Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 20. Juli 2017 - AN 3 K 16.32081

bei uns veröffentlicht am20.07.2017

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

Die Kläger zu 1) und 2), nach eigenen Angaben zufolge äthiopische Staatsangehörige amharischer Volkszugehörigkeit und orthodoxe Christen, reisten nach eigenen Angaben mit der Klägerin zu 3) am 15. Mai 2015 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 17. Juli 2015 Asylanträge.

Die Kläger zu 1) und 2) sind die Eltern der am … 2013 im Sudan geborenen Klägerin zu 3) sowie der am … 2016 in der Bundesrepublik Deutschland in … geborenen Klägerin zu 4).

In der Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 7. Oktober 2016 in … erklärte der Kläger zu 1) unter anderem, er habe seinen Kebele-Auswies und alle andere Urkunden auf dem Weg hierher im Meer verloren.

Der Kläger zu 1) trug im Wesentlichen vor, dass er aus … stamme und dort als Friseur gearbeitet habe, zunächst angestellt, dann selbständig. Er habe gut verdient. Er habe mit seiner Mutter, seinem Bruder und seiner Schwester in einem kleinen Haus gewohnt. Er habe keinen Kontakt mehr zu seiner Familie, weil er sein Telefonbuch verloren habe und wisse auch deren Telefonnummer nicht.

Er gibt an, sich vor der Einreise nach Deutschland zunächst von 2010 bis Januar 2015 im Sudan aufgehalten zu haben. Danach sei er fünf Monate in Libyen gewesen. Am 4. Mai 2015 sei er nach Italien gereist, wo er am 7. Mai 2015 in Sizilien angekommen sei. Am 9. Mai sei er weiter nach …, von dort sei er am 14. Mai mit dem Zug nach Deutschland weitergereist.

Befragt nach seinem Verfolgungsschicksal und seinen Ausreisegründe erklärte der Kläger, er sei im Jahr 2002 nach äthiopischem Kalender als Jugendlicher bei der Regierungswahl einem Komitee mit dem Namen „fünf-für-eins“ beigetreten. Vier aus der Gruppe hätten sich aus der Nachbarschaft gekannt, der fünfte sei Tigray gewesen. Er habe als Frisör bei den Kunden immer nachfragen sollen, ob sie mit der Regierung einverstanden seien. Er habe aber immer seine Meinung gesagt und dass er damit nicht einverstanden sei. Ihm sei immer gesagt worden, dass er durch den Beitritt zu „fünf-für-eins“ bessere Chancen hätte. Es habe ein übergeordnetes Komitee mit dem Namen Zelebet gegeben, dass zu 98% aus Tigray bestanden habe und ihnen immer Vorschriften gemacht und gesagt hätte, sie sollten es lassen, ihre eigene Meinung zu sagen. Nachdem die Regierungswahl beendet gewesen sei, seien Polizisten zu ihm nach Hause gekommen und hätten ihn zu einer Befragung mitnehmen wollen. Nach 15 Minuten Autofahrt seien sie an einem großen Haus angekommen, wo ein bewaffneter Mann gewartet habe. Die Polizisten hätten ihn in einem Zimmer eingesperrt und befragt. Sie hätten ihm vorgeworfen, 370 Kalaschnikow-Pistolen vom Mekennenich Training Center entwendet und an die Ginbot 7 in der Afar Zone geliefert zu haben. Nachdem der Kläger zu 1) diese Tat nicht zugegeben habe, sei er 28 Tage lang eingesperrt und regelmäßig geschlagen und geprügelt worden. Wenn er die Tat zugeben hätte, hätten sie ihn freigelassen. Einmal sei er mit einem Schlagstock zu Boden geschlagen worden, so dass er am rechten Auge geblutet habe. Während des Gesprächs deutete der Kläger zu 1) auf eine längere sichtbare glatte Narbe über dem rechten Auge.

Nachdem er freigelassen worden sei, habe er eine Verpflichtung unterschreiben sollen, dass er bei jeder Vorladung auf der Wache vorzusprechen habe.

Zunächst sei er auf Drängen seines Onkels nach … gegangen. Nach 10 Tagen habe er beschlossen, aus Furcht, erneut eingesperrt zu werden Äthiopien, zu verlassen. Das Geld für die Schlepper habe er teilweise von seinem Cousin bekommen. Er sei in den Sudan geflohen, wo er fünf Jahre lang gelebt habe. Im Jahr 2012 habe er geheiratet. In … habe ihm sein Arbeitgeber eine Arbeitserlaubnis besorgt, sodass er dort als Frisör habe arbeiten können.

In Bezug auf die „fünf-für-eins“ Gruppe gab der Kläger zu 1) an, diese sei gegründet worden, um Jugendliche über die Regierung zu informieren. Die Absicht der Regierung sei es gewesen, die Jugendlichen zu kontrollieren und Propaganda für die Regierung zu machen. Er habe im Rahmen seines Berufs so viel wie möglich Informationen sammeln und berichten sollen.

Die Bedingungen während der 28-tägigen Haft beschreibt der Kläger zu 1) damit, dass sein Zimmer sei ca. 4 m² groß gewesen sei mit einem kleinen Fenster und einer Tür, er habe regelmäßig Essen und Trinken bekommen.

Auf Nachfrage gab der Kläger zu 1) an, Kontakt zur Ginbot 7 Partei habe er nicht gehabt.

Der Kläger zu 1) gab an, man habe ihm in Äthiopien Vorwürfe gemacht, mit denen er sieben bis elf Jahre Freiheitsstrafe bekommen würde. Man habe ihn 28 Tage lang eingesperrt und das illegal und ohne Anklage, wenn er zurückkehren müsste, wäre das schlimm für ihn.

Er habe nun seine Frau und seine beiden Kinder in Deutschland.

Die Klägerin zu 2) gab bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 7. Oktober 2016 in … an, sie habe nie Papiere wie zum Beispiel einen Pass besessen. Befragt, warum sie keinen Kebele-Ausweis habe, gab sie an, sie habe keine Familie gehabt und sei lediglich als Haushaltsmädchen angestellt gewesen. Ohne Familie bekäme man auch keinen Kebele-Ausweis.

In Äthiopien habe sie in … zusammen mit einem Ehepaar und zwei Töchtern als Haushaltshilfe in einem Haus gewohnt. Von Äthiopien aus sei sie in den Sudan geflohen, wo sie von 2010 bis Januar 2015 gelebt habe. Danach habe sie sich für fünf Monate bis zum 4. Mai 2015 in Libyen aufgehalten. Nach Italien sei sie mit dem Boot über dem Meer drei Tage lang gefahren, am 7. Mai 2015 sei sie in Italien angekommen, sie glaube in Sizilien, dort sei sie in einer Kirche untergebracht gewesen. Über … sei sie eine Woche später am 14. Mai 2015 mit dem Zug nach Deutschland gelangt. Finanziert habe sie die Reise von ihren Ersparnissen aus Äthiopien und dem Sudan, die Reise hätte insgesamt 5.000 Birr gekostet.

Befragt zu ihrem Verfolgungsschicksal und ihren Ausreisegründen erklärt die Klägerin zu 2), dass es einerseits an der Beschneidung liegen würde, andererseits an der Zwangsheirat. Als Kind sei sie beschnitten worden. Mit 14 Jahren hätte sie ihre Mutter zwangsverheiraten wollen. Deshalb sei sie von ihrem Dorf aus nach … gegangen. Dort habe sie als Haushaltshilfe gearbeitet. Ihr Verdienst sei zwischen 100 und 150 äthiopischen Birr im Monat gewesen. Ihr Arbeitgeber habe ihr Sachen für die Schule gekauft und Essen gegeben. Er sei ein gutherziger Mensch gewesen. Ihre Situation als Haushaltshilfe würde sie dennoch als arm bezeichnen. Weil sie Streit mit ihrer Arbeitgeberin gehabt hätte, sei sie in den Sudan gegangen. Sie wolle nicht mehr nach Äthiopien zurückkehren, weil sie befürchte, dass ihren Kindern dasselbe Schicksal wie ihr drohe, nämlich Beschneidung und Zwangsverheiratung.

In Bezug auf die Geburt ihrer ersten Tochter im Sudan gab die Klägerin zu 2) an, dass die hygienischen Standards in Deutschland viel besser seien als im Sudan. Sie habe zwei Tage in den Wehen gelegen, ihr hätte aber niemand helfen können. Es habe Schwierigkeiten gegeben weil sie zu wenig Fruchtwasser gehabt habe und ihre Tochter bei den Wehen nach oben gedrückt worden sei. Ein Arzt habe einen Kaiserschnitt gemacht und ihre Tochter habe überlebt.

Nach der Geburt ihrer zweiten Tochter in Deutschland sei diese einen Monat auf der Intensivstation gewesen und in einem künstlichen Koma. Ein Attest der … vom 22. Juni 2016 bestätigt, dass eine engmaschige Überwachung der Klägerin zu 4) unbedingt erforderlich sei und diese im Heimatland nicht gewährleistet werden könne.

Seit der Geburt ihrer zweiten Tochter habe sie starke Rückenschmerzen. Des Weiteren bestehe der Verdacht auf Diabetes. Wegen ihrer Probleme bei den Geburten sei sie in laufender ärztlicher Behandlung bei der Gynäkologin.

Befragt, was sie zu befürchten hätte, wenn sie nach Äthiopien zurückkehren würde, gab die Klägerin zu 2) an, dass sie aufgrund ihrer Kinder von der Gesellschaft ausgegrenzt werden würde. Sie habe ihre Familie geschädigt, weil sie nicht getan habe, was diese wollten, also heiraten mit 14 Jahren.

Sie gibt weiterhin an, keine Verwandten mehr in Äthiopien zu habe. Seit sie das Dorf verlassen habe, habe sie keinen Kontakt mehr zu ihrer Mutter gehabt. Sie wisse nicht, ob sie noch lebe. Ihren Vater würde sie nicht kennen.

Die Kläger zu 1) und 2) gaben an, dass ihre Gründe auch für ihre Kinder gelten sollen.

Am 19. Oktober 2016 legte die Klägerin zu 2) ein Attest vor, das bescheinigt, dass an ihr eine Klitorektomie (Beschneidung) durchgeführt wurde.

Mit Bescheid vom 16. November 2016, lehnte das Bundesamt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab (Ziffer 1), lehnte den Antrag auf Asylanerkennung ab (Ziffer 2), erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Ziffer 3), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4), forderte die Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen und drohte andernfalls die Abschiebung nach Äthiopien oder in einen anderen zur Rücknahme bereiten oder verpflichteten Staat an (Ziffer 5) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es sei nicht glaubhaft gemacht worden, dass in der Vergangenheit im Heimatland eine Gefahr für die Zuerkennung internationalen Schutzes oder eine politische Verfolgung bestand oder unmittelbar drohe bzw. bei einer Rückkehr dorthin drohen würde. Die Gründe für das Verlassen des Heimatlandes würden mehr als sechs Jahre zurück liegen und seien vage gehalten und unrealistisch. Es sei noch keine Unterlagen vorgelegt worden, aus denen sich die Identität oder aber die Richtigkeit der Angaben überprüfen lasse.

In Bezug auf seine 28-tägige Inhaftierung bleibe der Kläger zu 1) bei der bloßen Verfolgungsbehauptung, ohne die von ihm geltend gemachten Ausreisegründe durch die Angaben von Details und näheren Begleitumständen auch glaubhaft zu machen oder nachweisen zu können.

Die Klägerin zu 2) gab an, dass sie seit ihrem 14. Lebensjahr als Haushaltshilfe gearbeitet habe und sehr arm gewesen sei. Auch im Sudan habe sie als Haushaltshilfe gearbeitet. Mit ihrer Aussage, dass ihre Töchter im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien beschnitten werden müssten, sei anzumerken, dass seit dem Jahr 2005 Beschneidung in Äthiopien strafbar sei.

Die Angaben der Kläger zu 1) und 2), den Kindern eine bessere Zukunft ermöglichen zu wollen, ließen den Schluss zu, dass sie rein aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland gereist seien.

Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 30. November 2016 ließen die Kläger Klage erheben.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass sich aus den Angaben der Kläger eindeutig eine Furcht vor politischer Verfolgung in Äthiopien ergebe. Auch die von der Klägerin zu 2) vorgetragenen Gründe wögen schwer. Sie habe ihre Gründe nachvollziehbar ausgeführt, dass sie nicht in eine Gesellschaft zurückkehren wolle, wo ihre Töchter gezwungen wären, sich beschneiden zu lassen. Der Vorhalt an die Klägerin zu 2), diese mache sich strafbar, weil Beschneidung in Äthiopien seit 2005 strafbar sei, verdrehe völlig den Sachverhalt. Die Klägerin sei gerade deshalb geflohen, um ihren Töchtern eine Beschneidung zu ersparen. Auch wenn diese in Äthiopien strafbar sei, so würde sie leider immer noch stattfinden.

Es wird beantragt,

  • 1.Der Bescheid der Beklagten vom 16. November 2016, Az.: …, wird aufgehoben.

  • 2.Die Beklagte wird verpflichtet, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen.

  • 3.Die Beklagte wird hilfsweise verpflichtet, anzuerkennen, dass hinsichtlich der Kläger Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Die Beklagte beantragt,

Die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Behörden- und die Gerichtsakten sowie auf die über die mündliche Verhandlung gefertigte Niederschrift.

Gründe

Die zulässigen Klagen sind unbegründet.

Der streitgegenständliche Bescheid vom 25. November 2016 ist im Umfange des Klagebegehrens rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO. Ihnen steht weder ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG (Hauptantrag) noch auf Zuerkennung des subsidiären Flüchtlingsstatus nach § 4 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG oder auf Feststellung des Vorliegens von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG (Hilfsanträge) zu.

I.

Vorliegend ist kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 Abs. 4, Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG gegeben.

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling i.S.d. Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung, wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Ergänzend hierzu bestimmt § 3a AsylG die Verfolgungshandlungen, § 3b AsylG die Verfolgungsgründe, § 3c AsylG die Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann, § 3d AsylG die Akteure, die Schutz bieten können und § 3e AsylG den internen Schutz.

§ 3a Abs. 3 AsylG regelt ausdrücklich, dass zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. den in § 3b AsylG genannten Verfolgungsgründen und den in § 3a Abs. 1 und Abs. 2 AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen muss.

Ausschlussgründe, wonach ein Ausländer nicht Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, sind in § 3 Abs. 2 und 3 AsylG geregelt.

Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des AufenthG.

Aus den in Art. 4 RL 2004/83/EG geregelten Mitwirkungs- und Darlegungsobliegenheiten des Asylbewerbers folgt, dass es auch unter Berücksichtigung der Vorgaben dieser Richtlinie Sache des Asylbewerbers ist, die Gründe für seine Flucht vor politischer Verfolgung schlüssig vorzutragen. Es ist daran festzuhalten, dass er dazu unter Angabe genauer Einzelheiten den in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern hat, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung eine politische Verfolgung droht. Hierzu gehört, dass der Asylbewerber zu den in seiner Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen.

Mit Rücksicht darauf, dass sich der Schutzsuchende vielfach hinsichtlich asylbegründender Vorgänge außerhalb des Gastlandes in einem gewissen, sachtypischen Beweisnotstand befindet, genügt bezüglich dieser Vorgänge für die nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO gebotene richterliche Überzeugungsgewissheit in der Regel die Glaubhaftmachung.

An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbeson-dere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (BVerfG, B.v. 29.11.1990, InfAuslR 1991, 94, 95; BVerwG, U.v. 30.10.1990, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG, 135).

1. a) Unter Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen steht zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) zur Überzeugung des Gerichts nicht fest, dass dem Kläger zu 1) im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dem Schutzbereich des § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG unterfallende Gefährdungen drohen.

Nach den Einlassungen des Klägers zu 1) in seiner Anhörung vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung geht das Gericht davon aus, dass der Kläger zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus Äthiopien nicht von einer politisch motivierten Verfolgung durch staatliche Stellen bedroht gewesen ist.

Es bestehen erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner Angaben. So ist bereits das vom Kläger behauptete Modell des „Fünf zu Eins“ nicht glaubhaft. Ausweislich allgemein zugänglicher Presseberichte gibt es das „Werkzeug“ „one in five“, wonach in jedem fünften äthiopischen Haushalt eine Person lebt, die die anderen vier Haushalte überwacht und jedes verdächtige regierungskritische Verlautbarung weitergibt (FAZ „Äthiopien am Abgrund: Mit jedem Toten wächst der Zorn“, 1. September 2016). Zu diesem „Werkzeug“ weist das Vorbringen des Klägers gewisse Ähnlichkeiten auf, verfehlt jedoch den Kern, da vier Haushalte ausspioniert werden und nicht alle fünf gemeinsam Informationen über die politische Haltung von Jugendlichen an staatliche Stellen gegen Gewährung von Kleinkrediten für ihre Unternehmen liefern. Die „Zählweise“ „one in five“ macht in der vom Kläger zu 1) beschriebenen Art keinen Sinn. Aus diesem Grund erscheint auch der Anlass für die behauptete Verhaftung nicht wahrscheinlich. Nicht nachvollziehbar ist, dass der Kläger zu 1), der zum Ort seiner Inhaftierung keinerlei Angaben machen kann, nach 28 Tagen wiederholter Verhöre freigekommen sein will, obwohl er den „Rat“, die Vorwürfe zuzugeben, gerade nicht befolgt haben will. Das geschilderte Verhalten der Sicherheitsbehörden (Freilassung und sofortige Suche nach dem Kläger ohne weiteren Anlass) erscheint vor dem Hintergrund, dass dann auch noch Onkel und Schwester an Stelle des Klägers zu 1) inhaftiert worden sein sollen, unwahrscheinlich. Insgesamt wirkt das geschilderte Verfolgungsschicksal konstruiert, was dadurch verstärkt wird, dass die Aussagen des Klägers zu 1) zu seiner Inhaftierung und der dort angeblich erlittenen starken körperlichen Misshandlung vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung floskelhaft und wenig anschaulich blieben.

Hinzu kommt die Behauptung des Klägers zu 1), alle persönlichen Dokumente und auch alle Telefonnummern seiner Verwandten auf der Flucht verloren zu haben. Er konnte auch in der mündlichen Verhandlung nicht erklären, warum es ihm nicht möglich war, mittlerweile wieder in den Besitz der (persönlich sehr wichtigen) Kontaktdaten zu kommen. Die Behauptung, über keinerlei persönliche Dokumente und Kontakte ins Heimatland zu verfügen, ist ein sehr häufiges Vorbringen äthiopischer Asylbewerber, welches die Aufklärung des behaupteten Verfolgungsschicksals verhindert. Die Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Vorbringens insgesamt werden dadurch gesteigert.

b) Dem Kläger zu 1) droht auch für den Fall einer Rückkehr nach Äthiopien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung durch staatliche Stellen aufgrund seiner exilpolitischen Arbeit für die EPPFG.

In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Dem Auswärtigen Amt liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Organisation im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt.

Von Bedeutung ist z.B. auch, ob und wie sich eine zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätigt. Die bloße Asylantragstellung im Ausland bleibt, soweit bekannt, ohne Konsequenzen.

Insgesamt ist den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Diaspora genau beobachtet bzw. durch die Auslandsvertretungen beobachten lässt. Spitzenpolitiker von Exilparteien, die der Regierung missliebig sind, müssen deshalb im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien mit Verfolgung rechnen. Auch Aktivisten, die sich im Ausland gegen die Regierung aussprechen, drohen in Äthiopien Verfolgungen auf Grund revolutionärer Absichten. Aktivitäten einfacher Parteimitglieder werden hingegen von den äthiopischen Behörden nicht registriert, da den Behörden dazu die Ressourcen fehlen. Es sind allerdings Einzelfälle bekannt geworden, in denen es trotzdem bei Rückkehr zu Verhaftungen gekommen ist. Andererseits sind zahlreiche Fälle von Mitgliedern von Exilparteien bekannt, die nach ihrer Rückkehr nach Äthiopien nicht belangt worden sind.

Insgesamt lässt sich nach Auffassung des Gerichts den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen im Wesentlichen entnehmen, dass jedenfalls Personen, die bereits in Äthiopien dem äthiopischen Staat regimekritisch aufgefallen sind und die sich hier in der Bundesrepublik Deutschland exponiert politisch betätigt haben und sich nicht nur als einfache Mitglieder oder bloße Mitläufer darstellen, bei einer Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben, zumal der äthiopische Staat in der Bundesrepublik Deutschland die Aktivitäten äthiopischer Staatsangehöriger genau überwacht (vgl. z.B. BayVGH, U.v. 25.2.2008, 21 B 07.30363; OVG Nordrhein-Westfalen, U.v. 17.8.1010, 8 A 4063/06.A).

Bei dem Kläger zu1), welcher zur Überzeugung des Gerichts nicht vorverfolgt ausgereist ist, handelt es sich jedoch nicht um ein derartig exponiertes, aus Sicht des äthiopischen Staates zu verfolgendes Mitglied einer exilpolitischen Organisation.

Allein durch die von dem Kläger zu 1) vorgetragenen und in der vorgelegten Bestätigung der EPPFG unbekannten Datums bescheinigten Aktivitäten des Klägers zu 1) lässt sich eine im Rahmen des § 3 Abs. 1 AsylG relevante Rückkehrgefährdung des Klägers zu 1) nicht bejahen.

Auf Grund des Eindrucks, den der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung gemacht hat und dessen Aussagen über seine bisherige politischen Aktivitäten geht das Gericht unter Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen davon aus, dass es sich bei dem Kläger zu 1) um einen politisch nicht über das „Normalmaß“ der hier in der Bundesrepublik Deutschland in exilpolitischen Organisationen engagierten äthiopischen Asylbewerber hinaus besonders politisch aktiven Menschen handelt, er vielmehr, auch für den äthiopischen Staat erkennbar, kein ernstzunehmender Regimegegner ist.

2. Es sind für das Gericht keine Gründe ersichtlich, dass die Klägerin zu 2) vorverfolgt ausgereist ist noch dass sie für den Fall ihrer Einreise nach Äthiopien mit der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG befürchten muss.

Grundsätzlich kann eine drohende Zwangsheirat ein Grund für eine Verfolgung im Heimatland sein (VG Ansbach, U.v. 16.3.2017 – AN 1 K 16.32047). Die Klägerin zu 2) hat jedoch selbst angegeben, sich einer solchen entziehen zu können, indem sie ihr Dorf, in dem ihre Familie lebte, verließ und nach … zog und dort auch längere Zeit unbehelligt lebte. Ihr stand somit eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung.

Die Klägerin zu 2) muss nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Zwangsheirat für den Fall ihrer Rückkehr nach Äthiopien befürchten.

Denn zum einen gab sie selbst an, zu ihrer Familie, die verantwortlich für die Pläne der Zwangsheirat gewesen sein soll, keinen Kontakt mehr zu haben.

Zum anderen ist sie nach übereinstimmenden Aussagen des Klägers zu 1) seit 2012 mit diesem verheiratet. Eine Zwangsverheiratung durch ihre Familie bei einer Rückkehr nach Äthiopien ist damit nicht wahrscheinlich.

3. Die Klägerinnen zu 3) und 4) müssen für den Fall ihrer Einreise nach Äthiopien nicht mit der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG befürchten. Der Vortrag, ihnen drohe eine Beschneidung in Äthiopien, erfüllt nicht die Voraussetzungen an eine geschlechtsspezifische Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure.

Zwar ist eine konkret drohende Beschneidung geeignet, Flüchtlingsschutz zu begründen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, U.v. 14.2.2014 – 1 A 1139/13.A -, juris Rn. 80; VG Aachen, U.v. 16.9.2014 – 2 K 2262/13.A -, juris Rn. 30 m.w.N.; VG Würzburg, U.v. 5.12.2014 – W 3 K 14.30001 -, juris Rn. 31 ff.; VG Ansbach, U.v. 24.9.2015 – AN 3 K 14.30480 -; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Juni 2014, § 3a AsylG Rn. 35).

Die Mutter der Klägerinnen zu 3) und 4) erklärte sowohl während der Anhörung beim Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung, sie sei gegen die FGM bei ihrer Tochter, da sie selbst beschnitten ist. Sie befürchte aber, ihre Töchter müssten bei einer Rückkehr nach Äthiopien auch beschnitten werden.

Nach den dem Gericht zur Verfügung stehenden und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Erkenntnisquellen ist die Durchführung einer FGM hauptsächlich von der Haltung der Mutter abhängig. Diese wird bei niedrigem Bildungsstand eine FGM eher durchführen lassen, eine höhere Bildung führt eher dazu, dass FGM ausbleibt (Terre des Femmes – Menschenrechte für die Frau e.V. – Äthiopien, 16.9.2015).

Aufgrund der mehrfach klar geäußerten Ablehnung der Eltern besteht nicht die erforderliche beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass den Klägerinnen zu 3) und 4) in Äthiopien eine Beschneidung droht, zumal sich langsam insgesamt ein Rückgang der Beschneidungen verzeichnen lässt (Bericht des Auswärtigen Amtes zur asyl- und abschieberelevanten Lage in Äthiopien vom 6. März 2017 II. 1. 1.8.1. S. 16; Terre des Femmes, a.a.O.). Warum eine FGM bei den Klägerinnen zu 3) und 4) gegen den klar geäußerten Willen der Eltern durchgeführt werden sollte bzw. es ihnen nicht möglich wäre, sich gegen entsprechende Erwartungen seitens der Familien durchzusetzen, wurde aus dem Vortrag der Mutter nicht deutlich. Zumal die Mutter auch angibt, sie habe keinen Kontakt mehr zu ihrer Familie und wisse nicht, ob diese noch lebe.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass dem klägerischen Vorbringen keinerlei eine im Rahmen des § 60 Abs. 1 AufenthG relevante Verfolgung/Gefährdung vor der Ausreise darlegende Gründe zu entnehmen sind.

Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen auf den angefochtenen Bundesamtsbescheid, § 77 Abs. 2 AsylG.

II.

Gründe für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor und wurden nicht vorgetragen.

III.

Auch nationale Abschiebungsverbote sind nicht gegeben.

1. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. No-vember 1950 (BGBl. 1952 II, S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

Mangels Erkennbarkeit diesbezüglich erforderlicher Anhaltspunkte ist festzustellen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind.

2. Ebenso wenig besteht im Falle der Kläger ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Es erscheint nicht beachtlich wahrscheinlich, dass für die Kläger im Falle ihrer Rückkehr nach Äthiopien eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.

In Bezug auf die Klägerin zu 4) liegt keine lebensbedrohliche Erkrankung vor, die nicht in Äthiopien behandelt werden könnte.

Aus den vorgelegten Attesten ergibt sich nicht, dass die Klägerin zu 4) an einer lebensbedrohlichen Erkrankung leidet, die in Äthiopien nicht behandelt werden kann. Des Weiteren wird nichts weiter geltend gemacht, was ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG rechtfertigen könnte.

Darüber hinaus, insbesondere in Bezug auf die Klägerin zu 2) wird auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheides Bezug genommen, § 77 Abs. 2 AsylG.

IV.

Auch die im angefochtenen Bescheid enthaltene Ausreiseaufforderung unter Abschiebungs-androhung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Voraussetzungen der §§ 34, 38 AsylG, 59 AufenthG liegen vor.

Auch das in Ziffer 6) des Bescheids angeordnete Einreise- und Aufenthaltsverbot begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

Die Dauer der Sperrfrist ist nicht zu beanstanden. Die Entscheidung der Beklagten, das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung zu befristen, lässt keine Ermessensfehler erkennen, die Entscheidung hält sich innerhalb der von § 11 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 AufenthG aufgezeigten Grenzen. Das Vorliegen besonderer Umstände wurde klägerseits weder vorgetragen noch ist es sonst ersichtlich. Die vorgenommene Befristung auf 30 Monate liegt in der Mitte des in § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG normierten Rahmens und begegnet daher keinen Bedenken.

Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt das Gericht Bezug auf die zutreffende Begründung des streitgegenständlichen Bescheids, § 77 Abs. 2 AsylG.

Die Klagen waren demnach abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 4 Subsidiärer Schutz


(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3 Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft


(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich1.aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 108


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 34 Abschiebungsandrohung


(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn 1. der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,2. dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wir

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3a Verfolgungshandlungen


(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die 1. auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3e Interner Schutz


(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er 1. in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und2. sicher und legal in diesen Landesteil r

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3b Verfolgungsgründe


(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen: 1. der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;2. der Begrif

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3c Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann


Die Verfolgung kann ausgehen von 1. dem Staat,2. Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder3. nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließl

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3d Akteure, die Schutz bieten können


(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden 1. vom Staat oder2. von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,sofern sie willens und in d

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 38 Ausreisefrist bei sonstiger Ablehnung und bei Rücknahme des Asylantrags


(1) In den sonstigen Fällen, in denen das Bundesamt den Ausländer nicht als Asylberechtigten anerkennt, beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist 30 Tage. Im Falle der Klageerhebung endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Ab

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Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 20. Juli 2017 - AN 3 K 16.32081 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 20. Juli 2017 - AN 3 K 16.32081 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 05. Dez. 2014 - W 3 K 14.30001

bei uns veröffentlicht am 05.12.2014

Tenor I. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 16. Dezember 2013 wird in Ziffern 1, 3, 4 und 5 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 4 i. V. m.

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 16. März 2017 - AN 1 K 16.32047

bei uns veröffentlicht am 16.03.2017

Tenor 1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 18.11.2016, Gz. 6458679 - 439, wird in den Ziffern 1. und 3. bis 6. aufgehoben. 2. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft ge

Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 16. Sept. 2014 - 2 K 2262/13.A

bei uns veröffentlicht am 16.09.2014

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung ode

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 14. Feb. 2014 - 1 A 1139/13.A

bei uns veröffentlicht am 14.02.2014

Tenor Das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 18. März 2013 – 23 K 6544/10.A – wird geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 2010 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen und

Referenzen

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:

1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;
2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind;
3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird;
4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn
a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und
b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft;
5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.

(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

Die Verfolgung kann ausgehen von

1.
dem Staat,
2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder
3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden

1.
vom Staat oder
2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
sofern sie willens und in der Lage sind, Schutz gemäß Absatz 2 zu bieten.

(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.

(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:

1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;
2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind;
3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird;
4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn
a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und
b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft;
5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.

(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

Tenor

1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 18.11.2016, Gz. 6458679 - 439, wird in den Ziffern 1. und 3. bis 6. aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

4. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die am …1983 geborene Klägerin ist iranische Staatsangehörige. Nach eigenen Angaben verließ sie ihr Heimatland am 24. Oktober 2015 und reiste am 21. Dezember 2015 auf dem Landweg in das Bundesgebiet ein.

Am 22. Juni 2016 beantragte die Klägerin politisches Asyl. Bei der Antragstellung gab sie an, konfessionslos zu sein.

Im Rahmen der Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge trug die Klägerin am 17. Oktober 2016 vor, im Iran in … gelebt zu haben. Dort wohne noch ihr Vater. Ihre Mutter sei nach Teheran gezogen, da ihr Vater die Mutter oft geschlagen habe. Zudem lebten im Iran noch drei Schwestern und die Großfamilie.

Sie habe im Iran als Zahnarzthelferin gearbeitet.

Ihr Vater sei drogensüchtig. Ihre Schwestern seien zur Hochzeit gezwungen worden. Am 16. Oktober 2015 habe ihr Vater von ihr verlangt, dessen 60jährigen Freund zu heiraten, der bereits zwei Frauen gehabt habe. Dies habe sie abgelehnt und daraufhin vier Tage Hausarrest erhalten. Sie habe Angst vor ihrem Vater gehabt und sei dann mit Hilfe ihrer Mutter in die Türkei geflüchtet. Sie habe Angst gehabt, dass ihr Vater sie umbringe. Eigentlich hätte sie bei ihrer Mutter bleiben wollen, jedoch Angst gehabt.

Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 18. November 2016 den Antrag auf Asylanerkennung ab. Die Flüchtlingseigenschaft und der subsidiäre Schutzstatus wurden nicht zuerkannt. Es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen. Die Klägerin wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheides zu verlassen. Die Abschiebung in den Iran oder in jeden anderen zur Aufnahme bereiten oder zur Aufnahme verpflichteten Staat wurde angedroht. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.

Die Klägerin ließ mit Schriftsatz ihres damaligen Bevollmächtigten vom 29. November 2016, eingegangen beim Verwaltungsgericht Ansbach am selben Tag, Klage erheben und beantragen,

  • 1.Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 18. November 2016 wird in Ziffern 1. und 3. bis 6. aufgehoben.

  • 2.Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wird verpflichtet festzustellen, dass die Klägerin international Schutzberechtigte gemäß § 3 AsylG i.V.m der Genfer Flüchtlingskonvention ist.

  • Hilfsweise wird beantragt, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu verpflichten festzustellen, dass die Klägerin subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 4 AsylG ist.

  • Weiter hilfsweise wird beantragt, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu verpflichten festzustellen, dass die Klägerin humanitären Abschiebungsschutz gemäß § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 AufenthG genießt.

  • 3.Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Zur Begründung der Klage wurde zunächst auf die Angaben der Klägerin im Rahmen der Vorprüfung verwiesen.

Mit weiterem Schriftsatz vom 5. Dezember 2016 wurde beantragt, der Klägerin Prozesskostenhilfe zu gewähren.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2016,

die Klage abzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 4. März 2017 zeigte sich die derzeitige Bevollmächtigte der Klägerin an und trug vor, die Klägerin habe ihr Heimatland verlassen, um nicht zwangsverheiratet zu werden. Dem Geschehen sei Gewalt durch den Vater in Form von Vergewaltigung und sexueller Nötigung vorangegangen. Hierzu habe die Klägerin in der Anhörung nichts gesagt, da der Dolmetscher erklärt habe, es käme nur darauf an, was in den letzten Tagen vor der Ausreise passiert sei.

Wie die Beklagte bereits festgestellt habe, könne die Klägerin nicht an ihren Wohnort zurückkehren.

Die Klägerin gehöre zum Volk der Bachtiaren; hier entscheide die Familie und wenn sich jemand dagegen wehre, sei der ganze Stamm gegen die Person. Auch greife hier die Polizei nicht ein.

Die Beklagte führe zu Unrecht aus, dass die Klägerin in Teheran leben könnte. Die Klägerin könne ohne fremde Hilfe, und diese habe sie nicht, finanziell nicht überleben, da Teheran zu teuer sei.

Wenn Sie eine Arbeit finde und legal arbeite, werde sie in der gesetzlichen Sozialversicherung registriert und ihr Volk werde sie finden. Nach der Flucht der Klägerin habe der Vater die Mutter und eine Schwester der Klägerin so geschlagen, dass sie nach Teheran geflüchtet seien. Sie seien dort gefunden und zurückgebracht worden. Ähnliches drohe der Klägerin.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 18. November 2016 ist in den Ziffern 1. und 3. bis 6. rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Die Klägerin hat einen Rechtsanspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG113 Abs. 5 VwGO).

Nach dieser Bestimmung ist einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wenn er sich

  • 1.aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe

  • 2.außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,

  • a)dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder

  • b)in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Mit der zum 1. Dezember 2013 in Kraft getretenen Neuregelung des § 3 Abs. 1 AsylG durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 wurden die europarechtlichen Vorgaben für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als Teil der Gewährung internationalen Schutzes aus der Richtlinie 2011/95/EU (nachfolgend: RL), welche die Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 (sog. Qualifikationsrichtlinie) abgelöst hat, im Asylverfahrensgesetz umgesetzt. Für die in der Neufassung inhaltlich geänderten Bestimmungen war den Mitgliedstaaten eine Umsetzungsfrist bis zum 21. Dezember 2013 eingeräumt worden (Art. 39 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU).

Nach § 3a Abs. 1 AsylG (vgl. Art. 9 Abs. 1 RL) gelten als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die

  • a)aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist oder

  • b)in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie beschriebenen Weise betroffen ist.

Als Verfolgung in diesem Sinne können nach § 3a Abs. 2 AsylG (vgl. Art. 9 Abs. 2 RL) unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

  • 1.die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,

  • 2.gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,

  • 3.unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,

  • 4.Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,

  • 5.Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Abs. 2 fallen,

  • 6.Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

Nach § 3a Abs. 3 AsylG (vgl. Art. 9 Abs. 3 RL) muss zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen.

Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ist gemäß § 3b AsylG Folgendes zu berücksichtigen:

  • 1.der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;

  • 2.der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind;

  • 3.der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird;

  • 4.eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn

  • a)die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und

  • b)ie Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird; als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft;

Durch § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG wird insbesondere klargestellt, dass auch jegliche an das Geschlecht anknüpfende Verfolgung eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe darstellt (sog. geschlechtsspezifische Verfolgung; vgl. Hofmann, Ausländerrecht, 2. A. 2016, Rn. 13 f. zu § 3b AsylG).

Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann, sind gemäß § 3c AsylG

  • 1.der Staat,

  • 2.Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder.

  • 3.nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

Nichtstaatlichen Akteure i.S. von § 3c Nr. 3 AsylG können somit auch private Personen sein (z.B. Familienmitglieder oder Stammesangehörige), was das Bundesamt jedoch im vorliegenden Bescheid nicht berücksichtigt hat. Das Bundesverwaltungsgericht hat zu der inhaltsgleichen Bestimmung des § 60 Abs. 1 Satz 4c AufenthG a.F. entschieden, dass unter diese schon ihrem Wortlaut nach einschränkungslos alle nichtstaatlichen Akteure, insbesondere also auch Einzelpersonen, von denen Verfolgungshandlungen ausgehen, fallen (BVerwG, U.v. 18.7.2006 - 1 C 15/05, BVerwGE 126, 243).

Die Furcht vor Verfolgung (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) ist begründet, wenn dem Ausländer die oben genannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich drohen.

Der in dem Tatbestandsmerkmal „… aus der begründeten Furcht vor Verfolgung …“ des Art. 2 Buchst. d) RL enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG übernommen worden ist, orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Er stellt bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr ab („real risk“; vgl. nur EGMR, Große Kammer, U.v. 28.2.2008 - Nr. 37201/06, Saadi - NVwZ 2008, 1330); das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U.v. 18.4.1996 - 9 C 77.95, Buchholz 402.240 § 53 AuslG 1990 Nr. 4; B.v. 7.2.2008 - 10 C 33.07, ZAR 2008, 192; U.v. 27.4.2010 - 10 C 5.09, BVerwGE 136, 377; U.v. 1.6.2011 - 10 C 25.10, BVerwGE 140, 22; U.v. 20.2.2013 - 10 C 23.12, NVwZ 2013, 936).

Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (BVerwG, U.v. 20.2.2013, a.a.O. und vom 5.11.1991 - 9 C 118.90, BVerwGE 89, 162).

Die Tatsache, dass ein Drittstaatsangehöriger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ist ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Flüchtlings vor Verfolgung begründet ist, bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Betroffene erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird (Art. 4 Abs. 4 RL).

Diese Vorschrift greift sowohl bei der Entscheidung über die Zuerkennung von Flüchtlingsschutz für einen Vorverfolgten (bzw. von Verfolgung unmittelbar Bedrohten) als auch bei der Prüfung der Gewährung subsidiären Schutzes zugunsten desjenigen, der bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. davon unmittelbar bedroht war. In beiden Varianten des internationalen Schutzes privilegiert sie den von ihr erfassten Personenkreis durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab, wie er in der deutschen asylrechtlichen Rechtsprechung entwickelt worden ist. Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Antragsteller eine widerlegbare tatsächliche Vermutung dafür, dass sie erneut von einer solchen Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht sind.

Art. 4 Abs. 4 RL ist Ausdruck des auch der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zum Asylgrundrecht zugrunde liegenden Gedankens, die Zumutbarkeit der Rückkehr danach differenzierend zu beurteilen, ob der Antragsteller bereits verfolgt worden ist oder nicht (grundlegend BVerfG, B.v. 2.7.1980 - 1 BvR 147, 181, 182/80 - BVerfGE 54, 341; dem folgend U.v. 31.3.1981 - 9 C 237.80 - Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 27). Die Nachweiserleichterung, die einen inneren Zusammenhang zwischen erlittener Vorverfolgung und befürchteter erneuter Verfolgung voraussetzt (BVerwG, U.v. 18.2.1997 - 9 C 9.96, BVerwGE 104, 97), beruht zum einen auf der tatsächlichen Erfahrung, dass sich Verfolgung nicht selten und Pogrome sogar typischerweise in gleicher oder ähnlicher Form wiederholen (BVerwG, U.v. 27.4.1982 - 9 C 308.81, BVerwGE 65, 250). Zum anderen widerspricht es dem humanitären Charakter des Asyls, demjenigen, der das Schicksal der Verfolgung bereits erlitten hat, wegen der meist schweren und bleibenden - auch seelischen - Folgen das Risiko einer Wiederholung aufzubürden (BVerwG, U.v. 18.2.1997 - 9 C 9.96, a.a.O.). Diese zum Asylgrundrecht entwickelte Rechtsprechung (zusammenfassend BVerwG, U.v. 25.9.1984 - 9 C 17.84, BVerwGE 70, 169 und v. 5.11.1991 - 9 C 118.90, BVerwGE 89, 162) wurde auf den Flüchtlingsschutz (Abschiebungsschutz aus politischen Gründen) gemäß § 51 Abs. 1 AuslG 1990 (BVerwG, U.v. 3.11.1992 - 9 C 21.92, BVerwGE 91, 150), nicht jedoch auf die Abschiebungsverbote des § 53 AuslG 1990 übertragen (BVerwG, U.v. 17.10.1995 - 9 C 9.95, BVerwGE 99, 324 zu § 53 Abs. 6 AuslG undvom 4.6.1996 - 9 C 134.95 - InfAuslR 1996, 289 zu § 53 Abs. 4 AuslG i.V.m. Art. 3 EMRK).

Art. 4 Abs. 4 RL privilegiert den Vorverfolgten bzw. Geschädigten jedoch auf andere Weise: Wer bereits Verfolgung bzw. einen ernsthaften Schaden erlitten hat, für den streitet die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Die Vorschrift misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei (vgl. EuGH, U.v. 2.3.2010 - Rs. C - 175/08 u.a., Abdulla). Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden. Es gelten nicht die strengen Maßstäbe, die bei fehlender Vorverfolgung anzulegen sind (EGMR, Große Kammer, U.v. 28.2.2008 - Nr. 37201/06, Saadi). Diese Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften. Diese Beurteilung obliegt tatrichterlicher Würdigung im Rahmen freier Beweiswürdigung. Die Vermutung des Art. 4 Abs. 4 RL kann im Einzelfall selbst dann widerlegt sein, wenn nach herkömmlicher Betrachtung keine hinreichende Sicherheit im Sinne des herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstabes bestünde. Dieser Maßstab hat bei der Prüfung der Flüchtlingsanerkennung und des subsidiären Schutzes keine Bedeutung mehr (zum Ganzen: BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 5/09, BVerwGE 136, 377).

Für das Eingreifen der Beweiserleichterung nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie ist nicht nur im Rahmen des Flüchtlingsschutzes sondern auch im Rahmen des subsidiären Schutzes erforderlich, dass ein innerer Zusammenhang zwischen dem früher erlittenen oder unmittelbar drohenden Schaden und dem befürchteten künftigen Schaden besteht. Denn die der Vorschrift zu Grunde liegende Vermutung, erneut von einer solchen Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht zu sein, beruht wesentlich auch auf der Vorstellung, dass eine Verfolgungs- oder Schadenswiederholung - bei gleichbleibender Ausgangssituation - aus tatsächlichen Gründen naheliegt (BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 4/09, BVerwGE 136, 360).

Bei Prüfung eines Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sind alle Akte zu berücksichtigen, denen der Kläger ausgesetzt war oder ausgesetzt zu werden droht, um festzustellen, ob unter Berücksichtigung seiner persönlichen Umstände diese Handlungen als Verfolgung im Sinne § 3a Abs. 1 AsylG (Art. 9 Abs. 1 RL) gelten können (vgl. U.v. EuGH vom 5.9.2012, a.a.O. Rn. 68). Liegt keine Verfolgungshandlung nach § 3a Abs. 1 AsylG vor, ist weiter zu prüfen, ob sich eine solche aus einer Gesamtbetrachtung nach § 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG (vgl. Art. 9 Abs. 1 Buchst. b RL) ergibt.

§ 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG erfasst Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen. Nach § 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG kann auch eine Kumulation unterschiedlicher Maßnahmen die Qualität einer Verletzungshandlung haben, wenn der Ausländer davon in ähnlicher Weise betroffen ist wie im Falle einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung nach Nr. 1. Die Maßnahmen im Sinne von Nr. 2 können Menschenrechtsverletzungen, aber auch Diskriminierungen sein, die für sich allein nicht die Qualität einer Menschenrechtsverletzung aufweisen.

In Nr. 1 beruht die Schwere der Eingriffshandlungen auf ihrer Art oder Wiederholung („nature or repetition“). Während die „Art“ der Handlung ein qualitatives Kriterium beschreibt, enthält der Begriff der „Wiederholung“ eine quantitative Dimension (so auch Hailbronner/Alt, in: Hailbronner, EU Immigration and Asylum Law, 2010, S. 1072 Rn. 30).

Setzt die Erfüllung des Tatbestandes von Nr. 1 mithin eine bestimmte gravierende Eingriffshandlung oder die Wiederholung gleichartiger Handlungen voraus, ermöglicht die Tatbestandsalternative der Nr. 2 in einer erweiterten Perspektive die Berücksichtigung einer Kumulation unterschiedlicher Eingriffshandlungen, wie sie beispielhaft in § 3a Abs. 2 AsylG (Art. 9 Abs. 2 RL) aufgeführt sind. Die Kumulationsbetrachtung entspricht auch dem Verständnis des UNHCR vom Verfolgungsbegriff in Art. 1 A Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, 1979, Rn. 53). In die nach § 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG (Art. 9 Abs. 1 Buchst. b RL) erforderliche Gesamtbetrachtung können insbesondere verschiedenartige Diskriminierungen gegenüber den Angehörigen einer bestimmten Glaubensgemeinschaft einbezogen werden, z.B. beim Zugang zu Bildungs- oder Gesundheitseinrichtungen, aber auch existenzielle berufliche oder wirtschaftliche Einschränkungen (vgl. UNHCR Richtlinie vom 28. April 2004 zur Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft aufgrund religiöser Verfolgung, HCR/GIP/04/06 Rn. 17). Die einzelnen Eingriffshandlungen müssen nicht für sich allein die Qualität einer Menschenrechtsverletzung aufweisen, in ihrer Gesamtheit aber eine Betroffenheit des Einzelnen bewirken, die der Eingriffsintensität einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung im Sinne von Buchstabe a entspricht.

Mit Rücksicht darauf, dass sich der Schutzsuchende vielfach hinsichtlich asylbegründender Vorgänge außerhalb des Gastlandes in einem gewissen sachtypischen Beweisnotstand befindet, genügt bezüglich dieser Vorgänge in der Regel die Glaubhaftmachung, die aber den Anforderungen des § 108 Abs. 1 VwGO entsprechen muss, wohingegen für Vorgänge innerhalb des Gastlandes grundsätzlich der volle Nachweis auf Grund von Tatsachen zu fordern ist (vgl. BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84, BVerwGE, 71, 180).

Bei der Feststellung der für eine Verfolgung im Herkunftsland im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG sprechenden Umstände kommt dem Vorbringen des Schutzsuchenden deshalb besondere Bedeutung zu. Er ist auf Grund der ihm obliegenden Mitwirkungspflichten gehalten, die in seine Sphäre fallenden tatsächlichen Umstände substantiiert und in sich stimmig zu schildern. Das Gericht muss sich die feste Überzeugung vom Wahrheitsgehalt des klägerischen Vorbringens verschaffen können (BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84, BVerwGE, 71, 180, 181 und vom 12.11.1985 - 9 C 27.85, EZAR 630 Nr. 23). Bei erheblichen Widersprüchen oder Steigerungen im Sachvortrag kann dem Schutzsuchenden nur geglaubt werden, wenn diese Unstimmigkeiten überzeugend aufgelöst werden (BVerwG, U.v. 16.4.1985, a.a.O., 183 und vom 23.2.1988 - 9 C 32.87, EZAR 630 Nr. 25).

Hiervon ausgehend kann die Klägerin die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG beanspruchen.

Sie hat in der mündlichen Verhandlung spontan, flüssig und auch emotional glaubhaft die Ereignisse im Iran geschildert, die sie zur Flucht aus ihrem Heimatland veranlasst haben. Dem glaubhaften Vortrag der Klägerin ist zu entnehmen, dass sie bis zu dem fluchtauslösenden Ereignis bei ihren Eltern gelebt hat. Da sie trotz des bereits erreichten Alters von über 30 Jahren noch nicht verheiratet gewesen sei, habe sie nicht alleine wohnen können. Der drogenabhängige Vater sei zu ihr und ihren Geschwistern immer sehr streng gewesen, es sei regelmäßig zu Schlägen und Misshandlungen gekommen. Widerspruch der Kinder sei nicht geduldet worden.

Auch die Mutter habe hierunter gelitten.

Diese Angaben stehen im Einklang den vorliegenden Erkenntnissen zu den patriarchalischen Strukturen und der hieraus folgenden Stellung der Frau im familiären Bereich im Iran, gerade in ländlichen Gebieten mit Stammesstrukturen (hier: Stamm der Bachtiaren; vgl. Österreichisches Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Iran vom 31.3.2016; Finnish Immigration Service, Violance against women and honour-related violence in Iran vom 26.6.2015).

Es ist deshalb auch ohne weiteres glaubhaft, dass der Vater der Klägerin es nicht länger akzeptieren wollte, dass die Klägerin mit 33 Jahren noch ledig war und anders als ihre bereits verheirateten älteren Schwestern deshalb auch weiterhin zu Hause bei ihren Eltern lebte. Auch die weiteren Schilderungen der Klägerin, ihr Vater sei der Meinung gewesen, sein Freund …, ein vermögender arabischer Volkszugehöriger, sei trotz seines deutlich höheren Alters eine „gute Partie“ für seine etwa 30 Jahre jüngere Tochter und eine Heirat mit … würde auch die finanziellen Probleme der Familie lösen, sind glaubhaft. Im Hinblick auf die von der Klägerin geschilderten Persönlichkeit ihres Vaters und dessen Stellung als Familienoberhaupt ist es deshalb ohne weiteres nachvollziehbar, dass der offene Widerspruch der Klägerin gegen den Wunsch des Vaters zu der von der Klägerin geschilderten heftigen Reaktion ihres Vaters mit anschließendem Hausarrest geführt hat. Das Gericht glaubt der Klägerin insbesondere auch, dass sie von ihrem Vater wegen ihres Verhaltens heftig geschlagen worden ist. Die Klägerin hat hierzu ein Lichtbild vorgelegt, das deutliche Verletzungen im Gesicht der Klägerin zeigt. Sie hat das Foto nach eigenen Angaben mit dem Smartphone aufgenommen, nachdem sie von ihrem Vater geschlagen und in ihr Zimmer gesperrt worden war. Anhaltspunkte, dass sich die Klägerin die Verletzung selbst zugefügt haben könnte oder diese aus anderem Anlass, z.B. erst auf der Flucht der Klägerin entstanden sein könnten, haben sich nicht ergeben.

Ebenso hat die Klägerin glaubhaft geschildert, dass sich ihre Mutter nicht in der Lage gesehen hat, ihre Tochter gegen den Heiratswunsch des Vaters der Klägerin zu unterstützen, obwohl sie selbst ebenfalls gegen eine Eheschließung gewesen wäre, und ihre Tochter vor dem Vater zu schützen. Auch die Umstände der Flucht, insbesondere ihre Erlebnisse nach der Ankunft als alleinreisende Frau in Teheran, hat die Klägerin lebhaft und lebensnah geschildert.

Zusammenfassend ist das Gericht deshalb davon überzeugt, dass die Klägerin im Iran gegen ihren Willen (zwangs-)verheiratet hätte werden sollen und dass sie - mangels Unterstützung im Familien- bzw. Stammeskreis - keine Möglichkeit gehabt hätte, sich diesem Wunsch ihres Vaters zu widersetzen, da ihr anderenfalls ernsthafte Konsequenzen in Form weiterer körperlicher Misshandlungen und schließlich der Verstoß aus dem Familien- bzw. Stammesverband gedroht hätten.

Eine Zwangsverheiratung beeinträchtigt die betroffene Frau in ihrem Recht auf individuelle und selbstbestimmte Lebensführung und in ihrem Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Die mit der Zwangsverheiratung verbundene Zwangslage liefert die Frau dauerhaft und ohne Aussicht auf Hilfe als reines Objekt der Befriedigung oder zu Fortpflanzungszwecken den sexuellen Trieben des auserwählten Ehemannes aus. Damit handelt es sich bei den mit einer aufgenötigten Eheschließung einhergehenden Rechtsverletzungen, die insbesondere auch die Anwendung physischer und psychischer Gewalt mit einschließen, um eine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte i.S.d. § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG (Art. 9 Abs. 1 lit. a RL 2011/95/EU). Zudem verstößt eine Zwangsheirat gegen Art. 16 Abs. 2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, wonach eine Ehe nur bei freier und uneingeschränkter Willenseinigung der künftigen Ehegatten geschlossen werden darf.

Die der Klägerin vor der Ausreise aus dem Iran drohende Verfolgungshandlung knüpft an den Verfolgungsgrund der Geschlechtszugehörigkeit und die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - ledige Frauen aus Familien, deren traditionelles Selbstverständnis auch eine Zwangsverheiratung gebietet - an. Damit drohte der Klägerin die konkrete Gefahr einer geschlechtsspezifischen Verfolgung, die sich unter § 3b Nr. 4 AsylG subsummieren lässt (vgl. Hofmann, Ausländerrecht, 2. A. 2016, Rn. 21 zu § 3b AsylG m.w.N.).

Die drohende Verfolgung ging vom Vater der Klägerin als nichtstaatlichem Akteur im Sinne des § 3c Nr. 3 AsylG aus.

Ein ausreichender Schutz der Klägerin vor der ihr drohenden Zwangsverheiratung im Iran ist nicht gewährleistet. Ein solcher effektiver Schutz läge vor, wenn der iranische Staat erwiesenermaßen in der Lage und willens wäre, Schutz vor der Verfolgung zu bieten (§ 3c Nr. 3 AsylG).

Der Schutz vor Verfolgung oder ernsthaftem Schaden muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Ein solcher Schutz wäre generell gewährleistet, wenn der iranische Staat geeignete Schritte einleitet, um die Verfolgung oder den ernsthaften Schaden zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen, und wenn die Klägerin Zugang zu diesem Schutz hätte (vgl. Art. 7 Abs. 2 RL 2011/95/EU).

Der iranische Staat ist jedoch weder in der Lage noch willens, Schutz vor Verfolgung durch Familienangehörige in Fällen von Zwangsverheiratung zu bieten. Nach der Auskunftslage (vgl. Auswärtiges Amt, Lageberichte vom 9.12.2015 und vom 8.12.2016; Österreichisches Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Iran vom 31.3.2016; Finnish Immigration Service, Violance against women and honour-related violence in Iran vom 26.6.2015) werden Frauen im Iran in Bezug auf Familien-, Zivil- und Strafrecht nach wie vor als Menschen zweiter Klasse behandelt. Infolge der islamischen Kulturrevolution wurde eine Reihe von diskriminierenden Gesetzen in Bezug auf Frauen erlassen. Grundlage hierfür ist die Auffassung, dass eine Frau das Eigentum ihres Mannes ist und ohne männlichen Vormund nichts tun kann. Vor Gericht zählen die Zeugenaussagen zweier Frauen so viel wie die eines Mannes. Eine Frau ist bei der Berechnung des Blutgeldes nur halb so viel wert wie ein Mann. Ein Ehemann hat das Recht zur Scheidung, ohne den Antrag begründen zu müssen, während Frauen nur eine begrenzte Anzahl von Gründen angeben können wie beispielsweise Drogensucht, Geisteskrankheit oder Impotenz des Ehemannes. Geht eine Frau wegen häuslicher Gewalt zur Polizei, wird sie regelmäßig zum Ehemann zurückgeschickt. Frauen können bei ehelicher oder häuslicher Gewalt nicht darauf vertrauen, dass effektiver staatlicher Schutz gewährt wird. Auch Frauen, die wegen Zwangsverheiratung zur Polizei gehen, werden zu ihrem Vater zurückgeschickt. Wehren sich Frauen gegen eine Zwangsheirat, droht ihnen zudem die Gefahr, von Familienangehörigen aus Gründen der Ehre ermordet zu werden. Bei dieser Auskunftslage kann von einem wirksamen Schutz vor Zwangsverheiratung im Iran nicht gesprochen werden (zum Ganzen: VG Stuttgart, U.v. 14.3.2011 - A 11 K 553/10, juris).

Für die Klägerin besteht auch keine Möglichkeit, internen Schutz nach § 3e AsylG in Anspruch zu nehmen. Die Möglichkeit eines Ausweichens innerhalb des Irans wird generell verneint (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 8.12.2016). Alleinstehende, nicht geschiedene Frauen haben Schwierigkeiten, selbstständig eine Wohnung zu mieten und alleine zu wohnen, da gesellschaftliche Normen verlangen, dass eine unverheiratete Frau im Schutze ihrer Familie oder eines männlichen Familienmitglieds lebt. Alleinstehende Frauen können im Iran Unterstützung vom Staat und der Gesellschaft nicht erwarten. Vorwiegend Frauen, denen kein familiärer Rückhalt zuteilwird und die außerhalb der gesellschaftlichen Normen leben, sind Diskriminierungen und Unterdrückung durch Staat und Gesellschaft ausgesetzt (Österreichisches Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Iran vom 31.3.2016; Finnish Immigration Service, Violance against women and honour-related violence in Iran vom 26.6.2015).

Falls der Klägerin angesonnen würde, sich abseits ihres familiären Umfeldes im Iran zu bewegen, liefe sie zudem Gefahr, vergewaltigt, ermordet oder Opfer von Menschenhändlern zu werden (VG Stuttgart, a.a.O.).

Da die Klägerin den Iran vor drohender Verfolgung verlassen hat, findet auf sie die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU Anwendung. Für sie streitet somit die tatsächliche Vermutung, dass sich die frühere Bedrohung bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen wird. Stichhaltige Gründe, die die Wiederholungsträchtigkeit der Verfolgung entkräften können, sind nicht ersichtlich.

Die Klägerin hat somit einen Anspruch auf Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 AsylG vorliegen. Auf den hilfsweise gestellten Antrag, der Klägerin subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylG zu gewähren bzw. das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festzustellen, kam es daher nicht mehr an (vgl. § 31 Abs. 3 Satz 2 AsylG; BVerwG, U.v. 26.6.2002 - 1 C 17.01).

Die Klage ist auch begründet, soweit die Aufhebung der Ziffern 4 und 5 des angefochtenen Bescheids des Bundesamts begehrt wird. Denn die Verpflichtung des Bundesamts zur Flüchtlingszuerkennung lässt die negative Feststellung des Bundesamts zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG angesichts des Eventualverhältnisses (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.1997 - 9 C 19/96, BVerwGE 104, 260) gegenstandslos werden, so dass der ablehnende Bescheid auch insoweit aufzuheben ist.

Entsprechendes gilt im Hinblick auf die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung im streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamtes (vgl. BVerwG, U.v. 28.4.1998 - 9 C 1/97, BVerwGE 106, 339 und U.v. 26.6.2002 - 1 C 17/01, BVerwGE 116, 326).

Denn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erlässt nach § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 und § 60 Abs. 10 AufenthG die Abschiebungsandrohung nur, wenn der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt und ihm die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt wird. Umgekehrt darf im Fall der Flüchtlingszuerkennung eine Abschiebungsandrohung nicht ergehen. Letzteres ist im gerichtlichen Verfahren - wenn auch noch nicht rechtskräftig - festgestellt worden.

Da für die Klägerin kein gesetzliches Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG besteht, ist auch die Ziffer 6 des angefochtenen Bescheides gegenstandslos und damit aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylVfG).

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 18. März 2013 – 23 K 6544/10.A – wird geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 2010 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen und ihr die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylVfG zuzuerkennen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.


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Tenor

I.

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 16. Dezember 2013 wird in Ziffern 1, 3, 4 und 5 aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 AsylVfG zuzuerkennen.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

I.

Die Klägerin ist am ... 2011 in Deutschland als Tochter ihrer äthiopischen Mutter geboren. Ihre Mutter betreibt derzeit unter dem Aktenzeichen W 3 K 13.30186 vor dem Verwaltungsgericht Würzburg eine Klage gegen ein ihr Asylbegehren ablehnenden Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) vom 24. Juni 2013.

Am 16. November 2011 zeigte die Regierung von Mittelfranken dem Bundesamt die Geburt der Klägerin an.

Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 12. Dezember 2012 ließ die Klägerin vortragen, ihr drohe im Fall der Rückkehr nach Äthiopien geschlechtsspezifische Verfolgung, da sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aufgrund der in Äthiopien herrschenden sozialen Normen beschnitten werden würde.

Mit Bescheid vom 16. Dezember 2013 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte ab und erkannte weder die Flüchtlingseigenschaft noch den subsidiären Schutzstatus zu. Zudem stellte sie fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen. Die Klägerin wurde unter Abschiebungsandrohung nach Äthiopien zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung aufgefordert. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Vater der Klägerin sei nicht bekannt. Für die Klägerin gelte gemäß § 14a Abs. 2 2. Alternative AsylVfG der Asylantrag als am 16. November 2011 gestellt. Auf die Durchführung eines Asylverfahrens für das Kind sei nicht verzichtet worden. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Anerkennung als Asylberechtigte lägen nicht vor, weil der abstrakte Hinweis auf die in Äthiopien herrschenden sozialen Normen, mit dem der Antrag begründet werde, nicht den Anforderungen genüge, die an eine substantiierte Sachverhaltsdarstellung zu stellen seien. Konkrete Sachverhalte bzw. Anhaltspunkte, aus denen erkennbar wäre, dass gerade der Klägerin die Gefahr der Genitalverstümmelung drohe, sei nicht geltend gemacht worden. Auch sei nicht geltend gemacht worden, dass die Mutter der Klägerin beabsichtigte, ihre Tochter bei einer Rückkehr nach Äthiopien einer Genitalverstümmelung unterziehen zu lassen. Die in Äthiopien herrschenden sozialen Normen hätten sich dahingehend stark verändert, dass die Praxis der weiblichen Genitalverstümmelung zunehmend rückläufig sei. Es sei nicht anzunehmen, dass die Mutter der Klägerin einem etwa von ihrer Verwandtschaft ausgehenden Druck, die Klägerin beschneiden zu lassen, nicht widerstehen könne.

II.

Gegen den am 18. Dezember 2013 als Einschreiben zur Post gegebene Bescheid ließ die Klägerin am 2. Januar 2014 Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg erheben und in der mündlichen Verhandlung insoweit zurücknehmen, als sie auf die Anerkennung der Klägerin als Asylsuchende gerichtet war. Zuletzt ließ die Klägerin beantragen:

Der Bescheid des Bundesamtes vom 16. Dezember 2013 wird in Ziffern 1, 3, 4 und 5 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 AsylVfG zuzuerkennen,

hilfsweise der Klägerin subsidiären Schutz gemäß § 4 Abs. 1 AsylVfG zuzuerkennen,

weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung wurde vorgetragen, die Mutter der Klägerin sei beschnitten. Kehrte die Klägerin alleine zurück, würde sie bestenfalls in die Ursprungsgegend der Familie der oromischen Mutter nach B. R. weitergereicht und dort von einer Familie aufgenommen werden. Sie würde dann zwangsläufig der Beschneidung unterzogen. Auch die Mutter wäre im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien gemeinsam mit der Klägerin nicht dazu in der Lage, diese dauerhaft vor ihrer Beschneidung zu schützen. Verhalte man sich in der äthiopischen Gesellschaft nicht normgemäß, erfolge ein Ausschluss aus der Gesellschaft. Die Beschneidung sei eine soziale Norm, die von der Gruppe gefordert und durchgesetzt werde. Ohne den familiären Rückhalt könne die Mutter der Klägerin allein stehend mit einem Kind nicht überleben.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 22. September 2014 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Verschiedene im Einzelnen benannte Auskünfte und Gutachten wurden zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

Im Übrigen wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 4. Dezember 2014, auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Parteien sowie auf den Inhalt der einschlägigen Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakte und die dazugehörigen Verwaltungsakten im Verfahren W 3 K 13.30186 Bezug genommen.

Gründe

Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung die Klage hat zurücknehmen lassen, ist das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist somit lediglich noch das Begehren der Klägerin, den Bescheid des Bundesamtes vom 16. Dezember 2013 in Ziffern 1, 3, 4 und 5 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 AsylVfG zuzuerkennen, hilfsweise der Klägerin subsidiären Schutz gemäß § 4 Abs. 1 AsylVfG zuzuerkennen, weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Die zulässige Klage, über die auch in Abwesenheit von Beteiligten verhandelt und entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist begründet. Die Klägerin hat unter insoweitiger Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 16. Dezember 2013 im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 16. Dezember 2013 ist, soweit er angegriffen ist und dem entgegensteht, rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Dies ergibt sich aus Folgendem:

Rechtsgrundlage für die begehrte Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist § 3 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes - AsylVfG i. d. F. d. Bek. vom 2. September 2008 (BGBl I S. 1798), zuletzt geändert durch Gesetz vom 31. Oktober 2014 (BGBl I S. 1649). Danach wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist, gemäß § 3 Abs. 4 AsylVfG die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention - GK -), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Nach § 3a Abs. 1 AsylVfG gelten als Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 AsylVfG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen sowie Handlungen, die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend sind, dass eine Person davon in ähnlicher Weise betroffen ist. § 3a Abs. 2 AsylVfG nennt Handlungen, die als Verfolgung in diesem Sinne gelten können, so z. B. die Anwendung physischer oder psychischer einschließlich sexueller Gewalt, gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden oder Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind. In § 3b Abs. 1 AsylVfG werden die in § 3 Abs. 1 AsylVfG verwendeten Begriffe Rasse, Religion, Nationalität, Gruppe und politische Überzeugung näher definiert. Gemäß § 3c AsylVfG kann eine solche Verfolgung ausgehen vom Staat, von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen oder unter bestimmten Voraussetzungen von nichtstaatlichen Akteuren. Dem gegenüber kann gemäß § 3d AsylVfG Schutz vor Verfolgung vom Staat oder von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, geboten werden, sofern sie willens und in der Lage sind, wirksamen Schutz vor Verfolgung nicht nur vorübergehender Art zu bieten. Auf dieser Grundlage wird gemäß § 3e AsylVfG dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylVfG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

Wird einem Ausländer auf dieser Grundlage die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, darf er gemäß § 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes - AufenthG - i. d. F. d. Bek. vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), zuletzt geändert mit Gesetz vom 6. September 2013 (BGBl I S. 3556) nicht in den Staat abgeschoben werden, in dem er in der beschriebenen Art und Weise bedroht ist.

Bei der Anwendung dieser Vorschriften können die von der Rechtsprechung und Literatur zu § 60 Abs. 1 AufenthG a. F. und zu § 51 Abs. 1 AuslG entwickelten Rechtsgrundsätze im Wesentlichen herangezogen werden, da inhaltlich an dieser Vorschriften angeknüpft wird. Demzufolge decken sich die Voraussetzungen von § 3 Abs. 1 AsylVfG mit denen nach Art. 16a Abs. 1 GG hinsichtlich der geschützten Rechtsgüter und des politischen Charakters der Verfolgung, wobei § 3 Abs. 1 AsylVfG insofern einen weitergehenden Schutz bietet, als auch selbstgeschaffene subjektive Nachfluchtgründe die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begründen können. Ein Kausalzusammenhang zwischen Verfolgung, Flucht und Asylantrag wird dabei nicht vorausgesetzt (vgl. BVerwG, B.v. 13.8.1990 - 9 B 100/90 - NVwZ-RR 1991, 215; BVerfG, B.v. 26.5.1993 - 2 BVR 20/93 - BayVBl 1993, 623).

Schutz nach § 3 Abs. 1 AsylVfG wird gewährt, wenn dem Schutzsuchenden bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände seines Falles mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit wegen der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG genannten Merkmale Rechtsverletzungen aufgrund von Handlungen im Sinne von § 3a AsylVfG durch einen Akteur im Sinne von § 3c AsylVfG in seinem Herkunftsland drohen, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung des Staates ausgrenzen, so dass ihm nicht zuzumuten ist, in sein Herkunftsland zurückzukehren (BVerfG, B.v. 10.7.1989 - 2 BVR 502, 1000, 961/86 - NVwZ 1990, 151 f.; BVerwG, U.v. 29.11.1987 - 1 C 33.71 - BVerwGE 55, 82, 83 m. w. N.).

Für den Erfolg des Antrags muss das Gericht die volle Überzeugung von der Wahrheit des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Schicksals und hinsichtlich der zu treffenden Prognose, dass diese die Gefahr politischer Verfolgung begründet, erlangen. Angesichts des sachtypischen Beweisnotstandes, in dem sich Asylsuchende insbesondere hinsichtlich asylbegründender Vorgänge im Verfolgerland befinden, kommt dabei dem persönlichen Vorbringen des Asylsuchenden und dessen Würdigung für die Überzeugungsbildung eine gesteigerte Bedeutung zu. Demgemäß setzt ein Anspruch auf der Grundlage von § 3 AsylVfG voraus, dass der Asylsuchende den Sachverhalt, der seine Verfolgungsfurcht begründen soll, schlüssig darlegt. Dabei ist es seine Sache, unter genauer Angabe von Einzelheiten und gegebenenfalls unter Ausräumung von Widersprüchen und Unstimmigkeiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, der geeignet ist, das Asylbegehren lückenlos zu tragen (BVerwG, U.v. 8.5.1984 - 9 C 141.83 - Buchholz § 108 VwGO Nr. 147).

An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnisse entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. BVerfG, B.v. 29.11.1990 - 2 BvR 1095/90 -InfAuslR 1991, 94, 95; BVerwG, U.v. 30.10.1990 - 9 C 72.89 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 135).

Dies zugrunde gelegt sind die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 AsylVfG zur Überzeugung des Gerichts im Fall der Klägerin erfüllt. Sie muss bei einem Aufenthalt in Äthiopien mit nichtstaatlichen Verfolgungsmaßnahmen in Form der Genitalverstümmelung rechnen, vor denen sie zu schützen staatliche Institutionen nicht in der Lage sind. Zudem ist keine inländische Fluchtalternative erkennbar.

Genitalverstümmelung ist als Verfolgungshandlung i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 3a Abs. 1 Nr. 6 AsylVfG einzustufen. Denn diese Handlung bezieht sich auf die Geschlechtszugehörigkeit, da sie allein an Frauen und Mädchen vorgenommen wird und werden kann. Sie ist gemäß § 3a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG so gravierend, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt, unabhängig davon, in welcher Form sie durchgeführt wird. Denn es geht hierbei um die Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit, also um eine gravierende Misshandlung; eine solche Maßnahme stellt generell Verfolgung dar (Marx, AsylVfG, Kommentar, 8. Aufl. 2014 § 3a Rn. 10 m. w. N.).

Demgegenüber kann nicht darauf abgestellt werden, dass eine Genitalverstümmelung den Zweck der Integration bzw. Inklusion der betroffenen Mädchen und Frauen in die jeweilige Gesellschaft als vollwertiges Mitglied verfolge und die Ächtung bzw. der Ausschluss der nicht verstümmelten Frauen mit seinen gegebenenfalls existenzbedrohenden Folgen keine Verfolgung sei. Die Genitalverstümmelung ist gerade darauf gerichtet, die sich weigernden Betroffenen den Traditionen zu unterwerfen und unter Missachtung des Selbstbestimmungsrechtes zu verstümmelten Objekten zu machen (VG Aachen, U.v. 10.5.2010 - 2 K 562/07.A - juris; VG Ansbach, U.v. 14.10.2010 - AN 18 K 10.30254 - juris).

Diese Verfolgung erfolgt wegen der Zugehörigkeit der betroffenen Frau zu einer bestimmten sozialen Gruppe i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 3b Abs. 1 Nr. 4, 4. Halbsatz AsylVfG; hiernach gilt eine Gruppe insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtlichen Identität anknüpft. Dies ist bei der weiblichen Genitalverstümmelung der Fall, da sie allein an das Geschlecht anknüpft.

Bei einem Aufenthalt in Äthiopien muss die Klägerin konkret mit einer derartigen Verfolgung rechnen, so dass sie zu Recht eine begründete Furcht vor Verfolgung in diesem Sinne hat.

Weibliche Genitalverstümmelung wird in Äthiopien vorgenommen.

Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes zu Äthiopien (Stand Februar 2014) ist die Genitalverstümmelung seit der Reformierung des Strafgesetzbuches im Jahr 2005 gemäß Art. 565 mit Geldstrafe ab 500 Birr (ca. 20,00 EUR) oder mindestens dreimonatiger, in besonders schweren Fällen mit bis zu zehn Jahren Gefängnisstrafe bedroht. Trotz sinkender Zahlen - nach unterschiedlichen Quellen hat sich die Zahl der Neuverstümmelungen inzwischen auf zwischen 25% und 40% der Mädchen verringert - ist Genitalverstümmelung nach wie vor mit großen regionalen Unterschieden weitverbreitet (Zahlen schwanken auch hier zwischen 56% und über 70% landesweit). Am häufigsten ist sie in ländlichen Gebieten der an Dschibuti und Somalia grenzenden Regionen Somali und Afar sowie in der gesamten Region Oromia anzutreffen. In den Grenzregionen Tigray (Grenze zu Eritrea) und Gambela (Grenze zu Südsudan) ist sie am wenigsten verbreitet. Die Regierung sowie äthiopische und internationale Organisationen führen Kampagnen gegen Genitalverstümmelung durch.

Nach der Informationsschrift des Bundesamtes „Geschlechtsspezifische Verfolgung in ausgewählten Herkunftsländern“, April 2010, ist Genitalverstümmelung von Frauen und Mädchen in Äthiopien noch weitverbreitet. Laut einer Studie aus dem Jahr 2005 sind 74% der weiblichen Bevölkerung in Äthiopien von Genitalverstümmelung betroffen. In den Regionen Somali, Afar und Dire Dawa sind nahezu alle Frauen von Genitalverstümmelung betroffen, in Oromia und Harari noch mehr als 80%. Die geringsten Raten gibt es in den Regionen Tigray und Gambela mit 29% bzw. 27%. Im Süden des Landes wird weibliche Genitalverstümmelung bei manchen ethnischen Gruppen gar nicht praktiziert. Die Genitalverstümmelung wird meist von traditionellen Hebammen durchgeführt, die oft zuhause und unter sehr unhygienischen Bedingungen arbeiten. Es werden verschiedene Formen der Genitalverstümmelung vorgenommen. Das Alter, in dem der Eingriff vorgenommen wird, ist regional unterschiedlich: In Amhara und Tigray werden Mädchen im 1. Lebensjahr verstümmelt, während sie bei den Somali, Afar und Oromo zwischen sieben und neun Jahre alt sind. Im Jahr 2004 erließ die äthiopische Regierung ein Gesetz gegen die weibliche Genitalverstümmelung, die Strafandrohung liegt zwischen drei Monaten und zehn Jahren Freiheitsstrafe. Außerdem versucht die Regierung durch Presseartikel und Regierungszeitungen dieser Praxis entgegenzuwirken. Darüber hinaus fördert und unterstützt sie NGOs, die Frauen, Lehrer und Dorfvorsteher über die Gefahren der Genitalverstümmelung aufklären. Erste positive Ergebnisse zeigen eine UNICEF-Studie von 2005, in der festgestellt wurde, dass die Unterstützung von weiblicher Genitalverstümmelung bezogen auf ganz Äthiopien abgenommen hat. 2005 ließen 38% der Mütter mindestens eine Tochter genital verstümmeln gegenüber 52% im Jahr 2000. Frauen mit höherem Bildungsgrad und aus einer städtischen Umgebung sind dabei eher bereit, die Genitalverstümmelung aufzugeben. Ein effektiver Schutz gegen die zwangsweise Durchsetzung der Genitalverstümmelung durch staatliche Stellen oder NGOs ist allerdings noch nicht zu erwarten.

Gemäß einer Anfragebeantwortung von ACCORD vom 27. Oktober 2014 „Informationen zur Lage von Frauen mit und ohne familiäre Anknüpfungspunkte bei einer Rückkehr; Lage von Angehörigen der Oromo“ wird ein Bericht von UN-Frauen vom September 2013 zitiert. Hiernach betreffen schädliche traditionelle Praktiken, darunter weibliche Genitalverstümmelungen und Kinderheirat am Land lebende Frauen und Mädchen unverhältnismäßig oft. Obwohl ein genereller politischer Wille besteht, sich mit dem Thema Geschlechterungleichheit zu befassen, sind nur eingeschränkt Kapazitäten zur Finanzierung und Umsetzung von Eingriffen auf Gemeindeebene hinsichtlich gefährdeter Frauen verfügbar.

Nach einer Auskunft des Instituts für Afrikakunde (GIGA) vom 6. September 2006 an das Verwaltungsgericht Ansbach ist die Genitalverstümmelung in Äthiopien auch nach dem Regierungswechsel von 1991 weitverbreitet. Nach einer Erhebung des Ethiopian Demographic and Health Survey aus dem Jahr 2000 sind 80% der Mädchen und Frauen von dieser Praxis betroffen, nach einem Unicef-Bericht aus dem Jahr 2004 sind es in Oromia sogar 99%. Die Verstümmelung wird bei den Oromos meist im Alter zwischen vier Jahren und dem Beginn der Pupertät durchgeführt. Es gibt in Äthiopien zahlreiche Nichtregierungsorganisationen, die sich gegen die Verstümmelung von Mädchen engagieren und auch im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit tätig sind. Allerdings handelt es sich bei der Praxis um einen Brauch, der bereits seit vorchristlichen und vorislamischen Zeiten in der Region existiert, somit tief in der Kultur verwurzelt ist und daher nur sehr langsam abzuschaffen sein wird, zumal auch viele Frauen selbst hinter der Praxis stehen, die durch hygienische, ästhetische, religiöse und kulturelle Faktoren gerechtfertigt wird. Daher vermögen auch die existierenden Organisationen, die gegen die Genitalverstümmelung eintreten und auch potentiellen Opfern Schutz zu bieten versuchen, keineswegs flächendeckend, sondern allenfalls punktuell Hilfe zu leisten. Es lässt sich am ehesten ein Erfolg bei den Reduzierungen der Genitalverstümmelung im städtischen Umfeld bei Personen mit höherem Bildungsgrad feststellen, nicht jedoch in ländlichen Gebieten. Die Genitalverstümmelungen finden im privaten Raum statt und werden von traditionellen „Beschneiderinnen“ durchgeführt, so dass diese Tradition allein durch die Gesetzgebung nicht unterbunden werden kann. Die Zuverlässigkeit der erhobenen Zahlen hinsichtlich der verstümmelten Frauen und Mädchen und der Neuverstümmelungen ist allerdings nicht gewährleistet, da davon auszugehen ist, dass bei Umfragen teilweise falsche Angaben gemacht werden, um etwaige behördliche Sanktionen zu vermeiden.

Nach dem Bericht von Forward Germany e.V. vom 10. Oktober 2010 (vgl. hierzu VG Ansbach, U.v. 14.10.2010 - AN 18 K 10.30254 - juris Rn. 29) sind die Mütter für die Jungfräulichkeit des Mädchens verantwortlich. Mit allen Mitteln wachen sie darüber und haben somit die absolute Kontrolle über die Mädchen und deren Sexualität. Die Prüfung der Jungfräulichkeit und des Grades der Genitalverstümmelung kann auch von der zukünftigen Schwiegermutter vorgenommen werden. Die Mädchen können keine Anzeige gegen ihre Familie erstatten, da sie mit Sicherheit schlimmste Folgen von Bestrafung erleben werden, wie die Tötung durch die eigenen Familien, wegen Ungehorsamkeit, egal ob die Familie dabei auf dem Land oder in der Großstadt lebt. Das Verlassen der Region, in der sich ein Mädchen oder eine junge Frau befindet, ist für eine Familie kein Hindernis, um das ungehorsame Mädchen seiner Strafe zuzuführen. Wenn ein Mädchen oder eine junge Frau den direkten Einzugsbereich der Familie verlässt, ist sie so noch lange nicht in Sicherheit und kann auch nicht unbehelligt ihr Leben führen. Das Mädchen verkörpert direkt die Ehre der Familie, die sie verletzt, wenn sie sich nicht dem Willen der Familie unterordnet und sogar noch flieht.

Nach einem Gutachten von amnesty international für das VG München vom 5. Oktober 2004 sind in Oromia 99% der Mädchen verstümmelt. Die Praxis der Genitalverstümmelung ist bei allen Religionsgemeinschaften verbreitet.

Aus diesen Berichten und Auskünften ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts, dass die Genitalverstümmelung bei Frauen und Mädchen in Äthiopien auch derzeit vielfach vorgenommen wird, insbesondere in ländlichen Gebieten. Sie wird innerhalb der (Groß-)Familie gefördert und gefordert, es wird diesbezüglich ein extrem starker sozialer Druck ausgeübt. Allerdings betrifft die weibliche Genitalverstümmelung nicht unterschiedslos (fast) alle Frauen in Äthiopien, da die Anzahl der Neuverstümmelungen inzwischen deutlich unter 50% liegen und es sich somit lediglich um eine deutliche Anzahl individueller Übergriffe handelt.

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin deutlich machen können, dass auch sie persönlich bei einem Aufenthalt in Äthiopien in die konkrete Gefahr kommen würde, einer Genitalverstümmelung unterzogen zu werden. Die Familie der Klägerin stammt aus einem ländlichen Gebiet, nämlich aus dem Ort B. R. bzw. dessen Umgebung im Bundesstaat Oromia. Sie gehört zur Ethnie der Oromos, bei der - wie oben dargelegt - die Genitalverstümmelung besonders weit verbreitet ist. Die Klägerin hat mittels einer fachärztlichen Bescheinigung der Ärztin B. K. vom 28. November 2014 (vgl. Verfahren W 3 K 13.30186) dargelegt, dass ihre Mutter einer Genitalverstümmelung unterzogen worden ist. Dies hat die Mutter der Klägerin, die Klägerin im Verfahren W 3 K 13.30186, durch eigene Schilderungen des Vorgangs untermauert und zudem glaubhaft erläutert, dass die Genitalverstümmelung in ihrer Familie traditionell vorgenommen wurde und wird, so auch an ihren weiblichen Geschwistern und bei weiteren Kindern. Weiterhin hat die Mutter der Klägerin glaubhaft dargestellt, dass ihr Onkel, der nach dem Tod ihres Vaters für die Familie verantwortlich ist, ebenfalls die Genitalverstümmelung unterstützt. Auch für die Großmutter der Klägerin sei die Genitalverstümmelung der Mutter der Klägerin nicht schlimm gewesen.

Damit hat die Klägerin glaubhaft dargelegt, dass sie bei einem Aufenthalt im Rahmen ihrer (Groß-)Familie sich einer Genitalverstümmelung nicht wird entziehen können, obwohl ihre Mutter die Genitalverstümmelung ablehnt. Denn zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass die Mutter der Klägerin als alleinstehende Frau in der patriarchalisch dominierten und von Traditionen stark geprägten Gesellschaft ihres Dorfes und ihrer Großfamilie gegenüber den maßgeblichen - insbesondere älteren und männlichen - Leitfiguren keine greifbare Möglichkeit hätte, die Genitalverstümmelung der Klägerin zu verhindern.

Aus den oben genannten Quellen ergibt sich zudem, dass staatliche äthiopische Stellen oder internationale Organisationen nicht effektiv in der Lage sind, der Klägerin gemäß § 3c Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG vor nichtstaatlichen Akteuren, hier vor den Mitgliedern der Familie und der Gesellschaft der Oromos, Schutz vor Verfolgung zu bieten (vgl. hierzu auch VG Wiesbaden, U.v. 22.10.2013 - 5 K 1230/12.WI.A-n.v.). Demgegenüber kann das Gericht der Haltung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes in seinem Beschluss vom 3. Februar 2006 (9 ZB 05.31075 - juris Rn. 18) nicht folgen; hier stellt der Bayer. Verwaltungsgerichtshof auf eine Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG München vom 24. Januar 2005 ab, wonach Nichtregierungsorganisationen mit sozialem Aufgabengebiet von Genitalverstümmelung bedrohten Mädchen Zuflucht, zum Teil sogar langfristige Zuflucht bieten. Die Auskunft, auf die sich der Bayer. Verwaltungsgerichtshof bezieht, ist zu allgemein gehalten, als dass ihr konkrete Schutzmöglichkeiten entnommen werden könnten. Zudem steht diese Auskunft im Widerspruch zu den oben genannten Unterlagen, die detailliert darlegen, warum kein flächendeckender Schutz durch Nichtregierungsorganisationen und Regierungsorganisationen vor Genitalverstümmelung vorhanden ist. Die Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 24. Januar 2005 ist zu oberflächlich und zu unkonkret, als dass sie die detaillierten oben genannten Informationen in Frage stellen könnte.

Eine theoretisch denkbare Rückkehr der Klägerin allein ohne ihre Mutter würde dazu führen, dass sie zwangsläufig als Kind von ihrer Großfamilie aufgenommen werden würde und sich somit ebenfalls nicht der für die Großfamilie zwingenden Genitalverstümmelung entziehen könnte.

Eine inländische Fluchtalternative, beispielsweise in Addis Abeba, ist für die Klägerin und ihre Mutter nicht erkennbar.

Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand Februar 2014, besteht grundsätzlich die Möglichkeit für Opfer staatlicher Repressionen, ihren Wohnsitz in andere Landesteile zu verlegen und somit einer lokalen Bedrohungssituation zu entgehen. Allerdings ist die Gründung einer neuen wirtschaftlichen und sozialen Existenz in anderen Landesteilen angesichts des niedrigen Existenzniveaus, der Schwierigkeit, Land zu erwerben sowie aufgrund ethnischer und sprachlicher Abgrenzungen schwierig. In den größeren Städten ist ein wirtschaftlicher Neuanfang und Vergleich leichter möglich.

Nach der Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (Äthiopien: Rückkehr einer jungen, alleinstehenden Frau vom 13. Oktober 2009) ist ein Leben für besonders verletzliche Personen, die über kein soziales Netzwerk verfügen und sich das Existenzminimum nicht sichern können, in Äthiopien unzumutbar. Zu diesen Personen gehören u. a. Kinder und alleinstehende Frauen, die weder über eigenes Vermögen noch über familiären Rückhalt verfügen. Die Mehrzahl der Frauen, die alleine in die Stadt kommen, landen in der Prostitution oder als Bedienstete in Haushalten, wo sie verschiedenen Formen der Gewalt ausgesetzt sind. Es ist für alleinstehende Frauen schwierig, sowohl Unterkunft wie auch Arbeitsplatz zu finden. Auch die Wohnungssuche ist ohne Unterstützung von Bekannten schwierig. Nach der Auskunft von ACCORD vom 27. Oktober 2014 (Anfragebeantwortung zu Äthiopien: Informationen zur Lage von Frauen mit und ohne familiäre Anknüpfungspunkte bei einer Rückkehr) sind außereheliche Kinder in Äthiopien ein Tabu. Dies ist nicht akzeptabel, der Großteil dieser Frauen werden als Sexarbeiterin angesehen. Arbeitsmöglichkeiten für alleinstehende Frauen sind nicht vorhanden. Gemäß einer Auskunft von amnesty international vom 5. Oktober 2004 an das Verwaltungsgericht Würzburg dürfte es ohne die Unterstützung der Großfamilie einem Paar mit zwei Kindern kaum möglich sein, sich in Addis Abeba eine Existenz aufzubauen.

Dies macht deutlich, dass es für die Klägerin und ihre Mutter nicht denkbar ist, unabhängig von der (Groß-)Familie andernorts in Äthiopien eine Existenz aufzubauen, zumal es sich um eine alleinstehende Frau mit zwei Kleinkindern handelt. Damit ist die Möglichkeit eines internen Schutzes nach § 3e Abs. 1 AsylVfG nicht erkennbar.

Aus alledem ergibt sich, dass die Klägerin bei einem Aufenthalt in Äthiopien in die konkrete Gefahr einer Genitalverstümmelung geraten würde. Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 4 AsylVfG sind somit gegeben. Deshalb war die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 16. Dezember 2013 in Ziffern 1, 3, 4 und 5 zu verpflichten, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 AsylVfG zuzuerkennen. Über die Hilfsanträge musste deshalb nicht mehr entschieden werden. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1, § 83b AsylVfG, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) In den sonstigen Fällen, in denen das Bundesamt den Ausländer nicht als Asylberechtigten anerkennt, beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist 30 Tage. Im Falle der Klageerhebung endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.

(2) Im Falle der Rücknahme des Asylantrags vor der Entscheidung des Bundesamtes oder der Einstellung des Verfahrens beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(3) Im Falle der Rücknahme des Asylantrags oder der Klage oder des Verzichts auf die Durchführung des Asylverfahrens nach § 14a Absatz 3 kann dem Ausländer eine Ausreisefrist bis zu drei Monaten eingeräumt werden, wenn er sich zur freiwilligen Ausreise bereit erklärt.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.