Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 06. März 2018 - AN 4 E 18.00219

bei uns veröffentlicht am06.03.2018

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Die Antragsgegnerin hat sämtliche Maßnahmen im Rahmen des Bauleitplanverfahrens zur 4. Änderung des Bebauungsplans „…“, die dem am 4. Dezember 2017 eingereichten Bürgerbegehren „Bebauung der Grünfläche am …“ zuwider laufen können, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache (Az.: AN 4 K 18.00158) über die Zulassung dieses Bürgerbegehrens zu unterlassen, insbesondere die öffentliche Auslegung nach § 3 Abs. 2 BauGB nicht vorzunehmen, keine Behandlung von Einwendungen vorzunehmen (Abwägungsentscheidung), keinen entsprechenden Satzungsbeschluss zu fassen und/oder diesen nicht öffentlich bekannt zu machen.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladene trägt ihre Kosten selbst.

3. Der Streitwert wird auf 7.500,00 EUR festgelegt.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren einstweiligen Rechtschutz zur Sicherung der von ihnen im Verfahren AN 4 K 18.00158 begehrten Zulassung des Bürgerbegehrens „Bebauung der Grünfläche am …“.

Der … ist eine Fläche im Gemeindegebiet der Beklagten. Auf dem Platz befindet sich ein Brunnen sowie Spielgeräte. Der Platz wird für Freizeitzwecke genutzt. Im Osten des Platzes, an den Brunnen anschließend, befindet sich eine versiegelte Fläche. Ein Teil dieser Fläche gehört zu dem Grundstück der …, einem 12m hohen Wohnhaus mit drei Stockwerken und einem voll ausgebauten Dachgeschoss. Die Zufahrt zu dem Bauvorhaben soll angrenzend an diese private Fläche und damit optisch „über den Platz“ erfolgen. Im Norden grenzt eine unbebaute Wiese an, die ihrerseits im Wesentlichen von Wohnbebauung umfasst ist. In der bisherigen Bauleitplanung ist der Bereich der Wiese als „Gemeinbedarfsfläche für kirchliche Zwecke mit Kindergarten“ festgesetzt. Der kirchliche Eigentümer verfolgte die ursprünglichen Pläne zur Bebauung nicht weiter und beabsichtigt vielmehr, die Fläche an die Beigeladene zu veräußern. Die Beigeladene beabsichtigt die Errichtung von 24 sozialgebundenen Wohneinheiten. Hinsichtlich der weiteren Details wird auf die Niederschrift zum Termin über den am 23. Februar 2018 durchgeführten Augenschein verwiesen.

Mit Blick auf diese Planungen initiierten die Antragsteller das Bürgerbegehren „Bebauung der Grünfläche am …“. Am 4. Dezember 2017 reichten die Antragsteller bei der Antragsgegnerin ein auf Unterschriftenlisten formuliertes Bürgerbegehren mit folgender Fragestellung ein:

„Sind Sie dafür, dass die bislang unbebaute Wiese am … mit maximal 12 statt 24 Wohnungen überbaut wird und der Platz selbst in seiner jetzigen Funktion und Art als Erholungs-, Freizeit- und Grünbereich erhalten bleibt?“

Die abgegebenen Unterschriftenlisten enthielten 1.052 Unterschriften. Ferner waren auf der jeweiligen Unterschriftenliste die Fragestellung und eine Begründung zu der Frage abgedruckt. Weiter wurden auf ihr die Vertreter des Bürgerbegehrens und die jeweiligen Stellvertreter benannt.

Zur Begründung des Bürgerbegehrens wird auf der Unterschriftsliste ausgeführt: „Für die bislang unbebaute Wiese vor dem … liegt der Stadt … ein Bauantrag für den Bau einer staatlich geförderten Wohnanlage mit 24 Wohneinheiten vor. Um eine Baugenehmigung erteilen zu können, müssen hierfür der Bebauungsplan und der Flächennutzungsplan geändert werden. Die geplante Wohnanlage fügt sich hinsichtlich Umfang, Bauweise und Dachform nicht in die nähere Umgebung ein (ein Betonklotz mit 18 Tiefgaragenplätzen und 18 Stellplätzen auf der Grünfläche). Bei den Abständen zu den Nachbarn werden die minimalst zulässigen Abstände zu Grunde gelegt. Die Zufahrt zur geplanten Wohnanlage soll voraussichtlich über den … erfolgen, so dass dieser stark beeinträchtigt und eventuell ganz wegfallen würde. Die Verkehrs- und Parksituation im … und im … ist unserer Meinung nach für so eine umfangreiche Bebauung nicht ausgerichtet.“

Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 3. Januar 2018 lehnte die Antragsgegnerin die Zulassung dieses Bürgerbegehrens aufgrund des Beschlusses ihres Gemeinderats vom 20. Dezember 2017 ab. Das Bürgerbegehren sei nicht auf ein rechtmäßiges und vollziehbares Ziel gerichtet. Es könne so verstanden werden, dass es sich auf jede Art der baurechtlichen Zulassung beziehe. Ein Bürgerbegehren könne sich jedoch nur auf die im eigenen Wirkungskreis (Art. 18a Abs. 1 GO) stehende Bauleitplanung richten. Die Erteilung der Baugenehmigung liege als Vollzug staatlichen Rechts im übertragenen Wirkungskreis (Art. 9 GO, Art. 34 und 54 Abs. 1 BayBO, § 1 Nr. 1 GrKrV) und sei einem Bürgerentscheid nicht zugänglich. Unter der Annahme, dass sich die mit Ja oder Nein zu beantwortende Fragestellung auf die Bauleitplanung beziehen solle, wäre bei der Festlegung auf maximal 12 Wohnungen und Erhalt des Platzes eine angemessene und sachgerechte Abwägung diesbezüglich ausgeschlossen und der Bebauungsplan verstieße schon deshalb gegen das Abwägungsgebot.

Dem Stadtrat verbliebe damit kein Planungsspielraum von substanziellem Gewicht mehr. Der von den Antragstellern beauftragte Rechtsanwalt habe mit Schreiben vom 20. Dezember 2017 vorgetragen: „es werden maximal 12 Wohnungen festgesetzt. Hinsichtlich der Größe der baulichen Anlage verbleibt der Stadt … dann ein weiterer Abwägungsspielraum. Diese ist nicht Gegenstand des Bürgerbegehrens.“ Weiter habe er ausgeführt: „… da es den Bürgern auf die konkrete Größe der baulichen Anlage offensichtlich nicht ankommt.“ Hiermit werde suggeriert, dass bei einer Beschränkung auf 12 Wohneinheiten es dem Bürgerbegehren entspreche, wenn ein größerer und höherer Bau entstehen würde. Dem widersprechen sowohl die Homepage der Antragsteller, als auch die Ausführungen auf der Unterschriftenliste. Die Unterzeichner des Begehrens erklären, dass sich die geplante Wohnanlage hinsichtlich Umfang und Bauweise nicht einfüge und dass ein „Betonklotz“ entstehe. Plakativ werde von Unterstützern des Bürgerbegehrens auch von einem „Monsterbau“ gesprochen. Die Reduktion auf maximal 12 Wohnungen solle demnach unzweifelhaft und primär der mit ihr einhergehenden Verkleinerung der Kubatur des Bauwerks dienen. Eine darüber hinausgehende städtebauliche Zielsetzung sei mit der Beschränkung erkennbar nicht verbunden.

Mit der zusätzlichen Festlegung auf den Erhalt des Platzes, der im derzeit gültigen Bebauungsplan schon als öffentliche Verkehrsfläche ausgewiesen sei, wäre der Stadtrat gebunden und dürfte die angedachte Zufahrt zu der Wohnanlage über den Platz nicht führen. Die in der öffentlichen Diskussion und auch vom anwaltlichen Vertreter vorgebrachte alternative Erschließung über den Parkplatz am … und das angrenzende Wohnbaugrundstück stelle keine rechtliche und faktische Möglichkeit dar, dort im neuen Bebauungsplan die Zufahrt vorzusehen. Die Stadtpfarrkirchenstiftung habe sich nicht bereiterklärt, die Zufahrt entlang der beiden Mehrfamilienhäuser zu ermöglichen. Die Forderung der … müsse in seiner bisherigen Funktion erhalten bleiben, sei daher nicht umzusetzen, es sei denn man ließe auf der Wiese überhaupt keine Bebauung zu. Dies wiederum würde eine unzulässige Negativplanung darstellen. Auf den Inhalt des Bescheides wird ergänzend Bezug genommen.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 23. Januar 2018 erheben die Antragsteller Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 3. Januar 2018. Mit weiterem Schreiben vom 5. Februar 2018 beantragen die Antragsteller (zunächst) eine gerichtliche Zwischenregelung sowie Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verurteilt, sämtliche Maßnahmen im Rahmen des Bauleitplanverfahrens zur 4. Änderung des Bebauungsplans „…“, die dem am 4. Dezember 2017 eingereichten Bürgerbegehren „Bebauung der Grünfläche am …“ zuwider laufen können, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache (Az.: AN 4 K 18.00158) über die Zulassung dieses Bürgerbegehrens zu unterlassen, insbesondere die öffentliche Auslegung nach § 3 Abs. 2 BauGB nicht vorzunehmen, keine Behandlung von Einwendungen durchzuführen (Abwägungsentscheidung), keinen entsprechenden Satzungsbeschluss zu fassen und/oder diesen nicht öffentlich bekannt zu machen.

Zur Begründung stellt der anwaltliche Vertreter der Antragsteller zunächst den Sachverhalt dar, wobei er die Funktion des … als Spiel Platz, Ruheraum, grüne Lunge und Mittelpunkt der Siedlung betont. Im derzeit geltenden Bebauungsplan sei keine Erschließung, sondern vielmehr ein Lärmschutzwall mit Bepflanzung festgesetzt.

Den Antragstellern stehe ein Anordnungsanspruch in Form eines Anspruchs auf Unterlassung sämtlicher Maßnahmen im Rahmen des Bauleitplanverfahrens zur 4. Änderung des Bebauungsplans „…“, die dem am 4. Dezember 2017 eingereichten Bürgerbegehren „Bebauung der Grünfläche am …“ zuwiderlaufen können, mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu, da ein entsprechendes Hauptsacheverfahren auf Zulassung dieses Bürgerbegehrens unter gleichzeitiger Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 3. Januar 2018 erfolgreich sein werde. Des Weiteren bestehe die Gefahr, dass durch die Fortführung des Bauleitplanverfahrens, insbesondere durch die angekündigte öffentliche Auslegung, die Rechte der Antragsteller vereitelt werden.

Der Anordnungsanspruch ergebe sich letztendlich daraus, dass das eingereichte zulässige, aber abgelehnte Bürgerbegehren andernfalls leerlaufen würde, wodurch ihr Recht auf Zulassung des eingereichten Bürgerbegehrens verletzt werden würde. Die formellen Voraussetzungen zur Zulassung des eingereichten Bürgerbegehrens liegen vor. Insbesondere handele es sich um eine inhaltlich hinreichend bestimmte Fragestellung, die mit Ja oder Nein zu entscheiden sei. Das Bürgerbegehren verstoße nicht gegen das in Art. 18a Abs. 4 GO verankerte Koppelungsverbot, obwohl es letztlich zwei Fragen miteinander verknüpfe. Entscheidend sei, dass diese Fragen bei objektiver Betrachtung vorliegend innerlich zusammenhängen und eine einheitlich abgrenzbare Materie bilden (VGH München, U.v. 28.5.2008, Az. 4 BV 07.1981). Beide Teile der Frage betreffen ein und dasselbe Bauvorhaben. Beide Teile können letztlich nur einheitlich beantwortet werden, wenn auch die individuelle Betroffenheit bzw. Interessenlage des einzelnen abstimmenden Bürgers unterschiedlich sein könne. Dies sei hinzunehmen, da eine einheitliche Regelung der Materie vorliege (vgl. VGH München, U.v. 28.5.2008, Az. 4 BV 07.1981). Die Fragestellung sei auch inhaltlich hinreichend bestimmt, da der Bürger erkennen könne, für oder gegen was er seine Stimme abgibt, also welchen Inhalt die spätere durch den Bürgerentscheid herbeizuführende Entscheidung haben wird (vgl. Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Ziff. 13.04, S. 11 f.). Dies sei aus der hiesigen Fragestellung klar erkennbar. Es werde ausreichend deutlich, dass der Bürger mit seiner Unterschrift für eine Bebauung der bislang unbebauten Wiese mit 12 statt 24 Wohneinheiten bei Erhalt des … stimmt. Unklarheiten werden jedenfalls durch Lektüre der Begründung behoben. Daraus werde nämlich nochmals deutlich, was andernfalls mit dem Platz geschehen solle. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass an die sprachliche Abfassung der Fragestellung keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen. Das Rechtsinstitut des Bürgerbegehrens bzw. des Bürgerentscheids sei so angelegt, dass die Fragestellung von Gemeindebürgern ohne besondere verwaltungsrechtliche Kenntnisse formuliert werden solle. Die Notwendigkeit der Auslegung des Inhalts der Frage stehe der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens daher nicht im Wege (VGH München, U.v. 19.2.1997, Az. 4 B 96.2928).

Das Bürgerbegehren enthalte überdies eine ordnungsgemäße Begründung im Sinne des Art. 18a Abs. 4 GO. Zutreffend sei zunächst der 1. Teil der Begründung, dass der Antragsgegnerin für die bislang unbebaute Wiese vor dem … ein Bauantrag für den Bau einer staatlich geförderten Wohnanlage mit 24 Wohneinheiten vorliege. Hieran habe die Antragsgegnerin im Bescheid vom 3. Januar 2018 in Ziffer e) keine Zweifel geäußert und es wäre auch unschädlich, wenn nur eine Bauvoranfrage vorliege. Fest stehe, dass es konkrete Gespräche zwischen der Antragsgegnerin und der Bauherrin, der …, über die Realisierung des Bauvorhabens gebe. Zutreffend sei auch der nachfolgende Teil der Begründung, dass der Bebauungsplan und der Flächennutzungsplan geändert werden müsse, um eine Baugenehmigung erteilen zu können. Denn bisher sei das Gebiet als „Gemeinbedarfsfläche für kirchliche Zwecke mit Kindergarten“ ausgewiesen. Eine Wohnanlage könne daher dort nicht genehmigt werden. Die weitere Äußerung in der Begründung, dass sich die geplante Wohnanlage hinsichtlich Umfang, Bauweise und Dachform nicht in die nähere Umgebung einfüge, sei hingegen keine Tatsachenbehauptung, sondern vielmehr eine Meinungsäußerung bzw. subjektive Bewertung der bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Bauvorhabens. Solche subjektiven Bewertungen in der Begründung eines Bürgerbegehrens stellen aber dessen Zulässigkeit nicht infrage. In einem solchen Fall obliege es vielmehr den gewählten Gemeindeorganen, in der politischen Debatte argumentativ dagegen zu halten (Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Ziff. 13.04, S. 22). Selbst wenn man hierin eine Tatsachenbehauptung sehen wolle, so sei es ohne weiteres zulässig und unschädlich, wenn Tatsachenmitteilungen und Erläuterungen im Sinne des politischen Anliegens gefärbt seien. Es handele sich um ein Mittel des politischen Meinungskampfes (vgl. Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Ziff. 13.04, S. 19). Wahre Tatsache sei weiter, dass die Zufahrt zur geplanten Wohnanlage voraussichtlich über den … erfolgen solle. Dass dadurch dieser Platz stark beeinträchtigt und eventuell ganz wegfallen würde, sei wiederum eine subjektive Bewertung dieser Erschließungsvariante und habe daher keine Auswirkungen auf die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens. Im Übrigen treffe diese Überlegung aber auch zu, da der Platz bei Nutzung als öffentliche Verkehrsfläche eben nicht mehr als Erholungs-, Freizeit- und Grünbereich erhalten bleiben könne. Subjektive Bewertung sei auch der letzte Satz der Begründung, wonach die Verkehrs- und Parksituation im … und dem …für so eine umfangreiche Bebauung nicht ausgerichtet sei. Dies bringe auch der Zusatz „unserer Meinung nach“ zum Ausdruck. Damit sei zu konstatieren, dass die Begründung den Anforderungen des Art. 18a Abs. 4 GO genüge, zutreffende Tatsachenmitteilungen enthalte und allenfalls teilweise gefärbt sei. Jedenfalls seien aber die tragenden Elemente der Begründung richtig (vgl. OVG NRW, U.v. 23.4.2002, Az. 15 A 5594/00). Im Übrigen enthalte sie subjektive Bewertungen bzw. Meinungsäußerungen, die auf die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens keinen Einfluss haben.

Weiter liegen auch die materiellen Voraussetzungen für die Zulässigkeit vor. Das Bürgerbegehren habe das Bauleitplanverfahren und damit eine Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises zum Gegenstand. Lege man die Fragestellung zusammen mit der Begründung des hiesigen Bürgerbegehrens aus, so werde daraus deutlich, dass der Wille des Bürgers darauf abziele, auf das Bauleitplanverfahren Einfluss zu nehmen. Dies ergebe sich aus der Begründung, wonach der Antragsgegnerin ein Bauantrag vorliege und weiter das für die Erteilung einer entsprechenden Baugenehmigung eine Änderung des Bebauungs- und Flächennutzungsplanes erforderlich sei.

Entgegen der Auffassung der Beklagten verfolge das hiesige Bürgerbegehren kein unzulässiges Ziel. Es könne insbesondere nicht aus einem Verstoß gegen das in § 1 Abs. 7 BauGB verankerte Abwägungsgebot gesehen werden, weil das Bürgerbegehren auf eine Bebauung der Grünfläche mit maximal 12 Wohnungen und den Erhalt des … in seiner bisherigen Art und Funktion gerichtet sei. Dies stelle auch keine unzulässige Negativplanung dar. Mit der Maßgabe die streitgegenständliche Wiese mit maximal 12 Wohneinheiten zu bebauen werde nicht der zulässige Bereich der Rahmenfestlegungen überschritten. Es handele sich um einen Eckpunkt für die gemeindliche Abwägung. Es bleibe der Antragsgegnerin unbenommen weniger als 12 Wohneinheiten zuzulassen. Maßgaben, Zielsetzungen, aber auch Eckwerte verstoßen nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes nicht gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB, wenn nur Rahmenfestlegungen betroffen sind, die einem Planungsspielraum von substantiellen Gewicht belassen und genügend Alternativen zur Abwägung der konkreten Belange offenhalten (VGH München, U.v. 28.7.2005, Az. 4 CE 05.1961). Unschädlich sei damit auch, wenn mit der Reduktion auf maximal 12 Wohnungen möglicherweise auch eine Verkleinerung der Kubatur des Bauwerks einhergehe. Das Bürgerbegehren habe hinsichtlich der Größe keine Vorgaben oder Obergrenzen festgelegt. Der vorstehend zitierten Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes lag auch ein vergleichbarer Sachverhalt zu Grunde. Dort ging es um die Festlegung einer Höchstgrenze für Bruttonutzfläche, Geschossflächenzahl und Verkaufsfläche. Die Fragestellung in diesem Fall lautete: „sind Sie dafür, dass bei der Bebauung der Grundstücke […] höchstens 6.000 m² Bruttonutzfläche, höchstens Geschoßflächenzahl 2 und höchstens 15.000 m² (Gesamt) Verkaufsfläche zugelassen werden?“ Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe hierin keinen Verstoß gegen das Abwägungsgebot erblicken können und trotz der Vorgaben in Form von Obergrenzen noch eine verbleibenden Planungsspielraum von substantiellen Gewicht und genügend Alternativen zur Abwägung der konkreten Belange gesehen. Die Festlegung solcher Höchstgrenzen beinhalte nicht von vornherein eine Selbstbindung, dass eine Abwägung in keinem Fall mehr in sachgerechter Weise vorgenommen werden könne. Dies könne auch nicht in dem Ziel des Erhalts des … gesehen werden. Die Antragsgegnerin begründe dies in ihrem Bescheid vom 3. Januar 2018 damit, dass es keine Alternative zur Erschließung der Zufahrt zur Wohnanlage über diesen Platz gebe. Dabei verkenne sie jedoch, dass auch eine Erschließung über den … und von da aus über das Grundstück Fl.-Nr. …, auf dem sich bereits ein Parkplatz befinde, sowie die Grundstücke der Hausnummern … und … möglich wäre. Letzteres Grundstück befinde sich ebenfalls - wie die zu überplanende Wiese - im Eigentum der katholischen Stadtpfarrkirchenstiftung … Dem stehe auch nicht entgegen, dass diese nach dem Vortrag der Antragsgegnerin beabsichtige, den mit der Wohnanlage zu bebauenden westlichen Teil des Grundstückes abzuteilen und an den Bauherrn der Wohnanlage zu veräußern. Zum einen hatten die Antragsteller bisher keine Kenntnis hierüber und zum anderen handele es sich lediglich um eine Absicht. Die Eigentümerin könne sich der Erschließung über das Grundstück auch nicht ohne weiteres entziehen. Das Verhalten der Stadtpfarrkirchenstiftung würde im Übrigen auch Treu und Glauben widersprechen, wenn sie sich zunächst für das Baurecht des Grundstückes einsetze und sich dann der Erschließung durch Veräußerung einer Teilfläche entziehe. Im Übrigen sei die städtebauliche Erforderlichkeit auch nicht abhängig von zivilrechtlichen Eigentumsverhältnissen. Die Erschließung über den … müsse daher nicht zwingend erfolgen. Ferner gehe auch der Einwand der Antragsgegnerin fehl, dass der Platz im derzeit gültigen Bebauungsplan schon als öffentliche Verkehrsfläche ausgewiesen sei. Dies treffe zwar zu. Jedoch sehe dieser Plan keine Erschließung des Grundstücks Fl.-Nr. … über diese Fläche vor. Das Bürgerbegehren möchte lediglich den Erhalt des Platzes in seiner jetzigen Art und Funktion erreichen und mithin solle die Erschließung über ein anderes Grundstück erfolgen. Eine Negativplanung sei damit nicht verbunden.

Schließlich sei auch ein Anordnungsgrund gegeben. Die Antragsgegnerin beabsichtige die Fortsetzung des Bauleitplanverfahrens mit der öffentlichen Auslegung der 4. Änderung des Bebauungsplanes … zwischen dem 12. Februar 2018 und dem 16. März 2018. Zudem würde nach der öffentlichen Auslegung jedenfalls Planreife im Sinne des § 33 BauGB vorliegen, sodass das Bauvorhaben auch bereits vor Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses genehmigt werden könnte. Gleichzeitig sei eine Entscheidung in der Hauptsache über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens „Bebauung der Grünfläche am …“ überhaupt nicht absehbar. Sollte das Bürgerbegehren daher in der Hauptsache zugelassen werden, bestünde die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass dieses gleichwohl leerliefe.

Mit Schriftsatz vom 9. Februar 2018 beantragt die Antragsgegnerin, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung kostenpflichtig abzuweisen.

Der Antrag sei unzulässig. Die Antragsteller können darüber hinaus weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft machen. Das eingereichte Bürgerbegehren sei aus verschiedenen tatsächlichen sowie rechtlichen Gründen nicht zuzulassen, so dass keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Obsiegen der Antragsteller im Hauptsacheverfahren bestehe.

Der Inhalt einer Sicherungsanordnung dürfe nach Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes nicht über den Umfang der gesetzlichen Sperrwirkung des Art. 18a Abs. 9 GO hinausgehen (VGH München, B.v. 30.12.2002, Az. 4 CE 02.2272). Im vorliegenden Fall bedarf es des umfassenden Eirechtsschutzes nicht, da kein schwerwiegender Eingriff in persönliche Rechtspositionen drohe. Die Zulässigkeit des Rechtsmittels sei somit nicht gegeben. Zur Geltendmachung eines vorbeugenden Unterlassungsanspruches bedürfe es eines qualifizierten Rechtsschutzbedürfnisses. Den Antragstellern müsste ein schwerwiegender Eingriff in geschützte Rechtspositionen drohen, sodass ein Abwarten und nachträgliche Rechtsschutz nicht zugewartet werden könne. Hierzu fehle ein substantiierter Vortrag. Die Antragsteller können sich im regulären Verfahren der Bauleitplanung einbringen und gegebenenfalls den Bebauungsplan einer gerichtlichen Prüfung im Rahmen des Normenkontrollverfahrens unterziehen. Zu keiner Zeit drohen schwerwiegende und irreversible Eingriffe in geschützte Rechtspositionen der Antragsteller.

Das Bürgerbegehren sei fehlerhaft begründet worden. Da die Begründung regelmäßig auch dazu diene, für das Bürgerbegehren zu werben, könne es in gewissem Umfang hinzunehmen sein, dass Tatsachenmitteillungen und Erläuterungen im Sinne des politischen Anliegens des Bürgerbegehrens „gefärbt“ seien. Die Grenze sei jedoch dann überschritten, wenn die Begründung in wesentlichen Punkten falsch, unvollständig oder irreführend sei. Hierbei komme es nicht darauf an, ob dem eine Täuschungsabsicht der Initiatoren des Bürgerbegehrens zugrunde liege (OVG Münster, U.v. 23.4.2002, Az. 15 A 5594/00 – juris Rn. 34). Es sollen lediglich Verfälschungen des Bürgerwillens vorgebeugt werden (VG Stuttgart, U.v. 17.7.2009, Az. 7 K 3229/08 – juris Rn. 121 m.w.N.). Vorstehendes gelte auch, wenn die Begründung der Bürger ein unzutreffendes oder unvollständiges Bild (defizitäres Bürgerbegehren vgl. VGH München, B.v. 16.4.2012, Az. 4 CE 12.517 – juris Rn. 25) vom maßgeblichen Sachverhalt vermittele (VG Ansbach, U.v. 6.7.2006, Az. AN 4 K 06.00437). Vorstehendes sei hier der Fall. Die Antragsgegnerin betreibe die Änderung des Bebauungsplanes …, um eine Wohnanlage mit 24 staatlich geförderten Wohneinheiten zu ermöglichen an einer Stelle, an der bisher im Bebauungsplan eine Gemeinbedarfsfläche für kirchliche Zwecke mit Kindergarten vorgesehen gewesen sei. Die Begründung des Bürgerbegehrens enthalte den Satz: „die geplante Wohnanlage füge sich hinsichtlich Umfang, Bauweise und Dachform nicht in die nähere Umgebung ein (ein Betonklotz mit 18 Tiefgaragenplätzen und 18 Stellplätzen auf der Grünfläche).“ Diese Formulierung suggeriere im gegebenen Kontext (Notwendigkeit der Änderung des Bebauungsplans und des Flächennutzungsplans), dass die Planänderungen nur erfolgen würden, um ein – an sich – rechtswidriges Verhalten zu ermöglichen. Tatsächlich füge sich das Bauvorhaben nach Art und Maß ein und wäre ohne weiteres zulässig, wenn das betreffende Grundstück einer Beurteilung nach § 34 BauGB zu unterziehen wäre. Die Beigeladene plane die Errichtung von 24 öffentlich geförderten Wohnungen auf drei Vollgeschossen mit insgesamt 34 Stellplätzen. Westlich und nördlich des geplanten Bauvorhabens befinden sich zweigeschossige Reihenhäuser bzw. Einfamilienhäuser mit zwei Geschossen. Östlich befinde sich eine 14 m hohe viergeschossige Anlage (…) mit Wohnungen in den Obergeschossen sowie gewerbliche Nutzung im Erdgeschoss (Frisör, Bäckerei etc.) und eine weitere dreigeschossige Wohnanlage (…). Weder nach Art der Nutzung (ausschließlich Wohnen) noch nach dem Maß (Bebauung unter Einhaltung der gesetzlichen Abstandsflächen und der Höhe nach niedriger als Nachbarhäuser) werde die geplante Wohnanlage einen Fremdkörper darstellen. So sehe es auch die Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Inneren in ihrer Stellungnahme vom 26. September 2017 zum Petitionsverfahren der Eheleute … gegen das geplante Vorhaben. Die Begründung des Bürgerbegehrens sei also in einem wesentlichen Punkt falsch, was das Begehren unzulässig mache.

Mit der Beschränkung auf maximal 12 Wohnungen bei Erhaltung des … in seiner jetzigen Funktion, werde ein gesetzwidriges Ziel verfolgt. Es ziele auf einen Eingriff in die durch § 1 Abs. 3 BauGB gewährleistete Planungsfreiheit der Gemeinde ab. Bürgerbegehren seien keine Instrumente zur Vermeidung unerwünschter oder rechtswidriger Planungen der Gemeinde. Insoweit müssen sich die Betroffenen auf die Inanspruchnahme der jeweils vorgesehenen Beteiligungsrechte im Bauleitplanverfahren verweisen lassen (OVG Saarlouis, B.v. 20.5.2011, Az. 2 B 198/11).

Würde sich der Stadtrat zum jetzigen Zeitpunkt, in dem das Änderungsverfahren erst begonnen habe und weder den Trägern öffentlicher Belange noch sonstigen Einwendungsführern Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde, bereits auf die Maxime „maximal 12 Wohnungen und Erhalt des Platzes“ festlegen, wäre eine angemessene und sachgerechte Abwägung diesbezüglich ausgeschlossen und der Bebauungsplan verstieße schon deshalb gegen das Abwägungsgebot. Dem Stadtrat verblieben kein Planungsspielraum mehr von substantiellem Gewicht. Der anwaltliche Vertreter habe mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2017 hierzu vorgetragen, dass hinsichtlich der Größe der baulichen Anlage der Stadt … ein weiter Abwägungsspielraum verbliebe, der nicht Gegenstand des Bürgerbegehrens sei. Den Bürgern käme es nicht auf die konkrete Größe der baulichen Anlage an. Diese Aussage stehe im Gegensatz zu den Veröffentlichungen der Initiatoren (nicht zuletzt auf der Homepage …). Sie lasse sich der Begründung des Begehrens ebenso wenig entnehmen wie der öffentlichen Diskussion hierzu, die zur Auslegung der Intention des Bürgerbegehrens heranzuziehen sei. Die Unterzeichner des Begehrens erklären, dass sich die geplante Wohnanlage nicht einfüge und ein „Betonklotz“ entstehe. Plakativ werde von den Unterstützern auch von einem „Monsterbau“ gesprochen. Die Reduktion auf 12 Wohnungen solle demnach unzweifelhaft und primär der mit ihr eingehenden Verkleinerung der Kubatur des Bauwerks dienen. Eine darüber hinausgehende städtebauliche Zielsetzung sei mit der Beschränkung erkennbar nicht verbunden. Aber auch am Ende eines Planänderungsverfahrens wäre ein Bürgerentscheid mit dem geplanten Inhalt unzulässig, da ein Bebauungsplan mit der Beschränkung auf 12 Wohnungen eine städtebaulich erwünschte und gesetzlich zulässige Nutzung des Grundstücks verhindere. Man könne durchaus auch die Auffassung vertreten, dass der Eigentümer auch ohne Änderung des Bebauungsplanes einen Anspruch auf eine Baugenehmigung habe, weil diese in Bezug auf das streitgegenständliche Grundstück teilweise funktionslos geworden sei. Das Grundstück liege in einer Umgebung, die vom Wohnen und bestimmten Gebäudehöhen geprägt sei. Auch hieran müsse sich die Planänderungen nun messen lassen. Auch jede andere Einschränkung der baulichen Nutzung durch die Planänderung verletze die Eigentümerin in ihren Rechten und wäre abwägungsfehlerhaft. Die Bauleitplanung habe die privaten und öffentlichen Belange abzuwägen. Dabei sei für die Antragsgegnerin die Schaffung von sozial geförderten und daher erschwinglichen Wohnraum in einem städtebaulichen und baurechtlich geeigneten Umfeld von höchster Priorität. Sie komme damit ihrer Verpflichtung nach, im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten tätig zu werden und die erforderlichen Flächen für den Wohnungsbau bereitzustellen. Da die Stadt auch gehalten sei Flächen zu sparen, sei die Nachverdichtung an einer geeigneten Stelle das richtige Mittel. Eine staatliche Förderung des Projekts sei nur möglich, wenn die Bebauung des Grundstücks –im Rahmen des baurechtlich Zulässigen – maximal ausgenutzt werde und im Übrigen das Projekt wirtschaftlich ausgeglichen sei. Nur dann entspreche es den Wohnraumförderungsbestimmungen 2012. Hierzu gehören insbesondere:

– Nr. 6: „zur Verringerung der Inanspruchnahme von Grund und Boden werden Maßnahmen vorrangig gefördert, die auf innerörtlichen Flächen erstellt werden oder die vorhandene Bausubstanz nutzen (Änderung oder Erweiterung von Gebäuden, Zweiterwerb), auf brachliegenden, ehemals baulich genutzten Flächen entstehen oder im Rahmen einer angemessenen Verdichtung und Ergänzung bestehender Siedlungsgebiete durchgeführt werden sollen“

– Nr. 22.1: „Die Gebäudeplanung soll das zulässige Maß der baulichen Nutzung des Grundstücks ausschöpfen“

– Nr. 13 Satz 3: „Die Maßnahme muss wirtschaftlich ausgeglichen sein.“

Die Stadt würde ihr eigenes Ziel, geförderten Wohnraum zu ermöglichen bei einer Beschränkung auf nur 12 Wohnungen nicht erreichen. Somit ist, anders als in dem vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof am 28. Juli 2005 entschiedenen Fall (Az. 4 CE 05.1961), eine Realisierung der städtebaulichen Ziele der Antragsgegnerin nach eine Bürgerentscheid mit der hier gegebenen Fragestellung nicht mehr möglich. Die abwägungsrelevanten privaten Belange der Anlieger werden durch die Einhaltung der nachbarschützenden Vorschriften gewahrt.

Bei dem … handele sich um eine teilweise befestigte Fläche auf städtischem Grund südlich des streitgegenständlichen Bauplatzes. Im westlichen Teil des Platzes befinde sich eine Grünfläche mit Kinderspielgeräten unter Bäumen, im Süden eine Baumreihe sowie Kfz-Stellplätze, angrenzend an die … Das Bauvorhaben solle mittels einer 3 m breiten Zufahrt von Süden erschlossen werden, die am östlichen Rand des Grundstücks entlang führt und dann weiter auf dem Baugrundstück selbst verläuft. Im nordwestlichen Bereich der Zufahrt wird eine ca. 5,50 m breite Ausweichbucht für den Begegnungsverkehr eingerichtet. Hiermit werde ein Teil des Platzes einer neuen, zusätzlichen Nutzung zugeführt. Das Bürgerbegehren wende sich dagegen und fordert den Erhalt des Platzes in seiner jetzigen Funktion. Hiermit bringen die Vertreter und Unterzeichner zum Ausdruck, dass der Platz unangetastet bleiben müsse. In der öffentlichen Diskussion wurde eine Alternative Zufahrt vom Osten her, über einen Parkplatz vorgeschlagen. Diese Zufahrt solle dann weitergeführt werden über das Grundstück der katholischen Stadtpfarrkirchenstiftung, das dort mit zwei Mehrfamilienwohnhäusern bebaut sei. Diese sei jedoch nicht bereit die Zufahrt entlang ihren Häusern zu dulden. Abgesehen davon komme die führende Zufahrt von Osten auch aus technischen Gründen nicht in Betracht, da die Kurvenwinkel beim Abbiegen vor Haus Nummer … zu eng wären. Zudem wäre sie auch deutlich länger als die jetzt geplante Zufahrt und müsse zudem auch breiter sein. Die geplante Zufahrt könne sich deshalb auf eine Breite von 3 m beschränken, weil für einen eventuellen Begegnungsverkehr zwischen Ausweichbucht … die Strecke frei einsehbar sei. Die Zufahrt vom N. Weg enthielt hingegen mehrere Kurven und müsse deshalb für den Begegnungsverkehr ausreichend breit sein. Für eine derart breite Straße und die entsprechend breiten Zufahrtsradien in den Kurven sei hier jedoch überhaupt kein Platz. Die einzig mögliche Zufahrt müsse also über den … führen und wäre auch dann nötig, wenn nur die vom Bürgerbegehren zugestandenen 12 Wohnungen entstünden. Die Kombination der Fragestellung „maximal 12 Wohnungen und Integrität des Platzes“ sei nur dann realisierbar, wenn keine einzige Wohnung gebaut werden würde. Dies verlange aber nicht einmal das Bürgerbegehren selbst. Im Übrigen stelle dies eine Verhinderung jeder Nutzung des Baugrundstückes dar. Es befinde sich dort schon jetzt eine Zufahrt, deren Befahren mit PKW und größeren Fahrzeugen durch das Aufstellen von Pfosten verhindert werde.

Mit Beschluss vom 7. Februar 2018 wurde der Vorhabensträger der geplanten Wohnbebauung beigeladen. Die Beigeladene führt mit Schreiben vom 8. Februar 2018 zunächst aus, der Platz könne auch zukünftig überlaufen werden. Es solle lediglich eine optische Abmarkierung der Zufahrt erfolgen. Diese Zufahrt befinde sich gerade auf der Ostseite des Platzes, die ohnehin nicht den Schwerpunkt von Erholungsnutzern des Platzes darstellen kann. Insoweit werde der Platz in einer etwaig vorhandenen Erholungsfunktion nicht wesentlich beeinträchtigt.

Die Begründung des Bürgerbegehrens sei fehlerhaft. Das Bürgerbegehren formuliert selbst: „Für die bislang unbebaute Wiese vor dem … liegt der Stadt … ein Bauantrag für den Bau einer staatlich geförderten Wohnanlage mit 24 Wohneinheiten vor.“ Dies sei bereits deshalb unrichtig, weil ein derartiger Bauantrag bisher nicht eingereicht worden sei. Auch eine Bauvoranfrage sei bisher nicht gestellt worden. Durch die hier gewählte Formulierung werde suggeriert, es bestünde ein unmittelbarer Entscheidungsdruck, der ein laufendes Baugenehmigungsverfahren gestalten müsse. Darüber hinaus liege ein weitaus gravierenderer Fehler im Wahrheitsgehalt vor. Durch die Formulierungen der Begründung werde suggeriert, die Planänderungen seien erforderlich, weil das Vorhaben andernfalls nach Umfang, Bauweise und Dachform nicht zulässig wäre. Das Vorhaben füge sich allerdings im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung in die Umgebung ein. Das Vorhaben bleibe mit seiner Höhenentwicklung sogar hinter der umliegenden Bebauung zurück. Unklar sei, ob die Art der baulichen Nutzung zulässig wäre – dies allerdings lediglich aufgrund des bislang bestehenden Bebauungsplanes und dessen gesonderter Festsetzung für die Fläche. Allein auf Grundlage des § 34 BauGB füge sich das Vorhaben in die Umgebung ein. Die Fragestellung suggerierte jedoch, dass aufgrund des Maßes der baulichen Nutzung ebenfalls ein Planänderungsbedürfnis bestehen würde. Dies stelle jedenfalls eine entscheidungserhebliche Unrichtigkeit der Begründung dar (vgl. hierzu ergänzend VG Regensburg, U.v. 17.10.2012, Az. RO 3 K 12.1097). Gerade die Intensität der Bebauung sei maßgeblicher Begründungshebel des Bürgerbegehrens. Zentrale Elemente der Begründung eines Bürgerbegehrens dürfen für dessen Zulässigkeit jedoch dem Richtigkeitsgebot nicht widersprechen (VGH München, B.v. 14.10.2014, Az. 4 ZB 14.707). Nach Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs seien Bürgerbegehren insbesondere auch dann unzulässig, wenn es die Rechtslage unzutreffend erläutere (VGH München a.a.O. sowie zuletzt U.v. 4.7.2016, Az. 4 BV 16.105).

Darüber hinaus sei die Frage selbst unzulässig. Die Antragsgegnerin könne einen Beschluss gemäß der Formulierung des Bürgerbegehrens gar nicht selbst fassen. Mit der Frage greife das Bürgerbegehren in den übertragenen Wirkungskreis ein, da lediglich eine Entscheidung bauordnungsrechtliche Art erzwungen werden solle. Hieraus leite sich keine planerische Komponente ab. Selbst wenn man eine geplante Änderung des Bauplanungsrechts annehme, so stelle das Bürgerbegehren auf eine reine Negativplanung in Form einer Verhinderungsplanung ab. Eine solche Verhinderungsplanung sei dann anzunehmen, wenn die planerische Festsetzung nur das vorgeschobene Mittel sei, um eine von der Gemeinde oder einem Grundstückseigentümer angedachte Nutzung zu durchkreuzen (VGH München, B.v. 13.10.2010, Az. 4 CE 10.2839). Die Begründung des Bürgerbegehrens enthalte lediglich Argumente gegen das Vorhaben und keine Argumente für den angeblichen Erholungscharakter der Fläche, die neu geplant werden soll. Jedenfalls ergebe sich die Unzulässigkeit daraus, dass der gegenständliche Platz die Funktion als Erholung-, Freizeit- und Grünbereich planungsrechtlich gar nicht aufweise. Die entsprechende Fläche sei seit Erlass des Bebauungsplanes aus den 1960er Jahren ein Baugrundstück. Es ergebe sich aus der vorliegenden Fragestellung nicht, wie die Funktion eines Platzes erhalten werden soll, der bislang diese Funktion in planerische Hinsicht gar nicht aufweise. Eine Neukonzeption dieser Planung ist in dem Bürgerbegehren wiederum weder angesprochen, noch kann diese konkludent in die Frage hineingelesen werden. Dies ergebe sich schon daraus, dass die Fragestellung eindeutig auf Erhaltung eines derzeitigen Zustandes abziele und keine Entwicklung beschreibe oder aufzeige. Darüber hinaus verletze das Bürgerbegehren das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB. Die bloße Angabe einer Anzahl von Wohnungen stelle keinen bauplanungsrechtlich tauglichen Inhalt eines Bebauungsplanes dar. Für die Frage einer Anzahl von Wohnungen ist denklogisch deren Zuschnitt entscheidend. Insoweit sei die von den Antragstellern zitierte Rechtsprechung des VGH München (Az. 4 CE 05.1961) eben gerade nicht einschlägig. Diese ziele nämlich auf eine bauplanungsrechtlich messbare Größe, auf die Geschossflächenzahl, ab. Die Anzahl der Wohnungen seien jedoch auf beliebige Geschoßflächenzahl zu realisieren.

Das Bürgerbegehren sei auf ein unzulässiges Ziel gerichtet. Dies gilt, soweit vorgetragen werde vordringliches Anliegen sei die Erhaltung des … Entgegen dem Vortrag der Antragsteller sei jedoch eine Erschließung über die Grundstücke des … nicht möglich. Die Stellplätze auf dem von der Antragstellerin erwähntem Parkplatzgrundstück (Flur-Nummer …) seien notwendige Stellplätze der Hausnummern … und … Sie können mithin einer Zufahrts Straße nicht weichen. Gleichzeitig sei eine Zufahrt an der dargelegten Stelle nicht realisierbar. Die Breite des zur Verfügung stehenden Fußweges, welche bislang dort verläuft, reiche nicht für eine Kraftfahrzeugerschließung aus. Dieser Fußweg verlaufe im südlichen Bereich gleichzeitig auch zwischen verschiedenen Grenzmauern, wodurch eine Verbreiterung derselben nicht möglich sei. Im weiter nördlichen Bereich des Parkplatzgrundstückes stehe hingegen eine Trafostation unmittelbar im Bereich des Fußwegflurstücks, sodass auch auf diese Weise keine Zufahrt erfolgen könne. Ohne die Beseitigung der Stellplätze könne aufgrund der fehlenden Zufahrtsradien für Kurven keine Erschließung erfolgen.

Soweit vorgetragen werde, das Bürgerbegehren richtet sich auf eine Reduktion der Kubatur im Rahmen des geförderten Mietwohnungsbaus, liege ebenfalls ein nicht durchsetzbares Ziel vor. Im Falle der Reduzierung der Bebauung wäre ein Vorhaben auf dem gegenständlichen Areal nur äußerst schwerlich, vermutlich sogar grundsätzlich nicht zu realisieren. Dies liege maßgeblich in der Wohnungsbauförderungssystematik des Freistaates begründet. Diese ergebe sich wie folgt: für den Grunderwerb und das Bauvorhaben werden auf Basis der einkommensorientierten Förderung des Schaffens von Mietwohnraums in Mehrfamilienhäusern im bayerischen Wohnungsbauprogramm Fördermittel beantragt. Rechtsgrundlage seien das bayerische Wohnraumförderungsgesetz und die Wohnraumförderungsbestimmungen 2012. Die Zuteilung dieser Fördermittel erfolge dabei nach verschiedenen Kriterien, die eine Eingruppierung und damit Zuteilungswahrscheinlichkeit eines Projektes berühren. Dabei gebe der Freistaat einen klaren Fördervorrang für Vorhaben aus, die Grund und Boden so gering als möglich beanspruchen. Ergänzt werde diese Maßgabe des Fördervorrangs durch eine Maßgabe der Förderfähigkeit in Ziffer 22.1 der WFB 2012: „die Gebäudeplanung soll das zulässige Maß der baulichen Nutzung des Grundstückes ausschöpfen.“ Damit hänge auch die Förderfähigkeit maßgeblich von dem ausschöpfen der baulichen Nutzungsmöglichkeiten eine Fläche ab. Vor diesem Hintergrund sei es nicht in beliebiger Weise möglich, das Maß der baulichen Nutzung für den Erhalt eine Forderung zu unterschreiten. Die Förderung des Freistaates, die auch in Ziffer 13 Satz 3 der WFB 2012 festschreibe, dass die Maßnahme wirtschaftlich ausgeglichen sein müsse, sieht explizit vor, das Vorhaben primär dann gefördert werden, wenn die Kosten der Baukunst und die sonstigen förderfähigen Kosten möglichst effektiv auf eine hohe Anzahl von geschaffenen Wohnungen entfallen. Die Umplanung auf eine geringere Wohnungszahl stehe nicht im freien Ermessen ohne die Förderfähigkeit eines Projektes zu gefährden.

Die Zulassung des Bürgerbegehrens würde denklogisch eine wesentliche Verzögerung des Vorhabens bedeuten. Diese Verzögerung sorge allerdings gleichzeitig dafür, dass eine entsprechende Umsetzung des Projekts mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr folgen kann. Dies ergebe sich aus den erheblichen Mehrkosten, die die Verzögerung auslösen würde und auch eine spätere Prüfung des gesamten Unterlagenmaterials auf Aktualität, Finanzierbarkeit und Fördermittelverfügbarkeit erfordern. Hinsichtlich des Hängeantrags haben die Antragsteller nicht dargetan, weshalb keine Möglichkeit zum sofortigen Erlass einer einstweiligen Anordnung bestehen sollte und der Sachverhalt nicht ausreichend überschaubar sei.

Mit Schriftsatz vom 16. Februar 2018 nahm die Antragstellerin erneut Stellung. Die Antragstellerin sei antragsbefugt, ein qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis nicht erforderlich. Dies gelte nur bei Rechtsschutz gegenüber drohenden Verwaltungsakten. Mit der öffentlichen Auslegung drohe die befürchtete Maßnahme tatsächlich. Der gesetzlich verankerte Anspruch auf Zulassung eines zulässigen Bürgerbegehrens gemäß Art. 18a GO könnte vollständig vereitelt werden. Die Beteiligungsmöglichkeiten der Antragsteller im Bauleitplanverfahren haben nicht die gleichen Wirkungen wie ein durchgeführter Bürgerentscheid, dem Entscheidungsqualität zukomme. Auch eine Änderung der Formulierung der Fragestellung komme nicht mehr in Betracht, da ein geändertes Begehren keinen Einfluss mehr auf das laufende Bauleitplanverfahren nehmen könne.

Die Unzulässigkeit der Fragestellung ergebe sich auch nicht daraus, dass der … die Funktion als Erholungs-, Freizeit- und Grünbereich planungsrechtlich gar nicht aufweise und dem Bürgerbegehren eine Neukonzeption hinsichtlich des Erhalts des Platzes nicht zu entnehmen sei. Zum einen sei der Platz entgegen des Vortrags der Antragsgegnerin kein Baugrundstück, sondern werde im aktuellen Bebauungsplan teilweise als öffentliches Grün und teilweise als öffentliche Verkehrsfläche ausgewiesen. Zum anderen sei eine entsprechende Ausweisung auch gar nicht erforderlich. Vielmehr komme auch eine konkludente Widmung in Betracht. Der Erhalt des Platzes soll entsprechend der konkludenten Widmung erfolgen.

Das beantrage Bürgerbegehren enthalte ferner eine ordnungsgemäße Begründung. In der Sitzungsniederschrift der 45. Sitzung des Stadtrates der Antragsgegnerin vom 27. September 2017 sei gleich an mehreren Stellen von einem Bauantrag die Rede. Die Antragsteller haben diese Informationen der Antragsgegnerin für ihr Bürgerbegehren zugrunde gelegt. Richtig sei weiter, dass die geplante Wohnanlage sich nicht hinsichtlich Umfang, Bauweise und Dachform in die nähere Umgebung einfüge. Bei der Äußerung handele es sich um ein Werturteil und nicht um eine Tatsachenbehauptung, das auf objektiven Kriterien, wie der prägenden Umgebungsbebauung, der Art und das Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche, beruhe. Im Übrigen sei die Behauptung auch auf Basis rechtlicher Kriterien als Tatsachenbehauptung zulässig, da das Vorhaben sich nicht einfüge. Das dreigeschossige Mehrfamilienhaus im Süden stelle einen Fremdkörper dar, das bei der Betrachtung der Umgebungsbebauung außer Acht gelassen werden könne. Der Erholungswert des Platzes werde ferner im Falle einer Erschließung wesentlich beeinträchtigt. Dies gelte selbst dann, wenn die Zufahrt nur auf der Ostseite des Platzes mit einer Breite von 3 m sein solle. Die Erhaltung des Brunnens als zentrales Element des Platzes wäre stark gefährdet und der Platz wäre nur noch zur Hälfte nutzbar. Des Weiteren würden 34 Stellplätze errichtet werden, so dass die Zufahrt auch entsprechend genutzt werden würde und so kein Erholungswert mehr vorliegen würde. Aus der Formulierung „voraussichtlich“ ergebe sich weiter, dass die Erschließung nicht endgültig feststehe. Die Behauptung, der Platz werde stark beeinträchtigt und falle evtl. ganz Weg, stelle eine zulässige Färbung dar.

Das Bürgerbegehren verfolge weder eine reine Negativplanung noch verstoße es gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB. Das Bürgerbegehren trage zwar lediglich Argumente gegen das geplante Vorhaben vor. Es müsse sich aber gerade aus der Begründung ergeben, wofür die Unterzeichner des Bürgerbegehrens eintreten. Die … kennen den Erholungscharakter der Fläche, so dass dieser nicht gesondert erläutert werden müsse. Es sei zweifelsfrei deutlich, wofür sich die Initiatoren einsetzen würden. Letztendlich können auch positive Planungsziele durch negative Beschreibung festgesetzt werden ohne dass damit eine reine Negativplanung einhergeht. Wenn mit der Festlegung der Anzahl der Wohnungen auf 12 deren Größe nicht feststehe, so verbleibe der Antragsgegnerin im Umkehrschluss ausreichend Abwägungsspielraum. Der Stadtrat könne sich auch zu Beginn des Planänderungsverfahrens auf 12 Wohnungen festlegen. Die Zahl der Wohnungen gehöre zum Maß der baulichen Nutzung, die eine konkrete Festsetzung zu Beginn der Planung ist. Eine Beschränkung der Bebauung auf 12 Wohnungen sei auch nicht deswegen inhaltlich unzulässig, weil eine städtebaulich erwünschte und gesetzlich zulässige Nutzung verhindert werde. Mit der Bauleitplanung solle eine städtebauliche Entwicklung geordnet und gelenkt werden. Dass bisher evtl. zulässige Nutzungen ausgeschlossen werden, sei Kehrseite der Bauleitplanung. Die Beeinträchtigung der Grundstückseigentümer sei Ausfluss der gemeindlichen Planungshoheit. Auch bei einer Reduzierung der Bebauung auf 12 Wohneinheiten können die Wohnraumförderungsbestimmungen 2012 erfüllt werden. Insbesondere richte sich das zulässige Maß der baulichen Nutzung nach dem Bebauungsplan. Mithin bestimme die Gemeinde was zulässig sein solle. Umgekehrt habe die Gemeinde nicht schon nach Nr. 22.1 der WFB 2012 das Maß der baulichen Nutzung auszuschöpfen. Die fehlende wirtschaftliche Ausgeglichenheit habe weder die Antragsgegnerin noch die Beigeladene ausreichend glaubhaft gemacht und dies werde auch ausdrücklich bestritten. Eine Erschließung über den … sei auch technisch möglich. Im Übrigen sehe auch der bisherige Bebauungsplan keine Erschließung über den … vor.

Die Antragsgegnerin nahm erneut Stellung mit Schreiben vom 20. Februar 2018. Das Vorliegen einer konkludenten Widmung werde bestritten. Durch die Planung der Zufahrt werde der Platz notwendigerweise in seiner Funktion / Nutzung verändert bzw. eingeschränkt werden. Die Zufahrt selbst stehe als reiner Fußgängerbereich dann nicht mehr zur Verfügung. Im Übrigen würde jede Art Erschließung die Funktion des Platzes ändern. Dies träfe auch bei der jetzt zulässigen Bebauung mit einem Gemeindezentrum / Kindergarten zu. Selbst dann wäre ein Erhalt des Platzes, wie ihn die Antragsteller fordern, nicht möglich.

Es treffe nicht zu, dass der Stadtrat auch eine andere Zahl als 12 Wohnungen festlegen könne. Nach dem Begehren wäre keine 13. Wohnung mehr im Gebäude möglich. Dies gelte selbst dann, wenn das Gebäude der Kubatur nach unverändert bliebe oder noch kleiner ausfiele. Damit werde deutlich, dass die Beschränkung auf die Höchstzahl von Wohnungen lediglich ein vorgeschobenes Planziel sei, um eine Reduzierung der Größe des Gebäudes gegenüber den bisherigen Planungen zu erreichen. Die vom Antragsteller zitierte Rechtsprechung zu der Beschränkung auf Nutzflächen von Verkaufsflächen (VGH München, B.v. 28.7.2005, Az. 4 CE 06.1961) sei mit dem vorliegenden Fall nicht zu vergleichen. Dort wurde direkt auf die Größe des Bauvorhabens Einfluss genommen. Vorliegend gehe es dagegen um die Anzahl der Wohnungen. Das Bürgerbegehren könne unter Berücksichtigung seiner Begründung dahingehend verstanden werden, dass die Unterzeichner mit einem Gebäude der derzeit geplanten Größe nicht einverstanden seien. In der Begründung werde ausdrücklich auf den Umfang der geplanten Wohnanlage Bezug genommen. Auch der Vortrag der Antragsteller gehe eindeutig dahin, die Größe des Vorhabens als nicht in die Umgebung passend zu qualifizieren. Eine Begrenzung der Zahl der Wohnungen sei im Bebauungsplan nur möglich, wenn städtebauliche Gründe dies erfordern. Diese sei nicht gegeben, wenn durch die Festsetzung der Höchstzahl der Wohnungen auf die Größe des Bauvorhabens Einfluss genommen werden solle. Vom Instrument des § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB könne nur Gebrauch gemacht werden, um eine unerwünschte Umstrukturierung der städtebaulichen Eigenart des Gebietes zu verhindern. Vorliegend könne von einer solchen strukturellen Änderung jedoch nicht ausgegangen werden. Eine dem Bürgerbegehren entsprechende Planfestsetzung wäre also rechtswidrig.

Die alternative Zufahrt über den … werde vorgeschlagen, um dem Vorwurf zu entgehen, das Bürgerbegehren richte sich auf ein unzulässiges Ziel, da mit dem Versagen der Zufahrt über den … eine Verhinderung jeglicher Bebauung einher ginge, die eine Erschließung bedürfe. Die Beseitigung von Stellplätzen sei der Antragsgegnerin auch aus rechtlichen Gründen nicht möglich, da das Grundstück Fl.-Nr. … in seinem gesamten Umfang mit einem Recht zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Wohnhauses … und … im Grundbuch belastet sei. Hierzu sei die entsprechende notarielle Urkunde in Vorlage gebracht worden. Dieser dürfe zeitlich unbefristet die Parkplatzfläche zum Abstellen von Kraftfahrzeugen durch die Bewohner und Besucher dieses Wohnhauses nutzen. Diese Rechtseinräumung sei erforderlich gewesen, um die erforderlichen Stellplätze nachzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 22. Februar 2018 ergänzen die Antragsteller ihr Vorbringen. Die Antragsgegnerin bestreite lediglich pauschal das Vorliegen einer konkludenten Widmung und behaupte jede Art der Erschließung des Baugrundstückes würde die Funktion des Platzes ändern. Das träfe auch bei der jetzt zulässigen Bebauung zu. Dies sei jedoch falsch, denn aufgrund der gültigen Fassung des Bebauungsplanes sei eine Erschließung über den Platz nicht vorgesehen. Im Übrigen folge aus dem Vortrag der Antragsgegnerin, dass sie selbst davon ausgehe, dass bei der Zufahrt über den Platz dieser notwendigerweise in seiner Funktion bzw. Nutzung verändert bzw. eingeschränkt werde.

Der Antragsgegnerin stehe ein Spielraum zwischen einer und 12 Wohnungen zu. Es sei zur Begrenzung der Anzahl von Wohnungen im Bebauungsplan nicht mehr erforderlich, dass dies aus „besonderen städtebaulichen Gründen“ zweckmäßig sei. Erforderlich sei es vielmehr, die Zweckmäßigkeit der Festsetzung aus der spezifischen städtebaulichen Situation des Gebietes abzuleiten, für das die Festsetzung gelten solle, sowie aus der Abschätzung der städtebaulichen Auswirkungen eine Veränderung in dem Gebiet selbst oder in anderen Gebieten die mit der Festsetzung verhindert werden solle. Dabei sei insbesondere an solche Gebiete zu denken, in denen unerwünschte Umstrukturierungen der städtebaulichen Eigenart des Gebietes verhindert werden sollen, ohne das zulässige Maß der baulichen Nutzung einzuschränken. Daher sei vorliegend eine Begrenzung zulässig, da die Umgebungsbebauung von 2-geschossigen Gebäuden geprägt werde. Darüber hinaus seien auch Mehrfamilienhäuser vorhanden, in denen sich aber maximal 11 Wohnungen befinden.

Es es sei diesseits zu keiner Zeit behauptet worden, dass die Stellplätze im Falle einer alternativen Erschließung wegfallen müssen. Einer Verlegung stehe auch die Grunddienstbarkeit zugunsten der Stadtpfarrkirchenstiftung nicht entgegen. In dem Lageplan aus der notariellen Urkunde, die mit dem Schriftsatz der Antragsgegnerin vorgelegt worden seien, seien aber sogar Stellplätze vor der Trafostation eingezeichnet, die bislang noch nicht realisiert worden seien. Angesichts dessen erscheint eine Verwirklichung möglich und rechtlich zulässig.

Die Antragsgegnerin ergänzte ihr Vorbringen mit Schriftsatz vom 26. Februar 2018. Entgegen ihrem bisherigen Vortrag gaben die Antragsteller in der mündlichen Verhandlung am 23. Februar 2018 nunmehr zu Protokoll, dass eine Erschließung über den … abwägungsfähig sei. Diese – offensichtlich aus rein prozesstaktischen Erwägungen verursachte – Erklärung vermag am objektiv zu ermittelnden Sinn und damit an der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens jedoch nichts zu ändern. Zur Beurteilung, ob das Bürgerbegehren unzulässig sei, weil es zu stark in den bauplanerischen Abwägungsprozess der Antragsgegnerin eingreife, kann nur das Bürgerbegehren nebst Begründung herangezogen werden und wie ein unbefangener Dritter sie verstehen würde. Es komme auf den objektiven Erklärungsinhalt an, wie er in der Formulierung und Begründung zum Ausdruck gebracht werde und von den Unterzeichnern verstanden werden konnte und musste. Subjektive Vorstellungen der Initiatoren des Begehrens bleiben außer Betracht. Der Sinneswandel der Antragsteller im Termin könne nicht mehr zur Auslegung herangezogen werden. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung sei die Einreichung des Bürgerbegehrens am 4. Dezember 2017. Zu dieser Auslegung seien auch die weiteren Umstände heranzuziehen, also vor allem die Stellungnahmen auf der Homepage des Antragstellers zu 1) bis zum Einreichungsdatum, die Leserbriefe der Initiatoren und die weitere von ihnen gesteuerte öffentliche Diskussion. Die Ablehnung jeglicher Zufahrt über den … sei das zentrale Anliegen der Initiatoren und ihrer Unterstützer. Sie wenden sich dagegen, dass der Platz verloren gehe, zerstört werde, dass kein Platz mehr da sei.

Die Antragsteller ergänzten ihr Vorbringen mit Schriftsatz vom 28. Februar 2018. Der Ortstermin habe bestätigt, dass der Platz in seiner jetzigen Funktion zerstört werden würde, wenn der Entwurf des Bebauungsplanes vollzogen werde. Die Erschließung solle mittig über den Platz geführt werden. Dies sei auch der Grund für die Initiierung des Bürgerbegehrens gewesen.

Der objektive Erklärungsinhalt des Bürgerbegehrens liege nicht darin, jegliche Zufahrt über den … abzulehnen. Dies ergebe sich bereits aus dem ausdrücklichen Wortlaut auf der Unterschriftenliste. Nach der Fragestellung solle eine Erschließung allenfalls so erfolgen, dass der Platz in seiner Art und Funktion erhalten bleiben könne. Nichts anderes könne aus der Begründung des Bürgerbegehrens gefolgert werden. Diese bringe lediglich die Befürchtung zum Ausdruck, dass bei der geplanten – mittigen – Zufahrt über den Platz die Beeinträchtigungs- bzw. Wegfallfolge eintreten würde. Der konkrete Planungsentwurf widerspreche dem Bürgerbegehren. Es könne nur so ausgelegt werden, dass die geplante mittige Zufahrt abgelehnt werde. Die alternative Erschließung über den … werde lediglich erläutert. Insoweit könne der Antragstellerin auch kein Sinneswandel unterstellt werden. Die Stadt stelle sich in Widerspruch zu ihrem eigenen Vortrag, soweit sie zunächst darlegt, dass zur Auslegung nur das Bürgerbegehren nebst Begründung heranzuziehen sei und weiter auf sonstige Unterlagen wie Leserbriefe, Internet-Veröffentlichen und die öffentliche Diskussion verweise.

Schließlich trug die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 1. März 2018 nochmals vor. Die Antragsgegnerin habe zu keinem Zeitpunkt die Zufahrt mittig über den öffentlichen Platz geplant. Tatsächlich befinde sich die geplante Zufahrt am östlichen Rand des städtischen Grundstückes Fl.-Nr. … Das Privatgrundstück Fl.-Nr. … (…) könne für die Zufahrt nicht in Anspruch genommen werden. Dies sei bereits in der mündlichen Verhandlung ausgeführt worden. Da die Antragsteller die vorgesehene Zufahrt ablehnen und Alternativen aus verschiedenen Gründen nicht zur Verfügung stehen, könne das geplante Vorhaben im Falle eines positiven Bürgerentscheides überhaupt nicht verwirklicht werden.

Vor Klageerhebung wendeten sich die Antragsteller mit Schriftsatz vom 23. Januar 2018 an die Antragsgegnerin mit der Aufforderung, jegliche Maßnahmen zu unterlassen, die dem Ziel des Bürgerbegehrens zuwiderlaufen würden. Dies wurde von der Antragsgegnerin mit Mail-Nachricht vom 24. Januar 2018 zurückgewiesen. Am 1. Februar 2018 wurde die öffentliche Auslegung der 4. Änderung des Bebauungsplanes am … in der Zeit vom 12. Februar 2018 bis zum 16. März 2018 bekannt gemacht. Am 23. Februar 2018 wurde ein gerichtlicher Augenschein am … sowie an der Wiese zu diesem durchgeführt. Am gleichen Tag fand im Ratssaal der Antragsgegnerin eine mündliche Verhandlung statt. In dieser erklärte die Antragstellerin unter anderem, dass die Zwischenregelung nur für den Fall nicht zeitnaher Entscheidung beantragt wurde sowie dass das Bürgerbegehren die Erschließung über den … nicht kategorisch ausschließt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten sowie auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

II.

Der Beschluss konnte in Folge der Übertragung aufgrund des gesetzlichen Regelfalls durch den Einzelrichter ergehen. Auch unter Berücksichtigung der mündlichen Verhandlung weist die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf und hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 6 Abs. 1 VwGO). Sie konnte insbesondere auf Grundlage der bestehenden Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs entschieden werden. Eine Rückübertragung der Streitsache auf die Kammer (§ 6 Abs. 3 VwGO) kam vorliegend nicht in Betracht.

Der zulässige Antrag ist begründet. Die Antragsteller werden in der Hauptsache mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einen Anspruch auf Zulassung des Bürgerbegehrens haben, da die Fragestellung insbesondere voraussichtlich weder auf ein unzulässiges Ziel gerichtet ist noch an einem rechtlich erheblichen Begründungsmangel leidet. Mit der drohenden Planreife nach § 33 BauGB wurde weiter ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Das Gericht hat daher die begehrte einstweilige Regelung im Sinne des § 123 VwGO antragsgemäß zu erlassen.

1. Das antragstellerische Begehren richtet sich darauf, Maßnahmen der Antragsgegnerin im Rahmen des laufenden Bauleitplanverfahrens, die der gerichtlich verfolgten Zulassung des Bürgerbegehrens (Az. AN 4 K 18.00158) entgegenstehen könnten, zu untersagen. Die Antragsteller fürchten, dass mit Blick auf die Planreife (§ 33 BauGB) vollendete Tatsachen geschaffen werden könnten. Soweit der Flächennutzungsplan geändert wird, ist dies nicht Gegenstand des Eilantrags.

Mit Blick auf die Argumentation der Antragsgegnerin, dass sich wegen einer möglichen Funktionslosigkeit des Bebauungsplanes eine Genehmigungsfähigkeit unter dem Gesichtspunkt des § 34 BauGB ergeben könnte, hätte man an die Erforderlichkeit einer weitergehenden Regelung diesbezüglich denken können. Dies konnte aber durch das Gericht auch unter dem Gesichtspunkt des § 88 VwGO nicht selbständig getroffen werden (ne ultra petita), da sich der Antrag ausdrücklich auf die Bauleitplanung bezieht. Es wird aber vorliegend davon ausgegangen, dass auch die Antragsgegnerin eine Baugenehmigung auf der Grundlage des § 34 BauGB nicht beabsichtigt, da sie ja offenkundig selbst die Bauleitplanung für erforderlich hält.

Der mit Blick auf den effektiven Rechtsschutz ursprünglich gestellte Antrag auf eine Zwischenregelung wurde nach dem in der mündlichen Verhandlung gemachten Vortrag lediglich vorsorglich gestellt und ist nicht zur selbständigen Entscheidungsreife gelangt.

2. Der Antrag ist zulässig. Der Antrag findet statt, da er sich auf eine einstweilige Anordnung zur Sicherung der in dem Klageverfahren AN 4 K 18.00158 begehrten Zulassung des Bürgerbegehrens richtet (§ 123 Abs. 1 VwGO). Die Antragsteller sind des Weiteren analog § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt, da sie möglicherweise einen Anspruch auf Zulassung des Bürgerbegehrens haben, der ohne die begehrte Anordnung vereitelt werden könnte.

Auch an dem Rechtsschutzbedürfnis der Antragsteller ist vorliegend nicht zu zweifeln: Die Antragsteller haben sich vor dem gerichtlichen Verfahren insbesondere an die Antragsgegnerin gewendet. Die Argumentation der Antragsgegnerin mit Blick auf das Erfordernis eines „qualifizierten Rechtsschutzbedürfnisses“ geht für das vorliegende Eilverfahren fehl.

3. Der zulässige Antrag ist auch begründet. Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands (Satz 1) die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO sind dabei sowohl der Anordnungsanspruch (lit. a), das heißt der materielle Anspruch, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz begehrt, als auch der Anordnungsgrund (lit. b), der sich insbesondere aus der Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Anordnung ergibt, nach § 920 Abs. 2 i.V.m. 294 Abs. 1 ZPO glaubhaft zu machen.

a) Die Antragsteller haben einen Anordnungsanspruch glaubhaft machen können, da die Kläger im Hauptsacheverfahren (Az.: AN 4 K 18.00158) mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einen Anspruch auf Zulassung des Bürgerbegehrens haben.

Nach derzeitigem Sachstand verstößt das Bürgerbegehren „Bebauung der Grünfläche am …“ mit seiner inhaltlich hinreichend bestimmten Fragestellung nicht gegen das Koppelungsverbot (1), das Bürgerbegehren hat eine Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises zum Gegenstand (2), die Fragestellung verfolgt ein zulässiges Ziel (3) und das Bürgerbegehren leidet schließlich auch nicht an einem beachtlichen Begründungsmangel (4).

(1) Die mit dem Bürgerbegehren formulierte Fragstellung verstößt mit überwiegender Wahrscheinlichkeit voraussichtlich nicht gegen das aus Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO folgenden Koppelungsverbot und die Fragestellung ist auch im Übrigen hinreichend bestimmt.

Nach Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO muss das Bürgerbegehren „eine“ Fragestellung enthalten. Die Zusammenfassung mehrere Teilfragen oder -maßnahmen zu einem einheitlichen Abstimmungsgegenstand ist zulässig. Verboten ist aber die Koppelung sachlich nicht zusammenhängender Materien in ein und derselben Fragestellung. Die aus dem Mitwirkungsrecht des Bürgers (Art. 7 Abs. 2 BV) folgende Abstimmungsfreiheit wäre beeinträchtigt, wenn über mehrere Regelungsvorschläge, die in keinem Sachzusammenhang stehen, nur „im Paket“ abgestimmt werden könnte. Es bestimmt sich nach materiellen Kriterien, wann verschiedene Einzelmaterien so eng aufeinander bezogen sind, dass sie in einem Bürgerbegehren gebündelt werden dürfen. Maßgeblich ist, ob die Teilfragen oder -maßnahmen nach objektiver Beurteilung innerlich eng zusammenhängen und eine einheitliche abgrenzbare Materie bilden (vgl. VGH München, U.v. 17.5.2017, Az. 4 B 16.856 – juris Rn. 27 f. m.w.N.).

Die beiden Teilfragen des Bürgerbegehrens stehen vorliegend in einem hinreichend engen sachlichen Zusammenhang. Es geht insgesamt um die Bauleitplanung für die Wiese am … in …, wobei Teilfrage 1 die Höchstzahl der zu planenden Wohnungen regeln will und die Teilfrage 2 auf eine Vorgabe für die Erschließung gerichtet ist. Nach einem weiten Verständnis geht es bei den Teilfragen um die Intensität der Nutzung des überplanten Gebiets.

Soweit vorgetragen wird, dass der Platz nach bisheriger Planung keine Funktion als Erholungsfläche aufweist und daher auch kein Erhalt einer solchen Funktion in Betracht kommen kann, steht dies der inhaltlichen Bestimmtheit der Fragestellung des Bürgerbegehrens nicht entgegen. Denn anhand der tatsächlichen Gestaltung des Platzes mit Spielgeräten und einem Brunnen kann der Bürger ohne weiteres davon ausgehen, dass der Platz der Allgemeinheit zur Verfügung steht, unabhängig von der weiteren planungsrechtlichen oder straßenrechtlichen Situation. Das Bürgerbegehren ist insoweit erkennbar auf den Erhalt eines „status quo“ gerichtet.

(2) Das Bürgerbegehren richtet sich auf die gemeindliche Bauleitplanung und damit auf einen Gegenstand, der dem eigenen Wirkungskreis der Antragsgegnerin zuzuordnen ist (Art. 18a Abs. 1, 7, 57 GO, Art. 83 Abs. 1 BV).

Nach Art. 18a Abs. 1 GO können Gemeindebürger über Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren). Die im eigenen Wirkungskreis liegende Planungshoheit der Gemeinden ist ferner nicht im Ausschlusskatalog des Art. 18a Abs. 3 GO enthalten. Nach der Rechtsprechung kann die kommunale Bauleitplanung Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein, wenn die weiteren Vorschriften des Baurechts eingehalten sind (VGH München, B.v. 13.12.2010, Az. 4 CE 10.2839 – juris. Rn. 28).

Dass die kommunale Bauleitplanung vorliegend lediglich ein Zwischenschritt zur Erteilung der Baugenehmigung eines konkreten Vorhabens ist, ist unschädlich. Die Bauleitplanung steht im Zusammenhang eines konkreten Vorhabens der Nachverdichtung. Die für dieses Vorhaben zu erteilende Baugenehmigung, für deren Erlass die Antragsgegnerin als Große Kreisstadt im übertragenen Wirkungskreis zuständig ist (Art. 9 GO, Art. 34 und 54 Abs. 1 BayBO, § 1 Nr. 1 GrKrV), muss sich an der Planung ausrichten, die der Bürger im Rahmen eines Bürgerentscheids (unter Einhaltung der rechtlichen Voraussetzungen) mitgestalten kann. Die Argumentation der Antragsgegnerin, wonach das Vorhaben planungsrechtlich auch auf Grundlage des § 34 BauGB genehmigt werden könnte, setzt sich in Widerspruch zu dem bereits eingeleiteten Bauleitplanverfahren, das die Antragsgegnerin damit selbst für erforderlich hält. Aufgrund der Erschließungssituation darf im Übrigen daran gezweifelt werden, ob die Beigeladene sich planungsrechtlich bereits auf § 34 BauGB (Abs. 1 Satz 1 am Ende: „…und die Erschließung gesichert ist…“) berufen könnte.

Im konkreten Fall ergibt sich aus der Kombination mehrerer anstehender Verwaltungsverfahren des eigenen (Bauleitplanung) und des übertragenen Wirkungskreises (Baugenehmigung) auch kein Begründungsmangel. Dieser läge insbesondere dann vor, wenn die Rechtslage unzutreffend dargestellt werden würde und das Begehren das mit der Unterschriftsleistung vermittelte Ziel nicht erfüllen kann (zu einem solchen Fall vgl. VG Ansbach, Az. AN 4 E 16.01861, B.v. 11.11.2016 – juris Rn. 54). Umgekehrt ist es hier so, dass im Rahmen eines Bürgerentscheids Einfluss auf die anschließende Baugenehmigung genommen werden kann.

(3) Die Antragsteller konnten weiter glaubhaft machen, dass das Bürgerbegehren nicht auf einen Verstoß gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB hinausläuft und damit nicht auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet ist.

Wie dargelegt können auch Fragen der Bauleitplanung zum Gegenstand eines Bürgerbegehrens gemacht werden, wenn die sonstigen baurechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Zulässig sind Grundsatzentscheidungen über die gemeindliche Planung mit Rahmenfestlegungen. Nicht zulässig sind hingegen konkrete Festsetzungen und Darstellungen, die die im Verfahren der Bauleitplanung erforderliche Abwägung unzulässig beschränken. Wird durch ein Bürgerbegehren ein positives Planungsziel verfolgt, so muss dem entscheidenden kommunalen Gremium noch ein Planungsspielraum und damit ein Abwägungsspielraum von substanziellem Gewicht verbleiben und genügend Alternativen zur Abwägung in der konkreten Planung offengehalten werden (VGH München B.v. 28.7.2005, Az. 4 CE 05.1961; U.v. 28.5.2008, Az. 4 BV 07.1981 m.w.N.).

Die Bestimmung der Grenze zwischen der zulässigen „Vorgabe eines Rahmens“ und der unzulässigen „Beschränkung des Abwägungsvorgangs selbst“ ist eine Frage des Einzelfalles (VGH München, B.v. 16.4.2012, Az. 4 CE 12.517 – juris Rn. 29). Auf Basis des Wortlauts der Fragestellung des Bürgerbegehrens soll darüber entschieden werden, ob die grüne Wiese am … mit 12 statt mit 24 Wohnungen überbaut werden soll und ob der Platz in seiner Funktion und Art als Erholungs-, Freizeit- und Grünbereich erhalten bleiben soll.

aa) Die Angabe einer Höchstzahl von Wohnungen in Wohngebäuden ist eine grundsätzlich zulässige Festsetzung im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB. Die Antragsgegnerin geht mit Blick auf die Funktion der Bauleitplanung fehl in der Annahme, dass durch eine entsprechende Festsetzung eine zulässige Nutzung verhindert wird. Vielmehr wird die zulässige Nutzung durch die Festsetzung gestaltet. Dabei ist zutreffend, dass unter dem Gesichtspunkt der Eigentumsgarantie für die Festsetzung einer Höchstzahl von Wohnungen im Hinblick auf die Erforderlichkeit und die Abwägung ein auf die Festsetzung bezogener städtebaulicher Grund erforderlich ist (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2017, § 9 Rn. 69).

Die Argumentation der Antragsgegnerin es sei für eine Beschränkung auf 12 Wohneinheiten kein städtebaulicher Grund zu erkennen erscheint nicht nachvollziehbar. Aufgrund der Situation des Grundstückes in einem Hinterliegerbereich, der Erschließungssituation, der (regelmäßigen) Anzahl der Wohnungen in den Nachbargebäuden und des Umstandes, dass größere Wohnhäuser in der Umgebung direkt an größeren Straßen liegen, zeichnen sich für das erkennende Gericht hinreichende städtebauliche Gründe ab.

Eine unzulässige Festsetzung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass mit dem Vorhaben der Beigeladenen soziale Wohneinheiten errichtet werden sollen. Für eine Abwägung entsprechender Belange erscheint auch nach Durchführung des Bürgerentscheids genügend Raum. Dass die Festsetzung einer Höchstzahl von Wohnungen unter dem Aspekt der sozialen Belange nicht möglich sein soll, ist auf Grund der Sachlage für das Gericht nicht erkennbar. Da die Kubatur des Gebäudes durch die Entscheidung nicht eingeschränkt wird, ist insbesondere auch eine Umplanung der Wohnungen zu größeren Einheiten denkbar. Auch insoweit dürfte mit Blick auf größere Familieneinheiten, wie sie insbesondere bei Flüchtlingsfamilien durchaus vorkommen, Bedarf bestehen. Der Antragsgegnerin verbleibt genügend Spielraum zur Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB.

Dass eine staatliche Förderung des Vorhabens schwieriger werden dürfte, dürfte lebensnah zu erwarten sein. Umgekehrt wird aber auch nicht von der Beigeladenen vorgetragen, dass die Förderung durch die Umplanung ausgeschlossen wird. Die Gemeinde gibt mit ihrer Bauleitplanung das Maß der baulichen Nutzung vor, so dass insoweit kein Wegfall der Förderung zu befürchten ist.

Die Festsetzung auf höchstens 12 Wohneinheiten erscheint unter Berücksichtigung des weiteren Umfeldes und des Umstandes, dass hier bisher ein Kindergarten errichtet werden sollte, auch mit Blick auf die Eigentumsgarantie nicht als unzulässige Verengung der Abwägung.

bb) Genügend Spielraum zur Abwägung lässt auch der zweite Teil der Fragestellung hinsichtlich des Erhalts des … Die Frage der Erschließung ist Bestandteil jedes Vorhabens. In wie weit bei der Erschließung auf anderweitige städtebauliche Belange Rücksicht zu nehmen ist, gehört zu den abwägungsfähigen Gesichtspunkten. Mit einem positiven Bürgerentscheid würde der Erhalt des Platzes zu einem planerischen Ziel werden, so dass auch sein Erhalt abwägungsfähiger Gesichtspunkt wird.

Die Teilfrage 2 ist nach Auslegung so zu verstehen, dass der Erhalt des … hinsichtlich „Funktion und Art“ ein abwägungsfähiges Ziel ist. Dies konnte mit Blick auf die widersprüchlichen Äußerungen der Initiatoren des Bürgerbegehrens auch in der mündlichen Verhandlung am 23. Februar 2018 klargestellt werden und die Antragsteller werden sich hieran – gerade auch mit Blick auf mögliche Schadensersatzansprüche nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 945 ZPO – auch festhalten lassen müssen.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Inhalt der Fragestellung durch Auslegung ermittelt werden kann (VGH München, 19.2.1997, Az. 4 B 96.2928). An die sprachliche Abfassung der Fragestellung dürfen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Das Rechtsinstitut Bürgerbegehren ist so angelegt, dass die Fragestellung von Gemeindebürgern ohne besondere verwaltungsrechtliche Kenntnisse formuliert werden können soll. Es kann deshalb notwendig sein und ist zulässig – wie bei Willenserklärungen und Gesetzen auch –, den Inhalt einer Frage durch Auslegung zu ermitteln. Bei der Auslegung hält die Rechtsprechung eine „wohlwollende Tendenz“ für gerechtfertigt, weil das Rechtsinstitut für die Bürger handhabbar sein soll, solange nur das sachliche Ziel des Begehrens klar erkennbar ist. Für die Auslegung gilt, dass nicht die subjektive, im Lauf des Verfahrens erläuterte Vorstellung der Initiatoren vom Sinn und Zweck und Inhalt des Bürgerbegehrens, sondern nur der objektive Erklärungsinhalt, wie er in der Formulierung und Begründung der Frage zum Ausdruck gebracht und von den Unterzeichnern verstanden werden konnte und musste, maßgeblich ist (vgl. auch VGH München, B.v. 25.6.2012, Az. 4 CE 12.1224 – juris Rn. 27 mit Bezug auf vorgenannte Entscheidung).

Nach der Teilfrage 2 soll „der … selbst in seiner jetzigen Funktion und Art als Erholungs-, Freizeit- und Grünbereich erhalten bleiben“. Für einen unbefangenen Unterzeichner des Bürgerbegehrens ist dies so zu verstehen, dass die geplante Bebauung den Platz möglichst unangetastet lassen soll. Mit einer solchen Zielvorgabe bleibt eine Gewichtung im Abwägungsvorgang aber möglich. Ein Fixpunkt ist damit nicht gesetzt, alternative Erschließungen bleiben betrachtbar.

In wie weit alternative Erschließungen, z.B. über den … technisch möglich sind (eventuell weil die Zufahrt entsprechend ausgestaltet werden kann und nur die notfallmäßige Erschließung über den … erfolgt) oder wegen der notariellen Sicherung von Parkplätzen rechtlich bzw. tatsächlich überhaupt möglich ist, braucht im Eilverfahren nicht entschieden zu werden. Denn aufgrund der Fragestellung des Bürgerbegehrens wäre auch eine Erschließung über den … grundsätzlich möglich, solange dieser in seiner jetzigen Funktion und Art erhalten bleibt.

Im Falle einer positiven Entscheidung wäre es vielmehr Aufgabe der Antragsgegnerin das planerische Ziel des Erhalts des Platzes entsprechend zu gewichten und gründlich mögliche Alternativen zu erwägen. Dies betrifft nicht nur die Frage der möglichen Erschließung über den …, sondern auch die Frage in wie weit der private Eigentümer des Flurstücks zur … in Anspruch genommen werden kann oder hierzu bereit ist. Auch eine Erschließung über den Platz – ähnlich wie bisher – erscheint mit einer entsprechenden Ausgestaltung vorstellbar. Das Gericht weist in diesem Zusammenhang – wie schon in der mündlichen Verhandlung – erneut darauf hin, dass es dem alltäglichen Bild in deutschen Innenstädten entspricht, wenn der Anliegerverkehr auch über öffentliche Verkehrsflächen stattfindet, die eigentlich nur dem Fußgängerverkehr eröffnet ist.

cc) Das Bürgerbegehren ist auch nichtunter dem Aspekt der Negativplanung auf ein bauplanungsrechtlich unzulässiges Ziel gerichtet.

Unter einer unzulässigen „Verhinderungs- oder Negativplanung“ wird eine Planung verstanden, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, ohne dass die nach den Darstellungen bzw. Festsetzungen zulässigen Nutzungen in Wirklichkeit gewollt sind, sondern nur vorgeschoben werden, um andere Nutzungen zu verhindern (VGH München, U.v. 19.11.2007, Az. 1 N 05.2521 – juris Rn. 25). Dabei ist zu berücksichtigen, dass mit jeder Regelung in einem Bauleitplan neben der zulassenden (positiven) Wirkung grundsätzlich auch eine ausschließende (negative) Wirkung verbunden ist. Eine Regelung ist selbst dann unbedenklich, wenn ihr Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht (BVerwG vom 18.12.1990 DVBl. 1991, 445). Im Übrigen können positive Planungsziele auch durch negative Festsetzungen erreicht werden (vgl. insgesamt VGH München, U.v. 24.4.2012, Az. 1 N 11.303 – juris Rn. 26 unter Verweis auf BVerwG U.v. 18.12.1990, DVBl. 1991, 445 und BVerwG, B.v. 27.1.1999, BayVBl. 1999, 410).

Dies zugrunde gelegt ist zunächst zu konstatieren, dass das Bürgerbegehren die bestehende Planung lediglich aufnimmt und modifiziert. Ein eigener planerischer Ansatz ist anhand dieses Umstandes nicht erforderlich, denn der Bezug ist die bereits bestehende Planung. Damit ist das Ziel die Errichtung von 12 sozialen Wohneinheiten bei weitgehendem Erhalt von Art und Funktion des … Soweit – wie angedeutet – es tatsächlich dem Wunsch einzelner Befürworter entspricht, eine Bebauung der Wiese am … – etwa durch Wegfall der Erschließungs- oder Förderungsmöglichkeit – ganz zu verhindern, konnte dies anhand der bestehenden Sachlage und auch unter Berücksichtigung der mündlichen Verhandlung, jedenfalls derzeit nicht hinreichend belegt werden und insoweit kann auf die bisherigen Ausführungen Bezug genommen werden. Nichts anderes ergibt sich daraus, dass die Antragsteller zugleich in der Nachbarschaft des Bauvorhabens wohnen.

(4) Die nach Art. 18 a Abs. 4 Satz 1 GO erforderliche Begründung hat verfassungsrechtlich gewisse Mindestanforderungen hinsichtlich ihrer Richtigkeit zu erfüllen. Der unterzeichnende Gemeindebürger muss Bedeutung und Tragweite der Unterschriftsleistung erkennen können. Dazu gehört, dass er durch den vorgelegten Begründungstext nicht in wesentlichen Punkten in die Irre geführt wird, insbesondere weil die maßgebliche Rechtslage unzutreffend und unvollständig dargelegt wird (VGH München, st. RSpr. z.B. U.v. 4.7.2016, 4 BV 16.105 – juris Rn. 27 f.). Die Begründung des Bürgerbegehrens erfüllt eine wichtige Informationsfunktion. Sie verdeutlicht den Unterzeichnern worauf sich die Fragestellung bezieht und welche Motive aus Sicht der Initiatoren für den angestrebten Bürgerentscheid maßgebend sind. Die Betreiber eines Bürgerbegehrens nehmen dabei am öffentlichen Meinungskampf teil und sind nicht zu einer ausgewogenen Erläuterung ihres Anliegens verpflichtet. Die um ihre Unterschrift gebetenen Gemeindebürger müssen sich vielmehr selbständig ein Urteil darüber bilden, ob sie die – in der Regel einseitig zugunsten des Bürgerbegehrens vorgebrachten Gründe – für stichhaltig halten oder ob sie sich aus zusätzlichen Quellen informieren wollen. Zu beanstanden ist die Begründung eines Bürgerbegehrens daher nur, wenn sie über eine bloß tendenziöse Wiedergabe hinaus einen entscheidungsrelevanten Umstand nachweislich falsch oder in objektiv irreführender Weise darstellt (VGH München, U.v. 17.5.2017, Az. 4 B 16.1856 – juris Rn. 35).

Auf Basis der von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze ist vorliegend kein Verstoß zu konstatieren. Soweit die Antragsgegnerin bemängelt, dass noch kein Bauantrag vorliegt, werden die Unterzeichner jedenfalls in die Irre geführt. Denn offensichtlich plant die Beigeladene die Bebauung der Fläche mit einer hinreichend konkreten Absicht, so dass die Antragsgegnerin selbst die Änderung der Bauleitplanung verfolgt.

Soweit die Antragsteller in dem Bürgerbegehren behaupten, das geplante Vorhaben füge sich nicht in die nähere Umgebung ein, handelt es sich um wertende Behauptung, deren Wahrheitsgehalt nicht an dem rechtlichen Begriff des Einfügens im Sinne des Bauplanungsrechts zu messen ist. Die Darstellung des geplanten Baus als Fremdkörper in der näheren Umgebung überschreitet auch unter Berücksichtigung des Begriffes „Betonklotz“ nicht die Grenzen des öffentlichen Meinungskampfes. Die Illegalität der Planung, der sich die Unterzeichner des Bürgerbegehrens mit bestimmten Festsetzungen entgegenstellen, wird nicht behauptet. Vielmehr wird auch hinsichtlich der Abstandsflächen die Aussage getroffen, sie seien „gerade noch zulässig“. Insgesamt soll damit die Argumentation der – nach Meinung der Antragsteller – zu intensiven Nutzung der Fläche unterstrichen werden.

Widersprüchlich erscheint diese Argumentation zunächst allerdings mit Blick auf die Fragestellung. Mit der Festsetzung einer Höchstzahl von Wohnungen wird der Baukörper nämlich nicht automatisch kleiner. Aber auch insoweit ist im Ergebnis kein Verstoß festzustellen. Der anwaltliche Vertreter hat in der mündlichen Verhandlung vom 23. Februar 2018 dargelegt, dass den Antragstellern die Festlegung eines Maßes der baulichen Nutzung wie sie in der VGH-Rechtsprechung aus dem Jahre 2005 als zulässig erachtet worden ist, als fachlich schwierig erschien. Die Antragsteller gehen aber davon aus, dass mit der Begrenzung der Anzahl der Wohnung auch eine Verringerung der Kubatur sein wird. Dies ist aus Sicht des Gerichtes nicht zu beanstanden. Die Erwartung der verringerten Kubatur ist nachvollziehbar, wenn auch nicht rechtlich zwingend.

Und schließlich bestehen nach derzeitigem Sachstand auch unter Berücksichtigung der Argumentation der Antragsgegnerin, dass der Erholungswert des Platzes durch die Zufahrt nicht wesentlich beeinträchtigt werde, keine durchgreifenden Bedenken an der Begründung des Bürgerbegehrens. Es ist zwar einerseits zutreffend, dass eine lediglich drei Meter breite Zufahrt an der Ostseite des Flurstücks geplant ist, auf dem auch der … liegt. Ebenfalls zutreffend ist allerdings die Aussage, dass der Platz für einen objektiven Betrachter ohne Kenntnisse der Flurgrenzen den Eindruck haben kann, dass der Platz „mittig“ durchschnitten wird, da jenseits der Ostgrenze der Flurstücks ein weiterer versiegelter Bereich anschließt, der optisch als Teil des Platzes wahrgenommen werden kann. Dies heißt zugleich, dass der Unterzeichner durch die Formulierung nicht in die Irre geführt wird.

b) Darüber hinaus haben die Antragsteller einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Aufgrund der drohenden Planreife (§ 33 BauGB) ist vorliegend eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand zu treffen. Denn auf Grundlage des § 33 BauGB könnte der Beigeladene eine Baugenehmigung erlangen und die Verwirklichung des möglichen Anspruchs auf Zulassung des Bürgerbegehrens wäre vereitelt oder zumindest wesentlich erschwert.

Hinsichtlich der Frage des § 34 BauGB kann auf die oben gemachten Ausführungen verwiesen werden.

4. Damit war dem Antrag stattzugeben. Die Antragsgegnerin hat nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, da die Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt hat und damit kein Prozessrisiko übernommen hat.

Der Streitwert ergibt sich § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und Nr. 22.6 des Streitwertkatalogs 2013. Da die Zwischenregelung nicht zur Entscheidung anstand, ergibt sich aus ihr keine Erhöhung des Streitwerts.

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Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 06. März 2018 - AN 4 E 18.00219 zitiert 17 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 920 Arrestgesuch


(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Baugesetzbuch - BBauG | § 1 Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung


(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten. (2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und d

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Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Baugesetzbuch - BBauG | § 9 Inhalt des Bebauungsplans


(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden: 1. die Art und das Maß der baulichen Nutzung;2. die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;2a. vom

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 6


(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn 1. die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und2. die Rechtssache keine grundsä

Baugesetzbuch - BBauG | § 3 Beteiligung der Öffentlichkeit


(1) Die Öffentlichkeit ist möglichst frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung, sich wesentlich unterscheidende Lösungen, die für die Neugestaltung oder Entwicklung eines Gebiets in Betracht kommen, und die voraussichtlichen Auswir

Baugesetzbuch - BBauG | § 33 Zulässigkeit von Vorhaben während der Planaufstellung


(1) In Gebieten, für die ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, ist ein Vorhaben zulässig, wenn1.die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2 und § 4a Absatz 2 bis 4 durchgeführt worden is

Zivilprozessordnung - ZPO | § 945 Schadensersatzpflicht


Erweist sich die Anordnung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt oder wird die angeordnete Maßregel auf Grund des § 926 Abs. 2 oder des § 942 Abs. 3 aufgehoben, so ist die Partei, welche die Anordnung er

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 17. Mai 2017 - 4 B 16.1856

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Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand   1 Der Kläger ist einer von drei Vertrauensleuten und zugleich Mitunterzeichner eines Bürgerbegehrens, mit dem

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(1) Die Öffentlichkeit ist möglichst frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung, sich wesentlich unterscheidende Lösungen, die für die Neugestaltung oder Entwicklung eines Gebiets in Betracht kommen, und die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung öffentlich zu unterrichten; ihr ist Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung zu geben. Auch Kinder und Jugendliche sind Teil der Öffentlichkeit im Sinne des Satzes 1. Von der Unterrichtung und Erörterung kann abgesehen werden, wenn

1.
ein Bebauungsplan aufgestellt oder aufgehoben wird und sich dies auf das Plangebiet und die Nachbargebiete nicht oder nur unwesentlich auswirkt oder
2.
die Unterrichtung und Erörterung bereits zuvor auf anderer Grundlage erfolgt sind.
An die Unterrichtung und Erörterung schließt sich das Verfahren nach Absatz 2 auch an, wenn die Erörterung zu einer Änderung der Planung führt.

(2) Die Entwürfe der Bauleitpläne sind mit der Begründung und den nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen für die Dauer eines Monats, mindestens jedoch für die Dauer von 30 Tagen, oder bei Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Dauer einer angemessenen längeren Frist im Internet zu veröffentlichen. Zusätzlich zur Veröffentlichung im Internet nach Satz 1 sind eine oder mehrere andere leicht zu erreichende Zugangsmöglichkeiten, etwa durch öffentlich zugängliche Lesegeräte oder durch eine öffentliche Auslegung der in Satz 1 genannten Unterlagen, zur Verfügung zu stellen. Die nach § 4 Absatz 2 Beteiligten sollen von der Veröffentlichung im Internet auf elektronischem Weg benachrichtigt werden. Die Internetseite oder Internetadresse, unter der die in Satz 1 genannten Unterlagen eingesehen werden können, die Dauer der Veröffentlichungsfrist sowie Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, sind vor Beginn der Veröffentlichungsfrist ortsüblich bekannt zu machen; in der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen,

1.
dass Stellungnahmen während der Dauer der Veröffentlichungsfrist abgegeben werden können,
2.
dass Stellungnahmen elektronisch übermittelt werden sollen, bei Bedarf aber auch auf anderem Weg abgegeben werden können,
3.
dass nicht fristgerecht abgegebene Stellungnahmen bei der Beschlussfassung über den Bauleitplan unberücksichtigt bleiben können und
4.
welche anderen leicht zu erreichenden Zugangsmöglichkeiten nach Satz 2 bestehen.
Der Inhalt der Bekanntmachung ist zusätzlich in das Internet einzustellen; die nach Satz 1 zu veröffentlichenden Unterlagen und der Inhalt der Bekanntmachung sind über ein zentrales Internetportal des Landes zugänglich zu machen. Die fristgemäß abgegebenen Stellungnahmen sind zu prüfen; das Ergebnis ist mitzuteilen. Haben mehr als 50 Personen Stellungnahmen mit im Wesentlichen gleichem Inhalt abgegeben, kann die Mitteilung dadurch ersetzt werden, dass diesen Personen die Einsicht in das Ergebnis ermöglicht wird; die Stelle, bei der das Ergebnis der Prüfung während der Dienststunden eingesehen werden kann, ist ortsüblich und über das Internet bekannt zu machen. Bei der Vorlage der Bauleitpläne nach § 6 oder § 10 Absatz 2 sind die nicht berücksichtigten Stellungnahmen mit einer Stellungnahme der Gemeinde beizufügen.

(3) Bei Flächennutzungsplänen ist ergänzend zu dem Hinweis nach Absatz 2 Satz 4 zweiter Halbsatz darauf hinzuweisen, dass eine Vereinigung im Sinne des § 4 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes in einem Rechtsbehelfsverfahren nach § 7 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes gemäß § 7 Absatz 3 Satz 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes mit allen Einwendungen ausgeschlossen ist, die sie im Rahmen der Veröffentlichungsfrist nicht oder nicht rechtzeitig geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) In Gebieten, für die ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, ist ein Vorhaben zulässig, wenn

1.
die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2 und § 4a Absatz 2 bis 4 durchgeführt worden ist,
2.
anzunehmen ist, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegensteht,
3.
der Antragsteller diese Festsetzungen für sich und seine Rechtsnachfolger schriftlich anerkennt und
4.
die Erschließung gesichert ist.

(2) In Fällen des § 4a Absatz 3 Satz 1 kann vor der erneuten Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung ein Vorhaben zugelassen werden, wenn sich die vorgenommene Änderung oder Ergänzung des Bebauungsplanentwurfs nicht auf das Vorhaben auswirkt und die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind.

(3) Wird ein Verfahren nach § 13 oder § 13a durchgeführt, kann ein Vorhaben vor Durchführung der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung zugelassen werden, wenn die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind. Der betroffenen Öffentlichkeit und den berührten Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange ist vor Erteilung der Genehmigung Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist zu geben, soweit sie dazu nicht bereits zuvor Gelegenheit hatten.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger ist einer von drei Vertrauensleuten und zugleich Mitunterzeichner eines Bürgerbegehrens, mit dem der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 erreicht werden soll. Mit der Klage begehrt er die Verpflichtung der Beklagten, die Zulässigkeit dieses Bürgerbegehrens festzustellen.
Das Projekt Stuttgart 21 steht im Zusammenhang mit dem Aus- und Neubau der Eisenbahnverbindung Stuttgart - Ulm für den Hochgeschwindigkeitsbetrieb als Teil einer in West-Ost-Richtung verlaufenden europäischen Magistrale zwischen Paris und Bratislava. Zentraler Bestandteil des Projekts ist die Neugestaltung des Hauptbahnhofs der Landeshauptstadt. An die Stelle des bestehenden 16-gleisigen Kopfbahnhofs soll ein achtgleisiger, tiefer gelegter und gegenüber der bisherigen Gleisanlage um 90° aus der Tal-Längsrichtung in die Tal-Querrichtung gedrehter Durchgangsbahnhof treten. Dieser Durchgangsbahnhof soll durch unterirdische Zulaufstrecken aus den Stadtteilen Zuffenhausen, Bad Cannstatt und Untertürkheim sowie einen 9,5 km langen sog. Fildertunnel angebunden werden. Mit den neuen Tunnelstrecken und einer neuen Neckarbrücke bei Bad Cannstatt entstünde eine Ringstrecke, die den Verkehrsknoten Stuttgart insgesamt leistungsfähiger machen soll. Die bisher vorhandenen Abstell- und Wartungsanlagen am Rand des Rosensteinparks sollen in den Güterbahnhof Untertürkheim verlegt werden. Auf diese Weise würden im Stuttgarter Talkessel etwa 100 ha bisherige Bahnflächen für eine andere städtebauliche Nutzung frei. Ab dem „Fildertunnel“ soll die Neubaustrecke neben der Bundesautobahn A 8 bis zu einem neuen Bahnhof Flughafen/Messe verlaufen, an dem Züge des Fern- und des Regionalverkehrs halten können. Zeitgleich mit dem Projekt soll zwischen Wendlingen und Ulm eine zweigleisige Neubaustrecke als Hochgeschwindigkeitsstrecke realisiert werden (NBS Wendlingen - Ulm).
Vorhabensträgerin des Projekts Stuttgart 21 sind die Deutsche Bahn AG bzw. ihr zugehörige Eisenbahninfrastrukturunternehmen (im Folgenden: Deutsche Bahn). An der Finanzierung beteiligen sich neben der Deutschen Bahn die Europäische Union, die Bundesrepublik Deutschland, das Land Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart, die Flughafen Stuttgart GmbH sowie die Beklagte.
Im Hinblick auf die Aspekte Verkehr, Ökologie, Stadtentwicklung, Denkmalschutz und Finanzen wird das Projekt Stuttgart 21 seit Jahren in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Im Vorfeld, u.a. im Raumordnungsverfahren, wurden zahlreiche Alternativkonzepte untersucht. Ein Alternativkonzept unter dem Namen Kopfbahnhof 21 sieht eine Sanierung und „Ertüchtigung“ des bisherigen Kopfbahnhofes vor.
Nach dem Raumordnungsverfahren hat die Vorhabensträgerin das Projekt Stuttgart 21 in verschiedene Planfeststellungsabschnitte aufgeteilt. Für den Kernbereich (Umbau des Hauptbahnhofs mit Talquerung sowie Innenring samt Zuführungen einschließlich Fildertunnel) liegen bestandskräftige eisenbahnrechtliche Planfeststellungsbeschlüsse des Eisenbahn-Bundesamtes vor. Mit Urteilen vom 06.04.2006 (5 S 596/05, 5 S 847/05 und 5 S 848/05, jeweils juris) hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Klagen des Landesverbandes Baden-Württemberg des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) und privater Eigentümer gegen den Umbau des Hauptbahnhofs (Planfeststellungsabschnitt 1.1) abgewiesen. In der Begründung heißt es, für den Umbau des Eisenbahnverkehrsknotens Stuttgart bestehe ein verkehrlicher Bedarf. Das Vorhaben sei aus den im Planfeststellungsbeschluss ausgeführten verkehrlichen Gründen - u.a. die Bereitstellung einer leistungsfähigen Schieneninfrastruktur, die Einbindung des Verkehrsknotens in das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz, die Verknüpfung mit dem Landesflughafen, die Anbindung der Filderregion und der neuen Messe - planerisch gerechtfertigt. Die von den Gegnern des Projekts befürwortete Beibehaltung und „Ertüchtigung“ des Kopfbahnhofs dränge sich im Rahmen der planerischen Abwägung der öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit nicht als vorzugswürdige Alternative auf.
Die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 ergibt sich insbesondere aus folgenden Vereinbarungen:
Am 07.11.1995 wurde zwischen der Deutschen Bahn AG, der Bundesrepublik Deutschland, dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart sowie der Beklagten eine Rahmenvereinbarung zum Projekt Stuttgart 21 geschlossen, der der Gemeinderat der Beklagten mit Beschluss vom 30.11.1995 zugestimmt hat. Gegenstand der Rahmenvereinbarung sind im Wesentlichen eine Beschreibung des Projekts sowie Regelungen über Investitionen und Finanzierungsfragen, zu planungsrechtlichen Festlegungen und zur Übernahme von frei werdenden Bahnflächen.
Unter dem 24.07.2001 schlossen die Deutsche Bahn AG, das Land Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart sowie die Beklagte eine „Vereinbarung zur weiteren Zusammenarbeit zur Realisierung der Projekte Stuttgart 21 und NBS Wendlingen-Ulm“ (sog. Realisierungsvereinbarung). Gegenstand dieser Vereinbarung ist insbesondere die Verpflichtung des Landes Baden-Württemberg, die zuwendungsfähigen Kosten der NBS Wendlingen-Ulm sowie den Bundesanteil für Stuttgart 21 vorzufinanzieren. Darüber hinaus werden in der Vereinbarung Regelungen über den Erwerb von frei werdenden Bahnflächen durch die Beklagte, die Finanzierung und die Übernahme von Kostenrisiken getroffen. Der Gemeinderat der Beklagten hatte der Unterzeichnung der Vereinbarung vom 24.07.2001 mit Beschluss vom 12.07.2001 zugestimmt.
Mit Beschluss vom 19.12.2001 stimmte der Gemeinderat der Beklagten einem Kaufvertrag zwischen der Deutschen Bahn AG bzw. der DB Netz AG als Verkäufer und der Beklagten als Käufer über frei werdende Bahnflächen (Teilgebiete A 2, A 3, B, C und D) zu. Der Kaufvertrag wurde unter dem 21.12.2001 abgeschlossen.
10 
Nach einer erneuten Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn AG einigten sich die Beteiligten unter dem 19.07.2007 auf ein sog. Memorandum of Understanding zur Realisierung der Neubaustrecke Stuttgart-Ulm und des Projekts Stuttgart 21. Um den Baubeginn der Neubaustrecke vorziehen zu können, erklärte sich das Land Baden-Württemberg bereit, mit einem festen Zuschuss, beginnend ab 2010, die Investitionskosten einschließlich der Planungskosten bis 2016 zu finanzieren. Im Hinblick auf das Projekt Stuttgart 21 stellten die Beteiligten fest, dass die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens durch die Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn mit Preis- und Kostenstand 2004 sowie deren Ergänzung im Rahmen der Modellrechnung belegt worden sei. Das Memorandum enthält darüber hinaus Absprachen zur Höhe der Beteiligung der Parteien an den Investitionskosten und am Kostensteigerungsrisiko. Im Memorandum sind die Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen „des Landes und seiner Partner“ genannt, ohne dass eine interne Aufteilung erfolgt ist. Die Parteien erklärten schließlich, dass zur Umsetzung des Memorandums Einzelheiten in einem Finanzierungsvertrag geregelt werden sollten. In einer Nebenabrede sagte die Beklagte der Bahn zu, auf die aus dem Kaufvertrag vom 21.12.2001 herrührenden Verzugzinsen wegen der verspäteten Übergabe der Flächen bis zum 31.12.2020 zu verzichten. Der Gemeinderat der Beklagten wurde über das Ergebnis der Verhandlungen in der Sitzung am 19.07.2007 unterrichtet.
11 
Im Hinblick auf die vom „Land und seien Partnern“ im Memorandum of Understanding zugesagten Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen schlossen das Land Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart und die Beklagte am 05.10.2007 eine Ergänzungsvereinbarung über ihre Beteiligung an dem Projekt Stuttgart 21. Die Ergänzungsvereinbarung soll nach ihrem Wortlaut der „verbindlichen Regelung der Beteiligung der Landeshauptstadt und des Verbandes Region Stuttgart an den im Memorandum zugesagten Leistungen“ dienen und die Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 und die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 ergänzen. Nach der Ergänzungsvereinbarung trägt die Beklagte u.a. von den nach dem Memorandum vom Land Baden-Württemberg unter bestimmten Bedingungen abzusichernden Kostenerhöhungsrisiken in Höhe von 780 Mio. Euro anteilig 206,94 Mio. Euro. Der Verband Region Stuttgart sowie die Beklagte haben in der Ergänzungsvereinbarung ferner das Land unwiderruflich ermächtigt, den Finanzierungsvertrag für das Projekt Stuttgart 21 mit der Deutschen Bahn und der Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage der Ergänzungsvereinbarung auch in ihrem Namen abzuschließen. Am 05.10.2007 wurde auch die verabredete Änderung des Kaufvertrages vom 21.12.2001 über den Verzicht auf Verzugszinsen bis 2020 notariell beurkundet.
12 
Der Gemeinderat der Beklagten hatte in seiner vorangegangenen Sitzung vom 04.10.2007 die Zustimmung zum Abschluss der o.g. Ergänzungsvereinbarung und zur Änderung des Kaufvertrages vom 21.12.2001 beschlossen und die Vertreter der Verwaltung ermächtigt, alle Erklärungen und Handlungen zum Abschluss der Verträge vorzunehmen. Einen Antrag der Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, einen neuen Grundsatzbeschluss über die Beteiligung der Beklagten an dem Projekt Stuttgart 21 zu fassen, lehnte die Mehrheit des Gemeinderats in der Sitzung vom 04.10.2007 ab.
13 
Am 05.10.2007 begann eine Koordinierungsgruppe Bürgerbegehren gegen Stuttgart 21 daraufhin mit der Sammlung von Unterschriften für ein Bürgerbegehren, mit dem ein Bürgerentscheid über den Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 herbeigeführt werden sollte. In der Folgezeit wurden der Beklagten Unterschriftenlisten mit über 70.000 Unterschriften übergeben.
14 
Auf den jeweiligen Unterschriftenlisten heißt es unter der Überschrift „www.stuttgart21-nein-danke.de“:
15 
Wir beantragen gemäß § 21 Abs. 3 der Gemeindeordnung einen Bürgerentscheid zu folgender Frage:
16 
„Sind Sie dafür, dass die Stadt Stuttgart aus dem Projekt STUTTGART 21 aussteigt;
17 
- dass sie keine Ergänzungsvereinbarung mit den Projektpartnern abschließt, die u. a. von der Stadt abzusichernde Risiken in Höhe von 206,94 Mio. Euro vorsieht;
- dass sie keine Änderung des Kaufvertrages mit der Deutschen Bahn für die Teilgebiete A2, A3, B, C und D, insbesondere nicht unter der Erklärung des Verzichts auf Verzugszinsen aus dem Grundstücksgeschäft, vornimmt;
- dass sie keine weiteren Verträge über dieses Projekt abschließt und
- dies den Vertragspartnern mit dem Ziel des Abschlusses einer Aufhebungsvereinbarung mitteilt?“
18 
Begründung: STUTTGART 21 (S 21) würde der Stadt über viele Jahre hinweg die größte Baustelle Europas mitten in der Stadt bescheren - mit allen damit verbundenen Beeinträchtigungen. S 21 würde über lange Jahre hinweg zu gravierenden Verkehrsbehinderungen führen. Großbaustellen, die während des Planfeststellungsverfahrens nicht absehbar waren, werden neue verkehrliche Verhältnisse schaffen und logistische Probleme mit Auswirkungen auf das gesamte Stadtgebiet produzieren. Die bereits heute an vielen Orten über den gültigen Grenzwerten liegende Feinstaubbelastung der Stuttgarter Luft würde nochmals verschärft. Der 8 m hohe Wall des geplanten Tunnelbahnhofs würde den Schlossgarten von der Innenstadt trennen. S 21 würde zusätzliche finanzielle Mittel der Stadt erforderlich machen. Zudem sollen der Bahn AG Zinsen erlassen werden - Geld, das der Stadt dann fehlt. Angesichts der Dimension dieses Projekts, der langen Bauzeit, den damit verbundenen Beeinträchtigungen und den zusätzlichen finanziellen Belastungen für die Stadt wollen wir, dass die Bürgerinnen und Bürger darüber abstimmen, ob die Stadt Stuttgart sich weiterhin am Projekt STUTTGART 21 beteiligen und ob sie weitergehende finanzielle Verpflichtungen dafür eingehen soll.
19 
Kostendeckung: Dieses Bürgerbegehren fordert keine neuen Ausgaben, sondern den Verzicht auf ein teures Projekt und somit die Einsparung von Steuergeldern.
20 
Mit Bescheid vom 09.01.2008 stellte die Beklagte auf der Grundlage eines entsprechenden Gemeinderatsbeschlusses vom 20.12.2007 fest, dass der beantragte Bürgerentscheid über den Ausstieg der Landeshauptstadt aus dem Projekt Stuttgart 21 unzulässig sei. Die Beklagte begründete ihren Bescheid damit, dass die Teilfrage 1 des Bürgerbegehrens wegen Zeitablaufs unzulässig sei. Die Grundsatzentscheidung des Gemeinderats über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 sei bereits mit der Zustimmung zur Rahmenvereinbarung 07.11.1995, spätestens aber mit der Zustimmung zur Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 getroffen worden. Die Zustimmung zum Abschluss der Ergänzungsvereinbarung mit Beschluss vom 04.10.2007 sei keine neue Grundsatzentscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21, die die Möglichkeit eines Bürgerbegehrens eröffnen könne. Die Teilfrage 1 sei auch deshalb unzulässig, weil ein gesetzwidriges Ziel, nämlich die Verletzung einer vertraglichen Verpflichtung, verfolgt werde. Die Begründung genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen, denn sie vermittele den Eindruck, dass Beeinträchtigungen wie beispielsweise beim Verkehr und bei der Feinstaubbelastung bei einem Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt nicht eintreten würden. Die Entscheidung über eine Aufgabe des Projekts sei aber allein Sache der Deutschen Bahn. Der Beitrag der Beklagten beschränke sich im Wesentlichen auf eine finanzielle Beteiligung. Die Begründung erwähne ferner nicht, dass es zu dem geplanten Durchgangsbahnhof keine echte Alternative gebe, da der Hauptbahnhof der Beklagten unzweifelhaft sanierungsbedürftig sei. Die von den Gegnern des Projekts favorisierte „Ertüchtigung“ des Kopfbahnhofs sei keine vorzugswürdige Alternative und würde auch keine geringeren Behinderungen und Beeinträchtigungen mit sich bringen. Die Begründung führe die Bürgerinnen und Bürger auch mit dem Hinweis in die Irre, dass durch einen Verzicht auf Stuttgart 21 keine Kosten entstünden, sondern im Gegenteil Steuern eingespart würden. Dabei werde außer Acht gelassen, dass die Vertragspartner einem Ausstieg der Beklagten nur bei entsprechender finanzieller Gegenleistung zustimmen würden. Unberücksichtigt blieben darüber hinaus die von der Stadt bereits aufgewendeten Planungskosten für das Rosenstein-Viertel. Ferner rechne die Beklagte bis zum Jahr 2034 mit zusätzlichen Netto-Mehreinnahmen aus Steuern und Finanzausgleichsleistungen in Höhe von ca. 300 Mio. Euro durch das Projekt. Schließlich würden die Unterzeichner mit der Behauptung, der Durchgangsbahnhof trenne mit einem 8 m hohen Wall den Schlossgarten von der Innenstadt ab, in die Irre geführt. Die Teilfragen 2 und 3 seien ebenfalls unzulässig. Der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007, mit dem die Ermächtigung zum Abschluss der Ergänzungsvereinbarung und zur Änderung des Kaufvertrages erteilt worden sei, könne nach der Unterzeichnung der Vereinbarungen am 05.10.2007 nicht mehr zum Gegenstand eines Bürgerentscheids gemacht werden. Darüber hinaus seien nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg Fragen zu finanziellen Beteiligungen oder Kostenschätzungen wegen der Regelung in § 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW nicht bürgerentscheidsfähig. Die Teilfrage 4 sei im Hinblick auf die erfassten „weiteren Verträge“ inhaltlich nicht hinreichend bestimmt und deshalb unzulässig. Nachdem die vorangehenden vier Teilfragen unzulässig seien, könne auch die sich darauf beziehende Teilfrage 5 keinen Bestand haben und sei ebenfalls unzulässig.
21 
Dagegen erhoben der Kläger sowie die beiden anderen Vertrauensleute des Bürgerbegehrens mit Schreiben vom 30.01.2008 Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 17.07.2008 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch zurück. Das Regierungspräsidium führte zur Begründung aus, der Widerspruch sei bereits unzulässig. Nach Maßgabe der §§ 21 Abs. 8 GemO BW, 41 Abs. 2 Satz 1 KomWG könne jeder Unterzeichner eines Bürgerbegehrens nur im eigenen Namen gegen dessen Zurückweisung Widerspruch erheben und hierbei die Verletzung eigener subjektiver Rechte geltend machen. Die Unterzeichner des Widerspruchsschreibens vom 30.01.2008 hätten nach dessen eindeutigem Wortlaut den Widerspruch aber als Vertrauensleute des Bürgerbegehrens gegen Stuttgart 21 erhoben. Sie machten auch nicht die Verletzung eigener subjektiver Rechte als Unterzeichner des Bürgerbegehrens geltend. Vielmehr müsse davon ausgegangen werden, dass sie den Widerspruch als Vertreter der Bürger erhoben hätten, die sich an der Initiative durch Unterschrift beteiligt hätten. Dafür spreche auch, dass auf dem Briefumschlag als Absender „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ genannt und die Widerspruchsbegründung mit einem Briefbogen der Gemeinderatsfraktion „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ vorgelegt worden sei. Hilfsweise sei der Widerspruch aus den im Bescheid der Beklagten vom 09.01.2008 genannten Gründen auch unbegründet.
22 
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 17.07.2008, der dem Kläger am 18.07.2008 zugestellt wurde, hat dieser am 18.08.2008 Klage eingereicht, die sein Prozessbevollmächtigter im Wesentlichen wie folgt begründet:
23 
Der Kläger erhebe die Klage ausdrücklich nicht als Vertrauensperson des Bürgerbegehrens, sondern als Bürger, der das Bürgerbegehren unterzeichnet habe. Entgegen der Auffassung des Regierungspräsidiums sei der Widerspruch des Klägers zulässig gewesen, da er das Bürgerbegehren auch selbst unterzeichnet habe. Dafür, dass der Kläger den Widerspruch nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter der Unterzeichner des Bürgerbegehrens eingelegt habe, gebe es keine Anhaltspunkte.
24 
Das Bürgerbegehren sei in allen fünf Teilfragen zulässig. Es sei hinsichtlich der Teilfrage 1 nicht verfristet. Keiner der im Widerspruchsbescheid genannten Beschlüsse des Gemeinderats stelle eine endgültige Grundsatzentscheidung über die Projektbeteiligung der Beklagten dar. In der mit Zustimmung des Gemeinderates geschlossenen Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 sei keine Finanzierungsvereinbarung enthalten, sondern lediglich die Einigung der Parteien, dass eine solche Vereinbarung nach dem Abschluss des Planfeststellungsverfahrens erst noch getroffen werden solle. Eine Vereinbarung über ein milliardenschweres Projekt, die die Frage der Finanzierbarkeit offen lasse, könne aber nur als (unverbindliche) Absichtserklärung gewertet werden. Auch die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 habe unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit des Projekts gestanden. Bestätigt werde dies durch Ziffer 3.3 der Vereinbarung. Danach seien die Parteien berechtigt, die Beendigung des Projekts zu erklären, wenn die Verhandlungen über die Finanzierung zu keinem einvernehmlichen Ergebnis führten. Auch in der Zustimmung des Gemeinderats zu dieser Vereinbarung liege deshalb kein Grundsatzbeschluss über das Projekt Stuttgart 21. In diese Kette von im Ergebnis unverbindlichen Absichtserklärungen reihe sich das Memorandum of Understanding vom 19.07.2007 ein, wie sich bereits aus der Bezeichnung ergebe.
25 
Erst am 05.10.2007 sei mit der Ergänzungsvereinbarung zwischen dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart und der Beklagten eine verbindliche Regelung der Beteiligung der Beklagten an den im Memorandum of Understanding zugesagten Leistungen getroffen worden. Dies ergebe sich sowohl aus der Vorbemerkung der Vereinbarung als auch aus der Beschlussvorlage zu der Gemeinderatssitzung vom 04.10.2007. Bei dem Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 handele es sich damit um einen weichenstellenden Grundsatzbeschluss, weil hierdurch die über Jahre hinweg offengebliebene Finanzierungsfrage zwischen den Beteiligten geklärt worden sei. Als solcher sei er einem Bürgerbegehen zugänglich.
26 
Die Teilfrage 1 des Bürgerbegehrens verfolge kein gesetzwidriges Ziel. Dies folge schon daraus, dass eine Abkehr von den vorangegangenen unverbindlichen Absichtserklärungen zwischen den Beteiligten gar keine Vertragsverletzung darstellen könne. Selbst wenn man von rechtsverbindlichen Vereinbarungen zwischen den Beteiligten ausgehen wolle, seien bei einer notwendigen bürgerbegehrensfreundlichen Auslegung die geforderten Maßnahmen nicht als Aufforderung zum Vertragsbruch zu begreifen, sondern zielten auf den Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung.
27 
Die im Bürgerbegehren angegebene Begründung sei ausreichend. An die Begründung dürften keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Von einer Irreführung oder Täuschung könne keine Rede sein. Ein Hinweis darauf, wer Vorhabensträger des Projektes Stuttgart 21 ist, sei entbehrlich. Dem unbefangenen Unterzeichner, der mit dem Projekt Stuttgart 21 nicht einverstanden sei, komme es nicht darauf an, ob eine Nichtrealisierung zwingende oder nur mögliche Folge eines Bürgerentscheids sei. Das Bürgerbegehren ziele darauf ab, dass die Stadt „aus dem Projekt aussteige“. Pro- und Kontraargumente müsse die Begründung nicht enthalten. Erst Recht könne nicht verlangt werden, mögliche Auswirkungen anderer potentieller Varianten im Bürgerbegehren darzustellen.
28 
Ein Kostendeckungsvorschlag sei entbehrlich. Das Bürgerbegehren ziele nicht auf eine Maßnahme ab, bei der Kosten entstünden, sondern wolle im Gegenteil eine kostenintensive Maßnahme verhindern. Potentielle Regressforderungen anderer Projektbeteiligter seien nach Grund und Höhe reine Spekulation. Gemessen an den Kosten des Gesamtprojekts seien die Planungskosten für das Rosensteinviertel zu vernachlässigen. Die prognostizierten Steuermehreinnahmen, die im Falle der Realisierung des Projekts in Betracht kämen, stellten lediglich mittelbare Folgen des Projekts dar und seien für den Kostendeckungsvorschlag nicht relevant.
29 
Auch die Teilfragen 2 und 3 seien zulässig. Zwar sei durch die Unterzeichnung der Ergänzungsvereinbarung und der Vereinbarung über die Kaufvertragsänderung am 05.10.2007 der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 vollzogen worden. Der Gemeinderatsbeschluss sei aber gleichwohl nicht „verbraucht“, denn der Oberbürgermeister sei zu diesem Handeln nicht ermächtigt gewesen. Zudem liege ein Verstoß gegen das Prinzip der Organtreue vor.
30 
Die Teilfrage 2 widerspreche auch nicht § 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW, wonach ein Bürgerentscheid über die Haushaltssatzung, Kommunalabgaben, Tarife oder Entgelte nicht zulässig sei. Die Ergänzungsvereinbarung gehe über die Klärung interner Finanzierungsfragen weit hinaus, da sie den über Jahre bestehenden Vorbehalt der Finanzierbarkeit des Gesamtprojekts beseitige.
31 
Die Formulierung der Teilfrage 4 sei inhaltlich bestimmt. Mangels einer Einschränkung seien mit „weiteren Verträgen“ alle Verträge gemeint, die sich auf das Projekt Stuttgart 21 beziehen. Die vom Regierungspräsidium vertretene Auffassung, Teilfrage 4 stehe im Widerspruch zu der in Teilfrage 5 geforderten Aufhebungsvereinbarung, widerspreche dem Prinzip einer bürgerbegehrensfreundlichen Auslegung von Bürgerbegehren.
32 
Schließlich sei auch die Teilfrage 5 zulässig. Der Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung sei jederzeit rechtlich und tatsächlich möglich. Im Übrigen werde nicht der Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung gefordert, sondern lediglich eine entsprechende Mitteilung an die weiteren Projektbeteiligten, die erst Recht jederzeit rechtlich wie tatsächlich möglich sei.
33 
Selbst wenn man einen Teil der im Bürgerbegehren aufgeworfenen Fragen als unzulässig ansehen wollte, habe dies nicht die Unzulässigkeit des gesamten Bürgerbegehrens zur Folge. Ziel des Bürgerbegehrens und damit „gemeinsamer Nenner“ sei der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21. Die Teilfragen 2 bis 5 stellten mehrere Wege dar, dieses Ziel zu erreichen. Es sei augenscheinlich, dass jeder Unterzeichner als Gegner des Projekts auch mit einer geringeren Zahl von Forderungen einverstanden gewesen sei, wenn diese nur zum erstrebten Ziel führten. Selbst wenn man daher einzelne Fragen für unzulässig erachte, so seien die übrig bleibenden Fragen unzweifelhaft vom Willen der Unterzeichner gedeckt und blieben daher zulässig.
34 
Der Kläger beantragt,
35 
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 09.01.2008 und des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.07.2008 zu verpflichten, die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens gegen das Projekt Stuttgart 21 festzustellen.
36 
Die Beklagte beantragt,
37 
die Klage abzuweisen.
38 
Ihr Prozessbevollmächtigter trägt zur Begründung im Wesentlichen Folgendes vor: Die Klage sei bereits unzulässig, da der Widerspruch vom Kläger als Vertrauensmann des Bürgerbegehrens erhoben und damit das Vorverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei.
39 
Die Klage sei aber auch unbegründet. Nach § 21 Abs. 3 Satz 3 GemO BW müsse ein Bürgerbegehren, welches sich gegen einen Beschluss des Gemeinderats richte, innerhalb von sechs Wochen nach Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Der Gemeinderat der Beklagten habe in der Sitzung vom 04.10.2007 keine erneute Grundsatzentscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Vorhaben Stuttgart 21 gefasst.
40 
Entgegen der Auffassung des Klägers regele bereits die Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995, der der Gemeinderat zugestimmt habe, verbindlich die finanzielle Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21. Jedenfalls stelle die Zustimmung des Gemeinderates zur Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 eine verbindliche Grundsatzentscheidung über das „Ob“ der Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 dar. In dieser Vereinbarung habe sich die Beklagte zum Erwerb bestimmter freiwerdender Bahnflächen und zur Übernahme von Investitionskosten bzw. Kostenrisiken in Höhe von 78,06 Mio. Euro rechtlich bindend verpflichtet. Nach Ziffer 3.3 der Vereinbarung sei Voraussetzung für die Erklärung der Beendigung des Projekts die einvernehmliche Feststellung der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit des Vorhabens. Ein einseitiges Ausstiegsrecht der Beklagten aus dem Projekt habe nicht bestanden. Auch in der Beschlussvorlage für die Sitzung am 04.10.2007 sei klargestellt worden, dass das „Ob“ der finanziellen Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 verbindlich geregelt sei. Die maßgebliche Begründung der Beschlussvorlage beziehe sich ausschließlich auf die Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten und damit auf das „Wie“ der Beteiligung.
41 
Durch den Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 werde der Weg zu einem Bürgerentscheid auch deshalb nicht eröffnet , weil die Frage der Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW nicht bürgerentscheidsfähig sei. Wegen des Ausschlusses der Haushaltswirtschaft von Bürgerbegehren gehörten die Beschlüsse des Gemeinderates, die sich lediglich mit der Finanzierung des Vorhabens befassten, nicht zu den weichenstellenden Entscheidungen.
42 
Ein neuer Grundsatzbeschluss liege auch nicht wegen einer wesentlichen Änderung der Sachlage vor. Durch die Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 sei die Beteiligung der Beklagten an Investitionskosten auf 31,6 Mio. Euro reduziert worden; statt dessen habe die Beklagte Kostensteigerungsrisiken von bis zu 130 Millionen Euro (Kapitalwert 2007) übernommen. Die zusätzlichen finanziellen Verpflichtungen betrügen hochgerechnet bis zum Jahr 2020 nur ca. 0,3 % des Haushaltsvolumens der Beklagten in diesen Jahren. Darüber hinaus sei die Teilrücklage zur Finanzierung des eventuellen städtischen Beitrages zur Risikoabsicherung schon im Rahmen des Jahresabschlusses 2007 gebildet worden. Insoweit könne von einer Änderung der Sachlage wegen erheblicher zusätzlicher finanzieller Aufwendungen der Beklagten oder zusätzlicher Haushaltsrisiken durch das Projekt Stuttgart 21 keine Rede sein. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass nach sehr vorsichtigen Schätzungen durch das Projekt Stuttgart 21 und die damit verbundenen Stadtentwicklungspotentiale zusätzliche direkte Einnahmen aus Steuern und Finanzzuweisungen in zukünftigen Stadthaushalten entstehen würden.
43 
Das Bürgerbegehren mit der unbedingten Forderung nach einem Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 verfolge auch ein rechtswidriges Ziel, denn sie sei mit den vertraglichen Verpflichtungen aus der Rahmenvereinbarung von 1995 und der Realisierungsvereinbarung von 2001 unvereinbar. Die Voraussetzung für die Beendigung des Projekts, nämlich die mangelnde Einigung über dessen Finanzierung, sei nicht eingetreten. Diese Einigung sei vielmehr bereits mit dem Memorandum of Understanding im Juli 2007 erzielt worden.
44 
Im Hinblick auf den geforderten Ausstieg genüge auch die Begründung des Bürgerbegehrens nicht den gesetzlichen Anforderungen. Den Bürgern habe dargelegt werden müssen, dass die Beklagte nicht Vorhabensträgerin des Projektes sei und deshalb nicht entscheiden könne, ob das Projekt verwirklicht werde oder nicht. An keiner Stelle der Begründung werde außerdem auf die ohnehin erforderliche Gesamtsanierung der Bahnanlagen mit einem geschätzten Aufwand von ca. 2,3 Mrd. Euro hingewiesen. Die in der Begründung beschriebenen Behinderungen durch eine Großbaustelle entstünden in mindestens dem gleichen Umfang bei einer Sanierung des Kopfbahnhofes. Es werde außerdem nicht dargelegt, dass der Beklagten auch bei einem Verzicht auf das Projekt erhebliche Kosten entstünden. In der Begründung werde ferner nicht dargelegt, dass die Ergänzungsvereinbarung und die Änderung des Kaufvertrages unverzüglich nach dem Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 unterzeichnet werden sollten, was den Vertrauensleuten des Bürgerbegehrens bekannt gewesen sei. Die grobe Überzeichnung der Umstände durch die unzutreffende Behauptung, ein 8 m hoher Wall werde den Schlossgarten von der Innenstadt trennen, rundeten das Bild einer unvollständigen und unzutreffenden Begründung ab. Die Begründung stütze sich auf Abwägungselemente des Planfeststellungsverfahrens, habe aber mit der zur Entscheidung gestellten Frage nach einem Verzicht der Stadt auf die finanzielle Beteiligung an diesem Projekt nichts zu tun. Zu den finanziellen Auswirkungen des Projekts für die Stadt nehme die Begründung nur am Rande Stellung.
45 
Es fehle in dem Bürgerbegehren schließlich auch ein Kostendeckungsvorschlag. Nachdem alle bisher abgeschlossenen Vereinbarungen verbindlich seien, bestehe zumindest dem Grunde nach das Risiko von Regressforderungen der anderen Projektbeteiligten. Es wäre daher erforderlich gewesen, den Abstimmungsberechtigten die finanziellen Risiken des Ausstiegs aufzuzeigen.
46 
Auch hinsichtlich der Teilfragen 2 und 3 sei das Bürgerbegehren unzulässig. Die Verwaltung der Beklagten habe von den ihr durch Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 erteilten Ermächtigungen Gebrauch gemacht und die Ergänzungsvereinbarung und die Änderung des Kaufvertrages am 05.10.2007 unterzeichnet. Dazu sei der Oberbürgermeister berechtigt gewesen, denn ein Bürgerbegehren habe in Baden-Württemberg keine aufschiebende Wirkung. Der behauptete Verstoß gegen den Grundsatz der Organtreue liege ebenfalls nicht vor. Der Text des Bürgerbegehrens sei am 05.07.2007 veröffentlicht worden. Zum Zeitpunkt der Gemeinderatssitzung am 04.07.2007 und des Abschlusses der Verträge am 05.10.2007 habe weder ein zulässiges noch ein zulassungsfähiges Bürgerbegehren vorgelegen. Es habe deshalb keine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die der Bürgerschaft durch § 21 Abs. 3 GemO BW eingeräumten Kompetenzen bestanden. Die Kompetenzausübung durch den Oberbürgermeister habe nicht der Behinderung von Kompetenzen der Bürgerschaft gedient, sondern der Vollziehung eines Gemeinderatsbeschlusses in Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung aus § 43 Abs. 1 GemO BW.
47 
Hinsichtlich der Teilfrage 4 zum „Abschluss weitere Verträge“ liege jedenfalls ein Verstoß gegen das Begründungserfordernis vor. Nach der Auslegung des Klägers dürfe die Beklagte selbst bei einer Durchführung des Projekts Stuttgart 21 keine Verträge mit der Vorhabensträgerin abschließen, die ausschließlich dazu dienten, die Bürger vor Beeinträchtigungen durch die Baumaßnahmen zu schützen. Denkbar seien insbesondere Verträge über die Erhaltung des denkmalgeschützten Bahnhofsgebäudes, Verkehrslenkungsmaßnahmen, Baulogistik und Bauablauf. Dies habe in der Begründung verdeutlicht werden müssen.
48 
Die Zulässigkeit der Teilfrage 5 stehe und falle mit der Zulässigkeit der vorhergehenden vier Teilfragen. Nachdem diese unzulässig seien, könne auch die letzte Teilfrage nicht fortbestehen.
49 
Das Bürgerbegehren sei auch nicht teilbar. Nachträglich könne nicht mehr festgestellt werden, aus welchen Beweggründen die Unterzeichner ihre Unterschrift geleistet hätten. Dies treffe insbesondere für die Teilfrage 2 zu, in der das von der Stadt abzusichernde Risiko mit 206,94 Millionen Euro ausdrücklich genannt werde. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass zahlreiche Unterzeichner gerade die vertragliche Bindung der Stadt zu weiteren Finanzierungsbeiträgen hätten verhindern wollen. Die Aufrechterhaltung eines Teils des Bürgerbegehrens würde daher den Willen der Unterzeichner verfälschen.
50 
Während des Klageverfahrens haben das Land Baden-Württemberg, die Beklagte (vertreten durch das Land Baden-Württemberg), der Verband Region Stuttgart, die Flughafen Stuttgart GmbH, die DB Netz AG, die DB Station & Service AG, die DB Energie AG und die Deutsche Bahn AG (DB AG) auf der Grundlage des Memorandum of Understanding am 02.04.2009 einen Finanzierungsvertrag zu dem Projekt Stuttgart 21 als Teil des Gesamtprojekts Stuttgart 21 und NBS Wendlingen-Ulm geschlossen.
51 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Akten der Beklagten und des Regierungspräsidiums Stuttgart verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
52 
Die Klage ist zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
53 
Die Klage ist fristgerecht eingelegt und auch im übrigen zulässig.
54 
1. Der Kläger ist insbesondere gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt.
55 
Gegen die Zurückweisung eines Bürgerbegehrens kann jeder Unterzeichner Verpflichtungsklage auf Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens erheben (vgl. § 21 Abs. 4 und 8 GemO BW i.V.m. § 41 Abs. 2 KomWG). Der Kläger hat das Bürgerbegehren ausweislich der beigezogenen Akten der Beklagten selbst am 27.10.2007 unterzeichnet. Er hat die Klage ausdrücklich nicht als Vertrauensmann des Bürgerbegehrens, sondern als Bürger, der das Bürgerbegehren unterzeichnet hat, erhoben. An der Wahlberechtigung des Klägers (vgl. § 41 Abs. 1 KomWG) bestehen keine Zweifel. Durch die Nichtzulassung des Bürgerentscheids ist daher eine Verletzung des dem Kläger durch § 21 Abs. 3 GemO BW eingeräumten Rechts, als Bürger mittels Bürgerentscheid unmittelbar über eine Angelegenheit aus dem Wirkungskreis der Beklagten mitzubestimmen, möglich.
56 
2. Der Kläger hat vor Klageerhebung auch das Vorverfahren ordnungsgemäß durchgeführt.
57 
Die Durchführung des Vorverfahrens (Widerspruchsverfahrens) ist gem. § 68 VwGO grundsätzlich Prozessvoraussetzung der Klage in Anfechtungs- und Verpflichtungssachen. Das Vorverfahren muss (abgesehen von besonderen Fallkonstellationen wie etwa der Rechtsnachfolge) vom späteren Kläger „in eigener Person“ durchgeführt werden; dies schon deshalb, weil die angegriffene Entscheidung sonst dem Kläger gegenüber nach Ablauf der Widerspruchsfrist unanfechtbar würde (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 68 Rn. 7; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, 4. Aufl., § 68 Rn. 32 f.; Dolde/Porsch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 68 Rn. 30 f.; jeweils m.w.N).
58 
Entgegen der Auffassung des Regierungspräsidiums folgt die Widerspruchsbefugnis des Klägers bereits daraus, dass er das Bürgerbegehren selbst unterzeichnet hat. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger den Widerspruch ausschließlich als Vertreter der Bürger erhoben hat, die sich an der Initiative durch Unterschrift beteiligt haben, liegen nach Auffassung der Kammer nicht vor.
59 
a) Besondere Anforderungen an den Inhalt des Widerspruchs enthalten die §§ 69, 70 VwGO nicht. Es reicht aus, wenn für die Behörde aus der (schriftlichen) Äußerung sowie den weiteren ihr bekannten Umständen des Falles hinreichend deutlich wird, dass der Betroffene sich durch einen bestimmten Verwaltungsakt beschwert fühlt und eine Nachprüfung begehrt. Maßgeblich für die Auslegung des Rechtsbehelfs ist dabei nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung (vgl. grundsätzlich BVerwG, Urteil vom 12.12.2001 - 8 C 17/01 -, BVerwGE 115, 302 ff. = NJW 2002, 1137 ff., m.w.N.), wie die Behörde ihn unter Berücksichtigung aller ihr erkennbaren Umstände nach Treu und Glauben zu verstehen hat. Bei der Ermittlung des wirklichen Willens ist zugunsten des Bürgers davon auszugehen, dass er denjenigen Rechtsbehelf einlegen will, der nach Lage der Sache seinen Belangen entspricht und eingelegt werden muss, um den erkennbar angestrebten Erfolg zu erreichen. Dabei tritt der Wortlaut hinter Sinn und Zweck der Erklärung zurück.
60 
b) Es kann im vorliegenden Fall offen bleiben, ob Vorschriften im Zusammenhang mit Bürgerbegehren stets „bürgerbegehrensfreundlich“ auszulegen sind, um die Möglichkeit von - üblicherweise nicht verwaltungserfahrenen - Bürgern an der unmittelbaren Entscheidungsteilhabe nicht mehr als absolut unumgänglich einzuschränken (so VG Meiningen, Urteil vom 07.12.2007 - 2 K 572/07 -, juris). Die Widerspruchsbefugnis des Klägers folgt grundsätzlich bereits aus § 41 Abs. 2 KomWG, wonach jeder Unterzeichner des Bürgerbegehrens klage- und damit auch widerspruchsbefugt ist. Widersprechende Vertrauensleute eines Bürgerbegehrens dürfen in dieser Hinsicht nicht schlechter gestellt werden als andere Unterzeichner, deren Widerspruchsbefugnis regelmäßig nur an Hand der vorliegenden Unterschriftslisten zu überprüfen sein wird. Angesichts dieser Rechtslage wird die Auffassung, der Kläger habe den Widerspruch ausschließlich stellvertretend für die Unterzeichner des Bürgerbegehrens eingelegt, dem erkennbaren Rechtsschutzziel nicht gerecht. Das Widerspruchsschreiben enthält zwar vor den Unterschriften den Hinweis, dass es sich bei den Unterzeichnern um die Vertrauensleute des Bürgerbegehrens handelt. Ansonsten fehlt aber jeder Hinweis darauf, dass der Widerspruch (nur) im Namen der (übrigen) Unterzeichner des Bürgerbegehrens erfolgen soll bzw. dass der Widerspruch „im Namen“ des Bürgerbegehrens gegen Stuttgart 21 eingelegt wird. Angesichts der Hintergründe und Tragweite der erstrebten Entscheidung sowie nach dem erkennbaren - u.a. durch Vorlage eines umfangreichen Gutachtens untermauerten - Rechtsschutzziel, die Zulassung des Bürgerbegehrens auf jeden Fall zu erreichen, war davon auszugehen, dass die Unterzeichner des Schreibens vom 30.01.2008 den Rechtsbehelf in jedem Fall so einlegen wollten, dass er zum erstrebten Erfolg führt. Die Kammer ist überzeugt davon, dass nach einem - gebotenen - Hinweis des Regierungspräsidiums auf die Rechtslage bereits im Widerspruchsverfahren eine entsprechende Klarstellung erfolgt wäre.
61 
Auch die Tatsache, dass auf dem Briefumschlag, in dem sich das Widerspruchsschreiben befunden hat, als Absender „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ benannt war und für die Widerspruchsbegründung vom 11.02.2008 ein Briefbogen der Gemeinderatsfraktion „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ verwendet worden ist, stützt die Auffassung des Regierungspräsidiums nicht. Briefumschlag und Briefbogen verweisen allenfalls auf die Partei bzw. die Gemeinderatsfraktion „Bündnis 90/ DIE GRÜNEN“, welche als Widerspruchsführer erkennbar nicht in Betracht kommen, nicht aber auf „die Bürger, die sich an der Initiative durch Unterschrift beteiligt haben“.
62 
3. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage besteht uneingeschränkt.
63 
Zwar sind die Verträge, deren Abschluss mit den Teilfragen 2 und 3 verhindert werden sollte, auf der Grundlage der entsprechenden Gemeinderatsbeschlüsse vom 04.10.2007 bereits am 05.10.2007 unterzeichnet worden. Der Kläger hat sich in seiner Klagebegründung jedoch substantiiert gegen die Erledigung seines Begehrens durch Abschluss der angegriffenen Vereinbarungen gewandt. Er hat ein berechtigtes Interesse, die Frage der - fortbestehenden - Zulässigkeit des Bürgerbegehrens auch bezüglich der Teilfragen 2 und 3 durch eine Entscheidung in der Sache überprüfen zu lassen. Die Frage, ob das Bürgerbegehren trotz Vollzugs der zugrunde liegenden Gemeinderatsbeschlüsse zulässig ist, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Klage.
II.
64 
Die damit insgesamt zulässige Klage ist jedoch unbegründet.
65 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, die Zulässigkeit des auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 gerichteten Bürgerbegehrens festzustellen. Durch den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 09.01.2008 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.07.2008 wird der Kläger im Ergebnis nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 und 5 VwGO). Maßgeblich für die gerichtliche Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung.
66 
1. Maßgebend für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens ist § 21 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg - GemO BW - in der seit dem 06.08.2005 gültigen Fassung (vgl. Gesetz zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005, GBl. S. 578 ff.). Nach § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO BW kann die Bürgerschaft über eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren).
67 
a) Während vor der Gesetzesänderung 2005 die einem Bürgerbegehren zugänglichen Gegenstände grundsätzlich in einem sog. Positivkatalog einzeln aufgelistet waren und in der Praxis insbesondere die Errichtung öffentlicher Einrichtungen relevant war, können seit der Novellierung alle Angelegenheiten des Wirkungskreises der Gemeinde, die in die Zuständigkeit des Gemeinderats fallen, Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein. Beschränkt wird der Umfang der Bürgerbeteiligung nunmehr durch den sog. Negativkatalog des § 21 Abs. 2 GemO BW. Danach findet ein Bürgerentscheid z.B. nicht statt über die Haushaltssatzung (21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW) oder über Bauleitpläne (§ 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO BW).
68 
Der Wirkungskreis der Gemeinde wird in §§ 1, 2 GemO BW beschrieben. Es sind darunter Angelegenheiten zu verstehen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder einen spezifischen Bezug zur Gemeinde haben und die der Gemeinde im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts nach Art. 28 GG garantiert sind. Damit sind einem Bürgerentscheid überörtliche Angelegenheiten bzw. Angelegenheiten, die in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Hoheitsträgers (Bund, Land, Landkreis etc.) fallen, grundsätzlich nicht zugänglich. Für die Zulässigkeit von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid stellt sich im Einzelfall jedoch die Frage, welche Maßnahmen dem eigenen (gemeindlichen) Wirkungskreis und welche dem Wirkungskreis eines anderen Rechtsträgers zuzurechnen sind. Insbesondere bei mehrstufigen Verwaltungs- und Planungsverfahren kann der Wirkungskreis der Gemeinde in einer Stufe angesprochen sein, obwohl die endgültige Entscheidung auf einer anderen Ebene getroffen wird (vgl. dazu etwa Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 3).
69 
b) Im vorliegenden Fall ist Gegenstand des Bürgerbegehrens der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 (Teilfrage 1). Die Teilfragen 2 - 5 bezeichnen Wege, mit denen dieser Ausstieg umgesetzt werden soll.
70 
Zwar handelt es sich bei dem Projekt Stuttgart 21 nicht um ein Vorhaben der Beklagten, sondern um ein Vorhaben der Deutschen Bahn, welches zudem - im Wesentlichen - bereits bestandskräftig planfestgestellt ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 06.04.2006 - 5 S 848/05, 5 S 596/05 und 5 S 847/05 - sowie Urteil vom 08.02.2007 - 5 S 2257/05 -, jeweils juris). Die Bahn kann deshalb das Vorhaben unabhängig vom Willen und der Beteiligung der Beklagten auf der Grundlage der Planfeststellungsbeschlüsse verwirklichen. Darüber hinaus betrifft das Vorhaben eine Angelegenheit, die weit über den örtlichen Wirkungskreis der Beklagten hinausgeht. Die Beklagte ist jedoch, wie die von ihr abgeschlossenen Vereinbarungen zeigen, an dem Projekt Stuttgart 21 in vielfacher - insbesondere finanzieller - Weise beteiligt. Diese Beteiligung betrifft Angelegenheiten der Beklagten, für die der Gemeinderat wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung zuständig ist. Die Kammer geht daher - ebenso wie die Beklagte und das Regierungspräsidium in den angefochtenen Bescheiden - davon aus, dass die Beteiligung der Beklagten an dem Projekt Stuttgart 21 grundsätzlich einen zulässigen Gegenstand i.S.d. § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO BW n.F. darstellt.
71 
Gegenstand des Bürgerbegehrens ist nach dem Wortlaut der Fragestellungen auch nicht die Realisierung des Projekts Stuttgart 21 als solches, obwohl die Unterschriftenlisten mit „www.stuttgart21-nein-danke.de“ überschrieben sind und nach der erkennbaren politischen Zielrichtung sowie der Begründung des Bürgerbegehrens (mittelbar) die Realisierung von Stuttgart 21 verhindert werden soll. Ob dies für die Unterzeichner hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, betrifft nicht den Gegenstand des Bürgerbegehrens, sondern die Frage, welche Anforderungen insoweit an die erforderliche Begründung (§ 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW) zu stellen sind.
72 
2. Das Bürgerbegehren ist hinsichtlich der Teilfrage 1 aus mehreren Gründen unzulässig. Die Frage der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens nach § 21 Abs. 3 und 4 GemO BW ist eine rechtlich gebundene Entscheidung. Ein Ermessen besteht in diesem Zusammenhang nicht.
73 
a) Gegenstand der Teilfrage 1 und „gemeinsamer Nenner“ des Bürgerbegehrens ist der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21. Die Teilfrage 1 ist nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt, wie er in der Formulierung und Begründung des Antrags zum Ausdruck kommt und von den Unterzeichnern verstanden werden musste und konnte (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.03.1988 - 1 S 1493/87 -, DÖV 1989, 601), nicht nur ein redaktioneller Einleitungssatz, sondern eine eigenständige, neben den übrigen Teilforderungen erhobene Forderung. Dies ergibt sich auch aus der Klage- und Widerspruchsbegründung. So heißt es etwa in dem zur Widerspruchsbegründung vorgelegten Gutachten vom 05.02.2008 (S. 23), das Bürgerbegehren sei in der gebotenen bürgerfreundlichen Auslegung „unmittelbar auf den (finanziellen) Ausstieg der Stadt Stuttgart gerichtet“. In der Klagebegründung vom 13.10.2008 (S. 19) heißt es, Ziel des Bürgerbegehrens sei der „Ausstieg der Stadt aus Stuttgart 21“ und jede der fünf Teilfragen ziele „unmittelbar auf den Ausstieg“; „der Vollständigkeit halber“ werde auch die Rückabwicklung bisher getroffener Vereinbarungen verlangt (S. 9). Eine Verkürzung des Bürgerbegehrens auf die Forderung, mit den Vertragspartnern über den Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu verhandeln, entspricht - ungeachtet der Bedenken gegen die Zulässigkeit einer solchen nicht auf eine endgültige Entscheidung gerichteten Fragestellung (s.u.) - weder dem Wortlaut noch dem für die Unterzeichner erkennbaren Ziel des Begehrens, zumal in der Begründung keinerlei Anhaltspunkte für ein solches Verständnis enthalten sind.
74 
b) Die Kammer hat bereits Bedenken, ob die auf den Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Teilfrage 1 inhaltlich hinreichend bestimmt ist.
75 
Fraglich ist schon, ob mit der Bezeichnung „Projekt Stuttgart 21“ der Umfang des geforderten Ausstiegs eindeutig definiert ist (Eine genaue Abgrenzung des Projekts Stuttgart 21 und des Projekts NBS Stuttgart-Ulm enthalten z.B. die Definitionen in § 1 der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009). Erhebliche Bedenken gegen die Fragestellung bestehen aber jedenfalls deshalb, weil mit dem Votum für einen Ausstieg keine konkrete und abschließende Entscheidung getroffen, sondern dem Gemeinderat nur eine Vorgabe für weitere - im Hinblick auf ihren Inhalt und ihre Folgen unbestimmte - Entscheidungen gemacht wird.
76 
aa) Durch einen Bürgerentscheid wird eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde der „Entscheidung“ der Bürger unterstellt (vgl. auch § 21 Abs. 1 GemO BW), d.h. anstatt des Gemeinderates treffen die Bürger unmittelbar die Sachentscheidung. Ein auf der Grundlage eines zulässigen Bürgerbegehrens durchgeführter Bürgerentscheid hat die Wirkung eines „endgültigen Beschlusses“ des Gemeinderates. Er kann innerhalb von drei Jahren nur durch einen neuen Bürgerentscheid geändert werden (§ 21 Abs. 7 Satz 1 und 2 GemO BW). Das Rechtsinstitut des Bürgerentscheids dient damit nicht dazu, unverbindliche Meinungsumfragen zur Ermittlung des Bürgerwillens zu kommunalpolitischen Fragestellungen abzuhalten oder eine „politische Signalwirkung“ herbeizuführen; ebenso wenig kann eine resolutionsartige Meinungskundgabe Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 599 f.; OVG NW, Urteil vom 23.04.2002 - 15 A 5594/00 -, NVwZ-RR 2002, 766 f.; zur demgegenüber rechtlich nicht bindenden Bürgerbefragung vgl. etwa Gern, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 8. Aufl., Rn. 325).
77 
Ein Bürgerbegehren entspricht nur dann der in § 21 GemO BW enthaltenen Zielrichtung, eine „Entscheidung“ mit der Wirkung eines „endgültigen Beschlusses“ des Gemeinderates herbeizuführen, wenn es eine konkrete und grundsätzlich abschließende Regelung der betreffenden Angelegenheit beinhaltet. Nur dann übernehmen die Bürger entsprechend dem Sinn und Zweck der Regelung tatsächlich an Stelle des Gemeinderats unmittelbar selbst die Verantwortung, und nur unter diesen Bedingungen ist die Beschränkung der Handlungsfreiheit des Gemeinderates durch die grundsätzlich auf drei Jahre angelegte Bindung an den Bürgerentscheid gerechtfertigt. Dementsprechend genügt es nicht, wenn mit dem Bürgerbegehren nur ein zwar notwendiger, zur Erreichung des angestrebten Zieles aber nicht ausreichender Schritt getan werden soll, um politischen Druck auf den Gemeinderat auszuüben, selbst die notwendigen weiteren Entscheidungen zur Erreichung des Endziels zu treffen. Ein Bürgerbegehren darf sich deshalb nicht damit begnügen, nur grundsätzliche Vorgaben für eine Vielzahl künftiger, in ihrer jeweils maßgeblichen Fallgestaltung nicht übersehbarer Angelegenheiten zu machen. Während der Gemeinderat von durch ihn getroffenen Grundsatzbeschlüssen dieser Art ohne Weiteres abweichen kann, wenn ein Einzelfall zu regeln ist, würde ein entsprechender Bürgerentscheid die Gemeinde für drei Jahre binden, wobei die Bindung nur durch einen erneuten Bürgerentscheid aufgehoben werden könnte. Diese von einem Bürgerentscheid ausgehende besondere Bindungswirkung ist nur dann gerechtfertigt, wenn dessen Gegenstand im Zeitpunkt des Bürgerentscheids sich so konkret darstellt, dass er einer verantwortlichen Entscheidung zugänglich ist und nicht etwa „eine Bindung ins Blaue hinein“ bewirkt (ebenso OVG NW, Urteil vom 19.02.2008 – 15 A 2961/07 -, NVwZ-RR 2008, 636 ff., Beschluss vom 18.10.2007 - 15 A 2666/07 -, juris, und Urteil vom 23.04.2002 - 15 A 5594/00 - DÖV 2002, 961 f.; OVG Saarland, Urteil vom 12.06.2008 - 1 A 3/08 -, juris; VG Minden, Urteil vom 01.08.2007 - 3 K 422/07 -, juris; vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 08.04.2005 – 4 ZB 04.1264 -, NVwZ-RR 2006, 209 ff.; a. A. BayVGH, Urteil vom 14.10.1998 - 4 B 98.505 -; VG Regensburg, Urteil vom 05.07.2000 - RO 3 K 99.2408 -; jeweils juris; einschränkend VG Oldenburg, Beschluss vom 17.06.2004 - 2 B 1293/04 - juris; s. zum Ganzen auch Ritgen, Die Zulässigkeit von Bürgerbegehren, NWVBl 2003, 87 ff. m.w.N.).
78 
bb) Den o.g. Anforderungen dürfte die Fragestellung des streitgegenständlichen Bürgerbegehrens nicht genügen. Mit der Teilfrage 1 soll der Beschluss, „dass die Stadt Stuttgart aus dem Projekt Stuttgart 21 aussteigt“, der Entscheidung der Bürger unterstellt werden. Wie dieses Ziel aber konkret umgesetzt werden soll, wird der Verantwortung der Beklagten überlassen. Die in den Teilfragen 2 - 5 vorgesehenen Wege allein sind angesichts bereits bestehender vertraglicher Bindungen (s.u.) für einen Ausstieg unzureichend. Die Teilfragen 2 - 4 betreffen nur den Abschluss weiterer Verträge, wobei die in den Teilfragen 2 und 3 genannten Verträge auf der Grundlage entsprechender Gemeinderatsbeschlüsse schon am ersten Tag der Unterschriftssammlung unterzeichnet worden waren. Die Teilfrage 5 lässt offen, was passieren soll, wenn die Vertragspartner einer Aufhebungsvereinbarung nicht zustimmen - was diese im vorliegenden Fall bereits erklärt und durch den Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 manifestiert haben Ein positiver Bürgerentscheid würde daher zu einer Bindung „ins Blaue hinein“ führen und die Beklagte zum Ausstieg mit nicht übersehbaren Konsequenzen verpflichten. Zu berücksichtigen dürfte auch sein, dass die Entscheidung für das Projekt Stuttgart 21 in der planfestgestellten Form eine Entscheidung zwischen verschiedenen, im Vorfeld untersuchten Varianten darstellt. Selbst wenn über den Ausstieg der Beklagten (mittelbar) die Verwirklichung des Projektes verhindert werden könnte, wäre damit die Angelegenheit nicht „endgültig entschieden“, nachdem für die Bahn als Projektträgerin die von den Projektgegnern favorisierte Alternative augenscheinlich nicht in Betracht kommt.
79 
c) Ob die Teilfrage 1 eine hinreichend bestimmte „Entscheidung“ i.S.d. § 21 GemO BW vorgibt, kann im vorliegenden Verfahren aber letztlich offen bleiben. Die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 kann jedenfalls deshalb nicht (mehr) zum Gegenstand eines Bürgerentscheids gemacht werden, weil insoweit bereits in der Vergangenheit bindende Gemeinderatsbeschlüsse ergangen sind, die durch den Abschluss rechtlich verbindlicher Vereinbarungen vollzogen wurden. Ein „Ausstieg“ aus dem Projekt ist damit grundsätzlich nur noch in dem vom Vertragsrecht vorgegebenen Rahmen möglich.
80 
Die rechtlichen Hindernisse für das Bürgerbegehren bestehen daher weniger in einem nicht fristgerechten Vorgehen gegen die das Projekt Stuttgart 21 betreffenden Gemeinderatsbeschlüsse von 1995 und 2001, welche seinerzeit noch gar nicht Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein konnten, als vielmehr in dem Vollzug dieser Gemeinderatsbeschlüsse durch den Abschluss von Verträgen. Verkürzt gesagt konnte die grundsätzliche Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 vor der Novellierung der Gemeindeordnung im Jahr 2005 noch nicht und nach der Novellierung nicht mehr zum Gegenstand einer unmittelbaren Bürgerbeteiligung gemacht werden.
81 
aa) Es spricht einiges dafür, dass bereits die Zustimmung des Gemeinderates zu der Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 eine Grundsatzentscheidung über das „Ob“ der Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 - auch in finanzieller Hinsicht - beinhaltet und sich durch den Abschluss der Rahmenvereinbarung manifestiert hat. Der Gemeinderat der Beklagten hat der Rahmenvereinbarung mit Beschluss vom 30.11.1995 zugestimmt (GR-Drs. 605/1995 vom 20.11.1995). In der Rahmenvereinbarung haben sich die Beteiligten (d.h. das Land Baden-Württemberg, die Beklagte, der Verband Region Stuttgart, die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Bahn AG) verpflichtet, das in der Vereinbarung näher beschriebene Projekt Stuttgart 21 vorrangig zu entwickeln (§ 4 Abs. 5), in zeitlicher Hinsicht zu fördern (§ 5) und nach Maßgabe einer noch abzuschließenden Finanzierungsvereinbarung die Kosten zu übernehmen (§ 6). Die Beklagte hat sich zur Aufstellung von Bebauungsplänen für das freiwerdende Bahngelände (§ 4 Abs. 1) und ggf. zur Zahlung von Schadensersatz (§ 4 Abs. 2) verpflichtet. Eine finanzielle Beteiligung der Beklagten ist zum einen bezüglich des kommunalen Anteils an den Nahverkehrsmitteln (im Rahmen der Mitgliedschaft im Verband Region Stuttgart) vorgesehen (§ 3 Abs. 4). Zum andern regelt die Vereinbarung, dass das Risiko von Baukostenerhöhungen bis zu einem Betrag von 170 Mio. DM zu einem Drittel (umgerechnet 29 Mio. Euro) von der Beklagten getragen wird (§ 3 Abs. 5). Diese Regelungen gehen über (unverbindliche) Absichtserklärungen weit hinaus. Dass der Gemeinderat der Beklagten diese Bindung bewusst eingegangen ist, ergibt sich auch aus der Sitzungsvorlage zum Gemeinderatsbeschluss vom 30.11.1995. Darin heißt es: „Gewiss führt die Rahmenvereinbarung zu Bindungen. Das liegt im Wesen eines jeden Vertrages. … An diesen Bindungen hat die Landeshauptstadt, sofern sie Stuttgart 21 will, ein nachhaltiges Interesse“.
82 
Auch aus § 6 der Vereinbarung ergibt sich nichts anderes. Danach sind sich alle Beteiligten „darüber einig, dass für das Gesamtprojekt eine Finanzierungsvereinbarung nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens zu treffen ist“. Dies bedeutet aber nicht im Umkehrschluss, dass die Regelungen der Rahmenvereinbarung unverbindlich wären oder die Beklagte sich ihrer Beteiligung - auch in finanzieller Hinsicht - nach Belieben begeben könnte. Auch wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses der Rahmenvereinbarung im Jahr 1995 die Realisierung des Projekts Stuttgart 21 im Hinblick auf das noch ausstehende Planfeststellungsverfahren nicht feststand, so ändert dies nichts daran, dass im Falle der Durchführung des Projekts die Beteiligung der Beklagten durch die Vereinbarung von 1995 mit Zustimmung des Gemeinderates bereits verbindlich vereinbart gewesen sein dürfte.
83 
Eine verbindliche Vereinbarung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 stellt jedenfalls die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 dar, der der Gemeinderat am 12.07.2001 zugestimmt hat (GR-Drs. 664/2001). In dieser zwischen dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart, der Deutschen Bahn AG und der Beklagten geschlossenen Vereinbarung hat sich die Beklagte verbindlich zum Erwerb bestimmter freiwerdender Bahnflächen (Ziffer 2) und zur Übernahme weiterer Investitionskostenrisiken (Ziffer 3.2) verpflichtet. Die Beklagte hat sich bereit erklärt, sich an den zusätzlichen Kosten der Flughafenanbindung mit 5 Mio. DM (2,56 Mio. EUR) zu beteiligen (Ziff. 3.1.2) und über die in § 3 Abs. 5 der Rahmenvereinbarung vorgesehenen Regelungen hinaus wasserwirtschaftliche Risiken in Höhe von max. 40 Mio. DM (20,5 Mio EUR) zu übernehmen (Ziff. 3.2). Der Wortlaut der letztgenannten Bestimmung spricht im Übrigen dafür, dass bereits die Rahmenvereinbarung von 1995 verbindlich die finanzielle Beteiligung der Beklagten an dem Projekt regelte. In einer im Zusammenhang mit der Realisierungsvereinbarung geschlossenen Vorfinanzierungsvereinbarung von 2001 (GRDrs. 177/2001; vgl. Einleitung a.E. und Ziff. 3.1.4 der Realisierungsvereinbarung) hat die Beklagte darüber hinaus einen Anteil von 50 Mio. DM (= 26 Mio. EUR) an den Kosten der Vorfinanzierung des Bundesanteils übernommen. Insgesamt hat die Beklagte damit durch die Vereinbarungen von 1995 und 2001 finanzielle Verpflichtungen bzw. Kostenrisiken in Höhe von 78,06 Mio. EUR übernommen (29 + 2,56 + 20,5 + 26 Mio. EUR).
84 
Der Auffassung, dass - spätestens - mit der Realisierungsvereinbarung von 2001 eine verbindliche Entscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 getroffen worden ist, steht auch Ziffer 3.3 der Realisierungsvereinbarung nicht entgegen. Darin haben die Parteien vereinbart, auf der Basis einer für Ende 2004 von der Deutsche Bahn AG vorgesehenen aktualisierten Wirtschaftlichkeitsrechnung über die Anpassung ihrer Finanzierungsbeiträge zu verhandeln, um die Wirtschaftlichkeit des Projekts zu gewährleisten; als Ergebnis der Verhandlungen sollte dann eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung abgeschlossen werden. Daraus folgt jedoch weder, dass die Vereinbarung der bisherigen Finanzierungsbeiträge nicht mehr verbindlich sein sollte, noch, dass eine Partei berechtigt gewesen wäre, das Projekt durch einseitige Erklärung zu beenden. Dagegen spricht schon, dass nach der Regelung in Ziff. 3.3 a. E. keine Partei ihren finanziellen Beitrag, so wie er zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Vereinbarung festgelegt wird, unterschreiten kann. Auch ist eine Partei nur dann berechtigt, die Beendigung des Projektes zu erklären, wenn die Verhandlungen zu keinem einvernehmlichen Ergebnis führen. Diese Bedingung ist jedoch zu keinem Zeitpunkt eingetreten.
85 
d) Auch die Tatsache, dass der Gemeinderat am 04.10.2007 dem Abschluss einer „Ergänzungsvereinbarung über die Beteiligung der Landeshauptstadt Stuttgart und des Verbandes Region Stuttgart an dem Projekt Stuttgart 21“ zugestimmt hat, macht die auf einen Ausstieg gerichtete Teilfrage 1 nicht zulässig.
86 
aa) Richtet sich ein Bürgerbegehren gegen einen Beschluss des Gemeinderats, muss es gemäß § 21 Abs. 3 Satz 3, 2. HS GemO BW innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Stellt man auf den Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 ab, wäre innerhalb der Sechs-Wochen-Frist die nach § 21 Abs. 3 Satz 5 GemO BW für ein Bürgerbegehren im vorliegenden Fall notwendige Anzahl von mindestens 20.000 Unterschriften beigebracht worden. Dass das notwendige Quorum - deutlich - überschritten ist, ergibt sich aus den vorgelegten Akten der Beklagten und ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
87 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers beinhaltet die in der Gemeinderatssitzung vom 04.10.2007 erteilte Zustimmung des Gemeinderates zum Abschluss der Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 aber keinen neuen Grundsatzbeschluss über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21, der den Weg zu dem angestrebten Bürgerentscheid eröffnen konnte.
88 
Der Gemeinderat hat in der Sitzung vom 04.10.2007 einen Antrag der Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, einen erneuten Grundsatzbeschluss über das Projekt Stuttgart 21 zu fassen, mehrheitlich ausdrücklich abgelehnt (zur Zulässigkeit von Bürgerbegehren gegen wiederholende Grundsatzbeschlüsse, die aufgrund einer nochmaligen Sachdiskussion im Gemeinderat gefasst wurden, vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.04.1993 - 1 S 1076/92 -, NVwZ-RR 1994, 110 f.). Auch der Sache nach ist kein bürgerentscheidsfähiger Grundsatzbeschluss über die Projektbeteiligung der Beklagten ergangen. Soweit es in der entsprechenden Sitzungsvorlage (GRDrs. 790/07 vom 25.09.2007) heißt, es bestehe bisher „keine verbindliche Vereinbarung“, bezieht sich diese Formulierung nur auf die interne Kostenverteilung „zwischen dem Land und seinen Partnern“, nämlich dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart und der Beklagten, bedeutet aber nicht, dass die Beklagte im Hinblick auf ihre Beteiligung an dem Projekt Stuttgart 21 zwar keine bindenden Verpflichtungen eingegangen wäre.
89 
Die Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 diente der Umsetzung des Memorandum of Understanding vom 19.07.2007. Darin hatten die Beteiligten festgestellt, dass die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens durch die Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn mit Preis- und Kostenstand 2004 sowie deren Ergänzung im Rahmen der Modellrechnung belegt worden sei. Ferner sind in dem Memorandum die Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen „des Landes und seiner Partner“ genannt, ohne dass eine interne Aufteilung erfolgt war. Gegenstand der Ergänzungsvereinbarung war vor diesem Hintergrund, die Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen der Beklagten und des Verbandes Region Stuttgart im Verhältnis zu denen des Landes Baden-Württemberg festzulegen. In der Ergänzungsvereinbarung ist in diesem Zusammenhang u.a. geregelt, dass die Beklagte von den nach dem Memorandum vom Land im Falle einer Kostensteigerung abzusichernden Risiken in Höhe von 780 Millionen Euro anteilig 206,94 Millionen Euro trägt (vgl. Teilfrage 2). Im Übrigen heißt es in der Vorbemerkung der Ergänzungsvereinbarung, dass sie die Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 und die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 ergänze. Schließlich ermächtigen am Ende der Vereinbarung (Ziff. V) die Beklagte und der Verband Region Stuttgart das Land unwiderruflich, den Finanzierungsvertrag mit der DB und dem Bund auf der Grundlage der Ergänzungsvereinbarung auch in ihrem Namen abzuschließen.
90 
Aus dem Beschluss des Gemeinderates vom 04.10.2007, dem Inhalt des Ergänzungsvertrages vom 05.10.2007, den vorangegangenen Gemeinderatsbeschlüssen vom 30.11.1995 und vom 12.07.2001 sowie den daraufhin abgeschlossenen Vertragswerken von 1995 und 2001 ergibt sich damit, dass die grundsätzliche Entscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 (das „Ob“) - auch in finanzieller Hinsicht - bereits vor dem 04.10.2007 verbindlich gefallen war. Allein die Höhe der finanziellen Beteiligung (das „Wie“) ist durch die Ergänzungsvereinbarung vom 04.10.2007 im Verhältnis zu den bisherigen Vereinbarungen modifiziert worden.
91 
d) Die auf einen Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Teilfrage 1 ist auch nicht deshalb zulässig, weil der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 eine Änderung der Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 betrifft. Während die Beklagte durch die auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses geschlossene Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 auf der einen Seite erheblich stärker am Kostensteigerungsrisiko beteiligt wird, fallen auf der anderen Seite bisherige verbindliche Verpflichtungen weg (vgl. dazu im einzelnen die Beschlussvorlage zu der Gemeinderatssitzung vom 04.10.2007, GRDrs 790/2007).
92 
aa) Die Kammer kann offen lassen, ob dies eine „wesentliche“ Änderung der Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten darstellt (zur Zulässigkeit eines - wiederholten - Bürgerbegehrens bei einer durch den Gemeinderat beschlossenen wesentlichen Änderung des Vorhabens vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.04.1992 - 1 S 333/92 -, VBlBW 1992, 421 ff.). Die Beklagte bestreitet das und hat dazu vorgetragen, die zusätzlichen finanziellen Verpflichtungen betrügen hochgerechnet bis zum Jahr 2020 nur ca. 0,3 % des Haushaltsvolumens der Beklagten in diesen Jahren; außerdem seien die der Beklagten durch das „Konjunkturprojekt Stuttgart 21“ entstehenden zusätzlichen Einnahmen aus Steuern und Finanzzuweisungen zu berücksichtigen.
93 
Die Kammer kann auch offen lassen, ob der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zu der Ausschlussregelung in § 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW zu folgen ist (vgl. Urteil vom 06.04.1992 - 1 S 333/92 -, VBlBW 1992, 421 ff.). Nach dieser Vorschrift findet ein Bürgerbegehren nicht statt über die Haushaltssatzung einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe sowie die Kommunalabgaben, Tarife und Entgelte. Der Verwaltungsgerichtshof hat daraus geschlossen, der Gesetzgeber habe der Bürgerschaft auch in grundsätzlichen finanziellen Fragen keine Sachentscheidungskompetenz anstelle des Gemeinderates einräumen wollen, so dass Gemeinderatsbeschlüsse, die sich allein mit den Bau- oder Folgekosten eines Vorhabens befassten, nicht Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein könnten.
94 
Ob schließlich in diesem Zusammenhang von Bedeutung ist, dass der Gemeinderat der Bildung von entsprechenden Teilrücklagen zur Finanzierung des verbindlichen städtischen Beitrages zum Projekt Stuttgart 21 und des eventuellen städtischen Beitrages als Teil der Risikoabsicherung Stufe 1 im Rahmen des Jahresabschlusses 2007 bereits zugestimmt hat, bedarf ebenfalls keiner Entscheidung.
95 
bb) Die Frage, ob ein (nur) die Kostenerhöhung eines Projekts betreffender Gemeinderatsbeschluss bürgerentscheidfähig ist, bedarf jedenfalls deshalb keiner Entscheidung, weil im vorliegenden Fall die Kostenerhöhung gar nicht zum Gegenstand des Bürgerbegehrens gemacht worden ist. Das Bürgerbegehren nimmt nicht eine auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses vom 04.10.2007 wesentliche Erhöhung der Kosten bzw. Kostenrisiken und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Beklagte in den Blick und macht diese zum Gegenstand der Abstimmung. Dazu hätte es einer ganz anderen Fragestellung und Begründung bedurft. Es hätte z.B. in der Begründung dargelegt werden müssen, welche finanziellen Belastungen die Beklagte bisher - verbindlich - übernommen hat, welche Veränderungen nunmehr beschlossen worden sind und welche Folgerungen daraus gezogen werden sollen und können. In dem Bürgerbegehren wird aber die Frage der Kostenerhöhung als solche allenfalls am Rand angesprochen. Es geht in dem Bürgerbegehren nicht um das „Wie“ der Beteiligung in finanzieller Hinsicht, sondern um die Beteiligung an dem Projekt an sich (das „Ob“), gegen die nach der Begründung schwerpunktmäßig die Beeinträchtigungen durch die jahrelange Bauzeit ins Feld geführt werden.
96 
e) Selbst wenn man ungeachtet der dargestellten rechtlichen Einwände mit dem Kläger davon ausginge, dass der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 im Hinblick auf die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 grundsätzlich „bürgerbegehrensfähig“ gewesen wäre, so wäre ein inhaltlich dagegen gerichtetes Bürgerbegehren wegen des Vollzugs des Gemeinderatsbeschlusses durch den Abschluss der Ergänzungsvereinbarung am 05.10.2007 dennoch unzulässig.
97 
Bürgerbegehren und Bürgerentscheide können, wie sich aus dem Namen und dem Wesen des Rechtsinstituts ergibt, nur zu Angelegenheiten stattfinden, über die die Gemeinde jetzt oder in absehbarer Zukunft noch entscheiden kann. Bürgerbegehren, die nur eine nachträgliche Meinungsäußerung der Bürger zu einer bereits vom Gemeinderat entschiedenen und vollzogenen Maßnahme herbeiführen wollen, sind nicht zulässig (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 368 f.).
98 
Mit Beschluss vom 04.10.2007 hat der Gemeinderat der Beklagten dem Abschluss der Ergänzungsvereinbarung über die finanzielle Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 zugestimmt und die Vertreter der Verwaltung ermächtigt, alle Erklärungen und Handlungen zum Abschluss und zur Umsetzung des Vertrages vorzunehmen. Von der in der Gemeinderatssitzung erteilten Ermächtigung haben die Vertreter der Beklagten durch Abschluss der Ergänzungsvereinbarung am 05.10.2007 Gebrauch gemacht. Die Forderung, die Ergänzungsvereinbarung nicht abzuschließen, geht daher ins Leere, mit anderen Worten: die Angelegenheit kann nicht mehr in dem vom Bürgerbegehren verfolgten Sinn entschieden werden. Damit ist das Bürgerbegehren insoweit unzulässig geworden (zur Unzulässigkeit eines Bürgerbegehrens nach Vollzug der Maßnahme, die verhindert werden soll, vgl. OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.; BayVGH, Beschlüsse vom 21.10.1999 - 4 ZE 99.2944 -, juris, und vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 368 f.; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.10.2000 - A 2 S 298/99 -,juris; VG Minden, Urteil vom 16.07.2002 - 3 K 138/02 -, juris; a.A. wohl Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 21, wonach ein fristgerechtes Bürgerbegehren auch gegen einen vollzogenen Beschluss zulässig sein soll).
99 
f) Entgegen der Auffassung des Klägers war der Oberbürgermeister der Beklagten auch nicht gehalten, die Vollziehung des Gemeinderatsbeschlusses vom 04.10.2009 deshalb auszusetzen, weil hiergegen ein Bürgerbegehren eingeleitet worden ist.
100 
Zwar ist es offenkundiges Ziel der Vorschriften über das Bürgerbegehren und den Bürgerentscheid, die Bürgerschaft möglichst aktiv in die politischen Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Durch die Novellierung des § 21 GemO BW im Jahr 2005, insbes. durch den Wegfall des sog. „Positivkatalogs“, hat der Gesetzgeber die Möglichkeiten unmittelbarer Bürgerbeteiligung nochmals erweitert. Der Grundsatz der „repräsentativen Demokratie“ auch auf Gemeindeebene wird durch die Möglichkeit eines Bürgerentscheids als Element der unmittelbaren Demokratie aber nur ergänzt, nicht überlagert. Die beiden Entscheidungsformen stehen gleichberechtigt nebeneinander: Ein nach zulässigem Bürgerbegehren ergangener Bürgerentscheid hat zwar die Kraft, einen Ratsbeschluss zu ersetzen (§ 21 Abs. 7 Satz 1 GemO BW). Dies schließt aber die sich aus § 43 GemO BW folgende Verpflichtung des Bürgermeisters nicht aus, einen Ratsbeschluss zu vollziehen, gegen den sich ein Bürgerbehren nachträglich richtet.
101 
Eine aufschiebende Wirkung sieht die Gemeindeordnung in Baden-Württemberg selbst bei zulässigen Bürgerbegehren nicht vor (anders z.B. § 26 Abs. 6 Satz 6 GemO NRW i.d. seit dem 17.10.2007 geltenden Fassung - GV.NRW S. 380 - für Bürgerbegehren, deren Zulässigkeit der Gemeinderat festgestellt hat). Auch der Regelungszusammenhang und der Zweck der Vorschriften über das Bürgerbegehren geben nichts für die Annahme her, das Interesse der Unterzeichner eines Bürgerbegehrens an einer Unterbindung gemeindlicher Tätigkeit, die ihrem Begehren "faktisch" entgegen wirkt, sei rechtlich geschützt. § 21 Abs. 1 und Abs. 8 GemO BW i.V.m. § 41 KomWG schützen allein ihr Interesse an der Zulassung eines zulässigen Bürgerbegehrens durch den Gemeinderat. An der weiteren Förderung des mit dem Bürgerbegehren bekämpften Vorhabens ist die Gemeinde erst mit dem erfolgreichen Bürgerentscheid gehindert (§ 21 Abs. 7 GemO BW). Die Minderheit von Bürgern, die das nach § 21 Abs. 3 Satz 5 GemO erforderliche Quorum bilden, kann eine derartige Sperrwirkung nicht herbeiführen (so ausdrücklich VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.09.1993 - 1 S 1749/93 -, NVwZ 1994, 397 ff.).
102 
Indem der Gesetzgeber dem Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung beigemessen hat, hat er die Möglichkeit eröffnet, Gemeinderatsbeschlüsse auch bei einem laufenden Bürgerbegehren umzusetzen. Die Gemeindeordnung Baden-Württemberg nimmt damit in Kauf, dass im Einzelfall eine Entscheidung des Gemeinderates dadurch einen faktischen Vorrang erhält, dass sie wegen der Schwerfälligkeit des Verfahrens zur Herbeiführung eines Bürgerentscheids schon vor dessen Abschluss in die Tat umgesetzt werden kann. Der Sinn des repräsentativ-demokratischen Systems besteht gerade darin, eine organisatorisch und zeitlich handhabbare Form demokratischer Willensbildung für mitgliederstarke Körperschaften bereitzustellen und die Funktionsfähigkeit und Effizienz des gemeindlichen Verwaltungshandelns sicherzustellen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 17.11.2008 - 8 B 1806/08 -, juris; OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.; zur mangelnden Sperrwirkung von Bürgerbegehren auf der Grundlage der jeweiligen landesrechtlichen Gemeindeordnungen siehe auch OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.10.2000 - A 2 S 298/99 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 12.09.1997 - 4 ZE 97.2758, NVwZ-RR 1998, 253; OVG NW, Beschluss vom 15.07.1997 - 15 B 1138/97 -, NVwZ-RR 1999, 140 f. und Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., jeweils zur Rechtslage vor dem 17.10.2007; OVG Meck.-Vorpom., Beschluss vom 24.07.1996 - 1 M 43/96 - , NVwZ 1997, 306 ff.; VG Gießen, Beschluss vom 08.08.1997 - 8 G 1178/97 -, juris).
103 
Der Hinweis des Klägers auf die Empfehlungen in der Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Gemeindeordnung für Baden-Württemberg - VwV GemO - vom 01.12.1985 (GABl 1985, 1113 ff.), vom Vollzug eines mit einem Bürgerbegehren angefochtenen Gemeinderatsbeschlusses abzusehen, geht damit ins Leere. Abgesehen davon, dass die VwV GemO wohl nach der Vorschriftenanordnung - VAO - vom 23.11.2004 (GABl 2005, 194 ff.; vgl. zur Verfallsautomatik Ziff. 9 der VAO) außer Kraft getreten sein dürfte, widerspricht sie der Rechtslage sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg.
104 
g) Eine Beschränkung der Handlungsmacht des Oberbürgermeisters lässt sich im vorliegenden Fall auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Organtreue oder des Rechtsmissbrauchs herleiten.
105 
Nach teilweise in der Rechtsprechung vertretener Auffassung (vgl. insbes. OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.) soll sich eine Schranke für die Befugnis von Gemeindeorganen zur Entscheidung über den Gegenstand eines Bürgerbegehrens aus dem auf das Verhältnis der Gemeindeorgane zur Bürgerschaft im Rahmen eines Bürgerbegehrens übertragbaren Grundsatz der Organtreue ergeben. Dieser soll die Gemeindeorgane verpflichten, sich so gegenüber dem Bürgerbegehren zu verhalten, dass dieses seine gesetzlich eröffnete Entscheidungskompetenz ordnungsgemäß wahrnehmen kann, mit anderen Worten, bei der Ausübung der gemeindlichen Kompetenzen von Rechts wegen auf die Willensbildung der Bürgerschaft im Rahmen eines Bürgerbegehrens Rücksicht zu nehmen.
106 
Es erscheint bereits fraglich, ob der im Staatsrecht entwickelte und auf das Verhältnis kommunaler Organe untereinander übertragene Grundsatz der Organtreue auf das Verhältnis zwischen Gemeindeorganen und der ein Bürgerbegehren unterstützenden Bürgerschaft überhaupt anwendbar ist. Selbst wenn man der o.g. Auffassung folgt, kann angesichts der Tatsache, dass der Gesetzgeber in Baden-Württemberg für Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung vorgesehen hat und Gemeinderatsbeschlüsse und Bürgerentscheide gleichwertig nebeneinander stehen, eine Verletzung der Treuepflicht nicht schon dann vorliegen, wenn die Entscheidung des Gemeindeorgans dem Bürgerentscheid zuvorkommt. Für die Annahme eines treuwidrigen Verhaltens gemeindlicher Organe durch Ausführung eines mit einem Bürgerbegehren angegriffenen Beschlusses der Gemeindevertretung sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 17.11.2008 - 8 B 1806/08 -, juris). Ein im o.g. Sinne treuwidriges Handeln eines Gemeindeorgans setzt voraus, dass dessen Handeln - sei es in der Sache selbst oder hinsichtlich des dafür gewählten Zeitpunkts - bei objektiver Betrachtung nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist, sondern allein dem Zweck dient, dem Bürgerbegehren die Grundlage zu entziehen und damit eine Willensbildung auf direkt-demokratischem Wege zu verhindern (so auch OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007, a.a.O.; ebenso für den Fall rechtsmissbräuchlicher Verhinderung eines - zulässigen - Bürgerbegehrens VG Gießen, Beschluss vom 08.08.1997 - 8 G 1178/97 -, juris).
107 
Es kann offen bleiben, welche rechtlichen Konsequenzen ein treuwidriges Verhalten des Oberbürgermeisters im vorliegenden Fall hätte und ob sich daraus überhaupt ein Anspruch auf Rückabwicklung ergeben könnte. Die Unterzeichnung des Ergänzungsvertrages vom 05.10.2007 durch die Gemeindevertreter unmittelbar nach dem Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 stellt jedenfalls kein treuwidriges oder rechtsmissbräuchliches Verhalten im o.g. Sinne dar.
108 
Wie dargelegt ist spätestens in der Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 verbindlich geregelt worden. Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung vom 04.10.2007 eine erneute Grundsatzentscheidung über das Projekt ausdrücklich abgelehnt, der Ergänzungsvereinbarung zugestimmt und die Vertreter der Verwaltung ermächtigt, alle Erklärungen und Handlungen zum Abschluss und zur Umsetzung der Ergänzungsvereinbarung vorzunehmen. Angesichts dieser Vorgeschichte und der Komplexität der Angelegenheit - auch im Hinblick auf die mit einzubindenden Vertragspartner - bestand weder Veranlassung noch Notwendigkeit, mit dem Vollzug des Gemeinderatsbeschlusses zuzuwarten im Hinblick auf ein Bürgerbegehren, in dem entgegen der vertraglichen Bindungen die grundsätzliche Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 in Frage gestellt werden sollte. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass die Initiatoren des Bürgerbegehren erst am 05.10.2007 den Text des Bürgerbegehrens veröffentlicht und mit der Sammlung von Unterschriften begonnen haben. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses lag daher ein zulassungsfähiges Bürgerbegehren noch gar nicht vor.
109 
h) Die auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 gerichtete Teilfrage 1 ist auch deshalb unzulässig, weil sie auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet ist.
110 
aa) Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens ist auch zu prüfen, ob die mit dem Bürgerbegehren verlangte Maßnahme mit der Rechtsordnung vereinbar ist. Dies ergibt sich auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung bereits aus dem Rechtsstaatsprinzip. Es besteht kein Anspruch auf Zulassung eines Bürgerentscheids, der im Falle seiner Annahme rechtswidrig wäre und daher beanstandet und aufgehoben werden müsste (vgl. BayVGH, Urteil vom 10.12.1997, - 4 B 97.89-93, NVwZ-RR 1999, 141 ff.; VG Regensburg, Urteil vom 28.03.2007 - RO 3 K 07.00149 -, juris; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris).
111 
Ein Bürgerbegehren ist auch dann unzulässig, wenn sich dessen Rechtswidrigkeit aus einem Verstoß gegen bestehende vertragliche Verpflichtungen ergibt und keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich die Gemeinde z.B. durch ein einseitiges Rücktritts- oder Kündigungsrecht oder durch einen Anspruch auf Vertragsanpassung bzw. -aufhebung von den eingegangenen vertraglichen Bindungen lösen kann (vgl. OVG NW, Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff.; VG Meiningen, Urteil vom 07.12.2007 - 2 K 572/07 Me - , juris; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris; VG Augsburg, Urteil vom 22.01.2004 - Au 8 K 03.364 - juris, zu einer auf der Basis eines Gemeinderatsbeschlusses geschlossenen Kreuzungsvereinbarung mit der DB Netz AG; a. A. VG Düsseldorf, Urteil vom 22.10.2004 - 1 K 2006/03 -, juris, dann aber Hinweis auf die Folgekosten im Kostendeckungsvorschlag erforderlich).
112 
Das Prinzip der Vertragstreue stellt einen der elementarsten Rechtsgrundsätze überhaupt dar. Die Bindungswirkung von Verträgen schützt das Vertrauen der Parteien auf die durch das Rechtsgeschäft geschaffene Rechtslage. Die Zulässigkeit von Bürgerentscheiden trotz anderslautender vertraglicher Verpflichtungen würde das Vertrauen in die Bindungswirkung von Verträgen mit kommunalen Vertragspartnern nachhaltig erschüttern und damit die Handlungsfähigkeit der Kommunalorgane erheblich beeinträchtigen.
113 
Anders als bei der Beanstandung von gesetzwidrigen Gemeinderatsbeschlüssen durch die Rechtsaufsichtsbehörde nach §§ 121 ff. GemO BW sieht § 21 GemO BW für Bürgerbegehren, mit denen Ratsbeschlüsse beseitigt werden sollen, auch keine Rückwirkung vor. Das sog. kassatorische Bürgerbegehren zielt vielmehr darauf ab, eine getroffene Ratsentscheidung aufgrund einer anderen politischen Willensbildung der Bürgerschaft zu ändern. Das rechtfertigt - nicht anders als bei einem geänderten politischen Willen im Rat selbst - nur eine Gestaltungsmöglichkeit für die Zukunft (vgl. OVG NW, Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff.).
114 
bb) Im vorliegenden Fall widerspricht der „Ausstieg“ der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 bestehenden vertraglichen Verpflichtungen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte sich durch ein einseitiges Kündigungs- oder Rücktrittsrecht oder einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag mit den übrigen Vertragsparteien aus ihren vertraglichen Verpflichtungen lösen könnte, bestehen zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht.
115 
Spätestens in der Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 ist wie dargelegt die Projektbeteiligung der Beklagten verbindlich vereinbart worden. Eine einseitige Kündigungs- oder Rücktrittsklausel enthält dieser Vertrag nicht. Nach Ziff. 3.3 der Realisierungsvereinbarung sind die Parteien nur dann berechtigt, die Beendigung des Projektes zu erklären, wenn die Verhandlungen über eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung zu keinem einvernehmlichen Ergebnis führen; für diesen Fall ist auch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen grundsätzlich ausgeschlossen (Ziff. 3.4). Ein „Ausstieg“ aus dem Projekt wäre danach nur möglich gewesen, wenn auf der Basis der für 2004 erwarteten aktualisierten Wirtschaftlichkeitsrechnung kein Einvernehmen über eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung erzielt worden wäre. Diese Voraussetzung ist aber nicht eingetreten. Im Memorandum of Understanding haben die Beteiligten unter Ziff. III 2. Absatz übereinstimmend festgestellt, dass die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens durch die Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn belegt worden sei. In der mit Zustimmung des Gemeinderates abgeschlossenen Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 haben sich das Land Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart und die Beklagte über ihre finanzielle Beteiligung an dem Projekt geeinigt. Schließlich haben alle Projektbeteiligten am 02.04.2009 einen Finanzierungsvertrag über das Projekt Stuttgart 21 geschlossen. In § 2 Abs. 2 der Vorbemerkung stellen die Vertragsparteien - erneut - fest, dass die Wirtschaftlichkeit des Projekts belegt sei. Für den Fall von Kostensteigerungen über das vereinbarte Risikoabsicherungsmodell hinaus enthält die Finanzierungsvereinbarung in § 2 Abs. 2 2. Abs. und § 8 Abs. 4 „Ausstiegsszenarien“, deren Voraussetzungen zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung aber ebenfalls nicht vorliegen. Selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen sieht die Finanzierungsvereinbarung zudem zunächst Nachverhandlungen vor. Dies entspricht der Regelung in § 313 BGB über die möglichen Folgen einer Störung der Geschäftsgrundlage, wonach zunächst eine Anpassung des Vertrages verlangt werden kann und nur im Ausnahmefall ein Rücktrittsrecht entsteht.
116 
Auch für die Möglichkeit einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung bestehen derzeit keinerlei Anhaltspunkte. Die Vertragspartner der Beklagten haben bereits vor Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 schriftlich mitgeteilt, dass sie an dem Projekt festhalten wollen und eine Vertragsaufhebung nicht in Betracht komme (Schreiben Deutsche Bahn AG vom 09.11.2007; Schreiben Landes Baden-Württemberg vom 28.11.2007; Schreiben Verband Region Stuttgart vom 11.12.2007). Der Wille zum Festhalten an den getroffenen Vereinbarungen hat sich schließlich im Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 manifestiert.
117 
cc) Das Verlangen nach einem Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 ist auch deshalb rechtswidrig, weil es einem unzulässigen Widerruf von Ermächtigungen gleichkommt, die der Gemeinderat in den vergangenen Jahren für den Abschluss von das Projekt betreffenden Verträgen erteilt hat.
118 
Hängt die Wirksamkeit eines Vertrages von der Zustimmung eines Dritten ab, so kann nach den allgemeinen Regelungen des Vertragsrechts die Zustimmung gemäß § 183 BGB (nur) bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts widerrufen werden. Es bestehen keine Bedenken, die Regeln für eine gesetzlich erforderliche Zustimmung nach §§ 182 ff. BGB sind für Gremienvorbehalte in gemeindlichen Verträgen entsprechend anzuwenden (ebenso OVG NW, Urteile vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., und vom 29.04.2003 - 15 A 3916/02 -, juris).
119 
Im vorliegenden Fall bedurften alle maßgeblichen Vereinbarungen zu dem Projekt Stuttgart 21 der Zustimmung des Gemeinderates, die jeweils erteilt wurde. Eine durch den Gemeinderat dem Bürgermeister erteilte Ermächtigung, seine Vertretungsmacht in bestimmter Weise auszuüben, kann entsprechend § 183 BGB nicht mehr rückgängig gemacht werden, wenn von der Ermächtigung Gebrauch gemacht wurde. Ein Bürgerbegehren, das - der Sache nach - auf die Aufhebung einer derartigen, bereits ausgeübten Ermächtigung des Bürgermeisters durch den Rat gerichtet ist, ist damit unzulässig (ebenso OVG NW, Urteile vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., und vom 29.04.2003 - 15 A 3916/02 -, juris).
120 
i) Die auf den Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Frage leidet schließlich auch an einem Begründungsmangel.
121 
aa) Gemäß § 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW zählt eine Begründung zum zwingenden Inhalt eines Bürgerbegehrens. Die Begründung dient dazu, die Unterzeichner über den Sachverhalt und die Argumente der Initiatoren aufzuklären. Der Bürger muss wissen, über was er abstimmt. Dabei sind an die Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 20 m.w.N.). Da die Begründung regelmäßig auch dazu dient, für das Bürgerbegehren zu werben, kann es in gewissem Umfang hinzunehmen sein, dass Tatsachenmitteilungen und Erläuterungen im Sinne des politischen Anliegens des Bürgerbegehrens "gefärbt" sind. Es ist vorrangig Sache der abstimmungsberechtigten Bürger, sich selbst ein eigenes Urteil darüber zu bilden, ob sie den mit dem vorgelegten Bürgerbegehren vorgetragenen Argumenten folgen wollen oder nicht. Darüber hinaus lassen schon Raumgründe eine ausführliche Erörterung des Für und Wider regelmäßig nicht zu. Die Grenze einer sachlich noch vertretbaren, politisch unter Umständen tendenziösen Darstellung des Anliegens des Bürgerbegehrens ist jedoch dann überschritten, wenn die Begründung in wesentlichen Punkten falsch, unvollständig oder irreführend ist. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob dem eine Täuschungsabsicht der Initiatoren des Bürgerbegehrens zu Grunde liegt. Denn maßgebend für eine inhaltliche Kontrolle der Begründung ist allein das Ziel, Verfälschungen des Bürgerwillens vorzubeugen (vgl. dazu OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.12.2005 - 2 LB 19/05 -; OVG NW, Urteil vom 23.04.2002 -15 A 5594/00 -; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -; jeweils juris).
122 
bb) Nach diesen Maßgaben ist die Begründung für den in der Teilfrage 1 geforderten Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 unzureichend.
123 
Die Begründung ist schwerpunktmäßig darauf gestützt, dass das Projekt der Stadt Stuttgart über viele Jahre hinweg die größte Baustelle Europas mitten im Stadtgebiet bescheren würde. Die „zusätzlichen finanziellen Belastungen“ sind ohne nähere Konkretisierung nur im Rahmen einer allgemeinen Aufzählung der Gründe für einen Bürgerentscheid aufgeführt. Es spricht schon einiges dafür, dass mit der Begründung (in Verbindung mit der Überschrift „www.stuttgart21-nein-danke.de“) der irreführende Eindruck erweckt wird, mit dem Bürgerbegehren könne unmittelbar über die Realisierung des Projektes Stuttgart 21 abgestimmt werden; dies ist deshalb unzutreffend, weil Vorhabensträger nicht die Beklagte, sondern die Deutsche Bahn ist. Zur Begründung werden aber jedenfalls im Wesentlichen Argumente angeführt, die sich auf die Auswirkungen des Vorhabens als solches beziehen und im Planfeststellungsverfahren abzuwägen waren, nicht aber Argumente, die die Beteiligung der Beklagten an dem Projekt und damit deren eigenen Wirkungskreis betreffen. Die Begründung spiegelt damit zwar die eigentliche Motivation des Bürgerbegehrens wider, hat aber mit der zur Entscheidung gestellten Frage nach einem Verzicht auf die - u.a. finanzielle - Beteiligung der Beklagten an dem Projekt nichts zu tun. Auch wird an keiner Stelle der Begründung auf die rechtliche Tragweite der 1995 und 2001 geschlossenen Vereinbarungen über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 und auf die möglichen erheblichen Konsequenzen eines Ausstiegs der Beklagten hingewiesen. Die Begründung spricht damit für eine verantwortbare Entscheidung notwendige elementare tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte überhaupt nicht an und vermittelt dem Bürger ein unvollständiges Bild von dem maßgeblichen Sachverhalt und seiner rechtlichen Beurteilung (vgl. dazu auch VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris). Angesichts der Bedeutung und Tragweite der zur Entscheidung gestellten Frage ist die Begründung unzureichend.
124 
j) Da die auf einen Ausstieg gerichtete Teilfrage 1 damit aus mehreren rechtlichen Gründen unzulässig ist, bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob die Ausführungen zur Kostendeckung den gesetzlichen Anforderungen (vgl. § 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW) genügen. Der Vortrag des Klägervertreters, potentielle Regressforderungen anderer Projektbeteiligter im Falle des Ausstiegs könnten „nach Grund und Höhe“ nicht substantiiert werden, zeigt für die Kammer allerdings einmal mehr, dass der Gegen-stand des Bürgerbegehrens nicht so konkretisiert ist, dass er einer verantwortbaren und verbindlichen Entscheidung zugänglich ist.
125 
2. Aus der Unzulässigkeit der auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 zielenden Teilfrage 1 folgt zugleich die Unzulässigkeit der Teilfragen 2 - 5.
126 
Die Teilfragen 2 und 3 sind schon deshalb unzulässig, weil auf Grund der Gemeinderatsbeschlüsse vom 04.10.2007 die Ergänzungsvereinbarung sowie die Vereinbarung über die Änderung des Kaufvertrages für die Teilgebiete A2, A3, B, C und D - am 05.10.2007 zwischen den Vertragsparteien geschlossen worden sind, wozu auf Seiten der Beklagten der Oberbürgermeister berechtigt war (s.o.). Damit können diese Angelegenheiten nicht mehr in dem vom Bürgerbegehren verfolgten Sinn entschieden werden.
127 
Ob die Teilfrage 4 inhaltlich hinreichend bestimmt ist, kann auf sich beruhen. Die Forderung, keine weiteren Verträge über das Projekt Stuttgart 21 abzuschließen, stellt einen Baustein in einem „Ausstiegsszenario“ dar und steht mit der Forderung nach einem Ausstieg in Teilfrage 1 in untrennbarem Zusammenhang.
128 
Teilfrage 5 ist schon nach ihrer Formulierung mit dem Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 verknüpft, d.h. eine entsprechende Mitteilung kann denknotwendig nur im Falle des beschlossenen Ausstiegs erfolgen.
129 
Die Frage der Teilbarkeit des Bürgerbegehrens in zulässige und unzulässige Fragen stellt sich deshalb nicht.
III.
130 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO.
131 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß § 124a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.
132 
Beschluss vom 17. Juli 2009
133 
Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG auf
134 
5.000,-- EUR
135 
festgesetzt (vgl. Ziff. 22.6 des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, VBlBW 2004, 467 ff.).

Gründe

 
52 
Die Klage ist zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
53 
Die Klage ist fristgerecht eingelegt und auch im übrigen zulässig.
54 
1. Der Kläger ist insbesondere gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt.
55 
Gegen die Zurückweisung eines Bürgerbegehrens kann jeder Unterzeichner Verpflichtungsklage auf Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens erheben (vgl. § 21 Abs. 4 und 8 GemO BW i.V.m. § 41 Abs. 2 KomWG). Der Kläger hat das Bürgerbegehren ausweislich der beigezogenen Akten der Beklagten selbst am 27.10.2007 unterzeichnet. Er hat die Klage ausdrücklich nicht als Vertrauensmann des Bürgerbegehrens, sondern als Bürger, der das Bürgerbegehren unterzeichnet hat, erhoben. An der Wahlberechtigung des Klägers (vgl. § 41 Abs. 1 KomWG) bestehen keine Zweifel. Durch die Nichtzulassung des Bürgerentscheids ist daher eine Verletzung des dem Kläger durch § 21 Abs. 3 GemO BW eingeräumten Rechts, als Bürger mittels Bürgerentscheid unmittelbar über eine Angelegenheit aus dem Wirkungskreis der Beklagten mitzubestimmen, möglich.
56 
2. Der Kläger hat vor Klageerhebung auch das Vorverfahren ordnungsgemäß durchgeführt.
57 
Die Durchführung des Vorverfahrens (Widerspruchsverfahrens) ist gem. § 68 VwGO grundsätzlich Prozessvoraussetzung der Klage in Anfechtungs- und Verpflichtungssachen. Das Vorverfahren muss (abgesehen von besonderen Fallkonstellationen wie etwa der Rechtsnachfolge) vom späteren Kläger „in eigener Person“ durchgeführt werden; dies schon deshalb, weil die angegriffene Entscheidung sonst dem Kläger gegenüber nach Ablauf der Widerspruchsfrist unanfechtbar würde (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 68 Rn. 7; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, 4. Aufl., § 68 Rn. 32 f.; Dolde/Porsch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 68 Rn. 30 f.; jeweils m.w.N).
58 
Entgegen der Auffassung des Regierungspräsidiums folgt die Widerspruchsbefugnis des Klägers bereits daraus, dass er das Bürgerbegehren selbst unterzeichnet hat. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger den Widerspruch ausschließlich als Vertreter der Bürger erhoben hat, die sich an der Initiative durch Unterschrift beteiligt haben, liegen nach Auffassung der Kammer nicht vor.
59 
a) Besondere Anforderungen an den Inhalt des Widerspruchs enthalten die §§ 69, 70 VwGO nicht. Es reicht aus, wenn für die Behörde aus der (schriftlichen) Äußerung sowie den weiteren ihr bekannten Umständen des Falles hinreichend deutlich wird, dass der Betroffene sich durch einen bestimmten Verwaltungsakt beschwert fühlt und eine Nachprüfung begehrt. Maßgeblich für die Auslegung des Rechtsbehelfs ist dabei nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung (vgl. grundsätzlich BVerwG, Urteil vom 12.12.2001 - 8 C 17/01 -, BVerwGE 115, 302 ff. = NJW 2002, 1137 ff., m.w.N.), wie die Behörde ihn unter Berücksichtigung aller ihr erkennbaren Umstände nach Treu und Glauben zu verstehen hat. Bei der Ermittlung des wirklichen Willens ist zugunsten des Bürgers davon auszugehen, dass er denjenigen Rechtsbehelf einlegen will, der nach Lage der Sache seinen Belangen entspricht und eingelegt werden muss, um den erkennbar angestrebten Erfolg zu erreichen. Dabei tritt der Wortlaut hinter Sinn und Zweck der Erklärung zurück.
60 
b) Es kann im vorliegenden Fall offen bleiben, ob Vorschriften im Zusammenhang mit Bürgerbegehren stets „bürgerbegehrensfreundlich“ auszulegen sind, um die Möglichkeit von - üblicherweise nicht verwaltungserfahrenen - Bürgern an der unmittelbaren Entscheidungsteilhabe nicht mehr als absolut unumgänglich einzuschränken (so VG Meiningen, Urteil vom 07.12.2007 - 2 K 572/07 -, juris). Die Widerspruchsbefugnis des Klägers folgt grundsätzlich bereits aus § 41 Abs. 2 KomWG, wonach jeder Unterzeichner des Bürgerbegehrens klage- und damit auch widerspruchsbefugt ist. Widersprechende Vertrauensleute eines Bürgerbegehrens dürfen in dieser Hinsicht nicht schlechter gestellt werden als andere Unterzeichner, deren Widerspruchsbefugnis regelmäßig nur an Hand der vorliegenden Unterschriftslisten zu überprüfen sein wird. Angesichts dieser Rechtslage wird die Auffassung, der Kläger habe den Widerspruch ausschließlich stellvertretend für die Unterzeichner des Bürgerbegehrens eingelegt, dem erkennbaren Rechtsschutzziel nicht gerecht. Das Widerspruchsschreiben enthält zwar vor den Unterschriften den Hinweis, dass es sich bei den Unterzeichnern um die Vertrauensleute des Bürgerbegehrens handelt. Ansonsten fehlt aber jeder Hinweis darauf, dass der Widerspruch (nur) im Namen der (übrigen) Unterzeichner des Bürgerbegehrens erfolgen soll bzw. dass der Widerspruch „im Namen“ des Bürgerbegehrens gegen Stuttgart 21 eingelegt wird. Angesichts der Hintergründe und Tragweite der erstrebten Entscheidung sowie nach dem erkennbaren - u.a. durch Vorlage eines umfangreichen Gutachtens untermauerten - Rechtsschutzziel, die Zulassung des Bürgerbegehrens auf jeden Fall zu erreichen, war davon auszugehen, dass die Unterzeichner des Schreibens vom 30.01.2008 den Rechtsbehelf in jedem Fall so einlegen wollten, dass er zum erstrebten Erfolg führt. Die Kammer ist überzeugt davon, dass nach einem - gebotenen - Hinweis des Regierungspräsidiums auf die Rechtslage bereits im Widerspruchsverfahren eine entsprechende Klarstellung erfolgt wäre.
61 
Auch die Tatsache, dass auf dem Briefumschlag, in dem sich das Widerspruchsschreiben befunden hat, als Absender „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ benannt war und für die Widerspruchsbegründung vom 11.02.2008 ein Briefbogen der Gemeinderatsfraktion „Bündnis 90/DIE GRÜNEN“ verwendet worden ist, stützt die Auffassung des Regierungspräsidiums nicht. Briefumschlag und Briefbogen verweisen allenfalls auf die Partei bzw. die Gemeinderatsfraktion „Bündnis 90/ DIE GRÜNEN“, welche als Widerspruchsführer erkennbar nicht in Betracht kommen, nicht aber auf „die Bürger, die sich an der Initiative durch Unterschrift beteiligt haben“.
62 
3. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage besteht uneingeschränkt.
63 
Zwar sind die Verträge, deren Abschluss mit den Teilfragen 2 und 3 verhindert werden sollte, auf der Grundlage der entsprechenden Gemeinderatsbeschlüsse vom 04.10.2007 bereits am 05.10.2007 unterzeichnet worden. Der Kläger hat sich in seiner Klagebegründung jedoch substantiiert gegen die Erledigung seines Begehrens durch Abschluss der angegriffenen Vereinbarungen gewandt. Er hat ein berechtigtes Interesse, die Frage der - fortbestehenden - Zulässigkeit des Bürgerbegehrens auch bezüglich der Teilfragen 2 und 3 durch eine Entscheidung in der Sache überprüfen zu lassen. Die Frage, ob das Bürgerbegehren trotz Vollzugs der zugrunde liegenden Gemeinderatsbeschlüsse zulässig ist, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Klage.
II.
64 
Die damit insgesamt zulässige Klage ist jedoch unbegründet.
65 
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, die Zulässigkeit des auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 gerichteten Bürgerbegehrens festzustellen. Durch den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 09.01.2008 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 17.07.2008 wird der Kläger im Ergebnis nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 und 5 VwGO). Maßgeblich für die gerichtliche Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung.
66 
1. Maßgebend für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens ist § 21 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg - GemO BW - in der seit dem 06.08.2005 gültigen Fassung (vgl. Gesetz zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005, GBl. S. 578 ff.). Nach § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO BW kann die Bürgerschaft über eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren).
67 
a) Während vor der Gesetzesänderung 2005 die einem Bürgerbegehren zugänglichen Gegenstände grundsätzlich in einem sog. Positivkatalog einzeln aufgelistet waren und in der Praxis insbesondere die Errichtung öffentlicher Einrichtungen relevant war, können seit der Novellierung alle Angelegenheiten des Wirkungskreises der Gemeinde, die in die Zuständigkeit des Gemeinderats fallen, Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein. Beschränkt wird der Umfang der Bürgerbeteiligung nunmehr durch den sog. Negativkatalog des § 21 Abs. 2 GemO BW. Danach findet ein Bürgerentscheid z.B. nicht statt über die Haushaltssatzung (21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW) oder über Bauleitpläne (§ 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO BW).
68 
Der Wirkungskreis der Gemeinde wird in §§ 1, 2 GemO BW beschrieben. Es sind darunter Angelegenheiten zu verstehen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder einen spezifischen Bezug zur Gemeinde haben und die der Gemeinde im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts nach Art. 28 GG garantiert sind. Damit sind einem Bürgerentscheid überörtliche Angelegenheiten bzw. Angelegenheiten, die in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Hoheitsträgers (Bund, Land, Landkreis etc.) fallen, grundsätzlich nicht zugänglich. Für die Zulässigkeit von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid stellt sich im Einzelfall jedoch die Frage, welche Maßnahmen dem eigenen (gemeindlichen) Wirkungskreis und welche dem Wirkungskreis eines anderen Rechtsträgers zuzurechnen sind. Insbesondere bei mehrstufigen Verwaltungs- und Planungsverfahren kann der Wirkungskreis der Gemeinde in einer Stufe angesprochen sein, obwohl die endgültige Entscheidung auf einer anderen Ebene getroffen wird (vgl. dazu etwa Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 3).
69 
b) Im vorliegenden Fall ist Gegenstand des Bürgerbegehrens der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 (Teilfrage 1). Die Teilfragen 2 - 5 bezeichnen Wege, mit denen dieser Ausstieg umgesetzt werden soll.
70 
Zwar handelt es sich bei dem Projekt Stuttgart 21 nicht um ein Vorhaben der Beklagten, sondern um ein Vorhaben der Deutschen Bahn, welches zudem - im Wesentlichen - bereits bestandskräftig planfestgestellt ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 06.04.2006 - 5 S 848/05, 5 S 596/05 und 5 S 847/05 - sowie Urteil vom 08.02.2007 - 5 S 2257/05 -, jeweils juris). Die Bahn kann deshalb das Vorhaben unabhängig vom Willen und der Beteiligung der Beklagten auf der Grundlage der Planfeststellungsbeschlüsse verwirklichen. Darüber hinaus betrifft das Vorhaben eine Angelegenheit, die weit über den örtlichen Wirkungskreis der Beklagten hinausgeht. Die Beklagte ist jedoch, wie die von ihr abgeschlossenen Vereinbarungen zeigen, an dem Projekt Stuttgart 21 in vielfacher - insbesondere finanzieller - Weise beteiligt. Diese Beteiligung betrifft Angelegenheiten der Beklagten, für die der Gemeinderat wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung zuständig ist. Die Kammer geht daher - ebenso wie die Beklagte und das Regierungspräsidium in den angefochtenen Bescheiden - davon aus, dass die Beteiligung der Beklagten an dem Projekt Stuttgart 21 grundsätzlich einen zulässigen Gegenstand i.S.d. § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO BW n.F. darstellt.
71 
Gegenstand des Bürgerbegehrens ist nach dem Wortlaut der Fragestellungen auch nicht die Realisierung des Projekts Stuttgart 21 als solches, obwohl die Unterschriftenlisten mit „www.stuttgart21-nein-danke.de“ überschrieben sind und nach der erkennbaren politischen Zielrichtung sowie der Begründung des Bürgerbegehrens (mittelbar) die Realisierung von Stuttgart 21 verhindert werden soll. Ob dies für die Unterzeichner hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, betrifft nicht den Gegenstand des Bürgerbegehrens, sondern die Frage, welche Anforderungen insoweit an die erforderliche Begründung (§ 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW) zu stellen sind.
72 
2. Das Bürgerbegehren ist hinsichtlich der Teilfrage 1 aus mehreren Gründen unzulässig. Die Frage der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens nach § 21 Abs. 3 und 4 GemO BW ist eine rechtlich gebundene Entscheidung. Ein Ermessen besteht in diesem Zusammenhang nicht.
73 
a) Gegenstand der Teilfrage 1 und „gemeinsamer Nenner“ des Bürgerbegehrens ist der Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21. Die Teilfrage 1 ist nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt, wie er in der Formulierung und Begründung des Antrags zum Ausdruck kommt und von den Unterzeichnern verstanden werden musste und konnte (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.03.1988 - 1 S 1493/87 -, DÖV 1989, 601), nicht nur ein redaktioneller Einleitungssatz, sondern eine eigenständige, neben den übrigen Teilforderungen erhobene Forderung. Dies ergibt sich auch aus der Klage- und Widerspruchsbegründung. So heißt es etwa in dem zur Widerspruchsbegründung vorgelegten Gutachten vom 05.02.2008 (S. 23), das Bürgerbegehren sei in der gebotenen bürgerfreundlichen Auslegung „unmittelbar auf den (finanziellen) Ausstieg der Stadt Stuttgart gerichtet“. In der Klagebegründung vom 13.10.2008 (S. 19) heißt es, Ziel des Bürgerbegehrens sei der „Ausstieg der Stadt aus Stuttgart 21“ und jede der fünf Teilfragen ziele „unmittelbar auf den Ausstieg“; „der Vollständigkeit halber“ werde auch die Rückabwicklung bisher getroffener Vereinbarungen verlangt (S. 9). Eine Verkürzung des Bürgerbegehrens auf die Forderung, mit den Vertragspartnern über den Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu verhandeln, entspricht - ungeachtet der Bedenken gegen die Zulässigkeit einer solchen nicht auf eine endgültige Entscheidung gerichteten Fragestellung (s.u.) - weder dem Wortlaut noch dem für die Unterzeichner erkennbaren Ziel des Begehrens, zumal in der Begründung keinerlei Anhaltspunkte für ein solches Verständnis enthalten sind.
74 
b) Die Kammer hat bereits Bedenken, ob die auf den Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Teilfrage 1 inhaltlich hinreichend bestimmt ist.
75 
Fraglich ist schon, ob mit der Bezeichnung „Projekt Stuttgart 21“ der Umfang des geforderten Ausstiegs eindeutig definiert ist (Eine genaue Abgrenzung des Projekts Stuttgart 21 und des Projekts NBS Stuttgart-Ulm enthalten z.B. die Definitionen in § 1 der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009). Erhebliche Bedenken gegen die Fragestellung bestehen aber jedenfalls deshalb, weil mit dem Votum für einen Ausstieg keine konkrete und abschließende Entscheidung getroffen, sondern dem Gemeinderat nur eine Vorgabe für weitere - im Hinblick auf ihren Inhalt und ihre Folgen unbestimmte - Entscheidungen gemacht wird.
76 
aa) Durch einen Bürgerentscheid wird eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde der „Entscheidung“ der Bürger unterstellt (vgl. auch § 21 Abs. 1 GemO BW), d.h. anstatt des Gemeinderates treffen die Bürger unmittelbar die Sachentscheidung. Ein auf der Grundlage eines zulässigen Bürgerbegehrens durchgeführter Bürgerentscheid hat die Wirkung eines „endgültigen Beschlusses“ des Gemeinderates. Er kann innerhalb von drei Jahren nur durch einen neuen Bürgerentscheid geändert werden (§ 21 Abs. 7 Satz 1 und 2 GemO BW). Das Rechtsinstitut des Bürgerentscheids dient damit nicht dazu, unverbindliche Meinungsumfragen zur Ermittlung des Bürgerwillens zu kommunalpolitischen Fragestellungen abzuhalten oder eine „politische Signalwirkung“ herbeizuführen; ebenso wenig kann eine resolutionsartige Meinungskundgabe Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 599 f.; OVG NW, Urteil vom 23.04.2002 - 15 A 5594/00 -, NVwZ-RR 2002, 766 f.; zur demgegenüber rechtlich nicht bindenden Bürgerbefragung vgl. etwa Gern, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 8. Aufl., Rn. 325).
77 
Ein Bürgerbegehren entspricht nur dann der in § 21 GemO BW enthaltenen Zielrichtung, eine „Entscheidung“ mit der Wirkung eines „endgültigen Beschlusses“ des Gemeinderates herbeizuführen, wenn es eine konkrete und grundsätzlich abschließende Regelung der betreffenden Angelegenheit beinhaltet. Nur dann übernehmen die Bürger entsprechend dem Sinn und Zweck der Regelung tatsächlich an Stelle des Gemeinderats unmittelbar selbst die Verantwortung, und nur unter diesen Bedingungen ist die Beschränkung der Handlungsfreiheit des Gemeinderates durch die grundsätzlich auf drei Jahre angelegte Bindung an den Bürgerentscheid gerechtfertigt. Dementsprechend genügt es nicht, wenn mit dem Bürgerbegehren nur ein zwar notwendiger, zur Erreichung des angestrebten Zieles aber nicht ausreichender Schritt getan werden soll, um politischen Druck auf den Gemeinderat auszuüben, selbst die notwendigen weiteren Entscheidungen zur Erreichung des Endziels zu treffen. Ein Bürgerbegehren darf sich deshalb nicht damit begnügen, nur grundsätzliche Vorgaben für eine Vielzahl künftiger, in ihrer jeweils maßgeblichen Fallgestaltung nicht übersehbarer Angelegenheiten zu machen. Während der Gemeinderat von durch ihn getroffenen Grundsatzbeschlüssen dieser Art ohne Weiteres abweichen kann, wenn ein Einzelfall zu regeln ist, würde ein entsprechender Bürgerentscheid die Gemeinde für drei Jahre binden, wobei die Bindung nur durch einen erneuten Bürgerentscheid aufgehoben werden könnte. Diese von einem Bürgerentscheid ausgehende besondere Bindungswirkung ist nur dann gerechtfertigt, wenn dessen Gegenstand im Zeitpunkt des Bürgerentscheids sich so konkret darstellt, dass er einer verantwortlichen Entscheidung zugänglich ist und nicht etwa „eine Bindung ins Blaue hinein“ bewirkt (ebenso OVG NW, Urteil vom 19.02.2008 – 15 A 2961/07 -, NVwZ-RR 2008, 636 ff., Beschluss vom 18.10.2007 - 15 A 2666/07 -, juris, und Urteil vom 23.04.2002 - 15 A 5594/00 - DÖV 2002, 961 f.; OVG Saarland, Urteil vom 12.06.2008 - 1 A 3/08 -, juris; VG Minden, Urteil vom 01.08.2007 - 3 K 422/07 -, juris; vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 08.04.2005 – 4 ZB 04.1264 -, NVwZ-RR 2006, 209 ff.; a. A. BayVGH, Urteil vom 14.10.1998 - 4 B 98.505 -; VG Regensburg, Urteil vom 05.07.2000 - RO 3 K 99.2408 -; jeweils juris; einschränkend VG Oldenburg, Beschluss vom 17.06.2004 - 2 B 1293/04 - juris; s. zum Ganzen auch Ritgen, Die Zulässigkeit von Bürgerbegehren, NWVBl 2003, 87 ff. m.w.N.).
78 
bb) Den o.g. Anforderungen dürfte die Fragestellung des streitgegenständlichen Bürgerbegehrens nicht genügen. Mit der Teilfrage 1 soll der Beschluss, „dass die Stadt Stuttgart aus dem Projekt Stuttgart 21 aussteigt“, der Entscheidung der Bürger unterstellt werden. Wie dieses Ziel aber konkret umgesetzt werden soll, wird der Verantwortung der Beklagten überlassen. Die in den Teilfragen 2 - 5 vorgesehenen Wege allein sind angesichts bereits bestehender vertraglicher Bindungen (s.u.) für einen Ausstieg unzureichend. Die Teilfragen 2 - 4 betreffen nur den Abschluss weiterer Verträge, wobei die in den Teilfragen 2 und 3 genannten Verträge auf der Grundlage entsprechender Gemeinderatsbeschlüsse schon am ersten Tag der Unterschriftssammlung unterzeichnet worden waren. Die Teilfrage 5 lässt offen, was passieren soll, wenn die Vertragspartner einer Aufhebungsvereinbarung nicht zustimmen - was diese im vorliegenden Fall bereits erklärt und durch den Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 manifestiert haben Ein positiver Bürgerentscheid würde daher zu einer Bindung „ins Blaue hinein“ führen und die Beklagte zum Ausstieg mit nicht übersehbaren Konsequenzen verpflichten. Zu berücksichtigen dürfte auch sein, dass die Entscheidung für das Projekt Stuttgart 21 in der planfestgestellten Form eine Entscheidung zwischen verschiedenen, im Vorfeld untersuchten Varianten darstellt. Selbst wenn über den Ausstieg der Beklagten (mittelbar) die Verwirklichung des Projektes verhindert werden könnte, wäre damit die Angelegenheit nicht „endgültig entschieden“, nachdem für die Bahn als Projektträgerin die von den Projektgegnern favorisierte Alternative augenscheinlich nicht in Betracht kommt.
79 
c) Ob die Teilfrage 1 eine hinreichend bestimmte „Entscheidung“ i.S.d. § 21 GemO BW vorgibt, kann im vorliegenden Verfahren aber letztlich offen bleiben. Die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 kann jedenfalls deshalb nicht (mehr) zum Gegenstand eines Bürgerentscheids gemacht werden, weil insoweit bereits in der Vergangenheit bindende Gemeinderatsbeschlüsse ergangen sind, die durch den Abschluss rechtlich verbindlicher Vereinbarungen vollzogen wurden. Ein „Ausstieg“ aus dem Projekt ist damit grundsätzlich nur noch in dem vom Vertragsrecht vorgegebenen Rahmen möglich.
80 
Die rechtlichen Hindernisse für das Bürgerbegehren bestehen daher weniger in einem nicht fristgerechten Vorgehen gegen die das Projekt Stuttgart 21 betreffenden Gemeinderatsbeschlüsse von 1995 und 2001, welche seinerzeit noch gar nicht Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein konnten, als vielmehr in dem Vollzug dieser Gemeinderatsbeschlüsse durch den Abschluss von Verträgen. Verkürzt gesagt konnte die grundsätzliche Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 vor der Novellierung der Gemeindeordnung im Jahr 2005 noch nicht und nach der Novellierung nicht mehr zum Gegenstand einer unmittelbaren Bürgerbeteiligung gemacht werden.
81 
aa) Es spricht einiges dafür, dass bereits die Zustimmung des Gemeinderates zu der Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 eine Grundsatzentscheidung über das „Ob“ der Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 - auch in finanzieller Hinsicht - beinhaltet und sich durch den Abschluss der Rahmenvereinbarung manifestiert hat. Der Gemeinderat der Beklagten hat der Rahmenvereinbarung mit Beschluss vom 30.11.1995 zugestimmt (GR-Drs. 605/1995 vom 20.11.1995). In der Rahmenvereinbarung haben sich die Beteiligten (d.h. das Land Baden-Württemberg, die Beklagte, der Verband Region Stuttgart, die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Bahn AG) verpflichtet, das in der Vereinbarung näher beschriebene Projekt Stuttgart 21 vorrangig zu entwickeln (§ 4 Abs. 5), in zeitlicher Hinsicht zu fördern (§ 5) und nach Maßgabe einer noch abzuschließenden Finanzierungsvereinbarung die Kosten zu übernehmen (§ 6). Die Beklagte hat sich zur Aufstellung von Bebauungsplänen für das freiwerdende Bahngelände (§ 4 Abs. 1) und ggf. zur Zahlung von Schadensersatz (§ 4 Abs. 2) verpflichtet. Eine finanzielle Beteiligung der Beklagten ist zum einen bezüglich des kommunalen Anteils an den Nahverkehrsmitteln (im Rahmen der Mitgliedschaft im Verband Region Stuttgart) vorgesehen (§ 3 Abs. 4). Zum andern regelt die Vereinbarung, dass das Risiko von Baukostenerhöhungen bis zu einem Betrag von 170 Mio. DM zu einem Drittel (umgerechnet 29 Mio. Euro) von der Beklagten getragen wird (§ 3 Abs. 5). Diese Regelungen gehen über (unverbindliche) Absichtserklärungen weit hinaus. Dass der Gemeinderat der Beklagten diese Bindung bewusst eingegangen ist, ergibt sich auch aus der Sitzungsvorlage zum Gemeinderatsbeschluss vom 30.11.1995. Darin heißt es: „Gewiss führt die Rahmenvereinbarung zu Bindungen. Das liegt im Wesen eines jeden Vertrages. … An diesen Bindungen hat die Landeshauptstadt, sofern sie Stuttgart 21 will, ein nachhaltiges Interesse“.
82 
Auch aus § 6 der Vereinbarung ergibt sich nichts anderes. Danach sind sich alle Beteiligten „darüber einig, dass für das Gesamtprojekt eine Finanzierungsvereinbarung nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens zu treffen ist“. Dies bedeutet aber nicht im Umkehrschluss, dass die Regelungen der Rahmenvereinbarung unverbindlich wären oder die Beklagte sich ihrer Beteiligung - auch in finanzieller Hinsicht - nach Belieben begeben könnte. Auch wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses der Rahmenvereinbarung im Jahr 1995 die Realisierung des Projekts Stuttgart 21 im Hinblick auf das noch ausstehende Planfeststellungsverfahren nicht feststand, so ändert dies nichts daran, dass im Falle der Durchführung des Projekts die Beteiligung der Beklagten durch die Vereinbarung von 1995 mit Zustimmung des Gemeinderates bereits verbindlich vereinbart gewesen sein dürfte.
83 
Eine verbindliche Vereinbarung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 stellt jedenfalls die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 dar, der der Gemeinderat am 12.07.2001 zugestimmt hat (GR-Drs. 664/2001). In dieser zwischen dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart, der Deutschen Bahn AG und der Beklagten geschlossenen Vereinbarung hat sich die Beklagte verbindlich zum Erwerb bestimmter freiwerdender Bahnflächen (Ziffer 2) und zur Übernahme weiterer Investitionskostenrisiken (Ziffer 3.2) verpflichtet. Die Beklagte hat sich bereit erklärt, sich an den zusätzlichen Kosten der Flughafenanbindung mit 5 Mio. DM (2,56 Mio. EUR) zu beteiligen (Ziff. 3.1.2) und über die in § 3 Abs. 5 der Rahmenvereinbarung vorgesehenen Regelungen hinaus wasserwirtschaftliche Risiken in Höhe von max. 40 Mio. DM (20,5 Mio EUR) zu übernehmen (Ziff. 3.2). Der Wortlaut der letztgenannten Bestimmung spricht im Übrigen dafür, dass bereits die Rahmenvereinbarung von 1995 verbindlich die finanzielle Beteiligung der Beklagten an dem Projekt regelte. In einer im Zusammenhang mit der Realisierungsvereinbarung geschlossenen Vorfinanzierungsvereinbarung von 2001 (GRDrs. 177/2001; vgl. Einleitung a.E. und Ziff. 3.1.4 der Realisierungsvereinbarung) hat die Beklagte darüber hinaus einen Anteil von 50 Mio. DM (= 26 Mio. EUR) an den Kosten der Vorfinanzierung des Bundesanteils übernommen. Insgesamt hat die Beklagte damit durch die Vereinbarungen von 1995 und 2001 finanzielle Verpflichtungen bzw. Kostenrisiken in Höhe von 78,06 Mio. EUR übernommen (29 + 2,56 + 20,5 + 26 Mio. EUR).
84 
Der Auffassung, dass - spätestens - mit der Realisierungsvereinbarung von 2001 eine verbindliche Entscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 getroffen worden ist, steht auch Ziffer 3.3 der Realisierungsvereinbarung nicht entgegen. Darin haben die Parteien vereinbart, auf der Basis einer für Ende 2004 von der Deutsche Bahn AG vorgesehenen aktualisierten Wirtschaftlichkeitsrechnung über die Anpassung ihrer Finanzierungsbeiträge zu verhandeln, um die Wirtschaftlichkeit des Projekts zu gewährleisten; als Ergebnis der Verhandlungen sollte dann eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung abgeschlossen werden. Daraus folgt jedoch weder, dass die Vereinbarung der bisherigen Finanzierungsbeiträge nicht mehr verbindlich sein sollte, noch, dass eine Partei berechtigt gewesen wäre, das Projekt durch einseitige Erklärung zu beenden. Dagegen spricht schon, dass nach der Regelung in Ziff. 3.3 a. E. keine Partei ihren finanziellen Beitrag, so wie er zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Vereinbarung festgelegt wird, unterschreiten kann. Auch ist eine Partei nur dann berechtigt, die Beendigung des Projektes zu erklären, wenn die Verhandlungen zu keinem einvernehmlichen Ergebnis führen. Diese Bedingung ist jedoch zu keinem Zeitpunkt eingetreten.
85 
d) Auch die Tatsache, dass der Gemeinderat am 04.10.2007 dem Abschluss einer „Ergänzungsvereinbarung über die Beteiligung der Landeshauptstadt Stuttgart und des Verbandes Region Stuttgart an dem Projekt Stuttgart 21“ zugestimmt hat, macht die auf einen Ausstieg gerichtete Teilfrage 1 nicht zulässig.
86 
aa) Richtet sich ein Bürgerbegehren gegen einen Beschluss des Gemeinderats, muss es gemäß § 21 Abs. 3 Satz 3, 2. HS GemO BW innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Stellt man auf den Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 ab, wäre innerhalb der Sechs-Wochen-Frist die nach § 21 Abs. 3 Satz 5 GemO BW für ein Bürgerbegehren im vorliegenden Fall notwendige Anzahl von mindestens 20.000 Unterschriften beigebracht worden. Dass das notwendige Quorum - deutlich - überschritten ist, ergibt sich aus den vorgelegten Akten der Beklagten und ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
87 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers beinhaltet die in der Gemeinderatssitzung vom 04.10.2007 erteilte Zustimmung des Gemeinderates zum Abschluss der Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 aber keinen neuen Grundsatzbeschluss über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21, der den Weg zu dem angestrebten Bürgerentscheid eröffnen konnte.
88 
Der Gemeinderat hat in der Sitzung vom 04.10.2007 einen Antrag der Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, einen erneuten Grundsatzbeschluss über das Projekt Stuttgart 21 zu fassen, mehrheitlich ausdrücklich abgelehnt (zur Zulässigkeit von Bürgerbegehren gegen wiederholende Grundsatzbeschlüsse, die aufgrund einer nochmaligen Sachdiskussion im Gemeinderat gefasst wurden, vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.04.1993 - 1 S 1076/92 -, NVwZ-RR 1994, 110 f.). Auch der Sache nach ist kein bürgerentscheidsfähiger Grundsatzbeschluss über die Projektbeteiligung der Beklagten ergangen. Soweit es in der entsprechenden Sitzungsvorlage (GRDrs. 790/07 vom 25.09.2007) heißt, es bestehe bisher „keine verbindliche Vereinbarung“, bezieht sich diese Formulierung nur auf die interne Kostenverteilung „zwischen dem Land und seinen Partnern“, nämlich dem Land Baden-Württemberg, dem Verband Region Stuttgart und der Beklagten, bedeutet aber nicht, dass die Beklagte im Hinblick auf ihre Beteiligung an dem Projekt Stuttgart 21 zwar keine bindenden Verpflichtungen eingegangen wäre.
89 
Die Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 diente der Umsetzung des Memorandum of Understanding vom 19.07.2007. Darin hatten die Beteiligten festgestellt, dass die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens durch die Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn mit Preis- und Kostenstand 2004 sowie deren Ergänzung im Rahmen der Modellrechnung belegt worden sei. Ferner sind in dem Memorandum die Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen „des Landes und seiner Partner“ genannt, ohne dass eine interne Aufteilung erfolgt war. Gegenstand der Ergänzungsvereinbarung war vor diesem Hintergrund, die Finanzierungsbeiträge und Risikobeteiligungen der Beklagten und des Verbandes Region Stuttgart im Verhältnis zu denen des Landes Baden-Württemberg festzulegen. In der Ergänzungsvereinbarung ist in diesem Zusammenhang u.a. geregelt, dass die Beklagte von den nach dem Memorandum vom Land im Falle einer Kostensteigerung abzusichernden Risiken in Höhe von 780 Millionen Euro anteilig 206,94 Millionen Euro trägt (vgl. Teilfrage 2). Im Übrigen heißt es in der Vorbemerkung der Ergänzungsvereinbarung, dass sie die Rahmenvereinbarung vom 07.11.1995 und die Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 ergänze. Schließlich ermächtigen am Ende der Vereinbarung (Ziff. V) die Beklagte und der Verband Region Stuttgart das Land unwiderruflich, den Finanzierungsvertrag mit der DB und dem Bund auf der Grundlage der Ergänzungsvereinbarung auch in ihrem Namen abzuschließen.
90 
Aus dem Beschluss des Gemeinderates vom 04.10.2007, dem Inhalt des Ergänzungsvertrages vom 05.10.2007, den vorangegangenen Gemeinderatsbeschlüssen vom 30.11.1995 und vom 12.07.2001 sowie den daraufhin abgeschlossenen Vertragswerken von 1995 und 2001 ergibt sich damit, dass die grundsätzliche Entscheidung über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 (das „Ob“) - auch in finanzieller Hinsicht - bereits vor dem 04.10.2007 verbindlich gefallen war. Allein die Höhe der finanziellen Beteiligung (das „Wie“) ist durch die Ergänzungsvereinbarung vom 04.10.2007 im Verhältnis zu den bisherigen Vereinbarungen modifiziert worden.
91 
d) Die auf einen Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Teilfrage 1 ist auch nicht deshalb zulässig, weil der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 eine Änderung der Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 betrifft. Während die Beklagte durch die auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses geschlossene Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 auf der einen Seite erheblich stärker am Kostensteigerungsrisiko beteiligt wird, fallen auf der anderen Seite bisherige verbindliche Verpflichtungen weg (vgl. dazu im einzelnen die Beschlussvorlage zu der Gemeinderatssitzung vom 04.10.2007, GRDrs 790/2007).
92 
aa) Die Kammer kann offen lassen, ob dies eine „wesentliche“ Änderung der Höhe der finanziellen Beteiligung der Beklagten darstellt (zur Zulässigkeit eines - wiederholten - Bürgerbegehrens bei einer durch den Gemeinderat beschlossenen wesentlichen Änderung des Vorhabens vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.04.1992 - 1 S 333/92 -, VBlBW 1992, 421 ff.). Die Beklagte bestreitet das und hat dazu vorgetragen, die zusätzlichen finanziellen Verpflichtungen betrügen hochgerechnet bis zum Jahr 2020 nur ca. 0,3 % des Haushaltsvolumens der Beklagten in diesen Jahren; außerdem seien die der Beklagten durch das „Konjunkturprojekt Stuttgart 21“ entstehenden zusätzlichen Einnahmen aus Steuern und Finanzzuweisungen zu berücksichtigen.
93 
Die Kammer kann auch offen lassen, ob der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zu der Ausschlussregelung in § 21 Abs. 2 Nr. 4 GemO BW zu folgen ist (vgl. Urteil vom 06.04.1992 - 1 S 333/92 -, VBlBW 1992, 421 ff.). Nach dieser Vorschrift findet ein Bürgerbegehren nicht statt über die Haushaltssatzung einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe sowie die Kommunalabgaben, Tarife und Entgelte. Der Verwaltungsgerichtshof hat daraus geschlossen, der Gesetzgeber habe der Bürgerschaft auch in grundsätzlichen finanziellen Fragen keine Sachentscheidungskompetenz anstelle des Gemeinderates einräumen wollen, so dass Gemeinderatsbeschlüsse, die sich allein mit den Bau- oder Folgekosten eines Vorhabens befassten, nicht Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein könnten.
94 
Ob schließlich in diesem Zusammenhang von Bedeutung ist, dass der Gemeinderat der Bildung von entsprechenden Teilrücklagen zur Finanzierung des verbindlichen städtischen Beitrages zum Projekt Stuttgart 21 und des eventuellen städtischen Beitrages als Teil der Risikoabsicherung Stufe 1 im Rahmen des Jahresabschlusses 2007 bereits zugestimmt hat, bedarf ebenfalls keiner Entscheidung.
95 
bb) Die Frage, ob ein (nur) die Kostenerhöhung eines Projekts betreffender Gemeinderatsbeschluss bürgerentscheidfähig ist, bedarf jedenfalls deshalb keiner Entscheidung, weil im vorliegenden Fall die Kostenerhöhung gar nicht zum Gegenstand des Bürgerbegehrens gemacht worden ist. Das Bürgerbegehren nimmt nicht eine auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses vom 04.10.2007 wesentliche Erhöhung der Kosten bzw. Kostenrisiken und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Beklagte in den Blick und macht diese zum Gegenstand der Abstimmung. Dazu hätte es einer ganz anderen Fragestellung und Begründung bedurft. Es hätte z.B. in der Begründung dargelegt werden müssen, welche finanziellen Belastungen die Beklagte bisher - verbindlich - übernommen hat, welche Veränderungen nunmehr beschlossen worden sind und welche Folgerungen daraus gezogen werden sollen und können. In dem Bürgerbegehren wird aber die Frage der Kostenerhöhung als solche allenfalls am Rand angesprochen. Es geht in dem Bürgerbegehren nicht um das „Wie“ der Beteiligung in finanzieller Hinsicht, sondern um die Beteiligung an dem Projekt an sich (das „Ob“), gegen die nach der Begründung schwerpunktmäßig die Beeinträchtigungen durch die jahrelange Bauzeit ins Feld geführt werden.
96 
e) Selbst wenn man ungeachtet der dargestellten rechtlichen Einwände mit dem Kläger davon ausginge, dass der Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 im Hinblick auf die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 grundsätzlich „bürgerbegehrensfähig“ gewesen wäre, so wäre ein inhaltlich dagegen gerichtetes Bürgerbegehren wegen des Vollzugs des Gemeinderatsbeschlusses durch den Abschluss der Ergänzungsvereinbarung am 05.10.2007 dennoch unzulässig.
97 
Bürgerbegehren und Bürgerentscheide können, wie sich aus dem Namen und dem Wesen des Rechtsinstituts ergibt, nur zu Angelegenheiten stattfinden, über die die Gemeinde jetzt oder in absehbarer Zukunft noch entscheiden kann. Bürgerbegehren, die nur eine nachträgliche Meinungsäußerung der Bürger zu einer bereits vom Gemeinderat entschiedenen und vollzogenen Maßnahme herbeiführen wollen, sind nicht zulässig (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 368 f.).
98 
Mit Beschluss vom 04.10.2007 hat der Gemeinderat der Beklagten dem Abschluss der Ergänzungsvereinbarung über die finanzielle Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 zugestimmt und die Vertreter der Verwaltung ermächtigt, alle Erklärungen und Handlungen zum Abschluss und zur Umsetzung des Vertrages vorzunehmen. Von der in der Gemeinderatssitzung erteilten Ermächtigung haben die Vertreter der Beklagten durch Abschluss der Ergänzungsvereinbarung am 05.10.2007 Gebrauch gemacht. Die Forderung, die Ergänzungsvereinbarung nicht abzuschließen, geht daher ins Leere, mit anderen Worten: die Angelegenheit kann nicht mehr in dem vom Bürgerbegehren verfolgten Sinn entschieden werden. Damit ist das Bürgerbegehren insoweit unzulässig geworden (zur Unzulässigkeit eines Bürgerbegehrens nach Vollzug der Maßnahme, die verhindert werden soll, vgl. OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.; BayVGH, Beschlüsse vom 21.10.1999 - 4 ZE 99.2944 -, juris, und vom 22.03.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 368 f.; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.10.2000 - A 2 S 298/99 -,juris; VG Minden, Urteil vom 16.07.2002 - 3 K 138/02 -, juris; a.A. wohl Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 21, wonach ein fristgerechtes Bürgerbegehren auch gegen einen vollzogenen Beschluss zulässig sein soll).
99 
f) Entgegen der Auffassung des Klägers war der Oberbürgermeister der Beklagten auch nicht gehalten, die Vollziehung des Gemeinderatsbeschlusses vom 04.10.2009 deshalb auszusetzen, weil hiergegen ein Bürgerbegehren eingeleitet worden ist.
100 
Zwar ist es offenkundiges Ziel der Vorschriften über das Bürgerbegehren und den Bürgerentscheid, die Bürgerschaft möglichst aktiv in die politischen Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Durch die Novellierung des § 21 GemO BW im Jahr 2005, insbes. durch den Wegfall des sog. „Positivkatalogs“, hat der Gesetzgeber die Möglichkeiten unmittelbarer Bürgerbeteiligung nochmals erweitert. Der Grundsatz der „repräsentativen Demokratie“ auch auf Gemeindeebene wird durch die Möglichkeit eines Bürgerentscheids als Element der unmittelbaren Demokratie aber nur ergänzt, nicht überlagert. Die beiden Entscheidungsformen stehen gleichberechtigt nebeneinander: Ein nach zulässigem Bürgerbegehren ergangener Bürgerentscheid hat zwar die Kraft, einen Ratsbeschluss zu ersetzen (§ 21 Abs. 7 Satz 1 GemO BW). Dies schließt aber die sich aus § 43 GemO BW folgende Verpflichtung des Bürgermeisters nicht aus, einen Ratsbeschluss zu vollziehen, gegen den sich ein Bürgerbehren nachträglich richtet.
101 
Eine aufschiebende Wirkung sieht die Gemeindeordnung in Baden-Württemberg selbst bei zulässigen Bürgerbegehren nicht vor (anders z.B. § 26 Abs. 6 Satz 6 GemO NRW i.d. seit dem 17.10.2007 geltenden Fassung - GV.NRW S. 380 - für Bürgerbegehren, deren Zulässigkeit der Gemeinderat festgestellt hat). Auch der Regelungszusammenhang und der Zweck der Vorschriften über das Bürgerbegehren geben nichts für die Annahme her, das Interesse der Unterzeichner eines Bürgerbegehrens an einer Unterbindung gemeindlicher Tätigkeit, die ihrem Begehren "faktisch" entgegen wirkt, sei rechtlich geschützt. § 21 Abs. 1 und Abs. 8 GemO BW i.V.m. § 41 KomWG schützen allein ihr Interesse an der Zulassung eines zulässigen Bürgerbegehrens durch den Gemeinderat. An der weiteren Förderung des mit dem Bürgerbegehren bekämpften Vorhabens ist die Gemeinde erst mit dem erfolgreichen Bürgerentscheid gehindert (§ 21 Abs. 7 GemO BW). Die Minderheit von Bürgern, die das nach § 21 Abs. 3 Satz 5 GemO erforderliche Quorum bilden, kann eine derartige Sperrwirkung nicht herbeiführen (so ausdrücklich VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.09.1993 - 1 S 1749/93 -, NVwZ 1994, 397 ff.).
102 
Indem der Gesetzgeber dem Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung beigemessen hat, hat er die Möglichkeit eröffnet, Gemeinderatsbeschlüsse auch bei einem laufenden Bürgerbegehren umzusetzen. Die Gemeindeordnung Baden-Württemberg nimmt damit in Kauf, dass im Einzelfall eine Entscheidung des Gemeinderates dadurch einen faktischen Vorrang erhält, dass sie wegen der Schwerfälligkeit des Verfahrens zur Herbeiführung eines Bürgerentscheids schon vor dessen Abschluss in die Tat umgesetzt werden kann. Der Sinn des repräsentativ-demokratischen Systems besteht gerade darin, eine organisatorisch und zeitlich handhabbare Form demokratischer Willensbildung für mitgliederstarke Körperschaften bereitzustellen und die Funktionsfähigkeit und Effizienz des gemeindlichen Verwaltungshandelns sicherzustellen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 17.11.2008 - 8 B 1806/08 -, juris; OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.; zur mangelnden Sperrwirkung von Bürgerbegehren auf der Grundlage der jeweiligen landesrechtlichen Gemeindeordnungen siehe auch OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.10.2000 - A 2 S 298/99 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 12.09.1997 - 4 ZE 97.2758, NVwZ-RR 1998, 253; OVG NW, Beschluss vom 15.07.1997 - 15 B 1138/97 -, NVwZ-RR 1999, 140 f. und Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., jeweils zur Rechtslage vor dem 17.10.2007; OVG Meck.-Vorpom., Beschluss vom 24.07.1996 - 1 M 43/96 - , NVwZ 1997, 306 ff.; VG Gießen, Beschluss vom 08.08.1997 - 8 G 1178/97 -, juris).
103 
Der Hinweis des Klägers auf die Empfehlungen in der Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Gemeindeordnung für Baden-Württemberg - VwV GemO - vom 01.12.1985 (GABl 1985, 1113 ff.), vom Vollzug eines mit einem Bürgerbegehren angefochtenen Gemeinderatsbeschlusses abzusehen, geht damit ins Leere. Abgesehen davon, dass die VwV GemO wohl nach der Vorschriftenanordnung - VAO - vom 23.11.2004 (GABl 2005, 194 ff.; vgl. zur Verfallsautomatik Ziff. 9 der VAO) außer Kraft getreten sein dürfte, widerspricht sie der Rechtslage sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg.
104 
g) Eine Beschränkung der Handlungsmacht des Oberbürgermeisters lässt sich im vorliegenden Fall auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Organtreue oder des Rechtsmissbrauchs herleiten.
105 
Nach teilweise in der Rechtsprechung vertretener Auffassung (vgl. insbes. OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007 - 15 B 1744/07 -, DVBl 2008, 120 ff.) soll sich eine Schranke für die Befugnis von Gemeindeorganen zur Entscheidung über den Gegenstand eines Bürgerbegehrens aus dem auf das Verhältnis der Gemeindeorgane zur Bürgerschaft im Rahmen eines Bürgerbegehrens übertragbaren Grundsatz der Organtreue ergeben. Dieser soll die Gemeindeorgane verpflichten, sich so gegenüber dem Bürgerbegehren zu verhalten, dass dieses seine gesetzlich eröffnete Entscheidungskompetenz ordnungsgemäß wahrnehmen kann, mit anderen Worten, bei der Ausübung der gemeindlichen Kompetenzen von Rechts wegen auf die Willensbildung der Bürgerschaft im Rahmen eines Bürgerbegehrens Rücksicht zu nehmen.
106 
Es erscheint bereits fraglich, ob der im Staatsrecht entwickelte und auf das Verhältnis kommunaler Organe untereinander übertragene Grundsatz der Organtreue auf das Verhältnis zwischen Gemeindeorganen und der ein Bürgerbegehren unterstützenden Bürgerschaft überhaupt anwendbar ist. Selbst wenn man der o.g. Auffassung folgt, kann angesichts der Tatsache, dass der Gesetzgeber in Baden-Württemberg für Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung vorgesehen hat und Gemeinderatsbeschlüsse und Bürgerentscheide gleichwertig nebeneinander stehen, eine Verletzung der Treuepflicht nicht schon dann vorliegen, wenn die Entscheidung des Gemeindeorgans dem Bürgerentscheid zuvorkommt. Für die Annahme eines treuwidrigen Verhaltens gemeindlicher Organe durch Ausführung eines mit einem Bürgerbegehren angegriffenen Beschlusses der Gemeindevertretung sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 17.11.2008 - 8 B 1806/08 -, juris). Ein im o.g. Sinne treuwidriges Handeln eines Gemeindeorgans setzt voraus, dass dessen Handeln - sei es in der Sache selbst oder hinsichtlich des dafür gewählten Zeitpunkts - bei objektiver Betrachtung nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist, sondern allein dem Zweck dient, dem Bürgerbegehren die Grundlage zu entziehen und damit eine Willensbildung auf direkt-demokratischem Wege zu verhindern (so auch OVG NW, Beschluss vom 06.12.2007, a.a.O.; ebenso für den Fall rechtsmissbräuchlicher Verhinderung eines - zulässigen - Bürgerbegehrens VG Gießen, Beschluss vom 08.08.1997 - 8 G 1178/97 -, juris).
107 
Es kann offen bleiben, welche rechtlichen Konsequenzen ein treuwidriges Verhalten des Oberbürgermeisters im vorliegenden Fall hätte und ob sich daraus überhaupt ein Anspruch auf Rückabwicklung ergeben könnte. Die Unterzeichnung des Ergänzungsvertrages vom 05.10.2007 durch die Gemeindevertreter unmittelbar nach dem Gemeinderatsbeschluss vom 04.10.2007 stellt jedenfalls kein treuwidriges oder rechtsmissbräuchliches Verhalten im o.g. Sinne dar.
108 
Wie dargelegt ist spätestens in der Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 verbindlich geregelt worden. Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung vom 04.10.2007 eine erneute Grundsatzentscheidung über das Projekt ausdrücklich abgelehnt, der Ergänzungsvereinbarung zugestimmt und die Vertreter der Verwaltung ermächtigt, alle Erklärungen und Handlungen zum Abschluss und zur Umsetzung der Ergänzungsvereinbarung vorzunehmen. Angesichts dieser Vorgeschichte und der Komplexität der Angelegenheit - auch im Hinblick auf die mit einzubindenden Vertragspartner - bestand weder Veranlassung noch Notwendigkeit, mit dem Vollzug des Gemeinderatsbeschlusses zuzuwarten im Hinblick auf ein Bürgerbegehren, in dem entgegen der vertraglichen Bindungen die grundsätzliche Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 in Frage gestellt werden sollte. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass die Initiatoren des Bürgerbegehren erst am 05.10.2007 den Text des Bürgerbegehrens veröffentlicht und mit der Sammlung von Unterschriften begonnen haben. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses lag daher ein zulassungsfähiges Bürgerbegehren noch gar nicht vor.
109 
h) Die auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 gerichtete Teilfrage 1 ist auch deshalb unzulässig, weil sie auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet ist.
110 
aa) Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens ist auch zu prüfen, ob die mit dem Bürgerbegehren verlangte Maßnahme mit der Rechtsordnung vereinbar ist. Dies ergibt sich auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung bereits aus dem Rechtsstaatsprinzip. Es besteht kein Anspruch auf Zulassung eines Bürgerentscheids, der im Falle seiner Annahme rechtswidrig wäre und daher beanstandet und aufgehoben werden müsste (vgl. BayVGH, Urteil vom 10.12.1997, - 4 B 97.89-93, NVwZ-RR 1999, 141 ff.; VG Regensburg, Urteil vom 28.03.2007 - RO 3 K 07.00149 -, juris; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris).
111 
Ein Bürgerbegehren ist auch dann unzulässig, wenn sich dessen Rechtswidrigkeit aus einem Verstoß gegen bestehende vertragliche Verpflichtungen ergibt und keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich die Gemeinde z.B. durch ein einseitiges Rücktritts- oder Kündigungsrecht oder durch einen Anspruch auf Vertragsanpassung bzw. -aufhebung von den eingegangenen vertraglichen Bindungen lösen kann (vgl. OVG NW, Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff.; VG Meiningen, Urteil vom 07.12.2007 - 2 K 572/07 Me - , juris; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris; VG Augsburg, Urteil vom 22.01.2004 - Au 8 K 03.364 - juris, zu einer auf der Basis eines Gemeinderatsbeschlusses geschlossenen Kreuzungsvereinbarung mit der DB Netz AG; a. A. VG Düsseldorf, Urteil vom 22.10.2004 - 1 K 2006/03 -, juris, dann aber Hinweis auf die Folgekosten im Kostendeckungsvorschlag erforderlich).
112 
Das Prinzip der Vertragstreue stellt einen der elementarsten Rechtsgrundsätze überhaupt dar. Die Bindungswirkung von Verträgen schützt das Vertrauen der Parteien auf die durch das Rechtsgeschäft geschaffene Rechtslage. Die Zulässigkeit von Bürgerentscheiden trotz anderslautender vertraglicher Verpflichtungen würde das Vertrauen in die Bindungswirkung von Verträgen mit kommunalen Vertragspartnern nachhaltig erschüttern und damit die Handlungsfähigkeit der Kommunalorgane erheblich beeinträchtigen.
113 
Anders als bei der Beanstandung von gesetzwidrigen Gemeinderatsbeschlüssen durch die Rechtsaufsichtsbehörde nach §§ 121 ff. GemO BW sieht § 21 GemO BW für Bürgerbegehren, mit denen Ratsbeschlüsse beseitigt werden sollen, auch keine Rückwirkung vor. Das sog. kassatorische Bürgerbegehren zielt vielmehr darauf ab, eine getroffene Ratsentscheidung aufgrund einer anderen politischen Willensbildung der Bürgerschaft zu ändern. Das rechtfertigt - nicht anders als bei einem geänderten politischen Willen im Rat selbst - nur eine Gestaltungsmöglichkeit für die Zukunft (vgl. OVG NW, Urteil vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff.).
114 
bb) Im vorliegenden Fall widerspricht der „Ausstieg“ der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 bestehenden vertraglichen Verpflichtungen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte sich durch ein einseitiges Kündigungs- oder Rücktrittsrecht oder einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag mit den übrigen Vertragsparteien aus ihren vertraglichen Verpflichtungen lösen könnte, bestehen zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht.
115 
Spätestens in der Realisierungsvereinbarung vom 24.07.2001 ist wie dargelegt die Projektbeteiligung der Beklagten verbindlich vereinbart worden. Eine einseitige Kündigungs- oder Rücktrittsklausel enthält dieser Vertrag nicht. Nach Ziff. 3.3 der Realisierungsvereinbarung sind die Parteien nur dann berechtigt, die Beendigung des Projektes zu erklären, wenn die Verhandlungen über eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung zu keinem einvernehmlichen Ergebnis führen; für diesen Fall ist auch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen grundsätzlich ausgeschlossen (Ziff. 3.4). Ein „Ausstieg“ aus dem Projekt wäre danach nur möglich gewesen, wenn auf der Basis der für 2004 erwarteten aktualisierten Wirtschaftlichkeitsrechnung kein Einvernehmen über eine aktualisierte Finanzierungsvereinbarung erzielt worden wäre. Diese Voraussetzung ist aber nicht eingetreten. Im Memorandum of Understanding haben die Beteiligten unter Ziff. III 2. Absatz übereinstimmend festgestellt, dass die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens durch die Wirtschaftlichkeitsrechnung der Deutschen Bahn belegt worden sei. In der mit Zustimmung des Gemeinderates abgeschlossenen Ergänzungsvereinbarung vom 05.10.2007 haben sich das Land Baden-Württemberg, der Verband Region Stuttgart und die Beklagte über ihre finanzielle Beteiligung an dem Projekt geeinigt. Schließlich haben alle Projektbeteiligten am 02.04.2009 einen Finanzierungsvertrag über das Projekt Stuttgart 21 geschlossen. In § 2 Abs. 2 der Vorbemerkung stellen die Vertragsparteien - erneut - fest, dass die Wirtschaftlichkeit des Projekts belegt sei. Für den Fall von Kostensteigerungen über das vereinbarte Risikoabsicherungsmodell hinaus enthält die Finanzierungsvereinbarung in § 2 Abs. 2 2. Abs. und § 8 Abs. 4 „Ausstiegsszenarien“, deren Voraussetzungen zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung aber ebenfalls nicht vorliegen. Selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen sieht die Finanzierungsvereinbarung zudem zunächst Nachverhandlungen vor. Dies entspricht der Regelung in § 313 BGB über die möglichen Folgen einer Störung der Geschäftsgrundlage, wonach zunächst eine Anpassung des Vertrages verlangt werden kann und nur im Ausnahmefall ein Rücktrittsrecht entsteht.
116 
Auch für die Möglichkeit einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung bestehen derzeit keinerlei Anhaltspunkte. Die Vertragspartner der Beklagten haben bereits vor Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 schriftlich mitgeteilt, dass sie an dem Projekt festhalten wollen und eine Vertragsaufhebung nicht in Betracht komme (Schreiben Deutsche Bahn AG vom 09.11.2007; Schreiben Landes Baden-Württemberg vom 28.11.2007; Schreiben Verband Region Stuttgart vom 11.12.2007). Der Wille zum Festhalten an den getroffenen Vereinbarungen hat sich schließlich im Abschluss der Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 manifestiert.
117 
cc) Das Verlangen nach einem Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 ist auch deshalb rechtswidrig, weil es einem unzulässigen Widerruf von Ermächtigungen gleichkommt, die der Gemeinderat in den vergangenen Jahren für den Abschluss von das Projekt betreffenden Verträgen erteilt hat.
118 
Hängt die Wirksamkeit eines Vertrages von der Zustimmung eines Dritten ab, so kann nach den allgemeinen Regelungen des Vertragsrechts die Zustimmung gemäß § 183 BGB (nur) bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts widerrufen werden. Es bestehen keine Bedenken, die Regeln für eine gesetzlich erforderliche Zustimmung nach §§ 182 ff. BGB sind für Gremienvorbehalte in gemeindlichen Verträgen entsprechend anzuwenden (ebenso OVG NW, Urteile vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., und vom 29.04.2003 - 15 A 3916/02 -, juris).
119 
Im vorliegenden Fall bedurften alle maßgeblichen Vereinbarungen zu dem Projekt Stuttgart 21 der Zustimmung des Gemeinderates, die jeweils erteilt wurde. Eine durch den Gemeinderat dem Bürgermeister erteilte Ermächtigung, seine Vertretungsmacht in bestimmter Weise auszuüben, kann entsprechend § 183 BGB nicht mehr rückgängig gemacht werden, wenn von der Ermächtigung Gebrauch gemacht wurde. Ein Bürgerbegehren, das - der Sache nach - auf die Aufhebung einer derartigen, bereits ausgeübten Ermächtigung des Bürgermeisters durch den Rat gerichtet ist, ist damit unzulässig (ebenso OVG NW, Urteile vom 04.04.2006 - 15 A 5081/05 -, NVwZ-RR 2007, 625 ff., und vom 29.04.2003 - 15 A 3916/02 -, juris).
120 
i) Die auf den Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 zielende Frage leidet schließlich auch an einem Begründungsmangel.
121 
aa) Gemäß § 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW zählt eine Begründung zum zwingenden Inhalt eines Bürgerbegehrens. Die Begründung dient dazu, die Unterzeichner über den Sachverhalt und die Argumente der Initiatoren aufzuklären. Der Bürger muss wissen, über was er abstimmt. Dabei sind an die Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. Kunze/Bronner/Katz, GemO BW, § 21 Rn. 20 m.w.N.). Da die Begründung regelmäßig auch dazu dient, für das Bürgerbegehren zu werben, kann es in gewissem Umfang hinzunehmen sein, dass Tatsachenmitteilungen und Erläuterungen im Sinne des politischen Anliegens des Bürgerbegehrens "gefärbt" sind. Es ist vorrangig Sache der abstimmungsberechtigten Bürger, sich selbst ein eigenes Urteil darüber zu bilden, ob sie den mit dem vorgelegten Bürgerbegehren vorgetragenen Argumenten folgen wollen oder nicht. Darüber hinaus lassen schon Raumgründe eine ausführliche Erörterung des Für und Wider regelmäßig nicht zu. Die Grenze einer sachlich noch vertretbaren, politisch unter Umständen tendenziösen Darstellung des Anliegens des Bürgerbegehrens ist jedoch dann überschritten, wenn die Begründung in wesentlichen Punkten falsch, unvollständig oder irreführend ist. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob dem eine Täuschungsabsicht der Initiatoren des Bürgerbegehrens zu Grunde liegt. Denn maßgebend für eine inhaltliche Kontrolle der Begründung ist allein das Ziel, Verfälschungen des Bürgerwillens vorzubeugen (vgl. dazu OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.12.2005 - 2 LB 19/05 -; OVG NW, Urteil vom 23.04.2002 -15 A 5594/00 -; VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -; jeweils juris).
122 
bb) Nach diesen Maßgaben ist die Begründung für den in der Teilfrage 1 geforderten Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 unzureichend.
123 
Die Begründung ist schwerpunktmäßig darauf gestützt, dass das Projekt der Stadt Stuttgart über viele Jahre hinweg die größte Baustelle Europas mitten im Stadtgebiet bescheren würde. Die „zusätzlichen finanziellen Belastungen“ sind ohne nähere Konkretisierung nur im Rahmen einer allgemeinen Aufzählung der Gründe für einen Bürgerentscheid aufgeführt. Es spricht schon einiges dafür, dass mit der Begründung (in Verbindung mit der Überschrift „www.stuttgart21-nein-danke.de“) der irreführende Eindruck erweckt wird, mit dem Bürgerbegehren könne unmittelbar über die Realisierung des Projektes Stuttgart 21 abgestimmt werden; dies ist deshalb unzutreffend, weil Vorhabensträger nicht die Beklagte, sondern die Deutsche Bahn ist. Zur Begründung werden aber jedenfalls im Wesentlichen Argumente angeführt, die sich auf die Auswirkungen des Vorhabens als solches beziehen und im Planfeststellungsverfahren abzuwägen waren, nicht aber Argumente, die die Beteiligung der Beklagten an dem Projekt und damit deren eigenen Wirkungskreis betreffen. Die Begründung spiegelt damit zwar die eigentliche Motivation des Bürgerbegehrens wider, hat aber mit der zur Entscheidung gestellten Frage nach einem Verzicht auf die - u.a. finanzielle - Beteiligung der Beklagten an dem Projekt nichts zu tun. Auch wird an keiner Stelle der Begründung auf die rechtliche Tragweite der 1995 und 2001 geschlossenen Vereinbarungen über die Beteiligung der Beklagten am Projekt Stuttgart 21 und auf die möglichen erheblichen Konsequenzen eines Ausstiegs der Beklagten hingewiesen. Die Begründung spricht damit für eine verantwortbare Entscheidung notwendige elementare tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte überhaupt nicht an und vermittelt dem Bürger ein unvollständiges Bild von dem maßgeblichen Sachverhalt und seiner rechtlichen Beurteilung (vgl. dazu auch VG Ansbach, Urteil vom 06.07.2006 - AN 4 K 06.00437 -, juris). Angesichts der Bedeutung und Tragweite der zur Entscheidung gestellten Frage ist die Begründung unzureichend.
124 
j) Da die auf einen Ausstieg gerichtete Teilfrage 1 damit aus mehreren rechtlichen Gründen unzulässig ist, bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob die Ausführungen zur Kostendeckung den gesetzlichen Anforderungen (vgl. § 21 Abs. 3 Satz 4 GemO BW) genügen. Der Vortrag des Klägervertreters, potentielle Regressforderungen anderer Projektbeteiligter im Falle des Ausstiegs könnten „nach Grund und Höhe“ nicht substantiiert werden, zeigt für die Kammer allerdings einmal mehr, dass der Gegen-stand des Bürgerbegehrens nicht so konkretisiert ist, dass er einer verantwortbaren und verbindlichen Entscheidung zugänglich ist.
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2. Aus der Unzulässigkeit der auf einen Ausstieg der Beklagten aus dem Projekt Stuttgart 21 zielenden Teilfrage 1 folgt zugleich die Unzulässigkeit der Teilfragen 2 - 5.
126 
Die Teilfragen 2 und 3 sind schon deshalb unzulässig, weil auf Grund der Gemeinderatsbeschlüsse vom 04.10.2007 die Ergänzungsvereinbarung sowie die Vereinbarung über die Änderung des Kaufvertrages für die Teilgebiete A2, A3, B, C und D - am 05.10.2007 zwischen den Vertragsparteien geschlossen worden sind, wozu auf Seiten der Beklagten der Oberbürgermeister berechtigt war (s.o.). Damit können diese Angelegenheiten nicht mehr in dem vom Bürgerbegehren verfolgten Sinn entschieden werden.
127 
Ob die Teilfrage 4 inhaltlich hinreichend bestimmt ist, kann auf sich beruhen. Die Forderung, keine weiteren Verträge über das Projekt Stuttgart 21 abzuschließen, stellt einen Baustein in einem „Ausstiegsszenario“ dar und steht mit der Forderung nach einem Ausstieg in Teilfrage 1 in untrennbarem Zusammenhang.
128 
Teilfrage 5 ist schon nach ihrer Formulierung mit dem Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 verknüpft, d.h. eine entsprechende Mitteilung kann denknotwendig nur im Falle des beschlossenen Ausstiegs erfolgen.
129 
Die Frage der Teilbarkeit des Bürgerbegehrens in zulässige und unzulässige Fragen stellt sich deshalb nicht.
III.
130 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO.
131 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß § 124a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.
132 
Beschluss vom 17. Juli 2009
133 
Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG auf
134 
5.000,-- EUR
135 
festgesetzt (vgl. Ziff. 22.6 des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, VBlBW 2004, 467 ff.).

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 16. Februar 2011 - 3 L 2343/10 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Am 31.8.2010 wurde bei dem Bürgermeister der Gemeinde B-Stadt das Bürgerbegehren

Aussage 1/ Frage 1 "Wir sind gegen die Errichtung von Windkraftanlagen im Wald innerhalb der Gemeinde B-Stadt, der Teil des Schwarzwälder Hochwaldes ist (ein Kerngebiet des Naturparks Saar-Hunsrück)."

Begründung

Der Hochwaldrücken ist ein Alleinstellungsmerkmal des Heilklimatischen Kurortes B-Stadt und muss in seiner herausragenden landschaftlichen Schönheit sowie als herausgehobener Erholungsraum erhalten bleiben. Zugleich soll damit die Lebens- und Wohnqualität für die Menschen bewahrt werden.

Aussage 2/ Frage 2 "Wir sind gegen vertragliche Regelungen mit einem möglichen Investor zur Errichtung von Windkraftanlagen vor der Entscheidung über das Bürgerbegehren."

Begründung

Nach der derzeitigen rechtlichen Regelung ist die Errichtung von Windkraftanlagen im Wald nicht möglich. Aus einer vorzeitigen vertraglichen Festlegung könnten sich unabwägbare Prozessrisiken für die Gemeinde ergeben, neben unter Umständen schon zuzusichernden und zu erbringenden Vorleistungen der Gemeinde.

ordnungsgemäß eingereicht. In seiner Sitzung vom 30.9.2010 stellte der Antragsgegner fest, dass das Bürgerbegehren nicht zulässig sei.

Gegen diese Entscheidung hat der Antragsteller Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Ein Antrag des Antragstellers auf einstweiligen Rechtsschutz blieb beim Verwaltungsgericht des Saarlandes ohne Erfolg.

II.

Mit seiner gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 16. 2.2011 – 3 L 2343/10 – gerichteten Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen erstinstanzlich gestellten Antrag,

im Hinblick auf ständig neue Planungsüberlegungen vorläufig anzuordnen, dass seitens des Antragsgegners keine Entscheidungen getroffen werden dürfen, die den Zielen des Begehrens entgegenwirken können (§ 123 I 1 und 2 VwGO)“

weiter und beantragt ferner hilfsweise,

im Hinblick auf ständig neue Planungsüberlegungen vorläufig anzuordnen, dass seitens des Antragsgegners keine Entscheidungen getroffen werden dürfen, die den Zielen des Begehrens entgegenwirken können, wobei das betroffene Gebiet auf den Waldbereich zwischen H.- und W. (Gemeindegebiet B-Stadt) eingegrenzt wird (§ 123 I 1 und 2 VwGO).“

Zur Begründung seiner Beschwerde hat der Antragsteller – neben der wörtlichen Wiedergabe seines eigenen erstinstanzlichen umfangreichen Vortrags und der angefochtenen Entscheidung - im Wesentlichen vorgetragen, das Verwaltungsgericht konstruiere aus seinem Vortrag einen höchst eigenwilligen Sachverhalt, auf den es die von ihm herangezogene Rechtsprechung nicht nachvollziehbar anwende und seine eigene Rechtsprechung nicht einmal erwähne. Ein Verstoß gegen Art. 103 I GG liege jedenfalls nahe, wenn das Gericht tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht in Erwägung gezogen habe. Die Fragestellung 1 des Formblatts habe das Verwaltungsgericht ohne ihre Begründung zitiert und sich dadurch den Zugang zur richtigen Auslegung des Begehrens verschlossen. Die Aussage beinhalte keine „Bauleitplanung“, sondern fordere eine Grundsatzentscheidung. Wenn sich das Gericht daran orientiere, dass der Bau von Windkraftanlangen verhindert werden solle und damit „Bauleitplanung“ betroffen sei, verkenne es die wirtschaftlichen Grundlagen des Heilklimatischen Kurortes, wo derzeit Investitionen im Tourismusbereich im Werte von über 20 Mio. EUR realisiert würden. Damit verlasse es seine eigene Rechtsprechung zum Bestimmtheitserfordernis, die auch für die Erfassung der Zielrichtung des Bürgerbegehrens herangezogen werden könne. Ausgehend vom Willen des Gesetzgebers, mit der Einführung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid die Instrumente der Bürgerbeteiligung an der demokratischen Willensbildung in den Kommunen zwischen den Wahlen ausbauen zu wollen, müssten die Bestimmungen des Negativkatalogs eher eng ausgelegt werden. Wenn Grundsatzentscheidungen möglich sein sollten, stellten sie keinen Eingriff in die Planungshoheit der Gemeinde dar, da dies nur dann zu befürchten wäre, wenn neben einem schon in Gang gesetzten Verfahren ein Bauleitplan vernünftigerweise geboten wäre. Eine Bauleitplanung sei aber nur dann erforderlich im Sinne des § 1 III BauGB, wenn sie zur Verwirklichung einer hinreichend konkreten planerischen Konzeption der Gemeinde sinnvoll und vernünftigerweise geboten sei. Dies sei aber dann nicht der Fall, wenn offenkundig sei, dass die betreffende Planung nicht realisiert werden könne, was angesichts der mehrfach dargelegten Einstellung von Rheinland-Pfalz eindeutig der Fall sei. Es sei wenig überzeugend, wenn einerseits betont werde, dass „förmliche Verfahren der Bauleitplanung entzogen seien“, andererseits aber versucht werde, alles, was vor der „Förmlichkeit“ liege, auch noch in die Verbotszone zu integrieren. Der VGH Baden-Württemberg verlange in seiner Entscheidung vom 20.3.2009 – 1 S 419/09 – für den Ausschließungsgrund des § 21 II Nr. 6 GemO-BW zumindest einen Aufstellungsbeschluss nach § 2 I BauGB, lasse es ausdrücklich offen, ob ein solcher Beschluss bürgerentscheidfähig sei, und betone an anderer Stelle, dass seine Auslegung der Norm es nicht ausschließe, dass Grundsatzentscheidungen zur Gemeindeentwicklung im Vorfeld eines bauplanungsrechtlichen Verfahrens zum Gegenstand eines Bürgerbegehrens gemacht werden könnten. Der Beschluss des beschließenden Senates vom 2.9.2010 – 2 B 215/10 – sei nicht einschlägig, weil er eine Baugenehmigung betreffe. Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes dürften nur „förmliche Verfahren“ dem Bürgerentscheid entzogen werden. Wenn das Gericht meine, dass Bauleitplanung wegen der Komplexität nicht zum Gegenstand plebiszitärer Willensbildung gemacht werden dürfe, beachte es nicht die neue rechtspolitische Entwicklung, wie die beabsichtigte Gesetzesinitiative Baden-Württembergs für eine „vorgelagerte Öffentlichkeitsbeteiligung“ bei Großprojekten zeige. Wenn mit der Beschwörung der „Komplexität“ eine höhere Abwägungskompetenz des Rates betont werden solle, zeige das Beispiel B-Stadt wohl eher das Gegenteil. Denn zu den Unterstützern des Begehrens zählten namhafte Fachleute ebenso wie aktive und inaktive Ratsmitglieder, während die Ratsmehrheit nicht einmal in der Lage gewesen sei, über die Gewährung rechtlichen Gehörs sachgerecht zu entscheiden und fast die gleichen Ratsmitglieder schon einmal völlig untaugliche Vorranggebiete ausgewiesen hätten. Gerade die erstinstanzlich herangezogene „4. Änderung des Flächennutzungsplans der Gemeinde vom 14.4.2004“ und der Antrag auf Durchführung eines Zielabweichungsverfahrens vom 4.3.2008 beweise, dass die vorangegangene Ausweisung von Vorranggebieten in diesem Flächennutzungsplan keine umsetzbare Bauleitplanung dargestellt habe. Aus dem Schreiben des Ministeriums für Umwelt und Energie vom 13.4.2010 ergebe sich, dass der Antragsgegner an diesen Vorranggebieten nicht mehr festhalten wolle. Der Flächennutzungsplan 2004 sei angesichts der völligen Ungeeignetheit der ausgewiesenen Vorranggebiete nichtig und deshalb müssten Planungsvorhaben gemäß §§ 36, 35 III Nr. 5 BauGB behandelt werden, da sowohl das Ergebnis einer „Feigenblattplanung“ als auch die Ausweisung untauglicher Vorranggebiete keine Ausschlusswirkung erzielen könnten. Das vom Gericht angeführte Zielabweichungsverfahren 2008 werde von niemandem mehr fortgeführt, nachdem die Hochwaldkliniken mit Schreiben vom 15.6.2010 auf die wahrheitswidrige Darstellung des potentiellen Investors, der Fa. „Ö“, hingewiesen und Schadensersatzansprüche angedroht hätten. Dies belege auch die Entscheidung des Antragsgegners vom 30.9.2010, die Fa. A.-C. damit zu beauftragen, nach anderen Standorten Ausschau zu halten. Zudem sei der Vertrag mit der Fa. „Ö“ vom 18.3.2008, der Grundlage des Zielabweichungsverfahrens gewesen sei, am 31.12.2010 abgelaufen und es seien keine Bemühungen zur Verlängerung der Laufzeit unternommen worden. Damit müsste für einen potentiellen Investor das gesamte Gebiet gemäß §§ 36, 35 III Nr. 5 BauGB behandelt werden; dies solle dann auch für das Bürgerbegehren gelten. Soweit der Antragsteller die Formulierung „ständig neue Planungsüberlegungen“ verwandt habe, sei klarzustellen, dass es sich dabei bisher nur um unausgegorene Ideen gehandelt habe, die mit Bauleitplanung nicht in Verbindung gebracht werden könnten. Tatsache sei, dass sich aus den Akten einige Interessenten ergäben; von einem Interessenten sei darauf hingewiesen worden, dass im Saarland das „Wald-Tabu“ abgeschafft werde und die Absicht bestehe, den Schimmelkopf als Investitionsstandort anzustreben. Der Hilfsantrag werde für den Fall gestellt, dass das Oberverwaltungsgericht dem formal nicht aufgehobenen Flächennutzungsplan 2004 und dem nicht mehr verfolgten Zielabweichungsverfahren dennoch Bedeutung beimesse. Da dem Vorhaben des Antragstellers aus dieser „Planung“ keine Gefahr mehr drohen könne, könne seinem Anliegen auch entsprochen werden, wenn die an das bisherige Planungsgebiet angrenzenden (Wald-)Gebiete nach Osten zwischen H. und W., soweit im Gemeindegebiet gelegen, geschützt würden.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers(1Zur Stellung des Bürgerbegehrens im KSVG als kommunales Quasi- Organ im Falle des Streits über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens: OVG des Saarlandes, Urteil vom 12.6.2008 – 1 A 3/08 -, AS RP-SL 36, 204, m.w.N.) ist unbegründet. Auch unter Berücksichtigung der Beschwerdebegründung, die den Umfang der gerichtlichen Prüfung im Beschwerdeverfahren bestimmt (§ 146 IV 6 VwGO), hat es bei dem erstinstanzlichen Ergebnis zu bleiben. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht zurückgewiesen, denn der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Da die Feststellung des Antragsgegners, das Bürgerbegehren sei nicht zulässig, auf der Grundlage der Erkenntnisse im Eilverfahren nicht zu beanstanden ist, bleiben Haupt- und Hilfsantrag des Antragstellers, die die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens voraussetzen, ohne Erfolg.

Das unstreitig formell ordnungsgemäße Bürgerbegehren, das die Errichtung von Windkraftanlagen im Gemeindegebiet verhindern soll, steht materiellrechtlich zunächst nicht im Einklang mit § 21a I KSVG. Danach können die Bürgerinnen und Bürger beantragen (Bürgerbegehren), dass sie an Stelle des Gemeinderates über eine Angelegenheit der Gemeinde selbst entscheiden (Bürgerentscheid). Von einer „Entscheidung“ an Stelle des Gemeinderates kann aber mit Blick auf das mit einem Bürgerbegehren verfolgte Anliegen nur dann ausgegangen werden, wenn das Bürgerbegehren eine abschließende Regelung der betreffenden Angelegenheit beinhaltet, weil nur in diesem Fall die Bürger unmittelbar selbst Verantwortung entsprechend dem Sinn des § 21a KSVG übernehmen. Daher entspricht ein Begehren nur dann der in § 21a I KSVG enthaltenen Vorgabe, wenn mit der Bejahung oder Verneinung der gestellten Frage die „zu entscheidende Angelegenheit“ (vgl. § 21a II 2 KSVG) auch tatsächlich entschieden wird. Nicht der Fall ist dies, wenn mit dem Begehren lediglich ein zwar notwendiger, zur Erreichung des angestrebten Zieles aber nicht ausreichender Schritt unternommen und/oder dem Rat lediglich eine Vorgabe für von ihm noch zu treffende weitere Entscheidungen gemacht werden soll. Lediglich einen Zwischenschritt in Richtung auf ein Endziel zu tun, damit zunächst einen „Schwebezustand“ herbeizuführen und politischen Druck auf den Rat auszuüben, selbst die notwendigen weiteren Entscheidungen zur Erreichung des Endziels zu treffen, kann nicht zulässiger Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein.(2Vgl. OVG des  Saarlandes, Urteil vom 12.6.2008 – 1 A 3/08 -, AS RP-SL 36, 204, m.w.N.)

Diese zentrale Zulässigkeitsvoraussetzung ist vorliegend entgegen der Meinung des Antragstellers nicht erfüllt. Das Bürgerbegehren ist nicht auf eine Entscheidung im Sinne des § 21a I KSVG gerichtet.

1. Zwar lässt sich aus dem Wortlaut der Aussage 1 („Wir sind gegen die Errichtung von Windkraftanlagen im Wald innerhalb der Gemeinde B-Stadt ...“) in Verbindung mit der Begründung, dass der Hochwaldrücken – sinngemäß - unverändert erhalten bleiben muss, hinreichend deutlich sowohl für die Unterstützer, denen bei der Unterschriftsleistung der Gegenstand des Bürgerbegehrens bekannt sein muss, wie auch für den Antragsgegner als den Adressaten des Begehrens entnehmen, dass die darin enthaltene Erklärung eine über eine bloße Meinungsäußerung oder Resolution hinausgehende „Grundsatzentscheidung“ bewirken soll. Allerdings können auch auf Grundsatzentscheidungen gerichtete Bürgerbegehren nur dann zulässig sein, wenn sie in ihrer Fragestellung bzw. Aussage so konkret sind, dass sie eine Bindung des Gemeinderates bezüglich seines künftigen Handelns auslösen können, also den Maßstäben des § 21a KSVG an eine „Entscheidung“ entsprechen. Dies ist vorliegend nicht der Fall, da diese vom Antragsteller angestrebte „Grundsatzentscheidung“ nicht zu der erforderlichen abschließenden Regelung der streitgegenständlichen Windkraft-Problematik in der Gemeinde führen, sondern nur die Richtung für im Weiteren denkbare Maßnahmen vorgeben könnte, über die der Antragsgegner aber dann nach eigenem Gutdünken entscheiden müsste. Dass dies nicht den an eine „Entscheidung“ im dargestellten Sinne zu stellenden Anforderungen genügt, ergibt sich aus der vorgegebenen rechtlichen Situation der Gemeinde, der die zur Erreichung des vom Antragsteller angestrebten Ziels vom Antragsgegner zu ergreifenden Maßnahmen Rechnung tragen müssten.

Diese gemeindliche Situation zeichnet sich dadurch aus, dass im aktuellen Landesentwicklungsplan, Teilabschnitt „Umwelt (Vorsorge für Flächennutzung, Umweltschutz und Infrastruktur) – LEP - vom 13.7.2004 (Amtsbl. S. 1574) bereits zwei Vorranggebiete für Windenergie (VE) im Gemeindegebiet festgelegt sind und zudem ein unter dem 4.3.2008 von der Gemeinde gestellter Antrag auf Durchführung eines Zielabweichungsverfahrens noch anhängig ist. Außerdem ist das Aufstellungsverfahren betreffend die 4. Flächennutzungsplanänderung, die neben den beiden vorgenannten Vorranggebieten ein drittes Vorranggebiet VE im Wildpark Rappweiler in Waldflächen(3Vgl. 4. Flächennutzungsplanänderung der Gemeinde Weiskirchen, Erläuterungsbericht zum Teiländerungsbereich „Wildpark Rappweiler“ in der Gemarkung Rappweiler der Gemeinde Weiskirchen – Stand: Dezember 2003 -, S. 6 und 7, Anlage V/7) darstellt, nicht abgeschlossen; dass dieses Aufstellungsverfahren vom Antragsgegner endgültig aufgegeben worden wäre, ergibt sich entgegen der Meinung des Antragstellers nicht aus dem Schreiben des Ministeriums für Umwelt, Energie und Verkehr vom 13.4.2010 (VI/7), das sich hinsichtlich der Windkraft nur zur Landesplanung äußert, und ist auch sonst nicht erkennbar. Es liegt auf der Hand, dass der Antragsgegner den angestrebten Bürgerentscheid, auf den das Bürgerbegehren gerichtet ist, nur dann umsetzen kann, wenn damit auch geklärt wäre, wie er angesichts der landesplanerischen Festlegungen und des jedenfalls noch nicht zurückgenommenen Antrags auf Durchführung einer Zielabweichung vorgehen soll. Insofern ist festzustellen, dass die Gültigkeit der VE- Festlegungen im vorliegenden Verfahren durch die Rüge des Antragstellers, diese Vorranggebiete seien völlig ungeeignet, nicht durchgreifend in Frage gestellt werden kann, denn nach der ständigen Rechtsprechung des Senates bieten Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes regelmäßig – und entgegen der Meinung des Antragstellers nicht nur mit Blick auf Baugenehmigungen - keinen Raum für eine inzidente Gültigkeitskontrolle von untergesetzlichen Rechtsnormen(4Vgl. OVG des  Saarlandes, Beschluss vom 2.9.2010 – 2 B 215/10 - m.w.N.); hiervon abzuweichen ist angesichts einer bei der vorliegenden Fallgestaltung notwendigerweise eingehenden Prüfung der landesplanerischen VE-Festlegungen nicht angezeigt. Es wäre also eine wegweisende Entscheidung zumindest über die Art der vom Antragsgegner zu ergreifenden Maßnahmen geboten gewesen, etwa die Aufhebung dieser landesplanerischen Festlegungen zu betreiben - um deren gemäß § 35 III 2 2.HS BauGB Windkraftanlagen begünstigende Wirkung zu beseitigen - oder keine gemeindeeigenen Flächen für Windkraft zur Verfügung zu stellen.

Auch wenn davon auszugehen wäre, dass die landesplanerischen VE-Festlegungen – entsprechende Darstellungen sind nach Aktenlage im geltenden Flächennutzungsplan nicht enthalten, sondern waren erst für dessen 4. Änderung vorgesehen - nicht rechtsverbindlich wären, stellte sich die angestrebte „Grundsatzentscheidung“ als nicht ausreichend dar. Da in diesem Fall gegenüber gemäß § 35 I Nr. 5 BauGB im Außenbereich privilegierten Windenergieanlagen keine Ausschlusswirkung nach § 35 III 3 BauGB i.V.m. Ziffer 69 im Textteil („A“) des LEP Umwelt 2004 nach dem sogenannten Darstellungsprivileg eingriffe und eine wirksame Verhinderung des Baus von Windkraftanlagen im Gemeindegebiet – auch vor dem Hintergrund einer ggf. erforderlichen Abwägung zwischen Privilegierungstatbestand und öffentlichen Belangen nach der vom Antragsteller erwähnten Vorschrift des § 35 III 1 Nr. 5 BauGB - nicht gewährleistet wäre, wäre dem Antragsgegner auch bei dieser Ausgangslage vorzugeben gewesen, wie die Erreichung der Zielvorstellungen des Bürgerbegehrens sichergestellt werden solle. Dies gilt erst recht angesichts des - wegen der allein am Empfängerhorizont der „Adressaten“ des Bürgerbegehrens zu orientierenden Auslegung des Bürgerbegehrens jedoch unmaßgeblichen - Vortrags des Antragstellers im Beschwerdeverfahren, dass das Bürgerbegehren nicht auf „Bauleitplanung“ gerichtet sei.

Im Übrigen zeigen die vorstehenden Ausführungen, dass gerade auf der Grundlage der Annahme einer Rechtsunverbindlichkeit – oder auch Aufhebung - der die Gemeinde betreffenden VE-Landesplanung eine „Freihaltung“ der gesamten Waldbereiche von Windkraftanlagen ohne eine Steuerung der Ansiedlung durch Bauleitplanung und die damit verbundene Ausschlusswirkung für privilegierte Vorhaben an nicht im Flächennutzungsplan dargestellten Standorten nicht erreichbar ist. Die genannte Zielrichtung des Bürgerbegehrens lässt somit nur den Schluss zu, dass die Errichtung von Windkraftanlagen in Waldgebieten letztlich durch den Antragsgegner bindende Planungsinstrumente unterbunden werden soll, indem entweder die Darstellung von Windkraft-Standorten in Waldgebieten in einem Flächennutzungsplan verhindert werden soll oder Waldbereiche durch die Plan-Darstellung sonstiger Standorte gesichert würden. Gerade indem die für die Zulässigkeitsbeurteilung insoweit maßgebliche Aussage 1/ Frage 1 des Bürgerbegehrens umfassend im Sinne einer „Grundsatzentscheidung“ formuliert ist, drängt sich sowohl für den angesprochenen Bürger als auch für die Ratsmitglieder ein Verständnis dahin auf, dass alle Handlungsfelder erfasst werden sollen, mit denen sich das Ziel, die Errichtung von Windkraftanlagen im Wald innerhalb der Gemeinde B-Stadt zu verhindern, erreichen lässt. Damit ist jedenfalls auch das Instrumentarium der Bauleitplanung angesprochen. Das Bürgerbegehren ist daher auch unzulässig gemäß § 21a IV Nr. 6 KSVG des Negativkatalogs, da es die Aufstellung bzw. Änderung von Bauleitplänen betrifft. Darüber hinaus verfolgt es ein gesetzwidriges Ziel im Sinne des § 21a IV Nr. 9 KSVG, denn es zielt auf einen Eingriff in die durch § 1 III BauGB gewährleistete Planungsfreiheit der Gemeinde ab. In die der Gemeinde danach zustehende Planungsbefugnis und – bei Erforderlichkeit auch - Planungsverpflichtung darf durch die beabsichtigte Bindung des Antragsgegners im Bereich der Bauleitplanung nicht eingegriffen werden. Bürgerbegehren und Bürgerentscheid sind keine Instrumente zur Vermeidung unerwünschter oder rechtswidriger Planungen der Gemeinden; insoweit sind die Betroffenen auf die Inanspruchnahme der jeweils vorgesehenen Beteiligungsrechte in den bauleitplanerischen Verfahren und ggf. von Rechtsmitteln zu verweisen.

2. Die Aussage 2 des Bürgerbegehrens ist ebenfalls unzulässig. Da beide Aussagen – 1 und 2 – in einem einheitlichen Bürgerbegehren zusammengefasst und dem Antragsgegner zur – gemeinsamen – Entscheidung vorgelegt wurden, Aussage 2 jedoch lediglich die Durchsetzbarkeit der Aussage 1 sichern soll und ihr damit keine eigenständige Bedeutung zukommt, erstreckt sich deren Unzulässigkeit ohne weiteres auf sie.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge aus § 154 II VwGO zurückzuweisen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2, 52 Abs. 1, 47 GKG.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerinnen tragen die Kosten des Antragsverfahrens als Gesamtschuldner.

III.

Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 15.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerinnen sind Vertreterinnen des Bürgerbegehrens „Altstadt M. - Werte bewahren statt zerstören“. Die Beklagte wies das am 16. Juli 2013 eingereichte Begehren mit Bescheid vom 14. August 2013 als unzulässig zurück, da es falsche und irreführende Tatsachenbehauptungen enthalte. Die hiergegen erhobene Verpflichtungsklage wies das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 29. Januar 2014 ab. Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgen die Klägerinnen ihr Rechtsschutzbegehren weiter. Die Beklagte tritt dem Antrag entgegen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, bleibt aber ohne Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehen nicht (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klägerinnen keinen Anspruch auf Zulassung des eingereichten Bürgerbegehrens haben, da in dessen Begründung in einer für die Abstimmung relevanten Weise unzutreffende Tatsachen behauptet werden.

a) Dem Begehren mit der Fragestellung „Sind Sie dafür, das denkmalgeschützte Gebäude am St.-platz ... (...) zu erhalten, um damit das Ensemble um die Frauenkirche mit den ehemaligen Klostergebäuden und dem Klostergarten vor weiterer Zerstörung zu schützen?“ ist eine teilweise unzutreffende Begründung beigefügt worden. Unter Punkt 1 der Begründung wird ausgeführt, bei dem Gebäude St.-platz ..., das für den Neubau eines Bekleidungsgeschäfts abgerissen werden solle, handle es sich „um das ehemalige Klostergebäude der Kapuziner, welches um 1640 zusammen mit der heutigen Frauenkirche errichtet wurde“. In Punkt 8 der Begründung ist erneut von einem „wertvollen, ca. 370 Jahre alten ehemaligen Klostergebäude am Stadtplatz 58“ die Rede. Tatsächlich stammen aber von dem heute existierenden Gebäude, das auf den Unterschriftenlisten abgebildet ist, nur noch ein kleinerer Teil der Fassade im Bereich des Erdgeschosses sowie einige Mauerzüge im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss aus der Zeit, in der sich an diesem Ort ein Kloster befand (ca. 1640 bis 1802), wie in dem von der Beklagten in Auftrag gegebenen baugeschichtlichen Gutachten vom Februar 2013 im Einzelnen dargelegt wird. Die Gutachter kommen dort (S. 53) zu dem Ergebnis, dass die erhaltenen Bauteile so fragmentarisch und die Funktionsänderungen der Räume in späteren Umbauphasen so einschneidend seien, dass die Rekonstruktion der ehemaligen Binnenstruktur des Klosters sehr schwierig sei; lediglich die Klosterküche könne auf der Grundlage der Quellen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit lokalisiert werden. Hieraus wird erkennbar, dass sowohl nach dem äußeren Erscheinungsbild und dem Alter der vorhandenen Bausubstanz als auch nach der inneren Struktur und der Raumaufteilung nur noch sehr geringe Teile des heute bestehenden Gebäudes mit dem früheren Klostergebäude übereinstimmen. Die zur Begründung des Bürgerbegehrens getroffene Aussage, es handle sich um „das“ um 1640 zusammen mit der Frauenkirche errichtete Klostergebäude, vermittelt demgegenüber die unzutreffende Vorstellung, das Gebäude sei jedenfalls im Wesentlichen noch mit dem vor über 370 Jahren errichteten historischen Bauwerk identisch. Das Attribut „ehemalig“ ändert daran nichts, denn es kann nach dem Sinnzusammenhang nur so verstanden werden, dass die Nutzung für Zwecke des Klosters mittlerweile aufgegeben wurde; die fehlende Identität des heutigen Bauwerks mit dem früher vorhandenen Klostergebäude kommt darin nicht zum Ausdruck. Auch die Abbildung des heute bestehenden Gebäudes auf den Unterschriftslisten ist nicht geeignet, die durch die Angabe des Baujahrs „um 1640“ entstandene Fehlvorstellung auszuräumen, da ein nicht fachlich vorgebildeter Betrachter aufgrund der bloßen Ansicht einer historischen Hausfassade regelmäßig nicht in der Lage sein wird, das Jahr der Errichtung auch nur annähernd zu bestimmen.

Soweit in dem Zulassungsantrag eingewandt wird, bei dem historischen Alter eines Gebäudes gehe es nicht um eine reine Tatsachenfrage, sondern auch um eine Wertungsfrage, wobei es aus Sicht der Klägerinnen maßgeblich auf die Bewertung durch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege ankomme, das die Denkmaleigenschaft und Denkmalwürdigkeit des Gebäudes bejahe, kann dies zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung führen. Es trifft zwar zu, dass die Aussage, ein Gebäude sei vor 370 Jahren errichtet worden, aus der Sicht eines verständigen Erklärungsempfängers (§§ 133, 157 BGB) nicht im wörtlichen Sinne dahingehend verstanden werden kann, das Gebäude befinde sich noch vollständig im Originalzustand und sei in den zurückliegenden Jahrhunderten niemals restauriert oder technisch modernisiert worden. Mit der Angabe eines Errichtungsjahrs wird aber zum Ausdruck gebracht, dass über den bloßen Gebäudestandort hinaus eine Kontinuität auch hinsichtlich der wesentlichen Teile des Baukörpers besteht. Davon kann jedoch im vorliegenden Fall nicht gesprochen werden. Nach den - von den Klägerinnen nicht bestrittenen - Feststellungen in dem vorgelegten bauhistorischen Gutachten hat bereits der Übergang des Gebäudes in Privatbesitz im Jahr 1803 ein grundlegende Umstrukturierung zum Zwecke einer Wohnhausnutzung mit sich gebracht, wobei erst in dieser Phase eine repräsentative Gestaltung der zweigeschossigen Fassade erfolgte; weitere einschneidende Umgestaltungen in Form von Anbauten und Aufstockungen um ein drittes Geschoss waren mit der 1854 erfolgten Umnutzung des Gebäudes als Schule verbunden (Gutachten vom Februar 2013, S. 53). Diese gravierenden, nicht allein der Erhaltung der Bausubstanz oder der Nutzbarkeit dienenden Änderungen schließen es aus, heute noch von einem „370 Jahre alten ehemaligen Klostergebäude“ zu sprechen. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Kubatur der bestehenden Bebauung noch relativ genau derjenigen zur Zeit des Klosters entspricht, so dass dem vorhandenen Gebäude nach Meinung des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege auch in seiner heutigen Gestalt Denkmaleigenschaft zukommt (Schreiben vom 20.12.2013). Aus dem Umstand, dass ein historisches Gebäude als Denkmal eingestuft und damit als erhaltenswürdig angesehen wird, folgt noch nicht, dass es sich seit der erstmaligen Errichtung immer um ein- und dasselbe Gebäude gehandelt hat, solange nur die äußere Form des Baukörpers annähernd übereinstimmt.

b) Nicht zu beanstanden ist auch die im angegriffenen Urteil des Verwaltungsgerichts getroffene Feststellung, dass die unrichtige Altersangabe des Gebäudes abstimmungsrelevant sei, weil davon ausgegangen werden müsse, dass der unterschriftsleistende Bürger der Frage des Alters eine große Bedeutung beimesse, wobei eine Bausubstanz als umso erhaltenswerter angesehen werde, je älter sie sei. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen handelt es sich bei der Altersangabe des Gebäudes nicht um ein lediglich untergeordnetes Detail der Begründung, dessen Unrichtigkeit im Sinne einer bürgerfreundlichen Auslegung des Begehrens hingenommen werden könne. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, B. v. 5.6.2012 - 4 CE 12.1224 - BayVBl 2013, 19/20) ist zwar nicht jede Unvollständigkeit der Begründung abstimmungsrelevant und muss daher zur Ablehnung des Bürgerbegehrens führen. Im vorliegenden Fall handelt es sich aber bei dem Alter des Gebäudes, wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, um ein zentrales Begründungselement, das durch die Wiederholung besonders betont wird und mit dem der ungewöhnliche Wert und die Erhaltungsbedürftigkeit des bestehenden Gebäudes Stadtplatz 58 unterstrichen werden soll. Die in der Begründung des Zulassungsantrags getroffene Aussage, bei dem Bürgerbegehren sei es „im Kern“ lediglich darum gegangen, „aus ästhetischen Gründen das Ensemble so zu erhalten, wie es ist“, lässt sich dagegen aus der Formulierung des Begehrens und seiner Begründung nicht ableiten. Sowohl in der Fragestellung als auch in den Einzelpunkten der Begründung wird wesentlich auf den Aspekt des Denkmalschutzes und damit auf die historische Erhaltungswürdigkeit abgestellt. Da dieser Aspekt mit dem (behaupteten) hohen Alter des zu schützenden Gebäudes in engem Zusammenhang steht, kann der unzutreffenden Angabe des Errichtungsjahrs keine bloß untergeordnete Bedeutung beigemessen werden.

2. Die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts ist auch nicht deshalb zuzulassen, weil dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung zukäme (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Die Klägerinnen tragen insoweit vor, der in der Rechtsprechung anerkannte Grundsatz, dass es bei unrichtigen Tatsachenangaben nicht auf eine Täuschungsabsicht der Initiatoren des Bürgerbegehrens ankomme, könne hier nicht schematisch zur Anwendung kommen. Denn es bestehe die Besonderheit, dass zum Zeitpunkt der Erstellung der Unterschriftenlisten weder die Öffentlichkeit noch die Klägerinnen von der Beklagten über das von ihr in Auftrag gegebene bauhistorische Gutachten und dessen Inhalt informiert worden seien; dieses sei vielmehr zunächst unter Verschluss gehalten und erst nach Einreichung des Bürgerbegehrens vollständig bekanntgegeben worden. Die Beklagte habe durch diese gegen das demokratische Fairnessgebot

verstoßende Geheimhaltung entscheidungserheblicher Erkenntnisse versucht, die Durchführung des Bürgerbegehrens mit allen Mitteln zu verhindern. Es stelle sich damit die grundsätzliche Frage, ob eine Gemeinde ein Bürgerbegehren auch dann als unzulässig ablehnen dürfe, wenn sachliche Fehler in einzelnen Begründungselementen darauf zurückzuführen seien, dass die Öffentlichkeit über die einschlägigen Erkenntnisse nicht rechtzeitig informiert worden seien, oder ob es in solchen Fällen geboten sei, das Bürgerbegehren zuzulassen und eventuell erforderliche Richtigstellungen im Rahmen des Wahlkampfs vor dem Bürgerentscheid vorzunehmen.

Mit diesem Vorbringen wird, selbst wenn man zugunsten der Klägerinnen von einem Verstoß der Gemeindeorgane (Stadtrat, Bürgermeister) gegen eine (ungeschriebene) kommunalrechtliche Informationsverpflichtung ausginge, keine Grundsatzfrage aufgeworfen, die sich nicht schon aus der bisherigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs beantworten ließe. Wie der Senat in früheren Entscheidungen dargelegt hat, ergeben sich die Anforderungen an die Richtigkeit der Begründung eines Bürgerbegehrens aus dem Recht auf Teilhabe an der Staatsgewalt gemäß Art. 7 Abs. 2 BV in Gestalt der Abstimmungsfreiheit. Denn die Stimmberechtigten können bei der Frage, ob sie ein Bürgerbegehren unterstützen und diesem zur erforderlichen Mindestunterschriftenzahl verhelfen wollen (Art. 18a Abs. 6 GO), wie auch bei der nachfolgenden Abstimmung über den Bürgerentscheid (Art. 18a Abs. 10 GO) nur dann sachgerecht entscheiden, wenn sie den Inhalt des Begehrens verstehen, seine Auswirkungen überblicken und die wesentlichen Vor- und Nachteile abschätzen können. Damit ist es unvereinbar, wenn in der Fragestellung oder in der Begründung eines Bürgerbegehrens in abstimmungsrelevanter Weise unzutreffende Tatsachen behauptet werden oder die geltende Rechtslage unzutreffend oder unvollständig erläutert wird (vgl. BayVGH, B. v. 20.1.2012 - 4 CE 11.2771 - juris Rn. 31, v. 9.12.2010 - 4 CE 10.2943 - KommunalPraxis Bayern 2011, 155 f.; Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Art. 18a Abs. 4 Anm. 8 c m. w. N.). Die Abstimmungsfreiheit besitzt Verfassungsrang und steht nicht zur Disposition der Gemeindeorgane, so dass deren (mögliches) Fehlverhalten im Vorfeld der Unterschriftensammlung es nicht rechtfertigen könnte, den Gemeindebürgern eine unzulässige Fragestellung zur Entscheidung vorzulegen. Die Zulassung eines mit einer unrichtigen Sachverhaltsdarstellung versehenen Bürgerbegehrens wäre auch nicht geeignet, einen in der Vorenthaltung wichtiger Informationen liegenden früheren Fairnessverstoß zu heilen, sondern würde zu einem rechtswidrigen Abstimmungsergebnis führen. Denn die unrichtigen Angaben zum Alter des Gebäudes müssten, da eine nachträgliche Richtigstellung der Begründung des Bürgerbegehrens ausscheidet (BayVGH, B. v. 9.12.2010, a. a. O., 156), auf den Stimmzetteln zum Bürgerentscheid mit abgedruckt werden, so dass die Abstimmungsberechtigten nicht nur in der Phase der Unterschriftensammlung, sondern sogar noch bei der eigentlichen Sachentscheidung über einen maßgeblichen Aspekt falsch informiert würden. Damit würden elementare Grundsätze einer fairen Abstimmung verletzt.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 22.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger begehren die Zulassung eines Bürgerbegehrens zum Thema „Kein Europäisches Zentrum für den Islam in München (ZIE-M)“.

Die Fragestellung des Bürgerbegehrens lautet: „Sind Sie dafür, dass in München kein Europäisches Zentrum für den Islam (ZIE-M) gebaut wird und dass die Stadt München deshalb alle Planungen zur Errichtung eines Islamischen Zentrums in München (ZIE-M) stoppt?“.

Die dem Bürgerbegehren auf dem Unterschriftsblatt beigefügten „Begründungen“ lauten wie folgt (Hervorhebungen im Original):

1. Bauherr des geplanten Zentrums ist ZIE-M e.V. Der erste Vorsitzende Imam Bajrambejamin Idriz und die zweite stellvertretende Vorsitzende Gönül Yerli sind beide leitend tätig in der Islamischen Gemeinde Penzberg (IGP). Die IGP wird seit 2007 vom Verfassungsschutz überwacht, laut Verfassungsschutzbericht steht die IGP in Verbindung mit Fundamentalisten der Islamischen Gemeinde Milli Görus (IGMG). Imam Idriz führte laut abgehörter Telefonate Anweisungen des fundamentalistischen Muslimbruders Ibrahim el-Zayat aus. Imam Idriz hat zudem nachweislich mehrfach die Unwahrheit gesagt, wenn es um den Koran und die Scharia ging. Auch der Bayerische Innenminister Joachim Herrmann bestätigt: „Imam Idriz lügt“ (Münchner Merkur, 24.7.2010). ZIE-M e.V. ist daher als Bauherr nicht akzeptabel.

2. Laut Informationsbroschüre des Sozialreferates der Stadt München „Muslimisches Leben in München“, Ausgabe April 2005, besuchen etwa 4.500 Muslime das Freitagsgebet (0,33% der Bevölkerung), laut www.moscheesuche.de sind es ca. 7.500 Muslime (0,59% der Bevölkerung). Hierzu stehen über 40 Moscheen im Stadtgebiet verteilt zur Verfügung und es besteht bereits ein islamisches Zentrum in Freimann. Die Notwendigkeit für einen weiteren islamischen Bau mit über 6000 qm Fläche ist daher nicht nachvollziehbar.

3. Das geplante Zentrum für den Islam in Europa mit Gemeindehaus, Akademie, Moschee, evtl. Minarett, Bibliothek und Museum wird ein erhebliches Verkehrsaufkommen in der Innenstadt nach sich ziehen.

4. Für eine erfolgreiche Integration ist die strikte Trennung von Staat und Religion oberstes Gebot. Ein islamisch orientiertes Zentrum kann für die Integration in die bayerische Kulturgemeinschaft hinderlich sein. Es wäre deshalb sinnvoll, staatliche Stellen ohne religiöse Einflussnahme für Integrationsmaßnahmen zu schaffen, die nicht nur einer kleinen religiösen Gruppe, sondern ALLEN Zuwanderern zugutekommen.

5. Im geplanten ZIE-M ist auch die Ausbildung von Imamen vorgesehen. Eine solche Ausbildung sollte jedoch unbedingt an einer staatlichen Hochschule und nicht in einem islamischen Zentrum stattfinden, deren Initiatoren durch den Verfassungsschutz beobachtet werden.

6. Der Bau des ZIE-M soll durch eine Spende in Höhe von ca. 30 Mio. Euro durch den Emir von Schardscha, einem Scharia-Staat (Scharia: religiös legitimiertes Gesetz des Islam), mitfinanziert werden. Der Stadtrat hat in seinem Antrag einen finanziellen Zuschuss durch den Freistaat angeregt, was abzulehnen ist. Nicht geklärt sind auch die Folge- bzw. Unterhaltskosten des Projektes, daher ist zu befürchten, dass die laufenden Kosten durch die Bürger in Bayern beglichen werden müssen.

Auf den Unterschriftenlisten werden gemäß Art. 18a Abs. 4 GO als Vertreter der Kläger zu 2 und als zweiter Vertreter der Kläger zu 1 genannt, jeweils mit dem Zusatz „München“, angeführt. Die Vertreter werden u. a. ermächtigt, zur Begründung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens Änderungen vorzunehmen, soweit diese nicht den Kern des Antrags berühren. Weiter heißt es dort: „Sollten Teile des Begehrens unzulässig sein oder sich erledigen, so gilt meine Unterschrift weiterhin für die verbleibenden Teile.“ Auf der Rückseite der Unterschriftslisten befindet sich der Vermerk: „Liste bitte senden an: DIE FREIHEIT, Postfach 1355, 82181 Gröbenzell“.

Im September 2014 reichten die Kläger das Bürgerbegehren mit ca. 66.400 Unterstützerunterschriften bei der Beklagten ein.

Mit Bescheid vom 6. Oktober 2014 wies die Beklagte das Bürgerbegehren als unzulässig zurück. Das gem. Art. 18a Abs. 6 GO erforderliche Unterschriftenquorum von mindestens 32.736 Bürgern sei zwar erreicht worden, das Bürgerbegehren entspreche aber nicht den sonstigen gesetzlichen Anforderungen. Die Vertreter des Bürgerbegehrens müssten gem. Art. 18a Abs. 4 GO eindeutig identifizierbar sein, wozu regelmäßig die Angabe der Anschrift erforderlich sei. Die Angabe „München“ reiche dazu nicht aus, da zum 18. September 2014 sechs Personen mit dem Namen des Klägers zu 2 in München gemeldet gewesen und weitere drei Personen dieses Namens im Zeitraum der Unterschriftensammlung aus München weggezogen seien. Die Identifizierbarkeit werde auch nicht durch die Angabe einer Postfachadresse der Partei Die Freiheit (Landesverband Bayern) und durch einen Link auf die Webseite des Bayerischen Landesverbandes hergestellt. In der Begründung würden auch unrichtige Tatsachenbehauptungen aufgestellt. Für unbefangene Bürger ergebe sich aus den unter Nr. 1 und 5 gemachten Aussagen, dass wesentliche Personen des Vereins ZIE-M e.V. seit 2007 ununterbrochen vom Verfassungsschutz beobachtet würden. Spätestens seit der Veröffentlichung des Verfassungsschutzberichtes 2011 am 23. März 2012 sei aber belegbar unrichtig, dass die IGP seit 2007 vom Verfassungsschutz beobachtet bzw. überwacht werde. Sie sei zwar zwischen 2007 und 2010 in den Verfassungsschutzberichten erwähnt worden, bereits der Bericht 2010 habe aber einschränkend ausgeführt, dass sich im Berichtsjahr keine neuen Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten ergeben hätten. Ein Großteil der Unterschriften sei erst zu einem Zeitpunkt geleistet worden, zu dem die Unrichtigkeit der Tatsachenbehauptung bereits festgestanden habe. Es handle sich um ein tragendes Begründungselement, auf das in zwei von sechs Punkten der Begründung Bezug genommen werde. Die Behauptung unter Nr. 6 der Begründung („Der Stadtrat hat in seinem Antrag einen finanziellen Zuschuss durch den Freistaat angeregt, was abzulehnen ist“) könne nur so verstanden werden, dass der Stadtrat als Gremium mittels Beschluss um einen finanziellen Zuschuss zum Bau des ZIE-M gebeten habe. Einen solchen Beschluss habe es jedoch nie gegeben, sondern nur einen entsprechenden Antrag mehrerer Fraktionen vom 19. März 2010, der vom Stadtrat nie beschlossen worden sei. Unter Nr. 3 der Begründung werde die rein spekulative Behauptung aufgestellt, dass das geplante Zentrum ein erhebliches Verkehrsaufkommen in der Innenstadt nach sich ziehen werde, obwohl ein konkreter Standort für das ZIE-M nicht feststehe. Auch habe weder 2011 festgestanden noch stehe aktuell fest, dass der Emir von Katar als Großspender für den Bau des ZIE-M auftreten werde. Weiter sei die Bezeichnung des Projekts als Europäisches Zentrum für den Islam falsch, da damit suggeriert werde, dass es sich beim ZIE-M um ein Zentrum für die Gesamtheit der in Europa beheimateten Muslime handeln solle. Das ZIE-M habe aber laut dessen Initiatoren von Anfang an das Ziel verfolgt, auf der Grundlage des europäisch geprägten Islams eine Begegnungsstätte für Münchner Muslime und auch Nicht-Muslime zu schaffen. Es bleibe vollkommen unklar, welche Rolle die Beklagte beim Bau des ZIE-M überhaupt spiele. Die Fragestellung des Bürgerbegehrens sei zu unbestimmt und lasse nicht erkennen, welche Planungen die Beklagte stoppen solle und wie sie einen solchen Bürgerentscheid vollziehen solle. Eine Auslegung, wonach grundsätzlich islamische Sakralbauten verhindert werden sollten, verstoße gegen die grundgesetzlich garantierte Glaubensfreiheit.

Gegen den Bescheid erhoben die Kläger Klage zum Verwaltungsgericht München mit dem Antrag, den Bescheid der Beklagten vom 6. Oktober 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, das Bürgerbegehren „Kein europäisches Zentrum für den Islam in München (ZIE-M) zuzulassen.

Einen mit der Klage gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, der Beklagten vorläufig zu untersagen, einer Verwirklichung des ZIE-M dienende Stadtratsbeschlüsse zu fassen und sonstige Maßnahmen zu treffen, lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 4. März 2015 wegen eines fehlenden Anordnungsanspruchs ab (Az. M 7 E 14.4965).

Mit Urteil vom 11. November 2015 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Das Gericht halte an der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vertretenen Auffassung fest, dass in der Begründung zur Fragestellung unzutreffende Behauptungen aufgestellt würden; die übrigen zwischen den Beteiligten streitigen Punkte könnten daher offenbleiben. Es sei mit der Abstimmungsfreiheit der Stimmberechtigten unvereinbar, wenn in der Fragestellung oder in der Begründung eines Bürgerbegehrens in abstimmungsrelevanter Weise unzutreffende Tatsachen behauptet würden oder die geltende Rechtslage unzutreffend oder unvollständig erläutert werde. Die Kläger hätten in Nr. 1 der Begründung im Präsens dargelegt, dass die IGP laut Verfassungsschutzbericht in Verbindung mit Fundamentalisten der Islamischen Gemeinde Milli Görus (IGMG) stehe. Für die Feststellung, dass die IGP aktuell in Verbindung mit Fundamentalisten der IGMG stehe, gebe es aber keine Belege. Im Bayerischen Verfassungsschutzbericht 2010 werde ausdrücklich ausgeführt, dass keine neuen Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten der IGP vorlägen und man abwarten wolle, ob in der zwischenzeitlich geäußerten Distanz zu extremistischen Organisationen eine anhaltende, eigenständige, der freiheitlichen demokratischen Grundordnung entsprechende Ausrichtung zu sehen sei. In den seither erschienenen Verfassungsschutzberichten werde die IGP nicht mehr erwähnt. Daraus sei zu schließen, dass seither entweder keine oder jedenfalls keine hinreichend gewichtigen tatsächlichen Anhaltspunkte für derartige Bestrebungen und Tätigkeiten und somit auch nicht für Verbindungen zu „Fundamentalisten der IGMG“ vorlägen. Etwas Gegenteiliges ergebe sich auch nicht aus dem umfangreichen Vortrag der Kläger. Soweit dem Imam Idriz Verbindungen zu Ahmad Al-Khalifa angelastet würden, handle es sich nicht um eine der türkisch geprägten IGMG zuzurechnende Person. Nicht entscheidungserheblich sei, ob der Verfassungsschutz die IGP aktuell beobachte oder nicht. Die fragliche Behauptung könne auch bei wohlwollender Auslegung nicht als unschädliche bloße Wertung bzw. Überzeugung der Kläger verstanden werden, die sie aus eigenen Erkenntnissen gewonnen hätten. Durch die Formulierung und durch die Verklammerung mit der vorhergehenden und der nachfolgenden Aussage werde beim Leser der Eindruck erweckt, die behaupteten aktuellen Verbindungen zu Fundamentalisten der IGMG seien ein Ergebnis der Beobachtung durch den Verfassungsschutz, also eine amtlich verifizierte Tatsache. Zudem werde die IGP dadurch in ein falsches Licht gerückt, dass in der Begründung zu dem Bürgerbegehren die Tatsache nicht mitgeteilt werde, dass das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz im Berichtsjahr 2010 keine neuen Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten der IGP gewonnen und seither auch nicht über derartige neue Erkenntnisse berichtet habe. Aufgrund der unterlassenen Mitteilung der das Bild abrundenden Tatsachen werde der Schluss auf aktuelle verfassungsfeindliche Bestrebungen nahegelegt, ohne deutlich zu machen, dass es sich lediglich um einen entsprechenden Verdacht der Kläger handle. Es liege auf der Hand, dass aktuelle Verbindungen zu Fundamentalisten und der herbeigeführte Eindruck aktueller verfassungsfeindlicher Bestrebungen für eine Meinungsbildung zu der mit dem Bürgerbegehren gestellten Frage sehr wesentlich, also abstimmungsrelevant seien und deshalb nicht zu den noch hinnehmbaren Unrichtigkeiten bzw. Unvollständigkeiten in der Begründung eines Bürgerbegehrens gehörten. Unzutreffend sei ferner die Behauptung unter Nr. 6 der Begründung zum Bürgerbegehren, dass der Stadtrat der Beklagten in seinem Antrag einen finanziellen Zuschuss durch den Freistaat Bayern angeregt habe. Das Possessivpronomen „seinem“ suggeriere, dass der Stadtrat als Gremium einen entsprechenden Antrag gestellt habe. Zur wahrheitsgemäßen Information der Bürger hätte mitgeteilt werden müssen, dass sich der Stadtrat den Antrag der Fraktionen nie zu Eigen gemacht bzw. ihn nicht weiterverfolgt habe.

Gegen das Urteil vom 11. November 2015 haben die Kläger die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Sie beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 11. November 2015 abzuändern und

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 6. Oktober 2014 zu verpflichten, das Bürgerbegehren „Kein europäisches Zentrum für den Islam in München (ZIE-M)“ mit der Frage „Sind Sie dafür, dass in München KEIN europäisches Zentrum für den Islam (ZIE-M) gebaut wird und dass die Stadt München deshalb alle Planungen zur Errichtung eines islamischen Zentrums in München (ZIE-M) stoppt?“ zum Bürgerentscheid zuzulassen.

Der Begründungstext zum Bürgerbegehren sei im Sommer 2011 verfasst und seit Beginn der Unterschriftensammlungen am 14. Oktober 2011 bis zur Abgabe am 18. September 2014 inhaltlich nicht mehr verändert worden. Es sei nicht richtig, dass in der Aussage zur Überwachung der IGP durch den Verfassungsschutz eine unzutreffende Behauptung liege. Die IGP werde laut mehrerer Aussagen des Innenministers aus dem Jahr 2012 und des Verfassungsschutzpräsidenten aus den Jahren 2012 und 2013 weiterhin beobachtet. Es lägen auch verschiedene Tatsachen vor, die für eine fortdauernde Überwachung durch den Bayerischen Verfassungsschutz sprächen bzw. einen solchen Rückschluss zuließen. Dazu gehörten neben der Biographie und dem Ausbildungsgang des Imam Idriz sein nachweislich bis zum 19. September 2014 bestehender Kontakt zu dem Extremisten Ahmad Al-Khalifa, dessen Islamisches Zentrum (Freimanner Moschee) als Sitz der Islamischen Gemeinschaft in Deutschland (IGD) gelte und vom Verfassungsschutz beobachtet werde, sowie vermutete Kontakte zu einer bosnischen Terrorgruppe. Wie der bayerische Innenminister laut mehreren Zeitungsberichten im Juli 2010 erklärt habe, hätten führende Mitglieder der IGP Kontakte zu Personen, die wichtige Positionen bei der IGD und Milli Görüs hätten; Herr Idriz stehe in ständigem telefonischen Kontakt mit Spitzen dieser radikalen Organisationen. Die Herausnahme der IPG und ihres Imam Idriz aus dem Verfassungsschutzbericht sei ersichtlich politisch gewollt gewesen und entgegen der Einschätzung des Bayerischen Verfassungsschutzes erfolgt. Das Verwaltungsgericht habe nicht geklärt, inwiefern tatsächlich eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz stattgefunden habe bzw. noch stattfinde, und auch nicht geprüft, ob die Äußerungen des Präsidenten des Landesamts für Verfassungsschutz und des bayerischen Innenministers in den Medien einer Unterrichtung in den Verfassungsschutzberichten gemäß Art. 15 BayVSG gleichzustellen seien. Es sei fraglich, ob die IPG und Imam Idriz sämtliche Kontakte zu extremistischen Personen abgebrochen hätten; dies sei nach den Verlautbarungen des Verfassungsschutzpräsidenten und des Innenministers als unwahrscheinlich anzusehen und hätte durch deren Vernehmung als Zeugen abschließend aufgeklärt werden können. Unzutreffend sei auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts, bei Nr. 1 der Begründung werde bereits durch die Formulierung (Satzstellung, Verklammerung, nachfolgende Erläuterung) beim Leser der Eindruck erweckt, dass aktuell Verbindungen zu Fundamentalisten der IGMG bestünden und dass dies aus einer aktuellen Beobachtung durch den Verfassungsschutz folge. Das Fehlen einer zeitlichen Einschränkung hinsichtlich der Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht führe nicht zum Vorliegen einer unwahren Tatsachenbehauptung. Die Formulierung des streitigen Satzes lasse eine Auslegung zu, wonach gemäß dem ersten Teilsatz die IGP seit 2007 vom Verfassungsschutz überwacht bzw. beobachtet werde und gemäß dem zweiten Teilsatz auf einen Verfassungsschutzbericht Bezug genommen werde, ohne eine Jahreszahl im Einzelnen zu benennen. Insoweit sei die Begründung in zwei voneinander unabhängige Teile aufspaltbar, die jeder für sich genommen eine wahre Tatsachenbehauptung darstellten. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach die aktuellen Verbindungen zu Fundamentalisten und der herbeigeführte Eindruck aktueller verfassungsfeindlicher Bestrebungen abstimmungsrelevant seien und nicht zu den noch hinnehmbaren Unrichtigkeiten in der Begründung eines Bürgerbegehrens gehörten, sei ebenfalls unzutreffend, da es sich bei der genannten Formulierung nur um eine von insgesamt sechs Begründungen des Bürgerbegehrens handle, die jeweils gleichwertig seien. Hinsichtlich der Nr. 6 der Begründung beruhe das Urteil des Verwaltungsgerichts auf einer unzutreffenden Auslegung. Die betreffende Aussage sei nur so zu verstehen, dass bereits ein Beschluss vorliege, der einen finanziellen Zuschuss erbitte. Trotz des Progressivpronomens „seinem“ könne ein durchschnittlicher Leser wegen der Wörter „Antrag“ und „angeregt“ nur den Rückschluss ziehen, dass noch kein Beschluss gefasst worden sei; eine unwahre Tatsachenbehauptung liege demnach nicht vor. Das Gericht habe auch völlig unberücksichtigt gelassen, dass das Bürgerbegehren seit dem Jahr 2013 politischer Gegenwehr ausgesetzt gewesen sei und diverse Gegenkampagnen initiiert worden seien. Die Beklagte habe ganz offensichtlich Maßnahmen ergriffen, die sich gegen das Bürgerbegehren gerichtet hätten, worin ein eklatanter Verstoß gegen das politische Neutralitätsgebot liege. Selbst wenn die unter Nr. 1 und Nr. 6 enthaltenen Begründungen wegen unzutreffender Tatsachen unzulässig sein sollten, seien die in den Nrn. 2, 3, 4 und 5 enthaltenen Begründungen zulässig, so dass das Bürgerbegehren zuzulassen sei. Die hiernach notwendige Prüfung einer Teilbarkeit der Begründung des Bürgerbegehrens habe das Verwaltungsgericht unterlassen. Der Erklärung am Ende des Unterschriftsbogens sei zu entnehmen, dass die Unterzeichner ihre Unterschrift auch im Fall der Unzulässigkeit einzelner Teile mit einer Fortgeltungswirkung für die übrigen Teile versehen hätten. Schon die Überschrift „Begründungen“ und die Nummerierung von 1 bis 6 machten deutlich, dass es sich um mehrere unterschiedliche Begründungen handle, die weder aufeinander aufbauten noch sich sachlich ergänzten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Täuschung der Stimmberechtigten ergebe sich daraus, dass in der Begründung eine Verbindung der IGP mit Fundamentalisten der Islamischen Gemeinde Milli Görüs (IGMG) mit einem Verweis auf den Verfassungsschutzbericht als amtlich verifizierte Tatsache hergestellt werde. Laut Art. 15 BayVSG informierten das Staatsministerium des Innern und das Landesamt für Verfassungsschutz die Öffentlichkeit im Rahmen der Verfassungsschutzberichte über tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen und Tätigkeiten, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtet seien. Die Begründung zum Bürgerbegehren erwecke den Eindruck, dass es eine (auch derzeit noch) feststehende, durch das Landesamt für Verfassungsschutz verifizierte Tatsache sei, dass es tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen der IGP gebe. Bereits im Verfassungsschutzbericht 2010 sei aber ausdrücklich erwähnt worden, dass keine neuen Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten vorlägen. Seither sei die IGP nicht mehr im Verfassungsschutzbericht erwähnt worden. Die vom Berufungskläger genannten Zeitungsartikel mit angeblichen Aussagen des bayerischen Innenministers bzw. des Präsidenten des Landesamtes für Verfassungsschutz stünden dazu nicht im Widerspruch. Denn diese enthielten keinerlei Aussagen dazu, ob es weiterhin tatsächliche Anhaltspunkte für extremistische Bestrebungen der IGP gebe. Würde es diese geben, wäre die IGP mit Sicherheit wieder in den Verfassungsschutzberichten erwähnt worden. Eine Befragung des Innenministers oder des Verfassungsschutzpräsidenten könne zu keinem anderen Ergebnis führen, da die Nichterwähnung der IGP seit dem Jahr 2011 im Verfassungsschutzbericht eine feststehende Tatsache sei. Das Verwaltungsgericht habe auch richtig entschieden, dass mit der Nr. 6 der Begründung der falsche Eindruck erweckt werde, der Stadtrat habe in einem Beschluss einen finanziellen Zuschuss angeregt. Die Bezeichnung als „Antrag des Stadtrates“ könne nur so verstanden werden, dass der Stadtrat als kollegiales Gremium durch Beschluss einen Antrag auf finanziellen Zuschuss des Freistaates befürwortet habe. Für die Öffentlichkeit sei es entscheidend, ob ein entsprechender Antrag noch diskutiert werde oder ob eine Entscheidung durch den Stadtrat bereits gefallen sei. Denn daraus könne abgeleitet werden, welche Position die Stadt zu einem möglichen Bauvorhaben einnehme und wie konkret bisher bestehende Planungen der Stadt seien. Eine Zulassung des Bürgerbegehrens mit einer Teilbegründung sei nicht möglich, da eine nachträgliche Abänderung der Begründung die bereits in der Phase der Sammlung der erforderlichen Unterschriften liegende Beeinträchtigung der Abstimmungsfreiheit nicht ungeschehen machen könne.

Die Landesanwaltschaft Bayern beteiligt sich als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren und hält die Zurückweisung der Berufung ebenfalls für rechtens. Mit dem Verweis auf den Verfassungsschutzbericht in der Begründung werde auf eine objektive Quelle verwiesen, der zu entnehmen sei, dass die IGP sowie Imam Idriz verfassungswidriger Aktivitäten verdächtig seien. Im Verfassungschutzbericht 2010 sei jedoch ausdrücklich ausgeführt worden, dass keine neuen Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten der IGP vorlägen und man abwarten wolle, ob in der zwischenzeitlich geäußerten Distanz zu extremistischen Organisationen eine anhaltende, eigenständige, der freiheitlich demokratischen Grundordnung entsprechende Ausrichtung zu sehen sei. Da in den Verfassungsschutzbericht nur Organisationen aufgenommen würden, über die konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme von verfassungswidrigen Bestrebungen und Tätigkeiten vorlägen, komme der Tatsache, ob eine Organisation dort erwähnt werde, große Bedeutung zu. Die in der Begründung getroffene Tatsachenbehauptung sei insoweit falsch, als das Präsens verwendet und so der Eindruck erweckt werde, es handele sich um eine aktuelle Tatsache, über die auch im Verfassungsschutzbericht berichtet werde. Der Passus, der Stadtrat habe in seinem Antrag einen finanziellen Zuschuss durch den Freistaat angelegt, sei jedenfalls zur Irreführung geeignet. Das Bürgerbegehren sei im Übrigen weder in Teilen zulässig noch könne eine Heilung der Begründung erfolgen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 11. November 2015 hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Kläger, die als Gesamtvertreter der Unterzeichner des Bürgerbegehrens gegen dessen Ablehnung im eigenen Namen unmittelbar Klage erheben können (Art. 18a Abs. 8 Satz 2 GO), haben keinen Anspruch auf Zulassung des Bürgerbegehrens (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Das von den Klägern eingereichte Bürgerbegehren verstößt zumindest mit einer zentralen Aussage der Begründung gegen das verfassungsrechtlich radizierte Verbot unrichtiger und grob irreführender Tatsachenbehauptungen und konnte schon aus diesem Grund nicht als Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids zugelassen werden (Art. 18a Abs. 1 und Abs. 8 Satz 1 GO). Auf die im Ablehnungsbescheid der Beklagten angesprochenen weiteren Fragen, z. B. ob zur Benennung der Vertreter auf den Unterschriftslisten die Angabe des Postfachs einer politischen Partei genügte und ob die Begründung noch andere entscheidungserhebliche Unrichtigkeiten enthielt, kommt es hier demnach nicht mehr an.

1. Ein zulässiges Bürgerbegehren muss nach Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO eine (auf allen Unterschriftslisten gleichlautende) Begründung enthalten. Mit diesem Erfordernis, das die für Volksbegehren geltende Regelung des Art. 74 Abs. 2 BV modifizierend aufgreift, soll sichergestellt werden, dass die Gemeindebürger, wenn sie von den Initiatoren des Bürgerbegehrens zur Unterschriftsleistung aufgefordert werden, schon in dieser ersten Phase des direktdemokratischen Verfahrens die Bedeutung und Tragweite der mit Ja oder Nein zu entscheidenden Fragestellung erkennen können (vgl. zum Volksgesetzgebungsverfahren VerfGH, E. v. 13.4.2000 - Vf. 4-IX-00 - VGH n. F. 53, 81/105). Da bereits mit der Unterzeichnung eines Bürgerbegehrens das Recht auf Teilhabe an der Staatsgewalt in Gestalt der Abstimmungsfreiheit (Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 BV) ausgeübt wird, ergeben sich aus der Bayerischen Verfassung auch Mindestanforderungen an die Richtigkeit der Begründung. Die Bürger können nur dann sachgerecht über die Unterstützung eines Bürgerbegehrens entscheiden und von ihrem Eintragungsrecht Gebrauch machen, wenn sie nicht durch den mit den Unterschriftslisten vorgelegten Begründungstext in wesentlichen Punkten in die Irre geführt werden. Es ist daher mit dem Sinn und Zweck eines Plebiszits auch auf kommunaler Ebene nicht vereinbar, wenn in der Begründung des Bürgerbegehrens in einer entscheidungsrelevanten Weise unzutreffende Tatsachen behauptet werden oder wenn die maßgebende Rechtslage unzutreffend bzw. unvollständig erläutert wird (vgl. VerfGH, a. a. O. 106).

2. An dieser ungeschriebenen Rechtmäßigkeitsvoraussetzung, die der Senat in einer Reihe neuerer Entscheidungen hervorgehoben hat (BayVGH, B. v. 9.12.2010 - 4 CE 10.2943 - juris Rn. 2; B. v. 20.1.2012 - 4 CE 11.2771 - juris Rn. 31; B. v. 25.6.2012 - 4 CE 12.1224 - BayVBl 2013, 19 Rn. 31; B. v. 14.10.2014 - 4 ZB 14.707 - juris Rn. 3 ff.; anders noch B. v. 14.3.2001 - 4 ZE 00.3658 - BayVBl 2002, 184) und die auch in der Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte anerkannt ist (vgl. OVG NRW, U. v. 23.4.2002 - 15 A 5594/00 - NVwZ-RR 2002, 766; OVG SH, U. v. 19.12.2005 - 2 LB 19/05 - juris Rn. 41; VGH BW, B. v. 22.8.2013 - 1 S 1047/13 - juris Rn. 19; HessVGH, B. v. 20.8.2015 - 8 B 2125/14 - juris Rn. 6), fehlt es im vorliegenden Fall. Die unter Nr. 1 der „Begründungen“ getroffene Tatsachenbehauptung, die Islamische Gemeinde Penzberg (IGP) stehe „laut Verfassungsschutzbericht… in Verbindung mit Fundamentalisten der Islamischen Gemeinde Milli Görus (IGMG)“, war zum Zeitpunkt der Unterschriftensammlung nach ihrem objektiven Erklärungsgehalt eindeutig unzutreffend (a). Sie hat als möglicher Beweggrund für die Unterschriftsleistung so hohes Gewicht, dass schon allein aufgrund dieser Fehlinformation die Begründung des Bürgerbegehrens als irreführend angesehen werden muss (b). Die den Vertretern des Bürgerbegehrens erteilte Änderungsermächtigung vermag den Mangel nicht zu heilen (c). Ein Anspruch auf Zulassung des rechtswidrig zustande gekommenen Bürgerbegehrens lässt sich auch nicht aus möglichen Rechtsverstößen der Beklagten während der Phase der Unterschriftensammlung ableiten (d).

a) Die Aussage über im Verfassungsschutzbericht dargestellte Kontakte der IGP zur IGMG (korrekte Bezeichnung: „Islamische Gemeinschaft Millî Görüş“) bezieht sich erkennbar auf Feststellungen in Berichten des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz aus den Jahren 2007 bis 2010. Nach den dort wiedergegebenen Erkenntnissen bestanden die Beziehungen der IGP zu der türkisch geprägten IGMG vor allem darin, dass die IGP bis zum Jahr 2006/2007 auf internen Mitgliedslisten der IGMG erschien und der IGP-Vorsitzende nach eigenen Angaben bis 2005 auch persönlich Mitglied der IGMG war; zudem wurden bei einer richterlich angeordneten Telefonüberwachung Gespräche des Penzberger Imams und IGP-Vorsitzenden u. a. mit dem IGMG-Generalsekretär im Zeitraum August 2007 bis Februar 2009 festgestellt (Verfassungsschutzbericht 2010, S. 34, abrufbar unter http://www.verfassungsschutz. bayern.de/mam/anlagen/jahresbericht_2010.pdf). In einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, in dem sich die IGP ohne Erfolg gegen die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht 2008 zur Wehr setzte, stellten das Verwaltungsgericht München (B. v. 3.5.2010, Az. 22 M 09.2155) und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (B. v. 17.7.2010, Az. 10 CE10.1201) fest, dass nach den vom Landesamt für Verfassungsschutz vorgelegten Unterlagen noch im Jahr 2008 in der Moschee der IGP für eine IGMG-Veranstaltung in Ingolstadt geworben worden sei.

Schon der im März 2011 publizierte Verfassungsschutzbericht 2010 wies allerdings im Anschluss an die Erwähnung dieser zeitlich zurückliegenden Kontakte darauf hin, dass das von der IGP geplante Projekt ZIE-M in seiner Vereinssatzung mittlerweile eine Ausschlussklausel bezüglich extremistischer Mitglieder enthalte; ob in der zwischenzeitlich geäußerten Distanz zu extremistischen Organisationen eine anhaltende, eigenständige, der freiheitlichen demokratischen Grundordnung entsprechende Ausrichtung zu sehen sei, bleibe abzuwarten, nachdem sich für das Berichtsjahr keine neuen Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten ergeben hätten (Verfassungsschutzbericht 2010, a. a. O., S. 35). In dem ein Jahr später veröffentlichten Verfassungsschutzbericht 2011 (http://www.verfassungsschutz.bayern.de/mam/anlagen/verfassungsschutzbericht_2011.pdf) wurde die IGP an keiner Stelle mehr erwähnt; auch in allen nachfolgenden Berichten und sonstigen schriftlichen Bekundungen des Landesamtes für Verfassungsschutz finden sich keine Hinweise auf weiter fortbestehende oder wiederaufgenommene Kontakte der IGP zu der als extremistisch geltenden IGMG.

Angesichts des seit dem Bericht 2010 geänderten Inhalts der amtlichen Verlautbarungen kann die in der Begründung des Bürgerbegehrens in Präsensform getroffene Aussage, dass die IGP „laut Verfassungsschutzbericht“ mit der IGMG in Verbindung „steht“ (Nr. 1 Satz 3 Hs. 2), nur als objektiv unzutreffend bezeichnet werden. Denn dieser Halbsatz konnte zum maßgeblichen Zeitpunkt der Unterschriftsleistung nach dem objektiven Empfängerhorizont (vgl. §§ 133, 157 BGB) nur so verstanden werden, dass ein (Landes- oder Bundes-)Amt für Verfassungsschutz in einem aktuellen Jahresbericht eine gegenwärtig bestehende Verbindung zwischen den genannten Organisationen erwähnt habe. Einem anderslautenden Textverständnis stand neben dem Wortlaut auch die inhaltliche und syntaktische Verknüpfung mit der im vorangehenden Halbsatz getroffenen Aussage entgegen, wonach die IGP vom Verfassungsschutz „seit 2007“ überwacht werde. Der unbefangene Leser musste hiernach von einer bis in die Gegenwart reichenden Überwachung ausgehen, so dass er von dem anschließenden Halbsatz nur eine Aussage über die zu diesem Zeitpunkt relevanten Erkenntnisse bezüglich einer etwaigen verfassungsfeindlichen Ausrichtung der IGP erwarten konnte, nicht dagegen den Hinweis auf eine die Vergangenheit betreffende Feststellung, an der das Verfassungsschutzamt in seinen neueren Berichten nicht mehr festhält.

Da die Behauptung einer „laut Verfassungsschutzbericht“ bestehenden Verbindung zur IGMG sich eindeutig auf die Gegenwart bezieht, kann diese Textpassage auch nicht dahingehend (um-)gedeutet werden, dass damit nur allgemein auf den Inhalt eines für zurückliegende Jahre (z. B. 2007, 2008 oder 2009) publizierten Verfassungsschutzberichts verwiesen werde, in dem von solchen Kontakten noch die Rede war. Ein solches Verständnis wäre mit dem objektiven Erklärungsgehalt der Aussage unvereinbar und ließe sich daher auch mit dem in der Rechtsprechung des Senats anerkannten Gebot der grundsätzlich „wohlwollenden Auslegung“ eines mehrdeutig formulierten Bürgerbegehrens (dazu BayVGH, U. v. 19.2.1997 - 4 B 96.2928 - VGH n. F. 50, 42/44 f. = BayVBl 1997, 276/277; U. v. 21.3.2012 - 4 B 11.221 - BayVBl 2012, 632 Rn. 21) nicht sachlich rechtfertigen. Während der Unterschriftensammlung, die nach Angaben der Kläger den Zeitraum vom 14. Oktober 2011 bis zum 18. September 2014 umfasste, ergab sich der aktuelle Erkenntnisstand zu verfassungsgefährdenden islamistischen Bestrebungen allein aus den - im März des jeweiligen Folgejahres veröffentlichten - Verfassungsschutzberichten 2010, 2011, 2012 und 2013. In keiner dieser amtlichen Äußerungen war jedoch, wie oben gezeigt, von bestehenden Verbindungen der IGP oder ihrer Repräsentanten zur IGMG die Rede; selbst die letztmalige Erwähnung der IGP im Berichtsjahr 2010 betraf nur zurückliegende Mitgliedschaften und Telefonkontakte zur IGMG und enthielt keinen Hinweis auf weiterhin fortgeführte Beziehungen zu dieser Organisation.

b) Die in der Verwendung der Gegenwartsform liegende unrichtige Tatsachenbehauptung, wonach eine aktuell bestehende Verbindung der IGP zur IGMG durch einen Verfassungsschutzbericht amtlich bestätigt werde, stellt im Gesamtgefüge der Begründung des Bürgerbegehrens kein bloß untergeordnetes Detail dar, sondern muss aus Sicht der Unterschriftsleistenden als entscheidungsrelevant angesehen werden.

Bei der insoweit vorzunehmenden Erheblichkeitsprüfung kommt es entgegen der Auffassung der Kläger nicht darauf an, dass die beanstandete unzutreffende Sachaussage im Verhältnis zu den übrigen Teilen der Begründung quantitativ nur einen geringen Raum einnimmt (knapp zwei Zeilen) und sich in lediglich einem von sechs Punkten der „Begründungen“ findet. Die Initiatoren eines Bürgerbegehrens können dem aus der Abstimmungsfreiheit abzuleitenden Irreführungsverbot nicht dadurch entgehen, dass sie wahrheitswidrige Begründungselemente durch eine größere Zahl korrekter Aussagen kompensieren oder auf nicht zu beanstandende „Alternativbegründungen“ verweisen. Da den Unterzeichnern des Bürgerbegehrens der auf den Unterschriftenlisten abgedruckte Begründungstext in seiner Gesamtheit vorliegt, muss auch dessen rechtliche Beurteilung einheitlich erfolgen; eine nachträgliche Teilung oder geltungserhaltende Reduktion kommt daher nicht in Betracht (vgl. BayVGH, B. v. 9.12.2010 - 4 CE 10.2943 - juris Rn. 4).

Maßgebend ist somit nicht die Frage, ob die Begründung auch ohne die inkriminierte Passage Bestand haben könnte, sondern ob die unrichtige Sachaussage im Kontext der übrigen Begründung als so gewichtig anzusehen ist, dass ohne sie möglicherweise weniger Unterzeichner das Bürgerbegehren unterstützt hätten. Eine solche Eignung zur Beeinflussung des Unterschriftsverhaltens darf allerdings nicht nur theoretisch bestehen, sondern muss nach allgemeiner Lebenserfahrung als konkrete und nicht ganz fernliegende Möglichkeit erscheinen (vgl. BVerwG, B. v. 17.3.1998 - 8 B 36/98 - juris Rn. 2 m. w. N. zum Erheblichkeitsgrundsatz bei Wahlfehlern). Als nicht kausal für das Ergebnis der Unterschriftensammlung können Unvollständigkeiten, Ungenauigkeiten oder Fehlangaben bei (kommunal-)politisch unstreitigen und auch objektiv unwichtigen Detailfragen angesehen werden, nicht dagegen Mängel bei tragenden Begründungselementen, auch wenn das Bürgerbegehren ausdrücklich auf mehrere gleichrangige Begründungsstränge gestützt wird (vgl. BayVGH, B. v. 14.10.2014 - 4 ZB 14.707 - juris Rn. 6; B. v. 25.6.2012 - 4 CE 12.1224 - BayVBl 2013, 19 Rn. 31; OVG NRW, U. v. 23.4.2002 a. a. O.).

Nach diesen Maßstäben handelt es sich vorliegend eindeutig um einen ergebnisrelevanten Begründungsmangel. Die Aussage über eine vom Verfassungsschutz bestätigte Verbindung der IGP zur IGMG stand im Zusammenhang mit dem in Nr. 1 und Nr. 5 der Begründung unternommenen Versuch, mögliche Unterstützer des Bürgerbegehrens davon zu überzeugen, dass die in der IGP an leitender Stelle tätigen Initiatoren des Projekts ZIE-M wegen ihrer Kontakte zu islamistisch-fundamentalistischen Kreisen als Bauherrn nicht akzeptabel seien. Der zum Beleg hierfür angeführte allgemeine Hinweis, dass die IGP bzw. deren Leiter seit Jahren vom Verfassungsschutz „überwacht“ (Nr. 1) bzw. „beobachtet“ (Nr. 5) würden, erhielt seine besondere zeitliche Aktualität und inhaltliche Brisanz erst durch die zusätzliche Information, eine (gegenwärtig bestehende) Verbindung mit islamistischen Fundamentalisten werde im (aktuellen) Verfassungsschutzbericht erwähnt und sei damit eine amtlich festgestellte Tatsache.

Da gerade in der Bezugnahme auf die Amtsautorität der Verfassungsschutzbehörde das Spezifikum der erwähnten Sachaussage liegt, kommt es im Ergebnis nicht darauf an, ob sich für den Zeitraum der Unterschriftensammlung (2011 bis 2014) auf andere Weise belegen lässt, dass ein Kontakt der IGP zur IGMG tatsächlich bestand. Einer diesbezüglichen weiteren Sachaufklärung etwa durch Vernehmung von Mitarbeitern des Landesamtes für Verfassungsschutz bedurfte es demnach nicht. Dass die IGP, wie von der Klägerseite vorgetragen, Mitglied im Zentralrat der Muslime in Deutschland ist, dem auch die IGMG offiziell angehört, ist darüber hinaus schon deshalb ohne Bedeutung, weil der Beitritt zu diesem Dachverband erst im März 2015 und damit nach Ende der Unterschriftensammlung für das Bürgerbegehren erfolgte.

c) Der in der irreführenden Begründung des Bürgerbegehrens liegende Rechtsmangel kann nicht durch einen nachträglichen Verzicht der Kläger auf die beanstandete Sachaussage geheilt werden. Zwar findet sich auf den Unterschriftslisten ein Zusatz, der die gemäß Art. 18a Abs. 4 GO benannten Vertreter ermächtigt, „zur Begründung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens Änderungen vorzunehmen, soweit diese nicht den Kern des Antrages berühren“. Eine solche Vollmacht erlaubt jedoch keine inhaltliche Korrektur der Begründung nach Einholung der Unterschriften; sie lässt lediglich in Bezug auf die Fragestellung redaktionelle Änderungen sowie Präzisierungen und Aktualisierungen zu, die das erkennbare Ziel des Begehrens klarer als die bisherige Fassung zum Ausdruck bringen und einem späteren Bürgerentscheid zugrunde gelegt werden können (vgl. BayVGH. U. v. 22.6.2007 - 4 B 06.1224 - BayVBl 2008, 241/242 m. w. N.). Das nachträgliche Streichen wesentlicher Teile der Begründung würde dagegen den Willen der Unterzeichner des Bürgerbegehrens verfälschen, weil damit fingiert würde, dass sie ihre Unterschrift auch bei einer anderen Begründung geleistet hätten.

d) Das mit einer irreführenden Begründung versehene Bürgerbegehren ist auch nicht wegen unzulässiger Behinderung der Unterschriftensammlung durch die Beklagte zuzulassen. Zwar spricht vieles dafür, dass mit der in der Form eines persönlichen Anschreibens des damaligen Oberbürgermeisters erfolgten Verteilung von Flyern, die vorrangig Warnungen und Wertungen in Bezug auf die hinter dem Bürgerbegehren stehenden Personen und Organisationen enthielten, gegen kompetenzrechtliche Vorgaben (Art. 37 GO) und gegen das bei Bürgerbegehren geltende Sachlichkeitsgebot (vgl. dazu BayVGH, B. v. 17.3.1997 - 4 ZE 97.874 - BayVBl 1997, 435) verstoßen wurde. Die von den Klägern insoweit gerügten Rechtsverletzungen betreffen jedoch nur ihr grundrechtsgeschütztes Recht auf ungehindertes öffentliches Werben um Unterschriften und nicht den mit der vorliegenden Klage verfolgten Anspruch aus Art. 18a Abs. 8 GO auf förmliche Zulassung des (mit einer hinreichenden Zahl von Unterschriften) eingereichten Bürgerbegehrens. Gegen rechtswidrige Behinderungen durch öffentliche Amtsträger und Behörden während der Phase der Unterschriftensammlung können sich die Initiatoren eines Bürgerbegehrens im Wege einer Unterlassungsklage und ggf. mittels eines Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz zur Wehr setzen (vgl. BayVGH, B. v. 15.4.2011 - 4 CE 11.407 - juris Rn. 8). Solche vorangegangenen Rechtsverstöße von Gemeindeorganen begründen dagegen kein Recht auf Zulassung eines Bürgerbegehrens, das wegen seiner irreführenden Begründung die aus der Abstimmungsfreiheit folgenden rechtlichen Mindestanforderungen verfehlt.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

III. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 22.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
Ein Richter auf Probe darf im ersten Jahr nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.

(1) In Gebieten, für die ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, ist ein Vorhaben zulässig, wenn

1.
die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2 und § 4a Absatz 2 bis 4 durchgeführt worden ist,
2.
anzunehmen ist, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegensteht,
3.
der Antragsteller diese Festsetzungen für sich und seine Rechtsnachfolger schriftlich anerkennt und
4.
die Erschließung gesichert ist.

(2) In Fällen des § 4a Absatz 3 Satz 1 kann vor der erneuten Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung ein Vorhaben zugelassen werden, wenn sich die vorgenommene Änderung oder Ergänzung des Bebauungsplanentwurfs nicht auf das Vorhaben auswirkt und die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind.

(3) Wird ein Verfahren nach § 13 oder § 13a durchgeführt, kann ein Vorhaben vor Durchführung der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung zugelassen werden, wenn die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind. Der betroffenen Öffentlichkeit und den berührten Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange ist vor Erteilung der Genehmigung Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist zu geben, soweit sie dazu nicht bereits zuvor Gelegenheit hatten.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) In Gebieten, für die ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, ist ein Vorhaben zulässig, wenn

1.
die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2 und § 4a Absatz 2 bis 4 durchgeführt worden ist,
2.
anzunehmen ist, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegensteht,
3.
der Antragsteller diese Festsetzungen für sich und seine Rechtsnachfolger schriftlich anerkennt und
4.
die Erschließung gesichert ist.

(2) In Fällen des § 4a Absatz 3 Satz 1 kann vor der erneuten Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung ein Vorhaben zugelassen werden, wenn sich die vorgenommene Änderung oder Ergänzung des Bebauungsplanentwurfs nicht auf das Vorhaben auswirkt und die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind.

(3) Wird ein Verfahren nach § 13 oder § 13a durchgeführt, kann ein Vorhaben vor Durchführung der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung zugelassen werden, wenn die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind. Der betroffenen Öffentlichkeit und den berührten Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange ist vor Erteilung der Genehmigung Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist zu geben, soweit sie dazu nicht bereits zuvor Gelegenheit hatten.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Erweist sich die Anordnung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt oder wird die angeordnete Maßregel auf Grund des § 926 Abs. 2 oder des § 942 Abs. 3 aufgehoben, so ist die Partei, welche die Anordnung erwirkt hat, verpflichtet, dem Gegner den Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Vollziehung der angeordneten Maßregel oder dadurch entsteht, dass er Sicherheit leistet, um die Vollziehung abzuwenden oder die Aufhebung der Maßregel zu erwirken.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger begehren die Zulassung eines Bürgerbegehrens zum Thema „Kein Europäisches Zentrum für den Islam in München (ZIE-M)“.

Die Fragestellung des Bürgerbegehrens lautet: „Sind Sie dafür, dass in München kein Europäisches Zentrum für den Islam (ZIE-M) gebaut wird und dass die Stadt München deshalb alle Planungen zur Errichtung eines Islamischen Zentrums in München (ZIE-M) stoppt?“.

Die dem Bürgerbegehren auf dem Unterschriftsblatt beigefügten „Begründungen“ lauten wie folgt (Hervorhebungen im Original):

1. Bauherr des geplanten Zentrums ist ZIE-M e.V. Der erste Vorsitzende Imam Bajrambejamin Idriz und die zweite stellvertretende Vorsitzende Gönül Yerli sind beide leitend tätig in der Islamischen Gemeinde Penzberg (IGP). Die IGP wird seit 2007 vom Verfassungsschutz überwacht, laut Verfassungsschutzbericht steht die IGP in Verbindung mit Fundamentalisten der Islamischen Gemeinde Milli Görus (IGMG). Imam Idriz führte laut abgehörter Telefonate Anweisungen des fundamentalistischen Muslimbruders Ibrahim el-Zayat aus. Imam Idriz hat zudem nachweislich mehrfach die Unwahrheit gesagt, wenn es um den Koran und die Scharia ging. Auch der Bayerische Innenminister Joachim Herrmann bestätigt: „Imam Idriz lügt“ (Münchner Merkur, 24.7.2010). ZIE-M e.V. ist daher als Bauherr nicht akzeptabel.

2. Laut Informationsbroschüre des Sozialreferates der Stadt München „Muslimisches Leben in München“, Ausgabe April 2005, besuchen etwa 4.500 Muslime das Freitagsgebet (0,33% der Bevölkerung), laut www.moscheesuche.de sind es ca. 7.500 Muslime (0,59% der Bevölkerung). Hierzu stehen über 40 Moscheen im Stadtgebiet verteilt zur Verfügung und es besteht bereits ein islamisches Zentrum in Freimann. Die Notwendigkeit für einen weiteren islamischen Bau mit über 6000 qm Fläche ist daher nicht nachvollziehbar.

3. Das geplante Zentrum für den Islam in Europa mit Gemeindehaus, Akademie, Moschee, evtl. Minarett, Bibliothek und Museum wird ein erhebliches Verkehrsaufkommen in der Innenstadt nach sich ziehen.

4. Für eine erfolgreiche Integration ist die strikte Trennung von Staat und Religion oberstes Gebot. Ein islamisch orientiertes Zentrum kann für die Integration in die bayerische Kulturgemeinschaft hinderlich sein. Es wäre deshalb sinnvoll, staatliche Stellen ohne religiöse Einflussnahme für Integrationsmaßnahmen zu schaffen, die nicht nur einer kleinen religiösen Gruppe, sondern ALLEN Zuwanderern zugutekommen.

5. Im geplanten ZIE-M ist auch die Ausbildung von Imamen vorgesehen. Eine solche Ausbildung sollte jedoch unbedingt an einer staatlichen Hochschule und nicht in einem islamischen Zentrum stattfinden, deren Initiatoren durch den Verfassungsschutz beobachtet werden.

6. Der Bau des ZIE-M soll durch eine Spende in Höhe von ca. 30 Mio. Euro durch den Emir von Schardscha, einem Scharia-Staat (Scharia: religiös legitimiertes Gesetz des Islam), mitfinanziert werden. Der Stadtrat hat in seinem Antrag einen finanziellen Zuschuss durch den Freistaat angeregt, was abzulehnen ist. Nicht geklärt sind auch die Folge- bzw. Unterhaltskosten des Projektes, daher ist zu befürchten, dass die laufenden Kosten durch die Bürger in Bayern beglichen werden müssen.

Auf den Unterschriftenlisten werden gemäß Art. 18a Abs. 4 GO als Vertreter der Kläger zu 2 und als zweiter Vertreter der Kläger zu 1 genannt, jeweils mit dem Zusatz „München“, angeführt. Die Vertreter werden u. a. ermächtigt, zur Begründung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens Änderungen vorzunehmen, soweit diese nicht den Kern des Antrags berühren. Weiter heißt es dort: „Sollten Teile des Begehrens unzulässig sein oder sich erledigen, so gilt meine Unterschrift weiterhin für die verbleibenden Teile.“ Auf der Rückseite der Unterschriftslisten befindet sich der Vermerk: „Liste bitte senden an: DIE FREIHEIT, Postfach 1355, 82181 Gröbenzell“.

Im September 2014 reichten die Kläger das Bürgerbegehren mit ca. 66.400 Unterstützerunterschriften bei der Beklagten ein.

Mit Bescheid vom 6. Oktober 2014 wies die Beklagte das Bürgerbegehren als unzulässig zurück. Das gem. Art. 18a Abs. 6 GO erforderliche Unterschriftenquorum von mindestens 32.736 Bürgern sei zwar erreicht worden, das Bürgerbegehren entspreche aber nicht den sonstigen gesetzlichen Anforderungen. Die Vertreter des Bürgerbegehrens müssten gem. Art. 18a Abs. 4 GO eindeutig identifizierbar sein, wozu regelmäßig die Angabe der Anschrift erforderlich sei. Die Angabe „München“ reiche dazu nicht aus, da zum 18. September 2014 sechs Personen mit dem Namen des Klägers zu 2 in München gemeldet gewesen und weitere drei Personen dieses Namens im Zeitraum der Unterschriftensammlung aus München weggezogen seien. Die Identifizierbarkeit werde auch nicht durch die Angabe einer Postfachadresse der Partei Die Freiheit (Landesverband Bayern) und durch einen Link auf die Webseite des Bayerischen Landesverbandes hergestellt. In der Begründung würden auch unrichtige Tatsachenbehauptungen aufgestellt. Für unbefangene Bürger ergebe sich aus den unter Nr. 1 und 5 gemachten Aussagen, dass wesentliche Personen des Vereins ZIE-M e.V. seit 2007 ununterbrochen vom Verfassungsschutz beobachtet würden. Spätestens seit der Veröffentlichung des Verfassungsschutzberichtes 2011 am 23. März 2012 sei aber belegbar unrichtig, dass die IGP seit 2007 vom Verfassungsschutz beobachtet bzw. überwacht werde. Sie sei zwar zwischen 2007 und 2010 in den Verfassungsschutzberichten erwähnt worden, bereits der Bericht 2010 habe aber einschränkend ausgeführt, dass sich im Berichtsjahr keine neuen Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten ergeben hätten. Ein Großteil der Unterschriften sei erst zu einem Zeitpunkt geleistet worden, zu dem die Unrichtigkeit der Tatsachenbehauptung bereits festgestanden habe. Es handle sich um ein tragendes Begründungselement, auf das in zwei von sechs Punkten der Begründung Bezug genommen werde. Die Behauptung unter Nr. 6 der Begründung („Der Stadtrat hat in seinem Antrag einen finanziellen Zuschuss durch den Freistaat angeregt, was abzulehnen ist“) könne nur so verstanden werden, dass der Stadtrat als Gremium mittels Beschluss um einen finanziellen Zuschuss zum Bau des ZIE-M gebeten habe. Einen solchen Beschluss habe es jedoch nie gegeben, sondern nur einen entsprechenden Antrag mehrerer Fraktionen vom 19. März 2010, der vom Stadtrat nie beschlossen worden sei. Unter Nr. 3 der Begründung werde die rein spekulative Behauptung aufgestellt, dass das geplante Zentrum ein erhebliches Verkehrsaufkommen in der Innenstadt nach sich ziehen werde, obwohl ein konkreter Standort für das ZIE-M nicht feststehe. Auch habe weder 2011 festgestanden noch stehe aktuell fest, dass der Emir von Katar als Großspender für den Bau des ZIE-M auftreten werde. Weiter sei die Bezeichnung des Projekts als Europäisches Zentrum für den Islam falsch, da damit suggeriert werde, dass es sich beim ZIE-M um ein Zentrum für die Gesamtheit der in Europa beheimateten Muslime handeln solle. Das ZIE-M habe aber laut dessen Initiatoren von Anfang an das Ziel verfolgt, auf der Grundlage des europäisch geprägten Islams eine Begegnungsstätte für Münchner Muslime und auch Nicht-Muslime zu schaffen. Es bleibe vollkommen unklar, welche Rolle die Beklagte beim Bau des ZIE-M überhaupt spiele. Die Fragestellung des Bürgerbegehrens sei zu unbestimmt und lasse nicht erkennen, welche Planungen die Beklagte stoppen solle und wie sie einen solchen Bürgerentscheid vollziehen solle. Eine Auslegung, wonach grundsätzlich islamische Sakralbauten verhindert werden sollten, verstoße gegen die grundgesetzlich garantierte Glaubensfreiheit.

Gegen den Bescheid erhoben die Kläger Klage zum Verwaltungsgericht München mit dem Antrag, den Bescheid der Beklagten vom 6. Oktober 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, das Bürgerbegehren „Kein europäisches Zentrum für den Islam in München (ZIE-M) zuzulassen.

Einen mit der Klage gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, der Beklagten vorläufig zu untersagen, einer Verwirklichung des ZIE-M dienende Stadtratsbeschlüsse zu fassen und sonstige Maßnahmen zu treffen, lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 4. März 2015 wegen eines fehlenden Anordnungsanspruchs ab (Az. M 7 E 14.4965).

Mit Urteil vom 11. November 2015 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Das Gericht halte an der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vertretenen Auffassung fest, dass in der Begründung zur Fragestellung unzutreffende Behauptungen aufgestellt würden; die übrigen zwischen den Beteiligten streitigen Punkte könnten daher offenbleiben. Es sei mit der Abstimmungsfreiheit der Stimmberechtigten unvereinbar, wenn in der Fragestellung oder in der Begründung eines Bürgerbegehrens in abstimmungsrelevanter Weise unzutreffende Tatsachen behauptet würden oder die geltende Rechtslage unzutreffend oder unvollständig erläutert werde. Die Kläger hätten in Nr. 1 der Begründung im Präsens dargelegt, dass die IGP laut Verfassungsschutzbericht in Verbindung mit Fundamentalisten der Islamischen Gemeinde Milli Görus (IGMG) stehe. Für die Feststellung, dass die IGP aktuell in Verbindung mit Fundamentalisten der IGMG stehe, gebe es aber keine Belege. Im Bayerischen Verfassungsschutzbericht 2010 werde ausdrücklich ausgeführt, dass keine neuen Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten der IGP vorlägen und man abwarten wolle, ob in der zwischenzeitlich geäußerten Distanz zu extremistischen Organisationen eine anhaltende, eigenständige, der freiheitlichen demokratischen Grundordnung entsprechende Ausrichtung zu sehen sei. In den seither erschienenen Verfassungsschutzberichten werde die IGP nicht mehr erwähnt. Daraus sei zu schließen, dass seither entweder keine oder jedenfalls keine hinreichend gewichtigen tatsächlichen Anhaltspunkte für derartige Bestrebungen und Tätigkeiten und somit auch nicht für Verbindungen zu „Fundamentalisten der IGMG“ vorlägen. Etwas Gegenteiliges ergebe sich auch nicht aus dem umfangreichen Vortrag der Kläger. Soweit dem Imam Idriz Verbindungen zu Ahmad Al-Khalifa angelastet würden, handle es sich nicht um eine der türkisch geprägten IGMG zuzurechnende Person. Nicht entscheidungserheblich sei, ob der Verfassungsschutz die IGP aktuell beobachte oder nicht. Die fragliche Behauptung könne auch bei wohlwollender Auslegung nicht als unschädliche bloße Wertung bzw. Überzeugung der Kläger verstanden werden, die sie aus eigenen Erkenntnissen gewonnen hätten. Durch die Formulierung und durch die Verklammerung mit der vorhergehenden und der nachfolgenden Aussage werde beim Leser der Eindruck erweckt, die behaupteten aktuellen Verbindungen zu Fundamentalisten der IGMG seien ein Ergebnis der Beobachtung durch den Verfassungsschutz, also eine amtlich verifizierte Tatsache. Zudem werde die IGP dadurch in ein falsches Licht gerückt, dass in der Begründung zu dem Bürgerbegehren die Tatsache nicht mitgeteilt werde, dass das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz im Berichtsjahr 2010 keine neuen Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten der IGP gewonnen und seither auch nicht über derartige neue Erkenntnisse berichtet habe. Aufgrund der unterlassenen Mitteilung der das Bild abrundenden Tatsachen werde der Schluss auf aktuelle verfassungsfeindliche Bestrebungen nahegelegt, ohne deutlich zu machen, dass es sich lediglich um einen entsprechenden Verdacht der Kläger handle. Es liege auf der Hand, dass aktuelle Verbindungen zu Fundamentalisten und der herbeigeführte Eindruck aktueller verfassungsfeindlicher Bestrebungen für eine Meinungsbildung zu der mit dem Bürgerbegehren gestellten Frage sehr wesentlich, also abstimmungsrelevant seien und deshalb nicht zu den noch hinnehmbaren Unrichtigkeiten bzw. Unvollständigkeiten in der Begründung eines Bürgerbegehrens gehörten. Unzutreffend sei ferner die Behauptung unter Nr. 6 der Begründung zum Bürgerbegehren, dass der Stadtrat der Beklagten in seinem Antrag einen finanziellen Zuschuss durch den Freistaat Bayern angeregt habe. Das Possessivpronomen „seinem“ suggeriere, dass der Stadtrat als Gremium einen entsprechenden Antrag gestellt habe. Zur wahrheitsgemäßen Information der Bürger hätte mitgeteilt werden müssen, dass sich der Stadtrat den Antrag der Fraktionen nie zu Eigen gemacht bzw. ihn nicht weiterverfolgt habe.

Gegen das Urteil vom 11. November 2015 haben die Kläger die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Sie beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 11. November 2015 abzuändern und

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 6. Oktober 2014 zu verpflichten, das Bürgerbegehren „Kein europäisches Zentrum für den Islam in München (ZIE-M)“ mit der Frage „Sind Sie dafür, dass in München KEIN europäisches Zentrum für den Islam (ZIE-M) gebaut wird und dass die Stadt München deshalb alle Planungen zur Errichtung eines islamischen Zentrums in München (ZIE-M) stoppt?“ zum Bürgerentscheid zuzulassen.

Der Begründungstext zum Bürgerbegehren sei im Sommer 2011 verfasst und seit Beginn der Unterschriftensammlungen am 14. Oktober 2011 bis zur Abgabe am 18. September 2014 inhaltlich nicht mehr verändert worden. Es sei nicht richtig, dass in der Aussage zur Überwachung der IGP durch den Verfassungsschutz eine unzutreffende Behauptung liege. Die IGP werde laut mehrerer Aussagen des Innenministers aus dem Jahr 2012 und des Verfassungsschutzpräsidenten aus den Jahren 2012 und 2013 weiterhin beobachtet. Es lägen auch verschiedene Tatsachen vor, die für eine fortdauernde Überwachung durch den Bayerischen Verfassungsschutz sprächen bzw. einen solchen Rückschluss zuließen. Dazu gehörten neben der Biographie und dem Ausbildungsgang des Imam Idriz sein nachweislich bis zum 19. September 2014 bestehender Kontakt zu dem Extremisten Ahmad Al-Khalifa, dessen Islamisches Zentrum (Freimanner Moschee) als Sitz der Islamischen Gemeinschaft in Deutschland (IGD) gelte und vom Verfassungsschutz beobachtet werde, sowie vermutete Kontakte zu einer bosnischen Terrorgruppe. Wie der bayerische Innenminister laut mehreren Zeitungsberichten im Juli 2010 erklärt habe, hätten führende Mitglieder der IGP Kontakte zu Personen, die wichtige Positionen bei der IGD und Milli Görüs hätten; Herr Idriz stehe in ständigem telefonischen Kontakt mit Spitzen dieser radikalen Organisationen. Die Herausnahme der IPG und ihres Imam Idriz aus dem Verfassungsschutzbericht sei ersichtlich politisch gewollt gewesen und entgegen der Einschätzung des Bayerischen Verfassungsschutzes erfolgt. Das Verwaltungsgericht habe nicht geklärt, inwiefern tatsächlich eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz stattgefunden habe bzw. noch stattfinde, und auch nicht geprüft, ob die Äußerungen des Präsidenten des Landesamts für Verfassungsschutz und des bayerischen Innenministers in den Medien einer Unterrichtung in den Verfassungsschutzberichten gemäß Art. 15 BayVSG gleichzustellen seien. Es sei fraglich, ob die IPG und Imam Idriz sämtliche Kontakte zu extremistischen Personen abgebrochen hätten; dies sei nach den Verlautbarungen des Verfassungsschutzpräsidenten und des Innenministers als unwahrscheinlich anzusehen und hätte durch deren Vernehmung als Zeugen abschließend aufgeklärt werden können. Unzutreffend sei auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts, bei Nr. 1 der Begründung werde bereits durch die Formulierung (Satzstellung, Verklammerung, nachfolgende Erläuterung) beim Leser der Eindruck erweckt, dass aktuell Verbindungen zu Fundamentalisten der IGMG bestünden und dass dies aus einer aktuellen Beobachtung durch den Verfassungsschutz folge. Das Fehlen einer zeitlichen Einschränkung hinsichtlich der Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht führe nicht zum Vorliegen einer unwahren Tatsachenbehauptung. Die Formulierung des streitigen Satzes lasse eine Auslegung zu, wonach gemäß dem ersten Teilsatz die IGP seit 2007 vom Verfassungsschutz überwacht bzw. beobachtet werde und gemäß dem zweiten Teilsatz auf einen Verfassungsschutzbericht Bezug genommen werde, ohne eine Jahreszahl im Einzelnen zu benennen. Insoweit sei die Begründung in zwei voneinander unabhängige Teile aufspaltbar, die jeder für sich genommen eine wahre Tatsachenbehauptung darstellten. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach die aktuellen Verbindungen zu Fundamentalisten und der herbeigeführte Eindruck aktueller verfassungsfeindlicher Bestrebungen abstimmungsrelevant seien und nicht zu den noch hinnehmbaren Unrichtigkeiten in der Begründung eines Bürgerbegehrens gehörten, sei ebenfalls unzutreffend, da es sich bei der genannten Formulierung nur um eine von insgesamt sechs Begründungen des Bürgerbegehrens handle, die jeweils gleichwertig seien. Hinsichtlich der Nr. 6 der Begründung beruhe das Urteil des Verwaltungsgerichts auf einer unzutreffenden Auslegung. Die betreffende Aussage sei nur so zu verstehen, dass bereits ein Beschluss vorliege, der einen finanziellen Zuschuss erbitte. Trotz des Progressivpronomens „seinem“ könne ein durchschnittlicher Leser wegen der Wörter „Antrag“ und „angeregt“ nur den Rückschluss ziehen, dass noch kein Beschluss gefasst worden sei; eine unwahre Tatsachenbehauptung liege demnach nicht vor. Das Gericht habe auch völlig unberücksichtigt gelassen, dass das Bürgerbegehren seit dem Jahr 2013 politischer Gegenwehr ausgesetzt gewesen sei und diverse Gegenkampagnen initiiert worden seien. Die Beklagte habe ganz offensichtlich Maßnahmen ergriffen, die sich gegen das Bürgerbegehren gerichtet hätten, worin ein eklatanter Verstoß gegen das politische Neutralitätsgebot liege. Selbst wenn die unter Nr. 1 und Nr. 6 enthaltenen Begründungen wegen unzutreffender Tatsachen unzulässig sein sollten, seien die in den Nrn. 2, 3, 4 und 5 enthaltenen Begründungen zulässig, so dass das Bürgerbegehren zuzulassen sei. Die hiernach notwendige Prüfung einer Teilbarkeit der Begründung des Bürgerbegehrens habe das Verwaltungsgericht unterlassen. Der Erklärung am Ende des Unterschriftsbogens sei zu entnehmen, dass die Unterzeichner ihre Unterschrift auch im Fall der Unzulässigkeit einzelner Teile mit einer Fortgeltungswirkung für die übrigen Teile versehen hätten. Schon die Überschrift „Begründungen“ und die Nummerierung von 1 bis 6 machten deutlich, dass es sich um mehrere unterschiedliche Begründungen handle, die weder aufeinander aufbauten noch sich sachlich ergänzten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Täuschung der Stimmberechtigten ergebe sich daraus, dass in der Begründung eine Verbindung der IGP mit Fundamentalisten der Islamischen Gemeinde Milli Görüs (IGMG) mit einem Verweis auf den Verfassungsschutzbericht als amtlich verifizierte Tatsache hergestellt werde. Laut Art. 15 BayVSG informierten das Staatsministerium des Innern und das Landesamt für Verfassungsschutz die Öffentlichkeit im Rahmen der Verfassungsschutzberichte über tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen und Tätigkeiten, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtet seien. Die Begründung zum Bürgerbegehren erwecke den Eindruck, dass es eine (auch derzeit noch) feststehende, durch das Landesamt für Verfassungsschutz verifizierte Tatsache sei, dass es tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen der IGP gebe. Bereits im Verfassungsschutzbericht 2010 sei aber ausdrücklich erwähnt worden, dass keine neuen Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten vorlägen. Seither sei die IGP nicht mehr im Verfassungsschutzbericht erwähnt worden. Die vom Berufungskläger genannten Zeitungsartikel mit angeblichen Aussagen des bayerischen Innenministers bzw. des Präsidenten des Landesamtes für Verfassungsschutz stünden dazu nicht im Widerspruch. Denn diese enthielten keinerlei Aussagen dazu, ob es weiterhin tatsächliche Anhaltspunkte für extremistische Bestrebungen der IGP gebe. Würde es diese geben, wäre die IGP mit Sicherheit wieder in den Verfassungsschutzberichten erwähnt worden. Eine Befragung des Innenministers oder des Verfassungsschutzpräsidenten könne zu keinem anderen Ergebnis führen, da die Nichterwähnung der IGP seit dem Jahr 2011 im Verfassungsschutzbericht eine feststehende Tatsache sei. Das Verwaltungsgericht habe auch richtig entschieden, dass mit der Nr. 6 der Begründung der falsche Eindruck erweckt werde, der Stadtrat habe in einem Beschluss einen finanziellen Zuschuss angeregt. Die Bezeichnung als „Antrag des Stadtrates“ könne nur so verstanden werden, dass der Stadtrat als kollegiales Gremium durch Beschluss einen Antrag auf finanziellen Zuschuss des Freistaates befürwortet habe. Für die Öffentlichkeit sei es entscheidend, ob ein entsprechender Antrag noch diskutiert werde oder ob eine Entscheidung durch den Stadtrat bereits gefallen sei. Denn daraus könne abgeleitet werden, welche Position die Stadt zu einem möglichen Bauvorhaben einnehme und wie konkret bisher bestehende Planungen der Stadt seien. Eine Zulassung des Bürgerbegehrens mit einer Teilbegründung sei nicht möglich, da eine nachträgliche Abänderung der Begründung die bereits in der Phase der Sammlung der erforderlichen Unterschriften liegende Beeinträchtigung der Abstimmungsfreiheit nicht ungeschehen machen könne.

Die Landesanwaltschaft Bayern beteiligt sich als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren und hält die Zurückweisung der Berufung ebenfalls für rechtens. Mit dem Verweis auf den Verfassungsschutzbericht in der Begründung werde auf eine objektive Quelle verwiesen, der zu entnehmen sei, dass die IGP sowie Imam Idriz verfassungswidriger Aktivitäten verdächtig seien. Im Verfassungschutzbericht 2010 sei jedoch ausdrücklich ausgeführt worden, dass keine neuen Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten der IGP vorlägen und man abwarten wolle, ob in der zwischenzeitlich geäußerten Distanz zu extremistischen Organisationen eine anhaltende, eigenständige, der freiheitlich demokratischen Grundordnung entsprechende Ausrichtung zu sehen sei. Da in den Verfassungsschutzbericht nur Organisationen aufgenommen würden, über die konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme von verfassungswidrigen Bestrebungen und Tätigkeiten vorlägen, komme der Tatsache, ob eine Organisation dort erwähnt werde, große Bedeutung zu. Die in der Begründung getroffene Tatsachenbehauptung sei insoweit falsch, als das Präsens verwendet und so der Eindruck erweckt werde, es handele sich um eine aktuelle Tatsache, über die auch im Verfassungsschutzbericht berichtet werde. Der Passus, der Stadtrat habe in seinem Antrag einen finanziellen Zuschuss durch den Freistaat angelegt, sei jedenfalls zur Irreführung geeignet. Das Bürgerbegehren sei im Übrigen weder in Teilen zulässig noch könne eine Heilung der Begründung erfolgen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 11. November 2015 hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Kläger, die als Gesamtvertreter der Unterzeichner des Bürgerbegehrens gegen dessen Ablehnung im eigenen Namen unmittelbar Klage erheben können (Art. 18a Abs. 8 Satz 2 GO), haben keinen Anspruch auf Zulassung des Bürgerbegehrens (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Das von den Klägern eingereichte Bürgerbegehren verstößt zumindest mit einer zentralen Aussage der Begründung gegen das verfassungsrechtlich radizierte Verbot unrichtiger und grob irreführender Tatsachenbehauptungen und konnte schon aus diesem Grund nicht als Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids zugelassen werden (Art. 18a Abs. 1 und Abs. 8 Satz 1 GO). Auf die im Ablehnungsbescheid der Beklagten angesprochenen weiteren Fragen, z. B. ob zur Benennung der Vertreter auf den Unterschriftslisten die Angabe des Postfachs einer politischen Partei genügte und ob die Begründung noch andere entscheidungserhebliche Unrichtigkeiten enthielt, kommt es hier demnach nicht mehr an.

1. Ein zulässiges Bürgerbegehren muss nach Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO eine (auf allen Unterschriftslisten gleichlautende) Begründung enthalten. Mit diesem Erfordernis, das die für Volksbegehren geltende Regelung des Art. 74 Abs. 2 BV modifizierend aufgreift, soll sichergestellt werden, dass die Gemeindebürger, wenn sie von den Initiatoren des Bürgerbegehrens zur Unterschriftsleistung aufgefordert werden, schon in dieser ersten Phase des direktdemokratischen Verfahrens die Bedeutung und Tragweite der mit Ja oder Nein zu entscheidenden Fragestellung erkennen können (vgl. zum Volksgesetzgebungsverfahren VerfGH, E. v. 13.4.2000 - Vf. 4-IX-00 - VGH n. F. 53, 81/105). Da bereits mit der Unterzeichnung eines Bürgerbegehrens das Recht auf Teilhabe an der Staatsgewalt in Gestalt der Abstimmungsfreiheit (Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 BV) ausgeübt wird, ergeben sich aus der Bayerischen Verfassung auch Mindestanforderungen an die Richtigkeit der Begründung. Die Bürger können nur dann sachgerecht über die Unterstützung eines Bürgerbegehrens entscheiden und von ihrem Eintragungsrecht Gebrauch machen, wenn sie nicht durch den mit den Unterschriftslisten vorgelegten Begründungstext in wesentlichen Punkten in die Irre geführt werden. Es ist daher mit dem Sinn und Zweck eines Plebiszits auch auf kommunaler Ebene nicht vereinbar, wenn in der Begründung des Bürgerbegehrens in einer entscheidungsrelevanten Weise unzutreffende Tatsachen behauptet werden oder wenn die maßgebende Rechtslage unzutreffend bzw. unvollständig erläutert wird (vgl. VerfGH, a. a. O. 106).

2. An dieser ungeschriebenen Rechtmäßigkeitsvoraussetzung, die der Senat in einer Reihe neuerer Entscheidungen hervorgehoben hat (BayVGH, B. v. 9.12.2010 - 4 CE 10.2943 - juris Rn. 2; B. v. 20.1.2012 - 4 CE 11.2771 - juris Rn. 31; B. v. 25.6.2012 - 4 CE 12.1224 - BayVBl 2013, 19 Rn. 31; B. v. 14.10.2014 - 4 ZB 14.707 - juris Rn. 3 ff.; anders noch B. v. 14.3.2001 - 4 ZE 00.3658 - BayVBl 2002, 184) und die auch in der Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte anerkannt ist (vgl. OVG NRW, U. v. 23.4.2002 - 15 A 5594/00 - NVwZ-RR 2002, 766; OVG SH, U. v. 19.12.2005 - 2 LB 19/05 - juris Rn. 41; VGH BW, B. v. 22.8.2013 - 1 S 1047/13 - juris Rn. 19; HessVGH, B. v. 20.8.2015 - 8 B 2125/14 - juris Rn. 6), fehlt es im vorliegenden Fall. Die unter Nr. 1 der „Begründungen“ getroffene Tatsachenbehauptung, die Islamische Gemeinde Penzberg (IGP) stehe „laut Verfassungsschutzbericht… in Verbindung mit Fundamentalisten der Islamischen Gemeinde Milli Görus (IGMG)“, war zum Zeitpunkt der Unterschriftensammlung nach ihrem objektiven Erklärungsgehalt eindeutig unzutreffend (a). Sie hat als möglicher Beweggrund für die Unterschriftsleistung so hohes Gewicht, dass schon allein aufgrund dieser Fehlinformation die Begründung des Bürgerbegehrens als irreführend angesehen werden muss (b). Die den Vertretern des Bürgerbegehrens erteilte Änderungsermächtigung vermag den Mangel nicht zu heilen (c). Ein Anspruch auf Zulassung des rechtswidrig zustande gekommenen Bürgerbegehrens lässt sich auch nicht aus möglichen Rechtsverstößen der Beklagten während der Phase der Unterschriftensammlung ableiten (d).

a) Die Aussage über im Verfassungsschutzbericht dargestellte Kontakte der IGP zur IGMG (korrekte Bezeichnung: „Islamische Gemeinschaft Millî Görüş“) bezieht sich erkennbar auf Feststellungen in Berichten des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz aus den Jahren 2007 bis 2010. Nach den dort wiedergegebenen Erkenntnissen bestanden die Beziehungen der IGP zu der türkisch geprägten IGMG vor allem darin, dass die IGP bis zum Jahr 2006/2007 auf internen Mitgliedslisten der IGMG erschien und der IGP-Vorsitzende nach eigenen Angaben bis 2005 auch persönlich Mitglied der IGMG war; zudem wurden bei einer richterlich angeordneten Telefonüberwachung Gespräche des Penzberger Imams und IGP-Vorsitzenden u. a. mit dem IGMG-Generalsekretär im Zeitraum August 2007 bis Februar 2009 festgestellt (Verfassungsschutzbericht 2010, S. 34, abrufbar unter http://www.verfassungsschutz. bayern.de/mam/anlagen/jahresbericht_2010.pdf). In einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, in dem sich die IGP ohne Erfolg gegen die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht 2008 zur Wehr setzte, stellten das Verwaltungsgericht München (B. v. 3.5.2010, Az. 22 M 09.2155) und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (B. v. 17.7.2010, Az. 10 CE10.1201) fest, dass nach den vom Landesamt für Verfassungsschutz vorgelegten Unterlagen noch im Jahr 2008 in der Moschee der IGP für eine IGMG-Veranstaltung in Ingolstadt geworben worden sei.

Schon der im März 2011 publizierte Verfassungsschutzbericht 2010 wies allerdings im Anschluss an die Erwähnung dieser zeitlich zurückliegenden Kontakte darauf hin, dass das von der IGP geplante Projekt ZIE-M in seiner Vereinssatzung mittlerweile eine Ausschlussklausel bezüglich extremistischer Mitglieder enthalte; ob in der zwischenzeitlich geäußerten Distanz zu extremistischen Organisationen eine anhaltende, eigenständige, der freiheitlichen demokratischen Grundordnung entsprechende Ausrichtung zu sehen sei, bleibe abzuwarten, nachdem sich für das Berichtsjahr keine neuen Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten ergeben hätten (Verfassungsschutzbericht 2010, a. a. O., S. 35). In dem ein Jahr später veröffentlichten Verfassungsschutzbericht 2011 (http://www.verfassungsschutz.bayern.de/mam/anlagen/verfassungsschutzbericht_2011.pdf) wurde die IGP an keiner Stelle mehr erwähnt; auch in allen nachfolgenden Berichten und sonstigen schriftlichen Bekundungen des Landesamtes für Verfassungsschutz finden sich keine Hinweise auf weiter fortbestehende oder wiederaufgenommene Kontakte der IGP zu der als extremistisch geltenden IGMG.

Angesichts des seit dem Bericht 2010 geänderten Inhalts der amtlichen Verlautbarungen kann die in der Begründung des Bürgerbegehrens in Präsensform getroffene Aussage, dass die IGP „laut Verfassungsschutzbericht“ mit der IGMG in Verbindung „steht“ (Nr. 1 Satz 3 Hs. 2), nur als objektiv unzutreffend bezeichnet werden. Denn dieser Halbsatz konnte zum maßgeblichen Zeitpunkt der Unterschriftsleistung nach dem objektiven Empfängerhorizont (vgl. §§ 133, 157 BGB) nur so verstanden werden, dass ein (Landes- oder Bundes-)Amt für Verfassungsschutz in einem aktuellen Jahresbericht eine gegenwärtig bestehende Verbindung zwischen den genannten Organisationen erwähnt habe. Einem anderslautenden Textverständnis stand neben dem Wortlaut auch die inhaltliche und syntaktische Verknüpfung mit der im vorangehenden Halbsatz getroffenen Aussage entgegen, wonach die IGP vom Verfassungsschutz „seit 2007“ überwacht werde. Der unbefangene Leser musste hiernach von einer bis in die Gegenwart reichenden Überwachung ausgehen, so dass er von dem anschließenden Halbsatz nur eine Aussage über die zu diesem Zeitpunkt relevanten Erkenntnisse bezüglich einer etwaigen verfassungsfeindlichen Ausrichtung der IGP erwarten konnte, nicht dagegen den Hinweis auf eine die Vergangenheit betreffende Feststellung, an der das Verfassungsschutzamt in seinen neueren Berichten nicht mehr festhält.

Da die Behauptung einer „laut Verfassungsschutzbericht“ bestehenden Verbindung zur IGMG sich eindeutig auf die Gegenwart bezieht, kann diese Textpassage auch nicht dahingehend (um-)gedeutet werden, dass damit nur allgemein auf den Inhalt eines für zurückliegende Jahre (z. B. 2007, 2008 oder 2009) publizierten Verfassungsschutzberichts verwiesen werde, in dem von solchen Kontakten noch die Rede war. Ein solches Verständnis wäre mit dem objektiven Erklärungsgehalt der Aussage unvereinbar und ließe sich daher auch mit dem in der Rechtsprechung des Senats anerkannten Gebot der grundsätzlich „wohlwollenden Auslegung“ eines mehrdeutig formulierten Bürgerbegehrens (dazu BayVGH, U. v. 19.2.1997 - 4 B 96.2928 - VGH n. F. 50, 42/44 f. = BayVBl 1997, 276/277; U. v. 21.3.2012 - 4 B 11.221 - BayVBl 2012, 632 Rn. 21) nicht sachlich rechtfertigen. Während der Unterschriftensammlung, die nach Angaben der Kläger den Zeitraum vom 14. Oktober 2011 bis zum 18. September 2014 umfasste, ergab sich der aktuelle Erkenntnisstand zu verfassungsgefährdenden islamistischen Bestrebungen allein aus den - im März des jeweiligen Folgejahres veröffentlichten - Verfassungsschutzberichten 2010, 2011, 2012 und 2013. In keiner dieser amtlichen Äußerungen war jedoch, wie oben gezeigt, von bestehenden Verbindungen der IGP oder ihrer Repräsentanten zur IGMG die Rede; selbst die letztmalige Erwähnung der IGP im Berichtsjahr 2010 betraf nur zurückliegende Mitgliedschaften und Telefonkontakte zur IGMG und enthielt keinen Hinweis auf weiterhin fortgeführte Beziehungen zu dieser Organisation.

b) Die in der Verwendung der Gegenwartsform liegende unrichtige Tatsachenbehauptung, wonach eine aktuell bestehende Verbindung der IGP zur IGMG durch einen Verfassungsschutzbericht amtlich bestätigt werde, stellt im Gesamtgefüge der Begründung des Bürgerbegehrens kein bloß untergeordnetes Detail dar, sondern muss aus Sicht der Unterschriftsleistenden als entscheidungsrelevant angesehen werden.

Bei der insoweit vorzunehmenden Erheblichkeitsprüfung kommt es entgegen der Auffassung der Kläger nicht darauf an, dass die beanstandete unzutreffende Sachaussage im Verhältnis zu den übrigen Teilen der Begründung quantitativ nur einen geringen Raum einnimmt (knapp zwei Zeilen) und sich in lediglich einem von sechs Punkten der „Begründungen“ findet. Die Initiatoren eines Bürgerbegehrens können dem aus der Abstimmungsfreiheit abzuleitenden Irreführungsverbot nicht dadurch entgehen, dass sie wahrheitswidrige Begründungselemente durch eine größere Zahl korrekter Aussagen kompensieren oder auf nicht zu beanstandende „Alternativbegründungen“ verweisen. Da den Unterzeichnern des Bürgerbegehrens der auf den Unterschriftenlisten abgedruckte Begründungstext in seiner Gesamtheit vorliegt, muss auch dessen rechtliche Beurteilung einheitlich erfolgen; eine nachträgliche Teilung oder geltungserhaltende Reduktion kommt daher nicht in Betracht (vgl. BayVGH, B. v. 9.12.2010 - 4 CE 10.2943 - juris Rn. 4).

Maßgebend ist somit nicht die Frage, ob die Begründung auch ohne die inkriminierte Passage Bestand haben könnte, sondern ob die unrichtige Sachaussage im Kontext der übrigen Begründung als so gewichtig anzusehen ist, dass ohne sie möglicherweise weniger Unterzeichner das Bürgerbegehren unterstützt hätten. Eine solche Eignung zur Beeinflussung des Unterschriftsverhaltens darf allerdings nicht nur theoretisch bestehen, sondern muss nach allgemeiner Lebenserfahrung als konkrete und nicht ganz fernliegende Möglichkeit erscheinen (vgl. BVerwG, B. v. 17.3.1998 - 8 B 36/98 - juris Rn. 2 m. w. N. zum Erheblichkeitsgrundsatz bei Wahlfehlern). Als nicht kausal für das Ergebnis der Unterschriftensammlung können Unvollständigkeiten, Ungenauigkeiten oder Fehlangaben bei (kommunal-)politisch unstreitigen und auch objektiv unwichtigen Detailfragen angesehen werden, nicht dagegen Mängel bei tragenden Begründungselementen, auch wenn das Bürgerbegehren ausdrücklich auf mehrere gleichrangige Begründungsstränge gestützt wird (vgl. BayVGH, B. v. 14.10.2014 - 4 ZB 14.707 - juris Rn. 6; B. v. 25.6.2012 - 4 CE 12.1224 - BayVBl 2013, 19 Rn. 31; OVG NRW, U. v. 23.4.2002 a. a. O.).

Nach diesen Maßstäben handelt es sich vorliegend eindeutig um einen ergebnisrelevanten Begründungsmangel. Die Aussage über eine vom Verfassungsschutz bestätigte Verbindung der IGP zur IGMG stand im Zusammenhang mit dem in Nr. 1 und Nr. 5 der Begründung unternommenen Versuch, mögliche Unterstützer des Bürgerbegehrens davon zu überzeugen, dass die in der IGP an leitender Stelle tätigen Initiatoren des Projekts ZIE-M wegen ihrer Kontakte zu islamistisch-fundamentalistischen Kreisen als Bauherrn nicht akzeptabel seien. Der zum Beleg hierfür angeführte allgemeine Hinweis, dass die IGP bzw. deren Leiter seit Jahren vom Verfassungsschutz „überwacht“ (Nr. 1) bzw. „beobachtet“ (Nr. 5) würden, erhielt seine besondere zeitliche Aktualität und inhaltliche Brisanz erst durch die zusätzliche Information, eine (gegenwärtig bestehende) Verbindung mit islamistischen Fundamentalisten werde im (aktuellen) Verfassungsschutzbericht erwähnt und sei damit eine amtlich festgestellte Tatsache.

Da gerade in der Bezugnahme auf die Amtsautorität der Verfassungsschutzbehörde das Spezifikum der erwähnten Sachaussage liegt, kommt es im Ergebnis nicht darauf an, ob sich für den Zeitraum der Unterschriftensammlung (2011 bis 2014) auf andere Weise belegen lässt, dass ein Kontakt der IGP zur IGMG tatsächlich bestand. Einer diesbezüglichen weiteren Sachaufklärung etwa durch Vernehmung von Mitarbeitern des Landesamtes für Verfassungsschutz bedurfte es demnach nicht. Dass die IGP, wie von der Klägerseite vorgetragen, Mitglied im Zentralrat der Muslime in Deutschland ist, dem auch die IGMG offiziell angehört, ist darüber hinaus schon deshalb ohne Bedeutung, weil der Beitritt zu diesem Dachverband erst im März 2015 und damit nach Ende der Unterschriftensammlung für das Bürgerbegehren erfolgte.

c) Der in der irreführenden Begründung des Bürgerbegehrens liegende Rechtsmangel kann nicht durch einen nachträglichen Verzicht der Kläger auf die beanstandete Sachaussage geheilt werden. Zwar findet sich auf den Unterschriftslisten ein Zusatz, der die gemäß Art. 18a Abs. 4 GO benannten Vertreter ermächtigt, „zur Begründung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens Änderungen vorzunehmen, soweit diese nicht den Kern des Antrages berühren“. Eine solche Vollmacht erlaubt jedoch keine inhaltliche Korrektur der Begründung nach Einholung der Unterschriften; sie lässt lediglich in Bezug auf die Fragestellung redaktionelle Änderungen sowie Präzisierungen und Aktualisierungen zu, die das erkennbare Ziel des Begehrens klarer als die bisherige Fassung zum Ausdruck bringen und einem späteren Bürgerentscheid zugrunde gelegt werden können (vgl. BayVGH. U. v. 22.6.2007 - 4 B 06.1224 - BayVBl 2008, 241/242 m. w. N.). Das nachträgliche Streichen wesentlicher Teile der Begründung würde dagegen den Willen der Unterzeichner des Bürgerbegehrens verfälschen, weil damit fingiert würde, dass sie ihre Unterschrift auch bei einer anderen Begründung geleistet hätten.

d) Das mit einer irreführenden Begründung versehene Bürgerbegehren ist auch nicht wegen unzulässiger Behinderung der Unterschriftensammlung durch die Beklagte zuzulassen. Zwar spricht vieles dafür, dass mit der in der Form eines persönlichen Anschreibens des damaligen Oberbürgermeisters erfolgten Verteilung von Flyern, die vorrangig Warnungen und Wertungen in Bezug auf die hinter dem Bürgerbegehren stehenden Personen und Organisationen enthielten, gegen kompetenzrechtliche Vorgaben (Art. 37 GO) und gegen das bei Bürgerbegehren geltende Sachlichkeitsgebot (vgl. dazu BayVGH, B. v. 17.3.1997 - 4 ZE 97.874 - BayVBl 1997, 435) verstoßen wurde. Die von den Klägern insoweit gerügten Rechtsverletzungen betreffen jedoch nur ihr grundrechtsgeschütztes Recht auf ungehindertes öffentliches Werben um Unterschriften und nicht den mit der vorliegenden Klage verfolgten Anspruch aus Art. 18a Abs. 8 GO auf förmliche Zulassung des (mit einer hinreichenden Zahl von Unterschriften) eingereichten Bürgerbegehrens. Gegen rechtswidrige Behinderungen durch öffentliche Amtsträger und Behörden während der Phase der Unterschriftensammlung können sich die Initiatoren eines Bürgerbegehrens im Wege einer Unterlassungsklage und ggf. mittels eines Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz zur Wehr setzen (vgl. BayVGH, B. v. 15.4.2011 - 4 CE 11.407 - juris Rn. 8). Solche vorangegangenen Rechtsverstöße von Gemeindeorganen begründen dagegen kein Recht auf Zulassung eines Bürgerbegehrens, das wegen seiner irreführenden Begründung die aus der Abstimmungsfreiheit folgenden rechtlichen Mindestanforderungen verfehlt.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

III. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 22.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 4. März 2016 wird aufgehoben.

II. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 27. April 2015 verpflichtet, das Bürgerbegehren „A.er Stadtwerke in A. Bürgerhand“ zuzulassen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

IV. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Zulassung eines Bürgerbegehrens.

Die Kläger sind Vertreter eines Bürgerbegehrens, das darauf abzielt, einen Verkauf der von der Beklagten in privatrechtlicher Form geführten Stadtwerke oder ihrer Tochtergesellschaften sowie deren Fusion mit anderen Unternehmen zu verhindern.

Die Beklagte ist alleinige Gesellschafterin der S. A. Holding GmbH, der jeweils zu 100% u. a. die Stadtwerke A. E. GmbH, die Stadtwerke A. W. GmbH und die S. A. Verkehrs GmbH gehören. Die Stadtwerke A. E. GmbH hält Anteile an der e. s. GmbH, der B. GmbH und der M-net T. GmbH. Die s N. GmbH ist eine 100-prozentige Tochter der Stadtwerke A. E. GmbH.

Eine vom Stadtrat der Beklagten in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie kam zu dem Ergebnis, dass bei einer strategischen Partnerschaft der Energiesparte der Stadtwerke A. mit der e. s. GmbH jährlich bis zu 2,004 Millionen Euro an zusätzlichen Gewinnen insbesondere durch Einsparungen erwirtschaftet werden könnten, bei einer Fusion sogar 11,5 Millionen Euro.

Gegen solche Bestrebungen richtet sich das von einer Bürgerinitiative betriebene Bürgerbegehren „A.ger Stadtwerke in A.er Bürgerhand“, das von den Klägern am 2. April 2015 bei der Beklagten eingereicht wurde. Die Unterschriftenlisten enthielten folgende Fragestellung:

„Sind Sie dafür, dass die S. A. Holding GmbH und ihre T. E. GmbH, W. GmbH, Verkehrs GmbH und N. A. GmbH in vollständigem Eigentum der Stadt A. bleiben und jegliche Fusion mit anderen Unternehmen unterbleibt?“

Die auf den Unterschriftenlisten abgedruckte Begründung lautet:

„Die Stadtwerke A. sind seit langer Zeit im vollständigen Eigentum der Stadt A. Dies garantiert die sichere Daseinsvorsorge der A. Bürgerinnen und Bürger in den Bereichen Energie, Wasser und Verkehr. Doch jetzt soll der Konzern T. AG durch seine Tochter E. S. GmbH an der Energieversorgung der Stadt beteiligt werden. Der A. Stadtrat hat mit großer Mehrheit beschlossen, diese Möglichkeit ernsthaft zu prüfen. Das käme einem Ausverkauf von A. ‚Tafelsilber‘ gleich, denn die Überschüsse aus dem Energiebereich garantieren heute u. a. die Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs A. Weitere mögliche Gefahren bestehen in Preissteigerungen, Arbeitsplatzabbau und dem Abzug von regionalem Dienstleistungswissen. Die A. Daseinsvorsorge muss vollständig in kommunaler Hand bleiben.“

Aufgrund eines Stadtratsbeschlusses vom 23. April 2015 wurde das Bürgerbegehren mit Bescheid vom 27. April 2015 als unzulässig zurückgewiesen.

Ein von den Klägern eingereichtes weiteres Bürgerbegehren, das sich nur gegen die in der Machbarkeitsstudie geprüfte Fusion im Bereich der Energie richtete („Sind Sie dafür, dass eine Fusion der Energiesparte der Stadtwerke A. mit E. S. unterbleibt?“), wurde mit Bescheid vom 22. Mai 2015 von der Beklagten zugelassen. Es wurde in einem Bürgerentscheid am 12. Juli 2015 angenommen, zugleich wurde ein entgegengesetztes Ratsbegehren abgelehnt.

Gegen die Ablehnung des ersten Bürgerbegehrens erhoben die Kläger am 30. April 2015 Verpflichtungsklage. Die Klage sei auch nach dem Erfolg des zweiten Bürgerbegehrens zulässig, weil das erste Bürgerbegehren weitergehend sei. Die Fragestellung sei ausreichend bestimmt, da es um eine Grundsatzentscheidung über die städtische Daseinsvorsorge gehe. Anlass sei zwar die angekündigte Fusion im Energiebereich; eine Privatisierung in anderen Sparten sei jedoch nicht ausgeschlossen.

Die Beklagte beantragte Klageabweisung. Der Klage fehle das Rechtsschutzbedürfnis, da die Kläger durch Einreichung des zweiten Bürgerbegehrens dokumentiert hätten, dass sie das Interesse an dem ersten Bürgerbegehren verloren hätten und zu der Überzeugung gelangt seien, dass es unzulässig gewesen sei. Die Klage sei auch unbegründet, da das Bürgerbegehren gegen den Bestimmtheitsgrundsatz und das Koppelungsverbot verstoße; zudem enthalte die Begründung unrichtige, irreführende und unvollständige Angaben über abstimmungsrelevante Tatsachen.

Mit Urteil vom 4. März 2016 wies das Verwaltungsgericht Augsburg die Klage ab. Sie sei zwar zulässig, da der Gegenstand des streitgegenständlichen Bürgerbegehrens mit demjenigen des erfolgreich durchgeführten Bürgerbegehrens nur teilweise identisch sei und der Bürgerentscheid auch nur eine einjährige Bindungswirkung besitze. Die Klage sei aber unbegründet, da das Bürgerbegehren, das mit seiner Fragestellung nicht gegen das Kopplungsgebot verstoße, an einem Begründungsmangel im Sinne einer unvollständigen und dadurch irreführenden Begründung leide. Bei einer (zulässigerweise) mehrere Teilaspekte umfassenden Fragestellung sei in der Begründung darauf zu achten, dass der Abstimmende, der sich nur einheitlich für Ja oder Nein entscheiden könne, bei der Wertung der einzelnen Teilaspekte eine eventuell unterschiedliche Ausgangslage erkennen könne. Es sei hier daher erforderlich gewesen, in der Begründung in der gebotenen Kürze darauf hinzuweisen, dass die Beklagte bzw. deren Stadtrat hinsichtlich der Trinkwasserversorgung bereits früher eine Privatisierung ausdrücklich ausgeschlossen habe (Stadtratsbeschlüsse vom 25.3.2004 und 24.4.2008) und dass durch die aktuellen Beschlüsse im Zusammenhang mit der Fusion der Energie- und Netzsparte der alleinige Einfluss auf die Wasserversorgung ausdrücklich erhalten bleiben solle (Beschlüsse vom 20.11. und 23.7.2014). Ein vollständiges Unterbleiben jeden Hinweises auf die abweichende Ausgangslage beim Trinkwasser mache die Begründung unvollständig, wodurch die Abstimmenden irregeführt werden könnten. Die Stadtratsbeschlüsse der Jahre 2004 und 2008 seien entstanden, weil eine im Raum stehende Privatisierung der Trinkwasserversorgung bzw. ein Verkauf der Grundstücke im Trinkwasserschutzgebiet auf Bürgerprotest gestoßen sei. Durch den fehlenden Hinweis auf die Beschlusslage werde der Eindruck erweckt, die Frage der Privatisierung der Trinkwasserversorgung sei ebenso zu bewerten wie diejenige der - von der geplanten Fusion mit der e. s. GmbH ebenfalls nicht betroffenen - Verkehrssparte. Selbst wenn man nicht davon ausgehe, dass durch die Fassung der Fragestellung und der Begründung der Eindruck erweckt werde, auch die Privatisierung der Trinkwasserversorgung sei unmittelbar geplant, werde der Abstimmende hier über Bedeutung und Tragweite der Fragestellung irregeleitet. Dies sei insoweit abstimmungsrelevant, als die Wertung, ob mit ja oder nein geantwortet werde, unterschiedlich ausfallen könne, je nachdem wie der Abstimmende den Handlungsbedarf hinsichtlich des Trinkwassers beurteile. Nach einer Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs werde die Grenze einer sachlich vertretbaren Darstellung des Anliegens eines Volksbegehrens dann überschritten, wenn die Erläuterung der konkreten Rechtslage, die abgelöst werden solle, ein wichtiges bereits in Kraft getretenes Änderungsgesetz überhaupt nicht in den Blick nehme. Übertragen auf die Konstellation bei Bürgerbegehren, wo es um Beschlüsse eines Gemeinderats gehe, müsse über eine relevante bestehende Beschlusslage des Stadt- bzw. Gemeinderats informiert werden.

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung verfolgen die Kläger ihr Rechtsschutzbegehren weiter. Sie beantragen,

das Urteil des Verwaltungsrechts Augsburg vom 4. März 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 27. April 2015 zu verpflichten, das Bürgerbegehren „A.er Stadtwerke in A.er Bürgerhand“ zuzulassen.

Zweck der Begründungspflicht sei, dass die Unterzeichner eines Bürgerbegehrens durch eine zumindest knappe Begründung erführen, wofür sie sich einsetzten. Diese Voraussetzung sei hier erfüllt, weil die Begründung über bloß schlagwortartige Aussagen hinaus Angaben zu den Gründen für das Bürgerbegehren enthalte und die Bürger zu einer Grundsatzentscheidung über die Privatisierung sämtlicher Sparten der S. A. Holding GmbH aufrufe. Jedem mündigen Bürger sei klar gewesen, dass er anlässlich des aktuellen Fusionsplans der Beklagten bezüglich der Energieversorgungssparte im Rahmen einer Grundsatzentscheidung über den generellen Verbleib aller Tochtergesellschaften entscheide. Als Grund für das Begehren werde die dauerhafte Sicherung der Daseinsvorsorge in kommunaler Hand angeführt und auf mögliche Risiken einer Teilprivatisierung hingewiesen. Die Begründung enthalte ausschließlich inhaltlich richtige Tatsachen und keine als Tatsachenbehauptung getarnten Befürchtungen oder Vermutungen. Da anlässlich der jüngsten Fusionspläne für die Energiesparte eine Grundsatzentscheidung bezüglich aller zur A. S. Holding GmbH gehörenden Bereiche gefordert werde, entstehe beim Bürger nicht der Eindruck, dass die Privatisierung der Wassersparte unmittelbar bevorstehe oder bereits geplant sei. Die Begründung sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht deshalb unvollständig, weil die Stadtratsbeschlüsse von 2004, 2008 und 2014 nicht erwähnt seien. Die Forderung des Gerichts, die Begründung müsse eventuell unterschiedliche Ausgangslagen hinsichtlich der betroffenen Teilaspekte erkennen lassen, widerspreche dem Wesen einer Grundsatzentscheidung. Die geforderte Erwähnung der Stadtratsbeschlüsse hätte beim Bürger den Eindruck erweckt, dass - entgegen der tatsächlichen Sachlage - auch in der Wassersparte eine Privatisierung unmittelbar bevorstehe. Da es um eine Grundsatzfrage gehe, liege auch kein partieller Begründungsausfall vor. Eine Verpflichtung, über die geltende Beschlusslage des Stadtrats in der Begründung umfassend zu informieren, existiere nicht. Unabhängig davon, dass die Aufzählung aller zur Thematik ergangenen Stadtratsbeschlüsse in der Begründung weder der Klarheit noch der Verständlichkeit zuträglich gewesen wäre, sei dies auch nicht geboten gewesen. In den neueren Beschlüssen des Stadtrats aus dem Jahr 2014 sei zwar die Wassersparte ausgeklammert worden, dies aber nur im Zusammenhang mit der Machbarkeitsstudie und nicht allgemeingültig. Einen generellen Beschluss darüber, dass die Wasser- und Verkehrssparte von jeder Privatisierung dauerhaft ausgenommen bleiben solle, habe der 2014 neu gewählte Stadtrat trotz der aktuellen Entwicklungen nicht gefasst. Die zitierte Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs sei nicht übertragbar, da die Begründung keine Erläuterungen zur geltenden Rechts- bzw. Beschlusslage enthalte. Anders als bei Volksbegehren, die auf die Herbeiführung eines Gesetzes abzielten und bei denen daher die zugrundeliegende Rechtslage maßgeblich sei, beanspruche eine bestehende Beschlusslage des Stadtrats, zumal eine nicht aktuelle, keine vergleichbare Geltung bei der im Rahmen eines Bürgerbegehrens zu treffenden Grundsatzentscheidung. Den Stadtratsbeschlüssen der Beklagten aus dem Jahr 2004 und 2008 komme schon aufgrund ihrer fehlenden Aktualität keine Abstimmungsrelevanz zu; auch könnten sie jederzeit aufgehoben werden. Es fehle daher an einer „relevanten Beschlusslage des Stadtrats“, über die im Bürgerbegehren zu informieren gewesen wäre. Da durch das Bürgerbegehren zu keinem Zeitpunkt suggeriert worden sei, dass sämtliche Sparten unmittelbar vor der Fusion stünden, würden die Unterzeichner nicht irregeführt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die für Volksbegehren geltenden Begründungsanforderungen seien auf Bürgerbegehren zu übertragen, da es bei beiden Instituten um eine Änderung der bestehenden Rechtslage gehe. In der Begründung des Bürgerbegehrens dürften daher abstimmungsrelevante Tatsachen nicht verschwiegen werden; auf den Unterschied zwischen aktivem Tun und Unterlassen komme es dabei nicht an. Dies gelte erst recht bei Grundsatzentscheidungen; die Begründungsanforderungen müssten daher für sämtliche Teilaspekte und somit sämtliche Tochtergesellschaften erfüllt sein. In der vorliegenden Begründung sei die Beschlusslage und damit die für den Verwaltungsvollzug geltende Rechtslage unvollständig erläutert worden, da die Stadtratsbeschlüsse vom 25. März 2004, 24. April 2008 und 23. Juli 2014 nicht erwähnt und von dem aktuellen Beschluss vom 20. November 2014 nur die Beteiligungsabsicht durch die T. AG dargestellt worden sei, nicht aber die mit diesem Beschluss getroffenen Einschränkungen. Hierzu hätten der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen, die Beibehaltung des alleinigen Einflusses der S. A. Holding GmbH auf die Verkehrs GmbH und die W. GmbH, der Ausschluss negativer Auswirkungen im Querverbund sowie die Begrenzung der Beteiligung der T. AG auf unter 50% und deren Nichtbeteiligung an der S. A. Holding GmbH gehört. Durch die Nichterwähnung dieser Fakten in der Begründung sei der Eindruck erweckt worden, dass es diese abstimmungsrelevante Beschlusslage nicht gebe. Da die einzelnen Tochtergesellschaften in völlig verschiedenen Geschäftsfeldern tätig seien, gehe die Behauptung der Kläger, dass die Grundsatzentscheidung keine Teilaspekte aufweise, an der Realität vorbei. Hinsichtlich der Trinkwasserversorgung fehle der Hinweis in der Begründung, dass diesbezüglich nach der Beschlusslage eine Privatisierung ausdrücklich ausgeschlossen worden sei. Zu den behaupteten Gefahren des Arbeitsplatzabbaus und von Preissteigerungen sei ein Hinweis notwendig gewesen, dass der Stadtrat am 20. November 2014 bereits Gegenmaßnahmen beschlossen habe. Zur Stadtwerke A. W. GmbH enthalte die Begründung keinerlei Angaben über die Ziele und Auswirkungen des Bürgerbegehrens, so dass für diesen gewichtigen Teil ein völliger Begründungsausfall vorliege. Mit der Begründung des Bürgerbegehrens werde auch suggeriert, dass die sichere Daseinsvorsorge des öffentlichen Nahverkehrs nur durch den Verbleib der S. A. Verkehrs GmbH im vollständigen Eigentum der Beklagten garantiert werde; insoweit sei die Begründung unrichtig. Die S. A. Verkehrs GmbH sei lediglich die Infrastrukturgesellschaft und Eigentümerin der Verkehrsinfrastruktur (z. B. Gleise, Straßenbahnen, Busse), während der öffentliche Personennahverkehr von der A. Verkehrsgesellschaft mbH (AVG) unter Beteiligung der A. Verkehrsservicegesellschaft (ASG) betrieben werde, die zum Konzern Stadtwerke A. gehörten. Allein mit der Eigentumssicherung bezogen auf die Infrastrukturgesellschaft könne der öffentliche Nahverkehr faktisch keinesfalls gesichert werden. Auch handle es sich dabei nach Art. 2 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 1 BayÖPNVG um eine freiwillige Aufgabe der Daseinsvorsorge im eigenen Wirkungskreis, welche die Beklagte in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit bedarfsgerecht durchzuführen habe; insoweit sei die Daseinsvorsorge bereits gesetzlich gesichert. Diesbezüglich sei die Begründung daher unrichtig; auch fehle der Fragestellung der erforderliche Entscheidungscharakter. Durch die Eingangssätze der Begründung werde der irreführende Eindruck erweckt, dass nur beim Verzicht auf eine Fusion die Daseinsvorsorge in den genannten Bereichen für die Zukunft gesichert sei und dass sämtliche Geschäftsfelder von der geplanten Fusion umfasst seien. Es werde suggeriert, dass die in der Begründung genannten potentiellen Gefahren in Kürze eintreten würden und dass die Trinkwasserversorgung Bestandteil der Fusion werden solle. Dabei handle es sich um ergebnisrelevante tragende Begründungselemente. Zudem verstoße die Fragestellung gegen das in der Rechtsprechung anerkannte Verbot der Koppelung sachlich nicht zusammenhängender Materien in einem Bürgerbegehren. Nach dem objektiven Erklärungsgehalt handle es sich um mehrere Teilfragen, da es um den Verbleib mehrerer selbständiger Gesellschaften im Eigentum der Beklagten und um das Unterbleiben jeglicher Fusion mit anderen Unternehmen gehe. Die einzelnen Teilfragen bildeten keine einheitliche abgrenzbare Materie, da unterschiedliche Geschäftsfelder betroffen seien, bei denen der Sinn einer Fusion unterschiedlich beurteilt werden könne. Zudem betreffe ein Teil der Fragestellung eine Änderung der Eigentumsverhältnisse, während es bei einer Fusion um einen Zusammenschluss von zwei oder mehreren Unternehmen gehe, die nicht mit einer Veränderung der Eigentumslage an den Unternehmen einhergehen müsse. Nach dem Wortlaut der Fragestellung seien sogar Fusionen ausgeschlossen, bei denen eine Gesellschaft des Stadtwerke-Konzerns eine andere Gesellschaft übernehme und dabei im vollständigen Eigentum der Beklagten bleibe.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof am 25. Januar 2017 wurden die streitigen Fragen erörtert. Die Vertreter der Beklagten übergaben eine Übersicht über die aktuelle Konzernstruktur der Stadtwerke A. Die Beteiligten verzichteten auf weitere mündliche Verhandlung.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

I.

Die Berufung der Kläger, über die wegen des Verzichts der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat Erfolg. Die Kläger, die als Gesamtvertreter der Unterzeichner des Bürgerbegehrens gegen dessen Ablehnung im eigenen Namen unmittelbar Klage erheben können (Art. 18a Abs. 8 Satz 2 GO), haben einen Rechtsanspruch auf Zulassung des Bürgerbegehrens (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), da dieses weder mit seiner Fragestellung (1.) noch mit seiner Begründung (2.) gegen geltendes Recht verstößt. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 27. April 2015 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 4. März 2016 können daher keinen Bestand haben.

1. Die zur Entscheidung gestellte Frage, ob der Abstimmende dafür ist, dass die S. A. Holding GmbH und ihre T. E. GmbH, W. GmbH, Verkehrs GmbH und N. A. GmbH in vollständigem Eigentum der Stadt A. bleiben und jegliche Fusion mit anderen Unternehmen unterbleibt, lässt sich mit Ja oder Nein beantworten und entspricht daher der Vorgabe des Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO. Sie ist auch weder zu unbestimmt (a), noch verstößt sie gegen das Koppelungsverbot (b).

a) Ein Bürgerbegehren kann nur zugelassen werden, wenn die mit ihm unterbreitete Fragestellung ausreichend bestimmt ist (BayVGH, B.v. 8.4.2005 - 4 ZB 04.1264 - BayVBl 2005, 504 m.w.N.). Damit ist zwar nicht verlangt, dass es zur Umsetzung des Bürgerentscheids nur noch des Vollzugs durch den Bürgermeister bedarf; mit einem Bürgerentscheid können vielmehr auch Grundsatzentscheidungen getroffen werden, die durch Detailregelungen des Gemeinderates ausgefüllt werden müssen (BayVGH, U.v. 19.2.1997 - 4 B 96.2928 - VGH n.F. 50, 42/44 = BayVBl 1997, 276/277). Die Fragestellung muss aber in jedem Fall so bestimmt sein, dass die Bürger erkennen können, für oder gegen was sie ihre Stimme abgeben und wie weit die Bindungswirkung des Bürgerentscheids (Art. 18a Abs. 13 GO) nach dessen Entscheidungsinhalt reicht (BayVGH, B.v. 8.4.2005, a.a.O.; vgl. VerfGH, E.v. 13.4.2000 - Vf. 4-IX-00 - BayVBl 2000, 460/464 zum Volksentscheid).

Diesen Anforderungen wird das streitgegenständliche Bürgerbegehren gerecht. In der Fragestellung werden die kommunalen Unternehmen, für die das umfassende Veräußerungs- und Fusionsverbot gelten soll, hinreichend genau bezeichnet. Dass dabei die N. GmbH zu den „Töchtern“ der S. A. Holding GmbH gerechnet wird, obwohl sie - als Tochterunternehmen der E. GmbH - insoweit als Enkelunternehmen zu qualifizieren wäre, ist hier unerheblich, da diese begriffliche Ungenauigkeit nicht zu abstimmungsrelevanten Unklarheiten oder Fehlvorstellungen führen kann. Die Reichweite der zu treffenden Entscheidung ist auch nicht deshalb unklar, weil sich aus der Fragestellung nicht eindeutig erkennen ließe, ob der Ausschluss „jegliche(r) Fusion“ auch für Firmenübernahmen durch eine der Gesellschaften des Stadtwerke-Konzerns gelten soll, bei denen die Beklagte alleinige Eigentümerin des vereinigten Unternehmens würde. Aus der Bezeichnung des Bürgerbegehrens („Aer Stadtwerke in Bürgerhand“) und aus dem primär genannten Ziel eines Verbleibs der kommunalen Unternehmen „in vollständigem Eigentum der Stadt A. “ lässt sich ebenso wie aus dem beigefügten Text der Begründung bei der hier gebotenen wohlwollenden Auslegung (vgl. BayVGH, U.v. 4.7.2016 - 4 BV 16.105 - BayVBl 2017, 92 Rn. 32 m.w.N.) mit hinreichender Klarheit entnehmen, dass Zusammenschlüsse mit „anderen Unternehmen“ nur insoweit unterbleiben sollen, als die Beklagte dadurch ihr bisheriges (Allein-)Eigentum verlieren würde. Weiterhin zulässig wären demnach nicht nur Fusionen der zum Stadtwerkekonzern gehörenden Tochter- und Enkelunternehmen untereinander, sondern auch alle Übernahmen externer Unternehmen, die lediglich zu einer Mehrung des städtischen Eigentums führen würden.

b) Es liegt auch kein Verstoß gegen das Koppelungsverbot vor.

Die in Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO enthaltene Vorgabe, wonach das Bürgerbegehren „eine“ Fragestellung enthalten muss, lässt zwar die Zusammenfassung mehrerer Teilfragen oder -maßnahmen zu einem einheitlichen Abstimmungsgegenstand zu, verbietet aber die Koppelung sachlich nicht zusammenhängender Materien in ein und derselben Fragestellung (BayVGH, U.v. 25.7.2007 - 4 BV 06.1438 - VGH n.F. 60, 180/183 f. = BayVBl 2008, 82). Denn die aus dem demokratischen Mitwirkungsrecht des Bürgers (Art. 7 Abs. 2 BV) folgende Abstimmungsfreiheit wäre beeinträchtigt, wenn über mehrere Regelungsvorschläge, die in keinem Sachzusammenhang zueinander stehen, nur „im Paket“ abgestimmt werden könnte. Dieser ursprünglich für Volksbegehren entwickelte Grundsatz (vgl. VerfGH, E.v. 24.2.2000 - Vf. 112-IX-99 - VerfGH 53, 23/29 ff.) muss in gleicher Weise für Bürgerbegehren gelten.

Wann verschiedene Einzelmaterien so eng aufeinander bezogen sind, dass sie in einem Bürgerbegehren gebündelt werden dürfen, bestimmt sich nach materiellen Kriterien. Die bloß formale Verbindung unter dem Dach einer Fragestellung genügt ebenso wenig wie die Verknüpfung durch ein gemeinsames allgemeines Ziel oder ein politisches Programm. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Teilfragen oder -maßnahmen nach objektiver Beurteilung innerlich eng zusammenhängen und eine einheitliche abgrenzbare Materie bilden (BayVGH, U.v. 25.7.2007, a.a.O.).

Gemessen an diesen Grundsätzen begegnet die streitgegenständliche Fragestellung keinen Bedenken. Die im Bürgerbegehren genannten Gesellschaften, die in ihrem Namen jeweils die Bezeichnung „Stadtwerke A.“ führen, bilden zwar in formeller Hinsicht selbständige juristische Personen, gehören jedoch zum selben Konzern, an dessen Spitze die im Eigentum der Beklagten befindliche S. A. Holding GmbH steht. Diese verfügt jeweils über einen 100%-Anteil an den drei Tochterunternehmen in den Versorgungsbereichen Energie, Wasser und Verkehr, wobei die Stadtwerke A. E. GmbH ihrerseits Alleineigentümerin der s N. GmbH ist. Neben dieser - größtmöglichen - eigentumsrechtlichen Verflechtung besteht zwischen den Unternehmen auch auf der Leitungsebene (Geschäftsführung, Prokura) eine weitgehende personelle Identität, in der die gemeinsame kommunale Trägerschaft und die daraus resultierenden engen Kooperationsbeziehungen zum Ausdruck kommen. Wie sich dem bei den Gerichtsakten befindlichen Stadtratsbeschluss vom 20. Oktober 2014 entnehmen lässt (BSV/14/02469), wird durch die Verrechnung aller Ergebnisse innerhalb des S-Konzerns zudem ein steuerlicher Querverbund hergestellt.

Angesichts dieser objektiv feststellbaren dauerhaften Verbindung zwischen den drei Tätigkeitsfeldern, auf denen die Beklagte ihre Verpflichtung zur Daseinsvorsorge (Art. 83 Abs. 1 BV, Art. 57 GO) erfüllt, durfte ein für alle Unternehmen gleichermaßen geltendes Veräußerungsverbot in Form einer Grundsatzentscheidung zum Gegenstand eines zusammenfassenden Bürgerbegehrens gemacht werden. Dass im Zeitraum der Unterschriftensammlung nur für die Energie- und Netzsparte konkrete Überlegungen zu einer Kooperation bzw. Fusion mit einem anderen Unternehmen bestanden, hinderte die Initiatoren nicht daran, die damalige Debatte zum Anlass für eine generalisierende Fragestellung zu nehmen, um das bisherige Alleineigentum der Beklagten vorsorglich für alle drei Versorgungsbereiche (Energie, Wasser und Verkehr) bis auf weiteres festzuschreiben. Eine kommunale Grundsatzentscheidung betrifft definitionsgemäß immer eine Mehrzahl gegenwärtiger oder zukünftiger Anwendungsfälle. Dass diese in der kommunalen Öffentlichkeit nicht alle zur gleichen Zeit und in gleicher Intensität diskutiert werden, sondern einen unterschiedlich hohen Erörterungs- und Entscheidungsbedarf aufweisen, liegt in der Natur der Sache. Stünden bereits solche unvermeidbaren Unterschiede einer gemeinsamen plebiszitären Beschlussfassung entgegen, könnten durch ein Bürgerbegehren - anders als durch einen Gemeinderatsbeschluss - nur noch einzelfallbezogene Entscheidungen getroffen werden. Dies liefe der im Gesetz vorgesehenen Gleichwertigkeit beider Arten der kommunalen Willensbildung (Art. 18a Abs. 13 Satz 1 GO) zuwider.

Wenn mehrere Teilfragen oder -maßnahmen in einem Bürgerbegehren zu einer einzigen (Grundsatz-)Frage verbunden werden, wird auch derjenige, der die Teilaspekte an sich unterschiedlich beantworten möchte, vor die Entscheidung gestellt, einheitlich mit Ja oder Nein zu stimmen. Dies allein steht aber der Verknüpfung mehrerer sachlich zusammenhängender Materien in einer allgemein formulierten Fragestellung nicht entgegen (vgl. BayVGH, B.v. 3.4.2009 - 4 ZB 08.2205 - juris Rn. 17; U.v. 8.5.2006 - 4 BV 05.756 - BayVBl 2006, 534/535). Die Beklagte kann sich hier daher nicht darauf berufen, dass es gewichtige Gründe geben könne, die Fusionspläne etwa in der Energie- und Netzsparte anders zu beurteilen als bei der Wasserversorgung oder im Verkehrsbereich. Das Bürgerbegehren zielt nicht auf eine anhand der konkreten Umstände differenzierende Entscheidung, sondern will die Bürgerschaft dazu befragen, ob von allen (auch künftigen) Bestrebungen, städtische Anteile an den Versorgungsunternehmen abzugeben, von vornherein aus prinzipiellen Gründen Abstand genommen werden soll. Das damit angestrebte Verbot jeder Veräußerung kommt sowohl im ersten Teil der Fragestellung („dass die Stadtwerke… in vollständigem Eigentum der Stadt A. bleiben“) als auch in dem als konkretes Beispiel eines Eigentumsverlusts zu verstehenden zweiten Teil („jegliche Fusion mit anderen Unternehmen unterbleibt“) zum Ausdruck, so dass in der Verbindung dieser beiden Teilfragen ebenfalls keine unzulässige Koppelung unterschiedlicher Materien liegt.

2. Auch mit seiner Begründung verstößt das Bürgerbegehren nicht gegen zwingende rechtliche Vorgaben.

Nach Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO muss ein Bürgerbegehren eine (auf allen Unterschriftslisten gleichlautende) Begründung enthalten. Damit soll sichergestellt werden, dass die Gemeindebürger, wenn sie zur Unterschriftsleistung aufgefordert werden, schon in dieser ersten Phase des direktdemokratischen Verfahrens die Bedeutung und Tragweite der mit Ja oder Nein zu entscheidenden Fragestellung erkennen können (vgl. zum Volksgesetzgebungsverfahren VerfGH, E.v. 13.4.2000 - Vf. 4-IX-00 - VGH n.F. 53, 81/105). Da bereits mit der Unterzeichnung eines Bürgerbegehrens das Recht auf Teilhabe an der Staatsgewalt in Gestalt der Abstimmungsfreiheit (Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 BV) ausgeübt wird, ergeben sich aus der Bayerischen Verfassung auch Mindestanforderungen an die Richtigkeit der Begründung. Die Bürger können nur dann sachgerecht über die Unterstützung eines Bürgerbegehrens entscheiden und von ihrem Eintragungsrecht Gebrauch machen, wenn sie nicht durch den vorgelegten Begründungstext in wesentlichen Punkten in die Irre geführt werden. Es ist daher mit dem Sinn und Zweck eines Plebiszits auch auf kommunaler Ebene nicht vereinbar, wenn in der Begründung des Bürgerbegehrens in einer entscheidungsrelevanten Weise unzutreffende Tatsachen behauptet werden oder wenn die maßgebende Rechtslage unzutreffend bzw. unvollständig erläutert wird (BayVGH, B.v. 9.12.2010 - 4 CE 10.2943 - juris Rn. 2; B.v. 20.1.2012 - 4 CE 11.2771 - juris Rn. 31; B.v. 25.6.2012 - 4 CE 12.1224 - BayVBl 2013, 19 Rn. 31; B.v. 14.10.2014 - 4 ZB 14.707 - juris Rn. 3 ff.; U.v. 4.7.2016 - 4 BV 16.105 - BayVBl 2017, 92 Rn. 27; anders noch B.v. 14.3.2001 - 4 ZE 00.3658 - BayVBl 2002, 184).

Diese ungeschriebene Rechtmäßigkeitsvoraussetzung ist hier eingehalten. Die gegenteilige Auffassung der Beklagten und des Verwaltungsgerichts beruht auf einer zu engen Betrachtungsweise, die den Besonderheiten des plebiszitären Entscheidungsprozesses auf der kommunalen Ebene nicht gerecht wird.

a) Die Begründung des Bürgerbegehrens erfüllt zwar eine wichtige Informationsfunktion, weil sie den Unterzeichnern verdeutlicht, worauf sich die Fragestellung bezieht und welche Motive aus Sicht der Initiatoren für den angestrebten Bürgerentscheid maßgebend sind. Anders als die - meist von Verwaltungsmitarbeitern erarbeiteten - Beschlussvorlagen für Gemeinderatssitzungen, die der dortigen Diskussion und Abstimmung als Grundlage dienen und die bestehende Sach- und Rechtslage zunächst in neutraler Form darstellen sollten, muss aber die einem Bürgerbegehren beigefügte Begründung noch keinen (vorläufigen) Überblick über die Ausgangssituation und den kommunalpolitischen Streitstand vermitteln. Die Betreiber des Bürgerbegehrens nehmen am öffentlichen Meinungskampf teil und sind nicht zu einer objektiv ausgewogenen Erläuterung ihres Anliegens verpflichtet. Die um ihre Unterschrift gebetenen Gemeindebürger müssen sich vielmehr selbständig ein Urteil darüber bilden, ob sie die - in der Regel einseitig zugunsten des Bürgerbegehrens - vorgebrachten Gründe für stichhaltig halten oder ob sie sich zusätzlich aus weiteren Quellen informieren wollen. Zu beanstanden ist die Begründung eines Bürgerbegehrens daher nur, wenn sie über eine bloß tendenziöse Wiedergabe hinaus einen entscheidungsrelevanten Umstand nachweislich falsch oder in objektiv irreführender Weise darstellt.

Die hier streitige Begründung enthält in keinem ihrer sieben Sätze eine unrichtige Tatsachenbehauptung. In den Sätzen 1, 3 und 4 werden der bisherige Rechtszustand und die (damaligen) Bestrebungen zu dessen Änderung zutreffend beschrieben. Die von der Beklagten beanstandete Aussage, der Verbleib der Stadtwerke im vollständigen Eigentum der Beklagten garantiere die sichere Daseinsvorsorge in den Bereichen Energie, Wasser und Verkehr (Satz 2), enthält ein auf einer prognostischen Einschätzung beruhendes Werturteil, dessen Tatsachenkern - für den maßgeblichen Zeitraum der Unterschriftensammlung - nicht als widerlegt angesehen werden kann. Dass die in der Fragestellung des Bürgerbegehrens erwähnte Verkehrs GmbH lediglich Inhaberin der Verkehrsinfrastruktur ist, während der öffentliche Personennahverkehr von ihrer 100%igen Tochter A.er Verkehrsgesellschaft mbH (AVG) unter Beteiligung von deren 100%iger Tochter A.er Verkehrsservicegesellschaft mbH (ASG) betrieben wird, lässt die Aussage in Satz 2 der Begründung nicht als falsche Tatsachenbehauptung erscheinen, da alle genannten Gesellschaften unstreitig zum Gesamtkonzern der Stadtwerke A. gehören. Dass innerhalb dieses Verbunds ein finanzieller Ausgleich stattfindet und daher, wie im Bürgerbegehren ausgeführt (Satz 5), „die Überschüsse aus dem Energiebereich u. a. die Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs… garantieren“, hat die Beklagte nicht in Abrede gestellt. Ihr Einwand, die Begründung sei in Bezug auf den öffentlichen Nahverkehr unrichtig, weil dieser „dem Grunde nach“ bereits gesetzlich gesichert sei, greift schon deshalb nicht durch, weil es sich nach der entsprechenden Vorschrift des Art. 8 Abs. 1 BayÖPNVG nur um eine freiwillige Aufgabe der Daseinsvorsorge handelt, so dass ein Verzicht auf deren Wahrnehmung oder zumindest eine wesentliche Angebotseinschränkung im Falle eines größeren Betriebsdefizits nicht auszuschließen ist.

b) Die Begründung des Bürgerbegehrens war auch nicht in irreführender Weise unvollständig oder zu undifferenziert.

aa) Im Stadtrat der Beklagten bestand allerdings im Zeitraum der Unterschriftensammlung eine andere Beschlusslage zur Trinkwasserversorgung und zum öffentlichen Nahverkehr als zu der damals im Streit stehenden Energie- und Netzsparte. Bereits in seinen Beschlüssen vom 25. März 2004 und vom 24. April 2008 hatte der Stadtrat klargestellt, dass zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt war, „die Stadtwerke A. W. GmbH ganz oder teilweise an Dritte zu veräußern oder solche daran zu beteiligen (keine Privatisierung)“. Im Beschluss des Wirtschaftsförderungs-, Beteiligungs- und Liegenschaftsausschusses vom 23. Juli 2014 und im nachfolgenden Stadtratsbeschluss vom 20. November 2014 wurde als Maßgabe für die - zu einer Kooperation/Fusion im Energie- und Netzbereich in Auftrag gegebene - Machbarkeitsstudie nochmals festgehalten, die Beklagte behalte „für die S Holding GmbH den alleinigen Einfluss auf die Verkehrs GmbH und die W. GmbH“. Dass diese Selbstfestlegung der örtlichen Volksvertretung in der Begründung des Bürgerbegehrens nicht ausdrücklich erwähnt wurde, stellte aber keinen Rechtsverstoß dar, da die Unterzeichner durch das Fehlen dieser Information nicht in ihrer Abstimmungsfreiheit beeinträchtigt wurden.

Den Sätzen 3 und 4 der Begründung („Doch jetzt soll der Konzern T. AG durch seine Tochter E. S. GmbH an der Energieversorgung der Stadt beteiligt werden. Der A. Stadtrat hat mit großer Mehrheit beschlossen, diese Möglichkeit ernsthaft zu prüfen.“) konnte ein unbefangener Leser über den unmittelbaren Mitteilungsgehalt hinaus allenfalls - im Wege eines Umkehrschlusses - entnehmen, dass es für die anderen im Bürgerbegehren genannten Sparten Wasser und Verkehr keine entsprechenden Stadtratsbestrebungen gebe. Eine implizite Aussage dahingehend, dass sich die örtliche Volksvertretung mit der Frage einer (Teil-)Veräußerung der genannten Bereiche bisher noch nicht befasst bzw. dazu nichts beschlossen habe, ließ sich den genannten Tatsachenfeststellungen dagegen nicht entnehmen. Das Unterlassen eines Hinweises auf die tatsächlich bestehende Beschlusslage konnte daher bei den Unterzeichnern keine Fehlvorstellung bezüglich der Position des Stadtrats bzw. einer konkret bestehenden Privatisierungsgefahr hervorrufen.

bb) Die ablehnenden Stadtratsbeschlüsse zur Privatisierung der Wasserversorgung und des öffentlichen Nahverkehrs mussten auch nicht deshalb in der Begründung angesprochen werden, weil die Unterzeichner des Bürgerbegehrens anderenfalls die Bedeutung und Tragweite der Fragestellung nicht hinreichend hätten erkennen können. Zwar hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof in seiner vom Verwaltungsgericht zitierten Entscheidung vom 13. April 2000 (Vf. 4-IX-00, VerfGH 53, 81/106 = BayVBl 2000, 460) ausgeführt, die Grenze einer sachlich vertretbaren Darstellung des Anliegens eines Volksbegehrens sei jedenfalls dann überschritten, wenn bei der Erläuterung der konkreten Rechtslage, die abgelöst werden soll, ein wichtiges, bereits in Kraft getretenes Änderungsgesetz überhaupt nicht in den Blick genommen werde und dadurch bei den Stimmberechtigten der Eindruck erweckt werde, dieses Regelungswerk gebe es (noch) nicht. Diese Verfassungsrechtsprechung beruht aber auf den besonderen Verfahrensabläufen der Volksgesetzgebung und kann daher nur mit Einschränkungen auf die Ebene des Bürgerbegehrens übertragen werden.

Einem Volksbegehren liegt nach Art. 74 Abs. 2 BV i. V. m. Art. 63 Abs. 1 Satz 2 LWG stets ein ausgearbeiteter Gesetzentwurf zugrunde, der eine Begründung enthalten muss, die auch auf den Eintragungslisten erscheint (Art. 68 Abs. 1 Satz 2 LWG); aus ihr ergibt sich die Auffassung der Antragsteller, die bei einem späteren Volksentscheid in der amtlichen Bekanntmachung darzulegen ist (Art. 74 Abs. 7 BV i. V. m. Art. 75 Abs. 2 Nr. 3 LWG). Zielt das Volksbegehren auf die Änderung einer bestehenden Regelung, ist daher nicht nur im vorzulegenden Entwurf das zu ändernde Gesetz in der aktuell geltenden Fassung anzugeben, sondern auch in der Begründung auf die Abweichungen zur bisherigen Rechtslage zumindest in groben Zügen einzugehen; nur so lassen sich die rechtlichen Wirkungen eines möglichen Votums transparent machen. Eine ähnliche Pflicht zur Erläuterung der inhaltlichen Reichweite des Entscheidungsvorschlags kann sich bei einem Bürgerbegehren nur ergeben, wenn es ebenfalls um die Abänderung einer (außen-)rechtsverbindlichen Regelung geht, also z. B. um die Novellierung einer bestehenden kommunalen Satzung. Denn auch in diesem Fall muss für die Unterzeichner aus der Begründung erkennbar werden, ob die betreffende Sachmaterie erstmals normativ erfasst wird oder ob lediglich ein bestehendes Regelungswerk in mehr oder weniger großem Umfang modifiziert werden soll.

Auf eine geltende „Beschlusslage“ des Gemeinderats, die noch in keinem förmlichen Rechtsakt ihren Niederschlag gefunden hat, braucht dagegen nicht in gleicher Weise hingewiesen zu werden. Zielt ein Bürgerbegehren auf eine von der örtlichen Volksvertretung zuvor ausdrücklich abgelehnte Entscheidung, so muss die Fragestellung nicht etwa die Aufhebung des „entgegenstehenden“ Ratsbeschlusses umfassen; dieser stellt ein bloßes Verwaltungsinternum dar, das bei einem positiven Bürgerentscheid ohne weiteres obsolet wird (Art. 18a Abs. 13 Satz 1 GO). Nichts anderes gilt, wenn - wie hier bei der Wasserversorgung und beim öffentlichen Nahverkehr - ein mit dem Bürgerbegehren inhaltlich übereinstimmender Beschluss des Gemeinderats vorliegt, zumal wenn sich dieser darin erschöpft, von Änderungen eines bestehenden Dauerzustands (des Alleineigentums an der Verkehrs GmbH und der W. GmbH) weiterhin abzusehen. Da ein solcher schlichter Ratsbeschluss weder rechtliche Außenwirkung noch eine irgendwie geartete Selbstbindung entfaltet, entsteht auch in diesem Fall erst durch einen erfolgreichen Bürgerentscheid, an den der Gemeinderat für ein Jahr gebunden ist (Art. 18a Abs. 13 Satz 1 GO), ein verbindlicher Rechtsakt. Ein bereits bestehender kommunalpolitischer Konsens in der zur Abstimmung gestellten Frage muss daher, selbst wenn hierzu über längere Zeit hinweg einstimmige Ratsbeschlüsse vorliegen, in der Begründung des Bürgerbegehrens nicht eigens erwähnt werden.

cc) Die dem streitgegenständlichen Bürgerbegehren beigefügte Begründung war schließlich auch nicht deshalb zu beanstanden, weil in ihr keine spezifischen Gründe für den Erhalt des kommunalen Eigentums an der Wasser- und Verkehrssparte genannt wurden.

Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO verlangt für das Bürgerbegehren, auch wenn es sich um eine zulässige Verbindung mehrerer, sachlich eng zusammenhängender Materien handelt, in formeller Hinsicht nur eine (einzige) Begründung. Diese muss zwar ihrem Inhalt nach alle in der Fragestellung aufgeführten Teilaspekte abdecken (BayVGH, B.v. 16.4.2012 - 4 CE 12.517 - BayVBl 2013, 180 Rn. 25). Dabei muss die Begründung aber nicht für alle Teile den gleichen Konkretisierungsgrad und das gleiche Argumentationsniveau aufweisen. Die Initiatoren dürfen Schwerpunkte bilden und nur zu einzelnen, aus ihrer Sicht besonders wichtigen Teilfragen detailliertere Erwägungen vortragen, während sie sich bezüglich der übrigen Aspekte auf pauschale Aussagen beschränken. Bei einer mehrere Anwendungsbereiche umfassenden Grundsatzentscheidung, wie sie hier vorliegt, kann auch die Begründung generalisierend ausfallen; es müssen weder die bestehenden Unterschiede in den tatsächlichen Verhältnissen aufgezeigt noch Differenzierungen in deren Bewertung vorgenommen werden. Da die Begründung nur während der Phase der Unterschriftensammlung und nicht auch für die öffentliche Diskussion bei einem späteren Bürgerentscheid von rechtlicher Bedeutung ist (vgl. Art. 18a Abs. 15 GO), gelten für sie über das erwähnte Täuschungs- und Irreführungsverbot hinaus keine inhaltlichen Mindestvorgaben. Auch eine inhaltlich substanzarme, sich in allgemeinen Werturteilen oder Parolen erschöpfende Begründung ist somit zulässig, wenn sie noch einen thematischen Bezug zu der Entscheidungsfrage aufweist. Ein solches Bürgerbegehren dürfte allerdings regelmäßig geringere Erfolgsaussichten haben als ein in sich schlüssiger, kenntnisreich vorgetragener Entscheidungsvorschlag.

Entsprechend diesen geringen Anforderungen konnte die Begründung des streitgegenständlichen Bürgerbegehrens sich vorrangig auf die damals aktuelle Streitfrage einer Privatisierung der Energieversorgung konzentrieren und die Bereiche Wasser und Verkehr nur in allgemeiner Form ansprechen, nämlich als Teil der Stadtwerke (Satz 1), als Garant einer sicheren Daseinsvorsorge (Satz 2) sowie als mitbetroffen von den Gefahren der Preissteigerung, des Arbeitsplatzabbaus und des Abzugs von regionalem Dienstleistungswissen (Satz 6). Dass zu jedem dieser Aspekte eine vertiefte und differenzierte Darstellung hinsichtlich der einzelnen Versorgungssparten möglich gewesen wäre, änderte nichts am Vorliegen einer die gesamte Fragestellung umfassenden und daher rechtlich ausreichenden Begründung.

II.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) In Gebieten, für die ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, ist ein Vorhaben zulässig, wenn

1.
die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2 und § 4a Absatz 2 bis 4 durchgeführt worden ist,
2.
anzunehmen ist, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegensteht,
3.
der Antragsteller diese Festsetzungen für sich und seine Rechtsnachfolger schriftlich anerkennt und
4.
die Erschließung gesichert ist.

(2) In Fällen des § 4a Absatz 3 Satz 1 kann vor der erneuten Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung ein Vorhaben zugelassen werden, wenn sich die vorgenommene Änderung oder Ergänzung des Bebauungsplanentwurfs nicht auf das Vorhaben auswirkt und die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind.

(3) Wird ein Verfahren nach § 13 oder § 13a durchgeführt, kann ein Vorhaben vor Durchführung der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung zugelassen werden, wenn die in Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind. Der betroffenen Öffentlichkeit und den berührten Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange ist vor Erteilung der Genehmigung Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist zu geben, soweit sie dazu nicht bereits zuvor Gelegenheit hatten.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.