Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 08. Juli 2015 - Au 5 S 15.50348

published on 08/07/2015 00:00
Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 08. Juli 2015 - Au 5 S 15.50348
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Wege einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Anordnung seiner Abschiebung nach Ungarn.

Der am ... 1991 in ... (Irak) geborene Antragsteller ist irakischer Staatsangehöriger, arabischer Volks- und schiitischer Religionszugehörigkeit.

Seinen Angaben zu Folge reiste der Antragsteller am 31. Dezember 2014 erstmalig in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er am 16. März 2015 Asylerstantrag stellte.

Für den Antragsteller liegt ein EURODAC-Treffer international mit der Kennung ... für die Republik Ungarn vor.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt), richtete am 5. Mai 2015 ein Übernahmeersuchen für den Antragsteller an die Republik Ungarn. Mit Schreiben vom 8. Juni 2015 erklärten die ungarischen Behörden ihre Zuständigkeit für die Behandlung des Asylantrags des Antragstellers und erklärten sich mit einer Rücküberstellung einverstanden.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 10. Juni 2015 wurde der Antrag des Antragstellers als unzulässig abgelehnt (Ziffer 1.). In Ziffer 2. des Bescheides wurde gegenüber dem Antragsteller die Abschiebung nach Ungarn angeordnet.

Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass der Asylantrag gemäß § 27a Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) unzulässig sei, da Ungarn aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) für die Behandlung des Asylantrages zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Der Antragsteller habe in seinem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates angegeben, dass er in keinen anderen Dublin-Mitgliedstaat überstellt werden wolle. Gründe, die gegen eine Überstellung nach Ungarn sprächen, seien nicht vorgebracht worden und auch anderweitig nicht ersichtlich. In Ungarn lägen keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vor. Diese Beurteilung sei von verschiedenen deutschen Verwaltungsgerichten und Oberverwaltungsgerichten und zuletzt auch durch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 3. Juli 2014 bestätigt worden. In dieser Entscheidung werde festgestellt, dass das ungarische Asylsystem im Einklang mit den internationalen und europäischen Standards stehe und die wichtigsten Garantien enthalte. Daher werde der Asylantrag des Antragstellers in der Bundesrepublik Deutschland nicht materiell geprüft. Die Bundesrepublik Deutschland sei verpflichtet, die Überstellung nach Ungarn als zuständigem Mitgliedstaat innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Annahme des Aufnahme- und Wiederaufnahmeersuchens durch Ungarn oder der endgültigen negativen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder einer Überprüfung, wenn diese aufschiebende Wirkung habe, durchzuführen.

Auf den weiteren Inhalt des Bescheides des Bundesamtes vom 10. Juni 2015 wird ergänzend verwiesen.

Der Antragsteller hat am 4. Juli 2015 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben mit dem Antrag, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. Juni 2015 (Gesch.-Z. ...) aufzuheben (Az. Au 5 K 15.50347).

Über die vorbezeichnete Klage ist noch nicht entschieden worden.

Ebenfalls mit Schriftsatz vom 4. Juli 2015 hat der Antragsteller beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg im Wege einstweiligen Rechtschutzes beantragt,

I.

Dem Antragsteller wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

II.

Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 4. Juli 2015 gegen die Abschiebungsandrohung im Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. Juni 2015 (Az.: ...) wird gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) angeordnet.

Der Bescheid vom 10. Juni 2015 sei rechtswidrig und verletze den Antragsteller in seinen Rechten. Aufgrund seines Reiseweges sei nicht Ungarn, sondern Bulgarien für die Behandlung des Asylantrags des Antragstellers zuständig. Eine Abschiebung in den nach der Dublin III-VO unzuständigen Aufnahmestaat Ungarn verbiete sich, ein Übernahmeersuchen an den zuständigen Mitgliedstaat Bulgarien sei wegen Ablaufs der Anfragefrist aus Art. 21 Abs. 1 Dublin III-VO nicht mehr möglich, so dass die Bundesrepublik Deutschland für die Prüfung des Asylantrags des Antragstellers zuständig geworden sei. Nach der Dublin III-Verordnung müsse die Anfrage an den für die Übernahme zuständigen Mitgliedstaat zwingend innerhalb der dort geregelten Ausschlussfrist gestellt werden. Werde diese Frist versäumt, so trete die Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland zur Durchführung des Verfahrens ein. Art. 21 Abs. 1 Dublin III-VO vermittle dem Asylantragsteller ein subjektives Recht.

Auf den weiteren Inhalt des Antragschriftsatzes vom 4. Juli 2015 wird ergänzend verwiesen.

Die Antragsgegnerin hat dem Gericht die einschlägige Verfahrensakte vorgelegt. Eine Antragstellung ist unterblieben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die von der Antragsgegnerin vorgelegte Behördenakte verwiesen.

II.

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage (Az. Au 5 K 15.50347) gegen die im Bescheid des Bundesamtes vom 10. Juni 2015 enthaltene Abschiebungsanordnung des Antragstellers nach Ungarn anzuordnen, hat keinen Erfolg. Der am 4. Juli 2015 gestellte Antrag, der nach der Neufassung von § 34a AsylVfG auch statthaft ist, erweist sich in der Sache jedenfalls als unbegründet.

Daher bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob der Antrag bereits deshalb unzulässig ist, weil der Antragsteller die in § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG normierte Antragsfrist von einer Woche nach Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung versäumt hat. Für eine Verfristung des Antrages spricht allerdings, dass die sich in den Akten befindliche Postzustellungsurkunde, der gemäß § 418 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) uneingeschränkte Beweiskraft zukommt, eine Zustellung des Bescheides an den Antragsteller bereits am 23. Juni 2015 belegt. Hinzuweisen ist an dieser Stelle auch darauf, dass die Zustellung gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG) in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung von § 178 Abs. 1 Nr. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) in Gemeinschaftseinrichtungen auch an den Leiter der Einrichtung oder einen dazu ermächtigten Vertreter erfolgen darf.

Der Antrag ist jedenfalls unbegründet. Die Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. Juni 2015 hat gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 75 AsylVfG grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann jedoch gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, wenn das Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung des Bescheides vorläufig verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Bescheides überwiegt. Bei der somit vorzunehmenden Interessenabwägung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 146) sind vor allem die Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache zu berücksichtigen. Stellt sich bei summarischer Betrachtung heraus, dass die Klage aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird, so hat das Aussetzungsinteresse des Antragstellers hinter dem öffentlichen Vollziehungsinteresse zurückzustehen.

Da vorliegend die Erfolgsaussichten der vom Antragsteller erhobenen Klage als gering einzustufen sind, führt die vom Gericht vorzunehmende Interessenabwägung zu einem Überwiegen des Vollzugsinteresses. Der Bescheid vom 10. Juni 2015, mit dem das Bundesamt das Asylverfahren in der Bundesrepublik Deutschland für unzulässig erklärt und die Abschiebung des Antragstellers nach Ungarn angeordnet hat, wird sich im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweisen.

Ein Asylantrag ist gemäß § 27 a AsylVfG unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In diesem Falle ist gemäß § 34 a Abs. 1 AsylVfG durch das Bundesamt die Abschiebung in den zuständigen Staat anzuordnen; einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht.

Hintergrund dieser Bestimmungen ist, dass Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft kraft Verfassungsrechts (Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz - GG) als sichere Drittstaaten gelten, während sonstige sichere Drittstaaten durch Gesetz bestimmt werden. Wer sich in einem sicheren Drittstaat aufgehalten hat, bedarf grundsätzlich nicht des Schutzes eines anderen Staates. Bei der Republik Ungarn handelt es sich um einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union und damit um einen sicheren Drittstaat (§ 26 a Abs. 2 AsylVfG). Die Einreise aus einem dieser Staaten schließt die Berufung auf ein Asylrecht aus (Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 GG).

Im vorliegenden Fall ist aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union die Republik Ungarn für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers zuständig.

Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der Dublin III-Verordnung. Die Zuständigkeitskriterien der Dublin III-VO finden nach Art. 49 Abs. 2 dieser Verordnung auf Asylanträge, die - wie hier - nach dem 1. Januar 2014 gestellt worden sind, Anwendung. Der Antragsteller hat am 16. März 2015 in der Bundesrepublik Deutschland Asylantrag gestellt.

Für die Prüfung des Asylantrages des Antragstellers ist gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO Ungarn zuständig. Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 ist ein Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, wenn auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den bei den Artikeln 22 Abs. 3 Dublin III-VO genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt wird, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend, die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaates illegal überschritten hat. Vorliegend ergibt sich die Zuständigkeit der Republik Ungarn aus dem festgestellten EURODAC-Treffer. Danach hat der Antragsteller in Ungarn illegal die Grenze überschritten (EURODAC-Treffer beginnt mit „HU2“: Art. 14 Abs. 1 i. V. m. Art. 24 Abs. 4 Sätze 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung von EURODAC; im Folgenden: EURODAC-VO).

Die nach Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO zuständige ungarische Behörde hat dem Wiederaufnahmegesuch des Antragstellers auch ausdrücklich gemäß Art. 18 Abs. 1a Dublin III-VO mit Schreiben vom8. Juni 2015 zugestimmt (Bl. 58 der Behördenakte).

Es liegen auch keine Umstände vor, die die Zuständigkeit Ungarns in Durchbrechung des Systems der Bestimmungen der Dublin-Verordnungen entfallen ließen.

Dem gemeinsamen Europäischen Asylsystem, zu dem insbesondere die Dublin-Verordnungen gehören, liegt die Vermutung zugrunde, dass jeder Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat gemäß den Anforderungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EUGrCh) sowie der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) behandelt wird. Es gilt daher die Vermutung, dass Asylbewerbern in jedem Mitgliedstaat eine Behandlung entsprechend den Erfordernissen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und der Europäischen Menschenrechtskonvention zukommt.

Die diesem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ bzw. dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ zugrunde liegende Vermutung ist jedoch dann als widerlegt zu betrachten, wenn in Mitgliedstaaten „nicht unbekannt sein kann“, also ernsthaft zu befürchten ist, dass dem Asylverfahren einschließlich seiner Aufnahmebedingungen in einem Mitgliedstaat derart grundlegende, systemische Mängel anhaften, dass für dorthin überstellte Asylbewerber die Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EUGrCh ausgesetzt zu werden.

Als systemische Mängel sind solche Störungen anzusehen, die entweder im System eines nationalen Asylverfahrens angelegt sind und deswegen Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von ihnen nicht nur vereinzelt oder zufällig, sondern in einer Vielzahl von Fällen objektiv vorhersehbar treffen oder die dieses System aufgrund einer empirisch feststellbaren Umsetzung in der Praxis in Teilen funktionslos werden lassen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 21.2.2014 - 10 A 10656 - juris).

Systemische Mängel sind zu dem gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung hinsichtlich der Verhältnisse in der Republik Ungarn nicht anzunehmen.

Das Gericht teilt insoweit die Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, U. v. 3.7.2014 - 71932/12 - UA Rn. 68 ff.; U. v. 6.6.2013 - 2283/12 - Asylmagazin 2013, 342 ff.) sowie anderer deutscher Verwaltungsgerichte, die systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Ungarn verneinen (vgl. BayVGH, B. v. 27.4.2015 - 14 B 13.30076 - juris; VGH BW, B. v. 6.8.2013 - 12 S 675/13 - juris Rn. 4; OVG LSA, B. v. 31.5.2013 - 4 L 169/12 - juris Rn. 23; VG Würzburg, B. v. 2.1.2015 - W 1 S 14.50120 - juris Rn. 28 ff.; U. v. 23.9.2014 - W 1 K 14.50050 - UA S. 8 ff.; VG Düsseldorf, B. v. 2.9.2014 - 6 L 1235/14.A - juris Rn. 30 ff.; B. v. 8.9.2014 - 9 L 1506/14.A - juris Rn. 8 ff.; VG Stade, B. v. 14.7.2014 - 1 B 862/14 - juris Rn. 7 ff.; VG Hannover, B. v. 27.5.2014 - 5 B 634/14 - juris Rn. 8 ff.; andere Ansicht: SächsOVG, B. v. 24.7.2014 - A 1 B 131/14 - juris Rn. 4 m. w. N.; VG München, B. v. 26.6.2014 - M 24 S 14.50325 - juris Rn. 31 ff.; VG Stuttgart, U. v. 26.6.2014 - A 11 K 387/14 - juris Rn. 16 ff.; VG Düsseldorf, B. v. 27.8.2014 - 14 L 1786/14.A - juris Rn. 24 ff.; B. v. 16.6.2014 - 13 L 141/14.A - juris Rn. 24 ff.; VG Oldenburg, B. v. 18.6.2014 - 12 B 1238/14 - juris Rn. 18 ff.; VG Berlin, B. v. 15.1.2015 - VG 23 L 899.14 - juris).

Systemische Mängel bestehen (erst) bei einer reellen Unfähigkeit des gesamten Verwaltungsapparats zur Beachtung des Art. 4 EUGrCh, was gleichbedeutend ist mit strukturellen Störungen, die ihre Ursache im Gesamtsystem des nationalen Asylverfahrens haben. Die im jeweiligen nationalen Asylsystem festzustellenden Mängel müssen demnach so gravierend sein, dass sie nicht lediglich singulär oder zufällig sind, sondern in einer Vielzahl von Fällen zu der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung führen. Dies kann einerseits darauf beruhen, dass die Fehler bereits im System selbst angelegt sind, andererseits aber auch daraus folgen, dass ein in der Theorie nicht zu beanstandendes Asylsystem - mit Blick auf seine empirisch feststellbare Umsetzung in der Praxis - in weiten Teilen aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft defizitär ist und funktionslos wird (vgl. BVerwG, B. v. 6.6.2014 - 10 B 35.14 - NVwZ 2014, S. 1677 ff. = juris Rn. 5 a.E.; und B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, S. 1039 f. = juris Rn. 6 und 9; VGH BW, U. v. 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, S. 77, 78 ff. = juris; OVG NRW, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - juris Rn. 79 ff.; OVG RP, U. v. 21.2.2014 - 10 A10656/13 - juris Rn. 39 f.).

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat als Maßstab für die Beantwortung der Frage, ob Struktur und allgemeine Lage der Aufnahme im europäischen Zielstaat die Überstellung von Asylbewerbern dorthin verhindern, ausdrücklich benannt, ob eine Gleichgültigkeit der Behörden des betreffenden Staates vorliegt (vgl. EGMR, U. v. 4.11,2014, Tarakhel ./. Switzerland, Nr. 29217/12, NVwZ 2015, 127 ff. = juris Rn. 114 f., und E. v. 13.1.2015, A.M.E. ./. Netherlands, Nr. 51428/10, hudoc Rn. 34 u. 35).

Unerheblich ist, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung kommen kann und ob ein Drittstaatsangehöriger einer solchen tatsächlich schon einmal ausgesetzt gewesen ist. Derartige Erfahrungen sind in die Gesamtwürdigung einzubeziehen, ob systemische Mängel im Zielland der Überstellung vorliegen; nur in diesem begrenzten Umfang sind individuelle Erfahrungen zu berücksichtigen. Persönliche Erlebnisse Betroffener, die einige Jahre zurückliegen, können allerdings durch neuere Entwicklungen im betreffenden Staat überholt sein. Individuelle Erfahrungen einer gegen Art. 4 EUGrCh bzw. Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung führen hingegen nicht zu einer Beweislastumkehr für die Frage des Vorliegens systemischer Mängel (vgl. BVerwG, B. v. 6.6.2014 - 10 B 35.14 - NVwZ 2014, S. 1677 ff. = juris Rn. 6).

Bei Beachtung dieser Maßgaben bestehen im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 AsylVfG) über den Streitfall keine systemischen Mängel des ungarischen Asylverfahrens und der dortigen Aufnahmebedingungen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 VO (EU) Nr. 604/2013. Dies gilt soweit der einzelne internationalen Schutz begehrende Drittstaatsangehörige gerade keinem besonderen schutzwürdigen Personenkreis angehört. Mit den beiden Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) sowohl vom 6. Juni 2013 in der Sache ... ./. Österreich - Nr. 2283/12 -, und vom 3. Juli 2014 in der Sache ... ./. Österreich - Nr. 71932/12 -, geht das Gericht angesichts des Ablaufs und der Durchführung von Asylverfahren in Ungarn sowie der Behandlung von Dublin-Rückkehrern weiterhin davon aus, dass das ungarische Asylsystem und die Aufnahmebedingungen keine systematischen Defizite aufweisen. Obwohl der EGMR in seiner (ersten) Entscheidung vom 6. Juni 2013 - Nr. 2283/12 - noch deutlicher von alarmierenden Berichten über die Verhältnisse in Ungarn in den Jahren 2011 und 2012 ausging, hat er zuletzt in seiner Entscheidung vom 3. Juli 2014 - Nr. 71932/12 - ausdrücklich hervorgehoben, dass angesichts der seinerzeit festzustellenden Änderung des Asylrechts wie auch der tatsächlichen Behandlung von Drittstaatsangehörigen in Ungarn zu Beginn des Jahres 2014 Art. 3 EMRK einer Rückführung eines Asylsuchenden dorthin nach den Dublin-Regularien gerade nicht entgegensteht. Dabei hat sich der EGMR ausdrücklich unter genauerer Darstellung des jeweiligen Inhalts auf im Einzelnen näher bezeichnete und ausgewertete Stellungnahmen verschiedener Regierungs- wie Nichtregierungsorganisationen gestützt, die zeitlich bis ins Jahr 2014 hineinreichten. Insgesamt seien Verbesserungen des Asylsystems einschließlich der Abschiebehaftbedingungen und auch der Rechtsschutzmöglichkeiten festzustellen.

Hintergrund dieser Verbesserung ist die zur Bewältigung der durch die massive Flüchtlingswelle namentlich von Schutzsuchenden aus Syrien und dem Irak entstandenen Flüchtlingskrise von der EU gewährte finanzielle, logistische und personelle Unterstützung. Die Hilfen und bereits erreichten Verbesserungen lassen zudem mittel- und langfristig eine weitere Besserung der Zustände erwarten. Gerade dass der UNHCR, dessen amtlichen Stellungnahmen bei der Beurteilung der Situation und der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in den Mitgliedstaaten eine besondere Relevanz zukommt (vgl. EuGH, U. v. 30.5.2013 - C-528/11 - NVwZ-RR 2013, S. 660 ff. = juris Rn. 44), zu Ungarn kein ausdrückliches Positionspapier gegen eine Überstellung von Asylsuchenden nach den Regeln der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 verfasst hat, hat den EGMR veranlasst anzunehmen, der betroffene Drittstaatsangehörige sei keines individuellen realen Risikos ausgesetzt gewesen, als Asylantragsteller in Ungarn einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. v. Art. 3 EMRK unterworfen zu werden.

Dem schließt sich die erkennende Kammer nach eigenständiger Durchsicht und Bewertung der ebenfalls vorliegenden Erkenntnisse an, und hält daran auch mit Blick auf zeitlich nachfolgende neuere Erkenntnismittel fest. Eine Änderung der vom EGMR zugrunde gelegten Sachlage, die ein Abweichen von dessen Rechtsprechung rechtfertigen würde, besteht zur Überzeugung des Gerichts nicht:

Nach den zum 1. Januar 2014 erfolgten Änderungen im ungarischen Asylgesetz als genereller Reglung haben nunmehr Rückkehrer nach den Dublin-Regularien - bis auf einen Ausnahmefall - einen garantierten Zugang zum Asylverfahren und einer vollständigen Untersuchung ihres Asylbegehrens.

Namentlich der jüngste Bericht von „aida, Asylum Information Database, Country Report Hungary“ mit Stand 17. Februar 2015, der von Mitgliedern des „Hungarian Helsinki Committee (HHC)“ geschrieben und von „European Council on Refugees and Exiles (ECRE)“ herausgegeben wurde, abrufbar unter: http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_-_hungary_thirdupdate_ final_ feb ruary_2015.pdf, stellt insgesamt heraus, dass Dublin-Rückkehrer - anders als im Jahr 2013 - Zugang zum Asylverfahren haben und ihr Asylbegehren vollständig geprüft wird (S. 21). Asylsuchende werden als Erstantragsteller den nationalen Bestimmungen zufolge registriert und behandelt. Wirkt ein Asylsuchender nicht ausreichend mit, kann dies u.U. zu finanziellen Konsequenzen bei der Tragung der Unterbringungs- und Behandlungskosten führen. Es liegen bislang keine Erkenntnisse vor, dass Asylsuchende nicht tatsächlich untergebracht werden. In Aufnahmeeinrichtungen werden Asylsuchende mit Essen versorgt, erhalten Hygieneartikel und Taschengeld; Kinder, Alleinerziehende und über 60-Jährige erhalten einen Betrag über 25% der niedrigsten Rente (95 EUR), andere Erwachsene weniger. Im Jahr 2014 betrug die Verweildauer von Personen in den Asylunterkünften länger als 5 Monate. Die staatlichen Unterbringungszentren werden von Nichtregierungsorganisationen unterstützt. Frauen werden regelmäßig mit Familien auf einem Flur untergebracht. Unbegleitete Kinder werden in einer gesonderten Einrichtung aufgenommen. Familien werden während des Asylverfahrens nicht getrennt. Die Bedingungen in den Unterbringungszentren sind nicht einheitlich. Jedoch gibt es überall drei Mahlzeiten am Tag. Es kann überwiegend auch selbstständig gekocht werden. Die Menschen teilen sich Räume. Psychologische Betreuung und Psychotherapie für traumatisierte Asylsuchende wird von Nichtregierungsorganisation angeboten (S. 40-44). Nicht inhaftierte Asylsuchende können sich frei im Land bewegen, dürfen ihre Unterbringungseinrichtung aber nur weniger als 24 Stunden verlassen. Um die monatlichen Geldzahlungen zu erhalten, müssen Asylsuchende wenigstes 25 Tage im Monat in der Einrichtung sein (S. 46 f.). Der Zugang zur Gesundheitsversorgung ist gewährleistet; Allgemeinmediziner sind in den Unterbringungszentren regelmäßig unter der Woche verfügbar, Fachärzte jedoch nur in Notfällen (S. 49 f.). Im Jahr 2014 waren mehr als 4.800 Asylsuchende inhaftiert; die Haftplätze sind fast vollständig belegt. Es gibt keine besonderen Kategorien von Asylsuchenden, die inhaftiert werden. Familien werden gemeinsam in einer gesonderten Einrichtung in Haft genommen (S. 51).

Ein systemischer Mangel wird zur Überzeugung der Kammer insbesondere nicht durch die in Ungarn (auch im Jahr 2014) praktizierte Asylhaft begründet. Eine Inhaftierung ist nach dem ungarischen Asylgesetz zulässig zur Überprüfung der Identität und Staatsangehörigkeit, nach dem Untertauchen oder anderweitiger Behinderung der Durchführung des Asylverfahrens, oder wenn dies aus gewichtigen Gründen zu befürchten ist oder wenn der Betreffende seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, an Verfahrenshandlungen teilzunehmen, und damit die Durchführung eines Dublin-Verfahrens behindert hat. Die Verhängung der Asylhaft ist nach vorheriger Einzelfallprüfung nur zulässig, wenn der Zweck nicht durch die Anwendung weniger einschneidender Alternativen zur Inhaftierung erreicht werden kann, etwa durch die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit, die Pflicht, sich an einem zugewiesenen Ort aufzuhalten oder Meldeauflagen. Gegen die Anordnung der Asylhaft als solches gibt es kein eigenständiges Rechtsmittel; die Haft wird allerdings insoweit richterlich überprüft, dass dies erstmals nach 72 Stunden und in der Folgezeit in 60-Tages-Intervallen erfolgt (vgl. zu den Einzelheiten der Asylhaft: Auswärtiges Amt, Bericht an das VG Düsseldorf vom 19.11.2014- 508-9-516.80/48135, juris Mitteilungen, S. 2 f.; (österreichisches) Bundesverwaltungsgericht, B. v. 4.12.2014 - W 192 2014566-1/3 E - (B) I. 1.1. Asylrechtliche Haft), abrufbar unter: http://www.ris.bka.gv.at (Datenbank RIS)).

Diese Regelungen zur Asylhaft und ihre tatsächliche Anwendung hat der EGMR bereits bei seiner Entscheidung vom 3. Juli 2014 - Nr. 71932/12 - berücksichtigt, da er u. a. auf den Country Report des Ungarischen Helsinki-Komitee vom 30. April 2014 abgestellt hat. Dem ist zu entnehmen, dass in der Zeit zwischen Juli und Dezember 2013 etwa 26% aller Asylbewerber und etwa 42% der männlichen Asylbewerber inhaftiert worden sind; ferner bestehen in den Haftanstalten nicht unerhebliche Mängel auf den Gebieten der Wohnverhältnisse, der Wasserqualität und der Versorgung mit Putz- und Reinigungsmitteln. Dem bereits genannten neuen Bericht „aida-Country-Report Hungary“ Stand 17. Februar 2015 sind für das gesamte Jahr 2014 keine nennenswert höheren Haftzahlen als die soeben dargestellten wie auch keine Verschlechterung der bereits früher festgestellten mäßigen Haftbedingungen zu entnehmen (dort S. 51, 53-56, 58-61). Ähnliche Zahlen und Umstände haben den EGMR gerade nicht veranlasst, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. v. Art. 3 EMRK - dessen Schutzbereich dem des Art. 4 EU-GR-Charta entspricht - bei der Behandlung von Asyl begehrenden Drittstaatsangehörigen in Ungarn festzustellen.

Überdies ist zu berücksichtigen, dass gegen eine drohende Inhaftierung des Klägers als Rückkehrer spricht, dass Asylantragsteller aus sog. „anerkennungsträchtigen“ Herkunftsländern, wozu auch der Irak zählt, grundsätzlich weder in Asylhaft noch in Abschiebehaft genommen bzw. von dort zeitnah nach Abschluss der Verfahren entlassen werden (vgl. VG Düsseldorf, B. v. 2.9.2014 - 6 L 1235/14.A - juris Rn. 70).

Schließlich sind auch keine Anhaltspunkte für systemische Mängel wegen drohender Obdachlosigkeit von Schutz suchenden Drittstaatsangehörigen in Ungarn greifbar. Es ist nämlich bisher, d. h. im gesamten vergangenen Jahr 2014 gerade kein Fall bekannt, in dem einem Asylantragsteller - etwa wegen Überbesetzung der Unterbringungseinrichtungen - in Ungarn kein Obdach gewährt worden ist (vgl. aida, Asylum Information Database, Country Report Hungary, Stand 17. Februar 2015, S. 43; und bereits National Country Report Hungary, Stand 30. April 2014, S. 40).

Ein der Abschiebung nach Ungarn entgegenstehendes inlandsbezogenes Abschiebungshindernis, das im Rahmen einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG ausnahmsweise von der Antragsgegnerin auch noch nach Erlass der Abschiebungsanordnung zu berücksichtigen wäre (vgl. BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 732/14 - AuAS 2014 S. 244 ff. = juris Rn. 11 f.; OVG NRW, B. v. 30.8.2011 - 18 B 1060/11 - juris Rn. 4), ist ebenfalls nicht ersichtlich.

Auch ist die Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO von sechs Monaten seit Annahme des Überstellungsgesuchs durch die Republik Ungarn (8. Juni 2015) noch nicht abgelaufen, so dass es keiner Entscheidung über die Frage bedarf, ob dem Antragsteller allein aus dem Fristablauf ein subjektiv-öffentliches Recht erwachsen kann.

Schließlich begegnet die rechtliche und tatsächliche Durchführbarkeit der Abschiebung des Antragstellers nach Ungarn keinen Bedenken. Die ungarischen Behörden haben der Rückführung des Antragstellers mit Schreiben vom 8. Juni 2015 ausdrücklich zugestimmt.

Nach allem war der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Als im Verfahren unterlegen hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylVfG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

8 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
12 Referenzen - Urteile

moreResultsText

{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 02/01/2015 00:00

Tenor I. Der Antrag wird mit der Maßgabe abgelehnt, dass die Antragsgegnerin vor der Überstellung der Antragsteller nach ... eine Garantieerklärung der ungarischen Behörden dafür einzuholen hat, dass die Familieneinheit der Antragstell
published on 03/08/2015 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Tatbestan
published on 10/11/2014 00:00

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. Juni 2014 - A 7 K 880/14 - geändert, soweit es der Klage stattgegeben hat.Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien V
published on 17/09/2014 00:00

Tenor Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. H. wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.
published on 03/08/2015 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Tatbestan
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen.

(2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Landesgesetze diesen Beweis ausschließen oder beschränken.

(3) Beruht das Zeugnis nicht auf eigener Wahrnehmung der Behörde oder der Urkundsperson, so ist die Vorschrift des ersten Absatzes nur dann anzuwenden, wenn sich aus den Landesgesetzen ergibt, dass die Beweiskraft des Zeugnisses von der eigenen Wahrnehmung unabhängig ist.

(1) Wird die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung, in dem Geschäftsraum oder in einer Gemeinschaftseinrichtung, in der sie wohnt, nicht angetroffen, kann das Schriftstück zugestellt werden

1.
in der Wohnung einem erwachsenen Familienangehörigen, einer in der Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen ständigen Mitbewohner,
2.
in Geschäftsräumen einer dort beschäftigten Person,
3.
in Gemeinschaftseinrichtungen dem Leiter der Einrichtung oder einem dazu ermächtigten Vertreter.

(2) Die Zustellung an eine der in Absatz 1 bezeichneten Personen ist unwirksam, wenn diese an dem Rechtsstreit als Gegner der Person, der zugestellt werden soll, beteiligt ist.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.