Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 27. Jan. 2016 - AN 9 K 14.01832

bei uns veröffentlicht am27.01.2016

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach

AN 9 K 14.01832

Im Namen des Volkes

Urteil

27. Januar 2016

9 Kammer

Sachgebiets-Nr.: 920

Hauptpunkte: Nachbarklage gegen Wohnhausanbau, Abweichung von Abstandsfächenvorschriften und Brandwand, Wechselseitige Verstöße gegen Abstandsflächenvorschriften, Treu und Glauben

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

1. ...

2. ...

3. ...

- Kläger -

zu 1 bis 3: in Erbengemeinschaft ...

zu 1 bis 3 bevollmächtigt: Rechtsanwalt ...

gegen

Freistaat Bayern

vertreten durch: Landratsamt ...

- Beklagter -

beigeladen:

1. ...

2. ...

zu 1 und 2 bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

wegen Baurechts

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 9. Kammer, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Dr. Walk die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Wendelin den Richter Wust und durch den ehrenamtlichen Richter ... die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27. Januar 2016 am 27. Januar 2016 folgendes

Urteil:

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

3. Das Urteil ist im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Kläger zu 1) bis 3) wenden sich als Erbengemeinschaft gegen eine den Beigeladenen mit Bescheid des Beklagten vom 13. März 2008, in Gestalt des Ergänzungsbescheids vom 24. Mai 2012, erteilte bauaufsichtliche Genehmigung zu einem Wohnhausanbau.

Die Kläger zu 1) bis 3) sind in Erbengemeinschaft Eigentümer der Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... (...straße ... und ...) der Gemarkung .... Die Beigeladenen zu 1) und 2) sind Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. ... (...straße ...) der Gemarkung .... Die klägerischen Grundstücke sind mit zwei Doppelhäusern bebaut, die sich auf dem Grundstück Fl.Nr. ... ohne Einhaltung eines Grenzabstandes bei einer Gebäudehöhe von ca. 6 m und auf dem Grundstück Fl.Nr. ... unter Einhaltung eines Grenzabstandes von 1,85 m bei einer Gebäudehöhe von ca. 4 m entlang der nordöstlichen Grenze des Vorhabensgrundstücks auf einer Länge von insgesamt 10 m (Fl.Nr. ...: 3 m; Fl.Nr. ...: 7 m) erstrecken. Auf dem klägerischen Grundstück ... befindet sich ein Nebengebäude, dessen Dach ca. 2 m über die südliche Grundstücksgrenze in das Grundstück der Beigeladenen Fl.Nr. ... Gemarkung ... hineinragt. Auf dem dem Vorhabensgrundstück südwestlich benachbarten Grundstück Fl.Nr. ... Gemarkung ... erstreckt sich auf der gesamten Grundstückslänge von 14 m eine Grenzbebauung.

Sämtliche Grundstücke befinden sich in innerstädtischer Lage im räumlichen Geltungsbereich des (Sanierungs-) Bebauungsplans ... „Nördliche Altstadt“ der Stadt ... aus dem Jahr 1994, der für den maßgeblichen Bereich ein allgemeines Wohngebiet (WA) vorsieht. Der streitgegenständliche Wohnhausanbau liegt innerhalb der vom Bebauungsplan festgesetzten Baugrenzen. Im Textteil des Bebauungsplans heißt es unter:

„D. Textliche Festsetzungen:

In Ergänzung zu der Planzeichnung wird folgendes festgesetzt: (…)

1.4.5 Bezüglich der Einhaltung von „Abstandsflächen“ nach Art. 6 BayBO wird festgesetzt, dass gemäß Art. 7 Abs. 1 BayBO vor Außenwänden von Gebäuden auch Abstandsflächen geringerer Tiefe, als nach Art. 6 gefordert, liegen dürfen“.

Bereits mit Bescheid vom einen 20. Juli 1995 hatte der Beklagte die bauaufsichtliche Genehmigung zum streitgegenständlichen Wohnhausanbau erteilt. Nach Widerspruch des Rechtsvorgängers der Kläger gegen das Bauvorhaben hatte der damalige Bauherr Herr ... eine Tekturplanung eingereicht, wonach die ursprünglich geplante geschlossene Dachumwehrung auf dem Wohnhausanbau durch ein filigranes, durchsichtiges Geländer ersetzt wurde. Dieser Tekturantrag war mit Bescheid vom 30. Dezember 1997 bauaufsichtlich genehmigt worden. Aufgrund dieses Tekturbescheides hatte der Rechtsvorgänger der Kläger mit Schreiben vom 17. März 1998 seinen Widerspruch für erledigt erklärt.

Auf Antrag der Beigeladenen vom 27. November 2001 wurde die Baugenehmigung mit Bescheid vom 11. Januar 2002 bis zum 30. Dezember 2003 verlängert. Anlässlich einer Baukontrolle am 16. Oktober 2006 wurde festgestellt, dass trotz zwischenzeitlichen Ablaufs der Geltungsdauer der Baugenehmigung mit dem Wohnhausanbau begonnen worden war. Daraufhin stellten die Beigeladenen am 15. Juli 2007 erneut Antrag auf Erteilung der bauaufsichtlichen Genehmigung zur Errichtung eines Wohnhausanbaus.

Mit Bescheid vom 13. März 2008 erteilte der Beklagte den Beigeladenen die bauaufsichtliche Genehmigung zu dem streitgegenständlichen Wohnhausanbau, hierbei wurde eine Abweichung von den Abstandsflächen zugelassen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Voraussetzungen für die Zulassung einer Abweichung von baurechtlichen Vorschriften gemäß Art. 70 BayBO lägen vor. Die Nichtzulassung der Abweichung würde im vorliegenden Fall zu einer unbilligen Härte für die Bauherrn führen. Die Abweichung sei unter Berücksichtigung der Anforderungen an das Bauvorhaben und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Unter Auflagen Nr. 7 heißt es, gegenüber der Grundstücksgrenze werde ein geringerer Gebäudeabstand als 2,5 m eingehalten. Die Abschlusswand sei daher nach Art. 31 BayBO als Brandwand auszubilden. Weiter wurde darauf hingewiesen, dass die Einhaltung der einschlägigen Vorschriften des vorbeugenden Brandschutzes ausschließlich in der Verantwortung des Bauherrn und seines Entwurfsverfassers liege.

Nach den mit Genehmigungsvermerk des Beklagten versehenen Bauvorlagen beträgt der Abstand des streitgegenständlichen Wohnhausanbaus der Beigeladenen (Wandhöhe 3,74 m) zur Grenze zum Grundstück Fl.Nr. ... 0,85 m auf einer Länge von 2,3 m. Nach dem vom Beklagten genehmigten Plan wird ein Lichteinfallswinkel von 45 Grad auch beim nächstgelegenen Fenster (Küchenfenster) im Wohngebäude auf Grundstück Fl.Nr. ... gewährleistet.

Der Versuch der Zustellung des Bescheids vom 13. März 2008 an den Rechtsvorgänger der Kläger scheiterte. Die Klägerin zu 2) hat am 8. Oktober 2010 auf dem Grundstück der Beigeladenen Bautätigkeit bemerkt und sich mit Schreiben vom 12. Oktober 2010 an den Beklagten gewandt. Der streitgegenständliche Bescheid wurde der Klägerin zu 1) am 19. Oktober 2010 bekanntgegeben.

Die am 9. November 2010 erhobene Klage der Kläger zu 1) bis 3) wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 23. März 2011 ab (AN 9 K 10.02288). Zur Begründung führte die Kammer aus, eine Rechtsverletzung zulasten der Kläger ergebe sich insbesondere nicht aus der vom Beklagten zugelassenen Abweichung von den Anforderungen an die Abstandsflächen. Gemäß Art. 70 Abs. 1 BayBO a. F. könne die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von bauaufsichtlichen Anforderungen nach der Bayerischen Bauordnung zulassen, wenn diese ohne Berücksichtigung der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar seien. Auch der einschlägige Bebauungsplan lasse Abstandsflächenunterschreitungen bzw. die Nichtanwendung von Art. 6 Abs. 4 BayBO a. F.(d. h. BayBO in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung) zu (vgl. Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayBO a. F.). Das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 70 Abs. 1 BayBO a. F., der die Entscheidung über die Zulassung von Abweichungen in das Ermessen der Bauaufsichtsbehörde stelle, habe der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid ohne Rechtsfehler bejaht und seine Erwägungen im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens in nachvollziehbarer Weise ergänzt (vgl. § 114 Satz 2 VwGO). Auch der vom Gericht durchgeführte Ortsaugenschein bestätige dieses Ergebnis. Der Beklagte habe zu Recht auf die zulasten der Beigeladenen bestehende Atypik der Bebauungssituation auf dem Grundstück der Beigeladenen hingewiesen. Das Grundstück sei - außer zur Straßenseite hin - nahezu rundum von grenzständiger bzw. äußerst grenznaher Bebauung umgeben und insoweit gleichsam „eingemauert“. Zu der sich hieraus ergebenden außergewöhnlichen Belastung des Grundstücks der Beigeladenen trage vor allem auch die Bebauungssituation auf den klägerischen Grundstücken ganz maßgeblich bei. So halte das Wohnhaus auf dem Grundstück Fl.Nr. ... lediglich einen Grenzabstand von 1,85 m zum Grundstück der Beigeladenen ein. Das Wohnhaus auf dem Grundstück Fl.Nr. ... - mit zwei Vollgeschossen - sei sogar unmittelbar an die Grenze gebaut und ein Garagengebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. ... sei ebenfalls unmittelbar grenzständig und weise darüber hinaus im Bereich des Beigeladenengrundstücks einen Dachüberstand von ca. 2 m auf. Schon aus einer derartigen baulichen Situation, die von der eigentlichen Nichteinhaltung von Abstandsflächen geprägt sei, könne sich eine Einschränkung bzw. ein Ausschluss des nachbarlichen Abwehrrechts ergeben. Demgegenüber halte das Wohnhaus auf dem Grundstück der Beigeladenen - ohne den streitgegenständlichen Anbau - einen Grenzabstand zum klägerischen Grundstück Fl.Nr. ... von immerhin 2,25 m ein. Der streitgegenständliche Anbau selbst sei jedenfalls nicht unmittelbar grenzständig (Abstand 0,85 m) und erstrecke sich nach Osten hin (in Richtung der klägerischen Wohngebäude) auch (nur) auf eine begrenzte Länge von 4,5 m bei einer Höhe von 3,74 m. Zugleich sei nach den Bauvorlagen zugunsten des Wohngebäudes auf dem klägerischen Grundstück Fl.Nr. ... ein Lichteinfallswinkel zu den dort gelegenen Fenstern von 45 Grad - und damit auch eine hinreichende Belichtung - sichergestellt. Bei einer Gesamtwürdigung dieser Umstände sei gegen die seitens des Beklagten gewährte Abweichung von Rechts wegen nichts zu erinnern.

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Februar 2012 wurde die Berufung der Klägerin zu 2) zugelassen, weil ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestünden (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Zur Begründung wurde ausgeführt, das Landratsamt habe mit Bescheid vom 13. März 2008 eine Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften zugelassen, ohne das dafür erforderliche Ermessen auszuüben. Da kein Ermessen ausgeübt worden sei, hätten die Ermessenserwägungen im gerichtlichen Verfahren auch nicht gemäß § 114 Satz 2 VwGO nachgeholt werden können. Deshalb sei die Erteilung der Abweichung rechtswidrig, was die Klägerin zu 2) in ihren Rechten verletze. Die Festsetzung im einschlägigen Bebauungsplan unter D 1.4.5 der textlichen Festsetzungen rechtfertige die Verringerung der Abstandsfläche nicht, weil entsprechende Festsetzungen im Bebauungsplan, die die Bestimmung der verkürzten Abstandsfläche für das Baugrundstück ermöglichen würden (z. B. Baugrenzen) fehlten.

Am 24. Mai 2012 erließ der Beklagte einen Ergänzungsbescheid zur bauaufsichtlichen Genehmigung vom 13. März 2008 mit folgendem Inhalt:

„1. a) Für das Bauvorhaben werden Abweichungen von den Abstandsflächenbestimmungen des Art. 6 BayBO 1998 (Art. 6 BayBO 2008) nach Maßgabe der mit Bescheid vom 13. März 2008 genehmigten Bauvorlagen zugelassen. Diese Abweichungen beziehen sich auf die südlichen und östlichen Außenwände des Wohnhausanbaus auf dem Grundstück Fl.Nr. ..., Gemarkung .... Damit werden die auf dem Baugrundstück erforderlichen Abstandsflächentiefen von 1 H (…) bezüglich des benachbarten Grundstücks Fl.Nr. ..., Gemarkung ... an der Südseite und die Abstandsflächentiefen ½ H bzw. mindestens 3 m bezüglich der benachbarten Grundstücke Fl.Nrn. ... und ..., Gemarkung ..., an der Ostseite unterschritten. An der Südseite des Wohnhausanbaus ist von einer Wandhöhe von maximal 3,80 m auszugehen. Die tatsächliche Abstandsflächentiefe hat hier lediglich eine Tiefe von 1,90 m an ungünstigster Stelle. An der Ostseite des Wohnhausanbaus ist ebenfalls von einer Wandhöhe von maximal 3,80 m auszugehen.

Der geplante Grenzabstand des Anbaus beträgt bezüglich des Nachbargrundstücks Fl.Nr. ..., Gem. ..., auf einer Länge von 2,30 m lediglich 0,85 m. Der Abstand zum Grundstück Fl.Nr. ..., (…) beträgt auf einer Länge von 2 m an ungünstigster Stelle lediglich 2,60 m. Bestandteil des Wohnhausanbaus ist ein durchsichtiges filigranes Stabgeländer mit einer durchgängigen Gesamthöhe von 0,90 m. Dieses Geländer dient als Absturzsicherung für eine Terrassennutzung oberhalb des Anbaus ohne abstandsflächenrechtliche Relevanz.

b) Für das Bauvorhaben wird eine Abweichung von den Brandschutzbestimmungen des Art. 31 Abs. 2 BayBO 1998 (Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO 2008) zugelassen. Die betroffene südliche Abschlusswand hält zur südlichen Grundstücksgrenze zu Fl.Nr. ...,…, an ungünstigsterStelle einen Abstand von 1,90 m ein. Bis zu einem Abstand von 2,50 m ist hier eine Brandwand zu errichten. In diesem Bereich ist eine Fensterfläche von 2,90 m x 1,40 m = 4,06 m² als Festverglasung mit einer Feuerwiderstandsdauer von F 90 geplant.“

Zur Begründung führte der Beklagte folgendes aus: Die Zulassung der Abweichungen von den Abstandsflächenbestimmungen sowie den Brandschutzbestimmungen erfolge nach pflichtgemäßem Ermessen. Das Bauvorhaben entspreche den Festsetzungen des Bebauungsplanes. Wenn auch die Festsetzung unter Abschnitt D Nr. 1.4.5 zur Verringerung der Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO mangels konkreter Festsetzungen zu dem Baugrundstück nicht anwendbar erscheine, so sei dies dennoch ein Indiz dafür, dass in dem betroffenen Altstadtquartier verkürzte Abstandsflächen städtebaulich vertretbar seien. Die meist geringfügige Unterschreitung der Mindestabstandsflächentiefe von 3 m erscheine unter Würdigung der nachbarlichen Belange vertretbar. Dabei sei davon auszugehen, dass auf dem Baugrundstück eine äußerst beengte bauliche Situation herrsche und dieses Grundstück an drei Seiten durch Gebäude und Gebäudeteile auf den Nachbargrundstücken eingemauert sei. Daraus ergebe sich eine außergewöhnliche Belastung der Bauherrn. Es handele sich um einen atypischen Fall mit baulichen Gegebenheiten, die zur Vermeidung von besonderen Härten für die Eigentümer des Baugrundstücks Abweichungen von den Regelanforderungen des öffentlichen Baurechts rechtfertigten. Der geplante Wohnhausanbau sei mit einem Abstand von 0,85 m nicht unmittelbar grenzständig und erstrecke sich nach Osten hin zu dem Nachbargrundstück Fl.Nr. ... nur auf eine begrenzte Länge von ca. 2,30 m und eine Höhe von maximal 3,80 m. Zum Nachbargrundstück Fl.Nr. ... betrage der Abstand zur östlichen Grenze 3,60 m und zur südlichen Grenze 1,90 m an ungünstigster Stelle. Die Baumaßnahme sei unter Berücksichtigung des baulichen Bestandes des Einfamilienhauses sehr maßvoll und solle lediglich dazu dienen, das bestehende Einfamilienhaus einem Mindestmaß den heutigen Wohnansprüchen anzupassen. Demgegenüber hielten die Wohnhäuser auf den Nachbargrundstücken Fl.Nrn. ... und ... Gemarkung ... (...straße ... und ...) zum Grundstück der Bauherrn keinen Abstand ein und erfüllten auch ihrerseits nicht die Brandschutzanforderungen. Der genehmigte eingeschossige Wohnhausanbau stehe einer grenzständigen, teilweise zweigeschossigen Bebauung auf dem Grundstück Fl.Nr. ... gegenüber. Zu den bestandsgeschützten Fensteröffnungen an den Nachbargebäuden werde durch den genehmigten Bauumfang auch an der ungünstigsten Stelle ein Lichteinfallswinkel von 45 Grad eingehalten. Das oberhalb des Wohnhausanbaus für eine Terrassennutzung vorgesehene Geländer mit einer Höhe von 0,90 m sei als durchsichtiges filigranes Stabgeländer auszubilden. Von diesem Bauteil gehe keine Wirkung wie von einem Gebäude aus, der Lichteinfallswinkel werde nicht beeinträchtigt, eine abstandsflächenrechtliche Bedeutung sei nicht gegeben.

Die Gebäudeabschlusswand an der Südseite des Wohnhausanbaus habe als Brandwand mit einer Festverglasung in F 90 zugelassen werden können, da an dieser Stelle den Brandschutzanforderungen auch in Bezug auf die Bebauung auf dem Nachbargrundstück Fl.Nr. ... genüge getan sei. Der erdgeschossige Wohnhausanbau diene hier lediglich als Eingangsüberdachung mit geringer Brandlast und sei auch keiner gravierenden Brandlast auf der Umgebungsbebauung ausgesetzt. Die betroffenen Grundstücksnachbarn würden an dieser Stelle nicht in geschützten Rechten verletzt.

Nachdem die Hauptbeteiligten im Berufungsverfahren den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärten, stellte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 4. Juli 2012 (14 B 12.287) das Verfahren hinsichtlich der Klägerin zu 2) ein und erklärte, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 23. März 2011 wirkungslos geworden sei.

Am 22. Juni 2012 ließen die Kläger beim Verwaltungsgericht Ansbach erneut Klage erheben. Zur Begründung wird u. a. ausgeführt, dass in den Ermessenserwägungen des Beklagten im Ergänzungsbescheid kein einziger Gesichtspunkt enthalten sei, welcher die Belange der Kläger zum Gegenstand habe. Der Beklagte lasse hierbei die Situation bzw. die Auswirkungen für die Kläger völlig außer Acht. Es sei zu berücksichtigen, dass sich auf dem Grundstück ...straße ... ein Wohngebäude befinde und auf der Westseite - mithin an der zum Grundstück der Bauherrn hingewandten Hausseite - Fenster vorhanden seien. Hierbei handele es sich im Erdgeschoss um ein Badezimmerfenster und ein Treppenhausfenster. Außerdem seien in dem Gebäude auf dem Anwesen ...straße ... ebenfalls Fenster an der Gebäudewestseite vorhanden, insoweit handele es sich um ein Küchenfenster sowie das Fenster des Esszimmers. Während der Grenzabstand des letztgenannten Wohnhauses auf dem Grundstück Fl.Nr. ... 1,85 m zum Grundstück der Bauherrn betrage, sei der streitgegenständliche Anbau an der Ostseite des Hauses der Bauherrn lediglich 0,85 m vom klägerischen Grundstück entfernt. Dieser Anbau erstrecke sich auf eine Länge von 4,50 m und eine Höhe von 3,74 m zuzüglich 0,90 m Terrassengeländer, mithin 4,64 m. Demnach sei zwischen den beiden Gebäuden lediglich 2,60 m Distanz. Der Lichteinfall sei durch die Bebauung auf dem Grundstück der Bauherrn insbesondere im Küchen- und Esszimmerbereich des klägerischen Grundstücks sehr stark beeinträchtigt. Dies werde durch die räumliche Situation der Bebauung des Grundstücks der Bauherrn zusätzlich verschärft. Es werde bestritten, dass ein Lichteinfallswinkel von 45 Grad, aber vor allem keine erhebliche Beeinträchtigung des Lichteinfalls, vorliege. Aus den Planunterlagen der Bauherrn sei zudem nicht ersichtlich, dass eine Wandisolierung bereits berücksichtigt sei. Da aktuelle Bauvorschriften eine Wärmedämmung von Wänden und Decken verlangen würden, sei zu befürchten, dass die Bebauung weitere 15 bis 20 cm näher an das Grundstück der Kläger heranrücke. Auch die Isolierung des Flachdaches dürfte zu einer Erhöhung um ca. 25 cm führen. Diese Umstände hätten wiederum erhebliche Auswirkungen auf den Lichteinfall. Seitens des Beklagten sei im Ergänzungsbescheid auch die Entstehungsgeschichte der Bebauungen auf den betroffenen Grundstücken vollkommen außer Acht gelassen worden. Hier sei zunächst zu betonen, dass das Gebäude auf dem klägerischen Anwesen seit 1870 in seinen Grundmauern unverändert stehe. Die Bauherrschaft habe erst in den 80er Jahren das Anwesen ...straße ... (Einfamilienhaus mit Garten) von der Stadt ... erworben. Unmittelbar nach dem Erwerb habe die Bauherrschaft einen Anbau an dem bestehenden Einfamilienhaus errichtet. Dabei sei die ursprüngliche Gebäudegrundfläche um ca. 45 Prozent ausgedehnt worden. Dies habe dazu geführt, dass die heute unzumutbar beengte Bausituation geschaffen worden sei. Diese sei ursprünglich nicht gegeben gewesen. Durch die nunmehr geplante weitere Vergrößerung des Gebäudes werde die ohnehin schon beengte Bebauungssituation erheblich verschärft. Dies stehe in eklatantem Widerspruch zu den Ausführungen des Beklagten im Ergänzungsbescheid, in dem von einer „sehr maßvollen Baumaßnahme“ die Rede sei. Der Ansicht, dass das bestehende Einfamilienhaus einem Mindestmaß von heutigen Wohnansprüchen anzupassen sei, sei ebenfalls zu widersprechen. Es könne wohl nicht in Abrede gestellt werden, dass das Einfamilienhaus bereits über ein Bad verfüge.

Der verfahrensgegenständliche Ergänzungsbescheid stelle zwar den Versuch dar, die vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof bemängelte fehlende Ermessensausübung nachzuholen. Im Ergänzungsbescheid habe aber wiederum kein Ermessensgebrauch stattgefunden, da keinerlei Argumente dargelegt worden seien, die für die Klägerseite sprächen. Zweifellos aber liege ein Ermessensfehlgebrauch dar. Die geplante Baumaßnahme stelle eine unzumutbare Härte für die Kläger dar. Die Bauherrschaft habe in den 80er Jahren das Grundstück in Kenntnis der baulichen Situation erworben. Im Anschluss hieran sei das Gebäude um nahezu 45 Prozent in seiner Grundfläche vergrößert worden. Eine weitere Vergrößerung sei wegen des „Zumauerungseffekts“ und des erheblich eingeschränkten Lichteinfalls nicht mehr hinzunehmen. Dem klaren Hinweis des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes in seinem Beschluss vom 6. Februar 2012 folgend ergebe sich aus dem einschlägigen Bebauungsplan der Stadt ... auch kein Indiz dafür, dass verkürzte Abstandsflächen vorliegend städtebaulich vertretbar seien. Auch die im Ergänzungsbescheid zugelassene Abweichung von den Brandschutzbestimmungen werde klägerseits als rechtswidrig erachtet. Im Übrigen fehle in den Plänen eine nach den aktuellen Bauvorschriften erforderliche Wärmedämmung von Wänden und Decken. Es sei zu befürchten, dass die geplante Bebauung somit noch weitere 20 bis 25 cm näher an das Grundstück der Kläger heranrückt. Auch die Isolierung des Flachdachs dürfte zu einer Erhöhung um 25 cm führen. Zudem bestehe nach Auskunft eines beigezogenen Architekten wegen des im Plan nicht ersichtlichen Unterzuges Einsturzgefahr.

Außerdem sei auszuführen, dass dem Beklagten zwischenzeitlich eine Tekturplanung der Beigeladenen vorliege, wonach der bereits errichtete Rohbau abgerissen werden solle. Es sei mit dem verfahrensgegenständlichen Ergänzungsbescheid ein Bauvorhaben genehmigt, dessen Verwirklichung durch die Bauherrschaft so nicht mehr gewünscht werde. Die Genehmigung entspreche folglich aktuell überhaupt nicht mehr dem, was seitens der Beigeladenen beantragt worden sei. Diese Inkongruenz zwischen Baugenehmigung und dem Bauantrag führe folglich bereits zu einer Rechtswidrigkeit des verfahrensgegenständlichen Bescheids.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid des Landratsamtes ... vom 13. März 2008 in Gestalt des Ergänzungsbescheids des Landratsamtes ... vom 24. Mai 2012 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird ausgeführt, der von den Klägern reklamierte Bestandsschutz ihrer angeblich seit 1870 bestehenden Anwesen werde durch die Baumaßnahme auf dem Grundstück der Beigeladenen nicht eingeschränkt bzw. in Frage gestellt. Die tatsächlich gegebene beengte Bausituation könne nicht allein den Beigeladenen angelastet werden. Diese sei selbst an drei Grundstückseiten von baulichen Anlagen umgeben, die die vorgeschriebenen Grenzabstände nicht einhielten. Eine echte Südseite der Anwesen der Kläger werde nicht verbaut. Die ungünstige Grenzbausituation der zusammengebauten Wohnhäuser, Hausnummern ... und ..., könne den Beigeladenen ebenfalls nicht angelastet werden. Entgegen der Ausführungen in der Klagebegründung seien die insgesamt bescheidenen Wohnansprüche der Beigeladenen unter Berücksichtigung einer alters- bzw. auch behindertengerechten Raumaufteilung und Raumgröße als maßvoll zu bezeichnen. Die angesprochene mögliche Wärmedämmung von Wänden und Decken sei nicht Gegenstand des Bauantrags und der Prüfung durch die Untere Bauaufsichtsbehörde im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren. Der vom Klägervertreter für notwendig erachtete Unterzug in der Baukonstruktion des Anbaus sei eine Frage der Standsicherheit, die in vereinfachten Baugenehmigungsverfahren durch die Untere Bauaufsichtsbehörde nicht zu prüfen gewesen sei. Behauptete Einsturzgefahr könne aus der genehmigten Planung nicht abgelesen werden.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vornahme eines Ortsaugenscheins am 23. Oktober 2013. In der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2013 erklärten sich die Beigeladenen bereit, eine alternative Planung zu prüfen, sofern sich die Kläger mit einer Erweiterung nach Süden unter Abweichung von den einzuhaltenden Abstandsflächen einverstanden erklären.

Mit Schriftsatz vom 21. November 2014 weist die Klägerseite darauf hin, dass seitens der Beigeladenen nur drei Skizzen vorgelegt worden seien, die eine Erweiterung nach Süden und Osten zum Gegenstand hätten und zudem die Errichtung einer Terrasse vorsähen.

Der Beklagte teilt mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2014 mit, dass die vorgelegte Planung nicht den Vereinbarungen in der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2013 entsprächen. Die Kläger als Rechtsnachfolger von Herrn... seien ihrerseits einer vertraglichen Verpflichtung zur Beseitigung des Nebengebäudes nicht nachgekommen, sondern hätten vielmehr einen Bauantrag auf Genehmigung des Nebengebäudes eingereicht. Das Bauvorhaben, zu dem die Stadt ... ihr Einvernehmen erteilt habe, habe mangels Zustimmung der Beigeladenen unter Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften nicht genehmigt werden können.

Die Beigeladenen bestreiten, einen alternativen Anbau nach Osten verwirklichen zu wollen. Die Klägerseite sei mit den alternativen Planungen nicht einverstanden gewesen, da sie von den Beigeladenen die Unterschrift für ihr eigenes Nebengebäude und weitere Baumaßnahmen wollten, mit denen die Beigeladenen schon aus Platzgründen nicht einverstanden sein könnten.

Die Beigeladenen weisen mit Schreiben vom 29. Mai 2015 ergänzend auf den rechtswidrig erfolgten Überbau bei der Garage und die dringende Notwendigkeit, für die schwerbehinderte Mutter des Beigeladenen einen Baderaum zu schaffen, hin.

In der mündlichen Verhandlung vom 27. Januar 2016 erklärt der Beigeladenenvertreter, dass eine Nutzung des Daches des streitgegenständlichen Wohnhausanbaus als Dachterrasse ausgeschlossen werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte nebst den beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten sowie für das Ergebnis des Augenscheins vom 23. Oktober 2013 und die mündlichen Verhandlungen auf die Niederschriften sowie die dabei gefertigten Lichtbilder verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Im vorliegenden Klageverfahren wenden sich die Kläger in Erbengemeinschaft als Eigentümer zweier Grundstücke gegen die den Beigeladenen im Wege des Ergänzungsbescheides vom 14. Mai 2012 erteilte Baugenehmigung unter Zulassung bauordnungsrechtlicher Abweichungen von Abstandsflächenvorschriften und Brandschutzbestimmungen. Das Rechtsschutzbegehren ist für die beiden Nachbargrundstücke gesondert zu betrachten und daher gemäß § 88 VwGO als zwei nachbarliche Anfechtungsklagen auszulegen.

Streitgegenstand der vorliegenden Verfahren ist die Baugenehmigung vom 13. März 2008 in der Fassung des Ergänzungsbescheides vom 24. Mai 2012. Trotz des eigenständigen Regelungsgehalts einer bauordnungsrechtlichen Abweichung stellt diese auch dann, wenn sie nach Erlass der Baugenehmigung in einem gesonderten Bescheid erteilt wird, um einem möglicherweise nachträglich erkannten Mangel der Baugenehmigung abzuhelfen, einen Teil der Baugenehmigung dar. Durch die nachträglich erteilte Abweichung wird die ursprüngliche Baugenehmigung inhaltlich geändert (vgl. BVerwG v. 17.2.1971 Nr. IV C 2.68, NJW 1971, 1147 zu § 31 Abs. 2 BBauG; Simon/Busse/Dhom BayBO Art. 63 Rn. 58-61, beckonline).

Die Klagen sind zulässig, jedoch nicht begründet.

I.

Der Zulässigkeit der Klagen steht die materielle Rechtskraft eines bereits ergangenen Urteils nach § 121 VwGO nicht entgegen.

§ 121 VwGO verhindert, dass ein Streitgegenstand, über den rechtskräftig entschieden wurde, in einem weiteren gerichtlichen Verfahren zwischen denselben Beteiligten einer erneuten Sachprüfung zugeführt werden kann. Die materielle Rechtskraft schließt somit eine Neuverhandlung und Entscheidung über denselben Streitgegenstand aus (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 121 Rn. 10). Ergeht jedoch in derselben Angelegenheit ein neuer Verwaltungsakt, der insoweit als konstituierendes Element des Streitgegenstandes der Anfechtungsklage anzusehen ist, ist von einem geänderten Streitgegenstand auszugehen, so dass die materielle Rechtskraft des vorangegangenen Urteils der Zulässigkeit einer erneuten Klage nicht entgegensteht und dessen präjudizielle Wirkung als Frage der Begründetheit gegebenenfalls zu berücksichtigen ist (vgl. (vgl. Schoch/Schneider/Bier/Clausing VwGO § 121 Rn. 21-23, beckonline).

Ob gegenüber den Klägern als Erbengemeinschaft bereits ein rechtskräftiges Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 23. März 2011 (AN 9 K 10.02288) besteht, das das identische Bauvorhaben zum Gegenstand hatte, kann dahingestellt bleiben. Denn mit Erlass des vorliegend angefochtenen Ergänzungsbescheides vom 24. Mai 2012 wurden die Rechtsschutzmöglichkeiten jedenfalls erneut eröffnet.

Für die Anfechtung der mit Ergänzungsbescheid vom 24. Mai 2012 erteilten Baugenehmigung sind die Kläger zu 1) bis 3) als Erbengemeinschaft (vgl. §§ 2032 ff. BGB) aktiv prozessführungsbefugt nach § 42 Abs. 2 VwGO.

II.

Die für die Nachbargrundstücke Fl.Nr. ... und Fl.Nr. ... zulässig erhobenen Anfechtungsklagen sind jedoch nicht begründet.

Die Kläger werden durch den den Beigeladenen erteilten Ergänzungsbescheid vom 24. Mai 2012 nicht in ihren Rechten verletzt, so dass ihnen kein Anspruch auf Aufhebung dieser Baugenehmigung zusteht (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

Dahinstehen kann, ob der Annahme einer Rechtsverletzung bereits die Rechtskraft der Feststellungen des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 23. März 2011 entgegensteht, da im Ergebnis die angefochtene Baugenehmigung vom 13. März 2008 in der Fassung des Ergänzungsbescheides vom 24. Mai 2012 keine nachbarschützenden Rechte verletzt.

Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit (auch) auf der Verletzung von Normen beruht, die im Genehmigungsverfahren zu prüfen und gerade dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind, weil dieser in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise in einem schutzwürdigen Recht betroffen ist (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 26.9.1991 - 4 C 5/87 - BVerwGE 89, 69). Dementsprechend findet im gerichtlichen Verfahren keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle statt. Die Prüfung hat sich vielmehr darauf zu beschränken, ob durch die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Vorschriften, die dem Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln, verletzt sind ( BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris m. w. N.).

Mangels einschlägiger Übergangsvorschriften beurteilt sich das Vorhaben nach den zum Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung mithin zum Zeitpunkt des Ergänzungsbescheides vom 24. Mai 2012 gültigen Rechtsvorschriften. Hat sich während des Verfahrens das anzuwendende Recht geändert, so ist das Vorhaben nach Maßgabe des neuen Rechts zu beurteilen, soweit nicht Überleitungsvorschriften die Weitergeltung des alten Rechts ausdrücklich anordnen (vgl. Simon/Busse/Decker BayBO Art. 84 Rn. 3-9, beckonline).

Im vorliegenden Fall wurde ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO durchgeführt. In dessen Rahmen sind neben den bauplanungsrechtlichen Vorschriften die Anforderungen des Abstandsflächenrechts nur zu prüfen, soweit Abweichungen nach Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO beantragt wurden (vgl. BayVGH, U.v. 29.10.2015 - 2 B 15.1431 -, Rn. 33, juris).

Gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO i. d. F. der Bekanntmachung vom 14. August 2007 (GVBl 2007, 588) kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von bauaufsichtlichen Anforderungen zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind.

Bei der Zulassung einer Abweichung von einer dem Nachbarschutz dienenden Vorschrift des Bauordnungsrechts kann der Nachbar nicht nur eine ausreichende Berücksichtigung seiner Interessen beanspuchen, sondern ist er auch dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Abweichung aus einem anderen Grunde objektiv rechtswidrig ist (BayVGH, B.v. 16.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 17). Die Auffassung, wonach bei der Abweichung/Befreiung von nachbarschützendem Recht - hier: von Art. 6 BayBO - jeder Verstoß zur Rechtsverletzung des betroffenen Nachbarn führen soll, ist nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes teleologisch zu reduzieren (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2015 - 15 ZB 12.1152 - juris Rn. 17). Als Maßgabe für die Überprüfung reicht aus, dass die Abweichung von der Einhaltung nachbarschützender abstandsflächenrechtlicher Bestimmungen die Rechte des betroffenen Nachbarn auch und schon, andererseits aber nur dann verletzt, wenn im Einzelfall die spezifischen objektiven Voraussetzungen für die Annahme eines atypischen Sonderfalls fehlen (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2015, a. a. O.).

Die mit Ergänzungsbescheid vom 24. Mai 2012 erteilten Abweichungen von der Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften (vgl. nachfolgend 1.) und der Einhaltung von Brandschutzbestimmungen (vgl. nachfolgend 2.) verletzen die Kläger nicht in nachbarschützenden Rechten.

1. Bezüglich des Nachbargrundstückes Fl.Nr. ... Gemarkung ... kann offen bleiben, ob die erteilten Abweichungen von den einzuhaltenden Abstandsflächen für den streitgegenständlichen Wohnhausanbau der Beigeladenen rechtmäßig sind, da sich die Kläger wegen eigener, etwa gleichgewichtiger Verstöße gegen Abstandsflächenvorschriften nach Treu und Glauben nicht auf eine Verletzung nachbarschützender Rechte berufen können (vgl. nachfolgend 1.1). Doch auch als Eigentümer in Erbengemeinschaft des Grundstückes Fl.Nr. ... Gemarkung ... werden die Kläger durch die mit Ergänzungsbescheid vom 24. Mai 2012 erteilte Abweichung von der Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften in östlicher Richtung des Bauvorhabens nicht in nachbarschützenden Rechten verletzt (vgl. nachfolgend 1.2.)

1.1 Die Kläger können sich als Eigentümer in Erbengemeinschaft des Grundstücks Fl.Nr. ... Gemarkung ... aufgrund eigener gleichgewichtiger Abstandsflächenverstöße nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht auf die Verletzung abstandsflächenrechtlicher Bestimmungen berufen.

Nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) kann sich ein Nachbar gegenüber einer Baugenehmigung in der Regel nicht mit Erfolg auf die Verletzung einer nachbarschützenden Vorschrift berufen, wenn auch die Bebauung auf seinem Grundstück nicht dieser Vorschrift entspricht und wenn die beidseitigen Abweichungen etwa gleichgewichtig sind und nicht zu - gemessen am Schutzzweck der Vorschrift - schlechthin untragbaren, gefahrenrechtlich als Missstand (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayBO) zu qualifizierenden Verhältnissen führen (BayVGH, U.v. 4.2.2011 - 1 BV 08.131 - juris mit Verweis auf VGH BW vom 29.9.2010 - 3 S 1752/10 - juris). Bei der Frage, ob wechselseitige Verletzungen der Abstandsflächenvorschriften annähernd vergleichbar sind, ist dabei keine zentimetergenaue quantitative Entsprechung gefordert, sondern es ist eine wertende Betrachtung in Bezug auf die Qualität der mit der Verletzung der Abstandsflächenvorschriften einhergehenden Beeinträchtigungen anzustellen. Der Vorwurf treuwidrigen Verhaltens entfällt dabei nicht dadurch, dass das Gebäude des sich wehrenden Nachbarn in Einklang mit dem damals geltenden Baurecht errichtet worden ist; maßgeblich ist allein, dass er mit seinem Gebäude den jetzt erforderlichen Grenzabstand nicht einhält (vgl. VG München, B. v. 2.1.2014 - M 8 SN 13.5141 - juris Rn. 43 mit Verweis auf BerlOVG v. 11.2.2003 - 2 B 16.99 - juris; OVG NRW v. 24.4.2001 - 10 A 1402/98 - juris; NdsOVG v. 30.3.1999 - 1 M 897/99 - juris).

Das Wohnhaus auf dem Grundstück Fl.Nr. ... mit zwei Vollgeschossen ist sowohl an der östlichen als auch an der südlichen Grenze zum Vorhabensgrundstück grenzständig errichtet. Darüber hinaus weist ein ebenfalls grenzständiges Nebengebäude an der Südseite des Vorhabensgrundstücks einen Überbau in Form eines Dachüberstandes von 2 m Tiefe auf. Demgegenüber wahrt der streitgegenständliche Wohnhausanbau mit einer Wandhöhe von 3,74 m gegenüber dem Grundstück Fl.Nr. ... Gemarkung ... in östlicher Richtung einen Grenzabstand von 2,6 m und in südlicher Richtung an der ungünstigsten Stelle einen Grenzabstand von 1,95 m. Die Abstandsflächenverstöße der Kläger sind insoweit als gravierender zu erachten als die Nichteinhaltung der Abstandsflächen durch das Vorhaben der Beigeladenen. Darauf, dass das klägerische Gebäude in seinen Grundmauern seit 1870 unverändert bestehe, kommt es für die Beurteilung der Nichteinhaltung von Abstandsflächen nicht an. In Bezug auf das Nachbargrundstück Fl.Nr. ... Gemarkung ... entstehen durch die erteilte Abweichung auch keine schlechthin untragbaren, gefahrenrechtlich als Missstand (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayBO) zu qualifizierenden Verhältnisse. Die Kläger können sich insoweit nach Treu und Glauben nicht auf eine Verletzung der nachbarschützenden Abstandsflächenvorschriften berufen.

1.2 Die erteilte Abweichung verletzt auch die Kläger als Eigentümer in Erbengemeinschaft des Grundstückes Fl.Nr. ... Gemarkung ... nicht in ihren Rechten.

Die Vorschriften des Abstandsflächenrechts dienen in ihrer Gesamtheit dem Schutz der Nachbarn (BayVGH, U.v. 14.10.1985 - 14 B 85 A.1224, BayVBl. 1986, 143, 145 - juris nur LS 3).

Das streitgegenständliche Bauvorhaben (Wohnhausanbau) der Beigeladenen hält die gemäß Art. 6 Abs. 5 S. 1 BayBO grundsätzlich erforderlichen Abstandsflächen nicht ein.

Art. 6 Abs. 5 S. 3 BayBO regelt den Vorrang für Gebäudeabstände, die sich aus städtebaulichen Satzungen (oder örtlichen Bauvorschriften) ergeben. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2a BauGB können aus städtebaulichen Gründen abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen festgesetzt werden. Die unter D. 1.4.5 in den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes „Sanierungsgebiet ... Nördliche Altstadt“ der Stadt ... vom 1. Dezember 1994 gemäß Art. 7 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Art. 6 BayBO a. F. getroffene Regelung sieht vor, dass bezüglich der Einhaltung von Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO vor Außenwänden von Gebäuden auch Abstandsflächen geringerer Tiefe, als nach Art. 6 BayBO gefordert, liegen dürfen. Wenngleich städtebaulich motivierte Bebauungsplanfestsetzungen dem bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenrecht vorgehen (vgl. Molodovsky/Famers/Kraus in: Molodovsky/Famers/Kraus, Bayerische Bauordnung, Stand 10/2015, Art. 6 Rn. 10), lässt sich vorliegend den Festsetzungen des Bebauungsplanes „Sanierungsgebiet ... Nördliche Altstadt“ der Stadt ... vom 1. Dezember 1994 aus den textlichen Festsetzungen unter D. 1.4.5 keine eindeutige Bestimmung der einzuhaltenden Abstandsflächen entnehmen. Die im Plan bemaßte Baugrenze markiert insoweit nur die überbaubare Grundstücksfläche. Mangels der Bestimmung einer geringeren Abstandsfläche im Bebauungsplan finden Art. 6 Abs. 4 und 5 BayBO trotz der Festsetzung unter D. 1.4.5 im Bebauungsplan somit Anwendung.

Da jede Abweichung von den Anforderungen des Art. 6 BayBO zur Folge hat, dass die Ziele des Abstandsflächenrechts nur unvollkommen verwirklicht werden, setzt die Zulassung einer Abweichung Gründe von ausreichendem Gewicht voraus, durch die sich das Vorhaben vom Regelfall unterscheidet und die die Einbuße an Belichtung und Lüftung (sowie eine Verringerung der freien Flächen des Baugrundstücks) im konkreten Fall als vertretbar erscheinen lassen. Es muss sich um eine atypische, von der gesetzlichen Regel nicht zureichend erfasste oder bedachte Fallgestaltung handeln (BayVGH, B.v. 13.2.2002 - 2 CS 01.1506 - juris Rn. 16; B.v. 15.9.2015 - 2 CS 15.1792 - juris Rn. 4). Diese kann sich etwa aus einem besonderen Grundstückszuschnitt, einer aus dem Rahmen fallenden Bebauung auf dem Bau- oder dem Nachbargrundstück oder einer besonderen städtebaulichen Situation, wie der Lage des Baugrundstücks in einem historischen Ortskern, ergeben (BayVGH, B.v. 16.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 16; B.v. 22.9.2006 - 25 ZB 01.1004 - juris Rn. 4; B.v. 20.11.2014 - 2 CS 14.2199 - juris Rn. 4). Von Bedeutung ist bei der Beurteilung des Vorliegens der erforderlichen Atypik insbesondere, ob eine sinnvolle Ausnutzung des Baugrundstücks unter Beachtung der Anforderungen des Art. 6 Abs. 5 BayBO unmöglich oder unzumutbar ist (BayVGH, B.v. 30.8.2011 - 15 CS 11.1640 - juris Rn. 16). In dicht bebauten innerstädtischen Bereichen kann eine atypische Situation vorliegen, wenn jedwede bauliche Veränderung der historischen Bausubstanz geeignet ist, eine Abstandsflächenüberschreitung auszulösen (vgl. BayVGH, B.v. 4.8.2011 - 2 CS 11.997 - juris Rn. 23).

Allerdings ist die erforderliche Atypik in Bezug auf die Einhaltung der Abstandsflächen des Art. 6 Abs. 5 BayBO nicht stets allein schon deshalb gegeben, weil das Vorhaben Außenwände eines Altbestands einbezieht, der die Abstandsflächenvorschriften nicht einhält (BayVGH, B. v. 23.5.2005 - 25 ZB 03.881 - juris Rn. 8). Das Vorhandensein eines Altbestandes stellt lediglich eine objektive Gegebenheit dar, die bei Hinzutreten weiterer objektiver Umstände - z. B. Anforderungen der Stadtgestaltung - im Einzelfall eine atypische Sondersituation begründen kann. Die Atypik muss sich aus einer grundstücksbezogenen Zwangslage, aus einer besonderen städtebaulichen Situation ergeben (vgl. BayVGH, B.v. 15.10.2014 - 2 ZB 13.530 - juris Rn. 3). Nicht ausschlaggebend sind insoweit subjektive Verhältnisse wie die persönliche Lage, die wirtschaftlichen Verhältnisse oder Bedürfnisse des Bauherrn wie beispielsweise gesundheitliche Anforderungen (vgl. Molodovsky/Famers/Kraus, Bayerische Bauordnung Kommentar, Stand 10/2015, Art. 63 Rn. 32). Jedoch kann sich die zu fordernde atypische Situation auch aus städteplanerischen Erwägungen im Form eines „städtebaulichen Konzepts” (vgl. BayVGH, B.v. 21.2.2001 - 2 CS 00.3283 - juris Rn. 18) oder aus bauplanungsrechtlichen Festsetzungen ergeben (vgl. BayVGH, B.v. 4.6.2007 - 25 CS 07.940 - juris Rn. 12).

Nach diesen Maßstäben ist vorliegend aufgrund der äußerst beengten städtebaulichen Situation und der damit einhergehenden grundstücksbezogenen Zwangslage, der wechselseitigen Verstöße gegen die Abstandsflächenbestimmungen und der städteplanerischen Erwägungen, die in den textlichen Festsetzungen D. 1.4.5 des Bebauungsplanes der Stadt ... von 1994 ihren Niederschlag gefunden haben, vom Vorliegen einer grundstücksbezogenen, atypischen Situation auszugehen.

Das nachbarliche Austauschverhältnis ist vorliegend durch die beiderseitig dichte Bebauung geprägt. Die Eigentümer der im Quartier befindlichen Grundstücke haben unter Verzicht auf die Einhaltung von Gebäudeabständen eine enge Wechselbeziehung geschaffen, die jeden Grundeigentümer zugleich begünstigt und belastet (vgl. BayVGH, U.v. 7.10.2010 - 2 B 09.328 -, Rn. 20, juris).

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die klägerischen Gebäude auf den Grundstücken Fl.Nr. ... und Fl.Nr....der Gemarkung ... als Doppelhäuser eine bauliche Einheit bilden (vgl. BayVGH, B. v. 5.1.2016 - 1 ZB 15.606 - juris Rn. 8), die an das Vorhabensgrundstück in östlicher Richtung wie ein massiver „Riegel“ angrenzen.

Die gesamte städtebauliche Situation ist von wechselseitigen Verstößen gegen Abstandsflächenvorschriften geprägt. So wahrt das Doppelhaus der Kläger auf dem Grundstück Fl.Nr. ... Gemarkung ... mit einer Traufhöhe von ca. 4 m auf einer Länge von ca. 7 m ebenfalls nur einen Grenzabstand von 1,85 m. Demgegenüber hält das streitgegenständliche Vorhaben mit einer Gebäudehöhe von 3,74 m gegenüber dem Grundstück Fl.Nr. ... Gemarkung ... auf einer Länge von 2,3 m nur einen Grenzabstand von 0,85 m, im Übrigen auf einer Länge von 7,5 m zumindest einen Grenzabstand von 2,25 m ein.

Für das Vorhabensgrundstück Fl.Nr. ... Gemarkung ... ist von einer grundstücksbezogenen Zwangslage auszugehen. Unter Berücksichtigung der Nachbarbebauung durch Doppelhäuser, der nachbarlichen Abstandsflächenverstöße in südlicher Richtung durch das Grundstück Fl.Nr. ... Gemarkung ... und der grenzständigen nachbarlichen Bebauung des Grundstücks Fl.Nr. ...Gemarkung ... entlang der gesamten Länge des Vorhabensgrundstückes von 14 m in westlicher Richtung ist das Grundstück der Beigeladenen Fl.Nr. ... Gemarkung ... gleichsam „eingemauert“. Eine sinnvolle Ausnutzung des Vorhabensgrundstücks bzw. Anpassung des Bestandes an zeitgemäße Wohnbedürfnisse erscheint unter Beachtung der Anforderungen des Art. 6 Abs. 5 BayBO insoweit kaum möglich und zumutbar (vgl. BayVGH, B.v. 30.8.2011 - 15 CS 11.1640 - juris Rn. 16).

Die städtebauliche Situation weist somit wechselseitig äußerst beengte Bebauungsverhältnisse auf. Bei der vorgefundenen städtebaulichen Situation hat insoweit außer Betracht zu bleiben, welche Abstandsverstöße zeitlich vorgingen oder ob die nachbarliche Bebauung Bestandsschutz genießt (vgl. OVG Berlin, U.v. 11.2.2003, a. a. O.). Jedwede bauliche Veränderung der historischen Bausubstanz, auch eine nur geringfügige bzw. maßvolle bauliche Erweiterung würde mit Verstößen gegen Abstandsflächenbestimmungen einhergehen (vgl. VG Ansbach, B. v. 26.6.2014 - AN 9 S 14.00658 - juris Rn. 79).

Wenngleich die persönlichen Verhältnisse und gesundheitlichen Bedürfnisse der Bauherren nicht geeignet sind, eine grundstücksbezogene Atypik zu begründen, dient der streitgegenständliche, eingeschossige Wohnhausanbau auch ungeachtet der persönlichen Situation der Beigeladenen der Anpassung des Bestandsgebäudes an zeitgemäße Wohnbedürfnisse.

Diese durch die historische Bausubstanz geprägte städtebauliche Situation hat in den planerischen Festsetzungen des Bebauungsplans der Stadt ... von 1994 ihren Niederschlag gefunden, indem unter den textlichen Festsetzungen D. 1.4.5 „Abstandsflächen geringerer Tiefe” zugelassen werden. Wenngleich die Festsetzung mangels eindeutiger Bestimmung der einzuhaltenden Abstandsflächentiefe nicht von der Geltung des Art. 6 Abs. 4, 5 BayBO dispensiert, so ist das darin zum Ausdruck kommende städtebauliche Konzept im Rahmen der Abweichung zu berücksichtigen (vgl. BayVGH, B.v. 4.6.2007 - 25 CS 07.940 - juris Rn. 12).

Der Beklagte hat somit zu Recht das Vorliegen einer atypischen Sondersituation angenommen.

Liegt die erforderliche Atypik vor, ist weitere Voraussetzung die Vereinbarkeit der Abweichung mit den öffentlichen Belangen unter Würdigung nachbarlicher Interessen. Mit der Verpflichtung zur Würdigung nachbarlicher Interessen verlangt das Gesetz - wie bei dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme - eine Abwägung zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen und den Belangen des Nachbarn (BayVGH, B. v. 16.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 17). Ob eine Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften zugelassen werden kann, beurteilt sich dabei nicht allein danach, wie stark die Interessen des betroffenen Nachbarn beeinträchtigt werden. Es ist stets auch zu prüfen, ob die Schmälerung der nachbarlichen Interessen durch überwiegende Interessen des Bauherrn oder überwiegende öffentliche Belange gerechtfertigt ist (BayVGH, B. v. 16.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 20).

Eine fehlerfreie Ermessensbetätigung bei der Abweichungsentscheidung erfordert eine am Zweck der Befugnis orientierte Entscheidung und die Beachtung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens (Art. 40 BayVwVfG, § 114 VwGO). Bei der im Rahmen der Erteilung einer Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO von der Bauaufsichtsbehörde zu treffenden Ermessensentscheidung handelt es sich um ein tatbestandlich intendiertes Ermessen. Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen gegeben, so ist die Abweichung in der Regel zuzulassen, es sei denn, es lägen ausnahmsweise dem entgegenstehende besondere Umstände vor (vgl. Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand: 1.2.2015, Art. 63 Rn. 12 m. w. N.). Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Ermessensausübung ist aber eine vollständige Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts und dessen Einstellung in die Ermessenserwägungen (vgl. Jäde a. a. O., Art. 63 Rn. 18; Molodovsky a. a. O., Art. 63 Rn. 41). Bei Abweichungen von den Abstandsflächenanforderungen muss sich die Bauaufsichtsbehörde auch ein Gesamtbild der von dem Vorhaben in Anspruch genommenen Abweichungen gemacht haben (vgl. BayVGH, U.v. 29.10.2015 - 2 B 15.1431 -, Rn. 38, juris). Die Bauaufsichtsbehörde hat im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung in Bezug auf eine konkret beantragte Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften nur in den Blick zu nehmen, welche sonstigen Abweichungen von den Anforderungen des Abstandsflächenrechts in Richtung auf das betreffende Nachbargrundstück außerdem beantragt und erteilt wurden (BayVGH, U.v. 29.10.2015, a. a. O., Rn. 39, juris).

Gemessen daran begegnet die Ermessensentscheidung des Beklagten keinen rechtlichen Bedenken. Unter Berücksichtigung, dass es sich um ein tatbestandlich intendiertes Ermessen handelt, hat die Behörde sich vorliegend ein Gesamtbild der von dem Vorhaben in Anspruch genommenen Abweichungen gemacht und die nachbarlichen Belange der Kläger hinreichend berücksichtigt.

Insoweit war vorliegend zu berücksichtigen, dass das Wohngebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. ... Gemarkung ... durch den geplanten Wohnhausanbau insbesondere am Küchenfenster eine deutliche Beeinträchtigung der Belichtung durch den Grenzabstand von 0,85 m bei einem Abstand der Gebäude zueinander von 2,7 m erfährt. Der Tatsache, dass es sich bei dem klägerischen Wohnhaus um einen historischen Bestandsbau handelt, ist im Rahmen der Abwägung der nachbarlichen Interessen gegenüber den Interessen der Bauherren indes kein höheres Gewicht beizumessen (vgl. BayVGH, B.v. 12.9.2013 - 2 ZB 12.671 - juris Rn. 10).

Bei dem streitgegenständlichen, eingeschossigen Vorhaben handelt es sich um einen maßvollen Anbau zur Realisierung zeitgemäßer Wohnbedürfnisse. Durch die als Doppelhaus zusammengebauten Wohnhäuser auf den Grundstücken Fl.Nr. ... und Fl.Nr. ...Gemarkung ... wird die Belichtungssituation auf dem Vorhabensgrundstück der Beigeladenen ebenfalls in besonderem Maße eingeschränkt.

Bei einem Abstand der Gebäude zueinander von 2,7 m und unter Berücksichtigung der Wandhöhe von 3,74 m wird durch das Vorhaben an dem Küchenfenster des klägerischen Wohngebäudes ein Lichteinfallswinkel von 45 Grad gewahrt, so dass eine ausreichende Belichtung und gesunde Wohnverhältnisse weiterhin gewährleistet sind.

Selbst bei Vorliegen einer atypischen Situation ist in der Rechtsprechung im Hinblick auf die Belichtungssituation anerkannt, dass nur die Einhaltung eines Lichteinfallswinkels von 45 Grad in Höhe der Fensterbrüstung von Fenstern von Aufenthaltsräumen grundsätzlich eine ausreichende Belichtung sicherstellt (vgl. auch Art. 7 Abs. 1 Satz 3 BayBO 1974). Dieser Grundsatz gilt zwar nicht ausnahmslos, und kann insbesondere in speziellen Situationen, in denen sich die Belichtungsverhältnisse nicht verschlechtern und der bisherige Bestand der historischen Genehmigungssituation geschuldet ist, der Erteilung einer Abweichung von den Abstandsflächen ausnahmsweise nicht entgegenstehen (vgl. BayVGH, B. v. 20.11.2014 - 2 CS 14.2199 - juris Rn. 7; B.v. 15.10.2014 - 2 ZB 13.530 - juris).

Nach den genehmigten Bauvorlagen wird der Lichteinfallswinkel von 45 Grad vorliegend auch an dem durch den Wohnhausanbau am meisten verschatteten Küchenfenster gewahrt. Dies gilt umso mehr, als die Beigeladenen auf eine Nutzung des Anbaus als Dachterrasse verzichtet haben, und ein Geländer allenfalls auf die bisherige Gebäudekante zurückversetzt wird. Damit löst das Bauvorhaben keine gesundheitsgefährdenden Beeinträchtigungen beim Wohnhaus der Kläger aus, noch führt es dort zu ungesunden Wohnverhältnissen (vgl. VG Ansbach, U.v. 20.4.2010 - AN 3 K 10.00147, AN 3 K AN 3 K 10.00186, AN 3 K AN 3 K 10.00187 -, Rn. 32, juris).

Unter Berücksichtigung der Ausbildung als Brandschutzwand stehen auch die als öffentlicher Belang zu berücksichtigenden Brandschutzbestimmungen der Erteilung der Abweichung von den einzuhaltenden Abstandsflächen nicht entgegen.

Diese Gesamtumstände hat der Beklagte in seiner Ermessensentscheidung vom 24. Mai 2012 hinreichend gewürdigt. Die von der Behörde vorgenommene Überprüfung der Gewährleistung eines Lichteinfallswinkels von 45 Grad impliziert die Berücksichtigung der von dem Vorhaben ausgehenden Verschattungswirkung. Ermessensfehler, wie die von Klägerseite vorgetragene unzureichende Berücksichtigung der nachbarlichen Belange, sind insoweit nicht ersichtlich.

In Würdigung der Gesamtumstände sind die seitens des Beklagten erteilten Abweichungen von den Abstandsflächenbestimmungen daher nicht zu beanstanden.

2. Auch die mit Ergänzungsbescheid vom 24. Mai 2012 erteilte Abweichung von der Einhaltung der Brandschutzbestimmung des Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO können die Kläger nicht mit Erfolg beanstanden.

Die Erteilung einer Abweichung von brandschutzrechtlichen Bestimmungen bedeutet nicht die umfängliche Prüfung brandschutzrechtlicher Anforderungen nach Art. 68 Abs. 1 S. 1 HS. 2 BayBO. Das bauordnungsrechtliche Erfordernis der Ausbildung von Brandwänden nach Art. 28 Abs. 2 BayBO dient auch dem Nachbarschutz (vgl. BayVGH v. 14.11.1973 - BayVBl 1974, 193).

Da die Wohngebäude der Kläger auf den Grundstücken Fl.Nr. ... und Fl.Nr. ... der Gemarkung ... jedoch ebenfalls die Mindestabstände, unter denen Gebäudeabschlusswände als Brandwände auszugestalten sind, nicht einhalten und deren Abschlusswände nicht als Brandwände ausgestaltet sind, können sich die Kläger nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht auf die Einhaltung der brandschutzrechtlichen Bestimmung Art. 28 BayBO berufen.

Die im Ergänzungsbescheid vom 24. Mai 2012 erteilten und angefochtenen Abweichungen erweisen sich somit als rechtmäßig.

Nach alledem waren die Klagen der Kläger als Erbengemeinschaft und Eigentümer der Grundstücke Fl.Nr. ... und Fl.Nr. ... der Gemarkung ... mangels Verletzung nachbarschützender Rechte vollumfänglich abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladenen einen Sachantrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt haben (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es billigem Ermessen, ihre außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO. Das Urteil ist somit im Kostenausspruch gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift:

Ludwigstraße 23, 80539 München;

Postfachanschrift:

Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in

in Ansbach:

Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen,

wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 27. Jan. 2016 - AN 9 K 14.01832

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 27. Jan. 2016 - AN 9 K 14.01832

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 27. Jan. 2016 - AN 9 K 14.01832 zitiert 16 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 88


Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Baugesetzbuch - BBauG | § 31 Ausnahmen und Befreiungen


(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. (2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüg

Baugesetzbuch - BBauG | § 9 Inhalt des Bebauungsplans


(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden: 1. die Art und das Maß der baulichen Nutzung;2. die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;2a. vom

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 121


Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,1.die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und2.im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 27. Jan. 2016 - AN 9 K 14.01832 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 27. Jan. 2016 - AN 9 K 14.01832 zitiert 8 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 20. Nov. 2014 - 2 CS 14.2199

bei uns veröffentlicht am 20.11.2014

Tenor I. Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 15. September 2014 wird die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen den Baugenehmigungsbescheid der Antragsgegnerin vom 26. Feb

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 15. Okt. 2014 - 2 ZB 13.530

bei uns veröffentlicht am 15.10.2014

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert wird auf 7.500 Euro festgesetzt. Gründe Der Antrag

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 27. Jan. 2016 - AN 9 K 14.01832

bei uns veröffentlicht am 27.01.2016

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach AN 9 K 14.01832 Im Namen des Volkes Urteil 27. Januar 2016 9 Kammer Sachgebiets-Nr.: 920 Hauptpunkte: Nachbarklage gegen Wohnhausanbau, Abweichung von Abstands

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 09. Feb. 2015 - 15 ZB 12.1152

bei uns veröffentlicht am 09.02.2015

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst. III. Der Streitwert für

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. Jan. 2016 - 1 ZB 15.606

bei uns veröffentlicht am 05.01.2016

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Kläger tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. III. Der

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 29. Okt. 2015 - 2 B 15.1431

bei uns veröffentlicht am 29.10.2015

Gründe Bayerischer Verwaltungsgerichtshof München 2 B 15.1431 Im Namen des Volkes Urteil vom 29. Oktober 2015 (VG München, Entscheidung vom 11. November 2013, Az.: M 8 K 12.3084) 2. Senat H.-Z. als stellve

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 15. Sept. 2015 - 2 CS 15.1792

bei uns veröffentlicht am 15.09.2015

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. III. Der Streitwert des Beschwerdeverfahre

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 29. Sept. 2010 - 3 S 1752/10

bei uns veröffentlicht am 29.09.2010

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2010 - 1 K 2236/10 - wird zurückgewiesen.Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kos
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 27. Jan. 2016 - AN 9 K 14.01832.

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 27. Jan. 2016 - AN 9 K 14.01832

bei uns veröffentlicht am 27.01.2016

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach AN 9 K 14.01832 Im Namen des Volkes Urteil 27. Januar 2016 9 Kammer Sachgebiets-Nr.: 920 Hauptpunkte: Nachbarklage gegen Wohnhausanbau, Abweichung von Abstands

Referenzen

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof München

2 B 15.1431

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 29. Oktober 2015

(VG München, Entscheidung vom 11. November 2013, Az.: M 8 K 12.3084)

2. Senat

H.-Z. als stellvertretende Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Sachgebietsschlüssel: 920

Hauptpunkte: Baugenehmigung, Prüfungsumfang, Abstandsflächen, Abweichung

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Landeshauptstadt München,

vertreten durch den Oberbürgermeister, Lokalbaukommission, Blumenstr. 19, München,

- Beklagte -

beigeladen:

1. ...,

vertreten durch den Geschäftsführer, ...

2. ...

bevollmächtigt zu 1 und 2: Rechtsanwälte ...

beteiligt:

Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses, Ludwigstr. 23, München,

wegen Baugenehmigung ..., Fl. Nr. 17139 Gemarkung ...

hier: Berufung der Beigeladenen gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 11. November 2013,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 2. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dösing, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Bauer, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Winkler aufgrund mündlicher Verhandlung vom 15. Oktober 2015 folgendes Urteil:

I.

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 11. November 2013 wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen eine der Beigeladenen zu 1 erteilte Baugenehmigung, mit der unter anderem die Errichtung eines dreigeschossigen Wohngebäudes im rückwärtigen Bereich des Grundstücks Fl. Nr. 17139 der Gemarkung M. zugelassen wurde. Dort befindet sich bislang ein Garagengebäude mit einer Länge von ca. 18 m, das zu den Grundstücken Fl. Nrn. 17159 und 17158 grenzständig errichtet wurde.

Das Nachbargrundstück Fl. Nr. 17157 steht im Eigentum einer Gemeinschaft nach dem Wohnungseigentumsgesetz. Die Kläger sind Sondereigentümer mehrerer Wohneinheiten im fünfgeschossigen Vordergebäude sowie Teileigentümer einer Gewerbeeinheit für den Betrieb einer Bäckerei mit Ladengeschäft. Die für den Betrieb genutzten Räume befinden sich im Erdgeschoss des Vordergebäudes sowie in im rückwärtigen Bereich gelegenen eingeschossigen Anbauten, die teilweise zum Vorhabensgrundstück hin grenzständig stehen.

Das Grundstück Fl. Nr. 17159, das im rückwärtigen Bereich bedingt durch einen unregelmäßigen Grenzverlauf auch eine gemeinsame Grenze auf einer Länge von ca. 11 m im Bereich der Garagen mit dem Vorhabensgrundstück aufweist, steht im Miteigentum der Kläger. Das Vordergebäude auf dem Grundstück ist dreigeschossig, während die rückwärtige Bebauung ein- und zweigeschossig errichtet wurde. Die Gebäude werden zum Teil zu Wohnzwecken und zum Teil für den Betrieb der Konditorei genutzt.

1. Mit Bescheid vom 8. Juni 2012 genehmigte die Beklagte der Beigeladenen zu 1 eine Sanierung des Anwesens und die Errichtung eines dreigeschossigen Rückgebäudes. Es wurden Abweichungen hinsichtlich der Einhaltung der Abstandsflächen zugelassen, unter anderem im Hinblick darauf, dass sich die Abstandsflächen von Vorder- und Rückgebäude überdecken.

Das Rückgebäude soll grenzständig zu den Grundstücken Fl. Nrn. 17157, 17158 und 17159 unter Abbruch des vorhandenen Garagengebäudes errichtet werden, weist jedoch größere Gebäudetiefen von ca. 15 m im Westen und ca. 8 m im Osten auf. Die unterschiedlichen Tiefen ergeben sich aus einer Verschwenkung der Gebäudefronten nach Süden hin.

Mit Bescheid vom 12. Oktober 2012 genehmigte die Beklagte der Beigeladenen zu 1 eine Änderung, die die Schaffung von zwei Wohneinheiten im Rückgebäude zum Gegenstand hat. Eine Änderung der Kubatur des Gebäudes gegenüber der bisherigen Planung ist im grenzständigen Bereich nicht vorgesehen.

Hinsichtlich der Baugenehmigung vom 8. Juni 2012 wurde mit Schreiben vom 25. Oktober 2012 ein Bauherrenwechsel auf den Beigeladenen zu 2 angezeigt.

Auf die Anfechtungsklage der Kläger hin hob das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 11. November 2013 die Baugenehmigung vom 8. Juni 2012 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 12. Oktober 2012 insoweit auf, als mit ihr die Errichtung eines Wohngebäudes im rückwärtigen Grundstücksbereich genehmigt wurde. Die Baugenehmigung sei rechtswidrig und die Kläger könnten deren Aufhebung beanspruchen, weil die Genehmigung zu ihren Lasten gegen die im Verfahren zu prüfenden nachbarschützenden Vorschriften des Abstandsflächenrechts verstoße, soweit mit ihr nach Norden hin eine Grenzbebauung zugelassen werde.

2. Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung machen die Beigeladenen geltend, das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass das Abstandsflächenrecht vorliegend in vollem Umfang und bezüglich sämtlicher Außenwände des strittigen Rückgebäudes vom Regelungsgehalt der angefochtenen Bescheide umfasst sei. Tatsächlich beschränke sich der abstandsflächenrechtliche Regelungsgehalt der Baugenehmigungsbescheide hinsichtlich des Rückgebäudes auf die Überschneidung der Abstandsflächen von Vorder- und Rückgebäude. Die Ermessenserwägungen sowie die Prüfung der übrigen Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Abweichungen bedürften keiner Prüfung der abstandsflächenrechtlichen Situation vor den anderen Gebäudeseiten. Durch die in Richtung Süden erteilten Abweichungen würden Nachbarbelange der Kläger nicht berührt. Dass mit der Abstandsflächenverkürzung in Richtung Süden gerade die Voraussetzungen für die Situierung des Rückgebäudes geschaffen worden seien, sei unzutreffend. Mit dem Grenzabstand zu den Grundstücken der Kläger habe die erteilte Abweichung nichts zu tun. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Behandlung des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO im Rahmen der Baugenehmigungsbescheide.

Es könne zwar sein, dass im Einzelfall die Rechtmäßigkeit einer abstandsflächenrechtlichen Abweichung für eine Gebäudeaußenwand auch von der Situation vor den übrigen Außenwänden abhängen kann. Dies wäre beispielsweise dann anzunehmen, wenn die Frage nach dem Verhältnis abstandsflächenrechtlicher Abweichungen einerseits und der gegebenenfalls zweimaligen Anwendung des 16-m-Privilegs nach Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO andererseits im Raum stehe. Im vorliegenden Fall stehe die erteilte Abweichung von den abstandsflächenrechtlichen Vorgaben jedoch in keinerlei Zusammenhang mit der abstandsflächenrechtlichen Beurteilung der übrigen Außenwände. Auch auf der Ebene der Ermessensausübung für die Erteilung der beantragten Abweichung für die südliche Außenwand des strittigen Rückgebäudes spiele die Situation vor den übrigen Außenwänden nicht die geringste Rolle. Der vermeintliche Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO sei daher für die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Baugenehmigungen nicht entscheidend.

Im Übrigen lägen die Voraussetzungen für einen zulässigen Grenzanbau nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO vor. Diese Privilegierung greife nicht nur dann, wenn das zu beurteilende Vorhaben im abstandsflächenrelevanten Bereich unter allen planungsrechtlichen Gesichtspunkten zulässig sei. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO räume dem Städtebaurecht vielmehr nur den Vorrang ein, soweit es die Errichtung von Gebäuden ohne Grenzabstand regele. Zu den in diesem Rahmen zu prüfenden bauplanungsrechtlichen Vorgaben gehörten daher ausschließlich solche, die unmittelbar an die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines Anbaus an die Grundstücksgrenze anknüpften. Die Prüfung sämtlicher bauplanungsrechtlicher Vorgaben scheide im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO dagegen aus.

Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO bezwecke die Sicherstellung, dass dem Vorrang des Bauplanungsrechts vor dem Bauordnungsrecht auch im Bereich des Abstandsflächenrechts Rechnung getragen werde. Aus diesem Grund könne er sich nur auf solche bauplanungsrechtlichen Vorgaben beziehen, die spezifisch die Gestattung oder die Verpflichtung zum Grenzanbau vorsehen. Andernfalls hätte der klagende Nachbar über die drittschützende Vorschrift des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO die Möglichkeit, sich auf einen Verstoß gegen sämtliche Vorgaben des Bauplanungsrechts zu berufen. Hierzu gehörten dann auch solche Vorgaben, die ihrerseits nicht drittschützend seien, sondern ausschließlich städtebaulichen Zwecken dienten. So würde in Fällen einer durch Bebauungsplan festgesetzten Bebauungstiefe, der nach dem planerischen Willen der planenden Gemeinde kein Drittschutz zukommen soll, gerade dieser Bebauungstiefe Drittschutz verliehen. Dagegen rechtfertige im Fall der Bauweise gerade der Umstand, dass es sich beim Kriterium der Bauweise um eine spezifisch den Grenzanbau regelnde Materie handle, die Berücksichtigung im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO. Die von Seiten des Verwaltungsgerichts vertretene Ansicht weise vor dem Hintergrund des Systems des öffentlich-rechtlichen Nachbarschutzes Wertungswidersprüche auf. Sie erweitere die nachbarliche Rechtsstellung in systemwidriger Weise.

Falls die Bebauungstiefe als Teil des bauplanungsrechtlichen Kriteriums der überbaubaren Grundstücksfläche keine bauplanungsrechtliche Vorgabe sei, die Drittschutz vermittelt und/oder spezifisch und unmittelbar an die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines Anbaus an die Grundstücksgrenze anknüpft, könnten sich die Kläger auf eine vermeintliche Überschreitung einer faktisch vorhandenen Bebauungstiefe nicht berufen. Bei der Beurteilung der Frage, ob sich ein Bauvorhaben im Innenbereich hinsichtlich der Grundstücksfläche die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, komme es auf die Grundstücksgrenzen gerade nicht an. Drittschutz entfalte eine Bebauungstiefe regelmäßig ebenfalls nicht. Im Ergebnis sei die Bebauungstiefe daher kein bauplanungsrechtliches Kriterium, das im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO zu prüfen wäre. Ein vermeintlicher Verstoß gegen eine vorliegend bestehende faktische Bebauungstiefe, könne daher dem streitgegenständlichen Vorhaben nicht entgegengehalten werden. Richtig sei es vielmehr, allein auf die Bauweise abzustellen.

Ebenso wenig führe die abstandsflächenrechtliche Situation in Bezug auf das Grundstück Fl. Nr. 17157 zur Rechtswidrigkeit der angegriffenen Baugenehmigungen. Auch diese westliche Abstandsflächensituation sei nicht von der Feststellungswirkung der Baugenehmigungen umfasst. Zudem könnten sich die Antragsteller als Sondereigentümer einiger Wohnungen nur insoweit auf einen Abstandsflächenverstoß berufen, als ihr Sondereigentum betroffen sei. Ferner verstoße das Gebäude S.-straße 27 selbst in Ansehung seiner Geschossigkeit in erheblichem Umfang gegen abstandsflächenrechtliche Vorgaben, so dass sich die Kläger insoweit nach Treu und Glauben nicht auf einen vermeintlichen Abstandsflächenverstoß des geplanten Rückgebäudes berufen könnten.

Anhaltspunkte für eine Rücksichtslosigkeit des geplanten Rückgebäudes bestünden nicht. Unzumutbare Auswirkungen im Hinblick auf die Belichtung der Wohnungen des Anwesens S.-straße 27 seien nicht zu besorgen. Soweit sich die Kläger auf unzumutbare Einwirkungen durch Lärm und Geruch beriefen, sei der Vortrag unsubstantiiert. Zudem seien die Räumlichkeiten des Rückgebäudes und gerade die Fenster ausschließlich in Richtung Süden geplant, also von der Bäckerei der Kläger weg ausgerichtet. Nach dem Vortrag der Kläger seien die maßgeblichen Geräuschquellen auch erst ab 6.00 Uhr morgens zu besorgen, so dass diese nur in den Tageszeitraum fielen.

Die Beigeladenen beantragen:

1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 11. November 2013 wird aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Zu Unrecht seien die Beigeladenen der Auffassung, dass bei Erteilung einer Abweichung von den Abstandsflächen im Sinn von Art. 59 BayBO nur die konkreten Abstandsflächen, von denen abgewichen wird, Gegenstand der behördlichen Prüfung seien. Art. 59 BayBO erweitere jedoch den Prüfungsumfang der Baubehörde auf beantragte Abweichungen im Sinn von Art. 63 Abs. 1 und 2 Satz 2 BayBO. Damit bringe das Gesetz zum Ausdruck, dass der Prüfungsumfang durch die beantragte Abweichung bestimmt werde, d. h. alle im Abweichungsverfahren zu beachtende Gesichtspunkte Gegenstand der Prüfung seien. Die Beurteilung, ob eine Abweichung von den Abstandsflächen gewährt werden könne, erfordere eine Gesamtbeurteilung der abstandsflächenrechtlichen Situation in Bezug auf die Mindestabstandsflächen gemäß Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO.

Zu Unrecht behaupteten die Beigeladenen, dass hier das streitgegenständliche Bauvorhaben im abstandsrelevanten Bereich unter planungsrechtlichen Gesichtspunkten zulässig sei. Allein das Vorhandensein grenzständiger Gebäude sei planungsrechtlich nicht ausreichend für die Beurteilung, ob hier - auch in Bezug auf das streitgegenständliche Bauvorhaben - auf die Beachtung von Abstandsflächen verzichtet werden könne. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO beschränke den Prüfungsumfang der hier relevanten planungsrechtlichen Vorschriften nicht auf diejenigen, welche im Zusammenhang einer etwaigen zulässigen Grenzbebauung stünden.

Das Maß der baulichen Nutzung bestimme sich durch eine Vielzahl von möglichen planungsrechtlichen Vorgaben. Insbesondere könne durch Baulinien der Anbau an die Grundstücksgrenze gefordert werden. Eine im inneren Bauquartier nachvollziehbare Baulinie sei jedoch nicht zu erkennen. Ferner könne durch Bauräume, die über Grundstücksgrenzen hinweg gehen, im Zusammenhang mit der Festsetzung von geschlossener oder halb offener Bauweise, eine planungsrechtliche Vorgabe für eine grenzständige Bebauung gegeben werden. Die vorhandene städtebauliche Struktur gebe dies offensichtlich für die straßenbegleitende Bebauung als Blockrandbebauung vor, jedoch nicht im Blockinneren.

Fänden sich die vorgenannten Kriterien hier nicht, so sei zu fragen, ob durch entsprechende sonstige planungsrechtliche Vorgaben städtebaulich veranlasste grenzständige Bebauungen im Blockinneren zulässig sein sollen. Nachvollziehbar habe das Erstgericht das Bauquartier städtebaulich durch rückwärtige Baulinien bzw. Bebauungstiefen konkretisiert. Insofern werde ein städtebauliches Element zur Anwendung gebracht, welches planungsrechtlich auch im Zusammenhang mit einer etwaigen grenzständigen Bebauung stehe. Es werde deshalb bestritten, dass hier die Frage der Bebauungstiefe keine planungsrechtliche Vorschrift sei, wonach beurteilt werden könne, ob an die Grenze gebaut werden müsse oder gebaut werden dürfe.

Hinsichtlich des Gebots der Rücksichtnahme führen die Kläger aus, dass an der Grundstücksgrenze ein 8,13 m hoher und ca. 15 m langer Baukörper geplant sei, der das Terrassen-Niveau des klägerischen Anwesens um 4,05 m überrage. Werde als Maßstab zulässiger Grenzbebauung Art. 6 Abs. 9 BayBO heranzogen, so werde das Höhenmaß um 1,05 m und das Längenmaß um 6 m überschritten. Insofern besitze das Bauvorhaben in Bezug auf das klägerische Grundstück, hier in Bezug auf die Terrassennutzung, erdrückende Wirkung. Hinzu komme, dass durch die Grenzbebauung der Betrieb des Sohnes der Kläger eine erhebliche Einschränkung erfahren werde. Im erdgeschossigen Anbau auf dem klägerischen Grundstück befinde sich eine Backstube mit entsprechenden Abluftanlagen über der darüber befindlichen Terrasse. Aufgrund der unmittelbaren Nähe sei daher mit Geruchsbelästigungen in Bezug auf die Bewohner des streitgegenständlichen Neubaus zu rechnen.

Die Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses vertritt die Auffassung, dass zum notwendigen Prüfprogramm des Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO nur die tatsächlich beantragten Abweichungen zählen. Voraussetzung für die ordnungsgemäße Ermessensausübung hierbei sei aber die vollständige Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts und dessen Einstellung in die Ermessenserwägungen. Im Rahmen von Abweichungen im Abstandsflächenrecht dürfe dabei nicht nur die nachbarliche Beziehung betrachtet werden, sondern die Bauaufsichtsbehörde müsse sich ein Gesamtbild der von dem Vorhaben in Anspruch genommenen Abweichungen gemacht haben. Auch die Ermessenserwägungen könnten sich aber nur auf die beantragte Abweichung beziehen, so dass nicht alle öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Interessen berücksichtigt, sondern vielmehr die Belange gewürdigt werden, die von der Vorschrift, von der abgewichen werden soll, geschützt werden. Abgewichen werde vorliegend nur von der Einhaltung der Abstandsflächen der südlichen Gebäudewand des Rückgebäudes, so dass sich die Betrachtung hierauf beschränke.

In Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO komme der planungsrechtliche Vorbehalt, unter dem das Abstandsflächenrecht stehe, zum Ausdruck. Das Planungsrecht genieße den Vorrang vor den abstandsflächenrechtlichen Vorschriften, wenn nach Planungsrecht an die Grenze gebaut werden müsse oder dürfe. Dieser planungsrechtliche Vorbehalt könne aber nur den Vorhaben eingeräumt werden, die auch dem Planungsrecht entsprechen. Die planungsrechtliche Privilegierung solle demnach nur ein Vorhaben in Anspruch nehmen können, das danach auch insgesamt zulässig sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten sowie die Niederschriften über die Einnahme eines Augenscheins vom 25. August 2015 und die mündliche Verhandlung vom 15. Oktober 2015 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung (§ 124 Abs. 1 VwGO) der Beigeladenen ist begründet. Die angefochtene Baugenehmigung vom 8. Juni 2012 in der Fassung der Änderungsgenehmigung vom 12. Oktober 2012, soweit mit ihr die Errichtung eines Rückgebäudes zugelassen wird, verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 11. November 2013 ist somit die Klage abzuweisen.

1. Die Kläger sind als Miteigentümer des Nachbargrundstücks Fl. Nr. 17159 gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Hinsichtlich des Grundstücks Fl. Nr. 17157 sind sie als Sondereigentümer insoweit klagebefugt, als die Baugenehmigung vom 8. Juni 2012 in der Fassung vom 12. Oktober 2012 ihre Rechte aus dem Sondereigentum verletzen kann. Dies ist dann der Fall, wenn das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot unmittelbar das Sondereigentum betrifft (vgl. BayVGH, U. v. 12.7.2012 - 2 B 12.1211 - BayVBl 2013, 51). Die Kläger sind insoweit betroffen, als sie die Sondereigentümer einer Wohneinheit im fünfgeschossigen Vordergebäude sind, die eine Terrasse zum Bauvorhaben hin aufweist. Ferner sind sie als Teileigentümer der Gewerbeeinheit für den Betrieb einer Bäckerei mit Ladengeschäft klagebefugt, soweit das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot inmitten steht.

2. Die Anfechtungsklage der Kläger ist jedoch nicht begründet. Soweit der Prüfungsumfang des Art. 59 BayBO reicht, verletzt die Baugenehmigung vom 8. Juni 2012 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 12. Oktober 2012 hinsichtlich des strittigen Rückgebäudes die Kläger nicht in ihren Rechten. Nachbarschützende Vorschriften des Abstandsflächenrechts sind insoweit nicht zu ihren Lasten betroffen. Ebenso wenig wird das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot verletzt.

2.1. Im vorliegenden Fall wurde ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO durchgeführt. In dessen Rahmen sind neben den bauplanungsrechtlichen Vorschriften die Anforderungen des Abstandsflächenrechts nur zu prüfen, soweit Abweichungen nach Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO beantragt wurden.

Hier wurden hinsichtlich des allein noch strittigen Rückgebäudes im Baugenehmigungsbescheid vom 8. Juni 2012 Abweichungen im Sinn von Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO nur bezüglich des Verhältnisses zum Vordergebäude auf dem Baugrundstück und bezüglich gegenüberliegender Gebäudeteile des Rückgebäudes auf dem Baugrundstück beantragt und erteilt. Sonstige Abweichungen nach Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBO wurden im Hinblick auf das Rückgebäude nicht erteilt. Die das Vordergebäude betreffenden Abweichungsentscheidungen im Baugenehmigungsbescheid vom 8. Juni 2012 haben Bestandskraft erlangt. Die Frage nach der abstandsflächenrechtlichen Situation des Vordergebäudes stellt sich damit hier nicht mehr.

Die vorliegend hinsichtlich des geplanten Rückgebäudes erteilten Abweichungen betreffen nicht die nachbarliche Situation zum Grundstück der Kläger bzw. zu ihrem Sonder- oder Teileigentum hin. Eine Nachbarrechtsverletzung ist mithin insoweit auszuschließen. Ob die Beigeladenen zu Unrecht weitere Abweichungen hinsichtlich der Pflicht zur Freihaltung von Abstandsflächen nicht beantragt haben, kann hier dahinstehen. Denn zum Prüfprogramm im Sinn von Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO gehören ausschließlich vom Bauherrn tatsächlich beantragte Abweichungen. Eine Pflicht des Bauherrn, bauordnungsrechtliche Abweichungen zu beantragen, kann aus dieser Vorschrift nicht hergeleitet werden (vgl. Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, Bayerische Bauordnung, Stand: 1.8.2015, Art. 59 Rn. 15a). Auch die Sätze 1 und 2 des Art. 63 Abs. 2 BayBO betreffen lediglich das Wie und nicht das Ob eines Abweichungsantrags (vgl. Molodovsky a. a. O., Art. 63 Rn. 53). Bei einer anderen Handhabung des Zusammenspiels von Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO und Art. 63 Abs. 2 BayBO würde die Beschränkung des Prüfungsmaßstabs aus Art. 59 BayBO aufgegeben werden (vgl. Shirvani in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand: 1.2.2015, Art. 65 Rn. 178). Stellt der Bauherr daher keinen entsprechenden Antrag, bleibt nicht nur das Prüfprogramm entsprechend beschränkt, sondern auch der Regelungsinhalt der Baugenehmigung und damit der Nutzen der Baugenehmigung für den Bauherrn sind beschränkt (vgl. Molodovsky a. a. O. Art. 59 Rn. 15a). Die Bauaufsichtsbehörde kann jedoch, falls sie im Zug des Genehmigungsverfahrens beiläufig die fehlende Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit bauordnungsrechtlichen Anforderungen feststellt, nach Art. 68 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BayBO vorgehen. Auf ein solches Tätigwerden der Bauaufsichtsbehörde haben die betroffenen Nachbarn aber keinen Anspruch (vgl. BayVGH, B. v. 28.9.2010 - 2 CS 10.1760 - BayVBl 2011, 147).

Angesichts dessen sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass im vorliegenden Fall die Abstandsflächen vollumfänglich zum Prüfprogramm gehören könnten. Die Vollprüfung der abstandsflächenrechtlichen Anforderungen würde vielmehr dem gesetzgeberischen Willen zur Einschränkung des Prüfungsumfangs zuwiderlaufen (vgl. hierzu bereits BayVGH, U. v. 19.1.2009 - 2 BV 08.2567 - BayVBl 2009, 507; U. v. 1.7.2009 - 2 BV 08.2465 - BayVBl 2009, 727). Der Gesetzgeber geht eindeutig davon aus, dass gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO nur Abweichungen im Sinn des Art. 63 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 BayBO zu prüfen sind, die vom Bauherrn ausdrücklich beantragt wurden (vgl. Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Auflage 2012, Art. 59 Rn. 9 f.; Molodovsky a. a. O., Art. 59 Rn. 15; Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand: 1.2.2015, Art. 59 Rn. 36). Diese sind gesondert für jede Außenwand zu beantragen, zu prüfen und gegebenenfalls zu erteilen (vgl. BayVGH, B. v. 17.4.2000 - Gr.S. 1/1999 - 14 B 97.2901 - VGH n. F. 53, 89/92). Ebenso kann jede Verkürzung einer Abstandsflächentiefe nur den Nachbarn in seinen Rechten verletzen, dessen Grundstück der betreffenden Außenwand gegenüberliegt (vgl. BayVGH, B. v. 17.4.2000 - a. a. O., S. 95 f.; Schwarzer/König a. a. O., Art. 6 Rn. 110). Ebenso wenig kann aber ein betroffener Nachbar verlangen, dass Abweichungen in Bezug auf die Abstandsflächentiefe geprüft werden, die nicht im Sinn von Art. 59 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. Art. 63 Abs. 2 Satz 2 BayBO beantragt worden sind.

Entgegen der Auffassung der Kläger kann auch nichts Gegenteiliges aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zum sogenannten 16-m-Privileg (Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO) gefolgert werden. Hierbei handelt es sich um eine unmittelbar kraft Gesetzes geltende Abweichung, die eigenen Regeln folgt (vgl. König, Baurecht Bayern, 5. Auflage 2015, Rn. 708). Daraus folgt bei der Inanspruchnahme dieses Privilegs, dass an den übrigen Gebäudeseiten dann 1 H eingehalten werden muss und davon keine Abweichung erteilt werden kann. Bereits dem Regelungssystem des Art. 6 Abs. 6 BayBO kann dabei entnommen werden, dass in diesen Fällen keine Abweichung erteilt werden darf. Denn die Vorschrift baut darauf auf, dass die Abstandsfläche auf zwei Seiten auf 0,5 H verkürzt werden kann, und geht davon aus, dass für die übrigen Gebäude Außenwände 1 H einzuhalten ist (vgl. BayVGH, B. v. 17.4.2000 a. a. O. S. 90 f). Die Einhaltung von 1 H ist danach Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Vorschrift. Ermessenserwägungen wie bei der Erteilung einer Abweichung nach Art. 63 BayBO sind hier nicht anzustellen. Die Frage des 16-m-Privilegs stellt sich vorliegend ohnehin nicht.

Aus der Tatsache, dass die Bauaufsichtsbehörde bei der Erteilung einer Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO eine Ermessensentscheidung zu treffen hat, ergibt sich vorliegend ebenso wenig anderes. Es handelt sich um ein tatbestandlich intendiertes Ermessen. Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen gegeben, so ist die Abweichung in der Regel zuzulassen, es sei denn, es lägen ausnahmsweise dem entgegenstehende besondere Umstände vor (vgl. Jäde a. a. O., Art. 63 Rn. 12 m. w. N.). Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Ermessensausübung ist aber eine vollständige Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts und dessen Einstellung in die Ermessenserwägungen (vgl. Jäde a. a. O., Art. 63 Rn. 18; Molodovsky a. a. O., Art. 63 Rn. 41). Bei Abweichungen von den Abstandsflächenanforderungen muss sich die Bauaufsichtsbehörde auch ein Gesamtbild der von dem Vorhaben in Anspruch genommenen Abweichungen gemacht haben (vgl. Jäde a. a. O. Art. 63 Rn. 19). Hierbei kann es sich jedoch nur um beantragte und erteilte Abweichungen im Sinn von Art. 63 Abs. 2 Satz 2 BayBO handeln. Der Nachbar kann die Nichteinhaltung der Abstandsflächen zu seinem Grundstück hin nur rügen, soweit eine Abweichung erteilt wurde (vgl. BayVGH, B. v. 28.9.2010 - 2 CS 10.1760 - BayVBl 2011, 147/148). Soweit vorliegend eine Abweichung nicht beantragt und erteilt wurde, scheidet somit eine Prüfung des Abstandsflächenrechts aus. Eine solche Prüfung ist auch nicht im Hinblick auf Art. 65 Abs. 2 BayBO geboten. Der vereinzelt gebliebenen und von der Rechtsprechung nicht aufgegriffenen Literaturmeinung (Koehl, BayVBl 2009, 645), die von einer nachbarschützenden Wirkung der allein den Bauherrn betreffenden, reinen Verfahrensvorschriften des Art. 65 Abs. 2 BayBO ausgeht, ist nicht zu folgen (vgl. BayVGH, B. v. 17.8.2015 - 2 ZB 13.2522 - juris). Vielmehr ergeben sich Verpflichtungen Dritten gegenüber hieraus auch dann nicht, wenn die Vorschrift von der das Vorhaben abweicht, Rechte Dritter schützt (vgl. Schwarzer/König a. a. O., Art. 65 Rn. 20; Jäde a. a. O., Art. 65 Rn. 49b).

Nach allem ist festzuhalten, dass die Bauaufsichtsbehörde im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung in Bezug auf eine konkret beantragte Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften allenfalls in den Blick zu nehmen hat, welche sonstigen Abweichungen von den Anforderungen des Abstandsflächenrechts in Richtung auf das betreffende Nachbargrundstück außerdem beantragt und erteilt wurden. Dies ist vorliegend in der Baugenehmigung vom 8. Juni 2012 weder in Bezug auf das Grundstück Fl. Nr. 17157 noch in Bezug auf das Grundstück Fl. Nr. 17159 geschehen. Weder für das hier nur noch strittige geplante Rückgebäude auf dem Grundstück Fl. Nr. 17139 noch für das dortige Vordergebäude, hinsichtlich dessen die Baugenehmigung inzwischen bestandskräftig ist, sind solche Abweichungen zulasten des Grundstücks bzw. des Sonder- oder Teileigentums der Kläger beantragt und erteilt worden. Mithin sind außer den lediglich das Baugrundstück betreffenden Abweichungen von den Abstandsflächenvorschriften für das Verhältnis zwischen Rückgebäude und Vordergebäude sowie für das Verhältnis zwischen gegenüberliegenden Gebäudeteilen des Rückgebäudes keine weiteren Abstandsflächen zu prüfen bzw. von der Bauaufsichtsbehörde bei ihrer Ermessensentscheidung in den Blick zu nehmen gewesen. Die Frage eines zulässigen Grenzanbaus durch das Gebäude im Sinn von Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO wurde somit nicht vom Prüfungsumfang der Bauaufsichtsbehörde nach Art. 59 BayBO erfasst. Die Ausführungen der Beklagten im Bescheid vom 8. Juni 2012 nehmen deshalb nicht an der Feststellungswirkung der Baugenehmigung teil (vgl. BayVGH, B. v. 12.12.2013 - 2 ZB 12.1513 - juris).

2.2. Durch das Bauvorhaben wird auch das Rücksichtnahmegebot aus § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht verletzt. Das strittige Rückgebäude hat - soweit die Kläger dies rügen können - keine erdrückende Wirkung gegenüber der Bebauung auf dem Grundstück Fl. Nr. 17157. Es wird zwar ein ca. 15 m langer Baukörper entstehen, der das Terrassenniveau des betroffenen Nachbargrundstücks um rund 4 m überragen wird. Die genannte Terrasse hat jedoch sogar an der schmalsten Stelle eine Breite von rund 7 m. Das strittige gebaute Bauvorhaben ist im Osten des Grundstücks Fl. Nr. 17157 situiert, so dass insbesondere die vormittägliche Sonneneinstrahlung etwas behindert wird. Unbestritten ist jedoch ein Lichteinfallswinkel von 45 Grad nicht nur in Bezug auf die Fenster im ersten Obergeschoß des Nachbargebäudes, sondern sogar zu einem gewissen Teil in Bezug auf die Dachterrasse in ihrem schmalsten Bereich eingehalten. Eine einmauernde Wirkung der geplanten Bebauung gegenüber der in Höhe des ersten Obergeschosses befindlichen Terrasse am Anwesen der Kläger ist damit nicht zu erkennen.

Im Ergebnis kann daher dahinstehen, ob die Beklagte bei Erteilung der Baugenehmigung vom 8. Juni 2012 die Terrassennutzung auf dem Grundstück Fl. Nr. 17157 überhaupt berücksichtigen musste. Nach dem Vortrag der Beigeladenen ist die Terrassennutzung erst im Jahr 2014 genehmigt worden, wobei ein Grenzabstand zum Grundstück der Beigeladenen von 3 m eingehalten werden müsse.

Hinsichtlich möglicher Lärmbelastungen durch die Bäckerei und Konditorei haben die Kläger nichts von Substanz vorgetragen. Der Lieferverkehr soll in den Morgenstunden erst ab 6.00 Uhr stattfinden (vgl. BayVGH, B. v. 19.6.2013 - 2 CS 13.845). Auch beim vormittäglichen Ortstermin durch den Senat konnten keine Lärmbelastungen festgestellt werden. Nachdem das geplante Rückgebäude weder zum Grundstück Fl. Nr. 17157 noch zum Grundstück Fl. Nr. 17159 Fenster aufweisen wird, ist nicht zu erkennen, dass hier unzumutbare Lärmbelastungen auftreten könnten.

Bezüglich der ferner von Klägerseite angeführten möglichen Geruchsbelästigungen für die Bewohner des strittigen Neubaus auf dem Grundstück Fl. Nr. 17139 hat die Beklagte schon im Baugenehmigungsbescheid vom 8. Juni 2012 ausgeführt, dass bereits der bauliche Bestand im Quartier von der direkten Nachbarschaft zwischen Wohnnutzung und der Bäckerei als gewerblicher Nutzung geprägt sei. Hier seien gravierende Konflikte aus der bestehenden Nutzungsmischung heraus nicht bekannt. Mit der Neuerrichtung des Rückgebäudes und der dort geplanten Wohnnutzung rücke diese zwar näher an die gewerbliche Nutzung heran, aber nicht in einer Weise, die den Bestand der Bäckerei unter Berücksichtigung der vorhandenen Nutzungsmischung beeinträchtigen oder gefährden könnte. Dem sind die Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Vielmehr ist auch hier zu berücksichtigen, dass das geplante Rückgebäude keine Fensteröffnungen zur Bäckerei und Konditorei hin aufweisen wird. Auch beim vormittäglichen Ortstermin des Senats konnten insoweit keine Geruchsbelästigungen festgestellt werden. Es kann somit dahinstehen, ob Gerüche aus einer Bäckerei oder Konditorei überhaupt als unzumutbar für die umgebende Wohnnachbarschaft eingestuft werden könnten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 11. November 2013 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf jeweils 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, § 63 Abs. 3 GKG. Der Streitwert war für beide Rechtszüge auf jeweils 10.000 Euro angemessen zu erhöhen, da hier auch wirtschaftliche Interessen der Kläger inmitten stehen.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt

Gründe

I.

Die Klägerin ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke in der Gemarkung S. M. im Ortsteil L. am Ostrand der Stadt K. Die betreffenden Flurnummern werden teils als landwirtschaftliche Flächen, teils als Golfplatz („Golfzentrum K.“) und teilweise als Wegeflächen genutzt. Ihre Klage gegen die Genehmigung für den Umbau eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück FlNr. 25 Gemarkung S. M. des Beigeladenen, das auf allen Seiten an die im Allein- oder Miteigentum stehenden Flächen der Klägerin grenzt, wies das Verwaltungsgericht ab. Das nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilende Vorhaben sei nicht rücksichtslos; die Abweichung von den Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO sei ermessensfehlerfrei erteilt worden. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel der Klägerin.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die dargelegten Gründe - ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; dazu 1.) und besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO; dazu 2.) - rechtfertigen die beantragte Zulassung der Berufung nicht.

1. Das Verwaltungsgericht hat die planungsrechtliche Zulässigkeit des streitigen Vorhabens an § 35 Abs. 2 BauGB gemessen und in diesem Zusammenhang eine Verletzung des nachbarschützenden Gebots der Rücksichtnahme (vgl. für diesen Sachverhalt grundlegend: BVerwG, U.v. 25.2.1977 - IV C 22.75 - BVerwGE 52, 122 und U.v. 13.3.1981 - 4 C 1.78 - BRS 38 Nr. 186) verneint. Dazu nimmt die Zulassungsbegründung nicht Stellung.

Die Klägerin bezweifelt die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils allein deshalb, weil bei der Prüfung der nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1BayBO erteilten Abweichung von der Einhaltung der Abstandsflächen die (objektive) planungsrechtliche Unzulässigkeit des Vorhabens unberücksichtigt geblieben sei. An der Verwirklichung eines unzulässigen Vorhabens könne regelmäßig weder ein öffentliches noch ein besonderes Interesse des Bauherrn bestehen. Die Frage der planungsrechtlichen Zulässigkeit spiele richtigerweise im Rahmen des Ermessens bei der Erteilung einer Abweichung eine Rolle, wenn die betroffenen Belange und Interessen zu berücksichtigen seien.

a) Ob diese Meinung richtig ist, bedarf bei dem hier zu beurteilenden Sachverhalt keiner abschließenden Antwort. Das Verwaltungsgericht hat jedenfalls zu Recht angenommen, dass auf Seiten der Klägerin keine wehrfähigen öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange betroffen sind, weil die entsprechenden Grundstücke der Klägerin nicht abstandsflächenrechtlich relevant bebaubar sind (vgl. zu einem insoweit ähnlich gelagerten Fall: BayVGH, B.v. 14.7.2009 - 14 ZB 09.847 - juris Rn. 9). Das von den Abstandsflächen des streitgegenständliche Vorhabens berührte und im Alleineigentum der Klägerin stehende Grundstück FlNr. 78/2 ist im rechtverbindlichen Bebauungsplan „Golfplatz S. L.“ als Golfplatz/Driving Range festgesetzt. An deren Südgrenze setzt der Bebauungsplan gegenüber dem streitigen Bauvorhaben einen zwei Meter hohen Lärmschutzwall fest, weiter nach Osten folgt insoweit ein bis zu sechs Meter hoher Ballfangzaun. Das ebenfalls von den ursprünglichen Abstandsflächen des Vorhabens im Westen und Süden betroffene, im Miteigentum der Klägerin stehende Grundstück FlNr. 20/2 (T.) ist als öffentlicher Feld- und Waldweg ausgewiesen (entsprechend der Legende ockerfarbig gekennzeichnet).

Nachdem die planungsrechtliche Zulässigkeit unter dem wegen § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO allein entscheidungserheblichen Gesichtspunkt der Verletzung eigener Rechte - wie unwidersprochen geschehen - zu bejahen ist und im Hinblick auf die auf Antrag (Art. 63 Abs. 2 BayBO) zu prüfende abstandsflächenrechtliche Zulassungsfähigkeit keine tatsächlichen, öffentlich-rechtlich wehrfähigen Belange auf Seiten der Klägerin gegeben sind, kann ihre Klage gegen die Baugenehmigung keinen Erfolg haben. Eine materielle Verletzung eigener subjektiv-öffentlicher Rechte ist nicht festzustellen.

b) Im Übrigen sei angemerkt, dass die Meinung der Klägerin, im Zusammenhang mit der Erteilung einer Abweichung von der Einhaltung der Abstandsflächen müsse ein Vorhaben unter dem Gesichtspunkt seiner Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen regelmäßig planungsrechtlich positiv zu beurteilen sein, zweifelhaft erscheint.

(1) In mehreren Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs finden sich allerdings Hinweise darauf, dass im Rahmen der Prüfung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit den öffentlichen Belangen im Einzelfall neben den von der Bayerischen Bauordnung geregelten auch weitere objektive öffentlich-rechtliche Belange zu berücksichtigen sein können (BayVGH, U.v. 3.12.2014 - 1 B 14.819 - juris Rn. 21: Brandschutz; B.v. 5.12.2011 - 2 CS 11.1902 - juris Rn. 4, 7: Berücksichtigung jedoch nur im Rahmen des Prüfprogramms für die Baugenehmigung, deshalb im dort entschiedenen Fall keine Brandschutzvorschriften; U.v. 15.12.2008 - 22 B 07.143 - BayVBl 2009, 530 = juris Rn. 43, 44: Abwägungsrelevanz nur, soweit durch die Erteilung der Abweichung der jeweilige (erg.: fremde) Rechtsverstoß hervorgerufen oder wesentlich verschärft wird; B.v. 16.7.2007 - 1 CS 07.1340 - NVwZ-RR 2008, 84 = juris LS 1 und Rn. 17, 24: Zu einer fehlerfreien Ermessensausübung gehört auch, dass von der Abweichung berührte, nicht nachbarschützende öffentliche Belange (dort: Denkmalschutz) zutreffend gewürdigt werden; U.v. 2.5.2002 - 2 B 99.2590 - juris Rn. 20: Bei der Ermessensausübung durfte darauf abgestellt werden, dass das zur Genehmigung gestellte Vorhaben gestalterisch problematisch war; B.v. 12.3.1999 - 2 ZB 98.3014 - BayVBl 2000, 630 = juris Rn. 8: Berücksichtigung negativer Auswirkungen von Windkraftanlagen auf die Ertragsentwicklung benachbarter landwirtschaftlicher Kulturen, Gefahr des Eisabwurfs auf nahe vorbeiführende öffentliche Wege, aus naturschutzfachlicher Sicht erheblich bedenklichere Einstufung des vorgesehenen Standorts im Vergleich zu einem raumordnerisch positiv abgeschlossenen ursprünglichen Standort).

(2) Zurückhaltender gegenüber der Berücksichtigung objektiver öffentlich-rechtlicher Belange anlässlich einer gegen die für ein Vorhaben erteilten Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften gerichteten Nachbarklage hat sich im Anschluss an Kuchler, BayVBl 2009, 517, unter anderem eine Entscheidung des BayVGH (U.v. 4.2.2011 - 1 BV 08.131 - juris Rn. 48: Eine Überprüfung der nicht tragenden Ausführungen im B.v. 16.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 24 wurde angekündigt) geäußert. Für Einschränkungen beim Kreis der zu berücksichtigenden öffentlichen Belange spricht sich auch Molodovsky (in Molodovsky/Famers/Kraus, BayBO, Stand 1. September 2014, Art. 63 Rn. 34a: Es ist nicht darauf abzustellen, ob andere öffentliche Belange, die nicht nachbarschützend sind, zutreffend gewürdigt werden, z. B. nicht nachbarschützende Belange des Planungsrechts oder des Immissions-, Natur- oder Denkmalschutzrechts) aus. Für eine Abkehr von der Rechtsprechung, die bei einer Abweichung generell auch andere Belange als die durch die jeweilige Vorschrift geschützten zum Zulassungsmaßstab rechnet, plädiert zuletzt König (in Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Auflage 2010, Art. 63 Rn. 15: An dieser Rechtsprechung sollte nicht festgehalten werden; derselbe in Baurecht Bayern, 5. Auflage 2015, Rn. 866: Eigenständig gesetzlich geregelte Belange, wie die Belange des § 35 Abs. 3 BauGB sowie die im BNatSchG, BayNatSchG und DSchG geregelten Belange des Naturschutzes und der Denkmalpflege gehören nicht zum Maßstab für die Zulassung einer Abweichung. Den diese Belange schützenden Vorschriften muss das Bauvorhaben - unabhängig davon, ob ihre Einhaltung in einem Genehmigungsverfahren geprüft wird (vgl. Art. 55 Abs. 2 BayBO) - ohnehin entsprechen. Ihre Berücksichtigung auch als öffentlicher Belang würde zu einer Doppelprüfung führen, für die es keine Rechtfertigung gibt). Die eventuelle bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit eines möglicherweise nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegierten Vorhabens im Außenbereich hat bereits eine frühere Entscheidung des Senats (BayVGH, B.v. 22.7.2003 - 15 ZB 02.1223 - juris Rn. 4, 7) nicht als einen bei der konkreten Abweichungsentscheidung zu berücksichtigenden öffentlichen Belang angesehen. Die mit § 35 Abs. 1 BauGB verfolgten bauplanungsrechtlichen Ziele (grundsätzliche Zuweisung bestimmter Vorhaben an den Außenbereich) stünden in keinem Zusammenhang mit dem Regelungszweck des Art. 70 Abs. 1 Satz 1 BayBO (erg.: 1998) und blieben daher in diesem Kontext unberücksichtigt.

(3) Der Senat neigt dazu, der zuletzt dargestellten Auffassung aus den nachfolgenden Erwägungen den Vorzug zu geben.

(3.1) Den Ausgangspunkt aller einschlägigen Überlegungen, wie groß der Kreis der öffentlichen Belange sein kann bzw. sollte, die bei der gerichtlichen Überprüfung einer Abweichungsentscheidung im Rahmen einer Nachbarklage Berücksichtigung finden dürfen bzw. müssen, bildet § 113 Abs.1 Satz 1 VwGO mit seiner Vorgabe, dass die zur gerichtlichen Kontrolle stehende Entscheidung für den Fall ihrer Aufhebung eigene Rechte der Klagepartei verletzen muss. Wann eine Baugenehmigung subjektiv-öffentliche Nachbarrechte verletzt, bestimmt sich nach den für das jeweilige Vorhaben anzuwendenden materiellen Vorschriften. Kuchler und König (jeweils a. a. O.) ist darin zu folgen, dass es für eine Doppelprüfung der für ein bestimmtes Vorhaben geltenden Vorschriften weder einen Anlass noch eine Berechtigung gibt. Zwar mag beispielsweise ein Vorhaben, das die (landesrechtlichen) Abstandsflächen einhält, aus tatsächlichen Gründen in der Regel auch (bauplanungsrechtlich) nicht rücksichtlos sein (vgl. BVerwG, B.v. 11.1.1999 - 4 B 128/98 - juris Rn. 3, 4). Gleichwohl folgt die Beurteilung der Rücksichtslosigkeit eines Vorhabens im Hinblick auf seine Größe und sein Erscheinungsbild sowie seine Lage gegenüber einem Nachbargrundstück eigenen Regeln (vgl. BVerwG, U.v. 23.5.1986 - 4 C 34/85 - BauR 1986, 542 = juris Rn. 17, 18: Das im Einfügungsgebot des § 34 Abs. 1 Satz 1 BBauG enthaltene bundesrechtliche Rücksichtnahmegebot bezieht sich nicht auf bauordnungsrechtliche Merkmale; vgl. ferner BayVGH, U.v. 27.3.2013 - 14 B 12.192 - juris Rn. 31, 34 m. w. N.: ein die Abstandsflächen nicht (vollständig) einhaltendes Vorhaben ist damit nicht automatisch rücksichtslos). Mit der Prämisse, dass die Prüfung eines Vorhabens unter nachbarrelevanten planungs- und bauordnungsrechtlichen Gesichtspunkte jeweils eigenständigen, in sich geschlossenen Regeln folgt, ist die Anreicherung der bei einer Abweichung von bauordnungsrechtlichen Abstandsvorschriften zu untersuchenden Belange um den Gesichtspunkt der objektiven planungsrechtlichen Zulässigkeit des betroffenen Vorhabens grundsätzlich nicht zu vereinbaren. Dies gilt in vergleichbarer Weise für die in eigenen Kodifikationen geregelten Natur- und Denkmalschutzbelange. Ob ein Vorhaben den einschlägigen objektiv-rechtlichen Anforderungen entspricht, ist unabhängig davon zu entscheiden, ob wegen der Nichteinhaltung der Abstandsflächen unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange eine Abweichung erteilt werden kann.

(3.2) Die Meinung, sonstige Belange seien bei der hier zu erörternden Entscheidung über die Erteilung einer Abweichung von der Einhaltung der Abstandsflächen für die Interessenabwägung relevant, wenn durch die Abweichung der jeweilige Rechtsverstoß hervorgerufen oder wesentlich verschärft werde, dürfte wohl bereits an der falschen Stelle des zu beurteilenden Lebenssachverhalts ansetzen. Den unter Umständen gegen Planungs-, Natur- oder Denkmalschutzrecht verstoßenden Standort seines Vorhabens wie auch dessen übrige Abmessungen bestimmt der Bauwerber durch den Inhalt der von ihm einzureichenden Bauvorlagen (vgl.: §§ 7, 8 BauVorlV). Nach der durch das in den jeweiligen Kodifikationen enthaltene materielle Recht vorgegebenen Prüfungsreihenfolge bildet die Untersuchung der Abstandsflächenproblematik des Vorhabens, von wenigen „Offensichtlichkeitsfällen“ vielleicht abgesehen, regelmäßig den Schlusspunkt der präventiven Kontrolle des Einzelfalls im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren. Vor diesem Hintergrund ist es von vorneherein zweifelhaft, wie ein hinzutretender Abstandsflächenverstoß überhaupt geeignet sein könnte, beispielsweise einen - wie gesagt, schon vorher festzustellenden - Verstoß dieses Vorhabens gegen planungsrechtliche Vorschriften „hervorzurufen“ oder „wesentlich zu verschärfen“. Für einen mit diesem Vorhaben verbundenen planungs-, naturschutz- oder denkmalschutzrechtlichen Missgriff kann die zusätzliche Nichteinhaltung der Abstandsflächen als solche schon rein äußerlich betrachtet nicht kausal sein.

Die darüber hinaus fehlende innere Abhängigkeit der angesprochenen Normkomplexe voneinander wird deutlich, wenn man sich die von den jeweiligen Gesetzen verfolgten Zwecke und Schutzgüter vergegenwärtigt. Planungsrechtliche Vorschriften dienen, von der Rechtsfigur des Rücksichtnahmegebots abgesehen, in erster Linie der Verwirklichung einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung (vgl. § 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB). Die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege bestehen vor allem darin, die biologische Vielfalt, die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts und die Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie den Erholungswert von Natur und Landschaft auf Dauer zu sichern (vgl. § 1 Abs. 1 BNatSchG). Hauptanliegen des Denkmalschutzrechts sind die Erhaltung und der Schutz unter anderem von Bau- und Bodendenkmälern (vgl. Art. 3 Abs. 1, Art, 4 bis 6 DSchG). Hier ist hervorzuheben, dass der Abwehranspruch des Eigentümers eines Baudenkmals gegen ein „heranrückendes“ Bauvorhaben, das den Denkmalwert oder das Erscheinungsbild seines Schutzgegenstands beeinträchtigt, vom Ansatz her grundlegend anderen Gesichtspunkten folgt als der zentimetergenauen Einhaltung von Abstandsflächen eines Vorhabens auf einem benachbarten Grundstück (vgl. BayVGH, U.v. 24.1.2013 - 2 BV 11.1631 - BayVBl 2013, 470 = juris Rn. 29 ff.: keine Beeinträchtigung eines Bootshauses durch einen unmittelbar daran vorbeigeführten Steg für die Allgemeinheit).

(3.3) In diesem Zusammenhang erscheint eine Korrektur der Auffassung angezeigt, dass bei der Abweichung/Befreiung von einer nachbarschützenden Vorschrift auf die Klage des Nachbarn hin jeder Fehler bei der Rechtsanwendung zur Aufhebung der Baugenehmigung führt (vgl. BVerwG, B.v. 27.8.2013 - 4 B 39/13 - ZfBR 2013, 783 = juris Rn. 3 zu § 31 Abs. 2 BauGB; BayVGH, U.v. 3.12.2014 - 1 B 14.819 - juris Rn. 21 unter 4. - obiter dictum zur Rechtswidrigkeit einer Abweichung von nachbarschützenden Vorschriften des Abstandsflächenrechts wegen Unvereinbarkeit des Vorhabens mit anderen öffentlichen Belangen und daraus folgender objektiver Rechtswidrigkeit). Auch die Vertreter der Meinung, dass im Rahmen einer Nachbarklage gegen die Abweichung/Befreiung von einer nachbarschützenden Vorschrift zunächst eine umfassend angelegte Prüfung der Zulässigkeit des betroffenen Vorhabens anzustellen sei, schränken ein, dass der Nachbar keinen Anspruch darauf habe, dass das Vorhaben in jeder Hinsicht den öffentlich-rechtlichen Anforderungen entspricht (BayVGH, U.v. 3.12.2014 - 1 B 14.819 - juris Rn. 21 unter Hinweis auf BayVGH, B. v. 16.7.2007 - 1 CS 07.1340 - BauR 2007, 1858 und U.v. 15.12.2008 - 22 B 07.143 - BayVBl 2009, 530). Eine Rechtfertigung für die Doppelprüfung objektiven, nicht schon im Tatbestand (vgl. § 31 Abs. 2 BauGB) enthaltenen Planungsrechts - nur und gerade aus Anlass einer Abweichungs-/Befreiungsentscheidung - lässt sich aus den vorbezeichneten allgemeinen Überlegungen jedenfalls nicht herleiten.

Prinzipiell erscheint die Anknüpfung an die zur Nachbarrechtsverletzung im Rahmen von § 31 Abs. 2 BauGB entwickelten Maßstäbe bei der Anwendung von Art. 63 Abs. 1 BayBO (vgl. Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand September 2014, Art. 63 Rn. 61) wenig überzeugend. § 31 Abs. 2 BauGB enthält einen, zuletzt durch das Gesetz über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen vom 20. November 2014 (BGBl I S. 1748) geringfügig ergänzten, klar definierten und in sich geschlossenen Kanon objektiver Befreiungsvoraussetzungen. Fehlt es im Einzelfall bereits an einer der danach zu fordernden Voraussetzungen für die Befreiung von einer nachbarschützenden planungsrechtlichen Vorschrift, kann die dennoch erfolgte Entscheidung zugunsten eines Vorhabens im Nachbarrechtstreit keinen Bestand haben.

Im Bauordnungsrecht fehlt eine vergleichbar detaillierte gesetzliche Beschreibung der allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung einer Abweichung. In der (ständigen) Rechtsprechung wurde dazu eine Kasuistik entwickelt, die unter dem Oberbegriff der Atypik verschiedene Fallgestaltungen versteht, in denen ein Abgehen von den (abstandsflächenrechtlichen) Regelanforderungen des Gesetzes grundsätzlich möglich erscheint (vgl. stellvertretend BayVGH, B.v. 16.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris Rn. 16: Gründe von ausreichendem Gewicht, durch die sich das Vorhaben vom Regelfall unterscheidet und die die Einbuße an Belichtung und Lüftung sowie eine Verringerung der freien Flächen des Baugrundstücks im konkreten Fall als vertretbar erscheinen lassen). Diese Atypik kann sich etwa aus einem besonderen Grundstückszuschnitt, einer aus dem Rahmen fallenden Bebauung auf dem Bau- oder dem Nachbargrundstück oder einer besonderen städtebaulichen Situation, wie der Lage des Baugrundstücks in einem historischen Ortskern, ergeben. Fehlt es bereits daran, erweist sich eine trotzdem erteilte Abweichung von der Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen von vorneherein als rechtswidrig; die Baugenehmigung ist auf eine Nachbarklage hin aufzuheben. Weshalb das gleiche Ergebnis eintreten sollte, wenn zwar die Atypik zu bejahen war und die individuelle Ermessensausübung fehlerfrei erfolgte, das Vorhaben aber - ohne darin liegende Verletzung nachbarlicher öffentlicher Rechte - „schlicht“ planungsrechtsrechtswidrig ist, lässt sich schwerlich nachvollziehen.

Nach Meinung des Senats sprechen daher gute Gründe dafür, die Auffassung, dass bei der Abweichung/Befreiung von nachbarschützendem Recht - hier: von Art. 6 BayBO - jeder Verstoß zur Rechtsverletzung des betroffenen Nachbarn führen soll, teleologisch zu reduzieren. Im vorliegenden Zusammenhang reicht es als Maßgabe für die Überprüfung aus, dass die Abweichung von der Einhaltung nachbarschützender abstandsflächenrechtlicher Bestimmungen die Rechte des betroffenen Nachbarn auch und schon, andererseits aber nur dann verletzt, wenn im Einzelfall die spezifischen objektiven Voraussetzungen für die Annahme eines atypischen Sonderfalls fehlen. Alles übrige aus Anlass des jeweiligen Falles zu prüfende öffentliche Recht ist unabhängig davon auf mögliche Nachbarrechtsverletzungen zu untersuchen, eine Doppelprüfung derselben Belange im Rahmen einer Entscheidung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO unterbleibt. Das befreit nicht zuletzt auch die Anwendungspraxis von - im Einzelnen, wie gezeigt, kaum bzw. nicht plausibilisierungsfähigen - kausalen Verknüpfungsversuchen zwischen den Schutzgütern des Abstandflächenrechts und (beliebigen) sonstigen öffentlichen Belangen.

2. Aus dem Vorstehenden (vgl. oben II. 1 a) ergibt sich zugleich, dass die Rechtssache keine besonderen tatsächlichen und/oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist. Für die Beantwortung der für dieses Verwaltungsstreitverfahren maßgeblichen Fragen bedarf es keines Berufungsverfahrens.

3. Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Streitwert: § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (BayVBl-Beilage 1/2014).

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2010 - 1 K 2236/10 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss vom 29.06.2010 ist statthaft und auch sonst zulässig. Allerdings bestehen Bedenken, ob die Beschwerdebegründung im Schriftsatz vom 09.08.2010, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, in jeder Hinsicht den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügt, wonach sich der Beschwerdeführer mit den von ihm in Frage gestellten Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichts inhaltlich auseinandersetzen muss (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 01.07.2002 - 11 S 1293/02 -, NVwZ 2002, 1388 ff.). Dies gilt insbesondere für die Rüge, das Verwaltungsgericht habe wesentliche Teile des Vorbringens des Antragstellers in der Stellungnahme zur Angrenzerbenachrichtigung unter zu enger Auslegung des § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO als materiell präkludiert angesehen. Denn insofern hat der Antragsteller sich mit den Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichts nicht auseinandergesetzt. Das Verwaltungsgericht hat die im Einwendungsschreiben des Antragstellers vom 20.07.2009 unter Ziff. 1 bis 5 vorgetragenen - und im Beschwerdebegründungsschriftsatz lediglich wiederholten - Beeinträchtigungen vollumfänglich in sein Prüfprogramm aufgenommen (vgl. S. 2 und 3 des Entscheidungsabdrucks). Der Antragsteller übersieht darüber hinaus, dass das Verwaltungsgericht sich nicht auf die bloße Prüfung der im Einwendungsschreiben vom 20.07.2009 genannten Punkte beschränkt, sondern letztlich eine „Vollprüfung“ anhand auch anderer relevanter bauplanungsrechtlicher Kriterien vorgenommen hat (Vereinbarkeit mit Festsetzungen der Ortsbausatzung, Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot nach Kriterien des Maßes der baulichen Nutzung und der überbaubaren Grundstücksfläche, dazu nachfolgend).
Ungeachtet dessen hat die Beschwerde aber jedenfalls in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage (Az.: 1 K 670/10) gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 13.10.2009 i.d.F. des Widerspruchsbescheids vom 29.01.2010 anzuordnen, zu Recht abgelehnt. Auch nach Auffassung des Senats kommt dem Interesse der Beigeladenen an der - dem gesetzlichen Regelfall entsprechenden - sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung Vorrang vor dem Interesse des Antragstellers an einem vorläufigen Baustopp zu. Nach derzeitigem Erkenntnisstand und nach der im Eilverfahren allein möglichen und gebotenen Prüfung der Sach- und Rechtslage wird die Klage mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben. Denn die (unter Abbruch eines bestehenden Wohnhauses) genehmigten zwei Mehrfamilienhäuser mit Tiefgarage auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... - es handelt sich um einen zweigeschossigen Flachdachanbau mit vier Wohnungen (Haus 1), einen Zwischenbau und ein weiteres Gebäude mit Satteldach und sechs Wohnungen (Haus 2) - verstoßen nicht gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften, die zumindest auch dem Schutz des Antragstellers zu dienen bestimmt sind.
Zur Begründung nimmt der Senat auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend und in Würdigung des Beschwerdevorbringens ist Folgendes auszuführen:
I.
1. Zutreffend dürfte die - vom Antragsteller nicht angegriffene - Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts sein, die den Gegenstand der Befreiung bildenden Festsetzungen der Ortsbausatzung der Antragsgegnerin über die Begrenzung der Stockwerkszahl (§ 29 Abs. 3 OBS) und der Wohnungszahl je Stockwerk (§ 10 Abs. 1 und 2 OBS) sowie über den Mindestabstand von Hintergebäuden zu den straßenseitigen Baulinien (§ 40 Abs. 2 OBS) dienten jeweils nur städtebaulich-gestalterischen Zielen und nicht (zumindest auch) dem Schutz der übrigen Gebietsanlieger. Insoweit kann auf die vom Verwaltungsgericht zitierte Rechtsprechung verwiesen werden, die zu einer bezüglich der Wohnungszahlbegrenzung inhaltlich weitgehend identischen Regelung in der Ortsbausatzung der Stadt Stuttgart ergangen ist (VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 06.03.2001 - 8 S 425/01 -, juris, und vom 09.08.1996 - 8 S 2012/96 -, VBlBW 1997, 26 f.). Der Verwaltungsgerichtshof hat dort - unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung zur Auslegung der früheren „Zwei-Wohnungs-Klausel“ in § 3 Abs. 4 BauNVO 1962/1977 - entschieden, dass derartige Regelungen zur Wohnungszahlbegrenzung trotz ihrer Nähe zur Art der baulichen Nutzung nicht schlechthin nachbarschützend sind, sondern nur dann, wenn sich aus ihrem Inhalt, aus den konkreten örtlichen Verhältnissen oder aus dem erkennbar gewordenen Willen des Satzungsgebers ergibt, dass ein besonderer Gebietscharakter mit begrenzter Siedlungsdichte zugunsten eines gehobenen Wohnens beabsichtigt ist, wobei weder eine Regelvermutung für oder gegen eine nachbarschützende Zielrichtung anzunehmen ist (vgl. auch Beschluss vom 22.02.1995 - 3 S 243/95 -, VGH BW - Ls 1995, Beilage 6, B 7). Derartige Anhaltspunkte wurden für die Stuttgarter „Wohnungsklausel“ unter anderem unter Hinweis darauf verneint, dass im dortigen Wohngebiet auch Gebäude mit eher „wohnwertmindernden“ Auswirkungen zulässig sind, wie Schulen oder Krankenhäuser. Es spricht einiges dafür, dass diese Grundsätze auch für die Auslegung der hier maßgeblichen Ortsbausatzung der Antragsgegnerin von 1923/24 gelten, zumal auch dort außer Wohnhäusern ebenfalls Gebäude für „Bildungs- und Erholungszwecke“ errichtet werden dürfen.
2. Letztlich kann die Frage des Drittschutzes der „Wohnungsklausel“ in § 10 Abs. 2 OBS aber offen bleiben. Denn auf deren Verletzung könnte sich der Antragsteller jedenfalls nicht berufen. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat mehrfach für den Bereich des bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenrechts entschieden, dass ein Nachbar, der seinerseits den erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, nach dem Grundsatz von Treu und Glauben daran gehindert ist, die Verletzung des Grenzabstands beim Bauherrn zu rügen, wenn die Verletzung nachbarschützender Abstandsregelungen durch das angegriffene Vorhaben nicht schwerer wiegt als der eigene Verstoß und in gefahrenrechtlicher Hinsicht keine völlig untragbaren Zustände entstehen (vgl. Beschlüsse vom 04.01.2007 - 8 S 1802/06 - juris, vom 24.01.2006 - 8 S 638/05 - und vom 16.11.2004 - 3 S 1898/04 - juris, sowie Urteil vom 18.11.2002 - 3 S 882/02 -, VBlBW 2003, 235). Diese übergeordneten Grundsätze für den Ausschluss bzw. die Begrenzung treuwidriger Rügen müssen in gleicher Weise auch bei Verstößen gegen drittschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts gelten, seien es Verstöße gegen Festsetzungen in Bebauungsplänen oder seien es Zuwiderhandlungen gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Betroffene Nachbarn können auch solche bauplanungsrechtlichen Rechtsverstöße grundsätzlich dann nicht geltend machen, wenn sie selbst mit (bei objektiver Betrachtung) qualitativ und quantitativ mindestens gleichem Gewicht von eben diesen Vorschriften abgewichen sind; nur in solchen einer nach ihrem Gewicht „überschießenden“ Rechtsverletzung des Nachbarn ist das - auf fairen Ausgleich angelegte - nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis zu dessen Lasten gestört (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.11.2002, a.a.O. m.w.N.). Gemessen daran wäre dem Antragsteller die Rüge verwehrt, das streitige Mehrfamilienhaus verstoße gegen die Wohnungszahlbeschränkung in § 10 Abs. 2 OBS. Denn er muss sich Verstöße gleichen Gewichts zurechnen lassen. Seine Eigentumswohnung befindet sich in einem dem Vorhaben gegenüberliegenden Wohnhaus mit 3 Vollgeschossen, in dem die Zahl von einer Wohnung je Stockwerk ebenfalls überschritten wird, ungeachtet, ob das Gebäude als Einheit oder als Doppelhaus mit zwei Gebäuden beurteilt wird. In dem Gebäude befinden sich nach Auskunft des Bauordnungsamts der Antragsgegnerin (vgl. Aktenvermerk vom 28.09.2010 sowie die in den Akten befindlichen Luftbilder) insgesamt 11 Wohnungen, von denen 3 im Erdgeschoss und jeweils 4 in den beiden Obergeschossen liegen; darauf, dass die Überschreitung der Wohnungszahl und Geschosszahl genehmigt worden ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
II.
Entscheidungserheblich - und gerügt - ist demnach allein die Frage, ob das streitige Mehrfamilienhaus gegen das Gebot der Rücksichtnahme in seiner nachbarschützenden Ausprägung zulasten des Antragstellers verstößt, der Eigentümer einer Eigentumswohnung im 2. OG des Wohnhauses auf dem angrenzenden Grundstück Flst.-Nr. ... ist. Hierbei ist das Rücksichtnahme- gebot bezüglich der Befreiungen von Festsetzungen der Ortsbausatzung der Antragsgegnerin aus § 31 Abs. 2 BauGB (Würdigung nachbarlicher Interessen) zu entnehmen und im Übrigen in § 34 Abs. 1 BauGB (Begriff des „Sich Einfügens“) enthalten (st. Rspr., vgl. zum einen BVerwG, Urteil vom 19.04.1986 - 4 C 8.84 -, NVwZ 1987, 409, zum anderen BVerwG, Urteil vom 13.03.1981 - 4 C 1.78 -, BauR 1981, 155).
Das Verwaltungsgericht hat eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots zu Recht verneint. Der Antragsteller wird - unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Beteiligten und des Gewichts der ihn treffenden Nachteile - in der Nutzung seiner Eigentumswohnung nicht unzumutbar in städtebaulich erheblichen Belangen beeinträchtigt (zu diesen Kriterien vgl. die st. Rspr. des Senats seit dem Beschluss vom 16.02.1990 - 3 S 155/90 -, juris). Dies gilt auch bei Berücksichtigung des Grundsatzes, dass die Anforderungen an die erforderliche Schwere der Beeinträchtigungen dann etwas geringer sein können, wenn es sich um ein befreiungsbedürftiges oder gar objektiv rechtswidriges Vorhaben handelt (vgl. den auch vom Antragsteller angeführten Beschluss des Senats vom 08.11.2007 - 3 S 1923/07 -, VBlBW 2008, 147 ff.).
1. Soweit der Antragsteller sich gegen die Ausmaße des Baukörpers mit der ihm gegenübertretenden Nordseite wendet und insofern Überschreitungen des Nutzungsmaßes der näheren Umgebung (§ 34 Abs. 1 BauGB) geltend macht, verhilft dies der Beschwerde nicht zum Erfolg. Eine unzumutbare Beeinträchtigung des Antragstellers lässt sich hieraus nicht herleiten. Ob sich das genehmigte Gebäude nach dem Maß der baulichen Nutzung in die nähere Umgebung „einfügt“, d.h. sich im vorgegebenen prägenden Umgebungsrahmen hält, ist nicht nach den „relativen“ Kriterien der Grund- oder Geschossflächenzahl, sondern in erster Linie nach „absoluten“, das äußere oberirdische Erscheinungsbild abbildenden Kriterien, nach der „Lage im Raum“ zu beurteilen. Hierfür maßgeblich sind insbesondere die Parameter der Gebäudehöhe (§ 16 Abs. 1 BauNVO), der Grundfläche und der Baumasse (§ 16 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 BauNVO; vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 21.06.2007 - 4 B 8.07 -, BauR 2007, 515 f.).
2. Gemessen daran dürfte sich das Vorhaben schon objektiv-rechtlich noch innerhalb des durch das Straßengeviert zwischen ..., ... und ... gebildeten Umgebungsrahmens halten. Zu diesem maßgeblichen Umgebungsrahmen gehört, was der Antragsteller verkennt, auch das nach Größe und Ausstrahlung durchaus gebietsprägende Mehrfamilienhaus ... ..., in dem sich die Eigentumswohnung des Antragstellers befindet. Mit diesem Wohnhaus, einem potenziellen „Sündenfall“, ist die vom Antragsteller nunmehr beanstandete bauliche Verdichtung und Umstrukturierung des Gevierts eingeleitet bzw. verfestigt worden. Der Charakter eines durchgängigen unversehrten klassischen Landhausgebiets ist dadurch, aber auch durch andere Gebäude, verloren gegangen. Daran ändert nichts, dass sich, wie der Antragsteller vorträgt, südlich des Baugrundstücks in „hangaufwärtiger Lage“ noch Grundstücke mit geringer Verdichtung und größeren unbebauten Grünflächen befinden.
10 
Das streitige Mehrfamilienhaus der Beigeladenen hält sich nach dem Maß der baulichen Nutzung innerhalb dieses Rahmens. Mit seiner Gesamtlänge von 38,65 m überschreitet es die Länge des Mehrfamilienhauses ... ... von ca. 36 m nur geringfügig, bei der Gebäudehöhe bleibt es hinter jenem sogar zurück. Die Wandhöhe des Vorhabens beträgt bei Haus 1 6,60 m, bei Haus 2 liegt die Traufhöhe bei ca. 7 m und die Firsthöhe bei ca. 13 m. Demgegenüber weist das Mehrfamilienhaus ... ... durchgehend eine Traufhöhe von etwa 10,5 m und eine Firsthöhe von etwa 14 m auf. Auch hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche dürfte das Vorhaben den Umgebungsrahmen jedenfalls nicht erheblich überschreiten. Denn ausweislich von Luftbildern sind in dem bezeichneten Straßengeviert auch an anderer Stelle ähnliche Bebauungstiefen mit „in zweiter Reihe“ errichteten Gebäuden anzutreffen.
11 
Angesichts der vergleichbaren Größenordnung beider Gebäude und ihres Abstands von immerhin etwa 15 m geht von dem genehmigten Vorhaben auch keine optisch erdrückende oder einmauernde Wirkung auf die nach Süden gerichtete im 2. Obergeschoss gelegene Wohnung des Antragstellers aus. Ebenso wenig werden den Wohnräumen und dem Südbalkon unzumutbar Luft, Licht und Sonne entzogen, zumal das Vorhaben nach den nicht bestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts auch die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen durchgehend einhält. Der massive Eindruck des Baukörpers wird ferner durch die Gliederung der Gebäude deutlich gemindert. Der Antragsteller wird sich keiner durchgehenden Gebäudewand gegenüber sehen, da sich zwischen Haus 1 und Haus 2 der 7,50 m lange, lediglich eingeschossige und zudem optisch unauffällige (verglaste) Zwischenbau befindet. Auf die Beibehaltung der bisher günstigen Bebauung mit nur einem Einfamilienhaus sowie auf die Erhaltung des bislang hohen Grünflächenanteils auf dem Baugrundstück haben der Antragsteller und die übrigen Wohnungseigentümer im Gebäude ... ... keinen Anspruch. Sie konnten entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht darauf vertrauen, dass die - von ihnen selbst durchbrochene - landhaustypische Bebauung im Süden ihres Grundstücks auf Dauer erhalten bleibt.
12 
Es fehlt schließlich auch an jeglichen substantiierten Anhaltspunkten dafür, dass sich die Belastung mit Feinstäuben aufgrund der Errichtung und Nutzung des streitigen Mehrfamilienwohnhauses nennenswert erhöht oder gar ein nach den Grenzwerten kritisches Ausmaß erreicht. Des Weiteren führt die Baugenehmigung auch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu unzumutbaren Geruchsbelästigungen aus Richtung des genehmigten Müllplatzes. Nach dem Lageplan liegt der Müllplatz nunmehr nicht mehr an der Nordgrenze des Baugrundstücks, sondern wird südlich des Fahrradaufstellplatzes angeordnet. Bei Verwendung der vorgeschriebenen Müllgefäße und deren ordnungsgemäßer Befüllung ist mit erheblichen Geruchsbelästigungen nicht zu rechnen.
13 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 1 und Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
14 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.750,-- Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg, weil die dargelegten Gründe keine Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO rechtfertigen (§ 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO).

Der Senat sieht nach einer einem Eilverfahren wie diesem angemessenen summarischen Prüfung (vgl. BVerfG, B.v. 24.2.2009 - 1 BvR 165/09 - NVwZ 2009, 581) im Rahmen der von ihm eigenständig zu treffenden Ermessensentscheidung keine Notwendigkeit für die Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Vielmehr sprechen überwiegende Gründe dafür, dass das mit der verfahrensgegenständlichen Baugenehmigung zugelassene Bauvorhaben nicht gegen drittschützende Rechte des Antragstellers verstößt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, Art. 59 BayBO). Vorliegend wurden Abweichungen nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO wegen der Nichteinhaltung erforderlicher Abstandsflächen zu den Nachbargrundstücken erteilt, so dass diese vom Prüfungsumfang des Baugenehmigungsverfahrens umfasst sind.

1. Nach summarischer Prüfung ist die in der Baugenehmigung erteilte Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO von den Anforderungen des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 BayBO über die Einhaltung einer Abstandsfläche zu dem südlichen Nachbargrundstück in rechtmäßiger Weise erteilt worden. Gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von den Anforderungen des Bauordnungsrechts zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderungen und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind. Dies ist vorliegend wohl der Fall.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, dass die Zulassung einer Abweichung Gründe erfordert, durch die sich das Vorhaben vom Regelfall unterscheidet und die die etwa bewirkten Einbußen an geschützten Nachbarrechtspositionen vertretbar erscheinen lassen (vgl. BayVGH, B.v. 13.2.2002 - 2 CS 01.1506 - juris; B.v. 5.12.2011 - 2 CS 11.1902 - juris; U.v. 22.12.2011 - 2 B 22.2231 - juris; B.v. 15.10.2014 - 2 ZB 13.530 - juris). Wie diese „Atypik“ beschaffen sein muss und ob sie sich auf Einzelfälle beschränkt, hängt von der jeweiligen Fallgruppe ab.

In den Fällen eines normativen Überhangs (vgl. Dhom in Simon/Busse, BayBO 2008, Stand: Februar 2015, Art. 63 Rn. 25 ff.), in welchen das Normziel auch ohne die angeordnete Rechtsfolge erreicht werden kann, kann eine Abweichung bei einer auf Einzelfälle beschränkten Atypik zur Vermeidung einer unbilligen Härte gerechtfertigt sein. Verlangt die bauliche Änderung eine abstandsflächenrechtliche Beurteilung des gesamten Objekts, so müsste das Vorhaben auch dann abgelehnt werden, wenn die Änderung weder die Belange des Nachbarn noch öffentliche Belange nennenswert beeinträchtigt. In diesen Fällen kann jedoch auch den durch Art. 14 GG geschützten Interessen des Bauherrn an einer sinnvollen Verwertung der vorhandenen Bausubstanz durch die Erteilung einer Abweichung Rechnung getragen werden. Dennoch ist hier grundsätzlich eine atypische Grundstückssituation zu fordern, aus der sich im Einzelfall der Konflikt zwischen dem Regelungsziel und der von der Regelung angeordneten Rechtsfolge ergeben muss (vgl. BayVGH, U.v. 22.12.2011 - 2 B 22.2231 - juris; Dhom in Simon/Busse, BayBO 2008, Stand: Februar 2015, Art. 63 Rn. 29).

Im vorliegenden Fall ergibt sich - wie vom Erstgericht bereits festgestellt - die Abweichung vom normativen Regelfall aus der besonderen architektonischen Gestaltung des hier vorliegenden Quattro-Hauses oder Vierspänner-Hauses. Der normative Regelfall geht von einem freistehenden Einzelhaus oder linear ausgerichteten Hausgruppen - sei es als Doppelhaus oder als Reihenhaus - aus. Die besondere Bauform eines Vierspänner-Hauses ermöglicht eine Realisierung von vier aneinandergebauten Häusern auf relativ kleinen Grundstücken, wobei lediglich zwei der Gebäude unmittelbar an einer öffentlichen Straße anliegen. Der dabei gebildete Innenhof führt automatisch zur Nichteinhaltung der Abstandsflächen der vier Gebäude zueinander. Jedwede weitere bauliche Veränderung würde ebenfalls automatisch zu einer weiteren Überschreitung der Abstandsflächen führen. Um den durch Art. 14 GG geschützten Interessen des Bauherrn an einer sinnvollen Verwertung der vorhandenen Bausubstanz Rechnung zu tragen, muss zumindest auch in solchen Fällen eine zeitgemäße, den Wohnungsbedürfnissen entsprechende Sanierung, Instandsetzung, Aufwertung oder Erneuerung einer zum Teil überalterten Bausubstanz ermöglicht werden (vgl. BayVGH, B.v. 4.8.2011 - 2 CS 11.997 - juris; B.v. 20.11.2014 - 2 CS 14.2199 - juris). Hingegen begründen allein Wünsche eines Eigentümers, sein Grundstück stärker auszunutzen als dies ohnehin schon zulässig wäre, noch keine Atypik. Modernisierungsmaßnahmen, die nur der Gewinnmaximierung dienen sollen, sind auch in Ballungsräumen nicht besonders schützenswert (vgl. BayVGH, B.v. 20.11.2014 - 2 CS 14.2199 - juris). Letzteres ist hier jedoch nicht der Fall. In der Entscheidung des Senats (vgl. BayVGH, B.v. 20.11.2014 - 2 CS 14.2199 - juris) ging es um den Abriss und den Neubau eines Gebäudes unter größtmöglicher Ausnutzung des Grundstücks einschließlich des Abstandsflächenrechts. Hier handelt es sich jedoch lediglich um den Ausbau eines Dachgeschosses unter Einbau von Dachgauben. Hierbei wird zudem keine zusätzliche Wohnung geschaffen, sondern lediglich die vorhandene Wohnung durch den Dachgeschossausbau erweitert. Dies stellt eine übliche Maßnahme zur Anpassung an zeitgemäße Wohnungsbedürfnisse dar und keine Maßnahme zur bloßen Gewinnmaximierung.

Die erforderliche Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften ist zudem mit den öffentlichen und mit den geschützten nachbarlichen Belangen vereinbar. Unstreitig wird durch den Aufbau der Dachgauben eine gewisse Verschlechterung der durch das Abstandsflächenrecht geschützten Belange des Antragstellers bewirkt. Durch den Aufbau der Dachgauben werden die bisherige Belichtung und Besonnung verändert. Insbesondere wird der 45° Lichteinfallswinkel im Erdgeschoss nicht mehr eingehalten. Dies betrifft jedoch entgegen den Ausführungen des Erstgerichts nicht das Oberfenster der Küche sondern lediglich die Eingangstür im Erdgeschoss und zwar durch den nördlichen Bereich der Dachgaube. Das Oberfenster der Küche des Antragstellers befindet sich an der westlichen Fassade seines Gebäudes und liegt dem Gebäude Hausnummer 68b gegenüber. Es ist somit von der Baumaßnahme nicht unmittelbar betroffen. Der durch den nördlichen Bereich der Dachgaube betroffene seitliche Lichteinfall aus nördlicher Richtung trägt nicht zur Belichtung bei. Der nördliche Bereich der Dachgaube liegt ausschließlich dem an der Nordfassade befindlichen Treppenhaus des Gebäudes des Antragstellers gegenüber. Der auf dem östlichen Dachbereich befindliche Bereich der Gaube liegt hingegen dem Gebäude Hausnummer 68a gegenüber. Dessen Küchenoberfenster wäre allenfalls beeinträchtigt durch diesen östlichen Bereich der Gaube. Der Antragssteller verkennt in seiner Einzeichnung des Lichteinfallswinkels, dass der Schnitt A-A die Gebäude Hausnummer 68 (Baugrundstück) sowie Hausnummer 68a zeigt, der Schnitt B-B hingegen die Gebäude Hausnummer 68 und 68c. Auf dem Schnitt B-B trifft die zusätzliche Verschattung jedoch lediglich die Eingangstür des Antragstellers. Auf dem Schnitt A-A beträfe die zusätzliche Verschattung das Küchenoberfenster der Hausnummer 68a. Dies gilt auch für die Besonnung des Gebäudes des Antragstellers. Selbst wenn das Oberfenster der Küche betroffen wäre, wäre die Beeinträchtigung nur unerheblich, denn das Oberfenster dient primär der Belüftung, wohingegen die Belichtung und Besonnung über ein großes Fenster auf der Straßenseite erfolgt. Insoweit wäre es unerheblich, dass der Antragsteller die Aufteilung seiner Räume ändern könnte, da es auf die konkrete Situation ankommt und nicht auf lediglich vage Möglichkeiten.

Der Senat vermag im Übrigen keine erhebliche Beeinträchtigung des Wohnfriedens oder des Sozialabstands zu erkennen. Lediglich durch den nördlichen Bereich der Dachgaube wird eine zusätzliche Einsichtsmöglichkeit geschaffen. Dies betrifft jedoch ausschließlich das Fenster im ersten Obergeschoss zum Flur. Da es sich hier gerade nicht um einen Aufenthaltsraum handelt, scheidet eine Beeinträchtigung des Wohnfriedens oder des Sozialabstands aus. Ein Einblick in das Küchenoberfenster des Antragstellers ist nicht möglich. Auch das mögliche unerwünschte Mithören sozialer Lebensäußerungen führt hier zu keiner anderen Beurteilung. Dies ist bereits jetzt gegeben und wird nicht nennenswert durch den Ausbau des Dachgeschosses erhöht. Auch vom Flur oder der Küche der Beigeladenen sind bereits jetzt eventuelle soziale Lebensäußerungen aufgrund der engen Innenhoflage von den übrigen Gebäuden zu hören. Auch in das über der Küche gelegene Bad des Antragstellers eröffnen die Dachgauben keine Einsichtsmöglichkeit. Eine solche wäre im Übrigen durch die enge Innenhoflage bereits jetzt durch das gegenüberliegende Bad der Hausnummer 68b möglich.

Im Ergebnis ist die Auffassung des Erstgerichts daher nicht zu beanstanden, dass im vorliegenden Fall das Interesse der beigeladenen Bauherrn an der angemessenen Erweiterung des vorhandenen Wohnraums durch einen Raum, welches auch grundsätzlich im öffentlichen Interesse liegt, die sich aus den Abstandsflächenvorschriften ergebenden schützenswerten nachbarlichen Belange überwiegen.

2. Das Bauvorhaben verletzt weder unter Berücksichtigung der Grundsätze der Doppelhausrechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U.v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - juris; U.v. 19.3.2015 - 4 C 12.14 - ZfBR 2015, 574) noch aus anderen Gründen das nachbarschützende planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme.

In diesem Zusammenhang bedarf es keiner abschließenden Klärung, ob die Grundsätze der Doppelhausrechtsprechung (vgl. U.v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - juris; U.v. 19.3.2015 - 4 C 12.14 - ZfBR 2015, 574) auf den vorliegenden Fall eines Vierspänner-Hauses Anwendung finden, denn selbst wenn von einer Anwendbarkeit zugunsten des Antragstellers ausgegangen wird, liegt ein Verstoß nicht vor (ebenfalls offengelassen für ein Vierspänner-Haus vgl. BayVGH, U.v. 11.12.2014 - 2 BV 13.789 - juris).

Das Bundesverwaltungsgericht (vgl. U.v. 5.12.2013 - 4 C 5/12 - juris; U.v. 19.3.2015 - 4 C 12.14 - ZfBR 2015, 574) hat zwischenzeitlich abschließend geklärt, dass die von ihm aufgestellten Grundsätze zur Doppelhausrechtsprechung auch im in offener Bauweise bebauten unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB grundsätzlich zur Anwendung kommen können. Ein Doppelhaus im Sinn des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO ist eine bauliche Anlage, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengeführt werden. Kein Doppelhaus bilden hingegen zwei Gebäude, welche sich zwar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze noch berühren, aber als zwei selbstständige Baukörper erscheinen. Ein Doppelhaus verlangt ferner, dass die beiden Haushälften in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinandergebaut werden (vgl. BVerwG, U.v. 5.12.2013 - 4 C 5/12 - juris; U.v. 24.2.2000 - 4 C 12/98 - BVerwGE 110, 355). Ob hier noch eine offene Bauweise in diesem Sinn vorliegt und ob die beiden durch einen Garagentrakt getrennten Hausgruppen von drei und vier Vierspänner-Häusern die heute nach § 22 Abs. 2 Satz 2 BauNVO zulässige Gesamtlänge einer Hausgruppe von 50 m überschreiten, weil sie als Gesamtheit zu betrachten sind, wofür im Übrigen das zusätzliche Zimmer der Hausnummern 68c und 70 im rückwärtigen Bereich der Garagen spräche, kann offen bleiben. Auch wenn von einer offenen Bauweise zugunsten des Antragstellers ausgegangen wird, ist ein Verstoß gegen diese Doppelhausrechtsprechung nicht gegeben.

Die bauliche Einheit von Hausgruppen, aus welcher sich das besondere nachbarliche Austauschverhältnis ergibt, liegt dann vor, wenn die einzelnen Gebäude einen harmonischen Gesamtkörper bilden. Dies bedeutet zwar nicht, dass die einzelnen Häuser gleichzeitig und deckungsgleich errichtet werden müssen. Ein einheitlicher Gesamtbaukörper kann auch noch vorliegen, wenn zum Beispiel aus gestalterischen Gründen die gemeinsame vordere und rückwärtige Außenwand des einheitlichen Baukörpers durch kleinere Vor- und Rücksprünge aufgelockert wird (vgl. BayVGH, U.v. 9.2.1999 - 14 B 96.2272 - juris). Zu fordern ist jedoch, dass die einzelnen Gebäude - quantitativ - zu einem wesentlichen Teil und - qualitativ - in wechselseitig verträglicher und „harmonischer“ Weise aneinandergebaut sind (vgl. BVerwG, U.v. 24.2.2000 - 4 C 12/98 - BVerwGE 110, 355; BayVGH, B.v. 22.3.2010 - 15 CS 10.355 - juris; U.v. 19.3.2015 - 4 C 12.14 - ZfBR 2015, 574; OVG NRW, U.v. 26.6.2014 - 7 A 2725/12 - juris). Im System der offenen Bauweise ordnet sich ein aus mehreren Gebäuden zusammengefügter Baukörper nämlich nur ein, wenn das Abstandsgebot an der gemeinsamen Grundstücksgrenze auf der Grundlage der Gegenseitigkeit überwunden wird. Zugunsten der Erhöhung der baulichen Nutzbarkeit wird auf Grenzabstände verzichtet, die Freiflächen schaffen und dem Wohnfrieden dienen. Diese enge Wechselbeziehung begründet ein nachbarliches Austauschverhältnis, das nicht einseitig aufgehoben oder aus dem Gleichgewicht gebracht werden darf. In welchem Umfang vor diesem Hintergrund ein vorderer oder rückwärtiger Versatz möglich ist, ohne das nachbarliche Austauschverhältnis aus dem Gleichgewicht zu bringen oder die „harmonische Beziehung“, in der die einzelnen Gebäude zueinander stehen müssen, in Frage zu stellen, ist nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. BVerwG, U.v. 24.2.2000 - 4 C 12/98 - BVerwGE 110, 355; BayVGH, B.v. 10.11.2000 - 26 CS 99.2102 - juris; OVG NRW, U.v. 26.6.2014 - 7 A 2725/12 - juris). Quantitativ sind dabei insbesondere die Geschosszahl, die Gebäudehöhe, die Bebauungstiefe und -breite sowie das durch diese Maße im Wesentlichen bestimmte oberirdische Brutto-Raumvolumen zu berücksichtigen. Qualitativ kommt es unter anderem auch auf die Dachgestaltung und die sonstige Kubatur des Gebäudes an.

Gemessen an diesen Grundsätzen liegt auch nach Errichtung der von den Beigeladenen geplanten Dachgauben noch ein einheitlicher Baukörper vor, welcher das nachbarliche Austauschverhältnis nicht aus dem Gleichgewicht bringt und die „harmonische Beziehung“ der Gebäude untereinander nicht in Frage stellt. Die Dachgauben werden im Bereich des Innenhofs errichtet und können von der Straße aus nicht eingesehen werden. Sowohl qualitativ als auch quantitativ liegt eine Unterordnung gegenüber den Bestandsgebäuden vor. Die Firsthöhe wird nicht verändert. Gleiches gilt für die Traufhöhe. Der Einbau der Dachgauben vergrößert das Brutto-Raumvolumen im Vergleich zum Gesamtgebäude nur geringfügig. Auch im Rahmen der Gesamtwürdigung des Einzelfalls stellen sich die Dachgauben als wechselseitig verträglich dar. Insbesondere ist ein profilgleicher Anbau durch die Nachbarn jeweils möglich. Zwar stellt sich der Aufbau der Dachgaube optisch als Erhöhung um ein Stockwerk dar. Dies betrifft jedoch lediglich die Ansicht im Bereich des Innenhofs. Insgesamt liegt daher auch aus Sicht des Senats eine wechselseitig verträgliche Erweiterung vor.

Auch im Übrigen erkennt der Senat keine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme. Wie bereits unter Ziffer 1. ausgeführt, wird die Belichtung und Besonnung des Gebäudes des Antragstellers kaum beeinträchtigt. Das Bauvorhaben hält den 45° Lichteinfallswinkel ihm gegenüber grundsätzlich ein. Lediglich die Eingangstür wird mehr verschattet. Diese liegt jedoch zum einen im Norden und zum anderen dient eine Eingangstür regelmäßig nicht der Belichtung und Besonnung. Entgegen den Feststellungen des Erstgerichts ist das Küchenoberfenster des Antragstellers gerade nicht betroffen. Im ersten Obergeschoss ist der Lichteinfallswinkel von 45° ohnehin eingehalten. Hier wäre zudem lediglich ein Flurfenster betroffen. Die Belüftung wird nicht weiter eingeschränkt. Unzumutbare Verhältnisse sind hier nicht zu erkennen. Dies gilt auch für den Aspekt einer erdrückenden Wirkung. Trauf- und Firsthöhe des Gebäudes der Beigeladenen werden nicht verändert. Die Dachgauben werden von der Traufe zurückversetzt errichtet. Zwar mag eine solche über Eck gehende Bandgaube auf einem lediglich 22° geneigtem Satteldach unschön sein, sie tritt jedoch nicht so massiv in Erscheinung, dass der Grad der Rücksichtslosigkeit überschritten wäre. Zudem ist lediglich der Innenhofbereich betroffen und hier hinsichtlich des Antragstellers nur dessen Eingangstür und ein Fenster des Flurs im ersten Obergeschoss.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst, da sie keinen Sachantrag gestellt und sich somit nicht in ein Kostenrisiko begeben haben (§ 162 Abs. 3 VwGO, § 154 Abs. 3 VwGO)

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG, § 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

I.

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 15. September 2014 wird die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen den Baugenehmigungsbescheid der Antragsgegnerin vom 26. Februar 2014 angeordnet.

II.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug jeweils zur Hälfte. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

III.

Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde (§ 146 Abs. 1 VwGO) hat Erfolg, weil die dargelegten Gründe eine Abänderung der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts nach § 80 Abs. 5 VwGO erfordern.

Der Senat sieht nach einer in einem Eilverfahren mit dieser angemessen summarischen Prüfung (vgl. BVerfG, B. v. 24.2.2009 - 1 BvR 165/09 - NVwZ 2009, 581) im Rahmen der von ihm eigenständig zu treffenden Ermessensentscheidung die Notwendigkeit für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin gemäß § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Antragstellerin als Nachbarin kann die Baugenehmigung mit dem Ziel ihrer Aufhebung dann erfolgreich angreifen, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt sind, die auch ihrem Schutz dienen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klage der Antragstellerin wird wahrscheinlich Erfolg haben, weil der angefochtene Baugenehmigungsbescheid an einem derartigen Mangel leidet.

1. Die im vereinfachten Verfahren nach Art. 59 Satz 1 BayBO erteilte Baugenehmigung vom 26. Februar 2014 verletzt nicht das in § 34 Abs. 1 BauGB enthaltene Gebot der Rücksichtnahme zulasten der Antragstellerin. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht herausgearbeitet, dass eine einmauernde oder erdrückende Wirkung des Bauvorhabens gegenüber dem Anwesen der Antragstellerin nicht zu erwarten ist (vgl. BVerwG, U. v. 13.3.1981 - 4 C 1.78 - BauR 1981, 354; BayVGH, B. v. 11.5.2010 - 2 CS 10.454 - juris).

2. Die erteilte Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO hinsichtlich der nach Art. 6 Abs. 1 BayBO erforderlichen Abstandsflächen zum Grundstück der Antragstellerin FlNr. .../... der Gemarkung S. begegnet jedoch erheblichen rechtlichen Bedenken. Insoweit muss es sich um eine atypische, von der gesetzlichen Regel nicht zureichend erfasste oder bedachte Fallgestaltung handeln. Diese kann sich etwa aus einem besonderen Grundstückszuschnitt, einer aus dem Rahmen fallenden Bebauung auf dem Bau- oder dem Nachbargrundstück oder einer besonderen städtebaulichen Situation, wie der Lage des Baugrundstücks in einem historischen Ortskern, ergeben. In solchen Lagen kann auch das Interesse des Grundstückseigentümers, vorhandene Bausubstanz zu erhalten und sinnvoll zu nutzen oder bestehenden Wohnraum zu modernisieren, eine Verkürzung der Abstandsflächen durch die Zulassung einer Abweichung rechtfertigen (vgl. BayVGH, B. v. 16.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris; v. 19.3.2013 - 2 B 13.99 - BayVBl 2013, 729). Soll auch in diesen Bereichen eine zeitgemäße, den Wohnungsbedürfnissen entsprechende Sanierung, Instandsetzung, Aufwertung oder Erneuerung der zum Teil überalterten Bausubstanz ermöglicht werden, so kommt man im Einzelfall nicht umhin, Ausnahmen vom generalisierenden Abstandsflächenrecht zuzulassen (vgl. BayVGH, U. v. 7.10.2010 - 2 B 09.328 - juris; B. v. 15.10.2014 - 2 ZB 13.530 - juris). Hingegen begründen allein Wünsche eines Eigentümers, sein Grundstück stärker auszunutzen als dies ohnehin schon zulässig wäre, noch keine Atypik. Modernisierungsmaßnahmen, die nur der Gewinnmaximierung dienen sollen, sind auch in Ballungsräumen nicht besonders schützenswert (vgl. BayVGH, B. v. 13.10.2014 - 2 ZB 13.1627).

Entgegen der Auffassung der Beigeladenen sind vorliegend grundsätzlich Abstandsflächen einzuhalten, weil ein sog. Pavillonabstand im Sinn von Art. 6 Abs. 5 Satz 4 BayBO (vgl. BayVGH, U. v. 7.3.2013 - 2 BV 11.882 - BayVBl 2013, 634) gegenüber dem Anwesen der Antragstellerin auf dem Grundstück FlNr. .../... nicht vorliegt. Das Gebäude der Antragstellerin und der inzwischen abgerissene Altbau der Beigeladenen waren vielmehr straßenseitig aneinander angebaut. Insoweit dürfte auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts zutreffen, dass in einem solchen Fall die Vorschrift des Art. 6 Abs. 5 Satz 4 BayBO auf Abstände rückwärtiger Gebäudeteile an der grenzständig bebauten Seite keine Anwendung finden kann, weil die sog. Pavillonabstände einen Bezug zur Straße aufweisen müssen. Selbst wenn jedoch insoweit die Rechtsansicht der Beigeladenen zutreffen sollte, wären solche sog. Pavillonabstände in den rückwärtigen Grundstücksbereichen des maßgeblichen Gevierts nicht anzutreffen. Das Erstgericht hat zu Recht festgestellt, dass die hier vorzufindenden Abstände uneinheitlich sind.

Entgegen der Meinung der Beigeladenen rechtfertigt im vorliegenden Fall der Wunsch, eine Neubebauung in etwa dem gleichen Maß vorzunehmen, wie dies in der Umgebungsbebauung vorzufinden ist, wohl nicht die strittige Abweichung hinsichtlich der Abstandsflächentiefe. Denn wie das Erstgericht zutreffend festgestellt hat, wirft das Bauvorhaben in deutlich größerer Tiefe Abstandsflächen auf das Grundstück der Antragstellerin als deren Gebäude auf das Baugrundstück. Zwar kann auch bei nicht gleichwertiger Abweichung von der Abstandsflächenpflicht das Interesse des Bauherrn an der Verwirklichung seines Vorhabens im Einzelfall überwiegen, wenn sich mit dem Neubau jedenfalls die vermehrte Abstandsflächenüberschreitung reduziert (vgl. BayVGH, B. v. 15.10.2014 - 2 ZB 13.530 - juris). Im vorliegenden Fall ist aber offensichtlich, dass sich für die Antragstellerin durch den Neubau die Abstandsflächensituation nicht insgesamt verbessert. In diesem Fall hat die Bauherrin jedenfalls keinen Anspruch darauf, ihre Neubebauung in etwa in gleichem Maß vorzunehmen, wie dies in der Umgebungsbebauung vorzufinden ist. Hiergegen sprechen bereits die unterschiedlichen Grundstückszuschnitte im maßgeblichen Geviert. Naturgemäß sind die Eigentümer von Eckgrundstücken insoweit begünstigt, da sie regelmäßig auf zwei Seiten mit dem Gebäude an die Straße heranrücken können. Ebenso sind aber auch größere Grundstücke wie das mit der FlNr. .../... hinsichtlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten begünstigt. Das Grundstück der Beigeladenen mit der FlNr. .../... weist jedoch mit einer Fläche von 760 qm jedenfalls eine beachtliche Größe auf, so dass eine beengte Situation, die jede wirtschaftlich vertretbare Ausnutzung des Grundstücks im nachbarschaftlichen Verhältnis zum Anwesen der Antragstellerin ausschließen würde, nicht anzunehmen ist. Hinzu kommt, dass die Beigeladene durch wahrscheinlich geringfügige Änderungen des Bauvorhabens, wie beispielsweise eine Veränderung der Dachform, eine Verbesserung zumindest im Hinblick auf die Belichtungssituation herbeiführen kann.

Selbst bei Vorliegen einer atypischen Situation ist in der Rechtsprechung im Hinblick auf die Belichtungssituation anerkannt, dass nur die Einhaltung eines Lichteinfallswinkels von 45 Grad in Höhe der Fensterbrüstung von Fenstern von Aufenthaltsräumen grundsätzlich eine ausreichende Belichtung sicherstellt (vgl. auch Art. 7 Abs. 1 Satz 3 BayBO 1974). Dieser Grundsatz gilt zwar nicht ausnahmslos, und kann insbesondere in speziellen Situationen, in denen sich die Belichtungsverhältnisse nicht verschlechtern und der bisherige Bestand der historischen Genehmigungssituation geschuldet ist, der Erteilung einer Abweichung von den Abstandsflächen ausnahmsweise nicht entgegenstehen (vgl. BayVGH, B. v. 15.10.2014 - 2 ZB 13.530 - juris). Eine solche spezielle Situation ist hier aber nicht zu erkennen. Im vorliegenden Fall ist der erforderliche Lichteinfallswinkel von 45 Grad vor den Fenstern im Erdgeschoss auf der östlichen Seite des Gebäudes der Antragstellerin laut Belichtungsstudie nicht vollständig eingehalten. Dies kann hier auch deshalb nicht als unwesentlich angesehen werden, weil es sich beim Erdgeschoss des Gebäudes der Antragstellerin in Wirklichkeit eher um ein sog. Hochparterre handelt, so dass die maßgebliche Fensterbrüstung immerhin in ca. 2 m Höhe liegt. Angesichts dessen ist die Abwägungsentscheidung der Bauaufsichtsbehörde, dass eine Beeinträchtigung der Antragstellerin insbesondere hinsichtlich des Gesichtspunkts Belichtung nicht zu erwarten ist, unzutreffend.

Nach allem verletzt die im Baugenehmigungsbescheid vom 26. Februar 2014 enthaltene Abweichungsentscheidung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO hinsichtlich des Grundstücks FlNr. .../... die Antragstellerin voraussichtlich in ihren öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belangen. Diese nachbarlichen Belange können auch nicht im Rahmen einer Gesamtschau zurückgestellt werden, weil das Bauvorhaben der Beigeladenen von zahlreichen weiteren Abweichungen getragen werden soll. Bei der strittigen Abweichung hinsichtlich der erforderlichen Abstandsflächen zum Grundstück der Antragstellerin handelt es sich auch nicht um einen selbstständig abtrennbaren Teil, ohne den die Baugenehmigung vom 26. Februar 2014 trotzdem weiter bestehen könnte.

3. Angesichts der Tatsache, dass die Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen den Baugenehmigungsbescheid vom 26. Februar 2014 in der Hauptsache wahrscheinlich Erfolg haben wird, fällt auch die Interessenabwägung des Senats zugunsten der Antragstellerin aus. Die Beigeladene wird zwar durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage zeitweilig daran gehindert, ihr Bauvorhaben ins Werk zu setzen, sie ist aber selbst durch wahrscheinlich nicht sehr ins Gewicht fallende Umplanungen in der Lage, die Belastungen für die Nachbarin zu vermindern. Demgegenüber müsste die Antragstellerin, falls ihrem Antrag nicht stattgegeben würde, mit der Schaffung vollendeter Tatsachen rechnen, weil mit der Fundamentierung und weiterem Baufortschritt sowie schließlich der Fertigstellung der umstrittenen Dachkonstruktion es immer unwahrscheinlicher würde, dass sie ihr Abwehrrecht letztlich durchsetzen könnte. Im Übrigen ist es zunächst Sache der Bauherrin und dann der Bauaufsichtsbehörde zu prüfen, mit welcher Planung den nachbarlichen Rechten der Antragstellerin ausreichend Rechnung getragen werden kann.

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 und 3, § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung nach §§ 124, 124a Abs. 4 VwGO hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.

1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts begegnet keinen ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der Senat teilt die Auffassung des Erstgerichts, dass der angefochtene, im Zustimmungsverfahren erteilte Vorbescheid keine Rechte des Klägers verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insbesondere sind die in Richtung zum klägerischen Grundstück nach Art. 63 Abs. 1 BayBO erteilten Abweichungen von den Abstandsflächen rechtmäßig. Nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von Anforderungen des Bauordnungsrechts zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlichrechtlichen geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen, insbesondere den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 BayBO vereinbar sind.

a) Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, dass die Zulassung einer Abweichung Gründe erfordert, durch die sich das Vorhaben vom Regelfall unterscheidet und die etwa bewirkte Einbußen an geschützten Nachbarrechtspositionen vertretbar erscheinen lassen (vgl. BayVGH B. v. 13.2.2002 - 2 CS 01.1506 - juris). Die daher bei Zulassung einer Abweichung zu fordernde atypische Situation (vgl. BayVGH, B. v. 16.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris; BayVGH, B. v. 15.11.2005 - 2 CS 05.2817 - juris) liegt hier aber entgegen der Ansicht des Antragstellers hinsichtlich des Grundstücks Fl.Nr. ... in der Lage des Baugrundstücks im dicht bebauten innerstädtischen Bereich, in dem historische Bausubstanz vorhanden ist. Die Atypik ergibt sich aus der besonderen städtebaulichen Situation. Diese beruht im Wesentlichen darauf, dass die vorhandenen Baukörper noch auf der Grundlage der M. Bauordnung vom 29. Juli 1895 sowie der M. Staffelbauordnung vom 17. April 1904 genehmigt wurden. Nach der damals geltenden Baustaffel 6 war zwischen den Gebäuden ein Pavillonzwischenraum von mindestens 7 m vorgeschrieben. Deshalb hält in der Umgebung, die mit drei- bis fünfgeschossigen Gebäuden bebaut ist, kaum ein Gebäude die Vorgaben des heute geltenden Abstandsflächenrechts ein. In dieser beengten Situation würde jedwede wirtschaftlich vertretbare Ausnutzung des für das streitgegenständliche Grundstück bestehenden Baurechts zu einer Abstandsflächenüberschreitung zum klägerischen Grundstück führen. Zwar besteht südlich des Bestandsgebäudes auf dem Grundstück FlNr. ... ein Freiraum. Dort befindet sich der W.-Weg. Dem Kläger ist zuzugestehen, dass der nicht gewidmete W.-Weg im Grundsatz überbaut werden kann. Jedoch ändert dies nichts daran, dass eine atypische Situation vorliegt. Denn auch nach Süden beruht die städtebauliche Situation auf den oben geschilderten früheren baurechtlichen Gegebenheiten der Landeshauptstadt M. Soll auch in diesen Bereichen eine zeitgemäße, den Wohnungsbedürfnissen entsprechende Sanierung, Instandsetzung, Aufwertung oder Erneuerung der zum Teil überalterten Bausubstanz ermöglicht werden, so kommt man nicht umhin, Ausnahmen vom generalisierenden Abstandsflächenrecht zuzulassen (vgl. BayVGH, U. v. 7.10.2010 - 2 B 09.328 - juris). Zwar stellt der Kläger in Abrede, dass es sich um eine überalterte Bausubstanz handelt. Der Beklagte hat indes dargelegt, dass das früher als Hotel genutzte Gebäude aus den 1960er Jahren sehr ungünstige Zuschnitte hat und eine schlechte Bausubstanz aufweist. Weshalb diese Aussage nicht zutreffend sein sollte, wird vom Kläger nicht substantiiert dargetan.

Der Kläger rügt, dass hinsichtlich der Tiefe keine Atypik bestehe. Richtig ist, dass bereits der Teil des Bauvorhabens auf dem Grundstück Fl.Nr. ... eine größere Tiefe als das Bestandsgebäude des Klägers und das südlich gelegene Bestandsgebäude aufweist. Dieser Umstand steht jedoch einer atypischen Sachlage, die gerade im Hinblick auf die beengten Verhältnisse zur K-straße hin vorliegt, an der auch das klägerische Grundstück teilnimmt, nicht entgegen. Im Übrigen wäre - selbst wenn man dem Kläger folgen würde - zweifelhaft, ob er sich auf eine eventuell fehlende Atypik hinsichtlich des Grundstücks Fl.Nr.: (Hinterliegergrundstück), an das er nicht angrenzt, berufen könnte. Denn es wäre dem Beklagten unbenommen, für das Grundstück Fl.Nr. ... und das Grundstück Fl.Nr. ... zwei getrennte Vorbescheide zu erwirken. Hinsichtlich des Grundstücks Fl.Nr. ... wäre der Kläger nicht Nachbar, so dass er bereits von daher keine wehrfähige Rechtsposition hätte.

b) Abweichungen von bauaufsichtlichen Anforderungen können zugelassen werden, wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlichrechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind.

Regelungszweck des Abstandsflächenrechts ist es zunächst, durch Abstände zwischen den Gebäuden dafür zu sorgen, dass die in den Gebäuden befindlichen Räume ausreichend belichtet, belüftet und besonnt werden, um ein störungsfreies Wohnen zu gewährleisten. Darüber hinaus sollen die für Nebenanlagen erforderlichen Freiflächen gesichert werden (Art. 6 Abs. 5 Satz 3 BayBO). Weiteres beachtenswertes Ziel der Abstandsflächen ist der Brandschutz. Jede Abweichung von der Abstandsflächentiefe führt damit automatisch zu einer Beeinträchtigung des gesetzlichen Regelungszwecks. Allerdings lässt die Bayerische Bauordnung schon in der gesetzlichen Regelung selbst in verschiedenen Situationen (z. B. Grenzgarage) Abweichungen von dem Regelfall der Abstandsflächentiefe von 1 H (Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO) zu und erachtet somit selbst die Beeinträchtigung des gesetzlichen Regelungszwecks hier für hinnehmbar. Auch ist eine Verkürzung der Abstandsfläche auf ein Minimum von 3 m unter Abweichung vom Grundsatz 1 H in vielen Fällen möglich (vgl. BayVGH, U. v. 22.12.2011 - 2 B 11.2231 - juris).

aa) Der Kläger rügt, die erteilte und seine eigene Abweichung vom Abstandsflächenrecht seien nicht gleichwertig. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass sein Gebäude nordseitig liege und es dadurch keinen relevanten Nachteil für das geplante Vorhaben haben könne. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht ausführt, selbst wenn Treu und Glauben den Kläger mangels Gleichwertigkeit der Abweichungen von den Abstandsflächen vorliegend nicht hindern sollten, sich auf die Abstandsflächenvorschriften zu berufen, sein Abstandsflächenverstoß sei aber gleichwohl im Rahmen der nach Art. 63 Abs. 1 BayBO zu treffenden Abwägung ein durchaus gewichtiger Gesichtspunkt. Angesichts der im konkreten Fall vorliegenden Verhältnisse teilt der Senat im Ergebnis die Auffassung des Erstgerichts. Nach den vom Beklagten zuletzt vorgelegten Unterlagen überschreitet das Bestandsgebäude K-straße ... die Abstandsflächen zum Grundstück des Klägers mit 216,20 m². Das Gebäude des Klägers liegt mit 158,50 m² Abstandsflächen auf dem Grundstück K-straße ... Mithin überschreitet das Bestandsgebäude K-straße ... im Vergleich zum Gebäude des Klägers K-straße ... die einzuhaltenden Abstandsflächen um 57,70 m² mehr. Aus dem Vorbescheid (Nr. 4) ergibt sich eine erteilte Abweichung von 204,94 m². Mit dem Neubau würde sich damit die vermehrte Abstandsflächenüberschreitung auf 46,44 m² reduzieren. Für den Kläger verbessert sich insgesamt die Abstandsflächensituation.

bb) In der Rechtsprechung ist im Hinblick auf die Lichtverhältnisse anerkannt, dass die Einhaltung eines Lichteinfallswinkels von 45 Grad in Höhe der Fensterbrüstung von Fenstern von Aufenthaltsräumen grundsätzlich eine ausreichende Belichtung sicherstellt (vgl. auch Art. 7 Abs. 1 Satz 3 BayBO 1974). Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht ausnahmslos. Das Erstgericht hat zutreffend die Besonderheit herausgearbeitet, dass sich das Vorhaben im vorderen, östlichen Grundstücksbereich an der Kubatur des bisherigen Bestandsgebäudes orientiert und damit im Verhältnis zur seit Mitte der 1960er Jahre bestehenden Abstands- und Belichtungssituation keine Verschlechterung zu erwarten ist. Die bestehende Grundstücks- und Abstandssituation, die wesentlich auf der historischen Genehmigungssituation der Anwesen auf Grundlage der M. Bauordnung und der M. Staffelbauordnung beruht (s. o.), kann auch bei einer vollständigen Neubebauung unter Beseitigung der bisherigen Bebauung nicht völlig außer Betracht bleiben. Zudem wird der Lichteinfallswinkel von 45 Grad lediglich bis zum 1. Obergeschoss nicht eingehalten, wobei die betroffenen Wohnungen in den Wohnräumen zusätzliche Belichtung von Osten bzw. Westen aufweisen. Ausweislich der Grundrisse in den Genehmigungsakten sind lediglich Schlafräume, Küche und Bad ausschließlich von Süden belichtet. Angesichts des Umstands, dass sich die Belichtungsverhältnisse nicht verschlechtern und der derzeitige Bestand der historischen Genehmigungssituation geschuldet ist, steht der grundsätzlich erforderliche Lichteinfallswinkel von 45 Grad der Erteilung einer Abweichung von den Abstandsflächen in der vorliegenden speziellen Situation nicht entgegen.

Im Übrigen beruht die Belichtungssituation ganz wesentlich auch darauf, dass das klägerische Anwesen seinerseits nicht die nach Art. 6 BayBO erforderlichen Abstandsflächen einhält. Im straßenseitigen Bereich beträgt der Abstand zur südlichen Grundstücksgrenze lediglich 3,97 m, im rückwärtigen Bereich aufgrund der verspringenden Grundstücksgrenze wird ein Abstand von 2,97 m zur Grundstücksgrenze eingehalten. Das Vorhabensgrundstück schließt südlich an das klägerische Grundstück an. Wenn auf dem Vorhabensgrundstück gebaut wird, ist eine Verschattung des Grundstücks des Klägers nie zu vermeiden. Unabhängig von der jeweiligen Ausrichtung führt im vorliegenden städtebaulichen Kontext jede Bebauung zwangsläufig zu einer Reduzierung der Belichtung bei den Nachbargebäuden (vgl. BayVGH, B. v. 4.8.2011 - 2 CS 11.997 - juris). Deshalb muss der Kläger in dieser besonderen Situation hinnehmen, dass der Lichteinfallswinkel von 45 Grad für seine Aufenthaltsräume nicht eingehalten wird.

cc) Der Kläger bringt vor, dass mit dem Argument, mit dem Bauvorhaben seien wichtige öffentliche Interessen zur Standortsicherung der Staatsbibliothek gegeben, jede staatliche Einrichtung die Negierung von Abstandsflächen erfordere. Öffentliche Interessen im vorgenannten Sinn seien aber nur städtebauliche bzw. gebäude- oder grundstücksbezogene Interessen. Zutreffend ist, dass im Rahmen der tatbestandlichen Prüfung der Voraussetzungen des Art. 63 BayBO subjektive Verhältnisse unmaßgeblich sind (vgl. Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, BayBO, Stand: April 2014, Art. 63 Rn. 32). Jedoch können im Rahmen der Ermessensbetätigung auch andere als baurechtliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden (vgl. Molodovsky a. a. O. Art. 63 Rn. 45). Dies kann auch das öffentliche Interesse an der Standortsicherung der Staatsbibliothek sein. Unabhängig davon, ob man den systematischen Standort der Prüfung der gewichtigen öffentlichen Belange durch das Erstgericht für zutreffend erachtet, werden jedoch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geweckt. Denn das Verwaltungsgericht hat bei der Interessenabwägung zugunsten des Bauherrn nicht nur den Gesichtspunkt der Standortsicherung, sondern auch berücksichtigt, dass das strittige Vorhaben an der östlich des Grundstücks festgesetzten Baulinie straßenseitig ausgerichtet werden muss. Damit wäre die Errichtung eines Bauwerks in der Größenordnung des bisherigen Bestandsgebäudes aber auch der Nachbarbebauung bei vollständiger Einhaltung der Abstandsflächen nicht möglich.

c) Soweit der Kläger eine riegelartige Bebauung geltend macht, ist ihm zuzugestehen, dass in seiner südlichen Nachbarschaft ein massiver Bau errichtet wird. Dennoch ist die Situation nicht mit den Fällen vergleichbar, in denen die Rechtsprechung etwa eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots wegen einer riegelartigen Bebauung angenommen hat. Denn an den östlichen Teil des Baus von 25,3 m Länge und 13,05 m Wandhöhe, der in etwa der bisherigen Bebauung entspricht, schließt sich ein Zwischenbau mit 13,30 m Länge an, der lediglich 7,5 m Wandhöhe haben soll. Dieser Bauteil bleibt deutlich unter der Höhe der maximalen Wandhöhe des klägerischen Gebäudes von 12,75 m. Insofern mildert der Zwischenbau die massive Wirkung des Gebäudes, das insgesamt eine Länge von 83 m aufweist. Hinzu kommt, dass die bislang vorhandenen Nebengebäude an der Grenze zum klägerischen Grundstück ersatzlos beseitigt werden sollen und sich daher für den Kläger diesbezüglich die Situation verbessert.

d) Soweit der Kläger rügt, dass im Dachgeschoss des ostseitigen Gebäudeteils eine Terrassenumwehrung in Höhe von 90 cm bei der Ermittlung der Abstandsflächen zu berücksichtigen gewesen sei, ist darauf hinzuweisen, dass nach Nr. 1 c des angegriffenen Vorbescheids eine Höhenentwicklung von 10,25 m bzw. 13,05 m für zulässig erklärt wurde. Um von dem erteilten Vorbescheid abgedeckt zu sein, muss die Umwehrung so ausgeführt werden, dass sie keine Abstandsflächenrelevanz entfaltet. Für den Senat ist dann keine Verletzung von Rechten des Klägers ersichtlich.

2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), denn sie verursacht in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine größeren, d. h. überdurchschnittlichen, das normale Maß nicht unerheblich übersteigenden Schwierigkeiten. Dabei ist nicht die Richtigkeit des Ersturteils Gegenstand der Zulassungsentscheidung, sondern die mögliche „abstrakte“ Fehleranfälligkeit wegen der besonderen Schwierigkeiten der Fallbehandlung (vgl. Berkemann, DVBl 1998, 446). Diese ist nach Auffassung des Senats im vorliegenden Fall nicht gegeben. Im Übrigen wird auf die Ausführungen unter Ziffer 1. verwiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kläger tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

1. Die Berufung ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Die Rüge der Kläger, das Verwaltungsgericht habe im Verfahren nicht erörterte Gesichtspunkte zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht, so dass die Entscheidung auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs im Sinn von Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO beruhe, ist unbegründet.

Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verbietet, dass ein Beteiligter durch eine gerichtliche Entscheidung im Rechtssinne „überrascht“ wird. Eine Überraschungsentscheidung im Rechtssinne liegt vor, wenn das Gericht seiner Entscheidung tragend eine Rechtsauffassung zugrunde legt, die weder im Verwaltungs- noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erörtert wurde und die etwa in ihrer Spezialität zunächst als fernliegend anzusehen ist und damit dem Rechtsstreit eine Wende gibt, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten (BVerwG, U. v. 19.7.1985 - 4 C 62.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 170; B. v. 15.5.2008 - 2 B 77.07 - NVwZ 2008, 1025 m. w. N.). Die Hinweispflicht konkretisiert den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs und zielt mit dieser Funktion insbesondere auf die Vermeidung von Überraschungsentscheidungen (BVerwG, U. v. 11.11.1970 - 6 C 49.68 - BVerwGE 36, 264; B. v. 4.7.2007 - 7 B18.07 - juris Rn. 5). Ansonsten muss ein Gericht die Beteiligten grundsätzlich nicht vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs hinweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, B. v. 29.1.2010 - 5 B 21.09 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 61 Rn. 18 und B. v. 26.2.2013 - 4 B 53.12 - juris Rn. 4; B. v. 13.10.2015 - 4 B 24.15 - juris Rn. 8).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben:

Die Kläger stimmten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht sowohl der Anordnung des Ruhens des Verfahrens als auch einer eventuellen Fortsetzung des Rechtsstreits ohne weitere mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren zu. Aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht geht die Darstellung der Kläger nicht hervor, dass das Verwaltungsgericht nach Durchführung der mündlichen Verhandlung und der Ortseinsicht davon ausgegangen sei, es sei eine Abstandsflächenrelevanz der streitgegenständlichen erhöhten Terrasse des Beigeladenen zu bejahen. Insoweit handelt es sich - wie der Beigeladene vorträgt - wohl um eine subjektive und offenbar unrichtige Einschätzung des Verlaufs der mündlichen Verhandlung seitens der Kläger. Wie vom Beigeladenen letztlich unbestritten im Berufungszulassungsverfahren vorgetragen, hat das Verwaltungsgericht zu keinem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung - auch nicht nach Unterbrechung und Beratung der Kammer - erkennen lassen, dass es der Klage Erfolgsaussichten beimesse.

Das Urteil beruht auch nicht - wie von den Klägern vorgetragen - lediglich auf Vermutungen. Das Verwaltungsgericht weist aus der Sicht des Senats zutreffend darauf hin, dass auch die Kläger zum nördlichen Grundstück hin eine Stützmauer errichtet haben und sich die Terrassentüren der Kläger und der Beigeladenen jeweils im Norden auf ähnlich hohem Niveau befinden. Dies bedeute, dass die Kläger ursprünglich ebenfalls vorgehabt hätten, eine erhöhte Terrasse - vermutlich in ähnlicher Höhe wie die Beigeladenen - zu bauen. Wie sich aus den Akten ergebe, hätten sie sich jedoch im Nachhinein entschlossen, an der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen einen Lichtschacht (richtig: Lichtgraben) für ein Fenster im Keller zu errichten (s. hierzu im Einzelnen unter 2.).

Entgegen der Auffassung der Kläger stützt das Verwaltungsgericht diese Meinung nicht lediglich auf Vermutungen. Wie es auf Seite 10/11 der Urteilsgründe darlegt, hat es sich seine Überzeugung aus den Feststellungen während des Ortstermins und den in den Gerichtsakten befindlichen Fotos (Blatt 9 und 36 der Behördenakte Nr. S 2011/5425) gebildet.

2. Es bestehen auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Soweit sich die Kläger diesbezüglich darauf berufen, dass sich das Verwaltungsgericht nicht mit der Rechtsprechung zur drittschützenden Wirkung von planerischen Festsetzungen einer Doppelhausbebauung auseinandersetze und im Übrigen schon gar „keine Doppelhausbeziehung im bauplanungsrechtlichen Sinn“ vorliege, führt auch dies nicht zur Zulassung der Berufung.

Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO werden in der offenen Bauweise die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Im System der offenen Bauweise gewinnt der Begriff des Doppelhauses seine planungsrechtliche Bedeutung dadurch, dass die bauliche Anlage auf zwei Nachbargrundstücken errichtet wird. Die Festsetzung der offenen Bauweise betrifft allein die Anordnung der Gebäude auf dem Baugrundstück im Verhältnis zu den seitlichen Grenzen der Nachbargrundstücke. Doppelhäuser, die auf verschiedenen Grundstücken errichtet werden, zeichnen sich gerade dadurch aus, dass sie gemeinsame Grundstücksgrenzen ohne seitlichen Grenzabstand überwinden. Sie erscheinen daher in der offenen Bauweise zunächst als systemwidrig. Der Verordnungsgeber hat sich in § 22 Abs. 2 BauNVO für eine „Modifikation“ der offenen Bauweise entschieden, die dem Begriff des Doppelhauses eine eigenständige, das Abstandsflächengebot an der gemeinsamen Grundstücksgrenze überwindende Bedeutung verleiht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ein Doppelhaus im Sinn von § 22 Abs. 2 BauNVO eine bauliche Anlage, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt werden (BVerwG, U. v. 24.2.2000 - 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355; U. v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290; U. v. 19.3.2015 - 4 C 12.14 - BayVBl 2015, 642; B. v. 14.9.2015 - 4 B 16.15 - juris). Dabei ist das Erfordernis der baulichen Einheit nur erfüllt, wenn die beiden Gebäude in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinander gebaut werden. Ob zwei grenzständig errichtete Baukörper ein Doppelhaus bilden, lässt sich weder abstrakt-generell noch mathematisch-prozentual bestimmen. Es bedarf einer Würdigung des Einzelfalls unter Betrachtung quantitativer und qualitativer Gesichtspunkte (vgl. zuletzt BVerwG, U. v. 19.3.2015 - 4 C 12.14 - BayVBl 2015, 642; B. v. 14.9.2015 - 4 B 16.15 - juris). Kein Doppelhaus entsteht, wenn ein Gebäude gegen das andere so stark versetzt wird, dass es den Rahmen einer wechselseitigen Grenzbebauung überschreitet, den Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus vermittelt und dadurch einen neuen Bodennutzungskonflikt auslöst (BVerwG, U. v. 24.2.2000, a. a. O.). Die Frage, ob zwei an der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtete Gebäude (noch) ein Doppelhaus bilden, beurteilt sich allein nach dem Merkmal des wechselseitigen Verzichts auf seitliche Grenzabstände, mit dem eine spezifisch bauplanerische Gestaltung des Orts- und Straßenbildes verfolgt wird.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die dem Beigeladenen genehmigte Ausführung der Terrasse nicht zu beanstanden. Da die Terrasse, die Teil des Hauptbaukörpers ist (siehe die gesonderte Erwähnung von Terrassen in § 20 Abs. 4 BauNVO), die Doppelhausqualität nicht in Frage stellt, kann sie nach § 22 Abs. 2 BauNVO an der Grundstücksgrenze errichtet werden. Der Höhenunterschied zwischen der Unterkante des Lichtgrabens vor dem Kellerfenster der Kläger und der Terrasse des Beigeladenen ändert nichts daran, dass die beiden grenzständigen Gebäude nach wie vor als Einheit wahrgenommen werden. Angesichts der Höhendifferenz von etwa 1,50 m vermag die Terrasse, die auch vom Grundstück der Kläger aus betrachtet deutlich niedriger als etwa ein eingeschossiger Anbau ist, nicht den Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus zu vermitteln. Darüber hinaus stellt sich die Terrasse auch nicht als rücksichtslos dar. Das Verwaltungsgericht hat sich vor Ort davon überzeugt, dass - wie die Kläger selbst vortragen - die Hochterrasse an der gemeinsamen Grundstücksgrenze etwa 1,15 m höher als das Grundstück der Kläger ist und der Höhenunterschied der Terrasse zum Lichtgraben der Kläger ungefähr 1,50 m beträgt. Insoweit hat es - allerdings bezogen auf die Abstandsflächenproblematik (vgl. hierzu unten) - zu Recht darauf abgestellt, dass die benachbarten Grundstückseigentümer in ein Verhältnis des gegenseitigen Interessenausgleichs eingebunden sind und sich hieraus gegenseitige Rücksichtnahmepflichten ergeben. Wie unter 1. bereits erörtert, ist den in den Gerichtsakten befindlichen Fotos (Blatt 9 und 36 der Behördenakte - BA (BV-Nr.: S 2011/5425) zu entnehmen, dass auch die Kläger an der östlichen sowie nördlichen Grundstücksgrenze Aufschüttungen vorgenommen haben und auch sie zur Straße hin und zum nördlichen Grundstück Stützmauern errichtet haben (Bild vom 9.5.2012, Bl. 36 der Behördenakte). Wie (auch) dem vom Beigeladenen im Berufungszulassungsverfahren vorgelegten Foto (Bl. 69 der VGH-Akte) unschwer zu entnehmen ist, hatten auch die Kläger ursprünglich beabsichtigt, eine erhöhte Terrasse vermutlich in ähnlicher Höhe wie der Beigeladene zu errichten. Sie haben sich nach Aktenlage allerdings offensichtlich im Nachhinein dazu entschlossen, an der Grenze zum Grundstück des Beigeladenen statt des ursprünglich vorgesehenen, auf Erdgeschossniveau endenden Lichtschachts, wie es in dem, dem Freistellungsverfahren zugrundeliegenden Eingabeplan vorgesehen war, einen Lichtgraben für ein Fenster im Keller zu errichten. Beide Häuser waren daher so konzipiert, dass sie erhöhte Terrassen mit Türen zum nördlichen Bereich erhalten sollten. Zutreffend stellt das Verwaltungsgericht deshalb auch auf die geplante Höhe der Terrasse der Kläger ab und weist darauf hin, dass in einer Gesamtschau von keiner gebäudeartigen Wirkung der Terrasse des Beigeladenen gegenüber der Terrasse der Kläger ausgegangen werden kann, da die Terrasse des Beigeladenen allenfalls geringfügig höher gewesen wäre als die ursprünglich geplante, direkt angrenzende Terrasse der Kläger.

Nach alledem kommt es auf die vom Verwaltungsgericht behandelte Abstandsflächenproblematik nicht an, weil nach Planungsrecht (§ 22 Abs. 2 BauNVO) an die Grenze gebaut werden durfte (Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO). Dass das Verwaltungsgericht die Doppelhausproblematik nicht geprüft hat, ändert nichts an der Richtigkeit seines Urteils. Im Übrigen weist es zutreffend darauf hin, dass unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalles nicht von einer gebäudegleichen Wirkung der Terrasse des Beigeladenen im Sinn von Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayBO ausgegangen werden kann. Schließlich führt auch die Auffassung der Kläger, die vom Beklagten geforderte Umwehrung habe vom Verwaltungsgericht hinsichtlich einer etwaigen Abstandsflächenrelevanz mitberücksichtigt werden müssen, nicht weiter, da diese nachträgliche Absturzsicherung gegenüber dem Grundstück der Kläger auf der planabweichenden Abgrabung durch die Kläger entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze beruht.

Angesichts der planungsrechtlichen Zulässigkeit der Terrasse mussten auch die Hilfsanträge der Kläger erfolglos bleiben.

Die Kläger tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Zulassungsverfahrens (§ 154 Abs. 2, § 159 VwGO i. V. m. § 100 ZPO). Sie haben billigerweise auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, der sich im Zulassungsverfahren geäußert hat, zu tragen (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 6.7.1 des Streitwertkatalogs.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof München

2 B 15.1431

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 29. Oktober 2015

(VG München, Entscheidung vom 11. November 2013, Az.: M 8 K 12.3084)

2. Senat

H.-Z. als stellvertretende Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Sachgebietsschlüssel: 920

Hauptpunkte: Baugenehmigung, Prüfungsumfang, Abstandsflächen, Abweichung

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Landeshauptstadt München,

vertreten durch den Oberbürgermeister, Lokalbaukommission, Blumenstr. 19, München,

- Beklagte -

beigeladen:

1. ...,

vertreten durch den Geschäftsführer, ...

2. ...

bevollmächtigt zu 1 und 2: Rechtsanwälte ...

beteiligt:

Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses, Ludwigstr. 23, München,

wegen Baugenehmigung ..., Fl. Nr. 17139 Gemarkung ...

hier: Berufung der Beigeladenen gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 11. November 2013,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 2. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dösing, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Bauer, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Winkler aufgrund mündlicher Verhandlung vom 15. Oktober 2015 folgendes Urteil:

I.

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 11. November 2013 wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen eine der Beigeladenen zu 1 erteilte Baugenehmigung, mit der unter anderem die Errichtung eines dreigeschossigen Wohngebäudes im rückwärtigen Bereich des Grundstücks Fl. Nr. 17139 der Gemarkung M. zugelassen wurde. Dort befindet sich bislang ein Garagengebäude mit einer Länge von ca. 18 m, das zu den Grundstücken Fl. Nrn. 17159 und 17158 grenzständig errichtet wurde.

Das Nachbargrundstück Fl. Nr. 17157 steht im Eigentum einer Gemeinschaft nach dem Wohnungseigentumsgesetz. Die Kläger sind Sondereigentümer mehrerer Wohneinheiten im fünfgeschossigen Vordergebäude sowie Teileigentümer einer Gewerbeeinheit für den Betrieb einer Bäckerei mit Ladengeschäft. Die für den Betrieb genutzten Räume befinden sich im Erdgeschoss des Vordergebäudes sowie in im rückwärtigen Bereich gelegenen eingeschossigen Anbauten, die teilweise zum Vorhabensgrundstück hin grenzständig stehen.

Das Grundstück Fl. Nr. 17159, das im rückwärtigen Bereich bedingt durch einen unregelmäßigen Grenzverlauf auch eine gemeinsame Grenze auf einer Länge von ca. 11 m im Bereich der Garagen mit dem Vorhabensgrundstück aufweist, steht im Miteigentum der Kläger. Das Vordergebäude auf dem Grundstück ist dreigeschossig, während die rückwärtige Bebauung ein- und zweigeschossig errichtet wurde. Die Gebäude werden zum Teil zu Wohnzwecken und zum Teil für den Betrieb der Konditorei genutzt.

1. Mit Bescheid vom 8. Juni 2012 genehmigte die Beklagte der Beigeladenen zu 1 eine Sanierung des Anwesens und die Errichtung eines dreigeschossigen Rückgebäudes. Es wurden Abweichungen hinsichtlich der Einhaltung der Abstandsflächen zugelassen, unter anderem im Hinblick darauf, dass sich die Abstandsflächen von Vorder- und Rückgebäude überdecken.

Das Rückgebäude soll grenzständig zu den Grundstücken Fl. Nrn. 17157, 17158 und 17159 unter Abbruch des vorhandenen Garagengebäudes errichtet werden, weist jedoch größere Gebäudetiefen von ca. 15 m im Westen und ca. 8 m im Osten auf. Die unterschiedlichen Tiefen ergeben sich aus einer Verschwenkung der Gebäudefronten nach Süden hin.

Mit Bescheid vom 12. Oktober 2012 genehmigte die Beklagte der Beigeladenen zu 1 eine Änderung, die die Schaffung von zwei Wohneinheiten im Rückgebäude zum Gegenstand hat. Eine Änderung der Kubatur des Gebäudes gegenüber der bisherigen Planung ist im grenzständigen Bereich nicht vorgesehen.

Hinsichtlich der Baugenehmigung vom 8. Juni 2012 wurde mit Schreiben vom 25. Oktober 2012 ein Bauherrenwechsel auf den Beigeladenen zu 2 angezeigt.

Auf die Anfechtungsklage der Kläger hin hob das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 11. November 2013 die Baugenehmigung vom 8. Juni 2012 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 12. Oktober 2012 insoweit auf, als mit ihr die Errichtung eines Wohngebäudes im rückwärtigen Grundstücksbereich genehmigt wurde. Die Baugenehmigung sei rechtswidrig und die Kläger könnten deren Aufhebung beanspruchen, weil die Genehmigung zu ihren Lasten gegen die im Verfahren zu prüfenden nachbarschützenden Vorschriften des Abstandsflächenrechts verstoße, soweit mit ihr nach Norden hin eine Grenzbebauung zugelassen werde.

2. Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung machen die Beigeladenen geltend, das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass das Abstandsflächenrecht vorliegend in vollem Umfang und bezüglich sämtlicher Außenwände des strittigen Rückgebäudes vom Regelungsgehalt der angefochtenen Bescheide umfasst sei. Tatsächlich beschränke sich der abstandsflächenrechtliche Regelungsgehalt der Baugenehmigungsbescheide hinsichtlich des Rückgebäudes auf die Überschneidung der Abstandsflächen von Vorder- und Rückgebäude. Die Ermessenserwägungen sowie die Prüfung der übrigen Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Abweichungen bedürften keiner Prüfung der abstandsflächenrechtlichen Situation vor den anderen Gebäudeseiten. Durch die in Richtung Süden erteilten Abweichungen würden Nachbarbelange der Kläger nicht berührt. Dass mit der Abstandsflächenverkürzung in Richtung Süden gerade die Voraussetzungen für die Situierung des Rückgebäudes geschaffen worden seien, sei unzutreffend. Mit dem Grenzabstand zu den Grundstücken der Kläger habe die erteilte Abweichung nichts zu tun. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Behandlung des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO im Rahmen der Baugenehmigungsbescheide.

Es könne zwar sein, dass im Einzelfall die Rechtmäßigkeit einer abstandsflächenrechtlichen Abweichung für eine Gebäudeaußenwand auch von der Situation vor den übrigen Außenwänden abhängen kann. Dies wäre beispielsweise dann anzunehmen, wenn die Frage nach dem Verhältnis abstandsflächenrechtlicher Abweichungen einerseits und der gegebenenfalls zweimaligen Anwendung des 16-m-Privilegs nach Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO andererseits im Raum stehe. Im vorliegenden Fall stehe die erteilte Abweichung von den abstandsflächenrechtlichen Vorgaben jedoch in keinerlei Zusammenhang mit der abstandsflächenrechtlichen Beurteilung der übrigen Außenwände. Auch auf der Ebene der Ermessensausübung für die Erteilung der beantragten Abweichung für die südliche Außenwand des strittigen Rückgebäudes spiele die Situation vor den übrigen Außenwänden nicht die geringste Rolle. Der vermeintliche Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO sei daher für die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Baugenehmigungen nicht entscheidend.

Im Übrigen lägen die Voraussetzungen für einen zulässigen Grenzanbau nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO vor. Diese Privilegierung greife nicht nur dann, wenn das zu beurteilende Vorhaben im abstandsflächenrelevanten Bereich unter allen planungsrechtlichen Gesichtspunkten zulässig sei. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO räume dem Städtebaurecht vielmehr nur den Vorrang ein, soweit es die Errichtung von Gebäuden ohne Grenzabstand regele. Zu den in diesem Rahmen zu prüfenden bauplanungsrechtlichen Vorgaben gehörten daher ausschließlich solche, die unmittelbar an die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines Anbaus an die Grundstücksgrenze anknüpften. Die Prüfung sämtlicher bauplanungsrechtlicher Vorgaben scheide im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO dagegen aus.

Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO bezwecke die Sicherstellung, dass dem Vorrang des Bauplanungsrechts vor dem Bauordnungsrecht auch im Bereich des Abstandsflächenrechts Rechnung getragen werde. Aus diesem Grund könne er sich nur auf solche bauplanungsrechtlichen Vorgaben beziehen, die spezifisch die Gestattung oder die Verpflichtung zum Grenzanbau vorsehen. Andernfalls hätte der klagende Nachbar über die drittschützende Vorschrift des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO die Möglichkeit, sich auf einen Verstoß gegen sämtliche Vorgaben des Bauplanungsrechts zu berufen. Hierzu gehörten dann auch solche Vorgaben, die ihrerseits nicht drittschützend seien, sondern ausschließlich städtebaulichen Zwecken dienten. So würde in Fällen einer durch Bebauungsplan festgesetzten Bebauungstiefe, der nach dem planerischen Willen der planenden Gemeinde kein Drittschutz zukommen soll, gerade dieser Bebauungstiefe Drittschutz verliehen. Dagegen rechtfertige im Fall der Bauweise gerade der Umstand, dass es sich beim Kriterium der Bauweise um eine spezifisch den Grenzanbau regelnde Materie handle, die Berücksichtigung im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO. Die von Seiten des Verwaltungsgerichts vertretene Ansicht weise vor dem Hintergrund des Systems des öffentlich-rechtlichen Nachbarschutzes Wertungswidersprüche auf. Sie erweitere die nachbarliche Rechtsstellung in systemwidriger Weise.

Falls die Bebauungstiefe als Teil des bauplanungsrechtlichen Kriteriums der überbaubaren Grundstücksfläche keine bauplanungsrechtliche Vorgabe sei, die Drittschutz vermittelt und/oder spezifisch und unmittelbar an die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines Anbaus an die Grundstücksgrenze anknüpft, könnten sich die Kläger auf eine vermeintliche Überschreitung einer faktisch vorhandenen Bebauungstiefe nicht berufen. Bei der Beurteilung der Frage, ob sich ein Bauvorhaben im Innenbereich hinsichtlich der Grundstücksfläche die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, komme es auf die Grundstücksgrenzen gerade nicht an. Drittschutz entfalte eine Bebauungstiefe regelmäßig ebenfalls nicht. Im Ergebnis sei die Bebauungstiefe daher kein bauplanungsrechtliches Kriterium, das im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO zu prüfen wäre. Ein vermeintlicher Verstoß gegen eine vorliegend bestehende faktische Bebauungstiefe, könne daher dem streitgegenständlichen Vorhaben nicht entgegengehalten werden. Richtig sei es vielmehr, allein auf die Bauweise abzustellen.

Ebenso wenig führe die abstandsflächenrechtliche Situation in Bezug auf das Grundstück Fl. Nr. 17157 zur Rechtswidrigkeit der angegriffenen Baugenehmigungen. Auch diese westliche Abstandsflächensituation sei nicht von der Feststellungswirkung der Baugenehmigungen umfasst. Zudem könnten sich die Antragsteller als Sondereigentümer einiger Wohnungen nur insoweit auf einen Abstandsflächenverstoß berufen, als ihr Sondereigentum betroffen sei. Ferner verstoße das Gebäude S.-straße 27 selbst in Ansehung seiner Geschossigkeit in erheblichem Umfang gegen abstandsflächenrechtliche Vorgaben, so dass sich die Kläger insoweit nach Treu und Glauben nicht auf einen vermeintlichen Abstandsflächenverstoß des geplanten Rückgebäudes berufen könnten.

Anhaltspunkte für eine Rücksichtslosigkeit des geplanten Rückgebäudes bestünden nicht. Unzumutbare Auswirkungen im Hinblick auf die Belichtung der Wohnungen des Anwesens S.-straße 27 seien nicht zu besorgen. Soweit sich die Kläger auf unzumutbare Einwirkungen durch Lärm und Geruch beriefen, sei der Vortrag unsubstantiiert. Zudem seien die Räumlichkeiten des Rückgebäudes und gerade die Fenster ausschließlich in Richtung Süden geplant, also von der Bäckerei der Kläger weg ausgerichtet. Nach dem Vortrag der Kläger seien die maßgeblichen Geräuschquellen auch erst ab 6.00 Uhr morgens zu besorgen, so dass diese nur in den Tageszeitraum fielen.

Die Beigeladenen beantragen:

1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 11. November 2013 wird aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Zu Unrecht seien die Beigeladenen der Auffassung, dass bei Erteilung einer Abweichung von den Abstandsflächen im Sinn von Art. 59 BayBO nur die konkreten Abstandsflächen, von denen abgewichen wird, Gegenstand der behördlichen Prüfung seien. Art. 59 BayBO erweitere jedoch den Prüfungsumfang der Baubehörde auf beantragte Abweichungen im Sinn von Art. 63 Abs. 1 und 2 Satz 2 BayBO. Damit bringe das Gesetz zum Ausdruck, dass der Prüfungsumfang durch die beantragte Abweichung bestimmt werde, d. h. alle im Abweichungsverfahren zu beachtende Gesichtspunkte Gegenstand der Prüfung seien. Die Beurteilung, ob eine Abweichung von den Abstandsflächen gewährt werden könne, erfordere eine Gesamtbeurteilung der abstandsflächenrechtlichen Situation in Bezug auf die Mindestabstandsflächen gemäß Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO.

Zu Unrecht behaupteten die Beigeladenen, dass hier das streitgegenständliche Bauvorhaben im abstandsrelevanten Bereich unter planungsrechtlichen Gesichtspunkten zulässig sei. Allein das Vorhandensein grenzständiger Gebäude sei planungsrechtlich nicht ausreichend für die Beurteilung, ob hier - auch in Bezug auf das streitgegenständliche Bauvorhaben - auf die Beachtung von Abstandsflächen verzichtet werden könne. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO beschränke den Prüfungsumfang der hier relevanten planungsrechtlichen Vorschriften nicht auf diejenigen, welche im Zusammenhang einer etwaigen zulässigen Grenzbebauung stünden.

Das Maß der baulichen Nutzung bestimme sich durch eine Vielzahl von möglichen planungsrechtlichen Vorgaben. Insbesondere könne durch Baulinien der Anbau an die Grundstücksgrenze gefordert werden. Eine im inneren Bauquartier nachvollziehbare Baulinie sei jedoch nicht zu erkennen. Ferner könne durch Bauräume, die über Grundstücksgrenzen hinweg gehen, im Zusammenhang mit der Festsetzung von geschlossener oder halb offener Bauweise, eine planungsrechtliche Vorgabe für eine grenzständige Bebauung gegeben werden. Die vorhandene städtebauliche Struktur gebe dies offensichtlich für die straßenbegleitende Bebauung als Blockrandbebauung vor, jedoch nicht im Blockinneren.

Fänden sich die vorgenannten Kriterien hier nicht, so sei zu fragen, ob durch entsprechende sonstige planungsrechtliche Vorgaben städtebaulich veranlasste grenzständige Bebauungen im Blockinneren zulässig sein sollen. Nachvollziehbar habe das Erstgericht das Bauquartier städtebaulich durch rückwärtige Baulinien bzw. Bebauungstiefen konkretisiert. Insofern werde ein städtebauliches Element zur Anwendung gebracht, welches planungsrechtlich auch im Zusammenhang mit einer etwaigen grenzständigen Bebauung stehe. Es werde deshalb bestritten, dass hier die Frage der Bebauungstiefe keine planungsrechtliche Vorschrift sei, wonach beurteilt werden könne, ob an die Grenze gebaut werden müsse oder gebaut werden dürfe.

Hinsichtlich des Gebots der Rücksichtnahme führen die Kläger aus, dass an der Grundstücksgrenze ein 8,13 m hoher und ca. 15 m langer Baukörper geplant sei, der das Terrassen-Niveau des klägerischen Anwesens um 4,05 m überrage. Werde als Maßstab zulässiger Grenzbebauung Art. 6 Abs. 9 BayBO heranzogen, so werde das Höhenmaß um 1,05 m und das Längenmaß um 6 m überschritten. Insofern besitze das Bauvorhaben in Bezug auf das klägerische Grundstück, hier in Bezug auf die Terrassennutzung, erdrückende Wirkung. Hinzu komme, dass durch die Grenzbebauung der Betrieb des Sohnes der Kläger eine erhebliche Einschränkung erfahren werde. Im erdgeschossigen Anbau auf dem klägerischen Grundstück befinde sich eine Backstube mit entsprechenden Abluftanlagen über der darüber befindlichen Terrasse. Aufgrund der unmittelbaren Nähe sei daher mit Geruchsbelästigungen in Bezug auf die Bewohner des streitgegenständlichen Neubaus zu rechnen.

Die Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses vertritt die Auffassung, dass zum notwendigen Prüfprogramm des Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO nur die tatsächlich beantragten Abweichungen zählen. Voraussetzung für die ordnungsgemäße Ermessensausübung hierbei sei aber die vollständige Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts und dessen Einstellung in die Ermessenserwägungen. Im Rahmen von Abweichungen im Abstandsflächenrecht dürfe dabei nicht nur die nachbarliche Beziehung betrachtet werden, sondern die Bauaufsichtsbehörde müsse sich ein Gesamtbild der von dem Vorhaben in Anspruch genommenen Abweichungen gemacht haben. Auch die Ermessenserwägungen könnten sich aber nur auf die beantragte Abweichung beziehen, so dass nicht alle öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Interessen berücksichtigt, sondern vielmehr die Belange gewürdigt werden, die von der Vorschrift, von der abgewichen werden soll, geschützt werden. Abgewichen werde vorliegend nur von der Einhaltung der Abstandsflächen der südlichen Gebäudewand des Rückgebäudes, so dass sich die Betrachtung hierauf beschränke.

In Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO komme der planungsrechtliche Vorbehalt, unter dem das Abstandsflächenrecht stehe, zum Ausdruck. Das Planungsrecht genieße den Vorrang vor den abstandsflächenrechtlichen Vorschriften, wenn nach Planungsrecht an die Grenze gebaut werden müsse oder dürfe. Dieser planungsrechtliche Vorbehalt könne aber nur den Vorhaben eingeräumt werden, die auch dem Planungsrecht entsprechen. Die planungsrechtliche Privilegierung solle demnach nur ein Vorhaben in Anspruch nehmen können, das danach auch insgesamt zulässig sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten sowie die Niederschriften über die Einnahme eines Augenscheins vom 25. August 2015 und die mündliche Verhandlung vom 15. Oktober 2015 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung (§ 124 Abs. 1 VwGO) der Beigeladenen ist begründet. Die angefochtene Baugenehmigung vom 8. Juni 2012 in der Fassung der Änderungsgenehmigung vom 12. Oktober 2012, soweit mit ihr die Errichtung eines Rückgebäudes zugelassen wird, verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 11. November 2013 ist somit die Klage abzuweisen.

1. Die Kläger sind als Miteigentümer des Nachbargrundstücks Fl. Nr. 17159 gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Hinsichtlich des Grundstücks Fl. Nr. 17157 sind sie als Sondereigentümer insoweit klagebefugt, als die Baugenehmigung vom 8. Juni 2012 in der Fassung vom 12. Oktober 2012 ihre Rechte aus dem Sondereigentum verletzen kann. Dies ist dann der Fall, wenn das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot unmittelbar das Sondereigentum betrifft (vgl. BayVGH, U. v. 12.7.2012 - 2 B 12.1211 - BayVBl 2013, 51). Die Kläger sind insoweit betroffen, als sie die Sondereigentümer einer Wohneinheit im fünfgeschossigen Vordergebäude sind, die eine Terrasse zum Bauvorhaben hin aufweist. Ferner sind sie als Teileigentümer der Gewerbeeinheit für den Betrieb einer Bäckerei mit Ladengeschäft klagebefugt, soweit das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot inmitten steht.

2. Die Anfechtungsklage der Kläger ist jedoch nicht begründet. Soweit der Prüfungsumfang des Art. 59 BayBO reicht, verletzt die Baugenehmigung vom 8. Juni 2012 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 12. Oktober 2012 hinsichtlich des strittigen Rückgebäudes die Kläger nicht in ihren Rechten. Nachbarschützende Vorschriften des Abstandsflächenrechts sind insoweit nicht zu ihren Lasten betroffen. Ebenso wenig wird das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot verletzt.

2.1. Im vorliegenden Fall wurde ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO durchgeführt. In dessen Rahmen sind neben den bauplanungsrechtlichen Vorschriften die Anforderungen des Abstandsflächenrechts nur zu prüfen, soweit Abweichungen nach Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO beantragt wurden.

Hier wurden hinsichtlich des allein noch strittigen Rückgebäudes im Baugenehmigungsbescheid vom 8. Juni 2012 Abweichungen im Sinn von Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO nur bezüglich des Verhältnisses zum Vordergebäude auf dem Baugrundstück und bezüglich gegenüberliegender Gebäudeteile des Rückgebäudes auf dem Baugrundstück beantragt und erteilt. Sonstige Abweichungen nach Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBO wurden im Hinblick auf das Rückgebäude nicht erteilt. Die das Vordergebäude betreffenden Abweichungsentscheidungen im Baugenehmigungsbescheid vom 8. Juni 2012 haben Bestandskraft erlangt. Die Frage nach der abstandsflächenrechtlichen Situation des Vordergebäudes stellt sich damit hier nicht mehr.

Die vorliegend hinsichtlich des geplanten Rückgebäudes erteilten Abweichungen betreffen nicht die nachbarliche Situation zum Grundstück der Kläger bzw. zu ihrem Sonder- oder Teileigentum hin. Eine Nachbarrechtsverletzung ist mithin insoweit auszuschließen. Ob die Beigeladenen zu Unrecht weitere Abweichungen hinsichtlich der Pflicht zur Freihaltung von Abstandsflächen nicht beantragt haben, kann hier dahinstehen. Denn zum Prüfprogramm im Sinn von Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO gehören ausschließlich vom Bauherrn tatsächlich beantragte Abweichungen. Eine Pflicht des Bauherrn, bauordnungsrechtliche Abweichungen zu beantragen, kann aus dieser Vorschrift nicht hergeleitet werden (vgl. Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, Bayerische Bauordnung, Stand: 1.8.2015, Art. 59 Rn. 15a). Auch die Sätze 1 und 2 des Art. 63 Abs. 2 BayBO betreffen lediglich das Wie und nicht das Ob eines Abweichungsantrags (vgl. Molodovsky a. a. O., Art. 63 Rn. 53). Bei einer anderen Handhabung des Zusammenspiels von Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO und Art. 63 Abs. 2 BayBO würde die Beschränkung des Prüfungsmaßstabs aus Art. 59 BayBO aufgegeben werden (vgl. Shirvani in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand: 1.2.2015, Art. 65 Rn. 178). Stellt der Bauherr daher keinen entsprechenden Antrag, bleibt nicht nur das Prüfprogramm entsprechend beschränkt, sondern auch der Regelungsinhalt der Baugenehmigung und damit der Nutzen der Baugenehmigung für den Bauherrn sind beschränkt (vgl. Molodovsky a. a. O. Art. 59 Rn. 15a). Die Bauaufsichtsbehörde kann jedoch, falls sie im Zug des Genehmigungsverfahrens beiläufig die fehlende Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit bauordnungsrechtlichen Anforderungen feststellt, nach Art. 68 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BayBO vorgehen. Auf ein solches Tätigwerden der Bauaufsichtsbehörde haben die betroffenen Nachbarn aber keinen Anspruch (vgl. BayVGH, B. v. 28.9.2010 - 2 CS 10.1760 - BayVBl 2011, 147).

Angesichts dessen sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass im vorliegenden Fall die Abstandsflächen vollumfänglich zum Prüfprogramm gehören könnten. Die Vollprüfung der abstandsflächenrechtlichen Anforderungen würde vielmehr dem gesetzgeberischen Willen zur Einschränkung des Prüfungsumfangs zuwiderlaufen (vgl. hierzu bereits BayVGH, U. v. 19.1.2009 - 2 BV 08.2567 - BayVBl 2009, 507; U. v. 1.7.2009 - 2 BV 08.2465 - BayVBl 2009, 727). Der Gesetzgeber geht eindeutig davon aus, dass gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO nur Abweichungen im Sinn des Art. 63 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 BayBO zu prüfen sind, die vom Bauherrn ausdrücklich beantragt wurden (vgl. Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Auflage 2012, Art. 59 Rn. 9 f.; Molodovsky a. a. O., Art. 59 Rn. 15; Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand: 1.2.2015, Art. 59 Rn. 36). Diese sind gesondert für jede Außenwand zu beantragen, zu prüfen und gegebenenfalls zu erteilen (vgl. BayVGH, B. v. 17.4.2000 - Gr.S. 1/1999 - 14 B 97.2901 - VGH n. F. 53, 89/92). Ebenso kann jede Verkürzung einer Abstandsflächentiefe nur den Nachbarn in seinen Rechten verletzen, dessen Grundstück der betreffenden Außenwand gegenüberliegt (vgl. BayVGH, B. v. 17.4.2000 - a. a. O., S. 95 f.; Schwarzer/König a. a. O., Art. 6 Rn. 110). Ebenso wenig kann aber ein betroffener Nachbar verlangen, dass Abweichungen in Bezug auf die Abstandsflächentiefe geprüft werden, die nicht im Sinn von Art. 59 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. Art. 63 Abs. 2 Satz 2 BayBO beantragt worden sind.

Entgegen der Auffassung der Kläger kann auch nichts Gegenteiliges aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zum sogenannten 16-m-Privileg (Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO) gefolgert werden. Hierbei handelt es sich um eine unmittelbar kraft Gesetzes geltende Abweichung, die eigenen Regeln folgt (vgl. König, Baurecht Bayern, 5. Auflage 2015, Rn. 708). Daraus folgt bei der Inanspruchnahme dieses Privilegs, dass an den übrigen Gebäudeseiten dann 1 H eingehalten werden muss und davon keine Abweichung erteilt werden kann. Bereits dem Regelungssystem des Art. 6 Abs. 6 BayBO kann dabei entnommen werden, dass in diesen Fällen keine Abweichung erteilt werden darf. Denn die Vorschrift baut darauf auf, dass die Abstandsfläche auf zwei Seiten auf 0,5 H verkürzt werden kann, und geht davon aus, dass für die übrigen Gebäude Außenwände 1 H einzuhalten ist (vgl. BayVGH, B. v. 17.4.2000 a. a. O. S. 90 f). Die Einhaltung von 1 H ist danach Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Vorschrift. Ermessenserwägungen wie bei der Erteilung einer Abweichung nach Art. 63 BayBO sind hier nicht anzustellen. Die Frage des 16-m-Privilegs stellt sich vorliegend ohnehin nicht.

Aus der Tatsache, dass die Bauaufsichtsbehörde bei der Erteilung einer Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO eine Ermessensentscheidung zu treffen hat, ergibt sich vorliegend ebenso wenig anderes. Es handelt sich um ein tatbestandlich intendiertes Ermessen. Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen gegeben, so ist die Abweichung in der Regel zuzulassen, es sei denn, es lägen ausnahmsweise dem entgegenstehende besondere Umstände vor (vgl. Jäde a. a. O., Art. 63 Rn. 12 m. w. N.). Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Ermessensausübung ist aber eine vollständige Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts und dessen Einstellung in die Ermessenserwägungen (vgl. Jäde a. a. O., Art. 63 Rn. 18; Molodovsky a. a. O., Art. 63 Rn. 41). Bei Abweichungen von den Abstandsflächenanforderungen muss sich die Bauaufsichtsbehörde auch ein Gesamtbild der von dem Vorhaben in Anspruch genommenen Abweichungen gemacht haben (vgl. Jäde a. a. O. Art. 63 Rn. 19). Hierbei kann es sich jedoch nur um beantragte und erteilte Abweichungen im Sinn von Art. 63 Abs. 2 Satz 2 BayBO handeln. Der Nachbar kann die Nichteinhaltung der Abstandsflächen zu seinem Grundstück hin nur rügen, soweit eine Abweichung erteilt wurde (vgl. BayVGH, B. v. 28.9.2010 - 2 CS 10.1760 - BayVBl 2011, 147/148). Soweit vorliegend eine Abweichung nicht beantragt und erteilt wurde, scheidet somit eine Prüfung des Abstandsflächenrechts aus. Eine solche Prüfung ist auch nicht im Hinblick auf Art. 65 Abs. 2 BayBO geboten. Der vereinzelt gebliebenen und von der Rechtsprechung nicht aufgegriffenen Literaturmeinung (Koehl, BayVBl 2009, 645), die von einer nachbarschützenden Wirkung der allein den Bauherrn betreffenden, reinen Verfahrensvorschriften des Art. 65 Abs. 2 BayBO ausgeht, ist nicht zu folgen (vgl. BayVGH, B. v. 17.8.2015 - 2 ZB 13.2522 - juris). Vielmehr ergeben sich Verpflichtungen Dritten gegenüber hieraus auch dann nicht, wenn die Vorschrift von der das Vorhaben abweicht, Rechte Dritter schützt (vgl. Schwarzer/König a. a. O., Art. 65 Rn. 20; Jäde a. a. O., Art. 65 Rn. 49b).

Nach allem ist festzuhalten, dass die Bauaufsichtsbehörde im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung in Bezug auf eine konkret beantragte Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften allenfalls in den Blick zu nehmen hat, welche sonstigen Abweichungen von den Anforderungen des Abstandsflächenrechts in Richtung auf das betreffende Nachbargrundstück außerdem beantragt und erteilt wurden. Dies ist vorliegend in der Baugenehmigung vom 8. Juni 2012 weder in Bezug auf das Grundstück Fl. Nr. 17157 noch in Bezug auf das Grundstück Fl. Nr. 17159 geschehen. Weder für das hier nur noch strittige geplante Rückgebäude auf dem Grundstück Fl. Nr. 17139 noch für das dortige Vordergebäude, hinsichtlich dessen die Baugenehmigung inzwischen bestandskräftig ist, sind solche Abweichungen zulasten des Grundstücks bzw. des Sonder- oder Teileigentums der Kläger beantragt und erteilt worden. Mithin sind außer den lediglich das Baugrundstück betreffenden Abweichungen von den Abstandsflächenvorschriften für das Verhältnis zwischen Rückgebäude und Vordergebäude sowie für das Verhältnis zwischen gegenüberliegenden Gebäudeteilen des Rückgebäudes keine weiteren Abstandsflächen zu prüfen bzw. von der Bauaufsichtsbehörde bei ihrer Ermessensentscheidung in den Blick zu nehmen gewesen. Die Frage eines zulässigen Grenzanbaus durch das Gebäude im Sinn von Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO wurde somit nicht vom Prüfungsumfang der Bauaufsichtsbehörde nach Art. 59 BayBO erfasst. Die Ausführungen der Beklagten im Bescheid vom 8. Juni 2012 nehmen deshalb nicht an der Feststellungswirkung der Baugenehmigung teil (vgl. BayVGH, B. v. 12.12.2013 - 2 ZB 12.1513 - juris).

2.2. Durch das Bauvorhaben wird auch das Rücksichtnahmegebot aus § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht verletzt. Das strittige Rückgebäude hat - soweit die Kläger dies rügen können - keine erdrückende Wirkung gegenüber der Bebauung auf dem Grundstück Fl. Nr. 17157. Es wird zwar ein ca. 15 m langer Baukörper entstehen, der das Terrassenniveau des betroffenen Nachbargrundstücks um rund 4 m überragen wird. Die genannte Terrasse hat jedoch sogar an der schmalsten Stelle eine Breite von rund 7 m. Das strittige gebaute Bauvorhaben ist im Osten des Grundstücks Fl. Nr. 17157 situiert, so dass insbesondere die vormittägliche Sonneneinstrahlung etwas behindert wird. Unbestritten ist jedoch ein Lichteinfallswinkel von 45 Grad nicht nur in Bezug auf die Fenster im ersten Obergeschoß des Nachbargebäudes, sondern sogar zu einem gewissen Teil in Bezug auf die Dachterrasse in ihrem schmalsten Bereich eingehalten. Eine einmauernde Wirkung der geplanten Bebauung gegenüber der in Höhe des ersten Obergeschosses befindlichen Terrasse am Anwesen der Kläger ist damit nicht zu erkennen.

Im Ergebnis kann daher dahinstehen, ob die Beklagte bei Erteilung der Baugenehmigung vom 8. Juni 2012 die Terrassennutzung auf dem Grundstück Fl. Nr. 17157 überhaupt berücksichtigen musste. Nach dem Vortrag der Beigeladenen ist die Terrassennutzung erst im Jahr 2014 genehmigt worden, wobei ein Grenzabstand zum Grundstück der Beigeladenen von 3 m eingehalten werden müsse.

Hinsichtlich möglicher Lärmbelastungen durch die Bäckerei und Konditorei haben die Kläger nichts von Substanz vorgetragen. Der Lieferverkehr soll in den Morgenstunden erst ab 6.00 Uhr stattfinden (vgl. BayVGH, B. v. 19.6.2013 - 2 CS 13.845). Auch beim vormittäglichen Ortstermin durch den Senat konnten keine Lärmbelastungen festgestellt werden. Nachdem das geplante Rückgebäude weder zum Grundstück Fl. Nr. 17157 noch zum Grundstück Fl. Nr. 17159 Fenster aufweisen wird, ist nicht zu erkennen, dass hier unzumutbare Lärmbelastungen auftreten könnten.

Bezüglich der ferner von Klägerseite angeführten möglichen Geruchsbelästigungen für die Bewohner des strittigen Neubaus auf dem Grundstück Fl. Nr. 17139 hat die Beklagte schon im Baugenehmigungsbescheid vom 8. Juni 2012 ausgeführt, dass bereits der bauliche Bestand im Quartier von der direkten Nachbarschaft zwischen Wohnnutzung und der Bäckerei als gewerblicher Nutzung geprägt sei. Hier seien gravierende Konflikte aus der bestehenden Nutzungsmischung heraus nicht bekannt. Mit der Neuerrichtung des Rückgebäudes und der dort geplanten Wohnnutzung rücke diese zwar näher an die gewerbliche Nutzung heran, aber nicht in einer Weise, die den Bestand der Bäckerei unter Berücksichtigung der vorhandenen Nutzungsmischung beeinträchtigen oder gefährden könnte. Dem sind die Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Vielmehr ist auch hier zu berücksichtigen, dass das geplante Rückgebäude keine Fensteröffnungen zur Bäckerei und Konditorei hin aufweisen wird. Auch beim vormittäglichen Ortstermin des Senats konnten insoweit keine Geruchsbelästigungen festgestellt werden. Es kann somit dahinstehen, ob Gerüche aus einer Bäckerei oder Konditorei überhaupt als unzumutbar für die umgebende Wohnnachbarschaft eingestuft werden könnten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 11. November 2013 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf jeweils 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, § 63 Abs. 3 GKG. Der Streitwert war für beide Rechtszüge auf jeweils 10.000 Euro angemessen zu erhöhen, da hier auch wirtschaftliche Interessen der Kläger inmitten stehen.

Tenor

I.

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 15. September 2014 wird die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen den Baugenehmigungsbescheid der Antragsgegnerin vom 26. Februar 2014 angeordnet.

II.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug jeweils zur Hälfte. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

III.

Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde (§ 146 Abs. 1 VwGO) hat Erfolg, weil die dargelegten Gründe eine Abänderung der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts nach § 80 Abs. 5 VwGO erfordern.

Der Senat sieht nach einer in einem Eilverfahren mit dieser angemessen summarischen Prüfung (vgl. BVerfG, B. v. 24.2.2009 - 1 BvR 165/09 - NVwZ 2009, 581) im Rahmen der von ihm eigenständig zu treffenden Ermessensentscheidung die Notwendigkeit für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin gemäß § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Antragstellerin als Nachbarin kann die Baugenehmigung mit dem Ziel ihrer Aufhebung dann erfolgreich angreifen, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt sind, die auch ihrem Schutz dienen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klage der Antragstellerin wird wahrscheinlich Erfolg haben, weil der angefochtene Baugenehmigungsbescheid an einem derartigen Mangel leidet.

1. Die im vereinfachten Verfahren nach Art. 59 Satz 1 BayBO erteilte Baugenehmigung vom 26. Februar 2014 verletzt nicht das in § 34 Abs. 1 BauGB enthaltene Gebot der Rücksichtnahme zulasten der Antragstellerin. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht herausgearbeitet, dass eine einmauernde oder erdrückende Wirkung des Bauvorhabens gegenüber dem Anwesen der Antragstellerin nicht zu erwarten ist (vgl. BVerwG, U. v. 13.3.1981 - 4 C 1.78 - BauR 1981, 354; BayVGH, B. v. 11.5.2010 - 2 CS 10.454 - juris).

2. Die erteilte Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO hinsichtlich der nach Art. 6 Abs. 1 BayBO erforderlichen Abstandsflächen zum Grundstück der Antragstellerin FlNr. .../... der Gemarkung S. begegnet jedoch erheblichen rechtlichen Bedenken. Insoweit muss es sich um eine atypische, von der gesetzlichen Regel nicht zureichend erfasste oder bedachte Fallgestaltung handeln. Diese kann sich etwa aus einem besonderen Grundstückszuschnitt, einer aus dem Rahmen fallenden Bebauung auf dem Bau- oder dem Nachbargrundstück oder einer besonderen städtebaulichen Situation, wie der Lage des Baugrundstücks in einem historischen Ortskern, ergeben. In solchen Lagen kann auch das Interesse des Grundstückseigentümers, vorhandene Bausubstanz zu erhalten und sinnvoll zu nutzen oder bestehenden Wohnraum zu modernisieren, eine Verkürzung der Abstandsflächen durch die Zulassung einer Abweichung rechtfertigen (vgl. BayVGH, B. v. 16.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris; v. 19.3.2013 - 2 B 13.99 - BayVBl 2013, 729). Soll auch in diesen Bereichen eine zeitgemäße, den Wohnungsbedürfnissen entsprechende Sanierung, Instandsetzung, Aufwertung oder Erneuerung der zum Teil überalterten Bausubstanz ermöglicht werden, so kommt man im Einzelfall nicht umhin, Ausnahmen vom generalisierenden Abstandsflächenrecht zuzulassen (vgl. BayVGH, U. v. 7.10.2010 - 2 B 09.328 - juris; B. v. 15.10.2014 - 2 ZB 13.530 - juris). Hingegen begründen allein Wünsche eines Eigentümers, sein Grundstück stärker auszunutzen als dies ohnehin schon zulässig wäre, noch keine Atypik. Modernisierungsmaßnahmen, die nur der Gewinnmaximierung dienen sollen, sind auch in Ballungsräumen nicht besonders schützenswert (vgl. BayVGH, B. v. 13.10.2014 - 2 ZB 13.1627).

Entgegen der Auffassung der Beigeladenen sind vorliegend grundsätzlich Abstandsflächen einzuhalten, weil ein sog. Pavillonabstand im Sinn von Art. 6 Abs. 5 Satz 4 BayBO (vgl. BayVGH, U. v. 7.3.2013 - 2 BV 11.882 - BayVBl 2013, 634) gegenüber dem Anwesen der Antragstellerin auf dem Grundstück FlNr. .../... nicht vorliegt. Das Gebäude der Antragstellerin und der inzwischen abgerissene Altbau der Beigeladenen waren vielmehr straßenseitig aneinander angebaut. Insoweit dürfte auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts zutreffen, dass in einem solchen Fall die Vorschrift des Art. 6 Abs. 5 Satz 4 BayBO auf Abstände rückwärtiger Gebäudeteile an der grenzständig bebauten Seite keine Anwendung finden kann, weil die sog. Pavillonabstände einen Bezug zur Straße aufweisen müssen. Selbst wenn jedoch insoweit die Rechtsansicht der Beigeladenen zutreffen sollte, wären solche sog. Pavillonabstände in den rückwärtigen Grundstücksbereichen des maßgeblichen Gevierts nicht anzutreffen. Das Erstgericht hat zu Recht festgestellt, dass die hier vorzufindenden Abstände uneinheitlich sind.

Entgegen der Meinung der Beigeladenen rechtfertigt im vorliegenden Fall der Wunsch, eine Neubebauung in etwa dem gleichen Maß vorzunehmen, wie dies in der Umgebungsbebauung vorzufinden ist, wohl nicht die strittige Abweichung hinsichtlich der Abstandsflächentiefe. Denn wie das Erstgericht zutreffend festgestellt hat, wirft das Bauvorhaben in deutlich größerer Tiefe Abstandsflächen auf das Grundstück der Antragstellerin als deren Gebäude auf das Baugrundstück. Zwar kann auch bei nicht gleichwertiger Abweichung von der Abstandsflächenpflicht das Interesse des Bauherrn an der Verwirklichung seines Vorhabens im Einzelfall überwiegen, wenn sich mit dem Neubau jedenfalls die vermehrte Abstandsflächenüberschreitung reduziert (vgl. BayVGH, B. v. 15.10.2014 - 2 ZB 13.530 - juris). Im vorliegenden Fall ist aber offensichtlich, dass sich für die Antragstellerin durch den Neubau die Abstandsflächensituation nicht insgesamt verbessert. In diesem Fall hat die Bauherrin jedenfalls keinen Anspruch darauf, ihre Neubebauung in etwa in gleichem Maß vorzunehmen, wie dies in der Umgebungsbebauung vorzufinden ist. Hiergegen sprechen bereits die unterschiedlichen Grundstückszuschnitte im maßgeblichen Geviert. Naturgemäß sind die Eigentümer von Eckgrundstücken insoweit begünstigt, da sie regelmäßig auf zwei Seiten mit dem Gebäude an die Straße heranrücken können. Ebenso sind aber auch größere Grundstücke wie das mit der FlNr. .../... hinsichtlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten begünstigt. Das Grundstück der Beigeladenen mit der FlNr. .../... weist jedoch mit einer Fläche von 760 qm jedenfalls eine beachtliche Größe auf, so dass eine beengte Situation, die jede wirtschaftlich vertretbare Ausnutzung des Grundstücks im nachbarschaftlichen Verhältnis zum Anwesen der Antragstellerin ausschließen würde, nicht anzunehmen ist. Hinzu kommt, dass die Beigeladene durch wahrscheinlich geringfügige Änderungen des Bauvorhabens, wie beispielsweise eine Veränderung der Dachform, eine Verbesserung zumindest im Hinblick auf die Belichtungssituation herbeiführen kann.

Selbst bei Vorliegen einer atypischen Situation ist in der Rechtsprechung im Hinblick auf die Belichtungssituation anerkannt, dass nur die Einhaltung eines Lichteinfallswinkels von 45 Grad in Höhe der Fensterbrüstung von Fenstern von Aufenthaltsräumen grundsätzlich eine ausreichende Belichtung sicherstellt (vgl. auch Art. 7 Abs. 1 Satz 3 BayBO 1974). Dieser Grundsatz gilt zwar nicht ausnahmslos, und kann insbesondere in speziellen Situationen, in denen sich die Belichtungsverhältnisse nicht verschlechtern und der bisherige Bestand der historischen Genehmigungssituation geschuldet ist, der Erteilung einer Abweichung von den Abstandsflächen ausnahmsweise nicht entgegenstehen (vgl. BayVGH, B. v. 15.10.2014 - 2 ZB 13.530 - juris). Eine solche spezielle Situation ist hier aber nicht zu erkennen. Im vorliegenden Fall ist der erforderliche Lichteinfallswinkel von 45 Grad vor den Fenstern im Erdgeschoss auf der östlichen Seite des Gebäudes der Antragstellerin laut Belichtungsstudie nicht vollständig eingehalten. Dies kann hier auch deshalb nicht als unwesentlich angesehen werden, weil es sich beim Erdgeschoss des Gebäudes der Antragstellerin in Wirklichkeit eher um ein sog. Hochparterre handelt, so dass die maßgebliche Fensterbrüstung immerhin in ca. 2 m Höhe liegt. Angesichts dessen ist die Abwägungsentscheidung der Bauaufsichtsbehörde, dass eine Beeinträchtigung der Antragstellerin insbesondere hinsichtlich des Gesichtspunkts Belichtung nicht zu erwarten ist, unzutreffend.

Nach allem verletzt die im Baugenehmigungsbescheid vom 26. Februar 2014 enthaltene Abweichungsentscheidung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO hinsichtlich des Grundstücks FlNr. .../... die Antragstellerin voraussichtlich in ihren öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belangen. Diese nachbarlichen Belange können auch nicht im Rahmen einer Gesamtschau zurückgestellt werden, weil das Bauvorhaben der Beigeladenen von zahlreichen weiteren Abweichungen getragen werden soll. Bei der strittigen Abweichung hinsichtlich der erforderlichen Abstandsflächen zum Grundstück der Antragstellerin handelt es sich auch nicht um einen selbstständig abtrennbaren Teil, ohne den die Baugenehmigung vom 26. Februar 2014 trotzdem weiter bestehen könnte.

3. Angesichts der Tatsache, dass die Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen den Baugenehmigungsbescheid vom 26. Februar 2014 in der Hauptsache wahrscheinlich Erfolg haben wird, fällt auch die Interessenabwägung des Senats zugunsten der Antragstellerin aus. Die Beigeladene wird zwar durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage zeitweilig daran gehindert, ihr Bauvorhaben ins Werk zu setzen, sie ist aber selbst durch wahrscheinlich nicht sehr ins Gewicht fallende Umplanungen in der Lage, die Belastungen für die Nachbarin zu vermindern. Demgegenüber müsste die Antragstellerin, falls ihrem Antrag nicht stattgegeben würde, mit der Schaffung vollendeter Tatsachen rechnen, weil mit der Fundamentierung und weiterem Baufortschritt sowie schließlich der Fertigstellung der umstrittenen Dachkonstruktion es immer unwahrscheinlicher würde, dass sie ihr Abwehrrecht letztlich durchsetzen könnte. Im Übrigen ist es zunächst Sache der Bauherrin und dann der Bauaufsichtsbehörde zu prüfen, mit welcher Planung den nachbarlichen Rechten der Antragstellerin ausreichend Rechnung getragen werden kann.

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 und 3, § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung nach §§ 124, 124a Abs. 4 VwGO hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.

1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts begegnet keinen ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der Senat teilt die Auffassung des Erstgerichts, dass der angefochtene, im Zustimmungsverfahren erteilte Vorbescheid keine Rechte des Klägers verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insbesondere sind die in Richtung zum klägerischen Grundstück nach Art. 63 Abs. 1 BayBO erteilten Abweichungen von den Abstandsflächen rechtmäßig. Nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von Anforderungen des Bauordnungsrechts zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlichrechtlichen geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen, insbesondere den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 BayBO vereinbar sind.

a) Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, dass die Zulassung einer Abweichung Gründe erfordert, durch die sich das Vorhaben vom Regelfall unterscheidet und die etwa bewirkte Einbußen an geschützten Nachbarrechtspositionen vertretbar erscheinen lassen (vgl. BayVGH B. v. 13.2.2002 - 2 CS 01.1506 - juris). Die daher bei Zulassung einer Abweichung zu fordernde atypische Situation (vgl. BayVGH, B. v. 16.7.2007 - 1 CS 07.1340 - juris; BayVGH, B. v. 15.11.2005 - 2 CS 05.2817 - juris) liegt hier aber entgegen der Ansicht des Antragstellers hinsichtlich des Grundstücks Fl.Nr. ... in der Lage des Baugrundstücks im dicht bebauten innerstädtischen Bereich, in dem historische Bausubstanz vorhanden ist. Die Atypik ergibt sich aus der besonderen städtebaulichen Situation. Diese beruht im Wesentlichen darauf, dass die vorhandenen Baukörper noch auf der Grundlage der M. Bauordnung vom 29. Juli 1895 sowie der M. Staffelbauordnung vom 17. April 1904 genehmigt wurden. Nach der damals geltenden Baustaffel 6 war zwischen den Gebäuden ein Pavillonzwischenraum von mindestens 7 m vorgeschrieben. Deshalb hält in der Umgebung, die mit drei- bis fünfgeschossigen Gebäuden bebaut ist, kaum ein Gebäude die Vorgaben des heute geltenden Abstandsflächenrechts ein. In dieser beengten Situation würde jedwede wirtschaftlich vertretbare Ausnutzung des für das streitgegenständliche Grundstück bestehenden Baurechts zu einer Abstandsflächenüberschreitung zum klägerischen Grundstück führen. Zwar besteht südlich des Bestandsgebäudes auf dem Grundstück FlNr. ... ein Freiraum. Dort befindet sich der W.-Weg. Dem Kläger ist zuzugestehen, dass der nicht gewidmete W.-Weg im Grundsatz überbaut werden kann. Jedoch ändert dies nichts daran, dass eine atypische Situation vorliegt. Denn auch nach Süden beruht die städtebauliche Situation auf den oben geschilderten früheren baurechtlichen Gegebenheiten der Landeshauptstadt M. Soll auch in diesen Bereichen eine zeitgemäße, den Wohnungsbedürfnissen entsprechende Sanierung, Instandsetzung, Aufwertung oder Erneuerung der zum Teil überalterten Bausubstanz ermöglicht werden, so kommt man nicht umhin, Ausnahmen vom generalisierenden Abstandsflächenrecht zuzulassen (vgl. BayVGH, U. v. 7.10.2010 - 2 B 09.328 - juris). Zwar stellt der Kläger in Abrede, dass es sich um eine überalterte Bausubstanz handelt. Der Beklagte hat indes dargelegt, dass das früher als Hotel genutzte Gebäude aus den 1960er Jahren sehr ungünstige Zuschnitte hat und eine schlechte Bausubstanz aufweist. Weshalb diese Aussage nicht zutreffend sein sollte, wird vom Kläger nicht substantiiert dargetan.

Der Kläger rügt, dass hinsichtlich der Tiefe keine Atypik bestehe. Richtig ist, dass bereits der Teil des Bauvorhabens auf dem Grundstück Fl.Nr. ... eine größere Tiefe als das Bestandsgebäude des Klägers und das südlich gelegene Bestandsgebäude aufweist. Dieser Umstand steht jedoch einer atypischen Sachlage, die gerade im Hinblick auf die beengten Verhältnisse zur K-straße hin vorliegt, an der auch das klägerische Grundstück teilnimmt, nicht entgegen. Im Übrigen wäre - selbst wenn man dem Kläger folgen würde - zweifelhaft, ob er sich auf eine eventuell fehlende Atypik hinsichtlich des Grundstücks Fl.Nr.: (Hinterliegergrundstück), an das er nicht angrenzt, berufen könnte. Denn es wäre dem Beklagten unbenommen, für das Grundstück Fl.Nr. ... und das Grundstück Fl.Nr. ... zwei getrennte Vorbescheide zu erwirken. Hinsichtlich des Grundstücks Fl.Nr. ... wäre der Kläger nicht Nachbar, so dass er bereits von daher keine wehrfähige Rechtsposition hätte.

b) Abweichungen von bauaufsichtlichen Anforderungen können zugelassen werden, wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlichrechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind.

Regelungszweck des Abstandsflächenrechts ist es zunächst, durch Abstände zwischen den Gebäuden dafür zu sorgen, dass die in den Gebäuden befindlichen Räume ausreichend belichtet, belüftet und besonnt werden, um ein störungsfreies Wohnen zu gewährleisten. Darüber hinaus sollen die für Nebenanlagen erforderlichen Freiflächen gesichert werden (Art. 6 Abs. 5 Satz 3 BayBO). Weiteres beachtenswertes Ziel der Abstandsflächen ist der Brandschutz. Jede Abweichung von der Abstandsflächentiefe führt damit automatisch zu einer Beeinträchtigung des gesetzlichen Regelungszwecks. Allerdings lässt die Bayerische Bauordnung schon in der gesetzlichen Regelung selbst in verschiedenen Situationen (z. B. Grenzgarage) Abweichungen von dem Regelfall der Abstandsflächentiefe von 1 H (Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO) zu und erachtet somit selbst die Beeinträchtigung des gesetzlichen Regelungszwecks hier für hinnehmbar. Auch ist eine Verkürzung der Abstandsfläche auf ein Minimum von 3 m unter Abweichung vom Grundsatz 1 H in vielen Fällen möglich (vgl. BayVGH, U. v. 22.12.2011 - 2 B 11.2231 - juris).

aa) Der Kläger rügt, die erteilte und seine eigene Abweichung vom Abstandsflächenrecht seien nicht gleichwertig. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass sein Gebäude nordseitig liege und es dadurch keinen relevanten Nachteil für das geplante Vorhaben haben könne. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht ausführt, selbst wenn Treu und Glauben den Kläger mangels Gleichwertigkeit der Abweichungen von den Abstandsflächen vorliegend nicht hindern sollten, sich auf die Abstandsflächenvorschriften zu berufen, sein Abstandsflächenverstoß sei aber gleichwohl im Rahmen der nach Art. 63 Abs. 1 BayBO zu treffenden Abwägung ein durchaus gewichtiger Gesichtspunkt. Angesichts der im konkreten Fall vorliegenden Verhältnisse teilt der Senat im Ergebnis die Auffassung des Erstgerichts. Nach den vom Beklagten zuletzt vorgelegten Unterlagen überschreitet das Bestandsgebäude K-straße ... die Abstandsflächen zum Grundstück des Klägers mit 216,20 m². Das Gebäude des Klägers liegt mit 158,50 m² Abstandsflächen auf dem Grundstück K-straße ... Mithin überschreitet das Bestandsgebäude K-straße ... im Vergleich zum Gebäude des Klägers K-straße ... die einzuhaltenden Abstandsflächen um 57,70 m² mehr. Aus dem Vorbescheid (Nr. 4) ergibt sich eine erteilte Abweichung von 204,94 m². Mit dem Neubau würde sich damit die vermehrte Abstandsflächenüberschreitung auf 46,44 m² reduzieren. Für den Kläger verbessert sich insgesamt die Abstandsflächensituation.

bb) In der Rechtsprechung ist im Hinblick auf die Lichtverhältnisse anerkannt, dass die Einhaltung eines Lichteinfallswinkels von 45 Grad in Höhe der Fensterbrüstung von Fenstern von Aufenthaltsräumen grundsätzlich eine ausreichende Belichtung sicherstellt (vgl. auch Art. 7 Abs. 1 Satz 3 BayBO 1974). Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht ausnahmslos. Das Erstgericht hat zutreffend die Besonderheit herausgearbeitet, dass sich das Vorhaben im vorderen, östlichen Grundstücksbereich an der Kubatur des bisherigen Bestandsgebäudes orientiert und damit im Verhältnis zur seit Mitte der 1960er Jahre bestehenden Abstands- und Belichtungssituation keine Verschlechterung zu erwarten ist. Die bestehende Grundstücks- und Abstandssituation, die wesentlich auf der historischen Genehmigungssituation der Anwesen auf Grundlage der M. Bauordnung und der M. Staffelbauordnung beruht (s. o.), kann auch bei einer vollständigen Neubebauung unter Beseitigung der bisherigen Bebauung nicht völlig außer Betracht bleiben. Zudem wird der Lichteinfallswinkel von 45 Grad lediglich bis zum 1. Obergeschoss nicht eingehalten, wobei die betroffenen Wohnungen in den Wohnräumen zusätzliche Belichtung von Osten bzw. Westen aufweisen. Ausweislich der Grundrisse in den Genehmigungsakten sind lediglich Schlafräume, Küche und Bad ausschließlich von Süden belichtet. Angesichts des Umstands, dass sich die Belichtungsverhältnisse nicht verschlechtern und der derzeitige Bestand der historischen Genehmigungssituation geschuldet ist, steht der grundsätzlich erforderliche Lichteinfallswinkel von 45 Grad der Erteilung einer Abweichung von den Abstandsflächen in der vorliegenden speziellen Situation nicht entgegen.

Im Übrigen beruht die Belichtungssituation ganz wesentlich auch darauf, dass das klägerische Anwesen seinerseits nicht die nach Art. 6 BayBO erforderlichen Abstandsflächen einhält. Im straßenseitigen Bereich beträgt der Abstand zur südlichen Grundstücksgrenze lediglich 3,97 m, im rückwärtigen Bereich aufgrund der verspringenden Grundstücksgrenze wird ein Abstand von 2,97 m zur Grundstücksgrenze eingehalten. Das Vorhabensgrundstück schließt südlich an das klägerische Grundstück an. Wenn auf dem Vorhabensgrundstück gebaut wird, ist eine Verschattung des Grundstücks des Klägers nie zu vermeiden. Unabhängig von der jeweiligen Ausrichtung führt im vorliegenden städtebaulichen Kontext jede Bebauung zwangsläufig zu einer Reduzierung der Belichtung bei den Nachbargebäuden (vgl. BayVGH, B. v. 4.8.2011 - 2 CS 11.997 - juris). Deshalb muss der Kläger in dieser besonderen Situation hinnehmen, dass der Lichteinfallswinkel von 45 Grad für seine Aufenthaltsräume nicht eingehalten wird.

cc) Der Kläger bringt vor, dass mit dem Argument, mit dem Bauvorhaben seien wichtige öffentliche Interessen zur Standortsicherung der Staatsbibliothek gegeben, jede staatliche Einrichtung die Negierung von Abstandsflächen erfordere. Öffentliche Interessen im vorgenannten Sinn seien aber nur städtebauliche bzw. gebäude- oder grundstücksbezogene Interessen. Zutreffend ist, dass im Rahmen der tatbestandlichen Prüfung der Voraussetzungen des Art. 63 BayBO subjektive Verhältnisse unmaßgeblich sind (vgl. Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, BayBO, Stand: April 2014, Art. 63 Rn. 32). Jedoch können im Rahmen der Ermessensbetätigung auch andere als baurechtliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden (vgl. Molodovsky a. a. O. Art. 63 Rn. 45). Dies kann auch das öffentliche Interesse an der Standortsicherung der Staatsbibliothek sein. Unabhängig davon, ob man den systematischen Standort der Prüfung der gewichtigen öffentlichen Belange durch das Erstgericht für zutreffend erachtet, werden jedoch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geweckt. Denn das Verwaltungsgericht hat bei der Interessenabwägung zugunsten des Bauherrn nicht nur den Gesichtspunkt der Standortsicherung, sondern auch berücksichtigt, dass das strittige Vorhaben an der östlich des Grundstücks festgesetzten Baulinie straßenseitig ausgerichtet werden muss. Damit wäre die Errichtung eines Bauwerks in der Größenordnung des bisherigen Bestandsgebäudes aber auch der Nachbarbebauung bei vollständiger Einhaltung der Abstandsflächen nicht möglich.

c) Soweit der Kläger eine riegelartige Bebauung geltend macht, ist ihm zuzugestehen, dass in seiner südlichen Nachbarschaft ein massiver Bau errichtet wird. Dennoch ist die Situation nicht mit den Fällen vergleichbar, in denen die Rechtsprechung etwa eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots wegen einer riegelartigen Bebauung angenommen hat. Denn an den östlichen Teil des Baus von 25,3 m Länge und 13,05 m Wandhöhe, der in etwa der bisherigen Bebauung entspricht, schließt sich ein Zwischenbau mit 13,30 m Länge an, der lediglich 7,5 m Wandhöhe haben soll. Dieser Bauteil bleibt deutlich unter der Höhe der maximalen Wandhöhe des klägerischen Gebäudes von 12,75 m. Insofern mildert der Zwischenbau die massive Wirkung des Gebäudes, das insgesamt eine Länge von 83 m aufweist. Hinzu kommt, dass die bislang vorhandenen Nebengebäude an der Grenze zum klägerischen Grundstück ersatzlos beseitigt werden sollen und sich daher für den Kläger diesbezüglich die Situation verbessert.

d) Soweit der Kläger rügt, dass im Dachgeschoss des ostseitigen Gebäudeteils eine Terrassenumwehrung in Höhe von 90 cm bei der Ermittlung der Abstandsflächen zu berücksichtigen gewesen sei, ist darauf hinzuweisen, dass nach Nr. 1 c des angegriffenen Vorbescheids eine Höhenentwicklung von 10,25 m bzw. 13,05 m für zulässig erklärt wurde. Um von dem erteilten Vorbescheid abgedeckt zu sein, muss die Umwehrung so ausgeführt werden, dass sie keine Abstandsflächenrelevanz entfaltet. Für den Senat ist dann keine Verletzung von Rechten des Klägers ersichtlich.

2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), denn sie verursacht in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine größeren, d. h. überdurchschnittlichen, das normale Maß nicht unerheblich übersteigenden Schwierigkeiten. Dabei ist nicht die Richtigkeit des Ersturteils Gegenstand der Zulassungsentscheidung, sondern die mögliche „abstrakte“ Fehleranfälligkeit wegen der besonderen Schwierigkeiten der Fallbehandlung (vgl. Berkemann, DVBl 1998, 446). Diese ist nach Auffassung des Senats im vorliegenden Fall nicht gegeben. Im Übrigen wird auf die Ausführungen unter Ziffer 1. verwiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.