Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 12. Okt. 2016 - AN 5 S 16.01749

bei uns veröffentlicht am12.10.2016

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Im Jahr 2014 führte der Antragsgegner ein Forschungsprojekt „Vergleichende Überprüfung des Tierschutzes in Schlachthöfen anhand rechtlicher Vorgaben und fachlicher Leitparameter“ durch, in dessen Rahmen 19 Schlachtbetriebe in Bayern, darunter der der Antragstellerin, kontrolliert wurden, wobei diverse Mängel festgestellt wurden. Eine Vergleichsstudie mit den Ergebnissen des Forschungsprojekts wurde am 24. September 2015 anlässlich einer tierärztlichen Fachtagung in ... vorgestellt. Im Rahmen des Forschungsprojekts wurde eine Dissertation an ..., die als Projektmitarbeiterin beim Antragsgegner beschäftigt war, vergeben und im März 2016 veröffentlicht. In der Dissertation sind 20 Betriebe, die ausschließlich mit einer Kennzahl bezeichnet sind, sowie die dort jeweils festgestellten Mängel beschrieben (ein Betrieb, der sowohl Schweine als auch Rinder schlachtet, wird unter zwei Kennzahlen beschrieben). Am 17. März 2016 wurden die Ergebnisse Verbandsvertretern im Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz vorgestellt. Aufgrund der festgestellten Mängel wurden behördliche Anordnungen getroffen und festgestellte Mängel behoben bzw. im Falle umfänglicher baulicher Maßnahmen laufen noch Fristen zur Behebung der Mängel.

Mit Email vom 27. Juli 2016 stellte die Beigeladene dem Antragsgegner Fragen in Bezug auf einen Schlachthof in ..., der Gegenstand der im Rahmen des Forschungsprojekts durchgeführten Kontrollen war. Mit Email vom 28. Juli 2016 beantwortete der Antragsgegner diese Fragen.

Mit Email vom 11. August 2016 begehrte die Beigeladene vom Antragsgegner eine Auflistung der 20 Betriebe, die Gegenstand der Kontrollen im Rahmen des Forschungsprojekts waren.

Mit Schreiben vom 17. August 2016 hörte der Antragsgegner die Antragstellerin zur beabsichtigten Auskunftserteilung an die Presse an.

Mit Schreiben vom 19. August 2016 führten die Bevollmächtigten der Antragstellerin aus, diese sei mit der Nennung ihres Namens nicht einverstanden. Es werde derzeit kein Anspruch der Beigeladenen auf Mitteilung des Namens gesehen. Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen stehe dem Auskunftsbegehren entgegen. Ein nur willkürlich gestellter Antrag auf Benennung von kontrollierten Betrieben reiche nicht aus. Ein mittelbarer Eingriff in die Berufsfreiheit der Antragstellerin sei zweifelsfrei zu bejahen, da nicht auszuschließen sei, dass Kunden ihre zukünftigen geschäftlichen Entscheidungen an den Informationen der Presse orientierten.

Am 25. August 2016 erließ der Antragsgegner gegenüber der Beigeladenen einen als Grundverwaltungsakt bezeichneten Bescheid, nach dessen Ziffer I. im Wesentlichen die Namen der Betriebe, die Gegenstand der Dissertation von ... „Vergleichende Überprüfung des Tierschutzes in Schlachthöfen anhand rechtlicher Vorgaben und fachlicher Leitparameter“ vom 6. Februar 2016 sind, mitgeteilt würden - jedoch ohne Zuordnung zu den in der Dissertation in anonymisierter Form aufgeführten Betrieben. Weiter würde klargestellt, dass aus den Beschreibungen in der Dissertation keine Rückschlüsse auf die aktuellen Zustände in den Betrieben bzw. Nachfolgebetrieben gezogen werden könnten. Nach Ziffer II. werde die Informationserteilung per Email am Nachmittag des 5. September 2016 erfolgen. Unter Ziffer III. wurde die sofortige Vollziehung der Ziffern I. und II. angeordnet.

Zur Begründung verwies der Antragsgegner insbesondere auf die Dissertation von ..., die auf der Grundlage ausgewählter amtlicher Tierschutzkontrollen erstellt wurde und öffentlich zugänglich sei. In der Dissertation würden Auszüge aus den fachlichen Stellungnahmen, die der Antragsgegner auf der Grundlage der amtlichen Kontrolle von 19 Betrieben im Zeitraum von Januar 2014 bis Januar 2015 erstellt und an die zuständigen Regierungen weitergeleitet habe, anonymisiert wiedergegeben. Die Namen der Betriebe würden in der Dissertation nicht genannt. Vielmehr werde jedem Betrieb eine eigene Betriebsziffer zugeordnet. Der Anspruch auf die begehrte Informationserteilung ergebe sich aus Art. 4 BayPrG. Das Interesse der Presse an der Namensmitteilung bestehe darin, dass sie sich, nur wenn sie über die Betriebsnamen verfüge, für ihre Recherchen direkt an die Betriebe und die örtlich zuständigen Kreisverwaltungsbehörden wenden könne. Dabei sei zu berücksichtigen, dass erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zu Informationen die Presse in den Stand versetze, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommende Funktion wirksam wahrzunehmen. Dabei entscheide die Presse in den Grenzen des Rechts selbst, ob und wie sie über ein bestimmtes Thema berichte. Die Grundrechte der Betriebe aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, die mit dem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb auch das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis schützten, stünden der Informationserteilung nicht entgegen. Da beabsichtigt sei, die Betriebe in einer Gruppe ohne Zuordnung zu den Betrieben in der Dissertation zu nennen, könne wegen der allgemeinen und anonymisierten Angaben in der Dissertation der einzelne Betrieb nicht identifiziert werden. Selbst wenn die Identifizierung eines Betriebs möglich wäre, wäre dies zum anderen kein Eingriff in das Grundrecht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Bei den Beschreibungen in der Dissertation zur Betriebsgröße und zu den Schlachtzahlen handele es sich um Daten, die auch durch äußere Beobachtung, z. B. der nach außen erkennbaren Größe des Betriebs und der Anzahl der An- und Auslieferung der Tiere eingeschätzt werden könnten. Schließlich sei nicht erkennbar, welchen Wettbewerbsvorteil ein Konkurrent durch die Kenntnis der Betriebsgröße und der Schlachtzahlen gewinnen würde. Die Tatsache, dass gegen Vorschriften des Tierschutzes verstoßen worden sei, falle ebenfalls nicht in den Schutzbereich des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Schließlich sei sowohl für die Presse als auch für jeden verständigen Bürger erkennbar, dass die Feststellungen Momentaufnahmen der im Zeitraum vom Januar 2014 bis Januar 2015 durchgeführten Einzelkontrollen darstellten. Aus den Feststellungen könnten somit keine Rückschlüsse auf die aktuellen Zustände in den Betrieben gezogen werden. In der beabsichtigten Informationserteilung werde ausdrücklich darauf hingewiesen werden. Da die Dissertation bereits Thema eines unter Mitwirkung der Beigeladenen am 29. Juli 2016 veröffentlichten Presseartikels gewesen sei und auch andere Medien in den vergangenen Wochen das Thema Tierschutz in bayerischen Schlachthöfen aufgegriffen hätten, bestehe ein starker Aktualitätsbezug. Müsste die Beigeladene die Klärung ihres Informationsrechts in einem Hauptsacheverfahren zuwarten, wäre der Aktualitätsbezug möglicherweise verloren gegangen und ein effektiver Rechtsschutz nicht mehr möglich.

Mit Bescheid vom 26. August 2016 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass er nach sorgfältiger Prüfung zu dem Ergebnis gekommen sei, dass er aufgrund Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayPrG verpflichtet sei, der Beigeladenen die gewünschten Informationen zu erteilen. Er habe daher mit dem als Anlage beiliegenden Grundverwaltungsakt dem Informationsantrag der Beigeladenen stattgegeben.

Mit bei Gericht per Telefax am 1. September 2016 eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag ließ die Antragstellerin durch ihre Bevollmächtigten beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen den Grundverwaltungsakt des Antragsgegners vom 25. August 2016 und den Bescheid vom 26. August 2016 wiederherzustellen.

Zur Begründung führten die Bevollmächtigten der Antragstellerin insbesondere aus, der Antragsgegner habe das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung nicht hinreichend begründet. Er stütze den Sofortvollzug nur auf das überwiegende öffentliche Interesse als auch das Interesse der Beigeladenen an einer zeitnahen Erteilung der begehrten Auskunft. Die Kontrolle im Betrieb der Antragstellerin liege mehr als zwei Jahre zurück. Es handele sich um Daten ohne Aktualitätsbezug. Seit der Kontrolle im August 2014 habe sich im Betrieb der Antragstellerin vieles verändert, so dass die Feststellungen, die bei der Kontrolle getroffen worden seien, nicht mehr vorlägen. Nach Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG dürfe die Auskunft nur verweigert werden, soweit aufgrund beamtenrechtlicher oder sonstiger Vorschriften eine Verschwiegenheitspflicht bestehe. Dieser Hinderungsgrund liege hier vor. Mit der Nennung des Betriebsnamens der Antragstellerin greife der Antragsgegner in das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ein, die mit dem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb auch das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis schützten. Konkurrenten könnten unter Hinzunahme der Dissertation die Auslastung des Schlachthofs der Antragstellerin ermitteln. Die Schlachtleistung pro Stunde werde in der Dissertation explizit genannt. Damit stünden dem Konkurrenten die Betriebsdaten, die in der Dissertation benannt seien, zur Verfügung. Durch diese Angaben sei es einem Konkurrenten möglich, die Profitabilität des betroffenen Unternehmens mit Blick auf die Produktpalette mit hinreichender Sicherheit einzuschätzen und so sein eigenes Verhalten im Wettbewerb im Hinblick auf dieses Konkurrenzunternehmen anzupassen. Potenzielle Kunden, die planten, im Betrieb der Antragstellerin zu schlachten, könnten durch die Veröffentlichung des Namens der Antragstellerin hiervon abgehalten werden. Damit einher gingen dann finanzielle Einbußen der Antragstellerin. Demgegenüber müsse das Recht der Pressefreiheit aus Art. 5 GG zurücktreten. Zulasten der Presse gehe auch ein fehlendes Aktualitätsinteresse an dem Erhalt der in Rede stehenden Informationen. Seit jener Zeit hätten sich erhebliche Veränderungen am Schlachthof der Antragstellerin ergeben. Die seinerzeit festgestellten Mängel lägen teilweise in der beschriebenen Form so nicht vor, die anderen seien in Zusammenarbeit mit der zuständigen Veterinärbehörde kurzfristig beseitigt worden. Sanktionen habe es nicht gegeben. Gegen die Nennung des Betriebsnamens spreche auch, dass der Antragsgegner im August 2014 die projektbezogene Mitarbeiterin für ihre Dissertation bei einer Kontrolltätigkeit mit in den Betrieb der Antragstellerin genommen habe. Die Ergebnisse der Kontrolle seien in der Dissertation nur anonymisiert verwendet und veröffentlicht worden. Wenn jetzt der Name des Betriebs gegenüber der Presse genannt werde, werde diese Anonymisierung umgangen.

Mit weiterem, bei Gericht am 2. September 2016 eingegangenem Schriftsatz vom 1. September 2016 ließ die Antragstellerin durch ihre Bevollmächtigten Klage erheben und beantragen,

den Grundverwaltungsakt des Antragsgegners vom 25. August 2016 und den Bescheid vom 26. August 2016 aufzuheben.

Zur Begründung verwiesen die Bevollmächtigten der Antragstellerin auf ihre Ausführungen im Antragsverfahren.

Mit Schriftsatz vom 5. September 2016 beantragte der Antragsgegner,

den Antrag abzulehnen.

Die beabsichtigte Presseauskunft stelle keinen unzulässigen Eingriff in schützenswerte Rechtspositionen der Antragstellerin dar. Zur Ermittlung der Betriebsdaten, wie Auslastung, Anzahl der geschlachteten Tiere nach Tierart und Schlachtleistung, bedürfe es der Auswertung der aufgrund der Anonymisierung zur zuverlässigen Zuordnung ohnehin untauglichen Dissertation nicht. Unmittelbar im zeitlichen Kontext der Betriebskontrolle durch den Antragsgegner im August 2014 habe die Antragstellerin im Rahmen eines Interviews und einer bildlichen Presseberichterstattung selbst umfangreich über die geschlachteten Tierarten, die wöchentliche Schlachtleistung und die Schlachthoforganisation Auskunft erteilt bzw. Bildmaterial öffentlich zugänglich gemacht, das dem kundigen Konkurrenten mit Hinblick auf die Einstellkapazitäten, das Tötungsgerät, die Verarbeitungsinfrastruktur und die Kühlräumlichkeiten wesentlich tiefere Einblicke erlaube, als aus den nur als Größenordnung dargelegten Betriebsangaben der Dissertation überhaupt möglich. Unter Hinweis auf beigelegte Presseveröffentlichungen führt der Antragsgegner aus, die angeführten Betriebsdaten seien offenkundig und könnten damit dem vorgetragenen Betriebs- und Geschäftsgeheimnis nicht mehr unterfallen. Auch vermöge eine für die Antragstellerin nachteilige Wettbewerbssituation durch die Kenntniserlangung seitens Konkurrenzunternehmen mit Blick auf die zeitlichen Gegebenheiten nicht zu überzeugen. Wie von der Antragstellerin selbst ausgeführt, hätten sich seither erhebliche Veränderungen an ihrem Schlachthof ergeben. Damit sei eine korrekte Einschätzung der derzeitigen Wettbewerbslage ausgeschlossen. Daneben sei festzustellen, dass auch der aktuelle Internetauftritt der Antragstellerin durch Abbildungen der Betriebsstätte, Beschreibung der baulichen Gegebenheiten, Darlegung verfügbarer Schlachtkapazitäten und Veröffentlichung umfangreicher Preislisten eine weit treffendere, da aktuelle Einschätzung, zulasse. Ebenso vermöge es einen Antragsanspruch nicht zu begründen, dass die Veröffentlichung des Namens der Antragstellerin zukünftig potenzielle Kunden von einer Geschäftsbeziehung mit der Antragstellerin abhalten könnte, woraus diese vermeintlichen finanziellen Einbußen entstünden. Mit dem Recht des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs sei der Erwerb geschützt, hingegen unterfielen künftige Verdienstmöglichkeiten oder auch der Unternehmensruf nicht dem Schutzbereich. Weiter käme für die vorgetragene Kundenwirkung nur negative Betriebsumstände in Betracht. Eine Berichterstattung auch und gerade über Missstände belegende Sachverhalte sei indes für eine objektive und dem öffentlichen Informationsbedürfnis Rechnung tragende Pressearbeit immanent. Etwa im Bereich des Verbraucherschutzes bestehe regelmäßig gerade kein berechtigtes wirtschaftliches Interesse, Rechtsverstöße nicht zu offenbaren. Diese Erwägungen könnten für den hiesig streitgegenständlichen Schlachtvorgang als dem Anwendungsbereich des LFGB unterliegende lebensmittelrechtliche Herstellung beigezogen werden (vgl. § 3 Ziffer 2 LFGB). Mit der presserechtlichen Auskunftserteilung gehe noch keine unmittelbare Information an etwaige Kunden oder Konkurrenten einher. Es obliege der Beigeladenen als Organ der Presse, selbst über Art und Umfang der Berichterstattung zu entscheiden und was sie des öffentlichen Interesses für wert hält und was nicht. Der Antragsanspruch sei auch nicht durch ein vermeintlich fehlendes Aktualitätsinteresse begründet. Die Antragstellerin verkenne, dass für die Beurteilung des gegenwärtigen öffentlichen Interesses es nicht auf die Aktualität der Informationen, sondern vielmehr auf das tagesaktuelle Interesse an einer bestimmten Diskussion ankomme. Die jüngst veröffentlichte Dissertation und ihre Erkenntnisse, und damit auch die Ergebnisse der seinerzeitigen Betriebskontrollen, seien Gegenstand umfangreicher gegenwärtiger Berichterstattung. Zutreffend führe die Antragstellerin aus, dass die kontrollierten Betriebe im Rahmen der Dissertation nur in anonymisierter Form beschrieben seien. Anhand der beabsichtigten nicht zuordnenden Namensnennung alleine sei eine Zuordnung zu den einzelnen anonymen Betriebsbeschreibungen in der Dissertation nicht möglich.

Mit weiterem Schriftsatz vom 8. September 2016 führten die Bevollmächtigten der Antragstellerin ergänzend aus, der Antragsgegner verstoße mit der angekündigten Auskunft auch gegen Gemeinschaftsrecht, insbesondere gegen Art. 7 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004. Der Geheimhaltungspflicht unterliege hier der Betriebsname der Antragstellerin in Verbindung mit dem Namen der Geschäftsführer als personenbezogene Daten und die Betriebsgeheimnisse, die aus dem Namen der Antragstellerin in Verbindung mit der Doktorarbeit geschlussfolgert werden könnten. Hierzu müssten zum Beispiel nur die Daten, die in der Doktorarbeit zu einem kontrollierten Betrieb unter der jeweils in der Doktorarbeit angegebenen Nummer aufgezählt würden, mit den tatsächlichen Verhältnissen vor Ort, Anzahl und Zeitpunkt der Anlieferung der Schlachttiere am Schlachthof und Schätzung der angelieferten Tiere abgeglichen werden. Schon sei der in der Doktorarbeit beschriebene Betrieb mit Namen und den persönlichen betriebsbezogenen Daten bekannt. Aufgrund der nicht abschließenden Aufzählung in Art. 7 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 komme auch eine fehlende Verhältnismäßigkeit als Geheimhaltungsgrund in Betracht. Ferner erfolgten Informationserteilungen, die nur wenigen Einschränkungen unterworfen seien, im Wesentlichen im Rahmen des Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 in Verbindung mit dem VIG. Der Anwendungsbereich umfasse Erzeugnisse im Sinne des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs. Dabei gehe es um den Schutz des Verbrauchers vor gesundheitsschädlichen Erzeugnissen. Der vorliegende Fall betreffe Kontrollen in Bezug auf den Tierschutz. Dieser Schutzbereich nehme ebenfalls einen hohen Stellenwert ein, betreffe aber unmittelbar nur den Tierhalter und andere Stellen, die mit lebenden Tieren umgehen und die kontrollierende Behörde. Behördliche Informationen zum Tierschutz müssten insoweit Einschränkungen unterliegen, die weiter griffen als diejenigen beim Verbraucherschutz. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zwischen dem Recht auf Informationserteilung und Geheimhaltung von Betriebsdaten müssten Informationen zu Tierschutzkontrollen und deren Ergebnisse zwar von den Behörden bekanntgegeben werden, aber nicht unbedingt im Detail auch der Name des kontrollierten Betriebs.

Mit Schriftsatz vom 19. September 2016 ließ die Beigeladene durch ihre Bevollmächtigten Stellung nehmen und insbesondere ausführen, der Antragsgegner habe in seinem Grundverwaltungsakt vom 25. August 2016 zutreffend ausgeführt, dass die Beigeladene auf die begehrte Informationserteilung einen Anspruch habe. Dieser ergebe sich insbesondere aus Art. 4 BayPrG. Die Mitteilung der begehrten Information sei einer etwaigen Berichterstattung vorgelagert. Im Rahmen der Recherchen sei die Mitteilung erforderlich, damit die Beigeladene sich u. a. direkt an die betroffenen Betriebe wenden könne. Die Mitteilung verletze insbesondere nicht deren Persönlichkeitsrechte. Diese seien von der Beigeladenen im Vorfeld der Berichterstattung selbstständig zu wahren. Grundrechte der Betriebe stünden der Informationserteilung nicht entgegen. Durch die Mitteilung der Namen an die Beigeladene erführen diese nicht die Konkurrenten, sondern die Beigeladene. Die Ansicht der Antragstellerin gehe insbesondere dann fehl, wenn die Mitteilung der Namen nicht zuordnend erfolge. Die Mitteilung der Namen verstoße auch nicht etwa gegen Gemeinschaftsrecht, insbesondere nicht gegen die Verordnung (EG) Nr. 882/2004. Dieser Verordnung gehe es dem Sinn und Zweck nach gerade auch um die Gesundheit und Tierschutz und die diesbezügliche Kontrolle, der die Namensmitteilung diene. Es handele sich auch nicht etwa um Informationen im Sinne von Art. 7 Abs. 3 der Verordnung, die durch einzelstaatliches oder Gemeinschaftsrecht geschützt seien und insbesondere Folgendes beträfen: Geheimhaltungspflicht. Die Namensnennung stehe nämlich den in Art. 7 Abs. 3 der Verordnung genannten Aspekten „Vertraulichkeit von Beratungen, internationale Beziehungen und Landesverteidigung“ auch nicht einmal annähernd gleich. Durch die Namensnennung würden auch nicht etwa Betriebsgeheimnisse preisgegeben, es könne daher dahingestellt bleiben, inwiefern Betriebsgeheimnisse überhaupt von der Verordnung geschützt seien. Eine großzügige Auskunftserteilung sei entgegen den Ausführungen der Antragstellerin auch nicht etwa nur zum Schutze des Verbrauchers vor gesundheitsschädlichen Erzeugnissen geboten, sondern auch zugunsten des Tierschutzes. Der anthropozentrische Ansatz der Antragstellerin gehe fehl. Die Bevollmächtigten der Beigeladenen führten unter Verweis auf Art. 20a GG aus, der Tierschutz sei ein wichtiger Grundwert. Der starke Aktualitätsbezug bestehe gerade im Hinblick auf jüngste Medienberichte zum Thema Tierschutz. Das Thema Tierschutz in bayerischen Schlachthöfen stehe aktuell im Fokus des öffentlichen Interesses. Vor diesem Hintergrund hätten auch länger zurückliegende Kontrollen Aktualitätsbezug.

Mit Schriftsatz vom 20. September 2016 nahmen die Bevollmächtigten der Antragstellerin zum Schriftsatz des Antragsgegners Stellung und führten hierzu aus, zum Presseinterview des Geschäftsführers der Antragstellerin Mitte 2014 sei festzuhalten, dass dieser dieses Interview freiwillig gegeben habe und dabei nur vereinzelt Informationen zum Betrieb der Antragstellerin genannt habe. Wichtige Aspekte, die wettbewerbsrelevant seien, wie Schlachtleistung pro Stunde, Einstellkapazität, Ausstattung und der detaillierte Ablauf der Schlachtung, Zutrieb von drei Schweinen in die Betäubungsbucht und Rinder nach Abladung direkt in den Treibgang seien im Interview nicht preisgegeben worden, seien aber in der Dissertation genauestens beschrieben. Aus dem Interview und Internetauftritt seien damit längst nicht alle Daten offenkundig, wie sie in der Dissertation aufgeführt seien. Entgegen der Darstellung des Antragsgegners gehe es hier nicht um den Bereich des Verbraucherschutzes, in dem eine Gefährdung durch Lebensmittel unter bestimmten Voraussetzungen veröffentlicht werde, sondern um den Bereich Tierschutz. Denn Zweck des LFGB sei der Schutz des Verbrauchers vor Gesundheitsgefahren. § 3 LFGB definiere nur Begriffsbestimmungen. Die Gesundheit des Verbrauchers sei im vorliegenden Fall gerade nicht betroffen. Auch wenn der Antragsgegner die Namen der Betriebe ohne Zuordnung zu den in der Dissertation verwendeten Nummern bekanntgebe, könne der Betrieb der Antragstellerin der entsprechenden Nummer in der Dissertation zugeordnet werden. Bei der durchgeführten Tierschutzkontrolle handele es sich um einen einmaligen Vorgang, beschränkt auf den Zeitraum eines Tages. Diesen einmaligen Feststellungen könne aber nicht ein so hohes Gewicht zukommen, dass der Presse hierzu durch die Behörde Auskunft durch Nennung des Namens erteilt werden müsse. In Frage zu stellen sei auch, ob der Antragsgegner bei der Kontrolle im Jahr 2014 die Doktorandin überhaupt mit in den Betrieb habe nehmen dürfen, ohne die Geschäftsführung unmittelbar vor der Kontrolle hierüber zu informieren.

Mit Schriftsatz vom 28. September 2016 erwiderte der Antragsgegner auf die Klage und beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verwies der Antragsgegner auf die angefochtenen Bescheide sowie auf seine Stellungnahem im Verfahren über den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag, mit dem die Antragstellerin begehrt, die aufschiebende Wirkung ihrer Anfechtungsklage gegen den als Grundverwaltungsakt bezeichneten Bescheid des Antragsgegners vom 25. August 2016, auf dessen Grundlage der Antragsgegner die Namen unter anderem der Antragstellerin an die Presse bekanntgeben will, sowie gegen den Bescheid vom 26. August 2016, mit dem der Antragsgegner die Wirkungen des Grundverwaltungsaktes auf die Antragsgegnerin erstreckt hat, wiederherzustellen, ist zwar zulässig, aber nicht begründet.

Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes, wie vorliegend durch Ziffer III. in Bezug auf die Ziffern I. bis II. des Grundverwaltungsakts des Antragsgegners vom 25. August 2016 durch behördliche Anordnung, oder bereits kraft Gesetzes gegeben ist, die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen den zugrundeliegenden Bescheid ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung, wie hier in Ziffer III. des Grundverwaltungsaktes nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO erfordert, dass die Behörde das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO schriftlich begründet.

Der Antragsgegner hat hier das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung der Ziffern I. und II. des Grundverwaltungsaktes in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügenden Weise begründet. Danach ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung schriftlich gesondert zu begründen. Dem Erfordernis einer schriftlichen Begründung ist dabei nicht schon dann genügt, wenn überhaupt eine Begründung gegeben wird. Es bedarf vielmehr einer schlüssigen, konkreten und substantiierten Darlegung der wesentlichen Erwägungen, warum aus Sicht der Behörde gerade im vorliegenden Fall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung gegeben ist und das Interesse des Betroffenen am Bestehen der aufschiebenden Wirkung ausnahmsweise zurückzutreten hat (vgl. BVerwG, B. v. 18.9.2001 -1 DB 26/01 - juris Rn. 6; BayVGH, B. v. 9.12.2013 - 10 CS 13.1782 - juris Rn. 16). Pauschale, formelhafte Formulierungen genügen diesen Anforderungen grundsätzlich nicht (BayVGH, B. v. 9.12.2013 - 10 CS 13.1782 - juris Rn. 16; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 80 Rn. 85). Der Antragsgegner legt demgegenüber im Grundverwaltungsakt vom 25. August 2016 in ausreichender Weise dar, dass es der Beigeladenen angesichts des starken Aktualitätsbezuges des Themas Tierschutz in bayerischen Schlachthöfen, über das in den vergangen Wochen durch die Beigeladene selbst wie auch andere Medien berichtet wurde, nicht zugemutet werden kann, ihren Informationsanspruch in einem Hauptsacheverfahren einzufordern. Diese Einschätzung und die daraus gezogene Schlussfolgerung, dass nicht bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Hauptsacheverfahrens zugewartet werden könne, sind nicht zu beanstanden.

Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO prüft das Gericht nicht die Entscheidung der Verwaltung nach, sondern trifft in jedem Fall selbst eine eigene, originäre Entscheidung über die Aussetzung bzw. die Aufhebung der Vollziehung aufgrund der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darbietenden Sach- und Rechtslage.

Es sind hierbei die widerstreitenden Interessen gegeneinander abzuwägen, wobei im Rahmen dieser Abwägung die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache besondere Berücksichtigung finden. Bleibt dieser Rechtsbehelf mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos, wird die Abwägung in der Regel zum Nachteil des Betroffenen ausfallen.

Die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotene, aber auch ausreichende summarische Prüfung ergibt hier, dass der Antragsgegner in Ziffer I. des Grundverwaltungsakts vom 25. August 2016 zu Recht dem Informationsbegehren der Beigeladenen nach Nennung der Namen der in der Dissertation von ... in anonymisierter Form aufgeführten Betrieben mit der Maßgabe nachgekommen ist, dass die Nennung ohne Zuordnung zu den in der Dissertation in anonymisierter Form aufgeführten Betrieben vorgenommen wird. Folglich hat der Antragsgegner dies auch der Antragstellerin im Bescheid vom 26. August 2016 zu Recht mitgeteilt und so die Wirkungen des Grundverwaltungsaktes auf sie erstreckt.

Die Beigeladene hat einen Anspruch aus Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayPrG auf die Nennung der im Rahmen des Forschungsprojekts „Vergleichende Überprüfung des Tierschutzes in Schlachthöfen anhand rechtlicher Vorgaben und fachlicher Leitparameter“ überprüften Betriebe.

Nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayPrG hat die Presse gegenüber Behörden ein Recht auf Auskunft. Dieses Recht kann sie nach Art. 4 Abs. 1 Satz 2 BayPrG nur durch Redakteure oder andere von ihnen genügend ausgewiesene Mitarbeiter von Zeitungen oder Zeitschriften ausüben. Es kann nur gegenüber dem Behördenleiter und den von ihm Beauftragten geltend gemacht werden (Art. 4 Abs. 2 Satz 1 BayPrG). Nach Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG darf die Auskunft nur verweigert werden, soweit aufgrund beamtenrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Vorschriften eine Verschwiegenheitspflicht besteht. Die Beigeladene ist Presseorgan. Sie hat hier durch eine Redakteurin, die für investigative Recherche durch die Ressortleitung ermächtigt war, ihr Auskunftsrecht in Anspruch genommen. Sie hat das sich aus Art. 4 Abs. 1 BayPrG grundsätzlich ergebende Auskunftsrecht mit Email vom 11. August 2016, welche an die Pressestelle des Antragsgegners gerichtet war, gegenüber der nach Art. 4 Abs. 2 Satz 1 BayPrG richtigen Stelle geltend gemacht.

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin durfte der Antragsgegner die Auskunft auch nicht nach Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG verweigern, weil aufgrund beamtenrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Vorschriften eine Verschwiegenheitspflicht bestünde.

Über die genannten Verschwiegenheitspflichten hinaus ist ein Auskunftsverweigerungsrecht im bayerischen Pressegesetz nicht vorgesehen (vgl. BayVGH, B. v. 13.8.2004 - 7 CE 04.1601 - juris, Rn. 17). Diese Regelung ist so zu verstehen, dass Verschwiegenheitspflichten nicht nur aus Geheimhaltungsvorschriften folgen, sondern sich Grenzen des presserechtlichen Auskunftsanspruchs auch daraus ergeben können, dass die Beantwortung einer Frage Grundrechte Dritter, etwa das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts berührt (vgl. BayVGH, B. v. 15.5.2012 - 7 CE 12.370 - juris, Rn. 13). Im Ausgangspunkt geht die Antragstellerin zutreffend davon aus, dass auch der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen als Ausprägung des grundrechtlich geschützten Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs dazu führen können, dass die Beantwortung einer Presseanfrage Grundrechte Dritter, hier des Unternehmens, derart berühren kann, dass sich hieraus Grenzen des presserechtlichen Auskunftsanspruchs ergeben können.

Zu den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen werden alle auf ein Unternehmen bezogene Tatsachen, Umstände und Vorgänge gerechnet, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentlichen technisches Wissen im weitesten Sinne; Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen. Zu derartigen Geheimnissen werden etwa Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Marktstrategien, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit, Kalkulationsunterlagen, Patentanmeldungen und sonstige Entwicklungs- und Forschungsprojekte gezählt, durch welche die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Betriebs maßgeblich bestimmt werden können (vgl. BVerfG, B. v. 14.3.2006 - 1 BvR 2087/03 und 1 BvR 2111/03 - juris, Rn. 87 m. w. N.). Um ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis geht es bereits dann, wenn die offengelegte Information lediglich Rückschlüsse auf ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis zulässt (vgl. OVG Münster, U. v. 18.12.2013 - 5 A 413/11 - juris, Rn. 157 f.). Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind dabei, wie die Antragstellerin zutreffend ausführt, grundsätzlich von Art. 12 Abs. 1 GG geschützt, soweit die Stellung eines Wettbewerbers am Markt nach Maßgabe der Funktionsbedingungen des Marktes zu schützen ist (vgl. BVerfG, B. v. 14.3.2006 - 1 BvR 2987/03 und 1 BvR 2111/03 - juris, Rn. 82; Scholz in Maunz/Dürig, GG, Art. 12, Rn. 45: Wettbewerbsfreiheit als Prinzip der Wettbewerbsgleichheit bzw. der gleichen Wettbewerbsfreiheiten), bzw. nach Art. 14 Abs. 1 GG, soweit vermögenswerte Einzelpositionen in Rede stehen, wie insbesondere Patente, Urheberrechte oder technisches Verfahrenswissen (Papier in Maunz/Dürig, GG, Art. 14, Rn. 100: vorhandene konkrete Werte). Soweit Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse in Rede stehen, die auf den Schutz der Stellung eines Unternehmens im Wettbewerb abzielen, ist davon auszugehen, dass, wenn exklusives wettbewerbserhebliches Wissen den Konkurrenten des Unternehmens zugänglich wird, die Möglichkeit, die Berufsausübung unter Rückgriff auf dieses Wissen erfolgreich zu gestalten, gemindert wird (vgl. BVerwG, B. v. 14.3.2006 - 1 BvR 2087/03 und 1 BvR 2111/03 - juris, Rn. 85).

Widerstreitende Grundrechtspositionen sind in einen angemessenen Ausgleich zu bringen. Im vorliegenden Rechtsstreit ist deshalb insbesondere abzuwägen, ob dem verfassungsrechtlich aufgrund der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteten Informationsinteresse der Beigeladenen oder einem schützenswerten Interesse der Antragstellerin daran, dass ihr Name der Presse gegenüber nicht genannt wird, der Vorzug zu geben ist.

Bei der vor diesem Hintergrund zu treffenden Entscheidung über einen presserechtlichen Auskunftsanspruch ist stets die grundrechtliche Dimension der Pressefreiheit zu beachten (vgl. BVerfG, Kammer-B. v. 14.9.2015 - 1 BvR 857/15 - juris, Rn. 16). Der Inhalt des presserechtlichen Auskunftsanspruchs wird folglich maßgeblich durch die Funktionen bestimmt, die die Presse in der freiheitlichen Demokratie erfüllt. Ihr kommt neben einer Informations- insbesondere eine Kontrollfunktion zu (vgl. BVerwG, U. v. 16.3.2016 - 6 C 65/14 - juris, Rn. 17, zum verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch auf Bundesebene; vgl. auch BVerfG, Kammer-B. v. 14.9.2015 - 1 BvR 857/15 - juris, Rn. 16). Die effektive funktionsgemäße Betätigung der Presse setzt voraus, dass ihre Vertreter in hinreichendem Maß von staatlichen Stellen Auskunft über Angelegenheiten erhalten, die nach ihrem Dafürhalten von öffentlichem Interesse sind (vgl. BVerwG, U. v. 16.3.2016 - 6 C 65.14 - juris, Rn. 17; U. v. 25.3.2015 - 6 C 12.14 - juris, Rn. 30). Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zu Informationen versetzt die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommenden Funktionen wirksam wahrzunehmen (vgl. BVerfG, Kammer-B. v. 14.9.2015 - 1 BvR 857/15 - juris, Rn. 16 n.w.N.; OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 11.11.2010 - OVG 10 S 32.10 - juris, Rn. 6). Dabei entscheidet die Presse in den Grenzen des Rechts selbst, ob und wie sie über ein bestimmtes Thema berichtet (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 11.11.2010 - OVG 10 S 32.10 - juris, Rn. 7). Sowohl das „Ob“ als auch das „Wie“ der Berichterstattung sind dabei Teil des Selbstbestimmungsrechts der Presse, das auch die Art und Weise ihrer hierauf gerichteten Informationsbeschaffungen grundrechtlich schützt (vgl. BVerfG, Kammer-B. v. 14.9.2015 - 1 BvR 857/15 - juris, Rn. 16 n.w.N.).

Das durch die Pressefreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistete Recht auf Informationsbeschaffung der Presse und das öffentliche Informationsinteresse einerseits sind mit den grundrechtlich geschützten Rechtspositionen Dritter andererseits abzuwägen. Dabei sind die widerstreitenden Grundrechtspositionen nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz in einen angemessen Ausgleich zu bringen, damit die Beschränkung des jeweils betroffenen Grundrechts den Anforderungen des Übermaßverbots entspricht und deshalb rechtmäßig ist (vgl. VGH Kassel, U. v. 23.2.2015 - 8 A 1303/11 - juris, Rn. 37 m. w. N.). Bei der Erfüllung des presserechtlichen Auskunftsanspruchs wird den Behörden ein Ermessensspielraum zugestanden (vgl. BVerfG, Kammer-B. v. 14.9.2015 - 1 BvR 857/15 - juris, Rn. 18; anderer Ansicht: VGH Kassel, U. v. 23.2.2012 - 8 A 1303/11 - juris, Rn. 37 mit Berufung auf BVerwG, U. v. 23.6.2004 - 3 C 41/03 - juris, Rn. 63, das jedoch zur Sondervorschrift des § 34 Abs. 1 i. V. m. § 32 Abs. 1 StUG ergangen ist; widersprüchlich VGH BW, U. v. 11.9.2013 - 1 S 509/13 - juris, Rn. 26 einerseits und Rn. 65 andererseits), wobei das maßgebliche öffentliche Informationsinteresse anhand des Gegenstands des Auskunftsersuchens und damit der beabsichtigten Berichterstattung zu bestimmen ist (vgl. BVerfG, Kammer-B. v. 14.9.2015 - 1 BvR 857/15 - juris, Rn. 19; OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 11.11.2010 - OVG 10 S 32.10 - juris, Rn. 8). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Bewertung des Informationsanliegens grundsätzlich der Presse selbst obliegt, die nach publizistischen Kriterien selbst entscheiden dürfen muss, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält und was nicht (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 11.11.2010 - OVG 10 S 32.10 - juris, Rn. 7).

Nach diesen Maßstäben ergibt im vorliegenden Fall die Abwägung des presserechtlichen Auskunftsanspruchs mit den in Betracht kommenden Interessen Privater, hier den Interessen der Antragstellerin, dass hinsichtlich der nicht zuordnenden Nennung ihres Namens zusammen mit den Namen der weiteren Betriebe, die Gegenstand der im Rahmen des Forschungsprojekts „Vergleichende Überprüfung des Tierschutzes in Schlachthöfen anhand rechtlicher Vorgaben und fachlicher Leitparameter“ durchgeführten Kontrollen waren, das Informationsinteresse der Öffentlichkeit die privaten Interessen der Antragstellerin überwiegt. Der Antragsgegner hat somit den ihm eingeräumten Ermessensspielraum bei der Entscheidung, der Beigeladenen die von ihr begehrten Informationen in nicht zuordenbarer Weise zu erteilen, nicht überschritten (§ 114 VwGO).

Nicht jede Verletzung privater Interessen führt dazu, dass die nach Art. 4 BayPrG grundsätzlich auskunftspflichtige Behörde die begehrte Auskunft verweigern dürfte bzw. sogar müsste. Vielmehr muss die Verletzung schutzwürdiger privater Interessen zu befürchten sein, was im Wege einer umfassenden Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem entgegenstehenden privaten Interessen zu ermitteln ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 11.11.2010 - OVG 10 S 32.10 - juris, Rn. 5 m. w. N.). Das Interesse der Presse ist dabei den gegenläufigen Interessen am Unterbleiben der Auskunft gegenüberzustellen. Ist mit der Auskunft nur ein geringfügiger Eingriff in das Recht eines Privaten verbunden, so bedarf es keines zeitgeschichtlichen Interesses an der Information, um diese als gerechtfertigt anzusehen. Demgegenüber muss das von der Presse verfolgte Interesse umso gewichtiger sein, um eine Auskunft zu legitimieren, je sensibler der Bereich ist, über den informiert wird und je detaillierter und weitergehend die begehrte Auskunft ist (vgl. OVG Münster, U. v. 18.12.2013 - 5 A 413/11 -juris, Rn. 126).

Die Antragstellerin beruft sich im vorliegenden Fall im Ausgangspunkt zutreffend darauf, dass die Nennung ihres Namens in Verbindung mit den in der Dissertation veröffentlichten anonymen Beschreibungen des Betriebs und des Betriebsablaufs zusammengenommen Informationen darstellt, die unter das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis fallen können. Es ist nicht von vorneherein ausgeschlossen, dass Kenntnisse von Verfahrensabläufen, verwendeter Technik und insbesondere die Leistungsfähigkeit und Auslastung eines Betriebs grundrechtlich geschützte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse darstellen. Vorliegend stehen dabei keine als technisches Wissen geschützten Betriebsgeheimnisse in Rede, die bestimmte exklusive Verfahren oder die Anwendung exklusiver Techniken zum Gegenstand hätten. In der Dissertation von ... sind zwar grob die Abläufe der Schlachtung am jeweiligen Kontrolltag sowie die räumliche Situation dargestellt. Dabei handelt es sich jedoch nicht um geschütztes technisches Wissen, das gewissermaßen als Vermögensbestandteil im Rahmen des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs grundrechtlich geschützt wäre. Nicht ausgeschlossen ist jedoch, dass die Leistungsfähigkeit und Auslastung und somit die Wettbewerbsfähigkeit der Antragstellerin, auf die auch die Bevollmächtigten der Antragstellerin insbesondere abheben, als kaufmännisches Wissen geschützt sind, wenn sich dadurch die wirtschaftlichen Verhältnisse maßgeblich bestimmen lassen. Werden solche Informationen einem Konkurrenten dergestalt bekannt, dass er die wirtschaftliche Situation des Betriebes, insbesondere, ob er wirtschaftlich arbeitet, einschätzen kann, kann dies einen Eingriff in den Schutzbereich des grundrechtlich geschützten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs darstellen.

In der Abwägung ergibt sich jedoch ein Überwiegen des presserechtlichen Auskunftsanspruchs der Beigeladenen nach Art. 4 Abs. 1 BayPrG. Stehen, wie vorliegend, Tatsachenbehauptungen durch die Presse im Raum, kommt es für die Abwägung maßgeblich auf den Wahrheitsgehalt an. Dabei gilt der Grundsatz, dass wahre Tatsachen hingenommen werden müssen, unwahre hingegen nicht (BVerfG, B. v. 24.3.1998 - 1 BvR 131/96 - juris Rn. 45; di Fabio in Maunz/Dürig, GG, Art. 2, Rn. 238). Dass vorliegend eine wahre Tatsache, nämlich dass die Antragstellerin Gegenstand der im Rahmen des Forschungsprojekts durchgeführten Kontrollen war, in Rede steht, ist vorliegend nicht streitig. Die genannte Formel ist allerdings differenzierungsbedürftig: Auch bei wahren Aussagen können ausnahmsweise grundrechtlich geschützte Belange überwiegen und die Meinungsfreiheit in den Hintergrund drängen. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn die Veröffentlichung einen Schaden anzurichten droht, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht (vgl. BVerfG, B. v. 10.11.1998 - 1 BvR 1531/96 - juris Rn. 51; di Fabio in Maunz/Dürig, GG, Art. 2, Rn. 240; jeweils m. w. N.; jeweils in Bezug auf Persönlichkeitsrechte).

Es ist bereits fraglich, ob die von der Antragstellerin angeführten Informationen tatsächlich schützenswerte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse darstellen. Die Antragstellerin verweist in ihrer Antragsschrift auf Betriebsdaten, u. a. Anzahl der geschlachteten Tiere nach Tierarten pro Woche und auf die Schlachtleistung pro Stunde, die Organisation am Schlachthof, die Einstellkapazität. Ob durch die Bekanntgabe einer Information ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis zugänglich gemacht wird, kann im Einzelfall (zunächst) aufgrund plausibler und nachvollziehbarer Darlegungen des Betroffenen beurteilt werden (vgl. BVerwG, U. v. 24.9.2009 - 7 C 2.09 - juris, Rn. 58 im Hinblick auf einen Informationsanspruch nach dem UIG). Die Antragstellerin hat schon nicht plausibel gemacht, inwiefern die Bekanntgabe der angeführten Informationen für potenzielle Konkurrenten der Antragstellerin von Wettbewerbswert sei, geschweige denn einen für die Antragstellerin im Verhältnis zur Verbreitung einer wahren Tatsache unverhältnismäßigen Schaden bedeuten würde. Insbesondere im Hinblick auf Informationen, wie Anzahl der geschlachteten Tiere nach Tierarten pro Woche und die Schlachtleistung pro Stunde, die Organisation am Schlachthof und die Einstellkapazität wird nicht nachvollziehbar dargelegt, inwiefern potenzielle Konkurrenten der Antragstellerin bei Kenntnis dieser Informationen, wie die Antragstellerin behauptet, ihr eigenes Verhalten im Wettbewerb im Hinblick auf die Antragstellerin anpassen könnten. Nicht nachvollziehbar wird, dass potenzielle Konkurrenten mit Kenntnis dieser Informationen ihre eigene wirtschaftliche Situation mit der der Antragstellerin vergleichen könnten und so Investitionsplanungen für die Zukunft vornehmen könnten.

Zum einen sind wesentliche Teile der von der Antragstellerin angeführten Informationen bereits offenkundig und somit bereits aus diesem Grund nicht mehr Teil des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses. Zu Recht weist der Antragsgegner darauf hin, dass die Antragstellerin selbst und - wie diese selbst ausdrücklich ausführt - freiwillig der Presse, und damit der Öffentlichkeit, umfassende Einblicke in ihren Betrieb gewährt hat. Aus den vom Antragsgegner vorgelegten Pressedarstellungen, die unter Mitwirkung der Antragstellerin zustande gekommen sind, lassen sich insbesondere ohne Weiteres entnehmen, wie viele Tiere nach Tierarten die Antragstellerin pro Woche schlachtet. So hat der Geschäftsführer der Antragstellerin in der vom Antragsgegner vorgelegten Presseveröffentlichung freimütig aufgeschlüsselt, wie viele Schweine und Großtiere, also Kühe, Rinder, Bullen, Kälber und Schafe, die Antragstellerin pro Woche schlachtet und dabei darauf hingewiesen, dass ein Zehntel davon aus Bio-Haltung stamme. Auch die Abläufe im Betrieb der Antragstellerin wurden vom Geschäftsführer der Antragstellerin in der genannten Presseveröffentlichung detailliert dargestellt. So hat der Geschäftsführer der Antragstellerin insbesondere ausgeführt, dass Schweine in kleinen Gruppen von maximal drei Tieren geschlachtet würden, während die anderen im Wartestall blieben. Entgegen der Darstellung der Bevollmächtigten der Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 19. September 2016 hat der Geschäftsführer der Antragstellerin auch ausdrücklich ausgeführt, dass immer nur drei Schweine im Zutrieb seien, die in die Tötebucht kämen. Soweit die Bevollmächtigten der Antragstellerin ausführen, die Schlachtleistung pro Stunde sei nicht bekanntgegeben worden, so ist dem entgegenzuhalten, dass diese aus der angegebenen Schlachtleistung pro Woche ohne weiteres berechnet werden kann. Die Kammer schließt sich der Einschätzung des Antragsgegners an, dass ein sachkundiger Konkurrent aus den von der Antragstellerin im Zusammenhang mit dem genannten Pressebericht zugelassenen Fotoaufnahmen aus ihrem Betrieb durchaus schließen kann, mit welcher Ausrüstung die Antragstellerin arbeitet und wie die Abläufe der Arbeit organisiert sind. Auf der insgesamt 29 Bilder umfassenden Fotostrecke sind sämtliche Stationen des Schlachtvorgangs vom Wartestall über einen Nebenraum, die Betäubung, deren Überprüfung, den Brühkessel, die Anlagen zum Stechen bzw. zur Durchführung des Bolzenschusses, das Ausbluten, Teilen, Ausweiden, Kontrollieren, die Kennzeichnung und die weitere Lagerung des Fleisches detailliert dargestellt, wobei auch das verwendete Gerät deutlich erkennbar ist, und werden so selbst ohne entsprechende Fachkenntnisse nachvollziehbar.

Soweit die Bevollmächtigten der Antragstellerin Betriebsdaten und somit Geschäftsgeheimnisse in Form von kaufmännischem Wissen geltend machen, wird zum anderen nicht nachvollziehbar, wie die Kenntnis der in der Dissertation genannten Umstände selbst bei Kenntnis der Zuordnung einer konkreten Beschreibung zur Antragstellerin sich auf die Position der Antragstellerin im Wettbewerb auswirken könnte. Geltend gemacht werden insbesondere Informationen, die die Leistungsfähigkeit und Auslastung des Betriebs der Antragstellerin betreffen, die als kaufmännisches Wissen anzusehen sind, welche als Geschäftsgeheimnisse anzusehen sind. Allein die Kenntnis dieser Umstände erlaubt jedoch auf der Grundlage des Vorgetragenen keine Rückschlüsse auf die Wettbewerbsfähigkeit der Antragstellerin. Mangels jeglicher Ausführungen zur Kostenstruktur der kontrollierten Betriebe reichen selbst die durch Verknüpfung eines Betriebsnamens mit einer konkreten Beschreibung in der Dissertation verfügbaren Informationen nicht aus, um, wie die Bevollmächtigten der Antragstellerin meinen, die Wirtschaftlichkeit des Betriebs der Antragstellerin einschätzen zu können. Dies gilt umso mehr als, worauf auch die Bevollmächtigten der Antragstellerin hinweisen, es im Betrieb der Antragstellerin seit der Kontrolle zu zahlreichen Änderungen gekommen ist, die Beschreibungen in der Dissertation somit kein aktuelles Bild mehr liefern. Da der Schutz der Geschäftsgeheimnisse auf den Schutz der Position eines Unternehmens im Wettbewerb abzielt und nicht auf den Schutz der Information selbst, gewissermaßen als Vermögensbestandteil, wäre hier erforderlich gewesen, jedenfalls einen potentiellen Wettbewerbsnachteil, der durch die Bekanntgabe der streitbefangenen Informationen entstehen könnte, darzulegen.

Was den Aspekt der Auslastung angeht, der durchaus Wettbewerbsrelevanz haben kann, kann im Ergebnis entgegen der Ansicht der Bevollmächtigten der Antragstellerin nichts anderes gelten. Soweit sich hierzu in der Dissertation Angaben finden, stellen diese - wie die Bevollmächtigten der Antragstellerin in anderem Zusammenhang selbst ausführen - eine Momentaufnahme im Rahmen einer Kontrolle an einem einzigen Tag dar, die zur Beurteilung der Auslastung des Betriebs der Antragstellerin in wettbewerbsrelevanter Dimension völlig unbrauchbar sind.

Selbst wenn die von der Antragstellerin als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse geltend gemachten Informationen dem grundrechtlichen Schutz unterfallen, ist durch die Weitergabe des Namens der Antragstellerin an die Beigeladene kein Eingriff in das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis verbunden. Dies ergibt sich zum einen aus der von dem Antragsgegner wiederholt getroffenen Zusicherung, den Namen der Antragstellerin, wie im Übrigen den der übrigen kontrollierten Betriebe, nicht zuordnend bekanntzugeben. Das bedeutet, dass die Namen sämtlicher kontrollierter Betriebe nicht in Verbindung mit den in der Dissertation von ... verwendeten Kennziffern für die einzelnen Betriebe in Verbindung gebracht werden. Damit kann auch weder die Beigeladene, noch ein potenzieller Konkurrent, der möglicherweise aufgrund der Informationserteilung an die Beigeladene von den Namen der kontrollierten Betriebe Kenntnis erlangt, zuverlässig Rückschlüsse darauf anstellen, welcher nun namentlich bekannte Betrieb mit welcher Kennziffer und der damit verbundenen Beschreibung in der Dissertation von ... in Verbindung zu bringen ist. Selbst wenn, wie die Bevollmächtigten der Antragstellerin ausführen, einzelne Beschreibungselemente auf nur einen Betrieb passen, so kann zwar jeder beschriebene Betrieb sich unter der ihn selbst betreffenden Beschreibung wiederfinden. Der potenzielle Konkurrent, der jedoch nicht über das Vorwissen des jeweils beschriebenen Betriebs verfügt, ist nicht ohne weiteres in der Lage, die Beschreibung dem Namen zuzuordnen.

Darüberhinaus ist mit dem Antragsgegner und der Beigeladenen festzuhalten, dass die Informationserteilung hier nicht an die Kokurrenten der Antragsstellerin, sondern an die Beigeladene erfolgt, die als verantwortliches Presseorgan selbst über die Verwendung der erhaltenen Informationen entscheidet.

Entgegen der Ansicht der Bevollmächtigten der Antragstellerin ist ein Eingriff in das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis der Antragstellerin unter dem Aspekt, dass potenzielle Kunden bei Kenntnis des Namens der Antragstellerin selbst in Verbindung mit der Dissertation von ... ihr Verhalten möglicherweise ändern würden, nicht festzustellen. Denn dieser Aspekt zielt weder auf den substanzorientierten Schutz dessen, was die Antragstellerin bereits erworben hat, noch auf die Wettbewerbsgleichheit der Antragstellerin mit den übrigen Konkurrenten auf dem Markt, sondern zielt vielmehr auf künftige Erwerbsmöglichkeiten auf dem Markt, die von den Entscheidungen der (potentiellen) Kunden abhängen. Bloße Verdienstmöglichkeiten und in der Zukunft liegende Chancen sind jedoch nicht vom grundrechtlichen Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs umfasst (vgl. Papier in Maunz/Dürig, GG, Art. 14, Rn. 100).

Im Übrigen überwöge, selbst wenn man einen Eingriff in schützenswerte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Antragstellerin durch die Bekanntgabe ihres Namens an die Beigeladene annehmen würde, das nach Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Informationsinteresse der Presse. In diese Abwägung ist insbesondere einzustellen, dass die Presse, im vorliegenden Fall in Person der Beigeladenen, ein aktuelles Interesse an den begehrten Informationen hat. Dabei ist, wie ausgeführt, zunächst darauf abzustellen, dass es der Beigeladenen als Presseorgan selbst obliegt, zu bestimmen, was sie des öffentlichen Interesses wert hält und was nicht (OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 11.11.2010 - OVG 10 S 32.10 - juris, Rn. 7). Zudem weisen sowohl der Antragsgegner als auch die Beigeladene zu Recht darauf hin, dass hierbei nicht entscheidend ist, wann die Kontrolle bei der Antragstellerin stattgefunden hat. Vielmehr bemisst sich der Aktualitätsbezug an der gegenwärtig zu beobachtenden umfangreichen Berichterstattung über die Thematik des Tierschutzes in bayerischen Schlachthöfen (vgl. VG München, B. v. 13.9.2012 - M 22 E 12.4275 - juris Rn. 69 zu einer beabsichtigten Berichterstattung durch die Presse über Folgen einer über ein Jahr zurückliegenden lebensmittelrechtlichen Kontrolle). Hierzu hat insbesondere der Antragsgegner umfassendes Anschauungsmaterial vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass eine Vielzahl von lokalen, regionalen und überregionalen Medien sich in jüngster Vergangenheit dieses Themas angenommen haben. Zu Recht weist der Antragsgegner darauf hin, dass die Beigeladene, um sich als Presseorgan effektiv und funktionsgemäß betätigen zu können, in hinreichendem Maß von staatlichen Stellen Auskunft über Angelegenheiten erhalten muss, die nach ihrem Dafürhalten von öffentlichem Interesse sind (vgl. auch BVerwG, U. v. 25.3.2015 - 6 C 12.14 - juris, Rn. 30). Insbesondere müssen der Presse stets wirksame Informations- und Recherchemöglichkeiten verbleiben (vgl. BVerwG, U. v. 25.3.2015 - 6 C 12.14 - juris, Rn. 30). Zu Recht weist der Antragsgegner darauf hin, dass die Bekanntgabe der Namen der von der Kontrolle erfassten Betriebe die Presse, hier die Beigeladene, erst in den Stand versetzt, weitere Recherchen vor Ort, etwa bei den betroffenen Betrieben selbst oder bei den örtlich zuständigen Kreisverwaltungsbehörden, anzustellen.

Entgegen der Ansicht der Bevollmächtigten der Antragstellerin ergibt sich ein Geheimhaltungsanspruch auch nicht aus einer unterschiedlichen Gewichtung von Gesundheitsgefahren für die Verbraucher einerseits und Tierschutzaspekten andererseits. Offen bleiben kann hier, ob der Schlachtvorgang von den Bestimmungen des LFGB erfasst wird. Denn unabhängig davon, ob, wie der Antragsgegner meint, das LFGB zur Begründung einer Informationspflicht im vorliegenden Fall heranzuziehen ist, weist die Beigeladene zu Recht darauf hin, dass Art. 20a GG als Staatszielbestimmung den Staat auch auf den Tierschutz verpflichtet. Verstöße gegen den Tierschutz, die bei etwaigen Kontrollen festgestellt werden, sind, anders als die Bevollmächtigten der Antragstellerin meinen, nicht allein Sache der zuständigen Behörde und des gegen Tierschutzbestimmungen verstoßenden Betriebes, sondern betreffen auch die Gesellschaft insgesamt, die ein legitimes Informationsinteresse an derartigen Verstößen hat, welches wiederum die Presse in ihrer Informations- und insbesondere Kontrollfunktion zu erfüllen in der Lage sein muss. Im Grundsatz erkennen dies auch die Bevollmächtigten der Antragstellerin an, wenn sie ausführen, dass ausreichend sei, dass die Öffentlichkeit über Maßnahmen des Antragsgegners, die dem Tierschutz dienten, informiert werde und zu welchen Ergebnissen diesbezügliche Kontrollen geführt hätten. Entgegen ihrer Auffassung umfasst dieses legitime Informationsinteresse aber auch die Identität des gegen die Tierschutzbestimmungen verstoßenden Betriebs. Andernfalls würde jedenfalls die Kontrollfunktion der Presse weitgehend leer laufen. Im Übrigen ist an dieser Stelle erneut darauf hinzuweisen, dass zunächst die Presse entscheidet, was sie des öffentlichen Interesses wert hält und was nicht. Vor diesem Hintergrund ist nach dem Ausgeführten gegen die Einschätzung der Beigeladenen, Verstöße gegen Tierschutzbestimmungen seien berichtenswert, nichts einzuwenden.

Eine Pflicht zur Geheimhaltung des Namens der Antragstellerin ergibt sich für den Antragsgegner auch nicht aus der Verordnung (EG) Nr. 882/2004. Vielmehr spricht Art. 7 Abs. 1 der Verordnung geradezu für eine Informationspflicht des Antragsgegners. Nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung gewährleisten die zuständigen Behörden, dass sie ihre Tätigkeit mit einem hohen Maß an Transparenz ausüben. Zu diesem Zweck machen sie die ihnen vorliegenden Informationen der Öffentlichkeit so rasch wie möglich zugänglich. Generell hat die Öffentlichkeit Zugang zu u. a. Informationen über die Kontrolltätigkeiten der zuständigen Behörden und ihre Wirksamkeit. Zutreffend führen die Bevollmächtigten der Antragstellerin zwar an, dass nach Art. 7 Abs. 3 der Verordnung Geheimhaltungspflichten durch die Verordnung grundsätzlich anerkannt sind. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind auch im Recht der Europäischen Union grundsätzlich geschützt. Jedoch kann sich die Antragstellerin hierauf im vorliegenden Fall nicht berufen. Nach Art.7 Abs. 3 der Verordnung unterliegen der Geheimhaltungspflicht insbesondere die Vertraulichkeit von Voruntersuchungen oder laufenden rechtlichen Verfahren, personenbezogene Daten, Dokumente für die nach der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 eine Ausnahmeregelung gilt sowie Informationen, die durch einzelstaatliches oder Gemeinschaftsrecht geschützt sind und insbesondere Folgendes betreffen: Geheimhaltungspflicht, Vertraulichkeit von Beratungen, internationale Beziehungen und Landesverteidigung. Entgegen der Darstellung der Bevollmächtigten der Antragstellerin stehen hier keine personenbezogenen Daten in Rede. Der Name der Antragstellerin als juristische Person stellt kein personenbezogenes Datum dar. Personenbezogene Daten sind nach Art. 2 lit. a der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rats zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr alle Informationen über eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person. Der Umstand, dass über weitere Recherchen, etwa über das Handelsregister, Namen der an der Geschäftsführung der Antragstellerin beteiligten Personen ermittelt werden könnten, vermag den Namen der juristischen Person der Antragstellerin nicht zu einem personenbezogenen Datum zu machen. Auch im Hinblick auf den letzten Spiegelstrich von Art. 7 Abs. 3 der Verordnung vermag die Argumentation der Bevollmächtigten der Antragstellerin nicht zu verfangen. Zwar sind allgemein, ohne dies weiter einzuschränken, Geheimhaltungspflichten als Hinderungsgrund einer Information genannt. Jedoch weist die Beigeladene zutreffend darauf hin, dass dem Geheimhaltungsinteresse der Antragstellerin im Vergleich zu den übrigen genannten Umständen, insbesondere internationale Beziehungen und Landesverteidigung, im Hinblick auf die von der Beigeladenen hier begehrten Informationen, schlicht den Namen sämtlicher von den Kontrollen des Antragsgegners betroffenen Unternehmen, kein vergleichbares Gewicht zukommt. Zum anderen würde eine Geheimhaltungspflicht, die sich selbst auf den Namen der kontrollierten Betriebe erstreckte, den grundsätzlich in Art. 7 Abs. 1 der Verordnung enthaltenen Informationsanspruch der Öffentlichkeit über die Kontrolltätigkeiten der zuständigen Behörden und ihrer Wirksamkeit vollständig vereiteln. Im Ergebnis kann dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen auch nach dem Recht der Europäischen Union kein abwägungsfester Schutz zukommen. Vielmehr ist auch nach europäischem Recht eine Abwägung mit dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit vorzunehmen, die jedoch nicht zu einem anderen Ergebnis führt als nach nationalem Recht.

Entgegen der Ansicht der Bevollmächtigten der Antragstellerin sprechen auch Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkte nicht für eine Geheimhaltungspflicht des Antragsgegners. Zwar ist den Bevollmächtigten der Antragstellerin zuzugeben, dass es sich bei der Kontrolle der Antragstellerin durch den Antragsgegner um eine einzelne Kontrolle handelt. Jedoch stellen derartige Kontrollen stets Einzelfälle dar. Auch wenn eine Kontrolle stets lediglich eine Momentaufnahme der vor Ort vorgefundenen Bedingungen sein kann, kann dies einem Informationsanspruch der Presse nicht entgegenstehen. Gleichermaßen stehen die von den Bevollmächtigten der Antragstellerin behaupteten Veränderungen der Situation dem Informationsanspruch nicht entgegen. Um dem Rechnung zu tragen, hat der Antragsgegner bereits im Grundverwaltungsakt ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Verhältnisse sich seit der Durchführung der Kontrolle in den jeweiligen Betrieben verändert haben und nicht notwendigerweise den gegenwärtigen Zustand widerspiegeln.

Die Antragstellerin vermag sich gegen die Informationserteilung auch nicht mit der Überlegung erfolgreich zur Wehr zu setzen, die Doktorandin, die als Projektmitarbeiterin des Antragsgegners zum Zeitpunkt der Kontrolle beschäftigt war, hätte vom Antragsgegner nicht zur Kontrolle mitgebracht werden dürfen, bzw. ihre Anwesenheit bei der Kontrolle hätte vorher angezeigt werden müssen. Als Projektmitarbeiterin des Antragsgegners war die Doktorandin zum fraglichen Zeitpunkt Beschäftigte des Antragsgegners und somit zur Teilnahme an der Kontrolle befugt.

Nach alldem war der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG, wobei eine Reduktion auf die Hälfte des für die Hauptsache anzunehmenden Streitwerts nicht angenommen wird, jedoch die beiden in Streit stehenden Bescheide wegen des identischen Regelungsgegenstandes als Einheit aufgefasst werden, so dass ein voller Auffangstreitwert festgesetzt wird.

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20a


Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt

Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch - LFGB | § 3 Weitere Begriffsbestimmungen


(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind: 1. Herstellen: das Gewinnen, einschließlich des Schlachtens oder Erlegens lebender Tiere, deren Fleisch als Lebensmittel zu dienen bestimmt ist, das Herstellen, das Zubereiten, das Be- und Verarbeiten und das Mische

Stasi-Unterlagen-Gesetz - StUG | § 32 Verwendung von Unterlagen für die politische und historische Aufarbeitung


(1) Für die Forschung zum Zwecke der politischen und historischen Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes oder der Herrschaftsmechanismen der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik oder der ehemaligen Sowjetischen Besatzungszon

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Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 12. Okt. 2016 - AN 5 S 16.01749 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 12. Okt. 2016 - AN 5 S 16.01749 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 14. Sept. 2015 - 1 BvR 857/15

bei uns veröffentlicht am 14.09.2015

Tenor 1. Der Beschluss des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 13. März 2015 - 1 EO 128/15 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes. E

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(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind:

1.
Herstellen: das Gewinnen, einschließlich des Schlachtens oder Erlegens lebender Tiere, deren Fleisch als Lebensmittel zu dienen bestimmt ist, das Herstellen, das Zubereiten, das Be- und Verarbeiten und das Mischen,
2.
Behandeln: das Wiegen, Messen, Um- und Abfüllen, Stempeln, Bedrucken, Verpacken, Kühlen, Gefrieren, Tiefgefrieren, Auftauen, Lagern, Aufbewahren, Befördern sowie jede sonstige Tätigkeit, die nicht als Herstellen oder Inverkehrbringen anzusehen ist,
3.
Verzehren: das Aufnehmen von Lebensmitteln durch den Menschen durch Essen, Kauen, Trinken sowie durch jede sonstige Zufuhr von Stoffen in den Magen,
4.
Auslösewert: Grenzwert für den Gehalt an einem gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, bei dessen Überschreitung Untersuchungen vorgenommen werden müssen, um die Ursachen für das Vorhandensein des jeweiligen Stoffs mit dem Ziel zu ermitteln, Maßnahmen zu seiner Verringerung oder Beseitigung einzuleiten,
5.
mit Lebensmitteln verwechselbare Produkte: Produkte, die zwar keine Lebensmittel sind, bei denen jedoch aufgrund ihrer Form, ihres Geruchs, ihrer Farbe, ihres Aussehens, ihrer Aufmachung, ihrer Kennzeichnung, ihres Volumens oder ihrer Größe vorhersehbar ist, dass sie von den Endverbrauchern, insbesondere von Kindern, mit Lebensmitteln verwechselt werden und deshalb zum Mund geführt, gelutscht oder geschluckt werden, wodurch insbesondere die Gefahr des Erstickens, der Vergiftung, der Perforation oder des Verschlusses des Verdauungskanals entstehen kann; ausgenommen sind Arzneimittel, die einem Zulassungs- oder Registrierungsverfahren unterliegen,
6.
unerwünschte Stoffe: Stoffe – außer Tierseuchenerregern –, die in oder auf Futtermitteln enthalten sind und
a)
als Rückstände in von Nutztieren gewonnenen Lebensmitteln oder sonstigen Produkten eine Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen,
b)
eine Gefahr für die tierische Gesundheit darstellen,
c)
vom Tier ausgeschieden werden und als solche eine Gefahr für den Naturhaushalt darstellen oder
d)
die Leistung von Nutztieren oder als Rückstände in von Nutztieren gewonnenen Lebensmitteln oder sonstigen Produkten die Qualität dieser Lebensmittel oder Produkte nachteilig beeinflussen
können,
7.
Mittelrückstände: Rückstände an Pflanzenschutzmitteln im Sinne des Pflanzenschutzgesetzes, Vorratsschutzmitteln oder Schädlingsbekämpfungsmitteln, soweit sie in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes aufgeführt sind und die in oder auf Futtermitteln vorhanden sind,
8.
Naturhaushalt: seine Bestandteile Boden, Wasser, Luft, Klima, Tiere und Pflanzen sowie das Wirkungsgefüge zwischen ihnen,
9.
Nutztiere: Tiere einer Art, die üblicherweise zum Zweck der Gewinnung von Lebensmitteln oder sonstigen Produkten gehalten wird, sowie Pferde,
10.
Aktionsgrenzwert: Grenzwert für den Gehalt an einem unerwünschten Stoff, bei dessen Überschreitung Untersuchungen vorgenommen werden müssen, um die Ursachen für das Vorhandensein des unerwünschten Stoffs mit dem Ziel zu ermitteln, Maßnahmen zu seiner Verringerung oder Beseitigung einzuleiten.

(2) Im Anwendungsbereich dieses Gesetzes umfasst der Begriff des Verwendens eines Mittels zum Tätowieren auch die Tätigkeit des Tätowierens.

(3) Im Anwendungsbereich dieses Gesetzes gelten die Begriffsbestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 mit den Maßgaben, dass

1.
Futtermittelunternehmen im Sinne des Artikels 3 Nummer 5 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 auch Unternehmen sind, deren Tätigkeit sich auf Futtermittel bezieht, die zur oralen Tierfütterung von nicht der Lebensmittelgewinnung dienenden Tieren bestimmt sind,
2.
Futtermittelunternehmer im Sinne des Artikels 3 Nummer 6 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 auch derjenige ist, dessen Verantwortung sich auf Futtermittel bezieht, die zur oralen Tierfütterung von nicht der Lebensmittelgewinnung dienenden Tieren bestimmt sind,
3.
für das Inverkehrbringen von Mitteln zum Tätowieren, Bedarfsgegenständen und mit Lebensmitteln verwechselbaren Produkten Artikel 3 Nummer 8 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 entsprechend gilt,
4.
Endverbraucher im Sinne von Artikel 3 Nummer 18 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 auch eine Person ist, an die ein Mittel zum Tätowieren oder ein Bedarfsgegenstand zur persönlichen Verwendung oder zur Verwendung im eigenen Haushalt abgegeben wird, wobei Gewerbetreibende, soweit sie ein Mittel zum Tätowieren oder einen Bedarfsgegenstand zum Verbrauch innerhalb ihrer Betriebsstätte beziehen, dem Endverbraucher gleichstehen.

(4) Im Anwendungsbereich dieses Gesetzes gelten Verpflegungseinrichtungen der Bundeswehr auch dann, wenn sie nicht gewerblich tätig sind, als Anbieter von Gemeinschaftsverpflegung im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Buchstabe d der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1924/2006 und (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 87/250/EWG der Kommission, der Richtlinie 90/496/EWG des Rates, der Richtlinie 1999/10/EG der Kommission, der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 2002/67/EG und 2008/5/EG der Kommission und der Verordnung (EG) Nr. 608/2004 der Kommission (ABl. L 304 vom 22.11.2011, S. 18; L 331 vom 18.11.2014, S. 41; L 50 vom 21.2.2015, S. 48; L 266 vom 30.9.2016, S. 7), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2015/2283 (ABl. L 327 vom 11.12.2015, S. 1) geändert worden ist.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Tenor

1. Der Beschluss des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 13. März 2015 - 1 EO 128/15 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Er wird aufgehoben. Die Sache wird an das Thüringer Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

2. Der Freistaat Thüringen hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 25.000 € (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Verfassungsbeschwerde liegt ein verwaltungsgerichtliches Eilrechtsschutzverfahren zugrunde, in welchem um die Übersendung einer anonymisierten Abschrift eines Strafurteils an die Beschwerdeführerin gestritten wurde.

2

1. Die Beschwerdeführerin, eine Zeitungs-Verlagsgruppe, begehrte Auskunft über die schriftlichen Urteilsgründe des in einem Strafverfahren vor dem Landgericht gegen den beigeladenen ehemaligen Innenminister des Freistaates T. und Beigeordneten der Stadt E. ergangenen Urteils durch die Übersendung einer anonymisierten Kopie des Urteils.

3

Nach Durchführung einer sechstägigen Hauptverhandlung mit umfänglicher, Namen und Straftaten nennender Medienbegleitung wurde mit diesem Urteil der Beigeladene im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als ehrenamtlicher Beigeordneter sowie als Stadtratsmitglied wegen Vorteilsannahme in zwei Fällen und Abgeordnetenbestechung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen einen weiteren Beschuldigten wurde bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs zurückgestellt. Eine weitere Person wird gesondert verfolgt. Die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen einen ehemaligen Oberbürgermeister der Stadt E. wegen Beihilfe zur Vorteilsannahme lehnte das Landgericht ab.

4

2. Die Beschwerdeführerin beantragte beim Präsidenten des Landgerichts (im Folgenden: Antragsgegner) die Übersendung einer Kopie des Strafurteils. Der Antragsgegner lehnte dies ab. Durch Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antragsgegner antragsgemäß verpflichtet, der Antragstellerin Auskunft über die schriftlichen Urteilsgründe des ergangenen Urteils durch Übersendung einer anonymisierten Kopie des vollständigen Urteils zu erteilen.

5

3. Auf die Beschwerde des Beigeladenen änderte das Oberverwaltungsgericht mit angefochtenem Beschluss die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ab und lehnte den Antrag der Beschwerdeführerin auf Auskunftserteilung ab.

6

Es sei der Beschwerdeführerin nicht gelungen, einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen. § 4 Abs. 1 ThürPrG gewähre der Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf die Übersendung eines anonymisierten vollständigen Urteils. Nach dieser Vorschrift seien Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer Aufgaben dienenden Auskünfte zu erteilen. Gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 1 ThürPrG dürfe die Auskunft verweigert werden, wenn die sachgemäße Durchführung eines Strafverfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könne. Bei der Auslegung der Norm sei zu berücksichtigen, dass sich die Beschwerdeführerin auf das Grundrecht der Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG berufen könne. Allerdings verpflichte § 4 Abs. 1 ThürPrG die Behörden lediglich zur Erteilung einer Auskunft. Eine besondere Form der Auskunft sei nicht vorgegeben. Aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG lasse sich kein Anspruch auf Einsichtnahme in Behördenakten herleiten. Lediglich in Ausnahmefällen könne das Auswahlermessen dahingehend reduziert sein, dass die Herausgabe einer Urteilskopie verlangt werden dürfe. Eine derartige Ermessensreduzierung sei jedoch nicht gegeben. Sie lasse sich nicht bereits aus der allgemeinen Verpflichtung der Justiz zur Veröffentlichung gerichtlicher, die Öffentlichkeit interessierender Entscheidungen herleiten. Bei der Veröffentlichung müssten die Gerichte neben den Persönlichkeitsrechten der Verfahrensbeteiligten und dem Datenschutz die ihnen auferlegten Neutralitätspflichten beachten. Diese Verpflichtung der Gerichte zu unbedingter Neutralität und Distanz gegenüber allen Verfahrensbeteiligten und dem Verfahrensgegenstand sei zentraler Bestandteil der rechtsstaatlichen Grundkonzeption und habe Einfluss auf die mit Verfassungsrang ausgestattete Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege. Sie dürfe und müsse im Rahmen der Veröffentlichung von Entscheidungen durch die Justiz berücksichtigt werden. Ein Anspruch auf Erteilung einer Auskunft gerade durch Übersendung eines die Presse interessierenden Urteils bestehe jedenfalls dann nicht, wenn einer der Versagungsgründe des § 4 Abs. 2 ThürPrG vorliege, insbesondere wenn dadurch die sachgemäße Durchführung eines Strafverfahrens gefährdet werden könne.

7

Dies sei hier der Fall. Angesichts des - im Zeitpunkt des Auskunftsbegehrens noch laufenden - Revisionsverfahrens sei die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass das Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen werde und gegebenenfalls die Beweisaufnahme nochmals durchgeführt werden müsse. Darüber hinaus sei bisher noch nicht abschließend über die Eröffnung der Hauptverhandlung in den Verfahren derjenigen Personen entschieden worden, die bei der Verurteilung des Beigeladenen wegen Abgeordnetenbestechung (§ 108e Abs. 1 StGB) und Vorteilsannahme (§ 331 Abs. 1 StGB) die jeweils spiegelbildlichen Tatbestände verwirklicht haben könnten. Bei einer Veröffentlichung des Urteils im Wortlaut bestehe die Möglichkeit, dass Zeugen beeinflusst würden. Die Durchführung der Beweisaufnahme in der öffentlichen Hauptverhandlung und die Verlesung des Urteils seien nicht mit einer Veröffentlichung des genauen Wortlauts gleichzusetzen. Der möglichen Gefährdung der weiteren Gerichtsverfahren lasse sich nicht mit einer Anonymisierung entgegensteuern, da sich die Beteiligten und die Zeugen ohne größere Mühen wiederfinden könnten. Unabhängig von der Frage, ob im Hinblick auf die Erörterung des Schriftverkehrs in der Hauptverhandlung, der dort erfolgten Zeugenvernehmungen sowie deren Bewertung in der Urteilsbegründung der Straftatbestand des § 353d Nr. 3 StGB nicht mehr erfüllt werden könne, lasse sich eine Gefährdung von Strafverfahren hier nicht von der Hand weisen. Veröffentlichungen amtlicher Schriftstücke im Wortlaut stellten eine größere Gefahr für die Unbefangenheit der Verfahrensbeteiligten und die von dem Verfahren Betroffenen dar als lediglich inhaltlich berichtende Veröffentlichungen in nicht wörtlicher Rede, da sie eine besondere Überzeugungs- und Beweiskraft besäßen und den Eindruck amtlicher Authentizität erweckten. Diese Folgen seien bei der Beurteilung der Frage, ob der Antragsgegner hier gehalten sei, die begehrte Auskunft gerade durch Übersendung einer Urteilskopie zu erfüllen, zu berücksichtigen. Die Auskunft gebende Stelle müsse alle möglichen Auswirkungen der Freigabe der begehrten Information umfassend in den Blick nehmen, denn nach der Herausgabe einer entsprechenden Urteilskopie habe sie keinen Einfluss mehr darauf, ob die Urteilskopie vollständig veröffentlicht werde, nur Teile daraus zitiert würden oder sie überhaupt keine Verwendung finde. Entscheidend sei, dass die Information in der Hand Anderer geeignet sein könne, entsprechend bekannt zu werden. Unter Berücksichtigung dieser Umstände müsse sich die Beschwerdeführerin darauf verweisen lassen, konkrete Auskunftsbegehren - beispielsweise zu den Gründen der Strafzumessung - an das Landgericht zu richten.

8

Ein Anspruch unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG bestehe in Anbetracht der abschließenden, die verfassungsrechtliche Position der Presse hinreichend berücksichtigenden gesetzlichen Regelung in den landesrechtlichen Pressegesetzen nicht. Dies gelte im gleichen Maße im Hinblick auf Art. 10 EMRK.

9

4. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde macht die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 (Pressefreiheit) und aus Art. 19 Abs. 4 GG (effektiver Rechtsschutz) geltend.

10

5. Dem Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz und dem Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.

II.

11

Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte der Beschwerdeführerin angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat insbesondere die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Fragen zu der Reichweite presserechtlicher Auskunftsansprüche bereits entschieden (vgl. BVerfGE 50, 234 <240>; 91, 125 <134>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 20. Juli 1988 - 1 BvR 155/85 u. a. -, NJW 1989, S. 382; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 28. August 2000 - 1 BvR 1307/91 -, NJW 2001, S. 503 <503 f.>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 8. September 2014 - 1 BvR 23/14 -, NJW 2014, S. 3711 <3712>).

12

1. Die Verfassungsbeschwerde ist, soweit sich die Beschwerdeführerin auf eine Verletzung von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 und Art. 19 Abs. 4 GG beruft, zulässig. Der Rüge steht insbesondere nicht der Grundsatz der Subsidiarität entsprechend § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG entgegen.

13

Das in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz der Subsidiarität fordert, dass der Beschwerdeführer über das Gebot der Rechts-wegerschöpfung im engeren Sinne hinaus die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erreichen oder zu verhindern (vgl. BVerfGE 74, 102 <113>). Das bedeutet, dass auch die Erschöpfung des Rechtswegs in der Hauptsache geboten sein kann, wenn sich dort nach der Art des gerügten Grundrechtsverstoßes die Chance bietet, der verfassungsrechtlichen Beschwer abzuhelfen. Die Notwendigkeit vorab das Klageverfahren zu betreiben, fehlt allerdings, wenn dies für den Beschwerdeführer nicht zumutbar ist. Dies ist der Fall, wenn die Entscheidung von keiner weiteren tatsächlichen Aufklärung abhängt und diejenigen Voraussetzungen gegeben sind, unter denen gemäß § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG vom Erfordernis der Rechtswegerschöpfung abgesehen werden kann (vgl. BVerfGE 77, 381 <401 f.> m.w.N.; 79, 275 <278 f.>; 86, 15 <22 f.>).

14

Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Entscheidung hängt von keiner weiteren tatsächlichen Aufklärung ab. Verwiese man den Beschwerdeführer auf den Rechtsweg in der Hauptsache, würde dies einen schweren und unabwendbaren Nachteil darstellen, da auch mit Blick auf die Aktualität der Berichterstattung in einer Tageszeitung bei einem Erfolg in der Hauptsache eine Verwertung der Urteilsabschrift wegen des Zeitablaufs voraussichtlich nicht mehr in Betracht kommen würde.

15

2. Die angegriffene Entscheidung verstößt gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.

16

a) Bei einer Eilentscheidung über einen presserechtlichen Auskunftsanspruch ist stets die grundrechtliche Dimension der Pressefreiheit zu beachten. Dies gilt auch in Bezug auf Auskunftspflichten der öffentlichen Behörden einschließlich der Gerichte (vgl. BVerfGE 20, 162 <175 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 8. September 2014 - 1 BvR 23/14 -, NJW 2014, S. 3711 <3712>), wobei zu berücksichtigen ist, dass der Grundsatz der Gerichtsöffentlichkeit selbst Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips ist (vgl. BVerfGE 103, 44 <63>) und eine Rechtspflicht zur Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen allgemein anerkannt ist (vgl. BVerwGE 104, 105 <108 f.> m.w.N.). Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zu Informationen versetzt die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommenden Funktionen wirksam wahrzunehmen (vgl. BVerfGE 50, 234 <240>; 91, 125 <134>). Der Presse kommt neben einer Informations- insbesondere eine Kontrollfunktion zu (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. Juni 2009 - 1 BvR 134/03 -, NJW-RR 2010, S. 470 <471>). Beide Funktionen sind berührt, wenn ein Pressevertreter zum Zwecke der Berichterstattung über ein gerichtliches Strafverfahren recherchiert. In diesem Verfahren geht es - überdies in besonders einschneidender Weise - um die Ausübung staatlicher Gewalt. Der Schutz der Pressefreiheit reicht hier weiter als in Fällen, in denen die Presse eine Berichterstattung über private Umstände zu Unterhaltungszwecken anstrebt (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Oktober 2014 - 6 C 35/13 -, NJW 2015, S. 807 <809>, unter Verweis auf BVerfGE 34, 269 <283>; 101, 361 <391>). Grundsätzlich entscheidet die Presse danach in den Grenzen des Rechts selbst, ob und wie sie über ein bestimmtes Thema berichtet. Das "Ob" und "Wie" der Berichterstattung ist Teil des Selbstbestimmungsrechts der Presse, das auch die Art und Weise ihrer hierauf gerichteten Informationsbeschaffungen grundrechtlich schützt (vgl. BVerfGE 10, 118 <121>; 101, 361 <389>; 107, 299 <329>).

17

b) Die Pressefreiheit ist durch die Auslegung und Anwendung des § 4 Abs. 1 und 2 ThürPrG durch das Oberverwaltungsgericht verletzt worden.

18

aa) Im Ausgangspunkt hat das Oberverwaltungsgericht die Vorschrift allerdings in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dahingehend ausgelegt, dass den auskunftspflichtigen Stellen - auch unter Berücksichtigung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG - grundsätzlich ein Ermessensspielraum bei der Frage nach Art und Umfang der Auskunft zusteht. In keinem der Landespressegesetze - so auch nicht in Thüringen - wird der Inhalt des presserechtlichen Auskunftsanspruchs näher präzisiert. Es wird lediglich bestimmt, dass die Behörden sowie die der Aufsicht des Landes unterliegenden Körperschaften des öffentlichen Rechts verpflichtet sind, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dienenden Auskünfte zu erteilen. Bei der Erfüllung des Anspruchs wird den Behörden ein Ermessensspielraum zugestanden, der sich lediglich im Einzelfall zu einem Anspruch auf Akteneinsicht verdichten soll (vgl. Soehring, in: Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl. 2013, § 4 Rn. 22b).

19

Bei der Bestimmung der konkreten Tragweite des Auskunftsanspruchs im Einzelfall ist eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen (vgl. BVerfGE 35, 202 <233>). Das danach maßgebliche öffentliche Informationsinteresse ist anhand des Gegenstands des Auskunftsersuchens und damit der beabsichtigten Berichterstattung zu bestimmen. Dabei besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Einsicht in Behördenakten.

20

bb) Für die Auskunft über Gerichtsentscheidungen gelten jedoch Besonderheiten, die das Oberverwaltungsgericht nicht hinreichend beachtet hat. Es ist weithin anerkannt, dass aus dem Rechtsstaatsgebot einschließlich der Justizgewährungspflicht, dem Demokratiegebot und dem Grundsatz der Gewaltenteilung grundsätzlich eine Rechtspflicht zur Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen folgt (vgl. BVerwGE 104, 105 <108 f.> m.w.N.). Diese Veröffentlichungspflicht erstreckt sich nicht nur auf rechtskräftige Entscheidungen, sondern kann bereits vor Rechtskraft greifen (vgl. Putzke/Zenthöfer, NJW 2015, S. 1777 <1778>). Sie bezieht sich auf die Entscheidungen als solche in ihrem amtlichen Wortlaut. Hiermit korrespondiert ein presserechtlicher Auskunftsanspruch von Medienvertretern.

21

cc) Der Zugang zu Gerichtsentscheidungen ist allerdings nicht unbegrenzt. So sind die Entscheidungen etwa hinsichtlich persönlicher Angaben und Umstände in der Regel zu anonymisieren. Dies ändert an der grundsätzlichen Öffentlichkeit solcher Entscheidungen nichts.

22

Unberührt von der grundsätzlichen Zugänglichkeit von Gerichtsentscheidungen bleiben auch die allgemeinen gesetzlichen wie verfassungsrechtlichen Anforderungen an den weiteren Umgang der Medien mit den Entscheidungen. Äußerungen und Publikationen können, wie etwa nach den Grundsätzen zur Verdachtsberichterstattung (vgl. BVerfGE 12, 113 <130 f.>; 114, 339 <354>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. Juni 2009 - 1 BvR 134/03 -, NJW-RR 2010, S. 470 <473>; BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 -, NJW 2014, S. 2029 <2032>) oder zur Zurückhaltung bei Berichten über zurückliegende Straftaten, die die Resozialisierung von Straftätern beeinträchtigen (BVerfGE 35, 202 <233 ff.>), Grenzen unterliegen. Die Medien haben insoweit gesteigerte Sorgfaltspflichten zu beachten. Die Verantwortung für die Beachtung dieser Pflichten liegt dabei grundsätzlich bei den Medien selbst. Diese Sorgfaltspflichten können nicht schon generell zum Maßstab für das Zugänglichmachen der gerichtlichen Entscheidungen seitens der Gerichtsverwaltung gemacht werden.

23

dd) Wieweit die Beeinträchtigung des weiteren oder anderer Gerichtsverfahren der Zugänglichmachung von Gerichtsentscheidungen Grenzen setzen kann und Entscheidungen deshalb auch als Ganze zurückgehalten werden können, kann hier offenbleiben. Denn jedenfalls tragen die in dem angegriffenen Beschluss angeführten Gründe eine Zurückhaltung der in Frage stehenden Entscheidungen nicht.

24

Der Beschluss verweist ohne nähere Darlegungen auf eine bloß mögliche Gefährdung des noch nicht rechtskräftigen Verfahrens des Beigeladenen sowie weiterer Strafverfahren im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 1 ThürPrG, namentlich die potentielle Beeinträchtigung von Zeugen, die im Falle einer Berichterstattung mit anonymisierter Urteilsabschrift drohen könnte. Dies genügt zur Ablehnung eines auf Herausgabe der Urteilsabschrift gerichteten Auskunftsanspruchs nicht. Jedenfalls angesichts des Umstands, dass es sich bei dem Beigeladenen um eine Person des öffentlichen Lebens handelt und es um strafrechtliche Vorwürfe geht, die aufgrund der geschützten Rechtsgüter - die Sachlichkeit des Abstimmungsverhaltens und damit die Funktionsfähigkeit des repräsentativen Systems einerseits (§ 108e StGB) sowie die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes (§ 331 StGB) andererseits - im öffentlichen Interesse liegen, können die begehrten Entscheidungen allenfalls dann vollständig unter Verschluss gehalten werden, wenn konkrete Anhaltspunkte die Gefahr einer Vereitelung, Erschwerung, Verzögerung oder Gefährdung der sachgemäßen Durchführung eines Strafverfahrens im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 1 ThürPrG unmittelbar und dringend nahelegen.

25

Hierfür sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Auch drängt sich in keiner Weise auf, dass die Beschwerdeführerin ihr obliegende Sorgfaltspflichten und die Rechte Dritter nicht respektieren wird. Vielmehr erweist sich gerade in dem zugrundeliegenden Verfahren, dass die grundsätzliche Zugänglichkeit von Gerichtsentscheidungen und ein entsprechender Auskunftsanspruch in die im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde Öffentlichkeit des gerichtlichen Verfahrens unmittelbar eingebunden sind. So war vorliegend das Strafverfahren mit einer öffentlichen, sechs Verhandlungstage umfassenden Hauptverhandlung von einer umfangreichen Presseberichterstattung begleitet; die Pressemitteilungen des Landgerichts nannten die Beigeladenen, die ihnen vorgeworfenen Straftaten, die Wertungen des Landgerichts sowie die im Revisionsverfahren zu beurteilenden Fragen. Entsprechend geht das Verfahrensrecht davon aus, dass die Berichterstattung auch über Einzelheiten des Verfahrens grundsätzlich hinzunehmen ist und hierdurch das Strafverfahren nicht übermäßig beeinträchtigt wird. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass dies für die Gerichtsentscheidungen selbst grundsätzlich anders zu beurteilen ist. Dass die Kenntnis des Strafurteils, anders als die öffentliche Ausgestaltung des Strafverfahrens selbst, im konkreten Fall zu einer Voreingenommenheit von Zeugen und Schöffen oder zu einer Anpassung des Vorbringens des Betroffenen führen müsste, in Folge derer die Wahrheitsfindung gefährdet und kein gerechtes Urteil mehr erwartet werden könnte, ist jedenfalls hier nicht hinreichend dargetan.

26

3. Die angefochtene Entscheidung beruht auch auf dem Grundrechtsverstoß. Sie ist daher aufzuheben. Die Sache ist an das Oberverwaltungsgericht zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG).

27

4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Tenor

1. Der Beschluss des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 13. März 2015 - 1 EO 128/15 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Er wird aufgehoben. Die Sache wird an das Thüringer Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

2. Der Freistaat Thüringen hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 25.000 € (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Verfassungsbeschwerde liegt ein verwaltungsgerichtliches Eilrechtsschutzverfahren zugrunde, in welchem um die Übersendung einer anonymisierten Abschrift eines Strafurteils an die Beschwerdeführerin gestritten wurde.

2

1. Die Beschwerdeführerin, eine Zeitungs-Verlagsgruppe, begehrte Auskunft über die schriftlichen Urteilsgründe des in einem Strafverfahren vor dem Landgericht gegen den beigeladenen ehemaligen Innenminister des Freistaates T. und Beigeordneten der Stadt E. ergangenen Urteils durch die Übersendung einer anonymisierten Kopie des Urteils.

3

Nach Durchführung einer sechstägigen Hauptverhandlung mit umfänglicher, Namen und Straftaten nennender Medienbegleitung wurde mit diesem Urteil der Beigeladene im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als ehrenamtlicher Beigeordneter sowie als Stadtratsmitglied wegen Vorteilsannahme in zwei Fällen und Abgeordnetenbestechung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen einen weiteren Beschuldigten wurde bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs zurückgestellt. Eine weitere Person wird gesondert verfolgt. Die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen einen ehemaligen Oberbürgermeister der Stadt E. wegen Beihilfe zur Vorteilsannahme lehnte das Landgericht ab.

4

2. Die Beschwerdeführerin beantragte beim Präsidenten des Landgerichts (im Folgenden: Antragsgegner) die Übersendung einer Kopie des Strafurteils. Der Antragsgegner lehnte dies ab. Durch Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antragsgegner antragsgemäß verpflichtet, der Antragstellerin Auskunft über die schriftlichen Urteilsgründe des ergangenen Urteils durch Übersendung einer anonymisierten Kopie des vollständigen Urteils zu erteilen.

5

3. Auf die Beschwerde des Beigeladenen änderte das Oberverwaltungsgericht mit angefochtenem Beschluss die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ab und lehnte den Antrag der Beschwerdeführerin auf Auskunftserteilung ab.

6

Es sei der Beschwerdeführerin nicht gelungen, einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen. § 4 Abs. 1 ThürPrG gewähre der Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf die Übersendung eines anonymisierten vollständigen Urteils. Nach dieser Vorschrift seien Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer Aufgaben dienenden Auskünfte zu erteilen. Gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 1 ThürPrG dürfe die Auskunft verweigert werden, wenn die sachgemäße Durchführung eines Strafverfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könne. Bei der Auslegung der Norm sei zu berücksichtigen, dass sich die Beschwerdeführerin auf das Grundrecht der Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG berufen könne. Allerdings verpflichte § 4 Abs. 1 ThürPrG die Behörden lediglich zur Erteilung einer Auskunft. Eine besondere Form der Auskunft sei nicht vorgegeben. Aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG lasse sich kein Anspruch auf Einsichtnahme in Behördenakten herleiten. Lediglich in Ausnahmefällen könne das Auswahlermessen dahingehend reduziert sein, dass die Herausgabe einer Urteilskopie verlangt werden dürfe. Eine derartige Ermessensreduzierung sei jedoch nicht gegeben. Sie lasse sich nicht bereits aus der allgemeinen Verpflichtung der Justiz zur Veröffentlichung gerichtlicher, die Öffentlichkeit interessierender Entscheidungen herleiten. Bei der Veröffentlichung müssten die Gerichte neben den Persönlichkeitsrechten der Verfahrensbeteiligten und dem Datenschutz die ihnen auferlegten Neutralitätspflichten beachten. Diese Verpflichtung der Gerichte zu unbedingter Neutralität und Distanz gegenüber allen Verfahrensbeteiligten und dem Verfahrensgegenstand sei zentraler Bestandteil der rechtsstaatlichen Grundkonzeption und habe Einfluss auf die mit Verfassungsrang ausgestattete Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege. Sie dürfe und müsse im Rahmen der Veröffentlichung von Entscheidungen durch die Justiz berücksichtigt werden. Ein Anspruch auf Erteilung einer Auskunft gerade durch Übersendung eines die Presse interessierenden Urteils bestehe jedenfalls dann nicht, wenn einer der Versagungsgründe des § 4 Abs. 2 ThürPrG vorliege, insbesondere wenn dadurch die sachgemäße Durchführung eines Strafverfahrens gefährdet werden könne.

7

Dies sei hier der Fall. Angesichts des - im Zeitpunkt des Auskunftsbegehrens noch laufenden - Revisionsverfahrens sei die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass das Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen werde und gegebenenfalls die Beweisaufnahme nochmals durchgeführt werden müsse. Darüber hinaus sei bisher noch nicht abschließend über die Eröffnung der Hauptverhandlung in den Verfahren derjenigen Personen entschieden worden, die bei der Verurteilung des Beigeladenen wegen Abgeordnetenbestechung (§ 108e Abs. 1 StGB) und Vorteilsannahme (§ 331 Abs. 1 StGB) die jeweils spiegelbildlichen Tatbestände verwirklicht haben könnten. Bei einer Veröffentlichung des Urteils im Wortlaut bestehe die Möglichkeit, dass Zeugen beeinflusst würden. Die Durchführung der Beweisaufnahme in der öffentlichen Hauptverhandlung und die Verlesung des Urteils seien nicht mit einer Veröffentlichung des genauen Wortlauts gleichzusetzen. Der möglichen Gefährdung der weiteren Gerichtsverfahren lasse sich nicht mit einer Anonymisierung entgegensteuern, da sich die Beteiligten und die Zeugen ohne größere Mühen wiederfinden könnten. Unabhängig von der Frage, ob im Hinblick auf die Erörterung des Schriftverkehrs in der Hauptverhandlung, der dort erfolgten Zeugenvernehmungen sowie deren Bewertung in der Urteilsbegründung der Straftatbestand des § 353d Nr. 3 StGB nicht mehr erfüllt werden könne, lasse sich eine Gefährdung von Strafverfahren hier nicht von der Hand weisen. Veröffentlichungen amtlicher Schriftstücke im Wortlaut stellten eine größere Gefahr für die Unbefangenheit der Verfahrensbeteiligten und die von dem Verfahren Betroffenen dar als lediglich inhaltlich berichtende Veröffentlichungen in nicht wörtlicher Rede, da sie eine besondere Überzeugungs- und Beweiskraft besäßen und den Eindruck amtlicher Authentizität erweckten. Diese Folgen seien bei der Beurteilung der Frage, ob der Antragsgegner hier gehalten sei, die begehrte Auskunft gerade durch Übersendung einer Urteilskopie zu erfüllen, zu berücksichtigen. Die Auskunft gebende Stelle müsse alle möglichen Auswirkungen der Freigabe der begehrten Information umfassend in den Blick nehmen, denn nach der Herausgabe einer entsprechenden Urteilskopie habe sie keinen Einfluss mehr darauf, ob die Urteilskopie vollständig veröffentlicht werde, nur Teile daraus zitiert würden oder sie überhaupt keine Verwendung finde. Entscheidend sei, dass die Information in der Hand Anderer geeignet sein könne, entsprechend bekannt zu werden. Unter Berücksichtigung dieser Umstände müsse sich die Beschwerdeführerin darauf verweisen lassen, konkrete Auskunftsbegehren - beispielsweise zu den Gründen der Strafzumessung - an das Landgericht zu richten.

8

Ein Anspruch unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG bestehe in Anbetracht der abschließenden, die verfassungsrechtliche Position der Presse hinreichend berücksichtigenden gesetzlichen Regelung in den landesrechtlichen Pressegesetzen nicht. Dies gelte im gleichen Maße im Hinblick auf Art. 10 EMRK.

9

4. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde macht die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 (Pressefreiheit) und aus Art. 19 Abs. 4 GG (effektiver Rechtsschutz) geltend.

10

5. Dem Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz und dem Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.

II.

11

Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte der Beschwerdeführerin angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat insbesondere die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Fragen zu der Reichweite presserechtlicher Auskunftsansprüche bereits entschieden (vgl. BVerfGE 50, 234 <240>; 91, 125 <134>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 20. Juli 1988 - 1 BvR 155/85 u. a. -, NJW 1989, S. 382; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 28. August 2000 - 1 BvR 1307/91 -, NJW 2001, S. 503 <503 f.>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 8. September 2014 - 1 BvR 23/14 -, NJW 2014, S. 3711 <3712>).

12

1. Die Verfassungsbeschwerde ist, soweit sich die Beschwerdeführerin auf eine Verletzung von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 und Art. 19 Abs. 4 GG beruft, zulässig. Der Rüge steht insbesondere nicht der Grundsatz der Subsidiarität entsprechend § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG entgegen.

13

Das in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz der Subsidiarität fordert, dass der Beschwerdeführer über das Gebot der Rechts-wegerschöpfung im engeren Sinne hinaus die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erreichen oder zu verhindern (vgl. BVerfGE 74, 102 <113>). Das bedeutet, dass auch die Erschöpfung des Rechtswegs in der Hauptsache geboten sein kann, wenn sich dort nach der Art des gerügten Grundrechtsverstoßes die Chance bietet, der verfassungsrechtlichen Beschwer abzuhelfen. Die Notwendigkeit vorab das Klageverfahren zu betreiben, fehlt allerdings, wenn dies für den Beschwerdeführer nicht zumutbar ist. Dies ist der Fall, wenn die Entscheidung von keiner weiteren tatsächlichen Aufklärung abhängt und diejenigen Voraussetzungen gegeben sind, unter denen gemäß § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG vom Erfordernis der Rechtswegerschöpfung abgesehen werden kann (vgl. BVerfGE 77, 381 <401 f.> m.w.N.; 79, 275 <278 f.>; 86, 15 <22 f.>).

14

Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Entscheidung hängt von keiner weiteren tatsächlichen Aufklärung ab. Verwiese man den Beschwerdeführer auf den Rechtsweg in der Hauptsache, würde dies einen schweren und unabwendbaren Nachteil darstellen, da auch mit Blick auf die Aktualität der Berichterstattung in einer Tageszeitung bei einem Erfolg in der Hauptsache eine Verwertung der Urteilsabschrift wegen des Zeitablaufs voraussichtlich nicht mehr in Betracht kommen würde.

15

2. Die angegriffene Entscheidung verstößt gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.

16

a) Bei einer Eilentscheidung über einen presserechtlichen Auskunftsanspruch ist stets die grundrechtliche Dimension der Pressefreiheit zu beachten. Dies gilt auch in Bezug auf Auskunftspflichten der öffentlichen Behörden einschließlich der Gerichte (vgl. BVerfGE 20, 162 <175 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 8. September 2014 - 1 BvR 23/14 -, NJW 2014, S. 3711 <3712>), wobei zu berücksichtigen ist, dass der Grundsatz der Gerichtsöffentlichkeit selbst Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips ist (vgl. BVerfGE 103, 44 <63>) und eine Rechtspflicht zur Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen allgemein anerkannt ist (vgl. BVerwGE 104, 105 <108 f.> m.w.N.). Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zu Informationen versetzt die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommenden Funktionen wirksam wahrzunehmen (vgl. BVerfGE 50, 234 <240>; 91, 125 <134>). Der Presse kommt neben einer Informations- insbesondere eine Kontrollfunktion zu (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. Juni 2009 - 1 BvR 134/03 -, NJW-RR 2010, S. 470 <471>). Beide Funktionen sind berührt, wenn ein Pressevertreter zum Zwecke der Berichterstattung über ein gerichtliches Strafverfahren recherchiert. In diesem Verfahren geht es - überdies in besonders einschneidender Weise - um die Ausübung staatlicher Gewalt. Der Schutz der Pressefreiheit reicht hier weiter als in Fällen, in denen die Presse eine Berichterstattung über private Umstände zu Unterhaltungszwecken anstrebt (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Oktober 2014 - 6 C 35/13 -, NJW 2015, S. 807 <809>, unter Verweis auf BVerfGE 34, 269 <283>; 101, 361 <391>). Grundsätzlich entscheidet die Presse danach in den Grenzen des Rechts selbst, ob und wie sie über ein bestimmtes Thema berichtet. Das "Ob" und "Wie" der Berichterstattung ist Teil des Selbstbestimmungsrechts der Presse, das auch die Art und Weise ihrer hierauf gerichteten Informationsbeschaffungen grundrechtlich schützt (vgl. BVerfGE 10, 118 <121>; 101, 361 <389>; 107, 299 <329>).

17

b) Die Pressefreiheit ist durch die Auslegung und Anwendung des § 4 Abs. 1 und 2 ThürPrG durch das Oberverwaltungsgericht verletzt worden.

18

aa) Im Ausgangspunkt hat das Oberverwaltungsgericht die Vorschrift allerdings in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dahingehend ausgelegt, dass den auskunftspflichtigen Stellen - auch unter Berücksichtigung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG - grundsätzlich ein Ermessensspielraum bei der Frage nach Art und Umfang der Auskunft zusteht. In keinem der Landespressegesetze - so auch nicht in Thüringen - wird der Inhalt des presserechtlichen Auskunftsanspruchs näher präzisiert. Es wird lediglich bestimmt, dass die Behörden sowie die der Aufsicht des Landes unterliegenden Körperschaften des öffentlichen Rechts verpflichtet sind, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dienenden Auskünfte zu erteilen. Bei der Erfüllung des Anspruchs wird den Behörden ein Ermessensspielraum zugestanden, der sich lediglich im Einzelfall zu einem Anspruch auf Akteneinsicht verdichten soll (vgl. Soehring, in: Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl. 2013, § 4 Rn. 22b).

19

Bei der Bestimmung der konkreten Tragweite des Auskunftsanspruchs im Einzelfall ist eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen (vgl. BVerfGE 35, 202 <233>). Das danach maßgebliche öffentliche Informationsinteresse ist anhand des Gegenstands des Auskunftsersuchens und damit der beabsichtigten Berichterstattung zu bestimmen. Dabei besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Einsicht in Behördenakten.

20

bb) Für die Auskunft über Gerichtsentscheidungen gelten jedoch Besonderheiten, die das Oberverwaltungsgericht nicht hinreichend beachtet hat. Es ist weithin anerkannt, dass aus dem Rechtsstaatsgebot einschließlich der Justizgewährungspflicht, dem Demokratiegebot und dem Grundsatz der Gewaltenteilung grundsätzlich eine Rechtspflicht zur Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen folgt (vgl. BVerwGE 104, 105 <108 f.> m.w.N.). Diese Veröffentlichungspflicht erstreckt sich nicht nur auf rechtskräftige Entscheidungen, sondern kann bereits vor Rechtskraft greifen (vgl. Putzke/Zenthöfer, NJW 2015, S. 1777 <1778>). Sie bezieht sich auf die Entscheidungen als solche in ihrem amtlichen Wortlaut. Hiermit korrespondiert ein presserechtlicher Auskunftsanspruch von Medienvertretern.

21

cc) Der Zugang zu Gerichtsentscheidungen ist allerdings nicht unbegrenzt. So sind die Entscheidungen etwa hinsichtlich persönlicher Angaben und Umstände in der Regel zu anonymisieren. Dies ändert an der grundsätzlichen Öffentlichkeit solcher Entscheidungen nichts.

22

Unberührt von der grundsätzlichen Zugänglichkeit von Gerichtsentscheidungen bleiben auch die allgemeinen gesetzlichen wie verfassungsrechtlichen Anforderungen an den weiteren Umgang der Medien mit den Entscheidungen. Äußerungen und Publikationen können, wie etwa nach den Grundsätzen zur Verdachtsberichterstattung (vgl. BVerfGE 12, 113 <130 f.>; 114, 339 <354>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. Juni 2009 - 1 BvR 134/03 -, NJW-RR 2010, S. 470 <473>; BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 -, NJW 2014, S. 2029 <2032>) oder zur Zurückhaltung bei Berichten über zurückliegende Straftaten, die die Resozialisierung von Straftätern beeinträchtigen (BVerfGE 35, 202 <233 ff.>), Grenzen unterliegen. Die Medien haben insoweit gesteigerte Sorgfaltspflichten zu beachten. Die Verantwortung für die Beachtung dieser Pflichten liegt dabei grundsätzlich bei den Medien selbst. Diese Sorgfaltspflichten können nicht schon generell zum Maßstab für das Zugänglichmachen der gerichtlichen Entscheidungen seitens der Gerichtsverwaltung gemacht werden.

23

dd) Wieweit die Beeinträchtigung des weiteren oder anderer Gerichtsverfahren der Zugänglichmachung von Gerichtsentscheidungen Grenzen setzen kann und Entscheidungen deshalb auch als Ganze zurückgehalten werden können, kann hier offenbleiben. Denn jedenfalls tragen die in dem angegriffenen Beschluss angeführten Gründe eine Zurückhaltung der in Frage stehenden Entscheidungen nicht.

24

Der Beschluss verweist ohne nähere Darlegungen auf eine bloß mögliche Gefährdung des noch nicht rechtskräftigen Verfahrens des Beigeladenen sowie weiterer Strafverfahren im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 1 ThürPrG, namentlich die potentielle Beeinträchtigung von Zeugen, die im Falle einer Berichterstattung mit anonymisierter Urteilsabschrift drohen könnte. Dies genügt zur Ablehnung eines auf Herausgabe der Urteilsabschrift gerichteten Auskunftsanspruchs nicht. Jedenfalls angesichts des Umstands, dass es sich bei dem Beigeladenen um eine Person des öffentlichen Lebens handelt und es um strafrechtliche Vorwürfe geht, die aufgrund der geschützten Rechtsgüter - die Sachlichkeit des Abstimmungsverhaltens und damit die Funktionsfähigkeit des repräsentativen Systems einerseits (§ 108e StGB) sowie die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes (§ 331 StGB) andererseits - im öffentlichen Interesse liegen, können die begehrten Entscheidungen allenfalls dann vollständig unter Verschluss gehalten werden, wenn konkrete Anhaltspunkte die Gefahr einer Vereitelung, Erschwerung, Verzögerung oder Gefährdung der sachgemäßen Durchführung eines Strafverfahrens im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 1 ThürPrG unmittelbar und dringend nahelegen.

25

Hierfür sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Auch drängt sich in keiner Weise auf, dass die Beschwerdeführerin ihr obliegende Sorgfaltspflichten und die Rechte Dritter nicht respektieren wird. Vielmehr erweist sich gerade in dem zugrundeliegenden Verfahren, dass die grundsätzliche Zugänglichkeit von Gerichtsentscheidungen und ein entsprechender Auskunftsanspruch in die im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde Öffentlichkeit des gerichtlichen Verfahrens unmittelbar eingebunden sind. So war vorliegend das Strafverfahren mit einer öffentlichen, sechs Verhandlungstage umfassenden Hauptverhandlung von einer umfangreichen Presseberichterstattung begleitet; die Pressemitteilungen des Landgerichts nannten die Beigeladenen, die ihnen vorgeworfenen Straftaten, die Wertungen des Landgerichts sowie die im Revisionsverfahren zu beurteilenden Fragen. Entsprechend geht das Verfahrensrecht davon aus, dass die Berichterstattung auch über Einzelheiten des Verfahrens grundsätzlich hinzunehmen ist und hierdurch das Strafverfahren nicht übermäßig beeinträchtigt wird. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass dies für die Gerichtsentscheidungen selbst grundsätzlich anders zu beurteilen ist. Dass die Kenntnis des Strafurteils, anders als die öffentliche Ausgestaltung des Strafverfahrens selbst, im konkreten Fall zu einer Voreingenommenheit von Zeugen und Schöffen oder zu einer Anpassung des Vorbringens des Betroffenen führen müsste, in Folge derer die Wahrheitsfindung gefährdet und kein gerechtes Urteil mehr erwartet werden könnte, ist jedenfalls hier nicht hinreichend dargetan.

26

3. Die angefochtene Entscheidung beruht auch auf dem Grundrechtsverstoß. Sie ist daher aufzuheben. Die Sache ist an das Oberverwaltungsgericht zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG).

27

4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

(1) Für die Forschung zum Zwecke der politischen und historischen Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes oder der Herrschaftsmechanismen der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik oder der ehemaligen Sowjetischen Besatzungszone sowie für Zwecke der politischen Bildung stellt das Bundesarchiv auf Antrag folgende Unterlagen zur Verfügung:

1.
Unterlagen, die keine personenbezogenen Informationen enthalten,
2.
Duplikate von Unterlagen, in denen die personenbezogenen Informationen anonymisiert worden sind, es sei denn, die Informationen sind offenkundig,
3.
Unterlagen mit personenbezogenen Informationen über
Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes, soweit es sich nicht um Tätigkeiten für den Staatssicherheitsdienst vor Vollendung des 18. Lebensjahres gehandelt hat, oder
Begünstigte des Staatssicherheitsdienstes,
4.
Unterlagen mit personenbezogenen Informationen über Personen der Zeitgeschichte, Inhaber politischer Funktionen oder Amtsträger, soweit es sich um Informationen handelt, die ihre zeitgeschichtliche Rolle, Funktions- oder Amtsausübung betreffen,
5.
Unterlagen mit anderen personenbezogenen Informationen, wenn die schriftlichen Einwilligungen der betreffenden Personen vorgelegt werden; die Einwilligungen müssen den Antragsteller, das Vorhaben und die durchführenden Personen bezeichnen,
6.
Unterlagen mit personenbezogenen Informationen zu Verstorbenen, deren Tod 30 Jahre zurückliegt; diese Schutzfrist kann auf zehn Jahre verkürzt werden, wenn die Benutzung für ein wissenschaftliches Forschungsvorhaben oder zur Wahrnehmung berechtigter Belange erforderlich ist und überwiegende schutzwürdige Belange nicht beeinträchtigt werden; ist das Todesjahr nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand festzustellen, endet die Schutzfrist 110 Jahre nach der Geburt; die Nummern 1 bis 5 bleiben unberührt,
7.
Unterlagen mit personenbezogenen Informationen darüber hinaus, soweit
a)
dies erforderlich ist für die Durchführung der wissenschaftlichen Forschungsarbeit an Hochschulen, an anderen Forschungseinrichtungen und bei den Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Folgen der kommunistischen Diktatur oder für die Erstellung von Gutachten, Berichten und Stellungnahmen im Auftrag des Deutschen Bundestages durch die Bundesbeauftragte oder den Bundesbeauftragten für die Opfer der SED-Diktatur beim Deutschen Bundestag,
b)
eine Nutzung anonymisierter Informationen zu diesem Zweck nicht möglich oder die Anonymisierung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist und
c)
der Empfänger der Informationen Amtsträger oder nach dem Verpflichtungsgesetz förmlich verpflichtet worden ist.
Unterlagen mit personenbezogenen Informationen nach Satz 1 Nummer 3, 4 und 7 dürfen nur zur Verfügung gestellt werden, soweit durch deren Verwendung keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen der dort genannten Personen beeinträchtigt werden. Bei der Abwägung ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Informationserhebung erkennbar auf einer Menschenrechtsverletzung beruht.

(2) Unterlagen, die sich nach § 2 Absatz 2 Nummer 3 Buchstabe b bis d in besonderer Verwahrung befinden, dürfen nur mit Einwilligung des Bundesministers des Innern, für Bau und Heimat verwendet werden.

(3) Personenbezogene Informationen dürfen nur veröffentlicht werden, wenn

1.
diese offenkundig sind,
2.
es sich um Informationen handelt über
Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes, soweit diese nicht Tätigkeiten für den Staatssicherheitsdienst vor Vollendung des 18. Lebensjahres betreffen, oder
Begünstigte des Staatssicherheitsdienstes,
3.
es sich um Informationen handelt über Personen der Zeitgeschichte, Inhaber politischer Funktionen oder Amtsträger, soweit diese ihre zeitgeschichtliche Rolle, Funktions- oder Amtsausübung betreffen, oder
4.
die Personen, über die personenbezogene Informationen veröffentlicht werden sollen, eingewilligt haben,
5.
es sich um Informationen über Verstorbene handelt, deren Tod 30 Jahre zurückliegt; diese Schutzfrist kann auf zehn Jahre verkürzt werden, wenn die Benutzung für ein wissenschaftliches Forschungsvorhaben oder zur Wahrnehmung berechtigter Belange erforderlich ist und überwiegende schutzwürdige Belange nicht beeinträchtigt werden; ist das Todesjahr nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand festzustellen, endet die Schutzfrist 110 Jahre nach der Geburt; die Nummern 1 bis 4 bleiben unberührt.
Durch die Veröffentlichung der in Satz 1 Nummer 2 und 3 genannten personenbezogenen Informationen dürfen keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen der genannten Personen beeinträchtigt werden. Bei der Abwägung ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Informationserhebung erkennbar auf einer Menschenrechtsverletzung beruht. Personenbezogene Informationen nach Satz 1 Nummer 5 dürfen nur veröffentlicht werden, soweit durch die Veröffentlichung keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen anderer Personen beeinträchtigt werden.

(4) Die Absätze 1 und 3 gelten sinngemäß auch für Zwecke der politischen und historischen Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit.

Tenor

1. Der Beschluss des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 13. März 2015 - 1 EO 128/15 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Er wird aufgehoben. Die Sache wird an das Thüringer Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

2. Der Freistaat Thüringen hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 25.000 € (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Verfassungsbeschwerde liegt ein verwaltungsgerichtliches Eilrechtsschutzverfahren zugrunde, in welchem um die Übersendung einer anonymisierten Abschrift eines Strafurteils an die Beschwerdeführerin gestritten wurde.

2

1. Die Beschwerdeführerin, eine Zeitungs-Verlagsgruppe, begehrte Auskunft über die schriftlichen Urteilsgründe des in einem Strafverfahren vor dem Landgericht gegen den beigeladenen ehemaligen Innenminister des Freistaates T. und Beigeordneten der Stadt E. ergangenen Urteils durch die Übersendung einer anonymisierten Kopie des Urteils.

3

Nach Durchführung einer sechstägigen Hauptverhandlung mit umfänglicher, Namen und Straftaten nennender Medienbegleitung wurde mit diesem Urteil der Beigeladene im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als ehrenamtlicher Beigeordneter sowie als Stadtratsmitglied wegen Vorteilsannahme in zwei Fällen und Abgeordnetenbestechung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen einen weiteren Beschuldigten wurde bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs zurückgestellt. Eine weitere Person wird gesondert verfolgt. Die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen einen ehemaligen Oberbürgermeister der Stadt E. wegen Beihilfe zur Vorteilsannahme lehnte das Landgericht ab.

4

2. Die Beschwerdeführerin beantragte beim Präsidenten des Landgerichts (im Folgenden: Antragsgegner) die Übersendung einer Kopie des Strafurteils. Der Antragsgegner lehnte dies ab. Durch Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antragsgegner antragsgemäß verpflichtet, der Antragstellerin Auskunft über die schriftlichen Urteilsgründe des ergangenen Urteils durch Übersendung einer anonymisierten Kopie des vollständigen Urteils zu erteilen.

5

3. Auf die Beschwerde des Beigeladenen änderte das Oberverwaltungsgericht mit angefochtenem Beschluss die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ab und lehnte den Antrag der Beschwerdeführerin auf Auskunftserteilung ab.

6

Es sei der Beschwerdeführerin nicht gelungen, einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen. § 4 Abs. 1 ThürPrG gewähre der Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf die Übersendung eines anonymisierten vollständigen Urteils. Nach dieser Vorschrift seien Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer Aufgaben dienenden Auskünfte zu erteilen. Gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 1 ThürPrG dürfe die Auskunft verweigert werden, wenn die sachgemäße Durchführung eines Strafverfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könne. Bei der Auslegung der Norm sei zu berücksichtigen, dass sich die Beschwerdeführerin auf das Grundrecht der Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG berufen könne. Allerdings verpflichte § 4 Abs. 1 ThürPrG die Behörden lediglich zur Erteilung einer Auskunft. Eine besondere Form der Auskunft sei nicht vorgegeben. Aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG lasse sich kein Anspruch auf Einsichtnahme in Behördenakten herleiten. Lediglich in Ausnahmefällen könne das Auswahlermessen dahingehend reduziert sein, dass die Herausgabe einer Urteilskopie verlangt werden dürfe. Eine derartige Ermessensreduzierung sei jedoch nicht gegeben. Sie lasse sich nicht bereits aus der allgemeinen Verpflichtung der Justiz zur Veröffentlichung gerichtlicher, die Öffentlichkeit interessierender Entscheidungen herleiten. Bei der Veröffentlichung müssten die Gerichte neben den Persönlichkeitsrechten der Verfahrensbeteiligten und dem Datenschutz die ihnen auferlegten Neutralitätspflichten beachten. Diese Verpflichtung der Gerichte zu unbedingter Neutralität und Distanz gegenüber allen Verfahrensbeteiligten und dem Verfahrensgegenstand sei zentraler Bestandteil der rechtsstaatlichen Grundkonzeption und habe Einfluss auf die mit Verfassungsrang ausgestattete Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege. Sie dürfe und müsse im Rahmen der Veröffentlichung von Entscheidungen durch die Justiz berücksichtigt werden. Ein Anspruch auf Erteilung einer Auskunft gerade durch Übersendung eines die Presse interessierenden Urteils bestehe jedenfalls dann nicht, wenn einer der Versagungsgründe des § 4 Abs. 2 ThürPrG vorliege, insbesondere wenn dadurch die sachgemäße Durchführung eines Strafverfahrens gefährdet werden könne.

7

Dies sei hier der Fall. Angesichts des - im Zeitpunkt des Auskunftsbegehrens noch laufenden - Revisionsverfahrens sei die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass das Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen werde und gegebenenfalls die Beweisaufnahme nochmals durchgeführt werden müsse. Darüber hinaus sei bisher noch nicht abschließend über die Eröffnung der Hauptverhandlung in den Verfahren derjenigen Personen entschieden worden, die bei der Verurteilung des Beigeladenen wegen Abgeordnetenbestechung (§ 108e Abs. 1 StGB) und Vorteilsannahme (§ 331 Abs. 1 StGB) die jeweils spiegelbildlichen Tatbestände verwirklicht haben könnten. Bei einer Veröffentlichung des Urteils im Wortlaut bestehe die Möglichkeit, dass Zeugen beeinflusst würden. Die Durchführung der Beweisaufnahme in der öffentlichen Hauptverhandlung und die Verlesung des Urteils seien nicht mit einer Veröffentlichung des genauen Wortlauts gleichzusetzen. Der möglichen Gefährdung der weiteren Gerichtsverfahren lasse sich nicht mit einer Anonymisierung entgegensteuern, da sich die Beteiligten und die Zeugen ohne größere Mühen wiederfinden könnten. Unabhängig von der Frage, ob im Hinblick auf die Erörterung des Schriftverkehrs in der Hauptverhandlung, der dort erfolgten Zeugenvernehmungen sowie deren Bewertung in der Urteilsbegründung der Straftatbestand des § 353d Nr. 3 StGB nicht mehr erfüllt werden könne, lasse sich eine Gefährdung von Strafverfahren hier nicht von der Hand weisen. Veröffentlichungen amtlicher Schriftstücke im Wortlaut stellten eine größere Gefahr für die Unbefangenheit der Verfahrensbeteiligten und die von dem Verfahren Betroffenen dar als lediglich inhaltlich berichtende Veröffentlichungen in nicht wörtlicher Rede, da sie eine besondere Überzeugungs- und Beweiskraft besäßen und den Eindruck amtlicher Authentizität erweckten. Diese Folgen seien bei der Beurteilung der Frage, ob der Antragsgegner hier gehalten sei, die begehrte Auskunft gerade durch Übersendung einer Urteilskopie zu erfüllen, zu berücksichtigen. Die Auskunft gebende Stelle müsse alle möglichen Auswirkungen der Freigabe der begehrten Information umfassend in den Blick nehmen, denn nach der Herausgabe einer entsprechenden Urteilskopie habe sie keinen Einfluss mehr darauf, ob die Urteilskopie vollständig veröffentlicht werde, nur Teile daraus zitiert würden oder sie überhaupt keine Verwendung finde. Entscheidend sei, dass die Information in der Hand Anderer geeignet sein könne, entsprechend bekannt zu werden. Unter Berücksichtigung dieser Umstände müsse sich die Beschwerdeführerin darauf verweisen lassen, konkrete Auskunftsbegehren - beispielsweise zu den Gründen der Strafzumessung - an das Landgericht zu richten.

8

Ein Anspruch unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG bestehe in Anbetracht der abschließenden, die verfassungsrechtliche Position der Presse hinreichend berücksichtigenden gesetzlichen Regelung in den landesrechtlichen Pressegesetzen nicht. Dies gelte im gleichen Maße im Hinblick auf Art. 10 EMRK.

9

4. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde macht die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 (Pressefreiheit) und aus Art. 19 Abs. 4 GG (effektiver Rechtsschutz) geltend.

10

5. Dem Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz und dem Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.

II.

11

Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte der Beschwerdeführerin angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat insbesondere die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Fragen zu der Reichweite presserechtlicher Auskunftsansprüche bereits entschieden (vgl. BVerfGE 50, 234 <240>; 91, 125 <134>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 20. Juli 1988 - 1 BvR 155/85 u. a. -, NJW 1989, S. 382; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 28. August 2000 - 1 BvR 1307/91 -, NJW 2001, S. 503 <503 f.>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 8. September 2014 - 1 BvR 23/14 -, NJW 2014, S. 3711 <3712>).

12

1. Die Verfassungsbeschwerde ist, soweit sich die Beschwerdeführerin auf eine Verletzung von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 und Art. 19 Abs. 4 GG beruft, zulässig. Der Rüge steht insbesondere nicht der Grundsatz der Subsidiarität entsprechend § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG entgegen.

13

Das in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz der Subsidiarität fordert, dass der Beschwerdeführer über das Gebot der Rechts-wegerschöpfung im engeren Sinne hinaus die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erreichen oder zu verhindern (vgl. BVerfGE 74, 102 <113>). Das bedeutet, dass auch die Erschöpfung des Rechtswegs in der Hauptsache geboten sein kann, wenn sich dort nach der Art des gerügten Grundrechtsverstoßes die Chance bietet, der verfassungsrechtlichen Beschwer abzuhelfen. Die Notwendigkeit vorab das Klageverfahren zu betreiben, fehlt allerdings, wenn dies für den Beschwerdeführer nicht zumutbar ist. Dies ist der Fall, wenn die Entscheidung von keiner weiteren tatsächlichen Aufklärung abhängt und diejenigen Voraussetzungen gegeben sind, unter denen gemäß § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG vom Erfordernis der Rechtswegerschöpfung abgesehen werden kann (vgl. BVerfGE 77, 381 <401 f.> m.w.N.; 79, 275 <278 f.>; 86, 15 <22 f.>).

14

Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Entscheidung hängt von keiner weiteren tatsächlichen Aufklärung ab. Verwiese man den Beschwerdeführer auf den Rechtsweg in der Hauptsache, würde dies einen schweren und unabwendbaren Nachteil darstellen, da auch mit Blick auf die Aktualität der Berichterstattung in einer Tageszeitung bei einem Erfolg in der Hauptsache eine Verwertung der Urteilsabschrift wegen des Zeitablaufs voraussichtlich nicht mehr in Betracht kommen würde.

15

2. Die angegriffene Entscheidung verstößt gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.

16

a) Bei einer Eilentscheidung über einen presserechtlichen Auskunftsanspruch ist stets die grundrechtliche Dimension der Pressefreiheit zu beachten. Dies gilt auch in Bezug auf Auskunftspflichten der öffentlichen Behörden einschließlich der Gerichte (vgl. BVerfGE 20, 162 <175 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 8. September 2014 - 1 BvR 23/14 -, NJW 2014, S. 3711 <3712>), wobei zu berücksichtigen ist, dass der Grundsatz der Gerichtsöffentlichkeit selbst Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips ist (vgl. BVerfGE 103, 44 <63>) und eine Rechtspflicht zur Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen allgemein anerkannt ist (vgl. BVerwGE 104, 105 <108 f.> m.w.N.). Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zu Informationen versetzt die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommenden Funktionen wirksam wahrzunehmen (vgl. BVerfGE 50, 234 <240>; 91, 125 <134>). Der Presse kommt neben einer Informations- insbesondere eine Kontrollfunktion zu (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. Juni 2009 - 1 BvR 134/03 -, NJW-RR 2010, S. 470 <471>). Beide Funktionen sind berührt, wenn ein Pressevertreter zum Zwecke der Berichterstattung über ein gerichtliches Strafverfahren recherchiert. In diesem Verfahren geht es - überdies in besonders einschneidender Weise - um die Ausübung staatlicher Gewalt. Der Schutz der Pressefreiheit reicht hier weiter als in Fällen, in denen die Presse eine Berichterstattung über private Umstände zu Unterhaltungszwecken anstrebt (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Oktober 2014 - 6 C 35/13 -, NJW 2015, S. 807 <809>, unter Verweis auf BVerfGE 34, 269 <283>; 101, 361 <391>). Grundsätzlich entscheidet die Presse danach in den Grenzen des Rechts selbst, ob und wie sie über ein bestimmtes Thema berichtet. Das "Ob" und "Wie" der Berichterstattung ist Teil des Selbstbestimmungsrechts der Presse, das auch die Art und Weise ihrer hierauf gerichteten Informationsbeschaffungen grundrechtlich schützt (vgl. BVerfGE 10, 118 <121>; 101, 361 <389>; 107, 299 <329>).

17

b) Die Pressefreiheit ist durch die Auslegung und Anwendung des § 4 Abs. 1 und 2 ThürPrG durch das Oberverwaltungsgericht verletzt worden.

18

aa) Im Ausgangspunkt hat das Oberverwaltungsgericht die Vorschrift allerdings in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dahingehend ausgelegt, dass den auskunftspflichtigen Stellen - auch unter Berücksichtigung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG - grundsätzlich ein Ermessensspielraum bei der Frage nach Art und Umfang der Auskunft zusteht. In keinem der Landespressegesetze - so auch nicht in Thüringen - wird der Inhalt des presserechtlichen Auskunftsanspruchs näher präzisiert. Es wird lediglich bestimmt, dass die Behörden sowie die der Aufsicht des Landes unterliegenden Körperschaften des öffentlichen Rechts verpflichtet sind, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dienenden Auskünfte zu erteilen. Bei der Erfüllung des Anspruchs wird den Behörden ein Ermessensspielraum zugestanden, der sich lediglich im Einzelfall zu einem Anspruch auf Akteneinsicht verdichten soll (vgl. Soehring, in: Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl. 2013, § 4 Rn. 22b).

19

Bei der Bestimmung der konkreten Tragweite des Auskunftsanspruchs im Einzelfall ist eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen (vgl. BVerfGE 35, 202 <233>). Das danach maßgebliche öffentliche Informationsinteresse ist anhand des Gegenstands des Auskunftsersuchens und damit der beabsichtigten Berichterstattung zu bestimmen. Dabei besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Einsicht in Behördenakten.

20

bb) Für die Auskunft über Gerichtsentscheidungen gelten jedoch Besonderheiten, die das Oberverwaltungsgericht nicht hinreichend beachtet hat. Es ist weithin anerkannt, dass aus dem Rechtsstaatsgebot einschließlich der Justizgewährungspflicht, dem Demokratiegebot und dem Grundsatz der Gewaltenteilung grundsätzlich eine Rechtspflicht zur Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen folgt (vgl. BVerwGE 104, 105 <108 f.> m.w.N.). Diese Veröffentlichungspflicht erstreckt sich nicht nur auf rechtskräftige Entscheidungen, sondern kann bereits vor Rechtskraft greifen (vgl. Putzke/Zenthöfer, NJW 2015, S. 1777 <1778>). Sie bezieht sich auf die Entscheidungen als solche in ihrem amtlichen Wortlaut. Hiermit korrespondiert ein presserechtlicher Auskunftsanspruch von Medienvertretern.

21

cc) Der Zugang zu Gerichtsentscheidungen ist allerdings nicht unbegrenzt. So sind die Entscheidungen etwa hinsichtlich persönlicher Angaben und Umstände in der Regel zu anonymisieren. Dies ändert an der grundsätzlichen Öffentlichkeit solcher Entscheidungen nichts.

22

Unberührt von der grundsätzlichen Zugänglichkeit von Gerichtsentscheidungen bleiben auch die allgemeinen gesetzlichen wie verfassungsrechtlichen Anforderungen an den weiteren Umgang der Medien mit den Entscheidungen. Äußerungen und Publikationen können, wie etwa nach den Grundsätzen zur Verdachtsberichterstattung (vgl. BVerfGE 12, 113 <130 f.>; 114, 339 <354>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. Juni 2009 - 1 BvR 134/03 -, NJW-RR 2010, S. 470 <473>; BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 -, NJW 2014, S. 2029 <2032>) oder zur Zurückhaltung bei Berichten über zurückliegende Straftaten, die die Resozialisierung von Straftätern beeinträchtigen (BVerfGE 35, 202 <233 ff.>), Grenzen unterliegen. Die Medien haben insoweit gesteigerte Sorgfaltspflichten zu beachten. Die Verantwortung für die Beachtung dieser Pflichten liegt dabei grundsätzlich bei den Medien selbst. Diese Sorgfaltspflichten können nicht schon generell zum Maßstab für das Zugänglichmachen der gerichtlichen Entscheidungen seitens der Gerichtsverwaltung gemacht werden.

23

dd) Wieweit die Beeinträchtigung des weiteren oder anderer Gerichtsverfahren der Zugänglichmachung von Gerichtsentscheidungen Grenzen setzen kann und Entscheidungen deshalb auch als Ganze zurückgehalten werden können, kann hier offenbleiben. Denn jedenfalls tragen die in dem angegriffenen Beschluss angeführten Gründe eine Zurückhaltung der in Frage stehenden Entscheidungen nicht.

24

Der Beschluss verweist ohne nähere Darlegungen auf eine bloß mögliche Gefährdung des noch nicht rechtskräftigen Verfahrens des Beigeladenen sowie weiterer Strafverfahren im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 1 ThürPrG, namentlich die potentielle Beeinträchtigung von Zeugen, die im Falle einer Berichterstattung mit anonymisierter Urteilsabschrift drohen könnte. Dies genügt zur Ablehnung eines auf Herausgabe der Urteilsabschrift gerichteten Auskunftsanspruchs nicht. Jedenfalls angesichts des Umstands, dass es sich bei dem Beigeladenen um eine Person des öffentlichen Lebens handelt und es um strafrechtliche Vorwürfe geht, die aufgrund der geschützten Rechtsgüter - die Sachlichkeit des Abstimmungsverhaltens und damit die Funktionsfähigkeit des repräsentativen Systems einerseits (§ 108e StGB) sowie die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes (§ 331 StGB) andererseits - im öffentlichen Interesse liegen, können die begehrten Entscheidungen allenfalls dann vollständig unter Verschluss gehalten werden, wenn konkrete Anhaltspunkte die Gefahr einer Vereitelung, Erschwerung, Verzögerung oder Gefährdung der sachgemäßen Durchführung eines Strafverfahrens im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 1 ThürPrG unmittelbar und dringend nahelegen.

25

Hierfür sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Auch drängt sich in keiner Weise auf, dass die Beschwerdeführerin ihr obliegende Sorgfaltspflichten und die Rechte Dritter nicht respektieren wird. Vielmehr erweist sich gerade in dem zugrundeliegenden Verfahren, dass die grundsätzliche Zugänglichkeit von Gerichtsentscheidungen und ein entsprechender Auskunftsanspruch in die im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde Öffentlichkeit des gerichtlichen Verfahrens unmittelbar eingebunden sind. So war vorliegend das Strafverfahren mit einer öffentlichen, sechs Verhandlungstage umfassenden Hauptverhandlung von einer umfangreichen Presseberichterstattung begleitet; die Pressemitteilungen des Landgerichts nannten die Beigeladenen, die ihnen vorgeworfenen Straftaten, die Wertungen des Landgerichts sowie die im Revisionsverfahren zu beurteilenden Fragen. Entsprechend geht das Verfahrensrecht davon aus, dass die Berichterstattung auch über Einzelheiten des Verfahrens grundsätzlich hinzunehmen ist und hierdurch das Strafverfahren nicht übermäßig beeinträchtigt wird. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass dies für die Gerichtsentscheidungen selbst grundsätzlich anders zu beurteilen ist. Dass die Kenntnis des Strafurteils, anders als die öffentliche Ausgestaltung des Strafverfahrens selbst, im konkreten Fall zu einer Voreingenommenheit von Zeugen und Schöffen oder zu einer Anpassung des Vorbringens des Betroffenen führen müsste, in Folge derer die Wahrheitsfindung gefährdet und kein gerechtes Urteil mehr erwartet werden könnte, ist jedenfalls hier nicht hinreichend dargetan.

26

3. Die angefochtene Entscheidung beruht auch auf dem Grundrechtsverstoß. Sie ist daher aufzuheben. Die Sache ist an das Oberverwaltungsgericht zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG).

27

4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.