche Abwägung hier zugunsten der Vornamenskontinuität ausfällt. Das gilt sowohl für den Zeitpunkt des Erlasses des angegriffenen Bescheids als auch für den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, so dass es zur Frage, auf welchen Zeitpunkt die gerichtliche Beurteilung in den Fällen der Klage des nicht sorgeberechtigten Elternteils gegen einen die Namensänderung des Kindes gewährenden Bescheid abzustellen hat,
56vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Juni 2013 ‑ 16 E 343/12 -, StAZ 2014, 211 = juris, Rn. 37 f.,
57keiner Entscheidung bedarf.
58Durch die vom Beklagten rechtswidrig gewährte Änderung des Vornamens des Beigeladenen von „X. Y.“ in „X.“ und die damit verbundene Durchtrennung des Namensbands zum Kläger wird das Recht des Klägers aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verletzt.
59Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO.
60Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 709 Satz 2, § 711 ZPO.
61Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Von grundsätzlicher Bedeutung ist die Frage, ob dem bei der Vornamenswahl nicht sorgeberechtigten Vater bei der Änderung des mit seinem Vornamen zumindest teilweise identischen Vornamens seines minderjährigen Kindes eine Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO zusteht.
(1) Unterliegt der Name einer Person deutschem Recht und hat sie mehrere Vornamen, so kann deren Reihenfolge durch Erklärung des Namenträgers gegenüber dem Standesamt neu bestimmt werden (Vornamensortierung). Eine Änderung der Schreibweise der Vornamen sowie das Hinzufügen von neuen Vornamen oder das Weglassen von Vornamen ist dabei nicht zulässig; die Artikel 47 und 48 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche und § 94 des Bundesvertriebenengesetzes bleiben unberührt. Die Erklärung muss öffentlich beglaubigt werden; sie kann auch von den Standesbeamten beglaubigt oder beurkundet werden.
(2) Ein in der Geschäftsfähigkeit beschränktes Kind, das das 14. Lebensjahr vollendet hat, kann die Erklärung nach Absatz 1 nur selbst abgeben; das Kind bedarf hierzu der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
(3) Zur Entgegennahme der Erklärung ist das Standesamt zuständig, das das Geburtenregister für die Person führt, deren Vornamen neu sortiert werden sollen. Ist die Geburt nicht in einem deutschen Geburtenregister beurkundet, so ist das Standesamt zuständig, das das Eheregister oder Lebenspartnerschaftsregister der Person führt. Ergibt sich danach keine Zuständigkeit, so ist das Standesamt zuständig, in dessen Zuständigkeitsbereich die Person ihren Wohnsitz hat oder zuletzt hatte oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Ergibt sich auch danach keine Zuständigkeit, so ist das Standesamt I in Berlin zuständig.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 20. Februar 2014 wie folgt teilweise geändert:
Der Bescheid des Beklagten vom 22. Juni 2011 wird aufgehoben, soweit darin dem Antrag des Beigeladenen auf Änderung seines Vornamens von „X. Y.“ in „X.“ stattgegeben wurde.
Die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz tragen der Kläger und der Beklagte je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger wendet sich gegen die im Berufungsverfahren nur noch streitige Streichung des zweiten Vornamens des Beigeladenen.
3Der Beigeladene wurde am 21. März 1999 geboren. Die Geburt wurde am 6. April 1999 in das Geburtenregister des Standesamts der Stadt H. eingetragen. Danach trug der Beigeladene die Vornamen X. Y. und den Familiennamen C. , bei dem es sich um den damaligen Familiennamen seiner Mutter handelte. Der Kläger erkannte am 8. April 1999 die Vaterschaft hinsichtlich des Beigeladenen an. Am 4. Juni 1999 heirateten der Kläger und die Mutter des Beigeladenen. Nach der Eheschließung führten der Beigeladene und seine Eltern den Familiennamen des Klägers. Die Eltern des Beigeladenen trennten sich im Januar 2002. Am 4. März 2004 wurde die Ehe geschieden. Die Mutter des Beigeladenen nahm im Jahr 2011 zunächst wieder ihren Geburtsnamen E. an. Seit einer erneuten Eheschließung führt sie als Familiennamen den Namen ihres Ehemanns. Ihr steht das alleinige Sorgerecht für den Beigeladenen zu, der seit Jahren keinen Kontakt mehr zum Kläger hat.
4Am 13. August 2007 beantragte die Mutter des Beigeladenen für diesen beim Standesamt der Stadt H. die Änderung seines Familiennamens in ihren Geburtsnamen sowie die Streichung seines zweiten Vornamens. Zur Begründung führte sie an, ihr Sohn wünsche die Namensänderung. Es bestehe keinerlei Kontakt zum Vater. Die Erinnerungen an ihn seien von Gewalt und Gefahr geprägt. Bei dem Vornamen „Y.“ handele es sich um den Taufnamen des Vaters. Er solle gestrichen werden, um nicht an den Vater erinnert zu werden.
5Am 7. Februar 2008 nahm das Amt für Familie, Soziales und Jugend der Stadt H. zu dem Namensänderungsantrag Stellung, nachdem es den Beigeladenen und seine Mutter angehört hatte. Es kam zu dem Schluss, dass die Namensänderung für das Wohl des Beigeladenen nicht erforderlich sei. Nach Vorlage eines vom Diplom-Psychologen F. erstellten fachpsychiatrischen Gutachtens vom 24. Oktober 2008, das im familiengerichtlichen Verfahren eingeholt wurde, und einem weiteren Gespräch mit dem Beigeladenen stimmte das Amt für Familie, Jugend und Soziales der Stadt H. in einer Stellungnahme vom 16. März 2011 der Änderung des Familiennamens des Beigeladenen zu. Eine Abänderung des zweiten Vornamens des Beigeladenen wurde aber nicht als notwendig angesehen, weil er nicht als Ruf- oder Unterschriftsname geführt werden müsse und daher im Alltag kaum eine Rolle spiele.
6Mit Bescheid vom 22. Juni 2011 gab der Beklagte dem Antrag auf Änderung des Vornamens des Beigeladenen von „X. Y.“ in „X.“ und des Familiennamens von „N. “ in „E. “ statt.
7Am 22. Juli 2011 hat der Kläger dagegen Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass der Beigeladene ihn, den Kläger, nicht wegen eigener Erfahrungen ablehne, sondern durch seine Mutter beeinflusst sei. Die Namensänderung sei auch ungeeignet, um sich weiter von ihm, dem Vater, abzugrenzen.
8Der Kläger hat beantragt,
9den Namensänderungsbescheid des Landrates des Beklagten vom 22. Juni 2011 aufzuheben.
10Der Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Er hat u. a. darauf verwiesen, dass der Beigeladene mit den Namen seines Vaters ausschließlich negative Erlebnisse verbinde. Dies führe zur Ablehnung und dem Wunsch nach Abgrenzung. Dabei könne dahinstehen, ob der Beigeladene diese Haltung aus eigener Überzeugung gebildet oder im Wege einer Haltungsadaption von seiner Mutter übernommen habe. Um eine namentliche Abgrenzung zum Kläger und einen Entlastungseffekt zu erreichen, sei auch die Streichung des zweiten Vornamens erforderlich. Das Interesse des Klägers an der Beibehaltung des Namens müsse dagegen zurückstehen. Er habe sich weder um eine Verbesserung des Verhältnisses zu seinem Sohn bemüht noch Unterhalt gezahlt.
13Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
14Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat u. a. angenommen, die Klage sei unzulässig, soweit sich der Kläger gegen die Streichung des zweiten Vornamens des Beigeladenen wende. Es fehle ihm an der Klagebefugnis, weil er bei der Bestimmung des Vornamens des Beigeladenen nicht sorgeberechtigt gewesen sei.
15Der Senat hat die Berufung zugelassen, soweit der Kläger sich gegen die Streichung des zweiten Vornamens des Beigeladenen wendet. Im Übrigen ist der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung abgelehnt worden.
16Zur Begründung der Berufung trägt der Kläger vor, die Klage sei zulässig. Allein die Tatsache, dass die Mutter des Beigeladenen im Zeitpunkt der Namensgebung allein sorgeberechtigt gewesen sei, gebe ihr nicht das Recht, auch nach der Eheschließung alleine über den Vornamen des dann ehelichen Kindes zu entscheiden. Vielmehr könne die Frage, wer zur Änderung des Vornamens des Kindes berechtigt sei, nur auf der Grundlage des im Zeitpunkt der Namensänderung bestehenden Sorgerechts beurteilt werden. Auch könne der Vorname ebenso wie der Nachname auf eine Zugehörigkeit zu einer bestimmten Verwandtschaft hindeuten. Es sei etwa in katholischen Gegenden vielfach üblich, dem Kind den Vornamen des Taufpaten oder eines Elternteils zu geben und so das verwandtschaftliche Band zu stärken und das Fürsorgeverhältnis hervorzuheben. Insgesamt solle ein Zusammengehörigkeitsgefühl aufrecht erhalten werden. Die Klage sei auch begründet. Das deutsche Namensrecht kenne keine starre Namensführungspflicht. Dem Beigeladenen und seiner Mutter sei es unbenommen, im Alltag und in weiten Bereichen des Rechtsverkehrs nur den ersten Vornamen als Rufnamen zu verwenden. Der Namensänderung bedürfe es nicht.
17Der Kläger beantragt,
18das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 20. Februar 2014 teilweise zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 22. Juni 2011 insoweit aufzuheben, als dem Antrag des Beigeladenen auf Änderung seines Vornamens von „X. Y.“ in „X.“ stattgegeben wurde.
19Der Beklagte beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Er trägt vor, das Recht zur Bestimmung des Vornamens für ein Kind folge aus dem Personensorgerecht. Da die Mutter des Beigeladenen sowohl zum Zeitpunkt der Vornamensbestimmung als auch zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung über das alleinige Sorgerecht für den Beigeladenen verfügt habe, könne der Kläger durch die Vornamensänderung nicht in seinen Rechten verletzt sein. Unerheblich sei, dass der Kläger mit der Mutter des Beigeladenen kurze Zeit verheiratet und gemeinsam mit der Mutter sorgeberechtigt gewesen sei. Das Sorgerecht habe sich nicht auf die für die Entscheidung erheblichen Zeitpunkte erstreckt. Jedenfalls sei die Klage aber unbegründet. Auch hinsichtlich des Vornamens sei es dem Beigeladenen nicht zuzumuten, das Namensband zum Kläger aufrecht zu erhalten. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass bei der Änderung des Vornamens - insbesondere in der Form der Streichung des zweiten Vornamens - geringere Anforderungen zu stellen seien als bei der Änderung des Familiennamens. Die Verwendung nur des ersten Vornamens als Rufnamen erscheine für den Beigeladenen keine hinnehmbare Lösung, da der zweite Vorname weiterhin offizieller Namensbestandteil bleibe, den der Beigeladene zur Vermeidung einer Ordnungswidrigkeit (vgl. § 111 OWiG) sogar in einigen Fällen angeben müsse und der ihn an die negativen Erfahrungen mit dem Kläger regelmäßig erinnere.
22Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie auf die beigezogenen Akten des Amtsgerichts H. und das im familiengerichtliche Verfahren eingeholte Gutachten des Diplom-Psychologen F. vom 24. Oktober 2008 Bezug genommen.
24Entscheidungsgründe:
25Die Berufung hat Erfolg.
26Die Klage ist im Umfang der Berufung zulässig und begründet.
27Der Zulässigkeit der Klage steht insbesondere nicht eine fehlende Klagebefugnis entgegen. Der Kläger ist im Hinblick auf die im Bescheid des Beklagten vom 22. Juni 2011 dem Beigeladenen gewährte Änderung seines Vornamens von „X. Y.“ in „X.“ klagebefugt i. S. v. § 42 Abs. 2 VwGO. Das subjektiv‑öffentliche Recht, dessen mögliche Verletzung der Kläger geltend machen kann,
28vgl. allgemein zu § 42 Abs. 2 VwGO und der Geltendmachung einer Verletzung eigener Rechte: Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 42 Rn. 378 ff.,
29ist das Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG. Dieses Elternrecht steht auch nicht sorgeberechtigten Vätern eines nichtehelichen Kindes zu.
30Vgl. BVerfG, Urteil vom 29. Januar 2003 ‑ 1 BvL 20/99, 1 BvR 91 BvR 933/01 -, BVerfGE 107, 150 = juris, Rn. 48, und Beschluss vom 21. Juli 2010 ‑ 1 BvR 420/09 -, BVerfGE 127, 132 = juris, Rn. 37 f.; Brosius-Gersdorf, in: Dreier, GG, Bd. I, 3. Auflage 2013, Art. 6 Rn. 147 m. w. N.
31Das Elternrecht der rechtlich als Vater des Kindes anerkannten Person umfasst das Interesse am Fortbestand des namensrechtlichen Bandes zum Kind.
32Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Juli 2007 ‑ 16 B 224/07 -, juris, Rn. 5 (zum Familiennamen).
33Das insoweit geschützte namensrechtliche Band betrifft zwar zuvörderst den Familiennamen, weil diesem eine Dokumentationsfunktion hinsichtlich der Abstammung des Kindes zukommt.
34Vgl. in diesem Zusammenhang OVG NRW, Beschlüsse vom 2. April 2012 ‑ 16 E 303/12 -, juris, Rn. 9, und vom 4. Juni 2013 - 16 E 343/12 ‑, StAZ 2014, 211 = juris, Rn. 13 f.; OVG Bbg., Beschluss vom 12. Oktober 2004 ‑ 4 A 580/03.Z -, FamRZ 2005, 1119 = juris, Rn. 7; Hess. VGH, Beschluss vom 27. Juli 1994 ‑ 11 UE 842/94 -, FamRZ 1995, 568 = juris, Rn. 3; zur Dokumentation der Abstammung: BVerfG, Urteil vom 30. Januar 2002 ‑ 1 BvL 23/96 -, BVerfGE 104, 373 = juris, Rn. 45.
35Der Vorname dient dagegen der Unterscheidung mehrerer Träger desselben Familiennamens insbesondere innerhalb der Familie und hat eine regelmäßig auf die Individualität bezogene Bedeutung.
36Vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Januar 2002 ‑ 1 BvL 23/96 -, BVerfGE 104, 373 = juris, Rn. 43, Kammerbeschlüsse vom 3. November 2005 - 1 BvR 691/03 -, NJW 2006, 1414 = juris, Rn. 14, und vom 5. Dezember 2008 - 1 BvR 576/07 -, NJW 2009, 663 = juris, Rn. 12; BVerwG, Urteil vom 26. März 2003 ‑ 6 C 26.02 -, StAZ 2003, 240 = juris, Rn. 12; OVG NRW, Beschluss vom 4. Juni 2004 ‑ 8 A 945/04 -.
37Wird zur Individualisierung des Kindes aber ein (zumindest teilweise) mit dem Namen eines Elternteils identischer Vorname gewählt, wird damit die besondere Verbundenheit zwischen dem Kind und diesem Elternteil zum Ausdruck gebracht. Die Namensgleichheit kann sowohl für das Kind und das Elternteil gleichen Namens als auch für Dritte die besondere persönliche Beziehung zwischen den beiden namensgleichen Familienangehörigen verdeutlichen.
38Mit anderer Tendenz noch OVG NRW, Beschluss vom 4. Juni 2013 - 16 E 343/12 -, StAZ 2014, 211 = juris, Rn. 13; allgemein zur Namenswahl: Institut für Demoskopie Allensbach/Rüdebusch, Motive der Vornamenwahl, StAZ 2014, 323 (327 f.); vgl. zur Wahl des Familiennamens des Vaters als weiteren Vornamen: BGH, Beschluss vom 30. April 2008 - XII ZB 5/08 -, NJW 2008, 2500 = juris, Rn. 14 ff.
39Das rechtliche Interesse des nicht sorgeberechtigten Vaters an der Beibehaltung dieses durch die Vornamensgleichheit vermittelten Namensbands ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil ihm nach der (einfach-)gesetzlichen Ausgestaltung des grundrechtlich gewährleisteten Elternrechts
40- vgl. zu dem Erfordernis der gesetzlichen Ausgestaltung: BVerfG, Urteil vom 29. Januar 2003 ‑ 1 BvL 20/99, 1 BvR 91 BvR 933/01 -, BVerfGE 107, 150 = juris, Rn. 48, und Beschluss vom 21. Juli 2010 ‑ 1 BvR 420/09 -, BVerfGE 127, 132 = juris, Rn. 37-
41die Wahl der Vornamen des Kindes, die gemäß § 22 Abs. 1 PStG binnen eines Monats dem Standesamt anzuzeigen sind, nicht zusteht. Das Personensorgerecht (§ 1626 Abs. 1, § 1631 BGB), das auch das Recht der Eltern umfasst, ihrem Kind einen Namen zu geben,
42vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Januar 2002 - 1 BvL 23/96 -, BVerfGE 104, 373 = juris, Rn. 41; Kammerbeschlüsse vom 3. November 2005 ‑ 1 BvR 691/03 -, NJW 2006, 1414 = juris, Rn. 14, und vom 5. Dezember 2008 - 1 BvR 576/07 -, NJW 2009, 663 = juris, Rn. 12,
43hat gemäß § 1626a Abs. 3 BGB die Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes, sofern nicht ein Fall des § 1626a Abs. 1 BGB vorliegt, also die Eltern erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen, sie einander heiraten oder ihnen das Familiengericht die Sorge gemeinsam überträgt. Ist der Vater nicht sorgeberechtigt, steht es allein der Mutter zu, den bzw. die Vornamen des Kindes zu bestimmen.
44Vgl. Schwer, in: juris-PK-BGB, 7. Auflage 2014, § 1616 BGB Rn. 5.
45Wählt sie aber (auch) einen Vornamen, der die Verbundenheit zum Vater dokumentiert und demgemäß regelmäßig auf einer gemeinsamen Willensbildung der Eltern beruht, ist damit ein Namensband zum Vater hergestellt, dessen Durchtrennung den Vater in seinem - normenhierarchisch höher gestellten - Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verletzen kann.
46Letztlich offen gelassen in: OVG NRW, Beschluss vom 4. Juni 2013 - 16 E 343/12 -, StAZ 2014, 211 = juris, Rn. 6 ff.; eine Klagebefugnis des nicht sorgeberechtigten Vaters bei Vornamensänderung ablehnend: OVG Bbg., Beschluss vom 12. Oktober 2004 ‑ 4 A 580/03.Z -, FamRZ 2005, 1119 = juris, Rn. 7; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 4. Juni 2013 ‑ OVG 5 L19.13 -, Streit 2014, 172 = juris, Rn. 3; offen lassend: Hess. VGH, Beschluss vom 11. Dezember 1991 ‑ 11 UE 3173/90 -, FamRZ 1992, 1100 = juris, Rn. 27 (in Bezug auf einen zum im Zeitpunkt der Vornamensänderung nicht zur Personensorge Berechtigten).
47Dies gilt auch für den Kläger. Er führt denselben (in Deutschland eher seltenen) zweiten Vornamen wie sein Sohn, der Beigeladene. Entfällt der zweite Vorname des Beigeladenen, entfällt auch das sich daraus ergebende gemeinsame Band zwischen dem Kläger und seinem Sohn, was den Kläger in seinem Elternrecht verletzen kann. Dass der Kläger im Zeitpunkt der Namenswahl für seinen Sohn, den Beigeladenen, für diesen nicht sorgeberechtigt war, sondern ihm erst später die gemeinsame Sorge nach Eheschließung mit der Mutter seines Sohns zustand (vgl. § 1626a Abs. 1 Nr. 2 BGB in der damals gültigen Fassung), ändert daran ebenso wenig wie der Umstand, dass er auch im Zeitpunkt des Antrags auf Änderung des Vornamens des Beigeladenen und auch aktuell nicht über das Personensorgerecht für diesen verfügt.
48Die Klage ist im Umfang der Berufung auch begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 22. Juni 2011 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit darin dem Antrag des Beigeladenen auf Änderung seines Vornamens von „X. Y.“ in „X.“ stattgegeben wurde (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
49Die Voraussetzungen der Vornamensänderung nach §§ 11, 3 Abs. 1 NÄG liegen nicht vor. Danach darf ein Vorname nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. Eine Vornamensänderung liegt nicht nur bei Auswechslung eines Vornamens, sondern auch bei Hinzufügung oder Streichung eines oder mehrerer Vornamen vor.
50Vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. März 1981 ‑ 7 B 44.81 -, StAZ 1984, 131 = juris, Rn. 3; OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 2000 ‑ 8 A 3628/00 ‑, juris, Rn. 33 f.
51Ein wichtiger Grund ist anzunehmen, wenn die Abwägung aller für und gegen die Namensänderung streitenden Umstände ein Übergewicht der für die Änderung sprechenden Interessen ergibt. Allerdings sind an das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Änderung eines Vornamens geringere Anforderungen zu stellen als für die Änderung des Familiennamens, der in weitergehendem Umfang als Unterscheidungs- und Zuordnungsmerkmal dient. Das öffentliche Interesse tritt noch weiter zurück, wenn es nicht darum geht, einen Vornamen zu ersetzen, sondern der bereits registrierte erste Vorname und mit ihm seine Kennzeichnungsfunktion erhalten bleibt und die Namensänderung nur weitere Vornamen betrifft.
52Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2003 ‑ 6 C 26.02 ‑, StAZ 2003, 240 = juris, Rn. 10 ff., 19; OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 2000 ‑ 8 A 3628/00 ‑, juris, Rn. 37 ff. m. w. N.
53Dennoch hat auch die Änderung des Vornamens Ausnahmecharakter. Unter Berücksichtigung des ‑ wenngleich als gering einzustufenden ‑ öffentlichen Interesses an der Vornamenskontinuität sowie der gesetzgeberischen Grundentscheidung, die Führung des Vornamens der freien Disposition zu entziehen, bedarf es eines schutzwürdigen Interesses an der Namensänderung, das so wesentlich ist, dass die in der Regel für die Beibehaltung des bisherigen Namens sprechenden Belange der Allgemeinheit zurücktreten müssen.
54Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 4. Juni 2004 ‑ 8 A 945/04 ‑, vom 2. November 2009 ‑ 16 A 2341/08 - und vom 4. Juni 2013 - 16 E 343/12 -, StAZ 2014, 211 = juris, Rn. 23.
55Wie der Senat bereits im die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe in diesem Verfahren betreffenden Beschluss vom 4. Juni 2013 (16 E 343/12, StAZ 2014, 211 = juris, Rn. 25) ausgeführt hat, fehlt es hier daran. Das deutsche Namensrecht kennt keine starre Namensführungspflicht, sodass es dem Beigeladenen (und seiner Mutter) unbenommen ist, im Alltag ebenso wie in weiten Bereichen des Rechtsverkehrs nur den ersten Vornamen "X." als Rufnamen zu verwenden. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sich trotz dieser Möglichkeit die weitere Führung des zweiten Vornamens "Y." infolge der insoweit bestehenden Namensgleichheit zum Kläger in relevanter Weise nachteilig auswirkt bzw. umgekehrt sich dessen Streichung mehr als nur unerheblich vorteilhaft erweist, sind weder dargetan noch sonst erkennbar. Das Jugendamt der Stadt H. misst im Gegenteil in seiner Stellungnahme vom 16. März 2011 der Streichung des Vornamens "Y." ‑ anders als der Änderung des Familiennamens ‑ ausdrücklich keinen nennenswerten Entlastungseffekt bei, da er im Alltag kaum eine Rolle spiele. Diese Einschätzung erscheint ohne Weiteres nachvollziehbar. Vor diesem Hintergrund ist auch unter Berücksichtigung der im Urteil des Verwaltungsgerichts wiedergegebenen Äußerungen des Beigeladenen in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung, der den Umgang mit seinem Vater laut des im familiengerichtlichen Verfahren eingeholten fachpsychologischen Gutachtens des Diplom-Psychologen F. vom 24. Oktober 2008 nachdrücklich abgelehnt hat, nicht ersichtlich, dass ihn nicht nur der Familienname des Klägers, den der Beigeladene damals führte, sondern auch der zweite Vorname belastet. Aus dem Urteil ergibt sich, dass der Beigeladene es als schlimm empfunden hat, den Familiennamen seines Vaters zu tragen, weil mit ihm die Erinnerung an „schlimme Dinge“ verbunden sei, die zwischen seinen Eltern vorgefallen seien. Er verbinde mit dem Namen nichts Gutes. Dafür, dass der inzwischen 17 Jahre alte Beigeladene auch durch den zweiten Vornamen, den er nur in sehr seltenen Fällen angeben muss, belastet ist, ist nichts ersichtlich, so dass die erforderliche Abwägung hier zugunsten der Vornamenskontinuität ausfällt. Das gilt sowohl für den Zeitpunkt des Erlasses des angegriffenen Bescheids als auch für den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, so dass es zur Frage, auf welchen Zeitpunkt die gerichtliche Beurteilung in den Fällen der Klage des nicht sorgeberechtigten Elternteils gegen einen die Namensänderung des Kindes gewährenden Bescheid abzustellen hat,
56vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Juni 2013 ‑ 16 E 343/12 -, StAZ 2014, 211 = juris, Rn. 37 f.,
57keiner Entscheidung bedarf.
58Durch die vom Beklagten rechtswidrig gewährte Änderung des Vornamens des Beigeladenen von „X. Y.“ in „X.“ und die damit verbundene Durchtrennung des Namensbands zum Kläger wird das Recht des Klägers aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verletzt.
59Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO.
60Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 709 Satz 2, § 711 ZPO.
61Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Von grundsätzlicher Bedeutung ist die Frage, ob dem bei der Vornamenswahl nicht sorgeberechtigten Vater bei der Änderung des mit seinem Vornamen zumindest teilweise identischen Vornamens seines minderjährigen Kindes eine Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO zusteht.
(1) Ein Familienname darf nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt.
(2) Die für die Entscheidung erheblichen Umstände sind von Amts wegen festzustellen; dabei sollen insbesondere außer den unmittelbar Beteiligten die zuständige Ortspolizeibehörde und solche Personen gehört werden, deren Rechte durch die Namensänderung berührt werden.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 20. Februar 2014 wie folgt teilweise geändert:
Der Bescheid des Beklagten vom 22. Juni 2011 wird aufgehoben, soweit darin dem Antrag des Beigeladenen auf Änderung seines Vornamens von „X. Y.“ in „X.“ stattgegeben wurde.
Die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz tragen der Kläger und der Beklagte je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger wendet sich gegen die im Berufungsverfahren nur noch streitige Streichung des zweiten Vornamens des Beigeladenen.
3Der Beigeladene wurde am 21. März 1999 geboren. Die Geburt wurde am 6. April 1999 in das Geburtenregister des Standesamts der Stadt H. eingetragen. Danach trug der Beigeladene die Vornamen X. Y. und den Familiennamen C. , bei dem es sich um den damaligen Familiennamen seiner Mutter handelte. Der Kläger erkannte am 8. April 1999 die Vaterschaft hinsichtlich des Beigeladenen an. Am 4. Juni 1999 heirateten der Kläger und die Mutter des Beigeladenen. Nach der Eheschließung führten der Beigeladene und seine Eltern den Familiennamen des Klägers. Die Eltern des Beigeladenen trennten sich im Januar 2002. Am 4. März 2004 wurde die Ehe geschieden. Die Mutter des Beigeladenen nahm im Jahr 2011 zunächst wieder ihren Geburtsnamen E. an. Seit einer erneuten Eheschließung führt sie als Familiennamen den Namen ihres Ehemanns. Ihr steht das alleinige Sorgerecht für den Beigeladenen zu, der seit Jahren keinen Kontakt mehr zum Kläger hat.
4Am 13. August 2007 beantragte die Mutter des Beigeladenen für diesen beim Standesamt der Stadt H. die Änderung seines Familiennamens in ihren Geburtsnamen sowie die Streichung seines zweiten Vornamens. Zur Begründung führte sie an, ihr Sohn wünsche die Namensänderung. Es bestehe keinerlei Kontakt zum Vater. Die Erinnerungen an ihn seien von Gewalt und Gefahr geprägt. Bei dem Vornamen „Y.“ handele es sich um den Taufnamen des Vaters. Er solle gestrichen werden, um nicht an den Vater erinnert zu werden.
5Am 7. Februar 2008 nahm das Amt für Familie, Soziales und Jugend der Stadt H. zu dem Namensänderungsantrag Stellung, nachdem es den Beigeladenen und seine Mutter angehört hatte. Es kam zu dem Schluss, dass die Namensänderung für das Wohl des Beigeladenen nicht erforderlich sei. Nach Vorlage eines vom Diplom-Psychologen F. erstellten fachpsychiatrischen Gutachtens vom 24. Oktober 2008, das im familiengerichtlichen Verfahren eingeholt wurde, und einem weiteren Gespräch mit dem Beigeladenen stimmte das Amt für Familie, Jugend und Soziales der Stadt H. in einer Stellungnahme vom 16. März 2011 der Änderung des Familiennamens des Beigeladenen zu. Eine Abänderung des zweiten Vornamens des Beigeladenen wurde aber nicht als notwendig angesehen, weil er nicht als Ruf- oder Unterschriftsname geführt werden müsse und daher im Alltag kaum eine Rolle spiele.
6Mit Bescheid vom 22. Juni 2011 gab der Beklagte dem Antrag auf Änderung des Vornamens des Beigeladenen von „X. Y.“ in „X.“ und des Familiennamens von „N. “ in „E. “ statt.
7Am 22. Juli 2011 hat der Kläger dagegen Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass der Beigeladene ihn, den Kläger, nicht wegen eigener Erfahrungen ablehne, sondern durch seine Mutter beeinflusst sei. Die Namensänderung sei auch ungeeignet, um sich weiter von ihm, dem Vater, abzugrenzen.
8Der Kläger hat beantragt,
9den Namensänderungsbescheid des Landrates des Beklagten vom 22. Juni 2011 aufzuheben.
10Der Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Er hat u. a. darauf verwiesen, dass der Beigeladene mit den Namen seines Vaters ausschließlich negative Erlebnisse verbinde. Dies führe zur Ablehnung und dem Wunsch nach Abgrenzung. Dabei könne dahinstehen, ob der Beigeladene diese Haltung aus eigener Überzeugung gebildet oder im Wege einer Haltungsadaption von seiner Mutter übernommen habe. Um eine namentliche Abgrenzung zum Kläger und einen Entlastungseffekt zu erreichen, sei auch die Streichung des zweiten Vornamens erforderlich. Das Interesse des Klägers an der Beibehaltung des Namens müsse dagegen zurückstehen. Er habe sich weder um eine Verbesserung des Verhältnisses zu seinem Sohn bemüht noch Unterhalt gezahlt.
13Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
14Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat u. a. angenommen, die Klage sei unzulässig, soweit sich der Kläger gegen die Streichung des zweiten Vornamens des Beigeladenen wende. Es fehle ihm an der Klagebefugnis, weil er bei der Bestimmung des Vornamens des Beigeladenen nicht sorgeberechtigt gewesen sei.
15Der Senat hat die Berufung zugelassen, soweit der Kläger sich gegen die Streichung des zweiten Vornamens des Beigeladenen wendet. Im Übrigen ist der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung abgelehnt worden.
16Zur Begründung der Berufung trägt der Kläger vor, die Klage sei zulässig. Allein die Tatsache, dass die Mutter des Beigeladenen im Zeitpunkt der Namensgebung allein sorgeberechtigt gewesen sei, gebe ihr nicht das Recht, auch nach der Eheschließung alleine über den Vornamen des dann ehelichen Kindes zu entscheiden. Vielmehr könne die Frage, wer zur Änderung des Vornamens des Kindes berechtigt sei, nur auf der Grundlage des im Zeitpunkt der Namensänderung bestehenden Sorgerechts beurteilt werden. Auch könne der Vorname ebenso wie der Nachname auf eine Zugehörigkeit zu einer bestimmten Verwandtschaft hindeuten. Es sei etwa in katholischen Gegenden vielfach üblich, dem Kind den Vornamen des Taufpaten oder eines Elternteils zu geben und so das verwandtschaftliche Band zu stärken und das Fürsorgeverhältnis hervorzuheben. Insgesamt solle ein Zusammengehörigkeitsgefühl aufrecht erhalten werden. Die Klage sei auch begründet. Das deutsche Namensrecht kenne keine starre Namensführungspflicht. Dem Beigeladenen und seiner Mutter sei es unbenommen, im Alltag und in weiten Bereichen des Rechtsverkehrs nur den ersten Vornamen als Rufnamen zu verwenden. Der Namensänderung bedürfe es nicht.
17Der Kläger beantragt,
18das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 20. Februar 2014 teilweise zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 22. Juni 2011 insoweit aufzuheben, als dem Antrag des Beigeladenen auf Änderung seines Vornamens von „X. Y.“ in „X.“ stattgegeben wurde.
19Der Beklagte beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Er trägt vor, das Recht zur Bestimmung des Vornamens für ein Kind folge aus dem Personensorgerecht. Da die Mutter des Beigeladenen sowohl zum Zeitpunkt der Vornamensbestimmung als auch zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung über das alleinige Sorgerecht für den Beigeladenen verfügt habe, könne der Kläger durch die Vornamensänderung nicht in seinen Rechten verletzt sein. Unerheblich sei, dass der Kläger mit der Mutter des Beigeladenen kurze Zeit verheiratet und gemeinsam mit der Mutter sorgeberechtigt gewesen sei. Das Sorgerecht habe sich nicht auf die für die Entscheidung erheblichen Zeitpunkte erstreckt. Jedenfalls sei die Klage aber unbegründet. Auch hinsichtlich des Vornamens sei es dem Beigeladenen nicht zuzumuten, das Namensband zum Kläger aufrecht zu erhalten. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass bei der Änderung des Vornamens - insbesondere in der Form der Streichung des zweiten Vornamens - geringere Anforderungen zu stellen seien als bei der Änderung des Familiennamens. Die Verwendung nur des ersten Vornamens als Rufnamen erscheine für den Beigeladenen keine hinnehmbare Lösung, da der zweite Vorname weiterhin offizieller Namensbestandteil bleibe, den der Beigeladene zur Vermeidung einer Ordnungswidrigkeit (vgl. § 111 OWiG) sogar in einigen Fällen angeben müsse und der ihn an die negativen Erfahrungen mit dem Kläger regelmäßig erinnere.
22Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie auf die beigezogenen Akten des Amtsgerichts H. und das im familiengerichtliche Verfahren eingeholte Gutachten des Diplom-Psychologen F. vom 24. Oktober 2008 Bezug genommen.
24Entscheidungsgründe:
25Die Berufung hat Erfolg.
26Die Klage ist im Umfang der Berufung zulässig und begründet.
27Der Zulässigkeit der Klage steht insbesondere nicht eine fehlende Klagebefugnis entgegen. Der Kläger ist im Hinblick auf die im Bescheid des Beklagten vom 22. Juni 2011 dem Beigeladenen gewährte Änderung seines Vornamens von „X. Y.“ in „X.“ klagebefugt i. S. v. § 42 Abs. 2 VwGO. Das subjektiv‑öffentliche Recht, dessen mögliche Verletzung der Kläger geltend machen kann,
28vgl. allgemein zu § 42 Abs. 2 VwGO und der Geltendmachung einer Verletzung eigener Rechte: Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 42 Rn. 378 ff.,
29ist das Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG. Dieses Elternrecht steht auch nicht sorgeberechtigten Vätern eines nichtehelichen Kindes zu.
30Vgl. BVerfG, Urteil vom 29. Januar 2003 ‑ 1 BvL 20/99, 1 BvR 91 BvR 933/01 -, BVerfGE 107, 150 = juris, Rn. 48, und Beschluss vom 21. Juli 2010 ‑ 1 BvR 420/09 -, BVerfGE 127, 132 = juris, Rn. 37 f.; Brosius-Gersdorf, in: Dreier, GG, Bd. I, 3. Auflage 2013, Art. 6 Rn. 147 m. w. N.
31Das Elternrecht der rechtlich als Vater des Kindes anerkannten Person umfasst das Interesse am Fortbestand des namensrechtlichen Bandes zum Kind.
32Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Juli 2007 ‑ 16 B 224/07 -, juris, Rn. 5 (zum Familiennamen).
33Das insoweit geschützte namensrechtliche Band betrifft zwar zuvörderst den Familiennamen, weil diesem eine Dokumentationsfunktion hinsichtlich der Abstammung des Kindes zukommt.
34Vgl. in diesem Zusammenhang OVG NRW, Beschlüsse vom 2. April 2012 ‑ 16 E 303/12 -, juris, Rn. 9, und vom 4. Juni 2013 - 16 E 343/12 ‑, StAZ 2014, 211 = juris, Rn. 13 f.; OVG Bbg., Beschluss vom 12. Oktober 2004 ‑ 4 A 580/03.Z -, FamRZ 2005, 1119 = juris, Rn. 7; Hess. VGH, Beschluss vom 27. Juli 1994 ‑ 11 UE 842/94 -, FamRZ 1995, 568 = juris, Rn. 3; zur Dokumentation der Abstammung: BVerfG, Urteil vom 30. Januar 2002 ‑ 1 BvL 23/96 -, BVerfGE 104, 373 = juris, Rn. 45.
35Der Vorname dient dagegen der Unterscheidung mehrerer Träger desselben Familiennamens insbesondere innerhalb der Familie und hat eine regelmäßig auf die Individualität bezogene Bedeutung.
36Vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Januar 2002 ‑ 1 BvL 23/96 -, BVerfGE 104, 373 = juris, Rn. 43, Kammerbeschlüsse vom 3. November 2005 - 1 BvR 691/03 -, NJW 2006, 1414 = juris, Rn. 14, und vom 5. Dezember 2008 - 1 BvR 576/07 -, NJW 2009, 663 = juris, Rn. 12; BVerwG, Urteil vom 26. März 2003 ‑ 6 C 26.02 -, StAZ 2003, 240 = juris, Rn. 12; OVG NRW, Beschluss vom 4. Juni 2004 ‑ 8 A 945/04 -.
37Wird zur Individualisierung des Kindes aber ein (zumindest teilweise) mit dem Namen eines Elternteils identischer Vorname gewählt, wird damit die besondere Verbundenheit zwischen dem Kind und diesem Elternteil zum Ausdruck gebracht. Die Namensgleichheit kann sowohl für das Kind und das Elternteil gleichen Namens als auch für Dritte die besondere persönliche Beziehung zwischen den beiden namensgleichen Familienangehörigen verdeutlichen.
38Mit anderer Tendenz noch OVG NRW, Beschluss vom 4. Juni 2013 - 16 E 343/12 -, StAZ 2014, 211 = juris, Rn. 13; allgemein zur Namenswahl: Institut für Demoskopie Allensbach/Rüdebusch, Motive der Vornamenwahl, StAZ 2014, 323 (327 f.); vgl. zur Wahl des Familiennamens des Vaters als weiteren Vornamen: BGH, Beschluss vom 30. April 2008 - XII ZB 5/08 -, NJW 2008, 2500 = juris, Rn. 14 ff.
39Das rechtliche Interesse des nicht sorgeberechtigten Vaters an der Beibehaltung dieses durch die Vornamensgleichheit vermittelten Namensbands ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil ihm nach der (einfach-)gesetzlichen Ausgestaltung des grundrechtlich gewährleisteten Elternrechts
40- vgl. zu dem Erfordernis der gesetzlichen Ausgestaltung: BVerfG, Urteil vom 29. Januar 2003 ‑ 1 BvL 20/99, 1 BvR 91 BvR 933/01 -, BVerfGE 107, 150 = juris, Rn. 48, und Beschluss vom 21. Juli 2010 ‑ 1 BvR 420/09 -, BVerfGE 127, 132 = juris, Rn. 37-
41die Wahl der Vornamen des Kindes, die gemäß § 22 Abs. 1 PStG binnen eines Monats dem Standesamt anzuzeigen sind, nicht zusteht. Das Personensorgerecht (§ 1626 Abs. 1, § 1631 BGB), das auch das Recht der Eltern umfasst, ihrem Kind einen Namen zu geben,
42vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Januar 2002 - 1 BvL 23/96 -, BVerfGE 104, 373 = juris, Rn. 41; Kammerbeschlüsse vom 3. November 2005 ‑ 1 BvR 691/03 -, NJW 2006, 1414 = juris, Rn. 14, und vom 5. Dezember 2008 - 1 BvR 576/07 -, NJW 2009, 663 = juris, Rn. 12,
43hat gemäß § 1626a Abs. 3 BGB die Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes, sofern nicht ein Fall des § 1626a Abs. 1 BGB vorliegt, also die Eltern erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen, sie einander heiraten oder ihnen das Familiengericht die Sorge gemeinsam überträgt. Ist der Vater nicht sorgeberechtigt, steht es allein der Mutter zu, den bzw. die Vornamen des Kindes zu bestimmen.
44Vgl. Schwer, in: juris-PK-BGB, 7. Auflage 2014, § 1616 BGB Rn. 5.
45Wählt sie aber (auch) einen Vornamen, der die Verbundenheit zum Vater dokumentiert und demgemäß regelmäßig auf einer gemeinsamen Willensbildung der Eltern beruht, ist damit ein Namensband zum Vater hergestellt, dessen Durchtrennung den Vater in seinem - normenhierarchisch höher gestellten - Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verletzen kann.
46Letztlich offen gelassen in: OVG NRW, Beschluss vom 4. Juni 2013 - 16 E 343/12 -, StAZ 2014, 211 = juris, Rn. 6 ff.; eine Klagebefugnis des nicht sorgeberechtigten Vaters bei Vornamensänderung ablehnend: OVG Bbg., Beschluss vom 12. Oktober 2004 ‑ 4 A 580/03.Z -, FamRZ 2005, 1119 = juris, Rn. 7; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 4. Juni 2013 ‑ OVG 5 L19.13 -, Streit 2014, 172 = juris, Rn. 3; offen lassend: Hess. VGH, Beschluss vom 11. Dezember 1991 ‑ 11 UE 3173/90 -, FamRZ 1992, 1100 = juris, Rn. 27 (in Bezug auf einen zum im Zeitpunkt der Vornamensänderung nicht zur Personensorge Berechtigten).
47Dies gilt auch für den Kläger. Er führt denselben (in Deutschland eher seltenen) zweiten Vornamen wie sein Sohn, der Beigeladene. Entfällt der zweite Vorname des Beigeladenen, entfällt auch das sich daraus ergebende gemeinsame Band zwischen dem Kläger und seinem Sohn, was den Kläger in seinem Elternrecht verletzen kann. Dass der Kläger im Zeitpunkt der Namenswahl für seinen Sohn, den Beigeladenen, für diesen nicht sorgeberechtigt war, sondern ihm erst später die gemeinsame Sorge nach Eheschließung mit der Mutter seines Sohns zustand (vgl. § 1626a Abs. 1 Nr. 2 BGB in der damals gültigen Fassung), ändert daran ebenso wenig wie der Umstand, dass er auch im Zeitpunkt des Antrags auf Änderung des Vornamens des Beigeladenen und auch aktuell nicht über das Personensorgerecht für diesen verfügt.
48Die Klage ist im Umfang der Berufung auch begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 22. Juni 2011 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit darin dem Antrag des Beigeladenen auf Änderung seines Vornamens von „X. Y.“ in „X.“ stattgegeben wurde (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
49Die Voraussetzungen der Vornamensänderung nach §§ 11, 3 Abs. 1 NÄG liegen nicht vor. Danach darf ein Vorname nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. Eine Vornamensänderung liegt nicht nur bei Auswechslung eines Vornamens, sondern auch bei Hinzufügung oder Streichung eines oder mehrerer Vornamen vor.
50Vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. März 1981 ‑ 7 B 44.81 -, StAZ 1984, 131 = juris, Rn. 3; OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 2000 ‑ 8 A 3628/00 ‑, juris, Rn. 33 f.
51Ein wichtiger Grund ist anzunehmen, wenn die Abwägung aller für und gegen die Namensänderung streitenden Umstände ein Übergewicht der für die Änderung sprechenden Interessen ergibt. Allerdings sind an das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Änderung eines Vornamens geringere Anforderungen zu stellen als für die Änderung des Familiennamens, der in weitergehendem Umfang als Unterscheidungs- und Zuordnungsmerkmal dient. Das öffentliche Interesse tritt noch weiter zurück, wenn es nicht darum geht, einen Vornamen zu ersetzen, sondern der bereits registrierte erste Vorname und mit ihm seine Kennzeichnungsfunktion erhalten bleibt und die Namensänderung nur weitere Vornamen betrifft.
52Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2003 ‑ 6 C 26.02 ‑, StAZ 2003, 240 = juris, Rn. 10 ff., 19; OVG NRW, Urteil vom 8. Dezember 2000 ‑ 8 A 3628/00 ‑, juris, Rn. 37 ff. m. w. N.
53Dennoch hat auch die Änderung des Vornamens Ausnahmecharakter. Unter Berücksichtigung des ‑ wenngleich als gering einzustufenden ‑ öffentlichen Interesses an der Vornamenskontinuität sowie der gesetzgeberischen Grundentscheidung, die Führung des Vornamens der freien Disposition zu entziehen, bedarf es eines schutzwürdigen Interesses an der Namensänderung, das so wesentlich ist, dass die in der Regel für die Beibehaltung des bisherigen Namens sprechenden Belange der Allgemeinheit zurücktreten müssen.
54Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 4. Juni 2004 ‑ 8 A 945/04 ‑, vom 2. November 2009 ‑ 16 A 2341/08 - und vom 4. Juni 2013 - 16 E 343/12 -, StAZ 2014, 211 = juris, Rn. 23.
55Wie der Senat bereits im die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe in diesem Verfahren betreffenden Beschluss vom 4. Juni 2013 (16 E 343/12, StAZ 2014, 211 = juris, Rn. 25) ausgeführt hat, fehlt es hier daran. Das deutsche Namensrecht kennt keine starre Namensführungspflicht, sodass es dem Beigeladenen (und seiner Mutter) unbenommen ist, im Alltag ebenso wie in weiten Bereichen des Rechtsverkehrs nur den ersten Vornamen "X." als Rufnamen zu verwenden. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sich trotz dieser Möglichkeit die weitere Führung des zweiten Vornamens "Y." infolge der insoweit bestehenden Namensgleichheit zum Kläger in relevanter Weise nachteilig auswirkt bzw. umgekehrt sich dessen Streichung mehr als nur unerheblich vorteilhaft erweist, sind weder dargetan noch sonst erkennbar. Das Jugendamt der Stadt H. misst im Gegenteil in seiner Stellungnahme vom 16. März 2011 der Streichung des Vornamens "Y." ‑ anders als der Änderung des Familiennamens ‑ ausdrücklich keinen nennenswerten Entlastungseffekt bei, da er im Alltag kaum eine Rolle spiele. Diese Einschätzung erscheint ohne Weiteres nachvollziehbar. Vor diesem Hintergrund ist auch unter Berücksichtigung der im Urteil des Verwaltungsgerichts wiedergegebenen Äußerungen des Beigeladenen in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung, der den Umgang mit seinem Vater laut des im familiengerichtlichen Verfahren eingeholten fachpsychologischen Gutachtens des Diplom-Psychologen F. vom 24. Oktober 2008 nachdrücklich abgelehnt hat, nicht ersichtlich, dass ihn nicht nur der Familienname des Klägers, den der Beigeladene damals führte, sondern auch der zweite Vorname belastet. Aus dem Urteil ergibt sich, dass der Beigeladene es als schlimm empfunden hat, den Familiennamen seines Vaters zu tragen, weil mit ihm die Erinnerung an „schlimme Dinge“ verbunden sei, die zwischen seinen Eltern vorgefallen seien. Er verbinde mit dem Namen nichts Gutes. Dafür, dass der inzwischen 17 Jahre alte Beigeladene auch durch den zweiten Vornamen, den er nur in sehr seltenen Fällen angeben muss, belastet ist, ist nichts ersichtlich, so dass die erforderliche Abwägung hier zugunsten der Vornamenskontinuität ausfällt. Das gilt sowohl für den Zeitpunkt des Erlasses des angegriffenen Bescheids als auch für den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, so dass es zur Frage, auf welchen Zeitpunkt die gerichtliche Beurteilung in den Fällen der Klage des nicht sorgeberechtigten Elternteils gegen einen die Namensänderung des Kindes gewährenden Bescheid abzustellen hat,
56vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Juni 2013 ‑ 16 E 343/12 -, StAZ 2014, 211 = juris, Rn. 37 f.,
57keiner Entscheidung bedarf.
58Durch die vom Beklagten rechtswidrig gewährte Änderung des Vornamens des Beigeladenen von „X. Y.“ in „X.“ und die damit verbundene Durchtrennung des Namensbands zum Kläger wird das Recht des Klägers aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verletzt.
59Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO.
60Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 709 Satz 2, § 711 ZPO.
61Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Von grundsätzlicher Bedeutung ist die Frage, ob dem bei der Vornamenswahl nicht sorgeberechtigten Vater bei der Änderung des mit seinem Vornamen zumindest teilweise identischen Vornamens seines minderjährigen Kindes eine Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO zusteht.
(1) Ein Familienname darf nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt.
(2) Die für die Entscheidung erheblichen Umstände sind von Amts wegen festzustellen; dabei sollen insbesondere außer den unmittelbar Beteiligten die zuständige Ortspolizeibehörde und solche Personen gehört werden, deren Rechte durch die Namensänderung berührt werden.
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 17. Januar 2018 - 7 K 4532/16 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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Tenor
I. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.