Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 03. Nov. 2016 - 1 K 2212/15
Tenor
Das beklagte Land wird unter Aufhebung des Bescheides des Landesamtes für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen vom 27. Oktober 2015 in der Fassung dessen Widerspruchsbescheides vom 24. November 2015 verpflichtet, der Klägerin Witwengeld nach dem Landesbeamtenversorgungsgesetz NRW für den verstorbenen Beamten N. L. zu gewähren.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die am 20. März 1964 geborene Klägerin, die als angestellte Lehrerin in einem Beschäftigungsverhältnis mit dem beklagten Land steht, ist die Witwe des am 3. Mai 1964 geborenen und am 25. Mai 2013 verstorbenen N. L. . Herr L. stand bis zu seinem Tod als Beamter auf Lebenszeit im Schuldienst des beklagten Landes. Er hatte zwei Kinder aus einer früheren Ehe (U. , geb. am 4. Juli 1992, N1. , geb. am 22. November 1995). Die Klägerin lernte Herrn L. am 16. Dezember 2000 kurz nach dessen Ehescheidung kennen. Nachdem sie über mehrere Jahre eine Fernbeziehung geführt hatten, zog die Klägerin am 29. September 2006 in das Haus ihres späteren Ehemannes.
3Im Rahmen einer radiologischen Untersuchung sowie einer anschließenden Biopsie wurde bei Herrn L. Ende August 2012 ein Gehirntumor in der linken Gehirnhälfte, festgestellt, der aufgrund seiner Lage nicht mit einer Operation, sondern mit einer dreiwöchigen Bestrahlung und einer mehrwöchigen Chemotherapie in Tablettenform behandelt wurde. Im Dezember 2012 verstärkten sich bei Herrn L. die Ausfallerscheinungen, er erlitt zudem eine Lungenembolie. Bei der Besprechung der Chemotherapie im Januar 2013 wurde mitgeteilt, dass der Tumor wieder auf seine ursprüngliche Größe angewachsen sei. Es erfolgte eine zweite Chemotherapie.
4Die Klägerin und Herr L. meldeten sich im Februar 2013 zur Eheschließung an. Die Heirat erfolgte am 8. März 2013 im Kreise von Familie, Freunden und Kollegen auf der Burg in Herzogenrath.
5Einen Monat nach der Eheschließung verschlechterte sich der Zustand von Herrn L. erheblich, er verstarb nach einem kurzen Hospizaufenthalt am 25. Mai 2013.
6Unter 11. Juni 2013 teilte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: LBV) der Klägerin mit, der Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung setzte voraus, dass die Ehe mindestens ein Jahr gedauert habe. Die Jahresfrist sei in ihrem Fall nicht erfüllt. Eine Ausnahme von der Jahresfrist liege nur dann vor, wenn die gesetzliche Annahme widerlegt sei, der alleinige Zweck der Eheschließung sei die Versorgung der Witwe gewesen. Dazu bedürfe es des Nachweises besonderer, objektiv erkennbarer Umstände, die einen anderen Zweck der Eheschließung ebenso wahrscheinlich machten wie den Versorgungszweck. Es bat sie um die Vorlage entsprechender Nachweise und verwies zugleich darauf, dass die materielle Beweislast sie als den hinterbliebenen Ehepartner treffe. Erklärung von ihr oder anderen Personen über den Zweck der Ehe reichten als Nachweise nicht aus.
7Unter dem 22. Dezember 2014 beantragte die Klägerin die Festsetzung und Zahlung von Hinterbliebenenbezügen. Das LBV bat sie mit Schreiben vom 30. Dezember 2014 um aussagekräftige Nachweise dafür, dass die Versorgungsabsicht bei der Eheschließung keine maßgebliche Bedeutung gehabt habe.
8Die Klägerin teilte dem LBV mit Schreiben vom 30. Januar 2015 mit, sie habe Herrn L. schon zu Beginn der Beziehung heiraten wollen. Er habe ihren Wunsch aufgrund seiner gescheiterten Ehe jedoch zunächst nicht geteilt. Sie hätten in der Folgezeit dann jedoch immer wieder über eine Heirat gesprochen, die konkrete Planung allerdings verschoben, bis seine Kinder auf eigenen Füßen stehen würden. Nach ihrem Zusammenzug im Jahr 2006 seien die Heiratspläne konkret geworden. Ihr Ehemann habe die Volljährigkeit seiner jüngsten Tochter abwarten wollen, so dass als Hochzeitstermin das Jahr 2014 ins Auge gefasst worden sei. An Silvester 2012/2013 habe Herr L. ihr einen Heiratsantrag gemacht und den Wunsch geäußert, bereits im Frühling 2013 zu heiraten. Zum Zeitpunkt der Eheschließung sei es ihm gut gegangen und sie seien guten Mutes gewesen. Die Trauung habe ihre Zusammengehörigkeit noch stärker besiegelt. Eine Prognose über die geringe Lebenserwartung ihres Ehemannes sei ihnen erstmals einen Monat nach der Hochzeit eröffnet worden. Zuvor sei ihnen mit Fällen, in denen Patienten mit ähnlichen Erkrankungen noch zehn Jahre gelebt hätten, Mut gemacht worden. Als vollzeitbeschäftigte Lehrerin, die zudem noch über eine Lebensversicherung ihres Ehemannes abgesichert gewesen sei, sei sie finanziell nicht auf das Witwengeld angewiesen.
9Das LBV berief sich in einem Schreiben an die Klägerin vom 18. Februar 2015 darauf, einzig der Nachweise einer konsequenten Verwirklichung eines gemeinsamen Heiratsentschlusses, der vor der Kenntnis der lebensbedrohlichen Krankheit gefasst worden sei, könne die Annahme einer Versorgungsehe widerlegen. Es gehe davon aus, dass konkrete Eheschließungsabsichten erst nach dem Auftreten der Krankheit bestanden hätten.
10Mit Schreiben vom 10. Mai 2015 machte die Klägerin gegenüber dem LBV erneut geltend, es sei bereits vor der Erkrankung geplant gewesen, im Frühjahr 2014 zu heiraten, weil die jüngste Tochter im Jahr 2013 volljährig und ihr Abitur abgelegen werde. Angesichts der Erkrankung hätten sie die Hochzeit ein Jahr vorverlegt. Sie hätten ihre Hochzeit genauso so gefeiert, wie sie es für das kommende Jahr vorgesehen hätten. Es habe sich nicht um eine in Alltagskleidung ohne Gäste geschlossene Heirat gehandelt. Sie legte unter anderem Kontoauszüge über die monatliche Überweisung mit dem Zweck „Unsere gemeinsame Zukunft“ sowie für ihr gemeinsames Patenkind bei Plan International, eine Kopie der Lebensversicherungspolice ihres Ehemannes, die sie als Bezugsberechtigte im Todesfall ausweist, und der privaten Rentenversicherungspolice aus dem Jahre 2003, in der sie als mitversicherter Lebenspartner genannt wird, vor.
11Mit Bescheid vom 27. Oktober 2015 lehnte das LBV die Zahlung des Witwengeldes unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens ab.
12Den hiergegen unter dem 29. Oktober 2015 eingelegten Widerspruch wies das LBV mit Widerspruchsbescheid vom 24. November 2015 zurück. Objektive Schritte zur Realisierung eines vor der Erkrankung gefassten Heiratsentschlusses seien nicht erfolgt, so dass es sich um einen kurzfristig gefassten und umgesetzten Heiratsentschluss gehandelt habe, der ganz überwiegend unter dem Eindruck der lebensbedrohlichen Erkrankung gestanden habe. Die gesetzliche Vermutung sei auch nicht dadurch widerlegt, dass die Klägerin über ausreichende Einkünfte verfüge. Dadurch würden finanziell gut gestellte Hinterbliebene gegenüber bedürftigen ungerechtfertigt besser gestellt. Es sei kein notwendiges Tatbestandsmerkmal einer Versorgungsehe, dass der hinterbliebene Ehegatte auf die Versorgung angewiesen sei.
13Die Klägerin hat am 7. Dezember 2015 Klage erhoben.
14Unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens aus dem Verwaltungsverfahren trägt sie ergänzend vor, sie hätten am elften Jahrestag ihres Kennenlernens am 16. Dezember 2011 endgültig beschlossen, zu heiraten. Davon hätten sie auch ihren Familien und ihren Freunden berichtet, unter anderem ihrem Vater, ihrer Stiefmutter und ihrer Schwester beim gemeinsamen Weihnachtsessen am 25. Dezember 2011.
15Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
16das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides des LBV vom 27. Oktober 2015 in der Fassung dessen Widerspruchsbescheides vom 24. November 2015 zu verpflichten, ihr Witwengeld nach dem Landesbeamtenversorgungsgesetz NRW für den verstorbenen Beamten N. L. zu gewähren.
17Das beklagte Land beantragt schriftsätzlich,
18die Klage abzuweisen.
19Es tritt der Klagebegründung entgegen und führt ergänzend aus, es lägen keine objektiven Nachweise für die konsequente Verwirklichung eines bereits vor der Kenntnis der lebensbedrohlichen Krankheit gefassten Heiratsentschlusses vor. Der vorgezogene Heiratstermin lasse vielmehr vermuten, dass die Ehe Versorgungszwecken gedient habe.
20Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs verwiesen.
22Entscheidungsgründe
23Die Kammer kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
24Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid des LBV vom 27. Oktober 2015 in der Fassung dessen Widerspruchsbescheides vom 24. November 2015 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
25Rechtsgrundlage für das begehrte Witwengeld ist § 23 Abs. 1 Satz 1 LBeamtVG NRW in der Fassung vom 1. Juli 2016.
26Hiernach erhält die Witwe eines Beamten auf Lebenszeit Witwengeld. Dies gilt nach § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBeamtVG NRW jedoch nicht, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr bestanden hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falls die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen. Das Gesetz gewährt also bei einer Ehedauer von mindestens einem Jahr das Witwengeld ohne Rücksicht auf den Zweck der Heirat. Bei einer kürzeren Ehedauer enthält es eine anspruchsausschließende Vermutung einer Versorgungsehe, die durch besondere Umstände des Falles widerlegt werden kann. Besondere Umstände des Falles müssen daher geeignet sein, die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe zu entkräften. Eine Versorgungsehe liegt vor, wenn es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen. Dabei sind besondere Umstände des Falles solche, die auf einen anderen Beweggrund der Heirat als den der Versorgungsabsicht schließen lassen.
27Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2016 - 2 C 21.14 -, juris Rn. 14 f., zur inhaltsgleichen Norm des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG unter Verweis auf BSG, Urteil vom 5. Mai 2009 - B 13 R 55/08 R -, BSGE 103, 99 Rn. 20.
28Umstände, bei denen ein anderer Beweggrund als der der Versorgungsabsicht nahe liegt, sind etwa dann gegeben, wenn der Beamte unvorhergesehen stirbt, im Zeitpunkt der Heirat also nicht mit seinem Tod zu rechnen war. Muss hingegen im Zeitpunkt der Heirat mit dem Tod des Beamten gerechnet werden – etwa bei einer lebensbedrohlichen Erkrankung –, liegt die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe nahe. Sie kann indes widerlegt werden. Auch ein bereits vor der Kenntnis von der lebensbedrohlichen Erkrankung getroffener Heiratsentschluss kann ein besonderer Umstand im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBeamtVG NRW sein, sofern die Heirat aus wirklichkeitsnahen Gründen nur aufgeschoben wurde, der Heiratsentschluss aber nicht aufgegeben worden ist
29Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2016, a.a.O., Rn. 17.
30Es ist also angesichts dieser neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht mehr erforderlich, dass es sich um die „konsequente“ Verwirklichung eines schon zuvor gefassten Heiratsentschlusses handelt.
31Vgl. zur früheren Rpsr. nur: BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 2008 - 2 B 7.08 -, juris Rn. 3, vom 19. Januar 2009 - 2 B 14.08 -, juris Rn. 7, und vom 3. Dezember 2012 - 2 B 32.12 -, juris Rn. 10; zur „neuen Formel“ auch von der Weiden, jurisPR-BVerwG 9/2016 Anm. 5; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Juni 2016 - 4 S 1562/15 -, juris Rn. 26; zum Ganzen auch Plog/Wiedow, BBG, Stand: August 2016, § 19 BeamtVG Rn. 11 ff.
32Die gesetzliche Vermutung des § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBeamtVG NRW ist widerlegt, wenn die Gesamtbetrachtung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder ihm zumindest gleichwertig sind. Es ist daher auch nicht zwingend, dass bei beiden Ehegatten andere Beweggründe als Versorgungsgesichtspunkte für die Eheschließung ausschlaggebend waren. Vielmehr genügt es, wenn für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Heirat keine Rolle gespielt hat.
33Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2016, a.a.O., Rn. 18, wiederum unter Verweis auf BSG, Urteil vom 5. Mai 2009, a.a.O., Rn. 21; siehe auch VGH Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 27; Plog/Wiedow, a.a.O., § 19 BeamtVG Rn. 11d.
34Allerdings müssen bei dieser Gesamtbewertung die gegen eine Versorgungsehe sprechenden besonderen Umstände umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit des Beamten zum Zeitpunkt der Eheschließung war. Ebenso steigen mit der Dauer des zeitlichen Abstands zwischen dem Heiratsentschluss und der später in Kenntnis der lebensbedrohlichen Erkrankung erfolgten Heirat die Anforderungen an die Wirklichkeitsnähe der Gründe für den Aufschub.
35Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2016, a.a.O., Rn. 19, wiederum unter Verweis auf BSG, Urteil vom 5. Mai 2009, a.a.O., Rn. 27.
36Für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung der Versorgungsehe nach § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBeamtVG NRW stehen dem hinterbliebenen Ehegatten alle auch sonst zulässigen Beweismittel zur Verfügung. Eine Beschränkung der Beweistatsachen oder der Beweismittel auf „äußere, objektiv erkennbare“ Umstände unter Ausschluss von „inneren, subjektiven“ Umständen lässt sich aus Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte des § 23 BeamtVG NRW bzw. der entsprechenden bundesrechtlichen Vorschrift nicht herleiten.
37Vgl. zum inhaltsgleichen § 19 BeamtVG: BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2016, a.a.O., Rn. 21, m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Juni 2016, a.a.O., Rn. 29; anders noch OVG NRW, Beschluss vom 30. Januar 2012 - 3 E 1364/11 -, juris Rn. 3, m.w.N.
38Daraus folgt, dass der Vortrag des hinterbliebenen Ehegatten Art und Umfang der Ermittlungspflichten von Versorgungsbehörde (§ 24 Abs. 1 Satz 1 VwVfG) und Gericht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) bestimmt. Der hinterbliebene Ehegatte kann sich auch auf die Darlegung von nach außen tretenden Umständen beschränken, die seiner Ansicht nach auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Ebenso bleibt es ihm unbenommen, keine Auskünfte über den Zweck der Eheschließung zu geben. In diesen beiden Fällen muss und darf sich die Ermittlung, welche Gründe für die Heirat ausschlaggebend waren, und die Prüfung, ob es sich dabei um (anspruchsbegründende) besondere Umstände im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBeamtVG NRW handelt, auf die dann allein ermittelbaren nach außen getretenen objektiven Tatsachen beschränken. Der hinterbliebene Ehegatte kann aber auch seine (höchst-)persönlichen Beweggründe und die des verstorbenen Beamten für die Heirat darlegen. Dann bedarf es der Prüfung von Schlüssigkeit und Glaubhaftigkeit dieser Darlegung.
39Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2016, a.a.O., Rn. 23; ihm zustimmend VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Juni 2016, a.a.O., Rn. 30.
40Einer möglichen Interessengeleitetheit von Äußerungen der Witwe oder ihr nahestehender Personen ist deshalb nach allgemeinen Grundsätzen ausschließlich auf der Ebene der Beweiswürdigung Rechnung zu tragen. Die Versorgungsbehörde bzw. das Gericht müssen zunächst prüfen, ob der vorgetragene Sachverhalt – sein Vorliegen unterstellt – der Annahme einer Versorgungsehe entgegensteht und sodann beurteilen, ob dieser – schlüssige – Vortrag glaubhaft ist. Dabei müssen sie die volle Überzeugung davon gewinnen, dass der vorgetragene Sachverhalt wahrheitsgemäß ist und die Motivation für die Heirat zutreffend wiedergibt.
41Vgl. erneut BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2016, a.a.O., Rn. 22; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Juni 2016, a.a.O., Rn. 31.
42Gemessen an diesen Maßstäben hat die Klägerin die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe durch ihren glaubhaften Vortrag widerlegt. Die Gesamtbetrachtung der Umstände ergibt zur Überzeugung des Gerichts, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen dem Versorgungszweck zumindest gleichwertig sind.
43So liegt ein besonderer Umstand im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBeamtVG NRW darin, dass die Klägerin und Herr L. bereits vor der Kenntnis von seiner lebensbedrohlichen Erkrankung einen Heiratsentschluss getroffen haben und diesen aus wirklichkeitsnahen Gründen nur aufgeschoben haben.
44Wie die Klägerin zur Überzeugung des Gerichts glaubhaft geschildert hat, haben sie und Herr L. bereits in den ersten Jahren ihrer Ehe darüber gesprochen zu heiraten, wenn seine Kinder auf eigenen Beinen stünden bzw. jedenfalls auch seine jüngste Tochter volljährig sei. Spätestens am 16. Dezember 2011 wurde aus den zuvor vielleicht noch vagen Überlungen der konkrete Heiratsentschluss gefasst und als Termin das Frühjahr 2014 benannt. Für die erst rund zwei Jahre später geplante Heirat hat die Klägerin in Form der Volljährigkeit der jüngsten Tochter ihres Ehemannes nachvollziehbare und wirklichkeitsnahe Gründe dargelegt. Im Übrigen spielt es bei einem Heiratsentschluss keine maßgebliche Rolle, ob die Eheschließung in naher Zukunft erfolgen wird. Eine Verlobungszeit kann durchaus aus mehrere Jahre dauern, beispielsweise um Geld für das Fest anzusparen oder wichtige Lebensereignisse abzuwarten. Eine längere Verlobungszeit spricht nicht per se gegen die Ernsthaftigkeit oder die Konkretheit eines Heiratsentschlusses. So ist für einen Heiratsentschluss insbesondere nicht erforderlich, dass ein Termin für die Eheschließung beim Standesamt vereinbart wird.
45Vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Dezember 2012 - 2 B 32.12 -, juris Rn. 10; OVG NRW, Beschluss vom 24. Juni 2014 - 1 A 1888/12 -, juris Rn. 5; siehe auch Plog/Wiedow, a.a.O., § 19 BeamtVG Rn. 11f.
46Den glaubhaften und nachvollziehbaren Ausführungen der Klägerin ist das LBV NRW nicht substantiiert entgegengetreten, sondern hat sich darauf zurückgezogen, dass es sich um einen neuen Heiratsentschluss handele. Soweit es angibt, die Vorverlegung der Eheschließung lasse vermuten, dass die Ehe lediglich zu Versorgungszwecken geschlossen worden sei, stellt dies nicht in Frage, dass es sich um einen vor der Kenntnis der lebensbedrohlichen Erkrankung gefassten, aus wirklichkeitsnahen Gründen lediglich aufgeschobenen Heiratsentschluss handelt. Zwar mag in der Hochzeit am 8. März 2013 ein den veränderten Umständen angepasster Heiratsentschluss umgesetzt worden sein. Da es jedoch nach der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich die Kammer angeschlossen hat, nicht mehr einer „konsequenten“ Verwirklichung eines vor der Kenntnis der lebensbedrohlichen Erkrankung gefassten, unveränderten Heiratsentschlusses bedarf, sondern dieser Entschluss aus wirklichkeitsnahen Gründen auch aufgeschoben sein darf, kann auch ein an die Realität angepasster Heiratsentschluss einen besonderen Umstand im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBeamtVG NRW darstellen.
47Vgl. zu einem ähnlichen Fall: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Juni 2016, a.a.O., Rn. 41.
48Ferner spricht der Rahmen der Hochzeitsfeier gegen die Annahme einer Versorgungsehe. Die Klägerin und Herr L. haben die Ehe nicht unmittelbar nach Kenntniserlangung von der lebensbedrohlichen Erkrankung in aller Eile am Krankenbett geschlossen. Vielmehr haben sie ihre Heirat nach den nachvollziehbaren und detaillierten Angaben der Klägerin zu einem Zeitpunkt stattfinden lassen, als es Herrn L. dem Anschein nach besser ging. Zudem haben sie ihre Hochzeit genauso groß und festlich begangen, wie sie es für das kommende Jahr vorgesehen hatten. Wäre es ihnen lediglich bzw. vor allem um die Versorgung der Klägerin gegangen, hätten sie wohl kein so aufwendiges Fest gefeiert.
49Ein weiterer besonderer Umstand im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBeamtVG NRW liegt in der Tatsache, dass die Klägerin, die derzeit eigene Besoldungsbezüge von rund 3.700,00 € brutto im Monat erhält und zudem eine sechsstellige Summe aus der Lebensversicherung ihres Mannes erhalten hat, finanziell auf das Witwengeld nicht angewiesen ist.
50Vgl. zu diesem Gedanken: Strötz, in: GKÖD, § 19 BeamtVG Rn. 31 (Stand: 8/12); VG Minden, Urteil vom 6. Juli 2015 - 4 K 1806/14 -, juris Rn. 57.
51Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 03. Nov. 2016 - 1 K 2212/15
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Aachen Urteil, 03. Nov. 2016 - 1 K 2212/15 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Witwe eines Beamten auf Lebenszeit, der die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 erfüllt hat, oder eines Ruhestandsbeamten erhält Witwengeld. Dies gilt nicht, wenn
- 1.
die Ehe mit dem Verstorbenen nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen, oder - 2.
die Ehe erst nach dem Eintritt des Beamten in den Ruhestand geschlossen worden ist und der Ruhestandsbeamte zur Zeit der Eheschließung die Regelaltersgrenze nach § 51 Abs. 1 und 2 des Bundesbeamtengesetzes bereits erreicht hatte.
(2) Absatz 1 gilt auch für die Witwe eines Beamten auf Probe, der an den Folgen einer Dienstbeschädigung (§ 49 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes) verstorben ist oder dem die Entscheidung nach § 49 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes zugestellt war.
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 2. Dezember 2014 - 5 K 2480/13 - wird geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids der Deutschen Telekom AG vom 26. Juli 2013 und deren Widerspruchsbescheids vom 6. November 2013 verpflichtet, der Klägerin Witwengeld zu gewähren.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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(1) Die Witwe eines Beamten auf Lebenszeit, der die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 erfüllt hat, oder eines Ruhestandsbeamten erhält Witwengeld. Dies gilt nicht, wenn
- 1.
die Ehe mit dem Verstorbenen nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen, oder - 2.
die Ehe erst nach dem Eintritt des Beamten in den Ruhestand geschlossen worden ist und der Ruhestandsbeamte zur Zeit der Eheschließung die Regelaltersgrenze nach § 51 Abs. 1 und 2 des Bundesbeamtengesetzes bereits erreicht hatte.
(2) Absatz 1 gilt auch für die Witwe eines Beamten auf Probe, der an den Folgen einer Dienstbeschädigung (§ 49 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes) verstorben ist oder dem die Entscheidung nach § 49 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes zugestellt war.
(1) Die Kinder eines verstorbenen Beamten auf Lebenszeit, eines verstorbenen Ruhestandsbeamten oder eines verstorbenen Beamten auf Probe, der an den Folgen einer Dienstbeschädigung (§ 49 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes) verstorben ist oder dem die Entscheidung nach § 49 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes zugestellt war, erhalten Waisengeld, wenn der Beamte die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 erfüllt hat.
(2) Kein Waisengeld erhalten die Kinder eines verstorbenen Ruhestandsbeamten, wenn das Kindschaftsverhältnis durch Annahme als Kind begründet wurde und der Ruhestandsbeamte in diesem Zeitpunkt bereits im Ruhestand war und die Regelaltersgrenze nach § 51 Abs. 1 und 2 des Bundesbeamtengesetzes erreicht hatte. Es kann ihnen jedoch ein Unterhaltsbeitrag bis zur Höhe des Waisengeldes bewilligt werden.
(1) Die Witwe eines Beamten auf Lebenszeit, der die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 erfüllt hat, oder eines Ruhestandsbeamten erhält Witwengeld. Dies gilt nicht, wenn
- 1.
die Ehe mit dem Verstorbenen nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen, oder - 2.
die Ehe erst nach dem Eintritt des Beamten in den Ruhestand geschlossen worden ist und der Ruhestandsbeamte zur Zeit der Eheschließung die Regelaltersgrenze nach § 51 Abs. 1 und 2 des Bundesbeamtengesetzes bereits erreicht hatte.
(2) Absatz 1 gilt auch für die Witwe eines Beamten auf Probe, der an den Folgen einer Dienstbeschädigung (§ 49 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes) verstorben ist oder dem die Entscheidung nach § 49 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes zugestellt war.
(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Setzt die Behörde automatische Einrichtungen zum Erlass von Verwaltungsakten ein, muss sie für den Einzelfall bedeutsame tatsächliche Angaben des Beteiligten berücksichtigen, die im automatischen Verfahren nicht ermittelt würden.
(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.
(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf die Stufe bis zu 22.000 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der Antrag hat keinen Erfolg.
31. Es bestehen zunächst keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Zweifel solcher Art sind begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt. Der die Zulassung der Berufung beantragende Beteiligte hat gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung (seiner Ansicht nach) zuzulassen ist. Darlegen in diesem Sinne bedeutet, unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil fallbezogen zu erläutern, weshalb die Voraussetzungen des jeweils geltend gemachten Zulassungsgrundes im Streitfall vorliegen sollen. Das Oberverwaltungsgericht soll allein aufgrund der Zulassungsbegründung die Zulassungsfrage beurteilen können, also keine weiteren aufwändigen Ermittlungen anstellen müssen.
4Vgl. etwa Beschluss des Senats vom 18. November 2010 – 1 A 185/09 –, juris, Rn. 16 f. = NRWE; ferner etwa Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 186, 194.
5In Anwendung dieser Grundsätze kann die begehrte Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht erfolgen.
6Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG erhält die Witwe eines Beamten Witwengeld. Die Gewährung ist gemäß Satz 2 Nr. 1 der Vorschrift jedoch ausgeschlossen, wenn die Ehe mit dem Verstorbenen nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen. Bei Kenntnis einer lebensbedrohlichen Erkrankung im Zeitpunkt der Eheschließung kommt die Gewährung von Witwengeld in diesem Falle daher regelmäßig nur in Betracht, wenn der Heiratsentschluss bereits vor Bekanntwerden der Erkrankung gefasst worden ist. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn noch kein Termin für die Eheschließung beim Standesamt festgestanden hat. In dieser Konstellation kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Versorgung kausal für die Eheschließung war. Von entscheidender Bedeutung ist daher einerseits die Kenntnis des künftigen Ehepartners von der lebensbedrohlichen Erkrankung des Beamten, andererseits die Frage, ob schon vor diesem Zeitpunkt ein Heiratsentschluss gefasst worden ist. Die materielle Beweislast für das Vorliegen der maßgeblichen Voraussetzungen trägt die Witwe.
7Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 3. Dezember 2012– 2 B 32.12 –, juris, Rn. 10; vom 19. Januar 2009– 2 B 14.08 –, juris, Rn. 7; und vom 2. Oktober 2008 – 2 B 7.08 –, juris, Rn. 3; Bay. VGH, Beschluss vom 18. Februar 2014 – 14 ZB 11.452 –, juris, Rn. 6.
8Von diesen Grundsätzen ist auch das Verwaltungsgericht der Sache nach ausgegangen. Die gegen die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, die Vermutung einer Versorgungsehe sei vorliegend nicht widerlegt, vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.
9Die Klägerin macht geltend, es sei zweifelhaft, dass es sich bei der im November 2010 bekanntgewordenen Krebserkrankung ihres verstorbenen Ehemannes um eine lebensbedrohliche Erkrankung gehandelt habe, so dass (zum Zeitpunkt der Eheschließung) Anfang Dezember 2010 erkennbar gewesen sei, dass die Ehe nicht ein Jahr dauern werde. Dass eine Krebserkrankung der hier in Rede stehenden Art – die Klägerin selbst spricht in der Zulassungsbegründung von multiplen Metastasen in der Leber – grundsätzlich lebensbedrohlichen Charakter hat – wie auch der weitere Krankheitsverlauf gezeigt hat –, kann nicht ernsthaft in Abrede gestellt werden. Es kommt auch nicht darauf an, ob im Zeitpunkt der Eheschließung die Erwartung besteht, die Ehe werde ein Jahr dauern. Entscheidend ist allein, ob der Heiratsentschluss schon vor Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung gefasst worden war. Daher ist es für die hier vorzunehmende rechtliche Bewertung auch unerheblich, ob und welche Therapien in Arztberichten empfohlen wurden und ob der Klägerin nicht bewusst war, dass die Ehe kein Jahr dauern werde.
10Die Klägerin weist ferner darauf hin, mit ihrem verstorbenen Ehemann vor der Eheschließung etwa zwölf Jahre zusammengelebt und bis zu dessen Tode alles zusammen erledigt zu haben. Das Verwaltungsgericht hat dargelegt, warum sich allein aus der Zeitdauer des Zusammenlebens nichts für die Annahme eines schon vor der im November 2010 erfolgten Kenntniserlangung von der Krebserkrankung gefassten Heiratsentschlusses ergibt. Im Kern hat es darauf abgestellt, dass die lange voreheliche Beziehung auch als Beleg für die gemeinsame Lebensplanung angeführt werden kann, gerade keine Ehe eingehen zu wollen (UA S. 4). Hiermit setzt sich das Antragsvorbringen nicht auseinander.
11An der vorstehenden Bewertung des Verwaltungsgerichts ändert sich auch nichts durch den Umstand, dass die Klägerin nach ihrem Vortrag gemeinsam mit ihrem verstorbenen Ehemann vielfältige Schwierigkeiten des Alltagslebens gemeistert und sie sich auf dem Boden dessen weiterer Erkrankung an einem Lungenemphysem jahrelang um ihn gekümmert hat. Dies verdient zweifellos Anerkennung, rechtfertigt aber eine der Klägerin günstige rechtliche Beurteilung des Sachverhalts deshalb nicht, weil sich hieraus kein Hinweis auf einen vor Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Krebserkrankung gefassten Heiratsentschluss ergibt. Solche Hinweise ergeben sich im Übrigen auch nicht aus den vorgerichtlichen Äußerungen der Klägerin. So hat die Klägerin mit bei dem Beklagten am 27. Januar 2011 eingegangenen Schreiben lediglich pauschal ausgeführt, man habe schon früher heiraten wollen, früher sei immer etwas dazwischen gekommen, später sei es die Krankheit ihres Ehemannes gewesen, der nicht mehr habe bis zum Standesamt laufen können. In dem am 4. März 2011 bei dem Beklagten eingegangenen Schreiben hat sie finanzielle Schwierigkeiten geltend gemacht, derentwegen eine frühere Eheschließung unterblieben sei. Schließlich hat sie in einem am 5. April 2011 mit einem Mitarbeiter des Beklagten geführten Telefonat ihre Angaben dahin ergänzt, dass sie im Falle der Eheschließung ihren Krankenversicherungsschutz als „Hartz-IV-Empfängerin“ verloren hätte. Mit diesen Angaben hat sich das Verwaltungsgericht auseinandergesetzt (UA S. 4), ohne dass die Klägerin dieser Bewertung mit stichhaltigen Argumenten entgegengetreten wäre. Ihren Angaben lässt sich allenfalls entnehmen, dass eine Eheschließung erwogen worden sein mag, letztlich aber aus als vordringlich bzw. entscheidend eingestuften Gesichtspunkten verworfen wurde. Soweit die Klägerin im Übrigen finanzielle Aufwendungen für eine Eheschließung als Hinderungsgrund anführt, ist ihr Vorbringen nicht schlüssig vor dem Hintergrund, dass sie noch in der Zulassungsbegründung angibt, im Jahre 2009 von ihrer Mutter auch Bargeld geerbt zu haben.
12Auch in ihren in der Antragsbegründung in Bezug genommenen Schriftsätzen vom 16. Juni 2011 und 24. April 2012 hat die Klägerin keine über Vorstehendes hinausgehenden Gesichtspunkte vorgetragen, die einen vor Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung gefassten Heiratsentschluss annehmen lassen könnten.
13Schließlich kann die Klägerin auch aus den von ihr in Bezug genommenen, zu § 46 Abs. 2a SGB VI ergangenen Urteilen des Bundessozialgerichts vom 5. Mai 2009– B 13 R 53/08 R –, BSGE 103, 91 sowie – B 13 R 55/08 R –, BSGE 103, 99 = juris, und des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18. Mai 2009 – L 3 R 115/08 – nichts für sich herleiten. Die Vorschrift des § 46 Abs. 2a SGB VI entspricht zwar der des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG. Angesichts der unterschiedlichen Regelungsbereiche (gesetzliche Rentenversicherung einer-, Beamtenversorgung andererseits) erscheint es aber nicht ohne Weiteres selbstverständlich, die zumSozialversicherungsrecht ergangene Rechtsprechung auch hier heran zu ziehen. Unabhängig davon gilt aber Folgendes:
14Das Bundessozialgericht hat für den hier interessierenden Fall ausgeführt (– B 13 R 55/08 R –, juris Rn. 27), dass bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI (entspricht § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Halbsatz 2 BeamtVG) nicht erfüllt sei, jedoch – auch unter Berücksichtigung der persönlichen Beweggründe – der Nachweis nicht ausgeschlossen sei, dass überwiegend oder zumindest gleichwertig aus anderen als aus Versorgungsgründen geheiratet wurde. Der pauschale Hinweis der Klägerin, auch ihre höchstpersönlichen Gründe für die Eheschließung spielten demnach eine Rolle, gibt aber keinerlei belastbaren Anhaltspunkte, auch in ihrem Fall seien andere Gründe als die der Versorgung zumindest gleichwertig mitbestimmend gewesen. Es bleibt völlig im Dunkeln, welche Gründe dies sein sollten, die über die im Verlauf des Verfahrens schon benannten und vom Verwaltungsgericht bereits gewürdigten Gründe hinausgehen.
15Dem vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen entschiedenen Sachverhalt lag zwar eine im äußeren Geschehensablauf durchaus vergleichbare Fallgestaltung zu Grunde. Entscheidender Unterschied ist jedoch, dass in dem dortigen Fall auf Grund der durch Bekundungen von Zeugen gestützten Angaben der dortigen Klägerin feststand, dass es einen festen, auf den 25. „Kennenlerntag“ bezogenen Heiratsplan gab. Von einem vergleichbaren Plan, die Eheschließung zu einem bestimmten Zeitpunkt fest ins Auge gefasst zu haben, kann vorliegend keine Rede sein.
162. Das Zulassungsvorbringen zeigt auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Solche liegen vor, wenn der Ausgang des Rechtsstreits aufgrund des Zulassungsvorbringens bei summarischer Prüfung als offen erscheint. Dies ist dann der Fall, wenn das Zulassungsvorbringen Anlass zu solchen Zweifeln gibt, welche sich nicht schon ohne Weiteres im Zulassungsverfahren, sondern erst in einem Berufungsverfahren mit der erforderlichen Sicherheit klären und entscheiden ließen.
17Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Januar 2012– 1 A 134/10 –, juris, Rn. 4 = NRWE, m. w. N.
18Hier sind solche besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten nicht dargelegt. Auf die Ausführungen zu 1. wird Bezug genommen.
193. Die Berufung kann auch nicht wegen eines der Sache nach geltend gemachten Verfahrensfehlers gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zugelassen werden.
20Die in der erstinstanzlich durchgeführten mündlichen Verhandlung anwesende Klägerin rügt, dass sie von dem Verwaltungsgericht nicht persönlich angehört worden sei. Im Kern macht sie damit eine Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO geltend. Hiermit dringt sie jedoch nicht durch.
21Ein im Rahmen von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zu berücksichtigender Aufklärungsmangel kann bei einem anwaltlich vertretenen Beteiligten nur dann angenommen werden, wenn das Gericht einem förmlich in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag nicht nachgegangen ist oder sich die Beweiserhebung geradezu aufdrängt.
22Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1993 – 2 C 14.91 –, DVBl. 1993, 955 = juris Rn. 30; Beschluss des Senats vom 14. März 2011 – 1 A 366/09 –, juris, Rn. 38 = NRWE.
23Entsprechende Anträge (etwa auf Parteivernehmung) hat die in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht anwaltlich vertretene Klägerin aber nicht gestellt. In der Begründung des Zulassungsantrags legt sie auch nicht dar, dass und aus welchen Gründen sich dem Verwaltungsgericht ausgehend von seinem materiell-rechtlichen Rechtsstandpunkt ihre (ggf. auch informatorische) Befragung hätte aufdrängen müssen.
24Schließlich verlangt eine erfolgreiche Aufklärungsrüge auch darzulegen, welches voraussichtliche Ergebnis die weitere Sachaufklärung gehabt hätte und inwiefern dieses entscheidungserheblich gewesen wäre.
25Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 220; Czybulka, in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 133 Rn. 71.
26Die Klägerin hätte in der Antragsbegründung demnach darlegen müssen, was (insbesondere welche Tatsachen) konkret sie zu der Frage vorgetragen hätte, ob ein Heiratsentschluss bereits vor Kenntniserlangung von der lebensbedrohlichen Erkrankung ihres verstorbenen Ehemannes gefasst worden war und weshalb sich die sodann erfolgte Eheschließung als konsequente Fortsetzung dieses Entschlusses darstellte. Hieran fehlt es jedoch. Über die bereits angeführten ausgesprochen vagen Angaben hinaus hat die Klägerin sich trotz anwaltlicher Vertretung und Beratung nicht weiter zu der angegebenen Thematik geäußert.
27Die vorstehenden Erwägungen gelten entsprechend, wenn der Einwand der Klägerin als Rüge der Versagung rechtlichen Gehörs aufgefasst wird.
28Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
29Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 und 3 GKG.
30Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
(1) Die Witwe eines Beamten auf Lebenszeit, der die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 erfüllt hat, oder eines Ruhestandsbeamten erhält Witwengeld. Dies gilt nicht, wenn
- 1.
die Ehe mit dem Verstorbenen nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen, oder - 2.
die Ehe erst nach dem Eintritt des Beamten in den Ruhestand geschlossen worden ist und der Ruhestandsbeamte zur Zeit der Eheschließung die Regelaltersgrenze nach § 51 Abs. 1 und 2 des Bundesbeamtengesetzes bereits erreicht hatte.
(2) Absatz 1 gilt auch für die Witwe eines Beamten auf Probe, der an den Folgen einer Dienstbeschädigung (§ 49 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes) verstorben ist oder dem die Entscheidung nach § 49 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes zugestellt war.
Tenor
Das beklagte Land wird unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Oktober 2013 und des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2014 verpflichtet, dem Kläger gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 LBeamtVG einen Unterhaltsbeitrag in Höhe des Witwergeldes unter angemessener Anrechnung des sonstigen Einkommens des Klägers gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 LBeamtVG zu gewähren.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Der am geborene Kläger ist hinterbliebener Lebenspartner des am im Alter von Jahren verstorbenen M. a.D. H. K. . Dieser hatte bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im Jahr 2003 als Beamter auf Lebenszeit im T. des beklagten Landes gestanden und im Alter von 73 Jahren am 31. August 2012 mit dem damals 67 Jahre alten Kläger eine eingetragene Lebenspartnerschaft begründet. Der Kläger und sein Lebenspartner waren Miteigentümer des bebauten Grundstücks Q.---straße in C. T1. (Flur , Flurstück ). Der Kläger ist Staatsangehöriger und war bei der O. beschäftigt.
3Eigenen Angaben zufolge führte der Kläger bereits seit 1980 eine Beziehung mit Herrn K. und lebte mit ihm seit 1985 in dem gemeinsamen Haus. Herr K. litt an einer Herzschwäche, die bereits im Kindesalter festgestellt worden war, sowie an Diabetes mellitus. 1993 wurde eine 4-fache Bypassoperation durchgeführt.
4Am 15. Juli 1996 wurde die Partnerschaft des Klägers und des Verstorbenen in den O1. offiziell registriert. Ab dem Jahr 2004 waren der Kläger und sein Lebenspartner Mitinhaber eines gemeinsamen Girokontos. Am 15. Januar 2009 erfolgte die Eintragung eines Nießbrauchs zugunsten des Klägers und seines Lebenspartners als Gesamtberechtigte an dem gemeinsamen Grundstück in C. T1. .
5Am 6. Februar 2009 wurde Herr K. wegen Herzrhythmusstörungen in Form einer ventrikulären Tachycardie im Klinikum I. stationär aufgenommen. Nach Durchführung verschiedener Untersuchungen wurde ihm am 13. Februar 2009 ein Defibrillator eingesetzt. Am 19. Februar 2009 wurde er in die hausärztliche Betreuung entlassen.
6Im Jahr 2011 wurde Herr K. mit einer schweren Hyperglykämie und kombiniertem septischen und kardiogenen Schock bewusstlos in das Klinikum E. eingeliefert. Dort wurde ihm ein „CRT-D“-Gerät eingesetzt, das eine kardiale Resynchronisationstherapie durchführt und zugleich die Funktion eines Defibrillators übernimmt.
7Mit notariellem Erbvertrag vom 27. Februar 2012 setzten sich der Kläger und sein Lebenspartner gegenseitig als Alleinerben des Erstversterbenden ein. Darüber hinaus gaben sie sich in der gleichen notariellen Urkunde das gegenseitige Versprechen im Wege der Vereinbarung unter Lebenden, ihren Miteigentumsanteil an dem gemeinsamen bebauten Grundstück in C. T1. zu Lebzeiten nicht zu verkaufen, zu verschenken und nur mit Zustimmung des anderen zu belasten.
8Vom 20. März bis zum 3. April 2012 befand sich der Lebenspartner des Klägers in stationärer Behandlung in der kardiologischen Klinik des Universitätsklinikums C1. . Im Mai 2012 wurde dort eine Herzkatheteruntersuchung mit Stentimplantation durchgeführt, da es (erneut) zu Gefäßverengungen gekommen war. Seit dem 3. April 2012 war Herr K. in die Pflegestufe I eingestuft. Vom 17. Juni bis zum 4. Juli 2012 befand er sich wegen Atemnot, Beinödemen sowie Niereninsuffizienz in stationärer Behandlung des Klinikums I. . Ausweislich des Arztberichtes vom 6. Juli 2012 wurde er in „deutlich gebessertem Zustand“ in die ambulante Betreuung entlassen.
9Die Eintragung der Lebenspartnerschaft erfolgte am 31. August 2012.
10Der Lebenspartner des Klägers verstarb am 22. Juni 2013. Die Todesbescheinigung enthält die folgenden Angaben zur Todesursache: „unmittelbare Todesursache: Herzinsuffizienz 16 % EF“, „Dies ist eine Folge von: Z.n. mehreren Herzinfarkten, Defibrillator 2x“, sowie „Hierfür ursächliche Grundleiden: Niereninsuffizienz“.
11Mit Schreiben vom 25. Juni 2013 informierte das Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) den Kläger über mögliche Leistungen in Sterbefällen.
12Daraufhin beantragte der Kläger mit Schreiben vom 29. August 2013 die Zahlung eines Unterhaltsbeitrages nach § 22 LBeamtVG und reichte mit Schreiben vom 7. Oktober 2013 weitere Unterlagen ein. Darunter befand sich ein auf den 30. September 2013 datiertes ärztliches Attest des Hausarztes des Verstorbenen, Dr. med. S. T2. , das u.a. die folgenden Angaben enthält: „Herr K. wies die Pflegestufe (Grad I) auf. Trotz der schweren Erkrankungen war aber zu keinem Zeitpunkt eine klare Absehbarkeit des Todes von Herrn K. zu stellen. Am 31.8.2012 befand sich Herr K. zu Hause, nach Bypass-Op. wurde zuvor am 4.7.2012 in dem Herzzentrum C. P. ein gutes Langzeit-Ergebnis des RMS-Bypassen festgestellt. Er konnte zu diesem Zeitpunkt als stabil gelten. Insgesamt litt Herr K. unter einer koronaren 3-Gefäß-Erkrankung. Er ist am 22.6.2013 offenbar an einem akuten Herzstillstand verstorben. Die Leichenschau tätigte an diesem Tag aber Fr. Dr. W. aus C. T1. .“
13Mit Bescheid vom 17. Oktober 2013 lehnte das LBV die Zahlung eines Unterhaltsbeitrages ab. Zur Begründung führte es aus, die „Legalisierung“ der Lebenspartnerschaft sei erst erfolgt, nachdem Herr K. in den Ruhestand eingetreten und bereits lebensbedrohlich erkrankt gewesen sei.
14Hiergegen erhob der Kläger am 7. November 2013 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, eine „Legalisierung“ der Lebenspartnerschaft in Deutschland sei überhaupt erst durch das Lebenspartnerschaftsgesetz von 2001 möglich geworden. Aber auch danach habe es nicht in allen gesellschaftlichen Kreisen eine Anerkennung homosexueller Verbindungen gegeben. Der Verstorbene habe sowohl wegen seiner Tätigkeit als Lehrer als auch aufgrund seines kirchlichen Engagements nicht offen mit seiner Homosexualität umgehen können. Die Begründung der Lebenspartnerschaft sei dann ab 2009 geplant gewesen, habe aber nicht durchgeführt werden können, da dem Verstorbenen zunächst ein neuer Herzschrittmacher eingesetzt werden musste. Der Wunsch nach einer offiziellen Begründung der Lebenspartnerschaft – auch in Deutschland – habe auch ganz pragmatische Gründe gehabt. Der Verstorbene sei aufgrund seiner Erkrankungen immer mehr auf die Hilfe und Unterstützung des Klägers angewiesen gewesen. Insbesondere bei Behörden, Banken und im Krankenhaus sei es immer häufiger erforderlich geworden, dass sich der Kläger als Entscheidungsträger und auskunftsberechtigte Person habe ausweisen können, da ihm im Krankenhaus zuvor ohne den Nachweis einer Lebenspartnerschaftsurkunde oftmals eine erbetene Auskunft über den Gesundheitszustand des Verstorbenen verweigert worden war. Zu keinem Zeitpunkt sei die Begründung der Lebenspartnerschaft durch die Erwartung einer Versorgung motiviert, sondern vielmehr die logische Konsequenz eines gemeinsam verbrachten Lebens gewesen.
15Den Widerspruch wies das LBV mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2014 mit folgender Begründung zurück: Die Anspruchsvoraussetzungen für die Zahlung eines Unterhaltsbeitrages nach § 22 Abs. 1 LBeamtVG seien nicht erfüllt, weil die gesetzliche Annahme, dass die am 31. August 2012 geschlossene Partnerschaft allein oder überwiegend dem Zweck der Versorgung des Klägers gedient habe, nicht widerlegt worden sei. Die eingetragene Lebenspartnerschaft habe weniger als ein Jahr bestanden. Nach den vorliegenden Unterlagen des Klinikums I. sowie des Herz-und Diabeteszentrums NRW habe sich Herr K. zum Zeitpunkt der Partnerschaftsbegründung in einem sehr schlechten Gesundheitszustand befunden. Er habe an einer schweren koronaren Herzerkrankung gelitten. Mit dem Fortschreiten der Erkrankung erhöhe sich die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Herzrhythmusstörungen und Herzinsuffizienz sowie akuten, lebensbedrohlichen Komplikationen wie Herzinfarkt und plötzlicher Herztod. Die Krankheit sei eine chronische Erkrankung, die im Verlauf von Jahren bis Jahrzehnten fortschreite. Eine Heilung sei zurzeit nicht möglich. Daneben habe Herr K. an schwereren Begleiterkrankungen, wie Diabetes mellitus, Leberzirrhose und Aszites gelitten. Zudem habe sich Herr K. in einem fortgeschrittenen Lebensalter befunden. Aufgrund der ärztlichen Berichte sei von einem ungünstigen Allgemein- und Gesundheitszustand zum Zeitpunkt der Begründung der Lebenspartnerschaft auszugehen. Mit einer langen Lebenserwartung habe nicht mehr gerechnet werden können. Herr K. habe sich in der Zeit vom 20. März 2012 bis zum 4. April 2012 und vom 17. Juni bis zum 4. Juli 2012 bereits zum zweiten Mal innerhalb eines kurzen Zeitraumes wegen ausgeprägter kardialer Dekompensation bei Herzinsuffizienz in stationärer Behandlung befunden. Erst unmittelbar nach dem zweiten Krankenhausaufenthalt hätten Herr K. und der Kläger ihren Wunsch hinsichtlich der Begründung einer Lebenspartnerschaft verwirklicht, obwohl sie vorher etwa 30 Jahre in eheähnlicher Gemeinschaft gelebt hätten. Durch dieses lange Zusammenleben ohne Partnerschaftsbegründung habe sich der Kläger bewusst gegen dieses Lebensmodell entschieden. Zumindest seit dem Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes am 1. August 2001 habe der Kläger die Möglichkeit gehabt, sich für diese Lebensform zu entscheiden. Diese Einstellung habe sich erst geändert, als er mit einem etwaigen baldigen Tod des Herrn K. habe rechnen müssen. Dieser Sachverhalt stütze eher die Annahme, dass nunmehr der Versorgungsgedanke zur Änderung der Einstellung des Klägers geführt habe. Die Partnerschaftsbegründung habe sich auch nicht als konsequente Verwirklichung eines bereits vor Kenntnis der lebensbedrohlichen Erkrankung bestehenden Entschlusses zur Begründung einer Lebenspartnerschaft dargestellt. Der Kläger habe nicht überzeugend dargelegt, dass ein solcher Entschluss schon vor Kenntnis der Krankheit getroffen worden war. Die Anmeldung zur Begründung einer Lebenspartnerschaft sei erst am 28. August 2012 erfolgt. Der enge zeitliche Zusammenhang zwischen dem letzten Krankenhausaufenthalt und der Anmeldung zur Begründung einer Lebenspartnerschaft lasse darauf schließen, dass der Versorgungsgedanke hier maßgeblich die weitere Lebensplanung beeinflusst habe. Auch die Aussage, der Wunsch zur Begründung einer Lebenspartnerschaft habe bereits seit dem Jahr 2009 bestanden, könne diese Bedenken nicht ausräumen. Es sei nicht nachvollziehbar, warum eine im Jahr 2009 geplante Begründung der Lebenspartnerschaft wegen eines bevorstehenden Krankenhausaufenthalts verschoben worden sein soll, wenn doch die spätere Partnerschaftsbegründung gerade in einer Phase erfolgte, in der sich der Verstorbene in einem schlechten Gesundheitszustand nach einer Operation befunden habe.
16Der Kläger hat am 29. Juli 2014 Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem Vorverfahren. Ergänzend gibt er an, er beziehe eine monatliche Rente in Höhe von 653,77 € und habe aus der Registrierung der Partnerschaft mit Herrn K. keine finanziellen Vorteile gehabt. Es sei vielmehr so gewesen, dass er, um Schulden seines verstorbenen Partners zu begleichen, Hypotheken auf sein Haus aufgenommen habe. Es habe sich um eine Summe von ca. 17.000 € gehandelt.
17Der Kläger beantragt,
18das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Oktober 2013 und des Widerspruchsbescheids vom 25. Juni 2014 zu verpflichten, ihm – dem Kläger – gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 LBeamtVG einen Unterhaltsbeitrag in Höhe des Witwengeldes unter angemessener Anrechnung seines sonstigen Einkommens gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 LBeamtVG zu gewähren.
19Das beklagte Land beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Zur Begründung verweist es auf seine Ausführungen im Rahmen des Vorverfahrens und trägt ergänzend vor, ein Anspruch auf einen Unterhaltsbeitrag setze voraus, dass keine besonderen Umstände vorliegen, die eine volle oder teilweise Versagung rechtfertigten. Eine volle Versagung sei auszusprechen, wenn angenommen werden müsse, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Begründung der Lebenspartnerschaft war, dem Partner eine Versorgung zu verschaffen und sich nach den Gesamtumständen ergebe, dass eine volle Versagung gerechtfertigt sei. Vorliegend rechtfertigen die kurze Dauer der Partnerschaft von weniger als einem Jahr, die schweren Erkrankungen des Partners, die Eingehung der Partnerschaft in Kenntnis der lebensbedrohenden Herzerkrankung, und das hohe Alter des Herrn K. die volle Versagung des Unterhaltsbeitrages.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe:
24Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtenen Bescheide vom 17. Oktober 2013 und 25. Juni 2014 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO, denn er hat einen Anspruch auf Gewährung eines Unterhaltsbeitrages in Höhe des Witwergeldes gemäß §§ 22 Abs. 1 Satz 1, 28 Landesbeamtenversorgungsgesetz (LBeamtVG) NRW in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 4 des Gesetzes zur Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft mit der Ehe im Besoldungs- und Versorgungsrecht (GleichstellungsG; GV. NRW. 2011, 271) nach seinem verstorbenen Lebenspartner H. K. .
25- 26
1.
Der Kläger hat zwar keinen Anspruch auf Witwergeld gemäß §§ 19 Abs. 1 Satz 1, 28 LBeamtVG, da vorliegend der Ausschlussgrund des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBeamtVG gegeben ist. Die Lebenspartnerschaft ist vorliegend erst nach dem Eintritt des Beamten in den Ruhestand geschlossen worden, und dieser hatte zum Zeitpunkt der Begründung der Lebenspartnerschaft auch bereits das 65. Lebensjahr vollendet. In diesem Zusammenhang kann noch dahinstehen, ob auch der Versagungsgrund des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LBeamtVG vorliegt, ob es sich mithin um eine sogenannte „Versorgungsehe“ bzw. „Versorgungspartnerschaft“ handelte.
28- 29
2.
Der Kläger hat jedoch dem Grunde nach Anspruch auf Gewährung eines Unterhaltsbeitrages in voller Höhe des Witwergeldes nach §§ 22 Abs. 1 Satz 1, 28 LBeamtVG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 4 GleichstellungsG. Nach dieser Regelung ist dem hinterbliebenen Lebenspartner eines Beamten, wenn – wie hier – die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBeamtVG vorliegen, ein Unterhaltsbeitrag in Höhe des Witwergeldes zu gewähren, sofern die besonderen Umstände des Falles keine volle oder teilweise Versagung rechtfertigen. Dabei sind die Einkünfte des Lebenspartners in angemessenem Umfang anzurechnen, § 22 Abs. 1 Satz 2 LBeamtVG.
31Dieser Anspruch des sogenannten „nachgeheirateten“ Ehe- bzw. Lebenspartners auf einen Unterhaltsbeitrag ist schwächer als der Anspruch eines Lebenspartners, der eine Lebenspartnerschaft mit einem Beamten oder Ruhestandsbeamten vor der Vollendung von dessen 65. Lebensjahr begründet hat. Der Unterhaltsbeitrag stellt keine Alimentation dar, er gehört nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne des Artikels 33 Abs. 5 GG.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 1984 - 6 C 148.81 -, juris, Rdn. 20, zu § 22 BeamtVG.
33Andererseits handelt es sich bei dem Unterhaltsbeitrag nicht um eine Sozialleistung, sondern um eine von dem Dienstherrn des verstorbenen Beamten auf Grund seiner nachwirkenden Fürsorge gewährte Leistung.
34Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 1984 - 6 C 148.81 -, juris, Rdn. 19.
35Dem Ruhestandsbeamten soll durch die Gewährung des Unterhaltsbeitrages die Unsicherheit über die Versorgung seines hinterbliebenen Lebenspartners genommen werden.
36OVG NRW, Urteil vom 18. Oktober 1993 - 12 A 269/92 -, juris, Rdn. 24, zu § 22 BeamtVG.
37Der Unterhaltsbeitrag steht dem nachgeheirateten Ehe- bzw. Lebenspartner jedoch nicht in jedem Fall und nicht uneingeschränkt zu. Aus dem Zusammenhang des § 22 Abs. 1 mit der Regelung des Art. 19 Abs. 1 LBeamtVG ergibt sich, dass der Unterhaltsbeitrag nur gewährt werden kann, wenn der hinterbliebene Ehe- oder Lebenspartner, wäre nicht der Ausschlussgrund des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBeamtVG gegeben, einen Anspruch auf Witwen- bzw. Witwergeld hätte.
38Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1968 - VI C 56.64 -, juris, Rdn. 30 zu § 134 Abs. 1 LBG a.F.
39Denn aus der gesetzlichen Regelungssystematik folgt, dass der hinterbliebene Ehe- bzw. Lebenspartner eines versorgungsberechtigten Beamten oder eines Ruhestandsbeamten grundsätzlich Versorgung in Form des Witwen- bzw. Witwergeldes erhält, und zwar nur in dieser Form. § 19 Abs. 1 Satz 2 LBeamtVG schließt bei Vorliegen der in den Nummern 1 und 2 genannten Voraussetzungen den Anspruch auf Witwen- bzw. Witwergeld und damit Versorgungsansprüche des Hinterbliebenen grundsätzlich aus; lediglich für den Ausschlusstatbestand der Nr. 2 des § 19 Abs. 1 Satz 2 LBeamtVG sieht das Gesetz in § 22 Abs. 1 LBeamtVG eine Ausnahme von dem Ausschluss von Versorgungsbezügen in der Weise vor, dass eine Versorgung schwächerer Art in Form eines Unterhaltsbeitrages zu bewilligen ist. Beim Vorliegen einer so genannten Versorgungsehe bzw. -partnerschaft verbleibt es dagegen beim Ausschluss des Witwen- bzw. Witwergeldes, ohne dass an dessen Stelle ein Unterhaltsbeitrag treten kann.
40Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1968 - VI C 56.64 -, juris, Rdn. 28.
41Die Bewilligung eines Unterhaltsbeitrages nach § 22 Abs. 1 LBeamtVG kommt daher erst dann in Betracht, wenn die Vermutung des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LBeamtVG widerlegt ist, wenn also die Annahme nicht gerechtfertigt erscheint, dass die Versorgung des hinterbliebenen Ehe- oder Lebenspartners der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war (dazu a)). Darüber hinaus setzt die Gewährung eines Unterhaltsbeitrages nach § 22 Abs. 1 LBeamtVG voraus, dass nicht besondere Umstände vorliegen, die eine volle oder teilweise Versagung rechtfertigen (dazu b)). Schließlich sind Erwerbseinkommen und Erwerbsersatzeinkommen in angemessenem Umfang auf den Unterhaltsbeitrag anzurechnen (dazu c)).
42a)
43Nach der Regelung des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LBeamtVG ist die Gewährung von Witwergeld – und damit, wie dargelegt, auch eines Unterhaltsbeitrages – grundsätzlich ausgeschlossen, wenn – wie hier – die Lebenspartnerschaft weniger als ein Jahr gedauert hat. Es wird von Gesetzes wegen vermutet, dass durch die Begründung der Lebenspartnerschaft (ausschließlich oder vorrangig) beabsichtigt war, dem hinterbliebenen Lebenspartner eine beamtenrechtliche Versorgung zu sichern, so dass es dem Dienstherrn auch im Rahmen der grundsätzlichen Alimentationspflicht nicht zugemutet wird, dem hinterbliebenen Lebenspartner Versorgungsleistungen zukommen zu lassen.
44Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Juni 2014 - 1 A 1888/12 -, juris, Rdn. 5, und Beschluss vom 7. Juli 2004 - 6 E 693/04 -, juris, Rdn. 3.
45Der hinterbliebene Lebenspartner kann die gesetzliche Vermutung einer „Versorgungspartnerschaft“ allerdings widerlegen. Die Vermutung ist widerlegt, wenn dem hinterbliebenen Lebenspartner der Nachweis gelingt oder wenn im Übrigen festgestellt werden kann, dass unter den Motiven für die Begründung der Lebenspartnerschaft jedenfalls eines Lebenspartners die Versorgungsabsicht keine maßgebende Bedeutung hatte. Die Vermutung der „Versorgungspartnerschaft“ kann jedoch nur durch die besonderen (objektiv feststellbaren) Umstände des jeweiligen Falles ausgeräumt werden. Erklärungen der Lebenspartner über den Zweck der Lebenspartnerschaft reichen grundsätzlich nicht aus. Entscheidend ist, ob die Versorgungsabsicht nach dem äußeren Gesamtbild der Begründung der Lebenspartnerschaft im Vordergrund gestanden hat. Die materielle Beweislast dafür, dass die Versorgungsabsicht keine maßgebende Bedeutung für die Heirat hatte, trifft den hinterbliebenen Lebenspartner. Ein voller Gegenbeweis für einen anderen Zweck der Lebenspartnerschaft ist allerdings nicht erforderlich. Es genügt, wenn die Annahme, die Versorgungsabsicht sei der alleinige oder überwiegende Zweck der Begründung der Lebenspartnerschaft gewesen, ausgeräumt wird.
46Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. Juli 2004 - 6 E 693/04 -, juris, Rdn. 4,
47m.w.N.
48Eine gewichtige Bedeutung bei der Gesamtabwägung der Beweggründe für die Begründung der Lebenspartnerschaft kommt dem Gesundheits- bzw. Krankheitszustand des Beamten zum Zeitpunkt der Begründung der Lebenspartnerschaft zu. Bei Begründung einer Lebenspartnerschaft mit einem zu diesem Zeitpunkt offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Beamten ist der Ausnahmetatbestand des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Halbsatz 2 LBeamtVG in der Regel nicht erfüllt. Denn die Kenntnis einer grundsätzlich lebensbedrohlichen Erkrankung des Beamten im Zeitpunkt der Gründung der Lebenspartnerschaft schließt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung einer „Versorgungspartnerschaft“ regelmäßig aus, es sei denn, dass der Entschluss zur Begründung der Lebenspartnerschaft bereits vor Bekanntwerden der Erkrankung gefasst worden ist. Denn in dieser Konstellation kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Versorgung kausal für die Begründung der Lebenspartnerschaft war.
49Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 3. Dezember 2012 - 2 B 32.12 -, juris, Rdn. 10, vom 2. Oktober 2008 - 2 B 7.08 -, juris, Rdn. 2-3, und vom 19. Januar 2009 - 2 B 14.08 -, juris, Rdn. 7; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 2. Dezember 2014 - 4 S 1911/13 -, juris, Rdn. 32; OVG NRW, Beschluss vom 24. Juni 2014 - 1 A 1888/12 -, juris, Rdn. 5.
50Dies setzt jedoch voraus, dass sich die Begründung der Lebenspartnerschaft als konsequente Verwirklichung des bereits vor Erlangung dieser Kenntnis bestehenden Entschlusses darstellt.
51Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Januar 2009 - 2 B 14.08 -, juris Rdn. 7; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 2. Dezember 2014 - 4 S 1911/13 -, juris, Rdn. 32; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 3. Januar 2008 - 2 A 10800/07 -, juris, Rdn. 24-25, BayVGH, Beschluss vom 12. Juli 2012 - 3 ZB 11.1167 -, juris, Rdn. 2 m.w.N.
52Auch bei einer nach objektiven Maßstäben schweren Erkrankung mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Lebenspartner ist der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet – überwiegend oder zumindest gleichwertig – die Lebenspartnerschaft aus anderen als aus Versorgungsgründen begründet wurde. Die gesetzliche Vermutung einer Versorgungslebenspartnerschaft kann daher auch durch andere Beweggründe als die konsequente Verwirklichung eines schon vor dem Auftreten der lebensbedrohlichen Erkrankung des Beamten bestehenden Verpartnerungsentschlusses entkräftet werden, sofern diese „einigermaßen wirklichkeitsnah“ und bei der abschließenden Gesamtbetrachtung hinreichend gewichtig sind, um die durch die offenkundig lebensbedrohliche Erkrankung des Beamten zum Zeitpunkt der Begründung der Lebenspartnerschaft hervorgerufenen Zweifel am Vorliegen „besonderer Umstände“ im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LBeamtVG zu beseitigen.
53Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 2. Dezember 2014 - 4 S 1911/13 -, juris, Rdn. 33; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. Februar 2003 – 4 S 2782/01 -, juris, Rdn. 8, jeweils m.w.N.
54Dabei müssen die besonderen Umstände, die gegen eine Versorgungspartnerschaft sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Beamten zum Zeitpunkt der Begründung der Lebenspartnerschaft gewesen ist.
55Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 2. Dezember 2014 - 4 S 1911/13 -, juris, Rdn. 33, m.w.N.
56Nach diesen Maßstäben hat der Kläger vorliegend die Vermutung einer Versorgungspartnerschaft zur Überzeugung der Kammer widerlegt.
57Zwar haben der Kläger und Herr K. die Lebenspartnerschaft erst zu einem Zeitpunkt begründet, als beiden der lebensbedrohliche Charakter der Erkrankungen ‑ insbesondere der Herzerkrankung ‑ bekannt war. Dies kann – angesichts der mehrfachen Operationen, denen sich der Verstorbene unterziehen musste, seiner Beschwerden (u.a. Atemnot), sowie der Tatsache, dass ihm zwei Herzschrittmacher eingesetzt worden waren – nicht ernsthaft in Abrede gestellt werden. Die sich daraus ergebende Indizwirkung für das Vorliegen einer Versorgungspartnerschaft wird jedoch bereits dadurch abgemildert, dass der Verpartnerungsentschluss des Klägers und des Herrn K. bereits Mitte der neunziger Jahre in den O1. bestand und dort auch konsequent verwirklicht worden war. Zwar lässt sich vorliegend nicht feststellen, dass sich auch die Begründung der Lebenspartnerschaft in Deutschland als konsequente Verwirklichung eines bereits vor Kenntniserlangung von der Erkrankung des Verstorbenen gefassten konkreten Entschlusses zur Verpartnerung auch nach deutschem Recht darstellt. Das Gericht misst diesem Umstand jedoch keine ausschlaggebende Bedeutung zu, da die Begründung der Lebenspartnerschaft in Deutschland angesichts der bereits nach Recht bestehenden Lebenspartnerschaft lediglich eine Bestätigung des – wie dargelegt – schon einmal konsequent verwirklichten Verpartnerungsentschlusses darstellt.
58Bei der gebotenen Gesamtabwägung ergibt sich darüber hinaus aus den folgenden Besonderheiten des vorliegenden Falles zur vollen Überzeugung der Kammer, dass der Versorgungsgedanke bei der Begründung der Lebenspartnerschaft jedenfalls keine überwiegende Rolle gespielt hat:
59Ein besonderer Umstand in diesem Sinne liegt zum einen in der soeben erwähnten Tatsache, dass der Kläger und Herr K. bereits im Jahr 1996 in den O1. eine eingetragene Lebenspartnerschaft begründeten, zu einem Zeitpunkt also, zu dem dies in Deutschland nach der damaligen Rechtslage noch gar nicht möglich war. Dies spricht – neben der seit 1980 andauernden Partnerschaft – entscheidend dafür, dass die Beziehung des Klägers und des Herrn K. tatsächlich auf die Begründung einer echten Lebensgemeinschaft gerichtet war, es also nicht lediglich darum ging, dem Hinterbliebenen Lebenspartner eine Versorgung zu verschaffen. Diesem Umstand ist ferner zu entnehmen, dass sich der Kläger und der Verstorbene nicht etwa bewusst gegen die Begründung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft als „Lebensmodell“ entschieden hätten, und diese Entscheidung dann erst im Hinblick auf die lebensbedrohliche Erkrankung des Verstorbenen revidiert worden wäre. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall grundlegend von denjenigen Fällen, in denen die späteren Ehegatten über Jahre hinweg eine uneheliche Beziehung führten, und sich erst nach und wegen der Erkenntnis des herannahenden Todes eines der Ehegatten zur Heirat entschlossen.
60Darüber hinaus handelte es sich vorliegend bei der Tatsache, dass der Lebenspartner des Klägers potenziell lebensbedrohlich erkrankt war, keineswegs um eine neue Erkenntnis. Die grundsätzlich lebensbedrohliche Herzerkrankung des Herrn K. war diesem ausweislich der vorgelegten Arztberichte bereits seit seiner Kindheit bekannt, und musste auch dem Kläger spätestens seit der im Jahr 1993 erfolgten Bypassoperation bekannt gewesen sein. Es war vorliegend also keineswegs etwa so, dass der Kläger und Herr K. als Reaktion auf die ärztliche Mitteilung der Diagnose einer lebensbedrohlichen Erkrankung und einer nur noch begrenzten Lebenserwartung beschlossen hätten, nunmehr eine eingetragene Lebenspartnerschaft zu begründen.
61Entscheidend ist vorliegend auch, dass Herr K. ausweislich des Attestes des behandelnden Hausarztes vom 30. September 2013 zum Zeitpunkt der Begründung der Lebenspartnerschaft am 31. August 2012 trotz seiner ernsthaften Erkrankungen „als stabil“ gelten konnte und zu keinem Zeitpunkt ein konkreter Todeszeitpunkt abzusehen war. Aus Sicht des Klägers und seines Lebenspartners stellte sich die Situation so dar, dass Herr K. zwar schwer und auch potentiell lebensbedrohlich erkrankt war, er jedoch bislang jedenfalls alle Eingriffe überstanden hatte und nicht absehbar war, dass er bald versterben würde.
62Ein weiterer besonderer Umstand des Einzelfalles liegt darin, dass die Begründung der Lebenspartnerschaft keineswegs überstürzt, etwa noch im Krankenhaus vollzogen wurde, sondern vielmehr fast zwei Monate nach dem letzten stationären Krankenhausaufenthalt erfolgte, der am 4. Juli 2012 endete. Eine solche überstürzte Begründung der Lebenspartnerschaft hätte aber nahe gelegen, wenn Versorgungsabsichten im Vordergrund gestanden hätten. Insbesondere die Einlieferung des Herrn K. in bewusstlosem Zustand mit septischem und kardiogenem Schock in das Klinikum E. im Jahr 2011 hätte Anlass gegeben, eine eingetragene Lebenspartnerschaft schnellstmöglich zu begründen, wenn dies für den Kläger und Herrn K. ausschlaggebend gewesen wäre.
63Ferner belegt der objektive Umstand, dass der Kläger und sein Lebenspartner bereits im Jahr 2004 durch die Führung eines gemeinsamen Kontos, im Januar 2009 durch die Eintragung eines Nießbrauchs an dem gemeinsamen Grundstück sowie im Februar 2012 durch die gegenseitige Einsetzung als Alleinerben mit notariellem Erbvertrag Regelungen nicht nur hinsichtlich des gemeinsamen Lebens sondern auch darüber hinaus trafen, dass es ihnen zum einen um die langfristige Planung einer gemeinsamen Zukunft ging. Er belegt zum anderen aber auch, dass der Kläger und Herr K. durchaus an die gegenseitige finanzielle Absicherung für den Fall des Todes einer der Lebenspartner dachten, ohne damit jedoch zugleich die Eingehung einer Lebenspartnerschaft – die aus ihrer Sicht ja längst bestand – nach deutschem Recht zu verbinden. Denn wenn letzteres der Fall gewesen wäre, erschließt sich nicht, warum sie die Lebenspartnerschaft nicht ebenfalls spätestens im Februar 2012 begründeten, sondern bis Ende August 2012 damit warteten.
64Es erscheint es der Kammer auch plausibel, dass der Entschluss zur Eingehung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, wie vom Kläger vorgetragen, (auch) auf pragmatischen Erwägungen beruhte. Insoweit hat der Kläger erläutert, dass es oftmals schwierig gewesen sei, im Krankenhaus Auskunft über den Gesundheitszustand des Herrn K. zu erhalten, insbesondere dann, wenn den behandelnden Ärzten die den Kläger und Herrn K. verbindende Beziehung nicht bekannt war. Es erscheint daher naheliegend, dass die Eintragung der Lebenspartnerschaft angesichts der sich im Jahr 2012 häufenden Krankenhausaufenthalte auch dazu dienen sollte, dass sich der Kläger einfacher gegenüber den behandelnden Ärzten als auskunftsberechtigte Person und als Entscheidungsträger legitimieren konnte. Ein solcher Zweck der Begründung der Lebenspartnerschaft spricht aber gerade nicht dafür, dass es dem Kläger und seinem Lebenspartner dabei um die Verschaffung einer Versorgung ging. Vielmehr wird dadurch gerade Vorsorge für eine noch als lang gedachte gemeinsame Zukunft getroffen.
65Schließlich spricht auch der unbestritten gebliebene Vortrag des Klägers, er habe aufgrund der Registrierung der Partnerschaft mit Herrn K. keine finanziellen Vorteile gehabt, dagegen, dass eine Versorgungsabsicht überwiegendes Motiv für die Begründung der Lebenspartnerschaft war. Dass der Kläger und Herr K. davon ausgingen, die Hinterbliebenenversorgung würde so lange ausgezahlt werden, dass hierdurch die Schulden vollständig abbezahlt werden könnten, erscheint angesichts der vom Kläger angegebenen Summe von 17.000 € nicht plausibel.
66b)
67Vorliegend rechtfertigen auch keine besonderen Umstände des Einzelfalles im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 LBeamtVG eine volle oder teilweise Versagung des Unterhaltsbeitrages.
68Ob besondere Umstände des Einzelfalls vorliegen, ist nach dem Sinn der Vorschrift zu ermitteln. Diese soll dem Dienstherrn die Versorgung des „nachgeheirateten“ Ehe- bzw. Lebenspartners völlig oder teilweise ersparen, soweit ihm diese Versorgung nicht zuzumuten oder soweit sie aus fürsorgerischen Gründen nicht geboten ist.
69Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 1969 - II C 46.68 -, juris, Rdn. 8 zu § 125 BBG a.F. und OVG NRW, Urteil vom 18. Oktober 1993 - 12 A 269/92 -, juris, Rdn. 26, zu § 22 BeamtVG.
70Besondere Umstände im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 LBeamtVG NRW liegen etwa vor, wenn ein großer Altersunterschied zwischen den Lebenspartnern bestand, wenn der Versorgungsempfänger in besonders hohem Alter die Lebenspartnerschaft eingegangen ist, sowie bei einer kurzen Dauer der Lebenspartnerschaft.
71Vgl. OVG NRW, Urteil vom 18. Oktober 1993 - 12 A 269/92 -, juris, Rdn. 29.
72Die Feststellung, ob derartige besondere Umstände vorliegen, kann das erkennende Gericht selbst treffen. Bei der Frage, ob besondere Umstände die volle oder teilweise Versagung des Unterhaltsbeitrages rechtfertigen, handelt es sich um eine die Voraussetzungen des Anspruchs betreffende Rechtsfrage. Bei Vorliegen besonderer Umstände wird es nicht in das Ermessen des beklagten Landes gestellt, ob und in welcher Höhe es einen Unterhaltsbeitrag gewährt, sondern der Anspruch des Hinterbliebenen besteht nur, sofern die Umstände des Falles nicht die volle oder teilweise Versagung rechtfertigen. Das Beamtenversorgungsrecht ist, jedenfalls soweit es um die grundsätzliche Zuerkennung des Anspruchs geht, weitgehend strenges Recht. Das Gesetz bestimmt regelmäßig im Einzelnen, unter welchen Voraussetzungen Versorgungsbezüge geleistet werden. Wenn der Gesetzgeber es in das Ermessen der Behörde stellt, ob der Anspruch zuerkannt werden soll, hat er dies eindeutig kenntlich gemacht (vgl. §§ 15, 26, 23 Abs. 2 LBeamtVG). Daher geht die Kammer davon aus, dass das Gesetz es durch eine entsprechende Formulierung kenntlich gemacht hätte, wenn die gänzliche oder teilweise Versagung des Unterhaltsbeitrages in das Ermessen der Behörde gestellt sein sollte. Die vom Gesetz gebrauchte Formulierung schränkt dagegen den grundsätzlichen Anspruch von vornherein ein. Der Rechtsanspruch besteht nicht, wenn und soweit besondere Umstände die volle oder teilweise Versagung rechtfertigen.
73Vgl. OVG NRW, Urteil vom 18. Oktober 1993 - 12 A 269/92 -, juris, Rdn. 29.
74Vorliegend bestand zwischen den Lebenspartnern kein großer Altersunterschied. Dieser betrug lediglich sechs Jahre. Darüber hinaus war der Verstorbene bei Begründung der Lebenspartnerschaft zwar bereits Jahre alt, damit aber auch noch nicht hochbetagt. Dieser Befund wird durch die Tatsache bestätigt, dass nach Textziffer 22.1.6.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 22 BeamtVG eine teilweise Versagung des Unterhaltsbeitrages wegen des hohen Alters des Ruhestandsbeamten im Zeitpunkt der Eheschließung in der Weise erfolgen soll, dass für jedes angefangene spätere Jahr der Eheschließung nach dem vollendeten80. Lebensjahr der Unterhaltsbeitrag um 5 v.H. des gesetzlichen Witwengeldes zu reduzieren ist.
75Zwar war vorliegend die Lebenspartnerschaft von relativ kurzer Dauer. Sie bestand aber immerhin für fast zehn Monate, so dass an der vom Gesetzgeber insbesondere im Rahmen des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LBeamtVG als bedeutsam angesehenen Zeitspanne von einem Jahr nur etwas mehr als zwei Monate fehlten. Angesichts der zwischen dem Kläger und seinem Lebenspartner seit Jahrzehnten bestehenden Beziehung und der bereits im Jahr 1996 erfolgten Eintragung der Lebenspartnerschaft in den O1. , ist im vorliegenden Fall eine vollständige oder teilweise Versagung des Unterhaltsbeitrages allein wegen der relativ kurzen Dauer der Lebenspartnerschaft nicht gerechtfertigt.
76Der Kläger hat daher dem Grunde nach einen Anspruch auf Gewährung eines Unterhaltsbeitrages in voller Höhe des Witwergeldes, § 22 Abs. 1 Satz 1 LBeamtVG.
77c)
78Nach § 22 Abs. 1 Satz 2 LBeamtVG sind Erwerbseinkommen und Erwerbsersatzeinkommen in angemessenem Umfang auf den Unterhaltsbeitrag anzurechnen. Vorliegend hat der Kläger insoweit angegeben, dass er eine Rente in Höhe von 653,77 € beziehe. Über die Anrechnung dieser Rente auf den Unterhaltsbeitrag hat das LBV bislang nicht entschieden, da es davon ausging, der Anspruch auf Gewährung eines Unterhaltsbeitrages bestehe schon dem Grunde nach nicht. Dies ist bei der nunmehr erforderlichen Neubescheidung des Klägers nachzuholen.
79Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.