Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 25. Apr. 2019 - AN 16 K 17.01038

bei uns veröffentlicht am25.04.2019

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

Der Kläger und der Beklagte streiten um den Widerruf einer waffenrechtlichen und einer sprengstoffrechtlichen Erlaubnis.

Der am …1986 in … geborene Kläger erhielt von der Stadt … am 6. Juni 2012 eine Waffenbesitzkarte mit der Nummer …, in der im Zeitpunkt des Widerrufes der Erlaubnis zwei Repetierbüchsen, eine Doppelflinte und eine halbautomatische Pistole eingetragen waren. Vom Landkreis … erhielt er am 8. Mai 2012 einen Jagdschein mit der Nummer … Weiter ist er im Besitz einer Erlaubnis nach § 27 SprengG Nr. …, die er vom Kreis … am 14. Oktober 2013 erhielt und die bis zum 31. Oktober 2018 gültig war.

Im Rahmen der Prüfung der jagdrechtlichen Zuverlässigkeit gab der Kläger gegenüber der Kriminalpolizeiinspektion … am 10. April 2015 im Wesentlichen an, dass er Vorstand des Vereins „Identitäre Bewegung Deutschland e.V.“ und seit Juli 2014 auch Bundesleiter dieser Identitäten Bewegung (IBD) sei. Eine Anfrage beim Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz ergab seinerzeit, dass diese Vereinigung zum 19. Mai 2015 noch nicht als Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes galt. Dem Kläger wurde daraufhin der am 8. Mai 2012 erteilte Jagdschein Nummer … bis zum 31. März 2018 verlängert.

Mit E-Mail vom 12. August 2016 teilte das Bayerische Staatsministerium des Innern mit, dass die Identitäre Bewegung Deutschland e.V. zum Beobachtungsobjekt des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz und des Bundesamtes für Verfassungsschutz erklärt worden sei. Unter dem 18. August 2016 informierte das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz, dass die Identitäre Bewegung Deutschland e.V. sowohl vom Bundesamt für Verfassungsschutz als auch vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz „als rechtsextremistische Organisation beobachtet“ werde. Diese Organisation habe seit Anfang 2015 in Bayern zunehmend öffentliche Aktivitäten entfaltet, während sie zuvor vornehmlich im Internet und in sozialen Medien in Erscheinung getreten sei. Es herrsche eine starke Nähe zum biologistischen Denken und zur völkischen Ideologie von Rechtsextremisten vor. Einzelne personelle Verflechtungen mit rechtsextremistischen Parteien und Gruppierungen im In- und Ausland seien feststellbar. Zusammenfassend werde mitgeteilt, dass in der Gesamtschau „hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung“ vorlägen.

Zum Kläger teilte das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz ebenfalls am 18. August 2016 mit, dass er eine Leitungsfunktion innerhalb dieser Organisation einnehme. Er beteilige sich auch bei größeren Veranstaltungen, wie z.B. am 27. Februar 2016 in … In Einzelfällen agiere er auch im Vordergrund. So sei er etwa Anmelder einer Kundgebung unter dem Motto „Integration ist eine Lüge - Remigration“ am 31. Juli 2016 in … gewesen. Teilweise sei er auch in provokanter Art und Weise in Erscheinung getreten, so etwa als Störer des Vortrages von … im April 2016 in … Das Landratsamt … beabsichtigte am 6. Oktober 2016, die Waffenaufbewahrung des Klägers unangemeldet zu kontrollieren. Er sei aber nicht zuhause gewesen. Auf seinem Briefkasten sei das Symbol der Identitären Bewegung Deutschland e.V. angebracht gewesen. Auf schriftliche Ankündigung hin wurde ein weiterer Termin für den 25. Oktober 2016 vereinbart, wobei aber keinerlei Verstöße gegen waffenrechtliche Vorschriften festgestellt werden konnten. Sprengstoff sei nicht gefunden worden.

Die vom Landratsamt … angeforderten Strafakten enthielten verschiedene Erkenntnisse. Demzufolge wurde er mit Strafbefehl des Amtsgerichts … in … vom 24. August 2016 Az. …, nach Rücknahme des Einspruches rechtskräftig seit dem 27. September 2016, zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 20 EUR verurteilt, weil er in … am 28. Juni 2015 gemeinschaftlich handelnd mit anderen ein Vergehen des Hausfriedensbruches begangen habe, als diese mittels einer Leiter auf den Außenbalkon des …in der …straße in … geklettert seien und dort „ein Plakat der sog. Identitären Bewegung“ aufgehängt hätten. Der Kläger selbst habe sich vor dem Hause aufgehalten und sich verbal - mittels Megaphon - im Sinne des politischen Inhaltes dieser Aktion geäußert. In den vom Landratsamt … angeforderten Unterlagen finden sich weitere Auskünfte gemäß § 5 Abs. 5 Satz 1 Nummern 1 bis 3 WaffG zu polizeilichen oder staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren gegen den Kläger im Zusammenhang mit Aktionen der Identitären Bewegung e.V., die zumeist nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden oder im Einzelfall auf den Privatklageweg verwiesen worden sind. Hierauf wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 16. Dezember 2016 hörte das Landratsamt … den Kläger gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG zum geplanten Widerruf der Waffenbesitzkarte sowie der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis und zur zeitgleichen Ungültigkeitserklärung und Einziehung dessen Jagdscheines an. Für den daraufhin vereinbarten Gesprächstermin am 10. Januar 2017 hat der Kläger am 9. Januar 2017 eine schriftliche Aussage übersandt. Auch hierauf wird Bezug genommen.

Der Bayerische Verfassungsschutzbericht 2016 stellt dar: „Jenseits der extremistischen Parteien etabliert sich mit der Identitäten Bewegung … eine neue Gruppierung, die mit modernen Aktionsformen und neuen Begriffen auf subtile Weise ihre Ideologie einer „ethnokulturellen Identität“ verbreitet. Dahinter verbirgt sich letztlich eine starke Verwandtschaft mit der völkischen Ideologie der Rechtsextremisten.“

Die Ermittlungen des Beklagten ergaben darüber hinausgehend weitere Fundstellen im Internet, die eine Verbindung des Klägers mit der Identitären Bewegung Deutschland e.V. und mit rechtsextremen Kreisen aufzeigen sollen, insbesondere seine Verbindungen mit der im Jahre 2009 verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ). Hierauf wird Bezug genommen.

Das Landratsamt … widerrief daraufhin mit Bescheid vom 9. Mai 2017 die dem Kläger erteilte Waffenbesitzkarte Nummer … (Nummer 1 des Bescheides), die dem Kläger erteilte Erlaubnis nach § 27 SprengG Nummer … (Nummer 2 des Bescheides), erklärte den dem Kläger erteilten Jagdschein Nummer … für ungültig und zog diesen ein (Nummer 3 des Bescheides), verpflichtete den Kläger, die Waffenbesitzkarte, die sprengstoffrechtliche Erlaubnis sowie den Jagdschein innerhalb einer angeführten Frist an das Landratsamt … zurückzugeben (Nummern 4 bis 6 des Bescheides), drohte für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verfügungen unter Nummer 4 bis 6 jeweils Zwangsgeld an (Nummern 7 bis 9 des Bescheides), verpflichtete den Kläger, die auf der Waffenbesitzkarte eingetragenen Waffen innerhalb von einem Monat nach Zustellung des Bescheides unbrauchbar zu machen oder unbrauchbar machen zu lassen oder einem Berechtigten zu überlassen und hierüber dem Landratsamt … einen Nachweis zu erbringen (Nummern 10 des Bescheides), verpflichtete den Kläger, in entsprechender Weise vorhandenes NC-Pulver unbrauchbar zu machen oder einem Berechtigten zu überlassen und das dem Landratsamt mitzuteilen (Nummern 11 des Bescheides), ordnete im Falle der Zuwiderhandlung gegen die Verfügungen unter Nummer 10 und 11 die Sicherstellung an (Nummern 12 und 13 des Bescheides), drohte nach Ablauf der genannten Fristen die Ersatzvornahme an (Nummern 14 und 15 des Bescheides), erklärte die sofortige Vollziehbarkeit der Verfügungen in Nummern 3, 4, 5, 6, 10, 11, 12, 13, 14 und 15 des Bescheides (Nummer 16 des Bescheides) und traf unter Nummer 17 des Bescheides eine Kostenentscheidung.

Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 2. Juni 2017 am 7. Juni 2017 Klage und beantragte,

den Bescheid des Beklagten vom 9. Mai 2017 aufzuheben.

Vom vorliegenden Verfahren AN 16 K 17.01038 wurde die Klage gegen die angefochtenen jagdrechtlichen Verfügungen abgetrennt und zuständigkeitshalber an die 15. Kammer des Verwaltungsgerichts Ansbach abgegeben.

Mit Schreiben vom 28. Juni 2017 ließ der Kläger zur Begründung seiner Klage im Wesentlichen ausführen, die im Verfassungsschutzbericht des Landes Bayern für das Jahr 2016 enthaltenen Ausführungen zur Identitären Bewegung Deutschland e.V. seien zum großen Teil unrichtig und unzutreffend. Die Identitäre Bewegung Deutschland e.V. habe sich in der Vergangenheit regelmäßig zum Grundgesetz und zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekannt. Unrichtig sei, dass sie sich auf die Tradition der sogenannten „Konservativen Revolution“ der 1920er Jahre beziehe. Es handele sich hierbei um eine nicht belegte und nicht zu belegende Behauptung. Die Identitäre Bewegung e.V. sei mit der französischen „IG“ organisatorisch nicht verbunden. Beide Organisationen existierten unabhängig voneinander. Die Identitäre Bewegung Deutschland e.V. habe sich stets vom Nationalsozialismus und von anderen totalitären Ideologien in glaubwürdiger Form distanziert und stehe solchen Ideologien in keiner Weise nahe. Auch seien rassistische und antisemitische Meinungsäußerungen im Besonderen geeignet, einen Ausschluss aus der Identitären Bewegung Deutschland e.V. herbeizuführen. Er selbst sei zu keinem Zeitpunkt Mitglied der Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) gewesen und habe zu dieser seit vielen Jahren keinerlei Kontakt mehr. Eine bei ihm durchgeführte Kontrolle habe zudem ergeben, dass die Waffenaufbewahrung ordnungsgemäß erfolge, so dass auch das für seine waffenrechtliche Zuverlässigkeit spreche. Die politischen Aktionen, an denen er beteiligt gewesen sei, seien stets gewaltfrei verlaufen. Es sei zwar zutreffend, dass bei ihm eine antiquarische Ausgabe des Buches „Mein Kampf“ gefunden worden sei. Richtig sei jedoch, dass sich in seiner Wohnung auch zahlreiche Werke anderer politischer Richtungen befunden hätten, u.a. auch Standardwerke des Kommunismus, des Sozialismus oder des Liberalismus. Es sei neu, dass der Besitz antiquarischer Bücher eine waffen- bzw. sprengstoffrechtliche Unzuverlässigkeit nach sich zögen. Zur rechtlichen Situation sei auszuführen, dass im Unterschied zu § 5 Abs. 2 Nummer 2 WaffG der Begriff des „Verfolgens“ bzw. „Unterstützens“ verfassungsfeindlicher Bestrebungen auch bei kollektiver Betätigung immer an eine aktive individuelle Betätigung anschließe. Die Mitgliedschaft in einer entsprechend auftretenden Vereinigung reiche nicht aus. Zudem fehle es gerade bei den besagten verfassungsfeindlichen Bestrebungen an belastbaren Fakten. Im Übrigen habe auch das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 21. Oktober 1987 eine „verfassungsrechtliche Pflicht, die Identität des deutschen Staatsvolkes zu erhalten“ formuliert, so dass sich die Zielsetzung der Identitären Bewegung Deutschland e.V. vielmehr an dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung orientiere. Im Übrigen seien auch keine neuen Tatsachen zutage getreten, die zur Versagung seiner waffenrechtlichen Erlaubnis hätten führen müssen. Die Tatsache, dass er Mitglied der Identitären Bewegung Deutschland e.V. sei, sei dem Beklagten auch bei der Verlängerung der Erlaubnis bereits bekannt gewesen. Neue Tatsachen seien deshalb nicht hinzugetreten, sondern lediglich eine Neubewertung der Identitären Bewegung Deutschland e.V., wobei eine Bewertung als gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung eben konkret nicht erfolgt sei und auch nicht konkret vorgetragen werde. Sofern auf den Strafbefehl wegen Hausfriedensbruches Bezug genommen werde, sei hierzu festzustellen, dass er selbst nicht einmal in fremdes Besitztum eingedrungen sei, sondern lediglich mittels eines Megafons unterstützt habe. Auch die Positionen der Identitären Bewegung Deutschland e.V. in Bezug auf das Asylrecht befänden sich im Einklang mit dem Grundgesetz. Nach seiner Auffassung sei im gegenständlichen Verfahren auch zu überprüfen, inwiefern die Einschätzung des Landesamtes für Verfassungsschutz des Landes Bayern in Bezug auf die Identitäre Bewegung Deutschland e.V. zutreffend sei bzw. inwiefern die Identitäre Bewegung Deutschland e.V. sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richte. Schließlich sei es nach seiner Auffassung nicht von vorneherein ausgeschlossen, dass selbst bei Vorliegen bestimmter Tatbestandsvoraussetzungen ein langjähriger beanstandungsfreier Waffenbesitz geeignet sei, die Regelvermutung zu widerlegen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt der Beklagte mit Schriftsatz vom 26. Juni 2017 im Wesentlichen aus, Hintergrund der waffen-, sprengstoffrechtlichen und jagdrechtlichen Verfügungen sei, dass der Kläger eine Leitungsfunktion innerhalb der Identitären Bewegung Deutschland e.V. innehabe. Hieraus sei auf seine waffen-, jagd- und sprengstoffrechtliche Unzuverlässigkeit geschlossen worden. Im Übrigen werde auf die Ausführungen im Bescheid Bezug genommen. Mit weiterem Schreiben vom 31. Juli 2017 ergänzte das Landratsamt …, dass eine Recherche anderer Landesverfassungsschutzberichte die Einschätzung des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz stütze.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die Verfahrensakte Bezug genommen. Wegen des Verlaufes der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll vom 25. April 2019 verwiesen.

Gründe

1. Die Klage ist abzuweisen, weil sie hinsichtlich der sprengstoffrechtlichen Verfügungen unzulässig und hinsichtlich der waffenrechtlichen Verfügungen unbegründet ist.

Gegenstand des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sind die waffenrechtlichen sowie die sprengstoffrechtlichen Verfügungen unter den Nummern 1, 2, 4, 5, 7, 8, 10 bis 15 sowie die kostenrechtlichen Entscheidungen unter Nummer 17 des Bescheides des Landratsamtes … vom 9. Mai 2017. Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 2. Juni 2017 darüber hinaus auch die Einziehung und Ungültigerklärung seiner bis zum 31. März 2018 befristeten Jagderlaubnis sowie die dazu ergangenen Nebenentscheidungen angefochten hat, ist der Zuständigkeit halber ein weiteres Verfahren unter dem Aktenzeichen AN 14 K 17.01056 in der 14. Kammer des Gerichts anhängig.

Die Klage hat insgesamt keinen Erfolg. Sie ist, soweit die sprengstoffrechtlichen Verfügungen angefochten werden, bereits unzulässig, denn diese Erlaubnis nach § 27 SprengG ist mit Ablauf der Befristung am 31. Oktober 2018 unwirksam geworden (siehe unter 1.2). Die Klage gegen die waffenrechtlichen Verfügungen ist zulässig, aber unbegründet, weil der angegriffene Widerrufsbescheid des Landratsamtes … rechtmäßig ist (siehe unter 1.1) und schon deshalb nicht die Rechte des Klägers verletzen kann (§ 113 Abs. 1 VwGO). Auch die Kostenentscheidungen unter Nummer 17 im angefochtenen Bescheid sind nicht zu beanstanden.

Das Verwaltungsgericht konnte über die Klage trotz Ausbleibens des Klägers in der Sache entscheiden, weil der Kläger trotz ordnungsgemäßer Ladung vom 5. Februar 2019 zum Verhandlungstermin am 25. April 2019 nicht erschienen ist. In dem an seinen Prozessbevollmächtigten gemäß § 67 Abs. 6 Satz 5 VwGO zugestellten Ladungsschreiben hat das Verwaltungsgericht den Kläger gemäß § 102 Abs. 2 VwGO darauf hingewiesen, dass im Falle seines Ausbleibens auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann. Das Ausbleiben des Klägers überrascht insoweit allerdings nicht, als er im Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 28. Juni 2017 bereits angedeutet hat, dass er auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichte. Folgerichtig hat der Prozessbevollmächtigte vor Einlassung in die Sache auch nicht gerügt, dass der Kläger nicht persönlich geladen worden ist.

1.1 Die Klage gegen die waffenrechtlichen Verfügungen ist zulässig, aber unbegründet. Das Landratsamt … hat die streitgegenständliche Waffenbesitzkarte des Klägers zu Recht widerrufen und rechtsfehlerfrei die erforderlichen Nebenentscheidungen dazu gemäß § 46 WaffG getroffen. Der Kläger kann bereits deshalb nicht in seinen Rechten verletzt sein (§ 113 Abs. 1 VwGO).

1.1.1 Der Widerruf der Waffenbesitzkarte ergibt sich aus § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Nach dieser Bestimmung ist eine Erlaubnis nach diesem Gesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung der waffenrechtlichen Erlaubnis hätten führen müssen. Das ist hier der Fall, denn der Kläger ist unzuverlässig im Sinne des § 5 WaffG geworden. Abzustellen ist dabei auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheides (BVerwG vom 16.5.2007 BayVBl. 2008, 216). Die Einwände des Klägers, es seien nach der Erteilung der waffen- und sprengstoffrechtlichen Erlaubnisse keine neuen Tatsachen zutage getreten, die zur Versagung seiner waffenrechtlichen Erlaubnis hätten führen müssen, die Tatsache, dass er Mitglied der Identitären Bewegung Deutschland e.V. sei, sei dem Beklagten bei der Verlängerung der Erlaubnis bereits bekannt gewesen, neue Tatsachen seien deshalb nicht hinzugetreten, sondern lediglich eine Neubewertung der Identitären Bewegung Deutschland e.V., wobei eine Bewertung als gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung konkret nicht erfolgt sei und auch nicht konkret vorgetragen werde, gehen schlichtweg fehl. Denn zum einen stellt der Beklagte nicht auf die bloße Mitgliedschaft des Klägers bei der Identitären Bewegung Deutschland e.V. ab, sondern auf seine Führungsfunktion, die der Kläger erst 2014 eingenommen hat, und zum anderen stellt der Beklagte als für ihn entscheidungserheblich heraus, dass die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und einiger Länder die Identitäre Bewegung Deutschland e.V. erst seit 2016 unter Beobachtung gestellt haben und aufgrund dieser Beobachtungen erst zu der Erkenntnis verfassungsfeindlicher Bestrebungen gekommen sind. Unabhängig hiervon könnte im vorliegenden Fall ein Widerruf auch in eine Rücknahme der Waffenbesitzkarte umgedeutet werden (BayVGH, B.v. 14.1.2019 Az. 21 CS 18.701).

Das Landratsamt … stützt sich bei seinem Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis auf die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Abs. 2 Nummer 3 Buchstabe a WaffG in der am 9. Mai 2017 geltenden Fassung der Vorschrift vom 26.3.2008 (F. 2008). Nach dieser Bestimmung besitzen die erforderliche Zuverlässigkeit Personen in der Regel nicht, die einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen verfolgen oder unterstützen oder in den letzten fünf Jahren verfolgt oder unterstützt haben, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind.

Bei Anwendung dieser Normen sind die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen. Das Gericht stellt bei der Feststellung, ob eine Person waffenrechtlich zuverlässig ist, auf den Maßstab ab, den das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 23. Januar 2013 formuliert hat. Demnach erschöpft sich das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) nicht in einem subjektiven Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe. Vielmehr ist aus ihm auch eine Schutzpflicht des Staates für das geschützte Rechtsgut abzuleiten, insbesondere eine Schutzpflicht hinsichtlich Missbrauchsgefahren, die vom Umgang mit Schusswaffen ausgehen. Vor diesem Hintergrund sind die Vorschriften des Waffengesetzes von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, etwa weil sie zu kurz gegriffen wären. Weder kann festgestellt werden, dass die öffentliche Gewalt überhaupt keine Schutzvorkehrungen gegen die von Schusswaffen ausgehenden Gefahren getroffen hätte, noch, dass die getroffenen Regelungen und Maßnahmen in ihrer Gesamtheit zum Schutze der Allgemeinheit offensichtlich gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich wären. Es besteht insbesondere auch kein grundrechtlicher Anspruch auf weitergehende oder auf bestimmte Maßnahmen wie etwa ein Verbot von Sportwaffen. Bei der Erfüllung dieser Schutzpflicht kommt aber der Legislative sowie Exekutive ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu, der insoweit nur einer beschränkten verfassungsgerichtlichen Nachprüfbarkeit unterliegt (BVerfG im Nichtannahmebeschluss vom 23.1.2013 BayVBl. 2013, 334). Diese Überlegung ergibt folgerichtig, dass im Interesse der inneren Sicherheit und der Notwendigkeit effektiver Gefahrenabwehr sowie der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung bei der Beurteilung, wer Schusswaffen besitzen darf, dem öffentlichen Interesse, dass möglichst wenige Waffen „ins Volk kommen“, Vorrang vor dem Interesse Einzelner am Besitz von Waffen eingeräumt werden kann (dazu BVerwG, U.v. 24.6.1975 Az. I C 25.73 BVerwGE 49, 1 = BayVBl 1976, 151). In diesem Sinne ist eine niedrigschwellige Prognose für die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit ausreichend. Die Prognose hat sich mithin an dem Zweck des Gesetzes zu orientieren, die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz ohnehin verbunden sind, nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (BVerwG vom 28.1.2015 BayVBl. 2015, 463 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung etwa BVerwG vom 30.9.2009 BayVBl. 2011, 117). Auch für diese Prognoseentscheidung ist auf den Zeitpunkt des Bescheiderlasses abzustellen (siehe oben).

Unter Beachtung dieser Vorgaben erfüllt der Kläger zur Überzeugung der Kammer die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Abs. 2 Nummer 3 Buchstabe a WaffG (F. 2008). Zur Begründung der Klageabweisung nimmt die Kammer zur Vermeidung von bloßen Wiederholungen Bezug auf die ausführliche Begründung im Bescheid des Landratsamtes … vom 9. Mai 2017, der sie folgt (§ 117 Abs. 5 VwGO). Die vom Beklagten überzeugend vorgetragenen Verhaltensweisen des Klägers sowie der Inhalt der vorgelegten Behördenakte erfüllen die Tatbestandsvoraussetzungen für die Regelvermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers im Sinne des § 5 Abs. 2 Nummer 3 Buchstabe a WaffG (F. 2008). Die Regelung des § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG lässt der Behörde in solchen Fällen keinen Ermessensspielraum (vgl. auch Adolph/Brunner/ Bannach, WaffG, 79. AL Stand: Januar 2019, § 45 RdNrn. 22 f., 26). Die Sicherheitsbehörden haben die Pflicht, Gefahren durch Waffen in der Hand unzuverlässiger Personen zu vermeiden. Der Gesetzgeber will zur Erhöhung der inneren Sicherheit die Aufrechterhaltung einer waffenrechtlichen Erlaubnis unter keinen Umständen akzeptieren, wenn zwingende Erteilungsvoraussetzungen wie die erforderliche Zuverlässigkeit entfallen sind (dazu BVerwG, U.v. 26.3.1996 Az. 1 C 12/95 BVerwGE 101, 24 = BayVBl 1997, 118).

Sowohl die vom Landratsamt … gemäß § 5 Abs. 5 Satz 1 Nummern 1 bis 3 WaffG beigezogenen, die aus dem Internet zusammengetragenen und in der Akte gesammelten Erkenntnisse als auch die herangezogenen Verfassungsschutzberichte belegen zur Überzeugung der Kammer, dass der Kläger sowohl einzeln als auch als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder in den letzten fünf Jahren verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind. Für die nach § 5 Abs. 2 WaffG (F. 2008) anzunehmende Unzuverlässigkeit ist das Verhalten derjenigen Person zu würdigen, deren Zuverlässigkeit in Frage steht. Dafür ist das Verhalten des Klägers in der Vergangenheit zu berücksichtigen, daneben ist aber auch jeder andere Umstand, der beurteilungsrelevant sein kann, mit einzubeziehen (vgl. HessVGH, U.v. 7.12.2017 Az. 4 A 814/17 zu § 5 Abs. 1 WaffG).

Die Kammer kann sich dabei, entgegen der Einwendungen des Klägers, ebenso wie das Landratsamt … zur waffenrechtlichen Überprüfung des Klägers auf die Berichte der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder stützen. Sie folgt insoweit dem Verwaltungsgericht München, wonach Voraussetzung für die Sammlung und Auswertung von Informationen im Rahmen des Beobachtungsauftrages der Verfassungsschutzbehörden das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte (vgl. etwa Art. 5 Abs. 1 Satz 2 BayVSG) sei. Verlangt werde mehr als bloße Vermutungen, Mutmaßungen, Annahmen oder Hypothesen. Andererseits bedürfe es auch nicht der Gewissheit, dass Schutzgüter der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beseitigt oder außer Kraft gesetzt werden sollten. Es müssten vielmehr konkrete und in gewissem Umfang verdichtete Umstände als objektive Tatsachenbasis vorliegen, die bei vernünftiger Betrachtung die Annahme eines Verdachts rechtfertigten. Zur Annahme eines solchen Verdachts könne auch die Gesamtschau aller vorhandenen tatsächlichen Anhaltspunkte führen, wenn jeder für sich genommen einen solchen Verdacht noch nicht zu begründen vermag. Eine solche Verdachtslage bestehe zudem bereits dann, wenn ein die Schutzgüter objektiv beeinträchtigendes Verhalten festgestellt werden könne, ohne dass es auf das subjektive Merkmal des Beeinträchtigenwollens ankomme. Solche tatsächlichen Anhaltspunkte könnten sich z.B. aus offiziellen Programmen, Satzungen oder sonstigen Veröffentlichungen, aus Verlautbarungen bzw. Aktivitäten von Funktionären oder Anhängern sowie aus Verbindungen zu bereits als extremistisch erkannten Gruppen oder Einzelpersonen ergeben. Die Anhaltspunkte müssten entsprechend gewichtig sein, um die jeweilige staatliche Reaktion zu rechtfertigen. Die Abstufung der Reaktion auf mögliche verfassungsfeindliche Bestrebungen von der bloßen Beobachtung über die Warnung der Öffentlichkeit durch entsprechende Berichterstattung im Verfassungsschutzbericht bis hin zum Verbot einer Organisation schließe es aus, jeweils das gleiche Gewicht für tatsächliche Anhaltspunkte für solche Bestrebungen zu verlangen. Für die Beobachtung aus offenen Quellen sei von einer relativ niedrigen Eingriffsschwelle auszugehen. Es genüge, wenn Umstände gegeben sind, die bei vernünftiger Betrachtungsweise auf solche Bestrebungen hindeuteten und daher eine weitere Abklärung erforderlich erscheine (so im Einzelnen VG München, B.v. 27.7.2017 Az. M 22 E 17.1861 unter Hinweis auf BVerfG, U.v. 14.7.1999 Az. 1 BvR 2226/94 BVerfGE 100, 313, 395; BVerwG, U.v. 17.10.1990 Az. 1 C 12/88 BVerwGE 87, 28; BVerwG, U.v. 21.7.2010 Az. 6 C 22/09).

Die Kammer hält, in Übereinstimmung mit dem Beklagten, bereits die Einschätzungen des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz sowie die des Bayerischen Staatsministeriums des Innern für tragfähig, die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit des Klägers zu begründen. Die übrigen Erkenntnisquellen runden diese Einschätzungen überzeugend ab.

Die hier ausgewerteten Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörden unterliegen keinem Verwertungsverbot. So ist etwa der Verfassungsschutzbericht des Landes Bayern 2017, soweit dieser herangezogen worden ist, durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 BayVSG gerechtfertigt, weil zum maßgeblichen Zeitpunkt tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen nach Art. 3 Abs. 1 BayVSG vorlagen (siehe dazu auch VG München, B.v. 27. Juli 2017 Az. M 22 E 17.1861). Art. 5 Abs. 1 Satz 2 BayVSG verlangt ausdrücklich nur das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte und damit noch keine Gewissheit darüber, dass Bestrebungen vorliegen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind (so BayVGH, U.v. 22.10.2015 Az. 10 B 15.1320 in KommunalPraxis BY 2016, 75). Die Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG verlangt für das Tätigwerden des Bundesamtes für Verfassungsschutz keine darüber hinausgehende Gewissheit darüber, dass Bestrebungen vorliegen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, sondern ebenfalls lediglich tatsächliche Anhaltspunkte für entsprechende Bestrebungen (so BVerwG, U.v. 21.7.2010 Az. 6 C 22/09 BVerwGE 137, 275 = NVwZ 2011, 161 m.w.N.).

Zur Bewertung der Verfassungsschutzberichte bedarf es insbesondere auch keiner Offenlegung deren Quellen. Die Ämter für Verfassungsschutz könnten ihre Aufgabe nicht wirkungsvoll wahrnehmen, wenn ihr Vorgehen weitgehend offenzulegen wäre. Die verwaltungsgerichtliche Überprüfung hat dem sowohl bei der Tatsachenermittlung - etwa in Bezug auf das Beweismaß - als auch beim Nachvollzug der behördlichen Abwägungen Rechnung zu tragen (so BVerwG, U.v. 7.12.1999 Az. 1 C 30/97 BVerwGE 110, 126 = NVwZ 2000, 4339).

1.1.2 Die Einschätzungen in den herangezogenen Verfassungsschutzberichten und Auswertung dazu tragen die Feststellung, dass der Kläger im Sinne des § 5 Abs. 2 Nummer 3 Buchstabe a WaffG (F. 2008) sowohl selbst und auch als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder in den letzten fünf Jahren verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind.

Bestrebungen im Sinne des § 5 Abs. 2 Nummer 3 Buchstabe a WaffG (F. 2008) gehen über bloße politische Meinungen hinaus. Kritik an der Verfassung und ihren wesentlichen Elementen ist zwar erlaubt, ebenso wie die Forderung, tragende Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu ändern. Es ist jedoch staatlichen Behörden nicht verwehrt, aus Meinungsäußerungen Schlüsse zu ziehen und gegebenenfalls sicherheitsrechtliche Maßnahmen zu ergreifen. Wenn Äußerungen Bestrebungen zur Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung erkennen lassen, darf die Sicherheitsbehörde das zum Anlass nehmen, Schutzmaßnahmen zu ergreifen (BVerfG, B.v. 24.5.2005 Az. 1 BvR 1072/01 BVerfGE 113, 63 und BVerwG, U.v. 21.7.2010 Az. 6 C 22/09 BVerwGE 137, 275).

Die Aktionen des Klägers und der Identitären Bewegung Deutschland e.V. gehen in diesem Sinne über eine bloße Meinungsäußerung hinaus. Der Verfassungsschutzbericht Bayern 2017 fasst seine Erkenntnisse dahin zusammen, dass die Identitäre Bewegung Deutschland e.V. ihre vornehmliche Aufgabe in der Verteidigung und Bewahrung von „Heimat, Freiheit, Tradition“ sehe. An erster Stelle stehe hierbei der Erhalt der „ethnokulturellen Identität“, die durch einen befürchteten „demographischen Kollaps“ sowie durch angebliche „Massenzuwanderung“ und „Islamisierung“ bedroht sei. Die Identitäre Bewegung Deutschland e.V. betrachte sich als Bestandteil einer europaweiten Bewegung mit dem Ziel, die europäische Jugend im Kampf für die ihrer Meinung nach bedrohte kulturelle Identität zu vereinen. Dazu gebe es verschiedene Aktionen, etwa eine Aktion vor der libyschen Küste, wo mithilfe eines eigen gecharterten Schiffes die Arbeit der Nichtregierungsorganisationen (NGOs) vor der libyschen Küste dokumentiert werden sollte. Auch andere Aktionen der Identitären Bewegung Deutschland e.V. seien darauf ausgelegt, in der Regel mit wenig Aktivisten eine möglichst große Öffentlichkeitswirksamkeit und damit einhergehend eine starke Präsenz in Medien und Öffentlichkeit zu erzielen. Auch der Verfassungsschutzbericht Hamburg vom 1. Juni 2017 beschreibt, dass die Identitäre Bewegung Deutschland e.V. im Jahre 2016 durch gesteigerte politisch-ideologische Aktivitäten sowohl auf der Straße als auch in den sozialen Netzwerken hervorgetreten sei, etwa mit einer öffentlichkeitswirksamen Besetzung des … am 27. August 2016. Der Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2016 schildert eine Aktion der Identitären Bewegung Deutschland e.V. vom 9. Dezember 2016, bei der ein Misthaufen vor der Kreisgeschäftsstelle der Partei „…“ in … abgeladen worden sei, um auf die kritikwürdigen Positionen dieser Partei hinzuweisen. In anderen Aussagen zu öffentlichen Aktionen trage die Identitäre Bewegung Deutschland e.V. unter der Überschrift „Ihr Blut - Eure Schuld“ eine Schuldzuweisung an Politiker in die Öffentlichkeit.

Die Bestrebungen richten sich zur Überzeugung der Kammer auch bewusst gegen die verfassungsmäßig Ordnung im Sinne des § 5 Abs. 2 Nummer 3 Buchstabe a WaffG (F. 2008). Wie bereits das Verwaltungsgericht München zutreffend ausgeführt hat, ist der an die Formulierung in Art. 9 Abs. 2 GG angelehnte (BT-Drs. 14/7758, S. 128) unbestimmte Rechtsbegriff der verfassungsmäßigen Ordnung nach dem Willen des Gesetzgebers (BT-Drs. 14/7758, S. 55) entsprechend den wesensverwandten Begriffen in § 4 BVerfSchG, hier nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe c, Abs. 2 BVerfSchG (gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebung), und § 92 Abs. 2 StGB (die verfassungsmäßige Ordnung prägende Verfassungsgrundsätze) auszulegen. Nach den Legaldefinitionen des § 4 Abs. 2 BVerfSchG und § 92 Abs. 2 StGB zählen zur verfassungsmäßigen Ordnung das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung, die Unabhängigkeit der Gerichte, der Ausschluss jeder Gewalt- und Willkürherrschaft und die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte (zu alledem ausführlich VG München, U.v. 13.11.2013 Az. M 7 K 12.2797 m.w.N.).

Die vom Verwaltungsgericht München zur Identitären Bewegung Deutschland e.V. angesprochenen Verdachtsmomente „verfassungsfeindlicher Bestrebungen“ (so ausdrücklich VG München, B.v. 27.7.2017 Az. M 22 E 17.1861) haben sich zur Überzeugung der Kammer für den hier entscheidungserheblichen Zeitraum zur Gewissheit verdichtet.

Die Identitäre Bewegung Deutschland e.V. und auch der Kläger werten die Zuwanderungssituation in Deutschland als „Verschwörung bestimmter Kräfte“, deren Ziel es sei, „die bisherigen Völker Europas vollständig und durch außereuropäische Zuwanderung zu ersetzen und damit die traditionellen europäischen Kulturen zu zerstören“. Dabei delegitimiere und diffamiere die Identitäre Bewegung Deutschland e.V. demokratische Politiker als „korrupte Handlanger kapitalistischer Wirtschaftsinteressen“, die nicht ihrem Gewissen folgten. Eine derartige Propaganda sei geeignet, das Vertrauen in die freiheitliche demokratische Grundordnung nachhaltig zu untergraben (zu alledem Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2016). Der Verfassungsschutzbericht Bayern 2017 schildert in Übereinstimmung dazu, dass die Identitäre Bewegung Deutschland e.V. davon überzeugt sei, und diese Überzeugung auch in die Öffentlichkeit trage, dass ein „Volk“ eine „ethnokulturelle Identität“ habe, die sich durch jeweils eine gemeinsame Sprache, „Kultur“, „Herkunft“ und Religion auszeichne. Ein Volk sei zudem an einen bestimmten geographischen Raum gebunden. Jeder Mensch werde dabei als Teil eines einzigen Volkes gesehen. Ideologisch sehe sich die Identitäre Bewegung Deutschland e.V. damit in der Tradition der sogenannten „konservativen Revolution“. Damit berufe sie sich auf eine antidemokratische, antiliberale und antiegalitäre Strömung der Weimarer Zeit. Diese ethnopluralistische Vorstellung von an bestimmte Territorien gebundenen Völkern entspreche der rechtsextremistischen „Blut und Boden-Ideologie“, wobei der Begriff der „Rasse“ lediglich durch eine angebliche „ethnokulturelle Identität“ ersetzt werde. Diese Ideologie hätte letztlich auch die Ausweisung großer Bevölkerungsteile unter Missachtung der vom Grundgesetz garantierten Menschenrechte zur Folge. In der Gesamtschau lägen bei der Identitären Bewegung Deutschland e.V. in Bayern hinreichend gewichtige Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung vor (so das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz in einer Mitteilung zum Kläger vom 18. August 2016). Dem entsprechend bewertet das Bundesamt für Verfassungsschutz ausweislich des Verfassungsschutzberichtes 2017 dahin, dass tatsächlich Anhaltspunkte für rechtsextremistische Bestrebungen vorlägen. Das stimmt wiederum überein mit dem Bericht von … „…“ vom April 2017, die jegliche Distanzierung der Identitären Bewegung von der rechten Szene als bloße Taktik bewertet und feststellt, dass die Führungsfiguren dieser Bewegung aus der NPD-Jugend, aus radikalen Burschenschaften und sogar aus der verbotenen Naziorganisation Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ) kämen und deren Führungszirkel im Verborgenen agiere. Am 23. März 2017 berichtet die … Nachrichten im Regionalteil zum Thema „Was wollen die Identitären“ von einer Flugblattaktion im Wohnheim für Studierende in der …Straße, bei der unter der Überschrift „Eine Generation - ein Schicksal - eine letzte Chance“ mit scheinbar harmlosen Begrifflichkeiten, aber bei einer genaueren Lesart „völkische Ideologie mit rechtspopulistischen Parolen“ verbunden worden seien. Verfasser des Flugblattes sei der Kläger gewesen. Das Flugblatt spreche bereits im ersten Satz von einer „Jugend ohne Migrationshintergrund“ und schließe dadurch etwa ein Drittel der Heranwachsenden oder etwa 20 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Das OLG Dresden führt zu einer Äußerung in einem Facebook-Post der Identitären Bewegung Deutschland e.V. aus, „das schließlich auf dem Transparent hinter einer Karnevalsmaske zu sehende Konterfei des Philanthropen und Milliardärs G. S. mag (…) auf ein zentrales Narrativ der europäischen Rechten verweisen und eine für Anhänger dieser Bewegungen leicht zu entschlüsselnde Chiffre dafür enthalten, dass Flüchtlingshilfeorganisationen als Teil einer von außen gesteuerten Bewegung anzusehen seien. Die Verwendung derartiger nur für "Eingeweihte" verständlicher Codes, lässt jedoch lediglich Rückschlüsse auf ein von teils wahnhaften Vorstellungen geprägtes Weltbild der sog. Identitären Bewegung zu“ (OLG Dresden, U.v. 1.6.2018 Az. 4 U 217/18, 4 U 218/18 NJW-RR 2018, 1196).

Es widerspricht zudem bereits für sich genommen der verfassungsmäßigen Ordnung, Meinungen anderer mit strafrechtlich sanktionierten Mitteln zu bekämpfen, oder aber die eigene Meinung auf diese Weise in die Öffentlichkeit zu tragen. Der Kläger selbst lässt in der mündlichen Verhandlung am 25. April 2019 auf Nachfrage zu den Störungen bei öffentlichen Veranstaltungen oder eigenen Aktionen beispielsweise am 21. April 2016, am 28. Juni 2015 in … und am 6. Dezember 2015 in …, bei denen es um politische Meinungsäußerungen ging, von seinem Prozessbevollmächtigten vortragen, der Sachverhalt werde eingeräumt, er habe sich „gewaltfrei, aber offensichtlich nicht ganz legal verhalten“. Auch die Aktion der Identitären Bewegung am 29. Juni 2015 in Hof erfüllte den objektiven Tatbestand des Hausfriedensbruches. Die Kammer schließt aus alledem, dass der Kläger bei der Bekämpfung anderer Meinungen in der Öffentlichkeit oder bei der Verbreitung der eigenen Meinung auch künftig Rechtsverstöße durchaus willentlich in seine Aktionen einbezieht.

Der Begriff des "Verfolgens" verfassungsfeindlicher Bestrebungen im Sinne des § 5 Abs. 2 Nummer 3 Buchstabe a WaffG (F. 2008) knüpft auch bei kollektiver Betätigung immer an die aktive individuelle Betätigung an. Für die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit nach dieser Bestimmung ist eine Mitgliedschaft zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung (BT-Drucks. 14/7758, S. 55). Dass der Kläger die o.a. Bestrebungen der Identitären Bewegung e.V. in seiner Person und auch als deren Bundesvorsitzender aktiv in diesem Sinne verfolgt, erschließt sich aus den vorstehenden Ausführungen ohne weiteres.

In der Gesamtschau der zusammengetragenen Erkenntnisse zeigt sich, dass der Kläger selbst und auch als Bundesvorsitzender der Identitären Bewegung Deutschland e.V. Bestrebungen aufweist und verfolgt, die mit der geltenden Verfassung und der freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht im Einklang stehen und sich zu deren Durchsetzung im Einzelfall auch rechtswidriger Mitteln bedient. Die von der Rechtsprechung verlangten konkreten Aktivitäten mit entsprechender Zielrichtung in oder außerhalb einer Vereinigung hat der Kläger wiederholt gezeigt. Seine Aktionen richten sich im Sinne des § 5 Abs. 2 Nummer 3 WaffG (F. 2008) aktiv, ziel- und zweckgerichtet, nicht notwendigerweise aggressiv-kämpferisch in oder außerhalb einer Vereinigung gegen das in der Vorschrift genannte Schutzgut (Ziffer 5.4 WaffVwV v. 5.3.2012, Bundesanzeiger Nr. 47a vom 22.3.2012).

Der Kläger ist seit dem Jahre 2014 Bundesvorsitzender der Identitären Bewegung e.V., eines Vereines, den die Verfassungsschutzbehörden seinerzeit noch nicht unter Beobachtung gestellt hatten. Für die Zeit ab Anfang 2015 stellen die Verfassungsschutzbehörden dann aber fest, dass „die Identitäre Bewegung in Bayern seitdem zunehmend öffentliche Aktivitäten entfaltet, während sie zuvor vornehmlich im Internet und in den sozialen Medien in Erscheinung getreten war“. Seit Anfang 2016, so berichtet das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr in seinen Verfassungsschutzinformationen Bayern 1. Halbjahr 2016, sei sie daher (auch) in Bayern Beobachtungsobjekt des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz. In der Ideologie der Identitären Bewegung e.V. in Bayern werde die Bedeutung von Abstammung und Identität in einer Art und Weise betont, die eine starke Nähe zum biologistischen Denken und der völkischen Ideologie von Rechtsextremisten erkennen lasse. Auch seien einzelne personelle Verflechtungen mit rechtsextremistischen Parteien und Gruppierungen im In- und Ausland feststellbar. Der Kläger selbst lässt sich zitieren mit den Worten: „Wenn man erst abwartet, bis die deutsche Ethnie eine Minderheit unter vielen ist, dann ist es zu spät, umzukehren“ (so … vom 3.5.2017). Diese Feststellungen decken sich im Wesentlichen wiederum mit der Auswertung der Schulungsunterlagen der Identitären Bewegung Schwaben und der Sommeruniversität der französischen GI (so der Verfassungsschutzbericht Bayern 2017 Seite 151).

Dabei ist es für die Kammer nicht zufällig, dass die Identitäre Bewegung Deutschland e.V. mit Übernahme des Bundesvorsitzes durch den Kläger ab Anfang 2015 zunehmend öffentliche Aktivitäten entfaltet, während sie zuvor vornehmlich im Internet und in den sozialen Medien in Erscheinung getreten war. Die Kammer ist vielmehr davon überzeugt, dass der Kläger als Bundesvorsitzender maßgeblich diese Bewegung beeinflusst, auch wenn er selbst nur oberflächlich einräumt, er sei für die Pressearbeit und für Neuaufnahmen von Mitgliedern zuständig. So bestätigt das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz mit Auskunft vom 18. August 2016 diese Einschätzung, wenn es zur Funktion des Klägers ausführt, er beteilige sich selbst auch bei größeren Veranstaltungen der Identitären Bewegung Deutschland e.V., so etwa am 27. Februar 2016 bei …, und agiere in Einzelfällen auch im Vordergrund, wie etwa bei der Kundgebung unter dem Motto „Integration ist eine Lüge - Remigration“ am 31. Juli 2016 in … Dem vorausgegangen waren auch die Veranstaltungen am 28. Juni 2015 in …, wo er ausweislich des Strafbefehls des Amtsgerichtes … vom 24. August 2016 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit anderen den Straftatbestand des Hausfriedensbruches erfüllt hat, um seine Propaganda medienwirksam in die Öffentlichkeit zu tragen. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger während des gesamten verwaltungsgerichtlichen Verfahrens seine Funktion in der Identitären Bewegung Deutschland e.V. nicht näher offenlegt. In seiner Klagebegründung vom 28. Juni 2017 lässt er in der Sache noch ausführen, die Tatsache, „dass er Mitglied der IBD sei“, sei dem Beklagten bei der Verlängerung der Erlaubnis bekannt gewesen. Zum Vorhalt im angefochtenen Bescheid, dass er eine Leitungsfunktion einnehme, verhielt er sich in seiner Klagebegründung nicht. In der mündlichen Verhandlung lässt er seinen Prozessbevollmächtigten - er selbst ist nicht erschienen - lediglich vortragen, er könne im Einzelnen die Funktion des Klägers nicht darstellen, aber es werde nicht bestritten, „dass er den Vorsitz innehat und organisatorischen Einfluss nehmen“ könne. Die Aktionen der Identitären Bewegung Deutschland e.V. waren nach zusammenfassender Bewertung der Kammer jedenfalls seit Übernahme des Bundesvorsitzes durch den Kläger und zum Teil unter Beteiligung des Klägers darauf angelegt, eine möglichst große Öffentlichkeitswirkung zu erzielen, wobei solche Aktionen nicht nur am Rande der Legalität durchgeführt worden sind, sondern dabei ist - insbesondere auch vom Kläger selbst - die Grenze zum Strafrecht überschritten worden ist, wie insgesamt sieben Eintragungen aus dem zentralen staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister des Generalbundesanwaltes vom 15. August 2016 und drei Eintragungen aus dem Polizeiregister vom 17. August 2016 zeigen, die allesamt den Kläger betrafen. Unter seinem Vorsitz und organisatorischem Einfluss des Klägers nahm der Aktionismus der Identitären Bewegung Deutschland e.V. im Laufe des Jahres 2017 gegenüber dem Vorjahr deutlich zu, wie der Verfassungsschutzbericht Bayern 2017 ausführt.

Das alles deckt sich mit dem bisherigen Werdegang des Klägers, der erst auf Vorhalt von mehreren Fotos im Internet, die ihn unter anderem auf der Webseite der „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ) 2006 mit deren Fahne und uniformer schwarzer Kleidung zeigen, einräumt, „er sei auf Fahrt und Lager mitgegangen“. Die Einlassung seines Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung dazu, der Kläger „habe sich diesen Verein angesehen und dann festgestellt, dass das nichts für ihn sei“, überrascht nicht, denn ab dem 31. März 2009 wurde die HDJ („Heimattreue Deutsche Jugend“) verboten. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Verbotsverfügung nach dem Vereinsgesetz am 1. September 2010 bestätigt. Die Einlassungen des Klägers zu diesem Sachverhalt zeigen der Kammer darüber hinaus, dass er auch in diesem Punkt eine hinreichend Distanzierung verweigert, er vielmehr auch in diesem Bereich seine Funktion und Zusammenarbeit mit dem rechtsextremistischen verbotenen Verein verharmlost, obwohl er ausweislich der nicht widerlegten Feststellungen des Landratsamts … dort nicht lediglich ein einfaches Mitglied war. Von diesen Ideologien der rechtsextremistischen Szene hat sich der Kläger nicht gelöst. Ausweislich des Durchsuchungsberichts des Polizeipräsidiums … Dir K ST 2 vom 8. Dezember 2015, der aufgrund einer vom Amtsgericht … angeordneten Durchsuchung der Wohnräume im Anwesen … in … gefertigt wurde, sind dort in der Dachgeschoßwohnung, die vom Kläger 3 bis 5 mal im Jahr genutzt wurde, unter anderem das Buch „Mein Kampf“ von Adolf Hitler, die Reichsflagge (schwarz, weiß, rot - ohne Wappen) sowie ein älterer Kalender der Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) vorgefunden worden. Zu dem bei ihm aufgefundenen Buch „Mein Kampf“ erklärt der Kläger lediglich, er besitze auch andere Werke mit anderen politischen Richtungen, unter anderem Standardwerke des Kommunismus, des Sozialismus oder des Liberalismus, ferner begründe der Besitz eines antiquarischen Buches keine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit. Eine Distanzierung vom Inhalt des Buches oder den anderen aufgefundenen Dingen erfolgt auch hier nicht.

Dass der Waffen, Munitions- und Jagdscheinerwerb nicht im Zusammenhang mit seiner Funktion als Bundesvorsitzender der Identitären Bewegung Deutschland e.V. stehe, wie der Kläger dem Landratsamt … unter dem 9. Januar 2017 mitteilt, mag dahinstehen, denn das ist für die hier zu treffende Entscheidung letztlich ohne Belang, denn die Sicherheitsbehörden haben allgemein die Pflicht, Gefahren durch Waffen in der Hand unzuverlässiger Personen zu vermeiden (siehe oben).

1.1.3 Soweit in dem Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis ein Eingriff in die Rechtsposition des Klägers gesehen werden kann, ist dieser nicht rechtswidrig. Die hier angefochtenen Maßnahmen des Waffenrechts beschränken in rechtmäßiger Weise auch das Grundrecht der Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG), denn sie dienen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und richten sich damit eben weder gegen die Meinungsfreiheit als solche noch gegen eine bestimmte Meinung (BayVGH, B.v. 14.12.2018 Az. 21 ZB 16.1677).

1.1.4 Die Einlassungen und Einwendungen des Klägers im Verwaltungs- und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sind unbehelflich und greifen nicht.

Der Kläger konnte der Kammer keine hinreichend überzeugenden Gründe für sein Verhalten benennen. Auch strafrechtliche Verstöße räumt er auf ausdrücklichen Vorhalt ein, ohne seine Beweggründe offenzulegen oder sein zukünftiges Verhalten daran zu orientieren. Auch von einer wirksamen und glaubhaften Distanzierung kann im Ergebnis in keinerlei Hinsicht die Rede sein. Soweit er anführt, er habe sich in den letzten Jahren zumindest waffenrechtlich unauffällig verhalten, ist das unbehelflich, weil die Kammer schon nicht davon ausgehen kann, dass der Kläger sich künftig bei seinen weiteren öffentlichen Aktionen straffrei verhalten wird und die Sicherheitsbehörden Gefahren abzuwehren haben und nicht erst nach Schadenseintritt zum Handeln aufgerufen sind. Das Risiko, dass es beim Vorliegen einer vergleichbaren Gefährdungssituation, wie der Kläger sie in die Welt gesetzt hat, dann auch zum Missbrauch von Waffen, zur unbefugten Weitergabe oder zu sonstigen waffenrechtlichen Verstößen kommt, hat nicht die Allgemeinheit zu tragen.

Demgegenüber sind die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten tatsächlich Vertrauen darin verdienen, dass sie (auch) mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen.

Der Kläger tritt in seiner Klagebegründung zwar pauschal den Einschätzungen der Verfassungsschutzbehörden entgegen, indem er im Wesentlichen seine andere Einschätzung und die Stellungnahmen der Identitären Bewegung Deutschland e.V. dazu gegenüberstellt, kann aber weder deren Tatsachenfeststellungen entscheidungserheblich in Frage stellen, noch deren Einschätzungen überzeugend entkräften. Die der Klagebegründung beigefügten Anlagen zeigen lediglich auf, wie sich die Identitäre Bewegung Deutschland e.V. in den Medien und den sozialen Netzwerken selbst darstellen will. Insbesondere auch in dem Internetauftritt „…“ (Ausdruck vom 28. Juni 2017) tritt sie den „Vorwürfen“, sie sei eine rechtsextremistische Vereinigung allein dadurch entgegen, dass sie von sich selbst das Gegenteil behauptet, sich aber zu konkret von den Verfassungsschutzbehörden angeführten Aktionen in der Regel nicht verhält. Auch die verbale Abgrenzung zur „NPD“ sowie zur „sogenannten Identitären Aktion“ von … relativieren das Auftreten des Klägers bei seinen Aktionen und das der Identitären Bewegung Deutschland e.V. nicht. Das gilt letztlich auch für den Hinweis auf § 6 der Vereinssatzung der Identitären Bewegung Deutschland e.V. vom 25. Mai 2014, wonach ein Mitglied durch schriftlichen Beschluss des Vorstandes ausgeschlossen werden kann, wenn es sich in der Öffentlichkeit so verhält, dass es dem Ansehen der Identitären Bewegung Deutschland e.V. schaden kann.

Demgegenüber überzeugen die Berichte und Stellungnahmen der Verfassungsschutzbehörden, soweit sie im vorliegenden Verfahren herangezogen werden. Sie untermauern mit einer Vielzahl von im Einzelnen konkret beschriebenen und belastbaren Sachverhaltsdarstellungen die hieraus gezogene Schlussfolgerung etwa in der Stellungnahme im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung nach dem Waffengesetz durch das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz vom 18. Juni 2016, wonach „in der Gesamtschau (…) hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung“ vorliegen und der Kläger dabei in Einzelfällen auch im Vordergrund agiert, wobei er teilweise zudem „auch in provokanter Art und Weise“ auftritt.

Auch das mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 10. Dezember 2018 ohne weitere Erläuterungen vorgelegte Urteil des Landesgerichts für Strafsachen … (Az. …*) enthält keine für das vorliegende Verfahren entscheidungserheblichen Erkenntnisse. Es geht hier um die Aburteilung von Taten dritter Personen, die in Österreich stattgefunden haben, in einem Strafurteil nach österreichischen Strafvorschriften, das damit keine verbindlichen Feststellungen zur Frage der waffenrechtliche Zuverlässigkeit des Klägers nach § 5 Abs. 2 Nummer 3 Buchstabe a WaffG (F. 2008) enthält.

Von der Beiziehung der Akten des in … anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens Az. … wurde ebenfalls abgesehen, weil auch hier die Relevanz der darin enthaltenen Erkenntnisse weder im Schriftsatz vom 10. Dezember 2018 noch in der mündlichen Verhandlung am 25. April 2019 näher dargelegt worden ist. Für die aufgeworfene Frage nach der Zulässigkeit der Beobachtung der Identitären Bewegung Deutschland e.V. durch den Verfassungsschutz ist für die Kammer vor diesem Hintergrund die Entscheidung des Verwaltungsgerichts … vom 27. Juli 2017 Az. … ausreichend. Auch hierzu erfolgten in der mündlichen Verhandlung keine weiteren Erläuterungen.

Nach alledem gab es für die Kammer keine Anhaltspunkte und auch keine Notwendigkeit, in den Raum gestellte bloße Behauptungen und Mutmaßungen weiter aufzuklären (vgl. dazu grundlegend BVerwG, B.v. 22.2.1988 Az. 7 B 28/88 Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nummer 11 = DVBl 1988, 540).

1.1.5 Damit ist "in der Regel", wie es in § 5 Abs. 2 WaffG heißt, vom Vorliegen der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit auszugehen, sofern nicht ausnahmsweise besondere Umstände diese Annahme entkräften (vgl. BVerwG vom 20.3.1989, Buchholz 402.5 WaffG Nr. 52).

Anhaltspunkte für eine atypische Abweichung von diesem Regeltatbestand sind beim Kläger nicht ersichtlich und auch substantiiert nicht vorgetragen. Der Kläger nimmt als deren Bundesvorsitzender Funktionärsaufgaben der Identitären Bewegung Deutschland e.V. wahr und unterstützt damit deren gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtete Bestrebungen. Er ist daher regelmäßig unzuverlässig im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG (vgl. auch HessVGH, U.v. 12.10.2017 Az. 4 A 626/17 NVwZ 2018, 1813 sowie OVG Bremen, B.v. 28.10.2015 Az. 1 LA 267/14 jeweils zum Waffenbesitz eines Funktionärs der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands und BayVGH, B.v. 12.3.2018 Az. 21 CS 17.1678 zur sogenannten „Reichsbürgerbewegung“).

1.1.6 Einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vermag das Gericht angesichts des hohen Rechtsgutes, das es hier zu schützen gilt, ohnehin nicht zu erkennen.

Das bestätigt sich - ohne dass es für die vorliegende Entscheidung als Rechtsgrundlage im Übrigen maßgeblich wäre - auch darin, dass der Gesetzgeber die hier einschlägige Vorschrift in § 5 Abs. 2 Nummer 3 Buchstabe b WaffG durch Art. 1 Nummer 1a Buchstabe d des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes und weiterer Vorschriften vom 30. Juni 2017 (BGBl. I Seite 2133) durch die Einfügung der Worte „bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie“ mit Wirkung ab dem 6. Juli 2017 verschärft hat. Die Neufassung dieser Regelvermutung der Unzuverlässigkeit wäre jedenfalls bei der regelmäßigen Überprüfung der waffenrechtlichen Erlaubnis des Klägers, die gemäß § 4 Abs. 3 WaffG in regelmäßigen Abständen, mindestens jedoch nach Ablauf von drei Jahren, zu erfolgen hat, zu berücksichtigen. Mit einer Neuregelung des Waffenrechts, die eine "Verschärfung der Anforderungen an die Zuverlässigkeit von Waffenbesitzern" bezweckt, soll der missbräuchliche Umgang u.a. mit Waffen eingedämmt werden. Deshalb muss die Verschärfung der Anforderungen an die Zuverlässigkeit von Waffenbesitzern sogleich auch in vollem Umfang greifen, soll das gesetzgeberische Ziel des besseren Schutzes der Allgemeinheit ohne Einschränkungen erreicht werden. Denn das Gesetz nimmt eine damit generelle Neubewertung der Zuverlässigkeit vor. Aus dieser Sicht ist es folgerichtig ohne Bedeutung, wann die Tatsache eingetreten ist, die zur Unzuverlässigkeit des Inhabers der waffenrechtlichen Erlaubnis führt (dazu ausführlich BVerwG, U.v. 16.5.2007 Az. 6 C 24.06 BayVBl 2008, 216).

1.1.7 Auch die übrigen auf § 46 WaffG gestützten Verfügungen im angefochtenen Bescheid, soweit sie hier Gegenstand des Verfahrens sind, werden vom Kläger nicht eigens angegriffen und sind auch sonst rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere hat das Landratsamt … auch hier den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachtet, wenn es unter Fristsetzung verlangt, dass der Kläger die Waffe, für die er keine Erlaubnis mehr hat, einem Berechtigten übergibt oder unbrauchbar machen lässt.

1.2 Die Klage ist auch abzuweisen, soweit sie sich gegen die sprengstoffrechtlichen Verfügungen richtet.

Die Klage gegen die sprengstoffrechtlichen Verfügungen im angefochtenen Bescheid ist mit Ablauf der Geltungsdauer der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis am 31. Oktober 2018 bereits unzulässig geworden. Der Kläger hat die Klage unverändert aufrechterhalten, obwohl er nach Ablauf der Geltungsdauer der Erlaubnis nach § 27 SprengG am 31. Oktober 2018 kein rechtliches Interesse an der Aufhebung des Widerrufes einer sprengstoffrechtlichen Erlaubnis mehr hat, die durch Zeitablauf bereits unwirksam geworden ist. Das bedurfte auch keines detaillierten Hinweises des Gerichts mit Handlungsanweisungen, denn der Kläger, der um den Ablauf der Gültigkeitsdauer dieser Erlaubnis weiß, ist sachkundig durch einen Rechtsanwalt vertreten und hat im Übrigen auch ansatzweise keine Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Eine Wiederholungsgefahr liegt nicht vor, denn für seine Anfechtungsklage ist maßgeblicher Entscheidungszeitpunkt der Erlass des angefochtenen Verwaltungsaktes, während für die Erteilungsvoraussetzungen nach § 27 SprengG der Zeitpunkt der Entscheidung über einen etwaigen weiteren Antrag maßgeblich ist. Hinsichtlich der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis gibt es vor dem Hintergrund der publik gewordenen Entscheidung über die waffenrechtliche Erlaubnis auch kein eigenständiges Rehabilitationsinteresse.

Lediglich ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass für die sprengstoffrechtlichen Verfügungen materiell-rechtlich im Übrigen entsprechendes wie zum Waffenrecht gilt. Auch eine sprengstoffrechtliche Erlaubnis ist zwingend zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen (§ 34 Abs. 2 Satz 1 SprengG). Die Zuverlässigkeit ist auch hier in der Regel bei Personen nicht gegeben, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass sie einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen verfolgen oder unterstützen oder in den letzten fünf Jahren verfolgt oder unterstützt haben, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind (§ 8a Abs. 2 Nummer 3 Buchstabe a SprengG). Der Maßstab für die Zuverlässigkeitsprüfung ist hier kein anderer als im Waffenrecht (siehe dazu BayVGH, B.v. 14.12.2018 Az. 21 ZB 16.1677).

1.3 Die Kostenentscheidungen unter Nummer 17 des angefochtenen Bescheides stimmen mit den angegebenen Rechtsgrundlagen überein.

2. Die Kostenentscheidung für das vorliegende Urteil beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

3. Zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kosten dieses Verfahrens trifft das Gericht keine Entscheidung, weil es davon ausgeht, dass der Beklagte vor Rechtskraft dieser Entscheidung ohnehin nicht vollstreckt.

4. Die Kammer hat die Berufung gegen dieses Urteil nicht zugelassen, weil die Gründe dafür nicht vorliegen (§ 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO).

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(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 102


(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende di

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 9


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden. (2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverstä

Strafprozeßordnung - StPO | § 170 Entscheidung über eine Anklageerhebung


(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht. (2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 5 Pflichten der Betreiber genehmigungsbedürftiger Anlagen


(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt 1. schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigu

Waffengesetz - WaffG 2002 | § 5 Zuverlässigkeit


(1) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen Personen nicht, 1. die rechtskräftig verurteilt worden sind a) wegen eines Verbrechens oderb) wegen sonstiger vorsätzlicher Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr, wenn seit dem Ei

Waffengesetz - WaffG 2002 | § 45 Rücknahme und Widerruf


(1) Eine Erlaubnis nach diesem Gesetz ist zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Erlaubnis hätte versagt werden müssen. (2) Eine Erlaubnis nach diesem Gesetz ist zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Vers

Waffengesetz - WaffG 2002 | § 46 Weitere Maßnahmen


(1) Werden Erlaubnisse nach diesem Gesetz zurückgenommen oder widerrufen, so hat der Inhaber alle Ausfertigungen der Erlaubnisurkunde der zuständigen Behörde unverzüglich zurückzugeben. Das Gleiche gilt, wenn die Erlaubnis erloschen ist. (2) Hat

Waffengesetz - WaffG 2002 | § 4 Voraussetzungen für eine Erlaubnis


(1) Eine Erlaubnis setzt voraus, dass der Antragsteller 1. das 18. Lebensjahr vollendet hat (§ 2 Abs. 1),2. die erforderliche Zuverlässigkeit (§ 5) und persönliche Eignung (§ 6) besitzt,3. die erforderliche Sachkunde nachgewiesen hat (§ 7),4. ein Bed

Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG | § 3 Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden


(1) Aufgabe der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder ist die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sach- und personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen, über 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitli

Sprengstoffgesetz - SprengG 1976 | § 27 Erlaubnis zum Erwerb und zum Umgang


(1) Wer in anderen als den in § 7 Abs. 1 bezeichneten Fällen 1. explosionsgefährliche Stoffe erwerben oder2. mit explosionsgefährlichen Stoffen umgehen will,bedarf der Erlaubnis. (1a) Eine Erlaubnis nach Absatz 1 zum Laden und Wiederladen von Pat

Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG | § 4 Begriffsbestimmungen


(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind a) Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, die Fr

Sprengstoffgesetz - SprengG 1976 | § 34 Rücknahme und Widerruf


(1) Eine Erlaubnis, eine Zulassung und ein Befähigungsschein nach diesem Gesetz sind zurückzunehmen, wenn sie hätten versagt werden müssen. (2) Eine Erlaubnis, eine Zulassung und ein Befähigungsschein nach diesem Gesetz sind zu widerrufen, wenn n

Strafgesetzbuch - StGB | § 92 Begriffsbestimmungen


(1) Im Sinne dieses Gesetzes beeinträchtigt den Bestand der Bundesrepublik Deutschland, wer ihre Freiheit von fremder Botmäßigkeit aufhebt, ihre staatliche Einheit beseitigt oder ein zu ihr gehörendes Gebiet abtrennt. (2) Im Sinne dieses Gesetzes

Referenzen - Urteile

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Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 25. Apr. 2019 - AN 16 K 17.01038 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 25. Apr. 2019 - AN 16 K 17.01038 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 14. Jan. 2019 - 21 CS 18.701

bei uns veröffentlicht am 14.01.2019

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.375,00 Euro festgesetzt.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. März 2018 - 21 CS 17.1678

bei uns veröffentlicht am 12.03.2018

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt. Gründe

Verwaltungsgericht München Beschluss, 27. Juli 2017 - M 22 E 17.1861

bei uns veröffentlicht am 27.07.2017

Tenor I. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Beobachtung des Antragstellers bis auf Weiteres nicht erneut bekannt zu machen. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. II. Die Kosten des V

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 14. Dez. 2018 - 21 ZB 16.1677

bei uns veröffentlicht am 14.12.2018

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. II. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 4.500,00 Euro festgesetzt. Grün

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 21. Juli 2010 - 6 C 22/09

bei uns veröffentlicht am 21.07.2010

Tatbestand 1 Der Kläger, Mitglied der Partei DIE LINKE, wendet sich gegen die Sammlung personenbezogener Informationen über ihn durch das Bundesamt für Verfassungsschutz

Referenzen

(1) Wer in anderen als den in § 7 Abs. 1 bezeichneten Fällen

1.
explosionsgefährliche Stoffe erwerben oder
2.
mit explosionsgefährlichen Stoffen umgehen will,
bedarf der Erlaubnis.

(1a) Eine Erlaubnis nach Absatz 1 zum Laden und Wiederladen von Patronenhülsen gilt auch als Erlaubnis zum Erwerb und Besitz der dabei hergestellten Munition nach § 10 Abs. 3 des Waffengesetzes in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Die Erlaubnis ist in der Regel für die Dauer von fünf Jahren zu erteilen. Sie kann inhaltlich und räumlich beschränkt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zur Verhütung von Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sachgüter oder von erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen für Dritte erforderlich ist. Die nachträgliche Beifügung, Änderung und Ergänzung von Auflagen ist zulässig.

(3) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
beim Antragsteller Versagungsgründe nach § 8 Abs. 1 vorliegen,
2.
der Antragsteller ein Bedürfnis für die beabsichtigte Tätigkeit nicht nachweist,
3.
inhaltliche Beschränkungen oder Auflagen zum Schutze der in Absatz 2 Satz 2 bezeichneten Rechtsgüter nicht ausreichen.
Satz 1 Nr. 2 gilt nicht für die Erlaubnis zum Erwerb und zur Verwendung pyrotechnischer Gegenstände. Für den Nachweis der Fachkunde gilt § 9 Abs. 1 und 2 entsprechend.

(4) Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn der Antragsteller

1.
nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes ist oder
2.
nicht seit mindestens drei Jahren seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt ununterbrochen im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat.

(5) Die zuständige Behörde kann für den Einzelfall eine Ausnahme von dem Alterserfordernis des Absatzes 3 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c zulassen, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen.

(6) Absatz 1 gilt nicht für die bestimmungsgemäße Verwendung zugelassener pyrotechnischer Gegenstände zur Gefahrenabwehr und bei Rettungsübungen.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Wer in anderen als den in § 7 Abs. 1 bezeichneten Fällen

1.
explosionsgefährliche Stoffe erwerben oder
2.
mit explosionsgefährlichen Stoffen umgehen will,
bedarf der Erlaubnis.

(1a) Eine Erlaubnis nach Absatz 1 zum Laden und Wiederladen von Patronenhülsen gilt auch als Erlaubnis zum Erwerb und Besitz der dabei hergestellten Munition nach § 10 Abs. 3 des Waffengesetzes in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Die Erlaubnis ist in der Regel für die Dauer von fünf Jahren zu erteilen. Sie kann inhaltlich und räumlich beschränkt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zur Verhütung von Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sachgüter oder von erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen für Dritte erforderlich ist. Die nachträgliche Beifügung, Änderung und Ergänzung von Auflagen ist zulässig.

(3) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
beim Antragsteller Versagungsgründe nach § 8 Abs. 1 vorliegen,
2.
der Antragsteller ein Bedürfnis für die beabsichtigte Tätigkeit nicht nachweist,
3.
inhaltliche Beschränkungen oder Auflagen zum Schutze der in Absatz 2 Satz 2 bezeichneten Rechtsgüter nicht ausreichen.
Satz 1 Nr. 2 gilt nicht für die Erlaubnis zum Erwerb und zur Verwendung pyrotechnischer Gegenstände. Für den Nachweis der Fachkunde gilt § 9 Abs. 1 und 2 entsprechend.

(4) Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn der Antragsteller

1.
nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes ist oder
2.
nicht seit mindestens drei Jahren seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt ununterbrochen im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat.

(5) Die zuständige Behörde kann für den Einzelfall eine Ausnahme von dem Alterserfordernis des Absatzes 3 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c zulassen, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen.

(6) Absatz 1 gilt nicht für die bestimmungsgemäße Verwendung zugelassener pyrotechnischer Gegenstände zur Gefahrenabwehr und bei Rettungsübungen.

(1) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen Personen nicht,

1.
die rechtskräftig verurteilt worden sind
a)
wegen eines Verbrechens oder
b)
wegen sonstiger vorsätzlicher Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr,
wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung zehn Jahre noch nicht verstrichen sind,
2.
bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie
a)
Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden,
b)
mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden,
c)
Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind.

(2) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen in der Regel Personen nicht,

1.
a)
die wegen einer vorsätzlichen Straftat,
b)
die wegen einer fahrlässigen Straftat im Zusammenhang mit dem Umgang mit Waffen, Munition oder explosionsgefährlichen Stoffen oder wegen einer fahrlässigen gemeingefährlichen Straftat,
c)
die wegen einer Straftat nach dem Waffengesetz, dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen, dem Sprengstoffgesetz oder dem Bundesjagdgesetz
zu einer Freiheitsstrafe, Jugendstrafe, Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen oder mindestens zweimal zu einer geringeren Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden sind oder bei denen die Verhängung von Jugendstrafe ausgesetzt worden ist, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind,
2.
die Mitglied
a)
in einem Verein, der nach dem Vereinsgesetz als Organisation unanfechtbar verboten wurde oder der einem unanfechtbaren Betätigungsverbot nach dem Vereinsgesetz unterliegt, oder
b)
in einer Partei, deren Verfassungswidrigkeit das Bundesverfassungsgericht nach § 46 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes festgestellt hat,
waren, wenn seit der Beendigung der Mitgliedschaft zehn Jahre noch nicht verstrichen sind,
3.
Bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie in den letzten fünf Jahren
a)
Bestrebungen einzeln verfolgt haben, die
aa)
gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind,
bb)
gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker, gerichtet sind oder
cc)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
b)
Mitglied in einer Vereinigung waren, die solche Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, oder
c)
eine solche Vereinigung unterstützt haben,
4.
die innerhalb der letzten fünf Jahre mehr als einmal wegen Gewalttätigkeit mit richterlicher Genehmigung in polizeilichem Präventivgewahrsam waren,
5.
die wiederholt oder gröblich gegen die Vorschriften eines der in Nummer 1 Buchstabe c genannten Gesetze verstoßen haben.

(3) In die Frist nach Absatz 1 Nr. 1 oder Absatz 2 Nr. 1 nicht eingerechnet wird die Zeit, in welcher die betroffene Person auf behördliche oder richterliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.

(4) Ist ein Verfahren wegen Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 oder des Absatzes 2 Nr. 1 noch nicht abgeschlossen, so kann die zuständige Behörde die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens aussetzen.

(5) Die zuständige Behörde hat im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung folgende Erkundigungen einzuholen:

1.
die unbeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister;
2.
die Auskunft aus dem zentralen staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister hinsichtlich der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Straftaten;
3.
die Stellungnahme der örtlichen Polizeidienststelle, ob Tatsachen bekannt sind, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit begründen; die örtliche Polizeidienststelle schließt in ihre Stellungnahme das Ergebnis der von ihr vorzunehmenden Prüfung nach Absatz 2 Nummer 4 ein;
4.
die Auskunft der für den Wohnsitz der betroffenen Person zuständigen Verfassungsschutzbehörde, ob Tatsachen bekannt sind, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit nach Absatz 2 Nummer 2 und 3 begründen; liegt der Wohnsitz der betroffenen Person außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes, ist das Bundesamt für Verfassungsschutz für die Erteilung der Auskunft zuständig.
Die nach Satz 1 Nummer 2 erhobenen personenbezogenen Daten dürfen nur für den Zweck der waffenrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung verwendet werden. Erlangt die für die Auskunft nach Satz 1 Nummer 4 zuständige Verfassungsschutzbehörde im Nachhinein für die Beurteilung der Zuverlässigkeit nach Absatz 2 Nummer 2 und 3 bedeutsame Erkenntnisse, teilt sie dies der zuständigen Behörde unverzüglich mit (Nachbericht). Zu diesem Zweck speichert sie Name, Vorname, Geburtsdatum, Geburtsname, Geburtsort, Wohnort und Staatsangehörigkeit der betroffenen Person sowie Aktenfundstelle in den gemeinsamen Dateien nach § 6 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. Lehnt die zuständige Behörde einen Antrag ab oder nimmt sie eine erteilte Erlaubnis zurück oder widerruft diese, so hat sie die zum Nachbericht verpflichtete Verfassungsschutzbehörde hiervon unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Die zum Nachbericht verpflichtete Verfassungsschutzbehörde hat in den Fällen des Satzes 5 die nach Satz 4 gespeicherten Daten unverzüglich zu löschen.

(1) Wer in anderen als den in § 7 Abs. 1 bezeichneten Fällen

1.
explosionsgefährliche Stoffe erwerben oder
2.
mit explosionsgefährlichen Stoffen umgehen will,
bedarf der Erlaubnis.

(1a) Eine Erlaubnis nach Absatz 1 zum Laden und Wiederladen von Patronenhülsen gilt auch als Erlaubnis zum Erwerb und Besitz der dabei hergestellten Munition nach § 10 Abs. 3 des Waffengesetzes in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Die Erlaubnis ist in der Regel für die Dauer von fünf Jahren zu erteilen. Sie kann inhaltlich und räumlich beschränkt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zur Verhütung von Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sachgüter oder von erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen für Dritte erforderlich ist. Die nachträgliche Beifügung, Änderung und Ergänzung von Auflagen ist zulässig.

(3) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
beim Antragsteller Versagungsgründe nach § 8 Abs. 1 vorliegen,
2.
der Antragsteller ein Bedürfnis für die beabsichtigte Tätigkeit nicht nachweist,
3.
inhaltliche Beschränkungen oder Auflagen zum Schutze der in Absatz 2 Satz 2 bezeichneten Rechtsgüter nicht ausreichen.
Satz 1 Nr. 2 gilt nicht für die Erlaubnis zum Erwerb und zur Verwendung pyrotechnischer Gegenstände. Für den Nachweis der Fachkunde gilt § 9 Abs. 1 und 2 entsprechend.

(4) Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn der Antragsteller

1.
nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes ist oder
2.
nicht seit mindestens drei Jahren seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt ununterbrochen im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat.

(5) Die zuständige Behörde kann für den Einzelfall eine Ausnahme von dem Alterserfordernis des Absatzes 3 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c zulassen, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen.

(6) Absatz 1 gilt nicht für die bestimmungsgemäße Verwendung zugelassener pyrotechnischer Gegenstände zur Gefahrenabwehr und bei Rettungsübungen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Werden Erlaubnisse nach diesem Gesetz zurückgenommen oder widerrufen, so hat der Inhaber alle Ausfertigungen der Erlaubnisurkunde der zuständigen Behörde unverzüglich zurückzugeben. Das Gleiche gilt, wenn die Erlaubnis erloschen ist.

(2) Hat jemand auf Grund einer Erlaubnis, die zurückgenommen, widerrufen oder erloschen ist, Waffen oder Munition erworben oder befugt besessen, und besitzt er sie noch, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass er binnen angemessener Frist die Waffen oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt und den Nachweis darüber gegenüber der Behörde führt. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann die zuständige Behörde die Waffen oder Munition sicherstellen.

(3) Besitzt jemand ohne die erforderliche Erlaubnis oder entgegen einem vollziehbaren Verbot nach § 41 Abs. 1 oder 2 eine Waffe oder Munition, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass er binnen angemessener Frist

1.
die Waffe oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt oder
2.
im Fall einer verbotenen Waffe oder Munition die Verbotsmerkmale beseitigt und
3.
den Nachweis darüber gegenüber der Behörde führt.
Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann die zuständige Behörde die Waffe oder Munition sicherstellen.

(4) Die zuständige Behörde kann Erlaubnisurkunden sowie die in den Absätzen 2 und 3 bezeichneten Waffen oder Munition sofort sicherstellen

1.
in Fällen eines vollziehbaren Verbots nach § 41 Abs. 1 oder 2 oder
2.
soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Waffen oder Munition missbräuchlich verwendet oder von einem Nichtberechtigten erworben werden sollen.
Zu diesem Zweck sind die Beauftragten der zuständigen Behörde berechtigt, die Wohnung der betroffenen Person zu betreten und diese Wohnung nach Urkunden, Waffen oder Munition zu durchsuchen; Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die zuständige Behörde angeordnet werden; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt. Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.

(5) Sofern der bisherige Inhaber nicht innerhalb eines Monats nach Sicherstellung einen empfangsbereiten Berechtigten benennt oder im Fall der Sicherstellung verbotener Waffen oder Munition nicht in dieser Frist eine Ausnahmezulassung nach § 40 Abs. 4 beantragt, kann die zuständige Behörde die sichergestellten Waffen oder Munition einziehen und verwerten oder vernichten. Dieselben Befugnisse besitzt die zuständige Behörde im Fall der unanfechtbaren Versagung einer für verbotene Waffen oder Munition vor oder rechtzeitig nach der Sicherstellung beantragten Ausnahmezulassung nach § 40 Abs. 4. Der Erlös aus einer Verwertung der Waffen oder Munition steht nach Abzug der Kosten der Sicherstellung, Verwahrung und Verwertung dem nach bürgerlichem Recht bisher Berechtigten zu.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Eine Erlaubnis nach diesem Gesetz ist zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Erlaubnis hätte versagt werden müssen.

(2) Eine Erlaubnis nach diesem Gesetz ist zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine Erlaubnis nach diesem Gesetz kann auch widerrufen werden, wenn inhaltliche Beschränkungen nicht beachtet werden.

(3) Bei einer Erlaubnis kann abweichend von Absatz 2 Satz 1 im Fall eines vorübergehenden Wegfalls des Bedürfnisses, aus besonderen Gründen auch in Fällen des endgültigen Wegfalls des Bedürfnisses, von einem Widerruf abgesehen werden. Satz 1 gilt nicht, sofern es sich um eine Erlaubnis zum Führen einer Waffe handelt.

(4) Verweigert eine betroffene Person im Fall der Überprüfung des weiteren Vorliegens von in diesem Gesetz oder in einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung vorgeschriebenen Tatbestandsvoraussetzungen, bei deren Wegfall ein Grund zur Rücknahme oder zum Widerruf einer Erlaubnis oder Ausnahmebewilligung gegeben wäre, ihre Mitwirkung, so kann die Behörde deren Wegfall vermuten. Die betroffene Person ist hierauf hinzuweisen.

(5) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen nach Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1 haben keine aufschiebende Wirkung, sofern die Erlaubnis wegen des Nichtvorliegens oder Entfallens der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 zurückgenommen oder widerrufen wird.

(1) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen Personen nicht,

1.
die rechtskräftig verurteilt worden sind
a)
wegen eines Verbrechens oder
b)
wegen sonstiger vorsätzlicher Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr,
wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung zehn Jahre noch nicht verstrichen sind,
2.
bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie
a)
Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden,
b)
mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden,
c)
Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind.

(2) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen in der Regel Personen nicht,

1.
a)
die wegen einer vorsätzlichen Straftat,
b)
die wegen einer fahrlässigen Straftat im Zusammenhang mit dem Umgang mit Waffen, Munition oder explosionsgefährlichen Stoffen oder wegen einer fahrlässigen gemeingefährlichen Straftat,
c)
die wegen einer Straftat nach dem Waffengesetz, dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen, dem Sprengstoffgesetz oder dem Bundesjagdgesetz
zu einer Freiheitsstrafe, Jugendstrafe, Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen oder mindestens zweimal zu einer geringeren Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden sind oder bei denen die Verhängung von Jugendstrafe ausgesetzt worden ist, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind,
2.
die Mitglied
a)
in einem Verein, der nach dem Vereinsgesetz als Organisation unanfechtbar verboten wurde oder der einem unanfechtbaren Betätigungsverbot nach dem Vereinsgesetz unterliegt, oder
b)
in einer Partei, deren Verfassungswidrigkeit das Bundesverfassungsgericht nach § 46 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes festgestellt hat,
waren, wenn seit der Beendigung der Mitgliedschaft zehn Jahre noch nicht verstrichen sind,
3.
Bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie in den letzten fünf Jahren
a)
Bestrebungen einzeln verfolgt haben, die
aa)
gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind,
bb)
gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker, gerichtet sind oder
cc)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
b)
Mitglied in einer Vereinigung waren, die solche Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, oder
c)
eine solche Vereinigung unterstützt haben,
4.
die innerhalb der letzten fünf Jahre mehr als einmal wegen Gewalttätigkeit mit richterlicher Genehmigung in polizeilichem Präventivgewahrsam waren,
5.
die wiederholt oder gröblich gegen die Vorschriften eines der in Nummer 1 Buchstabe c genannten Gesetze verstoßen haben.

(3) In die Frist nach Absatz 1 Nr. 1 oder Absatz 2 Nr. 1 nicht eingerechnet wird die Zeit, in welcher die betroffene Person auf behördliche oder richterliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.

(4) Ist ein Verfahren wegen Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 oder des Absatzes 2 Nr. 1 noch nicht abgeschlossen, so kann die zuständige Behörde die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens aussetzen.

(5) Die zuständige Behörde hat im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung folgende Erkundigungen einzuholen:

1.
die unbeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister;
2.
die Auskunft aus dem zentralen staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister hinsichtlich der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Straftaten;
3.
die Stellungnahme der örtlichen Polizeidienststelle, ob Tatsachen bekannt sind, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit begründen; die örtliche Polizeidienststelle schließt in ihre Stellungnahme das Ergebnis der von ihr vorzunehmenden Prüfung nach Absatz 2 Nummer 4 ein;
4.
die Auskunft der für den Wohnsitz der betroffenen Person zuständigen Verfassungsschutzbehörde, ob Tatsachen bekannt sind, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit nach Absatz 2 Nummer 2 und 3 begründen; liegt der Wohnsitz der betroffenen Person außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes, ist das Bundesamt für Verfassungsschutz für die Erteilung der Auskunft zuständig.
Die nach Satz 1 Nummer 2 erhobenen personenbezogenen Daten dürfen nur für den Zweck der waffenrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung verwendet werden. Erlangt die für die Auskunft nach Satz 1 Nummer 4 zuständige Verfassungsschutzbehörde im Nachhinein für die Beurteilung der Zuverlässigkeit nach Absatz 2 Nummer 2 und 3 bedeutsame Erkenntnisse, teilt sie dies der zuständigen Behörde unverzüglich mit (Nachbericht). Zu diesem Zweck speichert sie Name, Vorname, Geburtsdatum, Geburtsname, Geburtsort, Wohnort und Staatsangehörigkeit der betroffenen Person sowie Aktenfundstelle in den gemeinsamen Dateien nach § 6 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. Lehnt die zuständige Behörde einen Antrag ab oder nimmt sie eine erteilte Erlaubnis zurück oder widerruft diese, so hat sie die zum Nachbericht verpflichtete Verfassungsschutzbehörde hiervon unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Die zum Nachbericht verpflichtete Verfassungsschutzbehörde hat in den Fällen des Satzes 5 die nach Satz 4 gespeicherten Daten unverzüglich zu löschen.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.375,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage, die er gegen den Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnisse (Kleiner Waffenschein und Waffenbesitzkarte) sowie die dazu ergangenen Nebenentscheidungen erhoben hat.

Das Landratsamt W.-S. erteilte dem Antragsteller am 5. November 2015 eine Erlaubnis zum Führen von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen (Kleiner Waffenschein).

Am 23. Dezember 2015 beantragte der im Jahr 1979 geborene Antragsteller beim Landratsamt die Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit. Das maschinenschriftlich ausgefüllte und vom Antragsteller unterschriebene Antragsformular enthält zur Art des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit beim Auswahlfeld „Sonstiges“ (Nr. 3.8) den Eintrag „Geburt (Abstammung) gemäß § 4 Abs. 1 RuStAG (Stand 22.07.1913)“. Bei den Angaben zu anderen Staatsangehörigkeiten ist als weitere Staatsangehörigkeit „Elsass Lothringen“ vermerkt und als Art des Erwerbs „Abstammung“ eingetragen (Nr. 4.3). In der bezüglich des im Jahr 1959 in P. geborenen Vaters maschinenschriftlich ausgefüllten „Anlage Vorfahren“ ist als weitere Staatsangehörigkeit „Lothringen-Elsass“ angegeben, die durch „Abstammung“ erworben worden sein soll (Nr. 4.2). Für den Großvater (Geburtsjahr 1934, Geburtsort Z.) wurde in Anlage V als weitere Staatsangehörigkeit „Deutsches Reich/(Elsass Lothringen)“ erworben durch „Abstammung“ eingetragen (Nr. 4.2). Bezüglich eines Urgroßvaters (Geburtsjahr vor 1907, Geburtsort „bei S1., Reichsland Elsaß-Lothringen“) gilt Entsprechendes.

Nachdem die Polizeiinspektion P. dem Landratsamt mitgeteilt hatte, dass der Antragsteller Mitglied der Reichsbürgerbewegung sei, erkundigte sich das Landratsamt bei der Stadt P., ob der Antragsteller dort als Reichsbürger in Erscheinung getreten sei. Die Stadt P. (Ordnungsamt) teilte am 27. Oktober 2016 mit: Der Antragsteller sei dem Leiter des Ordnungsamts persönlich bekannt. Nach Rücksprache mit den Bediensteten des Bürgerbüros, denen der Antragsteller ebenfalls bekannt sei, habe sich der Antragsteller noch nie als Reichsbürger zu erkennen gegeben. Er sei im Besitz eines Reisepasses und eines Personalausweises. Bei der Anmeldung des zweiten Sohnes im Standesamt am 27. Oktober 2016 habe der Antragsteller auf der Geburtsanzeige auch für sich die Nationalität „deutsch“ angekreuzt.

Am 30. November 2016 beantragte der Antragsteller beim Landratsamt die Erteilung einer Waffenbesitzkarte zum Zweck des sportlichen Schießens. Am 5. Dezember 2016 ging dem Landratsamt eine Auskunft der Kriminalpolizeiinspektion W. … zu, wonach der Antragsteller als Reichsbürger bekannt sei. Zur Begründung wurde auf den Antrag auf Feststellung der deutschen Staatsbürgerschaft verwiesen.

Auf Anfrage des Landratsamts teilte die Polizeiinspektion P. am 20. Dezember 2016 mit: Es hätten keine weiteren belastbaren Daten ermittelt werden können, die für eine „Zugehörigkeit zu den Reichsbürgern“ sprechen würden. Der Antragsteller werde von den Beamten, die mit ihm dienstlich in Kontakt gekommen seien, als höflich und entgegenkommend bezeichnet. Die polizeiliche Autorität - auch in Hinsicht als Vertreter des Staates - sei vom Antragsteller zu keiner Zeit in Zweifel gezogen worden.

Am 24. Januar 2017 erteilte das Landratsamt dem Antragsteller eine Waffenbesitzkarte (Nr. 19/2017), in die zwei Waffen eingetragen sind.

Das Polizeipräsidium O. Süd übersandte dem Landratsamt auf dessen Anforderung einen Ermittlungsbericht vom 20. Juni 2017, dem im Wesentlichen zu entnehmen ist: Die kriminalpolizeiliche Einschätzung, dass bei dem Antragsteller eine Zugehörigkeit zur Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ erkennbar sei, werde unter Verweis auf Nr. 2 des IMS IE4-2132-4-14 vom 29. Dezember 2016 mit dem (dort) genannten Unterpunkt Beantragung von Staatsangehörigkeitsausweisen unter Berufung auf das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz (RuStAG) in seiner Fassung von 1913 und der zudem behaupteten Staatsangehörigkeit „Elsass Lothringen“ begründet. Polizeiliche Erkenntnisse, die nach objektiver Betrachtung für die waffenrechtliche Zuverlässigkeit des Antragstellers von Bedeutung sein könnten, lägen bisher nicht vor.

Das Landratsamt gab dem Antragsteller vor dem beabsichtigten Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse Gelegenheit, sich zu der Einschätzung des Polizeipräsidiums O. Süd zu äußern. Der Antragsteller führte dazu mit Schreiben vom 3. Juli 2017 aus: Die Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit habe er ausschließlich für einen geplanten Aufenthalt in China beantragt. Bei einem Aufenthalt in China im Jahr 2012 habe er wegen eines defekten Passes von den dortigen Behördenstellen mitgeteilt bekommen, dass chinesische Behörden einen solchen Nachweis im dortigen Rechtsverkehr wünschen und anerkennen würden. Es sei nicht beabsichtigt gewesen, eine andere oder weitere Staatsangehörigkeit zu beantragen oder nachzuweisen; es sollte lediglich die vermutete Staatsangehörigkeit der Vorfahren, wie sie in der Anlage V unter Nr. 1 gefordert werde, zum Ausdruck gebracht werden. Das Bundesverwaltungsamt biete keine Ausfüllhilfen an, so dass man sich die im Internet aufzufindenden Ausfüllvorschläge als Orientierung zu Nutze mache. Er distanziere sich strikt „von jeglicher Zugehörigkeit, Gruppierungen, Organisationen oder Ideologien wie Reichsbürgerbewegungen etc.“.

Unter Berücksichtigung der Einlassungen des Antragstellers blieb das Polizeipräsidium O. Süd mit Stellungnahme vom 21. Juli 2017 bei seiner Einschätzung. Eine glaubhafte und nachdrückliche Distanzierung von der Ideologie der sog. Reichsbürger nach Nr. 4 des IMS IE4-2132-4-14 vom 29. Dezember 2016 liege nicht vor.

Mit Bescheid vom 25. Juli 2017 widerrief das Landratsamt die dem Antragsteller erteilten waffenrechtlichen Erlaubnisse (Kleiner Waffenschein und Waffenbesitzkarte - Nr. 1) und traf unter Anordnung der sofortigen Vollziehung entsprechende Nebenentscheidungen (Abgabe der Waffen und Munition sowie der Waffenbesitzkarte spätestens innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids).

Der Antragsteller ließ am 1. August 2017 Klage zum Verwaltungsgericht München erheben und am 28. August 2017 vorläufigen Rechtsschutz beantragen. Das Verwaltungsgericht hat den Eilantrag mit Beschluss vom 2. März 2018 abgelehnt.

Dagegen richtet sich die Beschwerde.

II.

Die zulässige Beschwerde (§ 146 Abs. 1 und 4, § 147 VwGO) hat keinen Erfolg.

1. Die zur Begründung der Beschwerde fristgerecht dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO im Grundsatz beschränkt ist, rechtfertigen es nicht, die angefochtene Entscheidung abzuändern oder aufzuheben.

Das Verwaltungsgericht hat dem Antragsteller im Ergebnis zu Recht keinen vorläufigen Rechtschutz gewährt. Nach der gebotenen summarischen Prüfung fällt die nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zugunsten des öffentlichen Interesses aus. Die Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers gegen den Widerruf seines Kleinen Waffenscheins und seiner Waffenbesitzkarte sind nach derzeitiger Aktenlage als offen zu bewerten. Im Eilverfahren kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit eine Aussage über die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit dieser Maßnahmen getroffen werden (1.1). Ausgehend von einem offenen Verfahrensausgang geht die vorzunehmende Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers; das Vollzugsinteresse des Antragsgegners überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragstellers (1.2).

1.1 Zur Entscheidung der Frage, ob die Eintragungen des Antragstellers im Antrag auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit die auf Tatsachen gestützte Prognose seiner waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit rechtfertigen, bedarf es weiterer Sachverhaltsaufklärung im Hauptsacheverfahren.

1.1.1 Bezogen auf die Aufhebung des Kleinen Waffenscheins hat das Landratsamt zutreffend die Widerrufsbefugnis des § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG herangezogen. Danach ist eine waffenrechtliche Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Personen, die der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sind oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht haben, besitzen nicht die für eine waffenrechtliche Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG erforderliche Zuverlässigkeit. Bei ihnen rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass sie im Sinn von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden (Buchst. a), sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden (Buchst. b) oder sie Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind (Buchst. c - vgl. Beschlüsse des Senats: B.v. 5.10.2017 - 21 CS 17.1300; B.v. 17.10.2017 - 21 CS 17.224; B.v. 19.12.2017 - 21 CS 17.2029; B.v. 10.1.2018 - 21 CS 17.1339, B.v. 9.2.2018 - 21 CS 17.1964 - alle juris).

Das Verwaltungsgericht ist im Eilverfahren - der kriminalpolizeilichen Einschätzung folgend - davon ausgegangen, die Verhaltensweisen und Einlassungen des Antragstellers würden nahelegen, dass er der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sei bzw. er sich deren Ideologie bindend zu eigen gemacht habe. Durch die Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises unter Berufung auf das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz in der Fassung von 1913 habe der Antragsteller eindeutig nach außen gegenüber einer Behörde zu erkennen gegeben, dass es ihm nicht nur um den Erwerb eines Staatsangehörigkeitsausweises gehe, sondern dass er ideologische, für Reichsbürger typische Ziele verfolge. Aus den Einlassungen des Antragstellers im Verwaltungsverfahren sowie im gerichtlichen Verfahren ergäben sich keine schlüssigen Anhaltspunkte dafür, weshalb der Antragsteller auf den Staatsangehörigkeitsausweis angewiesen sei.

Dem entgegnet die Beschwerde im Ansatz zu Recht, allein die Tatsache, dass der Antragsteller einen Staatsangehörigkeitsausweis beantragt habe, rechtfertige keine Schlussfolgerungen waffenrechtlicher Art. Es kommt nicht in erster Linie darauf an, ob der Antragsteller ein Bedürfnis für den beantragten Staatsangehörigkeitsausweis nennen kann, zumal die Staatsangehörigkeitsbehörde nach § 30 Abs. 1 Satz 1 StAG das Bestehen der deutschen Staatsangehörigkeit ohne eine Bedürfnisprüfung auf Antrag feststellt und einen solchen Ausweis ausstellt (§ 30 Abs. 3 Satz 1 StAG). Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht nicht diesen Antrag für sich genommen zulasten des Antragstellers bewertet. Vielmehr liegt dem angegriffenen Beschluss im Kern die Einschätzung zugrunde, dass sich die Berufung des Antragstellers auf seine „Abstammung gemäß § 4 Abs. 1 RuStAG (Stand 22.07.1913)“ und die auch für sich behauptete weitere Staatsangehörigkeit „Elsass Lothringen“ als für die sog. „Reichsbürgerbewegung“ typisches Verhalten darstellen.

Zutreffend ist, dass der Antragsteller, wovon das Verwaltungsgericht ausgegangen ist, bisher nicht nachvollziehbar dargelegt hat, weshalb er in dem Antragsformular zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit die Auswahlfelder „Abstammung“ sowie „vom Vater“ markierte und ohne erkennbare Notwendigkeit zusätzlich das Auswahlfeld „Sonstiges“ ankreuzte und den Eintrag „Geburt (Abstammung) gemäß § 4 Abs. 1 RuStaG (Stand 22.07.1913“ vornahm. Ungeklärt ist zudem die Motivation des Klägers dafür, sich unter Nr. 4.2 des Antragsformulars die durch „Abstammung“ erworbene Staatsangehörigkeit „Elsass Lothringen“ zuzuschreiben. Der Antragsteller erklärte dazu im Verwaltungsverfahren, es sollte damit lediglich die vermutete Staatsangehörigkeit der Vorfahren zum Ausdruck gebracht werden, wie sie in der Anlage V unter Punkt 1 gefordert werde.

Erforderlich ist allerdings eine Gesamtwürdigung aller Umstände im konkreten Einzelfall unter Würdigung der Persönlichkeit des Antragstellers. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass der Antragsteller nach dem Inhalt der Behördenakte in „reichsbürgertypischer“ Weise ausschließlich durch die verfahrensgegenständlichen Eintragungen im Antragsformular auffiel, er ansonsten in seinem Auftreten gegenüber Behörden sowohl bei verschiedenen persönlichen Vorsprachen als auch in seinen schriftlichen Äußerungen weder „reichsbürgertypisches“ Vokabular verwendete noch in irgendeiner Weise „reichsbürgertypisches“ Verhalten an den Tag legte. Dem entspricht es, dass das Polizeipräsidium O. wiederholt betonte, es lägen bisher keine polizeilichen Erkenntnisse vor, die nach objektiver Betrachtung für die waffenrechtliche Zuverlässigkeit des Antragstellers von Bedeutung sein könnten.

Vor diesem Hintergrund wird im Hauptsacheverfahren weiter aufzuklären sein, welche Gründe den Antragsteller zu den genannten Einträgen veranlasst haben und ob allein diese Einträge unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Antragstellers und seines bisherigen Verhaltens die Bewertung rechtfertigen, dass er der Ideologie der Reichsbürger folgend die Existenz und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiert sowie die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung generell nicht als für sich verbindlich anerkennt und deshalb eine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Fehlverhaltens in Bezug auf Waffen oder Munition prognostiziert werden kann.

1.1.2 Bezogen auf die Aufhebung der Waffenbesitzkarte wird der Eilantrag nicht allein im Hinblick darauf Erfolg haben, dass das Landratsamt angenommen hat, diese Erlaubnis sei auf der Grundlage des § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG zu widerrufen, weil insoweit ebenfalls nachträglich Tatsachen eingetreten seien, die zu deren Versagung hätten führen müssen. Das ist zwar ersichtlich unzutreffend, weil der Antrag auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit und damit die Tatsachen, auf deren Bewertung das Landratsamt den Widerruf der Waffenbesitzkarte stützt, bereits bei deren Ausstellung am 24. Januar 2017 vorlagen. Allerdings könnte der vom Landratsamt ausgesprochene Widerruf in eine Rücknahme der Waffenbesitzkarte nach § 45 Abs. 1 WaffG umgedeutet werden (vgl. dazu BVerwG, U.v. 13.12.1994 - 1 C 31.92 - NVwZ-RR 1995, 525/527). Der vom Landratsamt angenommene Widerrufsgrund der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit wäre auch ein Grund für die Rücknahme der Waffenbesitzkarte, denn eine solche ist nach § 45 Abs. 1 WaffG zwingend auszusprechen, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Erlaubnis hätte versagt werden müssen. Insoweit kann auf das zu 1.1.1 Dargelegte verwiesen werden.

1.2 Da nach alldem keine zuverlässige Prognose über den Verfahrensausgang im Hinblick auf die verfügte Aufhebung der waffenrechtlichen Erlaubnisse getroffen werden kann, ist eine reine Interessenabwägung erforderlich.

§ 45 Abs. 5 WaffG (angefügt durch Gesetz zur Änderung des Waffengesetzes und weiterer Vorschriften vom 26.3.2008, BGBl. I 426) beseitigt von Gesetzes wegen (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage gegen den Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis wegen nachträglichen Wegfalls der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit. Der Gesetzgeber hielt in dieser Fallgruppe die Anordnung der sofortigen Vollziehung für dringend angezeigt. In derartigen Fällen sei im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung immer eine umgehende Beendigung des Waffenbesitzes geboten bzw. ein höherwertiges legitimes Interesse an einem weiteren Waffenbesitz bis zum Eintritt von Bestands- oder Rechtskraft (u.U. mehrere Monate oder Jahre) überhaupt nicht zu erkennen. Den berechtigten Belangen der Betroffenen könnte in Ausnahmefällen durch eine abweichende (Eil-) Anordnung der Verwaltungsgerichte Rechnung getragen werden (BT-Drs. 16/7717, S. 33).

In Fällen der gesetzlichen Sofortvollzugsanordnung unterscheidet sich die Interessenabwägung von derjenigen, die in den Fällen einer behördlichen Anordnung stattfindet. Während im Anwendungsbereich von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO bei der Interessenabwägung die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers für die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen bedeutsam wird, ist in Fällen der Nummern 1 bis 3 zu beachten, dass hier der Gesetzgeber einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine hiervon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Hat sich schon der Gesetzgeber für den Sofortvollzug entschieden, sind die Gerichte - neben der Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache - zu einer Einzelfallbetrachtung grundsätzlich nur im Hinblick auf solche Umstände angehalten, die von den Beteiligten vorgetragen werden und die Annahme rechtfertigen können, dass im konkreten Fall von der gesetzgeberischen Grundentscheidung ausnahmsweise abzuweichen ist (vgl. BVerfG, B.v. 10.10.2003 - 1 BvR 2025/03 - juris Rn. 21 f.).

Der Antragsteller hat insoweit keine Gründe vorgetragen, die auf besondere, über die im Regelfall mit der Anordnung sofortiger Vollziehung verbundenen Umstände hingewiesen hätten, aufgrund derer eine Abwägung zugunsten seiner privaten Interessen ausfallen müsste. Die im streitgegenständlichen Bescheid des Antragsgegners verfügte Aufhebung der waffenrechtlichen Erlaubnisse dient dem besonderen Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit an einem sicheren und zuverlässigen Umgang mit Schusswaffen und daher dem Schutz überragender Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit der Bevölkerung. Gegenüber diesem gewichtigen öffentlichen Interesse hat das rein private Interesse des Antragstellers an einer Aussetzung der Vollziehung, das er nicht gesondert begründet hat, weniger Gewicht.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

3. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG unter Berücksichtigung der Nrn. 50.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. vom 18. Juli 2013.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Eine Erlaubnis nach diesem Gesetz ist zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Erlaubnis hätte versagt werden müssen.

(2) Eine Erlaubnis nach diesem Gesetz ist zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine Erlaubnis nach diesem Gesetz kann auch widerrufen werden, wenn inhaltliche Beschränkungen nicht beachtet werden.

(3) Bei einer Erlaubnis kann abweichend von Absatz 2 Satz 1 im Fall eines vorübergehenden Wegfalls des Bedürfnisses, aus besonderen Gründen auch in Fällen des endgültigen Wegfalls des Bedürfnisses, von einem Widerruf abgesehen werden. Satz 1 gilt nicht, sofern es sich um eine Erlaubnis zum Führen einer Waffe handelt.

(4) Verweigert eine betroffene Person im Fall der Überprüfung des weiteren Vorliegens von in diesem Gesetz oder in einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung vorgeschriebenen Tatbestandsvoraussetzungen, bei deren Wegfall ein Grund zur Rücknahme oder zum Widerruf einer Erlaubnis oder Ausnahmebewilligung gegeben wäre, ihre Mitwirkung, so kann die Behörde deren Wegfall vermuten. Die betroffene Person ist hierauf hinzuweisen.

(5) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen nach Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1 haben keine aufschiebende Wirkung, sofern die Erlaubnis wegen des Nichtvorliegens oder Entfallens der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 zurückgenommen oder widerrufen wird.

(1) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen Personen nicht,

1.
die rechtskräftig verurteilt worden sind
a)
wegen eines Verbrechens oder
b)
wegen sonstiger vorsätzlicher Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr,
wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung zehn Jahre noch nicht verstrichen sind,
2.
bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie
a)
Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden,
b)
mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden,
c)
Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind.

(2) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen in der Regel Personen nicht,

1.
a)
die wegen einer vorsätzlichen Straftat,
b)
die wegen einer fahrlässigen Straftat im Zusammenhang mit dem Umgang mit Waffen, Munition oder explosionsgefährlichen Stoffen oder wegen einer fahrlässigen gemeingefährlichen Straftat,
c)
die wegen einer Straftat nach dem Waffengesetz, dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen, dem Sprengstoffgesetz oder dem Bundesjagdgesetz
zu einer Freiheitsstrafe, Jugendstrafe, Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen oder mindestens zweimal zu einer geringeren Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden sind oder bei denen die Verhängung von Jugendstrafe ausgesetzt worden ist, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind,
2.
die Mitglied
a)
in einem Verein, der nach dem Vereinsgesetz als Organisation unanfechtbar verboten wurde oder der einem unanfechtbaren Betätigungsverbot nach dem Vereinsgesetz unterliegt, oder
b)
in einer Partei, deren Verfassungswidrigkeit das Bundesverfassungsgericht nach § 46 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes festgestellt hat,
waren, wenn seit der Beendigung der Mitgliedschaft zehn Jahre noch nicht verstrichen sind,
3.
Bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie in den letzten fünf Jahren
a)
Bestrebungen einzeln verfolgt haben, die
aa)
gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind,
bb)
gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker, gerichtet sind oder
cc)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
b)
Mitglied in einer Vereinigung waren, die solche Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, oder
c)
eine solche Vereinigung unterstützt haben,
4.
die innerhalb der letzten fünf Jahre mehr als einmal wegen Gewalttätigkeit mit richterlicher Genehmigung in polizeilichem Präventivgewahrsam waren,
5.
die wiederholt oder gröblich gegen die Vorschriften eines der in Nummer 1 Buchstabe c genannten Gesetze verstoßen haben.

(3) In die Frist nach Absatz 1 Nr. 1 oder Absatz 2 Nr. 1 nicht eingerechnet wird die Zeit, in welcher die betroffene Person auf behördliche oder richterliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.

(4) Ist ein Verfahren wegen Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 oder des Absatzes 2 Nr. 1 noch nicht abgeschlossen, so kann die zuständige Behörde die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens aussetzen.

(5) Die zuständige Behörde hat im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung folgende Erkundigungen einzuholen:

1.
die unbeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister;
2.
die Auskunft aus dem zentralen staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister hinsichtlich der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Straftaten;
3.
die Stellungnahme der örtlichen Polizeidienststelle, ob Tatsachen bekannt sind, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit begründen; die örtliche Polizeidienststelle schließt in ihre Stellungnahme das Ergebnis der von ihr vorzunehmenden Prüfung nach Absatz 2 Nummer 4 ein;
4.
die Auskunft der für den Wohnsitz der betroffenen Person zuständigen Verfassungsschutzbehörde, ob Tatsachen bekannt sind, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit nach Absatz 2 Nummer 2 und 3 begründen; liegt der Wohnsitz der betroffenen Person außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes, ist das Bundesamt für Verfassungsschutz für die Erteilung der Auskunft zuständig.
Die nach Satz 1 Nummer 2 erhobenen personenbezogenen Daten dürfen nur für den Zweck der waffenrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung verwendet werden. Erlangt die für die Auskunft nach Satz 1 Nummer 4 zuständige Verfassungsschutzbehörde im Nachhinein für die Beurteilung der Zuverlässigkeit nach Absatz 2 Nummer 2 und 3 bedeutsame Erkenntnisse, teilt sie dies der zuständigen Behörde unverzüglich mit (Nachbericht). Zu diesem Zweck speichert sie Name, Vorname, Geburtsdatum, Geburtsname, Geburtsort, Wohnort und Staatsangehörigkeit der betroffenen Person sowie Aktenfundstelle in den gemeinsamen Dateien nach § 6 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. Lehnt die zuständige Behörde einen Antrag ab oder nimmt sie eine erteilte Erlaubnis zurück oder widerruft diese, so hat sie die zum Nachbericht verpflichtete Verfassungsschutzbehörde hiervon unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Die zum Nachbericht verpflichtete Verfassungsschutzbehörde hat in den Fällen des Satzes 5 die nach Satz 4 gespeicherten Daten unverzüglich zu löschen.

Tenor

I. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Beobachtung des Antragstellers bis auf Weiteres nicht erneut bekannt zu machen.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

II. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.

III. Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Antragsgegners, seine Beobachtung durch das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz (im Folgenden: Landesamt) wegen Äußerungen über die Identitäre Bewegung zu unterlassen, hilfsweise die Beobachtung des Antragstellers nicht erneut öffentlich bekannt zu machen.

Der Antragsteller ist ... Vorsitzender des Landesverbandes ... der Partei ... und steht auf Platz ... der ...-Landesliste für die Bundestagswahl.

Die Identitäre Bewegung ist eine (Jugend-)Gruppierung mit französischen Wurzeln, die seit 2012 als Identitäre Bewegung Deutschland (im Folgenden: IBD) auch in Deutschland aktiv ist. Sie versteht sich selbst als „metapolitischer und aktivistischer Arm der Neuen Rechten“, der sich abseits von Rassismus und Nationalismus für den Erhalt der „ethnokulturellen Identität“ der europäischen Völker einsetzt. Sie wendet sich gegen „unkontrollierte Massenzuwanderung“, „Islamisierung“ und den „Verlust der eigenen Identität durch Überfremdung“ und will dem „Großen Austausch“ der Kulturen mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen begegnen, die sich an einer „Politik der Remigration und Leitkultur“ orientieren. Der eingetragene Verein steht wegen Anhaltspunkten für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung unter der Beobachtung der Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern. In Bayern ist die IBD seit 21. Januar 2016 Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes.

Anlässlich einer Veranstaltung des ...-Kreisverbandes ...- ... am 19. März 2017 in ... zum Thema „Strategische Ausrichtung ...“, zu der sich die Teilnehmer vorher per E-Mail anzumelden hatten, trat der Antragsteller als Redner auf. Im YouTube-Kanal ... wurde am ... ein Video der Rede des Antragstellers veröffentlicht. Ab Minute ... des Videos äußert sich der Antragsteller darüber, dass er über die Internetseite des Vereins ... unter der Rubkrik „Rechte Termine ... von ihm nicht bekannten Terminen der IBD erfahren habe. Wörtlich führt der Antragsteller dann aus:

“Identitäre ist ´ne tolle Organisation. Das ist ´ne Vorfeldorganisation von ... und die müssen wir unterstützen.“

Auf der Internetseite ... erschien unter dem ... (gesichert von der Antragsgegnerin am ... unter Bezugnahme auf ein kürzlich von Seiten des Antragstellers erfolgtes Lob für die Arbeit der IBD, die immer ohne Gewalt, aber mit viel Geist und oft auch einer Portion Humor daher komme, eine vom Antragsteller verfasste, mit „Die Schutzschild-Strategie“ überschriebene Stellungnahme. Der Antragsteller führt darin aus:

„Meine Erwähnungen der IB in den letzten Tagen haben hohe Wellen geschlagen. Viele Menschen sind dankbar, dass ich mich als führender Politiker ... schützend vor die IB gestellt habe. Andere – vor allem Kollegen aus ... – sind wiederum beunruhigt, weil sie befürchten, dass uns die Nähe zur IB in die Nähe der Beobachtung des VfS rückt.

Die einen wollen die totale Distanzierung von der IB, die anderen die totale Umarmung mit ihr. Ich werde mit diesem Papier wohl beide Gruppen enttäuschen – denn ich halte beides für falsch. Das eine würde uns bedeutend schwächen, das andere wäre auf lange Sicht für die ... sogar lebensbedrohlich.

Zur Identitären Bewegung

Ich bin kein Experte für die IB. Aber das, was ich von deren Aktionen bisher mitbekomme habe, finde ich sehr gut. Die Aktionen sind alle intelligent, haben Witz und sind alle gewaltfrei. Das kann man von vielen Aktionen von linken Organisationen (vor allem der Antifa) nicht behaupten. Mir ist bewusst, dass die IB vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Bis jetzt konnte mir aber niemand plausibel erklären, warum das Aufstellen von Kreuzen auf bayerischen Berggipfeln etwas sein sollte, das unsere verfassungsmäßige Ordnung bedrohen soll, das Anzünden von Autos und das physische Bedrohen von Andersdenkenden, wie es die Antifa betreibt, hingegen nicht. So lange diese Disproportionalität bestehen bleibt, muss ich auch weiterhin davon ausgehen, dass hier der Verfassungsschutz gegen die IB politisch instrumentalisiert wird.

Die mir persönlich bekannten Aktionen der IB verdienen unseren Respekt – Banner auf dem Brandenburger Tor, Banner auf dem „Buskunstwerk“ in Dresden, die Übergabe der Urkunde für „hervorragende Dienste bei der Zensur“ an Stasi-Kahane von der Denunzianten-Amadeu-Antonio-Stiftung usw. – sie alle sind intelligent, haben Humor und sind absolut gewaltfrei. Darüber hinaus arbeitet die IB mit modernen Kommunikationsmitteln und ist auch damit auf der Höhe der Zeit. Das ist alles den selbst gebastelten und durch wiederholte Einsätze mittlerweile schmuddeligen Bettlaken der Bahnhofsklatscher um Lichtjahre voraus.

Ich erkenne hier nichts Rassistisches, nichts Fremdenfeindliches und schon gar nichts, was die Verfassung unseres Landes bedrohen würde. Ebenso gelingt es mir nicht (selbst nach mehrmaliger Betrachtung) aus dem Motto der IB: „Heimat, Freiheit, Tradition – Multikulti Endstation“ etwas Negatives herauszulesen. Mir persönlich ist es lieber, wenn auf den Gipfeln der bayerischen Berge auch weiterhin die christlichen Kreuze stehen, als dass dort der islamische Halbmond thront.

Daher gründet meine Sympathiebekundung gegenüber der IB auf tiefem Respekt vor deren Mut, Intelligenz und Entschlossenheit. Die IB ist für die AfD das, was die Greenpace für die Grünen war

Rolle der AfD

Manche sind der Meinung, dass wir all die Leute, die sich in der außerparlamentarischen Opposition engagieren, in die Partei aufnehmen sollten (IB, Pegida etc. pp.), weil wir eine „Bewegungspartei“ seien. Das sehe ich nicht so. Ich bin für eine strikte Trennung von parlamentarischer und außerparlamentarischer Opposition. Wir sind eine parlamentarische Partei; Pegida, IB etc. sind außerparlamentarische Opposition. Wir haben ähnliche Ziele, wollen diese aber auf unterschiedlichen Wegen erreichen. Politik in einer Partei zu machen, ist „das langsame Bohren dicker Bretter“ (* ...*). Das ist oft ‚langweilige‘ Parlamentsarbeit, inhaltliches Klein-Klein in den Fachausschüssen, Paragraphenreiterei, und ein wenig Öffentlichkeitsarbeit und Medienauftritte. Diese Arbeit erfordert grundsätzlich einen anderen Typus Mensch, als der Straßenkampf, bzw. der außerparlamentarische Aktionismus. Wer Bewegung will, soll auf die Straße gehen.

Es gelangt zwar Einzelnen – wie dem Grünen ... – beides zu verbinden. Doch grundsätzlich tun sich die Straßenkämpfer anschließend bei der Parlamentsarbeit schwer und die typischen Parlamentarier bringen nicht besonders viele PS auf die Straße.

(Es würde einigen in unserer Partei gut tun, wenn sie erkennen würden, dass sie sich in der Tür geirrt haben, und dass sie ihr Potential viel besser in einer außerparlamentarischen Organisation zur Entfaltung bringen würden – man kann dem Vaterland auf unterschiedliche Arten dienen.)

In einer „normalen“ Umgebung könnte man trotz dieses Unterschieds eine gewisse personelle Verflechtung der parlamentarischen und der außerparlamentarischen Opposition gut heißen, bzw. sogar fördern. Doch wir leben nicht in einer „normalen“ politischen Umgebung. Wir erleben es jeden Tag, dass wir als AfD von einer ganzen Einheitsfront aus Parteien, deren Vorfeldorganisationen, Gewerkschaften, Kirchen und Verbänden bekämpft werden. Wir wissen auch, dass es bereits mehrfach Druck seitens der Politik auf den VfS gab, uns unter Beobachtung zu stellen. Es wäre dumm, unseren Gegner den Gefallen zu tun, und ihnen die Gründe für diese Beobachtung zu liefern.

Nach unseren bisherigen Erfolgen ist das einzige, womit uns das System noch das Genick brechen kann, die Beobachtung der ganzen Partei durch den VfS. Wir wissen es aus der Vergangenheit am Beispiel der Republikaner, was dann eintritt: Austritte der Beamten und Staatsbediensteten, dann der anderen Mitglieder aus der bürgerlichen Mitte – im Gegenzug Eintritte von Menschen, die nichts mehr zu verlieren haben, Radikalisierung, der Fall in die Bedeutungslosigkeit.

Wir sind nicht die Grünen, die es sich leisten konnten, mit RAF-Terroristen und allen möglichen Spinnern in die Parlamente einzuziehen, die dort dann demonstrativ in Birkenstocklatschen ihre Lamapullover gestrickt haben.

Wir sind eine Partei des Bürgertums! Das ist die gesellschaftliche Mitte – die Mittelschicht, der Mittelstand.

Anders als die Grünen, die eine relativ eng gefasste Kernzielgruppe bedienen, (wenn nicht gerade wenige Wochen vor einer Wahl irgendwo in der Welt ein Atomreaktor in die Luft fliegt), haben wir den Anspruch, eine Volkspartei zu sein und breite Massen der Bevölkerung anzusprechen.

Getrennt marschieren, gemeinsam zuschlagen.

Daraus ergeben sich für mich zwei logische Konsequenzen:

a) Wir müssen strikt auf die personelle Trennung zu Organisationen achten, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Ich habe das bei den wenigen persönlichen Begegnungen mit den Jungs von der IB, die ich bisher hatte, auch ihnen in dieser Deutlichkeit klar kommuniziert. Sie sind darüber nicht begeistert, können es aber sehr gut nachvollziehen und akzeptieren das. Ich rechne ihnen das hoch an, dass sie diese Trennung respektieren – im Gegensatz zu einigen anderen Gruppierungen.

b) Wir müssen als parlamentarische Partei das Schutzschild für all die Menschen sein, die sich bei Pegida, bei der IB, bei Sichere Heimat, Demo für alle etc. engagieren. Sie zeigen Mut, sie gehen auf die Straße, sie zeigen Missstände auf und erzeugen Druck auf das System. Wir brauchen diese außerparlamentarische Opposition, um Druck auf die Systemparteien und Systemverbände auszuüben. Es ist unsere Aufgabe, diese Menschen aus den Parlamenten heraus zu beschützen. Wir müssen dort die Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes durch die Systemparteien angreifen und beenden. Mit unseren medialen Zugängen müssen dafür sorgen, dass die Anliegen der außerparlamentarischen Opposition nicht weiter diffamiert werden. Wir müssen deren Themen in die Gesellschaft hineintragen. Kurzum: wir müssen das Schutzschild für diese Organisationen sein.

Das sehe ich als unseren aber auch als meinen persönlichen politischen Auftrag und dafür werde ich auch weiterhin kämpfen.“

Anlässlich dieser schriftlichen und mündlichen Äußerungen des Antragstellers verfügte das Landesamt mit Aktenvermerk vom 12. April 2017 die Beobachtung des Antragstellers. Die Befürwortung der IBD durch seine Äußerungen werde als tatsächlicher Anhaltspunkt für eine Unterstützung der extremistischen Zielsetzung der IBD bewertet. Sein weiteres Verhalten als Einzelperson unterliege insoweit dem gesetzlichen Beobachtungsauftrag aus Art. 4 Abs. 1 Satz 2 BayVSG.

Die IBD Bayern verlinkte in ihrem Facebook-Profil auf obenstehenden Beitrag des Antragstellers und dankte ihm für das Lob und das Statement. Ein eigens entwickeltes mit „Identitäre Bewegung“ untertiteltes Symbolbild zeigt ein mit der Aussage „Die Schutzschild-Strategie“ überlegtes Foto des Antragstellers.

Am ... zeigte das ZDF-Magazin ... den Antragsteller in dem Bericht „Machtkampf in ... – Showdown für ...“ als Redner des ... abgehaltenen Landesparteitages der ... mit folgender Aussage:

„Die sich bei Pegida engagieren, die sich bei den Identitären engagieren, wir müssen denen Schutz geben als politische Partei, die in den Parlamenten ist.“

Am 19. April 2017 äußerte sich der Präsident des Landesamtes auf einer Pressekonferenz anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts für das Jahr 2016 auf Nachfrage eines Journalisten u.a. unter Bezugnahme auf den Auftritt in ... und den Text zur „Schutzschild-Strategie“, dass der Antragsteller aufgrund seiner Äußerungen über die IBD gegenwärtig vom Verfassungsschutz beobachtet werde. Die ... selbst werde nicht beobachtet. Es sei aber interessant, wie sich die ... zu den Äußerungen des Antragstellers stelle.

Am 28. April 2017 ließ der Antragsteller seine Bevollmächtigten beim Verwaltungsgericht München Unterlassungsklage erheben (Az. M 22 K 17.1860). Zugleich beantragt er im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, den Antragsgegner zu verpflichten, es zu unterlassen, den Antragsteller durch das Landesamt mit Mitteln der offenen Informationsbeschaffung zu beobachten.

Mit Schriftsatz vom 12. Juni 2017, konkretisiert mit Schriftsatz vom 17. Juli 2017, beantragt der Antragsteller im Eilverfahren hilfsweise ferner,

dem Antragsgegner zu untersagen, die Beobachtung des Antragstellers durch den Verfassungsschutz in Zukunft bekannt zu machen.

Die Beobachtung des Antragstellers und insbesondere die Unterrichtung der Öffentlichkeit hierüber stelle nicht nur einen unzulässigen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und die Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) dar, sondern – angesichts des bevorstehenden Bundestagswahlkampfes und der Stellung des Antragsstellers als ... Landesvorsitzender der mit der ... um Wählerstimmen rivalisierenden ... – auch eine Verletzung des in Art. 21 GG verankerten grundrechtsähnlichen Parteienprivilegs und der sich aus Art. 21, 3, 20 Abs. 3 GG ergebenden Neutralitätspflicht.

Bezüglich des Antragstellers lägen keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für Bestrebungen vor, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet seien und eine Beobachtung rechtfertigen könnten. Der Antragsteller habe sich in Bezug auf einige Aspekte zwar anerkennend zur IBD geäußert, diese Äußerungen seien aber vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Der Antragsteller habe bei seinen auf einzelne gewaltfreie und humorvolle Aktionen der IBD bezogenen Äußerungen stets zu erkennen gegeben, dass er kein Experte für die IBD sei und nicht sämtliche Inhalte, Äußerungen und Aktionen der IBD bewerten wolle. Er identifiziere sich nicht notwendig mit den Inhalten der IBD, sondern habe, da er hinsichtlich der ihm bekannten Aktionen keine Bestrebungen gegen die verfassungsrechtliche Grundordnung habe erkennen können, lediglich deren verfassungsrechtlich gewährleistetes Recht verteidigt, Aussagen treffen zu dürfen, ohne in einer rechtlich zweifelhaften Weise in den Verfassungsschutzbericht aufgenommen zu werden. Damit habe sich der Antragsteller weder zum Anwalt der IBD gemacht noch diese in Bausch und Bogen und vorbehaltlos mit einem Gütesiegel versehen. Er habe in seiner „Schutzschild-Strategie“, die sich auf verschiedene Bewegungen der außerparlamentarischen Opposition bezogen habe, auch die strikte Trennung der ... von solchen Gruppierungen betont, personell wie inhaltlich.

Die Ziele der IBD seien bei unvoreingenommener Betrachtung auch nicht verfassungsfeindlich. Die völlige Übereinstimmung mit dem Grundgesetz und das uneingeschränkte Bekenntnis zur Gewaltlosigkeit ließen eine Beobachtung der IBD absurd erscheinen. Dem Verfassungsschutz falle es denn auch ersichtlich schwer, die letztlich nur politisch motivierte Beobachtung der IBD und damit auch des Antragstellers zu begründen. Dass sich die IBD auf eine „antidemokratische, antiliberale und antiegalitäre Strömung der Weimarer Zeit“ berufe, sei eine haltlose Unterstellung. Dass ein Volk eine ethnokulturelle Identität habe, die sich durch eine gemeinsame Sprache, Kultur, Herkunft und Religion auszeichne, sei weder unzutreffend noch zu beanstanden; die gesehene Nähe zur extremistischen Blut-und-Boden-Ideologie sei nicht nachvollziehbar. Die Verteidigung und Bewahrung von Heimat, Freiheit und Tradition stehe nicht im Widerspruch zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung.

Hinsichtlich der Bekanntgabe der Beobachtung sei von einem offensichtlichen Ermessensmissbrauch auszugehen. Die Schwere des Eingriffs in die Grundrechte und grundrechtsähnlichen Prinzipien aus Art. 9, 5 und 21 GG, die durch die Bekanntgabe einer staatlichen Beobachtung des Vorsitzenden einer Oppositionspartei herbeigeführt werde, stehe in keinem Verhältnis zum Grad der Art und Weise der möglichen, aber nicht wirklichen Beeinträchtigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Sie widerspreche außerdem schon dem Zweck der Beobachtung.

Der Antragsgegner beantragt,

den Haupt- und Hilfsantrag abzulehnen.

Der Verfassungsschutz sei als Frühwarnsystem im Vorfeld von konkreten Gefahren im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgabenerfüllung verpflichtet, frühzeitig extremistischen Bestrebungen nachzugehen und gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen, die auch von Einzelpersonen ausgehen könnten, zu beobachten. Eine Beobachtung sei bereits beim Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für solche Bestrebungen zulässig. Diese seien hinsichtlich des Antragstellers gegeben. Er habe in seinen Äußerungen im Wissen um deren Beobachtung durch den Verfassungsschutz zuletzt mehrfach eine ausgeprägte Nähe zur rechtsextremistischen IBD erkennen lassen. Mit dem bewusst gewählten Begriff der zu unterstützenden „Vorfeldorganisation“ mache der Antragsteller deutlich, dass er ein weit über eine reine Sympathiebekundung hinausgehendes, enges, vernetztes und sich gegenseitig unterstützendes Verhältnis der ... zur IBD anstrebe. Der Antragsteller bemühe sich zwar in seiner „Die Schutzschild-Strategie“ überschriebenen Stellungnahme auf ... die ...-internen Strömungen pro und contra der IBD zu bedienen, seine Forderung nach einer personellen Trennung zwischen ... und IBD sei aber letztlich einzig der Sorge geschuldet, damit Gründe für eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz zu liefern. Die Formulierung „Getrennt marschieren, gemeinsam zuschlagen“ zeige, dass der Antragsteller eine enge, auch inhaltliche Zusammenarbeit mit der IBD strategisch plane. Diese propagiere einen europäischen Ethnopluralismus, d.h. die räumliche und kulturelle Trennung unterschiedlicher Ethnien, was letztlich die Ausweisung großer Bevölkerungsteile unter Missachtung der vom Grundgesetz garantierten Menschenrechte zur Folge habe. Es sei eine starke Nähe zum biologistischen Denken und der völkischen Ideologie von Rechtsextremisten erkennbar. Ideal der IBD sei zudem die attische Demokratie ohne Parlamentarismus, in der Entscheidungen und Wahlen von einem „einheitlichen“ Volk getragen würden. Die Ablehnung des Parlamentarismus und von Parteien stehe im Widerspruch zum Mehrparteiensystem und zur Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Ausübung einer Opposition. Da die IBD ideologisch an das Gedankengut der „Konservativen Revolution“ anknüpfe, sei davon auszugehen, dass sich ebenso wie mit dieser einerseits die Überwindung des bestehenden demokratischen Verfassungsstaates und andererseits die Einsetzung von angeblich erhaltenswerten politischen Prinzipien verbinde. Der ...Bundesvorstand habe den Antragsteller (einem Bericht der F.A.Z. vom ... zu Folge) auch für seine Äußerungen über die IBD unter Berufung auf den vom Bundesvorstand getroffenen „Unvereinbarkeitsbeschluss“, der die Unterstützung verfassungsfeindlicher Organisationen durch ...-Mitglieder verbiete, abgemahnt. Dies habe der Antragsteller, wie der Homepage des ... zu entnehmen sei, akzeptiert.

Die Beobachtung des Antragstellers sei auch verhältnismäßig. Erst auf der Grundlage der Beobachtungen werde es den zuständigen staatlichen Stellen möglich, sich eine auf tatsächliche Erkenntnisse gestützte Meinung über das Ausmaß der Unterstützung zu bilden und zu bewerten, ob die Voraussetzungen für weitergehende staatliche Maßnahmen vorlägen.

Auch die Voraussetzungen des Art. 26 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und Abs. 3 BayVSG für eine Unterrichtung der Öffentlichkeit seien erfüllt. Unterstütze ein Mitglied einer nicht dem Beobachtungsauftrag unterliegenden Partei – noch dazu eine Führungskraft – verfassungsfeindliche Bestrebungen, habe die Öffentlichkeit ein berechtigtes Interesse, von diesen Fliehkräften unter Bekanntgabe personenbezogener Daten zu erfahren. Die Bekanntgabe sei auch verhältnismäßig. Sie sei situationsabhängig, mündlich und auf ein ausdrückliches Auskunftsersuchen eines Pressevertreters erfolgt, der sich wiederum auf Art. 4 BayPrG als Ausfluss der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 11 BV gewährleisteten Pressefreiheit berufen könne. Es sei zudem ausdrücklich dargelegt worden, dass sich der Beobachtungsauftrag nicht auf die ... in Gänze beziehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

II.

Das mit dem Hauptantrag verfolgte Begehren auf vorläufige Unterlassung der Beobachtung durch den Verfassungsschutz bleibt ohne Erfolg. Dem Hilfsantrag war dagegen entsprechend dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang stattzugeben.

1. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Maßgeblicher Zeitpunkt für die vorzunehmende summarische Prüfung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

2. Hinsichtlich des Hauptantrags ist ein Anordnungsgrund ersichtlich gegeben, da die vom Antragsteller als Rechtsverletzung gerügte Beobachtung durch den Verfassungsschutz andauert.

Der Antragsteller hat aber keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Voraussetzungen des geltend gemachten und mit der Hauptsacheklage verfolgten öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs, der mangels spezialgesetzlicher Regelungen allein aus grundrechtlich geschützten Rechtspositionen abzuleiten ist (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 21.5.2008 – 6 C 13.07 – juris Rn. 13; U.v. 25.1.2012 – 6 C 9.11 – juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 16.7.2010 – 10 CE 10.1201 – juris Rn. 16; B.v. 23.9.2010 – 10 CE 10.1830 – juris Rn. 18), liegen nach Auffassung der Kammer nicht vor. Vielmehr ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die mit der Beobachtung einhergehenden Beeinträchtigungen des Antragstellers rechtmäßig und von diesem daher hinzunehmen sind.

2.1 Der Antragsgegner greift mit der Beobachtung allerdings in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen des Antragstellers ein. Bei einer Beobachtung handelt es sich – auch wenn sie aus offenen, allgemein zugänglichen Quellen wie Druckerzeugnissen, Programmen und Aufrufen erfolgt – um einen sich mit der Dauer der Maßnahme verstärkenden Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. Sie ermöglicht die Erstellung zumindest partieller Persönlichkeitsbilder und kann im Fall der offenen Durchführung deshalb eine erhebliche Belastung bedeuten, weil der Staat dem Betroffenen die soziale Kontaktaufnahme mit anderen Personen erschwert. Zudem kann sie, wenn sie bekannt wird, zu seiner Stigmatisierung in der Öffentlichkeit führen (BVerwG, U.v. 21.07.2010 – 6 C-22/09 – juris Rn. 95).

Darüber hinaus steht hier auch eine zumindest mittelbare Beeinträchtigung des Grundrechts der Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) und weiter des Rechts auf Chancengleichheit im Wettbewerb von politischen Parteien (Art. 21 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG) inmitten, geht man davon aus, wofür vieles spricht, dass sich der Antragsteller hierauf jedenfalls der Sache nach – auch wenn ggf. eine dogmatische Verortung in den Freiheitsgrundrechten zu suchen wäre – berufen kann (vgl. Maunz/Dürig, GG, Stand Dezember 2016, Art. 21 Rn. 263).

2.2 Der Antragsgegner ist nach summarischer Prüfung aber zur Beobachtung des Antragstellers aufgrund seiner Äußerungen über die IBD berechtigt.

2.2.1 Rechtsgrundlage für die angegriffene Maßnahme der Beobachtung sind Art. 5 Abs. 1 Nr. 1 und Art. 3 BayVSG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 4 BVerfSchG.

Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayVSG gewährt dem Landesamt allgemein die Befugnis, Informationen zu erheben, zu verarbeiten und zu nutzen, soweit dies u.a. zur Erfüllung seiner Aufgaben nach Art. 3 BayVSG i.V.m. § 3 BVerfSchG erforderlich ist, wobei die Sammlung von Informationen und deren Auswertung zusammen die Beobachtung ausmachen (vgl. Droste, Handbuch des Verfassungsschutzes, 2007, S. 44).

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG ist es Aufgabe der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder Informationen über Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, zu sammeln und auszuwerten. Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Gesetzes zählen gemäß § 4 Abs. 2 BVerfSchG unter anderem das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben (a), das Recht auf Bildung und Ausübung einer Opposition (c) und die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte (g).

Bestrebungen sind gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayVSG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen, in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, einen der in § 4 Abs. 2 BVerfSchG genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. Für einen Personenzusammenschluss handelt dabei, wer ihn in seinen Bestrebungen nachdrücklich unterstützt.

Bestrebungen gehen über bloße politische Meinungen hinaus. Kritik an der Verfassung und ihren wesentlichen Elementen ist ebenso erlaubt wie die Äußerung der Forderung, tragende Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu ändern. Es ist allerdings verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn die Verfassungsschutzbehörde insoweit an die Inhalte von Meinungsäußerungen anknüpft, als diese Ausdruck eines Bestrebens sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beseitigen. Es ist dem Staat grundsätzlich nicht verwehrt, aus Meinungsäußerungen Schlüsse zu ziehen und gegebenenfalls Maßnahmen zum Rechtsgüterschutz zu ergreifen. Wenn Äußerungen Bestrebungen zur Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung erkennen lassen, darf der Staat diese auch zum Anlass nehmen, Schutzmaßnahmen zu ergreifen (BVerfG, B.v. 24.5.2005 – 1 BvR 1072/01 – BVerfGE 113, 63; BVerwG, U.v. 21.7.2010 – 6 C-22/09 – BVerwGE 137, 275). Kritik an einem Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung muss danach nur als „bloße“ Kritik unberücksichtigt bleiben, nicht jedoch, wenn sie verbunden ist mit der Ankündigung konkreter Aktivitäten zur Beseitigung dieses Verfassungsgrundsatzes oder mit der Aufforderung zu solchen Aktivitäten. Bei Meinungsäußerungen, die von oder innerhalb einer politischen Partei abgegeben werden, liegt es zumindest nahe, dass sie mit der Intention einer entsprechenden Änderung der realen Verhältnisse abgegeben werden; denn politische Parteien sind gerade auf Änderung der politischen Verhältnisse ausgerichtet (BVerwG, U.v. 21.7.2010 – 6 C-22/09 – BVerwGE 137, 275; Murswiek, NVwZ 2006, 121).

Ob die Voraussetzungen für eine Beobachtung vorliegen, unterliegt in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle. Dem Antragsgegner steht insoweit keine Einschätzungsprärogative zu. Dies gilt sowohl für das Vorliegen der behaupteten Tatsachen als auch für die daraus gezogenen, wertenden Schlussfolgerungen (VGH München, U.v. 22.10.2015 – 10 B 15.1320 – juris; in diesem Sinne wohl auch BVerwG, U.v 17.10.1990 – 1 C-12/88 – BVerwGE 87, 23 zur Überprüfung von Maßnahmen nach dem G 10-Gesetz).

Voraussetzung für die Sammlung und Auswertung von Informationen im Rahmen des Beobachtungsauftrags ist das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte (vgl. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 BayVSG). Verlangt wird mehr als bloße Vermutungen, Mutmaßungen, Annahmen oder Hypothesen. Andererseits bedarf es auch nicht der Gewissheit, dass Schutzgüter der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beseitigt oder außer Kraft gesetzt werden sollen. Es müssen vielmehr konkrete und in gewissem Umfang verdichtete Umstände als objektive Tatsachenbasis vorliegen, die bei vernünftiger Betrachtung die Annahme eines Verdachts rechtfertigen (BVerfG, U.v. 14.7.1999 – 1 BvR 2226/94 – BVerfGE 100, 313, 395). Zur Annahme eines solchen Verdachts kann auch die Gesamtschau aller vorhandenen tatsächlichen Anhaltspunkte führen, wenn jeder für sich genommen einen solchen Verdacht noch nicht zu begründen vermag (BVerwG, U.v. 17.10.1990 – 1 C-12/88 – BVerwGE 87, 23, 28; BVerwG, U.v. 21.7.2010 – 6 C-22/09 – juris Rn. 30). Eine solche Verdachtslage besteht zudem bereits dann, wenn ein die Schutzgüter objektiv beeinträchtigendes Verhalten festgestellt werden kann, ohne dass es auf das subjektive Merkmal des Beeinträchtigenwollens ankommt. Solche tatsächlichen Anhaltspunkte können sich z.B. ergeben aus offiziellen Programmen, Satzungen oder sonstigen Veröffentlichungen, aus Verlautbarungen bzw. Aktivitäten von Funktionären oder Anhängern sowie aus Verbindungen zu bereits als extremistisch erkannten Gruppen oder Einzelpersonen.

Die Anhaltspunkte müssen entsprechend gewichtig sein, um die jeweilige staatliche Reaktion zu rechtfertigen. Die Abstufung der Reaktion auf mögliche verfassungsfeindliche Bestrebungen von der bloßen Beobachtung über die Warnung der Öffentlichkeit durch entsprechende Berichterstattung im Verfassungsschutzbericht bis hin zum Verbot einer Organisation schließt es aus, jeweils das gleiche Gewicht für tatsächliche Anhaltspunkte für solche Bestrebungen zu verlangen (vgl. BVerwG, U.v. 21.7.2010 – 6 C-22/09 – juris Rn. 31). Für die Beobachtung aus offenen Quellen ist von einer relativ niedrigen Eingriffsschwelle auszugehen. Es genügt, wenn Umstände gegeben sind, die bei vernünftiger Betrachtungsweise auf solche Bestrebungen hindeuten und daher eine weitere Abklärung erforderlich erscheint.

An dieser Stelle ist schließlich noch darauf hinzuweisen, dass eine Beobachtung des Antragstellers aus offenen Quellen nicht schon deshalb ausgeschlossen ist, weil Einzelpersonen – außerhalb des Sonderfalles des § 4 Abs. 1 Satz 4 BVerfSchG – nicht selbständiges Beobachtungsobjekt sein könnten, wie der Antragsteller meint. Eine solche Annahme ergibt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn und Zweck der einschlägigen Bestimmungen des BayVSG und des BVerfSchG. Nach § 3 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 BVerfSchG haben die Verfassungsschutzbehörden nicht Personenzusammenschlüsse zu beobachten, sondern Informationen über Bestrebungen, also Verhaltensweisen von Personen, zu sammeln und auszuwerten. Solche Verhaltensweisen können aber schon qua Gesetz nicht nur von Einzelpersonen, die Mitglieder eines Zusammenschlusses sind („in“), sondern auch von Personen, die außerhalb der Gruppierung stehen („für“), vorgenommen werden. Auch wenn die einzelne Person insoweit nicht als solche, sondern wegen ihrer „organisatorischen Rückkoppelung“ verfassungsschutzrelevant ist, kann ihre Verhaltensweise jedenfalls dann nicht nur dem Personenzusammenschluss, sondern auch ihr als Einzelperson zuzuordnen sein, wenn hieran ein verfassungsschutzrechtliches Erkenntnisinteresse besteht, weil etwa deren individuelle politische Entwicklungslinien nachvollzogen werden sollen oder aber das Verhältnis bzw. die Verbindung zu einem Personenzusammenschluss oder einer Gruppe – wie wohl auch vorliegend – (zunächst noch) unklar ist. (Roth in Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, BVerfSchG, 2014, §§ 3, 4 Rn. 94 ff.; Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, 2007, S. 168 ff.).

2.2.2 Gemessen an diesen Vorgaben ist davon auszugehen, dass die derzeitige Beobachtung des Antragstellers mit Mitteln der offenen Informationsbeschaffung rechtmäßig ist. Hinsichtlich der IBD liegen tatsächliche Anhaltspunkte vor, die geeignet sind, den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen zu begründen (a). Mit den in seiner Funktion als ... Landesvorsitzender der ... getätigten Äußerungen hat der Antragsteller die IBD auch nachdrücklich unterstützt und damit tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen begründet (b). Die angeordnete Beobachtung ist auch verhältnismäßig (c).

a) Auf der Grundlage der vom Antragsgegner vorgelegten Belege zu Selbstverständnis und Zielen der IBD begegnet deren Beobachtung durch das Landesamt, soweit die Gruppe in ... Aktivitäten entfaltet, keinen Bedenken. Die Kammer verweist hierzu insbesondere auf den Vermerk des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 15. November 2016 (im Folgenden: BfV) und das Schreiben des Landesamtes vom 16. Juni 2017 (sowie die dort in Bezug genommenen Quellen), deren Feststellungen zur ideologischen Ausrichtung der IBD sie teilt. Einschränkend ist lediglich darauf hinzuweisen, dass nach Auffassung der Kammer die abschließenden Bewertungen in den Stellungnahmen, soweit diese auf eine erwiesene Verfassungsfeindlichkeit hindeuten sollten, in Ansehung der vorliegenden Informationen als zu weitgehend erscheinen. Dass bei der IBD konkrete Anhaltspunkte für die Verfolgung verfassungsfeindlicher Bestrebungen vorliegen und mithin jedenfalls ein Verdachtsfall gegeben ist, der eine Beobachtung (und auch eine Berichterstattung) rechtfertigt, steht aber außer Frage. Dazu sei Folgendes bemerkt:

Die IBD sieht sich selbst als „aktivistischer Arm der Neuen Rechten“ und orientiert sich wiederum nach eigenem Selbstverständnis am geistigen Erbe der „Konservativen Revolution“ und der Ideologie der „Nouvelle Droite mit ihren französischen Vordenkern“ (vgl. Positionspapier „Identitär – eine Idee“, Fundstellennachweis BfV Fn. 5 und 6).

Mit „Konservative Revolution“ sind verschiedene rechtskonservative bis rechtsextremistische Gruppierungen der Weimarer Republik bzw. Autoren des deutschen Radikalnationalismus gemeint (nach Mohlerscher Diktion: Völkische, Jungkonservative, Nationalrevolutionäre, Bündische und Landvolkbewegung), deren Auffassungen und politische Konzepte (nach Mohler) vom Nationalsozialismus geschieden werden könnten. Die Schriften diverser diesen Gruppierungen angehöriger oder nahestehender Autoren gelten den unterschiedlichen Strömungen der heutigen extremen Rechten als geistiges Refugium. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die dem Schriftsatz des Antragsgegners vom 16. Juni 2017 beigefügte Belegsammlung mit Auszügen aus dem Angebot des identitären Online-Versands „Phalanx Europa“, über den Sticker, Poster bzw. Bücher unter anderem von Ernst Jünger, Carl Schmitt, Arthur Moeller van den Bruck und Oswald Spengler angeboten werden, alles Autoren, die (soweit es um ihre während der Zeit der Weimarer Republik vertretenen Auffassungen geht) der Konservativen Revolution zugerechnet werden. Eine Bezugnahme auf die entsprechenden Traditionsbestände, für die antiliberale, antidemokratische und antiegalitäre Positionen typisch sind, findet sich im Übrigen auch bei der Nouvelle Droite, zu der sich die IBD wie erwähnt gleichfalls bekennt.

Was den zentralen Bestandteil der Ideologie der Identitären Bewegung, den Ethnopluralismus, angeht, ist dieses Konzept nach deren eigenem Verständnis nicht rassistisch, betont vielmehr in bewusster Abgrenzung zur „Multikultiideologie“ die Bedeutung von „Abstammung“, „Kultur“ und „Identität“. Unter Rückgriff auf diese an sich unverfänglichen Begriffe lässt sich eine restriktive Einwanderungspolitik begründen, was für sich betrachtet für die Beurteilung der Verfassungsfeindlichkeit irrelevant wäre, und es bestehen offenkundig auch Schnittmengen mit Konstrukten wie etwa dem Begriff der Leitkultur. Wegen der Fokussierung darauf, dass der Volksbegriff im Wesentlichen ethnisch zu definieren sei, ist das Konzept des Ethnopluralismus aber ersichtlich auch einer Auslegung zugänglich, die mit der Achtung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) und damit dem wesentlichen Element der freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht vereinbar wäre, wenn dies als Begründung für eine Ausgrenzung und Rechtlosstellung von Ausländern oder „nicht ethnisch Deutschen“ herangezogen würde, wie dies etwa bei der Programmatik der NPD der Fall ist. Deren Volksbegriff ist ebenfalls ethnisch-kulturell bestimmt und was das Verhältnis zu anderen Völkern angeht, argumentiert sie in der Sache auch „pluralistisch“, da sie (anders als ihr historischer Vorläufer) anerkennt, dass Völkern ein angestammter Lebensraum zukomme, diese sich aber zur Wahrung ihrer Identität nach Möglichkeit nicht vermischen sollen (vgl. hierzu BVerfG, U.v. 17.1.2017 – 2 BvB 1/13 – juris insbes. Rn. 654 ff. und 690 ff.).

Die vom Antragsgegner vorgelegten Belege enthalten zwar keine Aussagen und Stellungnahmen, die eindeutig eine verfassungsfeindliche Zielrichtung in diesem Sinne belegen würden. Gleichwohl liegen tatsächliche Anhaltspunkte hierfür vor, die eine weitere Abklärung gebieten. Wesentlich für diese Einschätzung ist die offenkundig fremdenfeindliche Tendenz einer Vielzahl der zitierten Aussagen (siehe insbes. die Nachweise in BfV S. 4 ff.), die Rückbindung ihrer Ideologie an die Programmatik der Konservativen Revolution, die in Teilen eben auch völkische Thesen vertrat, weiter die martialisch formulierten Leitmotive ihrer Öffentlichkeitsarbeit („Remigration“, „Bevölkerungsaustausch stoppen“, „Reconquista“) sowie die augenscheinliche Nähe des Konzepts zum Volksbegriff und der Volkstumspolitik der „alten“ Rechten (NPD und Umfeld) in ihrer aktuellen Ausprägung. Das Bekenntnis der IBD, abseits von „Rassismus“ und „Nationalismus“ zu agieren, steht der Annahme von Anhaltspunkten für verfassungsfeindliche Bestrebungen vor diesem Hintergrund und dem Fehlen eines klaren Bekenntnisses zur uneingeschränkten Gültigkeit der universellen Menschenrechte nicht entgegen, da durchaus möglich erscheint, dass es sich hierbei um ein taktisch bedingtes Lippenbekenntnis handelt, das lediglich den Anschein einer in Wirklichkeit nicht vorhandenen Verfassungstreue erwecken soll. Für diese Annahme spricht im Übrigen auch, dass die IBD zwar immer wieder (trotz des Gebrauchs einer martialischen Rhetorik, was die Abwehr des „Fremden“ angeht) ihre nichtrassistische Grundhaltung betont, es bislang aber geflissentlich unterlassen hat, sich dazu zu äußern, wie sie ihre Forderungen und Leitmotive konkret umsetzen will.

Da dieser Umstand allein bereits die Beobachtung rechtfertigt, bedarf es hier keines weiteren Eingehens auf die Frage, ob und inwieweit die Ablehnung der repräsentativen Demokratie in ihrer durch das Grundgesetz bestimmten Ausgestaltung durch die IBD tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen begründet (vgl. dazu BfV S. 8 ff.). Bemerkt sei hierzu nur so viel, dass die von der IBD geforderte „echte, direkte, deutsche, subsidiarische Demokratie“ ersichtlich wiederum Bezug hat zu dem von der IBD augenscheinlich vertretenen Begriff eines möglichst ausschließlich nach ethnisch-kulturellen Kriterien zu bestimmenden Staatsvolkes und sich damit im Ergebnis die oben bereits angedeuteten Fragen erneut stellen. Auch in diesem Zusammenhang ist wiederum festzustellen, dass die von der IBD verwendeten Begrifflichkeiten teilweise offen und unbestimmt sind und unschwer einer die Menschenwürde als obersten Wert in Frage stellende Auslegung zugänglich wären (z.B. „organische“ Demokratie).

b) Indem der Antragsteller die IBD und ihre Aktionen mehrfach mündlich wie schriftlich befürwortet und seine Partei zur Unterstützung auch der IBD als Vorfeldorganisation der ... aufgerufen hat, hat er die IBD unzweifelhaft in ihren Bestrebungen (im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 BVerfschG) nachdrücklich unterstützt. Diese an seine Partei gerichtete Aufforderung ging über eine bloße Sympathiebekundung hinaus und war für die IBD auch von Bedeutung. Dies zeigt sich etwa daran, dass die IBD in ihrem Facebook-Profil auf den schriftlichen Beitrag des Antragstellers auf ... verlinkt, sich ausdrücklich für das Lob bedankt und eigens ein Symbolbild der Identitären Bewegung mit dem Foto des Antragstellers und der Aussage „Die Schutzschildstrategie“ (vgl. auch Blatt 6 der Behördenakte) eingestellt hat.

Dass der Antragsteller seine Äußerungen zur IBD zum Teil explizit damit einleitete, „kein Experte für die IB“ zu sein und angibt, sich nicht mit der IBD zu identifizieren und diese nicht „in Bausch und Bogen“ und vorbehaltlos mit einem Gütesiegel versehen haben zu wollen, ist für das Vorliegen einer Unterstützungshandlung ohne Belang, da die Frage, ob sich eine Person für einen Personenzusammenschluss betätigt, allein nach objektiven Kriterien zu beurteilen ist, ohne dass es auf subjektive Merkmale ankäme. Es ist also irrelevant, ob der Antragsteller seine Unterstützungshandlungen in der Annahme vorgenommen hat, dass die IBD keine verfassungsfeindlichen Zielsetzungen verfolge bzw. dass er sich vorsorglich von unter Umständen problematischen Positionen der IBD distanzieren wollte.

c) Schließlich steht auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einer Beobachtung des Antragstellers mit Mitteln der offenen Informationsbeschaffung nicht entgegen. Die Beobachtung des Antragstellers durch das Landesamt aus allgemein zugänglichen Quellen ist geeignet, den auf tatsächliche Anhaltspunkte gestützten Verdacht der Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen weiter abzuklären. Die Beobachtung im Wege der Auswertung offener Quellen ist auch erforderlich, da sie im Sinne von Art. 6 Abs. 1 BayVSG das mildeste Mittel im Rahmen der Beobachtung darstellt. Die offene Beobachtung des Antragstellers in dem bislang praktizierten Umfang steht auch nicht erkennbar außer Verhältnis zum beabsichtigten Erfolg (Art. 6 Abs. 2 BayVSG).

Auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) wirkt sich die Informationsbeschaffung aus offenen Quellen nur relativ geringfügig aus, da diese keine Informationen enthalten, die dem persönlichen Lebensbereich des Betroffenen zuzuordnen wären, sondern ausschließlich dessen Wirken in der Öffentlichkeit betreffen und häufig von diesem selbst oder mit dessen Einverständnis der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Im Verhältnis zum Schutzzweck der Beobachtung erscheint der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung daher nicht unangemessen oder unzumutbar (vgl. BVerwG, U.v. 21.7.2010 – 6 C-22/09 – juris Rn. 102 ff.). Gleiches gilt hinsichtlich etwaiger faktischer Auswirkungen der offenen Beobachtung auf die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) des Antragstellers. Hinsichtlich des Rechts auf Gleichbehandlung von Parteien (Art. 21 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG) ist schließlich festzustellen, dass durch die Beobachtung als solche weder die Werbung für Parteiziele unmittelbar berührt oder gar untersagt wird, noch sind – anders als im Fall der Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Beobachtung – Auswirkungen auf das Wählerverhalten zu befürchten.

Im Ergebnis ist damit festzustellen, dass die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Unterlassungsanspruchs hinsichtlich der Beobachtung aus offenen Quellen nicht glaubhaft gemacht sind und der Hauptantrag abzulehnen war.

3. Der Hilfsantrag hat dagegen Erfolg. Der Antragsteller hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass ihm insoweit ein Unterlassungsanspruch zustehen dürfte.

3.1 Ein Rechtsschutzbedürfnis ist nicht wegen einer fehlenden Wiederholungsgefahr zu verneinen. Das schutzwürdige Interesse an der Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes bezüglich der in der Hauptsache zu erhebenden Unterlassungsklage würde nur dann entfallen, wenn eine Wiederholung der streitgegenständlichen Äußerung eindeutig und von vorneherein ausgeschlossen werden könnte. Der Antragsgegner ist der im Antragsschriftsatz implizierten Annahme des Antragstellers, dass eine erneute Bekanntmachung der Beobachtung in Betracht komme, jedoch nicht ausdrücklich entgegen getreten. Es ist daher davon auszugehen, dass er sich vorbehält, die Beobachtung des Antragstellers erneut bekannt zu machen (vgl. BVerwG, U.v. 15.12.2005 – 7 C 20.04 – juris Rn. 34 und U.v. 25.1.2012 – 6 C 9.11 – juris Rn. 21).

3.2 Mit der somit anzunehmenden Wiederholungsgefahr ist gleichzeitig das Vorliegen eines Anordnungsgrundes dargetan.

3.3 Der Antragsteller kann sich weiter auf einen Anordnungsanspruch berufen. Maßgeblich ist auch insoweit darauf abzustellen, ob dem Antragsteller ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch zusteht – zu dessen Herleitung unter Anknüpfung an grundrechtlich geschützte Rechtspositionen siehe oben 2. und 2.1 –, was anders als im Falle des mit dem Hauptantrag verfolgten Begehrens hinsichtlich des Hilfsantrags zu bejahen ist.

Die Berichterstattung durch das Landesamt darüber, dass bezüglich einer namentlich genannten Person tatsächliche Anhaltspunkte für die Verfolgung verfassungsfeindlicher Bestrebungen vorliegen, greift wesentlich stärker in dessen grundrechtlich geschützte Rechtspositionen ein als eine bloße Beobachtung aus offenen Quellen (vgl. BVerfG, B.v. 24.5.2005 – 1 BvR 1072/01 – juris Rn. 52 ff. – mittelbare belastende negative Sanktion mit Eingriffscharakter). Zur Überzeugung der Kammer stellt sich vorliegend eine solche Berichterstattung nach den Umständen des Falles als nicht gerechtfertigt dar und kann nicht auf Art. 26 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 BayVSG gestützt werden.

Nach Art. 26 Abs. 1 Nr. 1 BayVSG informiert das Landesamt die Öffentlichkeit über Bestrebungen und Tätigkeiten nach Art. 3, soweit hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte hierfür vorliegen, um diese (die Öffentlichkeit) bereits im Vorfeld einer Gefährdung in die Lage zu versetzen, Art und Ausmaß möglicher Gefahren zu erkennen und diesen in angemessener Weise entgegenzuwirken. Dabei dürfen auch personenbezogene Daten bekanntgegeben werden, wenn die Bekanntgabe für das Verständnis des Zusammenhangs oder der Darstellung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach Art. 3 erforderlich ist und die Interessen der Allgemeinheit das schutzwürdige Interesse des Betroffenen überwiegen (Art. 26 Abs. 3 BayVSG). Dieses Abwägungsgebot ergänzt und konkretisiert für Zwecke der Berichterstattung die Anwendung des in Art. 6 BayVSG kodifizierten Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.

Auf der Grundlage dieser Vorgaben verbietet sich eine Berichterstattung über den Antragsteller unter dessen namentlicher Nennung. Denn eine (erneute) Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Beobachtung des Antragstellers unter Bezugnahme auf seine Person ist auf der bisherigen Tatsachengrundlage jedenfalls unverhältnismäßig. Eine solche Berichterstattung ist schon nicht erforderlich und würde sich auch nicht als verhältnismäßig im engeren Sinne darstellen, da die schutzwürdigen Interessen des Antragstellers ein etwaiges Interesse an einer konkretisierenden Berichterstattung deutlich überwiegen.

Innerhalb des Maßstabs der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Grundrechte ist es das Prinzip der Erforderlichkeit, welches dazu verpflichtet, permanent nach Mitteln zu suchen, welche die legitimen Zwecke des Eingriffs zwar ebenfalls erreichen, aber eine geringere Eingriffstiefe haben. Diese Pflicht richtet sich, einfach ausgedrückt, auf die Suche nach milderen, den Betroffenen weniger belastenden Mitteln.

Der Zweck, an dem sich die Erforderlichkeitsprüfung orientiert, ist der in Art. 26 Abs. 1 BayVSG verankerte Auftrag, der Öffentlichkeit Informationen über Bestrebungen und Tätigkeiten nach Art. 3 BayVSG zugänglich zu machen, um diese in die Lage zu versetzen, Art und Ausmaß möglicher Gefahren zu erkennen und diesen in angemessener Weise entgegenzuwirken, im fallbezogenen Kontext also die Information der Öffentlichkeit über mögliche verfassungsfeindliche Bestrebungen der IBD und etwaige Verbindungen der IBD zu Parteien und deren Funktionsträgern, konkret der...

Seiner Warnfunktion bezüglich der möglicherweise verfassungsfeindlichen Bestrebungen der IBD kann das Landesamt aber auch ohne Bezugnahme auf den Antragsteller und – da sich der Verdacht von Bestrebungen von Einzelpersonen kaum anonymisiert darstellen lässt – ohne Bezugnahme auf seine konkreten Äußerungen genügen. Festzustellen ist weiter, dass der Antragsteller die Gruppierung nach den vorliegenden Erkenntnissen auch nicht in einer Weise unterstützt, dass die Funktionsfähigkeit der IBD in nicht unerheblichem Maße von dieser Unterstützung abhängig wäre und deshalb – wie es Art. 26 Abs. 3 BayVSG für die Bekanntgabe personenbezogener Daten fordert – das Wissen um die Beziehung zwischen Organisation und potentiellem Unterstützer zur Einschätzung der IBD für die interessierte Öffentlichkeit erforderlich ist. Soweit etwaige Verbindungen der vom Antragsteller repräsentierten ... zur IBD dargestellt werden sollen, erscheint eine Information der Öffentlichkeit schon mit Blick auf die diesbezüglich bereits von Seiten der Presse erfolgte umfängliche Berichterstattung nicht notwendig, jedenfalls aber kann diesem Zweck in Ergänzung der Presseberichterstattung auch ohne Nennung personenbezogener Daten des Antragstellers in gleicher Weise genügt werden. Die Berichterstattung über den Antragsteller befördert folglich auch den Zweck der Beobachtung nicht, weshalb sie sich in Summe eindeutig als nicht erforderlich darstellt.

Die Berichterstattung über die verfassungsschutzrechtliche Beobachtung des Antragstellers aufgrund seiner Äußerungen über die IBD wäre im Übrigen auch nicht verhältnismäßig im engeren Sinne. Eine Gesamtabwägung ergibt, dass die Nachteile, die dem Antragsteller – und aufgrund der faktischen Ausstrahlungswirkung auch der von ihm geführten Partei – durch die Unterrichtung der Öffentlichkeit entstehen, die Vorteile, die die Information der Öffentlichkeit für die wirksame Aufklärung bzw. Abwehr von Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung bietet, unverhältnismäßig überwiegen.

Die Beobachtung des Antragstellers gründet sich darauf, dass er die IBD, hinsichtlich derer der Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen besteht, bei objektiver Betrachtung durch seine Äußerungen unterstützt hat. Für die Verfassungsfeindlichkeit der IBD bestehen bislang aber lediglich tatsächliche Anhaltspunkte; erwiesen ist diese nicht. Der gegenüber dem Antragsteller bestehende Verdacht leitet sich mithin seinerseits von einem auf tatsächliche Anhaltspunkte gegründeten Verdacht ab, was für die Beobachtung des Antragstellers genügt. Die Schwere des Eingriffs im Vergleich zu den Beeinträchtigungen durch eine Beobachtung ist aber ungleich größer im Fall der Berichterstattung unter Namensnennung. Wer vom Verfassungsschutz als für den Rechtsstaat gefährlich eingestuft wird – in diesem Sinne wird die Öffentlichkeit auch Ausführungen zu Verdachtsfällen verstehen –, ist in der Teilhabe am politischen Meinungsbildungsprozess und am öffentlichen Leben erheblich behindert. Bei einer Verdachtsberichterstattung ist daher Sorgfalt und Zurückhaltung angebracht, eröffnet sie doch weiträumige Möglichkeiten für Irrtum und Missbrauch und bewirkt regelmäßig eine „Stigmatisierung“ in der Öffentlichkeit, die schwerlich rückgängig gemacht werden kann und die durch ein Aufrechterhalten und Wiederholen noch intensiviert wird. Dies gilt im Falle des Antragstellers umso mehr, als die wiederholte Bekanntgabe seiner Beobachtung seine Handlungsoptionen im politischen Meinungsstreit erheblich beeinträchtigen dürfte und damit zumindest faktisch auch die von ihm repräsentierte Partei und insoweit – insbesondere mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl – auch die Chancengleichheit von Parteien (Art. 21 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG) und das in Art. 20 Abs. 2 GG zum Ausdruck kommende Gebot der Neutralität des Staates im Wahlkampf und die Integrität der Willensbildung des Volkes durch Wahlen und Abstimmungen tangiert werden.

Diesen gewichtigen Nachteilen für den Antragsteller (und seine Partei) durch die Bekanntgabe der personenbezogenen Daten stehen keine überwiegenden Interessen der Allgemeinheit gegenüber, die eine Bekanntgabe der Daten nahelegen würden. Der Verfassungsschutz kann seiner Aufklärungsaufgabe auch ohne konkrete Bezugnahme auf den Antragsteller und seine Äußerungen genügen. Der Bekanntgabe der Tatsache der Beobachtung des Antragstellers unter Namensnennung kommt kein solcher Mehrwert hinsichtlich einer Abwehr der von der IBD für die freiheitliche demokratische Grundordnung möglicherweise ausgehenden Gefahren zu, dass es gerechtfertigt erschiene, über den Antragsteller (und damit faktisch auch die von ihm nach außen repräsentierte Partei) auf der Grundlage eines von einem Verdacht abgeleiteten Verdachts in einer – allein durch die Bekanntgabe der Beobachtung – sein Ansehen erheblich beeinträchtigenden Weise zu berichten.

Dem Hilfsantrag war daher stattzugeben.

Zu dem Hinweis des Antragsgegners darauf, dass die Berichterstattung seinerzeit in Reaktion auf eine Pressenanfrage erfolgt sei – wobei der Antragsteller argwöhnt, dass es sich um eine abgestimmte Inszenierung gehandelt habe – ist abschließend darauf hinzuweisen, dass der presserechtliche Auskunftsanspruch (Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayPrG) seine Grenze an Grundrechtspositionen Dritter, die seitens der Behörde zu beachten sind, findet, insbesondere an dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung als besonderer Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (vgl. BayVGH, B.v. 15.5.2012 – 7 CE 12.370 – juris, Rn. 13 zur Auslegung des Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG). Die Auskunft hätte danach nicht erteilt werden dürfen, da die Grenzen für die Offenbarung personenbezogener Daten Dritter, die durch die verfassungsschutzrechtlichen Regelungen vorgegeben sind und die auch dem Grundrechtsschutz dienen, in entsprechender Weise den presserechtlichen Auskunftsanspruch begrenzen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO.

5. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2, 45 Abs. 1 Satz 2 GKG i.V.m. Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, wobei für den Haupt- und Hilfsantrag jeweils von einem Streitwert in der Hauptsache i.H.v. 5.000,- Euro ausgegangen wurde.

Tatbestand

1

Der Kläger, Mitglied der Partei DIE LINKE, wendet sich gegen die Sammlung personenbezogener Informationen über ihn durch das Bundesamt für Verfassungsschutz.

2

Die Partei DIE LINKE entstand im Juni 2007 aus der Verschmelzung der Partei Die Linkspartei.PDS (Die Linke.PDS) mit der Partei Arbeit & soziale Gerechtigkeit - Die Wahlalternative (WASG). Die Partei Die Linkspartei.PDS (Die Linke.PDS) ist ihrerseits aus der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) hervorgegangen. Diese benannte sich im Dezember 1989 in Sozialistische Einheitspartei Deutschlands - Partei des Demokratischen Sozialismus (SED-PDS) und im Februar 1990 in Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) um. Ab Juli 2005 führte sie die Bezeichnung Die Linkspartei.PDS (Die Linke.PDS).

3

Der 1956 geborene Kläger war von 1981 bis 1990 Gewerkschaftssekretär in Mittelhessen. 1990 ging er nach Thüringen und war dort bis 1999 Landesvorsitzender der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen. Im April 1999 trat er der PDS bei. Von Oktober 1999 bis Oktober 2005 war er Abgeordneter im Thüringer Landtag, zunächst als stellvertretender Vorsitzender und ab 2001 als Vorsitzender der Landtagsfraktion. Zudem war er deren gewerkschafts- und wirtschaftspolitischer Sprecher. Im Oktober 2005 wurde der Kläger in den Bundestag und dort zum stellvertretenden Vorsitzenden der Fraktion gewählt. Im August 2009 wurde er erneut in den Thüringer Landtag gewählt und ist dort Vorsitzender der Fraktion der Partei DIE LINKE.

4

Das Bundesamt für Verfassungsschutz führt über den Kläger eine Personenakte, in der Unterlagen über seine politischen Aktivitäten zusammengestellt sind. Die Informationen reichen bis in die 1980er Jahre zurück. Sie wurden zunächst bei der Beobachtung der DKP und ihres Umfelds gewonnen, seit 1999 bei der Beobachtung der PDS bzw. der Linkspartei.PDS sowie gegenwärtig der Partei DIE LINKE. Das Bundesamt erhebt Informationen über die Tätigkeit des Klägers in der und für die Partei sowie über seine Abgeordnetentätigkeit, jedoch ohne sein Abstimmungsverhalten und seine Äußerungen im Parlament sowie in den Ausschüssen. Anfang 2003 erfuhr der Kläger, dass das Bundesamt über ihn Informationen sammelt.

5

Der Kläger hat daraufhin beim Verwaltungsgericht Klage mit dem Antrag erhoben, festzustellen, dass die Sammlung personenbezogener Informationen über ihn durch das Bundesamt für Verfassungsschutz rechtswidrig ist, soweit es sich um Informationen handelt, die (1.) bis zur Aufnahme des Landtagsmandats im Oktober 1999, (2.) während der Zeit des Landtagsmandats und (3.) während der Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter erhoben worden sind. Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren abgetrennt, soweit es die Sammlung von Informationen über den Kläger bis zur Aufnahme des Landtagsmandats im Oktober 1999 betroffen hat. Im Übrigen, soweit die Klage die Zeit als Abgeordneter des Thüringer Landtags und des Bundestags betrifft, hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Sammlung personenbezogener Informationen über den Kläger durch das Bundesamt für Verfassungsschutz rechtswidrig ist.

6

Mit ihrer Berufung hat die Beklagte die Abweisung der Klage beantragt. Der Kläger hat im Berufungsverfahren seinen erstinstanzlichen Antrag dahin klargestellt, festzustellen, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz rechtswidrig Informationen über ihn in der Zeit seines Landtagsmandats sowie seit der Übernahme seines Bundestagsmandats bis zur mündlichen Verhandlung erhoben hat, und die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, über ihn künftig personenbezogene Daten zu erheben.

7

Das Oberverwaltungsgericht hat durch Vernehmung eines Zeugen Beweis darüber erhoben, ob seit Oktober 1999 im Bundesamt für Verfassungsschutz die Anordnung getroffen wurde, personenbezogene Daten über den Kläger mit Mitteln der heimlichen Informationsbeschaffung zu erheben. Es hat sodann durch das angefochtene Urteil festgestellt, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz rechtswidrig Informationen über den Kläger in der Zeit seines Landtagsmandats (von Oktober 1999 bis Oktober 2005) sowie in der Zeit von der Übernahme seines Bundestagsmandats im Oktober 2005 bis zum 13. Februar 2009 aus allgemein zugänglichen Quellen erhoben hat. Das Oberverwaltungsgericht hat die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, über den Kläger künftig personenbezogene Daten aus allgemein zugänglichen Quellen zu erheben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen, nämlich insoweit, als der Kläger mit seinem Antrag auch begehrt hat, festzustellen, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz Informationen über ihn rechtswidrig mit den Mitteln der heimlichen Informationsbeschaffung erhoben hat, und die Beklagte zu verurteilen, zukünftig den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel der heimlichen Informationsbeschaffung zu unterlassen. Insoweit hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe das Bundesamt Informationen über den Kläger seit Oktober 1999 nicht heimlich, sondern allein aus allgemein zugänglichen Quellen beschafft.

8

Soweit das Oberverwaltungsgericht der Klage stattgegeben hat, hat es im Kern zur Begründung ausgeführt: Die Gesamtschau aller vorhandenen tatsächlichen Anhaltspunkte deute darauf hin, dass die Parteien PDS, Linkspartei.PDS und heute DIE LINKE Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verfolgten, die darauf gerichtet seien, die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte, das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung sowie das Recht des Volkes, die Volksvertretung in allgemeiner und gleicher Wahl zu wählen, zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. Eine weitere Aufklärung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz erscheine deshalb erforderlich. Die Voraussetzungen für eine Beschaffung von Informationen über den Kläger aus allgemein zugänglichen Quellen (offene Beobachtung) seien allein schon wegen seiner politischen Betätigung in der Partei DIE LINKE (früher: PDS/Linkspartei.PDS) gegeben, auch wenn keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Kläger selbst durch seine Parteiarbeit politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verfolge. Die offene Beobachtung von Abgeordneten durch das Bundesamt für Verfassungsschutz bedürfe auch keiner besonderen Ermächtigungsgrundlage. Im Einzelfall des Klägers stehe aber das freie Mandat seiner offenen Beobachtung entgegen. Die offene Beobachtung greife jedenfalls deshalb in das freie Mandat ein, weil sie zumindest mit faktischen Nachteilen für die politische Tätigkeit eines Abgeordneten verbunden sein könne. Mit der Beobachtung durch den Verfassungsschutz sei eine "Stigmatisierung" verbunden, die den Zugang zu dem Teil der Bevölkerung erschweren könne, der sich als verfassungstreu betrachte. Wenn die offene Beobachtung des Klägers durch Verfassungsschutzbehörden allgemein bekannt werde, könne es für ihn schwieriger werden, Anhänger und Wähler für sich und seine Partei zu gewinnen sowie mit der Bevölkerung in Kontakt zu kommen. Demgegenüber sei eine unmittelbar drohende Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung nicht gegeben. Die Partei DIE LINKE habe in ihrer parlamentarischen Arbeit und bei Regierungsbeteiligungen bislang keine Aktivitäten unternommen, die Ansätze für eine Überwindung der herrschenden Staats- und Gesellschaftsordnung erkennen ließen. Den Gruppierungen innerhalb der Partei, bei denen Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung bestünden, komme innerhalb der Partei zwar nennenswerter, bislang aber kein bestimmender Einfluss zu. Dass das Bundesamt für Verfassungsschutz ohne eine Beobachtung des Klägers bei der gebotenen Gewinnung von Informationen über die Partei DIE LINKE in nicht hinzunehmender Weise an der Erfüllung seiner Aufgaben gehindert oder dabei zumindest beeinträchtigt würde, habe weder die Beklagte substantiiert vorgetragen noch sei dies sonst ersichtlich. Das Bundesamt könne die relevanten Informationen in erster Linie durch die Beobachtung der Partei als solcher, einzelner in ihr bestehender Gruppierungen sowie anderer führender Parteimitglieder gewinnen. Diese geringe Bedeutung einer Beobachtung des Klägers könne einen Eingriff in das freie Mandat nicht rechtfertigen. Insoweit sei maßgeblich, dass der Kläger zwar Spitzenfunktionär der Partei sei, jedoch keiner Gruppierung innerhalb der Partei angehöre, bei der der Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen bestehe, wenn er auch die Kräfte innerhalb der Partei nicht aktiv bekämpfe, die solcher Bestrebungen verdächtig seien.

9

Soweit das Oberverwaltungsgericht die Klage abgewiesen hat, hat der Senat die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen.

10

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag weiter, die Klage in vollem Umfang abzuweisen: Die Erhebung von Informationen über den Kläger sei auch mit Rücksicht auf dessen Status als Abgeordneter rechtmäßig, insbesondere verhältnismäßig. Die gegenteilige Wertung des Oberverwaltungsgerichts sei nicht nachvollziehbar, beruhe auf einer Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes und stehe namentlich im Widerspruch zu den Feststellungen, die das Oberverwaltungsgericht an anderer Stelle zu Recht über die verfassungsfeindlichen Bestrebungen der Partei DIE LINKE, der Stellung des Klägers als eines Spitzenfunktionärs dieser Partei und die deshalb begründete Erforderlichkeit gerade seiner Beobachtung getroffen habe. Das Oberverwaltungsgericht leite die faktischen Nachteile für die politische Betätigung des Klägers daraus her, dass dessen Beobachtung durch den Verfassungsschutz allgemein bekannt werde. Der Kläger habe aber seine Beobachtung durch den Verfassungsschutz selbst publik gemacht. Er könne nicht unter Hinweis auf die dadurch angeblich ausgelöste Erschwernis seiner Arbeit die Rechtswidrigkeit seiner Beobachtung geltend machen.

11

Der Kläger hält das Berufungsurteil zwar im Ergebnis, nicht aber in den Gründen für zutreffend: Das Oberverwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass die Partei DIE LINKE vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet werden dürfe. Die Partei verfolge keine Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet seien. Bei seiner gegenteiligen Einschätzung sei das Oberverwaltungsgericht von unzutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen. Seine tatsächliche Würdigung beruhe auf einer Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes und der Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der beklagten Bundesrepublik Deutschland ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) und stellt sich nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Bei zutreffender Anwendung des § 8 des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG) hätte das Oberverwaltungsgericht die Klage in vollem Umfang abweisen müssen. Die Erhebung von Informationen über den Kläger durch das Bundesamt für Verfassungsschutz war in der hier in Rede stehenden Zeit rechtmäßig, verstieß insbesondere nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (§ 8 Abs. 5 BVerfSchG). Deshalb kann der Kläger auch nicht beanspruchen, dass das Bundesamt eine Erhebung von Informationen über ihn künftig unterlässt. Diese Beurteilung kann der Senat auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts selbst abschließend treffen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Die Revisionsgründe, die der Kläger im Wege der Gegenrüge gegen diese Feststellungen vorgebracht hat, sind entweder unzulässig oder unbegründet (§ 137 Abs. 2 VwGO), so dass die Feststellungen für den Senat bindend sind.

13

Das Bundesamt für Verfassungsschutz erhob und erhebt Informationen über den Kläger mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung (1. a)); auch der Einsatz solcher Mittel zur Informationsbeschaffung stellt einen Eingriff in die Rechte des Betroffenen dar, der deshalb einer Ermächtigungsgrundlage bedarf (1. b)). Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung von Informationen mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung ist § 8 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG (2.). Diese Vorschrift deckt die Erhebung von Informationen über den Kläger, weil die Partei DIE LINKE verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt (3.) und die deshalb erforderliche Erhebung von Informationen durch den Verfassungsschutz auf den Kläger als eines ihrer herausgehobenen Mitglieder erstreckt werden darf (4.).

14

1. a) Nach den Feststellungen im Berufungsurteil hat das Bundesamt für Verfassungsschutz Informationen über den Kläger in der Zeit von Oktober 1999 bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung erhoben.

15

Bei dieser Art der Informationsbeschaffung werden Informationen aus offenen Quellen gesammelt und ausgewertet. Offene Quellen sind Informationsträger, die für jedermann, wenn auch nur unter gewissen Umständen, zugänglich sind. Dazu zählen Zeitungen und Zeitschriften, Rundfunk- und Fernsehsendungen sowie Internetangebote. Weiter rechnen dazu die sonstigen offen zugänglichen Verlautbarungen der beobachteten Organisationen (Presseerklärungen, Flugblätter, Programme, Aufrufe), der Besuch öffentlicher Veranstaltungen sowie Erkundigungen aus öffentlich zugänglichen Karteien und Registern.

16

Das Bundesamt für Verfassungsschutz führt über den Kläger eine Personenakte, in der aus solchen allgemein zugänglichen Quellen Unterlagen über seine politischen Aktivitäten zusammengestellt sind. Die Erhebung von Informationen über den Kläger umfasste dessen gesamte Tätigkeit im linken politischen Spektrum, seine Aktivitäten in der und für die Partei DIE LINKE sowie zuvor in und für die Parteien PDS und Linkspartei.PDS, Teile seiner Abgeordnetentätigkeit im Bundestag und im Thüringer Landtag sowie seine sonstigen politischen Betätigungen. Bei der Erhebung von Informationen über die Abgeordnetentätigkeit des Klägers sind allein sein Abstimmungsverhalten und seine Äußerungen im Parlament sowie in dessen Ausschüssen außer Betracht geblieben. Die Informationen über seine Arbeit als Abgeordneter betreffen nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts andere Aspekte dieser Tätigkeit: Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat allein dokumentiert, wenn dem Kläger in den Fraktionen, denen er angehörte, besondere Funktionen (beispielsweise als Vorsitzender, stellvertretender Vorsitzender oder Sprecher für bestimmte Politikbereiche) übertragen wurden (Berufungsurteil Seite 42).

17

b) Bei der Erhebung von Informationen mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung handelt es sich um einen Eingriff, wenn die gewonnenen Informationen einzelnen Personen oder Personenmehrheiten zugeordnet werden. Unter "Erhebung" ist die aktive Informationsbeschaffung zu verstehen, nicht die zufällige Erlangung von Informationen beispielsweise durch unverlangte Mitteilungen. Erhebung ist nur die intendierte, auf den Betroffenen gezielte Informationsbeschaffung (Borgs, in: Borgs/Ebert, Das Recht der Geheimdienste, BVerfSchG § 3 Rn. 13). Wer am öffentlichen Leben in Wort, Schrift oder Aktion teilnimmt, willigt damit nicht notwendig in die gezielte, auf Vollständigkeit angelegte Erhebung oder gar Speicherung aller seiner öffentlichen Äußerungen ein. Die zielgerichtete Sammlung öffentlicher Verhaltensweisen oder Äußerungen einer bestimmten Person ist daher als "Erhebung" im datenschutzrechtlichen Sinne anzusehen (Borgs a.a.O. Rn. 13), die an gesetzliche Voraussetzungen gebunden ist. Dem steht nicht entgegen, dass es dem Staat nicht verwehrt ist, von jedermann zugänglichen Informationsquellen unter denselben Bedingungen wie jeder Dritte Gebrauch zu machen. Ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist jedoch anzunehmen, wenn - wie hier - die aus öffentlich zugänglichen Quellen stammenden Daten durch ihre systematische Erhebung, Sammlung und Erfassung einen zusätzlichen Aussagewert erhalten (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07 - BVerfGE 120, 378 <398 f.>).

18

2. Ermächtigungsgrundlage (Befugnisnorm) für die Erhebung von Informationen mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung ist § 8 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG. Nach dieser Vorschrift darf das Bundesamt für Verfassungsschutz die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten erheben, verarbeiten und nutzen. Aufgabe des Bundesamts ist nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG unter anderem die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sach- und personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen, über Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. In diesem Sinne sind Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung solche politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, einen der in § 4 Abs. 2 BVerfSchG genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG). Zu diesen Verfassungsgrundsätzen gehören das Recht des Volkes, die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung sowie die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte (§ 4 Abs. 2 Buchst. a, c, d und g BVerfSchG).

19

3. Der Kläger war bzw. ist in den Parteien PDS, Linkspartei.PDS und DIE LINKE tätig. Bei diesen Parteien handelte und handelt es sich um Personenzusammenschlüsse im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG (a)), weil nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts bei ihnen im streitigen Zeitraum tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vorlagen (b)).

20

a) Unter die Personenzusammenschlüsse im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG fallen auch Parteien. Der Anwendung der Vorschrift auf sie stehen weder das Parteienprivileg aus Art. 21 Abs. 2 GG (aa)) noch das Selbstbestimmungsrecht der Parteien aus Art. 21 Abs. 1 GG (bb)) entgegen.

21

aa) Nach Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG entscheidet zwar ausschließlich das Bundesverfassungsgericht über die Frage der Verfassungswidrigkeit politischer Parteien. Vor Ergehen einer solchen Entscheidung ist ein administratives Einschreiten gegen den Bestand einer politischen Partei ausgeschlossen. Gegen die Partei, ihre Funktionäre, Mitglieder und Anhänger dürfen wegen ihrer mit allgemein erlaubten Mitteln arbeitenden parteioffiziellen Tätigkeiten keine rechtlichen Sanktionen angedroht oder verhängt werden. Die Beobachtung durch ein Amt für Verfassungsschutz ist aber keine solche Maßnahme, sondern dient der Aufklärung des Verdachts, dass die Partei verfassungsfeindliche Ziele verfolgt. Die Zulässigkeit einer solchen Aufklärung wird von der Verfassung vorausgesetzt. Auch ohne die Feststellung ihrer Verfassungswidrigkeit darf die Überzeugung gewonnen und vertreten werden, eine Partei verfolge verfassungsfeindliche Ziele (Urteil vom 7. Dezember 1999 - BVerwG 1 C 30.97 - BVerwGE 110, 126 <130 f.>).

22

bb) Soweit § 8 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG das Bundesamt für Verfassungsschutz ermächtigt, bei Anhaltspunkten verfassungsfeindlicher Bestrebungen eine politische Partei zu beobachten, steht die Vorschrift mit Art. 21 Abs. 1 GG in Einklang.

23

Nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG wirken die Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes mit; ihre Gründung ist frei. Das Grundgesetz setzt die Staatsfreiheit der Parteien als frei gegründeter, im gesellschaftlich-politischen Bereich wurzelnder Gruppen voraus und gewährleistet ihre Unabhängigkeit vom Staat. Ihnen steht das Recht auf Selbstbestimmung zu. Zu dessen Kernbereich gehört das Recht der Parteien, selbst und ohne staatliche Einflussnahme oder Überwachung über ihre Ziele, Organisation und Tätigkeiten zu entscheiden. Sowohl die Freiheit der inneren Willensbildung als auch die freie Entfaltung der Tätigkeiten als Partei sind gewährleistet.

24

Das Selbstbestimmungsrecht der Parteien findet seine Schranke in der Entscheidung des Grundgesetzes für eine "streitbare Demokratie". Diese Grundentscheidung ist im Wesentlichen aus Art. 9 Abs. 2, Art. 18, Art. 20 Abs. 4, Art. 21 Abs. 2 und Art. 28 Abs. 3 GG herzuleiten. Sie wird in den Zuständigkeitsvorschriften der Art. 73 Nr. 10 Buchst. b und Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG bestätigt. Das Grundgesetz vertraut aufgrund geschichtlicher Erfahrung nicht allein darauf, die freiheitliche Demokratie werde sich im Prozess der öffentlichen Meinungsbildung ohne Weiteres behaupten. Es hat darüber hinaus dem Staat die Aufgabe übertragen, die zentralen Grundwerte der Verfassung durch (repressive) Schutzvorkehrungen zu sichern und zu gewährleisten. Die Beobachtung einer politischen Partei auf verfassungsfeindliche Bestrebungen hin zielt dabei nicht ausschließlich darauf ab, die Entscheidung über repressive staatliche Maßnahmen vorzubereiten. Sie bezweckt vielmehr auch, Informationen über die aktuelle Entwicklung verfassungsfeindlicher Kräfte, Gruppen und Parteien im Vorfeld einer Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Verfassungsordnung zu gewinnen und zu sammeln und damit die Regierung und die Öffentlichkeit in die Lage zu versetzen, Art und Ausmaß möglicher Gefahren zu erkennen und diesen in angemessener Weise, namentlich mit politischen Mitteln entgegenzuwirken. Um die Überschreitung der Linie feststellen zu können, von der an verfassungsfeindliche Betätigungen zu einer Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundordnung werden, der nicht mehr mit politischen Mitteln, sondern nurmehr mit juristischen Mitteln begegnet werden kann, muss dieses Vorfeld notwendig beobachtet werden (so unter Zusammenfassung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: Urteil vom 7. Dezember 1999 - BVerwG 1 C 30.97 - BVerwGE 110, 126 <131 ff.>).

25

Der Gesetzgeber hat die Aufgaben und Befugnisse des Bundesamts für Verfassungsschutz so bestimmt, dass Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht der Parteien auf das zur Selbstverteidigung der freiheitlichen Demokratie zwingend Gebotene beschränkt bleiben. Die widerstreitenden Prinzipien der Parteienfreiheit und der streitbaren Demokratie sind namentlich in § 8 Abs. 5 BVerfSchG und § 9 BVerfSchG mit Hilfe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit einem angemessenen Ausgleich zugeführt. Die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall genügt zur Wahrung der Rechte und schützenswerten Belange Betroffener. Dies gilt auch für politische Parteien (Urteil vom 7. Dezember 1999 - BVerwG 1 C 30.97 - BVerwGE 110, 126 <134 f.>).

26

Werden die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beobachtung von Parteien durch den Verfassungsschutz eingehalten und wird dabei insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt, greift diese Beobachtung nicht stärker in den offenen Wettbewerb der Parteien um die Möglichkeit politischer Gestaltung ein, als dies mit Rücksicht auf die Verteidigung der verfassungsrechtlichen Grundlagen der Demokratie erforderlich ist. Das Bundesverfassungsschutzgesetz lässt es nicht zu, den Verfassungsschutz darüber hinaus einseitig parteipolitisch, namentlich im Interesse der Regierungsparteien zu instrumentalisieren. Missbräuchlich, und deshalb von den eingeschränkten Ermächtigungsgrundlagen des Bundesverfassungsschutzgesetzes nicht gedeckt, wäre eine einseitige und gezielte, zudem verdeckte Weitergabe von gewonnenen Erkenntnissen an einzelne Parteien oder Politiker, namentlich zur Verwendung im Wahlkampf. Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsschutzes, Munition für den Wahlkampf bereitzustellen. Welche Folgerungen daraus für die Anforderungen zu stellen sind, unter denen in einem Verfassungsschutzbericht (§ 16 Abs. 2 Satz 1 BVerfSchG) politische Parteien oder einzelne Personen als extremistisch oder verfassungsfeindlich bewertet werden dürfen, bedarf hier keiner Entscheidung.

27

b) In dem hier streitigen Zeitraum von Oktober 1999 bis Februar 2009 lagen nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts tatsächliche Anhaltspunkte (aa)) für Bestrebungen in den Parteien PDS, Linkspartei.PDS und DIE LINKE vor, die im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet waren. Das dazu entwickelte Rechtsverständnis des Oberverwaltungsgerichts entspricht der Rechtslage (bb)). Das Oberverwaltungsgericht hat außerdem festgestellt, dass die verfassungsfeindlichen Bestrebungen in politisch ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG eingemündet sind (cc)). Die dazu jeweils getroffenen tatsächlichen Feststellungen binden mangels darauf gerichteter, zulässiger und begründeter Rügen das Revisionsgericht gemäß § 137 Abs. 2 VwGO.

28

aa) Nach § 4 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG reichen für das Tätigwerden des Bundesamts für Verfassungsschutz "tatsächliche Anhaltspunkte" für verfassungsfeindliche Bestrebungen, konkret für Gefährdungen der gesetzlich näher beschriebenen Verfassungsrechtsgüter aus. Die Regelung verlangt keine Gewissheit darüber, dass Bestrebungen vorliegen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind.

29

Allerdings hat das Oberverwaltungsgericht eingangs seiner Würdigung (auch) von tatsächlichen Anhaltspunkten "für den Verdacht" von Bestrebungen der Parteien PDS, Linkspartei.PDS und DIE LINKE gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gesprochen. Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht damit aber nicht die Schwelle für die Beobachtung der Parteien entgegen dem maßgeblichen Recht herabgesetzt, mit der weiteren Folge, dass seine tatsächliche Würdigung, weil von einem falschen rechtlichen Maßstab ausgehend, revisionsgerichtlich zu beanstanden wäre. Liegen Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vor, besteht ein Verdacht solcher Bestrebungen. Die Anhaltspunkte müssen mithin geeignet sein, einen Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen zu begründen. Die dann einsetzende Beobachtung dient der Klärung dieses Verdachts. Nichts anderes hat das Oberverwaltungsgericht gemeint, wenn es von Anhaltspunkten für einen Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen spricht.

30

Das Tatbestandsmerkmal "tatsächlicher Anhaltspunkt" verlangt allerdings mehr als bloße Vermutungen. Es müssen konkrete und in gewissem Umfang verdichtete Umstände als Tatsachenbasis für den Verdacht vorliegen (vgl. hierzu auch: Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 14. Juli 1999 - 1 BvR 2226/94 - BVerfGE 100, 313 <395>). Zur Annahme eines Verdachts kann ferner die Gesamtschau aller vorhandenen tatsächlichen Anhaltspunkte führen, wenn jeder für sich genommen einen solchen Verdacht noch nicht zu begründen vermag (Urteil vom 17. Oktober 1990 - BVerwG 1 C 12.88 - BVerwGE 87, 23 <28>).

31

Diese Anforderungen an die tatsächlichen Anhaltspunkte genügen den verfassungsrechtlichen Vorgaben auch unter Berücksichtigung der grundgesetzlich garantierten freien Betätigung der Parteien. Weitere Eingrenzungen für die zulässige Beobachtung einer Partei lassen sich nicht der Entscheidung entnehmen, die der Kläger in diesem Zusammenhang anführt (BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63). Sie befasst sich mit Blick auf die grundrechtlich garantierte Pressefreiheit mit der Aufnahme einer Wochenzeitung in den Verfassungsschutzbericht und dem dort enthaltenen Hinweis auf den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen. Das Bundesverfassungsgericht arbeitet zunächst im Anschluss an frühere Rechtsprechung heraus, wann das Informationshandeln der Regierung als Eingriff in ein Grundrecht zu werten ist und unter welchen Voraussetzungen ein solcher Eingriff gerechtfertigt sein kann. Es hebt dabei insbesondere (und insoweit auch mit Bedeutung für die bloße Beobachtung einer Partei) hervor, es seien keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen zu erheben, dass das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen für die Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht ausreicht. Das Bundesverfassungsgericht betont im Anschluss daran vor allem den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Die tatsächlichen Anhaltspunkte müssten hinreichend gewichtig sein. Rechtfertigten sie nur den Schluss, dass möglicherweise ein Verdacht begründet sei, reichten sie als Grundlage einer Grundrechtsbeeinträchtigung nicht aus. Stünden die Bestrebungen noch nicht fest, begründeten tatsächliche Anhaltspunkte aber einen entsprechenden Verdacht, müsse dessen Intensität hinreichen, um die Veröffentlichung in Verfassungsschutzberichten auch angesichts der nachteiligen Auswirkungen auf die Betroffenen zu rechtfertigen (BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63 <81>). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt auch die Möglichkeit, Parteien wegen verfassungsfeindlicher Bestrebungen zu beobachten. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich aber insoweit nicht ohne Weiteres übertragen. Das Gewicht des Eingriffs in die freie Betätigung der Parteien ist ein anderes, je nachdem ob sie (nur) beobachtet werden oder ob als Ergebnis einer solchen Beobachtung die Öffentlichkeit über Gefährdungen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unterrichtet werden soll, die von der Partei ausgehen. Die Beobachtung dient gerade der Aufklärung, ob Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gegeben sind, die, ohne schon zum Mittel des Verbotsantrags zu greifen, doch die politische Auseinandersetzung mit dieser Partei erforderlich machen und ob zu diesem Zweck auch das Mittel einer Warnung der Öffentlichkeit über den Verfassungsschutzbericht eingesetzt werden soll. Diese Abstufung der Reaktion auf mögliche Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, schließt es aus, jeweils das gleiche Gewicht für tatsächliche Anhaltspunkte für solche Bestrebungen zu verlangen.

32

bb) Nach den den Senat bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts gab bzw. gibt es in den Parteien PDS, Linkspartei.PDS und heute DIE LINKE tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, nämlich gegen das Recht des Volkes, die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, gegen das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, gegen die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung sowie gegen die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte.

33

Mit diesen zentralen Verfassungswerten nicht vereinbar sind eine sozialistische Revolution und die Diktatur des Proletariats im klassisch marxistisch-leninistischen Sinne einer sozialistisch- kommunistischen Gesellschaftsordnung. In einer solchen Gesellschaft sind - vor allem in der Phase der Diktatur des Proletariats - die Wahrung der im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte, das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung sowie allgemeine und gleiche Wahlen nicht gewährleistet. Nach marxistisch-leninistischer Lehre ist die Diktatur des Proletariats eine notwendige Vorstufe zur Erreichung des Sozialismus. In dieser Phase wandelt das Proletariat, das durch eine Revolution die Macht ergriffen hat, in fortgesetzten revolutionären Kämpfen die kapitalistische Gesellschaft in eine sozialistisch-kommunistische um. Hierzu bedarf es einer Unterdrückung des Widerstands der durch die Revolution entmachteten Klasse. Die Staatsgewalt ist bei der Staatspartei - der Kommunistischen Partei - konzentriert, die Trägerin des Klassenkampfes ist. Die so verstandene Diktatur des Proletariats ist mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes unvereinbar. Es wäre nicht denkbar, den Wesenskern des Grundgesetzes aufrechtzuerhalten, wenn eine Staatsordnung errichtet würde, die die kennzeichnenden Merkmale der Diktatur des Proletariats trüge. In einem derartigen Gemeinwesen sind die Menschenrechte nicht gewährleistet. Für die Angehörigen der unterdrückten Klasse ist das selbstverständlich. Da alles staatliche Handeln der Aufgabe der grundlegenden Neugestaltung der staatlichen Ordnung und der Erreichung des Sozialismus untergeordnet ist, stehen auch den Mitgliedern der herrschenden Klasse Grundrechte nur insoweit zu, als sie der Festigung der Diktatur des Proletariats zumindest nicht entgegenstehen. Angesichts der Allmacht der Kommunistischen Partei und ihrer alleinigen Einsicht in die politischen Notwendigkeiten scheiden eine Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber der Volksvertretung und erst recht Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition aus. Die Erörterung von Methoden und Einzelmaßnahmen ist ausgeschlossen, sobald sie einmal von der herrschenden Partei autoritativ verkündet worden sind. Angesichts dessen bestehen auch für eine Ablösbarkeit der Regierung sowie allgemeine und gleiche Wahlen kein Raum und kein Bedürfnis (BVerfG, Urteil vom 17. August 1956 - 1 BvB 2/51 - BVerfGE 5, 85 <147 ff.> KPD-Verbot).

34

Das Oberverwaltungsgericht hat die ihm vorliegenden Unterlagen dahin gewürdigt, aus ihnen ergäben sich tatsächliche Anhaltspunkte von hinreichendem Gewicht und in ausreichender Zahl dafür, dass durchaus namhafte Teile der Partei eine politische Umgestaltung der Bundesrepublik Deutschland verfolgten, nämlich durch eine sozialistische Revolution und die Diktatur des Proletariats im klassisch marxistisch-leninistischen Sinne eine sozialistisch-kommunistische Gesellschaftsordnung anstrebten.

35

Diese Würdigung kann revisionsgerichtlich nicht beanstandet werden. Das Bundesverwaltungsgericht ist deshalb an sie als Revisionsgericht gebunden und hat sie seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Indem § 137 Abs. 2 VwGO das Revisionsgericht an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz bindet, entzieht die Vorschrift insbesondere die Beweiswürdigung des Tatrichters einer umfassenden revisionsgerichtlichen Nachprüfung. Dem Tatsachengericht ist die Aufgabe übertragen, sich im Wege der freien Beweiswürdigung unter Abwägung verschiedener Möglichkeiten seine Überzeugung über den zu entscheidenden Sachverhalt zu bilden. Dieser Vorgang ist revisionsgerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbar (Beschluss vom 2. November 1995 - BVerwG 9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 20). Eine Grenze der freien Beweiswürdigung bildet nach der einen Seite hin das anzuwendende Recht und dessen Auslegung. Nach der anderen Seite hin ergibt sich die Grenze daraus, dass der Überzeugungsgrundsatz nicht für eine Würdigung in Anspruch genommen werden kann, die im Vorgang der Überzeugungsbildung an einem Fehler leidet, etwa weil das Gericht gesetzliche Beweisregeln, allgemeine Erfahrungssätze, unumstrittene Geschichtstatsachen oder gar die Denkgesetze missachtet oder Tatsachen berücksichtigt hat, die sich weder auf ein Beweisergebnis noch sonst auf den Akteninhalt stützen lassen (Urteil vom 25. Mai 1984 - BVerwG 8 C 108.82 - Buchholz 448.0 § 11 WPflG Nr. 35 S. 16; Urteil vom 14. Januar 1998 - BVerwG 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <123>). Das Gericht verstößt gegen das Gebot, seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen, wenn es von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, insbesondere Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen (Urteil vom 23. September 2004 - BVerwG 7 C 23.03 - BVerwGE 122, 85 <92>).

36

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist hingegen nicht schon dann in einer revisionsgerichtlich beachtlichen Weise verletzt, wenn auch eine inhaltlich andere Überzeugung möglich gewesen wäre. Der Überzeugungsgrundsatz setzt geradezu voraus, dass auch eine andere Überzeugung hätte gewonnen werden können. Er findet seine Grenze insoweit erst da, wo eine andere Überzeugungsbildung zwingend gewesen wäre, die Beweiswürdigung des Tatsachengerichts also die Denkgesetze verletzt. Daraus folgt zugleich, dass eine Überzeugung, die als solche fehlerfrei gewonnen wurde, grundsätzlich nicht schon durch die Darlegung von Tatsachen erschüttert werden kann, die lediglich belegen, dass auch eine inhaltlich andere Überzeugung möglich gewesen wäre (Urteil vom 25. Mai 1984 - BVerwG 8 C 108.82 - Buchholz 448.0 § 11 WPflG Nr. 35 S. 16).

37

Das Oberverwaltungsgericht hat die Grenzen, die seiner freien Beweiswürdigung gesetzt sind, weder in die eine noch in die andere Richtung überschritten.

38

Der Senat hat nicht feststellen können, dass das Oberverwaltungsgericht bei der Bewertung der Umstände, die für die Feststellung verfassungsfeindlicher Bestrebungen in der Partei DIE LINKE maßgeblich waren, die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale rechtlich fehlerhaft ausgelegt und angewandt hat, auf die hin der Sachverhalt zu würdigen war.

39

Das Oberverwaltungsgericht hat nicht verkannt, dass Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c und Abs. 2 BVerfSchG nicht allein deshalb vorliegen, weil eine auch grundlegende Umgestaltung der wirtschaftspolitischen Verhältnisse als politisches Ziel verfolgt wird. Entgegen auch in der mündlichen Verhandlung angeklungener Kritik hat das Oberverwaltungsgericht beispielsweise die Forderung nach einer Verstaatlichung von Banken nicht für sich als Ausweis verfassungsfeindlicher Bestrebungen gewertet. Das Oberverwaltungsgericht hat vielmehr ausdrücklich hervorgehoben (Seite 54 f. des Urteilsabdrucks), es widerspräche vernünftiger Betrachtung, Anhaltspunkte für Verfassungsfeindlichkeit schon deshalb zu bejahen, weil eine Partei das Ziel ihrer Arbeit am gesellschaftlichen Umbau mit "Sozialismus", "demokratischer Sozialismus", "sozialistische Gesellschaft" oder ähnlichen Formulierungen umschreibt. Der Begriff "Sozialismus" werde im politischen Sprachgebrauch nicht nur im klassischen marxistisch-leninistischen Sinne benutzt, sondern könne auch eine als sozial verstandene, grundlegende Umgestaltung der wirtschaftspolitischen Verhältnisse meinen, die den Rahmen des Grundgesetzes nicht überschreite. Auch die Begriffe "Revolution", "Kapitalismus", "Demokratie" und "Menschenrechte" würden nicht einheitlich verwandt. "Revolution" bedeute nicht notwendig einen gewaltsamen Umsturz der verfassungsmäßigen Ordnung des Grundgesetzes, sondern könne auch eine radikale, sich aber noch im Rahmen des Grundgesetzes haltende Umgestaltung der Gesellschaft sein. Der Begriff des "Kapitalismus" könne auf die Wirtschaftsordnung beschränkt sein, aber auch die ihn ermöglichende politische Ordnung erfassen.

40

Von diesem zutreffenden rechtlichen Verständnis der Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung ausgehend hat das Oberverwaltungsgericht programmatische Aussagen und Forderungen festgestellt, die weitergehend auf eine Umgestaltung der Staats- und Gesellschaftsordnung im klassisch marxistisch-leninistischen Sinne einer sozialistisch- kommunistischen Gesellschaftsordnung zielen.

41

Derartige Forderungen hat das Oberverwaltungsgericht zum einen bei der Kommunistischen Plattform ausgemacht (Seite 55 f. des Urteilsabdrucks). Es hat deren programmatische Äußerungen unter Hinweis auf die insoweit ausgewerteten Dokumente dahin ausgelegt, dass die Mitglieder dieses parteiinternen Zusammenschlusses sich der Sache nach ausdrücklich zu einer sozialistischen Revolution und der Diktatur des Proletariats bekennten: Ihre Forderungen nach einem "Sozialismus im Marx'schen Sinne", einem "wissenschaftlichen Sozialismus von Marx und Engels", einer Partei, die "im Geiste von Marx, Engels und Lenin gegen das Kapital, für den Sozialismus" wirke, und einer Gesellschaftsordnung, "in welcher die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen abgeschafft und der Mensch nicht länger ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist", ließen verständigerweise keine andere Interpretation zu. Die Aussage, die angestrebte Gesellschaft werde "natürlich in ihrer Anfangsphase alles andere als perfekt" sein, und der Hinweis auf die Notwendigkeit, "unlogische, nicht objektive, ungerechte, einfache Macht" einzusetzen, seien vor diesem ideologischen Hintergrund nur als kaum verhohlene Bekenntnisse zur Diktatur des Proletariats und zur Gewaltanwendung während dieser Vorphase des Sozialismus zu verstehen. Wenn nach anderen Ausführungen gegenwärtig keine revolutionäre Situation bestehe, der Kapitalismus aber "von immer mehr Menschen als asozial, nicht friedfertig und als immer weniger demokratisch empfunden" werde, woran "zur Zeit des Zustandekommens von 'Deutschland einig Vaterland' nicht zu denken gewesen" sei, werde damit nicht bloß die politische Lage beschrieben, sondern der Hoffnung auf das Entstehen einer revolutionären Stimmung in Deutschland Ausdruck verliehen.

42

Das Oberverwaltungsgericht hat zum anderen ebenfalls an Hand ausgewerteter und im Einzelnen bezeichneter Dokumente festgestellt (Seite 56 f. des Urteilsabdrucks), auch das Marxistische Forum bekenne sich offen zu Zielen, die mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbar seien: Es fordere nicht nur, "den Herrschenden ihre ökonomischen Machtgrundlagen zu entreißen", sondern wolle ihnen auch ihre "politische Macht (...) nehmen". Damit stelle es - so die Wertung des Oberverwaltungsgerichts - unmissverständlich klar, dass es sich nicht darauf beschränke, für wirtschaftspolitische Veränderungen einzutreten, die im Rahmen des Grundgesetzes zulässig seien. Dass das Marxistische Forum vielmehr anstrebt, die bestehende staatliche Ordnung durch ein gänzlich anderes Gemeinwesen zu ersetzen, hat das Oberverwaltungsgericht beispielhaft Aussagen entnommen, in denen das Grundgesetz als eine Verfassung beschrieben wird, die "nach marxistischem Verständnis Resultat von Klassenkämpfen" und "Waffenstillstandslinie bzw. Grenzmarke der kämpfenden Klassen" sei, die "auch nach ihrer Annahme immer wieder umkämpft" sei. Das Oberverwaltungsgericht hat diese Aussagen dahin ausgelegt, die angestrebte Umgestaltung der Staats- und Gesellschaftsordnung solle auch durch eine sozialistische Revolution und die Diktatur des Proletariats im klassisch marxistisch-leninistischen Sinne erreicht werden: Ein anderes Verständnis ließen die Bekenntnisse zu "Verbreitung marxistischen Wissens und dialektischen Herangehens" und "marxistischer Verfassungsbetrachtung" sowie die Auffassung nicht zu, die "marxistische Linke" benötige "eine revolutionäre Partei (...), die den Kampf um Gesellschaftsveränderung - letztlich um sozialistische Neuorganisierung der Gesellschaft - begreife und führe".

43

Schließlich hat das Oberverwaltungsgericht die Linksjugend <'solid>, die als Jugendorganisation der Partei DIE LINKE anerkannt ist, zu den Gruppierungen gezählt, die der Partei zuzurechnen seien und die tragende Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung offen ablehnten (Seite 57 des Urteilsabdrucks). Es hat diese Einschätzung beispielhaft auf eine Veröffentlichung gestützt, in der die Linksjugend <'solid> den Parlamentarismus als "Kasperletheater zur Legitimation kapitalistischer Verhältnisse" verunglimpft. Das Oberverwaltungsgericht hat daraus und aus weiteren Äußerungen dieser Gruppierung die Folgerung gezogen, die Linksjugend <'solid> spreche dem Parlament seine in der Staatsordnung des Grundgesetzes zentrale Rolle bei der politischen Willensbildung ab: Sie wolle das Parlament lediglich für ihre Zwecke instrumentalisieren, indem sie es als "Bühne (...) für den Kampf um eine gerechtere Welt" nutze, der "schwerpunktmäßig außerhalb der Parlamente" stattfinden solle.

44

Die Sichtung des umfangreichen Materials und die daran anknüpfende Bewertung, welche Aussagen und welches Verhalten nach ihrem Gewicht für die von der Partei verfolgten Ziele tatsächlich von Bedeutung sind, bildet danach ebenso wie die Würdigung mehrdeutiger Aussagen den Kern der freien Beweiswürdigung, die dem Tatsachengericht, nicht aber dem Bundesverwaltungsgericht als Revisionsgericht obliegt. Dass der Kläger die vom Oberverwaltungsgericht herangezogenen Dokumente anders bewertet, ergibt noch keinen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz, der die Bindung des Senats an die Schlussfolgerungen tatsächlicher Art beseitigen könnte, die das Oberverwaltungsgericht in freier Beweiswürdigung aus den von ihm ausgewerteten Dokumenten gezogen hat.

45

Zwar hat das Oberverwaltungsgericht bei seiner Würdigung verfassungsfeindliche Bestrebungen nur bei einzelnen Gruppierungen innerhalb der Partei DIE LINKE festgestellt. Damit hat es aber ebenfalls nicht den rechtlichen Rahmen verlassen, der ihm bei der Würdigung des Sachverhalts durch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG gezogen war. Anhaltspunkte für Bestrebungen einer Partei, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, sind nicht nur dann gegeben, wenn die Partei in ihrer Gesamtheit solche Bestrebungen entfaltet. Das Oberverwaltungsgericht verweist zutreffend darauf (Seite 52 des Urteilsabdrucks), dass gerade die innere Zerrissenheit einer Partei, Flügelkämpfe und eine Annäherung an extremistische Gruppierungen oder Parteien eine Beobachtung durch Verfassungsschutzbehörden erfordern können. Nur so ist festzustellen, in welche Richtung sich die Partei letztlich bewegt. Allein durch die Beobachtung können die Regierung, das Parlament und die Öffentlichkeit über den Fortgang der weiteren, noch nicht abgeschlossenen Entwicklung der Partei sachkundig und angemessen unterrichtet werden. So können eindeutige verfassungsfeindliche Bestrebungen einzelner Gruppierungen innerhalb einer Partei Anhaltspunkte dafür liefern, in welche Richtung die Partei sich entwickeln kann. Das erfordert die Beobachtung der Partei insgesamt, nicht nur der einzelnen Gruppierung, mag auch diese für sich einen Personenzusammenschluss im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG darstellen. Das Oberverwaltungsgericht hat bei seiner Würdigung die Gesamtpartei als Bezugspunkt nicht aus den Augen verloren, sondern stets danach gefragt, inwieweit die von ihm festgestellten verfassungsfeindlichen Bestrebungen einzelner Gruppierungen für die künftige Entwicklung der Gesamtpartei von Bedeutung sein können.

46

Zu den Gruppierungen Kommunistische Plattform, Marxistisches Forum und Linksjugend <'solid> hat das Oberverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang festgestellt, sie seien keine innerhalb der Partei unbedeutenden Splittergruppen, sondern besäßen nach ihrer satzungsmäßigen Stellung, der Zahl ihrer Mitglieder, ihrem Rückhalt bei der Gesamtheit der Parteimitglieder und dem sich hieraus ergebenden Einfluss nennenswertes Gewicht innerhalb der Partei (Seite 57 ff. des Urteilsabdrucks).

47

Das Oberverwaltungsgericht leitet dies zum einen aus programmatischen Äußerungen der Partei her, in denen die Partei sich als plural bzw. pluralistisch bezeichne und das Ziel verfolge, unterschiedliche Kräfte des linken politischen Spektrums zu binden. Hierbei beziehe sie ausdrücklich auch radikale Kräfte (Bundesgeschäftsführer Dr. Dietmar Bartsch) und solche Kräfte mit ein, "die die gegebenen Verhältnisse fundamental ablehnen" (Parteiprogramm der Linkspartei.PDS). Das Oberverwaltungsgericht verweist zum anderen auf die Satzung der Partei, die in ihrem § 7 innerparteilichen Zusammenschlüssen eine besondere Stellung einräume: Sie seien entsprechend ihren Schwerpunktthemen aktiv in die Arbeit von Parteivorstand, Kommissionen und Arbeitsgruppen aller Ebenen einzubeziehen, könnten Delegierte zum Parteitag entsenden und erhielten im Rahmen des Finanzplanes finanzielle Mittel für ihre Arbeit. Das Oberverwaltungsgericht knüpft seine Wertung aber nicht allein an die zahlenmäßige Stärke der von ihm als verfassungsfeindlich gekennzeichneten Gruppierungen und die Zahl der ihnen satzungsgemäß vorbehaltenen Sitze in den Gremien der Partei an, sondern auch an den Rückhalt ihrer Arbeit in der Gesamtpartei. Der Senat ist wiederum an die auf diese Umstände zusammengenommen gestützte tatsächliche Wertung gebunden, die vom Oberverwaltungsgericht als verfassungsfeindlich angesehenen Gruppierungen innerhalb der Partei besäßen einen Einfluss von nennenswertem Gewicht. Was der Kläger gegen den Einfluss der Gruppierungen Kommunistische Plattform, Marxistisches Forum und Linksjugend <'solid> in der Partei anführt, stellt nur eine abweichende Würdigung des Sachverhalts dar, die trotz des wiederholten Hinweises auf den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 VwGO) und die Verletzung der Denkgesetze die Voraussetzungen einer erfolgreichen Verfahrensrüge nicht erfüllt und die Bindungswirkung der gegenteiligen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht entfallen lässt.

48

Das Oberverwaltungsgericht hat umgekehrt gerade nicht feststellen können, dass diesen Gruppierungen ein nennenswertes Gewicht mit dem Argument abgesprochen werden könne, die von ihnen initiierten und unterstützten Strömungen in der Partei könnten sich angesichts einer Übermacht grundgesetzkonformer Meinungen und Aktivitäten niemals durchsetzen. Das Oberverwaltungsgericht benennt insoweit zahlreiche gewichtige Hinweise, die aus seiner Sicht Zweifel daran begründen, dass sich die Partei als solche vorbehaltlos zum zentralen Wertesystem des Grundgesetzes bekennt (Seite 59 ff. des Urteilsabdrucks). Es spricht in diesem Zusammenhang von einem "Nährboden" für verfassungsfeindliche Bestrebungen, der es derzeit nicht ausgeschlossen erscheinen lasse, dass es den Zusammenschlüssen Kommunistische Plattform, Marxistisches Forum und Linksjugend <'solid> insbesondere auch im Zusammenwirken gelinge, ihre gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Bestrebungen innerhalb der Partei DIE LINKE durchzusetzen. Für diese Aussage verwertet das Oberverwaltungsgericht Aussagen im Parteiprogramm, die nach seiner Ansicht deutlich machten, dass die von der Partei angestrebten Veränderungen nicht auf die Wirtschaftspolitik beschränkt seien, sondern die bestehenden Gesellschafts- und Machtverhältnisse insgesamt betreffen sollten (Seite 60 f. des Urteilsabdrucks): In diesen Formulierungen könnten sich die Kräfte in der Partei wiederfinden, die den Übergang zu einer sozialistischen Gesellschaft im marxistisch-leninistischen Sinne anstrebten. Das Oberverwaltungsgericht verweist beispielhaft auf das Parteiprogramm Linkspartei.PDS. In ihm heiße es unter anderem, es bedürfe "alternativer Gesellschaftsstrukturen, die von der Verwirklichung gemeinschaftlicher Interessen geprägt sind und die Dominanz privatkapitalistischen Eigentums überwunden haben". An anderer Stelle werde dort ausgeführt, sozialistische Politik ziele "heute auf die Veränderung der Kräfteverhältnisse, die Schaffung der notwendigen Voraussetzungen für einen Richtungswechsel der Politik und die damit verbundene Umgestaltung von Eigentums- und Machtstrukturen". Das Oberverwaltungsgericht sieht darin Belege dafür, dass die von der Partei angestrebten Veränderungen nicht auf die Wirtschaftspolitik beschränkt seien, sondern die bestehenden Gesellschafts- und Machtverhältnisse insgesamt betreffen sollten, hält jedenfalls eine dahingehende Auslegung des Parteiprogramms der Linkspartei.PDS nicht für völlig ausgeschlossen, zumal in den programmatischen Eckpunkten der Partei DIE LINKE unter Berufung auf Karl Marx die "Überwindung aller Eigentums- und Herrschaftsverhältnisse, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist", gefordert und das Ziel formuliert werde, "Bürgerinnen und Bürger gegen Machtbestrebungen der herrschenden Klasse" zu "mobilisieren". Das Oberverwaltungsgericht räumt zwar ein, eine an die Sprache von Marx, Engels und Lenin anknüpfende Ausdrucksweise müsse nicht auf einen verfassungswidrigen Inhalt führen, hält der Partei aber vor, ohne eine deutliche Abkehr davon bleibe jedenfalls ein tatsächlicher Anhaltspunkt für verfassungsfeindliche Bestrebungen.

49

Wie dem Kläger einzuräumen ist, hat das Oberverwaltungsgericht nicht angenommen, die Partei strebe schon nach ihrem aktuellen Programm eine revolutionäre Umgestaltung der Gesellschaftsordnung an. Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht aber davon ausgegangen (Seite 50 des Urteilsabdrucks), ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen könnten bereits dann gegeben sein, wenn aussagekräftiges Tatsachenmaterial lediglich einen Teilbereich der Zielsetzungen, Verlautbarungen und Aktivitäten des Personenzusammenschlusses widerspiegele. Deren Aussagekraft wird nicht allein dadurch in Frage gestellt, dass daneben eine Vielzahl von Äußerungen existiert, denen sich keine Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche Ausrichtung entnehmen lassen. Der Hinweis auf die Aussagen im Parteiprogramm hat in dem hier interessierenden Zusammenhang für das Oberverwaltungsgericht zudem nur die Funktion, zu belegen, dass die verfassungsfeindlich ausgerichteten Gruppen sich mit ihren Bestrebungen auf jedenfalls mehrdeutige und unklare Aussagen in dem Programm der Gesamtpartei berufen können, mit der Folge, dass sie nicht als Außenseiter angesehen werden können, die für die Ausrichtung der Partei gänzlich vernachlässigt werden müssen.

50

Soweit der Kläger im Weiteren die Auslegung programmatischer Aussagen im Parteiprogramm durch das Oberverwaltungsgericht angreift und dieser Auslegung seine eigene Deutung entgegensetzt, handelt es sich um einen Angriff auf die Sachverhaltswürdigung des Tatsachengerichts, der nicht die Voraussetzungen einer zulässigen und begründeten Verfahrensrüge erfüllt.

51

Diese Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen werden nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts verstärkt und bestätigt durch Verlautbarungen der Partei insgesamt sowie der Zusammenschlüsse in ihr, die für eine Solidarisierung mit der DDR und der Republik Kuba stritten (Seite 61 ff. des Urteilsabdrucks). Das Oberverwaltungsgericht verweist auf die totalitären Züge, die die Staatsgewalt in der DDR und in Kuba getragen habe bzw. trage. Die fehlende Distanz zu und die ausdrückliche Solidarität mit diesen Staatsgewalten trotz der gravierenden Verletzungen der Menschenrechte dort verstärkten die Zweifel, ob die Partei die Werte des Grundgesetzes teile, die für die freiheitliche demokratische Grundordnung grundlegend seien. Das Oberverwaltungsgericht räumt zwar ein, dass es in der Partei, beispielsweise in der Präambel des Parteiprogramms, deutliche Distanzierungen von den Verhältnissen in der DDR gebe. Dem stünden aber ebenso deutliche Versuche gegenüber, das begangene Unrecht zu relativieren, mit der Folge, dass die PDS, die Linkspartei.PDS sowie DIE LINKE bei der Würdigung des Unrechts in der DDR ein unverständliches, uneinheitliches Bild böten.

52

Das Oberverwaltungsgericht konnte Verlautbarungen aus der Partei zur DDR heranziehen, ohne damit die rechtlichen Grenzen zu überschreiten, die durch das Erfordernis von Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gezogen sind.

53

Entgegen in der mündlichen Verhandlung anklingender Kritik hat das Oberverwaltungsgericht zum einen nicht etwa jede Zustimmung zu wirtschaftlichen und sozialen Einrichtungen der DDR, wie etwa Polikliniken, pauschal als mangelnde Distanzierung von der DDR und als Ausweis fehlender Verbundenheit mit den Grundwerten der Demokratie angesehen. Das Oberverwaltungsgericht hat vielmehr Aussagen verwertet, die sich auf Erscheinungen beziehen, die in herausgehobener Weise die der Demokratie und den Menschenrechten feindlichen Seiten des politischen Systems der DDR kennzeichnen. So hat das Oberverwaltungsgericht beispielsweise auf eine Äußerung verwiesen, in der der Bau der Mauer gerechtfertigt wird, weil er berechtigten ökonomischen Interessen des Staates gedient habe (Seite 62 des Urteilsabdrucks). Die vom Oberverwaltungsgericht angeführte Äußerung des zeitweiligen stellvertretenden Bundesvorsitzenden der PDS Diether Dehm warnt davor, eine allzu gedankenlose Distanzierung vom Mauerbau könnte in Zukunft das Verständnis dahin dogmatisch versperren, wo eine ökonomisch unterentwickelte Region - um mehr Demokratie, mehr Ökologie, mehr Kulturausgaben, mehr Sozialausgaben zu wagen - sich abschotte oder etwa wegen der Abwerbung der vom Monopolkapital bevorzugten Kräftigen, Jungen, teuer Ausgebildeten verhindern wolle. Andere Äußerungen, die das Oberverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang angeführt hat, betreffen die Verharmlosung, wenn nicht gar Rechtfertigung der Staatssicherheit der DDR (Seite 63 des Urteilsabdrucks).

54

Das Oberverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang nicht verkannt, dass eine verfassungsfeindliche Abkehr von der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht schon bei "Entgleisungen" einzelner Mitglieder oder Anhänger angenommen werden kann (Urteil vom 18. Mai 2001 - BVerwG 2 WD 42.00, 43.00 - BVerwGE 114, 258 <265>). Die von ihm angeführten Äußerungen stammen aber beispielsweise von einem ehemaligen stellvertretenden Bundesvorsitzenden und späteren Vorsitzenden eines Landesverbandes sowie von dem Ältestenrat der Partei und damit von Persönlichkeiten und Einrichtungen, von denen angenommen werden darf, dass sie zumindest Teile der Partei repräsentieren und Mitglieder und Wähler an die Partei binden sollen, die mit ihren Auffassungen übereinstimmen.

55

Zum anderen hat das Oberverwaltungsgericht die Verlautbarungen aus der Partei zur DDR nicht isoliert als Belege verfassungsfeindlicher Bestrebungen gewertet, sondern sie in einen Zusammenhang gestellt mit den von ihm festgestellten Bestrebungen einzelner Gruppierungen in der Partei, die auf eine sozialistische Revolution und die Diktatur des Proletariats im klassisch marxistisch-leninistischen Sinne einer sozialistisch-kommunistischen Gesellschaftsordnung gerichtet sind. Wenn über diese Gruppierungen hinaus Tendenzen in der Partei feststellbar sind, die Verhältnisse in der DDR schön zu reden, erlaubt dies wiederum den Schluss, dass diese Bestrebungen nicht isoliert in der Partei dastehen, sondern - wie das Oberverwaltungsgericht sich ausdrückt - dort einen Nährboden finden. Die Rechtfertigung der DDR oder die Zurückweisung von Kritik an ihr kann Anhaltspunkte dafür liefern, was unter dem für sich vieldeutigen Begriff Sozialismus oder sozialistische Gesellschaftsordnung verstanden oder doch als mit diesen Begriffen vereinbar angesehen wird. In einer politischen Partei handelt es sich bei Aussagen zur DDR nicht um bloße Meinungsbekundungen zu einer interessanten zeitgeschichtlichen Frage, sondern um einen auf die Gegenwart bezogenen Beitrag zu den politischen Vorstellungen, die für die Partei erstrebenswert, jedenfalls tolerabel sind.

56

Unterlagen über die praktische Arbeit der Partei hat das Oberverwaltungsgericht zudem Hinweise für eine Annäherung der Partei an extremistische Organisationen im In- und Ausland und deren politische Unterstützung entnommen. Zu den extremistischen Organisationen im Inland zählt das Oberverwaltungsgericht die DKP, zu der die Partei DIE LINKE langjährige intensive Kontakte gepflegt habe und pflege (Seite 63 f. des Urteilsabdrucks). Nach der Wende in der DDR habe die PDS bei ihren Bemühungen, im politischen System der Bundesrepublik akzeptiert zu werden, zunächst auf die Hilfe der DKP gesetzt. In der Folgezeit habe sich die Zusammenarbeit intensiviert, bis hin zur Aufnahme von Mitgliedern der DKP in Wahlvorschläge der Partei DIE LINKE. Der auf dem Parteitag im Mai 2008 gefasste Beschluss, auf den Listen der Partei DIE LINKE für Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen zukünftig keine Personen mehr aufzunehmen, die Mitglied in anderen Parteien sind, sei nicht als Abkehr von dieser Zusammenarbeit zu verstehen. Vielmehr habe sogar der Kläger betont, der Beschluss sei nicht gegen die DKP gerichtet, sondern solle nur der Gefahr von Wahlanfechtungen begegnen. Zu den extremistischen Organisationen im Ausland zählt das Oberverwaltungsgericht ausländische Guerillaorganisationen wie die kolumbianische FARC, die auf der Terrorliste der EU geführt wird, und die auch in Deutschland verbotene PKK bzw. ihre Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA GEL, die die Partei politisch unterstütze, ohne dies von einer Beendigung terroristischer Aktionen abhängig zu machen.

57

Auch diese Hinweise haben in der Würdigung des Sachverhalts für das Oberverwaltungsgericht die Funktion, die Nähe von Teilen der Partei zu revolutionärer Gewalt und deren Rechtfertigung zu belegen (Seite 64 des Urteilsabdrucks). Der Kläger unternimmt demgegenüber weithin den Versuch, nachzuweisen, dass jeder einzelne vom Oberverwaltungsgericht verwertete Umstand für sich nicht geeignet ist, verfassungsfeindliche Bestrebungen zu belegen. Das geht schon deshalb an der Würdigung des Sachverhalts durch das Oberverwaltungsgericht vorbei, weil das Oberverwaltungsgericht zutreffend eine Gesamtbetrachtung anstellt, bei der die Bedeutung einzelner Umstände erst im Lichte anderer hervortritt. An das rechtsfehlerfrei zustande gekommene Ergebnis dieser Gesamtbetrachtung, nämlich der Feststellung tatsächlicher Anhaltspunkte verfassungsfeindlicher Bestrebungen, ist der Senat gebunden.

58

cc) Das Oberverwaltungsgericht hat darüber hinaus festgestellt, dass die verfassungsfeindlichen Bestrebungen in politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG eingemündet sind.

59

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG sind "Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung" nur die in diesem Sinne verfolgten politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen. Das Tatbestandsmerkmal einer "politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweise" erfordert damit über das bloße Vorhandensein bestimmter Bestrebungen hinaus ein aktives, nicht jedoch notwendig kämpferisch-aggressives Vorgehen zu deren Realisierung. Dementsprechend umschreibt das Gesetz verfassungsschutzrelevante Bestrebungen nicht als politisch motiviert, sondern als politisch bestimmt. Bestrebungen müssen also zum einen politisch determiniert, folglich objektiv geeignet sein, - über kurz oder lang - politische Wirkungen zu entfalten (Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 165). Kein Bestandteil des Merkmals "Bestrebung" ist ausweislich des Wortlauts der Norm ein "aktiv kämpferisches" Verhalten. Zudem definiert das Gesetz den Begriff der Bestrebung nicht anhand der Merkmale legal/illegal. Es kommt nicht darauf an, ob bestimmte Verhaltensweisen erlaubt sind oder nicht (Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 168).

60

§ 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG erfasst Verhaltensweisen, die über rein politische Meinungen hinausgehen und auf Durchsetzung eines Ziels ausgerichtet sind. Neben der Durchsetzung des politischen Hauptziels müssen die Aktivitäten auf die Beeinträchtigung eines der vom Gesetz geschützten Rechtsgüter abzielen und somit ein maßgeblicher Zweck der Bestrebung sein. Die bloße Inkaufnahme einer entsprechenden Gefährdung ist nicht ausreichend. Die verantwortlich Handelnden müssen auf den Erfolg der Rechtsgüterbeeinträchtigung hinarbeiten. Die bloße Übereinstimmung oder Sympathie mit den Zielen einer verfassungsfeindlichen Organisation reicht ebenso wie die wissenschaftliche Beschäftigung mit einer extremistischen Theorie nicht aus (Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 167 ff.). Die eindeutig bestimmbare Grenze zwischen wissenschaftlicher Theorie und politischem Ziel liegt dort, wo die betrachtend gewonnenen Erkenntnisse von einer politischen Partei, also einer ihrem Wesen nach zu aktivem Handeln im staatlichen Leben entschlossenen Gruppe, in ihren Willen aufgenommen, zu Bestimmungsgründen ihres politischen Handelns gemacht werden (BVerfG, Urteil vom 17. August 1956 - 1 BvB 2/51 - BVerfGE 5, 85 <147>).

61

Diese rechtlichen Vorgaben hat das Oberverwaltungsgericht bei seiner Würdigung des Sachverhalts beachtet. Es hat insoweit zutreffend berücksichtigt, dass die bloße Kritik an Verfassungswerten und Verfassungsgrundsätzen nicht als Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzuschätzen ist, wohl aber darüber hinausgehende Aktivitäten zu deren Beseitigung (BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63 <81>). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Kritik an der Verfassung und ihren wesentlichen Elementen ebenso erlaubt ist wie die Äußerung der Forderung, tragende Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu ändern. Es ist allerdings verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn die Verfassungsschutzbehörde insoweit an die Inhalte von Meinungsäußerungen knüpft, als diese Ausdruck eines Bestrebens sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beseitigen. Es ist dem Staat grundsätzlich nicht verwehrt, aus Meinungsäußerungen Schlüsse zu ziehen und gegebenenfalls Maßnahmen zum Rechtsgüterschutz zu ergreifen. Lassen sich Bestrebungen zur Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung aus Meinungsäußerungen ableiten, dürfen Maßnahmen zur Verteidigung dieser Grundordnung ergriffen werden. (BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63 <82>). Kritik an einem Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung muss danach nur als "bloße" Kritik unberücksichtigt bleiben, nicht jedoch, wenn sie verbunden ist mit der Ankündigung konkreter Aktivitäten zur Beseitigung dieses Verfassungsgrundsatzes oder mit der Aufforderung zu solchen Aktivitäten. Politische Parteien sind auf politische Aktivität und auf Änderung der politischen Verhältnisse ausgerichtete Organisationen. Bei Meinungsäußerungen, die von oder innerhalb einer politischen Partei abgegeben werden, liegt zumindest nahe, dass sie mit der Intention einer entsprechenden Änderung der realen Verhältnisse abgegeben werden (vgl. hierzu Murswiek, NVwZ 2006, 121 <125 und 127>).

62

Hiervon ausgehend hat das Oberverwaltungsgericht innerhalb der Partei aktive Verhaltensweisen, insbesondere der Kommunistischen Plattform, des Marxistischen Forums und der Linksjugend <'solid>, festgestellt, die darauf gerichtet sind, mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbare Ziele zunächst innerhalb der Partei und sodann über diese hinaus allgemein durchzusetzen (Seite 66 ff. des Urteilsabdrucks): So bemühten sich die extremistischen Kräfte, ihren Einfluss innerhalb der Partei zu vergrößern, indem sie bei den Parteimitgliedern massiv um Unterstützung für ihre Positionen würben. Derartige Bemühungen, parteiintern Unterstützung für ihre eigenen Positionen zu gewinnen, entfalteten die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Kräfte insbesondere zu Zeiten, in denen wesentliche programmatische Grundentscheidungen anstünden. Die Bemühungen der genannten Gruppierungen um Einfluss innerhalb und außerhalb der Partei würden zudem durch ihr Streben nach parteiinternen Ämtern und Parlamentsmandaten deutlich. Bei sich bietendem Anlass würden gezielt Parteimitglieder und -anhänger mobilisiert, um den Bundesvorstand und den Parteirat zu Äußerungen zu veranlassen, die geeignet seien, Zweifel daran zu begründen, dass die Partei die für die freiheitliche demokratische Grundordnung grundlegenden Werte des Grundgesetzes teile. Anhaltspunkte für über die Partei hinaus wirkende Aktivitäten zur Durchsetzung von Zielen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet seien, ergäben sich insbesondere aus der Unterstützung, die die Partei linksextremistischen Organisationen, wie insbesondere der DKP, gewähre.

63

Es kann schließlich von Rechts wegen nicht beanstandet werden, dass das Oberverwaltungsgericht den von ihm festgestellten tatsächlichen Anhaltspunkten für verfassungsfeindliche Bestrebungen ein hinreichendes Gewicht beigemessen hat, um nach wie vor eine Beobachtung der Partei DIE LINKE für gerechtfertigt zu halten. Das Oberverwaltungsgericht entnimmt diese tatsächlichen Anhaltspunkte im Wesentlichen den programmatischen Verlautbarungen und sonstigen Äußerungen der Kommunistischen Plattform, des Marxistischen Forums und der Linksjugend <'solid> sowie deren Mitglieder. Diese Gruppierungen bestehen zwar schon seit langem, ohne dass es ihnen nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts gelungen wäre, die Partei DIE LINKE zu dominieren und in die von ihnen gewünschte Richtung zu drängen. Dass der Einfluss der offen verfassungsfeindlichen Gruppierungen nicht merklich gewachsen ist, rechtfertigt allein noch nicht die Annahme, diese Gruppierungen und ihre Ziele hätten nach so langer Zeit jetzt nicht mehr das notwendige Gewicht, um Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen der Partei insgesamt zu liefern. Bestehen über die Jahre unverändert tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen, weil sich diese Anhaltspunkte trotz mehrjähriger Beobachtung nicht haben ausräumen lassen, rechtfertigen sie nach wie vor die Beobachtung der Partei durch das Bundesamt für Verfassungsschutz. Das Oberverwaltungsgericht hat seine Einschätzung auf Quellen gestützt, die auch aus jüngerer Zeit stammen. Zudem hat der Zusammenschluss der Linkspartei.PDS mit der WASG zur Partei DIE LINKE im Jahre 2007 zu einem beträchtlichen Mitgliederzuwachs geführt und der Partei neue Wählerschichten eröffnet. Es besteht ein berechtigtes öffentliches Interesse daran, die Entwicklung der neu zusammengesetzten Partei und ihrer maßgeblichen Funktionäre zu beobachten. Insbesondere bedarf der Aufklärung, ob es den extremistischen Kräften innerhalb der Partei gelingt, die verbreiterte Basis der Partei innerhalb der Gesellschaft für ihre Zwecke zu nutzen.

64

4. Die Tätigkeit des Klägers als eines herausgehobenen Mitglieds der Parteien PDS, Linkspartei.PDS und heute DIE LINKE rechtfertigt es, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz gemäß § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG Informationen über ihn mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung erhebt (a)). Diese Maßnahme ist verhältnismäßig (b)).

65

a) § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG verlangt keine Voraussetzungen, die über die Mitgliedschaft in dem Personenzusammenschluss hinausgehen (aa)). Einer Beobachtung des Klägers steht nicht entgegen, dass er nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts in eigener Person keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen verfolgt (bb)). Schließlich ist eine Beobachtung des Klägers nicht deshalb ausgeschlossen, weil § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG auf Abgeordnete des Bundestages oder eines Landesparlaments aus Gründen höherrangigen Rechts nicht anwendbar wäre (cc)).

66

aa) Über die bisher erörterten Voraussetzungen hinaus, die bei dem Personenzusammenschluss im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG vorliegen müssen, hängt die Zulässigkeit der Erhebung von Informationen über den Kläger nicht von individuellen und subjektiven Beiträgen des Klägers oder seiner intentionalen Beteiligung an Handlungen zur Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ab. § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG verlangt keine Voraussetzungen, die über die Mitgliedschaft in dem Personenzusammenschluss hinausgehen. § 4 Abs. 1 Satz 2 BVerfSchG gilt mit dem zusätzlichen Erfordernis einer nachdrücklichen Unterstützung nur für Personen, die nicht in dem Personenzusammenschluss, sondern ausschließlich für diesen handeln. Die noch weiter reichenden Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 4 BVerfSchG gelten nur für Personen, die weder in noch für den Personenzusammenschluss handeln.

67

bb) Die Beobachtung des Klägers ist nicht ausgeschlossen, weil er nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (Seite 68 f. des Urteilsabdrucks) in eigener Person keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen verfolgt.

68

Allerdings bindet diese Feststellung das Revisionsgericht (§ 137 Abs. 2 VwGO). Die insoweit erhobene Verfahrensrüge der Beklagten ist unbegründet. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts verstößt nicht gegen die Denkgesetze und kann deshalb nicht unter diesem Gesichtspunkt den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 VwGO verletzen. Das Oberverwaltungsgericht hat zwar angenommen, dass über die Gruppierungen Kommunistische Plattform, Marxistisches Forum und Linksjugend <'solid> hinaus sich auch in der Gesamtpartei Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen finden. Mit diesen hat das Oberverwaltungsgericht den Kläger persönlich aber nicht in Verbindung gebracht. Auch wenn der Kläger eine führende Rolle in der Partei spielt, ist es nicht aus Gründen der Logik ausgeschlossen, dass er selbst keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen verfolgt, sondern eine andere Politik will.

69

§ 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG verlangt jedoch nach seinem Wortlaut nur, dass die verfassungsfeindlichen Bestrebungen von dem Personenzusammenschluss verfolgt werden. Die Beobachtung einzelner Personen, die in einem solchen Personenzusammenschluss tätig sind, ist nach dieser Vorschrift auch dann gerechtfertigt, wenn das Mitglied eines solchen Personenzusammenschlusses nicht selbst subjektiv das Ziel verfolgt, durch seine Tätigkeit in dem Personenzusammenschluss die freiheitliche demokratische Grundordnung ganz oder teilweise zu beseitigen. Vielmehr reicht es aus, dass seine Tätigkeit objektiv geeignet ist, solche Bestrebungen zu unterstützen. Das Bundesverfassungsschutzgesetz will nach seinem Zweck helfen, objektiv bestehende Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung abzuwehren. Solche Gefahren gehen nicht nur von Personen aus, die der freiheitlichen demokratischen Grundordnung feindlich gegenüberstehen und sie ganz oder teilweise beseitigen wollen. Ebenso gefährlich können Personen sein, die selbst auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung stehen, jedoch bei objektiver Betrachtung durch ihre Tätigkeit verfassungsfeindliche Bestrebungen fördern, ohne dies zu erkennen oder als hinreichenden Grund anzusehen, einen aus anderen Beweggründen unterstützten Personenzusammenschluss zu verlassen. Eine derartige Person, die nicht merkt, wofür sie missbraucht wird, kann für den Bestand der freiheitlichen demokratischen Grundordnung genauso gefährlich sein wie der Überzeugungstäter (vgl. hierzu auch Urteil vom 11. November 2004 - BVerwG 3 C 8.04 - BVerwGE 122, 182 <191>).

70

cc) Eine Erhebung von Informationen über den Kläger mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil § 8 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG auf Abgeordnete des Bundestages oder eines Landesparlaments nicht angewandt werden dürfte. Die Vorschriften beschränken zulässigerweise den Grundsatz des freien Mandats aus Art. 38 Abs. 1 GG (aaa)). Für eine solche Beschränkung bedarf es keiner besonderen Ermächtigungsgrundlage, die eine Erhebung von Informationen mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung speziell gegenüber Abgeordneten zulässt. Eine solche Notwendigkeit ergibt sich weder aus dem Vorbehalt des Gesetzes noch besteht ein allgemeiner verfassungsrechtlicher Grundsatz, wonach Maßnahmen gegen Abgeordnete nur mit Zustimmung des Parlaments zulässig seien (bbb)). Schließlich steht der Anwendung der § 8 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG auf Abgeordnete das Parteienprivileg nicht entgegen (ccc)).

71

aaa) Grundlage des freien Mandats ist Art. 38 Abs. 1 GG. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen (Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG). Diese Norm schützt nicht nur den Bestand, sondern auch die tatsächliche Ausübung des Mandats (BVerfG, Urteil vom 13. Juni 1989 - 2 BvE 1/88 - BVerfGE 80, 188 <218>; Urteil vom 20. Juli 1998 - 2 BvE 2/98 - BVerfGE 99, 19 <32>). Der Abgeordnete ist - vom Vertrauen der Wähler berufen - Inhaber eines öffentlichen Amtes, Träger eines freien Mandats und, gemeinsam mit der Gesamtheit der Mitglieder des Parlaments (BVerfG, Beschluss vom 24. März 1981 - 2 BvR 215/81 - BVerfGE 56, 396 <405>), Vertreter des ganzen Volkes (BVerfG, Urteil vom 8. Dezember 2004 - 2 BvE 3/02 - BVerfGE 112, 118 <134>). Er hat einen repräsentativen Status inne, übt sein Mandat in Unabhängigkeit, frei von jeder Bindung an Aufträge und Weisungen, aus und ist nur seinem Gewissen unterworfen (BVerfG, Urteil vom 5. November 1975 - 2 BvR 193/74 - BVerfGE 40, 296 <314, 316>; Beschluss vom 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 <341>).

72

Die Freiheit des Mandats ist allerdings nicht schrankenlos gewährleistet. Sie kann durch andere Rechtsgüter von Verfassungsrang begrenzt werden (BVerfG, Urteil vom 4. Juli 2007 - 2 BvE 1/06 - BVerfGE 118, 277 <324>). Zu diesen Grundsätzen gehört, wie erwähnt, das Prinzip der streitbaren Demokratie. Die Tätigkeit des Bundesamts für Verfassungsschutz hat verfassungsrechtlichen Rang, insofern es institutionell (Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG) und mit seinen Aufgaben (Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b GG) im Grundgesetz erwähnt wird. § 8 BVerfSchG konkretisiert einfachrechtlich dieses Prinzip der streitbaren Demokratie.

73

bbb) Soweit Abgeordnete von der Tätigkeit des Bundesamts für Verfassungsschutz betroffen sind, bedarf diese Konkretisierung keines Gesetzes, das ein Tätigwerden gerade gegenüber Abgeordneten erlaubt.

74

Der Vorbehalt des Gesetzes verlangt, dass staatliches Handeln in bestimmten grundlegenden Bereichen durch förmliches Gesetz legitimiert wird. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen, und darf sie nicht anderen Normgebern (oder gar der Verwaltung) überlassen. Wann es danach einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, lässt sich nur im Blick auf den jeweiligen Sachbereich und auf die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen. Die verfassungsrechtlichen Wertungskriterien sind dabei den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere den darin verbürgten Grundrechten, zu entnehmen. Danach bedeutet wesentlich im grundrechtsrelevanten Bereich in der Regel "wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte" (BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1998 - 1 BvR 1640/97 - BVerfGE 98, 218 <251>) und in dem hier in Rede stehenden Bereich "wesentlich für die Verwirklichung des freien Mandats", dessen verfassungsrechtlich immanente Schranken bestimmt und konkretisiert werden müssen.

75

Die danach wesentlichen Entscheidungen hat der Gesetzgeber aber mit § 3 Nr. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c, § 8 BVerfSchG getroffen. Gegenstand dieser Regelungen sind Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung und damit politisch motivierte Betätigungen. Dem Gesetzgeber war aufgrund der Geschichte, auch derjenigen der Bundesrepublik Deutschland, bewusst, dass Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung auch von Parteien ausgehen können, die bei Bundes- oder Landtagswahlen Mandate errungen haben. Dass die Abgeordneten solcher Parteien in ihnen zumeist eine herausragende Funktion einnehmen werden und deshalb zuvörderst Träger der verfassungsfeindlichen Bestrebungen sein können, lag für ihn auf der Hand. Dem Gesetzgeber war das Problem einer Anwendung der von ihm zur Verteidigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung geschaffenen Normen auf Abgeordnete mithin durchaus gegenwärtig. Er konnte andererseits nicht übersehen, dass die nachrichtendienstliche Beobachtung von Abgeordneten erhebliche Gefahren im Hinblick auf ihre Unabhängigkeit (Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG) und auf die Mitwirkung der betroffenen Parteien bei der politischen Willensbildung (Art. 21 GG) und damit für den Prozess demokratischer Willensbildung insgesamt birgt (BVerfG, Beschluss vom 1. Juli 2009 - 2 BvE 5/06 - NVwZ 2009, 1092 <1095>). Den deshalb notwendigen Ausgleich der widerstreitenden Verfassungsprinzipien hat er nicht nur durch die eingehend normierten Eingriffsvoraussetzungen selbst, sondern insbesondere auch mit § 8 Abs. 5, § 9 BVerfSchG geschaffen, die die Tätigkeit des Bundesamts für Verfassungsschutz einem strikten Gebot der Verhältnismäßigkeit unterwerfen. Mit diesen Regelungen hat der Gesetzgeber selbst die wesentlichen Entscheidungen für die Auflösung des Spannungsverhältnisses von freiem Mandat und streitbarer Demokratie getroffen.

76

Der Gesetzgeber war dabei nicht von Verfassungs wegen gezwungen, die Erhebung von Informationen über Abgeordnete durch das Bundesamt für Verfassungsschutz von der vorherigen Genehmigung des Parlaments abhängig zu machen.

77

Dem Grundgesetz lässt sich kein allgemeiner Grundsatz des Inhalts entnehmen, Maßnahmen anderer staatlicher Gewalten gegen Parlamentarier seien nur zulässig, wenn sie zuvor vom Parlament genehmigt wurden. Art. 46 Abs. 2 und Abs. 3 GG sehen eine Genehmigung des Bundestages nur vor für die Einleitung eines Strafverfahrens gegen Abgeordnete und für deren Verhaftung, für sonstige freiheitsbeschränkende Maßnahmen und für die Einleitung eines Verfahrens auf Verwirkung von Grundrechten nach Art. 18 GG. Diese punktuellen Regelungen sind nicht verallgemeinerungsfähig.

78

Die Existenz eines allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsatzes lässt sich erst recht nicht anhand lediglich einfachrechtlicher Regelungen nachweisen, die das Verhältnis Verfassungsschutz/Abgeordnete (zudem zumeist nur am Rande) berühren. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 des Gesetzes über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes (Sicherheitsüberprüfungsgesetz - SÜG) gilt das Sicherheitsüberprüfungsgesetz nicht für Mitglieder der Verfassungsorgane des Bundes. Es ist damit insbesondere auf Bundestagsabgeordnete nicht anwendbar. Nach § 3 Abs. 1 SÜG liegt die Zuständigkeit für Sicherheitsüberprüfungen grundsätzlich nicht beim Bundesamt für Verfassungsschutz. Dieses führt Sicherheitsüberprüfungen nur selbst durch, wenn Bewerber und Mitarbeiter des eigenen Dienstes betroffen sind (§ 3 Abs. 3 SÜG). Im Übrigen wirkt das Bundesamt für Verfassungsschutz bei Überprüfungen, die andere Behörden durchzuführen haben, lediglich mit (§ 3 Abs. 2 SÜG). § 44c Abgeordnetengesetz (AbgG) ermöglicht eine Überprüfung von Bundestagsabgeordneten auf eine Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR. Die Vorschrift dient nicht dazu, Abgeordnete aufgrund ihrer besonderen Stellung in der Ordnung des Grundgesetzes anders als Bürger, die diesen verfassungsrechtlichen Schutz nicht genießen, vor staatlichen Maßnahmen zu schützen. § 44c AbgG schafft vielmehr staatliche Eingriffsmöglichkeiten, die nur gegenüber Abgeordneten gelten. Umgekehrt verbietet § 3 Abs. 2 Satz 4 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10-Gesetz) die Einbeziehung von Abgeordnetenpost nur in Maßnahmen, die sich gegen Dritte richten. Abgeordnetenpost darf danach Gegenstand von Maßnahmen sein, die gegen den Abgeordneten selbst gerichtet sind. Das Gesetz geht damit von der Zulässigkeit solcher Maßnahmen der Verfassungsschutzbehörden gegen Abgeordnete aus, obwohl das Artikel 10-Gesetz keine Ermächtigungsgrundlage für Eingriffe enthält, die speziell diesen Personenkreis betreffen.

79

ccc) Die Tätigkeit des Klägers in der Partei zum Anknüpfungspunkt für Maßnahmen des Bundesamts für Verfassungsschutz zu machen, ist schließlich mit dem Parteienprivileg vereinbar. Zwar schützt das Privileg des Art. 21 Abs. 2 GG in erster Linie die Parteiorganisation, erstreckt sich jedoch auch auf die mit allgemein erlaubten Mitteln arbeitende parteioffizielle oder parteiverbundene Tätigkeit der Funktionäre und Anhänger einer Partei. Es stellt den Bürger bei solchen Tätigkeiten von Sanktionen frei, um ein ungestörtes und unbehindertes Funktionieren der Partei zu gewährleisten (Urteil vom 17. September 2003 - BVerwG 6 C 4.03 - Buchholz 448.0 § 48 WPflG Nr. 4 S. 9). Aus dem Schutzzweck des Art. 21 Abs. 2 GG folgt jedoch, dass der Kläger als Parteimitglied nicht im Hinblick auf seine Mitgliedschaft in der Partei gegen staatliche Maßnahmen geschützt sein kann, die die Partei selbst hinzunehmen hat.

80

b) Die Erhebung von Informationen über den Kläger mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung wahrt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Von mehreren geeigneten Maßnahmen hat das Bundesamt für Verfassungsschutz gemäß § 8 Abs. 5 Satz 1 BVerfSchG diejenige zu wählen, die den Betroffenen voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf gem. § 8 Abs. 5 Satz 2 BVerfSchG keinen Nachteil herbeiführen, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht. Die Erhebung von Informationen über den Kläger verfolgt einen legitimen Zweck (aa)), war geeignet (bb)), erforderlich (cc)) und verhältnismäßig im engeren Sinne (dd)).

81

aa) Bei den Parteien PDS, Linkspartei.PDS und DIE LINKE bestanden und bestehen nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Hiervon ausgehend gehörte und gehört die Gewinnung von Informationen über diese Parteien zu den legitimen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden. Die Beobachtung des Klägers bezweckt dabei, die bestehenden tatsächlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen verfassungsfeindlicher Bestrebungen weiter aufzuklären und mit den gewonnenen Informationen die Regierung und die Öffentlichkeit in die Lage zu versetzen, Art und Ausmaß möglicher Gefahren zu erkennen und diesen in angemessener Weise zu begegnen. Solche Aufklärungsmaßnahmen entspringen dem bundesrechtlichen Prinzip der streitbaren Demokratie und gehören in diesem Zusammenhang zu den Aufgaben, die den Ämtern für Verfassungsschutz übertragen sind (vgl. Urteil vom 7. Dezember 1999 - BVerwG 1 C 30.97 - BVerwGE 110, 126 <134 f.>).

82

bb) Die Erhebung von Informationen über den Kläger mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung ist geeignet, diesen Zweck zu fördern.

83

Ein Mittel ist geeignet, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Das Verwaltungshandeln darf keine zur Erreichung des Ziels objektiv untaugliche, rechtlich oder tatsächlich unmögliche Maßnahme darstellen.

84

Der Kläger hat bereits in der PDS und in der Linkspartei.PDS herausgehobene Funktionen wahrgenommen und tut dies weiterhin in der Partei DIE LINKE. Er war und ist Spitzenfunktionär der Partei. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts wurde der Kläger im Oktober 2004 in den Parteivorstand gewählt und gehört ihm bis heute an. Ab Oktober 2005 nahm er in der Linkspartei.PDS die Aufgabe eines Fusionsbeauftragten wahr, d.h. eines Beauftragten für die Parteineubildung durch Zusammenschluss mit der WASG. Er hat weitere hervorgehobene Funktionen innerhalb seiner Partei inne. Die Erhebung von Informationen über den Kläger zeigt einen Ausschnitt der etwaigen verfassungsfeindlichen Betätigung der Partei DIE LINKE oder von Mitgliedern oder Gruppierungen innerhalb dieser Partei. Den Äußerungen und dem Verhalten der Spitzenfunktionäre einer Partei kommt erhebliche Bedeutung zu, wenn die von einer Partei ausgehenden Gefahren zu beurteilen sind. Diese Personen beeinflussen die politische Richtung der Partei, ihr Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit und die innerparteiliche Diskussion maßgeblich. Die Art und Weise der politischen Betätigung des Klägers hat innerhalb der Partei Gewicht und kann aussagekräftig für die verfassungsschutzrechtliche Bewertung dieser Gruppierung sein.

85

Die Erhebung von (weiteren) Informationen über den Kläger ist nicht deshalb ungeeignet, weil sie sich über zehn Jahre erstreckt und fortdauert, ohne beim Kläger selbst verfassungsfeindliche Bestrebungen aufgedeckt zu haben. Eine Dauerbeobachtung, die mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar sein kann, liegt vor, wenn sich nach umfassender Aufklärung durch eine mehrjährige Beobachtung der Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen nicht bestätigt hat und die für die Beobachtung maßgeblichen tatsächlichen Umstände im Wesentlichen unverändert geblieben sind (Urteil vom 7. Dezember 1999 - BVerwG 1 C 30.97 - BVerwGE 110, 126 <137 f.>). Der Kläger betätigt sich nach wie vor politisch in einer Partei, bei der auch aktuell tatsächliche Anhaltspunkte für gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen vorliegen. Wie insoweit schon ausgeführt, stützt das Oberverwaltungsgericht zum einen seine Einschätzung der Partei auf Quellen, die auch aus jüngerer Zeit stammen, und es besteht zum anderen mit Blick auf den Zusammenschluss der Linkspartei.PDS mit der WASG zur Partei DIE LINKE ein berechtigtes öffentliches Interesse daran, die Entwicklung der neu zusammengesetzten Partei und ihrer maßgeblichen Funktionäre zu beobachten.

86

cc) Die Beobachtung des Klägers war und ist erforderlich. Zwar verfolgt der Kläger nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts in eigener Person keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen. Das Oberverwaltungsgericht hat aber auch - den Senat ebenfalls bindend - festgestellt, dass sich das Ziel, verfassungsfeindliche Bestrebungen innerhalb der Partei DIE LINKE aufzuklären, ohne eine Beobachtung des Klägers als einer ihrer Spitzenfunktionäre nicht ebenso effektiv erreichen ließe.

87

Eine Gefahrenabschätzung wäre nicht in gleicher Weise möglich, wenn neben der Partei in ihrer Gesamtheit nur solche Mitglieder beobachtet würden, von denen verfassungsfeindliche Äußerungen bekannt geworden sind oder die einer der parteiinternen Gruppierungen angehören, bei denen Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Ziele verfolgen. Aufgrund der Bedeutung, die Spitzenfunktionären für die politische Richtung der Partei, ihr Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit und die innerparteiliche Diskussion zukommt, sind Erkenntnisse über deren Verhältnis zu den radikalen Kräften innerhalb der Partei für eine zuverlässige Abschätzung der von der Partei ausgehenden Gefahren von wesentlicher Bedeutung. Spitzenfunktionäre sind maßgebliche Repräsentanten der Partei und bringen aufgrund dessen für Außenstehende zum Ausdruck, dass sie das Programm und die Politik der Partei umfassend unterstützen. Sie haben Einblick auch in die Zielsetzungen verfassungsfeindlich ausgerichteter Zusammenschlüsse und Organisationen in der Partei. Sie sind an maßgebender Stelle mitverantwortlich für Äußerungen und Erklärungen der Partei, selbst wenn sie sich diese subjektiv nicht zu eigen machen. Sie engagieren sich maßgeblich für die Partei in der Öffentlichkeit, um Unterstützer, Wähler und Mitglieder zu gewinnen und so die Position der Partei im politischen Wettbewerb zu verbessern. Damit unterstützen sie objektiv letztlich auch die Kräfte in der Partei, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Wächst die Partei in ihrer politischen Bedeutung und Durchsetzungsfähigkeit, erschließen sich auch für die verfassungsfeindlichen, weiterhin nicht parteiintern angegriffenen Kräfte neue Wege und Kreise, Unterstützung zu finden.

88

Um ein umfassendes Bild über die Partei zu gewinnen, ist deshalb nicht nur die Beobachtung solcher Spitzenfunktionäre erforderlich, bei denen Anhaltspunkte für eigene Aktivitäten gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung bekannt geworden sind. Auch die Beobachtung von Spitzenfunktionären, die - wie der Kläger - selbst zwar keine eigenen verfassungsfeindlichen Aktivitäten entfalten, aber die radikalen, offen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung eintretenden Kräfte innerhalb der Partei - wie das Oberverwaltungsgericht bezogen auf den Kläger ebenfalls festgestellt hat - genauso wenig aktiv bekämpfen, verspricht - wenn auch vergleichsweise geringfügige - zusätzliche Erkenntnisse. Sie ermöglicht eine unmittelbare und deshalb zuverlässigere Einschätzung des Verhältnisses dieser Spitzenfunktionäre zu den radikalen Kräften innerhalb der Partei, als sie aufgrund einer Beobachtung möglich wäre, die sich auf die Partei als solche oder die in ihr aktiven radikalen Kräfte beschränkt. Welche Entfaltungsmöglichkeiten für verdächtige Parteimitglieder bestehen, hängt entscheidend davon ab, wie sich die Spitzenfunktionäre positionieren und welche Freiräume sie anderen Strömungen geben.

89

dd) Die Erhebung von Informationen über den Kläger mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung wahrt die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Sie beachtet das Gebot des geringsten Mittels aus § 8 Abs. 5 Satz 1 BVerfSchG (aaa)) und verstößt nicht gegen das Übermaßverbot aus § 8 Abs. 5 Satz 2 BVerfSchG (bbb)).

90

aaa) Nach § 8 Abs. 5 Satz 1 BVerfSchG hat das Bundesamt für Verfassungsschutz von mehreren geeigneten Maßnahmen diejenige zu wählen, die den Betroffenen voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.

91

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat sich dafür entschieden, Informationen über den Kläger nur mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung zu erheben. Das Bundesamt verzichtet hingegen auf den Einsatz der Methoden, Gegenstände und Instrumente zur heimlichen Informationsbeschaffung im Sinne des § 8 Abs. 2 BVerfSchG, wie den Einsatz von Vertrauensleuten und Gewährspersonen, Observationen, Bild- und Tonaufzeichnungen, Tarnpapiere und Tarnkennzeichen. Das Bundesamt erhebt in der hier in Rede stehenden Zeit Informationen über den Kläger allein aus allgemein zugänglichen Quellen, wie parlamentarische Drucksachen, Berichten in den Medien und Pressemitteilungen des Klägers oder seiner Partei. Dies hat das Oberverwaltungsgericht nach einer Beweisaufnahme festgestellt und gestützt hierauf die Klage insoweit rechtskräftig abgewiesen, als sie die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Einsatzes nachrichtendienstlicher Mittel im Sinne des § 8 Abs. 2 BVerfSchG zum Gegenstand hatte.

92

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts darüber hinaus den Kernbereich der parlamentarischen Tätigkeit des Klägers, nämlich sein Abstimmungsverhalten sowie seine Äußerungen im Parlament und in dessen Ausschüssen, von der Beobachtung ausgenommen.

93

bbb) Eine Maßnahme darf ferner keinen Nachteil herbeiführen, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht (§ 8 Abs. 5 Satz 2 BVerfSchG). Die Vorteile, die eine Erhebung von Informationen über den Kläger für die wirksame Abwehr von Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung bietet, überwiegen unter den hier obwaltenden Umständen die Nachteile, die der Kläger durch die Erhebung von Informationen über ihn erleidet. Das Oberverwaltungsgericht ist zu seiner abweichenden Abwägung der konkret betroffenen Vor- und Nachteile deshalb gelangt, weil es die zuvor getroffenen tatsächlichen Wertungen rechtlich fehlerhaft, insbesondere in sich widersprüchlich gewichtet hat.

94

Auf der einen Seite erleidet der Kläger durch die Erhebung von Informationen über ihn Nachteile bei seiner Tätigkeit als Abgeordneter. Diese Nachteile für die Ausübung des freien Mandats haben Gewicht. Die nachrichtendienstliche Beobachtung von Abgeordneten birgt - wie schon erwähnt - erhebliche Gefahren im Hinblick auf ihre Unabhängigkeit (Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG) und auf die Mitwirkung der betroffenen Parteien bei der politischen Willensbildung (Art. 21 GG) und damit für den Prozess demokratischer Willensbildung insgesamt (BVerfG, Beschluss vom 1. Juli 2009 - 2 BvE 5/06 - BVerfGE 124, 161 <195>).

95

Für die Ausübung des freien Mandats ergeben sich nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts faktische Nachteile daraus, dass die Erhebung von Informationen über den Kläger für ihn mit einer "Stigmatisierung" verbunden ist, die ihm den Zugang zu dem überwiegenden Teil der Bevölkerung erschweren kann, der sich als verfassungstreu betrachtet. Wenn die offene Informationsbeschaffung über den Kläger durch Verfassungsschutzbehörden allgemein bekannt wird, kann es für ihn schwieriger werden, Anhänger und Wähler für sich und seine Partei zu gewinnen sowie mit der Bevölkerung in Kontakt zu kommen. Letzteres hat auch deshalb negative Auswirkungen auf seine politische Arbeit, weil er für diese darauf angewiesen ist, Meinungen und Stimmungen der Wählerschaft zu kennen, sowie Informationen aus der Bevölkerung zu erhalten. Wenn dem einzelnen Abgeordneten als faktische Folge einer Beobachtung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz der Zugang zur Bevölkerung erschwert wird, bedeutet dies aber nicht nur eine Beeinträchtigung der Arbeit dieses Abgeordneten. Zugleich gehen Erkenntnisse verloren, die für den Willensbildungsprozess des Parlaments in seiner Gesamtheit von Bedeutung sind. Im Parlament kann sich ein den Willen des Volkes widerspiegelnder, überindividueller Gesamtwille nur durch das ungehinderte Zusammenwirken aller Abgeordneten bilden. Er ist Ergebnis einer Diskussion, in die jedes Parlamentsmitglied sein Wissen und seine persönlichen Überzeugungen einbringt. Der Beitrag, den der einzelne Abgeordnete zu diesem Willensbildungsprozess leistet, beruht nicht nur auf seiner Ausbildung, seinem persönlichen Werdegang und den Erfahrungen in seinem privaten Umfeld, sondern ganz wesentlich auch auf Erkenntnissen, die er durch Kontakte mit der Bevölkerung gewinnt.

96

Entgegen der Auffassung der Beklagten sind diese faktischen Nachteile für die Ausübung des freien Mandats zu berücksichtigen. Die Beklagte sieht einen Widerspruch darin, dass das Oberverwaltungsgericht den Eintritt faktischer Nachteile für den Kläger einerseits mit dem allgemeinen Bekanntwerden einer Informationsbeschaffung über ihn durch das Bundesamt für Verfassungsschutz verknüpft, aber andererseits die Rechtswidrigkeit der Erhebung von Informationen für den gesamten streitigen Zeitraum seit 1999 festgestellt hat, obwohl frühestens im Jahre 2003 allgemein bekanntgeworden sei, dass das Bundesamt Informationen über den Kläger erhebt. Die Beklagte missversteht in diesem Punkt das angefochtene Urteil. Das Oberverwaltungsgericht sieht die faktischen Nachteile zu Recht nicht erst in dem Bekanntwerden der Informationsbeschaffung, sondern in der Erhebung von Informationen selbst, weil sie mit der Gefahr des Bekanntwerdens verbunden ist. Das ist folgerichtig, weil faktische Nachteile der Informationsbeschaffung mit ihrem Bekanntwerden unwiderruflich eintreten und deshalb nicht erst ihr Bekanntwerden nur ihre Fortsetzung rechtswidrig machen kann.

97

Unerheblich ist ferner, dass nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts der Kläger im konkreten Fall selbst die Erhebung von Informationen über ihn durch das Bundesamt für Verfassungsschutz publik gemacht hat (Seite 79 des Urteilsabdrucks). Die Beklagte möchte wohl geltend machen, der Kläger (oder ein anderer Abgeordneter in vergleichbarer Lage) verhalte sich treuwidrig, wenn er die (sonst geheim bleibende) Beschaffung von Informationen über ihn durch den Verfassungsschutz selbst an die Öffentlichkeit bringt, um dann unter Berufung auf die damit ausgelösten faktischen Erschwernisse seiner Arbeit einen unverhältnismäßigen Eingriff in das freie Mandat geltend zu machen. Der Kläger ist jedoch nicht gehindert, publik zu machen, dass der Verfassungsschutz über ihn Informationen erhebt. Dies hat zwar einerseits die geschilderten faktischen Nachteile, kann aber gleichzeitig andererseits bei den ohnehin von seiner Arbeit Überzeugten eine Solidarisierung gegen seine "Bespitzelung" auslösen und ihm in diesem Kreis der Bevölkerung nützlich sein. Darauf darf der Kläger hinarbeiten.

98

Unabhängig von ihren Auswirkungen auf das freie Mandat kann sich eine (auch offene) Informationsbeschaffung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz nachteilig auf die politische Betätigung in Parlament und Partei auswirken. Wer sich beobachtet weiß und damit rechnen muss, dass seine Worte gesammelt und ausgewertet werden, verhält sich beispielsweise bei politischen Äußerungen oder der Unterschrift unter Aufrufe möglicherweise zögerlich oder ängstlich, kann sich jedenfalls in seiner politischen Arbeit gehemmt fühlen (vgl. hierzu wenn auch in etwas anderem Zusammenhang: BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - BVerfGE 65, 1 <43>).

99

Nicht berücksichtigt werden können hingegen hier (wie auch schon in anderem Zusammenhang) die vom Kläger beklagten Nachteile, die ihm daraus erwachsen sind, dass der Verfassungsschutz oder einzelne seiner Mitarbeiter den politischen Gegner gezielt mit Informationen versorgen, insbesondere zu einer Verwendung gegen den Kläger im Wahlkampf. Ein solches Verhalten wäre, weil von keiner Ermächtigungsgrundlage gedeckt, rechtswidrig und hat daher zu unterbleiben.

100

Diese Nachteile für die Ausübung des freien Mandats werden aber dadurch erheblich gemildert, dass sich das Bundesamt für Verfassungsschutz auf die offene Informationsbeschaffung beschränkt. Die Freiheit des Mandates wäre im Kern betroffen, wenn der Abgeordnete in seiner Arbeit mit den Menschen seines Vertrauens oder mit Menschen, die sich ihm anvertrauen, heimlich beobachtet würde. Dasselbe gälte für eine heimliche Beobachtung in seiner parlamentarischen Arbeit, soweit diese sich unter Ausschluss der Öffentlichkeit vollzieht. Gegenstand der offenen Informationsbeschaffung sind jedoch nur öffentlich wahrnehmbare Tätigkeiten, die regelmäßig ohnehin auf eine möglichst weitreichende Wirkung und Kenntnisnahme gerichtet sind. Insoweit zielt der einzelne öffentlichkeitswirksame Beitrag eines Abgeordneten ohnehin über seine Person hinaus. Zudem bleibt der Kernbereich der parlamentarischen Arbeit von der Informationsbeschaffung ausgenommen.

101

Ferner hat das Oberverwaltungsgericht keine Anhaltspunkte dafür feststellen können, dass der Kläger sich durch die offene Informationsbeschaffung inhaltlich in seiner politischen Arbeit beeinflussen lassen könnte. Das Oberverwaltungsgericht verweist insoweit auf eine Erklärung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, nach der er eine solche Beeinflussung ausdrücklich verneint hat.

102

Nachteilig betroffen ist ferner - wie bereits aufgezeigt - das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers insoweit, als sich die Informationsbeschaffung auf Tätigkeiten erstreckt, die er in anderen Funktionen als in seiner Eigenschaft als Abgeordneter wahrnimmt. Durch die auf Vollständigkeit angelegte Sammlung aller Äußerungen und die Zusammenfassung der zusammengetragenen Unterlagen in einer Personenakte entsteht ein Informationsgehalt, der als Gesamtbild der politischen Persönlichkeit über das hinausgeht, was als Eindruck aus öffentlichen Äußerungen haften bleibt, die bei Gelegenheit wahrgenommen werden.

103

Jedoch wirkt sich die Informationsbeschaffung über den Kläger nur geringfügig auf sein Persönlichkeitsrecht aus. Das Bundesamt für Verfassungsschutz erhebt nur Informationen, die durch die Veröffentlichung in allgemein zugänglichen Quellen einem unbestimmt großen Personenkreis bekannt geworden sind. Sie betreffen nicht den persönlichen Lebensbereich des Klägers, sondern ausschließlich dessen politische Tätigkeit in der Öffentlichkeit. Das umfassende Bild der Aktivitäten und Ansichten des Klägers bleibt auf dessen politische Tätigkeit beschränkt, die sich ohnehin zu einem großen Teil öffentlich abspielt und von den Medien und den politischen Gegnern genau beobachtet wird. Es betrifft den Kläger nicht in seiner persönlichen Lebensführung.

104

Auf der anderen Seite ist der Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung für den Bestand des Grundgesetzes und der in ihm verkörperten Werteordnung von existentieller Bedeutung.

105

Diesem Schutz dient zwar vor allem die Erhebung von Informationen über die Partei als solcher und der in ihr aktiven radikalen Kräfte. Die offene Informationsbeschaffung über den Kläger, deren Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen in tatsächlicher Hinsicht vom Oberverwaltungsgericht bindend festgestellt wurden, mag im Vergleich dazu nur einen begrenzten zusätzlichen Erkenntnisgewinn bieten. Jedoch ist auch dieser Gewinn an Erkenntnissen nicht zu vernachlässigen, wie schon ausführlich dargelegt. Spitzenfunktionäre einer Partei sind für deren Entwicklung und Ausrichtung von erheblicher Bedeutung. Erst Erkenntnisse über ihr Verhalten runden das Bild ab. Gerade die führenden Persönlichkeiten einer Partei werden, wenn diese den Stimmenanteil für einen Einzug in das Parlament erreicht, regelmäßig zu den Abgeordneten ihrer Partei gehören. Müssten sie deshalb von einer Beobachtung ausgenommen werden, obwohl tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen ihrer Partei vorliegen, wäre die Sammlung von Informationen über Aktivitäten gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung wesentlich eingeschränkt. Im konkreten Fall würde dies beispielsweise auch für führende Repräsentanten der offen verfassungsfeindlichen Gruppierungen in der Partei DIE LINKE gelten, die aufgrund der vom Oberverwaltungsgericht dargelegten Stellung dieser Gruppierungen in der Partei einen günstigen Listenplatz für die Parlamentswahl und als Folge davon ein Abgeordnetenmandat erhalten haben.

106

Danach überwiegen die Vorteile einer Beschaffung von Informationen über den Kläger die diesem dadurch erwachsenden Nachteile. Diese verbleibenden Nachteile hinzunehmen, ist dem Kläger zuzumuten.

107

Der Kläger hat durch seine herausgehobene politische Betätigung in einer Partei, bei der Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung bestehen, einen ihm zurechenbaren Anlass für die Erhebung von Informationen über ihn durch das Bundesamt für Verfassungsschutz geschaffen. Die Arbeit für und in der Partei lässt sich nicht säuberlich von der Wahrnehmung des Mandats trennen. Die politische Einbindung des Abgeordneten in Partei und Fraktion ist verfassungsrechtlich erlaubt und gewollt. Das Grundgesetz weist den Parteien eine besondere Rolle im Prozess der politischen Willensbildung zu (Art. 21 Abs. 1 GG), weil ohne die Formung des politischen Prozesses durch geeignete freie Organisationen eine stabile Demokratie in großen Gemeinschaften nicht gelingen kann. Die Fraktionen nehmen im parlamentarischen Raum unabdingbare Koordinierungsaufgaben wahr, bündeln die Vielfalt der Meinungen zur politischen Stimme und spitzen Themen auf politische Entscheidbarkeit hin zu. Wenn der einzelne Abgeordnete im Parlament politischen Einfluss von Gewicht ausüben, wenn er gestalten will, bedarf er der abgestimmten Unterstützung (BVerfG, Urteil vom 4. Juli 2007 - 2 BvE 1/06 - BVerfGE 118, 277 <328>). Kehrseite dieser Vorteile, die der Abgeordnete bei der Wahrnehmung seines Mandats aus seiner Einbindung in eine Partei zieht, ist aber, dass er die Nachteile für seine Arbeit hinzunehmen hat, die sich an zulässige Maßnahmen des Verfassungsschutzes gegen die Partei knüpfen, für die er als Abgeordneter wirken will.

Tenor

I. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Beobachtung des Antragstellers bis auf Weiteres nicht erneut bekannt zu machen.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

II. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.

III. Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Antragsgegners, seine Beobachtung durch das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz (im Folgenden: Landesamt) wegen Äußerungen über die Identitäre Bewegung zu unterlassen, hilfsweise die Beobachtung des Antragstellers nicht erneut öffentlich bekannt zu machen.

Der Antragsteller ist ... Vorsitzender des Landesverbandes ... der Partei ... und steht auf Platz ... der ...-Landesliste für die Bundestagswahl.

Die Identitäre Bewegung ist eine (Jugend-)Gruppierung mit französischen Wurzeln, die seit 2012 als Identitäre Bewegung Deutschland (im Folgenden: IBD) auch in Deutschland aktiv ist. Sie versteht sich selbst als „metapolitischer und aktivistischer Arm der Neuen Rechten“, der sich abseits von Rassismus und Nationalismus für den Erhalt der „ethnokulturellen Identität“ der europäischen Völker einsetzt. Sie wendet sich gegen „unkontrollierte Massenzuwanderung“, „Islamisierung“ und den „Verlust der eigenen Identität durch Überfremdung“ und will dem „Großen Austausch“ der Kulturen mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen begegnen, die sich an einer „Politik der Remigration und Leitkultur“ orientieren. Der eingetragene Verein steht wegen Anhaltspunkten für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung unter der Beobachtung der Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern. In Bayern ist die IBD seit 21. Januar 2016 Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes.

Anlässlich einer Veranstaltung des ...-Kreisverbandes ...- ... am 19. März 2017 in ... zum Thema „Strategische Ausrichtung ...“, zu der sich die Teilnehmer vorher per E-Mail anzumelden hatten, trat der Antragsteller als Redner auf. Im YouTube-Kanal ... wurde am ... ein Video der Rede des Antragstellers veröffentlicht. Ab Minute ... des Videos äußert sich der Antragsteller darüber, dass er über die Internetseite des Vereins ... unter der Rubkrik „Rechte Termine ... von ihm nicht bekannten Terminen der IBD erfahren habe. Wörtlich führt der Antragsteller dann aus:

“Identitäre ist ´ne tolle Organisation. Das ist ´ne Vorfeldorganisation von ... und die müssen wir unterstützen.“

Auf der Internetseite ... erschien unter dem ... (gesichert von der Antragsgegnerin am ... unter Bezugnahme auf ein kürzlich von Seiten des Antragstellers erfolgtes Lob für die Arbeit der IBD, die immer ohne Gewalt, aber mit viel Geist und oft auch einer Portion Humor daher komme, eine vom Antragsteller verfasste, mit „Die Schutzschild-Strategie“ überschriebene Stellungnahme. Der Antragsteller führt darin aus:

„Meine Erwähnungen der IB in den letzten Tagen haben hohe Wellen geschlagen. Viele Menschen sind dankbar, dass ich mich als führender Politiker ... schützend vor die IB gestellt habe. Andere – vor allem Kollegen aus ... – sind wiederum beunruhigt, weil sie befürchten, dass uns die Nähe zur IB in die Nähe der Beobachtung des VfS rückt.

Die einen wollen die totale Distanzierung von der IB, die anderen die totale Umarmung mit ihr. Ich werde mit diesem Papier wohl beide Gruppen enttäuschen – denn ich halte beides für falsch. Das eine würde uns bedeutend schwächen, das andere wäre auf lange Sicht für die ... sogar lebensbedrohlich.

Zur Identitären Bewegung

Ich bin kein Experte für die IB. Aber das, was ich von deren Aktionen bisher mitbekomme habe, finde ich sehr gut. Die Aktionen sind alle intelligent, haben Witz und sind alle gewaltfrei. Das kann man von vielen Aktionen von linken Organisationen (vor allem der Antifa) nicht behaupten. Mir ist bewusst, dass die IB vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Bis jetzt konnte mir aber niemand plausibel erklären, warum das Aufstellen von Kreuzen auf bayerischen Berggipfeln etwas sein sollte, das unsere verfassungsmäßige Ordnung bedrohen soll, das Anzünden von Autos und das physische Bedrohen von Andersdenkenden, wie es die Antifa betreibt, hingegen nicht. So lange diese Disproportionalität bestehen bleibt, muss ich auch weiterhin davon ausgehen, dass hier der Verfassungsschutz gegen die IB politisch instrumentalisiert wird.

Die mir persönlich bekannten Aktionen der IB verdienen unseren Respekt – Banner auf dem Brandenburger Tor, Banner auf dem „Buskunstwerk“ in Dresden, die Übergabe der Urkunde für „hervorragende Dienste bei der Zensur“ an Stasi-Kahane von der Denunzianten-Amadeu-Antonio-Stiftung usw. – sie alle sind intelligent, haben Humor und sind absolut gewaltfrei. Darüber hinaus arbeitet die IB mit modernen Kommunikationsmitteln und ist auch damit auf der Höhe der Zeit. Das ist alles den selbst gebastelten und durch wiederholte Einsätze mittlerweile schmuddeligen Bettlaken der Bahnhofsklatscher um Lichtjahre voraus.

Ich erkenne hier nichts Rassistisches, nichts Fremdenfeindliches und schon gar nichts, was die Verfassung unseres Landes bedrohen würde. Ebenso gelingt es mir nicht (selbst nach mehrmaliger Betrachtung) aus dem Motto der IB: „Heimat, Freiheit, Tradition – Multikulti Endstation“ etwas Negatives herauszulesen. Mir persönlich ist es lieber, wenn auf den Gipfeln der bayerischen Berge auch weiterhin die christlichen Kreuze stehen, als dass dort der islamische Halbmond thront.

Daher gründet meine Sympathiebekundung gegenüber der IB auf tiefem Respekt vor deren Mut, Intelligenz und Entschlossenheit. Die IB ist für die AfD das, was die Greenpace für die Grünen war

Rolle der AfD

Manche sind der Meinung, dass wir all die Leute, die sich in der außerparlamentarischen Opposition engagieren, in die Partei aufnehmen sollten (IB, Pegida etc. pp.), weil wir eine „Bewegungspartei“ seien. Das sehe ich nicht so. Ich bin für eine strikte Trennung von parlamentarischer und außerparlamentarischer Opposition. Wir sind eine parlamentarische Partei; Pegida, IB etc. sind außerparlamentarische Opposition. Wir haben ähnliche Ziele, wollen diese aber auf unterschiedlichen Wegen erreichen. Politik in einer Partei zu machen, ist „das langsame Bohren dicker Bretter“ (* ...*). Das ist oft ‚langweilige‘ Parlamentsarbeit, inhaltliches Klein-Klein in den Fachausschüssen, Paragraphenreiterei, und ein wenig Öffentlichkeitsarbeit und Medienauftritte. Diese Arbeit erfordert grundsätzlich einen anderen Typus Mensch, als der Straßenkampf, bzw. der außerparlamentarische Aktionismus. Wer Bewegung will, soll auf die Straße gehen.

Es gelangt zwar Einzelnen – wie dem Grünen ... – beides zu verbinden. Doch grundsätzlich tun sich die Straßenkämpfer anschließend bei der Parlamentsarbeit schwer und die typischen Parlamentarier bringen nicht besonders viele PS auf die Straße.

(Es würde einigen in unserer Partei gut tun, wenn sie erkennen würden, dass sie sich in der Tür geirrt haben, und dass sie ihr Potential viel besser in einer außerparlamentarischen Organisation zur Entfaltung bringen würden – man kann dem Vaterland auf unterschiedliche Arten dienen.)

In einer „normalen“ Umgebung könnte man trotz dieses Unterschieds eine gewisse personelle Verflechtung der parlamentarischen und der außerparlamentarischen Opposition gut heißen, bzw. sogar fördern. Doch wir leben nicht in einer „normalen“ politischen Umgebung. Wir erleben es jeden Tag, dass wir als AfD von einer ganzen Einheitsfront aus Parteien, deren Vorfeldorganisationen, Gewerkschaften, Kirchen und Verbänden bekämpft werden. Wir wissen auch, dass es bereits mehrfach Druck seitens der Politik auf den VfS gab, uns unter Beobachtung zu stellen. Es wäre dumm, unseren Gegner den Gefallen zu tun, und ihnen die Gründe für diese Beobachtung zu liefern.

Nach unseren bisherigen Erfolgen ist das einzige, womit uns das System noch das Genick brechen kann, die Beobachtung der ganzen Partei durch den VfS. Wir wissen es aus der Vergangenheit am Beispiel der Republikaner, was dann eintritt: Austritte der Beamten und Staatsbediensteten, dann der anderen Mitglieder aus der bürgerlichen Mitte – im Gegenzug Eintritte von Menschen, die nichts mehr zu verlieren haben, Radikalisierung, der Fall in die Bedeutungslosigkeit.

Wir sind nicht die Grünen, die es sich leisten konnten, mit RAF-Terroristen und allen möglichen Spinnern in die Parlamente einzuziehen, die dort dann demonstrativ in Birkenstocklatschen ihre Lamapullover gestrickt haben.

Wir sind eine Partei des Bürgertums! Das ist die gesellschaftliche Mitte – die Mittelschicht, der Mittelstand.

Anders als die Grünen, die eine relativ eng gefasste Kernzielgruppe bedienen, (wenn nicht gerade wenige Wochen vor einer Wahl irgendwo in der Welt ein Atomreaktor in die Luft fliegt), haben wir den Anspruch, eine Volkspartei zu sein und breite Massen der Bevölkerung anzusprechen.

Getrennt marschieren, gemeinsam zuschlagen.

Daraus ergeben sich für mich zwei logische Konsequenzen:

a) Wir müssen strikt auf die personelle Trennung zu Organisationen achten, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Ich habe das bei den wenigen persönlichen Begegnungen mit den Jungs von der IB, die ich bisher hatte, auch ihnen in dieser Deutlichkeit klar kommuniziert. Sie sind darüber nicht begeistert, können es aber sehr gut nachvollziehen und akzeptieren das. Ich rechne ihnen das hoch an, dass sie diese Trennung respektieren – im Gegensatz zu einigen anderen Gruppierungen.

b) Wir müssen als parlamentarische Partei das Schutzschild für all die Menschen sein, die sich bei Pegida, bei der IB, bei Sichere Heimat, Demo für alle etc. engagieren. Sie zeigen Mut, sie gehen auf die Straße, sie zeigen Missstände auf und erzeugen Druck auf das System. Wir brauchen diese außerparlamentarische Opposition, um Druck auf die Systemparteien und Systemverbände auszuüben. Es ist unsere Aufgabe, diese Menschen aus den Parlamenten heraus zu beschützen. Wir müssen dort die Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes durch die Systemparteien angreifen und beenden. Mit unseren medialen Zugängen müssen dafür sorgen, dass die Anliegen der außerparlamentarischen Opposition nicht weiter diffamiert werden. Wir müssen deren Themen in die Gesellschaft hineintragen. Kurzum: wir müssen das Schutzschild für diese Organisationen sein.

Das sehe ich als unseren aber auch als meinen persönlichen politischen Auftrag und dafür werde ich auch weiterhin kämpfen.“

Anlässlich dieser schriftlichen und mündlichen Äußerungen des Antragstellers verfügte das Landesamt mit Aktenvermerk vom 12. April 2017 die Beobachtung des Antragstellers. Die Befürwortung der IBD durch seine Äußerungen werde als tatsächlicher Anhaltspunkt für eine Unterstützung der extremistischen Zielsetzung der IBD bewertet. Sein weiteres Verhalten als Einzelperson unterliege insoweit dem gesetzlichen Beobachtungsauftrag aus Art. 4 Abs. 1 Satz 2 BayVSG.

Die IBD Bayern verlinkte in ihrem Facebook-Profil auf obenstehenden Beitrag des Antragstellers und dankte ihm für das Lob und das Statement. Ein eigens entwickeltes mit „Identitäre Bewegung“ untertiteltes Symbolbild zeigt ein mit der Aussage „Die Schutzschild-Strategie“ überlegtes Foto des Antragstellers.

Am ... zeigte das ZDF-Magazin ... den Antragsteller in dem Bericht „Machtkampf in ... – Showdown für ...“ als Redner des ... abgehaltenen Landesparteitages der ... mit folgender Aussage:

„Die sich bei Pegida engagieren, die sich bei den Identitären engagieren, wir müssen denen Schutz geben als politische Partei, die in den Parlamenten ist.“

Am 19. April 2017 äußerte sich der Präsident des Landesamtes auf einer Pressekonferenz anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts für das Jahr 2016 auf Nachfrage eines Journalisten u.a. unter Bezugnahme auf den Auftritt in ... und den Text zur „Schutzschild-Strategie“, dass der Antragsteller aufgrund seiner Äußerungen über die IBD gegenwärtig vom Verfassungsschutz beobachtet werde. Die ... selbst werde nicht beobachtet. Es sei aber interessant, wie sich die ... zu den Äußerungen des Antragstellers stelle.

Am 28. April 2017 ließ der Antragsteller seine Bevollmächtigten beim Verwaltungsgericht München Unterlassungsklage erheben (Az. M 22 K 17.1860). Zugleich beantragt er im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, den Antragsgegner zu verpflichten, es zu unterlassen, den Antragsteller durch das Landesamt mit Mitteln der offenen Informationsbeschaffung zu beobachten.

Mit Schriftsatz vom 12. Juni 2017, konkretisiert mit Schriftsatz vom 17. Juli 2017, beantragt der Antragsteller im Eilverfahren hilfsweise ferner,

dem Antragsgegner zu untersagen, die Beobachtung des Antragstellers durch den Verfassungsschutz in Zukunft bekannt zu machen.

Die Beobachtung des Antragstellers und insbesondere die Unterrichtung der Öffentlichkeit hierüber stelle nicht nur einen unzulässigen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und die Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) dar, sondern – angesichts des bevorstehenden Bundestagswahlkampfes und der Stellung des Antragsstellers als ... Landesvorsitzender der mit der ... um Wählerstimmen rivalisierenden ... – auch eine Verletzung des in Art. 21 GG verankerten grundrechtsähnlichen Parteienprivilegs und der sich aus Art. 21, 3, 20 Abs. 3 GG ergebenden Neutralitätspflicht.

Bezüglich des Antragstellers lägen keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für Bestrebungen vor, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet seien und eine Beobachtung rechtfertigen könnten. Der Antragsteller habe sich in Bezug auf einige Aspekte zwar anerkennend zur IBD geäußert, diese Äußerungen seien aber vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Der Antragsteller habe bei seinen auf einzelne gewaltfreie und humorvolle Aktionen der IBD bezogenen Äußerungen stets zu erkennen gegeben, dass er kein Experte für die IBD sei und nicht sämtliche Inhalte, Äußerungen und Aktionen der IBD bewerten wolle. Er identifiziere sich nicht notwendig mit den Inhalten der IBD, sondern habe, da er hinsichtlich der ihm bekannten Aktionen keine Bestrebungen gegen die verfassungsrechtliche Grundordnung habe erkennen können, lediglich deren verfassungsrechtlich gewährleistetes Recht verteidigt, Aussagen treffen zu dürfen, ohne in einer rechtlich zweifelhaften Weise in den Verfassungsschutzbericht aufgenommen zu werden. Damit habe sich der Antragsteller weder zum Anwalt der IBD gemacht noch diese in Bausch und Bogen und vorbehaltlos mit einem Gütesiegel versehen. Er habe in seiner „Schutzschild-Strategie“, die sich auf verschiedene Bewegungen der außerparlamentarischen Opposition bezogen habe, auch die strikte Trennung der ... von solchen Gruppierungen betont, personell wie inhaltlich.

Die Ziele der IBD seien bei unvoreingenommener Betrachtung auch nicht verfassungsfeindlich. Die völlige Übereinstimmung mit dem Grundgesetz und das uneingeschränkte Bekenntnis zur Gewaltlosigkeit ließen eine Beobachtung der IBD absurd erscheinen. Dem Verfassungsschutz falle es denn auch ersichtlich schwer, die letztlich nur politisch motivierte Beobachtung der IBD und damit auch des Antragstellers zu begründen. Dass sich die IBD auf eine „antidemokratische, antiliberale und antiegalitäre Strömung der Weimarer Zeit“ berufe, sei eine haltlose Unterstellung. Dass ein Volk eine ethnokulturelle Identität habe, die sich durch eine gemeinsame Sprache, Kultur, Herkunft und Religion auszeichne, sei weder unzutreffend noch zu beanstanden; die gesehene Nähe zur extremistischen Blut-und-Boden-Ideologie sei nicht nachvollziehbar. Die Verteidigung und Bewahrung von Heimat, Freiheit und Tradition stehe nicht im Widerspruch zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung.

Hinsichtlich der Bekanntgabe der Beobachtung sei von einem offensichtlichen Ermessensmissbrauch auszugehen. Die Schwere des Eingriffs in die Grundrechte und grundrechtsähnlichen Prinzipien aus Art. 9, 5 und 21 GG, die durch die Bekanntgabe einer staatlichen Beobachtung des Vorsitzenden einer Oppositionspartei herbeigeführt werde, stehe in keinem Verhältnis zum Grad der Art und Weise der möglichen, aber nicht wirklichen Beeinträchtigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Sie widerspreche außerdem schon dem Zweck der Beobachtung.

Der Antragsgegner beantragt,

den Haupt- und Hilfsantrag abzulehnen.

Der Verfassungsschutz sei als Frühwarnsystem im Vorfeld von konkreten Gefahren im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgabenerfüllung verpflichtet, frühzeitig extremistischen Bestrebungen nachzugehen und gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen, die auch von Einzelpersonen ausgehen könnten, zu beobachten. Eine Beobachtung sei bereits beim Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für solche Bestrebungen zulässig. Diese seien hinsichtlich des Antragstellers gegeben. Er habe in seinen Äußerungen im Wissen um deren Beobachtung durch den Verfassungsschutz zuletzt mehrfach eine ausgeprägte Nähe zur rechtsextremistischen IBD erkennen lassen. Mit dem bewusst gewählten Begriff der zu unterstützenden „Vorfeldorganisation“ mache der Antragsteller deutlich, dass er ein weit über eine reine Sympathiebekundung hinausgehendes, enges, vernetztes und sich gegenseitig unterstützendes Verhältnis der ... zur IBD anstrebe. Der Antragsteller bemühe sich zwar in seiner „Die Schutzschild-Strategie“ überschriebenen Stellungnahme auf ... die ...-internen Strömungen pro und contra der IBD zu bedienen, seine Forderung nach einer personellen Trennung zwischen ... und IBD sei aber letztlich einzig der Sorge geschuldet, damit Gründe für eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz zu liefern. Die Formulierung „Getrennt marschieren, gemeinsam zuschlagen“ zeige, dass der Antragsteller eine enge, auch inhaltliche Zusammenarbeit mit der IBD strategisch plane. Diese propagiere einen europäischen Ethnopluralismus, d.h. die räumliche und kulturelle Trennung unterschiedlicher Ethnien, was letztlich die Ausweisung großer Bevölkerungsteile unter Missachtung der vom Grundgesetz garantierten Menschenrechte zur Folge habe. Es sei eine starke Nähe zum biologistischen Denken und der völkischen Ideologie von Rechtsextremisten erkennbar. Ideal der IBD sei zudem die attische Demokratie ohne Parlamentarismus, in der Entscheidungen und Wahlen von einem „einheitlichen“ Volk getragen würden. Die Ablehnung des Parlamentarismus und von Parteien stehe im Widerspruch zum Mehrparteiensystem und zur Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Ausübung einer Opposition. Da die IBD ideologisch an das Gedankengut der „Konservativen Revolution“ anknüpfe, sei davon auszugehen, dass sich ebenso wie mit dieser einerseits die Überwindung des bestehenden demokratischen Verfassungsstaates und andererseits die Einsetzung von angeblich erhaltenswerten politischen Prinzipien verbinde. Der ...Bundesvorstand habe den Antragsteller (einem Bericht der F.A.Z. vom ... zu Folge) auch für seine Äußerungen über die IBD unter Berufung auf den vom Bundesvorstand getroffenen „Unvereinbarkeitsbeschluss“, der die Unterstützung verfassungsfeindlicher Organisationen durch ...-Mitglieder verbiete, abgemahnt. Dies habe der Antragsteller, wie der Homepage des ... zu entnehmen sei, akzeptiert.

Die Beobachtung des Antragstellers sei auch verhältnismäßig. Erst auf der Grundlage der Beobachtungen werde es den zuständigen staatlichen Stellen möglich, sich eine auf tatsächliche Erkenntnisse gestützte Meinung über das Ausmaß der Unterstützung zu bilden und zu bewerten, ob die Voraussetzungen für weitergehende staatliche Maßnahmen vorlägen.

Auch die Voraussetzungen des Art. 26 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und Abs. 3 BayVSG für eine Unterrichtung der Öffentlichkeit seien erfüllt. Unterstütze ein Mitglied einer nicht dem Beobachtungsauftrag unterliegenden Partei – noch dazu eine Führungskraft – verfassungsfeindliche Bestrebungen, habe die Öffentlichkeit ein berechtigtes Interesse, von diesen Fliehkräften unter Bekanntgabe personenbezogener Daten zu erfahren. Die Bekanntgabe sei auch verhältnismäßig. Sie sei situationsabhängig, mündlich und auf ein ausdrückliches Auskunftsersuchen eines Pressevertreters erfolgt, der sich wiederum auf Art. 4 BayPrG als Ausfluss der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 11 BV gewährleisteten Pressefreiheit berufen könne. Es sei zudem ausdrücklich dargelegt worden, dass sich der Beobachtungsauftrag nicht auf die ... in Gänze beziehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

II.

Das mit dem Hauptantrag verfolgte Begehren auf vorläufige Unterlassung der Beobachtung durch den Verfassungsschutz bleibt ohne Erfolg. Dem Hilfsantrag war dagegen entsprechend dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang stattzugeben.

1. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Maßgeblicher Zeitpunkt für die vorzunehmende summarische Prüfung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

2. Hinsichtlich des Hauptantrags ist ein Anordnungsgrund ersichtlich gegeben, da die vom Antragsteller als Rechtsverletzung gerügte Beobachtung durch den Verfassungsschutz andauert.

Der Antragsteller hat aber keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Voraussetzungen des geltend gemachten und mit der Hauptsacheklage verfolgten öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs, der mangels spezialgesetzlicher Regelungen allein aus grundrechtlich geschützten Rechtspositionen abzuleiten ist (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 21.5.2008 – 6 C 13.07 – juris Rn. 13; U.v. 25.1.2012 – 6 C 9.11 – juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 16.7.2010 – 10 CE 10.1201 – juris Rn. 16; B.v. 23.9.2010 – 10 CE 10.1830 – juris Rn. 18), liegen nach Auffassung der Kammer nicht vor. Vielmehr ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die mit der Beobachtung einhergehenden Beeinträchtigungen des Antragstellers rechtmäßig und von diesem daher hinzunehmen sind.

2.1 Der Antragsgegner greift mit der Beobachtung allerdings in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen des Antragstellers ein. Bei einer Beobachtung handelt es sich – auch wenn sie aus offenen, allgemein zugänglichen Quellen wie Druckerzeugnissen, Programmen und Aufrufen erfolgt – um einen sich mit der Dauer der Maßnahme verstärkenden Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. Sie ermöglicht die Erstellung zumindest partieller Persönlichkeitsbilder und kann im Fall der offenen Durchführung deshalb eine erhebliche Belastung bedeuten, weil der Staat dem Betroffenen die soziale Kontaktaufnahme mit anderen Personen erschwert. Zudem kann sie, wenn sie bekannt wird, zu seiner Stigmatisierung in der Öffentlichkeit führen (BVerwG, U.v. 21.07.2010 – 6 C-22/09 – juris Rn. 95).

Darüber hinaus steht hier auch eine zumindest mittelbare Beeinträchtigung des Grundrechts der Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) und weiter des Rechts auf Chancengleichheit im Wettbewerb von politischen Parteien (Art. 21 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG) inmitten, geht man davon aus, wofür vieles spricht, dass sich der Antragsteller hierauf jedenfalls der Sache nach – auch wenn ggf. eine dogmatische Verortung in den Freiheitsgrundrechten zu suchen wäre – berufen kann (vgl. Maunz/Dürig, GG, Stand Dezember 2016, Art. 21 Rn. 263).

2.2 Der Antragsgegner ist nach summarischer Prüfung aber zur Beobachtung des Antragstellers aufgrund seiner Äußerungen über die IBD berechtigt.

2.2.1 Rechtsgrundlage für die angegriffene Maßnahme der Beobachtung sind Art. 5 Abs. 1 Nr. 1 und Art. 3 BayVSG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 4 BVerfSchG.

Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayVSG gewährt dem Landesamt allgemein die Befugnis, Informationen zu erheben, zu verarbeiten und zu nutzen, soweit dies u.a. zur Erfüllung seiner Aufgaben nach Art. 3 BayVSG i.V.m. § 3 BVerfSchG erforderlich ist, wobei die Sammlung von Informationen und deren Auswertung zusammen die Beobachtung ausmachen (vgl. Droste, Handbuch des Verfassungsschutzes, 2007, S. 44).

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG ist es Aufgabe der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder Informationen über Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, zu sammeln und auszuwerten. Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Gesetzes zählen gemäß § 4 Abs. 2 BVerfSchG unter anderem das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben (a), das Recht auf Bildung und Ausübung einer Opposition (c) und die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte (g).

Bestrebungen sind gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayVSG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen, in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, einen der in § 4 Abs. 2 BVerfSchG genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. Für einen Personenzusammenschluss handelt dabei, wer ihn in seinen Bestrebungen nachdrücklich unterstützt.

Bestrebungen gehen über bloße politische Meinungen hinaus. Kritik an der Verfassung und ihren wesentlichen Elementen ist ebenso erlaubt wie die Äußerung der Forderung, tragende Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu ändern. Es ist allerdings verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn die Verfassungsschutzbehörde insoweit an die Inhalte von Meinungsäußerungen anknüpft, als diese Ausdruck eines Bestrebens sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beseitigen. Es ist dem Staat grundsätzlich nicht verwehrt, aus Meinungsäußerungen Schlüsse zu ziehen und gegebenenfalls Maßnahmen zum Rechtsgüterschutz zu ergreifen. Wenn Äußerungen Bestrebungen zur Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung erkennen lassen, darf der Staat diese auch zum Anlass nehmen, Schutzmaßnahmen zu ergreifen (BVerfG, B.v. 24.5.2005 – 1 BvR 1072/01 – BVerfGE 113, 63; BVerwG, U.v. 21.7.2010 – 6 C-22/09 – BVerwGE 137, 275). Kritik an einem Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung muss danach nur als „bloße“ Kritik unberücksichtigt bleiben, nicht jedoch, wenn sie verbunden ist mit der Ankündigung konkreter Aktivitäten zur Beseitigung dieses Verfassungsgrundsatzes oder mit der Aufforderung zu solchen Aktivitäten. Bei Meinungsäußerungen, die von oder innerhalb einer politischen Partei abgegeben werden, liegt es zumindest nahe, dass sie mit der Intention einer entsprechenden Änderung der realen Verhältnisse abgegeben werden; denn politische Parteien sind gerade auf Änderung der politischen Verhältnisse ausgerichtet (BVerwG, U.v. 21.7.2010 – 6 C-22/09 – BVerwGE 137, 275; Murswiek, NVwZ 2006, 121).

Ob die Voraussetzungen für eine Beobachtung vorliegen, unterliegt in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle. Dem Antragsgegner steht insoweit keine Einschätzungsprärogative zu. Dies gilt sowohl für das Vorliegen der behaupteten Tatsachen als auch für die daraus gezogenen, wertenden Schlussfolgerungen (VGH München, U.v. 22.10.2015 – 10 B 15.1320 – juris; in diesem Sinne wohl auch BVerwG, U.v 17.10.1990 – 1 C-12/88 – BVerwGE 87, 23 zur Überprüfung von Maßnahmen nach dem G 10-Gesetz).

Voraussetzung für die Sammlung und Auswertung von Informationen im Rahmen des Beobachtungsauftrags ist das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte (vgl. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 BayVSG). Verlangt wird mehr als bloße Vermutungen, Mutmaßungen, Annahmen oder Hypothesen. Andererseits bedarf es auch nicht der Gewissheit, dass Schutzgüter der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beseitigt oder außer Kraft gesetzt werden sollen. Es müssen vielmehr konkrete und in gewissem Umfang verdichtete Umstände als objektive Tatsachenbasis vorliegen, die bei vernünftiger Betrachtung die Annahme eines Verdachts rechtfertigen (BVerfG, U.v. 14.7.1999 – 1 BvR 2226/94 – BVerfGE 100, 313, 395). Zur Annahme eines solchen Verdachts kann auch die Gesamtschau aller vorhandenen tatsächlichen Anhaltspunkte führen, wenn jeder für sich genommen einen solchen Verdacht noch nicht zu begründen vermag (BVerwG, U.v. 17.10.1990 – 1 C-12/88 – BVerwGE 87, 23, 28; BVerwG, U.v. 21.7.2010 – 6 C-22/09 – juris Rn. 30). Eine solche Verdachtslage besteht zudem bereits dann, wenn ein die Schutzgüter objektiv beeinträchtigendes Verhalten festgestellt werden kann, ohne dass es auf das subjektive Merkmal des Beeinträchtigenwollens ankommt. Solche tatsächlichen Anhaltspunkte können sich z.B. ergeben aus offiziellen Programmen, Satzungen oder sonstigen Veröffentlichungen, aus Verlautbarungen bzw. Aktivitäten von Funktionären oder Anhängern sowie aus Verbindungen zu bereits als extremistisch erkannten Gruppen oder Einzelpersonen.

Die Anhaltspunkte müssen entsprechend gewichtig sein, um die jeweilige staatliche Reaktion zu rechtfertigen. Die Abstufung der Reaktion auf mögliche verfassungsfeindliche Bestrebungen von der bloßen Beobachtung über die Warnung der Öffentlichkeit durch entsprechende Berichterstattung im Verfassungsschutzbericht bis hin zum Verbot einer Organisation schließt es aus, jeweils das gleiche Gewicht für tatsächliche Anhaltspunkte für solche Bestrebungen zu verlangen (vgl. BVerwG, U.v. 21.7.2010 – 6 C-22/09 – juris Rn. 31). Für die Beobachtung aus offenen Quellen ist von einer relativ niedrigen Eingriffsschwelle auszugehen. Es genügt, wenn Umstände gegeben sind, die bei vernünftiger Betrachtungsweise auf solche Bestrebungen hindeuten und daher eine weitere Abklärung erforderlich erscheint.

An dieser Stelle ist schließlich noch darauf hinzuweisen, dass eine Beobachtung des Antragstellers aus offenen Quellen nicht schon deshalb ausgeschlossen ist, weil Einzelpersonen – außerhalb des Sonderfalles des § 4 Abs. 1 Satz 4 BVerfSchG – nicht selbständiges Beobachtungsobjekt sein könnten, wie der Antragsteller meint. Eine solche Annahme ergibt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn und Zweck der einschlägigen Bestimmungen des BayVSG und des BVerfSchG. Nach § 3 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 BVerfSchG haben die Verfassungsschutzbehörden nicht Personenzusammenschlüsse zu beobachten, sondern Informationen über Bestrebungen, also Verhaltensweisen von Personen, zu sammeln und auszuwerten. Solche Verhaltensweisen können aber schon qua Gesetz nicht nur von Einzelpersonen, die Mitglieder eines Zusammenschlusses sind („in“), sondern auch von Personen, die außerhalb der Gruppierung stehen („für“), vorgenommen werden. Auch wenn die einzelne Person insoweit nicht als solche, sondern wegen ihrer „organisatorischen Rückkoppelung“ verfassungsschutzrelevant ist, kann ihre Verhaltensweise jedenfalls dann nicht nur dem Personenzusammenschluss, sondern auch ihr als Einzelperson zuzuordnen sein, wenn hieran ein verfassungsschutzrechtliches Erkenntnisinteresse besteht, weil etwa deren individuelle politische Entwicklungslinien nachvollzogen werden sollen oder aber das Verhältnis bzw. die Verbindung zu einem Personenzusammenschluss oder einer Gruppe – wie wohl auch vorliegend – (zunächst noch) unklar ist. (Roth in Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, BVerfSchG, 2014, §§ 3, 4 Rn. 94 ff.; Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, 2007, S. 168 ff.).

2.2.2 Gemessen an diesen Vorgaben ist davon auszugehen, dass die derzeitige Beobachtung des Antragstellers mit Mitteln der offenen Informationsbeschaffung rechtmäßig ist. Hinsichtlich der IBD liegen tatsächliche Anhaltspunkte vor, die geeignet sind, den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen zu begründen (a). Mit den in seiner Funktion als ... Landesvorsitzender der ... getätigten Äußerungen hat der Antragsteller die IBD auch nachdrücklich unterstützt und damit tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen begründet (b). Die angeordnete Beobachtung ist auch verhältnismäßig (c).

a) Auf der Grundlage der vom Antragsgegner vorgelegten Belege zu Selbstverständnis und Zielen der IBD begegnet deren Beobachtung durch das Landesamt, soweit die Gruppe in ... Aktivitäten entfaltet, keinen Bedenken. Die Kammer verweist hierzu insbesondere auf den Vermerk des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 15. November 2016 (im Folgenden: BfV) und das Schreiben des Landesamtes vom 16. Juni 2017 (sowie die dort in Bezug genommenen Quellen), deren Feststellungen zur ideologischen Ausrichtung der IBD sie teilt. Einschränkend ist lediglich darauf hinzuweisen, dass nach Auffassung der Kammer die abschließenden Bewertungen in den Stellungnahmen, soweit diese auf eine erwiesene Verfassungsfeindlichkeit hindeuten sollten, in Ansehung der vorliegenden Informationen als zu weitgehend erscheinen. Dass bei der IBD konkrete Anhaltspunkte für die Verfolgung verfassungsfeindlicher Bestrebungen vorliegen und mithin jedenfalls ein Verdachtsfall gegeben ist, der eine Beobachtung (und auch eine Berichterstattung) rechtfertigt, steht aber außer Frage. Dazu sei Folgendes bemerkt:

Die IBD sieht sich selbst als „aktivistischer Arm der Neuen Rechten“ und orientiert sich wiederum nach eigenem Selbstverständnis am geistigen Erbe der „Konservativen Revolution“ und der Ideologie der „Nouvelle Droite mit ihren französischen Vordenkern“ (vgl. Positionspapier „Identitär – eine Idee“, Fundstellennachweis BfV Fn. 5 und 6).

Mit „Konservative Revolution“ sind verschiedene rechtskonservative bis rechtsextremistische Gruppierungen der Weimarer Republik bzw. Autoren des deutschen Radikalnationalismus gemeint (nach Mohlerscher Diktion: Völkische, Jungkonservative, Nationalrevolutionäre, Bündische und Landvolkbewegung), deren Auffassungen und politische Konzepte (nach Mohler) vom Nationalsozialismus geschieden werden könnten. Die Schriften diverser diesen Gruppierungen angehöriger oder nahestehender Autoren gelten den unterschiedlichen Strömungen der heutigen extremen Rechten als geistiges Refugium. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die dem Schriftsatz des Antragsgegners vom 16. Juni 2017 beigefügte Belegsammlung mit Auszügen aus dem Angebot des identitären Online-Versands „Phalanx Europa“, über den Sticker, Poster bzw. Bücher unter anderem von Ernst Jünger, Carl Schmitt, Arthur Moeller van den Bruck und Oswald Spengler angeboten werden, alles Autoren, die (soweit es um ihre während der Zeit der Weimarer Republik vertretenen Auffassungen geht) der Konservativen Revolution zugerechnet werden. Eine Bezugnahme auf die entsprechenden Traditionsbestände, für die antiliberale, antidemokratische und antiegalitäre Positionen typisch sind, findet sich im Übrigen auch bei der Nouvelle Droite, zu der sich die IBD wie erwähnt gleichfalls bekennt.

Was den zentralen Bestandteil der Ideologie der Identitären Bewegung, den Ethnopluralismus, angeht, ist dieses Konzept nach deren eigenem Verständnis nicht rassistisch, betont vielmehr in bewusster Abgrenzung zur „Multikultiideologie“ die Bedeutung von „Abstammung“, „Kultur“ und „Identität“. Unter Rückgriff auf diese an sich unverfänglichen Begriffe lässt sich eine restriktive Einwanderungspolitik begründen, was für sich betrachtet für die Beurteilung der Verfassungsfeindlichkeit irrelevant wäre, und es bestehen offenkundig auch Schnittmengen mit Konstrukten wie etwa dem Begriff der Leitkultur. Wegen der Fokussierung darauf, dass der Volksbegriff im Wesentlichen ethnisch zu definieren sei, ist das Konzept des Ethnopluralismus aber ersichtlich auch einer Auslegung zugänglich, die mit der Achtung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) und damit dem wesentlichen Element der freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht vereinbar wäre, wenn dies als Begründung für eine Ausgrenzung und Rechtlosstellung von Ausländern oder „nicht ethnisch Deutschen“ herangezogen würde, wie dies etwa bei der Programmatik der NPD der Fall ist. Deren Volksbegriff ist ebenfalls ethnisch-kulturell bestimmt und was das Verhältnis zu anderen Völkern angeht, argumentiert sie in der Sache auch „pluralistisch“, da sie (anders als ihr historischer Vorläufer) anerkennt, dass Völkern ein angestammter Lebensraum zukomme, diese sich aber zur Wahrung ihrer Identität nach Möglichkeit nicht vermischen sollen (vgl. hierzu BVerfG, U.v. 17.1.2017 – 2 BvB 1/13 – juris insbes. Rn. 654 ff. und 690 ff.).

Die vom Antragsgegner vorgelegten Belege enthalten zwar keine Aussagen und Stellungnahmen, die eindeutig eine verfassungsfeindliche Zielrichtung in diesem Sinne belegen würden. Gleichwohl liegen tatsächliche Anhaltspunkte hierfür vor, die eine weitere Abklärung gebieten. Wesentlich für diese Einschätzung ist die offenkundig fremdenfeindliche Tendenz einer Vielzahl der zitierten Aussagen (siehe insbes. die Nachweise in BfV S. 4 ff.), die Rückbindung ihrer Ideologie an die Programmatik der Konservativen Revolution, die in Teilen eben auch völkische Thesen vertrat, weiter die martialisch formulierten Leitmotive ihrer Öffentlichkeitsarbeit („Remigration“, „Bevölkerungsaustausch stoppen“, „Reconquista“) sowie die augenscheinliche Nähe des Konzepts zum Volksbegriff und der Volkstumspolitik der „alten“ Rechten (NPD und Umfeld) in ihrer aktuellen Ausprägung. Das Bekenntnis der IBD, abseits von „Rassismus“ und „Nationalismus“ zu agieren, steht der Annahme von Anhaltspunkten für verfassungsfeindliche Bestrebungen vor diesem Hintergrund und dem Fehlen eines klaren Bekenntnisses zur uneingeschränkten Gültigkeit der universellen Menschenrechte nicht entgegen, da durchaus möglich erscheint, dass es sich hierbei um ein taktisch bedingtes Lippenbekenntnis handelt, das lediglich den Anschein einer in Wirklichkeit nicht vorhandenen Verfassungstreue erwecken soll. Für diese Annahme spricht im Übrigen auch, dass die IBD zwar immer wieder (trotz des Gebrauchs einer martialischen Rhetorik, was die Abwehr des „Fremden“ angeht) ihre nichtrassistische Grundhaltung betont, es bislang aber geflissentlich unterlassen hat, sich dazu zu äußern, wie sie ihre Forderungen und Leitmotive konkret umsetzen will.

Da dieser Umstand allein bereits die Beobachtung rechtfertigt, bedarf es hier keines weiteren Eingehens auf die Frage, ob und inwieweit die Ablehnung der repräsentativen Demokratie in ihrer durch das Grundgesetz bestimmten Ausgestaltung durch die IBD tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen begründet (vgl. dazu BfV S. 8 ff.). Bemerkt sei hierzu nur so viel, dass die von der IBD geforderte „echte, direkte, deutsche, subsidiarische Demokratie“ ersichtlich wiederum Bezug hat zu dem von der IBD augenscheinlich vertretenen Begriff eines möglichst ausschließlich nach ethnisch-kulturellen Kriterien zu bestimmenden Staatsvolkes und sich damit im Ergebnis die oben bereits angedeuteten Fragen erneut stellen. Auch in diesem Zusammenhang ist wiederum festzustellen, dass die von der IBD verwendeten Begrifflichkeiten teilweise offen und unbestimmt sind und unschwer einer die Menschenwürde als obersten Wert in Frage stellende Auslegung zugänglich wären (z.B. „organische“ Demokratie).

b) Indem der Antragsteller die IBD und ihre Aktionen mehrfach mündlich wie schriftlich befürwortet und seine Partei zur Unterstützung auch der IBD als Vorfeldorganisation der ... aufgerufen hat, hat er die IBD unzweifelhaft in ihren Bestrebungen (im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 BVerfschG) nachdrücklich unterstützt. Diese an seine Partei gerichtete Aufforderung ging über eine bloße Sympathiebekundung hinaus und war für die IBD auch von Bedeutung. Dies zeigt sich etwa daran, dass die IBD in ihrem Facebook-Profil auf den schriftlichen Beitrag des Antragstellers auf ... verlinkt, sich ausdrücklich für das Lob bedankt und eigens ein Symbolbild der Identitären Bewegung mit dem Foto des Antragstellers und der Aussage „Die Schutzschildstrategie“ (vgl. auch Blatt 6 der Behördenakte) eingestellt hat.

Dass der Antragsteller seine Äußerungen zur IBD zum Teil explizit damit einleitete, „kein Experte für die IB“ zu sein und angibt, sich nicht mit der IBD zu identifizieren und diese nicht „in Bausch und Bogen“ und vorbehaltlos mit einem Gütesiegel versehen haben zu wollen, ist für das Vorliegen einer Unterstützungshandlung ohne Belang, da die Frage, ob sich eine Person für einen Personenzusammenschluss betätigt, allein nach objektiven Kriterien zu beurteilen ist, ohne dass es auf subjektive Merkmale ankäme. Es ist also irrelevant, ob der Antragsteller seine Unterstützungshandlungen in der Annahme vorgenommen hat, dass die IBD keine verfassungsfeindlichen Zielsetzungen verfolge bzw. dass er sich vorsorglich von unter Umständen problematischen Positionen der IBD distanzieren wollte.

c) Schließlich steht auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einer Beobachtung des Antragstellers mit Mitteln der offenen Informationsbeschaffung nicht entgegen. Die Beobachtung des Antragstellers durch das Landesamt aus allgemein zugänglichen Quellen ist geeignet, den auf tatsächliche Anhaltspunkte gestützten Verdacht der Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen weiter abzuklären. Die Beobachtung im Wege der Auswertung offener Quellen ist auch erforderlich, da sie im Sinne von Art. 6 Abs. 1 BayVSG das mildeste Mittel im Rahmen der Beobachtung darstellt. Die offene Beobachtung des Antragstellers in dem bislang praktizierten Umfang steht auch nicht erkennbar außer Verhältnis zum beabsichtigten Erfolg (Art. 6 Abs. 2 BayVSG).

Auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) wirkt sich die Informationsbeschaffung aus offenen Quellen nur relativ geringfügig aus, da diese keine Informationen enthalten, die dem persönlichen Lebensbereich des Betroffenen zuzuordnen wären, sondern ausschließlich dessen Wirken in der Öffentlichkeit betreffen und häufig von diesem selbst oder mit dessen Einverständnis der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Im Verhältnis zum Schutzzweck der Beobachtung erscheint der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung daher nicht unangemessen oder unzumutbar (vgl. BVerwG, U.v. 21.7.2010 – 6 C-22/09 – juris Rn. 102 ff.). Gleiches gilt hinsichtlich etwaiger faktischer Auswirkungen der offenen Beobachtung auf die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) des Antragstellers. Hinsichtlich des Rechts auf Gleichbehandlung von Parteien (Art. 21 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG) ist schließlich festzustellen, dass durch die Beobachtung als solche weder die Werbung für Parteiziele unmittelbar berührt oder gar untersagt wird, noch sind – anders als im Fall der Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Beobachtung – Auswirkungen auf das Wählerverhalten zu befürchten.

Im Ergebnis ist damit festzustellen, dass die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Unterlassungsanspruchs hinsichtlich der Beobachtung aus offenen Quellen nicht glaubhaft gemacht sind und der Hauptantrag abzulehnen war.

3. Der Hilfsantrag hat dagegen Erfolg. Der Antragsteller hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass ihm insoweit ein Unterlassungsanspruch zustehen dürfte.

3.1 Ein Rechtsschutzbedürfnis ist nicht wegen einer fehlenden Wiederholungsgefahr zu verneinen. Das schutzwürdige Interesse an der Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes bezüglich der in der Hauptsache zu erhebenden Unterlassungsklage würde nur dann entfallen, wenn eine Wiederholung der streitgegenständlichen Äußerung eindeutig und von vorneherein ausgeschlossen werden könnte. Der Antragsgegner ist der im Antragsschriftsatz implizierten Annahme des Antragstellers, dass eine erneute Bekanntmachung der Beobachtung in Betracht komme, jedoch nicht ausdrücklich entgegen getreten. Es ist daher davon auszugehen, dass er sich vorbehält, die Beobachtung des Antragstellers erneut bekannt zu machen (vgl. BVerwG, U.v. 15.12.2005 – 7 C 20.04 – juris Rn. 34 und U.v. 25.1.2012 – 6 C 9.11 – juris Rn. 21).

3.2 Mit der somit anzunehmenden Wiederholungsgefahr ist gleichzeitig das Vorliegen eines Anordnungsgrundes dargetan.

3.3 Der Antragsteller kann sich weiter auf einen Anordnungsanspruch berufen. Maßgeblich ist auch insoweit darauf abzustellen, ob dem Antragsteller ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch zusteht – zu dessen Herleitung unter Anknüpfung an grundrechtlich geschützte Rechtspositionen siehe oben 2. und 2.1 –, was anders als im Falle des mit dem Hauptantrag verfolgten Begehrens hinsichtlich des Hilfsantrags zu bejahen ist.

Die Berichterstattung durch das Landesamt darüber, dass bezüglich einer namentlich genannten Person tatsächliche Anhaltspunkte für die Verfolgung verfassungsfeindlicher Bestrebungen vorliegen, greift wesentlich stärker in dessen grundrechtlich geschützte Rechtspositionen ein als eine bloße Beobachtung aus offenen Quellen (vgl. BVerfG, B.v. 24.5.2005 – 1 BvR 1072/01 – juris Rn. 52 ff. – mittelbare belastende negative Sanktion mit Eingriffscharakter). Zur Überzeugung der Kammer stellt sich vorliegend eine solche Berichterstattung nach den Umständen des Falles als nicht gerechtfertigt dar und kann nicht auf Art. 26 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 BayVSG gestützt werden.

Nach Art. 26 Abs. 1 Nr. 1 BayVSG informiert das Landesamt die Öffentlichkeit über Bestrebungen und Tätigkeiten nach Art. 3, soweit hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte hierfür vorliegen, um diese (die Öffentlichkeit) bereits im Vorfeld einer Gefährdung in die Lage zu versetzen, Art und Ausmaß möglicher Gefahren zu erkennen und diesen in angemessener Weise entgegenzuwirken. Dabei dürfen auch personenbezogene Daten bekanntgegeben werden, wenn die Bekanntgabe für das Verständnis des Zusammenhangs oder der Darstellung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach Art. 3 erforderlich ist und die Interessen der Allgemeinheit das schutzwürdige Interesse des Betroffenen überwiegen (Art. 26 Abs. 3 BayVSG). Dieses Abwägungsgebot ergänzt und konkretisiert für Zwecke der Berichterstattung die Anwendung des in Art. 6 BayVSG kodifizierten Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.

Auf der Grundlage dieser Vorgaben verbietet sich eine Berichterstattung über den Antragsteller unter dessen namentlicher Nennung. Denn eine (erneute) Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Beobachtung des Antragstellers unter Bezugnahme auf seine Person ist auf der bisherigen Tatsachengrundlage jedenfalls unverhältnismäßig. Eine solche Berichterstattung ist schon nicht erforderlich und würde sich auch nicht als verhältnismäßig im engeren Sinne darstellen, da die schutzwürdigen Interessen des Antragstellers ein etwaiges Interesse an einer konkretisierenden Berichterstattung deutlich überwiegen.

Innerhalb des Maßstabs der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Grundrechte ist es das Prinzip der Erforderlichkeit, welches dazu verpflichtet, permanent nach Mitteln zu suchen, welche die legitimen Zwecke des Eingriffs zwar ebenfalls erreichen, aber eine geringere Eingriffstiefe haben. Diese Pflicht richtet sich, einfach ausgedrückt, auf die Suche nach milderen, den Betroffenen weniger belastenden Mitteln.

Der Zweck, an dem sich die Erforderlichkeitsprüfung orientiert, ist der in Art. 26 Abs. 1 BayVSG verankerte Auftrag, der Öffentlichkeit Informationen über Bestrebungen und Tätigkeiten nach Art. 3 BayVSG zugänglich zu machen, um diese in die Lage zu versetzen, Art und Ausmaß möglicher Gefahren zu erkennen und diesen in angemessener Weise entgegenzuwirken, im fallbezogenen Kontext also die Information der Öffentlichkeit über mögliche verfassungsfeindliche Bestrebungen der IBD und etwaige Verbindungen der IBD zu Parteien und deren Funktionsträgern, konkret der...

Seiner Warnfunktion bezüglich der möglicherweise verfassungsfeindlichen Bestrebungen der IBD kann das Landesamt aber auch ohne Bezugnahme auf den Antragsteller und – da sich der Verdacht von Bestrebungen von Einzelpersonen kaum anonymisiert darstellen lässt – ohne Bezugnahme auf seine konkreten Äußerungen genügen. Festzustellen ist weiter, dass der Antragsteller die Gruppierung nach den vorliegenden Erkenntnissen auch nicht in einer Weise unterstützt, dass die Funktionsfähigkeit der IBD in nicht unerheblichem Maße von dieser Unterstützung abhängig wäre und deshalb – wie es Art. 26 Abs. 3 BayVSG für die Bekanntgabe personenbezogener Daten fordert – das Wissen um die Beziehung zwischen Organisation und potentiellem Unterstützer zur Einschätzung der IBD für die interessierte Öffentlichkeit erforderlich ist. Soweit etwaige Verbindungen der vom Antragsteller repräsentierten ... zur IBD dargestellt werden sollen, erscheint eine Information der Öffentlichkeit schon mit Blick auf die diesbezüglich bereits von Seiten der Presse erfolgte umfängliche Berichterstattung nicht notwendig, jedenfalls aber kann diesem Zweck in Ergänzung der Presseberichterstattung auch ohne Nennung personenbezogener Daten des Antragstellers in gleicher Weise genügt werden. Die Berichterstattung über den Antragsteller befördert folglich auch den Zweck der Beobachtung nicht, weshalb sie sich in Summe eindeutig als nicht erforderlich darstellt.

Die Berichterstattung über die verfassungsschutzrechtliche Beobachtung des Antragstellers aufgrund seiner Äußerungen über die IBD wäre im Übrigen auch nicht verhältnismäßig im engeren Sinne. Eine Gesamtabwägung ergibt, dass die Nachteile, die dem Antragsteller – und aufgrund der faktischen Ausstrahlungswirkung auch der von ihm geführten Partei – durch die Unterrichtung der Öffentlichkeit entstehen, die Vorteile, die die Information der Öffentlichkeit für die wirksame Aufklärung bzw. Abwehr von Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung bietet, unverhältnismäßig überwiegen.

Die Beobachtung des Antragstellers gründet sich darauf, dass er die IBD, hinsichtlich derer der Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen besteht, bei objektiver Betrachtung durch seine Äußerungen unterstützt hat. Für die Verfassungsfeindlichkeit der IBD bestehen bislang aber lediglich tatsächliche Anhaltspunkte; erwiesen ist diese nicht. Der gegenüber dem Antragsteller bestehende Verdacht leitet sich mithin seinerseits von einem auf tatsächliche Anhaltspunkte gegründeten Verdacht ab, was für die Beobachtung des Antragstellers genügt. Die Schwere des Eingriffs im Vergleich zu den Beeinträchtigungen durch eine Beobachtung ist aber ungleich größer im Fall der Berichterstattung unter Namensnennung. Wer vom Verfassungsschutz als für den Rechtsstaat gefährlich eingestuft wird – in diesem Sinne wird die Öffentlichkeit auch Ausführungen zu Verdachtsfällen verstehen –, ist in der Teilhabe am politischen Meinungsbildungsprozess und am öffentlichen Leben erheblich behindert. Bei einer Verdachtsberichterstattung ist daher Sorgfalt und Zurückhaltung angebracht, eröffnet sie doch weiträumige Möglichkeiten für Irrtum und Missbrauch und bewirkt regelmäßig eine „Stigmatisierung“ in der Öffentlichkeit, die schwerlich rückgängig gemacht werden kann und die durch ein Aufrechterhalten und Wiederholen noch intensiviert wird. Dies gilt im Falle des Antragstellers umso mehr, als die wiederholte Bekanntgabe seiner Beobachtung seine Handlungsoptionen im politischen Meinungsstreit erheblich beeinträchtigen dürfte und damit zumindest faktisch auch die von ihm repräsentierte Partei und insoweit – insbesondere mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl – auch die Chancengleichheit von Parteien (Art. 21 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG) und das in Art. 20 Abs. 2 GG zum Ausdruck kommende Gebot der Neutralität des Staates im Wahlkampf und die Integrität der Willensbildung des Volkes durch Wahlen und Abstimmungen tangiert werden.

Diesen gewichtigen Nachteilen für den Antragsteller (und seine Partei) durch die Bekanntgabe der personenbezogenen Daten stehen keine überwiegenden Interessen der Allgemeinheit gegenüber, die eine Bekanntgabe der Daten nahelegen würden. Der Verfassungsschutz kann seiner Aufklärungsaufgabe auch ohne konkrete Bezugnahme auf den Antragsteller und seine Äußerungen genügen. Der Bekanntgabe der Tatsache der Beobachtung des Antragstellers unter Namensnennung kommt kein solcher Mehrwert hinsichtlich einer Abwehr der von der IBD für die freiheitliche demokratische Grundordnung möglicherweise ausgehenden Gefahren zu, dass es gerechtfertigt erschiene, über den Antragsteller (und damit faktisch auch die von ihm nach außen repräsentierte Partei) auf der Grundlage eines von einem Verdacht abgeleiteten Verdachts in einer – allein durch die Bekanntgabe der Beobachtung – sein Ansehen erheblich beeinträchtigenden Weise zu berichten.

Dem Hilfsantrag war daher stattzugeben.

Zu dem Hinweis des Antragsgegners darauf, dass die Berichterstattung seinerzeit in Reaktion auf eine Pressenanfrage erfolgt sei – wobei der Antragsteller argwöhnt, dass es sich um eine abgestimmte Inszenierung gehandelt habe – ist abschließend darauf hinzuweisen, dass der presserechtliche Auskunftsanspruch (Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayPrG) seine Grenze an Grundrechtspositionen Dritter, die seitens der Behörde zu beachten sind, findet, insbesondere an dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung als besonderer Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (vgl. BayVGH, B.v. 15.5.2012 – 7 CE 12.370 – juris, Rn. 13 zur Auslegung des Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG). Die Auskunft hätte danach nicht erteilt werden dürfen, da die Grenzen für die Offenbarung personenbezogener Daten Dritter, die durch die verfassungsschutzrechtlichen Regelungen vorgegeben sind und die auch dem Grundrechtsschutz dienen, in entsprechender Weise den presserechtlichen Auskunftsanspruch begrenzen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO.

5. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2, 45 Abs. 1 Satz 2 GKG i.V.m. Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, wobei für den Haupt- und Hilfsantrag jeweils von einem Streitwert in der Hauptsache i.H.v. 5.000,- Euro ausgegangen wurde.

(1) Aufgabe der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder ist die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sach- und personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen, über

1.
Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben,
2.
sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich dieses Gesetzes für eine fremde Macht,
3.
Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
4.
Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes), insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes) gerichtet sind.

(2) Die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder wirken mit

1.
bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können,
2.
bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen,
3.
bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte,
4.
bei der Überprüfung von Personen in sonstigen gesetzlich bestimmten Fällen,
5.
bei der Geheimschutzbetreuung von nichtöffentlichen Stellen durch den Bund oder durch ein Land.
Die Befugnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz bei der Mitwirkung nach Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 sind im Sicherheitsüberprüfungsgesetz vom 20. April 1994 (BGBl. I S. 867) geregelt. Bei der Mitwirkung nach Satz 1 Nummer 5 ist das Bundesamt für Verfassungsschutz zur sicherheitsmäßigen Bewertung der Angaben der nichtöffentlichen Stelle unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder befugt. Sofern es im Einzelfall erforderlich erscheint, können bei der Mitwirkung nach Satz 1 Nummer 5 zusätzlich die Nachrichtendienste des Bundes sowie ausländische öffentliche Stellen um Übermittlung und Bewertung vorhandener Erkenntnisse und um Bewertung übermittelter Erkenntnisse ersucht werden.

(3) Die Verfassungsschutzbehörden sind an die allgemeinen Rechtsvorschriften gebunden (Artikel 20 des Grundgesetzes).

Tatbestand

1

Der Kläger, Mitglied der Partei DIE LINKE, wendet sich gegen die Sammlung personenbezogener Informationen über ihn durch das Bundesamt für Verfassungsschutz.

2

Die Partei DIE LINKE entstand im Juni 2007 aus der Verschmelzung der Partei Die Linkspartei.PDS (Die Linke.PDS) mit der Partei Arbeit & soziale Gerechtigkeit - Die Wahlalternative (WASG). Die Partei Die Linkspartei.PDS (Die Linke.PDS) ist ihrerseits aus der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) hervorgegangen. Diese benannte sich im Dezember 1989 in Sozialistische Einheitspartei Deutschlands - Partei des Demokratischen Sozialismus (SED-PDS) und im Februar 1990 in Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) um. Ab Juli 2005 führte sie die Bezeichnung Die Linkspartei.PDS (Die Linke.PDS).

3

Der 1956 geborene Kläger war von 1981 bis 1990 Gewerkschaftssekretär in Mittelhessen. 1990 ging er nach Thüringen und war dort bis 1999 Landesvorsitzender der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen. Im April 1999 trat er der PDS bei. Von Oktober 1999 bis Oktober 2005 war er Abgeordneter im Thüringer Landtag, zunächst als stellvertretender Vorsitzender und ab 2001 als Vorsitzender der Landtagsfraktion. Zudem war er deren gewerkschafts- und wirtschaftspolitischer Sprecher. Im Oktober 2005 wurde der Kläger in den Bundestag und dort zum stellvertretenden Vorsitzenden der Fraktion gewählt. Im August 2009 wurde er erneut in den Thüringer Landtag gewählt und ist dort Vorsitzender der Fraktion der Partei DIE LINKE.

4

Das Bundesamt für Verfassungsschutz führt über den Kläger eine Personenakte, in der Unterlagen über seine politischen Aktivitäten zusammengestellt sind. Die Informationen reichen bis in die 1980er Jahre zurück. Sie wurden zunächst bei der Beobachtung der DKP und ihres Umfelds gewonnen, seit 1999 bei der Beobachtung der PDS bzw. der Linkspartei.PDS sowie gegenwärtig der Partei DIE LINKE. Das Bundesamt erhebt Informationen über die Tätigkeit des Klägers in der und für die Partei sowie über seine Abgeordnetentätigkeit, jedoch ohne sein Abstimmungsverhalten und seine Äußerungen im Parlament sowie in den Ausschüssen. Anfang 2003 erfuhr der Kläger, dass das Bundesamt über ihn Informationen sammelt.

5

Der Kläger hat daraufhin beim Verwaltungsgericht Klage mit dem Antrag erhoben, festzustellen, dass die Sammlung personenbezogener Informationen über ihn durch das Bundesamt für Verfassungsschutz rechtswidrig ist, soweit es sich um Informationen handelt, die (1.) bis zur Aufnahme des Landtagsmandats im Oktober 1999, (2.) während der Zeit des Landtagsmandats und (3.) während der Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter erhoben worden sind. Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren abgetrennt, soweit es die Sammlung von Informationen über den Kläger bis zur Aufnahme des Landtagsmandats im Oktober 1999 betroffen hat. Im Übrigen, soweit die Klage die Zeit als Abgeordneter des Thüringer Landtags und des Bundestags betrifft, hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Sammlung personenbezogener Informationen über den Kläger durch das Bundesamt für Verfassungsschutz rechtswidrig ist.

6

Mit ihrer Berufung hat die Beklagte die Abweisung der Klage beantragt. Der Kläger hat im Berufungsverfahren seinen erstinstanzlichen Antrag dahin klargestellt, festzustellen, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz rechtswidrig Informationen über ihn in der Zeit seines Landtagsmandats sowie seit der Übernahme seines Bundestagsmandats bis zur mündlichen Verhandlung erhoben hat, und die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, über ihn künftig personenbezogene Daten zu erheben.

7

Das Oberverwaltungsgericht hat durch Vernehmung eines Zeugen Beweis darüber erhoben, ob seit Oktober 1999 im Bundesamt für Verfassungsschutz die Anordnung getroffen wurde, personenbezogene Daten über den Kläger mit Mitteln der heimlichen Informationsbeschaffung zu erheben. Es hat sodann durch das angefochtene Urteil festgestellt, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz rechtswidrig Informationen über den Kläger in der Zeit seines Landtagsmandats (von Oktober 1999 bis Oktober 2005) sowie in der Zeit von der Übernahme seines Bundestagsmandats im Oktober 2005 bis zum 13. Februar 2009 aus allgemein zugänglichen Quellen erhoben hat. Das Oberverwaltungsgericht hat die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, über den Kläger künftig personenbezogene Daten aus allgemein zugänglichen Quellen zu erheben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen, nämlich insoweit, als der Kläger mit seinem Antrag auch begehrt hat, festzustellen, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz Informationen über ihn rechtswidrig mit den Mitteln der heimlichen Informationsbeschaffung erhoben hat, und die Beklagte zu verurteilen, zukünftig den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel der heimlichen Informationsbeschaffung zu unterlassen. Insoweit hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe das Bundesamt Informationen über den Kläger seit Oktober 1999 nicht heimlich, sondern allein aus allgemein zugänglichen Quellen beschafft.

8

Soweit das Oberverwaltungsgericht der Klage stattgegeben hat, hat es im Kern zur Begründung ausgeführt: Die Gesamtschau aller vorhandenen tatsächlichen Anhaltspunkte deute darauf hin, dass die Parteien PDS, Linkspartei.PDS und heute DIE LINKE Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verfolgten, die darauf gerichtet seien, die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte, das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung sowie das Recht des Volkes, die Volksvertretung in allgemeiner und gleicher Wahl zu wählen, zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. Eine weitere Aufklärung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz erscheine deshalb erforderlich. Die Voraussetzungen für eine Beschaffung von Informationen über den Kläger aus allgemein zugänglichen Quellen (offene Beobachtung) seien allein schon wegen seiner politischen Betätigung in der Partei DIE LINKE (früher: PDS/Linkspartei.PDS) gegeben, auch wenn keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Kläger selbst durch seine Parteiarbeit politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verfolge. Die offene Beobachtung von Abgeordneten durch das Bundesamt für Verfassungsschutz bedürfe auch keiner besonderen Ermächtigungsgrundlage. Im Einzelfall des Klägers stehe aber das freie Mandat seiner offenen Beobachtung entgegen. Die offene Beobachtung greife jedenfalls deshalb in das freie Mandat ein, weil sie zumindest mit faktischen Nachteilen für die politische Tätigkeit eines Abgeordneten verbunden sein könne. Mit der Beobachtung durch den Verfassungsschutz sei eine "Stigmatisierung" verbunden, die den Zugang zu dem Teil der Bevölkerung erschweren könne, der sich als verfassungstreu betrachte. Wenn die offene Beobachtung des Klägers durch Verfassungsschutzbehörden allgemein bekannt werde, könne es für ihn schwieriger werden, Anhänger und Wähler für sich und seine Partei zu gewinnen sowie mit der Bevölkerung in Kontakt zu kommen. Demgegenüber sei eine unmittelbar drohende Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung nicht gegeben. Die Partei DIE LINKE habe in ihrer parlamentarischen Arbeit und bei Regierungsbeteiligungen bislang keine Aktivitäten unternommen, die Ansätze für eine Überwindung der herrschenden Staats- und Gesellschaftsordnung erkennen ließen. Den Gruppierungen innerhalb der Partei, bei denen Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung bestünden, komme innerhalb der Partei zwar nennenswerter, bislang aber kein bestimmender Einfluss zu. Dass das Bundesamt für Verfassungsschutz ohne eine Beobachtung des Klägers bei der gebotenen Gewinnung von Informationen über die Partei DIE LINKE in nicht hinzunehmender Weise an der Erfüllung seiner Aufgaben gehindert oder dabei zumindest beeinträchtigt würde, habe weder die Beklagte substantiiert vorgetragen noch sei dies sonst ersichtlich. Das Bundesamt könne die relevanten Informationen in erster Linie durch die Beobachtung der Partei als solcher, einzelner in ihr bestehender Gruppierungen sowie anderer führender Parteimitglieder gewinnen. Diese geringe Bedeutung einer Beobachtung des Klägers könne einen Eingriff in das freie Mandat nicht rechtfertigen. Insoweit sei maßgeblich, dass der Kläger zwar Spitzenfunktionär der Partei sei, jedoch keiner Gruppierung innerhalb der Partei angehöre, bei der der Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen bestehe, wenn er auch die Kräfte innerhalb der Partei nicht aktiv bekämpfe, die solcher Bestrebungen verdächtig seien.

9

Soweit das Oberverwaltungsgericht die Klage abgewiesen hat, hat der Senat die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen.

10

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag weiter, die Klage in vollem Umfang abzuweisen: Die Erhebung von Informationen über den Kläger sei auch mit Rücksicht auf dessen Status als Abgeordneter rechtmäßig, insbesondere verhältnismäßig. Die gegenteilige Wertung des Oberverwaltungsgerichts sei nicht nachvollziehbar, beruhe auf einer Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes und stehe namentlich im Widerspruch zu den Feststellungen, die das Oberverwaltungsgericht an anderer Stelle zu Recht über die verfassungsfeindlichen Bestrebungen der Partei DIE LINKE, der Stellung des Klägers als eines Spitzenfunktionärs dieser Partei und die deshalb begründete Erforderlichkeit gerade seiner Beobachtung getroffen habe. Das Oberverwaltungsgericht leite die faktischen Nachteile für die politische Betätigung des Klägers daraus her, dass dessen Beobachtung durch den Verfassungsschutz allgemein bekannt werde. Der Kläger habe aber seine Beobachtung durch den Verfassungsschutz selbst publik gemacht. Er könne nicht unter Hinweis auf die dadurch angeblich ausgelöste Erschwernis seiner Arbeit die Rechtswidrigkeit seiner Beobachtung geltend machen.

11

Der Kläger hält das Berufungsurteil zwar im Ergebnis, nicht aber in den Gründen für zutreffend: Das Oberverwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass die Partei DIE LINKE vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet werden dürfe. Die Partei verfolge keine Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet seien. Bei seiner gegenteiligen Einschätzung sei das Oberverwaltungsgericht von unzutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen. Seine tatsächliche Würdigung beruhe auf einer Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes und der Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der beklagten Bundesrepublik Deutschland ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) und stellt sich nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Bei zutreffender Anwendung des § 8 des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG) hätte das Oberverwaltungsgericht die Klage in vollem Umfang abweisen müssen. Die Erhebung von Informationen über den Kläger durch das Bundesamt für Verfassungsschutz war in der hier in Rede stehenden Zeit rechtmäßig, verstieß insbesondere nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (§ 8 Abs. 5 BVerfSchG). Deshalb kann der Kläger auch nicht beanspruchen, dass das Bundesamt eine Erhebung von Informationen über ihn künftig unterlässt. Diese Beurteilung kann der Senat auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts selbst abschließend treffen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Die Revisionsgründe, die der Kläger im Wege der Gegenrüge gegen diese Feststellungen vorgebracht hat, sind entweder unzulässig oder unbegründet (§ 137 Abs. 2 VwGO), so dass die Feststellungen für den Senat bindend sind.

13

Das Bundesamt für Verfassungsschutz erhob und erhebt Informationen über den Kläger mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung (1. a)); auch der Einsatz solcher Mittel zur Informationsbeschaffung stellt einen Eingriff in die Rechte des Betroffenen dar, der deshalb einer Ermächtigungsgrundlage bedarf (1. b)). Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung von Informationen mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung ist § 8 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG (2.). Diese Vorschrift deckt die Erhebung von Informationen über den Kläger, weil die Partei DIE LINKE verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt (3.) und die deshalb erforderliche Erhebung von Informationen durch den Verfassungsschutz auf den Kläger als eines ihrer herausgehobenen Mitglieder erstreckt werden darf (4.).

14

1. a) Nach den Feststellungen im Berufungsurteil hat das Bundesamt für Verfassungsschutz Informationen über den Kläger in der Zeit von Oktober 1999 bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung erhoben.

15

Bei dieser Art der Informationsbeschaffung werden Informationen aus offenen Quellen gesammelt und ausgewertet. Offene Quellen sind Informationsträger, die für jedermann, wenn auch nur unter gewissen Umständen, zugänglich sind. Dazu zählen Zeitungen und Zeitschriften, Rundfunk- und Fernsehsendungen sowie Internetangebote. Weiter rechnen dazu die sonstigen offen zugänglichen Verlautbarungen der beobachteten Organisationen (Presseerklärungen, Flugblätter, Programme, Aufrufe), der Besuch öffentlicher Veranstaltungen sowie Erkundigungen aus öffentlich zugänglichen Karteien und Registern.

16

Das Bundesamt für Verfassungsschutz führt über den Kläger eine Personenakte, in der aus solchen allgemein zugänglichen Quellen Unterlagen über seine politischen Aktivitäten zusammengestellt sind. Die Erhebung von Informationen über den Kläger umfasste dessen gesamte Tätigkeit im linken politischen Spektrum, seine Aktivitäten in der und für die Partei DIE LINKE sowie zuvor in und für die Parteien PDS und Linkspartei.PDS, Teile seiner Abgeordnetentätigkeit im Bundestag und im Thüringer Landtag sowie seine sonstigen politischen Betätigungen. Bei der Erhebung von Informationen über die Abgeordnetentätigkeit des Klägers sind allein sein Abstimmungsverhalten und seine Äußerungen im Parlament sowie in dessen Ausschüssen außer Betracht geblieben. Die Informationen über seine Arbeit als Abgeordneter betreffen nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts andere Aspekte dieser Tätigkeit: Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat allein dokumentiert, wenn dem Kläger in den Fraktionen, denen er angehörte, besondere Funktionen (beispielsweise als Vorsitzender, stellvertretender Vorsitzender oder Sprecher für bestimmte Politikbereiche) übertragen wurden (Berufungsurteil Seite 42).

17

b) Bei der Erhebung von Informationen mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung handelt es sich um einen Eingriff, wenn die gewonnenen Informationen einzelnen Personen oder Personenmehrheiten zugeordnet werden. Unter "Erhebung" ist die aktive Informationsbeschaffung zu verstehen, nicht die zufällige Erlangung von Informationen beispielsweise durch unverlangte Mitteilungen. Erhebung ist nur die intendierte, auf den Betroffenen gezielte Informationsbeschaffung (Borgs, in: Borgs/Ebert, Das Recht der Geheimdienste, BVerfSchG § 3 Rn. 13). Wer am öffentlichen Leben in Wort, Schrift oder Aktion teilnimmt, willigt damit nicht notwendig in die gezielte, auf Vollständigkeit angelegte Erhebung oder gar Speicherung aller seiner öffentlichen Äußerungen ein. Die zielgerichtete Sammlung öffentlicher Verhaltensweisen oder Äußerungen einer bestimmten Person ist daher als "Erhebung" im datenschutzrechtlichen Sinne anzusehen (Borgs a.a.O. Rn. 13), die an gesetzliche Voraussetzungen gebunden ist. Dem steht nicht entgegen, dass es dem Staat nicht verwehrt ist, von jedermann zugänglichen Informationsquellen unter denselben Bedingungen wie jeder Dritte Gebrauch zu machen. Ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist jedoch anzunehmen, wenn - wie hier - die aus öffentlich zugänglichen Quellen stammenden Daten durch ihre systematische Erhebung, Sammlung und Erfassung einen zusätzlichen Aussagewert erhalten (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05 und 1 BvR 1254/07 - BVerfGE 120, 378 <398 f.>).

18

2. Ermächtigungsgrundlage (Befugnisnorm) für die Erhebung von Informationen mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung ist § 8 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG. Nach dieser Vorschrift darf das Bundesamt für Verfassungsschutz die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten erheben, verarbeiten und nutzen. Aufgabe des Bundesamts ist nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG unter anderem die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sach- und personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen, über Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. In diesem Sinne sind Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung solche politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, einen der in § 4 Abs. 2 BVerfSchG genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG). Zu diesen Verfassungsgrundsätzen gehören das Recht des Volkes, die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung sowie die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte (§ 4 Abs. 2 Buchst. a, c, d und g BVerfSchG).

19

3. Der Kläger war bzw. ist in den Parteien PDS, Linkspartei.PDS und DIE LINKE tätig. Bei diesen Parteien handelte und handelt es sich um Personenzusammenschlüsse im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG (a)), weil nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts bei ihnen im streitigen Zeitraum tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vorlagen (b)).

20

a) Unter die Personenzusammenschlüsse im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG fallen auch Parteien. Der Anwendung der Vorschrift auf sie stehen weder das Parteienprivileg aus Art. 21 Abs. 2 GG (aa)) noch das Selbstbestimmungsrecht der Parteien aus Art. 21 Abs. 1 GG (bb)) entgegen.

21

aa) Nach Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG entscheidet zwar ausschließlich das Bundesverfassungsgericht über die Frage der Verfassungswidrigkeit politischer Parteien. Vor Ergehen einer solchen Entscheidung ist ein administratives Einschreiten gegen den Bestand einer politischen Partei ausgeschlossen. Gegen die Partei, ihre Funktionäre, Mitglieder und Anhänger dürfen wegen ihrer mit allgemein erlaubten Mitteln arbeitenden parteioffiziellen Tätigkeiten keine rechtlichen Sanktionen angedroht oder verhängt werden. Die Beobachtung durch ein Amt für Verfassungsschutz ist aber keine solche Maßnahme, sondern dient der Aufklärung des Verdachts, dass die Partei verfassungsfeindliche Ziele verfolgt. Die Zulässigkeit einer solchen Aufklärung wird von der Verfassung vorausgesetzt. Auch ohne die Feststellung ihrer Verfassungswidrigkeit darf die Überzeugung gewonnen und vertreten werden, eine Partei verfolge verfassungsfeindliche Ziele (Urteil vom 7. Dezember 1999 - BVerwG 1 C 30.97 - BVerwGE 110, 126 <130 f.>).

22

bb) Soweit § 8 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG das Bundesamt für Verfassungsschutz ermächtigt, bei Anhaltspunkten verfassungsfeindlicher Bestrebungen eine politische Partei zu beobachten, steht die Vorschrift mit Art. 21 Abs. 1 GG in Einklang.

23

Nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG wirken die Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes mit; ihre Gründung ist frei. Das Grundgesetz setzt die Staatsfreiheit der Parteien als frei gegründeter, im gesellschaftlich-politischen Bereich wurzelnder Gruppen voraus und gewährleistet ihre Unabhängigkeit vom Staat. Ihnen steht das Recht auf Selbstbestimmung zu. Zu dessen Kernbereich gehört das Recht der Parteien, selbst und ohne staatliche Einflussnahme oder Überwachung über ihre Ziele, Organisation und Tätigkeiten zu entscheiden. Sowohl die Freiheit der inneren Willensbildung als auch die freie Entfaltung der Tätigkeiten als Partei sind gewährleistet.

24

Das Selbstbestimmungsrecht der Parteien findet seine Schranke in der Entscheidung des Grundgesetzes für eine "streitbare Demokratie". Diese Grundentscheidung ist im Wesentlichen aus Art. 9 Abs. 2, Art. 18, Art. 20 Abs. 4, Art. 21 Abs. 2 und Art. 28 Abs. 3 GG herzuleiten. Sie wird in den Zuständigkeitsvorschriften der Art. 73 Nr. 10 Buchst. b und Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG bestätigt. Das Grundgesetz vertraut aufgrund geschichtlicher Erfahrung nicht allein darauf, die freiheitliche Demokratie werde sich im Prozess der öffentlichen Meinungsbildung ohne Weiteres behaupten. Es hat darüber hinaus dem Staat die Aufgabe übertragen, die zentralen Grundwerte der Verfassung durch (repressive) Schutzvorkehrungen zu sichern und zu gewährleisten. Die Beobachtung einer politischen Partei auf verfassungsfeindliche Bestrebungen hin zielt dabei nicht ausschließlich darauf ab, die Entscheidung über repressive staatliche Maßnahmen vorzubereiten. Sie bezweckt vielmehr auch, Informationen über die aktuelle Entwicklung verfassungsfeindlicher Kräfte, Gruppen und Parteien im Vorfeld einer Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Verfassungsordnung zu gewinnen und zu sammeln und damit die Regierung und die Öffentlichkeit in die Lage zu versetzen, Art und Ausmaß möglicher Gefahren zu erkennen und diesen in angemessener Weise, namentlich mit politischen Mitteln entgegenzuwirken. Um die Überschreitung der Linie feststellen zu können, von der an verfassungsfeindliche Betätigungen zu einer Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundordnung werden, der nicht mehr mit politischen Mitteln, sondern nurmehr mit juristischen Mitteln begegnet werden kann, muss dieses Vorfeld notwendig beobachtet werden (so unter Zusammenfassung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: Urteil vom 7. Dezember 1999 - BVerwG 1 C 30.97 - BVerwGE 110, 126 <131 ff.>).

25

Der Gesetzgeber hat die Aufgaben und Befugnisse des Bundesamts für Verfassungsschutz so bestimmt, dass Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht der Parteien auf das zur Selbstverteidigung der freiheitlichen Demokratie zwingend Gebotene beschränkt bleiben. Die widerstreitenden Prinzipien der Parteienfreiheit und der streitbaren Demokratie sind namentlich in § 8 Abs. 5 BVerfSchG und § 9 BVerfSchG mit Hilfe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit einem angemessenen Ausgleich zugeführt. Die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall genügt zur Wahrung der Rechte und schützenswerten Belange Betroffener. Dies gilt auch für politische Parteien (Urteil vom 7. Dezember 1999 - BVerwG 1 C 30.97 - BVerwGE 110, 126 <134 f.>).

26

Werden die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beobachtung von Parteien durch den Verfassungsschutz eingehalten und wird dabei insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt, greift diese Beobachtung nicht stärker in den offenen Wettbewerb der Parteien um die Möglichkeit politischer Gestaltung ein, als dies mit Rücksicht auf die Verteidigung der verfassungsrechtlichen Grundlagen der Demokratie erforderlich ist. Das Bundesverfassungsschutzgesetz lässt es nicht zu, den Verfassungsschutz darüber hinaus einseitig parteipolitisch, namentlich im Interesse der Regierungsparteien zu instrumentalisieren. Missbräuchlich, und deshalb von den eingeschränkten Ermächtigungsgrundlagen des Bundesverfassungsschutzgesetzes nicht gedeckt, wäre eine einseitige und gezielte, zudem verdeckte Weitergabe von gewonnenen Erkenntnissen an einzelne Parteien oder Politiker, namentlich zur Verwendung im Wahlkampf. Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsschutzes, Munition für den Wahlkampf bereitzustellen. Welche Folgerungen daraus für die Anforderungen zu stellen sind, unter denen in einem Verfassungsschutzbericht (§ 16 Abs. 2 Satz 1 BVerfSchG) politische Parteien oder einzelne Personen als extremistisch oder verfassungsfeindlich bewertet werden dürfen, bedarf hier keiner Entscheidung.

27

b) In dem hier streitigen Zeitraum von Oktober 1999 bis Februar 2009 lagen nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts tatsächliche Anhaltspunkte (aa)) für Bestrebungen in den Parteien PDS, Linkspartei.PDS und DIE LINKE vor, die im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet waren. Das dazu entwickelte Rechtsverständnis des Oberverwaltungsgerichts entspricht der Rechtslage (bb)). Das Oberverwaltungsgericht hat außerdem festgestellt, dass die verfassungsfeindlichen Bestrebungen in politisch ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG eingemündet sind (cc)). Die dazu jeweils getroffenen tatsächlichen Feststellungen binden mangels darauf gerichteter, zulässiger und begründeter Rügen das Revisionsgericht gemäß § 137 Abs. 2 VwGO.

28

aa) Nach § 4 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG reichen für das Tätigwerden des Bundesamts für Verfassungsschutz "tatsächliche Anhaltspunkte" für verfassungsfeindliche Bestrebungen, konkret für Gefährdungen der gesetzlich näher beschriebenen Verfassungsrechtsgüter aus. Die Regelung verlangt keine Gewissheit darüber, dass Bestrebungen vorliegen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind.

29

Allerdings hat das Oberverwaltungsgericht eingangs seiner Würdigung (auch) von tatsächlichen Anhaltspunkten "für den Verdacht" von Bestrebungen der Parteien PDS, Linkspartei.PDS und DIE LINKE gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gesprochen. Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht damit aber nicht die Schwelle für die Beobachtung der Parteien entgegen dem maßgeblichen Recht herabgesetzt, mit der weiteren Folge, dass seine tatsächliche Würdigung, weil von einem falschen rechtlichen Maßstab ausgehend, revisionsgerichtlich zu beanstanden wäre. Liegen Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vor, besteht ein Verdacht solcher Bestrebungen. Die Anhaltspunkte müssen mithin geeignet sein, einen Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen zu begründen. Die dann einsetzende Beobachtung dient der Klärung dieses Verdachts. Nichts anderes hat das Oberverwaltungsgericht gemeint, wenn es von Anhaltspunkten für einen Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen spricht.

30

Das Tatbestandsmerkmal "tatsächlicher Anhaltspunkt" verlangt allerdings mehr als bloße Vermutungen. Es müssen konkrete und in gewissem Umfang verdichtete Umstände als Tatsachenbasis für den Verdacht vorliegen (vgl. hierzu auch: Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 14. Juli 1999 - 1 BvR 2226/94 - BVerfGE 100, 313 <395>). Zur Annahme eines Verdachts kann ferner die Gesamtschau aller vorhandenen tatsächlichen Anhaltspunkte führen, wenn jeder für sich genommen einen solchen Verdacht noch nicht zu begründen vermag (Urteil vom 17. Oktober 1990 - BVerwG 1 C 12.88 - BVerwGE 87, 23 <28>).

31

Diese Anforderungen an die tatsächlichen Anhaltspunkte genügen den verfassungsrechtlichen Vorgaben auch unter Berücksichtigung der grundgesetzlich garantierten freien Betätigung der Parteien. Weitere Eingrenzungen für die zulässige Beobachtung einer Partei lassen sich nicht der Entscheidung entnehmen, die der Kläger in diesem Zusammenhang anführt (BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63). Sie befasst sich mit Blick auf die grundrechtlich garantierte Pressefreiheit mit der Aufnahme einer Wochenzeitung in den Verfassungsschutzbericht und dem dort enthaltenen Hinweis auf den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen. Das Bundesverfassungsgericht arbeitet zunächst im Anschluss an frühere Rechtsprechung heraus, wann das Informationshandeln der Regierung als Eingriff in ein Grundrecht zu werten ist und unter welchen Voraussetzungen ein solcher Eingriff gerechtfertigt sein kann. Es hebt dabei insbesondere (und insoweit auch mit Bedeutung für die bloße Beobachtung einer Partei) hervor, es seien keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen zu erheben, dass das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen für die Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht ausreicht. Das Bundesverfassungsgericht betont im Anschluss daran vor allem den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Die tatsächlichen Anhaltspunkte müssten hinreichend gewichtig sein. Rechtfertigten sie nur den Schluss, dass möglicherweise ein Verdacht begründet sei, reichten sie als Grundlage einer Grundrechtsbeeinträchtigung nicht aus. Stünden die Bestrebungen noch nicht fest, begründeten tatsächliche Anhaltspunkte aber einen entsprechenden Verdacht, müsse dessen Intensität hinreichen, um die Veröffentlichung in Verfassungsschutzberichten auch angesichts der nachteiligen Auswirkungen auf die Betroffenen zu rechtfertigen (BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63 <81>). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt auch die Möglichkeit, Parteien wegen verfassungsfeindlicher Bestrebungen zu beobachten. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich aber insoweit nicht ohne Weiteres übertragen. Das Gewicht des Eingriffs in die freie Betätigung der Parteien ist ein anderes, je nachdem ob sie (nur) beobachtet werden oder ob als Ergebnis einer solchen Beobachtung die Öffentlichkeit über Gefährdungen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unterrichtet werden soll, die von der Partei ausgehen. Die Beobachtung dient gerade der Aufklärung, ob Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gegeben sind, die, ohne schon zum Mittel des Verbotsantrags zu greifen, doch die politische Auseinandersetzung mit dieser Partei erforderlich machen und ob zu diesem Zweck auch das Mittel einer Warnung der Öffentlichkeit über den Verfassungsschutzbericht eingesetzt werden soll. Diese Abstufung der Reaktion auf mögliche Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, schließt es aus, jeweils das gleiche Gewicht für tatsächliche Anhaltspunkte für solche Bestrebungen zu verlangen.

32

bb) Nach den den Senat bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts gab bzw. gibt es in den Parteien PDS, Linkspartei.PDS und heute DIE LINKE tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, nämlich gegen das Recht des Volkes, die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, gegen das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, gegen die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung sowie gegen die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte.

33

Mit diesen zentralen Verfassungswerten nicht vereinbar sind eine sozialistische Revolution und die Diktatur des Proletariats im klassisch marxistisch-leninistischen Sinne einer sozialistisch- kommunistischen Gesellschaftsordnung. In einer solchen Gesellschaft sind - vor allem in der Phase der Diktatur des Proletariats - die Wahrung der im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte, das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung sowie allgemeine und gleiche Wahlen nicht gewährleistet. Nach marxistisch-leninistischer Lehre ist die Diktatur des Proletariats eine notwendige Vorstufe zur Erreichung des Sozialismus. In dieser Phase wandelt das Proletariat, das durch eine Revolution die Macht ergriffen hat, in fortgesetzten revolutionären Kämpfen die kapitalistische Gesellschaft in eine sozialistisch-kommunistische um. Hierzu bedarf es einer Unterdrückung des Widerstands der durch die Revolution entmachteten Klasse. Die Staatsgewalt ist bei der Staatspartei - der Kommunistischen Partei - konzentriert, die Trägerin des Klassenkampfes ist. Die so verstandene Diktatur des Proletariats ist mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes unvereinbar. Es wäre nicht denkbar, den Wesenskern des Grundgesetzes aufrechtzuerhalten, wenn eine Staatsordnung errichtet würde, die die kennzeichnenden Merkmale der Diktatur des Proletariats trüge. In einem derartigen Gemeinwesen sind die Menschenrechte nicht gewährleistet. Für die Angehörigen der unterdrückten Klasse ist das selbstverständlich. Da alles staatliche Handeln der Aufgabe der grundlegenden Neugestaltung der staatlichen Ordnung und der Erreichung des Sozialismus untergeordnet ist, stehen auch den Mitgliedern der herrschenden Klasse Grundrechte nur insoweit zu, als sie der Festigung der Diktatur des Proletariats zumindest nicht entgegenstehen. Angesichts der Allmacht der Kommunistischen Partei und ihrer alleinigen Einsicht in die politischen Notwendigkeiten scheiden eine Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber der Volksvertretung und erst recht Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition aus. Die Erörterung von Methoden und Einzelmaßnahmen ist ausgeschlossen, sobald sie einmal von der herrschenden Partei autoritativ verkündet worden sind. Angesichts dessen bestehen auch für eine Ablösbarkeit der Regierung sowie allgemeine und gleiche Wahlen kein Raum und kein Bedürfnis (BVerfG, Urteil vom 17. August 1956 - 1 BvB 2/51 - BVerfGE 5, 85 <147 ff.> KPD-Verbot).

34

Das Oberverwaltungsgericht hat die ihm vorliegenden Unterlagen dahin gewürdigt, aus ihnen ergäben sich tatsächliche Anhaltspunkte von hinreichendem Gewicht und in ausreichender Zahl dafür, dass durchaus namhafte Teile der Partei eine politische Umgestaltung der Bundesrepublik Deutschland verfolgten, nämlich durch eine sozialistische Revolution und die Diktatur des Proletariats im klassisch marxistisch-leninistischen Sinne eine sozialistisch-kommunistische Gesellschaftsordnung anstrebten.

35

Diese Würdigung kann revisionsgerichtlich nicht beanstandet werden. Das Bundesverwaltungsgericht ist deshalb an sie als Revisionsgericht gebunden und hat sie seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Indem § 137 Abs. 2 VwGO das Revisionsgericht an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz bindet, entzieht die Vorschrift insbesondere die Beweiswürdigung des Tatrichters einer umfassenden revisionsgerichtlichen Nachprüfung. Dem Tatsachengericht ist die Aufgabe übertragen, sich im Wege der freien Beweiswürdigung unter Abwägung verschiedener Möglichkeiten seine Überzeugung über den zu entscheidenden Sachverhalt zu bilden. Dieser Vorgang ist revisionsgerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbar (Beschluss vom 2. November 1995 - BVerwG 9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 20). Eine Grenze der freien Beweiswürdigung bildet nach der einen Seite hin das anzuwendende Recht und dessen Auslegung. Nach der anderen Seite hin ergibt sich die Grenze daraus, dass der Überzeugungsgrundsatz nicht für eine Würdigung in Anspruch genommen werden kann, die im Vorgang der Überzeugungsbildung an einem Fehler leidet, etwa weil das Gericht gesetzliche Beweisregeln, allgemeine Erfahrungssätze, unumstrittene Geschichtstatsachen oder gar die Denkgesetze missachtet oder Tatsachen berücksichtigt hat, die sich weder auf ein Beweisergebnis noch sonst auf den Akteninhalt stützen lassen (Urteil vom 25. Mai 1984 - BVerwG 8 C 108.82 - Buchholz 448.0 § 11 WPflG Nr. 35 S. 16; Urteil vom 14. Januar 1998 - BVerwG 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <123>). Das Gericht verstößt gegen das Gebot, seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen, wenn es von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, insbesondere Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen (Urteil vom 23. September 2004 - BVerwG 7 C 23.03 - BVerwGE 122, 85 <92>).

36

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist hingegen nicht schon dann in einer revisionsgerichtlich beachtlichen Weise verletzt, wenn auch eine inhaltlich andere Überzeugung möglich gewesen wäre. Der Überzeugungsgrundsatz setzt geradezu voraus, dass auch eine andere Überzeugung hätte gewonnen werden können. Er findet seine Grenze insoweit erst da, wo eine andere Überzeugungsbildung zwingend gewesen wäre, die Beweiswürdigung des Tatsachengerichts also die Denkgesetze verletzt. Daraus folgt zugleich, dass eine Überzeugung, die als solche fehlerfrei gewonnen wurde, grundsätzlich nicht schon durch die Darlegung von Tatsachen erschüttert werden kann, die lediglich belegen, dass auch eine inhaltlich andere Überzeugung möglich gewesen wäre (Urteil vom 25. Mai 1984 - BVerwG 8 C 108.82 - Buchholz 448.0 § 11 WPflG Nr. 35 S. 16).

37

Das Oberverwaltungsgericht hat die Grenzen, die seiner freien Beweiswürdigung gesetzt sind, weder in die eine noch in die andere Richtung überschritten.

38

Der Senat hat nicht feststellen können, dass das Oberverwaltungsgericht bei der Bewertung der Umstände, die für die Feststellung verfassungsfeindlicher Bestrebungen in der Partei DIE LINKE maßgeblich waren, die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale rechtlich fehlerhaft ausgelegt und angewandt hat, auf die hin der Sachverhalt zu würdigen war.

39

Das Oberverwaltungsgericht hat nicht verkannt, dass Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c und Abs. 2 BVerfSchG nicht allein deshalb vorliegen, weil eine auch grundlegende Umgestaltung der wirtschaftspolitischen Verhältnisse als politisches Ziel verfolgt wird. Entgegen auch in der mündlichen Verhandlung angeklungener Kritik hat das Oberverwaltungsgericht beispielsweise die Forderung nach einer Verstaatlichung von Banken nicht für sich als Ausweis verfassungsfeindlicher Bestrebungen gewertet. Das Oberverwaltungsgericht hat vielmehr ausdrücklich hervorgehoben (Seite 54 f. des Urteilsabdrucks), es widerspräche vernünftiger Betrachtung, Anhaltspunkte für Verfassungsfeindlichkeit schon deshalb zu bejahen, weil eine Partei das Ziel ihrer Arbeit am gesellschaftlichen Umbau mit "Sozialismus", "demokratischer Sozialismus", "sozialistische Gesellschaft" oder ähnlichen Formulierungen umschreibt. Der Begriff "Sozialismus" werde im politischen Sprachgebrauch nicht nur im klassischen marxistisch-leninistischen Sinne benutzt, sondern könne auch eine als sozial verstandene, grundlegende Umgestaltung der wirtschaftspolitischen Verhältnisse meinen, die den Rahmen des Grundgesetzes nicht überschreite. Auch die Begriffe "Revolution", "Kapitalismus", "Demokratie" und "Menschenrechte" würden nicht einheitlich verwandt. "Revolution" bedeute nicht notwendig einen gewaltsamen Umsturz der verfassungsmäßigen Ordnung des Grundgesetzes, sondern könne auch eine radikale, sich aber noch im Rahmen des Grundgesetzes haltende Umgestaltung der Gesellschaft sein. Der Begriff des "Kapitalismus" könne auf die Wirtschaftsordnung beschränkt sein, aber auch die ihn ermöglichende politische Ordnung erfassen.

40

Von diesem zutreffenden rechtlichen Verständnis der Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung ausgehend hat das Oberverwaltungsgericht programmatische Aussagen und Forderungen festgestellt, die weitergehend auf eine Umgestaltung der Staats- und Gesellschaftsordnung im klassisch marxistisch-leninistischen Sinne einer sozialistisch- kommunistischen Gesellschaftsordnung zielen.

41

Derartige Forderungen hat das Oberverwaltungsgericht zum einen bei der Kommunistischen Plattform ausgemacht (Seite 55 f. des Urteilsabdrucks). Es hat deren programmatische Äußerungen unter Hinweis auf die insoweit ausgewerteten Dokumente dahin ausgelegt, dass die Mitglieder dieses parteiinternen Zusammenschlusses sich der Sache nach ausdrücklich zu einer sozialistischen Revolution und der Diktatur des Proletariats bekennten: Ihre Forderungen nach einem "Sozialismus im Marx'schen Sinne", einem "wissenschaftlichen Sozialismus von Marx und Engels", einer Partei, die "im Geiste von Marx, Engels und Lenin gegen das Kapital, für den Sozialismus" wirke, und einer Gesellschaftsordnung, "in welcher die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen abgeschafft und der Mensch nicht länger ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist", ließen verständigerweise keine andere Interpretation zu. Die Aussage, die angestrebte Gesellschaft werde "natürlich in ihrer Anfangsphase alles andere als perfekt" sein, und der Hinweis auf die Notwendigkeit, "unlogische, nicht objektive, ungerechte, einfache Macht" einzusetzen, seien vor diesem ideologischen Hintergrund nur als kaum verhohlene Bekenntnisse zur Diktatur des Proletariats und zur Gewaltanwendung während dieser Vorphase des Sozialismus zu verstehen. Wenn nach anderen Ausführungen gegenwärtig keine revolutionäre Situation bestehe, der Kapitalismus aber "von immer mehr Menschen als asozial, nicht friedfertig und als immer weniger demokratisch empfunden" werde, woran "zur Zeit des Zustandekommens von 'Deutschland einig Vaterland' nicht zu denken gewesen" sei, werde damit nicht bloß die politische Lage beschrieben, sondern der Hoffnung auf das Entstehen einer revolutionären Stimmung in Deutschland Ausdruck verliehen.

42

Das Oberverwaltungsgericht hat zum anderen ebenfalls an Hand ausgewerteter und im Einzelnen bezeichneter Dokumente festgestellt (Seite 56 f. des Urteilsabdrucks), auch das Marxistische Forum bekenne sich offen zu Zielen, die mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbar seien: Es fordere nicht nur, "den Herrschenden ihre ökonomischen Machtgrundlagen zu entreißen", sondern wolle ihnen auch ihre "politische Macht (...) nehmen". Damit stelle es - so die Wertung des Oberverwaltungsgerichts - unmissverständlich klar, dass es sich nicht darauf beschränke, für wirtschaftspolitische Veränderungen einzutreten, die im Rahmen des Grundgesetzes zulässig seien. Dass das Marxistische Forum vielmehr anstrebt, die bestehende staatliche Ordnung durch ein gänzlich anderes Gemeinwesen zu ersetzen, hat das Oberverwaltungsgericht beispielhaft Aussagen entnommen, in denen das Grundgesetz als eine Verfassung beschrieben wird, die "nach marxistischem Verständnis Resultat von Klassenkämpfen" und "Waffenstillstandslinie bzw. Grenzmarke der kämpfenden Klassen" sei, die "auch nach ihrer Annahme immer wieder umkämpft" sei. Das Oberverwaltungsgericht hat diese Aussagen dahin ausgelegt, die angestrebte Umgestaltung der Staats- und Gesellschaftsordnung solle auch durch eine sozialistische Revolution und die Diktatur des Proletariats im klassisch marxistisch-leninistischen Sinne erreicht werden: Ein anderes Verständnis ließen die Bekenntnisse zu "Verbreitung marxistischen Wissens und dialektischen Herangehens" und "marxistischer Verfassungsbetrachtung" sowie die Auffassung nicht zu, die "marxistische Linke" benötige "eine revolutionäre Partei (...), die den Kampf um Gesellschaftsveränderung - letztlich um sozialistische Neuorganisierung der Gesellschaft - begreife und führe".

43

Schließlich hat das Oberverwaltungsgericht die Linksjugend <'solid>, die als Jugendorganisation der Partei DIE LINKE anerkannt ist, zu den Gruppierungen gezählt, die der Partei zuzurechnen seien und die tragende Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung offen ablehnten (Seite 57 des Urteilsabdrucks). Es hat diese Einschätzung beispielhaft auf eine Veröffentlichung gestützt, in der die Linksjugend <'solid> den Parlamentarismus als "Kasperletheater zur Legitimation kapitalistischer Verhältnisse" verunglimpft. Das Oberverwaltungsgericht hat daraus und aus weiteren Äußerungen dieser Gruppierung die Folgerung gezogen, die Linksjugend <'solid> spreche dem Parlament seine in der Staatsordnung des Grundgesetzes zentrale Rolle bei der politischen Willensbildung ab: Sie wolle das Parlament lediglich für ihre Zwecke instrumentalisieren, indem sie es als "Bühne (...) für den Kampf um eine gerechtere Welt" nutze, der "schwerpunktmäßig außerhalb der Parlamente" stattfinden solle.

44

Die Sichtung des umfangreichen Materials und die daran anknüpfende Bewertung, welche Aussagen und welches Verhalten nach ihrem Gewicht für die von der Partei verfolgten Ziele tatsächlich von Bedeutung sind, bildet danach ebenso wie die Würdigung mehrdeutiger Aussagen den Kern der freien Beweiswürdigung, die dem Tatsachengericht, nicht aber dem Bundesverwaltungsgericht als Revisionsgericht obliegt. Dass der Kläger die vom Oberverwaltungsgericht herangezogenen Dokumente anders bewertet, ergibt noch keinen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz, der die Bindung des Senats an die Schlussfolgerungen tatsächlicher Art beseitigen könnte, die das Oberverwaltungsgericht in freier Beweiswürdigung aus den von ihm ausgewerteten Dokumenten gezogen hat.

45

Zwar hat das Oberverwaltungsgericht bei seiner Würdigung verfassungsfeindliche Bestrebungen nur bei einzelnen Gruppierungen innerhalb der Partei DIE LINKE festgestellt. Damit hat es aber ebenfalls nicht den rechtlichen Rahmen verlassen, der ihm bei der Würdigung des Sachverhalts durch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG gezogen war. Anhaltspunkte für Bestrebungen einer Partei, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, sind nicht nur dann gegeben, wenn die Partei in ihrer Gesamtheit solche Bestrebungen entfaltet. Das Oberverwaltungsgericht verweist zutreffend darauf (Seite 52 des Urteilsabdrucks), dass gerade die innere Zerrissenheit einer Partei, Flügelkämpfe und eine Annäherung an extremistische Gruppierungen oder Parteien eine Beobachtung durch Verfassungsschutzbehörden erfordern können. Nur so ist festzustellen, in welche Richtung sich die Partei letztlich bewegt. Allein durch die Beobachtung können die Regierung, das Parlament und die Öffentlichkeit über den Fortgang der weiteren, noch nicht abgeschlossenen Entwicklung der Partei sachkundig und angemessen unterrichtet werden. So können eindeutige verfassungsfeindliche Bestrebungen einzelner Gruppierungen innerhalb einer Partei Anhaltspunkte dafür liefern, in welche Richtung die Partei sich entwickeln kann. Das erfordert die Beobachtung der Partei insgesamt, nicht nur der einzelnen Gruppierung, mag auch diese für sich einen Personenzusammenschluss im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG darstellen. Das Oberverwaltungsgericht hat bei seiner Würdigung die Gesamtpartei als Bezugspunkt nicht aus den Augen verloren, sondern stets danach gefragt, inwieweit die von ihm festgestellten verfassungsfeindlichen Bestrebungen einzelner Gruppierungen für die künftige Entwicklung der Gesamtpartei von Bedeutung sein können.

46

Zu den Gruppierungen Kommunistische Plattform, Marxistisches Forum und Linksjugend <'solid> hat das Oberverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang festgestellt, sie seien keine innerhalb der Partei unbedeutenden Splittergruppen, sondern besäßen nach ihrer satzungsmäßigen Stellung, der Zahl ihrer Mitglieder, ihrem Rückhalt bei der Gesamtheit der Parteimitglieder und dem sich hieraus ergebenden Einfluss nennenswertes Gewicht innerhalb der Partei (Seite 57 ff. des Urteilsabdrucks).

47

Das Oberverwaltungsgericht leitet dies zum einen aus programmatischen Äußerungen der Partei her, in denen die Partei sich als plural bzw. pluralistisch bezeichne und das Ziel verfolge, unterschiedliche Kräfte des linken politischen Spektrums zu binden. Hierbei beziehe sie ausdrücklich auch radikale Kräfte (Bundesgeschäftsführer Dr. Dietmar Bartsch) und solche Kräfte mit ein, "die die gegebenen Verhältnisse fundamental ablehnen" (Parteiprogramm der Linkspartei.PDS). Das Oberverwaltungsgericht verweist zum anderen auf die Satzung der Partei, die in ihrem § 7 innerparteilichen Zusammenschlüssen eine besondere Stellung einräume: Sie seien entsprechend ihren Schwerpunktthemen aktiv in die Arbeit von Parteivorstand, Kommissionen und Arbeitsgruppen aller Ebenen einzubeziehen, könnten Delegierte zum Parteitag entsenden und erhielten im Rahmen des Finanzplanes finanzielle Mittel für ihre Arbeit. Das Oberverwaltungsgericht knüpft seine Wertung aber nicht allein an die zahlenmäßige Stärke der von ihm als verfassungsfeindlich gekennzeichneten Gruppierungen und die Zahl der ihnen satzungsgemäß vorbehaltenen Sitze in den Gremien der Partei an, sondern auch an den Rückhalt ihrer Arbeit in der Gesamtpartei. Der Senat ist wiederum an die auf diese Umstände zusammengenommen gestützte tatsächliche Wertung gebunden, die vom Oberverwaltungsgericht als verfassungsfeindlich angesehenen Gruppierungen innerhalb der Partei besäßen einen Einfluss von nennenswertem Gewicht. Was der Kläger gegen den Einfluss der Gruppierungen Kommunistische Plattform, Marxistisches Forum und Linksjugend <'solid> in der Partei anführt, stellt nur eine abweichende Würdigung des Sachverhalts dar, die trotz des wiederholten Hinweises auf den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 VwGO) und die Verletzung der Denkgesetze die Voraussetzungen einer erfolgreichen Verfahrensrüge nicht erfüllt und die Bindungswirkung der gegenteiligen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht entfallen lässt.

48

Das Oberverwaltungsgericht hat umgekehrt gerade nicht feststellen können, dass diesen Gruppierungen ein nennenswertes Gewicht mit dem Argument abgesprochen werden könne, die von ihnen initiierten und unterstützten Strömungen in der Partei könnten sich angesichts einer Übermacht grundgesetzkonformer Meinungen und Aktivitäten niemals durchsetzen. Das Oberverwaltungsgericht benennt insoweit zahlreiche gewichtige Hinweise, die aus seiner Sicht Zweifel daran begründen, dass sich die Partei als solche vorbehaltlos zum zentralen Wertesystem des Grundgesetzes bekennt (Seite 59 ff. des Urteilsabdrucks). Es spricht in diesem Zusammenhang von einem "Nährboden" für verfassungsfeindliche Bestrebungen, der es derzeit nicht ausgeschlossen erscheinen lasse, dass es den Zusammenschlüssen Kommunistische Plattform, Marxistisches Forum und Linksjugend <'solid> insbesondere auch im Zusammenwirken gelinge, ihre gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Bestrebungen innerhalb der Partei DIE LINKE durchzusetzen. Für diese Aussage verwertet das Oberverwaltungsgericht Aussagen im Parteiprogramm, die nach seiner Ansicht deutlich machten, dass die von der Partei angestrebten Veränderungen nicht auf die Wirtschaftspolitik beschränkt seien, sondern die bestehenden Gesellschafts- und Machtverhältnisse insgesamt betreffen sollten (Seite 60 f. des Urteilsabdrucks): In diesen Formulierungen könnten sich die Kräfte in der Partei wiederfinden, die den Übergang zu einer sozialistischen Gesellschaft im marxistisch-leninistischen Sinne anstrebten. Das Oberverwaltungsgericht verweist beispielhaft auf das Parteiprogramm Linkspartei.PDS. In ihm heiße es unter anderem, es bedürfe "alternativer Gesellschaftsstrukturen, die von der Verwirklichung gemeinschaftlicher Interessen geprägt sind und die Dominanz privatkapitalistischen Eigentums überwunden haben". An anderer Stelle werde dort ausgeführt, sozialistische Politik ziele "heute auf die Veränderung der Kräfteverhältnisse, die Schaffung der notwendigen Voraussetzungen für einen Richtungswechsel der Politik und die damit verbundene Umgestaltung von Eigentums- und Machtstrukturen". Das Oberverwaltungsgericht sieht darin Belege dafür, dass die von der Partei angestrebten Veränderungen nicht auf die Wirtschaftspolitik beschränkt seien, sondern die bestehenden Gesellschafts- und Machtverhältnisse insgesamt betreffen sollten, hält jedenfalls eine dahingehende Auslegung des Parteiprogramms der Linkspartei.PDS nicht für völlig ausgeschlossen, zumal in den programmatischen Eckpunkten der Partei DIE LINKE unter Berufung auf Karl Marx die "Überwindung aller Eigentums- und Herrschaftsverhältnisse, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist", gefordert und das Ziel formuliert werde, "Bürgerinnen und Bürger gegen Machtbestrebungen der herrschenden Klasse" zu "mobilisieren". Das Oberverwaltungsgericht räumt zwar ein, eine an die Sprache von Marx, Engels und Lenin anknüpfende Ausdrucksweise müsse nicht auf einen verfassungswidrigen Inhalt führen, hält der Partei aber vor, ohne eine deutliche Abkehr davon bleibe jedenfalls ein tatsächlicher Anhaltspunkt für verfassungsfeindliche Bestrebungen.

49

Wie dem Kläger einzuräumen ist, hat das Oberverwaltungsgericht nicht angenommen, die Partei strebe schon nach ihrem aktuellen Programm eine revolutionäre Umgestaltung der Gesellschaftsordnung an. Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht aber davon ausgegangen (Seite 50 des Urteilsabdrucks), ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen könnten bereits dann gegeben sein, wenn aussagekräftiges Tatsachenmaterial lediglich einen Teilbereich der Zielsetzungen, Verlautbarungen und Aktivitäten des Personenzusammenschlusses widerspiegele. Deren Aussagekraft wird nicht allein dadurch in Frage gestellt, dass daneben eine Vielzahl von Äußerungen existiert, denen sich keine Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche Ausrichtung entnehmen lassen. Der Hinweis auf die Aussagen im Parteiprogramm hat in dem hier interessierenden Zusammenhang für das Oberverwaltungsgericht zudem nur die Funktion, zu belegen, dass die verfassungsfeindlich ausgerichteten Gruppen sich mit ihren Bestrebungen auf jedenfalls mehrdeutige und unklare Aussagen in dem Programm der Gesamtpartei berufen können, mit der Folge, dass sie nicht als Außenseiter angesehen werden können, die für die Ausrichtung der Partei gänzlich vernachlässigt werden müssen.

50

Soweit der Kläger im Weiteren die Auslegung programmatischer Aussagen im Parteiprogramm durch das Oberverwaltungsgericht angreift und dieser Auslegung seine eigene Deutung entgegensetzt, handelt es sich um einen Angriff auf die Sachverhaltswürdigung des Tatsachengerichts, der nicht die Voraussetzungen einer zulässigen und begründeten Verfahrensrüge erfüllt.

51

Diese Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen werden nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts verstärkt und bestätigt durch Verlautbarungen der Partei insgesamt sowie der Zusammenschlüsse in ihr, die für eine Solidarisierung mit der DDR und der Republik Kuba stritten (Seite 61 ff. des Urteilsabdrucks). Das Oberverwaltungsgericht verweist auf die totalitären Züge, die die Staatsgewalt in der DDR und in Kuba getragen habe bzw. trage. Die fehlende Distanz zu und die ausdrückliche Solidarität mit diesen Staatsgewalten trotz der gravierenden Verletzungen der Menschenrechte dort verstärkten die Zweifel, ob die Partei die Werte des Grundgesetzes teile, die für die freiheitliche demokratische Grundordnung grundlegend seien. Das Oberverwaltungsgericht räumt zwar ein, dass es in der Partei, beispielsweise in der Präambel des Parteiprogramms, deutliche Distanzierungen von den Verhältnissen in der DDR gebe. Dem stünden aber ebenso deutliche Versuche gegenüber, das begangene Unrecht zu relativieren, mit der Folge, dass die PDS, die Linkspartei.PDS sowie DIE LINKE bei der Würdigung des Unrechts in der DDR ein unverständliches, uneinheitliches Bild böten.

52

Das Oberverwaltungsgericht konnte Verlautbarungen aus der Partei zur DDR heranziehen, ohne damit die rechtlichen Grenzen zu überschreiten, die durch das Erfordernis von Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gezogen sind.

53

Entgegen in der mündlichen Verhandlung anklingender Kritik hat das Oberverwaltungsgericht zum einen nicht etwa jede Zustimmung zu wirtschaftlichen und sozialen Einrichtungen der DDR, wie etwa Polikliniken, pauschal als mangelnde Distanzierung von der DDR und als Ausweis fehlender Verbundenheit mit den Grundwerten der Demokratie angesehen. Das Oberverwaltungsgericht hat vielmehr Aussagen verwertet, die sich auf Erscheinungen beziehen, die in herausgehobener Weise die der Demokratie und den Menschenrechten feindlichen Seiten des politischen Systems der DDR kennzeichnen. So hat das Oberverwaltungsgericht beispielsweise auf eine Äußerung verwiesen, in der der Bau der Mauer gerechtfertigt wird, weil er berechtigten ökonomischen Interessen des Staates gedient habe (Seite 62 des Urteilsabdrucks). Die vom Oberverwaltungsgericht angeführte Äußerung des zeitweiligen stellvertretenden Bundesvorsitzenden der PDS Diether Dehm warnt davor, eine allzu gedankenlose Distanzierung vom Mauerbau könnte in Zukunft das Verständnis dahin dogmatisch versperren, wo eine ökonomisch unterentwickelte Region - um mehr Demokratie, mehr Ökologie, mehr Kulturausgaben, mehr Sozialausgaben zu wagen - sich abschotte oder etwa wegen der Abwerbung der vom Monopolkapital bevorzugten Kräftigen, Jungen, teuer Ausgebildeten verhindern wolle. Andere Äußerungen, die das Oberverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang angeführt hat, betreffen die Verharmlosung, wenn nicht gar Rechtfertigung der Staatssicherheit der DDR (Seite 63 des Urteilsabdrucks).

54

Das Oberverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang nicht verkannt, dass eine verfassungsfeindliche Abkehr von der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht schon bei "Entgleisungen" einzelner Mitglieder oder Anhänger angenommen werden kann (Urteil vom 18. Mai 2001 - BVerwG 2 WD 42.00, 43.00 - BVerwGE 114, 258 <265>). Die von ihm angeführten Äußerungen stammen aber beispielsweise von einem ehemaligen stellvertretenden Bundesvorsitzenden und späteren Vorsitzenden eines Landesverbandes sowie von dem Ältestenrat der Partei und damit von Persönlichkeiten und Einrichtungen, von denen angenommen werden darf, dass sie zumindest Teile der Partei repräsentieren und Mitglieder und Wähler an die Partei binden sollen, die mit ihren Auffassungen übereinstimmen.

55

Zum anderen hat das Oberverwaltungsgericht die Verlautbarungen aus der Partei zur DDR nicht isoliert als Belege verfassungsfeindlicher Bestrebungen gewertet, sondern sie in einen Zusammenhang gestellt mit den von ihm festgestellten Bestrebungen einzelner Gruppierungen in der Partei, die auf eine sozialistische Revolution und die Diktatur des Proletariats im klassisch marxistisch-leninistischen Sinne einer sozialistisch-kommunistischen Gesellschaftsordnung gerichtet sind. Wenn über diese Gruppierungen hinaus Tendenzen in der Partei feststellbar sind, die Verhältnisse in der DDR schön zu reden, erlaubt dies wiederum den Schluss, dass diese Bestrebungen nicht isoliert in der Partei dastehen, sondern - wie das Oberverwaltungsgericht sich ausdrückt - dort einen Nährboden finden. Die Rechtfertigung der DDR oder die Zurückweisung von Kritik an ihr kann Anhaltspunkte dafür liefern, was unter dem für sich vieldeutigen Begriff Sozialismus oder sozialistische Gesellschaftsordnung verstanden oder doch als mit diesen Begriffen vereinbar angesehen wird. In einer politischen Partei handelt es sich bei Aussagen zur DDR nicht um bloße Meinungsbekundungen zu einer interessanten zeitgeschichtlichen Frage, sondern um einen auf die Gegenwart bezogenen Beitrag zu den politischen Vorstellungen, die für die Partei erstrebenswert, jedenfalls tolerabel sind.

56

Unterlagen über die praktische Arbeit der Partei hat das Oberverwaltungsgericht zudem Hinweise für eine Annäherung der Partei an extremistische Organisationen im In- und Ausland und deren politische Unterstützung entnommen. Zu den extremistischen Organisationen im Inland zählt das Oberverwaltungsgericht die DKP, zu der die Partei DIE LINKE langjährige intensive Kontakte gepflegt habe und pflege (Seite 63 f. des Urteilsabdrucks). Nach der Wende in der DDR habe die PDS bei ihren Bemühungen, im politischen System der Bundesrepublik akzeptiert zu werden, zunächst auf die Hilfe der DKP gesetzt. In der Folgezeit habe sich die Zusammenarbeit intensiviert, bis hin zur Aufnahme von Mitgliedern der DKP in Wahlvorschläge der Partei DIE LINKE. Der auf dem Parteitag im Mai 2008 gefasste Beschluss, auf den Listen der Partei DIE LINKE für Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen zukünftig keine Personen mehr aufzunehmen, die Mitglied in anderen Parteien sind, sei nicht als Abkehr von dieser Zusammenarbeit zu verstehen. Vielmehr habe sogar der Kläger betont, der Beschluss sei nicht gegen die DKP gerichtet, sondern solle nur der Gefahr von Wahlanfechtungen begegnen. Zu den extremistischen Organisationen im Ausland zählt das Oberverwaltungsgericht ausländische Guerillaorganisationen wie die kolumbianische FARC, die auf der Terrorliste der EU geführt wird, und die auch in Deutschland verbotene PKK bzw. ihre Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA GEL, die die Partei politisch unterstütze, ohne dies von einer Beendigung terroristischer Aktionen abhängig zu machen.

57

Auch diese Hinweise haben in der Würdigung des Sachverhalts für das Oberverwaltungsgericht die Funktion, die Nähe von Teilen der Partei zu revolutionärer Gewalt und deren Rechtfertigung zu belegen (Seite 64 des Urteilsabdrucks). Der Kläger unternimmt demgegenüber weithin den Versuch, nachzuweisen, dass jeder einzelne vom Oberverwaltungsgericht verwertete Umstand für sich nicht geeignet ist, verfassungsfeindliche Bestrebungen zu belegen. Das geht schon deshalb an der Würdigung des Sachverhalts durch das Oberverwaltungsgericht vorbei, weil das Oberverwaltungsgericht zutreffend eine Gesamtbetrachtung anstellt, bei der die Bedeutung einzelner Umstände erst im Lichte anderer hervortritt. An das rechtsfehlerfrei zustande gekommene Ergebnis dieser Gesamtbetrachtung, nämlich der Feststellung tatsächlicher Anhaltspunkte verfassungsfeindlicher Bestrebungen, ist der Senat gebunden.

58

cc) Das Oberverwaltungsgericht hat darüber hinaus festgestellt, dass die verfassungsfeindlichen Bestrebungen in politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG eingemündet sind.

59

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG sind "Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung" nur die in diesem Sinne verfolgten politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen. Das Tatbestandsmerkmal einer "politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweise" erfordert damit über das bloße Vorhandensein bestimmter Bestrebungen hinaus ein aktives, nicht jedoch notwendig kämpferisch-aggressives Vorgehen zu deren Realisierung. Dementsprechend umschreibt das Gesetz verfassungsschutzrelevante Bestrebungen nicht als politisch motiviert, sondern als politisch bestimmt. Bestrebungen müssen also zum einen politisch determiniert, folglich objektiv geeignet sein, - über kurz oder lang - politische Wirkungen zu entfalten (Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 165). Kein Bestandteil des Merkmals "Bestrebung" ist ausweislich des Wortlauts der Norm ein "aktiv kämpferisches" Verhalten. Zudem definiert das Gesetz den Begriff der Bestrebung nicht anhand der Merkmale legal/illegal. Es kommt nicht darauf an, ob bestimmte Verhaltensweisen erlaubt sind oder nicht (Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 168).

60

§ 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG erfasst Verhaltensweisen, die über rein politische Meinungen hinausgehen und auf Durchsetzung eines Ziels ausgerichtet sind. Neben der Durchsetzung des politischen Hauptziels müssen die Aktivitäten auf die Beeinträchtigung eines der vom Gesetz geschützten Rechtsgüter abzielen und somit ein maßgeblicher Zweck der Bestrebung sein. Die bloße Inkaufnahme einer entsprechenden Gefährdung ist nicht ausreichend. Die verantwortlich Handelnden müssen auf den Erfolg der Rechtsgüterbeeinträchtigung hinarbeiten. Die bloße Übereinstimmung oder Sympathie mit den Zielen einer verfassungsfeindlichen Organisation reicht ebenso wie die wissenschaftliche Beschäftigung mit einer extremistischen Theorie nicht aus (Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 167 ff.). Die eindeutig bestimmbare Grenze zwischen wissenschaftlicher Theorie und politischem Ziel liegt dort, wo die betrachtend gewonnenen Erkenntnisse von einer politischen Partei, also einer ihrem Wesen nach zu aktivem Handeln im staatlichen Leben entschlossenen Gruppe, in ihren Willen aufgenommen, zu Bestimmungsgründen ihres politischen Handelns gemacht werden (BVerfG, Urteil vom 17. August 1956 - 1 BvB 2/51 - BVerfGE 5, 85 <147>).

61

Diese rechtlichen Vorgaben hat das Oberverwaltungsgericht bei seiner Würdigung des Sachverhalts beachtet. Es hat insoweit zutreffend berücksichtigt, dass die bloße Kritik an Verfassungswerten und Verfassungsgrundsätzen nicht als Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzuschätzen ist, wohl aber darüber hinausgehende Aktivitäten zu deren Beseitigung (BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63 <81>). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Kritik an der Verfassung und ihren wesentlichen Elementen ebenso erlaubt ist wie die Äußerung der Forderung, tragende Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu ändern. Es ist allerdings verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn die Verfassungsschutzbehörde insoweit an die Inhalte von Meinungsäußerungen knüpft, als diese Ausdruck eines Bestrebens sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beseitigen. Es ist dem Staat grundsätzlich nicht verwehrt, aus Meinungsäußerungen Schlüsse zu ziehen und gegebenenfalls Maßnahmen zum Rechtsgüterschutz zu ergreifen. Lassen sich Bestrebungen zur Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung aus Meinungsäußerungen ableiten, dürfen Maßnahmen zur Verteidigung dieser Grundordnung ergriffen werden. (BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63 <82>). Kritik an einem Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung muss danach nur als "bloße" Kritik unberücksichtigt bleiben, nicht jedoch, wenn sie verbunden ist mit der Ankündigung konkreter Aktivitäten zur Beseitigung dieses Verfassungsgrundsatzes oder mit der Aufforderung zu solchen Aktivitäten. Politische Parteien sind auf politische Aktivität und auf Änderung der politischen Verhältnisse ausgerichtete Organisationen. Bei Meinungsäußerungen, die von oder innerhalb einer politischen Partei abgegeben werden, liegt zumindest nahe, dass sie mit der Intention einer entsprechenden Änderung der realen Verhältnisse abgegeben werden (vgl. hierzu Murswiek, NVwZ 2006, 121 <125 und 127>).

62

Hiervon ausgehend hat das Oberverwaltungsgericht innerhalb der Partei aktive Verhaltensweisen, insbesondere der Kommunistischen Plattform, des Marxistischen Forums und der Linksjugend <'solid>, festgestellt, die darauf gerichtet sind, mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbare Ziele zunächst innerhalb der Partei und sodann über diese hinaus allgemein durchzusetzen (Seite 66 ff. des Urteilsabdrucks): So bemühten sich die extremistischen Kräfte, ihren Einfluss innerhalb der Partei zu vergrößern, indem sie bei den Parteimitgliedern massiv um Unterstützung für ihre Positionen würben. Derartige Bemühungen, parteiintern Unterstützung für ihre eigenen Positionen zu gewinnen, entfalteten die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Kräfte insbesondere zu Zeiten, in denen wesentliche programmatische Grundentscheidungen anstünden. Die Bemühungen der genannten Gruppierungen um Einfluss innerhalb und außerhalb der Partei würden zudem durch ihr Streben nach parteiinternen Ämtern und Parlamentsmandaten deutlich. Bei sich bietendem Anlass würden gezielt Parteimitglieder und -anhänger mobilisiert, um den Bundesvorstand und den Parteirat zu Äußerungen zu veranlassen, die geeignet seien, Zweifel daran zu begründen, dass die Partei die für die freiheitliche demokratische Grundordnung grundlegenden Werte des Grundgesetzes teile. Anhaltspunkte für über die Partei hinaus wirkende Aktivitäten zur Durchsetzung von Zielen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet seien, ergäben sich insbesondere aus der Unterstützung, die die Partei linksextremistischen Organisationen, wie insbesondere der DKP, gewähre.

63

Es kann schließlich von Rechts wegen nicht beanstandet werden, dass das Oberverwaltungsgericht den von ihm festgestellten tatsächlichen Anhaltspunkten für verfassungsfeindliche Bestrebungen ein hinreichendes Gewicht beigemessen hat, um nach wie vor eine Beobachtung der Partei DIE LINKE für gerechtfertigt zu halten. Das Oberverwaltungsgericht entnimmt diese tatsächlichen Anhaltspunkte im Wesentlichen den programmatischen Verlautbarungen und sonstigen Äußerungen der Kommunistischen Plattform, des Marxistischen Forums und der Linksjugend <'solid> sowie deren Mitglieder. Diese Gruppierungen bestehen zwar schon seit langem, ohne dass es ihnen nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts gelungen wäre, die Partei DIE LINKE zu dominieren und in die von ihnen gewünschte Richtung zu drängen. Dass der Einfluss der offen verfassungsfeindlichen Gruppierungen nicht merklich gewachsen ist, rechtfertigt allein noch nicht die Annahme, diese Gruppierungen und ihre Ziele hätten nach so langer Zeit jetzt nicht mehr das notwendige Gewicht, um Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen der Partei insgesamt zu liefern. Bestehen über die Jahre unverändert tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen, weil sich diese Anhaltspunkte trotz mehrjähriger Beobachtung nicht haben ausräumen lassen, rechtfertigen sie nach wie vor die Beobachtung der Partei durch das Bundesamt für Verfassungsschutz. Das Oberverwaltungsgericht hat seine Einschätzung auf Quellen gestützt, die auch aus jüngerer Zeit stammen. Zudem hat der Zusammenschluss der Linkspartei.PDS mit der WASG zur Partei DIE LINKE im Jahre 2007 zu einem beträchtlichen Mitgliederzuwachs geführt und der Partei neue Wählerschichten eröffnet. Es besteht ein berechtigtes öffentliches Interesse daran, die Entwicklung der neu zusammengesetzten Partei und ihrer maßgeblichen Funktionäre zu beobachten. Insbesondere bedarf der Aufklärung, ob es den extremistischen Kräften innerhalb der Partei gelingt, die verbreiterte Basis der Partei innerhalb der Gesellschaft für ihre Zwecke zu nutzen.

64

4. Die Tätigkeit des Klägers als eines herausgehobenen Mitglieds der Parteien PDS, Linkspartei.PDS und heute DIE LINKE rechtfertigt es, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz gemäß § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG Informationen über ihn mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung erhebt (a)). Diese Maßnahme ist verhältnismäßig (b)).

65

a) § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG verlangt keine Voraussetzungen, die über die Mitgliedschaft in dem Personenzusammenschluss hinausgehen (aa)). Einer Beobachtung des Klägers steht nicht entgegen, dass er nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts in eigener Person keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen verfolgt (bb)). Schließlich ist eine Beobachtung des Klägers nicht deshalb ausgeschlossen, weil § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG auf Abgeordnete des Bundestages oder eines Landesparlaments aus Gründen höherrangigen Rechts nicht anwendbar wäre (cc)).

66

aa) Über die bisher erörterten Voraussetzungen hinaus, die bei dem Personenzusammenschluss im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG vorliegen müssen, hängt die Zulässigkeit der Erhebung von Informationen über den Kläger nicht von individuellen und subjektiven Beiträgen des Klägers oder seiner intentionalen Beteiligung an Handlungen zur Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ab. § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG verlangt keine Voraussetzungen, die über die Mitgliedschaft in dem Personenzusammenschluss hinausgehen. § 4 Abs. 1 Satz 2 BVerfSchG gilt mit dem zusätzlichen Erfordernis einer nachdrücklichen Unterstützung nur für Personen, die nicht in dem Personenzusammenschluss, sondern ausschließlich für diesen handeln. Die noch weiter reichenden Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 4 BVerfSchG gelten nur für Personen, die weder in noch für den Personenzusammenschluss handeln.

67

bb) Die Beobachtung des Klägers ist nicht ausgeschlossen, weil er nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (Seite 68 f. des Urteilsabdrucks) in eigener Person keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen verfolgt.

68

Allerdings bindet diese Feststellung das Revisionsgericht (§ 137 Abs. 2 VwGO). Die insoweit erhobene Verfahrensrüge der Beklagten ist unbegründet. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts verstößt nicht gegen die Denkgesetze und kann deshalb nicht unter diesem Gesichtspunkt den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 VwGO verletzen. Das Oberverwaltungsgericht hat zwar angenommen, dass über die Gruppierungen Kommunistische Plattform, Marxistisches Forum und Linksjugend <'solid> hinaus sich auch in der Gesamtpartei Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen finden. Mit diesen hat das Oberverwaltungsgericht den Kläger persönlich aber nicht in Verbindung gebracht. Auch wenn der Kläger eine führende Rolle in der Partei spielt, ist es nicht aus Gründen der Logik ausgeschlossen, dass er selbst keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen verfolgt, sondern eine andere Politik will.

69

§ 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG verlangt jedoch nach seinem Wortlaut nur, dass die verfassungsfeindlichen Bestrebungen von dem Personenzusammenschluss verfolgt werden. Die Beobachtung einzelner Personen, die in einem solchen Personenzusammenschluss tätig sind, ist nach dieser Vorschrift auch dann gerechtfertigt, wenn das Mitglied eines solchen Personenzusammenschlusses nicht selbst subjektiv das Ziel verfolgt, durch seine Tätigkeit in dem Personenzusammenschluss die freiheitliche demokratische Grundordnung ganz oder teilweise zu beseitigen. Vielmehr reicht es aus, dass seine Tätigkeit objektiv geeignet ist, solche Bestrebungen zu unterstützen. Das Bundesverfassungsschutzgesetz will nach seinem Zweck helfen, objektiv bestehende Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung abzuwehren. Solche Gefahren gehen nicht nur von Personen aus, die der freiheitlichen demokratischen Grundordnung feindlich gegenüberstehen und sie ganz oder teilweise beseitigen wollen. Ebenso gefährlich können Personen sein, die selbst auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung stehen, jedoch bei objektiver Betrachtung durch ihre Tätigkeit verfassungsfeindliche Bestrebungen fördern, ohne dies zu erkennen oder als hinreichenden Grund anzusehen, einen aus anderen Beweggründen unterstützten Personenzusammenschluss zu verlassen. Eine derartige Person, die nicht merkt, wofür sie missbraucht wird, kann für den Bestand der freiheitlichen demokratischen Grundordnung genauso gefährlich sein wie der Überzeugungstäter (vgl. hierzu auch Urteil vom 11. November 2004 - BVerwG 3 C 8.04 - BVerwGE 122, 182 <191>).

70

cc) Eine Erhebung von Informationen über den Kläger mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil § 8 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG auf Abgeordnete des Bundestages oder eines Landesparlaments nicht angewandt werden dürfte. Die Vorschriften beschränken zulässigerweise den Grundsatz des freien Mandats aus Art. 38 Abs. 1 GG (aaa)). Für eine solche Beschränkung bedarf es keiner besonderen Ermächtigungsgrundlage, die eine Erhebung von Informationen mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung speziell gegenüber Abgeordneten zulässt. Eine solche Notwendigkeit ergibt sich weder aus dem Vorbehalt des Gesetzes noch besteht ein allgemeiner verfassungsrechtlicher Grundsatz, wonach Maßnahmen gegen Abgeordnete nur mit Zustimmung des Parlaments zulässig seien (bbb)). Schließlich steht der Anwendung der § 8 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG auf Abgeordnete das Parteienprivileg nicht entgegen (ccc)).

71

aaa) Grundlage des freien Mandats ist Art. 38 Abs. 1 GG. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen (Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG). Diese Norm schützt nicht nur den Bestand, sondern auch die tatsächliche Ausübung des Mandats (BVerfG, Urteil vom 13. Juni 1989 - 2 BvE 1/88 - BVerfGE 80, 188 <218>; Urteil vom 20. Juli 1998 - 2 BvE 2/98 - BVerfGE 99, 19 <32>). Der Abgeordnete ist - vom Vertrauen der Wähler berufen - Inhaber eines öffentlichen Amtes, Träger eines freien Mandats und, gemeinsam mit der Gesamtheit der Mitglieder des Parlaments (BVerfG, Beschluss vom 24. März 1981 - 2 BvR 215/81 - BVerfGE 56, 396 <405>), Vertreter des ganzen Volkes (BVerfG, Urteil vom 8. Dezember 2004 - 2 BvE 3/02 - BVerfGE 112, 118 <134>). Er hat einen repräsentativen Status inne, übt sein Mandat in Unabhängigkeit, frei von jeder Bindung an Aufträge und Weisungen, aus und ist nur seinem Gewissen unterworfen (BVerfG, Urteil vom 5. November 1975 - 2 BvR 193/74 - BVerfGE 40, 296 <314, 316>; Beschluss vom 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 <341>).

72

Die Freiheit des Mandats ist allerdings nicht schrankenlos gewährleistet. Sie kann durch andere Rechtsgüter von Verfassungsrang begrenzt werden (BVerfG, Urteil vom 4. Juli 2007 - 2 BvE 1/06 - BVerfGE 118, 277 <324>). Zu diesen Grundsätzen gehört, wie erwähnt, das Prinzip der streitbaren Demokratie. Die Tätigkeit des Bundesamts für Verfassungsschutz hat verfassungsrechtlichen Rang, insofern es institutionell (Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG) und mit seinen Aufgaben (Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b GG) im Grundgesetz erwähnt wird. § 8 BVerfSchG konkretisiert einfachrechtlich dieses Prinzip der streitbaren Demokratie.

73

bbb) Soweit Abgeordnete von der Tätigkeit des Bundesamts für Verfassungsschutz betroffen sind, bedarf diese Konkretisierung keines Gesetzes, das ein Tätigwerden gerade gegenüber Abgeordneten erlaubt.

74

Der Vorbehalt des Gesetzes verlangt, dass staatliches Handeln in bestimmten grundlegenden Bereichen durch förmliches Gesetz legitimiert wird. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen, und darf sie nicht anderen Normgebern (oder gar der Verwaltung) überlassen. Wann es danach einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, lässt sich nur im Blick auf den jeweiligen Sachbereich und auf die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen. Die verfassungsrechtlichen Wertungskriterien sind dabei den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere den darin verbürgten Grundrechten, zu entnehmen. Danach bedeutet wesentlich im grundrechtsrelevanten Bereich in der Regel "wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte" (BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1998 - 1 BvR 1640/97 - BVerfGE 98, 218 <251>) und in dem hier in Rede stehenden Bereich "wesentlich für die Verwirklichung des freien Mandats", dessen verfassungsrechtlich immanente Schranken bestimmt und konkretisiert werden müssen.

75

Die danach wesentlichen Entscheidungen hat der Gesetzgeber aber mit § 3 Nr. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c, § 8 BVerfSchG getroffen. Gegenstand dieser Regelungen sind Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung und damit politisch motivierte Betätigungen. Dem Gesetzgeber war aufgrund der Geschichte, auch derjenigen der Bundesrepublik Deutschland, bewusst, dass Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung auch von Parteien ausgehen können, die bei Bundes- oder Landtagswahlen Mandate errungen haben. Dass die Abgeordneten solcher Parteien in ihnen zumeist eine herausragende Funktion einnehmen werden und deshalb zuvörderst Träger der verfassungsfeindlichen Bestrebungen sein können, lag für ihn auf der Hand. Dem Gesetzgeber war das Problem einer Anwendung der von ihm zur Verteidigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung geschaffenen Normen auf Abgeordnete mithin durchaus gegenwärtig. Er konnte andererseits nicht übersehen, dass die nachrichtendienstliche Beobachtung von Abgeordneten erhebliche Gefahren im Hinblick auf ihre Unabhängigkeit (Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG) und auf die Mitwirkung der betroffenen Parteien bei der politischen Willensbildung (Art. 21 GG) und damit für den Prozess demokratischer Willensbildung insgesamt birgt (BVerfG, Beschluss vom 1. Juli 2009 - 2 BvE 5/06 - NVwZ 2009, 1092 <1095>). Den deshalb notwendigen Ausgleich der widerstreitenden Verfassungsprinzipien hat er nicht nur durch die eingehend normierten Eingriffsvoraussetzungen selbst, sondern insbesondere auch mit § 8 Abs. 5, § 9 BVerfSchG geschaffen, die die Tätigkeit des Bundesamts für Verfassungsschutz einem strikten Gebot der Verhältnismäßigkeit unterwerfen. Mit diesen Regelungen hat der Gesetzgeber selbst die wesentlichen Entscheidungen für die Auflösung des Spannungsverhältnisses von freiem Mandat und streitbarer Demokratie getroffen.

76

Der Gesetzgeber war dabei nicht von Verfassungs wegen gezwungen, die Erhebung von Informationen über Abgeordnete durch das Bundesamt für Verfassungsschutz von der vorherigen Genehmigung des Parlaments abhängig zu machen.

77

Dem Grundgesetz lässt sich kein allgemeiner Grundsatz des Inhalts entnehmen, Maßnahmen anderer staatlicher Gewalten gegen Parlamentarier seien nur zulässig, wenn sie zuvor vom Parlament genehmigt wurden. Art. 46 Abs. 2 und Abs. 3 GG sehen eine Genehmigung des Bundestages nur vor für die Einleitung eines Strafverfahrens gegen Abgeordnete und für deren Verhaftung, für sonstige freiheitsbeschränkende Maßnahmen und für die Einleitung eines Verfahrens auf Verwirkung von Grundrechten nach Art. 18 GG. Diese punktuellen Regelungen sind nicht verallgemeinerungsfähig.

78

Die Existenz eines allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsatzes lässt sich erst recht nicht anhand lediglich einfachrechtlicher Regelungen nachweisen, die das Verhältnis Verfassungsschutz/Abgeordnete (zudem zumeist nur am Rande) berühren. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 des Gesetzes über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes (Sicherheitsüberprüfungsgesetz - SÜG) gilt das Sicherheitsüberprüfungsgesetz nicht für Mitglieder der Verfassungsorgane des Bundes. Es ist damit insbesondere auf Bundestagsabgeordnete nicht anwendbar. Nach § 3 Abs. 1 SÜG liegt die Zuständigkeit für Sicherheitsüberprüfungen grundsätzlich nicht beim Bundesamt für Verfassungsschutz. Dieses führt Sicherheitsüberprüfungen nur selbst durch, wenn Bewerber und Mitarbeiter des eigenen Dienstes betroffen sind (§ 3 Abs. 3 SÜG). Im Übrigen wirkt das Bundesamt für Verfassungsschutz bei Überprüfungen, die andere Behörden durchzuführen haben, lediglich mit (§ 3 Abs. 2 SÜG). § 44c Abgeordnetengesetz (AbgG) ermöglicht eine Überprüfung von Bundestagsabgeordneten auf eine Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR. Die Vorschrift dient nicht dazu, Abgeordnete aufgrund ihrer besonderen Stellung in der Ordnung des Grundgesetzes anders als Bürger, die diesen verfassungsrechtlichen Schutz nicht genießen, vor staatlichen Maßnahmen zu schützen. § 44c AbgG schafft vielmehr staatliche Eingriffsmöglichkeiten, die nur gegenüber Abgeordneten gelten. Umgekehrt verbietet § 3 Abs. 2 Satz 4 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10-Gesetz) die Einbeziehung von Abgeordnetenpost nur in Maßnahmen, die sich gegen Dritte richten. Abgeordnetenpost darf danach Gegenstand von Maßnahmen sein, die gegen den Abgeordneten selbst gerichtet sind. Das Gesetz geht damit von der Zulässigkeit solcher Maßnahmen der Verfassungsschutzbehörden gegen Abgeordnete aus, obwohl das Artikel 10-Gesetz keine Ermächtigungsgrundlage für Eingriffe enthält, die speziell diesen Personenkreis betreffen.

79

ccc) Die Tätigkeit des Klägers in der Partei zum Anknüpfungspunkt für Maßnahmen des Bundesamts für Verfassungsschutz zu machen, ist schließlich mit dem Parteienprivileg vereinbar. Zwar schützt das Privileg des Art. 21 Abs. 2 GG in erster Linie die Parteiorganisation, erstreckt sich jedoch auch auf die mit allgemein erlaubten Mitteln arbeitende parteioffizielle oder parteiverbundene Tätigkeit der Funktionäre und Anhänger einer Partei. Es stellt den Bürger bei solchen Tätigkeiten von Sanktionen frei, um ein ungestörtes und unbehindertes Funktionieren der Partei zu gewährleisten (Urteil vom 17. September 2003 - BVerwG 6 C 4.03 - Buchholz 448.0 § 48 WPflG Nr. 4 S. 9). Aus dem Schutzzweck des Art. 21 Abs. 2 GG folgt jedoch, dass der Kläger als Parteimitglied nicht im Hinblick auf seine Mitgliedschaft in der Partei gegen staatliche Maßnahmen geschützt sein kann, die die Partei selbst hinzunehmen hat.

80

b) Die Erhebung von Informationen über den Kläger mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung wahrt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Von mehreren geeigneten Maßnahmen hat das Bundesamt für Verfassungsschutz gemäß § 8 Abs. 5 Satz 1 BVerfSchG diejenige zu wählen, die den Betroffenen voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf gem. § 8 Abs. 5 Satz 2 BVerfSchG keinen Nachteil herbeiführen, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht. Die Erhebung von Informationen über den Kläger verfolgt einen legitimen Zweck (aa)), war geeignet (bb)), erforderlich (cc)) und verhältnismäßig im engeren Sinne (dd)).

81

aa) Bei den Parteien PDS, Linkspartei.PDS und DIE LINKE bestanden und bestehen nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Hiervon ausgehend gehörte und gehört die Gewinnung von Informationen über diese Parteien zu den legitimen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden. Die Beobachtung des Klägers bezweckt dabei, die bestehenden tatsächlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen verfassungsfeindlicher Bestrebungen weiter aufzuklären und mit den gewonnenen Informationen die Regierung und die Öffentlichkeit in die Lage zu versetzen, Art und Ausmaß möglicher Gefahren zu erkennen und diesen in angemessener Weise zu begegnen. Solche Aufklärungsmaßnahmen entspringen dem bundesrechtlichen Prinzip der streitbaren Demokratie und gehören in diesem Zusammenhang zu den Aufgaben, die den Ämtern für Verfassungsschutz übertragen sind (vgl. Urteil vom 7. Dezember 1999 - BVerwG 1 C 30.97 - BVerwGE 110, 126 <134 f.>).

82

bb) Die Erhebung von Informationen über den Kläger mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung ist geeignet, diesen Zweck zu fördern.

83

Ein Mittel ist geeignet, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Das Verwaltungshandeln darf keine zur Erreichung des Ziels objektiv untaugliche, rechtlich oder tatsächlich unmögliche Maßnahme darstellen.

84

Der Kläger hat bereits in der PDS und in der Linkspartei.PDS herausgehobene Funktionen wahrgenommen und tut dies weiterhin in der Partei DIE LINKE. Er war und ist Spitzenfunktionär der Partei. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts wurde der Kläger im Oktober 2004 in den Parteivorstand gewählt und gehört ihm bis heute an. Ab Oktober 2005 nahm er in der Linkspartei.PDS die Aufgabe eines Fusionsbeauftragten wahr, d.h. eines Beauftragten für die Parteineubildung durch Zusammenschluss mit der WASG. Er hat weitere hervorgehobene Funktionen innerhalb seiner Partei inne. Die Erhebung von Informationen über den Kläger zeigt einen Ausschnitt der etwaigen verfassungsfeindlichen Betätigung der Partei DIE LINKE oder von Mitgliedern oder Gruppierungen innerhalb dieser Partei. Den Äußerungen und dem Verhalten der Spitzenfunktionäre einer Partei kommt erhebliche Bedeutung zu, wenn die von einer Partei ausgehenden Gefahren zu beurteilen sind. Diese Personen beeinflussen die politische Richtung der Partei, ihr Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit und die innerparteiliche Diskussion maßgeblich. Die Art und Weise der politischen Betätigung des Klägers hat innerhalb der Partei Gewicht und kann aussagekräftig für die verfassungsschutzrechtliche Bewertung dieser Gruppierung sein.

85

Die Erhebung von (weiteren) Informationen über den Kläger ist nicht deshalb ungeeignet, weil sie sich über zehn Jahre erstreckt und fortdauert, ohne beim Kläger selbst verfassungsfeindliche Bestrebungen aufgedeckt zu haben. Eine Dauerbeobachtung, die mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar sein kann, liegt vor, wenn sich nach umfassender Aufklärung durch eine mehrjährige Beobachtung der Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen nicht bestätigt hat und die für die Beobachtung maßgeblichen tatsächlichen Umstände im Wesentlichen unverändert geblieben sind (Urteil vom 7. Dezember 1999 - BVerwG 1 C 30.97 - BVerwGE 110, 126 <137 f.>). Der Kläger betätigt sich nach wie vor politisch in einer Partei, bei der auch aktuell tatsächliche Anhaltspunkte für gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen vorliegen. Wie insoweit schon ausgeführt, stützt das Oberverwaltungsgericht zum einen seine Einschätzung der Partei auf Quellen, die auch aus jüngerer Zeit stammen, und es besteht zum anderen mit Blick auf den Zusammenschluss der Linkspartei.PDS mit der WASG zur Partei DIE LINKE ein berechtigtes öffentliches Interesse daran, die Entwicklung der neu zusammengesetzten Partei und ihrer maßgeblichen Funktionäre zu beobachten.

86

cc) Die Beobachtung des Klägers war und ist erforderlich. Zwar verfolgt der Kläger nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts in eigener Person keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen. Das Oberverwaltungsgericht hat aber auch - den Senat ebenfalls bindend - festgestellt, dass sich das Ziel, verfassungsfeindliche Bestrebungen innerhalb der Partei DIE LINKE aufzuklären, ohne eine Beobachtung des Klägers als einer ihrer Spitzenfunktionäre nicht ebenso effektiv erreichen ließe.

87

Eine Gefahrenabschätzung wäre nicht in gleicher Weise möglich, wenn neben der Partei in ihrer Gesamtheit nur solche Mitglieder beobachtet würden, von denen verfassungsfeindliche Äußerungen bekannt geworden sind oder die einer der parteiinternen Gruppierungen angehören, bei denen Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Ziele verfolgen. Aufgrund der Bedeutung, die Spitzenfunktionären für die politische Richtung der Partei, ihr Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit und die innerparteiliche Diskussion zukommt, sind Erkenntnisse über deren Verhältnis zu den radikalen Kräften innerhalb der Partei für eine zuverlässige Abschätzung der von der Partei ausgehenden Gefahren von wesentlicher Bedeutung. Spitzenfunktionäre sind maßgebliche Repräsentanten der Partei und bringen aufgrund dessen für Außenstehende zum Ausdruck, dass sie das Programm und die Politik der Partei umfassend unterstützen. Sie haben Einblick auch in die Zielsetzungen verfassungsfeindlich ausgerichteter Zusammenschlüsse und Organisationen in der Partei. Sie sind an maßgebender Stelle mitverantwortlich für Äußerungen und Erklärungen der Partei, selbst wenn sie sich diese subjektiv nicht zu eigen machen. Sie engagieren sich maßgeblich für die Partei in der Öffentlichkeit, um Unterstützer, Wähler und Mitglieder zu gewinnen und so die Position der Partei im politischen Wettbewerb zu verbessern. Damit unterstützen sie objektiv letztlich auch die Kräfte in der Partei, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Wächst die Partei in ihrer politischen Bedeutung und Durchsetzungsfähigkeit, erschließen sich auch für die verfassungsfeindlichen, weiterhin nicht parteiintern angegriffenen Kräfte neue Wege und Kreise, Unterstützung zu finden.

88

Um ein umfassendes Bild über die Partei zu gewinnen, ist deshalb nicht nur die Beobachtung solcher Spitzenfunktionäre erforderlich, bei denen Anhaltspunkte für eigene Aktivitäten gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung bekannt geworden sind. Auch die Beobachtung von Spitzenfunktionären, die - wie der Kläger - selbst zwar keine eigenen verfassungsfeindlichen Aktivitäten entfalten, aber die radikalen, offen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung eintretenden Kräfte innerhalb der Partei - wie das Oberverwaltungsgericht bezogen auf den Kläger ebenfalls festgestellt hat - genauso wenig aktiv bekämpfen, verspricht - wenn auch vergleichsweise geringfügige - zusätzliche Erkenntnisse. Sie ermöglicht eine unmittelbare und deshalb zuverlässigere Einschätzung des Verhältnisses dieser Spitzenfunktionäre zu den radikalen Kräften innerhalb der Partei, als sie aufgrund einer Beobachtung möglich wäre, die sich auf die Partei als solche oder die in ihr aktiven radikalen Kräfte beschränkt. Welche Entfaltungsmöglichkeiten für verdächtige Parteimitglieder bestehen, hängt entscheidend davon ab, wie sich die Spitzenfunktionäre positionieren und welche Freiräume sie anderen Strömungen geben.

89

dd) Die Erhebung von Informationen über den Kläger mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung wahrt die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Sie beachtet das Gebot des geringsten Mittels aus § 8 Abs. 5 Satz 1 BVerfSchG (aaa)) und verstößt nicht gegen das Übermaßverbot aus § 8 Abs. 5 Satz 2 BVerfSchG (bbb)).

90

aaa) Nach § 8 Abs. 5 Satz 1 BVerfSchG hat das Bundesamt für Verfassungsschutz von mehreren geeigneten Maßnahmen diejenige zu wählen, die den Betroffenen voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.

91

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat sich dafür entschieden, Informationen über den Kläger nur mit den Mitteln der offenen Informationsbeschaffung zu erheben. Das Bundesamt verzichtet hingegen auf den Einsatz der Methoden, Gegenstände und Instrumente zur heimlichen Informationsbeschaffung im Sinne des § 8 Abs. 2 BVerfSchG, wie den Einsatz von Vertrauensleuten und Gewährspersonen, Observationen, Bild- und Tonaufzeichnungen, Tarnpapiere und Tarnkennzeichen. Das Bundesamt erhebt in der hier in Rede stehenden Zeit Informationen über den Kläger allein aus allgemein zugänglichen Quellen, wie parlamentarische Drucksachen, Berichten in den Medien und Pressemitteilungen des Klägers oder seiner Partei. Dies hat das Oberverwaltungsgericht nach einer Beweisaufnahme festgestellt und gestützt hierauf die Klage insoweit rechtskräftig abgewiesen, als sie die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Einsatzes nachrichtendienstlicher Mittel im Sinne des § 8 Abs. 2 BVerfSchG zum Gegenstand hatte.

92

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts darüber hinaus den Kernbereich der parlamentarischen Tätigkeit des Klägers, nämlich sein Abstimmungsverhalten sowie seine Äußerungen im Parlament und in dessen Ausschüssen, von der Beobachtung ausgenommen.

93

bbb) Eine Maßnahme darf ferner keinen Nachteil herbeiführen, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht (§ 8 Abs. 5 Satz 2 BVerfSchG). Die Vorteile, die eine Erhebung von Informationen über den Kläger für die wirksame Abwehr von Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung bietet, überwiegen unter den hier obwaltenden Umständen die Nachteile, die der Kläger durch die Erhebung von Informationen über ihn erleidet. Das Oberverwaltungsgericht ist zu seiner abweichenden Abwägung der konkret betroffenen Vor- und Nachteile deshalb gelangt, weil es die zuvor getroffenen tatsächlichen Wertungen rechtlich fehlerhaft, insbesondere in sich widersprüchlich gewichtet hat.

94

Auf der einen Seite erleidet der Kläger durch die Erhebung von Informationen über ihn Nachteile bei seiner Tätigkeit als Abgeordneter. Diese Nachteile für die Ausübung des freien Mandats haben Gewicht. Die nachrichtendienstliche Beobachtung von Abgeordneten birgt - wie schon erwähnt - erhebliche Gefahren im Hinblick auf ihre Unabhängigkeit (Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG) und auf die Mitwirkung der betroffenen Parteien bei der politischen Willensbildung (Art. 21 GG) und damit für den Prozess demokratischer Willensbildung insgesamt (BVerfG, Beschluss vom 1. Juli 2009 - 2 BvE 5/06 - BVerfGE 124, 161 <195>).

95

Für die Ausübung des freien Mandats ergeben sich nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts faktische Nachteile daraus, dass die Erhebung von Informationen über den Kläger für ihn mit einer "Stigmatisierung" verbunden ist, die ihm den Zugang zu dem überwiegenden Teil der Bevölkerung erschweren kann, der sich als verfassungstreu betrachtet. Wenn die offene Informationsbeschaffung über den Kläger durch Verfassungsschutzbehörden allgemein bekannt wird, kann es für ihn schwieriger werden, Anhänger und Wähler für sich und seine Partei zu gewinnen sowie mit der Bevölkerung in Kontakt zu kommen. Letzteres hat auch deshalb negative Auswirkungen auf seine politische Arbeit, weil er für diese darauf angewiesen ist, Meinungen und Stimmungen der Wählerschaft zu kennen, sowie Informationen aus der Bevölkerung zu erhalten. Wenn dem einzelnen Abgeordneten als faktische Folge einer Beobachtung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz der Zugang zur Bevölkerung erschwert wird, bedeutet dies aber nicht nur eine Beeinträchtigung der Arbeit dieses Abgeordneten. Zugleich gehen Erkenntnisse verloren, die für den Willensbildungsprozess des Parlaments in seiner Gesamtheit von Bedeutung sind. Im Parlament kann sich ein den Willen des Volkes widerspiegelnder, überindividueller Gesamtwille nur durch das ungehinderte Zusammenwirken aller Abgeordneten bilden. Er ist Ergebnis einer Diskussion, in die jedes Parlamentsmitglied sein Wissen und seine persönlichen Überzeugungen einbringt. Der Beitrag, den der einzelne Abgeordnete zu diesem Willensbildungsprozess leistet, beruht nicht nur auf seiner Ausbildung, seinem persönlichen Werdegang und den Erfahrungen in seinem privaten Umfeld, sondern ganz wesentlich auch auf Erkenntnissen, die er durch Kontakte mit der Bevölkerung gewinnt.

96

Entgegen der Auffassung der Beklagten sind diese faktischen Nachteile für die Ausübung des freien Mandats zu berücksichtigen. Die Beklagte sieht einen Widerspruch darin, dass das Oberverwaltungsgericht den Eintritt faktischer Nachteile für den Kläger einerseits mit dem allgemeinen Bekanntwerden einer Informationsbeschaffung über ihn durch das Bundesamt für Verfassungsschutz verknüpft, aber andererseits die Rechtswidrigkeit der Erhebung von Informationen für den gesamten streitigen Zeitraum seit 1999 festgestellt hat, obwohl frühestens im Jahre 2003 allgemein bekanntgeworden sei, dass das Bundesamt Informationen über den Kläger erhebt. Die Beklagte missversteht in diesem Punkt das angefochtene Urteil. Das Oberverwaltungsgericht sieht die faktischen Nachteile zu Recht nicht erst in dem Bekanntwerden der Informationsbeschaffung, sondern in der Erhebung von Informationen selbst, weil sie mit der Gefahr des Bekanntwerdens verbunden ist. Das ist folgerichtig, weil faktische Nachteile der Informationsbeschaffung mit ihrem Bekanntwerden unwiderruflich eintreten und deshalb nicht erst ihr Bekanntwerden nur ihre Fortsetzung rechtswidrig machen kann.

97

Unerheblich ist ferner, dass nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts der Kläger im konkreten Fall selbst die Erhebung von Informationen über ihn durch das Bundesamt für Verfassungsschutz publik gemacht hat (Seite 79 des Urteilsabdrucks). Die Beklagte möchte wohl geltend machen, der Kläger (oder ein anderer Abgeordneter in vergleichbarer Lage) verhalte sich treuwidrig, wenn er die (sonst geheim bleibende) Beschaffung von Informationen über ihn durch den Verfassungsschutz selbst an die Öffentlichkeit bringt, um dann unter Berufung auf die damit ausgelösten faktischen Erschwernisse seiner Arbeit einen unverhältnismäßigen Eingriff in das freie Mandat geltend zu machen. Der Kläger ist jedoch nicht gehindert, publik zu machen, dass der Verfassungsschutz über ihn Informationen erhebt. Dies hat zwar einerseits die geschilderten faktischen Nachteile, kann aber gleichzeitig andererseits bei den ohnehin von seiner Arbeit Überzeugten eine Solidarisierung gegen seine "Bespitzelung" auslösen und ihm in diesem Kreis der Bevölkerung nützlich sein. Darauf darf der Kläger hinarbeiten.

98

Unabhängig von ihren Auswirkungen auf das freie Mandat kann sich eine (auch offene) Informationsbeschaffung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz nachteilig auf die politische Betätigung in Parlament und Partei auswirken. Wer sich beobachtet weiß und damit rechnen muss, dass seine Worte gesammelt und ausgewertet werden, verhält sich beispielsweise bei politischen Äußerungen oder der Unterschrift unter Aufrufe möglicherweise zögerlich oder ängstlich, kann sich jedenfalls in seiner politischen Arbeit gehemmt fühlen (vgl. hierzu wenn auch in etwas anderem Zusammenhang: BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - BVerfGE 65, 1 <43>).

99

Nicht berücksichtigt werden können hingegen hier (wie auch schon in anderem Zusammenhang) die vom Kläger beklagten Nachteile, die ihm daraus erwachsen sind, dass der Verfassungsschutz oder einzelne seiner Mitarbeiter den politischen Gegner gezielt mit Informationen versorgen, insbesondere zu einer Verwendung gegen den Kläger im Wahlkampf. Ein solches Verhalten wäre, weil von keiner Ermächtigungsgrundlage gedeckt, rechtswidrig und hat daher zu unterbleiben.

100

Diese Nachteile für die Ausübung des freien Mandats werden aber dadurch erheblich gemildert, dass sich das Bundesamt für Verfassungsschutz auf die offene Informationsbeschaffung beschränkt. Die Freiheit des Mandates wäre im Kern betroffen, wenn der Abgeordnete in seiner Arbeit mit den Menschen seines Vertrauens oder mit Menschen, die sich ihm anvertrauen, heimlich beobachtet würde. Dasselbe gälte für eine heimliche Beobachtung in seiner parlamentarischen Arbeit, soweit diese sich unter Ausschluss der Öffentlichkeit vollzieht. Gegenstand der offenen Informationsbeschaffung sind jedoch nur öffentlich wahrnehmbare Tätigkeiten, die regelmäßig ohnehin auf eine möglichst weitreichende Wirkung und Kenntnisnahme gerichtet sind. Insoweit zielt der einzelne öffentlichkeitswirksame Beitrag eines Abgeordneten ohnehin über seine Person hinaus. Zudem bleibt der Kernbereich der parlamentarischen Arbeit von der Informationsbeschaffung ausgenommen.

101

Ferner hat das Oberverwaltungsgericht keine Anhaltspunkte dafür feststellen können, dass der Kläger sich durch die offene Informationsbeschaffung inhaltlich in seiner politischen Arbeit beeinflussen lassen könnte. Das Oberverwaltungsgericht verweist insoweit auf eine Erklärung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, nach der er eine solche Beeinflussung ausdrücklich verneint hat.

102

Nachteilig betroffen ist ferner - wie bereits aufgezeigt - das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers insoweit, als sich die Informationsbeschaffung auf Tätigkeiten erstreckt, die er in anderen Funktionen als in seiner Eigenschaft als Abgeordneter wahrnimmt. Durch die auf Vollständigkeit angelegte Sammlung aller Äußerungen und die Zusammenfassung der zusammengetragenen Unterlagen in einer Personenakte entsteht ein Informationsgehalt, der als Gesamtbild der politischen Persönlichkeit über das hinausgeht, was als Eindruck aus öffentlichen Äußerungen haften bleibt, die bei Gelegenheit wahrgenommen werden.

103

Jedoch wirkt sich die Informationsbeschaffung über den Kläger nur geringfügig auf sein Persönlichkeitsrecht aus. Das Bundesamt für Verfassungsschutz erhebt nur Informationen, die durch die Veröffentlichung in allgemein zugänglichen Quellen einem unbestimmt großen Personenkreis bekannt geworden sind. Sie betreffen nicht den persönlichen Lebensbereich des Klägers, sondern ausschließlich dessen politische Tätigkeit in der Öffentlichkeit. Das umfassende Bild der Aktivitäten und Ansichten des Klägers bleibt auf dessen politische Tätigkeit beschränkt, die sich ohnehin zu einem großen Teil öffentlich abspielt und von den Medien und den politischen Gegnern genau beobachtet wird. Es betrifft den Kläger nicht in seiner persönlichen Lebensführung.

104

Auf der anderen Seite ist der Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung für den Bestand des Grundgesetzes und der in ihm verkörperten Werteordnung von existentieller Bedeutung.

105

Diesem Schutz dient zwar vor allem die Erhebung von Informationen über die Partei als solcher und der in ihr aktiven radikalen Kräfte. Die offene Informationsbeschaffung über den Kläger, deren Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen in tatsächlicher Hinsicht vom Oberverwaltungsgericht bindend festgestellt wurden, mag im Vergleich dazu nur einen begrenzten zusätzlichen Erkenntnisgewinn bieten. Jedoch ist auch dieser Gewinn an Erkenntnissen nicht zu vernachlässigen, wie schon ausführlich dargelegt. Spitzenfunktionäre einer Partei sind für deren Entwicklung und Ausrichtung von erheblicher Bedeutung. Erst Erkenntnisse über ihr Verhalten runden das Bild ab. Gerade die führenden Persönlichkeiten einer Partei werden, wenn diese den Stimmenanteil für einen Einzug in das Parlament erreicht, regelmäßig zu den Abgeordneten ihrer Partei gehören. Müssten sie deshalb von einer Beobachtung ausgenommen werden, obwohl tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen ihrer Partei vorliegen, wäre die Sammlung von Informationen über Aktivitäten gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung wesentlich eingeschränkt. Im konkreten Fall würde dies beispielsweise auch für führende Repräsentanten der offen verfassungsfeindlichen Gruppierungen in der Partei DIE LINKE gelten, die aufgrund der vom Oberverwaltungsgericht dargelegten Stellung dieser Gruppierungen in der Partei einen günstigen Listenplatz für die Parlamentswahl und als Folge davon ein Abgeordnetenmandat erhalten haben.

106

Danach überwiegen die Vorteile einer Beschaffung von Informationen über den Kläger die diesem dadurch erwachsenden Nachteile. Diese verbleibenden Nachteile hinzunehmen, ist dem Kläger zuzumuten.

107

Der Kläger hat durch seine herausgehobene politische Betätigung in einer Partei, bei der Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung bestehen, einen ihm zurechenbaren Anlass für die Erhebung von Informationen über ihn durch das Bundesamt für Verfassungsschutz geschaffen. Die Arbeit für und in der Partei lässt sich nicht säuberlich von der Wahrnehmung des Mandats trennen. Die politische Einbindung des Abgeordneten in Partei und Fraktion ist verfassungsrechtlich erlaubt und gewollt. Das Grundgesetz weist den Parteien eine besondere Rolle im Prozess der politischen Willensbildung zu (Art. 21 Abs. 1 GG), weil ohne die Formung des politischen Prozesses durch geeignete freie Organisationen eine stabile Demokratie in großen Gemeinschaften nicht gelingen kann. Die Fraktionen nehmen im parlamentarischen Raum unabdingbare Koordinierungsaufgaben wahr, bündeln die Vielfalt der Meinungen zur politischen Stimme und spitzen Themen auf politische Entscheidbarkeit hin zu. Wenn der einzelne Abgeordnete im Parlament politischen Einfluss von Gewicht ausüben, wenn er gestalten will, bedarf er der abgestimmten Unterstützung (BVerfG, Urteil vom 4. Juli 2007 - 2 BvE 1/06 - BVerfGE 118, 277 <328>). Kehrseite dieser Vorteile, die der Abgeordnete bei der Wahrnehmung seines Mandats aus seiner Einbindung in eine Partei zieht, ist aber, dass er die Nachteile für seine Arbeit hinzunehmen hat, die sich an zulässige Maßnahmen des Verfassungsschutzes gegen die Partei knüpfen, für die er als Abgeordneter wirken will.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind

a)
Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, die Freiheit des Bundes oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu ihm gehörendes Gebiet abzutrennen;
b)
Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, den Bund, Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen;
c)
Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung solche politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, einen der in Absatz 2 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen.
Für einen Personenzusammenschluß handelt, wer ihn in seinen Bestrebungen nachdrücklich unterstützt. Bestrebungen im Sinne des § 3 Absatz 1 können auch von Einzelpersonen ausgehen, die nicht in einem oder für einen Personenzusammenschluss handeln. In diesem Fall gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Verhaltensweise der Einzelperson darauf gerichtet sein muss, die dort genannten Ziele zu verwirklichen. Voraussetzung für die Sammlung und Auswertung von Informationen im Sinne des § 3 Abs. 1 ist das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte.

(2) Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes zählen:

a)
das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen,
b)
die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht,
c)
das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition,
d)
die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung,
e)
die Unabhängigkeit der Gerichte,
f)
der Ausschluß jeder Gewalt- und Willkürherrschaft und
g)
die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes beeinträchtigt den Bestand der Bundesrepublik Deutschland, wer ihre Freiheit von fremder Botmäßigkeit aufhebt, ihre staatliche Einheit beseitigt oder ein zu ihr gehörendes Gebiet abtrennt.

(2) Im Sinne dieses Gesetzes sind Verfassungsgrundsätze

1.
das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen,
2.
die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht,
3.
das Recht auf die Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition,
4.
die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung,
5.
die Unabhängigkeit der Gerichte und
6.
der Ausschluß jeder Gewalt- und Willkürherrschaft.

(3) Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland solche Bestrebungen, deren Träger darauf hinarbeiten, den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen (Absatz 1),
2.
Bestrebungen gegen die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland solche Bestrebungen, deren Träger darauf hinarbeiten, die äußere oder innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen,
3.
Bestrebungen gegen Verfassungsgrundsätze solche Bestrebungen, deren Träger darauf hinarbeiten, einen Verfassungsgrundsatz (Absatz 2) zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind

a)
Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, die Freiheit des Bundes oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu ihm gehörendes Gebiet abzutrennen;
b)
Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, den Bund, Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen;
c)
Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung solche politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, einen der in Absatz 2 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen.
Für einen Personenzusammenschluß handelt, wer ihn in seinen Bestrebungen nachdrücklich unterstützt. Bestrebungen im Sinne des § 3 Absatz 1 können auch von Einzelpersonen ausgehen, die nicht in einem oder für einen Personenzusammenschluss handeln. In diesem Fall gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Verhaltensweise der Einzelperson darauf gerichtet sein muss, die dort genannten Ziele zu verwirklichen. Voraussetzung für die Sammlung und Auswertung von Informationen im Sinne des § 3 Abs. 1 ist das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte.

(2) Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes zählen:

a)
das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen,
b)
die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht,
c)
das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition,
d)
die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung,
e)
die Unabhängigkeit der Gerichte,
f)
der Ausschluß jeder Gewalt- und Willkürherrschaft und
g)
die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes beeinträchtigt den Bestand der Bundesrepublik Deutschland, wer ihre Freiheit von fremder Botmäßigkeit aufhebt, ihre staatliche Einheit beseitigt oder ein zu ihr gehörendes Gebiet abtrennt.

(2) Im Sinne dieses Gesetzes sind Verfassungsgrundsätze

1.
das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen,
2.
die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht,
3.
das Recht auf die Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition,
4.
die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung,
5.
die Unabhängigkeit der Gerichte und
6.
der Ausschluß jeder Gewalt- und Willkürherrschaft.

(3) Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland solche Bestrebungen, deren Träger darauf hinarbeiten, den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen (Absatz 1),
2.
Bestrebungen gegen die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland solche Bestrebungen, deren Träger darauf hinarbeiten, die äußere oder innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen,
3.
Bestrebungen gegen Verfassungsgrundsätze solche Bestrebungen, deren Träger darauf hinarbeiten, einen Verfassungsgrundsatz (Absatz 2) zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben.

Tenor

I. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Beobachtung des Antragstellers bis auf Weiteres nicht erneut bekannt zu machen.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

II. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.

III. Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Antragsgegners, seine Beobachtung durch das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz (im Folgenden: Landesamt) wegen Äußerungen über die Identitäre Bewegung zu unterlassen, hilfsweise die Beobachtung des Antragstellers nicht erneut öffentlich bekannt zu machen.

Der Antragsteller ist ... Vorsitzender des Landesverbandes ... der Partei ... und steht auf Platz ... der ...-Landesliste für die Bundestagswahl.

Die Identitäre Bewegung ist eine (Jugend-)Gruppierung mit französischen Wurzeln, die seit 2012 als Identitäre Bewegung Deutschland (im Folgenden: IBD) auch in Deutschland aktiv ist. Sie versteht sich selbst als „metapolitischer und aktivistischer Arm der Neuen Rechten“, der sich abseits von Rassismus und Nationalismus für den Erhalt der „ethnokulturellen Identität“ der europäischen Völker einsetzt. Sie wendet sich gegen „unkontrollierte Massenzuwanderung“, „Islamisierung“ und den „Verlust der eigenen Identität durch Überfremdung“ und will dem „Großen Austausch“ der Kulturen mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen begegnen, die sich an einer „Politik der Remigration und Leitkultur“ orientieren. Der eingetragene Verein steht wegen Anhaltspunkten für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung unter der Beobachtung der Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern. In Bayern ist die IBD seit 21. Januar 2016 Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes.

Anlässlich einer Veranstaltung des ...-Kreisverbandes ...- ... am 19. März 2017 in ... zum Thema „Strategische Ausrichtung ...“, zu der sich die Teilnehmer vorher per E-Mail anzumelden hatten, trat der Antragsteller als Redner auf. Im YouTube-Kanal ... wurde am ... ein Video der Rede des Antragstellers veröffentlicht. Ab Minute ... des Videos äußert sich der Antragsteller darüber, dass er über die Internetseite des Vereins ... unter der Rubkrik „Rechte Termine ... von ihm nicht bekannten Terminen der IBD erfahren habe. Wörtlich führt der Antragsteller dann aus:

“Identitäre ist ´ne tolle Organisation. Das ist ´ne Vorfeldorganisation von ... und die müssen wir unterstützen.“

Auf der Internetseite ... erschien unter dem ... (gesichert von der Antragsgegnerin am ... unter Bezugnahme auf ein kürzlich von Seiten des Antragstellers erfolgtes Lob für die Arbeit der IBD, die immer ohne Gewalt, aber mit viel Geist und oft auch einer Portion Humor daher komme, eine vom Antragsteller verfasste, mit „Die Schutzschild-Strategie“ überschriebene Stellungnahme. Der Antragsteller führt darin aus:

„Meine Erwähnungen der IB in den letzten Tagen haben hohe Wellen geschlagen. Viele Menschen sind dankbar, dass ich mich als führender Politiker ... schützend vor die IB gestellt habe. Andere – vor allem Kollegen aus ... – sind wiederum beunruhigt, weil sie befürchten, dass uns die Nähe zur IB in die Nähe der Beobachtung des VfS rückt.

Die einen wollen die totale Distanzierung von der IB, die anderen die totale Umarmung mit ihr. Ich werde mit diesem Papier wohl beide Gruppen enttäuschen – denn ich halte beides für falsch. Das eine würde uns bedeutend schwächen, das andere wäre auf lange Sicht für die ... sogar lebensbedrohlich.

Zur Identitären Bewegung

Ich bin kein Experte für die IB. Aber das, was ich von deren Aktionen bisher mitbekomme habe, finde ich sehr gut. Die Aktionen sind alle intelligent, haben Witz und sind alle gewaltfrei. Das kann man von vielen Aktionen von linken Organisationen (vor allem der Antifa) nicht behaupten. Mir ist bewusst, dass die IB vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Bis jetzt konnte mir aber niemand plausibel erklären, warum das Aufstellen von Kreuzen auf bayerischen Berggipfeln etwas sein sollte, das unsere verfassungsmäßige Ordnung bedrohen soll, das Anzünden von Autos und das physische Bedrohen von Andersdenkenden, wie es die Antifa betreibt, hingegen nicht. So lange diese Disproportionalität bestehen bleibt, muss ich auch weiterhin davon ausgehen, dass hier der Verfassungsschutz gegen die IB politisch instrumentalisiert wird.

Die mir persönlich bekannten Aktionen der IB verdienen unseren Respekt – Banner auf dem Brandenburger Tor, Banner auf dem „Buskunstwerk“ in Dresden, die Übergabe der Urkunde für „hervorragende Dienste bei der Zensur“ an Stasi-Kahane von der Denunzianten-Amadeu-Antonio-Stiftung usw. – sie alle sind intelligent, haben Humor und sind absolut gewaltfrei. Darüber hinaus arbeitet die IB mit modernen Kommunikationsmitteln und ist auch damit auf der Höhe der Zeit. Das ist alles den selbst gebastelten und durch wiederholte Einsätze mittlerweile schmuddeligen Bettlaken der Bahnhofsklatscher um Lichtjahre voraus.

Ich erkenne hier nichts Rassistisches, nichts Fremdenfeindliches und schon gar nichts, was die Verfassung unseres Landes bedrohen würde. Ebenso gelingt es mir nicht (selbst nach mehrmaliger Betrachtung) aus dem Motto der IB: „Heimat, Freiheit, Tradition – Multikulti Endstation“ etwas Negatives herauszulesen. Mir persönlich ist es lieber, wenn auf den Gipfeln der bayerischen Berge auch weiterhin die christlichen Kreuze stehen, als dass dort der islamische Halbmond thront.

Daher gründet meine Sympathiebekundung gegenüber der IB auf tiefem Respekt vor deren Mut, Intelligenz und Entschlossenheit. Die IB ist für die AfD das, was die Greenpace für die Grünen war

Rolle der AfD

Manche sind der Meinung, dass wir all die Leute, die sich in der außerparlamentarischen Opposition engagieren, in die Partei aufnehmen sollten (IB, Pegida etc. pp.), weil wir eine „Bewegungspartei“ seien. Das sehe ich nicht so. Ich bin für eine strikte Trennung von parlamentarischer und außerparlamentarischer Opposition. Wir sind eine parlamentarische Partei; Pegida, IB etc. sind außerparlamentarische Opposition. Wir haben ähnliche Ziele, wollen diese aber auf unterschiedlichen Wegen erreichen. Politik in einer Partei zu machen, ist „das langsame Bohren dicker Bretter“ (* ...*). Das ist oft ‚langweilige‘ Parlamentsarbeit, inhaltliches Klein-Klein in den Fachausschüssen, Paragraphenreiterei, und ein wenig Öffentlichkeitsarbeit und Medienauftritte. Diese Arbeit erfordert grundsätzlich einen anderen Typus Mensch, als der Straßenkampf, bzw. der außerparlamentarische Aktionismus. Wer Bewegung will, soll auf die Straße gehen.

Es gelangt zwar Einzelnen – wie dem Grünen ... – beides zu verbinden. Doch grundsätzlich tun sich die Straßenkämpfer anschließend bei der Parlamentsarbeit schwer und die typischen Parlamentarier bringen nicht besonders viele PS auf die Straße.

(Es würde einigen in unserer Partei gut tun, wenn sie erkennen würden, dass sie sich in der Tür geirrt haben, und dass sie ihr Potential viel besser in einer außerparlamentarischen Organisation zur Entfaltung bringen würden – man kann dem Vaterland auf unterschiedliche Arten dienen.)

In einer „normalen“ Umgebung könnte man trotz dieses Unterschieds eine gewisse personelle Verflechtung der parlamentarischen und der außerparlamentarischen Opposition gut heißen, bzw. sogar fördern. Doch wir leben nicht in einer „normalen“ politischen Umgebung. Wir erleben es jeden Tag, dass wir als AfD von einer ganzen Einheitsfront aus Parteien, deren Vorfeldorganisationen, Gewerkschaften, Kirchen und Verbänden bekämpft werden. Wir wissen auch, dass es bereits mehrfach Druck seitens der Politik auf den VfS gab, uns unter Beobachtung zu stellen. Es wäre dumm, unseren Gegner den Gefallen zu tun, und ihnen die Gründe für diese Beobachtung zu liefern.

Nach unseren bisherigen Erfolgen ist das einzige, womit uns das System noch das Genick brechen kann, die Beobachtung der ganzen Partei durch den VfS. Wir wissen es aus der Vergangenheit am Beispiel der Republikaner, was dann eintritt: Austritte der Beamten und Staatsbediensteten, dann der anderen Mitglieder aus der bürgerlichen Mitte – im Gegenzug Eintritte von Menschen, die nichts mehr zu verlieren haben, Radikalisierung, der Fall in die Bedeutungslosigkeit.

Wir sind nicht die Grünen, die es sich leisten konnten, mit RAF-Terroristen und allen möglichen Spinnern in die Parlamente einzuziehen, die dort dann demonstrativ in Birkenstocklatschen ihre Lamapullover gestrickt haben.

Wir sind eine Partei des Bürgertums! Das ist die gesellschaftliche Mitte – die Mittelschicht, der Mittelstand.

Anders als die Grünen, die eine relativ eng gefasste Kernzielgruppe bedienen, (wenn nicht gerade wenige Wochen vor einer Wahl irgendwo in der Welt ein Atomreaktor in die Luft fliegt), haben wir den Anspruch, eine Volkspartei zu sein und breite Massen der Bevölkerung anzusprechen.

Getrennt marschieren, gemeinsam zuschlagen.

Daraus ergeben sich für mich zwei logische Konsequenzen:

a) Wir müssen strikt auf die personelle Trennung zu Organisationen achten, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Ich habe das bei den wenigen persönlichen Begegnungen mit den Jungs von der IB, die ich bisher hatte, auch ihnen in dieser Deutlichkeit klar kommuniziert. Sie sind darüber nicht begeistert, können es aber sehr gut nachvollziehen und akzeptieren das. Ich rechne ihnen das hoch an, dass sie diese Trennung respektieren – im Gegensatz zu einigen anderen Gruppierungen.

b) Wir müssen als parlamentarische Partei das Schutzschild für all die Menschen sein, die sich bei Pegida, bei der IB, bei Sichere Heimat, Demo für alle etc. engagieren. Sie zeigen Mut, sie gehen auf die Straße, sie zeigen Missstände auf und erzeugen Druck auf das System. Wir brauchen diese außerparlamentarische Opposition, um Druck auf die Systemparteien und Systemverbände auszuüben. Es ist unsere Aufgabe, diese Menschen aus den Parlamenten heraus zu beschützen. Wir müssen dort die Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes durch die Systemparteien angreifen und beenden. Mit unseren medialen Zugängen müssen dafür sorgen, dass die Anliegen der außerparlamentarischen Opposition nicht weiter diffamiert werden. Wir müssen deren Themen in die Gesellschaft hineintragen. Kurzum: wir müssen das Schutzschild für diese Organisationen sein.

Das sehe ich als unseren aber auch als meinen persönlichen politischen Auftrag und dafür werde ich auch weiterhin kämpfen.“

Anlässlich dieser schriftlichen und mündlichen Äußerungen des Antragstellers verfügte das Landesamt mit Aktenvermerk vom 12. April 2017 die Beobachtung des Antragstellers. Die Befürwortung der IBD durch seine Äußerungen werde als tatsächlicher Anhaltspunkt für eine Unterstützung der extremistischen Zielsetzung der IBD bewertet. Sein weiteres Verhalten als Einzelperson unterliege insoweit dem gesetzlichen Beobachtungsauftrag aus Art. 4 Abs. 1 Satz 2 BayVSG.

Die IBD Bayern verlinkte in ihrem Facebook-Profil auf obenstehenden Beitrag des Antragstellers und dankte ihm für das Lob und das Statement. Ein eigens entwickeltes mit „Identitäre Bewegung“ untertiteltes Symbolbild zeigt ein mit der Aussage „Die Schutzschild-Strategie“ überlegtes Foto des Antragstellers.

Am ... zeigte das ZDF-Magazin ... den Antragsteller in dem Bericht „Machtkampf in ... – Showdown für ...“ als Redner des ... abgehaltenen Landesparteitages der ... mit folgender Aussage:

„Die sich bei Pegida engagieren, die sich bei den Identitären engagieren, wir müssen denen Schutz geben als politische Partei, die in den Parlamenten ist.“

Am 19. April 2017 äußerte sich der Präsident des Landesamtes auf einer Pressekonferenz anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts für das Jahr 2016 auf Nachfrage eines Journalisten u.a. unter Bezugnahme auf den Auftritt in ... und den Text zur „Schutzschild-Strategie“, dass der Antragsteller aufgrund seiner Äußerungen über die IBD gegenwärtig vom Verfassungsschutz beobachtet werde. Die ... selbst werde nicht beobachtet. Es sei aber interessant, wie sich die ... zu den Äußerungen des Antragstellers stelle.

Am 28. April 2017 ließ der Antragsteller seine Bevollmächtigten beim Verwaltungsgericht München Unterlassungsklage erheben (Az. M 22 K 17.1860). Zugleich beantragt er im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, den Antragsgegner zu verpflichten, es zu unterlassen, den Antragsteller durch das Landesamt mit Mitteln der offenen Informationsbeschaffung zu beobachten.

Mit Schriftsatz vom 12. Juni 2017, konkretisiert mit Schriftsatz vom 17. Juli 2017, beantragt der Antragsteller im Eilverfahren hilfsweise ferner,

dem Antragsgegner zu untersagen, die Beobachtung des Antragstellers durch den Verfassungsschutz in Zukunft bekannt zu machen.

Die Beobachtung des Antragstellers und insbesondere die Unterrichtung der Öffentlichkeit hierüber stelle nicht nur einen unzulässigen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und die Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) dar, sondern – angesichts des bevorstehenden Bundestagswahlkampfes und der Stellung des Antragsstellers als ... Landesvorsitzender der mit der ... um Wählerstimmen rivalisierenden ... – auch eine Verletzung des in Art. 21 GG verankerten grundrechtsähnlichen Parteienprivilegs und der sich aus Art. 21, 3, 20 Abs. 3 GG ergebenden Neutralitätspflicht.

Bezüglich des Antragstellers lägen keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für Bestrebungen vor, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet seien und eine Beobachtung rechtfertigen könnten. Der Antragsteller habe sich in Bezug auf einige Aspekte zwar anerkennend zur IBD geäußert, diese Äußerungen seien aber vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Der Antragsteller habe bei seinen auf einzelne gewaltfreie und humorvolle Aktionen der IBD bezogenen Äußerungen stets zu erkennen gegeben, dass er kein Experte für die IBD sei und nicht sämtliche Inhalte, Äußerungen und Aktionen der IBD bewerten wolle. Er identifiziere sich nicht notwendig mit den Inhalten der IBD, sondern habe, da er hinsichtlich der ihm bekannten Aktionen keine Bestrebungen gegen die verfassungsrechtliche Grundordnung habe erkennen können, lediglich deren verfassungsrechtlich gewährleistetes Recht verteidigt, Aussagen treffen zu dürfen, ohne in einer rechtlich zweifelhaften Weise in den Verfassungsschutzbericht aufgenommen zu werden. Damit habe sich der Antragsteller weder zum Anwalt der IBD gemacht noch diese in Bausch und Bogen und vorbehaltlos mit einem Gütesiegel versehen. Er habe in seiner „Schutzschild-Strategie“, die sich auf verschiedene Bewegungen der außerparlamentarischen Opposition bezogen habe, auch die strikte Trennung der ... von solchen Gruppierungen betont, personell wie inhaltlich.

Die Ziele der IBD seien bei unvoreingenommener Betrachtung auch nicht verfassungsfeindlich. Die völlige Übereinstimmung mit dem Grundgesetz und das uneingeschränkte Bekenntnis zur Gewaltlosigkeit ließen eine Beobachtung der IBD absurd erscheinen. Dem Verfassungsschutz falle es denn auch ersichtlich schwer, die letztlich nur politisch motivierte Beobachtung der IBD und damit auch des Antragstellers zu begründen. Dass sich die IBD auf eine „antidemokratische, antiliberale und antiegalitäre Strömung der Weimarer Zeit“ berufe, sei eine haltlose Unterstellung. Dass ein Volk eine ethnokulturelle Identität habe, die sich durch eine gemeinsame Sprache, Kultur, Herkunft und Religion auszeichne, sei weder unzutreffend noch zu beanstanden; die gesehene Nähe zur extremistischen Blut-und-Boden-Ideologie sei nicht nachvollziehbar. Die Verteidigung und Bewahrung von Heimat, Freiheit und Tradition stehe nicht im Widerspruch zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung.

Hinsichtlich der Bekanntgabe der Beobachtung sei von einem offensichtlichen Ermessensmissbrauch auszugehen. Die Schwere des Eingriffs in die Grundrechte und grundrechtsähnlichen Prinzipien aus Art. 9, 5 und 21 GG, die durch die Bekanntgabe einer staatlichen Beobachtung des Vorsitzenden einer Oppositionspartei herbeigeführt werde, stehe in keinem Verhältnis zum Grad der Art und Weise der möglichen, aber nicht wirklichen Beeinträchtigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Sie widerspreche außerdem schon dem Zweck der Beobachtung.

Der Antragsgegner beantragt,

den Haupt- und Hilfsantrag abzulehnen.

Der Verfassungsschutz sei als Frühwarnsystem im Vorfeld von konkreten Gefahren im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgabenerfüllung verpflichtet, frühzeitig extremistischen Bestrebungen nachzugehen und gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen, die auch von Einzelpersonen ausgehen könnten, zu beobachten. Eine Beobachtung sei bereits beim Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für solche Bestrebungen zulässig. Diese seien hinsichtlich des Antragstellers gegeben. Er habe in seinen Äußerungen im Wissen um deren Beobachtung durch den Verfassungsschutz zuletzt mehrfach eine ausgeprägte Nähe zur rechtsextremistischen IBD erkennen lassen. Mit dem bewusst gewählten Begriff der zu unterstützenden „Vorfeldorganisation“ mache der Antragsteller deutlich, dass er ein weit über eine reine Sympathiebekundung hinausgehendes, enges, vernetztes und sich gegenseitig unterstützendes Verhältnis der ... zur IBD anstrebe. Der Antragsteller bemühe sich zwar in seiner „Die Schutzschild-Strategie“ überschriebenen Stellungnahme auf ... die ...-internen Strömungen pro und contra der IBD zu bedienen, seine Forderung nach einer personellen Trennung zwischen ... und IBD sei aber letztlich einzig der Sorge geschuldet, damit Gründe für eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz zu liefern. Die Formulierung „Getrennt marschieren, gemeinsam zuschlagen“ zeige, dass der Antragsteller eine enge, auch inhaltliche Zusammenarbeit mit der IBD strategisch plane. Diese propagiere einen europäischen Ethnopluralismus, d.h. die räumliche und kulturelle Trennung unterschiedlicher Ethnien, was letztlich die Ausweisung großer Bevölkerungsteile unter Missachtung der vom Grundgesetz garantierten Menschenrechte zur Folge habe. Es sei eine starke Nähe zum biologistischen Denken und der völkischen Ideologie von Rechtsextremisten erkennbar. Ideal der IBD sei zudem die attische Demokratie ohne Parlamentarismus, in der Entscheidungen und Wahlen von einem „einheitlichen“ Volk getragen würden. Die Ablehnung des Parlamentarismus und von Parteien stehe im Widerspruch zum Mehrparteiensystem und zur Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Ausübung einer Opposition. Da die IBD ideologisch an das Gedankengut der „Konservativen Revolution“ anknüpfe, sei davon auszugehen, dass sich ebenso wie mit dieser einerseits die Überwindung des bestehenden demokratischen Verfassungsstaates und andererseits die Einsetzung von angeblich erhaltenswerten politischen Prinzipien verbinde. Der ...Bundesvorstand habe den Antragsteller (einem Bericht der F.A.Z. vom ... zu Folge) auch für seine Äußerungen über die IBD unter Berufung auf den vom Bundesvorstand getroffenen „Unvereinbarkeitsbeschluss“, der die Unterstützung verfassungsfeindlicher Organisationen durch ...-Mitglieder verbiete, abgemahnt. Dies habe der Antragsteller, wie der Homepage des ... zu entnehmen sei, akzeptiert.

Die Beobachtung des Antragstellers sei auch verhältnismäßig. Erst auf der Grundlage der Beobachtungen werde es den zuständigen staatlichen Stellen möglich, sich eine auf tatsächliche Erkenntnisse gestützte Meinung über das Ausmaß der Unterstützung zu bilden und zu bewerten, ob die Voraussetzungen für weitergehende staatliche Maßnahmen vorlägen.

Auch die Voraussetzungen des Art. 26 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und Abs. 3 BayVSG für eine Unterrichtung der Öffentlichkeit seien erfüllt. Unterstütze ein Mitglied einer nicht dem Beobachtungsauftrag unterliegenden Partei – noch dazu eine Führungskraft – verfassungsfeindliche Bestrebungen, habe die Öffentlichkeit ein berechtigtes Interesse, von diesen Fliehkräften unter Bekanntgabe personenbezogener Daten zu erfahren. Die Bekanntgabe sei auch verhältnismäßig. Sie sei situationsabhängig, mündlich und auf ein ausdrückliches Auskunftsersuchen eines Pressevertreters erfolgt, der sich wiederum auf Art. 4 BayPrG als Ausfluss der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 11 BV gewährleisteten Pressefreiheit berufen könne. Es sei zudem ausdrücklich dargelegt worden, dass sich der Beobachtungsauftrag nicht auf die ... in Gänze beziehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

II.

Das mit dem Hauptantrag verfolgte Begehren auf vorläufige Unterlassung der Beobachtung durch den Verfassungsschutz bleibt ohne Erfolg. Dem Hilfsantrag war dagegen entsprechend dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang stattzugeben.

1. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Maßgeblicher Zeitpunkt für die vorzunehmende summarische Prüfung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

2. Hinsichtlich des Hauptantrags ist ein Anordnungsgrund ersichtlich gegeben, da die vom Antragsteller als Rechtsverletzung gerügte Beobachtung durch den Verfassungsschutz andauert.

Der Antragsteller hat aber keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Voraussetzungen des geltend gemachten und mit der Hauptsacheklage verfolgten öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs, der mangels spezialgesetzlicher Regelungen allein aus grundrechtlich geschützten Rechtspositionen abzuleiten ist (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 21.5.2008 – 6 C 13.07 – juris Rn. 13; U.v. 25.1.2012 – 6 C 9.11 – juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 16.7.2010 – 10 CE 10.1201 – juris Rn. 16; B.v. 23.9.2010 – 10 CE 10.1830 – juris Rn. 18), liegen nach Auffassung der Kammer nicht vor. Vielmehr ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die mit der Beobachtung einhergehenden Beeinträchtigungen des Antragstellers rechtmäßig und von diesem daher hinzunehmen sind.

2.1 Der Antragsgegner greift mit der Beobachtung allerdings in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen des Antragstellers ein. Bei einer Beobachtung handelt es sich – auch wenn sie aus offenen, allgemein zugänglichen Quellen wie Druckerzeugnissen, Programmen und Aufrufen erfolgt – um einen sich mit der Dauer der Maßnahme verstärkenden Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. Sie ermöglicht die Erstellung zumindest partieller Persönlichkeitsbilder und kann im Fall der offenen Durchführung deshalb eine erhebliche Belastung bedeuten, weil der Staat dem Betroffenen die soziale Kontaktaufnahme mit anderen Personen erschwert. Zudem kann sie, wenn sie bekannt wird, zu seiner Stigmatisierung in der Öffentlichkeit führen (BVerwG, U.v. 21.07.2010 – 6 C-22/09 – juris Rn. 95).

Darüber hinaus steht hier auch eine zumindest mittelbare Beeinträchtigung des Grundrechts der Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) und weiter des Rechts auf Chancengleichheit im Wettbewerb von politischen Parteien (Art. 21 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG) inmitten, geht man davon aus, wofür vieles spricht, dass sich der Antragsteller hierauf jedenfalls der Sache nach – auch wenn ggf. eine dogmatische Verortung in den Freiheitsgrundrechten zu suchen wäre – berufen kann (vgl. Maunz/Dürig, GG, Stand Dezember 2016, Art. 21 Rn. 263).

2.2 Der Antragsgegner ist nach summarischer Prüfung aber zur Beobachtung des Antragstellers aufgrund seiner Äußerungen über die IBD berechtigt.

2.2.1 Rechtsgrundlage für die angegriffene Maßnahme der Beobachtung sind Art. 5 Abs. 1 Nr. 1 und Art. 3 BayVSG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 4 BVerfSchG.

Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayVSG gewährt dem Landesamt allgemein die Befugnis, Informationen zu erheben, zu verarbeiten und zu nutzen, soweit dies u.a. zur Erfüllung seiner Aufgaben nach Art. 3 BayVSG i.V.m. § 3 BVerfSchG erforderlich ist, wobei die Sammlung von Informationen und deren Auswertung zusammen die Beobachtung ausmachen (vgl. Droste, Handbuch des Verfassungsschutzes, 2007, S. 44).

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG ist es Aufgabe der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder Informationen über Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, zu sammeln und auszuwerten. Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Gesetzes zählen gemäß § 4 Abs. 2 BVerfSchG unter anderem das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben (a), das Recht auf Bildung und Ausübung einer Opposition (c) und die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte (g).

Bestrebungen sind gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayVSG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen, in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, einen der in § 4 Abs. 2 BVerfSchG genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. Für einen Personenzusammenschluss handelt dabei, wer ihn in seinen Bestrebungen nachdrücklich unterstützt.

Bestrebungen gehen über bloße politische Meinungen hinaus. Kritik an der Verfassung und ihren wesentlichen Elementen ist ebenso erlaubt wie die Äußerung der Forderung, tragende Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu ändern. Es ist allerdings verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn die Verfassungsschutzbehörde insoweit an die Inhalte von Meinungsäußerungen anknüpft, als diese Ausdruck eines Bestrebens sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beseitigen. Es ist dem Staat grundsätzlich nicht verwehrt, aus Meinungsäußerungen Schlüsse zu ziehen und gegebenenfalls Maßnahmen zum Rechtsgüterschutz zu ergreifen. Wenn Äußerungen Bestrebungen zur Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung erkennen lassen, darf der Staat diese auch zum Anlass nehmen, Schutzmaßnahmen zu ergreifen (BVerfG, B.v. 24.5.2005 – 1 BvR 1072/01 – BVerfGE 113, 63; BVerwG, U.v. 21.7.2010 – 6 C-22/09 – BVerwGE 137, 275). Kritik an einem Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung muss danach nur als „bloße“ Kritik unberücksichtigt bleiben, nicht jedoch, wenn sie verbunden ist mit der Ankündigung konkreter Aktivitäten zur Beseitigung dieses Verfassungsgrundsatzes oder mit der Aufforderung zu solchen Aktivitäten. Bei Meinungsäußerungen, die von oder innerhalb einer politischen Partei abgegeben werden, liegt es zumindest nahe, dass sie mit der Intention einer entsprechenden Änderung der realen Verhältnisse abgegeben werden; denn politische Parteien sind gerade auf Änderung der politischen Verhältnisse ausgerichtet (BVerwG, U.v. 21.7.2010 – 6 C-22/09 – BVerwGE 137, 275; Murswiek, NVwZ 2006, 121).

Ob die Voraussetzungen für eine Beobachtung vorliegen, unterliegt in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle. Dem Antragsgegner steht insoweit keine Einschätzungsprärogative zu. Dies gilt sowohl für das Vorliegen der behaupteten Tatsachen als auch für die daraus gezogenen, wertenden Schlussfolgerungen (VGH München, U.v. 22.10.2015 – 10 B 15.1320 – juris; in diesem Sinne wohl auch BVerwG, U.v 17.10.1990 – 1 C-12/88 – BVerwGE 87, 23 zur Überprüfung von Maßnahmen nach dem G 10-Gesetz).

Voraussetzung für die Sammlung und Auswertung von Informationen im Rahmen des Beobachtungsauftrags ist das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte (vgl. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 BayVSG). Verlangt wird mehr als bloße Vermutungen, Mutmaßungen, Annahmen oder Hypothesen. Andererseits bedarf es auch nicht der Gewissheit, dass Schutzgüter der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beseitigt oder außer Kraft gesetzt werden sollen. Es müssen vielmehr konkrete und in gewissem Umfang verdichtete Umstände als objektive Tatsachenbasis vorliegen, die bei vernünftiger Betrachtung die Annahme eines Verdachts rechtfertigen (BVerfG, U.v. 14.7.1999 – 1 BvR 2226/94 – BVerfGE 100, 313, 395). Zur Annahme eines solchen Verdachts kann auch die Gesamtschau aller vorhandenen tatsächlichen Anhaltspunkte führen, wenn jeder für sich genommen einen solchen Verdacht noch nicht zu begründen vermag (BVerwG, U.v. 17.10.1990 – 1 C-12/88 – BVerwGE 87, 23, 28; BVerwG, U.v. 21.7.2010 – 6 C-22/09 – juris Rn. 30). Eine solche Verdachtslage besteht zudem bereits dann, wenn ein die Schutzgüter objektiv beeinträchtigendes Verhalten festgestellt werden kann, ohne dass es auf das subjektive Merkmal des Beeinträchtigenwollens ankommt. Solche tatsächlichen Anhaltspunkte können sich z.B. ergeben aus offiziellen Programmen, Satzungen oder sonstigen Veröffentlichungen, aus Verlautbarungen bzw. Aktivitäten von Funktionären oder Anhängern sowie aus Verbindungen zu bereits als extremistisch erkannten Gruppen oder Einzelpersonen.

Die Anhaltspunkte müssen entsprechend gewichtig sein, um die jeweilige staatliche Reaktion zu rechtfertigen. Die Abstufung der Reaktion auf mögliche verfassungsfeindliche Bestrebungen von der bloßen Beobachtung über die Warnung der Öffentlichkeit durch entsprechende Berichterstattung im Verfassungsschutzbericht bis hin zum Verbot einer Organisation schließt es aus, jeweils das gleiche Gewicht für tatsächliche Anhaltspunkte für solche Bestrebungen zu verlangen (vgl. BVerwG, U.v. 21.7.2010 – 6 C-22/09 – juris Rn. 31). Für die Beobachtung aus offenen Quellen ist von einer relativ niedrigen Eingriffsschwelle auszugehen. Es genügt, wenn Umstände gegeben sind, die bei vernünftiger Betrachtungsweise auf solche Bestrebungen hindeuten und daher eine weitere Abklärung erforderlich erscheint.

An dieser Stelle ist schließlich noch darauf hinzuweisen, dass eine Beobachtung des Antragstellers aus offenen Quellen nicht schon deshalb ausgeschlossen ist, weil Einzelpersonen – außerhalb des Sonderfalles des § 4 Abs. 1 Satz 4 BVerfSchG – nicht selbständiges Beobachtungsobjekt sein könnten, wie der Antragsteller meint. Eine solche Annahme ergibt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn und Zweck der einschlägigen Bestimmungen des BayVSG und des BVerfSchG. Nach § 3 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 BVerfSchG haben die Verfassungsschutzbehörden nicht Personenzusammenschlüsse zu beobachten, sondern Informationen über Bestrebungen, also Verhaltensweisen von Personen, zu sammeln und auszuwerten. Solche Verhaltensweisen können aber schon qua Gesetz nicht nur von Einzelpersonen, die Mitglieder eines Zusammenschlusses sind („in“), sondern auch von Personen, die außerhalb der Gruppierung stehen („für“), vorgenommen werden. Auch wenn die einzelne Person insoweit nicht als solche, sondern wegen ihrer „organisatorischen Rückkoppelung“ verfassungsschutzrelevant ist, kann ihre Verhaltensweise jedenfalls dann nicht nur dem Personenzusammenschluss, sondern auch ihr als Einzelperson zuzuordnen sein, wenn hieran ein verfassungsschutzrechtliches Erkenntnisinteresse besteht, weil etwa deren individuelle politische Entwicklungslinien nachvollzogen werden sollen oder aber das Verhältnis bzw. die Verbindung zu einem Personenzusammenschluss oder einer Gruppe – wie wohl auch vorliegend – (zunächst noch) unklar ist. (Roth in Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, BVerfSchG, 2014, §§ 3, 4 Rn. 94 ff.; Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, 2007, S. 168 ff.).

2.2.2 Gemessen an diesen Vorgaben ist davon auszugehen, dass die derzeitige Beobachtung des Antragstellers mit Mitteln der offenen Informationsbeschaffung rechtmäßig ist. Hinsichtlich der IBD liegen tatsächliche Anhaltspunkte vor, die geeignet sind, den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen zu begründen (a). Mit den in seiner Funktion als ... Landesvorsitzender der ... getätigten Äußerungen hat der Antragsteller die IBD auch nachdrücklich unterstützt und damit tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen begründet (b). Die angeordnete Beobachtung ist auch verhältnismäßig (c).

a) Auf der Grundlage der vom Antragsgegner vorgelegten Belege zu Selbstverständnis und Zielen der IBD begegnet deren Beobachtung durch das Landesamt, soweit die Gruppe in ... Aktivitäten entfaltet, keinen Bedenken. Die Kammer verweist hierzu insbesondere auf den Vermerk des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 15. November 2016 (im Folgenden: BfV) und das Schreiben des Landesamtes vom 16. Juni 2017 (sowie die dort in Bezug genommenen Quellen), deren Feststellungen zur ideologischen Ausrichtung der IBD sie teilt. Einschränkend ist lediglich darauf hinzuweisen, dass nach Auffassung der Kammer die abschließenden Bewertungen in den Stellungnahmen, soweit diese auf eine erwiesene Verfassungsfeindlichkeit hindeuten sollten, in Ansehung der vorliegenden Informationen als zu weitgehend erscheinen. Dass bei der IBD konkrete Anhaltspunkte für die Verfolgung verfassungsfeindlicher Bestrebungen vorliegen und mithin jedenfalls ein Verdachtsfall gegeben ist, der eine Beobachtung (und auch eine Berichterstattung) rechtfertigt, steht aber außer Frage. Dazu sei Folgendes bemerkt:

Die IBD sieht sich selbst als „aktivistischer Arm der Neuen Rechten“ und orientiert sich wiederum nach eigenem Selbstverständnis am geistigen Erbe der „Konservativen Revolution“ und der Ideologie der „Nouvelle Droite mit ihren französischen Vordenkern“ (vgl. Positionspapier „Identitär – eine Idee“, Fundstellennachweis BfV Fn. 5 und 6).

Mit „Konservative Revolution“ sind verschiedene rechtskonservative bis rechtsextremistische Gruppierungen der Weimarer Republik bzw. Autoren des deutschen Radikalnationalismus gemeint (nach Mohlerscher Diktion: Völkische, Jungkonservative, Nationalrevolutionäre, Bündische und Landvolkbewegung), deren Auffassungen und politische Konzepte (nach Mohler) vom Nationalsozialismus geschieden werden könnten. Die Schriften diverser diesen Gruppierungen angehöriger oder nahestehender Autoren gelten den unterschiedlichen Strömungen der heutigen extremen Rechten als geistiges Refugium. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die dem Schriftsatz des Antragsgegners vom 16. Juni 2017 beigefügte Belegsammlung mit Auszügen aus dem Angebot des identitären Online-Versands „Phalanx Europa“, über den Sticker, Poster bzw. Bücher unter anderem von Ernst Jünger, Carl Schmitt, Arthur Moeller van den Bruck und Oswald Spengler angeboten werden, alles Autoren, die (soweit es um ihre während der Zeit der Weimarer Republik vertretenen Auffassungen geht) der Konservativen Revolution zugerechnet werden. Eine Bezugnahme auf die entsprechenden Traditionsbestände, für die antiliberale, antidemokratische und antiegalitäre Positionen typisch sind, findet sich im Übrigen auch bei der Nouvelle Droite, zu der sich die IBD wie erwähnt gleichfalls bekennt.

Was den zentralen Bestandteil der Ideologie der Identitären Bewegung, den Ethnopluralismus, angeht, ist dieses Konzept nach deren eigenem Verständnis nicht rassistisch, betont vielmehr in bewusster Abgrenzung zur „Multikultiideologie“ die Bedeutung von „Abstammung“, „Kultur“ und „Identität“. Unter Rückgriff auf diese an sich unverfänglichen Begriffe lässt sich eine restriktive Einwanderungspolitik begründen, was für sich betrachtet für die Beurteilung der Verfassungsfeindlichkeit irrelevant wäre, und es bestehen offenkundig auch Schnittmengen mit Konstrukten wie etwa dem Begriff der Leitkultur. Wegen der Fokussierung darauf, dass der Volksbegriff im Wesentlichen ethnisch zu definieren sei, ist das Konzept des Ethnopluralismus aber ersichtlich auch einer Auslegung zugänglich, die mit der Achtung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) und damit dem wesentlichen Element der freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht vereinbar wäre, wenn dies als Begründung für eine Ausgrenzung und Rechtlosstellung von Ausländern oder „nicht ethnisch Deutschen“ herangezogen würde, wie dies etwa bei der Programmatik der NPD der Fall ist. Deren Volksbegriff ist ebenfalls ethnisch-kulturell bestimmt und was das Verhältnis zu anderen Völkern angeht, argumentiert sie in der Sache auch „pluralistisch“, da sie (anders als ihr historischer Vorläufer) anerkennt, dass Völkern ein angestammter Lebensraum zukomme, diese sich aber zur Wahrung ihrer Identität nach Möglichkeit nicht vermischen sollen (vgl. hierzu BVerfG, U.v. 17.1.2017 – 2 BvB 1/13 – juris insbes. Rn. 654 ff. und 690 ff.).

Die vom Antragsgegner vorgelegten Belege enthalten zwar keine Aussagen und Stellungnahmen, die eindeutig eine verfassungsfeindliche Zielrichtung in diesem Sinne belegen würden. Gleichwohl liegen tatsächliche Anhaltspunkte hierfür vor, die eine weitere Abklärung gebieten. Wesentlich für diese Einschätzung ist die offenkundig fremdenfeindliche Tendenz einer Vielzahl der zitierten Aussagen (siehe insbes. die Nachweise in BfV S. 4 ff.), die Rückbindung ihrer Ideologie an die Programmatik der Konservativen Revolution, die in Teilen eben auch völkische Thesen vertrat, weiter die martialisch formulierten Leitmotive ihrer Öffentlichkeitsarbeit („Remigration“, „Bevölkerungsaustausch stoppen“, „Reconquista“) sowie die augenscheinliche Nähe des Konzepts zum Volksbegriff und der Volkstumspolitik der „alten“ Rechten (NPD und Umfeld) in ihrer aktuellen Ausprägung. Das Bekenntnis der IBD, abseits von „Rassismus“ und „Nationalismus“ zu agieren, steht der Annahme von Anhaltspunkten für verfassungsfeindliche Bestrebungen vor diesem Hintergrund und dem Fehlen eines klaren Bekenntnisses zur uneingeschränkten Gültigkeit der universellen Menschenrechte nicht entgegen, da durchaus möglich erscheint, dass es sich hierbei um ein taktisch bedingtes Lippenbekenntnis handelt, das lediglich den Anschein einer in Wirklichkeit nicht vorhandenen Verfassungstreue erwecken soll. Für diese Annahme spricht im Übrigen auch, dass die IBD zwar immer wieder (trotz des Gebrauchs einer martialischen Rhetorik, was die Abwehr des „Fremden“ angeht) ihre nichtrassistische Grundhaltung betont, es bislang aber geflissentlich unterlassen hat, sich dazu zu äußern, wie sie ihre Forderungen und Leitmotive konkret umsetzen will.

Da dieser Umstand allein bereits die Beobachtung rechtfertigt, bedarf es hier keines weiteren Eingehens auf die Frage, ob und inwieweit die Ablehnung der repräsentativen Demokratie in ihrer durch das Grundgesetz bestimmten Ausgestaltung durch die IBD tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen begründet (vgl. dazu BfV S. 8 ff.). Bemerkt sei hierzu nur so viel, dass die von der IBD geforderte „echte, direkte, deutsche, subsidiarische Demokratie“ ersichtlich wiederum Bezug hat zu dem von der IBD augenscheinlich vertretenen Begriff eines möglichst ausschließlich nach ethnisch-kulturellen Kriterien zu bestimmenden Staatsvolkes und sich damit im Ergebnis die oben bereits angedeuteten Fragen erneut stellen. Auch in diesem Zusammenhang ist wiederum festzustellen, dass die von der IBD verwendeten Begrifflichkeiten teilweise offen und unbestimmt sind und unschwer einer die Menschenwürde als obersten Wert in Frage stellende Auslegung zugänglich wären (z.B. „organische“ Demokratie).

b) Indem der Antragsteller die IBD und ihre Aktionen mehrfach mündlich wie schriftlich befürwortet und seine Partei zur Unterstützung auch der IBD als Vorfeldorganisation der ... aufgerufen hat, hat er die IBD unzweifelhaft in ihren Bestrebungen (im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 BVerfschG) nachdrücklich unterstützt. Diese an seine Partei gerichtete Aufforderung ging über eine bloße Sympathiebekundung hinaus und war für die IBD auch von Bedeutung. Dies zeigt sich etwa daran, dass die IBD in ihrem Facebook-Profil auf den schriftlichen Beitrag des Antragstellers auf ... verlinkt, sich ausdrücklich für das Lob bedankt und eigens ein Symbolbild der Identitären Bewegung mit dem Foto des Antragstellers und der Aussage „Die Schutzschildstrategie“ (vgl. auch Blatt 6 der Behördenakte) eingestellt hat.

Dass der Antragsteller seine Äußerungen zur IBD zum Teil explizit damit einleitete, „kein Experte für die IB“ zu sein und angibt, sich nicht mit der IBD zu identifizieren und diese nicht „in Bausch und Bogen“ und vorbehaltlos mit einem Gütesiegel versehen haben zu wollen, ist für das Vorliegen einer Unterstützungshandlung ohne Belang, da die Frage, ob sich eine Person für einen Personenzusammenschluss betätigt, allein nach objektiven Kriterien zu beurteilen ist, ohne dass es auf subjektive Merkmale ankäme. Es ist also irrelevant, ob der Antragsteller seine Unterstützungshandlungen in der Annahme vorgenommen hat, dass die IBD keine verfassungsfeindlichen Zielsetzungen verfolge bzw. dass er sich vorsorglich von unter Umständen problematischen Positionen der IBD distanzieren wollte.

c) Schließlich steht auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einer Beobachtung des Antragstellers mit Mitteln der offenen Informationsbeschaffung nicht entgegen. Die Beobachtung des Antragstellers durch das Landesamt aus allgemein zugänglichen Quellen ist geeignet, den auf tatsächliche Anhaltspunkte gestützten Verdacht der Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen weiter abzuklären. Die Beobachtung im Wege der Auswertung offener Quellen ist auch erforderlich, da sie im Sinne von Art. 6 Abs. 1 BayVSG das mildeste Mittel im Rahmen der Beobachtung darstellt. Die offene Beobachtung des Antragstellers in dem bislang praktizierten Umfang steht auch nicht erkennbar außer Verhältnis zum beabsichtigten Erfolg (Art. 6 Abs. 2 BayVSG).

Auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) wirkt sich die Informationsbeschaffung aus offenen Quellen nur relativ geringfügig aus, da diese keine Informationen enthalten, die dem persönlichen Lebensbereich des Betroffenen zuzuordnen wären, sondern ausschließlich dessen Wirken in der Öffentlichkeit betreffen und häufig von diesem selbst oder mit dessen Einverständnis der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Im Verhältnis zum Schutzzweck der Beobachtung erscheint der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung daher nicht unangemessen oder unzumutbar (vgl. BVerwG, U.v. 21.7.2010 – 6 C-22/09 – juris Rn. 102 ff.). Gleiches gilt hinsichtlich etwaiger faktischer Auswirkungen der offenen Beobachtung auf die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) des Antragstellers. Hinsichtlich des Rechts auf Gleichbehandlung von Parteien (Art. 21 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG) ist schließlich festzustellen, dass durch die Beobachtung als solche weder die Werbung für Parteiziele unmittelbar berührt oder gar untersagt wird, noch sind – anders als im Fall der Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Beobachtung – Auswirkungen auf das Wählerverhalten zu befürchten.

Im Ergebnis ist damit festzustellen, dass die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Unterlassungsanspruchs hinsichtlich der Beobachtung aus offenen Quellen nicht glaubhaft gemacht sind und der Hauptantrag abzulehnen war.

3. Der Hilfsantrag hat dagegen Erfolg. Der Antragsteller hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass ihm insoweit ein Unterlassungsanspruch zustehen dürfte.

3.1 Ein Rechtsschutzbedürfnis ist nicht wegen einer fehlenden Wiederholungsgefahr zu verneinen. Das schutzwürdige Interesse an der Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes bezüglich der in der Hauptsache zu erhebenden Unterlassungsklage würde nur dann entfallen, wenn eine Wiederholung der streitgegenständlichen Äußerung eindeutig und von vorneherein ausgeschlossen werden könnte. Der Antragsgegner ist der im Antragsschriftsatz implizierten Annahme des Antragstellers, dass eine erneute Bekanntmachung der Beobachtung in Betracht komme, jedoch nicht ausdrücklich entgegen getreten. Es ist daher davon auszugehen, dass er sich vorbehält, die Beobachtung des Antragstellers erneut bekannt zu machen (vgl. BVerwG, U.v. 15.12.2005 – 7 C 20.04 – juris Rn. 34 und U.v. 25.1.2012 – 6 C 9.11 – juris Rn. 21).

3.2 Mit der somit anzunehmenden Wiederholungsgefahr ist gleichzeitig das Vorliegen eines Anordnungsgrundes dargetan.

3.3 Der Antragsteller kann sich weiter auf einen Anordnungsanspruch berufen. Maßgeblich ist auch insoweit darauf abzustellen, ob dem Antragsteller ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch zusteht – zu dessen Herleitung unter Anknüpfung an grundrechtlich geschützte Rechtspositionen siehe oben 2. und 2.1 –, was anders als im Falle des mit dem Hauptantrag verfolgten Begehrens hinsichtlich des Hilfsantrags zu bejahen ist.

Die Berichterstattung durch das Landesamt darüber, dass bezüglich einer namentlich genannten Person tatsächliche Anhaltspunkte für die Verfolgung verfassungsfeindlicher Bestrebungen vorliegen, greift wesentlich stärker in dessen grundrechtlich geschützte Rechtspositionen ein als eine bloße Beobachtung aus offenen Quellen (vgl. BVerfG, B.v. 24.5.2005 – 1 BvR 1072/01 – juris Rn. 52 ff. – mittelbare belastende negative Sanktion mit Eingriffscharakter). Zur Überzeugung der Kammer stellt sich vorliegend eine solche Berichterstattung nach den Umständen des Falles als nicht gerechtfertigt dar und kann nicht auf Art. 26 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 BayVSG gestützt werden.

Nach Art. 26 Abs. 1 Nr. 1 BayVSG informiert das Landesamt die Öffentlichkeit über Bestrebungen und Tätigkeiten nach Art. 3, soweit hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte hierfür vorliegen, um diese (die Öffentlichkeit) bereits im Vorfeld einer Gefährdung in die Lage zu versetzen, Art und Ausmaß möglicher Gefahren zu erkennen und diesen in angemessener Weise entgegenzuwirken. Dabei dürfen auch personenbezogene Daten bekanntgegeben werden, wenn die Bekanntgabe für das Verständnis des Zusammenhangs oder der Darstellung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach Art. 3 erforderlich ist und die Interessen der Allgemeinheit das schutzwürdige Interesse des Betroffenen überwiegen (Art. 26 Abs. 3 BayVSG). Dieses Abwägungsgebot ergänzt und konkretisiert für Zwecke der Berichterstattung die Anwendung des in Art. 6 BayVSG kodifizierten Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.

Auf der Grundlage dieser Vorgaben verbietet sich eine Berichterstattung über den Antragsteller unter dessen namentlicher Nennung. Denn eine (erneute) Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Beobachtung des Antragstellers unter Bezugnahme auf seine Person ist auf der bisherigen Tatsachengrundlage jedenfalls unverhältnismäßig. Eine solche Berichterstattung ist schon nicht erforderlich und würde sich auch nicht als verhältnismäßig im engeren Sinne darstellen, da die schutzwürdigen Interessen des Antragstellers ein etwaiges Interesse an einer konkretisierenden Berichterstattung deutlich überwiegen.

Innerhalb des Maßstabs der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Grundrechte ist es das Prinzip der Erforderlichkeit, welches dazu verpflichtet, permanent nach Mitteln zu suchen, welche die legitimen Zwecke des Eingriffs zwar ebenfalls erreichen, aber eine geringere Eingriffstiefe haben. Diese Pflicht richtet sich, einfach ausgedrückt, auf die Suche nach milderen, den Betroffenen weniger belastenden Mitteln.

Der Zweck, an dem sich die Erforderlichkeitsprüfung orientiert, ist der in Art. 26 Abs. 1 BayVSG verankerte Auftrag, der Öffentlichkeit Informationen über Bestrebungen und Tätigkeiten nach Art. 3 BayVSG zugänglich zu machen, um diese in die Lage zu versetzen, Art und Ausmaß möglicher Gefahren zu erkennen und diesen in angemessener Weise entgegenzuwirken, im fallbezogenen Kontext also die Information der Öffentlichkeit über mögliche verfassungsfeindliche Bestrebungen der IBD und etwaige Verbindungen der IBD zu Parteien und deren Funktionsträgern, konkret der...

Seiner Warnfunktion bezüglich der möglicherweise verfassungsfeindlichen Bestrebungen der IBD kann das Landesamt aber auch ohne Bezugnahme auf den Antragsteller und – da sich der Verdacht von Bestrebungen von Einzelpersonen kaum anonymisiert darstellen lässt – ohne Bezugnahme auf seine konkreten Äußerungen genügen. Festzustellen ist weiter, dass der Antragsteller die Gruppierung nach den vorliegenden Erkenntnissen auch nicht in einer Weise unterstützt, dass die Funktionsfähigkeit der IBD in nicht unerheblichem Maße von dieser Unterstützung abhängig wäre und deshalb – wie es Art. 26 Abs. 3 BayVSG für die Bekanntgabe personenbezogener Daten fordert – das Wissen um die Beziehung zwischen Organisation und potentiellem Unterstützer zur Einschätzung der IBD für die interessierte Öffentlichkeit erforderlich ist. Soweit etwaige Verbindungen der vom Antragsteller repräsentierten ... zur IBD dargestellt werden sollen, erscheint eine Information der Öffentlichkeit schon mit Blick auf die diesbezüglich bereits von Seiten der Presse erfolgte umfängliche Berichterstattung nicht notwendig, jedenfalls aber kann diesem Zweck in Ergänzung der Presseberichterstattung auch ohne Nennung personenbezogener Daten des Antragstellers in gleicher Weise genügt werden. Die Berichterstattung über den Antragsteller befördert folglich auch den Zweck der Beobachtung nicht, weshalb sie sich in Summe eindeutig als nicht erforderlich darstellt.

Die Berichterstattung über die verfassungsschutzrechtliche Beobachtung des Antragstellers aufgrund seiner Äußerungen über die IBD wäre im Übrigen auch nicht verhältnismäßig im engeren Sinne. Eine Gesamtabwägung ergibt, dass die Nachteile, die dem Antragsteller – und aufgrund der faktischen Ausstrahlungswirkung auch der von ihm geführten Partei – durch die Unterrichtung der Öffentlichkeit entstehen, die Vorteile, die die Information der Öffentlichkeit für die wirksame Aufklärung bzw. Abwehr von Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung bietet, unverhältnismäßig überwiegen.

Die Beobachtung des Antragstellers gründet sich darauf, dass er die IBD, hinsichtlich derer der Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen besteht, bei objektiver Betrachtung durch seine Äußerungen unterstützt hat. Für die Verfassungsfeindlichkeit der IBD bestehen bislang aber lediglich tatsächliche Anhaltspunkte; erwiesen ist diese nicht. Der gegenüber dem Antragsteller bestehende Verdacht leitet sich mithin seinerseits von einem auf tatsächliche Anhaltspunkte gegründeten Verdacht ab, was für die Beobachtung des Antragstellers genügt. Die Schwere des Eingriffs im Vergleich zu den Beeinträchtigungen durch eine Beobachtung ist aber ungleich größer im Fall der Berichterstattung unter Namensnennung. Wer vom Verfassungsschutz als für den Rechtsstaat gefährlich eingestuft wird – in diesem Sinne wird die Öffentlichkeit auch Ausführungen zu Verdachtsfällen verstehen –, ist in der Teilhabe am politischen Meinungsbildungsprozess und am öffentlichen Leben erheblich behindert. Bei einer Verdachtsberichterstattung ist daher Sorgfalt und Zurückhaltung angebracht, eröffnet sie doch weiträumige Möglichkeiten für Irrtum und Missbrauch und bewirkt regelmäßig eine „Stigmatisierung“ in der Öffentlichkeit, die schwerlich rückgängig gemacht werden kann und die durch ein Aufrechterhalten und Wiederholen noch intensiviert wird. Dies gilt im Falle des Antragstellers umso mehr, als die wiederholte Bekanntgabe seiner Beobachtung seine Handlungsoptionen im politischen Meinungsstreit erheblich beeinträchtigen dürfte und damit zumindest faktisch auch die von ihm repräsentierte Partei und insoweit – insbesondere mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl – auch die Chancengleichheit von Parteien (Art. 21 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG) und das in Art. 20 Abs. 2 GG zum Ausdruck kommende Gebot der Neutralität des Staates im Wahlkampf und die Integrität der Willensbildung des Volkes durch Wahlen und Abstimmungen tangiert werden.

Diesen gewichtigen Nachteilen für den Antragsteller (und seine Partei) durch die Bekanntgabe der personenbezogenen Daten stehen keine überwiegenden Interessen der Allgemeinheit gegenüber, die eine Bekanntgabe der Daten nahelegen würden. Der Verfassungsschutz kann seiner Aufklärungsaufgabe auch ohne konkrete Bezugnahme auf den Antragsteller und seine Äußerungen genügen. Der Bekanntgabe der Tatsache der Beobachtung des Antragstellers unter Namensnennung kommt kein solcher Mehrwert hinsichtlich einer Abwehr der von der IBD für die freiheitliche demokratische Grundordnung möglicherweise ausgehenden Gefahren zu, dass es gerechtfertigt erschiene, über den Antragsteller (und damit faktisch auch die von ihm nach außen repräsentierte Partei) auf der Grundlage eines von einem Verdacht abgeleiteten Verdachts in einer – allein durch die Bekanntgabe der Beobachtung – sein Ansehen erheblich beeinträchtigenden Weise zu berichten.

Dem Hilfsantrag war daher stattzugeben.

Zu dem Hinweis des Antragsgegners darauf, dass die Berichterstattung seinerzeit in Reaktion auf eine Pressenanfrage erfolgt sei – wobei der Antragsteller argwöhnt, dass es sich um eine abgestimmte Inszenierung gehandelt habe – ist abschließend darauf hinzuweisen, dass der presserechtliche Auskunftsanspruch (Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayPrG) seine Grenze an Grundrechtspositionen Dritter, die seitens der Behörde zu beachten sind, findet, insbesondere an dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung als besonderer Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (vgl. BayVGH, B.v. 15.5.2012 – 7 CE 12.370 – juris, Rn. 13 zur Auslegung des Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG). Die Auskunft hätte danach nicht erteilt werden dürfen, da die Grenzen für die Offenbarung personenbezogener Daten Dritter, die durch die verfassungsschutzrechtlichen Regelungen vorgegeben sind und die auch dem Grundrechtsschutz dienen, in entsprechender Weise den presserechtlichen Auskunftsanspruch begrenzen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO.

5. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2, 45 Abs. 1 Satz 2 GKG i.V.m. Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, wobei für den Haupt- und Hilfsantrag jeweils von einem Streitwert in der Hauptsache i.H.v. 5.000,- Euro ausgegangen wurde.

(1) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen Personen nicht,

1.
die rechtskräftig verurteilt worden sind
a)
wegen eines Verbrechens oder
b)
wegen sonstiger vorsätzlicher Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr,
wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung zehn Jahre noch nicht verstrichen sind,
2.
bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie
a)
Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden,
b)
mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden,
c)
Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind.

(2) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen in der Regel Personen nicht,

1.
a)
die wegen einer vorsätzlichen Straftat,
b)
die wegen einer fahrlässigen Straftat im Zusammenhang mit dem Umgang mit Waffen, Munition oder explosionsgefährlichen Stoffen oder wegen einer fahrlässigen gemeingefährlichen Straftat,
c)
die wegen einer Straftat nach dem Waffengesetz, dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen, dem Sprengstoffgesetz oder dem Bundesjagdgesetz
zu einer Freiheitsstrafe, Jugendstrafe, Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen oder mindestens zweimal zu einer geringeren Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden sind oder bei denen die Verhängung von Jugendstrafe ausgesetzt worden ist, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind,
2.
die Mitglied
a)
in einem Verein, der nach dem Vereinsgesetz als Organisation unanfechtbar verboten wurde oder der einem unanfechtbaren Betätigungsverbot nach dem Vereinsgesetz unterliegt, oder
b)
in einer Partei, deren Verfassungswidrigkeit das Bundesverfassungsgericht nach § 46 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes festgestellt hat,
waren, wenn seit der Beendigung der Mitgliedschaft zehn Jahre noch nicht verstrichen sind,
3.
Bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie in den letzten fünf Jahren
a)
Bestrebungen einzeln verfolgt haben, die
aa)
gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind,
bb)
gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker, gerichtet sind oder
cc)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
b)
Mitglied in einer Vereinigung waren, die solche Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, oder
c)
eine solche Vereinigung unterstützt haben,
4.
die innerhalb der letzten fünf Jahre mehr als einmal wegen Gewalttätigkeit mit richterlicher Genehmigung in polizeilichem Präventivgewahrsam waren,
5.
die wiederholt oder gröblich gegen die Vorschriften eines der in Nummer 1 Buchstabe c genannten Gesetze verstoßen haben.

(3) In die Frist nach Absatz 1 Nr. 1 oder Absatz 2 Nr. 1 nicht eingerechnet wird die Zeit, in welcher die betroffene Person auf behördliche oder richterliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.

(4) Ist ein Verfahren wegen Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 oder des Absatzes 2 Nr. 1 noch nicht abgeschlossen, so kann die zuständige Behörde die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens aussetzen.

(5) Die zuständige Behörde hat im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung folgende Erkundigungen einzuholen:

1.
die unbeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister;
2.
die Auskunft aus dem zentralen staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister hinsichtlich der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Straftaten;
3.
die Stellungnahme der örtlichen Polizeidienststelle, ob Tatsachen bekannt sind, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit begründen; die örtliche Polizeidienststelle schließt in ihre Stellungnahme das Ergebnis der von ihr vorzunehmenden Prüfung nach Absatz 2 Nummer 4 ein;
4.
die Auskunft der für den Wohnsitz der betroffenen Person zuständigen Verfassungsschutzbehörde, ob Tatsachen bekannt sind, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit nach Absatz 2 Nummer 2 und 3 begründen; liegt der Wohnsitz der betroffenen Person außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes, ist das Bundesamt für Verfassungsschutz für die Erteilung der Auskunft zuständig.
Die nach Satz 1 Nummer 2 erhobenen personenbezogenen Daten dürfen nur für den Zweck der waffenrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung verwendet werden. Erlangt die für die Auskunft nach Satz 1 Nummer 4 zuständige Verfassungsschutzbehörde im Nachhinein für die Beurteilung der Zuverlässigkeit nach Absatz 2 Nummer 2 und 3 bedeutsame Erkenntnisse, teilt sie dies der zuständigen Behörde unverzüglich mit (Nachbericht). Zu diesem Zweck speichert sie Name, Vorname, Geburtsdatum, Geburtsname, Geburtsort, Wohnort und Staatsangehörigkeit der betroffenen Person sowie Aktenfundstelle in den gemeinsamen Dateien nach § 6 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. Lehnt die zuständige Behörde einen Antrag ab oder nimmt sie eine erteilte Erlaubnis zurück oder widerruft diese, so hat sie die zum Nachbericht verpflichtete Verfassungsschutzbehörde hiervon unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Die zum Nachbericht verpflichtete Verfassungsschutzbehörde hat in den Fällen des Satzes 5 die nach Satz 4 gespeicherten Daten unverzüglich zu löschen.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

II. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 4.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1. Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf der ihm erteilten Erlaubnis zum Erwerb sowie zum Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen im nicht gewerblichen Bereich und dazu ergangene Nebenentscheidungen.

Die Kriminalpolizeiinspektion S. übersandte dem Landratsamt … mit Schreiben vom 29. August 2015 einen polizeilichen Vorgang einschließlich eines Auszugs des vom Kläger gepflegten Facebook-Profils. Daraus sind (auszugsweise) Äußerungen des Klägers zu Medienbeiträgen sowie Bildern unter anderem wie folgt zu ersehen:

Zu „Passant geschlagen und getreten - Tatverdächtiger festgenommen“ äußerte der Kläger: „Kopftreten. Wegen einer Sonnenbrille. Beliebt bei Irakern und anderen Arschlöchern. Bewaffnet Euch.“

Die Meldung „Junge Frau entkommt sexuellem Übergriff in Jena - Jenaer Nachrichten“ kommentierte der Kläger mit: „Passt auf Eure Frauen und Töchter auf. Aber vor allem - bewaffnet Euch!“.

Zur Nachricht „Brandbrief: Marxlohs Einwohner fühlen sich ausgeliefert - Einwohner haben in einem Brandbrief die Verharmlosung der Zustände in Duisburg-Marxloh angeprangert. Die meisten von ihnen seien bereits auf offener Straße bestohlen, von Kindern angespuckt, von Frauen beschimpft und von Männern …“ schrieb der Kläger: „Morgen auch bei Dir. Bereite Dich schon mal darauf vor. Und bewaffne Dich.“

Einen „Kommentar zur Flüchtlingspolitik: Neuankömmlinge sind ein Geschenk des Himmels“ erwiderte der Kläger mit: „Lasst sie kommen, kein Problem. Es darf nur kein Steuerzahlergeld mehr an sie fließen. Und die Steuerzahler müssen bewaffnet werden. Dann wird alles gut.“

Zu einem (Video-)Bild, das eine Frau während eines Interviews zeigt, kommentierte der Kläger: „Es wiederholt sich zum -zigstenmal, wird wohl auch nicht das letztem(al) gewesen sein. Bewaffnet Euch!“

Zum Bild einer Munitionslademaschine ergänzte der Kläger: „Muss ich haben! ☺“.

Zudem enthielt das Facebook-Profil Kommentare wie etwa: „Die Wichser wollen Dich verarschen. … Ramelow ist ein dreckiger Rassist. … Die Wichser [die Bundesregierung] sollen in der Hölle schmoren.“

Das Landratsamt widerrief mit Bescheid vom 1. Oktober 2015 die dem Kläger erteilte Erlaubnis zum Erwerb sowie zum Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen im nicht gewerblichen Bereich und traf dazugehörige Nebenentscheidungen.

Mit weiteren Bescheiden gleichen Datums widerrief das Landratsamt die dem Kläger erteilten Erlaubnisse zum Erwerb und Besitz von (Schuss-)Waffen sowie seine Waffenhandelserlaubnis.

2. Der Kläger hat gegen den jeweiligen Widerrufsbescheid Klage erhoben und vorläufigen Rechtsschutz beantragt.

Der Senat hat die Beschwerden in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zurückgewiesen.

Die gegen den Widerruf der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 23. Juni 2016 abgewiesen.

Dagegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung.

II.

1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Soweit Zulassungsgründe im Sinn des § 124 Abs. 2 VwGO ausdrücklich oder sinngemäß geltend gemacht werden, liegen sie nicht vor bzw. wurden sie entgegen § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht hinreichend dargelegt.

1.1 Das innerhalb der Begründungsfrist Dargelegte, auf dessen Prüfung der Senat nach § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO im Grundsatz beschränkt ist, rechtfertigt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils.

Der Kläger wendet ein, das Verwaltungsgericht habe seine Äußerungen auf dem Facebook-Profil und den vor die Äußerungen gestellten „Disclaimer“ in einer Weise gewürdigt, die dazu führe, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigten, er werde Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden. Diese Würdigung halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Damit greift der Kläger die von ihm als unzutreffend bewertete richterliche Überzeugungsbildung an. Nach deren Ergebnis ist die dem Kläger erteilte sprengstoffrechtliche Erlaubnis gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 SprengG zu widerrufen, weil nachträglich Tatsachen eingetreten sind, welche die Annahme rechtfertigen, dass er explosionsgefährliche Stoffe missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird, so dass mangels sprengstoffrechtlicher Zuverlässigkeit - die Bestimmungen des Sprengstoffrechts sind insoweit den waffenrechtlichen Regelungen angeglichen (vgl. Apel/Keusgen, Sprengstoffgesetz, Stand Juli 2018, § 8 Rn. 2.1) - eine Voraussetzung für die Erlaubniserteilung entfallen ist (§ 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 8a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a SprengG). Das Zulassungsvorbringen zeigt insoweit keinen Fehler auf, der die Zulassung der Berufung rechtfertigt.

Das Gericht entscheidet gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es würdigt den Prozessstoff auf seinen Aussage- und Beweiswert für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen nur nach der ihm innewohnenden Überzeugungskraft. Trotz des besonderen Charakters der Tatsachen- und Beweiswürdigung, der einen Wertungsrahmen eröffnet, ist das Gericht nicht gänzlich frei. Die richterliche Überzeugung muss auf rational nachvollziehbaren Gründen beruhen, d.h. sie muss insbesondere die Denkgesetze, die Naturgesetze sowie zwingende Erfahrungssätze beachten. Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt vor, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, namentlich Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen, oder wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet. Derartige Fehler bei der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung, die ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils rechtfertigen würden, zeigt das Zulassungsvorbringen nicht auf; sie liegen auch nicht offensichtlich zutage (vgl. BayVGH, B.v. 14.3.2013 - 22 ZB 13.103 - juris Rn. 11; VGH BW, B.v. 12.7.2012 - 2 S 1265.12 - juris Rn. 3 f; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 19).

Der Kläger meint, es sei nicht nachvollziehbar, wieso das Verwaltungsgericht zu dem Schluss komme, er habe zu einer illegalen Bewaffnung aufgerufen; er habe auch zu keinem Zeitpunkt zu einem illegalen Handeln aufgefordert. Das Gericht bleibe es schuldig, in einer nachvollziehbaren Weise schlüssig zu belegen, warum aus seinen Äußerungen abgeleitet werden könne, dass er selbst seine Waffen in rechtswidriger Weise einsetzen wolle.

Daraus ergibt sich nicht, dass die Sachverhaltswürdigung des Verwaltungsgerichts ernstlich zweifelhaft ist. Das Verwaltungsgericht hat insoweit ausgeführt, dem zum Zeitpunkt der polizeilichen Sicherung vorhandenen Internetauftritt könne keine Beschränkung auf legal erworbene Waffen entnommen werden. Das ist angesichts der Allgemeinheit der hier inmitten stehenden Aufforderungen zur Bewaffnung und des aggressiven Charakters der Äußerungen des Klägers nachvollziehbar. Im Übrigen hat der Senat in seinem Beschluss vom 8. Januar 2016, ergangen in dem die verfahrensgegenständliche Erlaubnis betreffenden Beschwerdeverfahren (21 CS 15.2464), durch Verweis auf den im waffenrechtlichen Beschwerdeverfahren (21 CS 15.2465) erlassenen Beschluss gleichen Datums die auf dem Facebook-Profil enthaltenen Aussagen des Klägers im Einzelnen gewürdigt und insoweit zusammenfassend unter anderem festgestellt: Die Äußerungen illustrierten die Einstellung des Klägers zu Waffen und deren Anwendung, die er ersichtlich als bevorzugtes Mittel betrachte, Konflikte zu lösen; sie unterstrichen zudem unter Berücksichtigung von Wortwahl und Diktion den Eindruck einer erheblichen (latenten) Aggressivität des Klägers. Die Aufrufe zur Bewaffnung ließen nach ihrem Inhalt und Zusammenhang nicht erkennen, dass der Kläger nur eine ordnungsgemäße Verwendung von Waffen befürworte und deshalb das Vertrauen verdiene, er werde auch künftig mit Schusswaffen verantwortungsbewusst umgehen. Auf den vom Kläger infrage gestellten Umstand, ob er zu einem illegalen Erwerb von Waffen aufgerufen habe, komme es nicht an (BA S. 4 f.). Das Verwaltungsgericht hat sich dem nach dem Inhalt des angefochtenen Urteils angeschlossen. Der Zulassungsantrag setzt sich damit nicht substanziell auseinander; er zeigt insbesondere nicht auf, dass die Tatsachen- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts objektiv willkürlich ist oder gegen die Denkgesetze verstößt.

Der Kläger wendet sich auch dagegen, dass im Urteil sein Profilbild als Abbildung „in kämpferischer Pose beim Abfeuern einer Pistole“ beschrieben wird. Er weist darauf hin, dass die Aufnahme auf dem Schießstand während des sportlichen Schießens erstellt worden sei und die fragliche Schießdisziplin vom Bundesverwaltungsamt anerkannt sei. Das lässt unberücksichtigt, dass das Verwaltungsgericht das Profilbild im Zusammenhang mit den aggressiven Äußerungen des Klägers bewertet hat. Es hat wesentliche Teile der rechtlichen Gründe des Senatsbeschlusses vom 8. Januar 2016 (21 CS 15.2465) in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils teilweise wiedergegeben und so seine Auffassung unterstrichen, dass sich zugunsten des Klägers nichts aus dem Hinweis ergebe, mit dem er sein Facebook-Profil eingeleitet habe und dem zufolge seine Beiträge auf Facebook und anderswo als Satire zu verstehen seien. Eine derartige „salvatorische Klausel“, so das Verwaltungsgericht im Wege der Bezugnahme, sei schon deshalb nicht geeignet, den konkreten Erklärungsinhalt der Aufrufe zur Bewaffnung herabzuspielen, weil diese keinen erkennbar satirischen Charakter hätten. Das gelte umso mehr, als das Profilbild des Facebook-Auftritts den Kläger in kämpferischer Pose beim Abfeuern einer Pistole zeige (u.a. beidhändiger Anschlag, Mündungsfeuer).

Des Weiteren wird gerügt, das Verwaltungsgericht lege jegliche Äußerung des Klägers in einer nicht mehr vertretbaren Weise zu dessen Lasten aus. Das zeige sich an der Feststellung im angefochtenen Urteil, dass der Kläger mit seinem Vergleich zur Aufrüstung der Bundeswehr gleichsam das staatliche Gewaltmonopol in Frage stelle und sich Befugnisse zur eigenmächtigen Durchsetzung von Rechten anmaße.

Es kann dahinstehen, ob das Verwaltungsgericht den im Klageverfahren gezogenen Vergleich des Klägers mit Politikern, die unter Hinweis auf eine geänderte Einsatz- und Bedrohungslage eine Aufrüstung der Bundeswehr fordern, zutreffend interpretiert hat. Jedenfalls führt der (verharmlosende) Vergleich des Klägers schon deshalb nicht weiter, weil die Äußerungen, die er auf seinem Facebook-Profil öffentlich gemacht hat, nach ihrem Inhalt und Gegenstand keinerlei Zusammenhang mit dem Verteidigungsauftrag der Bundeswehr und einer darauf bezogenen Aufrüstungsdebatte aufweisen.

Der Hinweis des Klägers auf diverse Anzeigen, mit denen für Pfefferspray zur Selbstverteidigung geworben wurde, ist ebenfalls nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts zu begründen. Die verfahrensgegenständlichen Äußerungen des Klägers haben ersichtlich einen anderen Charakter als die von ihm im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Werbeanzeigen.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich schließlich nicht aus dem im Zusammenhang mit der Divergenzrüge formulierte Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht im Ergebnis die Auffassung vertreten, dass das Recht des Klägers auf freie Meinungsäußerung nicht berührt sei. Das Verwaltungsgericht hat ausdrücklich offengelassen, ob die angegriffene behördliche Maßnahme in den Schutzbereich eingreift und zutreffend ausgeführt, die hier anzuwendenden Vorschriften (§ 34 Abs. 2 Satz 1, § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 8a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a SprengG) beschränkten in rechtmäßiger Weise das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 2 GG). Sie dienten der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und richteten sich damit weder gegen die Meinungsfreiheit als solche noch gegen eine bestimmte Meinung. Der Behörde sei es deshalb nicht verwehrt, aus Äußerungen des Klägers Rückschlüsse auf seine Zuverlässigkeit im Sinn des § 8a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a SprengG zu ziehen.

1.2 Zu dem vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) geht die Darlegung nicht über das hinaus, was zur Begründung der Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ausgeführt ist. Besondere Schwierigkeiten im Sinne offener Erfolgsaussichten eines Berufungsverfahrens (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 27) ergeben sich daraus nicht.

1.3 Die vom Kläger behauptete grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Berufung. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Dementsprechend verlangt die Darlegung (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung, dass eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 72). Dem entspricht das Zulassungsvorbringen nicht. Es wird schon keine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert, die grundsätzliche Bedeutung im vorgenannten Sinn haben soll und fallübergreifend beantwortet werden könnte.

1.4 Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) wurde ebenfalls nicht hinreichend dargelegt. Neben der genauen Benennung des Gerichts und der zweifelsfreien Angabe seiner Divergenzentscheidung hätte der Kläger aufzeigen müssen, welcher tragende Rechts- oder Tatsachensatz in dem Urteil des Divergenzgerichts enthalten ist und welcher bei der Anwendung derselben Rechtsvorschrift in dem angefochtenen Urteil aufgestellte tragende Rechts- oder Tatsachensatz dazu in Widerspruch steht. Die divergierenden Sätze hätte er so einander gegenüber stellen müssen, dass die Abweichung erkennbar wird (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 73). Dem genügt das Zulassungsvorbringen nicht. Der Kläger behauptet das Verwaltungsgericht weiche mit dem angefochtenen Urteil von einem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Januar 1990 (1 B 1.90) ab, ohne dass erkennbar ist, welchen entscheidungstragenden, divergierenden Rechtssatz das Verwaltungsgericht aufgestellt hat. Entsprechendes gilt, soweit mit dem Zulassungsantrag eine Divergenz zu den auszugsweise im Wortlaut wiedergegebenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 10. März 2016 (1 BvR 2844/13), vom 29. Juni 2016 (1 BvR 2732/15), vom 29. Juni 2016 (1 BvR 2646/15) und vom 24. Juli 2013 (1 BvR 444/13) behauptet wird.

1.5 Schließlich hat der Zulassungsantrag selbst dann keinen Erfolg, wenn der Einwand des Klägers, die Einholung eines Gutachtens hätte „auch im Falle der Annahme der Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG angestanden“, als Aufklärungsrüge (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) verstanden wird.

Mit der Rüge die unterlassene Einholung eines Sachverständigengutachtens habe das Verwaltungsgericht gegen die Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen (§ 86 Abs. 1 VwGO) verstoßen, kann der anwaltlich vertretene Kläger schon deshalb nicht durchdringen, weil er in der mündlichen Verhandlungen keinen entsprechenden Beweisantrag im Sinn von § 86 Abs. 2 VwGO gestellt hat. Machen Beteiligte, die über rechtskundige Bevollmächtigte verfügen, von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, erweist sich eine Aufklärungsrüge nur dann als begründet, wenn sich dem Verwaltungsgericht die Notwendigkeit einer Beweiserhebung auch ohne förmlichen Beweisantrag aufdrängen musste (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 124 Rn. 13 m.w.N.). Dies ist weder vom Kläger substantiiert dargelegt worden noch sonst ohne Weiteres ersichtlich. Die Frage, ob bei dem Inhaber einer waffenrechtlichen Erlaubnis Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird, erfordert grundsätzlich nicht die Hinzuziehung eines Sachverständigen. Das Gericht bewegt sich mit einer entsprechenden tatsächlichen Würdigung in der Regel in Lebens- und Erkenntnisbereichen, die dem Richter allgemein zugänglich sind (vgl. BVerwG, B.v. 9.1.1990 - 1 B 1.90 - juris Rn. 3 zum Fall eines wiederholt straffällig gewordenen Waffenbesitzers).

2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

3. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen Personen nicht,

1.
die rechtskräftig verurteilt worden sind
a)
wegen eines Verbrechens oder
b)
wegen sonstiger vorsätzlicher Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr,
wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung zehn Jahre noch nicht verstrichen sind,
2.
bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie
a)
Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden,
b)
mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden,
c)
Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind.

(2) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen in der Regel Personen nicht,

1.
a)
die wegen einer vorsätzlichen Straftat,
b)
die wegen einer fahrlässigen Straftat im Zusammenhang mit dem Umgang mit Waffen, Munition oder explosionsgefährlichen Stoffen oder wegen einer fahrlässigen gemeingefährlichen Straftat,
c)
die wegen einer Straftat nach dem Waffengesetz, dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen, dem Sprengstoffgesetz oder dem Bundesjagdgesetz
zu einer Freiheitsstrafe, Jugendstrafe, Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen oder mindestens zweimal zu einer geringeren Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden sind oder bei denen die Verhängung von Jugendstrafe ausgesetzt worden ist, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind,
2.
die Mitglied
a)
in einem Verein, der nach dem Vereinsgesetz als Organisation unanfechtbar verboten wurde oder der einem unanfechtbaren Betätigungsverbot nach dem Vereinsgesetz unterliegt, oder
b)
in einer Partei, deren Verfassungswidrigkeit das Bundesverfassungsgericht nach § 46 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes festgestellt hat,
waren, wenn seit der Beendigung der Mitgliedschaft zehn Jahre noch nicht verstrichen sind,
3.
Bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie in den letzten fünf Jahren
a)
Bestrebungen einzeln verfolgt haben, die
aa)
gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind,
bb)
gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker, gerichtet sind oder
cc)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
b)
Mitglied in einer Vereinigung waren, die solche Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, oder
c)
eine solche Vereinigung unterstützt haben,
4.
die innerhalb der letzten fünf Jahre mehr als einmal wegen Gewalttätigkeit mit richterlicher Genehmigung in polizeilichem Präventivgewahrsam waren,
5.
die wiederholt oder gröblich gegen die Vorschriften eines der in Nummer 1 Buchstabe c genannten Gesetze verstoßen haben.

(3) In die Frist nach Absatz 1 Nr. 1 oder Absatz 2 Nr. 1 nicht eingerechnet wird die Zeit, in welcher die betroffene Person auf behördliche oder richterliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.

(4) Ist ein Verfahren wegen Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 oder des Absatzes 2 Nr. 1 noch nicht abgeschlossen, so kann die zuständige Behörde die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens aussetzen.

(5) Die zuständige Behörde hat im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung folgende Erkundigungen einzuholen:

1.
die unbeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister;
2.
die Auskunft aus dem zentralen staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister hinsichtlich der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Straftaten;
3.
die Stellungnahme der örtlichen Polizeidienststelle, ob Tatsachen bekannt sind, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit begründen; die örtliche Polizeidienststelle schließt in ihre Stellungnahme das Ergebnis der von ihr vorzunehmenden Prüfung nach Absatz 2 Nummer 4 ein;
4.
die Auskunft der für den Wohnsitz der betroffenen Person zuständigen Verfassungsschutzbehörde, ob Tatsachen bekannt sind, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit nach Absatz 2 Nummer 2 und 3 begründen; liegt der Wohnsitz der betroffenen Person außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes, ist das Bundesamt für Verfassungsschutz für die Erteilung der Auskunft zuständig.
Die nach Satz 1 Nummer 2 erhobenen personenbezogenen Daten dürfen nur für den Zweck der waffenrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung verwendet werden. Erlangt die für die Auskunft nach Satz 1 Nummer 4 zuständige Verfassungsschutzbehörde im Nachhinein für die Beurteilung der Zuverlässigkeit nach Absatz 2 Nummer 2 und 3 bedeutsame Erkenntnisse, teilt sie dies der zuständigen Behörde unverzüglich mit (Nachbericht). Zu diesem Zweck speichert sie Name, Vorname, Geburtsdatum, Geburtsname, Geburtsort, Wohnort und Staatsangehörigkeit der betroffenen Person sowie Aktenfundstelle in den gemeinsamen Dateien nach § 6 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. Lehnt die zuständige Behörde einen Antrag ab oder nimmt sie eine erteilte Erlaubnis zurück oder widerruft diese, so hat sie die zum Nachbericht verpflichtete Verfassungsschutzbehörde hiervon unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Die zum Nachbericht verpflichtete Verfassungsschutzbehörde hat in den Fällen des Satzes 5 die nach Satz 4 gespeicherten Daten unverzüglich zu löschen.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Dem Antragsteller geht es darum, dass die aufschiebende Wirkung einer Klage wiederhergestellt wird, die er gegen das Verbot erhoben hat, erlaubnisfreie sowie erlaubnispflichtige Waffen zu erwerben und zu besitzen.

Die Kriminalinspektion I... unterrichtete das Landratsamt E... mit Schreiben vom 2. Januar 2017 von Folgendem: Der Antragsteller sei bei der Verwaltungsgemeinschaft E..., dem Amtsgericht I... und bei verschiedenen Polizeidienststellen als Reichsbürger in Erscheinung getreten. Es lägen dazu einschlägige Schriftstücke vor. Der Antragsteller verwende in seinen Schreiben stets die für „Reichsbürger“ typischen Ausführungen (u.a. „A... aus der Familie P..., Mensch und geistig sittliches Wesen“). Er berufe sich darauf, dass er nach „RuStAG Stand 1913“ Deutscher sei. In diversen Schreiben an die Polizeiinspektion I... habe er Zwangsmaßnahmen gegen ihn ermittelnde Polizeibeamte angedroht und dazu seine „Allgemeinen Handelsbedingungen und Gebührenordnung“ übersandt. Die Ausführungen des Antragstellers zeigten auf, dass er das Rechtssystem der Bundesrepublik Deutschland nicht anerkenne und jegliche gegen seinen Willen gerichtete behördliche Entscheidung argumentativ missachte und mit unterschwelligen Drohungen (Forderungen im Rahmen der Privathaftung) angreife.

Auf der Grundlage eines Beschlusses des Amtsgerichts I... durchsuchten Beamte der Polizeiinspektion E... am 27. Januar 2017 das Wohnhaus des Antragstellers. Neben zahlreichen erlaubnisfreien Schusswaffen wurden fünf Präzisionsschleudern mit Armstütze sowie verschiedene Fantasiedokumente (u.a. „Deutsches Reich, Fahrerlaubnis“ und „Deutsches Reich, Personenausweis“) aufgefunden.

Das Landratsamt E... untersagte dem Antragsteller mit Bescheid vom 7. Februar 2017 den Erwerb und Besitz von Waffen und Munition, deren Erwerb nicht der Erlaubnis bedarf, sowie den Besitz von Waffen oder Munition, deren Erwerb der Erlaubnis bedarf (Nr. I), erließ dazugehörige Nebenentscheidungen (Nrn. II, III, IV) und ordnete die sofortige Vollziehung der Nrn. I, II und III an (Nr. V).

Der Antragsteller hat gegen den am 10. Februar 2017 zugestellten Bescheid am 9. März 2017 Klage erhoben und beantragt, deren aufschiebende Wirkung wiederherzustellen. Das Verwaltungsgericht München hat den Eilantrag mit Beschluss vom 2. August 2017, zugestellt am 14. August 2017, abgelehnt.

Dagegen richtet sich die am 28. August 2017 eingelegte Beschwerde.

II.

1. Die zulässige Beschwerde (§ 146 Abs. 1 und 4, § 147 VwGO) hat keinen Erfolg.

Die zur Begründung der Beschwerde fristgerecht dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat im Grundsatz beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigen es nicht, die angefochtene Entscheidung abzuändern oder aufzuheben.

1.1 Der Bevollmächtigte des Antragstellers wendet ein, die Äußerung einer politischen Haltung sei nicht durch das Waffenrecht sanktionswürdig. Lediglich die in § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG genannten Bestrebungen würden durch das Waffenrecht sanktioniert. Das Verwaltungsgericht bleibe jedoch „jegliche Tatsache schuldig“, welchen Bestrebungen der Antragsteller nachgegangen sei. Das Verwaltungsgericht habe unerwähnt gelassen, wie es die nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG erforderliche Mitgliedschaft des Antragstellers in der Reichsbürgerbewegung begründen wolle.

Das gibt keinen Anlass, von der im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung getroffenen Feststellung des Verwaltungsgerichts abzuweichen, die Klage werde voraussichtlich erfolglos bleiben. Für das Verwaltungsgericht war weder die bloße Äußerung einer politischen Meinung entscheidungserheblich noch die Frage, ob der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit etwa deshalb nicht besitzt, weil er einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen verfolgt oder unterstützt, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind (§ 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG). Dessen Entscheidung beruht vielmehr darauf, dass das für erlaubnisfreie Waffen und Munition ausgesprochene Erwerbs- und Besitzverbot ausgehend von § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG auf den „absoluten Unzuverlässigkeitstatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und b WaffG gestützt werden“ kann. Die Rechtmäßigkeit des für erlaubnispflichtige Waffen auf der Grundlage des § 41 Abs. 2 WaffG verfügten Erwerbs- und Besitzverbots hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen damit begründet, der Antragsteller habe durch seine Schreiben eine fort- und andauernde Ablehnung der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland sowie die Nichtakzeptanz staatlicher Maßnahmen gezeigt (UA S. 8).

1.2 Mit der Beschwerde wird des Weiteren gerügt, es fehle an Feststellungen des Gerichts, wie die Zuordnung des Antragstellers zu den Reichsbürgern konkret ein waffenrechtswidriges Verhalten darstelle bzw. was den Reichsbürgern diesbezüglich (konkret) vorzuwerfen sei. Die zulasten des Antragstellers vorgenommene Zukunftsprognose bestehe aus einer Aneinanderreihung von Pauschalaussagen. Es fehle an einer Darstellung der Risiken für bestimmte hohe Rechtsgüter und an einer Auseinandersetzung mit der Eintrittswahrscheinlichkeit eines Schadens.

Auch das ist nicht geeignet, die Einschätzung des Verwaltungsgerichts erfolgreich infrage zu stellen, der angefochtene Bescheid werde sich im Hauptsacheverfahren voraussichtlich als rechtmäßig erweisen. Denn das Landratsamt hat die Voraussetzungen für die gegenüber dem Antragsteller ausgesprochenen Waffenbesitzverbote zutreffend deshalb bejaht, weil es in Hinblick auf das für sogenannte „Reichsbürger“ typische Verhalten des Antragstellers von dessen waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit ausgegangen ist.

Die zuständige Behörde kann jemandem den Besitz von Waffen oder Munition, deren Erwerb nicht der Erlaubnis bedarf, und den Erwerb solcher Waffen insbesondere dann untersagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dem rechtmäßigen Besitzer oder Erwerbswilligen die für den Erwerb oder Besitz solcher Waffen oder Munition erforderliche Zuverlässigkeit fehlt (§ 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG).

Den Besitz von Waffen oder Munition, deren Erwerb der Erlaubnis bedarf, kann die Behörde untersagen, soweit es zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit oder Kontrolle des Umgangs mit diesen Gegenständen geboten ist (§ 41 Abs. 2 WaffG). Diese Voraussetzungen liegen unter anderem bei Personen vor, welche die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nicht besitzen (vgl. BVerwG, U.v. 22.8.2012 – 6 C 30.11 – juris Rn. 35).

1.2.1 Personen, die der sogenannten „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sind oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht haben, sind waffenrechtlich unzuverlässig (vgl. Beschlüsse des Senats v. 5.10.2017 – 21 CS 17.1300; v. 12.12.2017 – 21 CS 17.1332; v. 10.1.2018 – 21 CS 17.1339; v. 15.1.2018 – 21 CS 17.1519 – alle juris). Bei ihnen rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass sie im Sinn von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden (Buchst. a), mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden (Buchst. b) oder Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind (Buchst. c).

Der Verfassungsschutzbericht 2016 des Bundes (S. 90) definiert „Reichsbürger“ als eine organisatorisch wie ideologisch äußerst heterogene Szene, der jedoch die fundamentale Ablehnung des Staates, seiner Repräsentanten sowie der gesamten Rechtsordnung gemein ist. Nach dem Verfassungsschutzbericht Bayern 2016 (S. 180 ff.) sind „Reichsbürger“ Gruppierungen und Einzelpersonen, die aus unterschiedlichen Motiven mit unterschiedlichen Begründungen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen. Den Vertretern des Staates sprechen sie die Legitimation ab oder definieren sich gar in Gänze als außerhalb der Rechtsordnung stehend. Sie berufen sich in unterschiedlichster Form auf den Fortbestand des Deutschen Reiches. Reichsbürger behaupten, Deutschland habe keine gültige Verfassung und sei damit als Staat nicht existent, oder das Grundgesetz habe mit der Wiedervereinigung seine Gültigkeit verloren. Daher fühlen sich Reichsbürger auch nicht verpflichtet, den in der Bundesrepublik geltenden Gesetzen Folge zu leisten. Die Reichsbürgerbewegung wird als sicherheitsgefährdende Bestrebung eingestuft. Die Reichsbürgerideologie insgesamt ist geeignet, Personen in ein geschlossenes verschwörungstheoretisches Weltbild zu verstricken, in dem aus Staatsverdrossenheit Staatshass werden kann. Dies kann Grundlage für Radikalisierungsprozesse sein (Verfassungsschutzbericht Bayern 2016, S. 185).

1.2.2 Der Senat hat ebenso wie das Verwaltungsgericht keine Zweifel daran, dass sich der Antragsteller die Ideologie der sogenannten „Reichsbürger“ als für sich verbindlich zu Eigen gemacht hat. Das und damit die für den Antragsteller negative Prognose im Sinn des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG stützt sich vor allem auf folgende Tatsachen:

In einem der Polizeiinspektion E... am 14. März 2016 zugegangenen Schreiben betonte der Antragsteller, Deutscher nach RuStAG 1913 zu sein; er sprach zudem den Polizeibeamten die hoheitlichen Befugnisse ab und betrachtete den Staat als „vorsätzliche Täuschung nach [BGB § 123]“. Eine staatsfeindliche und (latent) aggressive Einstellung offenbart der Antragsteller in diesem Schreiben auch durch die Auffassung, alle „Bediensteten der sogenannten Polizei, Landratsamt etc.“ fielen „unter das Strafgesetzbuch § 129“, wodurch er dem Staat letztlich den Charakter einer kriminellen Vereinigung beimisst. Darin fügt sich ein, dass der Antragsteller jeweils mit Schreiben vom 30. Oktober 2016 von Polizeibeamten unter Berufung auf seine „Handelsbedingungen und Gebührenordnung“ Schadensersatz wegen Androhung von Zwangsmaßnahmen und Missachten der Ausweispflicht forderte. Schließlich wurden bei der Durchsuchung des Wohnanwesens des Antragstellers am 27. Januar 2017 Fantasieausweise („Deutsches Reich, Fahrerlaubnis“ und „Deutsches Reich, Personenausweis“) aufgefunden, die für „Reichsbürger“ typisch sind (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2016, S. 184).

Wer – wie der Antragsteller – der Ideologie der Reichsbürgerbewegung folgend die Existenz und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiert und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung generell nicht als für sich verbindlich anerkennt, rechtfertigt die Befürchtung, dass er auch die Regelungen des Waffengesetzes nicht strikt befolgen wird. Dies gilt für den Umgang mit Waffen ebenso wie für die Pflicht zur sicheren Waffenaufbewahrung, die Pflicht zur getrennten Aufbewahrung von Waffen und Munition, die Pflicht zu gewährleisten, dass andere Personen keinen Zugriff haben können, sowie die strikten Vorgaben zum Schießen mit Waffen im Besonderen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a bis c WaffG). Ausgehend von dem Grundsatz, dass nur derjenige im Besitz von Waffen sein soll, der nach seinem Verhalten das Vertrauen darin verdient, dass er mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen wird (vgl. BVerwG, B.v. 26.3.1997 – 1 B 9/97 – juris), muss einer der sogenannten „Reichsbürgerbewegung“ zuzuordnenden Person anknüpfend an die Tatsache, dass sie die waffenrechtlichen Normen gerade nicht als für sich verbindlich ansieht, die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit abgesprochen werden (vgl. zum Ganzen: NdsOVG, B.v. 18.7.2017 – 11 ME 181/17; VG Minden, U.v. 29.11.2016 – 8 K 1965/16; VG Cottbus, U.v. 20.9.2016 – VG 3 K 305/16; VG München, B.v. 8.6.2017 – M 7 S 17.933; einschränkend VG Gera, U.v. 16.9.2015 – 2 K 525/14 Ge – jeweils juris).

Soweit die Beschwerde eine Auseinandersetzung mit der Eintrittswahrscheinlichkeit eines Schadens vermisst, verkennt sie, dass sich die erforderliche Prognose am Zweck des Gesetzes zu orientieren hat, das mit jedem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisiko möglichst gering zu halten. Es bedarf deshalb nicht des Nachweises, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen wird. Vielmehr genügt, dass dafür eine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht. Die Prognose der Unzuverlässigkeit ist bei Berücksichtigung des strikt präventiven, auf die Umsetzung grundrechtlicher Schutzpflichten gerichteten Regelungskonzepts des Waffengesetzes nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Tatsachen, auf die sie gestützt ist, nach aller Lebenserfahrung kein plausibles Risiko dafür begründen, dass die in Rede stehende Person künftig Verhaltensweisen im Sinn von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG begehen wird (vgl. BVerwG, U.v. 28.1.2015 – 6 C 1.14 – juris Rn. 17). Von einem solchen plausiblen Risiko sind das Landratsamt und das Verwaltungsgericht zu Recht ausgegangen. Das gilt, ohne dass es letztlich noch darauf ankäme, umso mehr, als sich der Antragsteller bereits über die grundlegende waffenrechtliche Vorschrift des § 2 Abs. 3 WaffG hinweggesetzt hat. Entgegen dieser Vorschrift hatte er durch den Besitz von Präzisionsschleudern Umgang (§ 1 Abs. 3 WaffG) mit verbotenen Waffen (vgl. Abschnitt 1 Nr. 1.3.7 der Anlage 2 zu § 2 Abs. 2 bis 4 WaffG).

1.3 Der Bevollmächtigte des Antragstellers meint, das Verwaltungsgericht hätte, um aus den Äußerungen des Klägers eine Prognose ableiten zu können, zunächst feststellen müssen, dass sich diese Äußerungen außerhalb des Rahmens des Art. 5 GG bewegen. Eine solche Feststellung habe aber nicht stattgefunden.

Der damit der Sache nach erhobene Einwand, die angefochtenen Waffenbesitzverbote würden in nicht gerechtfertigter Weise in das Grundrecht der freien Meinungsäußerung eingreifen, trifft nicht zu. Dabei kann dahinstehen, ob diese Maßnahmen überhaupt in den Schutzbereich dieses Grundrechts eingreifen. Sie verbieten dem Antragsteller nicht, eine bestimmte Meinung überhaupt oder in einer bestimmten Art und Weise zu äußern, und belegen auch nicht das Äußern einer bestimmten Meinung mit einer Sanktion. Unabhängig davon wäre ein solcher Eingriff gerechtfertigt. Die Meinungsfreiheit findet ihre Grenze unter anderem in den Schranken der allgemeinen Gesetze (Art. 5 Abs. 2 GG). Dazu gehört das Waffengesetz, das ersichtlich nicht eine Meinung als solche verbietet und sich nicht gegen die Äußerung einer Meinung als solche richtet. Es regelt vielmehr den Umgang mit Waffen oder Munition unter Berücksichtigung der Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (§ 1 Abs. 1 WaffG – vgl. BVerwG, U.v. 7.11.2012 – 8 C 28.11 – juris Rn. 30 zur ordnungsrechtlichen Vorschrift des § 11 Abs. 2 Nr. 1 SchfG i.d.F. vom 10.8.1998). Dementsprechend zielen auch die in § 41 WaffG für den Einzelfall geregelten Waffenbesitzverbote nicht darauf ab, Schutzmaßnahmen gegenüber rein geistig bleibenden Wirkungen von bestimmten Meinungsäußerungen zu treffen. Sie dienen vielmehr allein der Verhütung und Abwehr von Gefahren für die übrige Bevölkerung, die von einem Waffenbesitzer ausgehen, der keine ausreichende Gewähr dafür bietet, dass er mit Waffen oder Munition in einer Weise umgeht, die Dritte in ihren Rechten nicht gefährdet (vgl. BVerwG, U.v. 22.8.2012 – 6 C 30.11 – juris Rn. 32; Gerlemann in Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl. 2015, § 41 Rn. 4). Das mit der Beschwerde Dargelegte gibt keinen Anhalt dafür, dass sich die angefochtenen Waffenbesitzverbote im konkreten Einzelfall entgegen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 41 WaffG gegen die vom Antragsteller geäußerte Meinung als solche richten.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

3. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Eine Erlaubnis setzt voraus, dass der Antragsteller

1.
das 18. Lebensjahr vollendet hat (§ 2 Abs. 1),
2.
die erforderliche Zuverlässigkeit (§ 5) und persönliche Eignung (§ 6) besitzt,
3.
die erforderliche Sachkunde nachgewiesen hat (§ 7),
4.
ein Bedürfnis nachgewiesen hat (§ 8) und
5.
bei der Beantragung eines Waffenscheins oder einer Schießerlaubnis eine Versicherung gegen Haftpflicht in Höhe von 1 Million Euro - pauschal für Personen- und Sachschäden - nachweist.

(2) Die Erlaubnis zum Erwerb, Besitz, Führen oder Schießen kann versagt werden, wenn der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht seit mindestens fünf Jahren im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat.

(3) Die zuständige Behörde hat die Inhaber von waffenrechtlichen Erlaubnissen in regelmäßigen Abständen, mindestens jedoch nach Ablauf von drei Jahren, erneut auf ihre Zuverlässigkeit und ihre persönliche Eignung zu prüfen sowie in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 5 sich das Vorliegen einer Versicherung gegen Haftpflicht nachweisen zu lassen.

(4) Die zuständige Behörde hat das Fortbestehen des Bedürfnisses bei Inhabern einer waffenrechtlichen Erlaubnis alle fünf Jahre erneut zu überprüfen.

(5) Zur Erforschung des Sachverhalts kann die zuständige Behörde in begründeten Einzelfällen das persönliche Erscheinen des Antragstellers oder des Erlaubnisinhabers verlangen.

(1) Werden Erlaubnisse nach diesem Gesetz zurückgenommen oder widerrufen, so hat der Inhaber alle Ausfertigungen der Erlaubnisurkunde der zuständigen Behörde unverzüglich zurückzugeben. Das Gleiche gilt, wenn die Erlaubnis erloschen ist.

(2) Hat jemand auf Grund einer Erlaubnis, die zurückgenommen, widerrufen oder erloschen ist, Waffen oder Munition erworben oder befugt besessen, und besitzt er sie noch, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass er binnen angemessener Frist die Waffen oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt und den Nachweis darüber gegenüber der Behörde führt. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann die zuständige Behörde die Waffen oder Munition sicherstellen.

(3) Besitzt jemand ohne die erforderliche Erlaubnis oder entgegen einem vollziehbaren Verbot nach § 41 Abs. 1 oder 2 eine Waffe oder Munition, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass er binnen angemessener Frist

1.
die Waffe oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt oder
2.
im Fall einer verbotenen Waffe oder Munition die Verbotsmerkmale beseitigt und
3.
den Nachweis darüber gegenüber der Behörde führt.
Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann die zuständige Behörde die Waffe oder Munition sicherstellen.

(4) Die zuständige Behörde kann Erlaubnisurkunden sowie die in den Absätzen 2 und 3 bezeichneten Waffen oder Munition sofort sicherstellen

1.
in Fällen eines vollziehbaren Verbots nach § 41 Abs. 1 oder 2 oder
2.
soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Waffen oder Munition missbräuchlich verwendet oder von einem Nichtberechtigten erworben werden sollen.
Zu diesem Zweck sind die Beauftragten der zuständigen Behörde berechtigt, die Wohnung der betroffenen Person zu betreten und diese Wohnung nach Urkunden, Waffen oder Munition zu durchsuchen; Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die zuständige Behörde angeordnet werden; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt. Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.

(5) Sofern der bisherige Inhaber nicht innerhalb eines Monats nach Sicherstellung einen empfangsbereiten Berechtigten benennt oder im Fall der Sicherstellung verbotener Waffen oder Munition nicht in dieser Frist eine Ausnahmezulassung nach § 40 Abs. 4 beantragt, kann die zuständige Behörde die sichergestellten Waffen oder Munition einziehen und verwerten oder vernichten. Dieselben Befugnisse besitzt die zuständige Behörde im Fall der unanfechtbaren Versagung einer für verbotene Waffen oder Munition vor oder rechtzeitig nach der Sicherstellung beantragten Ausnahmezulassung nach § 40 Abs. 4. Der Erlös aus einer Verwertung der Waffen oder Munition steht nach Abzug der Kosten der Sicherstellung, Verwahrung und Verwertung dem nach bürgerlichem Recht bisher Berechtigten zu.

(1) Wer in anderen als den in § 7 Abs. 1 bezeichneten Fällen

1.
explosionsgefährliche Stoffe erwerben oder
2.
mit explosionsgefährlichen Stoffen umgehen will,
bedarf der Erlaubnis.

(1a) Eine Erlaubnis nach Absatz 1 zum Laden und Wiederladen von Patronenhülsen gilt auch als Erlaubnis zum Erwerb und Besitz der dabei hergestellten Munition nach § 10 Abs. 3 des Waffengesetzes in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Die Erlaubnis ist in der Regel für die Dauer von fünf Jahren zu erteilen. Sie kann inhaltlich und räumlich beschränkt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zur Verhütung von Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sachgüter oder von erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen für Dritte erforderlich ist. Die nachträgliche Beifügung, Änderung und Ergänzung von Auflagen ist zulässig.

(3) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
beim Antragsteller Versagungsgründe nach § 8 Abs. 1 vorliegen,
2.
der Antragsteller ein Bedürfnis für die beabsichtigte Tätigkeit nicht nachweist,
3.
inhaltliche Beschränkungen oder Auflagen zum Schutze der in Absatz 2 Satz 2 bezeichneten Rechtsgüter nicht ausreichen.
Satz 1 Nr. 2 gilt nicht für die Erlaubnis zum Erwerb und zur Verwendung pyrotechnischer Gegenstände. Für den Nachweis der Fachkunde gilt § 9 Abs. 1 und 2 entsprechend.

(4) Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn der Antragsteller

1.
nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes ist oder
2.
nicht seit mindestens drei Jahren seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt ununterbrochen im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat.

(5) Die zuständige Behörde kann für den Einzelfall eine Ausnahme von dem Alterserfordernis des Absatzes 3 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c zulassen, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen.

(6) Absatz 1 gilt nicht für die bestimmungsgemäße Verwendung zugelassener pyrotechnischer Gegenstände zur Gefahrenabwehr und bei Rettungsübungen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Wer in anderen als den in § 7 Abs. 1 bezeichneten Fällen

1.
explosionsgefährliche Stoffe erwerben oder
2.
mit explosionsgefährlichen Stoffen umgehen will,
bedarf der Erlaubnis.

(1a) Eine Erlaubnis nach Absatz 1 zum Laden und Wiederladen von Patronenhülsen gilt auch als Erlaubnis zum Erwerb und Besitz der dabei hergestellten Munition nach § 10 Abs. 3 des Waffengesetzes in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Die Erlaubnis ist in der Regel für die Dauer von fünf Jahren zu erteilen. Sie kann inhaltlich und räumlich beschränkt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zur Verhütung von Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sachgüter oder von erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen für Dritte erforderlich ist. Die nachträgliche Beifügung, Änderung und Ergänzung von Auflagen ist zulässig.

(3) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
beim Antragsteller Versagungsgründe nach § 8 Abs. 1 vorliegen,
2.
der Antragsteller ein Bedürfnis für die beabsichtigte Tätigkeit nicht nachweist,
3.
inhaltliche Beschränkungen oder Auflagen zum Schutze der in Absatz 2 Satz 2 bezeichneten Rechtsgüter nicht ausreichen.
Satz 1 Nr. 2 gilt nicht für die Erlaubnis zum Erwerb und zur Verwendung pyrotechnischer Gegenstände. Für den Nachweis der Fachkunde gilt § 9 Abs. 1 und 2 entsprechend.

(4) Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn der Antragsteller

1.
nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes ist oder
2.
nicht seit mindestens drei Jahren seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt ununterbrochen im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat.

(5) Die zuständige Behörde kann für den Einzelfall eine Ausnahme von dem Alterserfordernis des Absatzes 3 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c zulassen, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen.

(6) Absatz 1 gilt nicht für die bestimmungsgemäße Verwendung zugelassener pyrotechnischer Gegenstände zur Gefahrenabwehr und bei Rettungsübungen.

(1) Eine Erlaubnis, eine Zulassung und ein Befähigungsschein nach diesem Gesetz sind zurückzunehmen, wenn sie hätten versagt werden müssen.

(2) Eine Erlaubnis, eine Zulassung und ein Befähigungsschein nach diesem Gesetz sind zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Die genannten Berechtigungen können, außer nach den Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze, widerrufen werden, wenn inhaltliche Beschränkungen nicht beachtet werden. Die Erlaubnis nach § 7 darf nicht aus den Gründen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a widerrufen werden.

(3) Die Erlaubnis nach § 7 ist ferner zu widerrufen, wenn

1.
mit der Leitung des Betriebes, einer Zweigniederlassung oder einer unselbständigen Zweigstelle eine Person beauftragt oder bei einer juristischen Person eine nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung berufene Person zur Leitung des Umgangs oder des Verkehrs mit explosionsgefährlichen Stoffen bestellt wird, welche die erforderliche Fachkunde nicht besitzt,
2.
verantwortliche Personen nach § 19 Abs. 1 Nr. 3 oder 4 Buchstabe a beschäftigt werden, die keinen Befähigungsschein besitzen.

(4) Die Zulassung nach § 5 kann ferner widerrufen werden,

1.
wenn der Zulassungsinhaber pyrotechnische Gegenstände, sonstige explosionsgefährliche Stoffe oder Sprengzubehör abweichend von der in der Zulassung festgelegten Zusammensetzung oder Beschaffenheit einführt, verbringt, vertreibt, anderen überlässt oder verwendet,
2.
wenn die zugelassenen Stoffe oder Gegenstände nicht mehr hergestellt oder eingeführt und die auf Grund der Zulassung hergestellten oder eingeführten Stoffe oder Gegenstände nicht mehr vertrieben, anderen überlassen oder verwendet werden.

(5) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen nach Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1 haben keine aufschiebende Wirkung, sofern die Erlaubnis, die Zulassung oder der Befähigungsschein wegen des Nichtvorliegens oder Entfallens der Voraussetzungen nach §§ 8, 8a oder 8b zurückgenommen oder widerrufen wird.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

II. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 4.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1. Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf der ihm erteilten Erlaubnis zum Erwerb sowie zum Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen im nicht gewerblichen Bereich und dazu ergangene Nebenentscheidungen.

Die Kriminalpolizeiinspektion S. übersandte dem Landratsamt … mit Schreiben vom 29. August 2015 einen polizeilichen Vorgang einschließlich eines Auszugs des vom Kläger gepflegten Facebook-Profils. Daraus sind (auszugsweise) Äußerungen des Klägers zu Medienbeiträgen sowie Bildern unter anderem wie folgt zu ersehen:

Zu „Passant geschlagen und getreten - Tatverdächtiger festgenommen“ äußerte der Kläger: „Kopftreten. Wegen einer Sonnenbrille. Beliebt bei Irakern und anderen Arschlöchern. Bewaffnet Euch.“

Die Meldung „Junge Frau entkommt sexuellem Übergriff in Jena - Jenaer Nachrichten“ kommentierte der Kläger mit: „Passt auf Eure Frauen und Töchter auf. Aber vor allem - bewaffnet Euch!“.

Zur Nachricht „Brandbrief: Marxlohs Einwohner fühlen sich ausgeliefert - Einwohner haben in einem Brandbrief die Verharmlosung der Zustände in Duisburg-Marxloh angeprangert. Die meisten von ihnen seien bereits auf offener Straße bestohlen, von Kindern angespuckt, von Frauen beschimpft und von Männern …“ schrieb der Kläger: „Morgen auch bei Dir. Bereite Dich schon mal darauf vor. Und bewaffne Dich.“

Einen „Kommentar zur Flüchtlingspolitik: Neuankömmlinge sind ein Geschenk des Himmels“ erwiderte der Kläger mit: „Lasst sie kommen, kein Problem. Es darf nur kein Steuerzahlergeld mehr an sie fließen. Und die Steuerzahler müssen bewaffnet werden. Dann wird alles gut.“

Zu einem (Video-)Bild, das eine Frau während eines Interviews zeigt, kommentierte der Kläger: „Es wiederholt sich zum -zigstenmal, wird wohl auch nicht das letztem(al) gewesen sein. Bewaffnet Euch!“

Zum Bild einer Munitionslademaschine ergänzte der Kläger: „Muss ich haben! ☺“.

Zudem enthielt das Facebook-Profil Kommentare wie etwa: „Die Wichser wollen Dich verarschen. … Ramelow ist ein dreckiger Rassist. … Die Wichser [die Bundesregierung] sollen in der Hölle schmoren.“

Das Landratsamt widerrief mit Bescheid vom 1. Oktober 2015 die dem Kläger erteilte Erlaubnis zum Erwerb sowie zum Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen im nicht gewerblichen Bereich und traf dazugehörige Nebenentscheidungen.

Mit weiteren Bescheiden gleichen Datums widerrief das Landratsamt die dem Kläger erteilten Erlaubnisse zum Erwerb und Besitz von (Schuss-)Waffen sowie seine Waffenhandelserlaubnis.

2. Der Kläger hat gegen den jeweiligen Widerrufsbescheid Klage erhoben und vorläufigen Rechtsschutz beantragt.

Der Senat hat die Beschwerden in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zurückgewiesen.

Die gegen den Widerruf der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 23. Juni 2016 abgewiesen.

Dagegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung.

II.

1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Soweit Zulassungsgründe im Sinn des § 124 Abs. 2 VwGO ausdrücklich oder sinngemäß geltend gemacht werden, liegen sie nicht vor bzw. wurden sie entgegen § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht hinreichend dargelegt.

1.1 Das innerhalb der Begründungsfrist Dargelegte, auf dessen Prüfung der Senat nach § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO im Grundsatz beschränkt ist, rechtfertigt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils.

Der Kläger wendet ein, das Verwaltungsgericht habe seine Äußerungen auf dem Facebook-Profil und den vor die Äußerungen gestellten „Disclaimer“ in einer Weise gewürdigt, die dazu führe, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigten, er werde Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden. Diese Würdigung halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Damit greift der Kläger die von ihm als unzutreffend bewertete richterliche Überzeugungsbildung an. Nach deren Ergebnis ist die dem Kläger erteilte sprengstoffrechtliche Erlaubnis gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 SprengG zu widerrufen, weil nachträglich Tatsachen eingetreten sind, welche die Annahme rechtfertigen, dass er explosionsgefährliche Stoffe missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird, so dass mangels sprengstoffrechtlicher Zuverlässigkeit - die Bestimmungen des Sprengstoffrechts sind insoweit den waffenrechtlichen Regelungen angeglichen (vgl. Apel/Keusgen, Sprengstoffgesetz, Stand Juli 2018, § 8 Rn. 2.1) - eine Voraussetzung für die Erlaubniserteilung entfallen ist (§ 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 8a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a SprengG). Das Zulassungsvorbringen zeigt insoweit keinen Fehler auf, der die Zulassung der Berufung rechtfertigt.

Das Gericht entscheidet gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es würdigt den Prozessstoff auf seinen Aussage- und Beweiswert für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen nur nach der ihm innewohnenden Überzeugungskraft. Trotz des besonderen Charakters der Tatsachen- und Beweiswürdigung, der einen Wertungsrahmen eröffnet, ist das Gericht nicht gänzlich frei. Die richterliche Überzeugung muss auf rational nachvollziehbaren Gründen beruhen, d.h. sie muss insbesondere die Denkgesetze, die Naturgesetze sowie zwingende Erfahrungssätze beachten. Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt vor, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, namentlich Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen, oder wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet. Derartige Fehler bei der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung, die ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils rechtfertigen würden, zeigt das Zulassungsvorbringen nicht auf; sie liegen auch nicht offensichtlich zutage (vgl. BayVGH, B.v. 14.3.2013 - 22 ZB 13.103 - juris Rn. 11; VGH BW, B.v. 12.7.2012 - 2 S 1265.12 - juris Rn. 3 f; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 19).

Der Kläger meint, es sei nicht nachvollziehbar, wieso das Verwaltungsgericht zu dem Schluss komme, er habe zu einer illegalen Bewaffnung aufgerufen; er habe auch zu keinem Zeitpunkt zu einem illegalen Handeln aufgefordert. Das Gericht bleibe es schuldig, in einer nachvollziehbaren Weise schlüssig zu belegen, warum aus seinen Äußerungen abgeleitet werden könne, dass er selbst seine Waffen in rechtswidriger Weise einsetzen wolle.

Daraus ergibt sich nicht, dass die Sachverhaltswürdigung des Verwaltungsgerichts ernstlich zweifelhaft ist. Das Verwaltungsgericht hat insoweit ausgeführt, dem zum Zeitpunkt der polizeilichen Sicherung vorhandenen Internetauftritt könne keine Beschränkung auf legal erworbene Waffen entnommen werden. Das ist angesichts der Allgemeinheit der hier inmitten stehenden Aufforderungen zur Bewaffnung und des aggressiven Charakters der Äußerungen des Klägers nachvollziehbar. Im Übrigen hat der Senat in seinem Beschluss vom 8. Januar 2016, ergangen in dem die verfahrensgegenständliche Erlaubnis betreffenden Beschwerdeverfahren (21 CS 15.2464), durch Verweis auf den im waffenrechtlichen Beschwerdeverfahren (21 CS 15.2465) erlassenen Beschluss gleichen Datums die auf dem Facebook-Profil enthaltenen Aussagen des Klägers im Einzelnen gewürdigt und insoweit zusammenfassend unter anderem festgestellt: Die Äußerungen illustrierten die Einstellung des Klägers zu Waffen und deren Anwendung, die er ersichtlich als bevorzugtes Mittel betrachte, Konflikte zu lösen; sie unterstrichen zudem unter Berücksichtigung von Wortwahl und Diktion den Eindruck einer erheblichen (latenten) Aggressivität des Klägers. Die Aufrufe zur Bewaffnung ließen nach ihrem Inhalt und Zusammenhang nicht erkennen, dass der Kläger nur eine ordnungsgemäße Verwendung von Waffen befürworte und deshalb das Vertrauen verdiene, er werde auch künftig mit Schusswaffen verantwortungsbewusst umgehen. Auf den vom Kläger infrage gestellten Umstand, ob er zu einem illegalen Erwerb von Waffen aufgerufen habe, komme es nicht an (BA S. 4 f.). Das Verwaltungsgericht hat sich dem nach dem Inhalt des angefochtenen Urteils angeschlossen. Der Zulassungsantrag setzt sich damit nicht substanziell auseinander; er zeigt insbesondere nicht auf, dass die Tatsachen- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts objektiv willkürlich ist oder gegen die Denkgesetze verstößt.

Der Kläger wendet sich auch dagegen, dass im Urteil sein Profilbild als Abbildung „in kämpferischer Pose beim Abfeuern einer Pistole“ beschrieben wird. Er weist darauf hin, dass die Aufnahme auf dem Schießstand während des sportlichen Schießens erstellt worden sei und die fragliche Schießdisziplin vom Bundesverwaltungsamt anerkannt sei. Das lässt unberücksichtigt, dass das Verwaltungsgericht das Profilbild im Zusammenhang mit den aggressiven Äußerungen des Klägers bewertet hat. Es hat wesentliche Teile der rechtlichen Gründe des Senatsbeschlusses vom 8. Januar 2016 (21 CS 15.2465) in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils teilweise wiedergegeben und so seine Auffassung unterstrichen, dass sich zugunsten des Klägers nichts aus dem Hinweis ergebe, mit dem er sein Facebook-Profil eingeleitet habe und dem zufolge seine Beiträge auf Facebook und anderswo als Satire zu verstehen seien. Eine derartige „salvatorische Klausel“, so das Verwaltungsgericht im Wege der Bezugnahme, sei schon deshalb nicht geeignet, den konkreten Erklärungsinhalt der Aufrufe zur Bewaffnung herabzuspielen, weil diese keinen erkennbar satirischen Charakter hätten. Das gelte umso mehr, als das Profilbild des Facebook-Auftritts den Kläger in kämpferischer Pose beim Abfeuern einer Pistole zeige (u.a. beidhändiger Anschlag, Mündungsfeuer).

Des Weiteren wird gerügt, das Verwaltungsgericht lege jegliche Äußerung des Klägers in einer nicht mehr vertretbaren Weise zu dessen Lasten aus. Das zeige sich an der Feststellung im angefochtenen Urteil, dass der Kläger mit seinem Vergleich zur Aufrüstung der Bundeswehr gleichsam das staatliche Gewaltmonopol in Frage stelle und sich Befugnisse zur eigenmächtigen Durchsetzung von Rechten anmaße.

Es kann dahinstehen, ob das Verwaltungsgericht den im Klageverfahren gezogenen Vergleich des Klägers mit Politikern, die unter Hinweis auf eine geänderte Einsatz- und Bedrohungslage eine Aufrüstung der Bundeswehr fordern, zutreffend interpretiert hat. Jedenfalls führt der (verharmlosende) Vergleich des Klägers schon deshalb nicht weiter, weil die Äußerungen, die er auf seinem Facebook-Profil öffentlich gemacht hat, nach ihrem Inhalt und Gegenstand keinerlei Zusammenhang mit dem Verteidigungsauftrag der Bundeswehr und einer darauf bezogenen Aufrüstungsdebatte aufweisen.

Der Hinweis des Klägers auf diverse Anzeigen, mit denen für Pfefferspray zur Selbstverteidigung geworben wurde, ist ebenfalls nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts zu begründen. Die verfahrensgegenständlichen Äußerungen des Klägers haben ersichtlich einen anderen Charakter als die von ihm im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Werbeanzeigen.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich schließlich nicht aus dem im Zusammenhang mit der Divergenzrüge formulierte Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht im Ergebnis die Auffassung vertreten, dass das Recht des Klägers auf freie Meinungsäußerung nicht berührt sei. Das Verwaltungsgericht hat ausdrücklich offengelassen, ob die angegriffene behördliche Maßnahme in den Schutzbereich eingreift und zutreffend ausgeführt, die hier anzuwendenden Vorschriften (§ 34 Abs. 2 Satz 1, § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 8a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a SprengG) beschränkten in rechtmäßiger Weise das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 2 GG). Sie dienten der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und richteten sich damit weder gegen die Meinungsfreiheit als solche noch gegen eine bestimmte Meinung. Der Behörde sei es deshalb nicht verwehrt, aus Äußerungen des Klägers Rückschlüsse auf seine Zuverlässigkeit im Sinn des § 8a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a SprengG zu ziehen.

1.2 Zu dem vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) geht die Darlegung nicht über das hinaus, was zur Begründung der Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ausgeführt ist. Besondere Schwierigkeiten im Sinne offener Erfolgsaussichten eines Berufungsverfahrens (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 27) ergeben sich daraus nicht.

1.3 Die vom Kläger behauptete grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Berufung. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Dementsprechend verlangt die Darlegung (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung, dass eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 72). Dem entspricht das Zulassungsvorbringen nicht. Es wird schon keine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert, die grundsätzliche Bedeutung im vorgenannten Sinn haben soll und fallübergreifend beantwortet werden könnte.

1.4 Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) wurde ebenfalls nicht hinreichend dargelegt. Neben der genauen Benennung des Gerichts und der zweifelsfreien Angabe seiner Divergenzentscheidung hätte der Kläger aufzeigen müssen, welcher tragende Rechts- oder Tatsachensatz in dem Urteil des Divergenzgerichts enthalten ist und welcher bei der Anwendung derselben Rechtsvorschrift in dem angefochtenen Urteil aufgestellte tragende Rechts- oder Tatsachensatz dazu in Widerspruch steht. Die divergierenden Sätze hätte er so einander gegenüber stellen müssen, dass die Abweichung erkennbar wird (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 73). Dem genügt das Zulassungsvorbringen nicht. Der Kläger behauptet das Verwaltungsgericht weiche mit dem angefochtenen Urteil von einem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Januar 1990 (1 B 1.90) ab, ohne dass erkennbar ist, welchen entscheidungstragenden, divergierenden Rechtssatz das Verwaltungsgericht aufgestellt hat. Entsprechendes gilt, soweit mit dem Zulassungsantrag eine Divergenz zu den auszugsweise im Wortlaut wiedergegebenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 10. März 2016 (1 BvR 2844/13), vom 29. Juni 2016 (1 BvR 2732/15), vom 29. Juni 2016 (1 BvR 2646/15) und vom 24. Juli 2013 (1 BvR 444/13) behauptet wird.

1.5 Schließlich hat der Zulassungsantrag selbst dann keinen Erfolg, wenn der Einwand des Klägers, die Einholung eines Gutachtens hätte „auch im Falle der Annahme der Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG angestanden“, als Aufklärungsrüge (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) verstanden wird.

Mit der Rüge die unterlassene Einholung eines Sachverständigengutachtens habe das Verwaltungsgericht gegen die Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen (§ 86 Abs. 1 VwGO) verstoßen, kann der anwaltlich vertretene Kläger schon deshalb nicht durchdringen, weil er in der mündlichen Verhandlungen keinen entsprechenden Beweisantrag im Sinn von § 86 Abs. 2 VwGO gestellt hat. Machen Beteiligte, die über rechtskundige Bevollmächtigte verfügen, von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, erweist sich eine Aufklärungsrüge nur dann als begründet, wenn sich dem Verwaltungsgericht die Notwendigkeit einer Beweiserhebung auch ohne förmlichen Beweisantrag aufdrängen musste (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 124 Rn. 13 m.w.N.). Dies ist weder vom Kläger substantiiert dargelegt worden noch sonst ohne Weiteres ersichtlich. Die Frage, ob bei dem Inhaber einer waffenrechtlichen Erlaubnis Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird, erfordert grundsätzlich nicht die Hinzuziehung eines Sachverständigen. Das Gericht bewegt sich mit einer entsprechenden tatsächlichen Würdigung in der Regel in Lebens- und Erkenntnisbereichen, die dem Richter allgemein zugänglich sind (vgl. BVerwG, B.v. 9.1.1990 - 1 B 1.90 - juris Rn. 3 zum Fall eines wiederholt straffällig gewordenen Waffenbesitzers).

2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

3. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.