Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 17. Mai 2017 - 4 B 16.1856

bei uns veröffentlicht am17.05.2017

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 4. März 2016 wird aufgehoben.

II. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 27. April 2015 verpflichtet, das Bürgerbegehren „A.er Stadtwerke in A. Bürgerhand“ zuzulassen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

IV. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Zulassung eines Bürgerbegehrens.

Die Kläger sind Vertreter eines Bürgerbegehrens, das darauf abzielt, einen Verkauf der von der Beklagten in privatrechtlicher Form geführten Stadtwerke oder ihrer Tochtergesellschaften sowie deren Fusion mit anderen Unternehmen zu verhindern.

Die Beklagte ist alleinige Gesellschafterin der S. A. Holding GmbH, der jeweils zu 100% u. a. die Stadtwerke A. E. GmbH, die Stadtwerke A. W. GmbH und die S. A. Verkehrs GmbH gehören. Die Stadtwerke A. E. GmbH hält Anteile an der e. s. GmbH, der B. GmbH und der M-net T. GmbH. Die s N. GmbH ist eine 100-prozentige Tochter der Stadtwerke A. E. GmbH.

Eine vom Stadtrat der Beklagten in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie kam zu dem Ergebnis, dass bei einer strategischen Partnerschaft der Energiesparte der Stadtwerke A. mit der e. s. GmbH jährlich bis zu 2,004 Millionen Euro an zusätzlichen Gewinnen insbesondere durch Einsparungen erwirtschaftet werden könnten, bei einer Fusion sogar 11,5 Millionen Euro.

Gegen solche Bestrebungen richtet sich das von einer Bürgerinitiative betriebene Bürgerbegehren „A.ger Stadtwerke in A.er Bürgerhand“, das von den Klägern am 2. April 2015 bei der Beklagten eingereicht wurde. Die Unterschriftenlisten enthielten folgende Fragestellung:

„Sind Sie dafür, dass die S. A. Holding GmbH und ihre T. E. GmbH, W. GmbH, Verkehrs GmbH und N. A. GmbH in vollständigem Eigentum der Stadt A. bleiben und jegliche Fusion mit anderen Unternehmen unterbleibt?“

Die auf den Unterschriftenlisten abgedruckte Begründung lautet:

„Die Stadtwerke A. sind seit langer Zeit im vollständigen Eigentum der Stadt A. Dies garantiert die sichere Daseinsvorsorge der A. Bürgerinnen und Bürger in den Bereichen Energie, Wasser und Verkehr. Doch jetzt soll der Konzern T. AG durch seine Tochter E. S. GmbH an der Energieversorgung der Stadt beteiligt werden. Der A. Stadtrat hat mit großer Mehrheit beschlossen, diese Möglichkeit ernsthaft zu prüfen. Das käme einem Ausverkauf von A. ‚Tafelsilber‘ gleich, denn die Überschüsse aus dem Energiebereich garantieren heute u. a. die Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs A. Weitere mögliche Gefahren bestehen in Preissteigerungen, Arbeitsplatzabbau und dem Abzug von regionalem Dienstleistungswissen. Die A. Daseinsvorsorge muss vollständig in kommunaler Hand bleiben.“

Aufgrund eines Stadtratsbeschlusses vom 23. April 2015 wurde das Bürgerbegehren mit Bescheid vom 27. April 2015 als unzulässig zurückgewiesen.

Ein von den Klägern eingereichtes weiteres Bürgerbegehren, das sich nur gegen die in der Machbarkeitsstudie geprüfte Fusion im Bereich der Energie richtete („Sind Sie dafür, dass eine Fusion der Energiesparte der Stadtwerke A. mit E. S. unterbleibt?“), wurde mit Bescheid vom 22. Mai 2015 von der Beklagten zugelassen. Es wurde in einem Bürgerentscheid am 12. Juli 2015 angenommen, zugleich wurde ein entgegengesetztes Ratsbegehren abgelehnt.

Gegen die Ablehnung des ersten Bürgerbegehrens erhoben die Kläger am 30. April 2015 Verpflichtungsklage. Die Klage sei auch nach dem Erfolg des zweiten Bürgerbegehrens zulässig, weil das erste Bürgerbegehren weitergehend sei. Die Fragestellung sei ausreichend bestimmt, da es um eine Grundsatzentscheidung über die städtische Daseinsvorsorge gehe. Anlass sei zwar die angekündigte Fusion im Energiebereich; eine Privatisierung in anderen Sparten sei jedoch nicht ausgeschlossen.

Die Beklagte beantragte Klageabweisung. Der Klage fehle das Rechtsschutzbedürfnis, da die Kläger durch Einreichung des zweiten Bürgerbegehrens dokumentiert hätten, dass sie das Interesse an dem ersten Bürgerbegehren verloren hätten und zu der Überzeugung gelangt seien, dass es unzulässig gewesen sei. Die Klage sei auch unbegründet, da das Bürgerbegehren gegen den Bestimmtheitsgrundsatz und das Koppelungsverbot verstoße; zudem enthalte die Begründung unrichtige, irreführende und unvollständige Angaben über abstimmungsrelevante Tatsachen.

Mit Urteil vom 4. März 2016 wies das Verwaltungsgericht Augsburg die Klage ab. Sie sei zwar zulässig, da der Gegenstand des streitgegenständlichen Bürgerbegehrens mit demjenigen des erfolgreich durchgeführten Bürgerbegehrens nur teilweise identisch sei und der Bürgerentscheid auch nur eine einjährige Bindungswirkung besitze. Die Klage sei aber unbegründet, da das Bürgerbegehren, das mit seiner Fragestellung nicht gegen das Kopplungsgebot verstoße, an einem Begründungsmangel im Sinne einer unvollständigen und dadurch irreführenden Begründung leide. Bei einer (zulässigerweise) mehrere Teilaspekte umfassenden Fragestellung sei in der Begründung darauf zu achten, dass der Abstimmende, der sich nur einheitlich für Ja oder Nein entscheiden könne, bei der Wertung der einzelnen Teilaspekte eine eventuell unterschiedliche Ausgangslage erkennen könne. Es sei hier daher erforderlich gewesen, in der Begründung in der gebotenen Kürze darauf hinzuweisen, dass die Beklagte bzw. deren Stadtrat hinsichtlich der Trinkwasserversorgung bereits früher eine Privatisierung ausdrücklich ausgeschlossen habe (Stadtratsbeschlüsse vom 25.3.2004 und 24.4.2008) und dass durch die aktuellen Beschlüsse im Zusammenhang mit der Fusion der Energie- und Netzsparte der alleinige Einfluss auf die Wasserversorgung ausdrücklich erhalten bleiben solle (Beschlüsse vom 20.11. und 23.7.2014). Ein vollständiges Unterbleiben jeden Hinweises auf die abweichende Ausgangslage beim Trinkwasser mache die Begründung unvollständig, wodurch die Abstimmenden irregeführt werden könnten. Die Stadtratsbeschlüsse der Jahre 2004 und 2008 seien entstanden, weil eine im Raum stehende Privatisierung der Trinkwasserversorgung bzw. ein Verkauf der Grundstücke im Trinkwasserschutzgebiet auf Bürgerprotest gestoßen sei. Durch den fehlenden Hinweis auf die Beschlusslage werde der Eindruck erweckt, die Frage der Privatisierung der Trinkwasserversorgung sei ebenso zu bewerten wie diejenige der - von der geplanten Fusion mit der e. s. GmbH ebenfalls nicht betroffenen - Verkehrssparte. Selbst wenn man nicht davon ausgehe, dass durch die Fassung der Fragestellung und der Begründung der Eindruck erweckt werde, auch die Privatisierung der Trinkwasserversorgung sei unmittelbar geplant, werde der Abstimmende hier über Bedeutung und Tragweite der Fragestellung irregeleitet. Dies sei insoweit abstimmungsrelevant, als die Wertung, ob mit ja oder nein geantwortet werde, unterschiedlich ausfallen könne, je nachdem wie der Abstimmende den Handlungsbedarf hinsichtlich des Trinkwassers beurteile. Nach einer Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs werde die Grenze einer sachlich vertretbaren Darstellung des Anliegens eines Volksbegehrens dann überschritten, wenn die Erläuterung der konkreten Rechtslage, die abgelöst werden solle, ein wichtiges bereits in Kraft getretenes Änderungsgesetz überhaupt nicht in den Blick nehme. Übertragen auf die Konstellation bei Bürgerbegehren, wo es um Beschlüsse eines Gemeinderats gehe, müsse über eine relevante bestehende Beschlusslage des Stadt- bzw. Gemeinderats informiert werden.

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung verfolgen die Kläger ihr Rechtsschutzbegehren weiter. Sie beantragen,

das Urteil des Verwaltungsrechts Augsburg vom 4. März 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 27. April 2015 zu verpflichten, das Bürgerbegehren „A.er Stadtwerke in A.er Bürgerhand“ zuzulassen.

Zweck der Begründungspflicht sei, dass die Unterzeichner eines Bürgerbegehrens durch eine zumindest knappe Begründung erführen, wofür sie sich einsetzten. Diese Voraussetzung sei hier erfüllt, weil die Begründung über bloß schlagwortartige Aussagen hinaus Angaben zu den Gründen für das Bürgerbegehren enthalte und die Bürger zu einer Grundsatzentscheidung über die Privatisierung sämtlicher Sparten der S. A. Holding GmbH aufrufe. Jedem mündigen Bürger sei klar gewesen, dass er anlässlich des aktuellen Fusionsplans der Beklagten bezüglich der Energieversorgungssparte im Rahmen einer Grundsatzentscheidung über den generellen Verbleib aller Tochtergesellschaften entscheide. Als Grund für das Begehren werde die dauerhafte Sicherung der Daseinsvorsorge in kommunaler Hand angeführt und auf mögliche Risiken einer Teilprivatisierung hingewiesen. Die Begründung enthalte ausschließlich inhaltlich richtige Tatsachen und keine als Tatsachenbehauptung getarnten Befürchtungen oder Vermutungen. Da anlässlich der jüngsten Fusionspläne für die Energiesparte eine Grundsatzentscheidung bezüglich aller zur A. S. Holding GmbH gehörenden Bereiche gefordert werde, entstehe beim Bürger nicht der Eindruck, dass die Privatisierung der Wassersparte unmittelbar bevorstehe oder bereits geplant sei. Die Begründung sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht deshalb unvollständig, weil die Stadtratsbeschlüsse von 2004, 2008 und 2014 nicht erwähnt seien. Die Forderung des Gerichts, die Begründung müsse eventuell unterschiedliche Ausgangslagen hinsichtlich der betroffenen Teilaspekte erkennen lassen, widerspreche dem Wesen einer Grundsatzentscheidung. Die geforderte Erwähnung der Stadtratsbeschlüsse hätte beim Bürger den Eindruck erweckt, dass - entgegen der tatsächlichen Sachlage - auch in der Wassersparte eine Privatisierung unmittelbar bevorstehe. Da es um eine Grundsatzfrage gehe, liege auch kein partieller Begründungsausfall vor. Eine Verpflichtung, über die geltende Beschlusslage des Stadtrats in der Begründung umfassend zu informieren, existiere nicht. Unabhängig davon, dass die Aufzählung aller zur Thematik ergangenen Stadtratsbeschlüsse in der Begründung weder der Klarheit noch der Verständlichkeit zuträglich gewesen wäre, sei dies auch nicht geboten gewesen. In den neueren Beschlüssen des Stadtrats aus dem Jahr 2014 sei zwar die Wassersparte ausgeklammert worden, dies aber nur im Zusammenhang mit der Machbarkeitsstudie und nicht allgemeingültig. Einen generellen Beschluss darüber, dass die Wasser- und Verkehrssparte von jeder Privatisierung dauerhaft ausgenommen bleiben solle, habe der 2014 neu gewählte Stadtrat trotz der aktuellen Entwicklungen nicht gefasst. Die zitierte Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs sei nicht übertragbar, da die Begründung keine Erläuterungen zur geltenden Rechts- bzw. Beschlusslage enthalte. Anders als bei Volksbegehren, die auf die Herbeiführung eines Gesetzes abzielten und bei denen daher die zugrundeliegende Rechtslage maßgeblich sei, beanspruche eine bestehende Beschlusslage des Stadtrats, zumal eine nicht aktuelle, keine vergleichbare Geltung bei der im Rahmen eines Bürgerbegehrens zu treffenden Grundsatzentscheidung. Den Stadtratsbeschlüssen der Beklagten aus dem Jahr 2004 und 2008 komme schon aufgrund ihrer fehlenden Aktualität keine Abstimmungsrelevanz zu; auch könnten sie jederzeit aufgehoben werden. Es fehle daher an einer „relevanten Beschlusslage des Stadtrats“, über die im Bürgerbegehren zu informieren gewesen wäre. Da durch das Bürgerbegehren zu keinem Zeitpunkt suggeriert worden sei, dass sämtliche Sparten unmittelbar vor der Fusion stünden, würden die Unterzeichner nicht irregeführt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die für Volksbegehren geltenden Begründungsanforderungen seien auf Bürgerbegehren zu übertragen, da es bei beiden Instituten um eine Änderung der bestehenden Rechtslage gehe. In der Begründung des Bürgerbegehrens dürften daher abstimmungsrelevante Tatsachen nicht verschwiegen werden; auf den Unterschied zwischen aktivem Tun und Unterlassen komme es dabei nicht an. Dies gelte erst recht bei Grundsatzentscheidungen; die Begründungsanforderungen müssten daher für sämtliche Teilaspekte und somit sämtliche Tochtergesellschaften erfüllt sein. In der vorliegenden Begründung sei die Beschlusslage und damit die für den Verwaltungsvollzug geltende Rechtslage unvollständig erläutert worden, da die Stadtratsbeschlüsse vom 25. März 2004, 24. April 2008 und 23. Juli 2014 nicht erwähnt und von dem aktuellen Beschluss vom 20. November 2014 nur die Beteiligungsabsicht durch die T. AG dargestellt worden sei, nicht aber die mit diesem Beschluss getroffenen Einschränkungen. Hierzu hätten der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen, die Beibehaltung des alleinigen Einflusses der S. A. Holding GmbH auf die Verkehrs GmbH und die W. GmbH, der Ausschluss negativer Auswirkungen im Querverbund sowie die Begrenzung der Beteiligung der T. AG auf unter 50% und deren Nichtbeteiligung an der S. A. Holding GmbH gehört. Durch die Nichterwähnung dieser Fakten in der Begründung sei der Eindruck erweckt worden, dass es diese abstimmungsrelevante Beschlusslage nicht gebe. Da die einzelnen Tochtergesellschaften in völlig verschiedenen Geschäftsfeldern tätig seien, gehe die Behauptung der Kläger, dass die Grundsatzentscheidung keine Teilaspekte aufweise, an der Realität vorbei. Hinsichtlich der Trinkwasserversorgung fehle der Hinweis in der Begründung, dass diesbezüglich nach der Beschlusslage eine Privatisierung ausdrücklich ausgeschlossen worden sei. Zu den behaupteten Gefahren des Arbeitsplatzabbaus und von Preissteigerungen sei ein Hinweis notwendig gewesen, dass der Stadtrat am 20. November 2014 bereits Gegenmaßnahmen beschlossen habe. Zur Stadtwerke A. W. GmbH enthalte die Begründung keinerlei Angaben über die Ziele und Auswirkungen des Bürgerbegehrens, so dass für diesen gewichtigen Teil ein völliger Begründungsausfall vorliege. Mit der Begründung des Bürgerbegehrens werde auch suggeriert, dass die sichere Daseinsvorsorge des öffentlichen Nahverkehrs nur durch den Verbleib der S. A. Verkehrs GmbH im vollständigen Eigentum der Beklagten garantiert werde; insoweit sei die Begründung unrichtig. Die S. A. Verkehrs GmbH sei lediglich die Infrastrukturgesellschaft und Eigentümerin der Verkehrsinfrastruktur (z. B. Gleise, Straßenbahnen, Busse), während der öffentliche Personennahverkehr von der A. Verkehrsgesellschaft mbH (AVG) unter Beteiligung der A. Verkehrsservicegesellschaft (ASG) betrieben werde, die zum Konzern Stadtwerke A. gehörten. Allein mit der Eigentumssicherung bezogen auf die Infrastrukturgesellschaft könne der öffentliche Nahverkehr faktisch keinesfalls gesichert werden. Auch handle es sich dabei nach Art. 2 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 1 BayÖPNVG um eine freiwillige Aufgabe der Daseinsvorsorge im eigenen Wirkungskreis, welche die Beklagte in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit bedarfsgerecht durchzuführen habe; insoweit sei die Daseinsvorsorge bereits gesetzlich gesichert. Diesbezüglich sei die Begründung daher unrichtig; auch fehle der Fragestellung der erforderliche Entscheidungscharakter. Durch die Eingangssätze der Begründung werde der irreführende Eindruck erweckt, dass nur beim Verzicht auf eine Fusion die Daseinsvorsorge in den genannten Bereichen für die Zukunft gesichert sei und dass sämtliche Geschäftsfelder von der geplanten Fusion umfasst seien. Es werde suggeriert, dass die in der Begründung genannten potentiellen Gefahren in Kürze eintreten würden und dass die Trinkwasserversorgung Bestandteil der Fusion werden solle. Dabei handle es sich um ergebnisrelevante tragende Begründungselemente. Zudem verstoße die Fragestellung gegen das in der Rechtsprechung anerkannte Verbot der Koppelung sachlich nicht zusammenhängender Materien in einem Bürgerbegehren. Nach dem objektiven Erklärungsgehalt handle es sich um mehrere Teilfragen, da es um den Verbleib mehrerer selbständiger Gesellschaften im Eigentum der Beklagten und um das Unterbleiben jeglicher Fusion mit anderen Unternehmen gehe. Die einzelnen Teilfragen bildeten keine einheitliche abgrenzbare Materie, da unterschiedliche Geschäftsfelder betroffen seien, bei denen der Sinn einer Fusion unterschiedlich beurteilt werden könne. Zudem betreffe ein Teil der Fragestellung eine Änderung der Eigentumsverhältnisse, während es bei einer Fusion um einen Zusammenschluss von zwei oder mehreren Unternehmen gehe, die nicht mit einer Veränderung der Eigentumslage an den Unternehmen einhergehen müsse. Nach dem Wortlaut der Fragestellung seien sogar Fusionen ausgeschlossen, bei denen eine Gesellschaft des Stadtwerke-Konzerns eine andere Gesellschaft übernehme und dabei im vollständigen Eigentum der Beklagten bleibe.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof am 25. Januar 2017 wurden die streitigen Fragen erörtert. Die Vertreter der Beklagten übergaben eine Übersicht über die aktuelle Konzernstruktur der Stadtwerke A. Die Beteiligten verzichteten auf weitere mündliche Verhandlung.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

I.

Die Berufung der Kläger, über die wegen des Verzichts der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat Erfolg. Die Kläger, die als Gesamtvertreter der Unterzeichner des Bürgerbegehrens gegen dessen Ablehnung im eigenen Namen unmittelbar Klage erheben können (Art. 18a Abs. 8 Satz 2 GO), haben einen Rechtsanspruch auf Zulassung des Bürgerbegehrens (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), da dieses weder mit seiner Fragestellung (1.) noch mit seiner Begründung (2.) gegen geltendes Recht verstößt. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 27. April 2015 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 4. März 2016 können daher keinen Bestand haben.

1. Die zur Entscheidung gestellte Frage, ob der Abstimmende dafür ist, dass die S. A. Holding GmbH und ihre T. E. GmbH, W. GmbH, Verkehrs GmbH und N. A. GmbH in vollständigem Eigentum der Stadt A. bleiben und jegliche Fusion mit anderen Unternehmen unterbleibt, lässt sich mit Ja oder Nein beantworten und entspricht daher der Vorgabe des Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO. Sie ist auch weder zu unbestimmt (a), noch verstößt sie gegen das Koppelungsverbot (b).

a) Ein Bürgerbegehren kann nur zugelassen werden, wenn die mit ihm unterbreitete Fragestellung ausreichend bestimmt ist (BayVGH, B.v. 8.4.2005 - 4 ZB 04.1264 - BayVBl 2005, 504 m.w.N.). Damit ist zwar nicht verlangt, dass es zur Umsetzung des Bürgerentscheids nur noch des Vollzugs durch den Bürgermeister bedarf; mit einem Bürgerentscheid können vielmehr auch Grundsatzentscheidungen getroffen werden, die durch Detailregelungen des Gemeinderates ausgefüllt werden müssen (BayVGH, U.v. 19.2.1997 - 4 B 96.2928 - VGH n.F. 50, 42/44 = BayVBl 1997, 276/277). Die Fragestellung muss aber in jedem Fall so bestimmt sein, dass die Bürger erkennen können, für oder gegen was sie ihre Stimme abgeben und wie weit die Bindungswirkung des Bürgerentscheids (Art. 18a Abs. 13 GO) nach dessen Entscheidungsinhalt reicht (BayVGH, B.v. 8.4.2005, a.a.O.; vgl. VerfGH, E.v. 13.4.2000 - Vf. 4-IX-00 - BayVBl 2000, 460/464 zum Volksentscheid).

Diesen Anforderungen wird das streitgegenständliche Bürgerbegehren gerecht. In der Fragestellung werden die kommunalen Unternehmen, für die das umfassende Veräußerungs- und Fusionsverbot gelten soll, hinreichend genau bezeichnet. Dass dabei die N. GmbH zu den „Töchtern“ der S. A. Holding GmbH gerechnet wird, obwohl sie - als Tochterunternehmen der E. GmbH - insoweit als Enkelunternehmen zu qualifizieren wäre, ist hier unerheblich, da diese begriffliche Ungenauigkeit nicht zu abstimmungsrelevanten Unklarheiten oder Fehlvorstellungen führen kann. Die Reichweite der zu treffenden Entscheidung ist auch nicht deshalb unklar, weil sich aus der Fragestellung nicht eindeutig erkennen ließe, ob der Ausschluss „jegliche(r) Fusion“ auch für Firmenübernahmen durch eine der Gesellschaften des Stadtwerke-Konzerns gelten soll, bei denen die Beklagte alleinige Eigentümerin des vereinigten Unternehmens würde. Aus der Bezeichnung des Bürgerbegehrens („Aer Stadtwerke in Bürgerhand“) und aus dem primär genannten Ziel eines Verbleibs der kommunalen Unternehmen „in vollständigem Eigentum der Stadt A. “ lässt sich ebenso wie aus dem beigefügten Text der Begründung bei der hier gebotenen wohlwollenden Auslegung (vgl. BayVGH, U.v. 4.7.2016 - 4 BV 16.105 - BayVBl 2017, 92 Rn. 32 m.w.N.) mit hinreichender Klarheit entnehmen, dass Zusammenschlüsse mit „anderen Unternehmen“ nur insoweit unterbleiben sollen, als die Beklagte dadurch ihr bisheriges (Allein-)Eigentum verlieren würde. Weiterhin zulässig wären demnach nicht nur Fusionen der zum Stadtwerkekonzern gehörenden Tochter- und Enkelunternehmen untereinander, sondern auch alle Übernahmen externer Unternehmen, die lediglich zu einer Mehrung des städtischen Eigentums führen würden.

b) Es liegt auch kein Verstoß gegen das Koppelungsverbot vor.

Die in Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO enthaltene Vorgabe, wonach das Bürgerbegehren „eine“ Fragestellung enthalten muss, lässt zwar die Zusammenfassung mehrerer Teilfragen oder -maßnahmen zu einem einheitlichen Abstimmungsgegenstand zu, verbietet aber die Koppelung sachlich nicht zusammenhängender Materien in ein und derselben Fragestellung (BayVGH, U.v. 25.7.2007 - 4 BV 06.1438 - VGH n.F. 60, 180/183 f. = BayVBl 2008, 82). Denn die aus dem demokratischen Mitwirkungsrecht des Bürgers (Art. 7 Abs. 2 BV) folgende Abstimmungsfreiheit wäre beeinträchtigt, wenn über mehrere Regelungsvorschläge, die in keinem Sachzusammenhang zueinander stehen, nur „im Paket“ abgestimmt werden könnte. Dieser ursprünglich für Volksbegehren entwickelte Grundsatz (vgl. VerfGH, E.v. 24.2.2000 - Vf. 112-IX-99 - VerfGH 53, 23/29 ff.) muss in gleicher Weise für Bürgerbegehren gelten.

Wann verschiedene Einzelmaterien so eng aufeinander bezogen sind, dass sie in einem Bürgerbegehren gebündelt werden dürfen, bestimmt sich nach materiellen Kriterien. Die bloß formale Verbindung unter dem Dach einer Fragestellung genügt ebenso wenig wie die Verknüpfung durch ein gemeinsames allgemeines Ziel oder ein politisches Programm. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Teilfragen oder -maßnahmen nach objektiver Beurteilung innerlich eng zusammenhängen und eine einheitliche abgrenzbare Materie bilden (BayVGH, U.v. 25.7.2007, a.a.O.).

Gemessen an diesen Grundsätzen begegnet die streitgegenständliche Fragestellung keinen Bedenken. Die im Bürgerbegehren genannten Gesellschaften, die in ihrem Namen jeweils die Bezeichnung „Stadtwerke A.“ führen, bilden zwar in formeller Hinsicht selbständige juristische Personen, gehören jedoch zum selben Konzern, an dessen Spitze die im Eigentum der Beklagten befindliche S. A. Holding GmbH steht. Diese verfügt jeweils über einen 100%-Anteil an den drei Tochterunternehmen in den Versorgungsbereichen Energie, Wasser und Verkehr, wobei die Stadtwerke A. E. GmbH ihrerseits Alleineigentümerin der s N. GmbH ist. Neben dieser - größtmöglichen - eigentumsrechtlichen Verflechtung besteht zwischen den Unternehmen auch auf der Leitungsebene (Geschäftsführung, Prokura) eine weitgehende personelle Identität, in der die gemeinsame kommunale Trägerschaft und die daraus resultierenden engen Kooperationsbeziehungen zum Ausdruck kommen. Wie sich dem bei den Gerichtsakten befindlichen Stadtratsbeschluss vom 20. Oktober 2014 entnehmen lässt (BSV/14/02469), wird durch die Verrechnung aller Ergebnisse innerhalb des S-Konzerns zudem ein steuerlicher Querverbund hergestellt.

Angesichts dieser objektiv feststellbaren dauerhaften Verbindung zwischen den drei Tätigkeitsfeldern, auf denen die Beklagte ihre Verpflichtung zur Daseinsvorsorge (Art. 83 Abs. 1 BV, Art. 57 GO) erfüllt, durfte ein für alle Unternehmen gleichermaßen geltendes Veräußerungsverbot in Form einer Grundsatzentscheidung zum Gegenstand eines zusammenfassenden Bürgerbegehrens gemacht werden. Dass im Zeitraum der Unterschriftensammlung nur für die Energie- und Netzsparte konkrete Überlegungen zu einer Kooperation bzw. Fusion mit einem anderen Unternehmen bestanden, hinderte die Initiatoren nicht daran, die damalige Debatte zum Anlass für eine generalisierende Fragestellung zu nehmen, um das bisherige Alleineigentum der Beklagten vorsorglich für alle drei Versorgungsbereiche (Energie, Wasser und Verkehr) bis auf weiteres festzuschreiben. Eine kommunale Grundsatzentscheidung betrifft definitionsgemäß immer eine Mehrzahl gegenwärtiger oder zukünftiger Anwendungsfälle. Dass diese in der kommunalen Öffentlichkeit nicht alle zur gleichen Zeit und in gleicher Intensität diskutiert werden, sondern einen unterschiedlich hohen Erörterungs- und Entscheidungsbedarf aufweisen, liegt in der Natur der Sache. Stünden bereits solche unvermeidbaren Unterschiede einer gemeinsamen plebiszitären Beschlussfassung entgegen, könnten durch ein Bürgerbegehren - anders als durch einen Gemeinderatsbeschluss - nur noch einzelfallbezogene Entscheidungen getroffen werden. Dies liefe der im Gesetz vorgesehenen Gleichwertigkeit beider Arten der kommunalen Willensbildung (Art. 18a Abs. 13 Satz 1 GO) zuwider.

Wenn mehrere Teilfragen oder -maßnahmen in einem Bürgerbegehren zu einer einzigen (Grundsatz-)Frage verbunden werden, wird auch derjenige, der die Teilaspekte an sich unterschiedlich beantworten möchte, vor die Entscheidung gestellt, einheitlich mit Ja oder Nein zu stimmen. Dies allein steht aber der Verknüpfung mehrerer sachlich zusammenhängender Materien in einer allgemein formulierten Fragestellung nicht entgegen (vgl. BayVGH, B.v. 3.4.2009 - 4 ZB 08.2205 - juris Rn. 17; U.v. 8.5.2006 - 4 BV 05.756 - BayVBl 2006, 534/535). Die Beklagte kann sich hier daher nicht darauf berufen, dass es gewichtige Gründe geben könne, die Fusionspläne etwa in der Energie- und Netzsparte anders zu beurteilen als bei der Wasserversorgung oder im Verkehrsbereich. Das Bürgerbegehren zielt nicht auf eine anhand der konkreten Umstände differenzierende Entscheidung, sondern will die Bürgerschaft dazu befragen, ob von allen (auch künftigen) Bestrebungen, städtische Anteile an den Versorgungsunternehmen abzugeben, von vornherein aus prinzipiellen Gründen Abstand genommen werden soll. Das damit angestrebte Verbot jeder Veräußerung kommt sowohl im ersten Teil der Fragestellung („dass die Stadtwerke… in vollständigem Eigentum der Stadt A. bleiben“) als auch in dem als konkretes Beispiel eines Eigentumsverlusts zu verstehenden zweiten Teil („jegliche Fusion mit anderen Unternehmen unterbleibt“) zum Ausdruck, so dass in der Verbindung dieser beiden Teilfragen ebenfalls keine unzulässige Koppelung unterschiedlicher Materien liegt.

2. Auch mit seiner Begründung verstößt das Bürgerbegehren nicht gegen zwingende rechtliche Vorgaben.

Nach Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO muss ein Bürgerbegehren eine (auf allen Unterschriftslisten gleichlautende) Begründung enthalten. Damit soll sichergestellt werden, dass die Gemeindebürger, wenn sie zur Unterschriftsleistung aufgefordert werden, schon in dieser ersten Phase des direktdemokratischen Verfahrens die Bedeutung und Tragweite der mit Ja oder Nein zu entscheidenden Fragestellung erkennen können (vgl. zum Volksgesetzgebungsverfahren VerfGH, E.v. 13.4.2000 - Vf. 4-IX-00 - VGH n.F. 53, 81/105). Da bereits mit der Unterzeichnung eines Bürgerbegehrens das Recht auf Teilhabe an der Staatsgewalt in Gestalt der Abstimmungsfreiheit (Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 BV) ausgeübt wird, ergeben sich aus der Bayerischen Verfassung auch Mindestanforderungen an die Richtigkeit der Begründung. Die Bürger können nur dann sachgerecht über die Unterstützung eines Bürgerbegehrens entscheiden und von ihrem Eintragungsrecht Gebrauch machen, wenn sie nicht durch den vorgelegten Begründungstext in wesentlichen Punkten in die Irre geführt werden. Es ist daher mit dem Sinn und Zweck eines Plebiszits auch auf kommunaler Ebene nicht vereinbar, wenn in der Begründung des Bürgerbegehrens in einer entscheidungsrelevanten Weise unzutreffende Tatsachen behauptet werden oder wenn die maßgebende Rechtslage unzutreffend bzw. unvollständig erläutert wird (BayVGH, B.v. 9.12.2010 - 4 CE 10.2943 - juris Rn. 2; B.v. 20.1.2012 - 4 CE 11.2771 - juris Rn. 31; B.v. 25.6.2012 - 4 CE 12.1224 - BayVBl 2013, 19 Rn. 31; B.v. 14.10.2014 - 4 ZB 14.707 - juris Rn. 3 ff.; U.v. 4.7.2016 - 4 BV 16.105 - BayVBl 2017, 92 Rn. 27; anders noch B.v. 14.3.2001 - 4 ZE 00.3658 - BayVBl 2002, 184).

Diese ungeschriebene Rechtmäßigkeitsvoraussetzung ist hier eingehalten. Die gegenteilige Auffassung der Beklagten und des Verwaltungsgerichts beruht auf einer zu engen Betrachtungsweise, die den Besonderheiten des plebiszitären Entscheidungsprozesses auf der kommunalen Ebene nicht gerecht wird.

a) Die Begründung des Bürgerbegehrens erfüllt zwar eine wichtige Informationsfunktion, weil sie den Unterzeichnern verdeutlicht, worauf sich die Fragestellung bezieht und welche Motive aus Sicht der Initiatoren für den angestrebten Bürgerentscheid maßgebend sind. Anders als die - meist von Verwaltungsmitarbeitern erarbeiteten - Beschlussvorlagen für Gemeinderatssitzungen, die der dortigen Diskussion und Abstimmung als Grundlage dienen und die bestehende Sach- und Rechtslage zunächst in neutraler Form darstellen sollten, muss aber die einem Bürgerbegehren beigefügte Begründung noch keinen (vorläufigen) Überblick über die Ausgangssituation und den kommunalpolitischen Streitstand vermitteln. Die Betreiber des Bürgerbegehrens nehmen am öffentlichen Meinungskampf teil und sind nicht zu einer objektiv ausgewogenen Erläuterung ihres Anliegens verpflichtet. Die um ihre Unterschrift gebetenen Gemeindebürger müssen sich vielmehr selbständig ein Urteil darüber bilden, ob sie die - in der Regel einseitig zugunsten des Bürgerbegehrens - vorgebrachten Gründe für stichhaltig halten oder ob sie sich zusätzlich aus weiteren Quellen informieren wollen. Zu beanstanden ist die Begründung eines Bürgerbegehrens daher nur, wenn sie über eine bloß tendenziöse Wiedergabe hinaus einen entscheidungsrelevanten Umstand nachweislich falsch oder in objektiv irreführender Weise darstellt.

Die hier streitige Begründung enthält in keinem ihrer sieben Sätze eine unrichtige Tatsachenbehauptung. In den Sätzen 1, 3 und 4 werden der bisherige Rechtszustand und die (damaligen) Bestrebungen zu dessen Änderung zutreffend beschrieben. Die von der Beklagten beanstandete Aussage, der Verbleib der Stadtwerke im vollständigen Eigentum der Beklagten garantiere die sichere Daseinsvorsorge in den Bereichen Energie, Wasser und Verkehr (Satz 2), enthält ein auf einer prognostischen Einschätzung beruhendes Werturteil, dessen Tatsachenkern - für den maßgeblichen Zeitraum der Unterschriftensammlung - nicht als widerlegt angesehen werden kann. Dass die in der Fragestellung des Bürgerbegehrens erwähnte Verkehrs GmbH lediglich Inhaberin der Verkehrsinfrastruktur ist, während der öffentliche Personennahverkehr von ihrer 100%igen Tochter A.er Verkehrsgesellschaft mbH (AVG) unter Beteiligung von deren 100%iger Tochter A.er Verkehrsservicegesellschaft mbH (ASG) betrieben wird, lässt die Aussage in Satz 2 der Begründung nicht als falsche Tatsachenbehauptung erscheinen, da alle genannten Gesellschaften unstreitig zum Gesamtkonzern der Stadtwerke A. gehören. Dass innerhalb dieses Verbunds ein finanzieller Ausgleich stattfindet und daher, wie im Bürgerbegehren ausgeführt (Satz 5), „die Überschüsse aus dem Energiebereich u. a. die Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs… garantieren“, hat die Beklagte nicht in Abrede gestellt. Ihr Einwand, die Begründung sei in Bezug auf den öffentlichen Nahverkehr unrichtig, weil dieser „dem Grunde nach“ bereits gesetzlich gesichert sei, greift schon deshalb nicht durch, weil es sich nach der entsprechenden Vorschrift des Art. 8 Abs. 1 BayÖPNVG nur um eine freiwillige Aufgabe der Daseinsvorsorge handelt, so dass ein Verzicht auf deren Wahrnehmung oder zumindest eine wesentliche Angebotseinschränkung im Falle eines größeren Betriebsdefizits nicht auszuschließen ist.

b) Die Begründung des Bürgerbegehrens war auch nicht in irreführender Weise unvollständig oder zu undifferenziert.

aa) Im Stadtrat der Beklagten bestand allerdings im Zeitraum der Unterschriftensammlung eine andere Beschlusslage zur Trinkwasserversorgung und zum öffentlichen Nahverkehr als zu der damals im Streit stehenden Energie- und Netzsparte. Bereits in seinen Beschlüssen vom 25. März 2004 und vom 24. April 2008 hatte der Stadtrat klargestellt, dass zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt war, „die Stadtwerke A. W. GmbH ganz oder teilweise an Dritte zu veräußern oder solche daran zu beteiligen (keine Privatisierung)“. Im Beschluss des Wirtschaftsförderungs-, Beteiligungs- und Liegenschaftsausschusses vom 23. Juli 2014 und im nachfolgenden Stadtratsbeschluss vom 20. November 2014 wurde als Maßgabe für die - zu einer Kooperation/Fusion im Energie- und Netzbereich in Auftrag gegebene - Machbarkeitsstudie nochmals festgehalten, die Beklagte behalte „für die S Holding GmbH den alleinigen Einfluss auf die Verkehrs GmbH und die W. GmbH“. Dass diese Selbstfestlegung der örtlichen Volksvertretung in der Begründung des Bürgerbegehrens nicht ausdrücklich erwähnt wurde, stellte aber keinen Rechtsverstoß dar, da die Unterzeichner durch das Fehlen dieser Information nicht in ihrer Abstimmungsfreiheit beeinträchtigt wurden.

Den Sätzen 3 und 4 der Begründung („Doch jetzt soll der Konzern T. AG durch seine Tochter E. S. GmbH an der Energieversorgung der Stadt beteiligt werden. Der A. Stadtrat hat mit großer Mehrheit beschlossen, diese Möglichkeit ernsthaft zu prüfen.“) konnte ein unbefangener Leser über den unmittelbaren Mitteilungsgehalt hinaus allenfalls - im Wege eines Umkehrschlusses - entnehmen, dass es für die anderen im Bürgerbegehren genannten Sparten Wasser und Verkehr keine entsprechenden Stadtratsbestrebungen gebe. Eine implizite Aussage dahingehend, dass sich die örtliche Volksvertretung mit der Frage einer (Teil-)Veräußerung der genannten Bereiche bisher noch nicht befasst bzw. dazu nichts beschlossen habe, ließ sich den genannten Tatsachenfeststellungen dagegen nicht entnehmen. Das Unterlassen eines Hinweises auf die tatsächlich bestehende Beschlusslage konnte daher bei den Unterzeichnern keine Fehlvorstellung bezüglich der Position des Stadtrats bzw. einer konkret bestehenden Privatisierungsgefahr hervorrufen.

bb) Die ablehnenden Stadtratsbeschlüsse zur Privatisierung der Wasserversorgung und des öffentlichen Nahverkehrs mussten auch nicht deshalb in der Begründung angesprochen werden, weil die Unterzeichner des Bürgerbegehrens anderenfalls die Bedeutung und Tragweite der Fragestellung nicht hinreichend hätten erkennen können. Zwar hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof in seiner vom Verwaltungsgericht zitierten Entscheidung vom 13. April 2000 (Vf. 4-IX-00, VerfGH 53, 81/106 = BayVBl 2000, 460) ausgeführt, die Grenze einer sachlich vertretbaren Darstellung des Anliegens eines Volksbegehrens sei jedenfalls dann überschritten, wenn bei der Erläuterung der konkreten Rechtslage, die abgelöst werden soll, ein wichtiges, bereits in Kraft getretenes Änderungsgesetz überhaupt nicht in den Blick genommen werde und dadurch bei den Stimmberechtigten der Eindruck erweckt werde, dieses Regelungswerk gebe es (noch) nicht. Diese Verfassungsrechtsprechung beruht aber auf den besonderen Verfahrensabläufen der Volksgesetzgebung und kann daher nur mit Einschränkungen auf die Ebene des Bürgerbegehrens übertragen werden.

Einem Volksbegehren liegt nach Art. 74 Abs. 2 BV i. V. m. Art. 63 Abs. 1 Satz 2 LWG stets ein ausgearbeiteter Gesetzentwurf zugrunde, der eine Begründung enthalten muss, die auch auf den Eintragungslisten erscheint (Art. 68 Abs. 1 Satz 2 LWG); aus ihr ergibt sich die Auffassung der Antragsteller, die bei einem späteren Volksentscheid in der amtlichen Bekanntmachung darzulegen ist (Art. 74 Abs. 7 BV i. V. m. Art. 75 Abs. 2 Nr. 3 LWG). Zielt das Volksbegehren auf die Änderung einer bestehenden Regelung, ist daher nicht nur im vorzulegenden Entwurf das zu ändernde Gesetz in der aktuell geltenden Fassung anzugeben, sondern auch in der Begründung auf die Abweichungen zur bisherigen Rechtslage zumindest in groben Zügen einzugehen; nur so lassen sich die rechtlichen Wirkungen eines möglichen Votums transparent machen. Eine ähnliche Pflicht zur Erläuterung der inhaltlichen Reichweite des Entscheidungsvorschlags kann sich bei einem Bürgerbegehren nur ergeben, wenn es ebenfalls um die Abänderung einer (außen-)rechtsverbindlichen Regelung geht, also z. B. um die Novellierung einer bestehenden kommunalen Satzung. Denn auch in diesem Fall muss für die Unterzeichner aus der Begründung erkennbar werden, ob die betreffende Sachmaterie erstmals normativ erfasst wird oder ob lediglich ein bestehendes Regelungswerk in mehr oder weniger großem Umfang modifiziert werden soll.

Auf eine geltende „Beschlusslage“ des Gemeinderats, die noch in keinem förmlichen Rechtsakt ihren Niederschlag gefunden hat, braucht dagegen nicht in gleicher Weise hingewiesen zu werden. Zielt ein Bürgerbegehren auf eine von der örtlichen Volksvertretung zuvor ausdrücklich abgelehnte Entscheidung, so muss die Fragestellung nicht etwa die Aufhebung des „entgegenstehenden“ Ratsbeschlusses umfassen; dieser stellt ein bloßes Verwaltungsinternum dar, das bei einem positiven Bürgerentscheid ohne weiteres obsolet wird (Art. 18a Abs. 13 Satz 1 GO). Nichts anderes gilt, wenn - wie hier bei der Wasserversorgung und beim öffentlichen Nahverkehr - ein mit dem Bürgerbegehren inhaltlich übereinstimmender Beschluss des Gemeinderats vorliegt, zumal wenn sich dieser darin erschöpft, von Änderungen eines bestehenden Dauerzustands (des Alleineigentums an der Verkehrs GmbH und der W. GmbH) weiterhin abzusehen. Da ein solcher schlichter Ratsbeschluss weder rechtliche Außenwirkung noch eine irgendwie geartete Selbstbindung entfaltet, entsteht auch in diesem Fall erst durch einen erfolgreichen Bürgerentscheid, an den der Gemeinderat für ein Jahr gebunden ist (Art. 18a Abs. 13 Satz 1 GO), ein verbindlicher Rechtsakt. Ein bereits bestehender kommunalpolitischer Konsens in der zur Abstimmung gestellten Frage muss daher, selbst wenn hierzu über längere Zeit hinweg einstimmige Ratsbeschlüsse vorliegen, in der Begründung des Bürgerbegehrens nicht eigens erwähnt werden.

cc) Die dem streitgegenständlichen Bürgerbegehren beigefügte Begründung war schließlich auch nicht deshalb zu beanstanden, weil in ihr keine spezifischen Gründe für den Erhalt des kommunalen Eigentums an der Wasser- und Verkehrssparte genannt wurden.

Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO verlangt für das Bürgerbegehren, auch wenn es sich um eine zulässige Verbindung mehrerer, sachlich eng zusammenhängender Materien handelt, in formeller Hinsicht nur eine (einzige) Begründung. Diese muss zwar ihrem Inhalt nach alle in der Fragestellung aufgeführten Teilaspekte abdecken (BayVGH, B.v. 16.4.2012 - 4 CE 12.517 - BayVBl 2013, 180 Rn. 25). Dabei muss die Begründung aber nicht für alle Teile den gleichen Konkretisierungsgrad und das gleiche Argumentationsniveau aufweisen. Die Initiatoren dürfen Schwerpunkte bilden und nur zu einzelnen, aus ihrer Sicht besonders wichtigen Teilfragen detailliertere Erwägungen vortragen, während sie sich bezüglich der übrigen Aspekte auf pauschale Aussagen beschränken. Bei einer mehrere Anwendungsbereiche umfassenden Grundsatzentscheidung, wie sie hier vorliegt, kann auch die Begründung generalisierend ausfallen; es müssen weder die bestehenden Unterschiede in den tatsächlichen Verhältnissen aufgezeigt noch Differenzierungen in deren Bewertung vorgenommen werden. Da die Begründung nur während der Phase der Unterschriftensammlung und nicht auch für die öffentliche Diskussion bei einem späteren Bürgerentscheid von rechtlicher Bedeutung ist (vgl. Art. 18a Abs. 15 GO), gelten für sie über das erwähnte Täuschungs- und Irreführungsverbot hinaus keine inhaltlichen Mindestvorgaben. Auch eine inhaltlich substanzarme, sich in allgemeinen Werturteilen oder Parolen erschöpfende Begründung ist somit zulässig, wenn sie noch einen thematischen Bezug zu der Entscheidungsfrage aufweist. Ein solches Bürgerbegehren dürfte allerdings regelmäßig geringere Erfolgsaussichten haben als ein in sich schlüssiger, kenntnisreich vorgetragener Entscheidungsvorschlag.

Entsprechend diesen geringen Anforderungen konnte die Begründung des streitgegenständlichen Bürgerbegehrens sich vorrangig auf die damals aktuelle Streitfrage einer Privatisierung der Energieversorgung konzentrieren und die Bereiche Wasser und Verkehr nur in allgemeiner Form ansprechen, nämlich als Teil der Stadtwerke (Satz 1), als Garant einer sicheren Daseinsvorsorge (Satz 2) sowie als mitbetroffen von den Gefahren der Preissteigerung, des Arbeitsplatzabbaus und des Abzugs von regionalem Dienstleistungswissen (Satz 6). Dass zu jedem dieser Aspekte eine vertiefte und differenzierte Darstellung hinsichtlich der einzelnen Versorgungssparten möglich gewesen wäre, änderte nichts am Vorliegen einer die gesamte Fragestellung umfassenden und daher rechtlich ausreichenden Begründung.

II.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 17. Mai 2017 - 4 B 16.1856

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 17. Mai 2017 - 4 B 16.1856

Referenzen - Gesetze

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 17. Mai 2017 - 4 B 16.1856 zitiert 8 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 17. Mai 2017 - 4 B 16.1856 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 17. Mai 2017 - 4 B 16.1856 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 14. Okt. 2014 - 4 ZB 14.707

bei uns veröffentlicht am 14.10.2014

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Antragsverfahrens als Gesamtschuldner. III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 15.000,- Euro fes

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 04. Juli 2016 - 4 BV 16.105

bei uns veröffentlicht am 04.07.2016

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungsverfahrens. III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckun
4 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 17. Mai 2017 - 4 B 16.1856.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 13. März 2019 - 4 B 18.1851

bei uns veröffentlicht am 13.03.2019

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens. III. Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten des Verfahrens gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden B

Verwaltungsgericht München Urteil, 07. März 2018 - M 7 K 17.3914

bei uns veröffentlicht am 07.03.2018

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 Prozent des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstrec

Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 06. März 2018 - AN 4 E 18.00219

bei uns veröffentlicht am 06.03.2018

Tenor 1. Die Antragsgegnerin hat sämtliche Maßnahmen im Rahmen des Bauleitplanverfahrens zur 4. Änderung des Bebauungsplans „…“, die dem am 4. Dezember 2017 eingereichten Bürgerbegehren „Bebauung der Grünfl

Verwaltungsgericht München Urteil, 08. Nov. 2017 - M 7 K 16.4091

bei uns veröffentlicht am 08.11.2017

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder H

Referenzen

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger begehren die Zulassung eines Bürgerbegehrens zum Thema „Kein Europäisches Zentrum für den Islam in München (ZIE-M)“.

Die Fragestellung des Bürgerbegehrens lautet: „Sind Sie dafür, dass in München kein Europäisches Zentrum für den Islam (ZIE-M) gebaut wird und dass die Stadt München deshalb alle Planungen zur Errichtung eines Islamischen Zentrums in München (ZIE-M) stoppt?“.

Die dem Bürgerbegehren auf dem Unterschriftsblatt beigefügten „Begründungen“ lauten wie folgt (Hervorhebungen im Original):

1. Bauherr des geplanten Zentrums ist ZIE-M e.V. Der erste Vorsitzende Imam Bajrambejamin Idriz und die zweite stellvertretende Vorsitzende Gönül Yerli sind beide leitend tätig in der Islamischen Gemeinde Penzberg (IGP). Die IGP wird seit 2007 vom Verfassungsschutz überwacht, laut Verfassungsschutzbericht steht die IGP in Verbindung mit Fundamentalisten der Islamischen Gemeinde Milli Görus (IGMG). Imam Idriz führte laut abgehörter Telefonate Anweisungen des fundamentalistischen Muslimbruders Ibrahim el-Zayat aus. Imam Idriz hat zudem nachweislich mehrfach die Unwahrheit gesagt, wenn es um den Koran und die Scharia ging. Auch der Bayerische Innenminister Joachim Herrmann bestätigt: „Imam Idriz lügt“ (Münchner Merkur, 24.7.2010). ZIE-M e.V. ist daher als Bauherr nicht akzeptabel.

2. Laut Informationsbroschüre des Sozialreferates der Stadt München „Muslimisches Leben in München“, Ausgabe April 2005, besuchen etwa 4.500 Muslime das Freitagsgebet (0,33% der Bevölkerung), laut www.moscheesuche.de sind es ca. 7.500 Muslime (0,59% der Bevölkerung). Hierzu stehen über 40 Moscheen im Stadtgebiet verteilt zur Verfügung und es besteht bereits ein islamisches Zentrum in Freimann. Die Notwendigkeit für einen weiteren islamischen Bau mit über 6000 qm Fläche ist daher nicht nachvollziehbar.

3. Das geplante Zentrum für den Islam in Europa mit Gemeindehaus, Akademie, Moschee, evtl. Minarett, Bibliothek und Museum wird ein erhebliches Verkehrsaufkommen in der Innenstadt nach sich ziehen.

4. Für eine erfolgreiche Integration ist die strikte Trennung von Staat und Religion oberstes Gebot. Ein islamisch orientiertes Zentrum kann für die Integration in die bayerische Kulturgemeinschaft hinderlich sein. Es wäre deshalb sinnvoll, staatliche Stellen ohne religiöse Einflussnahme für Integrationsmaßnahmen zu schaffen, die nicht nur einer kleinen religiösen Gruppe, sondern ALLEN Zuwanderern zugutekommen.

5. Im geplanten ZIE-M ist auch die Ausbildung von Imamen vorgesehen. Eine solche Ausbildung sollte jedoch unbedingt an einer staatlichen Hochschule und nicht in einem islamischen Zentrum stattfinden, deren Initiatoren durch den Verfassungsschutz beobachtet werden.

6. Der Bau des ZIE-M soll durch eine Spende in Höhe von ca. 30 Mio. Euro durch den Emir von Schardscha, einem Scharia-Staat (Scharia: religiös legitimiertes Gesetz des Islam), mitfinanziert werden. Der Stadtrat hat in seinem Antrag einen finanziellen Zuschuss durch den Freistaat angeregt, was abzulehnen ist. Nicht geklärt sind auch die Folge- bzw. Unterhaltskosten des Projektes, daher ist zu befürchten, dass die laufenden Kosten durch die Bürger in Bayern beglichen werden müssen.

Auf den Unterschriftenlisten werden gemäß Art. 18a Abs. 4 GO als Vertreter der Kläger zu 2 und als zweiter Vertreter der Kläger zu 1 genannt, jeweils mit dem Zusatz „München“, angeführt. Die Vertreter werden u. a. ermächtigt, zur Begründung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens Änderungen vorzunehmen, soweit diese nicht den Kern des Antrags berühren. Weiter heißt es dort: „Sollten Teile des Begehrens unzulässig sein oder sich erledigen, so gilt meine Unterschrift weiterhin für die verbleibenden Teile.“ Auf der Rückseite der Unterschriftslisten befindet sich der Vermerk: „Liste bitte senden an: DIE FREIHEIT, Postfach 1355, 82181 Gröbenzell“.

Im September 2014 reichten die Kläger das Bürgerbegehren mit ca. 66.400 Unterstützerunterschriften bei der Beklagten ein.

Mit Bescheid vom 6. Oktober 2014 wies die Beklagte das Bürgerbegehren als unzulässig zurück. Das gem. Art. 18a Abs. 6 GO erforderliche Unterschriftenquorum von mindestens 32.736 Bürgern sei zwar erreicht worden, das Bürgerbegehren entspreche aber nicht den sonstigen gesetzlichen Anforderungen. Die Vertreter des Bürgerbegehrens müssten gem. Art. 18a Abs. 4 GO eindeutig identifizierbar sein, wozu regelmäßig die Angabe der Anschrift erforderlich sei. Die Angabe „München“ reiche dazu nicht aus, da zum 18. September 2014 sechs Personen mit dem Namen des Klägers zu 2 in München gemeldet gewesen und weitere drei Personen dieses Namens im Zeitraum der Unterschriftensammlung aus München weggezogen seien. Die Identifizierbarkeit werde auch nicht durch die Angabe einer Postfachadresse der Partei Die Freiheit (Landesverband Bayern) und durch einen Link auf die Webseite des Bayerischen Landesverbandes hergestellt. In der Begründung würden auch unrichtige Tatsachenbehauptungen aufgestellt. Für unbefangene Bürger ergebe sich aus den unter Nr. 1 und 5 gemachten Aussagen, dass wesentliche Personen des Vereins ZIE-M e.V. seit 2007 ununterbrochen vom Verfassungsschutz beobachtet würden. Spätestens seit der Veröffentlichung des Verfassungsschutzberichtes 2011 am 23. März 2012 sei aber belegbar unrichtig, dass die IGP seit 2007 vom Verfassungsschutz beobachtet bzw. überwacht werde. Sie sei zwar zwischen 2007 und 2010 in den Verfassungsschutzberichten erwähnt worden, bereits der Bericht 2010 habe aber einschränkend ausgeführt, dass sich im Berichtsjahr keine neuen Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten ergeben hätten. Ein Großteil der Unterschriften sei erst zu einem Zeitpunkt geleistet worden, zu dem die Unrichtigkeit der Tatsachenbehauptung bereits festgestanden habe. Es handle sich um ein tragendes Begründungselement, auf das in zwei von sechs Punkten der Begründung Bezug genommen werde. Die Behauptung unter Nr. 6 der Begründung („Der Stadtrat hat in seinem Antrag einen finanziellen Zuschuss durch den Freistaat angeregt, was abzulehnen ist“) könne nur so verstanden werden, dass der Stadtrat als Gremium mittels Beschluss um einen finanziellen Zuschuss zum Bau des ZIE-M gebeten habe. Einen solchen Beschluss habe es jedoch nie gegeben, sondern nur einen entsprechenden Antrag mehrerer Fraktionen vom 19. März 2010, der vom Stadtrat nie beschlossen worden sei. Unter Nr. 3 der Begründung werde die rein spekulative Behauptung aufgestellt, dass das geplante Zentrum ein erhebliches Verkehrsaufkommen in der Innenstadt nach sich ziehen werde, obwohl ein konkreter Standort für das ZIE-M nicht feststehe. Auch habe weder 2011 festgestanden noch stehe aktuell fest, dass der Emir von Katar als Großspender für den Bau des ZIE-M auftreten werde. Weiter sei die Bezeichnung des Projekts als Europäisches Zentrum für den Islam falsch, da damit suggeriert werde, dass es sich beim ZIE-M um ein Zentrum für die Gesamtheit der in Europa beheimateten Muslime handeln solle. Das ZIE-M habe aber laut dessen Initiatoren von Anfang an das Ziel verfolgt, auf der Grundlage des europäisch geprägten Islams eine Begegnungsstätte für Münchner Muslime und auch Nicht-Muslime zu schaffen. Es bleibe vollkommen unklar, welche Rolle die Beklagte beim Bau des ZIE-M überhaupt spiele. Die Fragestellung des Bürgerbegehrens sei zu unbestimmt und lasse nicht erkennen, welche Planungen die Beklagte stoppen solle und wie sie einen solchen Bürgerentscheid vollziehen solle. Eine Auslegung, wonach grundsätzlich islamische Sakralbauten verhindert werden sollten, verstoße gegen die grundgesetzlich garantierte Glaubensfreiheit.

Gegen den Bescheid erhoben die Kläger Klage zum Verwaltungsgericht München mit dem Antrag, den Bescheid der Beklagten vom 6. Oktober 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, das Bürgerbegehren „Kein europäisches Zentrum für den Islam in München (ZIE-M) zuzulassen.

Einen mit der Klage gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, der Beklagten vorläufig zu untersagen, einer Verwirklichung des ZIE-M dienende Stadtratsbeschlüsse zu fassen und sonstige Maßnahmen zu treffen, lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 4. März 2015 wegen eines fehlenden Anordnungsanspruchs ab (Az. M 7 E 14.4965).

Mit Urteil vom 11. November 2015 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Das Gericht halte an der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vertretenen Auffassung fest, dass in der Begründung zur Fragestellung unzutreffende Behauptungen aufgestellt würden; die übrigen zwischen den Beteiligten streitigen Punkte könnten daher offenbleiben. Es sei mit der Abstimmungsfreiheit der Stimmberechtigten unvereinbar, wenn in der Fragestellung oder in der Begründung eines Bürgerbegehrens in abstimmungsrelevanter Weise unzutreffende Tatsachen behauptet würden oder die geltende Rechtslage unzutreffend oder unvollständig erläutert werde. Die Kläger hätten in Nr. 1 der Begründung im Präsens dargelegt, dass die IGP laut Verfassungsschutzbericht in Verbindung mit Fundamentalisten der Islamischen Gemeinde Milli Görus (IGMG) stehe. Für die Feststellung, dass die IGP aktuell in Verbindung mit Fundamentalisten der IGMG stehe, gebe es aber keine Belege. Im Bayerischen Verfassungsschutzbericht 2010 werde ausdrücklich ausgeführt, dass keine neuen Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten der IGP vorlägen und man abwarten wolle, ob in der zwischenzeitlich geäußerten Distanz zu extremistischen Organisationen eine anhaltende, eigenständige, der freiheitlichen demokratischen Grundordnung entsprechende Ausrichtung zu sehen sei. In den seither erschienenen Verfassungsschutzberichten werde die IGP nicht mehr erwähnt. Daraus sei zu schließen, dass seither entweder keine oder jedenfalls keine hinreichend gewichtigen tatsächlichen Anhaltspunkte für derartige Bestrebungen und Tätigkeiten und somit auch nicht für Verbindungen zu „Fundamentalisten der IGMG“ vorlägen. Etwas Gegenteiliges ergebe sich auch nicht aus dem umfangreichen Vortrag der Kläger. Soweit dem Imam Idriz Verbindungen zu Ahmad Al-Khalifa angelastet würden, handle es sich nicht um eine der türkisch geprägten IGMG zuzurechnende Person. Nicht entscheidungserheblich sei, ob der Verfassungsschutz die IGP aktuell beobachte oder nicht. Die fragliche Behauptung könne auch bei wohlwollender Auslegung nicht als unschädliche bloße Wertung bzw. Überzeugung der Kläger verstanden werden, die sie aus eigenen Erkenntnissen gewonnen hätten. Durch die Formulierung und durch die Verklammerung mit der vorhergehenden und der nachfolgenden Aussage werde beim Leser der Eindruck erweckt, die behaupteten aktuellen Verbindungen zu Fundamentalisten der IGMG seien ein Ergebnis der Beobachtung durch den Verfassungsschutz, also eine amtlich verifizierte Tatsache. Zudem werde die IGP dadurch in ein falsches Licht gerückt, dass in der Begründung zu dem Bürgerbegehren die Tatsache nicht mitgeteilt werde, dass das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz im Berichtsjahr 2010 keine neuen Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten der IGP gewonnen und seither auch nicht über derartige neue Erkenntnisse berichtet habe. Aufgrund der unterlassenen Mitteilung der das Bild abrundenden Tatsachen werde der Schluss auf aktuelle verfassungsfeindliche Bestrebungen nahegelegt, ohne deutlich zu machen, dass es sich lediglich um einen entsprechenden Verdacht der Kläger handle. Es liege auf der Hand, dass aktuelle Verbindungen zu Fundamentalisten und der herbeigeführte Eindruck aktueller verfassungsfeindlicher Bestrebungen für eine Meinungsbildung zu der mit dem Bürgerbegehren gestellten Frage sehr wesentlich, also abstimmungsrelevant seien und deshalb nicht zu den noch hinnehmbaren Unrichtigkeiten bzw. Unvollständigkeiten in der Begründung eines Bürgerbegehrens gehörten. Unzutreffend sei ferner die Behauptung unter Nr. 6 der Begründung zum Bürgerbegehren, dass der Stadtrat der Beklagten in seinem Antrag einen finanziellen Zuschuss durch den Freistaat Bayern angeregt habe. Das Possessivpronomen „seinem“ suggeriere, dass der Stadtrat als Gremium einen entsprechenden Antrag gestellt habe. Zur wahrheitsgemäßen Information der Bürger hätte mitgeteilt werden müssen, dass sich der Stadtrat den Antrag der Fraktionen nie zu Eigen gemacht bzw. ihn nicht weiterverfolgt habe.

Gegen das Urteil vom 11. November 2015 haben die Kläger die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Sie beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 11. November 2015 abzuändern und

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 6. Oktober 2014 zu verpflichten, das Bürgerbegehren „Kein europäisches Zentrum für den Islam in München (ZIE-M)“ mit der Frage „Sind Sie dafür, dass in München KEIN europäisches Zentrum für den Islam (ZIE-M) gebaut wird und dass die Stadt München deshalb alle Planungen zur Errichtung eines islamischen Zentrums in München (ZIE-M) stoppt?“ zum Bürgerentscheid zuzulassen.

Der Begründungstext zum Bürgerbegehren sei im Sommer 2011 verfasst und seit Beginn der Unterschriftensammlungen am 14. Oktober 2011 bis zur Abgabe am 18. September 2014 inhaltlich nicht mehr verändert worden. Es sei nicht richtig, dass in der Aussage zur Überwachung der IGP durch den Verfassungsschutz eine unzutreffende Behauptung liege. Die IGP werde laut mehrerer Aussagen des Innenministers aus dem Jahr 2012 und des Verfassungsschutzpräsidenten aus den Jahren 2012 und 2013 weiterhin beobachtet. Es lägen auch verschiedene Tatsachen vor, die für eine fortdauernde Überwachung durch den Bayerischen Verfassungsschutz sprächen bzw. einen solchen Rückschluss zuließen. Dazu gehörten neben der Biographie und dem Ausbildungsgang des Imam Idriz sein nachweislich bis zum 19. September 2014 bestehender Kontakt zu dem Extremisten Ahmad Al-Khalifa, dessen Islamisches Zentrum (Freimanner Moschee) als Sitz der Islamischen Gemeinschaft in Deutschland (IGD) gelte und vom Verfassungsschutz beobachtet werde, sowie vermutete Kontakte zu einer bosnischen Terrorgruppe. Wie der bayerische Innenminister laut mehreren Zeitungsberichten im Juli 2010 erklärt habe, hätten führende Mitglieder der IGP Kontakte zu Personen, die wichtige Positionen bei der IGD und Milli Görüs hätten; Herr Idriz stehe in ständigem telefonischen Kontakt mit Spitzen dieser radikalen Organisationen. Die Herausnahme der IPG und ihres Imam Idriz aus dem Verfassungsschutzbericht sei ersichtlich politisch gewollt gewesen und entgegen der Einschätzung des Bayerischen Verfassungsschutzes erfolgt. Das Verwaltungsgericht habe nicht geklärt, inwiefern tatsächlich eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz stattgefunden habe bzw. noch stattfinde, und auch nicht geprüft, ob die Äußerungen des Präsidenten des Landesamts für Verfassungsschutz und des bayerischen Innenministers in den Medien einer Unterrichtung in den Verfassungsschutzberichten gemäß Art. 15 BayVSG gleichzustellen seien. Es sei fraglich, ob die IPG und Imam Idriz sämtliche Kontakte zu extremistischen Personen abgebrochen hätten; dies sei nach den Verlautbarungen des Verfassungsschutzpräsidenten und des Innenministers als unwahrscheinlich anzusehen und hätte durch deren Vernehmung als Zeugen abschließend aufgeklärt werden können. Unzutreffend sei auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts, bei Nr. 1 der Begründung werde bereits durch die Formulierung (Satzstellung, Verklammerung, nachfolgende Erläuterung) beim Leser der Eindruck erweckt, dass aktuell Verbindungen zu Fundamentalisten der IGMG bestünden und dass dies aus einer aktuellen Beobachtung durch den Verfassungsschutz folge. Das Fehlen einer zeitlichen Einschränkung hinsichtlich der Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht führe nicht zum Vorliegen einer unwahren Tatsachenbehauptung. Die Formulierung des streitigen Satzes lasse eine Auslegung zu, wonach gemäß dem ersten Teilsatz die IGP seit 2007 vom Verfassungsschutz überwacht bzw. beobachtet werde und gemäß dem zweiten Teilsatz auf einen Verfassungsschutzbericht Bezug genommen werde, ohne eine Jahreszahl im Einzelnen zu benennen. Insoweit sei die Begründung in zwei voneinander unabhängige Teile aufspaltbar, die jeder für sich genommen eine wahre Tatsachenbehauptung darstellten. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach die aktuellen Verbindungen zu Fundamentalisten und der herbeigeführte Eindruck aktueller verfassungsfeindlicher Bestrebungen abstimmungsrelevant seien und nicht zu den noch hinnehmbaren Unrichtigkeiten in der Begründung eines Bürgerbegehrens gehörten, sei ebenfalls unzutreffend, da es sich bei der genannten Formulierung nur um eine von insgesamt sechs Begründungen des Bürgerbegehrens handle, die jeweils gleichwertig seien. Hinsichtlich der Nr. 6 der Begründung beruhe das Urteil des Verwaltungsgerichts auf einer unzutreffenden Auslegung. Die betreffende Aussage sei nur so zu verstehen, dass bereits ein Beschluss vorliege, der einen finanziellen Zuschuss erbitte. Trotz des Progressivpronomens „seinem“ könne ein durchschnittlicher Leser wegen der Wörter „Antrag“ und „angeregt“ nur den Rückschluss ziehen, dass noch kein Beschluss gefasst worden sei; eine unwahre Tatsachenbehauptung liege demnach nicht vor. Das Gericht habe auch völlig unberücksichtigt gelassen, dass das Bürgerbegehren seit dem Jahr 2013 politischer Gegenwehr ausgesetzt gewesen sei und diverse Gegenkampagnen initiiert worden seien. Die Beklagte habe ganz offensichtlich Maßnahmen ergriffen, die sich gegen das Bürgerbegehren gerichtet hätten, worin ein eklatanter Verstoß gegen das politische Neutralitätsgebot liege. Selbst wenn die unter Nr. 1 und Nr. 6 enthaltenen Begründungen wegen unzutreffender Tatsachen unzulässig sein sollten, seien die in den Nrn. 2, 3, 4 und 5 enthaltenen Begründungen zulässig, so dass das Bürgerbegehren zuzulassen sei. Die hiernach notwendige Prüfung einer Teilbarkeit der Begründung des Bürgerbegehrens habe das Verwaltungsgericht unterlassen. Der Erklärung am Ende des Unterschriftsbogens sei zu entnehmen, dass die Unterzeichner ihre Unterschrift auch im Fall der Unzulässigkeit einzelner Teile mit einer Fortgeltungswirkung für die übrigen Teile versehen hätten. Schon die Überschrift „Begründungen“ und die Nummerierung von 1 bis 6 machten deutlich, dass es sich um mehrere unterschiedliche Begründungen handle, die weder aufeinander aufbauten noch sich sachlich ergänzten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Täuschung der Stimmberechtigten ergebe sich daraus, dass in der Begründung eine Verbindung der IGP mit Fundamentalisten der Islamischen Gemeinde Milli Görüs (IGMG) mit einem Verweis auf den Verfassungsschutzbericht als amtlich verifizierte Tatsache hergestellt werde. Laut Art. 15 BayVSG informierten das Staatsministerium des Innern und das Landesamt für Verfassungsschutz die Öffentlichkeit im Rahmen der Verfassungsschutzberichte über tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen und Tätigkeiten, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtet seien. Die Begründung zum Bürgerbegehren erwecke den Eindruck, dass es eine (auch derzeit noch) feststehende, durch das Landesamt für Verfassungsschutz verifizierte Tatsache sei, dass es tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen der IGP gebe. Bereits im Verfassungsschutzbericht 2010 sei aber ausdrücklich erwähnt worden, dass keine neuen Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten vorlägen. Seither sei die IGP nicht mehr im Verfassungsschutzbericht erwähnt worden. Die vom Berufungskläger genannten Zeitungsartikel mit angeblichen Aussagen des bayerischen Innenministers bzw. des Präsidenten des Landesamtes für Verfassungsschutz stünden dazu nicht im Widerspruch. Denn diese enthielten keinerlei Aussagen dazu, ob es weiterhin tatsächliche Anhaltspunkte für extremistische Bestrebungen der IGP gebe. Würde es diese geben, wäre die IGP mit Sicherheit wieder in den Verfassungsschutzberichten erwähnt worden. Eine Befragung des Innenministers oder des Verfassungsschutzpräsidenten könne zu keinem anderen Ergebnis führen, da die Nichterwähnung der IGP seit dem Jahr 2011 im Verfassungsschutzbericht eine feststehende Tatsache sei. Das Verwaltungsgericht habe auch richtig entschieden, dass mit der Nr. 6 der Begründung der falsche Eindruck erweckt werde, der Stadtrat habe in einem Beschluss einen finanziellen Zuschuss angeregt. Die Bezeichnung als „Antrag des Stadtrates“ könne nur so verstanden werden, dass der Stadtrat als kollegiales Gremium durch Beschluss einen Antrag auf finanziellen Zuschuss des Freistaates befürwortet habe. Für die Öffentlichkeit sei es entscheidend, ob ein entsprechender Antrag noch diskutiert werde oder ob eine Entscheidung durch den Stadtrat bereits gefallen sei. Denn daraus könne abgeleitet werden, welche Position die Stadt zu einem möglichen Bauvorhaben einnehme und wie konkret bisher bestehende Planungen der Stadt seien. Eine Zulassung des Bürgerbegehrens mit einer Teilbegründung sei nicht möglich, da eine nachträgliche Abänderung der Begründung die bereits in der Phase der Sammlung der erforderlichen Unterschriften liegende Beeinträchtigung der Abstimmungsfreiheit nicht ungeschehen machen könne.

Die Landesanwaltschaft Bayern beteiligt sich als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren und hält die Zurückweisung der Berufung ebenfalls für rechtens. Mit dem Verweis auf den Verfassungsschutzbericht in der Begründung werde auf eine objektive Quelle verwiesen, der zu entnehmen sei, dass die IGP sowie Imam Idriz verfassungswidriger Aktivitäten verdächtig seien. Im Verfassungschutzbericht 2010 sei jedoch ausdrücklich ausgeführt worden, dass keine neuen Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten der IGP vorlägen und man abwarten wolle, ob in der zwischenzeitlich geäußerten Distanz zu extremistischen Organisationen eine anhaltende, eigenständige, der freiheitlich demokratischen Grundordnung entsprechende Ausrichtung zu sehen sei. Da in den Verfassungsschutzbericht nur Organisationen aufgenommen würden, über die konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme von verfassungswidrigen Bestrebungen und Tätigkeiten vorlägen, komme der Tatsache, ob eine Organisation dort erwähnt werde, große Bedeutung zu. Die in der Begründung getroffene Tatsachenbehauptung sei insoweit falsch, als das Präsens verwendet und so der Eindruck erweckt werde, es handele sich um eine aktuelle Tatsache, über die auch im Verfassungsschutzbericht berichtet werde. Der Passus, der Stadtrat habe in seinem Antrag einen finanziellen Zuschuss durch den Freistaat angelegt, sei jedenfalls zur Irreführung geeignet. Das Bürgerbegehren sei im Übrigen weder in Teilen zulässig noch könne eine Heilung der Begründung erfolgen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 11. November 2015 hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Kläger, die als Gesamtvertreter der Unterzeichner des Bürgerbegehrens gegen dessen Ablehnung im eigenen Namen unmittelbar Klage erheben können (Art. 18a Abs. 8 Satz 2 GO), haben keinen Anspruch auf Zulassung des Bürgerbegehrens (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Das von den Klägern eingereichte Bürgerbegehren verstößt zumindest mit einer zentralen Aussage der Begründung gegen das verfassungsrechtlich radizierte Verbot unrichtiger und grob irreführender Tatsachenbehauptungen und konnte schon aus diesem Grund nicht als Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids zugelassen werden (Art. 18a Abs. 1 und Abs. 8 Satz 1 GO). Auf die im Ablehnungsbescheid der Beklagten angesprochenen weiteren Fragen, z. B. ob zur Benennung der Vertreter auf den Unterschriftslisten die Angabe des Postfachs einer politischen Partei genügte und ob die Begründung noch andere entscheidungserhebliche Unrichtigkeiten enthielt, kommt es hier demnach nicht mehr an.

1. Ein zulässiges Bürgerbegehren muss nach Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO eine (auf allen Unterschriftslisten gleichlautende) Begründung enthalten. Mit diesem Erfordernis, das die für Volksbegehren geltende Regelung des Art. 74 Abs. 2 BV modifizierend aufgreift, soll sichergestellt werden, dass die Gemeindebürger, wenn sie von den Initiatoren des Bürgerbegehrens zur Unterschriftsleistung aufgefordert werden, schon in dieser ersten Phase des direktdemokratischen Verfahrens die Bedeutung und Tragweite der mit Ja oder Nein zu entscheidenden Fragestellung erkennen können (vgl. zum Volksgesetzgebungsverfahren VerfGH, E. v. 13.4.2000 - Vf. 4-IX-00 - VGH n. F. 53, 81/105). Da bereits mit der Unterzeichnung eines Bürgerbegehrens das Recht auf Teilhabe an der Staatsgewalt in Gestalt der Abstimmungsfreiheit (Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 BV) ausgeübt wird, ergeben sich aus der Bayerischen Verfassung auch Mindestanforderungen an die Richtigkeit der Begründung. Die Bürger können nur dann sachgerecht über die Unterstützung eines Bürgerbegehrens entscheiden und von ihrem Eintragungsrecht Gebrauch machen, wenn sie nicht durch den mit den Unterschriftslisten vorgelegten Begründungstext in wesentlichen Punkten in die Irre geführt werden. Es ist daher mit dem Sinn und Zweck eines Plebiszits auch auf kommunaler Ebene nicht vereinbar, wenn in der Begründung des Bürgerbegehrens in einer entscheidungsrelevanten Weise unzutreffende Tatsachen behauptet werden oder wenn die maßgebende Rechtslage unzutreffend bzw. unvollständig erläutert wird (vgl. VerfGH, a. a. O. 106).

2. An dieser ungeschriebenen Rechtmäßigkeitsvoraussetzung, die der Senat in einer Reihe neuerer Entscheidungen hervorgehoben hat (BayVGH, B. v. 9.12.2010 - 4 CE 10.2943 - juris Rn. 2; B. v. 20.1.2012 - 4 CE 11.2771 - juris Rn. 31; B. v. 25.6.2012 - 4 CE 12.1224 - BayVBl 2013, 19 Rn. 31; B. v. 14.10.2014 - 4 ZB 14.707 - juris Rn. 3 ff.; anders noch B. v. 14.3.2001 - 4 ZE 00.3658 - BayVBl 2002, 184) und die auch in der Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte anerkannt ist (vgl. OVG NRW, U. v. 23.4.2002 - 15 A 5594/00 - NVwZ-RR 2002, 766; OVG SH, U. v. 19.12.2005 - 2 LB 19/05 - juris Rn. 41; VGH BW, B. v. 22.8.2013 - 1 S 1047/13 - juris Rn. 19; HessVGH, B. v. 20.8.2015 - 8 B 2125/14 - juris Rn. 6), fehlt es im vorliegenden Fall. Die unter Nr. 1 der „Begründungen“ getroffene Tatsachenbehauptung, die Islamische Gemeinde Penzberg (IGP) stehe „laut Verfassungsschutzbericht… in Verbindung mit Fundamentalisten der Islamischen Gemeinde Milli Görus (IGMG)“, war zum Zeitpunkt der Unterschriftensammlung nach ihrem objektiven Erklärungsgehalt eindeutig unzutreffend (a). Sie hat als möglicher Beweggrund für die Unterschriftsleistung so hohes Gewicht, dass schon allein aufgrund dieser Fehlinformation die Begründung des Bürgerbegehrens als irreführend angesehen werden muss (b). Die den Vertretern des Bürgerbegehrens erteilte Änderungsermächtigung vermag den Mangel nicht zu heilen (c). Ein Anspruch auf Zulassung des rechtswidrig zustande gekommenen Bürgerbegehrens lässt sich auch nicht aus möglichen Rechtsverstößen der Beklagten während der Phase der Unterschriftensammlung ableiten (d).

a) Die Aussage über im Verfassungsschutzbericht dargestellte Kontakte der IGP zur IGMG (korrekte Bezeichnung: „Islamische Gemeinschaft Millî Görüş“) bezieht sich erkennbar auf Feststellungen in Berichten des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz aus den Jahren 2007 bis 2010. Nach den dort wiedergegebenen Erkenntnissen bestanden die Beziehungen der IGP zu der türkisch geprägten IGMG vor allem darin, dass die IGP bis zum Jahr 2006/2007 auf internen Mitgliedslisten der IGMG erschien und der IGP-Vorsitzende nach eigenen Angaben bis 2005 auch persönlich Mitglied der IGMG war; zudem wurden bei einer richterlich angeordneten Telefonüberwachung Gespräche des Penzberger Imams und IGP-Vorsitzenden u. a. mit dem IGMG-Generalsekretär im Zeitraum August 2007 bis Februar 2009 festgestellt (Verfassungsschutzbericht 2010, S. 34, abrufbar unter http://www.verfassungsschutz. bayern.de/mam/anlagen/jahresbericht_2010.pdf). In einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, in dem sich die IGP ohne Erfolg gegen die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht 2008 zur Wehr setzte, stellten das Verwaltungsgericht München (B. v. 3.5.2010, Az. 22 M 09.2155) und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (B. v. 17.7.2010, Az. 10 CE10.1201) fest, dass nach den vom Landesamt für Verfassungsschutz vorgelegten Unterlagen noch im Jahr 2008 in der Moschee der IGP für eine IGMG-Veranstaltung in Ingolstadt geworben worden sei.

Schon der im März 2011 publizierte Verfassungsschutzbericht 2010 wies allerdings im Anschluss an die Erwähnung dieser zeitlich zurückliegenden Kontakte darauf hin, dass das von der IGP geplante Projekt ZIE-M in seiner Vereinssatzung mittlerweile eine Ausschlussklausel bezüglich extremistischer Mitglieder enthalte; ob in der zwischenzeitlich geäußerten Distanz zu extremistischen Organisationen eine anhaltende, eigenständige, der freiheitlichen demokratischen Grundordnung entsprechende Ausrichtung zu sehen sei, bleibe abzuwarten, nachdem sich für das Berichtsjahr keine neuen Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten ergeben hätten (Verfassungsschutzbericht 2010, a. a. O., S. 35). In dem ein Jahr später veröffentlichten Verfassungsschutzbericht 2011 (http://www.verfassungsschutz.bayern.de/mam/anlagen/verfassungsschutzbericht_2011.pdf) wurde die IGP an keiner Stelle mehr erwähnt; auch in allen nachfolgenden Berichten und sonstigen schriftlichen Bekundungen des Landesamtes für Verfassungsschutz finden sich keine Hinweise auf weiter fortbestehende oder wiederaufgenommene Kontakte der IGP zu der als extremistisch geltenden IGMG.

Angesichts des seit dem Bericht 2010 geänderten Inhalts der amtlichen Verlautbarungen kann die in der Begründung des Bürgerbegehrens in Präsensform getroffene Aussage, dass die IGP „laut Verfassungsschutzbericht“ mit der IGMG in Verbindung „steht“ (Nr. 1 Satz 3 Hs. 2), nur als objektiv unzutreffend bezeichnet werden. Denn dieser Halbsatz konnte zum maßgeblichen Zeitpunkt der Unterschriftsleistung nach dem objektiven Empfängerhorizont (vgl. §§ 133, 157 BGB) nur so verstanden werden, dass ein (Landes- oder Bundes-)Amt für Verfassungsschutz in einem aktuellen Jahresbericht eine gegenwärtig bestehende Verbindung zwischen den genannten Organisationen erwähnt habe. Einem anderslautenden Textverständnis stand neben dem Wortlaut auch die inhaltliche und syntaktische Verknüpfung mit der im vorangehenden Halbsatz getroffenen Aussage entgegen, wonach die IGP vom Verfassungsschutz „seit 2007“ überwacht werde. Der unbefangene Leser musste hiernach von einer bis in die Gegenwart reichenden Überwachung ausgehen, so dass er von dem anschließenden Halbsatz nur eine Aussage über die zu diesem Zeitpunkt relevanten Erkenntnisse bezüglich einer etwaigen verfassungsfeindlichen Ausrichtung der IGP erwarten konnte, nicht dagegen den Hinweis auf eine die Vergangenheit betreffende Feststellung, an der das Verfassungsschutzamt in seinen neueren Berichten nicht mehr festhält.

Da die Behauptung einer „laut Verfassungsschutzbericht“ bestehenden Verbindung zur IGMG sich eindeutig auf die Gegenwart bezieht, kann diese Textpassage auch nicht dahingehend (um-)gedeutet werden, dass damit nur allgemein auf den Inhalt eines für zurückliegende Jahre (z. B. 2007, 2008 oder 2009) publizierten Verfassungsschutzberichts verwiesen werde, in dem von solchen Kontakten noch die Rede war. Ein solches Verständnis wäre mit dem objektiven Erklärungsgehalt der Aussage unvereinbar und ließe sich daher auch mit dem in der Rechtsprechung des Senats anerkannten Gebot der grundsätzlich „wohlwollenden Auslegung“ eines mehrdeutig formulierten Bürgerbegehrens (dazu BayVGH, U. v. 19.2.1997 - 4 B 96.2928 - VGH n. F. 50, 42/44 f. = BayVBl 1997, 276/277; U. v. 21.3.2012 - 4 B 11.221 - BayVBl 2012, 632 Rn. 21) nicht sachlich rechtfertigen. Während der Unterschriftensammlung, die nach Angaben der Kläger den Zeitraum vom 14. Oktober 2011 bis zum 18. September 2014 umfasste, ergab sich der aktuelle Erkenntnisstand zu verfassungsgefährdenden islamistischen Bestrebungen allein aus den - im März des jeweiligen Folgejahres veröffentlichten - Verfassungsschutzberichten 2010, 2011, 2012 und 2013. In keiner dieser amtlichen Äußerungen war jedoch, wie oben gezeigt, von bestehenden Verbindungen der IGP oder ihrer Repräsentanten zur IGMG die Rede; selbst die letztmalige Erwähnung der IGP im Berichtsjahr 2010 betraf nur zurückliegende Mitgliedschaften und Telefonkontakte zur IGMG und enthielt keinen Hinweis auf weiterhin fortgeführte Beziehungen zu dieser Organisation.

b) Die in der Verwendung der Gegenwartsform liegende unrichtige Tatsachenbehauptung, wonach eine aktuell bestehende Verbindung der IGP zur IGMG durch einen Verfassungsschutzbericht amtlich bestätigt werde, stellt im Gesamtgefüge der Begründung des Bürgerbegehrens kein bloß untergeordnetes Detail dar, sondern muss aus Sicht der Unterschriftsleistenden als entscheidungsrelevant angesehen werden.

Bei der insoweit vorzunehmenden Erheblichkeitsprüfung kommt es entgegen der Auffassung der Kläger nicht darauf an, dass die beanstandete unzutreffende Sachaussage im Verhältnis zu den übrigen Teilen der Begründung quantitativ nur einen geringen Raum einnimmt (knapp zwei Zeilen) und sich in lediglich einem von sechs Punkten der „Begründungen“ findet. Die Initiatoren eines Bürgerbegehrens können dem aus der Abstimmungsfreiheit abzuleitenden Irreführungsverbot nicht dadurch entgehen, dass sie wahrheitswidrige Begründungselemente durch eine größere Zahl korrekter Aussagen kompensieren oder auf nicht zu beanstandende „Alternativbegründungen“ verweisen. Da den Unterzeichnern des Bürgerbegehrens der auf den Unterschriftenlisten abgedruckte Begründungstext in seiner Gesamtheit vorliegt, muss auch dessen rechtliche Beurteilung einheitlich erfolgen; eine nachträgliche Teilung oder geltungserhaltende Reduktion kommt daher nicht in Betracht (vgl. BayVGH, B. v. 9.12.2010 - 4 CE 10.2943 - juris Rn. 4).

Maßgebend ist somit nicht die Frage, ob die Begründung auch ohne die inkriminierte Passage Bestand haben könnte, sondern ob die unrichtige Sachaussage im Kontext der übrigen Begründung als so gewichtig anzusehen ist, dass ohne sie möglicherweise weniger Unterzeichner das Bürgerbegehren unterstützt hätten. Eine solche Eignung zur Beeinflussung des Unterschriftsverhaltens darf allerdings nicht nur theoretisch bestehen, sondern muss nach allgemeiner Lebenserfahrung als konkrete und nicht ganz fernliegende Möglichkeit erscheinen (vgl. BVerwG, B. v. 17.3.1998 - 8 B 36/98 - juris Rn. 2 m. w. N. zum Erheblichkeitsgrundsatz bei Wahlfehlern). Als nicht kausal für das Ergebnis der Unterschriftensammlung können Unvollständigkeiten, Ungenauigkeiten oder Fehlangaben bei (kommunal-)politisch unstreitigen und auch objektiv unwichtigen Detailfragen angesehen werden, nicht dagegen Mängel bei tragenden Begründungselementen, auch wenn das Bürgerbegehren ausdrücklich auf mehrere gleichrangige Begründungsstränge gestützt wird (vgl. BayVGH, B. v. 14.10.2014 - 4 ZB 14.707 - juris Rn. 6; B. v. 25.6.2012 - 4 CE 12.1224 - BayVBl 2013, 19 Rn. 31; OVG NRW, U. v. 23.4.2002 a. a. O.).

Nach diesen Maßstäben handelt es sich vorliegend eindeutig um einen ergebnisrelevanten Begründungsmangel. Die Aussage über eine vom Verfassungsschutz bestätigte Verbindung der IGP zur IGMG stand im Zusammenhang mit dem in Nr. 1 und Nr. 5 der Begründung unternommenen Versuch, mögliche Unterstützer des Bürgerbegehrens davon zu überzeugen, dass die in der IGP an leitender Stelle tätigen Initiatoren des Projekts ZIE-M wegen ihrer Kontakte zu islamistisch-fundamentalistischen Kreisen als Bauherrn nicht akzeptabel seien. Der zum Beleg hierfür angeführte allgemeine Hinweis, dass die IGP bzw. deren Leiter seit Jahren vom Verfassungsschutz „überwacht“ (Nr. 1) bzw. „beobachtet“ (Nr. 5) würden, erhielt seine besondere zeitliche Aktualität und inhaltliche Brisanz erst durch die zusätzliche Information, eine (gegenwärtig bestehende) Verbindung mit islamistischen Fundamentalisten werde im (aktuellen) Verfassungsschutzbericht erwähnt und sei damit eine amtlich festgestellte Tatsache.

Da gerade in der Bezugnahme auf die Amtsautorität der Verfassungsschutzbehörde das Spezifikum der erwähnten Sachaussage liegt, kommt es im Ergebnis nicht darauf an, ob sich für den Zeitraum der Unterschriftensammlung (2011 bis 2014) auf andere Weise belegen lässt, dass ein Kontakt der IGP zur IGMG tatsächlich bestand. Einer diesbezüglichen weiteren Sachaufklärung etwa durch Vernehmung von Mitarbeitern des Landesamtes für Verfassungsschutz bedurfte es demnach nicht. Dass die IGP, wie von der Klägerseite vorgetragen, Mitglied im Zentralrat der Muslime in Deutschland ist, dem auch die IGMG offiziell angehört, ist darüber hinaus schon deshalb ohne Bedeutung, weil der Beitritt zu diesem Dachverband erst im März 2015 und damit nach Ende der Unterschriftensammlung für das Bürgerbegehren erfolgte.

c) Der in der irreführenden Begründung des Bürgerbegehrens liegende Rechtsmangel kann nicht durch einen nachträglichen Verzicht der Kläger auf die beanstandete Sachaussage geheilt werden. Zwar findet sich auf den Unterschriftslisten ein Zusatz, der die gemäß Art. 18a Abs. 4 GO benannten Vertreter ermächtigt, „zur Begründung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens Änderungen vorzunehmen, soweit diese nicht den Kern des Antrages berühren“. Eine solche Vollmacht erlaubt jedoch keine inhaltliche Korrektur der Begründung nach Einholung der Unterschriften; sie lässt lediglich in Bezug auf die Fragestellung redaktionelle Änderungen sowie Präzisierungen und Aktualisierungen zu, die das erkennbare Ziel des Begehrens klarer als die bisherige Fassung zum Ausdruck bringen und einem späteren Bürgerentscheid zugrunde gelegt werden können (vgl. BayVGH. U. v. 22.6.2007 - 4 B 06.1224 - BayVBl 2008, 241/242 m. w. N.). Das nachträgliche Streichen wesentlicher Teile der Begründung würde dagegen den Willen der Unterzeichner des Bürgerbegehrens verfälschen, weil damit fingiert würde, dass sie ihre Unterschrift auch bei einer anderen Begründung geleistet hätten.

d) Das mit einer irreführenden Begründung versehene Bürgerbegehren ist auch nicht wegen unzulässiger Behinderung der Unterschriftensammlung durch die Beklagte zuzulassen. Zwar spricht vieles dafür, dass mit der in der Form eines persönlichen Anschreibens des damaligen Oberbürgermeisters erfolgten Verteilung von Flyern, die vorrangig Warnungen und Wertungen in Bezug auf die hinter dem Bürgerbegehren stehenden Personen und Organisationen enthielten, gegen kompetenzrechtliche Vorgaben (Art. 37 GO) und gegen das bei Bürgerbegehren geltende Sachlichkeitsgebot (vgl. dazu BayVGH, B. v. 17.3.1997 - 4 ZE 97.874 - BayVBl 1997, 435) verstoßen wurde. Die von den Klägern insoweit gerügten Rechtsverletzungen betreffen jedoch nur ihr grundrechtsgeschütztes Recht auf ungehindertes öffentliches Werben um Unterschriften und nicht den mit der vorliegenden Klage verfolgten Anspruch aus Art. 18a Abs. 8 GO auf förmliche Zulassung des (mit einer hinreichenden Zahl von Unterschriften) eingereichten Bürgerbegehrens. Gegen rechtswidrige Behinderungen durch öffentliche Amtsträger und Behörden während der Phase der Unterschriftensammlung können sich die Initiatoren eines Bürgerbegehrens im Wege einer Unterlassungsklage und ggf. mittels eines Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz zur Wehr setzen (vgl. BayVGH, B. v. 15.4.2011 - 4 CE 11.407 - juris Rn. 8). Solche vorangegangenen Rechtsverstöße von Gemeindeorganen begründen dagegen kein Recht auf Zulassung eines Bürgerbegehrens, das wegen seiner irreführenden Begründung die aus der Abstimmungsfreiheit folgenden rechtlichen Mindestanforderungen verfehlt.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

III. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 22.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerinnen tragen die Kosten des Antragsverfahrens als Gesamtschuldner.

III.

Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 15.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerinnen sind Vertreterinnen des Bürgerbegehrens „Altstadt M. - Werte bewahren statt zerstören“. Die Beklagte wies das am 16. Juli 2013 eingereichte Begehren mit Bescheid vom 14. August 2013 als unzulässig zurück, da es falsche und irreführende Tatsachenbehauptungen enthalte. Die hiergegen erhobene Verpflichtungsklage wies das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 29. Januar 2014 ab. Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgen die Klägerinnen ihr Rechtsschutzbegehren weiter. Die Beklagte tritt dem Antrag entgegen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, bleibt aber ohne Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehen nicht (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klägerinnen keinen Anspruch auf Zulassung des eingereichten Bürgerbegehrens haben, da in dessen Begründung in einer für die Abstimmung relevanten Weise unzutreffende Tatsachen behauptet werden.

a) Dem Begehren mit der Fragestellung „Sind Sie dafür, das denkmalgeschützte Gebäude am St.-platz ... (...) zu erhalten, um damit das Ensemble um die Frauenkirche mit den ehemaligen Klostergebäuden und dem Klostergarten vor weiterer Zerstörung zu schützen?“ ist eine teilweise unzutreffende Begründung beigefügt worden. Unter Punkt 1 der Begründung wird ausgeführt, bei dem Gebäude St.-platz ..., das für den Neubau eines Bekleidungsgeschäfts abgerissen werden solle, handle es sich „um das ehemalige Klostergebäude der Kapuziner, welches um 1640 zusammen mit der heutigen Frauenkirche errichtet wurde“. In Punkt 8 der Begründung ist erneut von einem „wertvollen, ca. 370 Jahre alten ehemaligen Klostergebäude am Stadtplatz 58“ die Rede. Tatsächlich stammen aber von dem heute existierenden Gebäude, das auf den Unterschriftenlisten abgebildet ist, nur noch ein kleinerer Teil der Fassade im Bereich des Erdgeschosses sowie einige Mauerzüge im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss aus der Zeit, in der sich an diesem Ort ein Kloster befand (ca. 1640 bis 1802), wie in dem von der Beklagten in Auftrag gegebenen baugeschichtlichen Gutachten vom Februar 2013 im Einzelnen dargelegt wird. Die Gutachter kommen dort (S. 53) zu dem Ergebnis, dass die erhaltenen Bauteile so fragmentarisch und die Funktionsänderungen der Räume in späteren Umbauphasen so einschneidend seien, dass die Rekonstruktion der ehemaligen Binnenstruktur des Klosters sehr schwierig sei; lediglich die Klosterküche könne auf der Grundlage der Quellen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit lokalisiert werden. Hieraus wird erkennbar, dass sowohl nach dem äußeren Erscheinungsbild und dem Alter der vorhandenen Bausubstanz als auch nach der inneren Struktur und der Raumaufteilung nur noch sehr geringe Teile des heute bestehenden Gebäudes mit dem früheren Klostergebäude übereinstimmen. Die zur Begründung des Bürgerbegehrens getroffene Aussage, es handle sich um „das“ um 1640 zusammen mit der Frauenkirche errichtete Klostergebäude, vermittelt demgegenüber die unzutreffende Vorstellung, das Gebäude sei jedenfalls im Wesentlichen noch mit dem vor über 370 Jahren errichteten historischen Bauwerk identisch. Das Attribut „ehemalig“ ändert daran nichts, denn es kann nach dem Sinnzusammenhang nur so verstanden werden, dass die Nutzung für Zwecke des Klosters mittlerweile aufgegeben wurde; die fehlende Identität des heutigen Bauwerks mit dem früher vorhandenen Klostergebäude kommt darin nicht zum Ausdruck. Auch die Abbildung des heute bestehenden Gebäudes auf den Unterschriftslisten ist nicht geeignet, die durch die Angabe des Baujahrs „um 1640“ entstandene Fehlvorstellung auszuräumen, da ein nicht fachlich vorgebildeter Betrachter aufgrund der bloßen Ansicht einer historischen Hausfassade regelmäßig nicht in der Lage sein wird, das Jahr der Errichtung auch nur annähernd zu bestimmen.

Soweit in dem Zulassungsantrag eingewandt wird, bei dem historischen Alter eines Gebäudes gehe es nicht um eine reine Tatsachenfrage, sondern auch um eine Wertungsfrage, wobei es aus Sicht der Klägerinnen maßgeblich auf die Bewertung durch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege ankomme, das die Denkmaleigenschaft und Denkmalwürdigkeit des Gebäudes bejahe, kann dies zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung führen. Es trifft zwar zu, dass die Aussage, ein Gebäude sei vor 370 Jahren errichtet worden, aus der Sicht eines verständigen Erklärungsempfängers (§§ 133, 157 BGB) nicht im wörtlichen Sinne dahingehend verstanden werden kann, das Gebäude befinde sich noch vollständig im Originalzustand und sei in den zurückliegenden Jahrhunderten niemals restauriert oder technisch modernisiert worden. Mit der Angabe eines Errichtungsjahrs wird aber zum Ausdruck gebracht, dass über den bloßen Gebäudestandort hinaus eine Kontinuität auch hinsichtlich der wesentlichen Teile des Baukörpers besteht. Davon kann jedoch im vorliegenden Fall nicht gesprochen werden. Nach den - von den Klägerinnen nicht bestrittenen - Feststellungen in dem vorgelegten bauhistorischen Gutachten hat bereits der Übergang des Gebäudes in Privatbesitz im Jahr 1803 ein grundlegende Umstrukturierung zum Zwecke einer Wohnhausnutzung mit sich gebracht, wobei erst in dieser Phase eine repräsentative Gestaltung der zweigeschossigen Fassade erfolgte; weitere einschneidende Umgestaltungen in Form von Anbauten und Aufstockungen um ein drittes Geschoss waren mit der 1854 erfolgten Umnutzung des Gebäudes als Schule verbunden (Gutachten vom Februar 2013, S. 53). Diese gravierenden, nicht allein der Erhaltung der Bausubstanz oder der Nutzbarkeit dienenden Änderungen schließen es aus, heute noch von einem „370 Jahre alten ehemaligen Klostergebäude“ zu sprechen. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Kubatur der bestehenden Bebauung noch relativ genau derjenigen zur Zeit des Klosters entspricht, so dass dem vorhandenen Gebäude nach Meinung des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege auch in seiner heutigen Gestalt Denkmaleigenschaft zukommt (Schreiben vom 20.12.2013). Aus dem Umstand, dass ein historisches Gebäude als Denkmal eingestuft und damit als erhaltenswürdig angesehen wird, folgt noch nicht, dass es sich seit der erstmaligen Errichtung immer um ein- und dasselbe Gebäude gehandelt hat, solange nur die äußere Form des Baukörpers annähernd übereinstimmt.

b) Nicht zu beanstanden ist auch die im angegriffenen Urteil des Verwaltungsgerichts getroffene Feststellung, dass die unrichtige Altersangabe des Gebäudes abstimmungsrelevant sei, weil davon ausgegangen werden müsse, dass der unterschriftsleistende Bürger der Frage des Alters eine große Bedeutung beimesse, wobei eine Bausubstanz als umso erhaltenswerter angesehen werde, je älter sie sei. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen handelt es sich bei der Altersangabe des Gebäudes nicht um ein lediglich untergeordnetes Detail der Begründung, dessen Unrichtigkeit im Sinne einer bürgerfreundlichen Auslegung des Begehrens hingenommen werden könne. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, B. v. 5.6.2012 - 4 CE 12.1224 - BayVBl 2013, 19/20) ist zwar nicht jede Unvollständigkeit der Begründung abstimmungsrelevant und muss daher zur Ablehnung des Bürgerbegehrens führen. Im vorliegenden Fall handelt es sich aber bei dem Alter des Gebäudes, wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, um ein zentrales Begründungselement, das durch die Wiederholung besonders betont wird und mit dem der ungewöhnliche Wert und die Erhaltungsbedürftigkeit des bestehenden Gebäudes Stadtplatz 58 unterstrichen werden soll. Die in der Begründung des Zulassungsantrags getroffene Aussage, bei dem Bürgerbegehren sei es „im Kern“ lediglich darum gegangen, „aus ästhetischen Gründen das Ensemble so zu erhalten, wie es ist“, lässt sich dagegen aus der Formulierung des Begehrens und seiner Begründung nicht ableiten. Sowohl in der Fragestellung als auch in den Einzelpunkten der Begründung wird wesentlich auf den Aspekt des Denkmalschutzes und damit auf die historische Erhaltungswürdigkeit abgestellt. Da dieser Aspekt mit dem (behaupteten) hohen Alter des zu schützenden Gebäudes in engem Zusammenhang steht, kann der unzutreffenden Angabe des Errichtungsjahrs keine bloß untergeordnete Bedeutung beigemessen werden.

2. Die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts ist auch nicht deshalb zuzulassen, weil dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung zukäme (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Die Klägerinnen tragen insoweit vor, der in der Rechtsprechung anerkannte Grundsatz, dass es bei unrichtigen Tatsachenangaben nicht auf eine Täuschungsabsicht der Initiatoren des Bürgerbegehrens ankomme, könne hier nicht schematisch zur Anwendung kommen. Denn es bestehe die Besonderheit, dass zum Zeitpunkt der Erstellung der Unterschriftenlisten weder die Öffentlichkeit noch die Klägerinnen von der Beklagten über das von ihr in Auftrag gegebene bauhistorische Gutachten und dessen Inhalt informiert worden seien; dieses sei vielmehr zunächst unter Verschluss gehalten und erst nach Einreichung des Bürgerbegehrens vollständig bekanntgegeben worden. Die Beklagte habe durch diese gegen das demokratische Fairnessgebot

verstoßende Geheimhaltung entscheidungserheblicher Erkenntnisse versucht, die Durchführung des Bürgerbegehrens mit allen Mitteln zu verhindern. Es stelle sich damit die grundsätzliche Frage, ob eine Gemeinde ein Bürgerbegehren auch dann als unzulässig ablehnen dürfe, wenn sachliche Fehler in einzelnen Begründungselementen darauf zurückzuführen seien, dass die Öffentlichkeit über die einschlägigen Erkenntnisse nicht rechtzeitig informiert worden seien, oder ob es in solchen Fällen geboten sei, das Bürgerbegehren zuzulassen und eventuell erforderliche Richtigstellungen im Rahmen des Wahlkampfs vor dem Bürgerentscheid vorzunehmen.

Mit diesem Vorbringen wird, selbst wenn man zugunsten der Klägerinnen von einem Verstoß der Gemeindeorgane (Stadtrat, Bürgermeister) gegen eine (ungeschriebene) kommunalrechtliche Informationsverpflichtung ausginge, keine Grundsatzfrage aufgeworfen, die sich nicht schon aus der bisherigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs beantworten ließe. Wie der Senat in früheren Entscheidungen dargelegt hat, ergeben sich die Anforderungen an die Richtigkeit der Begründung eines Bürgerbegehrens aus dem Recht auf Teilhabe an der Staatsgewalt gemäß Art. 7 Abs. 2 BV in Gestalt der Abstimmungsfreiheit. Denn die Stimmberechtigten können bei der Frage, ob sie ein Bürgerbegehren unterstützen und diesem zur erforderlichen Mindestunterschriftenzahl verhelfen wollen (Art. 18a Abs. 6 GO), wie auch bei der nachfolgenden Abstimmung über den Bürgerentscheid (Art. 18a Abs. 10 GO) nur dann sachgerecht entscheiden, wenn sie den Inhalt des Begehrens verstehen, seine Auswirkungen überblicken und die wesentlichen Vor- und Nachteile abschätzen können. Damit ist es unvereinbar, wenn in der Fragestellung oder in der Begründung eines Bürgerbegehrens in abstimmungsrelevanter Weise unzutreffende Tatsachen behauptet werden oder die geltende Rechtslage unzutreffend oder unvollständig erläutert wird (vgl. BayVGH, B. v. 20.1.2012 - 4 CE 11.2771 - juris Rn. 31, v. 9.12.2010 - 4 CE 10.2943 - KommunalPraxis Bayern 2011, 155 f.; Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Art. 18a Abs. 4 Anm. 8 c m. w. N.). Die Abstimmungsfreiheit besitzt Verfassungsrang und steht nicht zur Disposition der Gemeindeorgane, so dass deren (mögliches) Fehlverhalten im Vorfeld der Unterschriftensammlung es nicht rechtfertigen könnte, den Gemeindebürgern eine unzulässige Fragestellung zur Entscheidung vorzulegen. Die Zulassung eines mit einer unrichtigen Sachverhaltsdarstellung versehenen Bürgerbegehrens wäre auch nicht geeignet, einen in der Vorenthaltung wichtiger Informationen liegenden früheren Fairnessverstoß zu heilen, sondern würde zu einem rechtswidrigen Abstimmungsergebnis führen. Denn die unrichtigen Angaben zum Alter des Gebäudes müssten, da eine nachträgliche Richtigstellung der Begründung des Bürgerbegehrens ausscheidet (BayVGH, B. v. 9.12.2010, a. a. O., 156), auf den Stimmzetteln zum Bürgerentscheid mit abgedruckt werden, so dass die Abstimmungsberechtigten nicht nur in der Phase der Unterschriftensammlung, sondern sogar noch bei der eigentlichen Sachentscheidung über einen maßgeblichen Aspekt falsch informiert würden. Damit würden elementare Grundsätze einer fairen Abstimmung verletzt.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 22.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger begehren die Zulassung eines Bürgerbegehrens zum Thema „Kein Europäisches Zentrum für den Islam in München (ZIE-M)“.

Die Fragestellung des Bürgerbegehrens lautet: „Sind Sie dafür, dass in München kein Europäisches Zentrum für den Islam (ZIE-M) gebaut wird und dass die Stadt München deshalb alle Planungen zur Errichtung eines Islamischen Zentrums in München (ZIE-M) stoppt?“.

Die dem Bürgerbegehren auf dem Unterschriftsblatt beigefügten „Begründungen“ lauten wie folgt (Hervorhebungen im Original):

1. Bauherr des geplanten Zentrums ist ZIE-M e.V. Der erste Vorsitzende Imam Bajrambejamin Idriz und die zweite stellvertretende Vorsitzende Gönül Yerli sind beide leitend tätig in der Islamischen Gemeinde Penzberg (IGP). Die IGP wird seit 2007 vom Verfassungsschutz überwacht, laut Verfassungsschutzbericht steht die IGP in Verbindung mit Fundamentalisten der Islamischen Gemeinde Milli Görus (IGMG). Imam Idriz führte laut abgehörter Telefonate Anweisungen des fundamentalistischen Muslimbruders Ibrahim el-Zayat aus. Imam Idriz hat zudem nachweislich mehrfach die Unwahrheit gesagt, wenn es um den Koran und die Scharia ging. Auch der Bayerische Innenminister Joachim Herrmann bestätigt: „Imam Idriz lügt“ (Münchner Merkur, 24.7.2010). ZIE-M e.V. ist daher als Bauherr nicht akzeptabel.

2. Laut Informationsbroschüre des Sozialreferates der Stadt München „Muslimisches Leben in München“, Ausgabe April 2005, besuchen etwa 4.500 Muslime das Freitagsgebet (0,33% der Bevölkerung), laut www.moscheesuche.de sind es ca. 7.500 Muslime (0,59% der Bevölkerung). Hierzu stehen über 40 Moscheen im Stadtgebiet verteilt zur Verfügung und es besteht bereits ein islamisches Zentrum in Freimann. Die Notwendigkeit für einen weiteren islamischen Bau mit über 6000 qm Fläche ist daher nicht nachvollziehbar.

3. Das geplante Zentrum für den Islam in Europa mit Gemeindehaus, Akademie, Moschee, evtl. Minarett, Bibliothek und Museum wird ein erhebliches Verkehrsaufkommen in der Innenstadt nach sich ziehen.

4. Für eine erfolgreiche Integration ist die strikte Trennung von Staat und Religion oberstes Gebot. Ein islamisch orientiertes Zentrum kann für die Integration in die bayerische Kulturgemeinschaft hinderlich sein. Es wäre deshalb sinnvoll, staatliche Stellen ohne religiöse Einflussnahme für Integrationsmaßnahmen zu schaffen, die nicht nur einer kleinen religiösen Gruppe, sondern ALLEN Zuwanderern zugutekommen.

5. Im geplanten ZIE-M ist auch die Ausbildung von Imamen vorgesehen. Eine solche Ausbildung sollte jedoch unbedingt an einer staatlichen Hochschule und nicht in einem islamischen Zentrum stattfinden, deren Initiatoren durch den Verfassungsschutz beobachtet werden.

6. Der Bau des ZIE-M soll durch eine Spende in Höhe von ca. 30 Mio. Euro durch den Emir von Schardscha, einem Scharia-Staat (Scharia: religiös legitimiertes Gesetz des Islam), mitfinanziert werden. Der Stadtrat hat in seinem Antrag einen finanziellen Zuschuss durch den Freistaat angeregt, was abzulehnen ist. Nicht geklärt sind auch die Folge- bzw. Unterhaltskosten des Projektes, daher ist zu befürchten, dass die laufenden Kosten durch die Bürger in Bayern beglichen werden müssen.

Auf den Unterschriftenlisten werden gemäß Art. 18a Abs. 4 GO als Vertreter der Kläger zu 2 und als zweiter Vertreter der Kläger zu 1 genannt, jeweils mit dem Zusatz „München“, angeführt. Die Vertreter werden u. a. ermächtigt, zur Begründung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens Änderungen vorzunehmen, soweit diese nicht den Kern des Antrags berühren. Weiter heißt es dort: „Sollten Teile des Begehrens unzulässig sein oder sich erledigen, so gilt meine Unterschrift weiterhin für die verbleibenden Teile.“ Auf der Rückseite der Unterschriftslisten befindet sich der Vermerk: „Liste bitte senden an: DIE FREIHEIT, Postfach 1355, 82181 Gröbenzell“.

Im September 2014 reichten die Kläger das Bürgerbegehren mit ca. 66.400 Unterstützerunterschriften bei der Beklagten ein.

Mit Bescheid vom 6. Oktober 2014 wies die Beklagte das Bürgerbegehren als unzulässig zurück. Das gem. Art. 18a Abs. 6 GO erforderliche Unterschriftenquorum von mindestens 32.736 Bürgern sei zwar erreicht worden, das Bürgerbegehren entspreche aber nicht den sonstigen gesetzlichen Anforderungen. Die Vertreter des Bürgerbegehrens müssten gem. Art. 18a Abs. 4 GO eindeutig identifizierbar sein, wozu regelmäßig die Angabe der Anschrift erforderlich sei. Die Angabe „München“ reiche dazu nicht aus, da zum 18. September 2014 sechs Personen mit dem Namen des Klägers zu 2 in München gemeldet gewesen und weitere drei Personen dieses Namens im Zeitraum der Unterschriftensammlung aus München weggezogen seien. Die Identifizierbarkeit werde auch nicht durch die Angabe einer Postfachadresse der Partei Die Freiheit (Landesverband Bayern) und durch einen Link auf die Webseite des Bayerischen Landesverbandes hergestellt. In der Begründung würden auch unrichtige Tatsachenbehauptungen aufgestellt. Für unbefangene Bürger ergebe sich aus den unter Nr. 1 und 5 gemachten Aussagen, dass wesentliche Personen des Vereins ZIE-M e.V. seit 2007 ununterbrochen vom Verfassungsschutz beobachtet würden. Spätestens seit der Veröffentlichung des Verfassungsschutzberichtes 2011 am 23. März 2012 sei aber belegbar unrichtig, dass die IGP seit 2007 vom Verfassungsschutz beobachtet bzw. überwacht werde. Sie sei zwar zwischen 2007 und 2010 in den Verfassungsschutzberichten erwähnt worden, bereits der Bericht 2010 habe aber einschränkend ausgeführt, dass sich im Berichtsjahr keine neuen Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten ergeben hätten. Ein Großteil der Unterschriften sei erst zu einem Zeitpunkt geleistet worden, zu dem die Unrichtigkeit der Tatsachenbehauptung bereits festgestanden habe. Es handle sich um ein tragendes Begründungselement, auf das in zwei von sechs Punkten der Begründung Bezug genommen werde. Die Behauptung unter Nr. 6 der Begründung („Der Stadtrat hat in seinem Antrag einen finanziellen Zuschuss durch den Freistaat angeregt, was abzulehnen ist“) könne nur so verstanden werden, dass der Stadtrat als Gremium mittels Beschluss um einen finanziellen Zuschuss zum Bau des ZIE-M gebeten habe. Einen solchen Beschluss habe es jedoch nie gegeben, sondern nur einen entsprechenden Antrag mehrerer Fraktionen vom 19. März 2010, der vom Stadtrat nie beschlossen worden sei. Unter Nr. 3 der Begründung werde die rein spekulative Behauptung aufgestellt, dass das geplante Zentrum ein erhebliches Verkehrsaufkommen in der Innenstadt nach sich ziehen werde, obwohl ein konkreter Standort für das ZIE-M nicht feststehe. Auch habe weder 2011 festgestanden noch stehe aktuell fest, dass der Emir von Katar als Großspender für den Bau des ZIE-M auftreten werde. Weiter sei die Bezeichnung des Projekts als Europäisches Zentrum für den Islam falsch, da damit suggeriert werde, dass es sich beim ZIE-M um ein Zentrum für die Gesamtheit der in Europa beheimateten Muslime handeln solle. Das ZIE-M habe aber laut dessen Initiatoren von Anfang an das Ziel verfolgt, auf der Grundlage des europäisch geprägten Islams eine Begegnungsstätte für Münchner Muslime und auch Nicht-Muslime zu schaffen. Es bleibe vollkommen unklar, welche Rolle die Beklagte beim Bau des ZIE-M überhaupt spiele. Die Fragestellung des Bürgerbegehrens sei zu unbestimmt und lasse nicht erkennen, welche Planungen die Beklagte stoppen solle und wie sie einen solchen Bürgerentscheid vollziehen solle. Eine Auslegung, wonach grundsätzlich islamische Sakralbauten verhindert werden sollten, verstoße gegen die grundgesetzlich garantierte Glaubensfreiheit.

Gegen den Bescheid erhoben die Kläger Klage zum Verwaltungsgericht München mit dem Antrag, den Bescheid der Beklagten vom 6. Oktober 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, das Bürgerbegehren „Kein europäisches Zentrum für den Islam in München (ZIE-M) zuzulassen.

Einen mit der Klage gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, der Beklagten vorläufig zu untersagen, einer Verwirklichung des ZIE-M dienende Stadtratsbeschlüsse zu fassen und sonstige Maßnahmen zu treffen, lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 4. März 2015 wegen eines fehlenden Anordnungsanspruchs ab (Az. M 7 E 14.4965).

Mit Urteil vom 11. November 2015 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Das Gericht halte an der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vertretenen Auffassung fest, dass in der Begründung zur Fragestellung unzutreffende Behauptungen aufgestellt würden; die übrigen zwischen den Beteiligten streitigen Punkte könnten daher offenbleiben. Es sei mit der Abstimmungsfreiheit der Stimmberechtigten unvereinbar, wenn in der Fragestellung oder in der Begründung eines Bürgerbegehrens in abstimmungsrelevanter Weise unzutreffende Tatsachen behauptet würden oder die geltende Rechtslage unzutreffend oder unvollständig erläutert werde. Die Kläger hätten in Nr. 1 der Begründung im Präsens dargelegt, dass die IGP laut Verfassungsschutzbericht in Verbindung mit Fundamentalisten der Islamischen Gemeinde Milli Görus (IGMG) stehe. Für die Feststellung, dass die IGP aktuell in Verbindung mit Fundamentalisten der IGMG stehe, gebe es aber keine Belege. Im Bayerischen Verfassungsschutzbericht 2010 werde ausdrücklich ausgeführt, dass keine neuen Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten der IGP vorlägen und man abwarten wolle, ob in der zwischenzeitlich geäußerten Distanz zu extremistischen Organisationen eine anhaltende, eigenständige, der freiheitlichen demokratischen Grundordnung entsprechende Ausrichtung zu sehen sei. In den seither erschienenen Verfassungsschutzberichten werde die IGP nicht mehr erwähnt. Daraus sei zu schließen, dass seither entweder keine oder jedenfalls keine hinreichend gewichtigen tatsächlichen Anhaltspunkte für derartige Bestrebungen und Tätigkeiten und somit auch nicht für Verbindungen zu „Fundamentalisten der IGMG“ vorlägen. Etwas Gegenteiliges ergebe sich auch nicht aus dem umfangreichen Vortrag der Kläger. Soweit dem Imam Idriz Verbindungen zu Ahmad Al-Khalifa angelastet würden, handle es sich nicht um eine der türkisch geprägten IGMG zuzurechnende Person. Nicht entscheidungserheblich sei, ob der Verfassungsschutz die IGP aktuell beobachte oder nicht. Die fragliche Behauptung könne auch bei wohlwollender Auslegung nicht als unschädliche bloße Wertung bzw. Überzeugung der Kläger verstanden werden, die sie aus eigenen Erkenntnissen gewonnen hätten. Durch die Formulierung und durch die Verklammerung mit der vorhergehenden und der nachfolgenden Aussage werde beim Leser der Eindruck erweckt, die behaupteten aktuellen Verbindungen zu Fundamentalisten der IGMG seien ein Ergebnis der Beobachtung durch den Verfassungsschutz, also eine amtlich verifizierte Tatsache. Zudem werde die IGP dadurch in ein falsches Licht gerückt, dass in der Begründung zu dem Bürgerbegehren die Tatsache nicht mitgeteilt werde, dass das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz im Berichtsjahr 2010 keine neuen Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten der IGP gewonnen und seither auch nicht über derartige neue Erkenntnisse berichtet habe. Aufgrund der unterlassenen Mitteilung der das Bild abrundenden Tatsachen werde der Schluss auf aktuelle verfassungsfeindliche Bestrebungen nahegelegt, ohne deutlich zu machen, dass es sich lediglich um einen entsprechenden Verdacht der Kläger handle. Es liege auf der Hand, dass aktuelle Verbindungen zu Fundamentalisten und der herbeigeführte Eindruck aktueller verfassungsfeindlicher Bestrebungen für eine Meinungsbildung zu der mit dem Bürgerbegehren gestellten Frage sehr wesentlich, also abstimmungsrelevant seien und deshalb nicht zu den noch hinnehmbaren Unrichtigkeiten bzw. Unvollständigkeiten in der Begründung eines Bürgerbegehrens gehörten. Unzutreffend sei ferner die Behauptung unter Nr. 6 der Begründung zum Bürgerbegehren, dass der Stadtrat der Beklagten in seinem Antrag einen finanziellen Zuschuss durch den Freistaat Bayern angeregt habe. Das Possessivpronomen „seinem“ suggeriere, dass der Stadtrat als Gremium einen entsprechenden Antrag gestellt habe. Zur wahrheitsgemäßen Information der Bürger hätte mitgeteilt werden müssen, dass sich der Stadtrat den Antrag der Fraktionen nie zu Eigen gemacht bzw. ihn nicht weiterverfolgt habe.

Gegen das Urteil vom 11. November 2015 haben die Kläger die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Sie beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 11. November 2015 abzuändern und

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 6. Oktober 2014 zu verpflichten, das Bürgerbegehren „Kein europäisches Zentrum für den Islam in München (ZIE-M)“ mit der Frage „Sind Sie dafür, dass in München KEIN europäisches Zentrum für den Islam (ZIE-M) gebaut wird und dass die Stadt München deshalb alle Planungen zur Errichtung eines islamischen Zentrums in München (ZIE-M) stoppt?“ zum Bürgerentscheid zuzulassen.

Der Begründungstext zum Bürgerbegehren sei im Sommer 2011 verfasst und seit Beginn der Unterschriftensammlungen am 14. Oktober 2011 bis zur Abgabe am 18. September 2014 inhaltlich nicht mehr verändert worden. Es sei nicht richtig, dass in der Aussage zur Überwachung der IGP durch den Verfassungsschutz eine unzutreffende Behauptung liege. Die IGP werde laut mehrerer Aussagen des Innenministers aus dem Jahr 2012 und des Verfassungsschutzpräsidenten aus den Jahren 2012 und 2013 weiterhin beobachtet. Es lägen auch verschiedene Tatsachen vor, die für eine fortdauernde Überwachung durch den Bayerischen Verfassungsschutz sprächen bzw. einen solchen Rückschluss zuließen. Dazu gehörten neben der Biographie und dem Ausbildungsgang des Imam Idriz sein nachweislich bis zum 19. September 2014 bestehender Kontakt zu dem Extremisten Ahmad Al-Khalifa, dessen Islamisches Zentrum (Freimanner Moschee) als Sitz der Islamischen Gemeinschaft in Deutschland (IGD) gelte und vom Verfassungsschutz beobachtet werde, sowie vermutete Kontakte zu einer bosnischen Terrorgruppe. Wie der bayerische Innenminister laut mehreren Zeitungsberichten im Juli 2010 erklärt habe, hätten führende Mitglieder der IGP Kontakte zu Personen, die wichtige Positionen bei der IGD und Milli Görüs hätten; Herr Idriz stehe in ständigem telefonischen Kontakt mit Spitzen dieser radikalen Organisationen. Die Herausnahme der IPG und ihres Imam Idriz aus dem Verfassungsschutzbericht sei ersichtlich politisch gewollt gewesen und entgegen der Einschätzung des Bayerischen Verfassungsschutzes erfolgt. Das Verwaltungsgericht habe nicht geklärt, inwiefern tatsächlich eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz stattgefunden habe bzw. noch stattfinde, und auch nicht geprüft, ob die Äußerungen des Präsidenten des Landesamts für Verfassungsschutz und des bayerischen Innenministers in den Medien einer Unterrichtung in den Verfassungsschutzberichten gemäß Art. 15 BayVSG gleichzustellen seien. Es sei fraglich, ob die IPG und Imam Idriz sämtliche Kontakte zu extremistischen Personen abgebrochen hätten; dies sei nach den Verlautbarungen des Verfassungsschutzpräsidenten und des Innenministers als unwahrscheinlich anzusehen und hätte durch deren Vernehmung als Zeugen abschließend aufgeklärt werden können. Unzutreffend sei auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts, bei Nr. 1 der Begründung werde bereits durch die Formulierung (Satzstellung, Verklammerung, nachfolgende Erläuterung) beim Leser der Eindruck erweckt, dass aktuell Verbindungen zu Fundamentalisten der IGMG bestünden und dass dies aus einer aktuellen Beobachtung durch den Verfassungsschutz folge. Das Fehlen einer zeitlichen Einschränkung hinsichtlich der Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht führe nicht zum Vorliegen einer unwahren Tatsachenbehauptung. Die Formulierung des streitigen Satzes lasse eine Auslegung zu, wonach gemäß dem ersten Teilsatz die IGP seit 2007 vom Verfassungsschutz überwacht bzw. beobachtet werde und gemäß dem zweiten Teilsatz auf einen Verfassungsschutzbericht Bezug genommen werde, ohne eine Jahreszahl im Einzelnen zu benennen. Insoweit sei die Begründung in zwei voneinander unabhängige Teile aufspaltbar, die jeder für sich genommen eine wahre Tatsachenbehauptung darstellten. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach die aktuellen Verbindungen zu Fundamentalisten und der herbeigeführte Eindruck aktueller verfassungsfeindlicher Bestrebungen abstimmungsrelevant seien und nicht zu den noch hinnehmbaren Unrichtigkeiten in der Begründung eines Bürgerbegehrens gehörten, sei ebenfalls unzutreffend, da es sich bei der genannten Formulierung nur um eine von insgesamt sechs Begründungen des Bürgerbegehrens handle, die jeweils gleichwertig seien. Hinsichtlich der Nr. 6 der Begründung beruhe das Urteil des Verwaltungsgerichts auf einer unzutreffenden Auslegung. Die betreffende Aussage sei nur so zu verstehen, dass bereits ein Beschluss vorliege, der einen finanziellen Zuschuss erbitte. Trotz des Progressivpronomens „seinem“ könne ein durchschnittlicher Leser wegen der Wörter „Antrag“ und „angeregt“ nur den Rückschluss ziehen, dass noch kein Beschluss gefasst worden sei; eine unwahre Tatsachenbehauptung liege demnach nicht vor. Das Gericht habe auch völlig unberücksichtigt gelassen, dass das Bürgerbegehren seit dem Jahr 2013 politischer Gegenwehr ausgesetzt gewesen sei und diverse Gegenkampagnen initiiert worden seien. Die Beklagte habe ganz offensichtlich Maßnahmen ergriffen, die sich gegen das Bürgerbegehren gerichtet hätten, worin ein eklatanter Verstoß gegen das politische Neutralitätsgebot liege. Selbst wenn die unter Nr. 1 und Nr. 6 enthaltenen Begründungen wegen unzutreffender Tatsachen unzulässig sein sollten, seien die in den Nrn. 2, 3, 4 und 5 enthaltenen Begründungen zulässig, so dass das Bürgerbegehren zuzulassen sei. Die hiernach notwendige Prüfung einer Teilbarkeit der Begründung des Bürgerbegehrens habe das Verwaltungsgericht unterlassen. Der Erklärung am Ende des Unterschriftsbogens sei zu entnehmen, dass die Unterzeichner ihre Unterschrift auch im Fall der Unzulässigkeit einzelner Teile mit einer Fortgeltungswirkung für die übrigen Teile versehen hätten. Schon die Überschrift „Begründungen“ und die Nummerierung von 1 bis 6 machten deutlich, dass es sich um mehrere unterschiedliche Begründungen handle, die weder aufeinander aufbauten noch sich sachlich ergänzten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Täuschung der Stimmberechtigten ergebe sich daraus, dass in der Begründung eine Verbindung der IGP mit Fundamentalisten der Islamischen Gemeinde Milli Görüs (IGMG) mit einem Verweis auf den Verfassungsschutzbericht als amtlich verifizierte Tatsache hergestellt werde. Laut Art. 15 BayVSG informierten das Staatsministerium des Innern und das Landesamt für Verfassungsschutz die Öffentlichkeit im Rahmen der Verfassungsschutzberichte über tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen und Tätigkeiten, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtet seien. Die Begründung zum Bürgerbegehren erwecke den Eindruck, dass es eine (auch derzeit noch) feststehende, durch das Landesamt für Verfassungsschutz verifizierte Tatsache sei, dass es tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen der IGP gebe. Bereits im Verfassungsschutzbericht 2010 sei aber ausdrücklich erwähnt worden, dass keine neuen Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten vorlägen. Seither sei die IGP nicht mehr im Verfassungsschutzbericht erwähnt worden. Die vom Berufungskläger genannten Zeitungsartikel mit angeblichen Aussagen des bayerischen Innenministers bzw. des Präsidenten des Landesamtes für Verfassungsschutz stünden dazu nicht im Widerspruch. Denn diese enthielten keinerlei Aussagen dazu, ob es weiterhin tatsächliche Anhaltspunkte für extremistische Bestrebungen der IGP gebe. Würde es diese geben, wäre die IGP mit Sicherheit wieder in den Verfassungsschutzberichten erwähnt worden. Eine Befragung des Innenministers oder des Verfassungsschutzpräsidenten könne zu keinem anderen Ergebnis führen, da die Nichterwähnung der IGP seit dem Jahr 2011 im Verfassungsschutzbericht eine feststehende Tatsache sei. Das Verwaltungsgericht habe auch richtig entschieden, dass mit der Nr. 6 der Begründung der falsche Eindruck erweckt werde, der Stadtrat habe in einem Beschluss einen finanziellen Zuschuss angeregt. Die Bezeichnung als „Antrag des Stadtrates“ könne nur so verstanden werden, dass der Stadtrat als kollegiales Gremium durch Beschluss einen Antrag auf finanziellen Zuschuss des Freistaates befürwortet habe. Für die Öffentlichkeit sei es entscheidend, ob ein entsprechender Antrag noch diskutiert werde oder ob eine Entscheidung durch den Stadtrat bereits gefallen sei. Denn daraus könne abgeleitet werden, welche Position die Stadt zu einem möglichen Bauvorhaben einnehme und wie konkret bisher bestehende Planungen der Stadt seien. Eine Zulassung des Bürgerbegehrens mit einer Teilbegründung sei nicht möglich, da eine nachträgliche Abänderung der Begründung die bereits in der Phase der Sammlung der erforderlichen Unterschriften liegende Beeinträchtigung der Abstimmungsfreiheit nicht ungeschehen machen könne.

Die Landesanwaltschaft Bayern beteiligt sich als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren und hält die Zurückweisung der Berufung ebenfalls für rechtens. Mit dem Verweis auf den Verfassungsschutzbericht in der Begründung werde auf eine objektive Quelle verwiesen, der zu entnehmen sei, dass die IGP sowie Imam Idriz verfassungswidriger Aktivitäten verdächtig seien. Im Verfassungschutzbericht 2010 sei jedoch ausdrücklich ausgeführt worden, dass keine neuen Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten der IGP vorlägen und man abwarten wolle, ob in der zwischenzeitlich geäußerten Distanz zu extremistischen Organisationen eine anhaltende, eigenständige, der freiheitlich demokratischen Grundordnung entsprechende Ausrichtung zu sehen sei. Da in den Verfassungsschutzbericht nur Organisationen aufgenommen würden, über die konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme von verfassungswidrigen Bestrebungen und Tätigkeiten vorlägen, komme der Tatsache, ob eine Organisation dort erwähnt werde, große Bedeutung zu. Die in der Begründung getroffene Tatsachenbehauptung sei insoweit falsch, als das Präsens verwendet und so der Eindruck erweckt werde, es handele sich um eine aktuelle Tatsache, über die auch im Verfassungsschutzbericht berichtet werde. Der Passus, der Stadtrat habe in seinem Antrag einen finanziellen Zuschuss durch den Freistaat angelegt, sei jedenfalls zur Irreführung geeignet. Das Bürgerbegehren sei im Übrigen weder in Teilen zulässig noch könne eine Heilung der Begründung erfolgen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 11. November 2015 hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Kläger, die als Gesamtvertreter der Unterzeichner des Bürgerbegehrens gegen dessen Ablehnung im eigenen Namen unmittelbar Klage erheben können (Art. 18a Abs. 8 Satz 2 GO), haben keinen Anspruch auf Zulassung des Bürgerbegehrens (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Das von den Klägern eingereichte Bürgerbegehren verstößt zumindest mit einer zentralen Aussage der Begründung gegen das verfassungsrechtlich radizierte Verbot unrichtiger und grob irreführender Tatsachenbehauptungen und konnte schon aus diesem Grund nicht als Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids zugelassen werden (Art. 18a Abs. 1 und Abs. 8 Satz 1 GO). Auf die im Ablehnungsbescheid der Beklagten angesprochenen weiteren Fragen, z. B. ob zur Benennung der Vertreter auf den Unterschriftslisten die Angabe des Postfachs einer politischen Partei genügte und ob die Begründung noch andere entscheidungserhebliche Unrichtigkeiten enthielt, kommt es hier demnach nicht mehr an.

1. Ein zulässiges Bürgerbegehren muss nach Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO eine (auf allen Unterschriftslisten gleichlautende) Begründung enthalten. Mit diesem Erfordernis, das die für Volksbegehren geltende Regelung des Art. 74 Abs. 2 BV modifizierend aufgreift, soll sichergestellt werden, dass die Gemeindebürger, wenn sie von den Initiatoren des Bürgerbegehrens zur Unterschriftsleistung aufgefordert werden, schon in dieser ersten Phase des direktdemokratischen Verfahrens die Bedeutung und Tragweite der mit Ja oder Nein zu entscheidenden Fragestellung erkennen können (vgl. zum Volksgesetzgebungsverfahren VerfGH, E. v. 13.4.2000 - Vf. 4-IX-00 - VGH n. F. 53, 81/105). Da bereits mit der Unterzeichnung eines Bürgerbegehrens das Recht auf Teilhabe an der Staatsgewalt in Gestalt der Abstimmungsfreiheit (Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 BV) ausgeübt wird, ergeben sich aus der Bayerischen Verfassung auch Mindestanforderungen an die Richtigkeit der Begründung. Die Bürger können nur dann sachgerecht über die Unterstützung eines Bürgerbegehrens entscheiden und von ihrem Eintragungsrecht Gebrauch machen, wenn sie nicht durch den mit den Unterschriftslisten vorgelegten Begründungstext in wesentlichen Punkten in die Irre geführt werden. Es ist daher mit dem Sinn und Zweck eines Plebiszits auch auf kommunaler Ebene nicht vereinbar, wenn in der Begründung des Bürgerbegehrens in einer entscheidungsrelevanten Weise unzutreffende Tatsachen behauptet werden oder wenn die maßgebende Rechtslage unzutreffend bzw. unvollständig erläutert wird (vgl. VerfGH, a. a. O. 106).

2. An dieser ungeschriebenen Rechtmäßigkeitsvoraussetzung, die der Senat in einer Reihe neuerer Entscheidungen hervorgehoben hat (BayVGH, B. v. 9.12.2010 - 4 CE 10.2943 - juris Rn. 2; B. v. 20.1.2012 - 4 CE 11.2771 - juris Rn. 31; B. v. 25.6.2012 - 4 CE 12.1224 - BayVBl 2013, 19 Rn. 31; B. v. 14.10.2014 - 4 ZB 14.707 - juris Rn. 3 ff.; anders noch B. v. 14.3.2001 - 4 ZE 00.3658 - BayVBl 2002, 184) und die auch in der Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte anerkannt ist (vgl. OVG NRW, U. v. 23.4.2002 - 15 A 5594/00 - NVwZ-RR 2002, 766; OVG SH, U. v. 19.12.2005 - 2 LB 19/05 - juris Rn. 41; VGH BW, B. v. 22.8.2013 - 1 S 1047/13 - juris Rn. 19; HessVGH, B. v. 20.8.2015 - 8 B 2125/14 - juris Rn. 6), fehlt es im vorliegenden Fall. Die unter Nr. 1 der „Begründungen“ getroffene Tatsachenbehauptung, die Islamische Gemeinde Penzberg (IGP) stehe „laut Verfassungsschutzbericht… in Verbindung mit Fundamentalisten der Islamischen Gemeinde Milli Görus (IGMG)“, war zum Zeitpunkt der Unterschriftensammlung nach ihrem objektiven Erklärungsgehalt eindeutig unzutreffend (a). Sie hat als möglicher Beweggrund für die Unterschriftsleistung so hohes Gewicht, dass schon allein aufgrund dieser Fehlinformation die Begründung des Bürgerbegehrens als irreführend angesehen werden muss (b). Die den Vertretern des Bürgerbegehrens erteilte Änderungsermächtigung vermag den Mangel nicht zu heilen (c). Ein Anspruch auf Zulassung des rechtswidrig zustande gekommenen Bürgerbegehrens lässt sich auch nicht aus möglichen Rechtsverstößen der Beklagten während der Phase der Unterschriftensammlung ableiten (d).

a) Die Aussage über im Verfassungsschutzbericht dargestellte Kontakte der IGP zur IGMG (korrekte Bezeichnung: „Islamische Gemeinschaft Millî Görüş“) bezieht sich erkennbar auf Feststellungen in Berichten des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz aus den Jahren 2007 bis 2010. Nach den dort wiedergegebenen Erkenntnissen bestanden die Beziehungen der IGP zu der türkisch geprägten IGMG vor allem darin, dass die IGP bis zum Jahr 2006/2007 auf internen Mitgliedslisten der IGMG erschien und der IGP-Vorsitzende nach eigenen Angaben bis 2005 auch persönlich Mitglied der IGMG war; zudem wurden bei einer richterlich angeordneten Telefonüberwachung Gespräche des Penzberger Imams und IGP-Vorsitzenden u. a. mit dem IGMG-Generalsekretär im Zeitraum August 2007 bis Februar 2009 festgestellt (Verfassungsschutzbericht 2010, S. 34, abrufbar unter http://www.verfassungsschutz. bayern.de/mam/anlagen/jahresbericht_2010.pdf). In einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, in dem sich die IGP ohne Erfolg gegen die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht 2008 zur Wehr setzte, stellten das Verwaltungsgericht München (B. v. 3.5.2010, Az. 22 M 09.2155) und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (B. v. 17.7.2010, Az. 10 CE10.1201) fest, dass nach den vom Landesamt für Verfassungsschutz vorgelegten Unterlagen noch im Jahr 2008 in der Moschee der IGP für eine IGMG-Veranstaltung in Ingolstadt geworben worden sei.

Schon der im März 2011 publizierte Verfassungsschutzbericht 2010 wies allerdings im Anschluss an die Erwähnung dieser zeitlich zurückliegenden Kontakte darauf hin, dass das von der IGP geplante Projekt ZIE-M in seiner Vereinssatzung mittlerweile eine Ausschlussklausel bezüglich extremistischer Mitglieder enthalte; ob in der zwischenzeitlich geäußerten Distanz zu extremistischen Organisationen eine anhaltende, eigenständige, der freiheitlichen demokratischen Grundordnung entsprechende Ausrichtung zu sehen sei, bleibe abzuwarten, nachdem sich für das Berichtsjahr keine neuen Erkenntnisse über verfassungswidrige Aktivitäten ergeben hätten (Verfassungsschutzbericht 2010, a. a. O., S. 35). In dem ein Jahr später veröffentlichten Verfassungsschutzbericht 2011 (http://www.verfassungsschutz.bayern.de/mam/anlagen/verfassungsschutzbericht_2011.pdf) wurde die IGP an keiner Stelle mehr erwähnt; auch in allen nachfolgenden Berichten und sonstigen schriftlichen Bekundungen des Landesamtes für Verfassungsschutz finden sich keine Hinweise auf weiter fortbestehende oder wiederaufgenommene Kontakte der IGP zu der als extremistisch geltenden IGMG.

Angesichts des seit dem Bericht 2010 geänderten Inhalts der amtlichen Verlautbarungen kann die in der Begründung des Bürgerbegehrens in Präsensform getroffene Aussage, dass die IGP „laut Verfassungsschutzbericht“ mit der IGMG in Verbindung „steht“ (Nr. 1 Satz 3 Hs. 2), nur als objektiv unzutreffend bezeichnet werden. Denn dieser Halbsatz konnte zum maßgeblichen Zeitpunkt der Unterschriftsleistung nach dem objektiven Empfängerhorizont (vgl. §§ 133, 157 BGB) nur so verstanden werden, dass ein (Landes- oder Bundes-)Amt für Verfassungsschutz in einem aktuellen Jahresbericht eine gegenwärtig bestehende Verbindung zwischen den genannten Organisationen erwähnt habe. Einem anderslautenden Textverständnis stand neben dem Wortlaut auch die inhaltliche und syntaktische Verknüpfung mit der im vorangehenden Halbsatz getroffenen Aussage entgegen, wonach die IGP vom Verfassungsschutz „seit 2007“ überwacht werde. Der unbefangene Leser musste hiernach von einer bis in die Gegenwart reichenden Überwachung ausgehen, so dass er von dem anschließenden Halbsatz nur eine Aussage über die zu diesem Zeitpunkt relevanten Erkenntnisse bezüglich einer etwaigen verfassungsfeindlichen Ausrichtung der IGP erwarten konnte, nicht dagegen den Hinweis auf eine die Vergangenheit betreffende Feststellung, an der das Verfassungsschutzamt in seinen neueren Berichten nicht mehr festhält.

Da die Behauptung einer „laut Verfassungsschutzbericht“ bestehenden Verbindung zur IGMG sich eindeutig auf die Gegenwart bezieht, kann diese Textpassage auch nicht dahingehend (um-)gedeutet werden, dass damit nur allgemein auf den Inhalt eines für zurückliegende Jahre (z. B. 2007, 2008 oder 2009) publizierten Verfassungsschutzberichts verwiesen werde, in dem von solchen Kontakten noch die Rede war. Ein solches Verständnis wäre mit dem objektiven Erklärungsgehalt der Aussage unvereinbar und ließe sich daher auch mit dem in der Rechtsprechung des Senats anerkannten Gebot der grundsätzlich „wohlwollenden Auslegung“ eines mehrdeutig formulierten Bürgerbegehrens (dazu BayVGH, U. v. 19.2.1997 - 4 B 96.2928 - VGH n. F. 50, 42/44 f. = BayVBl 1997, 276/277; U. v. 21.3.2012 - 4 B 11.221 - BayVBl 2012, 632 Rn. 21) nicht sachlich rechtfertigen. Während der Unterschriftensammlung, die nach Angaben der Kläger den Zeitraum vom 14. Oktober 2011 bis zum 18. September 2014 umfasste, ergab sich der aktuelle Erkenntnisstand zu verfassungsgefährdenden islamistischen Bestrebungen allein aus den - im März des jeweiligen Folgejahres veröffentlichten - Verfassungsschutzberichten 2010, 2011, 2012 und 2013. In keiner dieser amtlichen Äußerungen war jedoch, wie oben gezeigt, von bestehenden Verbindungen der IGP oder ihrer Repräsentanten zur IGMG die Rede; selbst die letztmalige Erwähnung der IGP im Berichtsjahr 2010 betraf nur zurückliegende Mitgliedschaften und Telefonkontakte zur IGMG und enthielt keinen Hinweis auf weiterhin fortgeführte Beziehungen zu dieser Organisation.

b) Die in der Verwendung der Gegenwartsform liegende unrichtige Tatsachenbehauptung, wonach eine aktuell bestehende Verbindung der IGP zur IGMG durch einen Verfassungsschutzbericht amtlich bestätigt werde, stellt im Gesamtgefüge der Begründung des Bürgerbegehrens kein bloß untergeordnetes Detail dar, sondern muss aus Sicht der Unterschriftsleistenden als entscheidungsrelevant angesehen werden.

Bei der insoweit vorzunehmenden Erheblichkeitsprüfung kommt es entgegen der Auffassung der Kläger nicht darauf an, dass die beanstandete unzutreffende Sachaussage im Verhältnis zu den übrigen Teilen der Begründung quantitativ nur einen geringen Raum einnimmt (knapp zwei Zeilen) und sich in lediglich einem von sechs Punkten der „Begründungen“ findet. Die Initiatoren eines Bürgerbegehrens können dem aus der Abstimmungsfreiheit abzuleitenden Irreführungsverbot nicht dadurch entgehen, dass sie wahrheitswidrige Begründungselemente durch eine größere Zahl korrekter Aussagen kompensieren oder auf nicht zu beanstandende „Alternativbegründungen“ verweisen. Da den Unterzeichnern des Bürgerbegehrens der auf den Unterschriftenlisten abgedruckte Begründungstext in seiner Gesamtheit vorliegt, muss auch dessen rechtliche Beurteilung einheitlich erfolgen; eine nachträgliche Teilung oder geltungserhaltende Reduktion kommt daher nicht in Betracht (vgl. BayVGH, B. v. 9.12.2010 - 4 CE 10.2943 - juris Rn. 4).

Maßgebend ist somit nicht die Frage, ob die Begründung auch ohne die inkriminierte Passage Bestand haben könnte, sondern ob die unrichtige Sachaussage im Kontext der übrigen Begründung als so gewichtig anzusehen ist, dass ohne sie möglicherweise weniger Unterzeichner das Bürgerbegehren unterstützt hätten. Eine solche Eignung zur Beeinflussung des Unterschriftsverhaltens darf allerdings nicht nur theoretisch bestehen, sondern muss nach allgemeiner Lebenserfahrung als konkrete und nicht ganz fernliegende Möglichkeit erscheinen (vgl. BVerwG, B. v. 17.3.1998 - 8 B 36/98 - juris Rn. 2 m. w. N. zum Erheblichkeitsgrundsatz bei Wahlfehlern). Als nicht kausal für das Ergebnis der Unterschriftensammlung können Unvollständigkeiten, Ungenauigkeiten oder Fehlangaben bei (kommunal-)politisch unstreitigen und auch objektiv unwichtigen Detailfragen angesehen werden, nicht dagegen Mängel bei tragenden Begründungselementen, auch wenn das Bürgerbegehren ausdrücklich auf mehrere gleichrangige Begründungsstränge gestützt wird (vgl. BayVGH, B. v. 14.10.2014 - 4 ZB 14.707 - juris Rn. 6; B. v. 25.6.2012 - 4 CE 12.1224 - BayVBl 2013, 19 Rn. 31; OVG NRW, U. v. 23.4.2002 a. a. O.).

Nach diesen Maßstäben handelt es sich vorliegend eindeutig um einen ergebnisrelevanten Begründungsmangel. Die Aussage über eine vom Verfassungsschutz bestätigte Verbindung der IGP zur IGMG stand im Zusammenhang mit dem in Nr. 1 und Nr. 5 der Begründung unternommenen Versuch, mögliche Unterstützer des Bürgerbegehrens davon zu überzeugen, dass die in der IGP an leitender Stelle tätigen Initiatoren des Projekts ZIE-M wegen ihrer Kontakte zu islamistisch-fundamentalistischen Kreisen als Bauherrn nicht akzeptabel seien. Der zum Beleg hierfür angeführte allgemeine Hinweis, dass die IGP bzw. deren Leiter seit Jahren vom Verfassungsschutz „überwacht“ (Nr. 1) bzw. „beobachtet“ (Nr. 5) würden, erhielt seine besondere zeitliche Aktualität und inhaltliche Brisanz erst durch die zusätzliche Information, eine (gegenwärtig bestehende) Verbindung mit islamistischen Fundamentalisten werde im (aktuellen) Verfassungsschutzbericht erwähnt und sei damit eine amtlich festgestellte Tatsache.

Da gerade in der Bezugnahme auf die Amtsautorität der Verfassungsschutzbehörde das Spezifikum der erwähnten Sachaussage liegt, kommt es im Ergebnis nicht darauf an, ob sich für den Zeitraum der Unterschriftensammlung (2011 bis 2014) auf andere Weise belegen lässt, dass ein Kontakt der IGP zur IGMG tatsächlich bestand. Einer diesbezüglichen weiteren Sachaufklärung etwa durch Vernehmung von Mitarbeitern des Landesamtes für Verfassungsschutz bedurfte es demnach nicht. Dass die IGP, wie von der Klägerseite vorgetragen, Mitglied im Zentralrat der Muslime in Deutschland ist, dem auch die IGMG offiziell angehört, ist darüber hinaus schon deshalb ohne Bedeutung, weil der Beitritt zu diesem Dachverband erst im März 2015 und damit nach Ende der Unterschriftensammlung für das Bürgerbegehren erfolgte.

c) Der in der irreführenden Begründung des Bürgerbegehrens liegende Rechtsmangel kann nicht durch einen nachträglichen Verzicht der Kläger auf die beanstandete Sachaussage geheilt werden. Zwar findet sich auf den Unterschriftslisten ein Zusatz, der die gemäß Art. 18a Abs. 4 GO benannten Vertreter ermächtigt, „zur Begründung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens Änderungen vorzunehmen, soweit diese nicht den Kern des Antrages berühren“. Eine solche Vollmacht erlaubt jedoch keine inhaltliche Korrektur der Begründung nach Einholung der Unterschriften; sie lässt lediglich in Bezug auf die Fragestellung redaktionelle Änderungen sowie Präzisierungen und Aktualisierungen zu, die das erkennbare Ziel des Begehrens klarer als die bisherige Fassung zum Ausdruck bringen und einem späteren Bürgerentscheid zugrunde gelegt werden können (vgl. BayVGH. U. v. 22.6.2007 - 4 B 06.1224 - BayVBl 2008, 241/242 m. w. N.). Das nachträgliche Streichen wesentlicher Teile der Begründung würde dagegen den Willen der Unterzeichner des Bürgerbegehrens verfälschen, weil damit fingiert würde, dass sie ihre Unterschrift auch bei einer anderen Begründung geleistet hätten.

d) Das mit einer irreführenden Begründung versehene Bürgerbegehren ist auch nicht wegen unzulässiger Behinderung der Unterschriftensammlung durch die Beklagte zuzulassen. Zwar spricht vieles dafür, dass mit der in der Form eines persönlichen Anschreibens des damaligen Oberbürgermeisters erfolgten Verteilung von Flyern, die vorrangig Warnungen und Wertungen in Bezug auf die hinter dem Bürgerbegehren stehenden Personen und Organisationen enthielten, gegen kompetenzrechtliche Vorgaben (Art. 37 GO) und gegen das bei Bürgerbegehren geltende Sachlichkeitsgebot (vgl. dazu BayVGH, B. v. 17.3.1997 - 4 ZE 97.874 - BayVBl 1997, 435) verstoßen wurde. Die von den Klägern insoweit gerügten Rechtsverletzungen betreffen jedoch nur ihr grundrechtsgeschütztes Recht auf ungehindertes öffentliches Werben um Unterschriften und nicht den mit der vorliegenden Klage verfolgten Anspruch aus Art. 18a Abs. 8 GO auf förmliche Zulassung des (mit einer hinreichenden Zahl von Unterschriften) eingereichten Bürgerbegehrens. Gegen rechtswidrige Behinderungen durch öffentliche Amtsträger und Behörden während der Phase der Unterschriftensammlung können sich die Initiatoren eines Bürgerbegehrens im Wege einer Unterlassungsklage und ggf. mittels eines Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz zur Wehr setzen (vgl. BayVGH, B. v. 15.4.2011 - 4 CE 11.407 - juris Rn. 8). Solche vorangegangenen Rechtsverstöße von Gemeindeorganen begründen dagegen kein Recht auf Zulassung eines Bürgerbegehrens, das wegen seiner irreführenden Begründung die aus der Abstimmungsfreiheit folgenden rechtlichen Mindestanforderungen verfehlt.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

III. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 22.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.