Sozialgericht Würzburg Urteil, 20. Nov. 2014 - S 11 KR 431/13

bei uns veröffentlicht am20.11.2014

Gericht

Sozialgericht Würzburg

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.593,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.07.2013 zu zahlen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob eine unstreitige Forderung der Klägerin in Höhe von 4.593,50 Euro durch Aufrechnung mit einem Erstattungsanspruch der Beklagten wegen der stationären Krankenhausbehandlung der bei der Beklagten versicherten C. erloschen ist.

Die bei der Beklagten krankenversicherte Patientin C. (Versicherte) wurde im Krankenhaus der Klägerin vom 02. Juli 2012 bis zum 13. Juli 2012 stationär behandelt. Die Aufnahme erfolgte wegen einer Sturzverletzung. Nach der Untersuchung wurde eine pertrochantäre Femurfraktur (Fraktur des Oberschenkelknochens) rechts, sowie eine distale Radiusfraktur festgestellt, die während des stationären Aufenthaltes insbesondere operativ versorgt wurden. Während des stationären Aufenthaltes wurde die Versicherte zudem u. a. mit den Arzneimitteln „Metohexal succinat 47,5 mg“, „Atacand 8 mg“, „Torasemid 10 mg“, „ASS 100 mg“ und „Simvabeta 20 mg“ versorgt.

Die Klägerin rechnete den stationären Aufenthalt durch Endabrechnung vom 31. Juli 2012 mit insgesamt 10.548,27 Euro (10.658,27 Euro abzüglich der von der Versicherten geleisteten Zuzahlung in Höhe von 110 Euro) gegenüber der Beklagten ab. Dabei legte sie die DRG-Fallbauschale „I08C“ zugrunde. Die Klägerin kodierte dabei als Hauptdiagnose eine „Pertrochantäre Fraktur, Trochantär, nicht näher bezeichnet, rechts“ (ICD-10-Code: S72.10 R). Als Nebendiagnose kodierte sie insbesondere eine „Dilatative Kardiomyopathie“ (ICD-10-Code: S72.10 R).

Die Beklagte zahlte den Rechnungsbetrag zunächst vollständig an die Klägerin.

Die Beklagte hatte Zweifel ob die Nebendiagnose „Dilatative Kardiomyopathie“ (ICD-10-Code: S72.10 R) zutreffend von der Klägerin kodiert wurde und beauftragte den medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit einer Überprüfung. Die Gutachterin des MDK, Frau Dr. Birgit Ullmann, kam in ihrem Gutachten vom 24. April 2013 zu dem Ergebnis, dass die strittige Nebendiagnose nicht zu kodieren sei. Zur Begründung führte sie aus, dass die „Dilatative Kardiomyopathie“ nicht dokumentiert sei. Ohne die Kodierung dieser Nebendiagnose resultiere die DRG-Fallbauschale „I08E“ anstatt der von der Klägerin abgerechneten DRG-Fallbauschale „I08C“.

Nachdem sich die Klägerin geweigert hatte, die Rechnung zu stornieren, eine neu Rechnung auszustellen und den Differenzbetrag zwischen der von der Gutachterin des MDK vorgeschlagenen DRG-Fallbauschale „I08E“ und der von der Klägerin abgerechneten DRG-Fallbauschale „I08C“ in Höhe von 4.593,50 Euro an die Beklagte zurückzuzahlen, erklärte die Beklagte am 02. Juli 2013 die Aufrechnung in Höhe dieses Betrages gegen eine zwischen den Beteiligten unstreitige Forderung der Klägerin aus einer stationären Behandlung eines anderen Versicherten der Beklagten.

Die Klägerin hat am 26. September 2013 Klage zum Sozialgericht Würzburg erhoben. Sie ist der Auffassung, dass die von der Beklagten erklärte Aufrechnung unwirksam ist, weil ihr kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zustände. Denn die Klägerin habe die Nebendiagnose „Dilatative Kardiomyopathie“ (ICD-10-Code: S72.10 R) zutreffend kodiert und daher auch einen Anspruch auf den strittigen Betrag. Die Krankheit bestünde seit 2007 und sei durch einen Arztbrief des Dr. med. M. S. vom 13. Februar 2012 belegt. Es handle sich um eine chronische Krankheit die „nicht einfach verschwinde“, da sie grundsätzlich nicht heilbar sei. Mit den Medikamenten könne der Zustand lediglich stabilisiert und die Lebensqualität des Patienten erhalten werden. Letztlich sei hier eine Herztransplantation angezeigt, um ein Weiterleben zu ermöglichen. Damit sei das Vorliegen der Krankheit ausreichend belegt. Da auch therapeutische Maßnahmen erfolgt seien, nämlich die Gabe von Medikamenten, sei die „Dilatative Kardiomyopathie“ nach den maßgeblichen Deutschen Kodierrichtlinien für das Jahr 2012 als Nebendiagnose zu kodieren.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen an die Klägerin 4.593,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.07.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass ihr ein fälliger Erstattungsanspruch zustand, den sie wirksam gegen die unstrittige Forderung der Klägerin aufgerechnet habe. Die Klägerin habe zu Unrecht die Nebendiagnose „Dilatative Kardiomyopathie“ (ICD-10-Code: S72.10 R) kodiert. Zur Begründung bezieht sie sich zunächst auf das Gutachten des MDK vom 24. April 2013. Zudem weist sie darauf hin, dass eine Kardiomyopathie im Entlassungsbericht als Komorbidität nicht aufgeführt sei. Zudem werde die Kardiomyopathie im Arztbrief vom 13. Februar 2012 nicht als aktuelle Diagnose aufgeführt. Ungeachtet dessen seien in Bezug auf diese Krankheit weder therapeutische, noch diagnostische Maßnahmen oder ein erhöhter Betreuungs-, Pflege oder Überwachungsaufwand erforderlich gewesen. Dies sei aber Voraussetzung für die Kodierung dieser Nebendiagnose. Die Klägerin trage selbst vor, dass die „Dilatative Kardiomyopathie“ nicht heilbar sei. Lediglich die Lebensqualität könne verbessert bzw. erhalten werden. Daher sei die Medikation kein therapeutischer Aufwand. Einzige Heilungsmöglichkeit sei die Herztransplantation und diese habe unstrittig nicht stattgefunden. Unter Berücksichtigung des Abschnitts über „abnorme Befunde“ in den Deutschen Kodierrichtlinien für das Jahr 2012 sei die „Dilatative Kardiomyopathie“ nicht als Nebendiagnose zu kodieren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, sowie der Akte der Beklagten Bezug genommen. Der Inhalt dieser Akten ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Gründe

Die zum sachlich (§ 51 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und örtlich (§ 57 SGG) zuständigen Sozialgericht Würzburg form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig und begründet.

1. Die Klage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG statthaft, weil es sich bei dem mit der Klage verfolgten Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Vergütung für eine stationäre Krankenhausbehandlung um einen Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis handelt, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren war nicht durchzuführen. Auch die Einhaltung einer Klagefrist war nicht geboten (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG -; vgl. BSG, Urteil vom 10.04.2008, B 3 KR 20/07 R, SozR 4-2500 § 39 Nr. 15; Urteil vom 08.11.2011, B 1 KR 8/11 R, SozR 4-5560 § 17b Nr. 2).

Streitgegenstand der Klage ist, ob die unstrittige Forderung der Klägerin in Höhe von 4.593,50 Euro durch Aufrechnung gemäß § 61 S. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) in Verbindung mit § 389 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) mit einem Rückzahlungsanspruch der Beklagten in Bezug auf die stationäre Krankenhausbehandlung der Versicherten erloschen ist.

2. Die Klage ist begründet.

Die Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsanspruch in Höhe von 4.593,50 Euro ergibt sich aus § 109 Abs. 4 S. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und der maßgeblichen Pflegesatzvereinbarung.

Der geltend gemachte Vergütungsanspruch ist zwischen den Beteiligten dem Grunde und der Höhe nach unstreitig. Soweit sich die beklagte Krankenkasse - wie vorliegend - gegenüber einer Klage auf Zahlung der Vergütung ausschließlich im Rahmen der Primäraufrechnung mit einer Gegenforderung verteidigt, bedarf es bezüglich des (unstreitigen) Bestehens der Hauptforderung keiner weiteren tatsächlichen Feststellungen (BSG, Urteil vom 28.11.2013, B 3 KR 33/12 R, Juris Rn. 10; Urteil vom 22.07.2004, B 3 KR 21/03 R, Juris Rn. 13; Urteil vom 03.08.2006, B 3 KR 7/06 R, Juris Rn. 10).

3. Die unstrittige Forderung der Klägerin in Höhe von 4.593,50 Euro ist nicht durch Aufrechnung gemäß § 61 S. 2 SGB X in Verbindung mit § 389 Abs. 1 BGB erloschen.

Der Beklagten stand jedenfalls kein Rückzahlungsanspruch wegen der stationären Krankenhausbehandlung der Versicherten in Höhe von 4.593,50 Euro zu.

a) Rechtsgrundlage der von der Beklagten geltend gemachten Forderung auf Rückzahlung des überzahlten Betrages in Höhe von 4.593,50 Euro ist ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch.

Dieser im öffentlichen Recht auch ohne ausdrückliche Normierung seit langem anerkannte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch, der aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere aus dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung hergeleitet wird, setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind. Seine Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen entsprechen zwar, soweit sie nicht spezialgesetzlich geregelt sind, denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs nach den §§ 812 ff. BGB; es scheidet aber ein Rückgriff auf die zivilrechtlichen Normen aus, soweit der vom öffentlichen Recht selbstständig entwickelte Erstattungsanspruch reicht. Dies gilt namentlich für die Nichtanwendbarkeit der bereicherungsrechtlichen Vorschriften, denen öffentlich-rechtliche Wertungszusammenhänge entgegenstehen (vgl. BSG, Urteil vom 12.07.2012, B 3 KR 18/11 R, SozR 4-5562 § 8 Nr. 4).

b) Die Beklagte hat den Betrag in Höhe von 4.593,50 Euro für die stationäre Behandlung der Versicherten vom 02. Juli 2012 bis zum 13. Juli 2012 mit Rechtsgrund beglichen. Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch der Beklagten besteht daher nicht.

aa) Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs für die stationäre Krankenhausbehandlung der Versicherten ist § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V in Verbindung mit § 7 KHEntgG und der Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 2012.

bb) Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse gegenüber dem Krankenhaus entsteht unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Behandlung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wurde und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich war (vgl. BSG, Urteil vom 14.10.2013, B 1 KR 26/13, Juris; Urteil vom 08.11.2011, B 1 KR 8/11 R, SozR 4-5560 § 17b Nr. 2).

Die Höhe des Vergütungsanspruchs ergibt sich gemäß § 17b Abs. 1 Satz 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) in Verbindung mit §§ 7 Abs. 1 Satz 1, 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntGG aus einem diagnosebezogenen, pauschalierenden Vergütungssystem, bestehend aus einer Fallpauschalenvereinbarung (FPV) und einem Fallpauschalenkatalog (G-DRG), hier in der im Jahr 2012 geltenden Fassung. Dem liegt ein System zugrunde, bei dem in einem als „Groupierung“ bezeichneten Prozess aus den ermittelten Diagnosen, Operationen und Prozeduren mithilfe eines zertifizierten Software-Programms unter Einbeziehung von weiteren Variablen (Alter des Patienten, Verweildauer usw.) eine DRG-Pauschale und die dafür zu zahlende Vergütung ermittelt werden. Die maßgeblichen Vergütungsregelungen, insbesondere die Deutschen Kodierrichtlinien (DKR), sind eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen haben außer Betracht zu bleiben. Denn eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiter zu entwickelndes (§ 17b Abs. 2 Satz 1 KHG) und damit lernendes System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 08.11.2011, B 1 KR 8/11 R, SozR 4-5560 § 17b Nr. 2; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 21.08.2014, L 8 KR 128/13, Juris).

cc) Die Klägerin hat den stationären Aufenthalt der Versicherten nach Auffassung der Kammer zu Recht auf der Grundlage der DRG-Fallpauschale „I08C“ abgerechnet. Insbesondere durfte die Klägerin die hier strittige Nebendiagnose „Dilatative Kardiomyopathie“ (ICD-10-Code: S72.10 R) kodieren.

Dies ergibt sich aus der maßgeblichen DKR für das Jahr 2012 (DKR 2012). Danach ist eine Nebendiagnose wie folgt definiert:

„Eine Krankheit oder Beschwerde, die entweder gleichzeitig mit der Hauptdiagnose besteht oder sich während des Krankenhausaufenthaltes entwickelt.“

Weiterhin wird in den Kodierrichtlinien ausgeführt:

„Für Kodierungszwecke müssen Nebendiagnosen als Krankheiten interpretiert werden, die das Patientenmanagement in der Weise beeinflussen, dass irgendeiner der folgenden Faktoren erforderlich ist:

- therapeutische Maßnahmen

- diagnostische Maßnahmen

- erhöhter Betreuungs-, Pflege- und/oder Überwachungsaufwand.

Bei Patienten, bei denen einer dieser erbrachten Faktoren auf mehrere Diagnosen ausgerichtet ist, können alle betroffenen Diagnosen kodiert werden [...]. Krankheiten, die z. B. durch den Anästhesisten während der präoperativen Beurteilung dokumentiert wurden, werden nur kodiert, wenn sie den oben genannten Kriterien entsprechen. Sofern eine Begleitkrankheit das Standardvorgehen für eine spezielle Prozedur beeinflusst, wird diese Krankheit als Nebendiagnose kodiert. Anamnestische Diagnosen, die das Patientenmanagement gemäß obiger Definition nicht beeinflusst haben, wie z. B. eine ausgeheilte Pneumonie vor 6 Monaten oder ein abgeheiltes Ulkus, werden nicht kodiert“ (Ziffer D003d DKR 2012, S. 10).

Zusätzlich zur Hauptdiagnose kodierfähig sind damit nur solche Nebendiagnosen, deren Versorgung weitere und in Bezug auf die Haupterkrankung nicht gebotene Leistungen des Krankenhauses ausgelöst haben (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 16.12.2013, L 1 KR 292/11, Juris).

dd) Unter Berücksichtigung dessen war die „Dilatative Kardiomyopathie“ (ICD-10-Code: S72.10 R) als Nebendiagnose zu kodieren.

(1) Vorliegend wurde das Patientenmanagement nach Auffassung der Kammer in einer Weise beeinflusst, dass in Bezug auf die Haupterkrankung nicht gebotene Leistungen des Krankenhauses ausgelöst wurden. Während der stationären Krankenhausbehandlung wurden in Bezug auf die dilatative Kardiomyopathie „therapeutische Maßnahmen“ erbracht, die in Bezug auf die Hauptdiagnose „Pertrochantäre Fraktur, Trochantär, nicht näher bezeichnet, rechts“ nicht erforderlich waren, nämlich die Weiterbehandlung mit den Arzneimitteln „Metohexal succinat 47,5 mg“, „Atacand 8 mg“, „Torasemid 10 mg“, „ASS 100 mg“ und „Simvabeta 20 mg“. Dass eine entsprechende Weiterbehandlung erfolgt ist, ergibt sich zur Überzeugung der Kammer insbesondere aus dem ärztlichen Entlassungsbericht vom 12. Juli 2012. Diese Arzneimittel wurden bereits im Arztbrief vom 13. Februar 2012 des Kardiologen Dr. S. als therapeutische Maßnahme zur Behandlung der Kardiomyopathie empfohlen. Die Versorgung der Klägerin mit diesen Medikamenten genügt als therapeutische Maßnahme im Sinne der DKR 2012.

(1.1) Zunächst stellt die Medikamentengabe - entgegen der Ansicht der Beklagten - selbstverständlich auch dann eine therapeutische Maßnahme dar, wenn eine Erkrankung nicht heilbar ist. Denn § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V nennt als Ziele der Krankenbehandlung nicht nur die Heilung einer Krankheit, sondern insbesondere auch die Linderung von Krankheitsbeschwerden und die Verhütung der Verschlimmerung von Krankheiten. Auch wenn die Arzneimittel nicht auf eine Heilung der dilatativen Kardiomyopathie ausgerichtet waren, sollten sie zumindest eine Verschlimmerung der Erkrankung verhindern.

(1.2) Weiterhin folgt aus den Kodierrichtlinien, dass bereits die Gabe von Medikamenten als therapeutische Maßnahme ausreichend ist. Wie bereits ausgeführt wurde, sind die Kodierrichtlinien eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen. Nach dem Wortlaut der Kodierrichtlinien werden keine quantitativen Anforderungen an die therapeutischen Maßnahmen gestellt. Auch solche mit geringem Aufwand, wie hier die Medikamentengabe, können zur Kodierung einer Nebendiagnose führen (vgl. OLG Oldenburg, Urteil vom 21.01.2009, 5 U 24/08, Juris Rn. 23). Dies folgt auch aus Ziffer D003d, Beispiel 2, S. 11 DKR 2012. Dort wird ausgeführt, dass bereits die medikamentöse Weiterbehandlung einer koronaren Herzkrankheit zur Kodierung dieser Erkrankung als Nebendiagnose ausreichend ist.

Nach einem Urteil des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein, das eine stationäre Krankenhausbehandlung zum Gegenstand hatte, auf welche die DKR 2004 anzuwenden war - die in Bezug auf die Nebendiagnose dieselbe Definition enthält wie die DKR 2012 - könne sich unter Heranziehung des Wortlautes der Leistungsbeschreibung der betreffenden DRG-Fallpauschale ergeben, dass sich die Maßnahmen, die das Patientenmanagement beeinflussen müssen, in schwerwiegendem Maße ausgewirkt haben (LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 10.12.2009, L 5 KR 101/08, Juris Rn. 37). Dies überzeugt nach Auffassung der Kammer nicht. Denn welche DRG- Fallpauschale abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich aus der Eingabe von im Einzelnen von einem Programm vorgegebenen, abzufragenden Daten in ein automatisches Datenverarbeitungssystem und dessen Anwendung (vgl. BSG, Urteil vom 14.10.2014, B 1 KR 26/13 R, Juris Rn. 11). Nach Eingabe insbesondere der relevanten Diagnosen errechnet der dem Programm zugrundeliegende Algorithmus die betreffende DRG - Fallpauschale. Die durch das Groupierungs-Programm bewirkte Zuordnung des durch die Eingabedaten beschriebenen Behandlungsfalls zu einer bestimmten DRG - Fallpauschale entzieht sich aus tatsächlichen Gründen einer gerichtlichen Kontrolle (vgl. BSG, Urteil vom 08.11.2011, B 1 KR 8/11 R, SozR 4-5560 § 17b Nr. 2; Kuhla/Bedau in Sodan, Handbuch des Krankenversicherungsrechts, 2. Auflage 2014 § 25 Rn. 88). Welche Nebendiagnosen in das Programm eingegeben, also kodiert werden dürfen ergibt sich rechtsverbindlich aus der maßgeblichen DKR, den FPV-Abrechnungsbestimmungen einschließlich der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) und des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS). Diese sind jeweils eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen haben außer Betracht zu bleiben (vgl. zu Letzterem: BSG, Urteil vom 01. Juli 2014, B 1 KR 24/13 R, Juris Rn. 14). Das DRG - Vergütungssystem muss streng nach den vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt werden und lässt keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen (vgl. BSG, Urteil vom 08.11.2011, B 1 KR 8/11 R, SozR 4-5560 § 17b Nr. 2). Damit ist ausgeschlossen, dass der Wortlaut der Leistungsbeschreibung, also des durch den Algorithmus zu ermittelnden Ergebnisses, zur Auslegung insbesondere der DKR herangezogen wird. Dies käme einer nachträglichen Korrektur des durch den Algorithmus ermittelten Ergebnisses gleich. Welche Kombination von Haupt-, Nebendiagnosen und Prozeduren zu welcher DRG-Fallpauschale führt, wird abschließend und verbindlich durch den Algorithmus bestimmt, der auf den verbindlichen Vereinbarungen der Vertragsparteien beruht. Dieses Ergebnis ist auch dann hinzunehmen, wenn die DRG-Fallpauschale nach der Leistungsbeschreibung eine Erkrankung mit schwerwiegenden Komplikationen beschreibt, bei der konkreten stationären Krankenhausbehandlung solche schwerwiegenden Komplikationen aber nicht vorgelegen haben. Einem pauschalierten Entgeltsystem sind solche Abweichungen immanent. Sofern es sich um eine Unrichtigkeit oder Fehlsteuerung handeln sollte, sind die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (vgl. zu Letzterem: BSG, Urteil vom 08.11.2011, B 1 KR 8/11 R, SozR 4-5560 § 17b Nr. 2).

(2) Nach Auffassung der Kammer war die Versorgung der Versicherten mit den verabreichten Arzneimitteln während des stationären Aufenthaltes auch erforderlich. Bei der Beurteilung, ob die Erforderlichkeit einer Behandlung vorlag, hat das Gericht von dem im Behandlungszeitpunkt objektiv verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen (vgl. insbesondere BSG, Beschluss vom 25.09.2007, GS 1/06, SozR 4-2500 § 39 Nr. 10). Danach musste der verantwortliche Krankenhausarzte im maßgeblichen Zeitpunkt davon ausgehen, dass eine dilatative Kardiomyopathie vorliegt und diese weiter medikamentös zu behandeln ist. Dies ergab sich im Behandlungszeitpunkt zur Überzeugung der Kammer insbesondere aus dem Arztbrief vom 13. Februar 2012 des Kardiologen Dr. S. Dort wurde diese Erkrankung als Diagnose aufgeführt und eine entsprechende Medikation empfohlen. Zudem hat die Klägerin zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um eine schwerwiegende Erkrankung handelt, die grundsätzlich nicht (bzw. nur durch eine Herztransplantation) heilbar ist. Da die Aufnahme nicht im Hinblick auf diese Diagnose erfolgt ist und keine sonstigen Umstände zutage getreten sind, die auf eine offensichtliche Fehlerhaftigkeit dieser Diagnose und der vom Kardiologen empfohlenen medikamentösen Behandlung hindeuteten, entsprach es sowohl der ärztlichen Kunst, als auch dem Wirtschaftlichkeitsgebot, dass die Klägerin keine weiteren diagnostischen Maßnahmen ergriffen hat, um diese Diagnose nochmals zu sichern.

(3) Der Umstand, dass die dilatative Kardiomyopathie bereits vor der stationären Krankenhausbehandlung vorlag und bekannt war, schließt eine Kodierung als Nebendiagnose nicht aus. Entscheidend ist, dass die Erkrankung während des in Frage stehenden stationären Aufenthaltes das Patientenmanagement in einer Weise beeinflusst hat, dass die Versorgung mit Arzneimitteln, als im Hinblick auf das Standartvorgehen für die Hauptdiagnose nicht gebotene therapeutische Maßnahme, erforderlich war.

Aus Ziffer D003d DKR 2012 ergibt sich, dass selbst anamnestische Diagnose kodiert werden können, nämlich dann, wenn sie das Patientenmanagement durch einen der in der DKR 2012 genannten Faktoren beeinfluss haben. Aus dem Wortlaut der DKR 2012: „Anamnestische Diagnosen, die das Patientenmanagement gemäß obiger Definition nicht beeinflusst haben [...] werden nicht kodiert.“) folgt der entsprechende Umkehrschluss. Dagegen verlangen die Kodierrichtlinien für die Kodierung einer Nebendiagnose nicht, dass eine bereits vor dem Krankenhausaufenthalt diagnostizierte und damit in der Krankengeschichte vorhandene Erkrankung während des Krankenhausaufenthaltes nochmals gesichert diagnostiziert wird.

(4) Aus dem Abschnitt über „Abnorme Befunde“ unter Ziffer D003d, S. 12, DKR 2012 folgt - entgegen der von der Beklagten geäußerten Auffassung - nichts Abweichendes. Dort wird ausgeführt:

„Abnorme Labor-, Röntgen-, Pathologie- und andere diagnostische Befunde werden nicht kodiert, es sei denn, sie haben eine klinische Bedeutung im Sinne einer therapeutischen Konsequenz oder einer weiterführenden Diagnostik (nicht allein Kontrolle der abnormen Werte).“

Vorliegend handelt es sich bei der dilatativen Kardiomyopathie nicht um einen abnormen Befund. Doch selbst wenn ein solcher vorläge, würde dies alleine nicht die Kodierung als Nebendiagnose ausschließen. Aus Beispiel 7 unter Ziffer D003d, S. 12, DKR 2012, folgt, dass selbst abnorme Befunde dann zu kodieren sind, wenn sie die Definition für eine Nebendiagnose nach Ziffer D003d erfüllen. Letzteres trifft auf die dilatativen Kardiomyopathie jedenfalls zu, weil entsprechende therapeutische Maßnahmen (Medikamentengabe) erfolgt sind.

Der Klage war daher vollumfänglich stattzugeben.

4. Der Zinsanspruch folgt aus dem zwischen den Beteiligten geltenden Landesvertrag.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Verwaltungsgerichtsordnung.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

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(1) Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, stationsäquivalent, tagesstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht; sie umfasst auch Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bish

Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG | § 17b Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems für DRG-Krankenhäuser, Verordnungsermächtigung


(1) Für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen gilt ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem, soweit Absatz 4 keine abweichenden Regelungen enthält. Das Vergütungssystem hat Komplexitäten und Komorbi

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Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 109 Abschluß von Versorgungsverträgen mit Krankenhäusern


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Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 61 Ergänzende Anwendung von Vorschriften


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Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2011 wird zurückgewiesen.

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(1) Örtlich zuständig ist das Sozialgericht, in dessen Bezirk der Kläger zur Zeit der Klageerhebung seinen Sitz oder Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthaltsort hat; steht er in einem Beschäftigungsverhältnis, so kann er auch vor dem für den Beschäftigungsort zuständigen Sozialgericht klagen. Klagt eine Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts, in Angelegenheiten nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch ein Unternehmen der privaten Pflegeversicherung oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts oder des Schwerbehindertenrechts ein Land, so ist der Sitz oder Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Beklagten maßgebend, wenn dieser eine natürliche Person oder eine juristische Person des Privatrechts ist.

(2) Ist die erstmalige Bewilligung einer Hinterbliebenenrente streitig, so ist der Wohnsitz oder in Ermangelung dessen der Aufenthaltsort der Witwe oder des Witwers maßgebend. Ist eine Witwe oder ein Witwer nicht vorhanden, so ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die jüngste Waise im Inland ihren Wohnsitz oder in Ermangelung dessen ihren Aufenthaltsort hat; sind nur Eltern oder Großeltern vorhanden, so ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Eltern oder Großeltern ihren Wohnsitz oder in Ermangelung dessen ihren Aufenthaltsort haben. Bei verschiedenem Wohnsitz oder Aufenthaltsort der Eltern- oder Großelternteile gilt der im Inland gelegene Wohnsitz oder Aufenthaltsort des anspruchsberechtigten Ehemanns oder geschiedenen Mannes.

(3) Hat der Kläger seinen Sitz oder Wohnsitz oder Aufenthaltsort im Ausland, so ist örtlich zuständig das Sozialgericht, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz oder Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthaltsort hat.

(4) In Angelegenheiten des § 51 Abs. 1 Nr. 2, die auf Bundesebene festgesetzte Festbeträge betreffen, ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat, in Angelegenheiten, die auf Landesebene festgesetzte Festbeträge betreffen, das Sozialgericht, in dessen Bezirk die Landesregierung ihren Sitz hat.

(5) In Angelegenheiten nach § 130a Absatz 4 und 9 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die zur Entscheidung berufene Behörde ihren Sitz hat.

(6) Für Antragsverfahren nach § 55a ist das Landessozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Körperschaft, die die Rechtsvorschrift erlassen hat, ihren Sitz hat.

(7) In Angelegenheiten nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Auftraggeber seinen Sitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat dieser seinen Sitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz im Ausland, ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Auftragnehmer seinen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthaltsort hat.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1021,13 Euro festgesetzt.

Tatbestand

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Streitig ist die sich nach dem Fallpauschalen-Katalog 2006 bestimmende Höhe des Vergütungsanspruchs für eine stationäre Krankenhausbehandlung.

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Die bei der klagenden Krankenkasse (KK) versicherte N. (im Folgenden: Versicherte) begab sich wegen einer Angina-pectoris-Symptomatik am 14.11.2006 aufgrund ärztlicher Überweisung in das nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhaus der beklagten Trägerin. Das Krankenhaus dilatierte bei ihr am 16.11.2006 im Zusammenhang mit einer Herzkatheteruntersuchung (Operationen- und Prozedurenschlüssel 1-275.2, Koronarangiographie, Druckmessung und Ventrikulographie im linken Ventrikel) eine dabei festgestellte hochgradige CX-Stenose mit einem Stent (OPS 8-837.k0, perkutan-transluminale Gefäßintervention an Herz und Koronargefäßen, Einlegen eines nicht medikamentenfreisetzenden Stents inkl: Bypassgefäß, ein Stent in eine Koronararterie) und entließ die Klägerin am 17.11.2006. Die Beklagte diagnostizierte bei der Versicherten eine atherosklerotische Herzkrankheit iS der Ein-Gefäßerkrankung (ICD 10 I25.11), eine instabile Angina pectoris (ICD 10 I20.0), eine Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) und eine benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00). Sie berechnete der Klägerin für die Behandlung der Versicherten insgesamt 4312,59 Euro, die die Klägerin vorbehaltlich der Überprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zunächst zahlte. Die Beklagte legte ihrer Berechnung die wegen Komplikationen oder Komorbiditäten (CC) höher bewertete DRG F57A (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention mit äußerst schweren CC) nach dem auf Diagnosis Related Groups (DRGs; diagnosebezogene Fallgruppen) basierenden Fallpauschalen-Katalog der G-DRG-Version 2006 einschließlich weiterer Zuschläge zugrunde. Der MDK vertrat dagegen die Auffassung, die Beklagte habe die Allgemeinen und Speziellen Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren (Deutsche Kodierrichtlinien ) unzutreffend angewandt, indem sie als Hauptdiagnose atherosklerotische Herzkrankheit und als Nebendiagnose Angina pectoris angegeben habe. Genau umgekehrt hätte die Beklagte die erbrachte Leistung kodieren müssen. Die erbrachte Leistung sei daher nach DRG F57B (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention ohne äußerst schwere CC) abzurechnen. Die Klägerin forderte vergeblich die Beklagte zur Rückzahlung von 1021,13 Euro auf. Dagegen ist sie mit ihrer Zahlungsklage vor dem SG erfolgreich gewesen (Urteil vom 28.5.2010). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt, aus dem eindeutigen Wortlaut der DKR 0901e ergebe sich, dass die Angina pectoris vor der atherosklerotischen Herzkrankheit als Hauptdiagnose zu kodieren sei. Als speziellere Regelung verdränge sie die in DKR D002d enthaltene allgemeine Regelung zur Kodierung von Hauptdiagnosen. Hingegen schließe DKR D003d als allgemeine Regelung zur Kodierung von Nebendiagnosen aus, DKR 0901e bloß als spezielle Regelung über die zu beachtende Reihenfolge von Nebendiagnosen zu verstehen (Urteil vom 13.1.2011).

3

Die Beklagte rügt mit der Revision die Verletzung des § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm den auf Bundesebene vereinbarten Kodierregeln DKR D002d und DKR 0901e. Die DKR D002d lege fest, dass sich die Hauptdiagnose, wenn die Krankheit bei Aufnahme bekannt sei oder während des stationären Aufenthalts bekannt werde, aus dieser und nicht aus der Symptomatik ableite. Der sich aus der DKR-Systematik ergebende Vorrang der allgemeinen DKR D002d entfalle nur dann, wenn abweichend von diesen Grundsätzen in speziellen Kodierrichtlinien ausdrücklich eine andere Diagnose als Hauptdiagnose bestimmt werde. Die spezielle DKR 0901e regele hingegen lediglich die Fälle, in denen die Angina pectoris vor der atherosklerotischen Herzkrankheit zu kodieren sei, wenn beide Nebendiagnosen seien, und lasse - nur insoweit von DKR D002d abweichend - die Kodierung eines bloßen Symptoms zu. Eigentlicher Zweck der DKR 0901e sei es, dass die CC-relevante, erlössteigernde instabile Angina pectoris überhaupt als Diagnose kodiert werden könne.

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Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2011 und das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 28. Mai 2010 aufzuheben.

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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, dass die klagende KK gegen die beklagte Krankenhausträgerin einen Anspruch auf Rückzahlung von 1021,13 Euro nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit hat. Die von der Klägerin erhobene (echte) Leistungsklage ist zulässig (dazu 1.) und begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Erstattung überzahlter Vergütung (dazu 2.). Der Differenzbetrag zwischen der allein abrechenbaren DRG F57B und der zu Unrecht bezahlten DRG F57A beträgt 1021,13 Euro (dazu 3.). Der Beklagten stehen gegen den Anspruch der Klägerin keine Einreden zu (dazu 4.). Die Klägerin hat auch Anspruch auf die von den Vorinstanzen zuerkannten Zinsen (dazu 5.).

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1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin macht zu Recht den Anspruch auf Rückzahlung eines Teils der für die Krankenhausbehandlung der Versicherten gezahlten Vergütung mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG gegen die Beklagte geltend. Die Klage einer KK auf Rückzahlung zu Unrecht erbrachter Vergütung gegen einen Krankenhausträger - wie hier - ist ein sog Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und keine Klagefrist zu beachten ist (zum umgekehrten Fall der Klage eines Krankenhauses gegen die KK: BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10 mwN; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12). Die Klägerin hat den Zahlungsanspruch auch konkret beziffert (vgl zur Notwendigkeit der Bezifferung BSGE 83, 254, 263 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1; BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2, RdNr 6; BSGE 107, 78 = SozR 4-2500 § 140d Nr 2, RdNr 10).

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2. Rechtsgrundlage des streitgegenständlichen Zahlungsanspruchs ist der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch. Die sich aus der Erbringung von Leistungen für nach dem SGB V Versicherte ergebenden Rechtsbeziehungen zwischen KKn und als Leistungserbringer zugelassenen Krankenhäusern sind öffentlich-rechtlicher Natur (dazu a). Bei derartigen öffentlich-rechtlich geprägten Rechtsbeziehungen tritt an die Stelle des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs nach § 812 BGB der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch(dazu b).

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a) Dass die Rechtsbeziehungen zwischen KK und Krankenhaus öffentlich-rechtlicher Natur sind, ergibt sich explizit aus § 69 Satz 2 SGB V(idF durch Art 1 Nr 1c Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412). Hiernach sind die Rechtsbeziehungen der KKn und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und ihren Verbänden abschließend im Vierten Kapitel des SGB V, in den §§ 63, 64 SGB V und in dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), dem Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) sowie den hiernach erlassenen Rechtsverordnungen geregelt(zur entsprechenden Rechtslage vor Änderung des § 69 SGB V durch Art 1 Nr 26 Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626 vgl BSGE 97, 125 = SozR 4-1500 § 92 Nr 3, RdNr 9 mwN). Da es sich bei diesen Vorschriften um solche des öffentlichen Rechts handelt, können auch die hierauf beruhenden Rechtsbeziehungen zwischen KKn und Leistungserbringern nur öffentlich-rechtlicher Natur sein (vgl auch BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 10).

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b) Der im öffentlichen Recht auch ohne ausdrückliche Normierung seit langem anerkannte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (vgl nur BSGE 16, 151, 156 = SozR Nr 1 zu § 28 BVG mwN zur älteren Rspr und Literatur)ist aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung herzuleiten (BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2, RdNr 27). Er setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind (BSGE 16, 151, 156 = SozR Nr 1 zu § 28 BVG; BSGE 69, 158, 160 = SozR 3-1300 § 113 Nr 1; BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 8; BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15). Seine Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen entsprechen zwar, soweit sie nicht spezialgesetzlich geregelt sind, denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs (vgl BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2, RdNr 27 mwN zur Rspr des BVerwG). Es scheidet aber ein Rückgriff auf die zivilrechtlichen Normen aus, soweit der vom öffentlichen Recht selbstständig entwickelte Erstattungsanspruch reicht (vgl BSGE 38, 46, 47 = SozR 2200 § 1409 Nr 1 S 1 f). Dies gilt namentlich für die Nichtanwendbarkeit der bereicherungsrechtlichen Vorschriften, denen öffentlich-rechtliche Wertungszusammenhänge entgegenstehen (vgl zB zur Nichtanwendbarkeit des § 818 Abs 3 BGB bei der Rückforderung von Berufsausbildungsbeihilfe wegen des Vorrangs von § 152 Abs 3 Arbeitsförderungsgesetz aF BSGE 45, 38, 46 f = SozR 4100 § 40 Nr 17 S 54, mwN; vgl auch BVerwGE 71, 85, 88; BVerwGE 112, 351, 353 f).

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3. Die Klägerin hat der Beklagten 1021,13 Euro Krankenhausvergütung ohne Rechtsgrund gezahlt, weil die Beklagte die zugunsten der Versicherten erbrachten Leistungen in dieser Höhe nicht abrechnen durfte. Die Beklagte hat gegen die Klägerin einen Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung erworben (dazu a). Die geltend gemachte Krankenhausvergütung bemisst sich generell nach vertraglichen Fallpauschalen (dazu b). Die konkrete Anspruchshöhe ergibt sich aus der niedriger vergüteten DRG F57B und nicht aus der von der Beklagten angesetzten höher vergüteten DRG F57A (dazu c). Die rechnerische Differenz zwischen der abgerechneten und - unter Vorbehalt - gezahlten DRG F57A und der allein abrechenbaren DRG F57B beträgt nach den unangegriffenen und damit bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)1021,13 Euro (dazu d). Weitere von der Beklagten abgerechnete und von der Klägerin bezahlte Vergütungsbestandteile sind nicht Gegenstand des Rechtsstreits (allgemein zu weiteren Vergütungsbestandteilen vgl § 7 Satz 1 Nr 2 - 8 KHEntgG idF durch Art 2 Nr 5 Zweites Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften vom 15.12.2004, BGBl I 3429).

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a) Die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung sind erfüllt. Die Klägerin ist - was sie auch nicht bestreitet - verpflichtet, die stationäre Krankenhausbehandlung ihrer Versicherten im Krankenhaus der Beklagten vom 14. bis 17.11.2006 zu vergüten. Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist(stRspr, vgl BSGE 70, 20, 22 = SozR 3-2500 § 39 Nr 1 S 3; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4 S 19; BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1 S 3; BSGE 90, 1, 2 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 11; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 11). Die Vorinstanzen sind zu Recht hiervon ausgegangen und haben festgestellt, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind.

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b) Die betroffene Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage (dazu aa). Die vertraglichen Fallpauschalen ergeben sich aus einem Fallpauschalen-Katalog, der Teil einer Vereinbarung ist, und Regelungen zur Ermittlung der jeweiligen Fallpauschale, auf die in dieser Vereinbarung Bezug genommen wird und die ihrerseits durch vertragliche Kodierrichtlinien erst operationabel sind (dazu bb). Besonderheiten dieser Regelungselemente (dazu cc) wirken sich auf die Rechtsanwendung und -kontrolle dahingehend aus, dass nur eingeschränkte Auslegungsmöglichkeiten bestehen und der rechnergestützte Anwendungsprozess des Fallpauschalen-Katalogs nachvollziehbar gemacht werden muss (dazu dd).

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aa) Die geltend gemachte Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Die Fallpauschalenvergütung für Krankenhausbehandlung Versicherter in zugelassenen Einrichtungen ergibt sich gesetzlich aus § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V (idF durch Art 1 Nr 3 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 KHEntgG (idF durch Art 2 Nr 5 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b KHG (idF durch Art 56 Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407; vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge) konkretisiert. Nach § 1 Abs 1 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 1 Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser vom 17.7.2003, BGBl I 1461) werden die vollstationären und teilstationären Leistungen der Krankenhäuser nach diesem Gesetz und dem KHG vergütet. § 7 Satz 1 Nr 1 KHEntgG bestimmt: "Die allgemeinen Krankenhausleistungen werden gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit folgenden Entgelten abgerechnet: 1. Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9), …." Mit diesen Entgelten werden alle für die Versorgung des Patienten erforderlichen allgemeinen Krankenhausleistungen vergütet (§ 7 Satz 2 KHEntgG). Die Spitzenverbände der KKn (ab 1.7.2008: Spitzenverband Bund der KKn) und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412) mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 8 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 3 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412). Daneben bestimmt § 17b Abs 1 Satz 1 Halbs 1 KHG, dass für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem einzuführen ist. Das Vergütungssystem hat Komplexitäten und Komorbiditäten abzubilden; sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein (§ 17b Abs 1 Satz 2 KHG). Mit den Entgelten nach Satz 1 werden die allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet (§ 17b Abs 1 Satz 3 KHG). Nach § 17b Abs 2 Satz 1 Halbs 1 KHG vereinbaren die Spitzenverbände der KKn und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam entsprechend den Vorgaben der Absätze 1 und 3 des § 17b KHG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als Vertragsparteien auf Bundesebene ein Vergütungssystem, das sich an einem international bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage der DRGs orientiert; nach dieser Vorschrift vereinbaren die Vertragspartner ferner die jährliche Weiterentwicklung und Anpassung des Vergütungssystems, insbesondere an medizinische Entwicklungen, Kostenentwicklungen, Verweildauerverkürzungen und Leistungsverlagerungen zu und von anderen Versorgungsbereichen, und die Abrechnungsbestimmungen, soweit diese nicht im KHEntgG vorgegeben werden. Sie orientieren sich dabei unter Wahrung der Qualität der Leistungserbringung an wirtschaftlichen Versorgungsstrukturen und Verfahrensweisen (§ 17b Abs 2 Satz 2 KHG).

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Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass Vereinbarungen auf Landesebene zwischen den in § 18 Abs 1 Satz 2 KHG genannten Vertragsparteien mit Wirkung für die ("lokalen") Vertragsparteien nach § 18 Abs 2 KHG(§ 10 KHEntgG idF durch Art 258 Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407), Vereinbarungen zwischen den Krankenhausträgern und den Sozialleistungsträgern für das einzelne Krankenhaus (§§ 3 und 4 KHEntgG, idF durch Art 2 Nr 1 und Nr 2 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429, §§ 5 und 6 KHEntgG, idF durch Art 258 Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407, § 11 KHEntgG)und vertragliche Regelungen nach § 112 SGB V den Vergütungsanspruch ebenfalls konkretisieren können.

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bb) Die vertraglichen Fallpauschalen ergeben sich daraus, dass die nach den aufgezeigten gesetzlichen Regelungen hierzu berufenen Vertragspartner eine Fallpauschalenvereinbarung (FPV) mit einem Fallpauschalen-Katalog als Teil derselben und Allgemeine und Spezielle Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren (Deutsche Kodierrichtlinien ) vereinbart haben. DKR und FPV bilden den konkreten vertragsrechtlichen Rahmen, aus dem die für eine Behandlung maßgebliche DRG-Position folgt. Nach den aufgezeigten gesetzlichen Vorgaben und der FPV greifen das in der FPV in Bezug genommene DRG-Ermittlungsprogramm (Grouper), der Fallpauschalen-Katalog und die Kodierrichtlinien als vereinbarte Abrechnungsbestimmungen ineinander. Sie sind bei der Anwendung des Katalogs zugrunde zu legen. In Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrages haben nämlich die Parteien gemäß § 17b Abs 2 KHG in Abschnitt 1 § 1 Abs 1 Satz 1 FPV 2006 zur Abrechnung von Fallpauschalen vereinbart: "Die Fallpauschalen werden jeweils von dem die Leistung erbringenden Krankenhaus nach dem am Tag der Aufnahme geltenden Fallpauschalen-Katalog und den dazu gehörenden Abrechnungsregeln abgerechnet." Die Regelung verweist nicht nur auf das Zusammenspiel von Fallpauschalen-Katalog und den dazu gehörenden Abrechnungsregeln, sondern legt zugleich den zeitlichen Anwendungsbereich von DKR und FPV fest. Dementsprechend sind im vorliegenden Fall die am 13.9.2005 getroffene Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2006 (Fallpauschalenvereinbarung 2006 - FPV 2006) einschließlich der Anlagen 1 bis 6 (insbesondere Anlage 1 Teil a) Fallpauschalen-Katalog 2006) und die von den Vertragspartnern auf Bundesebene am 8.9.2005 getroffene Vereinbarung zu den DKR für das Jahr 2006 (Ergänzungsvereinbarung 2006 zur Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien Version 2002 für das G-DRG-System gemäß § 17b KHG, zuletzt geändert durch die Ergänzungsvereinbarung 2005) maßgebend.

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Die normative Wirkung der FPV 2006 und der DKR 2006 für den einzelnen Kostenträger, im Falle des SGB V die KKn, und die Krankenhausträger beruht auf § 8 Abs 1 Satz 1 Halbs 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412). Danach sind die Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen, wozu namentlich die Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog zählen (§ 7 Satz 1 Nr 1 KHEntgG), für alle Benutzer des Krankenhauses einheitlich zu berechnen. Ergänzend dazu sieht § 8 Abs 2 Satz 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412) vor, dass für die Behandlungsfälle die Fallpauschalen zu berechnen sind, die in dem Fallpauschalen-Katalog nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG bestimmt sind. Dadurch ist sowohl der nach seinem jeweiligen Recht zur Leistungsgewährung und -vergütung verpflichtete Kostenträger - hier die Klägerin nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5, § 39 Abs 1 SGB V gegenüber der Versicherten und nach § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V gegenüber der Beklagten - als auch der zur Leistungserbringung verpflichtete Träger des Krankenhauses - hier die Beklagte nach § 109 Abs 4 Satz 2 SGB V - unmittelbar durch die auf Bundesebene vereinbarten Regelungen gebunden.

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cc) FPV und DKR weisen Besonderheiten auf, die sich auf die Rechtsanwendung und -kontrolle auswirken. FPV und DKR bilden nämlich nicht ein System von Pauschalen, das nach Art einer Gebührenordnung jeweils schriftlich fixierte, abstrakt umschriebene Behandlungstatbestände mit Abrechnungsvorgaben (zB Geldbeträgen oder Punktwerten) auf der Rechtsfolgenseite verknüpft, sodass der konkrete Behandlungsfall unter den Tatbestand zu subsumieren ist, vergleichbar der Subsumtion unter andere Rechtsnormen. Vielmehr umschreibt der vereinbarte Fallpauschalen-Katalog lediglich mit Buchstaben und Ziffern gekennzeichnete DRG-Positionen, deren zugehörige Bewertungsrelationen und weitere Angaben (zB zur Verweildauer), die für die Abrechnung von stationären Leistungen notwendig sind. Die textliche Bezeichnung beschreibt lediglich die verschlüsselte Position, umreißt aber keinen einer Auslegung als Basis und Ausgangspunkt zugrunde zu legenden subsumtionsfähigen Vergütungstatbestand. Welche DRG-Position - quasi als Folge für die Vergütungshöhe - abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich überhaupt nicht aus einem schriftlich festgelegten abstrakten Tatbestand, sondern aus der Eingabe von im Einzelnen von einem Programm vorgegebenen, abzufragenden Daten in ein automatisches Datenverarbeitungssystem und dessen Anwendung. Nach § 1 Abs 6 Satz 1 FPV 2006 sind in diesem Sinne zur Einstufung des Behandlungsfalls in die jeweils abzurechnende Fallpauschale Programme (Grouper) einzusetzen. Zugelassen sind nur solche Programme, die von der InEK GmbH - Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (im Folgenden DRG-Institut), einer gemeinsamen Einrichtung der in § 17b Abs 2 Satz 1 KHG und § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG genannten Vertragspartner auf Bundesebene, zertifiziert worden sind. Die Zertifizierung erfolgt, wenn die zu zertifizierenden Programme die vom DRG-Institut maßgeblich vorbereitete und von den Vertragsparteien auf Bundesebene in Gestalt eines programmierten Algorithmus vertraglich konsentierte jährliche Weiterentwicklung und Anpassung des DRG-Vergütungssystems nach § 17b Abs 1 Satz 1 KHG umsetzen.

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Der zertifizierte Grouper führt nach Eingabe der Daten einen automatisierten Subsumtionsvorgang durch. Er bewirkt damit eine rechnergestützte Rechtsanwendung. Die einzugebenden Diagnosen und Prozeduren sowie die sonstigen benötigten Sachverhaltsangaben - etwa das Alter des Patienten - sind als Tatsachen einem gerichtlichen Beweis zugänglich. Die automatisierte Subsumtion ist hingegen eine rechtliche Bewertung des Sachverhalts und als solche nicht einem medizinischen oder informationstechnischen Sachverständigengutachten zugänglich. Das Prozesshafte des Groupierungsvorgangs und seine Grundannahme, dass es für jede Behandlung nur eine richtige Eingabe und DRG-Position gibt, die bereits im zertifizierten Grouper durch den Algorithmus vorgezeichnet ist, bedeutet jedoch, dass die rechtlich verbindlichen Regelungen nicht in "klassischen" Vergütungstatbeständen abgebildet werden, die nach anerkannten Auslegungsmethoden weiter konkretisiert werden. Vielmehr beinhaltet der zertifizierte Grouper eine zwar endliche, in ihrer Differenzierungsstruktur klare, aber in ihrer Komplexität nur schwer überschaubare Vielzahl von derart detaillierten Vergütungstatbeständen, dass Tatbestand und rechtliche Auslegung in jedem Rechenprozess-Schritt bis zum Ergebnis zusammenfallen.

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Durch das umfangreiche Eingabeprogramm findet eine weitgehende Annäherung des Abstrakt-Generellen an das Konkret-Individuelle statt. Dies bedeutet zwar nicht, dass für jeden Patienten ein eigener Tatbestand geschaffen wird. Lediglich die Patienten mit identischen vergütungsrelevanten Sachverhalten bilden eine tatbestandlich zusammengefasste Gruppe. Die daraus erwachsende Vielzahl der Gruppen hat aber zur Folge, dass die Verfahrensbeteiligten, die sich auf einen bestimmten Programmablauf berufen, dem Gericht diesen Weg - nämlich als detaillierte Tatbestandsdarlegung von dem Gericht nicht unmittelbar zugänglichem untergesetzlichem Recht - in allen Einzelheiten des Rechenprozesses darstellen müssen, wenn sich das Gericht nicht in der Lage sieht, den (prozesshaften) Tatbestand anhand der Definitionshandbücher nachzuverfolgen. Nicht die Definitionshandbücher, sondern allein die zertifizierten Grouper mit ihrem jeweiligen Rechenprogramm sind verbindlich vereinbart und entfalten normative Wirkung.

22

Um effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten (Art 19 Abs 4 GG), muss das Gericht den sachlichen, nicht notwendig detailliert den mathematischen Entscheidungsprozess nachvollziehen können, der nach der Sachverhaltseingabe im Rechnerprogramm abläuft, um zu einer Fallpauschale zu gelangen. Zugleich muss für das Gericht überprüfbar gemacht werden, welche Eingabe zu welchem Ergebnis führt. Das Gericht muss die mit der Eingabe verknüpften wesentlichen Entscheidungen nachvollziehen, denen der Datenverarbeitungsprozess mit Blick auf den Fallpauschalen-Katalog dient. In diesem Sinne muss es in den Entscheidungsgründen verdeutlichen, welche Gabelungen mit welchem Ergebnis der Grouper in dem Entscheidungsbaum "ansteuert", der dem Programm zugrunde liegt.

23

In welcher Art und Weise die Eingaben in das Datensystem zu erfolgen haben, gibt nicht allein der Grouper durch die vorprogrammierten Abfragen mit genormten Antworten vor. Vielmehr regeln die FPV und die DKR konkrete Vorgaben für die Eingaben. So enthält Abschnitt 1 der FPV 2006 Abrechnungsbestimmungen für DRG-Fallpauschalen. Die DKR (2006) regeln Kodieranweisungen. Sie beeinflussen den Weg zur korrekten DRG an vielen verschiedenen Stellen des den Grouper steuernden Algorithmus. Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD 10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD 10) in der jeweiligen vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssel als solche (OPS, hier in der Version 2006 einschließlich Erweiterungskatalog vom 26.10.2005, BAnz Nr 212 vom 10.11.2005, S 15834, in Kraft getreten am 1.1.2006).

24

Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt allein aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind. Die Rezeption der Klassifikationen richtet sich nach den jeweils für die zertifizierten Grouper geltenden Regelungen, hier der FPV 2006, nicht dagegen nach § 301 SGB V. Diese Norm regelt nicht die rechtliche Verbindlichkeit der Klassifikationssysteme für die Ermittlung der DRGs, sondern sieht Informationspflichten der Krankenhäuser, anderer stationärer Einrichtungen und der ermächtigten Krankenhausärzte gegenüber den KKn im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vor. Das DRG-Vergütungssystem ist demgegenüber nicht GKV-spezifisch geregelt, sondern erfasst alle Behandlungsfälle, namentlich auch die Selbstzahler. Es beruht - wie dargelegt - auf der Grundlage des § 17b KHG und des KHEntgG.

25

dd) Folge der aufgezeigten Besonderheiten von Fallpauschalen-Katalog und DKR ist zunächst wie dargelegt, dass der rechnergestützte Anwendungsprozess des Fallpauschalen-Katalogs vom Gericht nachvollziehbar gemacht werden und hierbei der einzugebende Sachverhalt festgestellt sein muss. Im Rahmen der Rechtsanwendungskontrolle bewirkt die vom Programm zugelassene virtuelle Tatbestandsvielfalt, dass für eine Auslegung des DRG-Algorithmus, also der geregelten Prozeduren zur Lösung der definierten Probleme des Fallpauschalen-Katalogs, nach juristischer Methodik kaum ein Anwendungsbereich verbleibt.

26

Der Senat lässt jedoch ausdrücklich offen, ob unter Beachtung des Gebots effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) ausnahmsweise auch eine Auslegung des Algorithmus selbst in Betracht kommen kann. Die FPV bezieht sich auf die zertifizierten Grouper bestimmter Anbieter und damit auf die dahinterstehende Programmierung gemäß den Vorgaben des DRG-Instituts für das entsprechende Systemjahr. Gegenstand der Vereinbarung ist der programmierte DRG-Algorithmus. Die Definitionshandbücher sind - wie bereits dargelegt - insoweit nur ein Hilfsmittel. Aufgrund der Komplexität des DRG-Systems kann bei dessen jährlich vorzunehmender Weiterentwicklung und Anpassung nicht ausgeschlossen werden, dass die Vertragsparteien auf Bundesebene einen DRG-Algorithmus für das jeweilige Systemjahr vereinbart haben, dessen ungewollte Weiterungen sie nicht erkannt haben und uU auch nicht erkennen konnten. Bei widersprüchlichen (perplexen) oder evident sinnwidrigen Regelungen (Rechenschritten), insbesondere bei gravierenden Programmierungsfehlern, kann eine weitergehende normative Auslegung insbesondere eine entstehungsgeschichtliche, in Betracht kommen. Dies setzt aber voraus, dass ansonsten grob unbillige Ergebnisse eintreten, die unter wirtschaftlichen Aspekten auch für die Laufzeit von einem Jahr oder bis zur Fehlerkorrektur nicht mehr hingenommen werden können. Beispielhaft ist an eine existenzielle Bedrohung eines Krankenhausträgers zu denken. Die - nach Auffassung eines Beteiligten - bloße Unterbewertung oder Nichtbewertung eines Leistungsbestandteiles einer Krankenhausbehandlung als solche rechtfertigt demgegenüber kein Abweichen von einer strengen Wortlaut- und ergänzenden systematischen Auslegung.

27

Die Anwendung der DKR und der FPV-Abrechnungsbestimmungen ist nicht automatisiert und unterliegt als Mitsteuerung der prozesshaften Tatbestandsbildung im Zusammenspiel mit den Vorgaben zertifizierter Grouper ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Die DKR sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen (vgl allgemein bereits BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN). Der erkennende Senat sieht sich hierbei in Übereinstimmung mit dem 3. BSG-Senat, nach dessen Rechtsprechung der ausdifferenzierte Algorithmus, mit dem die verschlüsselten Prozeduren und Diagnosen in eine bestimmte DRG "übersetzt" werden, einer wertenden Betrachtung im Einzelfall nicht zugänglich ist. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht. Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiter zu entwickelndes (§ 17b Abs 2 Satz 1 KHG)und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (vgl zum Ganzen BSGE 107, 140 RdNr 18, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 18; zur Bundespflegesatzverordnung: BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 2 S 15; BSG SozR 3-5565 § 15 Nr 1 S 6). Rechtsähnlich verfahren der erkennende 1. und der 6. Senat des BSG bei der Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsregelungen (vgl BSG SozR 4-2500 § 28 Nr 4 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 10 RdNr 13).

28

c) Die Beklagte durfte die erfolgte stationäre Behandlung der Versicherten - ausgehend von den dargelegten generellen Vorgaben - nicht nach der DRG F57A, sondern nur nach der niedriger vergüteten DRG F57B abrechnen. Im Rahmen der schrittweisen Ermittlung der Basis-DRG (dazu aa) führt hier DKR (2006) 0901e zur Maßgeblichkeit der DRG F57B, weil aufgrund der Kodieranweisung Eingaben so vorzunehmen sind, dass der Grouper diese Einzel-DRG ansteuern muss (dazu bb).

29

aa) Nach der DRG-Entscheidungslogik der zertifizierten Grouper, die unstreitig und für das Gericht anhand im Internet zugänglicher Beispielseingaben überprüfbar (zB mit dem Webgrouper der DRG-Research-Group, abrufbar unter http://drg.uni-muenster.de/index.php?option=com_webgrouper&view = webgrouper&Itemid=26) den Darstellungen in den Definitionshandbüchern entspricht, ist vorliegend die Basis-DRG F57 anzusteuern. Im Fallpauschalen-Katalog 2006 sind die DRG F57A (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention mit äußerst schweren CC) und F57B (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention ohne äußerst schwere CC) aufgeführt. Aus Ihrer Bezeichnung geht hervor, dass beide DRGs der Hauptdiagnosegruppe 5 "Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems" (Major Diagnostic Category 5 ) zugeordnet sind. Die MDC-Unterteilungen bauen auf einem Körpersystem oder einer Erkrankungsätiologie auf und werden grundsätzlich über die für die "Behandlungsepisode" (den Krankenhausaufenthalt) maßgebliche Hauptdiagnose bestimmt (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 6 f und S 11). Der Fallpauschalen-Katalog 2006 verfügt über insgesamt eine Prä-MDC und 23 MDCs, zum Teil nochmals unterteilt (MDC 18A, 18B, 21A, 21B). Besonders teure Einzel-DRGs und besondere Situationen, die kostenaufwändig sind (zB HIV , Polytrauma ), sind in der Prä-MDC erfasst. Nach einer vorläufigen Zuordnung zu einer MDC entsprechend der Hauptdiagnose wird geprüft, ob die Behandlungsepisode gleichwohl vorrangig nach Maßgabe der Prä-MDC anders einzuordnen ist. Daneben gibt es, konsequenterweise ohne MDC-Kennzeichnung, eine eigene Gruppe Fehler-DRGs und sonstige, insbesondere nicht anders zuordenbare DRGs (901A, 901B, 901C, 901D, 902Z, 960Z, 961Z, 962Z, 963Z; G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 9 f).

30

Im vorliegenden Fall greift weder eine Prä-MDC ein noch findet eine der vorgenannten besonderen DRGs Anwendung. Die bei der Versicherten gestellten, vorliegenden Diagnosen sind: Atherosklerotische Herzkrankheit im Sinne der Ein-Gefäßerkrankung (ICD 10 I25.11), instabile Angina pectoris (ICD 10 I20.0), Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) und benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00). Sämtliche Diagnosen sind - wenn sie Hauptdiagnosen sind - der MDC 5 zugeordnet (vgl G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 219). An dieser Stelle bedarf es daher noch keiner Unterscheidung, welche Diagnose die Hauptdiagnose ist. Ist eine Behandlungsepisode einer MDC zugeordnet, erfolgt die weitere Zuordnung durch die der jeweiligen MDC vorgegebene, streng hierarchisch strukturierte Entscheidungslogik (Algorithmus), die sich am durchschnittlichen (mittleren) Ressourcenverbrauch orientiert und gewöhnlich mit den DRGs beginnt, die den höchsten Ressourcenverbrauch haben (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 8).

31

Hier hat die Zuordnung nach dem für die MDC 5 maßgeblichen Algorithmus (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 207-218) zu erfolgen. Die Reihenfolge richtet sich dabei nach den signifikanten Prozeduren (dazu sogleich). Der Algorithmus der MDC 5 beginnt mit "Stammzelltransfusion bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems". Bei Bejahung wird direkt die DRG F96Z angesteuert. Der Algorithmus endet mit "Andere Krankheiten des Kreislaufsystems" und steuert dort die Basis-DRG F75 (Adjacent Diagnosis Related Group ) an, die in drei Einzel-DRGs gesplittet ist (F75A, F75B, F75C). Ist danach immer noch keine Zuordnung möglich, wird 960Z (nicht gruppierbar) angesteuert. Die Basis-DRGs richten sich ihrerseits nach den Partitionen (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 3, 7 f), unterteilt in "Operative Partition" (Operating Room ; OR-Prozedur: Nr 01 - 39), "Andere Partition" (Non-Operating Room ; NonOR-Prozedur: 40 - 59) und "Medizinische Partition" (ohne signifikante Prozedur: Nr 60 - 99).

32

Nach den unangegriffenen und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG steht fest (§ 163 SGG), dass aus medizinischer Sicht die benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00) und die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) bei der Versicherten nur Nebendiagnosen ohne damit verbundene OR- oder NonOR-Prozeduren sind. Eine Zuordnung dieser Diagnosen über die Medizinische Partition scheidet von vornherein aus, weil der Algorithmus die vorrangige Prüfung der OR- und der NonOR-Prozeduren gebietet, die hier mit den beiden anderen Diagnosen (Ein-Gefäßerkrankung , instabile Angina pectoris ) inhaltlich verbunden sind. Als signifikante Prozedur führte das Krankenhaus bei der Versicherten eine perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention (DRG F 57 A, DRG F 57 B) durch, die über den OPS 8-837.k0 (perkutan-transluminale Gefäßintervention an Herz und Koronargefäßen, Einlegen eines nicht medikamentenfreisetzenden Stents inkl: Bypassgefäß, ein Stent in eine Koronararterie) definiert wird (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Langversion Bd I, S 603); ferner eine invasive kardiologische Diagnostik außer bei akutem Myokardinfarkt (DRG F 46 Z), die durch den OPS 1-275.2 (Koronarangiographie, Druckmessung und Ventrikulographie im linken Ventrikel - Herzkatheteruntersuchung) definiert wird (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Langversion Bd I, S 585).

33

Hierarchisch zuerst kommt die perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 213) vor der invasiven kardiologischen Diagnostik außer bei akutem Myokardinfarkt (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion, Bd I S 215); damit bleibt letztere für die Ansteuerung der Basis-DRG unberücksichtigt. Die weitere Entscheidungslogik sieht wie folgt aus (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 213):

34
                 
                 

F57A   

ja →   

        

perkutane
Koronarangioplastie
mit komplexer
Intervention

        

 äußerst
schwere CC

        

ja →   

        
                          

nein →

                                   

F57B   

35

bb) DKR (2006) 0901e bestimmt mit Blick auf die erforderlichen Eingaben, dass die Frage nach der äußerst schweren CC (Komplikationen und/oder Komorbiditäten) mit nein zu beantworten und die F57B anzusteuern ist.

36

Ob eine äußerst schwere CC vorliegt, kann nicht unmittelbar aus dem Algorithmus und allein aus der DKR (2006) 0901e abgeleitet werden. Vielmehr bedarf es dazu - wie allgemein bereits oben dargelegt - eines eigenständigen, im Grouper programmierten Subbewertungssystems. Die sich daraus ergebende Bewertung hängt maßgeblich davon ab, wie die Diagnosen zu kodieren sind. Dies bestimmt die DKR (2006) 0901e.

37

DRGs innerhalb einer Basis-DRG unterscheiden sich durch ihren Ressourcenverbrauch und sind anhand der Faktoren patientenbezogener Gesamtschweregrad (Patient Clinical Complexity Level ), Alter, Verweildauer, Beatmung, Entlassungsgrund, Hauptdiagnose und in einigen Fällen Nebendiagnose oder Prozedur unterteilt (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 8). Dabei gibt das vierte Zeichen der DRG-Bezeichnung den Ressourcenverbrauch innerhalb der Basis-DRG an (A = höchster Ressourcenverbrauch, B = zweithöchster Ressourcenverbrauch, usw, ... Z = keine Unterteilung, S 4 aaO). Vorliegend ist für die Zuordnung der Behandlungsepisode zur richtigen DRG entsprechend dem Algorithmus die Beantwortung der Frage nach der äußerst schweren CC entscheidend. Ob eine solche bei der Versicherten anzunehmen ist, richtet sich nach deren PCCL während der Behandlungsepisode.

38

Komplikationen oder Komorbiditäten können die Behandlung von Krankheiten erschweren und verteuern. Deshalb muss die DRG-Klassifikation die unterschiedliche Schwere einer Erkrankung berücksichtigen (vgl auch § 17b Abs 1 Satz 2 KHG). Schweregrade von Komplikationen oder Komorbiditäten (Complication or Comorbidity Level ) sind Schweregrad-Stufen, die für alle Nebendiagnosen, aber auch nur für Nebendiagnosen vergeben werden. Ihr Wert kann zwischen 0 und 4 für operative und neonatologische Behandlungsepisoden und zwischen 0 und 3 für medizinische Behandlungsepisoden variieren und wird aus einer Kombination von medizinischen Bewertungen und statistischen Analysen ermittelt. Die Stufen sind wie folgt definiert:

        

●       

CCL = 0 - Der Kode ist entweder keine Komplikation oder Komorbidität, oder
der Kode ist Teil der Definition der DRG, der diese Behandlungsepisode zugewiesen wurde, oder
der Kode kennzeichnet eine Komplikation oder Komorbidität, die jedoch eng mit der Hauptdiagnose verbunden ist, oder
genau derselbe Kode ist bereits an einer anderen Stelle des Datensatzes enthalten;

        

●       

CCL = 1 - Der Kode kennzeichnet eine leichte CC.

        

●       

CCL = 2 - Der Kode kennzeichnet eine mäßig schwere CC.

        

●       

CCL = 3 - Der Kode kennzeichnet eine schwere CC.

        

●       

CCL = 4 - Der Kode kennzeichnet eine äußerst schwere CC.

Der PCCL wird entsprechend den jeweiligen CCL-Werten in fünf Stufen unterteilt (0 - 4). Er stellt keine einfache Addition der individuell bestehenden CCL-Werte dar, sondern beruht auf einem eigenständigen Berechnungsvorgang, der die logisch möglichen Verknüpfungen miteinander in Beziehung setzt, um einen individuell gewichteten Gesamt-CCL-Wert, den PCCL, zu erhalten. Diese PCCL-Ermittlung verhindert eine ungerechtfertigte Kumulation sich in ihrer Wirkung überschneidender Komplikationen oder Komorbiditäten (vgl zum Ganzen G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 5).

39

Der Grouper ermittelt für jede Diagnose in einem Datensatz automatisch den CCL-Wert, verwendet jedoch bei Neugeborenen und Fällen außer Neugeborenen unterschiedliche Verfahren. In Fällen, in denen es sich - wie hier - nicht um Neugeborene handelt, geht der Grouper folgendermaßen vor:

        

●       

1.    

Er identifiziert die Basis-DRG, zu der die Behandlungsepisode gehört, und überprüft, ob die Diagnose bereits Teil der Definition der Basis-DRG ist. Ist dies der Fall, wird sie nicht als CC anerkannt und erhält den CCL-Wert Null.

        

●       

2.    

Der Grouper überprüft, ob die Basis-DRG die Diagnosen Polytrauma (Basis-DRGs W01 - W61) oder HIV (Basis-DRGs S60 - S65) beinhaltet. Da die Diagnose Trauma bereits bei der Zuordnung zu MDC 21 berücksichtigt wurde, wird eine Nebendiagnose Trauma (S00.00 - T14.9, T79.0 - T79.9) nicht als CC anerkannt und erhält den CCL-Wert Null. Ähnlich wird auch bei HIV-Diagnosen (B20 - B24, F02.4) in MDC 18 verfahren.

        

●       

3.    

Der Grouper überprüft, ob der Kode eine Doublette der Hauptdiagnose oder einer bereits vorher verarbeiteten Nebendiagnose ist. Ist dies der Fall, erhält er den CCL-Wert Null.

        

●       

4.    

Der Grouper überprüft, ob der Kode aufgrund seines engen Bezuges zur Hauptdiagnose als CC ausgeschlossen werden soll. Ist dies der Fall, erhält er den CCL-Wert Null.

        

●       

5.    

Der Grouper ermittelt anhand der Nummer der Basis-DRG eine Spaltennummer aus der ADRG-Spaltentabelle. Wenn die Spaltennummer Null ist, erhält der Kode den CCL-Wert Null.

        

●       

6.    

Der Grouper ermittelt nach Berücksichtigung der Faktoren Geschlecht des Patienten und/oder Entlassungsgrund anhand der CC-Zeilentabelle eine Zeilennummer.

        

●       

7.    

Der Grouper ermittelt anhand der CCL-Matrix mit Hilfe der Zeilen- und Spaltennummer den CCL-Wert.

(G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd III, S 595; für die manuelle Bearbeitung der Nr 4 - 7 bedarf es der dem Definitionshandbuch beiliegenden CD-ROM).

40

Dies ergibt für die Diagnosen folgende CCL-Werte:

        

(1)     

Instabile Angina pectoris (ICD 10 I20.0) als Hauptdiagnose: CCL wird nur für Nebendiagnosen vergeben; als Nebendiagnose: CCL 2, gebildet aus Zeile 95 und Spalte 15 der CCL-Matrix.

        

(2)     

Ein-Gefäßerkrankung (ICD 10 I25.11) immer CCL 0, auch als Nebendiagnose, weil die Diagnose bereits Teil der Definition der Basis-DRG ist.

        

(3)     

Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) als Nebendiagnose: CCL 4, gebildet aus Zeile 21 und Spalte 15 der CCL-Matrix.

        

(4)     

Benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00): CCL 0.

Der PCCL ergibt bei einem CCL-Wert von 4 und einem CCL-Wert von 2 einen Wert von 4 (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd III, S 598). Dies ist hier dann der Fall, wenn die instabile Angina pectoris neben der Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung eine Nebendiagnose ist. Der PCCL ergibt bei nur einem CCL-Wert von 4 ohne weitere CCLs einen Wert von 3 (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd III, S 598). Das ist hier der Fall, wenn die instabile Angina pectoris Hauptdiagnose und nur die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung als mit einem CCL-Wert versehene Nebendiagnose übrigbleibt. Letzteres wird im Ergebnis durch die Anwendung der DKR (2006) 0901e bewirkt.

41

Da die DRG F57A eine äußerst schwere CC erfordert, die mit dem PCCL-Wert 4 definiert ist, wäre eine Kodierung der instabilen Angina pectoris als Nebendiagnose erforderlich, um den CCL-Wert der Nebendiagnose Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung zu "stützen" und hierdurch einen PCCL von 4 zu erreichen. Dies verhindert die Anwendung der DKR (2006) 0901e, die lautet:

        

"0901e Ischämische Herzkrankheit
Angina pectoris (I20.-)
Liegt bei einem Patienten eine Angina pectoris vor, ist der entsprechende Kode vor dem Kode der Koronaratherosklerose anzugeben.
Wenn ein Patient mit instabiler Angina pectoris aufgenommen wird und diese sich während des Krankenhausaufenthaltes zu einem Myokardinfarkt entwickelt, ist nur der Kode für einen Myokardinfarkt anzugeben.
Wenn der Patient jedoch eine Postinfarkt-Angina entwickelt, kann I20.0 Instabile Angina pectoris als zusätzlicher Kode angegeben werden."

42

Nach dem Wortlaut der Kodieranweisung wird lediglich eine eindeutige Reihenfolge vorgegeben: Die Angina pectoris ist vor der Koronaratherosklerose zu kodieren. Eine Qualifizierung und Unterteilung in Haupt- und Nebendiagnose erfolgt nicht. Ist aufgrund anderer Kodieranweisungen eine dritte Diagnose als Hauptdiagnose anzugeben, ergibt sich automatisch, dass die instabile Angina pectoris als erste Nebendiagnose und die Koronaratherosklerose als zweite Nebendiagnose zu kodieren ist. Existiert keine weitere Hauptdiagnose neben der instabilen Angina pectoris und der Koronaratherosklerose, ist zwingend die instabile Angina pectoris Hauptdiagnose, weil die in der Eingabemaske des Groupers ersteinzutragende Diagnose immer die Hauptdiagnose ist. Daneben regeln die weiteren Kodieranweisungen einerseits eine Ausnahme von der Kodierfähigkeit der instabilen Angina pectoris und anderseits zu dieser zweiten Kodieranweisung eine Rückausnahme, nämlich dass die Angina pectoris gleichwohl als zweite und damit zwingend als Nebendiagnose zu kodieren ist (unzutreffend daher Zaiß in ders, DRG: Verschlüsseln leicht gemacht, 3. Aufl 2005, S 33, wonach nur die Reihenfolge der Nebendiagnosen festgelegt werde; zutreffend dagegen Metzger in Zaiß, aaO, S 209 - dort noch mit einem Beispiel zur wortgleichen DKR <2005> 0901d). Auch das bei DKR (2006) 0901e wiedergegebene Beispiel zeigt, dass die instabile Angina pectoris zuerst und damit dort als Hauptdiagnose zu kodieren ist. Die von der Beklagten vertretene Auffassung bedeutet gerade die Nichtbeachtung der Kodieranweisung DKR (2006) 0901e, indem entgegen dem eindeutigen Wortlaut die Koronaratherosklerose zuerst kodiert werden soll.

43

Aus DKR (2006) D002d als Teil der Allgemeinen Kodierrichtlinien für Krankheiten folgt nichts Gegenteiliges. DKR (2006) D002d definiert zwar die Hauptdiagnose als die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich ist. Dies trifft hier auf die Koronaratherosklerose zu, die Ursache für die OPS 8-837.k0 war (perkutan-transluminale Gefäßintervention an Herz und Koronargefäßen, Einlegen eines nicht medikamentenfreisetzenden Stents inkl: Bypassgefäß, ein Stent in eine Koronararterie). Die dort gegebene, den Speziellen Kodierrichtlinien vorangestellte (vor die Klammer gezogene) Definition der Hauptdiagnose ist gleichwohl hier unbeachtlich, weil aus normsystematischen Gründen die Speziellen Kodierrichtlinien, die von den Allgemeinen Kodierrichtlinien abweichen, vorrangig sind (lex specialis derogat legi generali). Dies gilt jedenfalls, soweit nicht ausdrücklich etwas Gegenteiliges bestimmt ist. Bestätigt wird dieser allgemeine Grundsatz durch die Ausführungen in der Einleitung zur DKR (2002), wo ausgeführt wird (abgedruckt in der DKR <2006> S V):

        

"Der erste Teil enthält allgemeine Richtlinien zur Kodierung von Diagnosen und Prozeduren. Es werden Begriffe wie Haupt- und Nebendiagnose definiert und Hinweise zur Verschlüsselung von Prozeduren gegeben. In den Speziellen Kodierrichtlinien werden besondere Fallkonstellationen beschrieben, die entweder der konkreten Festlegung dienen oder bei denen aus Gründen der DRG-Logik von den Allgemeinen Kodierrichtlinien abgewichen werden muss."

44

Dies bedeutet, dass zwar nicht die Koronaratherosklerose als Hauptdiagnose vor der Diagnose instabile Angina pectoris kodiert werden darf, weil dies DKR (2006) 0901e ohne Einschränkung anders bestimmt. Nicht ausgeschlossen ist aber, dass eine dritte Diagnose vor der instabilen Angina pectoris als Hauptdiagnose kodiert werden darf. Nach den unangegriffenen und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG steht fest (§ 163 SGG), dass aus medizinischer Sicht die benigne essentielle Hypertonie und die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung bei der Versicherten nur Nebendiagnosen sind. Es gibt somit keine vorrangig als Hauptdiagnose zu kodierende Dritt-Diagnose.

45

Der erkennende Senat sieht sich hierbei im Ergebnis in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des 3. BSG-Senats (BSGE 107, 140, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; kritisch dazu Fiori/Siam/Helling/Bunzemeier/Roeder, KH 20011, 573 ff). Danach sind für die Zuordnung eines Behandlungsfalles zu einer DRG Nebendiagnosen bedeutsam, soweit ihnen die Vertragsbeteiligten zur angemessenen Bewertung von Versorgungsbesonderheiten Abrechnungsrelevanz beigemessen haben. Für Begleiterkrankungen - so der 3. Senat - ist das nach den Kodierrichtlinien nur der Fall, wenn sie einen über die Hauptdiagnose hinausgehenden Versorgungsaufwand bedingen. Insoweit bedarf es hier keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) und die benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00) als Nebendiagnosen überhaupt kodiert werden durften. Auch wenn die beiden Diagnosen gar nicht als Nebendiagnosen kodierfähig waren, ist dies ohne Belang, da sie vorliegend - wie oben ausgeführt - nicht erlöswirksam sind.

46

d) Rechnerisch ergibt sich die Höhe des Erstattungsanspruchs der Klägerin von 1021,13 Euro aus dem unterschiedlichen effektiven Kostengewicht, das der DRG F57A (1,363) und der DRG F57B (1,032) durch die FPV 2006 zugewiesen ist. Multipliziert mit dem für die Beklagte geltenden Basisentgelt von 2981,81 Euro errechnet sich für die vergütete, aber nicht geschuldete DRG F57A ein gerundeter Betrag von 4064,21 Euro und für die zu vergütende DRG F57B ein gerundeter Betrag von 3077,23 Euro, mithin eine Überzahlung von 986,98 Euro. Der insoweit nicht streitige AIP-Zuschlag von 3,46 % verringert sich von gerundet 140,62 Euro (aus 4064,21 Euro) auf gerundet 106,47 Euro (aus 3077,23 Euro), mithin um 34,15 Euro.

47

4. Die Klägerin ist rechtlich nicht gehindert, den Erstattungsbetrag geltend zu machen. Zahlt eine KK vorbehaltlos auf eine Krankenhaus-Rechnung, kann sie mit der Rückforderung - und damit auch mit dem späteren Bestreiten ihrer Zahlungspflicht - ganz ausgeschlossen sein, wenn sie nämlich (positiv) gewusst hat, dass sie zur Leistung nicht verpflichtet war (Rechtsgedanke des § 814 BGB; vgl BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 30). So liegt es hier indes nicht. Denn die Klägerin hat die Rechnung der Beklagten lediglich unter dem Vorbehalt medizinischer Überprüfung bezahlt.

48

Ein Vorbehalt dieser Art lässt die Schuldtilgung in der Schwebe und steht einer Erfüllung iS von § 362 BGB entgegen. Die inhaltlichen Anforderungen an einen solchen Vorbehalt unterscheiden sich danach, ob die KK vertraglich zur Zahlung innerhalb einer kurzen Frist nach Rechnungseingang verpflichtet ist oder nicht. Besteht keine Pflicht der KK, kurzfristig nach Rechnungslegung zu zahlen, sind die Anforderungen an einen Vorbehalt höher: Die KK muss verdeutlichen, dass sie trotz Zahlung noch nicht erfüllen und einen Beweislastwechsel vermeiden will. Ist die KK dagegen vertraglich zur Zahlung kurze Zeit nach Rechnungseingang verpflichtet, genügt es zur Vermeidung eines Beweislastwechsels im Erstattungsstreit, dass die Zahlung der KK lediglich "unter dem Vorbehalt medizinischer Überprüfung" erfolgt (BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 36 f).

49

Das LSG hat zur Zahlungspflicht binnen einer bestimmten Frist keine Feststellungen getroffen. Hierauf kommt es jedoch nicht an, weil die Klägerin in der Anlage zu dem für sie durch die ARGE Krankenhaus der BKK eV erstellten Schreiben vom 18.12.2006 detailliert die unterschiedlichen Vergütungsberechnungen dargelegt hat. Dies genügt selbst den höheren Anforderungen an einen Vorbehalt hinsichtlich einer Zahlungspflicht, die keiner kurzen Frist unterworfen ist.

50

5. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch Anspruch auf die Zahlung von Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz aus dem geltend gemachten Erstattungsbetrag (vgl BSG SozR 4-2500 § 69 Nr 7 RdNr 16 ff). Das zitierte Urteil des erkennenden Senats betrifft einen Sachverhalt im Geltungsbereich desselben Vertrags nach § 112 SGB V, der nach den vom LSG in Bezug genommenen Feststellungen des SG jedenfalls hinsichtlich der Zinsregelung fortgilt. Die Beteiligten haben für die hier betroffene Zeit nichts Abweichendes vorgetragen.

51

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

Soweit sich aus den §§ 53 bis 60 nichts Abweichendes ergibt, gelten die übrigen Vorschriften dieses Gesetzbuches. Ergänzend gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend.

Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.

(1) Der Versorgungsvertrag nach § 108 Nr. 3 kommt durch Einigung zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemeinsam und dem Krankenhausträger zustande; er bedarf der Schriftform. Bei den Hochschulkliniken gilt die Anerkennung nach den landesrechtlichen Vorschriften, bei den Plankrankenhäusern die Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan nach § 8 Abs. 1 Satz 2 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes als Abschluss des Versorgungsvertrages. Dieser ist für alle Krankenkassen im Inland unmittelbar verbindlich. Die Vertragsparteien nach Satz 1 können im Einvernehmen mit der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde eine gegenüber dem Krankenhausplan geringere Bettenzahl vereinbaren, soweit die Leistungsstruktur des Krankenhauses nicht verändert wird; die Vereinbarung kann befristet werden. Enthält der Krankenhausplan keine oder keine abschließende Festlegung der Bettenzahl oder der Leistungsstruktur des Krankenhauses, werden diese durch die Vertragsparteien nach Satz 1 im Benehmen mit der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde ergänzend vereinbart.

(2) Ein Anspruch auf Abschluß eines Versorgungsvertrags nach § 108 Nr. 3 besteht nicht. Bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren geeigneten Krankenhäusern, die sich um den Abschluß eines Versorgungsvertrags bewerben, entscheiden die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen und der Vielfalt der Krankenhausträger nach pflichtgemäßem Ermessen, welches Krankenhaus den Erfordernissen einer qualitativ hochwertigen, patienten- und bedarfsgerechten sowie leistungsfähigen und wirtschaftlichen Krankenhausbehandlung am besten gerecht wird.

(3) Ein Versorgungsvertrag nach § 108 Nr. 3 darf nicht abgeschlossen werden, wenn das Krankenhaus

1.
nicht die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche Krankenhausbehandlung bietet,
2.
bei den maßgeblichen planungsrelevanten Qualitätsindikatoren nach § 6 Absatz 1a des Krankenhausfinanzierungsgesetzes auf der Grundlage der vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 136c Absatz 2 übermittelten Maßstäbe und Bewertungskriterien nicht nur vorübergehend eine in einem erheblichen Maß unzureichende Qualität aufweist, die im jeweiligen Landesrecht vorgesehenen Qualitätsanforderungen nicht nur vorübergehend und in einem erheblichen Maß nicht erfüllt, höchstens drei Jahre in Folge Qualitätsabschlägen nach § 5 Absatz 3a des Krankenhausentgeltgesetzes unterliegt oder
3.
für eine bedarfsgerechte Krankenhausbehandlung der Versicherten nicht erforderlich ist.
Abschluß und Ablehnung des Versorgungsvertrags werden mit der Genehmigung durch die zuständigen Landesbehörden wirksam. Verträge, die vor dem 1. Januar 1989 nach § 371 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung abgeschlossen worden sind, gelten bis zu ihrer Kündigung nach § 110 weiter.

(4) Mit einem Versorgungsvertrag nach Absatz 1 wird das Krankenhaus für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen. Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39) der Versicherten verpflichtet. Die Krankenkassen sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften dieses Gesetzbuchs mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, des Krankenhausentgeltgesetzes und der Bundespflegesatzverordnung zu führen.

(5) Ansprüche der Krankenhäuser auf Vergütung erbrachter Leistungen und Ansprüche der Krankenkassen auf Rückzahlung von geleisteten Vergütungen verjähren in zwei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie entstanden sind. Dies gilt auch für Ansprüche der Krankenkassen auf Rückzahlung von geleisteten Vergütungen, die vor dem 1. Januar 2019 entstanden sind. Satz 1 gilt nicht für Ansprüche der Krankenhäuser auf Vergütung erbrachter Leistungen, die vor dem 1. Januar 2019 entstanden sind. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.

(6) Gegen Forderungen von Krankenhäusern, die aufgrund der Versorgung von ab dem 1. Januar 2020 aufgenommenen Patientinnen und Patienten entstanden sind, können Krankenkassen nicht mit Ansprüchen auf Rückforderung geleisteter Vergütungen aufrechnen. Die Aufrechnung ist abweichend von Satz 1 möglich, wenn die Forderung der Krankenkasse vom Krankenhaus nicht bestritten wird oder rechtskräftig festgestellt wurde. In der Vereinbarung nach § 17c Absatz 2 Satz 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes können abweichende Regelungen vorgesehen werden.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 18. April 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5316,57 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob zwei stationäre Krankenhausbehandlungen im Wege der Fallzusammenführung mit nur einer Fallpauschale abzurechnen sind.

2

In dem von der klagenden Gesellschaft betriebenen Krankenhaus wurde der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Patient A. (Versicherter) zweimal wegen seines Prostataleidens stationär behandelt. Während seines ersten Aufenthalts (4. bis 6.5.2006) mit der Aufnahmediagnose "Prostatahyperplasie mit Harnstauungsniere" wurde ein Harnblasendauerkatheter gelegt. Bei seiner Entlassung erhielt er einen Wiederaufnahmetermin für den 6.6.2006 zur transurethralen Prostataresektion, die dann auch am 7.6.2006 durchgeführt wurde. Nach komplikationslosem Heilungsverlauf wurde der Versicherte am 12.6.2006 nach Hause entlassen. Das Krankenhaus kodierte für beide stationären Aufenthalte die Prostatahyperplasie ICD-10 N40 als Hauptdiagnose und rechnete für den ersten Aufenthalt die Diagnosis Related Group (DRG) M61Z (benigne Prostatahyperplasie) mit einer Vergütung von 1437,81 Euro (Rechnung vom 15.5.2006) sowie für den zweiten Aufenthalt die DRG M02Z (transurethrale Prostataresektion) mit einem Entgelt von 3908,27 Euro (Rechnung vom 15.6.2006) ab. Die Beklagte beglich beide Rechnungen zunächst in voller Höhe unter Abzug von insgesamt 29,51 Euro als Kostenbeitrag für die integrierte Versorgung, beauftragte aber noch im Juli 2006 den Sozialmedizinischen Dienst (SMD) mit einer gutachtlichen Stellungnahme zur Frage, ob eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) 2006 in Betracht komme. Der SMD bejahte die Notwendigkeit einer Fallzusammenführung, weil die Prostataoperation aus medizinischer Sicht ohne Weiteres innerhalb von 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme hätte erfolgen können; die Wiederaufnahme erst am 33. Kalendertag (6.6.2006) statt noch am 30. Kalendertag (3.6.2006) sei medizinisch nicht geboten gewesen und verstoße daher gegen das Gebot wirtschaftlicher Leistungserbringung (§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V). Die Beklagte rechnete daraufhin am 15.11.2006 mit einem Erstattungsanspruch in Höhe des tatsächlich gezahlten Gesamtbetrages von 5316,57 Euro gegen unstreitige Vergütungsansprüche der Klägerin aus späteren Behandlungsfällen auf.

3

Die Klägerin hält die Aufrechnung für unwirksam, weil der Erstattungsanspruch nicht bestehe. Sie macht geltend, eine Harnableitung mittels eines permanent offenen Dauerkatheters sei bei dem 80 Jahre alten multimorbiden Versicherten erforderlich gewesen. Abhängig vom Stauungsgrad und der Dilatation müsse diese Urinableitung regelmäßig 6 bis 8 Wochen lang durchgeführt werden, ehe die Prostatahyperplasie ohne Gefahr weitreichender Komplikationen operativ angegangen werden könne. Hier sei der Versicherte bereits nach rund 5 Wochen erneut aufgenommen und operiert worden; diese Wartezeit sei aus fachurologischer Sicht zwingend notwendig gewesen. Unabhängig davon scheide eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 aber auch deshalb aus, weil die Vorschrift nach ihrem Wortlaut eine Fallzusammenführung nur vorsehe, wenn die Wiederaufnahme binnen 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme tatsächlich erfolgt sei, nicht aber schon dann, wenn die Wiederaufnahme innerhalb dieser Frist lediglich hätte erfolgen können, tatsächlich aber erst später stattgefunden habe.

4

Das SG hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 5316,57 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 15.11.2006 zu zahlen (Gerichtsbescheid vom 26.11.2009). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, nachdem die Klage wegen des Zinsanspruchs für den 15.11.2006 zurückgenommen worden war (Urteil vom 18.4.2012): Eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 scheide aus, weil die Wiederaufnahme des Versicherten nicht innerhalb von 30 Kalendertagen ab der Erstaufnahme erfolgt sei. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf Fälle, in denen die Wiederaufnahme innerhalb dieser Frist hätte erfolgen können, sei nach dem Grundsatz der wortgetreuen Auslegung vertraglicher Abrechnungsregelungen ausgeschlossen. Dem stehe auch nicht das Wirtschaftlichkeitsgebot des SGB V entgegen; ein Krankenhaus sei nicht verpflichtet, allein deswegen die für die Krankenkasse preisgünstigste Art der Durchführung einer Behandlung zu wählen. Auch ein Verstoß gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme sei nicht ersichtlich, weil sich das Krankenhaus im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und Abrechnungsbestimmungen bewegt habe. Ob etwas anderes gelte, wenn die Wiederaufnahme innerhalb der 30-Tage-Frist aus medizinischen Gründen an sich geboten gewesen wäre, könne offenbleiben, weil ein solcher Sachverhalt nicht vorliege.

5

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Auch bei der Auslegung der FPV seien die Vorschriften über die Pflicht zur wirtschaftlichen Leistungserbringung (§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V) zu beachten. Das berechtigte Bedürfnis nach Rechtssicherheit bei der Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften dürfe nicht dazu führen, dass die 30-Tage-Frist faktisch zur Disposition des Krankenhauses gestellt werde. Es sei unwirtschaftlich, einen Patienten drei Tage nach Ablauf dieser Frist wieder aufzunehmen, wenn dies ebenso gut noch innerhalb der Frist hätte geschehen können.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG für das Saarland vom 18.4.2012 und den Gerichtsbescheid des SG für das Saarland vom 26.11.2009 zu ändern und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist zulässig, in der Sache aber unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Die Aufrechnung vom 15.11.2006 ist unwirksam, weil der Beklagten der geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht zusteht. Eine Zusammenführung der beiden stationären Behandlungen des Versicherten zu einem "Behandlungsfall" scheidet aus.

9

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Streitgegenstand ist der Anspruch eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse auf Zahlung der Vergütung für die stationäre Krankenhausbehandlung eines Versicherten in Höhe von insgesamt 5316,57 Euro. Diesen Anspruch macht die Klägerin zu Recht mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG geltend; denn es handelt sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2; BSGE 86, 166, 167 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 10). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten.

10

2. In der Sache streiten die Beteiligten allerdings nur um die Wirksamkeit der von der Beklagten am 15.11.2006 erklärten Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von 5316,57 Euro. Die mit der erhobenen Leistungsklage verfolgten Vergütungsansprüche der Klägerin aus späteren Krankenhausbehandlungen von Versicherten der Beklagten sind demgegenüber unstreitig. Zwar hat das LSG weder ausdrücklich noch konkludent festgestellt, welche Vergütungsansprüche die Klägerin aufgrund welcher konkreten Krankenhausbehandlung geltend macht. Die Beteiligten haben aber übereinstimmend als selbstverständlich vorausgesetzt, dass der Klägerin gegen die Beklagte - ohne Berücksichtigung der streitigen Zahlungsforderung - laufende Ansprüche aus Anlass der Krankenhausbehandlung von Versicherten in Höhe von weiteren 5316,57 Euro erwachsen sind. Da die Beklagte sich gegenüber der Klage ausschließlich im Wege der Primäraufrechnung mit einer Gegenforderung verteidigt, steht die Klageforderung selbst außer Streit (stRspr, vgl zB BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 6).

11

Diese Klageforderung ist begründet. Der Beklagten steht kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch über 5316,57 Euro zu; denn in dieser Höhe hat sie die beiden stationären Behandlungen des Versicherten im Mai und Juni 2006 mit Rechtsgrund vergütet, weil der Klägerin insoweit ein Entgeltanspruch über insgesamt 5316,57 Euro zustand (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausentgelten vgl schon BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 8 f).

12

3. Rechtsgrundlage für die Vergütungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte für stationäre Krankenhausleistungen aus dem Jahr 2006 ist § 109 Abs 4 S 3 SGB V(hier idF durch Art 1 Nr 3 des Fallpauschalengesetzes vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 S 1 Nr 1 und § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz(KHEntgG; jeweils idF durch Art 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften - Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz <2. FPÄndG> vom 15.12.2004, BGBl I 3429) sowie § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz(KHG, idF durch Art 1 Nr 4 2. FPÄndG) iVm der Anlage 1 Teil a) des Fallpauschalen-Katalogs der G-DRG-Version 2006 sowie dem zwischen der Saarländischen Krankenhausgesellschaft eV und den Krankenkassen bzw deren Verbänden geschlossenen Vertrag nach § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V - Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung - idF des Schiedsspruchs vom 25.11.1996 (KBV) und der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2006. Die Frage der Fallzusammenführung richtet sich nach § 2 Abs 2 FPV 2006. Hiernach durfte die Klägerin die zwei stationären Behandlungen des Versicherten getrennt mit Einzelvergütungen von 1429,20 Euro und 3887,37 Euro, also mit einer Gesamtvergütung in Höhe von 5316,57 Euro, abrechnen.

13

4. Rechtsgrundlage für die von einer Krankenkasse erklärte Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zur Erfüllung von Vergütungsansprüchen der Krankenhäuser ist § 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm §§ 387 ff BGB(vgl BSGE 107, 78 = SozR 4-2500 § 140d Nr 2; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 8; BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2). Auch außerhalb der besonderen Regelungen der §§ 51, 52 SGB I über die Aufrechnung gegen Sozialleistungsansprüche besteht im Sozialrecht allgemein die Möglichkeit, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im Wege der Aufrechnung, auf welche die §§ 387 ff BGB entsprechend anzuwenden sind, entgegenzutreten(BSGE 75, 283, 284 ff = SozR 3-2400 § 28 Nr 2; BSGE 63, 224, 230 f = SozR 1300 § 48 Nr 47). Voraussetzung dieses einseitigen Rechtsgeschäfts, mit dem die wechselseitige Tilgung zweier Forderungen bewirkt wird, ist gemäß § 387 BGB, dass sich zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung gegenseitige, gleichartige und fällige bzw erfüllbare Forderungen gegenüberstehen, wobei die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung uneingeschränkt wirksam und fällig sein muss, die Hauptforderung dagegen lediglich erfüllbar zu sein braucht(Grüneberg in: Palandt, BGB, 72. Aufl 2013, § 387 RdNr 11 f). Außerdem darf entsprechend § 390 BGB die Gegenforderung nicht einredebehaftet sein. Diese Aufrechnungsvorraussetzungen sind hier nicht erfüllt, weil der zur Aufrechnung gestellte Erstattungsanspruch der Beklagten nicht bestand. Die Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV 2006 war hier ausgeschlossen.

14

5. Das Krankenhaus hat auch bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen einen Vergütungsanspruch gegen eine Krankenkasse nur für eine "erforderliche" Krankenhausbehandlung. Die Vergütung stellt die Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht zugelassener Krankenhäuser dar, die Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten im Rahmen des jeweiligen Versorgungsvertrags (§ 109 SGB V) zu leisten. Die Leistung des Krankenhauses dient der Erfüllung des Sachleistungsanspruchs des Versicherten (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V) gegen die Krankenkasse. Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht dabei - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12; stRspr). Im vorliegenden Fall steht die medizinische Notwendigkeit der beiden stationären Behandlungen und auch die jeweilige Dauer von zwei bzw sechs Belegungstagen nicht im Streit.

15

6. Maßgebend für die Höhe des Vergütungsanspruchs ist innerhalb des hier maßgeblichen DRG-Systems der Fallpauschalenkatalog. Danach hat die Klägerin zu Recht für die erste stationäre Behandlung des Versicherten die DRG M61Z und für die zweite stationäre Behandlung die DRG M02Z in Ansatz gebracht. Dies wird von der Beklagten auch nicht angegriffen. Ebenso erhebt sie auch keine Einwendungen gegen die Höhe des Vergütungsanspruchs, die sich bei getrennter Abrechnung beider Behandlungen auf insgesamt 5316,57 Euro beläuft. Sie ist vielmehr der Auffassung, dass nach der FPV 2006 iVm dem Gebot des SGB V zur wirtschaftlichen Leistungserbringung eine Zusammenführung beider Behandlungsfälle zu einem Behandlungsfall hätte erfolgen müssen. Dies trifft jedoch nicht zu.

16

a) Die insoweit maßgebende Vorschrift des - in seinem Wortlaut bis heute unverändert gebliebenen - § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 lautet: Eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale ist auch dann vorzunehmen, wenn
1. ein Patient oder eine Patientin innerhalb von 30 Kalendertagen ab dem Aufnahmedatum des ersten unter diese Vorschrift zur Zusammenfassung fallenden Krankenhausaufenthalts wieder aufgenommen wird und
2. innerhalb der gleichen Hauptdiagnosegruppe (MDC) die zuvor abrechenbare Fallpauschale in die "medizinische Partition" oder die "andere Partition" und die anschließende Fallpauschale in die "operative Partition" einzugruppieren ist.

17

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar erfüllen die beiden stationären Behandlungen des Versicherten wegen seines Prostataleidens die sachlichen Voraussetzungen der Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 S 1 Nr 2 FPV 2006, nicht aber die zeitlichen Voraussetzungen der Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 S 1 Nr 1 FPV 2006. Der Versicherte wurde nicht innerhalb von 30 Kalendertagen ab dem Aufnahmedatum des ersten Krankenhausaufenthalts wieder aufgenommen. Zwischen der Erstaufnahme am 4.5.2006 und der Wiederaufnahme am 6.6.2006 lagen 33 Kalendertage. Der reine Wortlaut des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 schließt die Fallzusammenführung also aus; dies stellt auch die Beklagte nicht in Abrede.

18

b) Die Beklagte befürwortet indes eine entsprechende Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006, weil - aus ihrer Sicht - der Versicherte bereits innerhalb der 30-Tage-Frist, also spätestens am 3.6.2006, zur vorgesehenen Prostataoperation hätte wieder aufgenommen werden können. Eine solche Ausweitung des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift kommt jedoch nicht in Betracht. Vergütungsregelungen sind grundsätzlich streng nach ihrem Wortlaut auszulegen, um Fehlinterpretationen und Missverständnisse zu vermeiden; denn nur so sind sie für die routinemäßige Anwendung im Massengeschäft der Abrechnung der zahlreichen Behandlungsfälle handhabbar (vgl allgemein zur Funktion von Vergütungsregelungen BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 2; BSG SozR 3-5565 § 15 Nr 1; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11, RdNr 18; BSGE 111, 200 = SozR 4-5562 § 8 Nr 4, RdNr 24). Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs 2 S 1 KHG) und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten, Unbilligkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese Mängel mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSGE 107, 140 = SozR 4-2500 § 109 Nr 21, RdNr 18 mwN).

19

Die Regelung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 ist so angelegt, dass über die Fallzusammenführung anhand von DRG-Nummern und Partitionen sowie von konkreten Fristen entschieden wird. Nur so können die Entscheidungen im Massengeschäft der Abrechnung durch die EDV getroffen werden. Beurteilungsspielräume der Betroffenen und somit Streit zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern sollen auf diese Weise vermieden werden (Tuschen/Trefz, Krankenhausentgeltgesetz, 2. Aufl 2010, Ziffer 6.4.1, S 149). Dieses Ziel würde konterkariert, wenn jeweils im Einzelfall geprüft werden müsste, ob eine zweite außerhalb der 30-Tages-Frist liegende stationäre Behandlung schon früher hätte begonnen werden können, so dass sie innerhalb dieser Frist liegen würde. Den Vertragsparteien steht es vielmehr frei, im Zuge der jährlichen Überarbeitung der FPV die Frist des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 zB auf 40 Tage zu verlängern oder sogar ganz zu streichen. Außerdem könnten sie auch eine speziell auf die mehrphasige stationäre Behandlung von Prostataerkrankungen zugeschnittene Regelung zur Fallzusammenführung aushandeln.

20

c) Der Charakter des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 als vertragliche Vergütungsvorschrift schließt es auch aus, eine Fallzusammenführung nach dieser Regelung auch dann zu erwägen, wenn - wie hier - allein ein die Behandlung prägender sachlicher Zusammenhang zwischen der ersten und zweiten Behandlungsphase iS des § 2 Abs 2 S 1 Nr 2 FPV 2006 besteht, die Zeitgrenze des § 2 Abs 2 S 1 Nr 1 FPV 2006 aber überschritten ist. Die Fallzusammenführung beider Behandlungsphasen zu einem einzigen Behandlungsfall im Sinne eines zusammenhängend behandelten Krankheitsfalls haben die Vertragsparteien bewusst an die Kombination aus einem prägenden sachlichen Zusammenhang und einem Zeitmoment geknüpft, wobei beide Elemente kumulativ vorliegen müssen. Soll der prägende sachliche Zusammenhang allein für die Fallzusammenführung ausreichen, bedarf es einer entsprechenden Änderungsvereinbarung zur FPV durch die Vertragsparteien; eine in dieser Weise einschränkende Auslegung und Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 ohne vertragliche Änderung der Vorschrift ist ausgeschlossen. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von der Auslegung gesetzlicher Vergütungsvorschriften. So hat zB der 1. Senat des BSG zur Abrechnungsregelung des § 8 Abs 2 S 3 Nr 3 KHEntgG entschieden(Urteil vom 17.9.2013 - B 1 KR 2/12 R -, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen), dass eine vorstationäre Behandlung neben der Fallpauschale für eine anschließende voll- oder teilstationäre Behandlung immer dann nicht abrechenbar ist, wenn jeweils sowohl die vorstationäre als auch die voll- oder teilstationäre Behandlung wegen ihres prägenden sachlichen Zusammenhangs übergreifend einen einzigen Behandlungsfall im Sinne eines zusammenhängend behandelten Krankheitsfalles betrifft; nicht entscheidend sei hingegen, ob bei der vorstationären Behandlung die Zeitgrenzen des § 115a Abs 2 S 1 SGB V ("Die vorstationäre Behandlung ist auf längstens drei Behandlungstage innerhalb von fünf Tagen vor Beginn der stationären Behandlung begrenzt.") gewahrt oder überschritten sind (BSG, aaO, RdNr 22). Ob dieser Entscheidung des 1. Senats zu folgen ist (und eine der Sache nach ambulante Behandlung auch dann "vorstationär" genannt und als in die Zuständigkeit der Krankenhäuser fallend bezeichnet werden kann, wenn die Zeitgrenzen des § 115a Abs 2 S 1 SGB V überschritten sind), lässt der erkennende Senat offen; maßgeblich ist, dass diese Entscheidung auf die Auslegung einer vertraglichen Vergütungsvorschrift wie § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 nicht übertragbar ist.

21

d) Dem Ausschluss der analogen Anwendung des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006 steht auch nicht das Wirtschaftlichkeitsgebot(§ 2 Abs 4, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 S 2 SGB V) entgegen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot allein verpflichtet ein Krankenhaus nicht dazu, die für die Krankenkasse finanziell günstigste Art der Durchführung einer Behandlung zu wählen. Es begründet keine Fürsorgepflicht des Krankenhauses für die sparsame Mittelverwendung des Vertragspartners. Der Gesetzgeber hat zur Erfüllung der Sachleistungsverpflichtung der Krankenkassen gegenüber ihren Versicherten (§ 2 Abs 2 S 1 SGB V)vorgesehen, dass sich die Krankenkassen der verschiedenen Leistungserbringer bedienen, mit denen sie über Art und Umfang der Leistungen sowie deren Vergütung Verträge abschließen. Dem Vertragsmodell liegt die Vorstellung zu Grunde, dass jede Seite ihre Interessen zu wahren sucht, der Einigungsdruck aber zu einem angemessenen Interessenausgleich führt. Die sich aus der auf Dauer angelegten intensiven Vertragsbeziehung zwischen einem Leistungserbringer und einer Krankenkasse ergebenden gegenseitigen Treue- und Rücksichtnahmepflichten (§ 69 Abs 1 S 3 SGB V iVm § 241 Abs 2 BGB und § 242 BGB) gehen nicht so weit, dass vertraglich eingeräumte Vergütungsansprüche nicht voll ausgeschöpft werden dürfen. Treue- und Rücksichtnahmepflichten aus Vertragsverhältnissen wirken sich regelmäßig lediglich auf vertragliche Nebenpflichten aus, die nicht ausdrücklich geregelt sind. Eindeutig vereinbarte Vergütungsansprüche können dadurch nicht eingeschränkt werden. Hier kann von den Krankenkassen erwartet werden, dass sie ihren Auftrag zur sparsamen Mittelverwendung in vollem Umfang eigenverantwortlich wahrnehmen und durch entsprechende Vertragsgestaltung - soweit ein Konsens zu erzielen ist - auch umsetzen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot verpflichtet ein Krankenhaus lediglich, innerhalb der gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben wirtschaftlich zu handeln, nicht aber, darüber hinaus - gegen eigene Interessen - weitere Vorgaben aus Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten aufzustellen; es muss also nur die ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen optimal einsetzen und die vertraglichen und gesetzlichen Voraussetzungen einhalten. Dem ist die Klägerin hier nachgekommen. Der Versicherte hatte einen Anspruch nach § 39 SGB V auf zweimalige stationäre Krankenhausbehandlung, wobei kein Anspruch bestand, die zweite Krankenhausbehandlung zu einem bestimmten Zeitpunkt, hier innerhalb der 30-Tage-Frist des § 2 Abs 2 S 1 FPV 2006, zu erhalten. Die Krankenhausbehandlung war auch, wie bereits ausgeführt, medizinisch erforderlich, was insbesondere auch für die zweite Krankenhausbehandlung gilt. Selbst wenn die Wiederaufnahme aus medizinischem Blickwinkel möglicherweise schon einige Tage früher hätte stattfinden können, was hier offenbleiben kann, ändert dies nichts daran, dass die zweite Behandlung für sich genommen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich war und damit dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprach.

22

e) Der erkennende Senat muss an dieser Stelle nicht entscheiden, wie der Fall zu beurteilen wäre, wenn eine Wiederaufnahme innerhalb der 30-Tage-Frist aus medizinischen Gründen notwendig, die Wiederaufnahme nach erst 33 Kalendertagen also fehlerhaft gewesen wäre. Ein solcher Sachverhalt liegt nach den Feststellungen des LSG nicht vor; er wird von der Beklagten und dem SMD auch nicht behauptet. Ebenso kann die Frage offenbleiben, wie zu entscheiden wäre, wenn ein Krankenhaus solch lange Zwischenfristen systematisch ausnutzen würde, um Fallzusammenführungen zwecks Gewinnoptimierung zu umgehen. Auch dafür gibt es im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte. Im Gegenteil: Die Überschreitung der 30-Tage-Frist um drei Tage war auch sachlich nicht zu beanstanden. Zur Wahrung dieser Frist hätte der Versicherte spätestens am 3.6.2006 (Samstag) wieder aufgenommen werden müssen. Da aber an Wochenenden aus guten Gründen nur Notfälle in ein Krankenhaus aufgenommen werden, wäre realistischerweise nur der 2.6.2006 (Freitag) als letzter Wiederaufnahmetag in Betracht gekommen, weil sich der Versicherte nicht in einer Notfallsituation befand, sondern es um einen geplanten Eingriff ging. Da solche geplanten Eingriffe regelmäßig aber nur alltags durchgeführt werden, wäre der Versicherte voraussichtlich nicht vor dem 6.6.2006 (Dienstag), dem Tag der tatsächlichen Wiederaufnahme, operiert worden, weil der Zeitraum vom 3.6.2006 (Samstag) bis zum 5.6.2006 (Pfingstmontag) hierfür nicht zur Verfügung stand. Eine Wiederaufnahme am 2.6.2006 hätte also nur die Verweildauer des Versicherten unnötig verlängert und dem Krankenhaus zusätzliche Kosten verursacht.

23

7. Der Zinsanspruch beruht auf § 14 Abs 5 KBV.

24

8. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 und § 47 Abs 1 GKG.

Soweit sich aus den §§ 53 bis 60 nichts Abweichendes ergibt, gelten die übrigen Vorschriften dieses Gesetzbuches. Ergänzend gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend.

Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 16. August 2011 geändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 388,79 Euro nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15. Oktober 2010 zu zahlen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen beide Beteiligte jeweils zur Hälfte; die Kosten der Revisionsinstanz trägt die Beklagte.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 688,79 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist ein Anspruch der klagenden Krankenkasse gegen die beklagte Gesellschaft als Trägerin des Kreiskrankenhauses G. auf Erstattung von Behandlungskosten in Höhe eines Teilbetrages von 388,79 Euro, den die Klägerin aus einer ihrer Ansicht nach gebotenen Fallzusammenführung nach § 8 Abs 5 S 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) ableitet.

2

In dem Krankenhaus wurde der bei der Klägerin versicherte Patient S. wegen eines linksseitigen Leistenbruchs zunächst vom 23. bis zum 24.12.2009 und sodann vom 28.12.2009 bis zum 5.1.2010 vollstationär behandelt. Für die erste Behandlung mit der Hauptdiagnose gemäß ICD K 40.90 (Hernia inguinalis, einseitig oder ohne Seitenangabe, ohne Einklemmung und ohne Gangrän, nicht als Rezidivhernie bezeichnet) setzte die Beklagte nach dem auf Diagnosis Related Groups (DRGs; diagnosebezogene Fallgruppen) basierenden Fallpauschalen-Katalog der G-DRG-Version 2009 die DRG G 24 Z (Eingriffe bei Bauchwandhernien, Nabelhernien und anderen Hernien, Alter > 0 Jahre oder beidseitige Eingriffe bei Leisten- und Schenkelhernien, Alter > 0 Jahre und < 56 Jahre oder Eingriffe bei Leisten- und Schenkelhernien, Alter > 55 Jahre) mit einer Vergütung von 1528,96 Euro an (Rechnung vom 29.12.2009). Die wegen eines Hämatoms notwendig gewordene zweite Behandlung mit der Hauptdiagnose gemäß ICD T 81.0 (Blutung und Hämatom als Komplikation eines Eingriffs, anderenorts nicht klassifiziert) wurde auf der Basis der DRG X 62 Z (Vergiftungen/toxische Wirkungen von Drogen, Medikamenten und anderen Substanzen oder Folgen einer medizinischen Behandlung) mit 1727,95 Euro berechnet (Rechnung vom 6.1.2010). Die Klägerin beglich zunächst beide Rechnungen nach Abzug der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlungen von 10 Euro pro Tag des Aufenthalts gemäß § 39 Abs 4 iVm § 61 S 2 SGB V (20 bzw 90 Euro) in Höhe von 1508,96 Euro und 1637,95 Euro, vertrat aber nach Einholung einer Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 22.2.2010 die Auffassung, nach § 2 Abs 3 der Fallpauschalenvereinbarung für das Jahr 2009 (FPV 2009) müssten beide Behandlungsfälle zu einem Fall zusammengeführt werden, weil die Zweitbehandlung der Beseitigung einer auf die Erstbehandlung zurückzuführenden typischen Komplikation gedient habe und die Wiederaufnahme noch innerhalb der oberen Grenzverweildauer (8 Tage) der DRG G 24 Z erfolgt sei. Bei der Fallzusammenführung hätte dem Krankenhaus nach der Hauptdiagnose ICD K 40.90 und der Nebendiagnose ICD T 81.0 auf der Basis der DRG G 24 Z eine Gesamtvergütung von 2758,12 Euro zugestanden. Daraus ergebe sich eine Überzahlung von 388,79 Euro (1508,96 + 1637,95 = 3146,91 Euro, abzüglich berechtigter 2758,12 Euro = 388,79 Euro), die einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch auslöse.

3

Im Klageverfahren hat die Klägerin den Erstattungsanspruch anfangs irrtümlich auf 1848,78 Euro beziffert (Klageschrift vom 14.10.2010), ihn dann aber auf 388,79 Euro reduziert (Schriftsatz vom 27.12.2010). Die Beklagte tritt dem Erstattungsbegehren entgegen: Eine Fallzusammenführung sei nach der zum 1.1.2008 vereinbarten Änderung der entsprechenden Regelung (vgl § 2 Abs 3 FPV 2009, ebenso schon § 2 Abs 3 FPV 2008) nur noch möglich, wenn die Wiederaufnahme eines Patienten auf einer Komplikation beruhe, die in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses falle. Dies scheide bei Komplikationen aus, die sich erst nach abgeschlossener Erstbehandlung des Patienten und dessen Entlassung aus dem Krankenhaus gezeigt hätten und auf einem unvermeidbaren, schicksalhaften Verlauf beruhten. Nur bei Komplikationen, die auf Fehlern bei der ärztlichen Behandlung oder Pflege im Krankenhaus basierten und deshalb für das Krankenhaus vermeidbar seien, komme eine Fallzusammenführung in Betracht. Demgegenüber meint die Klägerin, eine Fallzusammenführung scheide nur aus, wenn die Komplikation auf einem unvernünftigen Verhalten ("mangelnde Compliance") des Patienten oder einer Behandlung durch einen anderen Arzt, zB den Hausarzt, beruhe. Zeige sich dagegen - wie hier - noch vor Ablauf der oberen Grenzverweildauer eine Komplikation, die typischerweise bei einer bestimmten Krankheit oder einem konkreten Eingriff auftrete und praktisch unvermeidbar sei, falle die Komplikation in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses.

4

Das SG hat die Zahlungsklage abgewiesen (Urteil vom 16.8.2011). Es ist der Rechtsauffassung der Beklagten gefolgt und hat die Fallzusammenführung abgelehnt, weil nach dem von ihm eingeholten medizinischen Gutachten des Sachverständigen Dr. K. vom 6.4.2011 die Ursache für die zu dem ausgeprägten Hämatom führende Nachblutung nicht feststellbar und deshalb eine fehlerhafte Durchführung des Eingriffs vom 23.12.2009 nicht nachzuweisen sei. Daher sei von einem schicksalshaften Verlauf auszugehen, sodass die zur Wiederaufnahme in das Krankenhaus zwingende Komplikation nicht in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses falle. Die für den Fall der Abweisung der Zahlungsklage erhobene Widerklage auf Zahlung der Aufwandspauschale von 300 Euro nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V sei begründet, weil der Prüfauftrag der Klägerin an den MDK nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages geführt habe.

5

Mit der vom SG zugelassenen Sprungrevision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 8 Abs 5 KHEntgG iVm § 2 Abs 3 FPV 2009, § 275 Abs 1c SGB V). Sie hält die Fallzusammenführung nach wie vor für rechtmäßig und beantragt,

        

das Urteil des SG Köln vom 16.8.2011 zu ändern und die Beklagte unter Abweisung der Widerklage zu verurteilen, an sie 388,79 Euro nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.10.2010 zu zahlen.

6

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil, hält die Revision bezüglich der Widerklage bereits für unzulässig und beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Sprungrevision der Klägerin ist zulässig und begründet. Das SG hat den geltend gemachten Erstattungsanspruch der Klägerin zu Unrecht als unbegründet erachtet. Der Klägerin steht ein Erstattungsanspruch über 388,79 Euro zu, weil die Beklagte zu einer Fallzusammenführung nach § 8 Abs 5 KHEntgG iVm § 2 Abs 3 FPV 2009 verpflichtet gewesen wäre, die zu einer Gesamtvergütung für beide Krankenhausbehandlungen von nur 2758,12 Euro geführt hätte. Die Widerklage der Beklagten war abzuweisen.

8

1. Die Sprungrevision ist zulässig (§ 161 SGG). Die Klägerin hat die vom SG in dem Urteil vom 16.8.2011 zugelassene Sprungrevision am 17.10.2011 eingelegt. Damit hat sie die einmonatige Frist zur Revisionseinlegung (§ 164 Abs 1 SGG) gewahrt, weil ihr das Urteil des SG am 22.9.2011 zugestellt worden war. Die von der Klägerin gewählte Revisionseinlegung durch Telefax wahrt die Schriftform (§ 164 Abs 1 SGG), weil die auf dem Original-Schriftsatz vom 13.10.2011 enthaltene Unterschrift einer dazu befugten Mitarbeiterin mit Befähigung zum Richteramt (§ 73 Abs 4 SGG) durch das Telefax wiedergegeben wird (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 151 RdNr 3a - 3d mwN). Dass der Original-Schriftsatz nicht per Post nachgesandt worden ist, ist unerheblich, weil die Übermittlung per Telefax ausreicht (Leitherer, aaO, § 151 RdNr 3d am Ende). Die erforderliche Zustimmung der Beklagten zur Einlegung der Sprungrevision (§ 161 Abs 1 S 3 SGG) liegt vor, weil dem Telefax der Klägerin die Zustimmungserklärung vom 14.10.2011 beigefügt war. Dabei reicht es aus, dass die Zustimmungserklärung der Beklagten mittels eines die Unterschrift ihres Prozessbevollmächtigten wiedergebenden Telefaxes an die Klägerin übermittelt und dieses Telefax ebenfalls in Form eines - von der Klägerin veranlassten - Telefaxes dem BSG zugeleitet worden ist (Leitherer, aaO, § 161 RdNr 4a mwN; BSG SozR 3-1500 § 161 Nr 13).

9

2. Die Sprungrevision der Klägerin erfasst nicht nur ihr Klagebegehren, also den Erstattungsanspruch, sondern auch die Widerklage. Schon durch den Antrag im Revisionsschriftsatz vom 13.10.2011 auf vollständige Aufhebung des SG-Urteils wird auch der Ausspruch erfasst, die Klägerin werde auf die Widerklage hin verurteilt, an die Beklagte 300 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Der zusätzliche Antrag, die Widerklage abzuweisen, stellt sich insoweit nur als Klarstellung des von vornherein mit der Revision beabsichtigten Überprüfungsbegehrens dar. Der Einwand der Beklagten, das Revisionsbegehren der Klägerin sei durch die Nichterwähnung der Widerklage in der Fassung des Antrages vom 13.10.2011 auf das Klagebegehren beschränkt und die "Erweiterung" des Revisionsbegehrens auf die Abweisung der Widerklage in der Revisionsbegründung vom 20.10.2011 damit unzulässig, ist schon von daher unbegründet.

10

Selbst wenn aber in dem Schriftsatz der Klägerin vom 13.10.2011 eine nur beschränkte Einlegung der Revision gesehen werden könnte, ist zu berücksichtigen, dass die Revisionsbegründung vom 20.10.2011 noch innerhalb der am 22.9.2011 beginnenden und am 24.10.2011 (Montag) ablaufenden einmonatigen Revisionseinlegungsfrist beim BSG eingegangen ist, nämlich am 24.10.2011. Es wäre dann von einer noch fristgerecht erfolgten Erweiterung der Revision auszugehen.

11

3. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Eines Vorverfahrens iS von § 78 SGG bedurfte es nicht, weil die Klage zu Recht als allgemeine Leistungsklage(§ 54 Abs 5 SGG) erhoben worden ist. Da sich der Krankenhausträger und die Krankenkasse bei der Frage, wie die stationäre Behandlung eines gesetzlich gegen Krankheit Versicherten zu vergüten ist, im Gleichordnungsverhältnis gegenüberstehen, kommt eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht. Es war auch keine Klagefrist zu beachten (stRspr, vgl zB BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12).

12

4. Rechtsgrundlage des von der Beklagten abgerechneten und von der Klägerin durch Zahlung erfüllten Vergütungsanspruchs aus der Ende 2009/Anfang 2010 erfolgten stationären Behandlung des Versicherten S. ist § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF des Fallpauschalengesetzes vom 23.4.2002, BGBl I, 1412) iVm § 7 S 1 Nr 1 und § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG(jeweils idF des 2. Fallpauschalenänderungsgesetzes vom 15.12.2004, BGBl I 3429) sowie § 17b KHG(idF der 9. Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407) iVm der Anlage 1 Teil a) des Fallpauschalen-Katalogs der G-DRG-Version 2009 sowie der zwischen der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen eV und den Krankenkassen bzw ihren Verbänden geschlossene Vertrag nach § 112 Abs 2 Nr 1 SGB V über die Allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung (KBV-NRW) vom 6.12.1996 sowie die Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten für das Jahr 2009. Obgleich der Versicherte erst am 5.1.2010 wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden ist, richtet sich der Vergütungsanspruch noch nach dem Fallpauschalen-Katalog der G-DRG-Version 2009, weil gemäß § 1 Abs 1 S 1 FPV 2009 die Fallpauschalen nach dem am Tag der voll- oder teilstationären Aufnahme geltenden Fallpauschalen-Katalog und den dazu gehörenden Abrechnungsregeln abzurechnen sind. Hier fand die Erstaufnahme am 23.12.2009 und die Wiederaufnahme am 28.12.2009 statt. Die Frage der Fallzusammenführung richtet sich nach § 8 Abs 5 KHEntgG iVm § 2 Abs 3 FPV 2009.

13

Nach § 109 Abs 4 S 3 SGB V entsteht die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus(§ 108 SGB V) durchgeführt wird und iS des § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist. Der Behandlungspflicht zugelassener Krankenhäuser (§ 109 Abs 4 S 2 SGB V) steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung in den §§ 16, 17 KHG in der Pflegesatzvereinbarung zwischen Krankenhausträger und Krankenkasse festgelegt wird(BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSGE 90, 1, 2 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3). Hiernach hat die Beklagte für die beiden Behandlungen des Versicherten S. Vergütungen in Höhe von 1508,96 Euro und 1637,95 Euro berechnet, hätte dafür aber nur einen Behandlungsfall mit einer Gesamtvergütung von 2758,12 Euro in Ansatz bringen dürfen.

14

5. Rechtsgrundlage der von der Klägerin mit Schreiben vom 23.2.2010 geltend gemachten Forderung auf Rückzahlung des überzahlten Betrages von 388,79 Euro ist ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch (BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 9 f; BSGE 69, 158, 160 = SozR 3-1300 § 113 Nr 1).

15

Der im öffentlichen Recht auch ohne ausdrückliche Normierung seit langem anerkannte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (vgl nur BSGE 16, 151, 156 = SozR Nr 1 zu § 28 BVG mwN zur älteren Rspr und Literatur), der aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere aus dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung hergeleitet wird (BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2, RdNr 27), setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind (BSGE 16, 151, 156 = SozR Nr 1 zu § 28 BVG; BSGE 69, 158, 160 = SozR 3-1300 § 113 Nr 1; BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 8; BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15). Seine Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen entsprechen zwar, soweit sie nicht spezialgesetzlich geregelt sind, denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs nach den §§ 812 ff BGB(vgl BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2, RdNr 27 mwN zu Rspr des BVerwG). Es scheidet aber ein Rückgriff auf die zivilrechtlichen Normen aus, soweit der vom öffentlichen Recht selbstständig entwickelte Erstattungsanspruch reicht (vgl BSGE 38, 46, 47 = SozR 2200 § 1409 Nr 1). Dies gilt namentlich für die Nichtanwendbarkeit der bereicherungsrechtlichen Vorschriften, denen öffentlich-rechtliche Wertungszusammenhänge entgegenstehen (vgl zB zur Nichtanwendbarkeit des § 818 Abs 3 BGB bei der Rückforderung von Berufsausbildungsbeihilfe wegen des Vorrangs von § 152 Abs 3 AFG aF BSGE 45, 38, 47 = SozR 4100 § 40 Nr 17 S 54, mwN; vgl auch BVerwGE 71, 85, 88; 112, 351, 353 f).

16

6. Die Klägerin hat die Kostenrechnungen der Beklagten vom 29.12.2009 und 6.1.2010 für die beiden stationären Aufenthalte des Versicherten S. in Höhe eines Teilbetrages von 388,79 Euro ohne Rechtsgrund beglichen. Die Beklagte hätte nach § 8 Abs 5 KHEntgG iVm § 2 Abs 3 FPV 2009 beide Behandlungsfälle zu einem Fall mit einer Gesamtvergütung von 2758,12 Euro zusammenfassen müssen; daraus ergibt sich die Überzahlung von 388,79 Euro.

17

a) § 8 Abs 5 KHEntgG(idF des 2. Fallpauschalenänderungsgesetzes) lautet seit dem 21.12.2004: "Werden Patientinnen oder Patienten, für die eine Fallpauschale abrechenbar ist, wegen einer Komplikation im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung innerhalb der oberen Grenzverweildauer wieder aufgenommen, hat das Krankenhaus eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale vorzunehmen. Näheres oder Abweichendes regeln die Vertragsparteien nach § 17b Abs 2 Satz 1 KHG oder eine Rechtsverordnung nach § 17 Abs 7 KHG." Diese Fassung der Vorschrift ist auf die Abrechnungen der um die Jahreswende 2009/2010 erfolgten beiden Krankenhausaufenthalte des Versicherten S. anzuwenden. Aufgrund der Ermächtigung in § 8 Abs 5 S 2 KHEntgG haben die damaligen Spitzenverbände der Krankenkassen, der Verband der Privaten Krankenversicherung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft als Selbstverwaltungspartner nach § 17b Abs 2 KHG am 21.9.2007 die zum 1.1.2008 in Kraft getretene FPV 2008 vereinbart, um eine verbesserte Handhabung der Regelungen zur Fallzusammenführung bei Wiederaufnahme wegen Komplikationen zu erreichen. Die insoweit maßgebliche Regelung des § 2 Abs 3 FPV 2008 ist unverändert in die hier einschlägige FPV 2009 übernommen worden.

18

§ 2 Abs 3 FPV 2009 lautet: "Werden Patienten oder Patientinnen, für die eine Fallpauschale abrechenbar ist, wegen einer in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses fallenden Komplikation im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung innerhalb der oberen Grenzverweildauer, bemessen nach der Zahl der Kalendertage ab dem Aufnahmedatum des ersten unter diese Vorschrift zur Zusammenfassung fallenden Aufenthalts, wieder aufgenommen, hat das Krankenhaus eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale vorzunehmen. Eine Zusammenfassung und Neueinstufung wird nicht vorgenommen bei unvermeidbaren Nebenwirkungen von Chemotherapien und Strahlentherapien im Rahmen onkologischer Behandlungen. Die Absätze 1 und 2 gehen den Vorgaben nach den Sätzen 1 und 2 vor. Die Sätze 1 und 2 ergänzen die Vorgaben nach § 8 Abs. 5 des Krankenhausentgeltgesetzes."

19

b) Zur Auslegung dieser Vorschriften ist die historische Entwicklung des Rechts zur Fallzusammenführung bedeutsam.

20

aa) Vor der Einführung des DRG-Systems sah bereits die Bundespflegesatzverordnung eine solche Regelung vor. Bis zum 31.12.2003 galt nach § 14 Abs 2 S 5 BPflV ein Sanktionsmechanismus, wonach tagesgleiche Pflegesätze für die Kalendertage innerhalb der Grenzverweildauer der Fallpauschale(§ 11 BPflV)nicht berechnet werden durften, sofern ein Fallpauschalenpatient wegen Komplikationen in dasselbe Krankenhaus wieder aufgenommen wurde. Hintergrund dieser Regelung war nach der Gesetzesbegründung (BR-Drucks 381/94, S 35), dass insbesondere bei Fallpauschalenpatienten, die nach sehr kurzer Verweildauer entlassen werden, zusätzlich tagesgleiche Pflegesätze abgerechnet wurden, wenn die bereits mit der Fallpauschale bezahlte Verweildauer noch nicht abgelaufen ist. Dies sollte nach Möglichkeit verhindert werden.

21

bb) Für das DRG-System hat der Gesetzgeber die Fallzusammenführung wegen Komplikationen in § 8 Abs 5 KHEntgG geregelt. In seiner Ursprungsfassung sah der Satz 1 dieser Vorschrift vor: "Wird ein Patient wegen Komplikationen wieder in dasselbe Krankenhaus aufgenommen, für den zuvor eine Fallpauschale berechnet wurde, darf für die Kalendertage innerhalb der Grenzverweildauer dieser Fallpauschale die Fallpauschale nicht erneut berechnet werden." Die Fassung durch das Fallpauschalenänderungsgesetz vom 17.7.2003 (BGBl I 1461), in Kraft ab 22.7.2003, lautete: "Wird ein Patient, für den zuvor eine Fallpauschale berechnet wurde, im Zeitraum von der Entlassung bis zur Grenzverweildauer der abgerechneten Fallpauschale wegen einer Komplikation im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung wieder in dasselbe Krankenhaus aufgenommen, darf eine Fallpauschale nicht erneut berechnet werden." Seit dem 21.12.2004 gilt die bereits zitierte Fassung des 2. Fallpauschalenänderungsgesetzes. Dabei ist der Begriff der Komplikation stets unverändert geblieben. Er umfasst negative Folgen einer medizinischen Behandlung wie zB Nachblutungen, Hämatome, Thrombosen, Infektionen und auch deren unerwünschte Nebenwirkungen (van der Ploeg, NZS 2011, 808, 809).

22

c) Mit der Umstellung auf das DRG-System wurde also zunächst vorgesehen, dass für die Kalendertage innerhalb der Grenzverweildauer einer abgerechneten Fallpauschale diese Fallpauschale nicht erneut berechnet werden durfte, sofern ein Patient wegen Komplikationen wieder in dasselbe Krankenhaus aufgenommen wurde. Bei Anwendung dieser Regelung ist es im Jahr 2003 zu erheblichen Problemen gekommen, da die Norm von Krankenhaus- und Kostenträgerseite unterschiedlich ausgelegt wurde. Zum 22.7.2003 wurde die Vorschrift insoweit geändert, als nunmehr ausdrücklich nur auf "Komplikationen in Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung" abgestellt wurde, um den Anwendungsbereich der Regelung zur Fallzusammenführung einzugrenzen. Dies wurde durch die zum 21.12.2004 in Kraft getretene neue Fassung der Vorschrift bekräftigt. Dennoch bestanden in der Folgezeit zwischen den Leistungserbringern und der Kostenträgerseite weiterhin erhebliche Auslegungsunterschiede. Diese Differenzen sollten über den Weg der vertraglichen Abweichungsmöglichkeit nach § 8 Abs 5 S 2 KHEntgG endgültig durch die FPV für das Jahr 2008 beseitigt werden, indem in § 2 Abs 3 FPV 2008 nicht mehr nur, wie bis dahin, auf "Komplikationen im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung" abgestellt wurde, sondern zusätzlich gefordert wurde, dass die zur Wiederaufnahme führende Komplikation "in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses" fallen muss.

23

d) Daraus ergeben sich folgende Konsequenzen: In den Verantwortungsbereich des Krankenhauses fallen unstreitig alle Komplikationen, die auf irgendwie geartete Fehler und Mängel bei der ärztlichen Behandlung oder bei der Pflege im Krankenhaus zurückzuführen sind. Nicht in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses fallen unstreitig alle Komplikationen, die zwar auch im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung des Krankenhauses stehen, aber maßgeblich erst durch ein hinzukommendes weisungswidriges oder sonstwie unvernünftiges Verhalten des Versicherten nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus, durch ein Behandlungsverhalten des ambulant weiterbehandelnden Arztes, zB des Hausarztes, oder durch ein sonstiges, nicht vom Krankenhaus zu beeinflussendes Ereignis wie zB einen Verkehrsunfall hervorgerufen worden sind. Streitig geblieben ist trotz der Neufassung der FPV zum 1.1.2008, ob all jene Komplikationen, die bei bestimmten Krankheiten bzw Eingriffen typischerweise oder auch nur in Ausnahmefällen auftreten und nicht (bzw nicht beweisbar) auf ein irgendwie geartetes fehlerhaftes Verhalten der Krankenhausärzte oder des Pflegepersonals zurückzuführen sind, also unvermeidbar erscheinen und einem schicksalhaften Verlauf entsprechen, in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses fallen - so die Ansicht der Krankenkassen (ebenso van der Ploeg, NZS 2011, 808) - oder dem Verantwortungsbereich der Kostenpflichtigen, also der Krankenkassen und der Versicherten zuzurechnen sind - so die Auffassung der Krankenhausträger (ebenso Leber, Das Krankenhaus 2011, 1010). Diese Streitfrage ist zugunsten der Krankenkassen und der Versicherten zu entscheiden, weil sowohl nach dem Wortlaut als auch nach Sinn und Zweck der Vergütungsregelungen für stationäre Behandlungen diese unvermeidbaren Komplikationen in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses fallen, sofern sie vor Ablauf der oberen Grenzverweildauer zur Wiederaufnahme des Versicherten führen.

24

7. a) Vergütungsregelungen sind grundsätzlich streng nach ihrem Wortlaut auszulegen; nur so sind sie für die routinemäßige Anwendung in zahlreichen Behandlungsfällen handhabbar (vgl allgemein zur Funktion von Vergütungsregelungen: BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 2; BSG SozR 3-5565 § 15 Nr 1; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 18). Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs 2 S 1 KHG) und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten, Unbilligkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese Mängel mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSGE 107, 140 = SozR 4-2500 § 109 Nr 21, RdNr 18 mwN). Der Begriff "Verantwortungsbereich" knüpft an die Begriffe "Verantwortung" und "verantworten" an. Im hier maßgeblichen Zusammenhang der rechtlichen (also nicht der politischen, moralischen, sozialen oder religiösen) Verantwortung bedeutet der Begriff die (gesetzliche oder vertragliche) Verpflichtung, für "etwas Geschehenes" einzustehen (vgl Duden, Deutsches Universal-Wörterbuch, 5. Aufl 2003, Stichworte "Verantwortung" und "verantworten"), und zwar unabhängig davon, ob das "Geschehene" auf einem vorwerfbaren Verhalten des Verantwortungsträgers beruht oder für ihn unvermeidbar ist. Beide Alternativen fallen in die "Risikosphäre" des Verantwortungsträgers und damit in seinen Verantwortungsbereich (ebenso van der Ploeg, NZS 2011, 808, 809). Die von der Beklagten vertretene Rechtsauffassung liefe dagegen auf eine Gleichsetzung der Begriffe Verantwortung und Schuld hinaus. Dies kann nicht gemeint sein, weil das Vorliegen von Schuld voraussetzt, dass der Verantwortungsträger oder die für ihn handelnde Person vorsätzlich oder fahrlässig gegen Rechtsnormen, vertragliche Verpflichtungen oder - hier von besonderem Interesse - gegen medizinische oder pflegerische Standards bzw Leitlinien verstoßen hat. Darum geht es vorliegend aber nicht, sondern vielmehr um die Frage, ob jemanden die Verantwortung für eine negative Folge auch dann treffen kann, wenn zwar korrekt gehandelt worden ist, daraus aber gleichwohl eine negative Folge erwachsen ist. Deshalb schließt sich der Senat der Rechtsauffassung der Klägerin an.

25

b) Bestätigt wird diese am Wortlaut orientierte Auslegung des § 2 Abs 3 FPV 2008/2009 durch den Sinn und Zweck der Regelung. Ziel der Fallzusammenführung ist es, im Hinblick auf mögliche Komplikationen zu frühe Entlassungen der Patienten zu vermeiden, zumindest keinen finanziellen Anreiz in diese Richtung zu geben. Da mit der Fallpauschale die Behandlung eines Patienten bis zur festgelegten oberen Grenzverweildauer vergütet wird, muss das Krankenhaus auch bei der Wiederaufnahme eines Patienten wegen einer Komplikation in diesem Zeitraum seine Leistungen grundsätzlich ohne Abrechnung eines zweiten Behandlungsfalls erbringen, kann dann aber die Gesamtleistung durch die Fallzusammenführung regelmäßig nach einer anderen, höher vergüteten DRG abrechnen. Das Krankenhaus trägt somit das Risiko von innerhalb der oberen Grenzverweildauer auftretenden Komplikationen (vgl die Begründung zu § 8 Abs 5 S 1 KHEntgG, BT-Drucks 15/994, S 22),soweit sie nicht auf das Verhalten des Versicherten oder Dritter zurückzuführen sind. Stellt sich folglich ein konkreter stationärer Behandlungsbedarf als spezifische Folge einer Erkrankung bzw deren Behandlung dar, auf die sich der Behandlungsauftrag des Krankenhauses bereits während des vorangegangenen Krankenhausaufenthalts erstreckt hat, und erfolgt wegen dieser Komplikation noch innerhalb der oberen Grenzverweildauer die Wiederaufnahme des Versicherten, so bleibt das Krankenhaus aufgrund desselben Behandlungsauftrags auch für die weitere Krankenhausbehandlung verantwortlich und hat Anspruch auf eine einheitliche Vergütung. Wenn die nach Beginn der Behandlung eingetretenen Komplikationen bis zum Ablauf der oberen Grenzverweildauer auftreten und Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit begründen, kann es keinen Unterschied machen, ob der Patient sich ununterbrochen in der Klinik aufgehalten hat oder ob das Krankenhaus ihn zwischenzeitlich entlassen hatte. Denn mit dem Eintritt der Komplikation verwirklicht sich gerade das spezifische Gesundheitsrisiko des Behandlungsfalles, das zu bekämpfen das Krankenhaus gegen Zahlung der Fallpauschale beauftragt worden ist.

26

Trifft dies schon auf Fälle unvorhersehbarer, atypischer Komplikationen zu, so muss es für absehbare, behandlungstypische Nebenwirkungen erst recht gelten. Nur wenn die erneute Einweisung in dasselbe Krankenhaus auf Umständen beruht, die mit der früheren Behandlung in keinerlei Zusammenhang im Sinne direkter oder gemeinsamer Ursächlichkeit stehen, handelt es sich um einen neuen Behandlungsfall, der zur Abrechnung einer weiteren Fallpauschale berechtigt.

27

c) Das Krankenhaus wird durch die Anwendung dieser Regelung nicht ungerechtfertigt aus Gründen benachteiligt, die außerhalb seiner Verantwortung liegen. Die Verantwortung des Krankenhauses wird durch den Auftrag zur Behandlung der Erkrankung bestimmt, welche die Veranlassung für den (ersten) Krankenhausaufenthalt gegeben oder auf die sich die Behandlung sonst erstreckt hat. Auf ein Verschulden hinsichtlich der erneuten Behandlungsbedürftigkeit kommt es dabei nicht an. Ungerechtfertigt wäre es vielmehr, einen zusammenhängenden Krankheits- und Behandlungsfall innerhalb der oberen Grenzverweildauer in zwei Behandlungsfälle aufzuspalten und dem Krankenhaus so einen Anreiz zu bieten, durch die - mehr oder weniger zufällige oder sogar willkürliche - zwischenzeitliche Entlassung des Patienten eine weitere Fallpauschale geltend zu machen, obwohl der ursprüngliche Behandlungsfall im Ganzen betrachtet noch nicht abgeschlossen war.

28

d) Die grundsätzliche Zuordnung der unvermeidbaren Komplikationen zum Verantwortungsbereich der Krankenhäuser wird bestätigt durch die ebenfalls zum 1.1.2008 in die FPV aufgenommene Regelung des § 2 Abs 3 S 2, wonach eine Fallzusammenführung und Neueinstufung nicht vorgenommen wird bei unvermeidbaren Nebenwirkungen von Chemotherapien und Strahlentherapien im Rahmen onkologischer Behandlungen. Diese Zusatzregelung wäre überflüssig, wenn unvermeidbare Komplikationen, zu denen nach den Internationalen Klassifikationen der Krankheiten (ICD 10, vgl dort Nr Y 57.9) auch typische Nebenwirkungen von Arzneimitteltherapien und deren Folgen gehören können (van der Ploeg, NZS 2011, 808), ohnehin nicht in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses fallen würden.

29

8. Der Anspruch auf Zahlung von Zinsen auf den Betrag von 388,79 Euro in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 15.10.2010 beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 15 Abs 1 KBV-NRW iVm § 1 Diskonsatz-Überleitungsgesetz(DÜG = Art 1 EuroEG).

30

a) Zwar gilt die Bestimmung des § 15 Abs 1 KBV-NRW ihrem Wortlaut nach nur für Vergütungsforderungen des Krankenhauses. Die Rechnungen sind danach innerhalb von 15 Kalendertagen nach Eingang bei der Krankenkasse zu bezahlen; bei Überschreitung des Zahlungsziels kann das Krankenhaus Verzugszinsen in Höhe von 2 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank ab dem auf den Fälligkeitstag folgenden Tag verlangen. Für die Verzinsung von Erstattungsforderungen der Krankenkassen findet sich im KBV-NRW keine eigenständige Regelung. Dies beruht möglicherweise darauf, dass nach § 15 Abs 4 KBV-NRW für Erstattungsforderungen der Krankenkassen eine weitgehende Verrechnungsregelung getroffen worden ist. Die Vorschrift lautet: "Beanstandungen rechnerischer oder sachlicher Art können auch nach Bezahlung der Rechnung geltend gemacht werden. Bei Beanstandungen rechnerischer Art sowie nach Rücknahme der Kostenzusage und falls eine Abrechnung auf vom Krankenhaus zu vertretenden unzutreffenden Angaben beruht, können überzahlte Beträge verrechnet werden." Beim Streit um eine nachträglich durchzuführende Fallzusammenführung nach § 8 Abs 5 KHEntgG iVm § 2 Abs 3 FPV 2008/2009 geht es indes um eine Beanstandung sachlicher Art durch die Krankenkasse, die keine Verrechnungsmöglichkeit nach dieser Vorschrift auslöst, weil die Voraussetzungen der drei dort genannten Varianten nicht erfüllt sind. Da die Krankenkassen für die in § 15 Abs 4 KBV-NRW nicht genannten Arten der Beanstandungen also auf die klageweise Durchsetzung ihrer Erstattungsansprüche angewiesen sind und es mit Blick auf die Gleichordnung von Krankenhausträgern und Krankenkassen und einen fairen Ausgleich ihrer Interessen keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Vertragspartner des KBV-NRW für diese Erstattungsansprüche eine Verzinsung bewusst ausschließen wollten, kann die Regelungslücke in ergänzender Vertragsauslegung(vgl Palandt/Ellenberger, BGB, 71. Aufl 2012, § 157 RdNr 3-4) durch die analoge Anwendung des § 15 Abs 1 KBV-NRW geschlossen werden. Der erkennende Senat ist zur eigenständigen Auslegung dieses nur im Bezirk des LSG Nordrhein-Westfalen geltenden und daher grundsätzlich dem irrevisiblen Recht zugehörenden Landesvertrages (§ 162 SGG) befugt, weil das SG den KBV-NRW nicht selbst angewandt und ausgelegt hat (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 162 RdNr 5-5a, 7b mwN). Die Möglichkeit, über § 69 Abs 1 S 3 SGB V zu einer entsprechenden Anwendung der §§ 286, 288 BGB zu gelangen, scheidet aus, weil dies zu einem Verzugszinssatz von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank führen würde(vgl § 288 Abs 1 BGB; ein Zinssatz von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 288 Abs 2 BGB wäre nicht gerechtfertigt, weil eine Forderung aus einem Erstattungsanspruch keine "Entgeltforderung" iS dieser Vorschrift darstellt, vgl Palandt/Grüneberg, aaO, § 288 RdNr 8); die Krankenkassen wären insoweit hinsichtlich der Zinshöhe besser gestellt als die Krankenhäuser, was nach dem Prinzip der Ausgewogenheiten der beiderseitigen Rechte und Pflichten nicht zu rechtfertigen wäre.

31

b) Die Klägerin kann somit einen Zinsanspruch in analoger Anwendung des § 15 Abs 1 KBV-NRW geltend machen, und zwar in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz. Zum 1.1.1999 ist der Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, auf den § 15 Abs 1 S 4 KBV-NRW noch Bezug nimmt, vom Gesetzgeber generell durch den Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank ersetzt worden(§ 1 DÜG). Verzug ist nach § 15 Abs 1 S 4 KBV-NRW iVm §§ 286, 288 BGB am 15.10.2010 eingetreten, weil die Beklagte die Frist zur Erfüllung des Erstattungsanspruchs, die bis zum 14.10.2010 gesetzt war, hat verstreichen lassen, ohne der Mahnung Folge zu leisten.

32

9. Da der Prüfauftrag der Klägerin an den MDK somit zu einer Absenkung der zu zahlenden Vergütung geführt hat, kann die Beklagte nicht die Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB V verlangen. Der Ausspruch des SG zur Widerklage war deshalb aufzuheben.

33

10. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO. Sie berücksichtigt, dass die Klägerin den Erstattungsanspruch in erster Instanz zunächst zu hoch angesetzt hatte und die Klage erst nach der Teilrücknahme in vollem Umfang begründet war.

34

11. Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3, § 45 Abs 1 und § 47 Abs 1 S 1, Abs 2 S 1 GKG. Die Streitwerte aus der Klage (388,79 Euro) und der Widerklage (300 Euro) waren zusammenzurechnen, obwohl die Widerklage erstinstanzlich nur für den Fall der Abweisung der Klage - also als Eventualwiderklage - erhoben worden ist. Obgleich es zweitinstanzlich nicht zu dieser prozessualen Bedingung gekommen ist, weil die Klage erfolgreich war, musste der erkennende Senat im Revisionsverfahren auch über die Widerklage entscheiden, weil diese uneingeschränkter Streitgegenstand der Revision war, nachdem das SG über die Eventualwiderklage - nach seiner Rechtsauffassung folgerichtig - materiell entschieden hatte, die Beteiligten im Revisionsverfahren widerstreitende Anträge zur Widerklage gestellt haben und der Ausspruch des SG über die Verurteilung der Klägerin zur Zahlung der Aufwandspauschale nebst Zinsen nach dem Erfolg der Klage beseitigt werden musste.

                 

(1) Der Versorgungsvertrag nach § 108 Nr. 3 kommt durch Einigung zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemeinsam und dem Krankenhausträger zustande; er bedarf der Schriftform. Bei den Hochschulkliniken gilt die Anerkennung nach den landesrechtlichen Vorschriften, bei den Plankrankenhäusern die Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan nach § 8 Abs. 1 Satz 2 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes als Abschluss des Versorgungsvertrages. Dieser ist für alle Krankenkassen im Inland unmittelbar verbindlich. Die Vertragsparteien nach Satz 1 können im Einvernehmen mit der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde eine gegenüber dem Krankenhausplan geringere Bettenzahl vereinbaren, soweit die Leistungsstruktur des Krankenhauses nicht verändert wird; die Vereinbarung kann befristet werden. Enthält der Krankenhausplan keine oder keine abschließende Festlegung der Bettenzahl oder der Leistungsstruktur des Krankenhauses, werden diese durch die Vertragsparteien nach Satz 1 im Benehmen mit der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde ergänzend vereinbart.

(2) Ein Anspruch auf Abschluß eines Versorgungsvertrags nach § 108 Nr. 3 besteht nicht. Bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren geeigneten Krankenhäusern, die sich um den Abschluß eines Versorgungsvertrags bewerben, entscheiden die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen und der Vielfalt der Krankenhausträger nach pflichtgemäßem Ermessen, welches Krankenhaus den Erfordernissen einer qualitativ hochwertigen, patienten- und bedarfsgerechten sowie leistungsfähigen und wirtschaftlichen Krankenhausbehandlung am besten gerecht wird.

(3) Ein Versorgungsvertrag nach § 108 Nr. 3 darf nicht abgeschlossen werden, wenn das Krankenhaus

1.
nicht die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche Krankenhausbehandlung bietet,
2.
bei den maßgeblichen planungsrelevanten Qualitätsindikatoren nach § 6 Absatz 1a des Krankenhausfinanzierungsgesetzes auf der Grundlage der vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 136c Absatz 2 übermittelten Maßstäbe und Bewertungskriterien nicht nur vorübergehend eine in einem erheblichen Maß unzureichende Qualität aufweist, die im jeweiligen Landesrecht vorgesehenen Qualitätsanforderungen nicht nur vorübergehend und in einem erheblichen Maß nicht erfüllt, höchstens drei Jahre in Folge Qualitätsabschlägen nach § 5 Absatz 3a des Krankenhausentgeltgesetzes unterliegt oder
3.
für eine bedarfsgerechte Krankenhausbehandlung der Versicherten nicht erforderlich ist.
Abschluß und Ablehnung des Versorgungsvertrags werden mit der Genehmigung durch die zuständigen Landesbehörden wirksam. Verträge, die vor dem 1. Januar 1989 nach § 371 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung abgeschlossen worden sind, gelten bis zu ihrer Kündigung nach § 110 weiter.

(4) Mit einem Versorgungsvertrag nach Absatz 1 wird das Krankenhaus für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen. Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39) der Versicherten verpflichtet. Die Krankenkassen sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften dieses Gesetzbuchs mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, des Krankenhausentgeltgesetzes und der Bundespflegesatzverordnung zu führen.

(5) Ansprüche der Krankenhäuser auf Vergütung erbrachter Leistungen und Ansprüche der Krankenkassen auf Rückzahlung von geleisteten Vergütungen verjähren in zwei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie entstanden sind. Dies gilt auch für Ansprüche der Krankenkassen auf Rückzahlung von geleisteten Vergütungen, die vor dem 1. Januar 2019 entstanden sind. Satz 1 gilt nicht für Ansprüche der Krankenhäuser auf Vergütung erbrachter Leistungen, die vor dem 1. Januar 2019 entstanden sind. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.

(6) Gegen Forderungen von Krankenhäusern, die aufgrund der Versorgung von ab dem 1. Januar 2020 aufgenommenen Patientinnen und Patienten entstanden sind, können Krankenkassen nicht mit Ansprüchen auf Rückforderung geleisteter Vergütungen aufrechnen. Die Aufrechnung ist abweichend von Satz 1 möglich, wenn die Forderung der Krankenkasse vom Krankenhaus nicht bestritten wird oder rechtskräftig festgestellt wurde. In der Vereinbarung nach § 17c Absatz 2 Satz 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes können abweichende Regelungen vorgesehen werden.

(1) Die allgemeinen Krankenhausleistungen werden gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit folgenden Entgelten abgerechnet:

1.
Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9),
2.
Zusatzentgelte nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9),
3.
gesonderte Zusatzentgelte nach § 6 Abs. 2a,
4.
Zu- und Abschläge nach § 17b Absatz 1a des Krankenhausfinanzierungsgesetzes und nach diesem Gesetz sowie nach § 33 Absatz 3 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes,
5.
Entgelte für besondere Einrichtungen und für Leistungen, die noch nicht von den auf Bundesebene vereinbarten Fallpauschalen und Zusatzentgelten erfasst werden (§ 6 Abs. 1),
6.
Entgelte für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die noch nicht in die Entgeltkataloge nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 aufgenommen worden sind (§ 6 Abs. 2),
6a.
tagesbezogene Pflegeentgelte zur Abzahlung des Pflegebudgets nach § 6a,
7.
Pflegezuschlag nach § 8 Absatz 10.
Mit diesen Entgelten werden alle für die Versorgung des Patienten erforderlichen allgemeinen Krankenhausleistungen vergütet. Darüber hinaus werden der DRG-Systemzuschlag nach § 17b Abs. 5 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, der Systemzuschlag für den Gemeinsamen Bundesausschuss und das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen nach § 91 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 139c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und der Telematikzuschlag nach § 377 Absatz 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch abgerechnet.

(2) Die Höhe der Entgelte nach Absatz 1 Satz 1 wird wie folgt ermittelt:

1.
Fallpauschalen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1; die sich aus dem bundeseinheitlichen Entgeltkatalog ergebende Bewertungsrelation einschließlich der Regelungen zur Grenzverweildauer und zu Verlegungen (effektive Bewertungsrelation) wird mit dem Landesbasisfallwert multipliziert;
2.
Zusatzentgelte nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2; die bundeseinheitliche Entgelthöhe wird dem Entgeltkatalog entnommen;
3.
Fallpauschalen, Zusatzentgelte und tagesbezogene Entgelte nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5, 6 und 6a; die Entgelte sind in der nach den §§ 6 und 6a krankenhausindividuell vereinbarten Höhe abzurechnen;
4.
Zu- und Abschläge nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 4; die Zu- und Abschläge werden krankenhausindividuell vereinbart.
Die auf der Bundesebene vereinbarten Abrechnungsbestimmungen nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 sind anzuwenden.

(1) Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, stationsäquivalent, tagesstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht; sie umfasst auch Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach § 137c Absatz 1 getroffen hat und die das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre, stationsäquivalente oder tagesstationäre Behandlung durch ein nach § 108 zugelassenes Krankenhaus, wenn die Aufnahme oder die Behandlung im häuslichen Umfeld nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfaßt im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Die stationsäquivalente Behandlung umfasst eine psychiatrische Behandlung im häuslichen Umfeld durch mobile ärztlich geleitete multiprofessionelle Behandlungsteams; die tagesstationäre Behandlung umfasst einen täglich mindestens sechsstündigen Aufenthalt der Patientinnen und Patienten im Krankenhaus, währenddessen überwiegend ärztliche oder pflegerische Behandlung erbracht wird, ohne Übernachtung im Krankenhaus. Die stationsäquivalente Behandlung und die tagesstationäre Behandlung entsprechen hinsichtlich der Inhalte sowie der Flexibilität und Komplexität der Behandlung einer vollstationären Behandlung. Zur Krankenhausbehandlung gehört auch eine qualifizierte ärztliche Einschätzung des Beatmungsstatus im Laufe der Behandlung und vor der Verlegung oder Entlassung von Beatmungspatienten.

(1a) Die Krankenhausbehandlung umfasst ein Entlassmanagement zur Unterstützung einer sektorenübergreifenden Versorgung der Versicherten beim Übergang in die Versorgung nach Krankenhausbehandlung. § 11 Absatz 4 Satz 4 gilt. Das Krankenhaus kann mit Leistungserbringern nach § 95 Absatz 1 Satz 1 vereinbaren, dass diese Aufgaben des Entlassmanagements wahrnehmen. § 11 des Apothekengesetzes bleibt unberührt. Der Versicherte hat gegenüber der Krankenkasse einen Anspruch auf Unterstützung des Entlassmanagements nach Satz 1; soweit Hilfen durch die Pflegeversicherung in Betracht kommen, kooperieren Kranken- und Pflegekassen miteinander. Das Entlassmanagement umfasst alle Leistungen, die für die Versorgung nach Krankenhausbehandlung erforderlich sind, insbesondere die Leistungen nach den §§ 37b, 38, 39c sowie alle dafür erforderlichen Leistungen nach dem Elften Buch. Das Entlassmanagement umfasst auch die Verordnung einer erforderlichen Anschlussversorgung durch Krankenhausbehandlung in einem anderen Krankenhaus. Soweit dies für die Versorgung des Versicherten unmittelbar nach der Entlassung erforderlich ist, können die Krankenhäuser Leistungen nach § 33a und die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 und 12 genannten Leistungen verordnen und die Arbeitsunfähigkeit feststellen; hierfür gelten die Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung mit der Maßgabe, dass bis zur Verwendung der Arztnummer nach § 293 Absatz 7 Satz 3 Nummer 1 eine im Rahmenvertrag nach Satz 9 erster Halbsatz zu vereinbarende alternative Kennzeichnung zu verwenden ist. Bei der Verordnung von Arzneimitteln können Krankenhäuser eine Packung mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen gemäß der Packungsgrößenverordnung verordnen; im Übrigen können die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 genannten Leistungen für die Versorgung in einem Zeitraum von bis zu sieben Tagen verordnet und die Arbeitsunfähigkeit festgestellt werden (§ 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7). Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 7 und 12 die weitere Ausgestaltung des Verordnungsrechts nach Satz 7. Die weiteren Einzelheiten zu den Sätzen 1 bis 8, insbesondere zur Zusammenarbeit der Leistungserbringer mit den Krankenkassen, regeln der Spitzenverband Bund der Krankenkassen auch als Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses in einem Rahmenvertrag. Wird der Rahmenvertrag ganz oder teilweise beendet und kommt bis zum Ablauf des Vertrages kein neuer Rahmenvertrag zustande, entscheidet das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a. Vor Abschluss des Rahmenvertrages ist der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apotheker sowie den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Entlassmanagement und eine dazu erforderliche Verarbeitung personenbezogener Daten dürfen nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen. Die Information sowie die Einwilligung müssen schriftlich oder elektronisch erfolgen.

(2) Wählen Versicherte ohne zwingenden Grund ein anderes als ein in der ärztlichen Einweisung genanntes Krankenhaus, können ihnen die Mehrkosten ganz oder teilweise auferlegt werden.

(3) Die Landesverbände der Krankenkassen, die Ersatzkassen und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See gemeinsam erstellen unter Mitwirkung der Landeskrankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Vereinigung ein Verzeichnis der Leistungen und Entgelte für die Krankenhausbehandlung in den zugelassenen Krankenhäusern im Land oder in einer Region und passen es der Entwicklung an (Verzeichnis stationärer Leistungen und Entgelte). Dabei sind die Entgelte so zusammenzustellen, daß sie miteinander verglichen werden können. Die Krankenkassen haben darauf hinzuwirken, daß Vertragsärzte und Versicherte das Verzeichnis bei der Verordnung und Inanspruchnahme von Krankenhausbehandlung beachten.

(4) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, zahlen vom Beginn der vollstationären Krankenhausbehandlung an innerhalb eines Kalenderjahres für längstens 28 Tage den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag je Kalendertag an das Krankenhaus. Die innerhalb des Kalenderjahres bereits an einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung geleistete Zahlung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches sowie die nach § 40 Abs. 6 Satz 1 geleistete Zahlung sind auf die Zahlung nach Satz 1 anzurechnen.

(5) (weggefallen)

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1021,13 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist die sich nach dem Fallpauschalen-Katalog 2006 bestimmende Höhe des Vergütungsanspruchs für eine stationäre Krankenhausbehandlung.

2

Die bei der klagenden Krankenkasse (KK) versicherte N. (im Folgenden: Versicherte) begab sich wegen einer Angina-pectoris-Symptomatik am 14.11.2006 aufgrund ärztlicher Überweisung in das nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhaus der beklagten Trägerin. Das Krankenhaus dilatierte bei ihr am 16.11.2006 im Zusammenhang mit einer Herzkatheteruntersuchung (Operationen- und Prozedurenschlüssel 1-275.2, Koronarangiographie, Druckmessung und Ventrikulographie im linken Ventrikel) eine dabei festgestellte hochgradige CX-Stenose mit einem Stent (OPS 8-837.k0, perkutan-transluminale Gefäßintervention an Herz und Koronargefäßen, Einlegen eines nicht medikamentenfreisetzenden Stents inkl: Bypassgefäß, ein Stent in eine Koronararterie) und entließ die Klägerin am 17.11.2006. Die Beklagte diagnostizierte bei der Versicherten eine atherosklerotische Herzkrankheit iS der Ein-Gefäßerkrankung (ICD 10 I25.11), eine instabile Angina pectoris (ICD 10 I20.0), eine Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) und eine benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00). Sie berechnete der Klägerin für die Behandlung der Versicherten insgesamt 4312,59 Euro, die die Klägerin vorbehaltlich der Überprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zunächst zahlte. Die Beklagte legte ihrer Berechnung die wegen Komplikationen oder Komorbiditäten (CC) höher bewertete DRG F57A (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention mit äußerst schweren CC) nach dem auf Diagnosis Related Groups (DRGs; diagnosebezogene Fallgruppen) basierenden Fallpauschalen-Katalog der G-DRG-Version 2006 einschließlich weiterer Zuschläge zugrunde. Der MDK vertrat dagegen die Auffassung, die Beklagte habe die Allgemeinen und Speziellen Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren (Deutsche Kodierrichtlinien ) unzutreffend angewandt, indem sie als Hauptdiagnose atherosklerotische Herzkrankheit und als Nebendiagnose Angina pectoris angegeben habe. Genau umgekehrt hätte die Beklagte die erbrachte Leistung kodieren müssen. Die erbrachte Leistung sei daher nach DRG F57B (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention ohne äußerst schwere CC) abzurechnen. Die Klägerin forderte vergeblich die Beklagte zur Rückzahlung von 1021,13 Euro auf. Dagegen ist sie mit ihrer Zahlungsklage vor dem SG erfolgreich gewesen (Urteil vom 28.5.2010). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt, aus dem eindeutigen Wortlaut der DKR 0901e ergebe sich, dass die Angina pectoris vor der atherosklerotischen Herzkrankheit als Hauptdiagnose zu kodieren sei. Als speziellere Regelung verdränge sie die in DKR D002d enthaltene allgemeine Regelung zur Kodierung von Hauptdiagnosen. Hingegen schließe DKR D003d als allgemeine Regelung zur Kodierung von Nebendiagnosen aus, DKR 0901e bloß als spezielle Regelung über die zu beachtende Reihenfolge von Nebendiagnosen zu verstehen (Urteil vom 13.1.2011).

3

Die Beklagte rügt mit der Revision die Verletzung des § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm den auf Bundesebene vereinbarten Kodierregeln DKR D002d und DKR 0901e. Die DKR D002d lege fest, dass sich die Hauptdiagnose, wenn die Krankheit bei Aufnahme bekannt sei oder während des stationären Aufenthalts bekannt werde, aus dieser und nicht aus der Symptomatik ableite. Der sich aus der DKR-Systematik ergebende Vorrang der allgemeinen DKR D002d entfalle nur dann, wenn abweichend von diesen Grundsätzen in speziellen Kodierrichtlinien ausdrücklich eine andere Diagnose als Hauptdiagnose bestimmt werde. Die spezielle DKR 0901e regele hingegen lediglich die Fälle, in denen die Angina pectoris vor der atherosklerotischen Herzkrankheit zu kodieren sei, wenn beide Nebendiagnosen seien, und lasse - nur insoweit von DKR D002d abweichend - die Kodierung eines bloßen Symptoms zu. Eigentlicher Zweck der DKR 0901e sei es, dass die CC-relevante, erlössteigernde instabile Angina pectoris überhaupt als Diagnose kodiert werden könne.

4

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2011 und das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 28. Mai 2010 aufzuheben.

5

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, dass die klagende KK gegen die beklagte Krankenhausträgerin einen Anspruch auf Rückzahlung von 1021,13 Euro nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit hat. Die von der Klägerin erhobene (echte) Leistungsklage ist zulässig (dazu 1.) und begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Erstattung überzahlter Vergütung (dazu 2.). Der Differenzbetrag zwischen der allein abrechenbaren DRG F57B und der zu Unrecht bezahlten DRG F57A beträgt 1021,13 Euro (dazu 3.). Der Beklagten stehen gegen den Anspruch der Klägerin keine Einreden zu (dazu 4.). Die Klägerin hat auch Anspruch auf die von den Vorinstanzen zuerkannten Zinsen (dazu 5.).

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1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin macht zu Recht den Anspruch auf Rückzahlung eines Teils der für die Krankenhausbehandlung der Versicherten gezahlten Vergütung mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG gegen die Beklagte geltend. Die Klage einer KK auf Rückzahlung zu Unrecht erbrachter Vergütung gegen einen Krankenhausträger - wie hier - ist ein sog Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und keine Klagefrist zu beachten ist (zum umgekehrten Fall der Klage eines Krankenhauses gegen die KK: BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10 mwN; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12). Die Klägerin hat den Zahlungsanspruch auch konkret beziffert (vgl zur Notwendigkeit der Bezifferung BSGE 83, 254, 263 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1; BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2, RdNr 6; BSGE 107, 78 = SozR 4-2500 § 140d Nr 2, RdNr 10).

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2. Rechtsgrundlage des streitgegenständlichen Zahlungsanspruchs ist der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch. Die sich aus der Erbringung von Leistungen für nach dem SGB V Versicherte ergebenden Rechtsbeziehungen zwischen KKn und als Leistungserbringer zugelassenen Krankenhäusern sind öffentlich-rechtlicher Natur (dazu a). Bei derartigen öffentlich-rechtlich geprägten Rechtsbeziehungen tritt an die Stelle des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs nach § 812 BGB der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch(dazu b).

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a) Dass die Rechtsbeziehungen zwischen KK und Krankenhaus öffentlich-rechtlicher Natur sind, ergibt sich explizit aus § 69 Satz 2 SGB V(idF durch Art 1 Nr 1c Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412). Hiernach sind die Rechtsbeziehungen der KKn und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und ihren Verbänden abschließend im Vierten Kapitel des SGB V, in den §§ 63, 64 SGB V und in dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), dem Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) sowie den hiernach erlassenen Rechtsverordnungen geregelt(zur entsprechenden Rechtslage vor Änderung des § 69 SGB V durch Art 1 Nr 26 Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626 vgl BSGE 97, 125 = SozR 4-1500 § 92 Nr 3, RdNr 9 mwN). Da es sich bei diesen Vorschriften um solche des öffentlichen Rechts handelt, können auch die hierauf beruhenden Rechtsbeziehungen zwischen KKn und Leistungserbringern nur öffentlich-rechtlicher Natur sein (vgl auch BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 10).

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b) Der im öffentlichen Recht auch ohne ausdrückliche Normierung seit langem anerkannte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (vgl nur BSGE 16, 151, 156 = SozR Nr 1 zu § 28 BVG mwN zur älteren Rspr und Literatur)ist aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung herzuleiten (BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2, RdNr 27). Er setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind (BSGE 16, 151, 156 = SozR Nr 1 zu § 28 BVG; BSGE 69, 158, 160 = SozR 3-1300 § 113 Nr 1; BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 8; BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15). Seine Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen entsprechen zwar, soweit sie nicht spezialgesetzlich geregelt sind, denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs (vgl BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2, RdNr 27 mwN zur Rspr des BVerwG). Es scheidet aber ein Rückgriff auf die zivilrechtlichen Normen aus, soweit der vom öffentlichen Recht selbstständig entwickelte Erstattungsanspruch reicht (vgl BSGE 38, 46, 47 = SozR 2200 § 1409 Nr 1 S 1 f). Dies gilt namentlich für die Nichtanwendbarkeit der bereicherungsrechtlichen Vorschriften, denen öffentlich-rechtliche Wertungszusammenhänge entgegenstehen (vgl zB zur Nichtanwendbarkeit des § 818 Abs 3 BGB bei der Rückforderung von Berufsausbildungsbeihilfe wegen des Vorrangs von § 152 Abs 3 Arbeitsförderungsgesetz aF BSGE 45, 38, 46 f = SozR 4100 § 40 Nr 17 S 54, mwN; vgl auch BVerwGE 71, 85, 88; BVerwGE 112, 351, 353 f).

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3. Die Klägerin hat der Beklagten 1021,13 Euro Krankenhausvergütung ohne Rechtsgrund gezahlt, weil die Beklagte die zugunsten der Versicherten erbrachten Leistungen in dieser Höhe nicht abrechnen durfte. Die Beklagte hat gegen die Klägerin einen Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung erworben (dazu a). Die geltend gemachte Krankenhausvergütung bemisst sich generell nach vertraglichen Fallpauschalen (dazu b). Die konkrete Anspruchshöhe ergibt sich aus der niedriger vergüteten DRG F57B und nicht aus der von der Beklagten angesetzten höher vergüteten DRG F57A (dazu c). Die rechnerische Differenz zwischen der abgerechneten und - unter Vorbehalt - gezahlten DRG F57A und der allein abrechenbaren DRG F57B beträgt nach den unangegriffenen und damit bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)1021,13 Euro (dazu d). Weitere von der Beklagten abgerechnete und von der Klägerin bezahlte Vergütungsbestandteile sind nicht Gegenstand des Rechtsstreits (allgemein zu weiteren Vergütungsbestandteilen vgl § 7 Satz 1 Nr 2 - 8 KHEntgG idF durch Art 2 Nr 5 Zweites Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften vom 15.12.2004, BGBl I 3429).

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a) Die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung sind erfüllt. Die Klägerin ist - was sie auch nicht bestreitet - verpflichtet, die stationäre Krankenhausbehandlung ihrer Versicherten im Krankenhaus der Beklagten vom 14. bis 17.11.2006 zu vergüten. Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist(stRspr, vgl BSGE 70, 20, 22 = SozR 3-2500 § 39 Nr 1 S 3; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4 S 19; BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1 S 3; BSGE 90, 1, 2 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 11; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 11). Die Vorinstanzen sind zu Recht hiervon ausgegangen und haben festgestellt, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind.

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b) Die betroffene Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage (dazu aa). Die vertraglichen Fallpauschalen ergeben sich aus einem Fallpauschalen-Katalog, der Teil einer Vereinbarung ist, und Regelungen zur Ermittlung der jeweiligen Fallpauschale, auf die in dieser Vereinbarung Bezug genommen wird und die ihrerseits durch vertragliche Kodierrichtlinien erst operationabel sind (dazu bb). Besonderheiten dieser Regelungselemente (dazu cc) wirken sich auf die Rechtsanwendung und -kontrolle dahingehend aus, dass nur eingeschränkte Auslegungsmöglichkeiten bestehen und der rechnergestützte Anwendungsprozess des Fallpauschalen-Katalogs nachvollziehbar gemacht werden muss (dazu dd).

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aa) Die geltend gemachte Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Die Fallpauschalenvergütung für Krankenhausbehandlung Versicherter in zugelassenen Einrichtungen ergibt sich gesetzlich aus § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V (idF durch Art 1 Nr 3 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 KHEntgG (idF durch Art 2 Nr 5 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b KHG (idF durch Art 56 Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407; vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge) konkretisiert. Nach § 1 Abs 1 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 1 Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser vom 17.7.2003, BGBl I 1461) werden die vollstationären und teilstationären Leistungen der Krankenhäuser nach diesem Gesetz und dem KHG vergütet. § 7 Satz 1 Nr 1 KHEntgG bestimmt: "Die allgemeinen Krankenhausleistungen werden gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit folgenden Entgelten abgerechnet: 1. Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9), …." Mit diesen Entgelten werden alle für die Versorgung des Patienten erforderlichen allgemeinen Krankenhausleistungen vergütet (§ 7 Satz 2 KHEntgG). Die Spitzenverbände der KKn (ab 1.7.2008: Spitzenverband Bund der KKn) und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412) mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 8 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 3 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412). Daneben bestimmt § 17b Abs 1 Satz 1 Halbs 1 KHG, dass für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem einzuführen ist. Das Vergütungssystem hat Komplexitäten und Komorbiditäten abzubilden; sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein (§ 17b Abs 1 Satz 2 KHG). Mit den Entgelten nach Satz 1 werden die allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet (§ 17b Abs 1 Satz 3 KHG). Nach § 17b Abs 2 Satz 1 Halbs 1 KHG vereinbaren die Spitzenverbände der KKn und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam entsprechend den Vorgaben der Absätze 1 und 3 des § 17b KHG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als Vertragsparteien auf Bundesebene ein Vergütungssystem, das sich an einem international bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage der DRGs orientiert; nach dieser Vorschrift vereinbaren die Vertragspartner ferner die jährliche Weiterentwicklung und Anpassung des Vergütungssystems, insbesondere an medizinische Entwicklungen, Kostenentwicklungen, Verweildauerverkürzungen und Leistungsverlagerungen zu und von anderen Versorgungsbereichen, und die Abrechnungsbestimmungen, soweit diese nicht im KHEntgG vorgegeben werden. Sie orientieren sich dabei unter Wahrung der Qualität der Leistungserbringung an wirtschaftlichen Versorgungsstrukturen und Verfahrensweisen (§ 17b Abs 2 Satz 2 KHG).

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Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass Vereinbarungen auf Landesebene zwischen den in § 18 Abs 1 Satz 2 KHG genannten Vertragsparteien mit Wirkung für die ("lokalen") Vertragsparteien nach § 18 Abs 2 KHG(§ 10 KHEntgG idF durch Art 258 Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407), Vereinbarungen zwischen den Krankenhausträgern und den Sozialleistungsträgern für das einzelne Krankenhaus (§§ 3 und 4 KHEntgG, idF durch Art 2 Nr 1 und Nr 2 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429, §§ 5 und 6 KHEntgG, idF durch Art 258 Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407, § 11 KHEntgG)und vertragliche Regelungen nach § 112 SGB V den Vergütungsanspruch ebenfalls konkretisieren können.

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bb) Die vertraglichen Fallpauschalen ergeben sich daraus, dass die nach den aufgezeigten gesetzlichen Regelungen hierzu berufenen Vertragspartner eine Fallpauschalenvereinbarung (FPV) mit einem Fallpauschalen-Katalog als Teil derselben und Allgemeine und Spezielle Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren (Deutsche Kodierrichtlinien ) vereinbart haben. DKR und FPV bilden den konkreten vertragsrechtlichen Rahmen, aus dem die für eine Behandlung maßgebliche DRG-Position folgt. Nach den aufgezeigten gesetzlichen Vorgaben und der FPV greifen das in der FPV in Bezug genommene DRG-Ermittlungsprogramm (Grouper), der Fallpauschalen-Katalog und die Kodierrichtlinien als vereinbarte Abrechnungsbestimmungen ineinander. Sie sind bei der Anwendung des Katalogs zugrunde zu legen. In Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrages haben nämlich die Parteien gemäß § 17b Abs 2 KHG in Abschnitt 1 § 1 Abs 1 Satz 1 FPV 2006 zur Abrechnung von Fallpauschalen vereinbart: "Die Fallpauschalen werden jeweils von dem die Leistung erbringenden Krankenhaus nach dem am Tag der Aufnahme geltenden Fallpauschalen-Katalog und den dazu gehörenden Abrechnungsregeln abgerechnet." Die Regelung verweist nicht nur auf das Zusammenspiel von Fallpauschalen-Katalog und den dazu gehörenden Abrechnungsregeln, sondern legt zugleich den zeitlichen Anwendungsbereich von DKR und FPV fest. Dementsprechend sind im vorliegenden Fall die am 13.9.2005 getroffene Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2006 (Fallpauschalenvereinbarung 2006 - FPV 2006) einschließlich der Anlagen 1 bis 6 (insbesondere Anlage 1 Teil a) Fallpauschalen-Katalog 2006) und die von den Vertragspartnern auf Bundesebene am 8.9.2005 getroffene Vereinbarung zu den DKR für das Jahr 2006 (Ergänzungsvereinbarung 2006 zur Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien Version 2002 für das G-DRG-System gemäß § 17b KHG, zuletzt geändert durch die Ergänzungsvereinbarung 2005) maßgebend.

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Die normative Wirkung der FPV 2006 und der DKR 2006 für den einzelnen Kostenträger, im Falle des SGB V die KKn, und die Krankenhausträger beruht auf § 8 Abs 1 Satz 1 Halbs 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412). Danach sind die Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen, wozu namentlich die Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog zählen (§ 7 Satz 1 Nr 1 KHEntgG), für alle Benutzer des Krankenhauses einheitlich zu berechnen. Ergänzend dazu sieht § 8 Abs 2 Satz 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412) vor, dass für die Behandlungsfälle die Fallpauschalen zu berechnen sind, die in dem Fallpauschalen-Katalog nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG bestimmt sind. Dadurch ist sowohl der nach seinem jeweiligen Recht zur Leistungsgewährung und -vergütung verpflichtete Kostenträger - hier die Klägerin nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5, § 39 Abs 1 SGB V gegenüber der Versicherten und nach § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V gegenüber der Beklagten - als auch der zur Leistungserbringung verpflichtete Träger des Krankenhauses - hier die Beklagte nach § 109 Abs 4 Satz 2 SGB V - unmittelbar durch die auf Bundesebene vereinbarten Regelungen gebunden.

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cc) FPV und DKR weisen Besonderheiten auf, die sich auf die Rechtsanwendung und -kontrolle auswirken. FPV und DKR bilden nämlich nicht ein System von Pauschalen, das nach Art einer Gebührenordnung jeweils schriftlich fixierte, abstrakt umschriebene Behandlungstatbestände mit Abrechnungsvorgaben (zB Geldbeträgen oder Punktwerten) auf der Rechtsfolgenseite verknüpft, sodass der konkrete Behandlungsfall unter den Tatbestand zu subsumieren ist, vergleichbar der Subsumtion unter andere Rechtsnormen. Vielmehr umschreibt der vereinbarte Fallpauschalen-Katalog lediglich mit Buchstaben und Ziffern gekennzeichnete DRG-Positionen, deren zugehörige Bewertungsrelationen und weitere Angaben (zB zur Verweildauer), die für die Abrechnung von stationären Leistungen notwendig sind. Die textliche Bezeichnung beschreibt lediglich die verschlüsselte Position, umreißt aber keinen einer Auslegung als Basis und Ausgangspunkt zugrunde zu legenden subsumtionsfähigen Vergütungstatbestand. Welche DRG-Position - quasi als Folge für die Vergütungshöhe - abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich überhaupt nicht aus einem schriftlich festgelegten abstrakten Tatbestand, sondern aus der Eingabe von im Einzelnen von einem Programm vorgegebenen, abzufragenden Daten in ein automatisches Datenverarbeitungssystem und dessen Anwendung. Nach § 1 Abs 6 Satz 1 FPV 2006 sind in diesem Sinne zur Einstufung des Behandlungsfalls in die jeweils abzurechnende Fallpauschale Programme (Grouper) einzusetzen. Zugelassen sind nur solche Programme, die von der InEK GmbH - Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (im Folgenden DRG-Institut), einer gemeinsamen Einrichtung der in § 17b Abs 2 Satz 1 KHG und § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG genannten Vertragspartner auf Bundesebene, zertifiziert worden sind. Die Zertifizierung erfolgt, wenn die zu zertifizierenden Programme die vom DRG-Institut maßgeblich vorbereitete und von den Vertragsparteien auf Bundesebene in Gestalt eines programmierten Algorithmus vertraglich konsentierte jährliche Weiterentwicklung und Anpassung des DRG-Vergütungssystems nach § 17b Abs 1 Satz 1 KHG umsetzen.

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Der zertifizierte Grouper führt nach Eingabe der Daten einen automatisierten Subsumtionsvorgang durch. Er bewirkt damit eine rechnergestützte Rechtsanwendung. Die einzugebenden Diagnosen und Prozeduren sowie die sonstigen benötigten Sachverhaltsangaben - etwa das Alter des Patienten - sind als Tatsachen einem gerichtlichen Beweis zugänglich. Die automatisierte Subsumtion ist hingegen eine rechtliche Bewertung des Sachverhalts und als solche nicht einem medizinischen oder informationstechnischen Sachverständigengutachten zugänglich. Das Prozesshafte des Groupierungsvorgangs und seine Grundannahme, dass es für jede Behandlung nur eine richtige Eingabe und DRG-Position gibt, die bereits im zertifizierten Grouper durch den Algorithmus vorgezeichnet ist, bedeutet jedoch, dass die rechtlich verbindlichen Regelungen nicht in "klassischen" Vergütungstatbeständen abgebildet werden, die nach anerkannten Auslegungsmethoden weiter konkretisiert werden. Vielmehr beinhaltet der zertifizierte Grouper eine zwar endliche, in ihrer Differenzierungsstruktur klare, aber in ihrer Komplexität nur schwer überschaubare Vielzahl von derart detaillierten Vergütungstatbeständen, dass Tatbestand und rechtliche Auslegung in jedem Rechenprozess-Schritt bis zum Ergebnis zusammenfallen.

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Durch das umfangreiche Eingabeprogramm findet eine weitgehende Annäherung des Abstrakt-Generellen an das Konkret-Individuelle statt. Dies bedeutet zwar nicht, dass für jeden Patienten ein eigener Tatbestand geschaffen wird. Lediglich die Patienten mit identischen vergütungsrelevanten Sachverhalten bilden eine tatbestandlich zusammengefasste Gruppe. Die daraus erwachsende Vielzahl der Gruppen hat aber zur Folge, dass die Verfahrensbeteiligten, die sich auf einen bestimmten Programmablauf berufen, dem Gericht diesen Weg - nämlich als detaillierte Tatbestandsdarlegung von dem Gericht nicht unmittelbar zugänglichem untergesetzlichem Recht - in allen Einzelheiten des Rechenprozesses darstellen müssen, wenn sich das Gericht nicht in der Lage sieht, den (prozesshaften) Tatbestand anhand der Definitionshandbücher nachzuverfolgen. Nicht die Definitionshandbücher, sondern allein die zertifizierten Grouper mit ihrem jeweiligen Rechenprogramm sind verbindlich vereinbart und entfalten normative Wirkung.

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Um effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten (Art 19 Abs 4 GG), muss das Gericht den sachlichen, nicht notwendig detailliert den mathematischen Entscheidungsprozess nachvollziehen können, der nach der Sachverhaltseingabe im Rechnerprogramm abläuft, um zu einer Fallpauschale zu gelangen. Zugleich muss für das Gericht überprüfbar gemacht werden, welche Eingabe zu welchem Ergebnis führt. Das Gericht muss die mit der Eingabe verknüpften wesentlichen Entscheidungen nachvollziehen, denen der Datenverarbeitungsprozess mit Blick auf den Fallpauschalen-Katalog dient. In diesem Sinne muss es in den Entscheidungsgründen verdeutlichen, welche Gabelungen mit welchem Ergebnis der Grouper in dem Entscheidungsbaum "ansteuert", der dem Programm zugrunde liegt.

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In welcher Art und Weise die Eingaben in das Datensystem zu erfolgen haben, gibt nicht allein der Grouper durch die vorprogrammierten Abfragen mit genormten Antworten vor. Vielmehr regeln die FPV und die DKR konkrete Vorgaben für die Eingaben. So enthält Abschnitt 1 der FPV 2006 Abrechnungsbestimmungen für DRG-Fallpauschalen. Die DKR (2006) regeln Kodieranweisungen. Sie beeinflussen den Weg zur korrekten DRG an vielen verschiedenen Stellen des den Grouper steuernden Algorithmus. Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD 10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD 10) in der jeweiligen vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssel als solche (OPS, hier in der Version 2006 einschließlich Erweiterungskatalog vom 26.10.2005, BAnz Nr 212 vom 10.11.2005, S 15834, in Kraft getreten am 1.1.2006).

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Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt allein aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind. Die Rezeption der Klassifikationen richtet sich nach den jeweils für die zertifizierten Grouper geltenden Regelungen, hier der FPV 2006, nicht dagegen nach § 301 SGB V. Diese Norm regelt nicht die rechtliche Verbindlichkeit der Klassifikationssysteme für die Ermittlung der DRGs, sondern sieht Informationspflichten der Krankenhäuser, anderer stationärer Einrichtungen und der ermächtigten Krankenhausärzte gegenüber den KKn im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vor. Das DRG-Vergütungssystem ist demgegenüber nicht GKV-spezifisch geregelt, sondern erfasst alle Behandlungsfälle, namentlich auch die Selbstzahler. Es beruht - wie dargelegt - auf der Grundlage des § 17b KHG und des KHEntgG.

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dd) Folge der aufgezeigten Besonderheiten von Fallpauschalen-Katalog und DKR ist zunächst wie dargelegt, dass der rechnergestützte Anwendungsprozess des Fallpauschalen-Katalogs vom Gericht nachvollziehbar gemacht werden und hierbei der einzugebende Sachverhalt festgestellt sein muss. Im Rahmen der Rechtsanwendungskontrolle bewirkt die vom Programm zugelassene virtuelle Tatbestandsvielfalt, dass für eine Auslegung des DRG-Algorithmus, also der geregelten Prozeduren zur Lösung der definierten Probleme des Fallpauschalen-Katalogs, nach juristischer Methodik kaum ein Anwendungsbereich verbleibt.

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Der Senat lässt jedoch ausdrücklich offen, ob unter Beachtung des Gebots effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) ausnahmsweise auch eine Auslegung des Algorithmus selbst in Betracht kommen kann. Die FPV bezieht sich auf die zertifizierten Grouper bestimmter Anbieter und damit auf die dahinterstehende Programmierung gemäß den Vorgaben des DRG-Instituts für das entsprechende Systemjahr. Gegenstand der Vereinbarung ist der programmierte DRG-Algorithmus. Die Definitionshandbücher sind - wie bereits dargelegt - insoweit nur ein Hilfsmittel. Aufgrund der Komplexität des DRG-Systems kann bei dessen jährlich vorzunehmender Weiterentwicklung und Anpassung nicht ausgeschlossen werden, dass die Vertragsparteien auf Bundesebene einen DRG-Algorithmus für das jeweilige Systemjahr vereinbart haben, dessen ungewollte Weiterungen sie nicht erkannt haben und uU auch nicht erkennen konnten. Bei widersprüchlichen (perplexen) oder evident sinnwidrigen Regelungen (Rechenschritten), insbesondere bei gravierenden Programmierungsfehlern, kann eine weitergehende normative Auslegung insbesondere eine entstehungsgeschichtliche, in Betracht kommen. Dies setzt aber voraus, dass ansonsten grob unbillige Ergebnisse eintreten, die unter wirtschaftlichen Aspekten auch für die Laufzeit von einem Jahr oder bis zur Fehlerkorrektur nicht mehr hingenommen werden können. Beispielhaft ist an eine existenzielle Bedrohung eines Krankenhausträgers zu denken. Die - nach Auffassung eines Beteiligten - bloße Unterbewertung oder Nichtbewertung eines Leistungsbestandteiles einer Krankenhausbehandlung als solche rechtfertigt demgegenüber kein Abweichen von einer strengen Wortlaut- und ergänzenden systematischen Auslegung.

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Die Anwendung der DKR und der FPV-Abrechnungsbestimmungen ist nicht automatisiert und unterliegt als Mitsteuerung der prozesshaften Tatbestandsbildung im Zusammenspiel mit den Vorgaben zertifizierter Grouper ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Die DKR sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen (vgl allgemein bereits BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN). Der erkennende Senat sieht sich hierbei in Übereinstimmung mit dem 3. BSG-Senat, nach dessen Rechtsprechung der ausdifferenzierte Algorithmus, mit dem die verschlüsselten Prozeduren und Diagnosen in eine bestimmte DRG "übersetzt" werden, einer wertenden Betrachtung im Einzelfall nicht zugänglich ist. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht. Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiter zu entwickelndes (§ 17b Abs 2 Satz 1 KHG)und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (vgl zum Ganzen BSGE 107, 140 RdNr 18, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 18; zur Bundespflegesatzverordnung: BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 2 S 15; BSG SozR 3-5565 § 15 Nr 1 S 6). Rechtsähnlich verfahren der erkennende 1. und der 6. Senat des BSG bei der Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsregelungen (vgl BSG SozR 4-2500 § 28 Nr 4 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 10 RdNr 13).

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c) Die Beklagte durfte die erfolgte stationäre Behandlung der Versicherten - ausgehend von den dargelegten generellen Vorgaben - nicht nach der DRG F57A, sondern nur nach der niedriger vergüteten DRG F57B abrechnen. Im Rahmen der schrittweisen Ermittlung der Basis-DRG (dazu aa) führt hier DKR (2006) 0901e zur Maßgeblichkeit der DRG F57B, weil aufgrund der Kodieranweisung Eingaben so vorzunehmen sind, dass der Grouper diese Einzel-DRG ansteuern muss (dazu bb).

29

aa) Nach der DRG-Entscheidungslogik der zertifizierten Grouper, die unstreitig und für das Gericht anhand im Internet zugänglicher Beispielseingaben überprüfbar (zB mit dem Webgrouper der DRG-Research-Group, abrufbar unter http://drg.uni-muenster.de/index.php?option=com_webgrouper&view = webgrouper&Itemid=26) den Darstellungen in den Definitionshandbüchern entspricht, ist vorliegend die Basis-DRG F57 anzusteuern. Im Fallpauschalen-Katalog 2006 sind die DRG F57A (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention mit äußerst schweren CC) und F57B (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention ohne äußerst schwere CC) aufgeführt. Aus Ihrer Bezeichnung geht hervor, dass beide DRGs der Hauptdiagnosegruppe 5 "Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems" (Major Diagnostic Category 5 ) zugeordnet sind. Die MDC-Unterteilungen bauen auf einem Körpersystem oder einer Erkrankungsätiologie auf und werden grundsätzlich über die für die "Behandlungsepisode" (den Krankenhausaufenthalt) maßgebliche Hauptdiagnose bestimmt (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 6 f und S 11). Der Fallpauschalen-Katalog 2006 verfügt über insgesamt eine Prä-MDC und 23 MDCs, zum Teil nochmals unterteilt (MDC 18A, 18B, 21A, 21B). Besonders teure Einzel-DRGs und besondere Situationen, die kostenaufwändig sind (zB HIV , Polytrauma ), sind in der Prä-MDC erfasst. Nach einer vorläufigen Zuordnung zu einer MDC entsprechend der Hauptdiagnose wird geprüft, ob die Behandlungsepisode gleichwohl vorrangig nach Maßgabe der Prä-MDC anders einzuordnen ist. Daneben gibt es, konsequenterweise ohne MDC-Kennzeichnung, eine eigene Gruppe Fehler-DRGs und sonstige, insbesondere nicht anders zuordenbare DRGs (901A, 901B, 901C, 901D, 902Z, 960Z, 961Z, 962Z, 963Z; G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 9 f).

30

Im vorliegenden Fall greift weder eine Prä-MDC ein noch findet eine der vorgenannten besonderen DRGs Anwendung. Die bei der Versicherten gestellten, vorliegenden Diagnosen sind: Atherosklerotische Herzkrankheit im Sinne der Ein-Gefäßerkrankung (ICD 10 I25.11), instabile Angina pectoris (ICD 10 I20.0), Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) und benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00). Sämtliche Diagnosen sind - wenn sie Hauptdiagnosen sind - der MDC 5 zugeordnet (vgl G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 219). An dieser Stelle bedarf es daher noch keiner Unterscheidung, welche Diagnose die Hauptdiagnose ist. Ist eine Behandlungsepisode einer MDC zugeordnet, erfolgt die weitere Zuordnung durch die der jeweiligen MDC vorgegebene, streng hierarchisch strukturierte Entscheidungslogik (Algorithmus), die sich am durchschnittlichen (mittleren) Ressourcenverbrauch orientiert und gewöhnlich mit den DRGs beginnt, die den höchsten Ressourcenverbrauch haben (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 8).

31

Hier hat die Zuordnung nach dem für die MDC 5 maßgeblichen Algorithmus (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 207-218) zu erfolgen. Die Reihenfolge richtet sich dabei nach den signifikanten Prozeduren (dazu sogleich). Der Algorithmus der MDC 5 beginnt mit "Stammzelltransfusion bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems". Bei Bejahung wird direkt die DRG F96Z angesteuert. Der Algorithmus endet mit "Andere Krankheiten des Kreislaufsystems" und steuert dort die Basis-DRG F75 (Adjacent Diagnosis Related Group ) an, die in drei Einzel-DRGs gesplittet ist (F75A, F75B, F75C). Ist danach immer noch keine Zuordnung möglich, wird 960Z (nicht gruppierbar) angesteuert. Die Basis-DRGs richten sich ihrerseits nach den Partitionen (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 3, 7 f), unterteilt in "Operative Partition" (Operating Room ; OR-Prozedur: Nr 01 - 39), "Andere Partition" (Non-Operating Room ; NonOR-Prozedur: 40 - 59) und "Medizinische Partition" (ohne signifikante Prozedur: Nr 60 - 99).

32

Nach den unangegriffenen und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG steht fest (§ 163 SGG), dass aus medizinischer Sicht die benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00) und die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) bei der Versicherten nur Nebendiagnosen ohne damit verbundene OR- oder NonOR-Prozeduren sind. Eine Zuordnung dieser Diagnosen über die Medizinische Partition scheidet von vornherein aus, weil der Algorithmus die vorrangige Prüfung der OR- und der NonOR-Prozeduren gebietet, die hier mit den beiden anderen Diagnosen (Ein-Gefäßerkrankung , instabile Angina pectoris ) inhaltlich verbunden sind. Als signifikante Prozedur führte das Krankenhaus bei der Versicherten eine perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention (DRG F 57 A, DRG F 57 B) durch, die über den OPS 8-837.k0 (perkutan-transluminale Gefäßintervention an Herz und Koronargefäßen, Einlegen eines nicht medikamentenfreisetzenden Stents inkl: Bypassgefäß, ein Stent in eine Koronararterie) definiert wird (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Langversion Bd I, S 603); ferner eine invasive kardiologische Diagnostik außer bei akutem Myokardinfarkt (DRG F 46 Z), die durch den OPS 1-275.2 (Koronarangiographie, Druckmessung und Ventrikulographie im linken Ventrikel - Herzkatheteruntersuchung) definiert wird (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Langversion Bd I, S 585).

33

Hierarchisch zuerst kommt die perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 213) vor der invasiven kardiologischen Diagnostik außer bei akutem Myokardinfarkt (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion, Bd I S 215); damit bleibt letztere für die Ansteuerung der Basis-DRG unberücksichtigt. Die weitere Entscheidungslogik sieht wie folgt aus (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 213):

34
                 
                 

F57A   

ja →   

        

perkutane
Koronarangioplastie
mit komplexer
Intervention

        

 äußerst
schwere CC

        

ja →   

        
                          

nein →

                                   

F57B   

35

bb) DKR (2006) 0901e bestimmt mit Blick auf die erforderlichen Eingaben, dass die Frage nach der äußerst schweren CC (Komplikationen und/oder Komorbiditäten) mit nein zu beantworten und die F57B anzusteuern ist.

36

Ob eine äußerst schwere CC vorliegt, kann nicht unmittelbar aus dem Algorithmus und allein aus der DKR (2006) 0901e abgeleitet werden. Vielmehr bedarf es dazu - wie allgemein bereits oben dargelegt - eines eigenständigen, im Grouper programmierten Subbewertungssystems. Die sich daraus ergebende Bewertung hängt maßgeblich davon ab, wie die Diagnosen zu kodieren sind. Dies bestimmt die DKR (2006) 0901e.

37

DRGs innerhalb einer Basis-DRG unterscheiden sich durch ihren Ressourcenverbrauch und sind anhand der Faktoren patientenbezogener Gesamtschweregrad (Patient Clinical Complexity Level ), Alter, Verweildauer, Beatmung, Entlassungsgrund, Hauptdiagnose und in einigen Fällen Nebendiagnose oder Prozedur unterteilt (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 8). Dabei gibt das vierte Zeichen der DRG-Bezeichnung den Ressourcenverbrauch innerhalb der Basis-DRG an (A = höchster Ressourcenverbrauch, B = zweithöchster Ressourcenverbrauch, usw, ... Z = keine Unterteilung, S 4 aaO). Vorliegend ist für die Zuordnung der Behandlungsepisode zur richtigen DRG entsprechend dem Algorithmus die Beantwortung der Frage nach der äußerst schweren CC entscheidend. Ob eine solche bei der Versicherten anzunehmen ist, richtet sich nach deren PCCL während der Behandlungsepisode.

38

Komplikationen oder Komorbiditäten können die Behandlung von Krankheiten erschweren und verteuern. Deshalb muss die DRG-Klassifikation die unterschiedliche Schwere einer Erkrankung berücksichtigen (vgl auch § 17b Abs 1 Satz 2 KHG). Schweregrade von Komplikationen oder Komorbiditäten (Complication or Comorbidity Level ) sind Schweregrad-Stufen, die für alle Nebendiagnosen, aber auch nur für Nebendiagnosen vergeben werden. Ihr Wert kann zwischen 0 und 4 für operative und neonatologische Behandlungsepisoden und zwischen 0 und 3 für medizinische Behandlungsepisoden variieren und wird aus einer Kombination von medizinischen Bewertungen und statistischen Analysen ermittelt. Die Stufen sind wie folgt definiert:

        

●       

CCL = 0 - Der Kode ist entweder keine Komplikation oder Komorbidität, oder
der Kode ist Teil der Definition der DRG, der diese Behandlungsepisode zugewiesen wurde, oder
der Kode kennzeichnet eine Komplikation oder Komorbidität, die jedoch eng mit der Hauptdiagnose verbunden ist, oder
genau derselbe Kode ist bereits an einer anderen Stelle des Datensatzes enthalten;

        

●       

CCL = 1 - Der Kode kennzeichnet eine leichte CC.

        

●       

CCL = 2 - Der Kode kennzeichnet eine mäßig schwere CC.

        

●       

CCL = 3 - Der Kode kennzeichnet eine schwere CC.

        

●       

CCL = 4 - Der Kode kennzeichnet eine äußerst schwere CC.

Der PCCL wird entsprechend den jeweiligen CCL-Werten in fünf Stufen unterteilt (0 - 4). Er stellt keine einfache Addition der individuell bestehenden CCL-Werte dar, sondern beruht auf einem eigenständigen Berechnungsvorgang, der die logisch möglichen Verknüpfungen miteinander in Beziehung setzt, um einen individuell gewichteten Gesamt-CCL-Wert, den PCCL, zu erhalten. Diese PCCL-Ermittlung verhindert eine ungerechtfertigte Kumulation sich in ihrer Wirkung überschneidender Komplikationen oder Komorbiditäten (vgl zum Ganzen G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 5).

39

Der Grouper ermittelt für jede Diagnose in einem Datensatz automatisch den CCL-Wert, verwendet jedoch bei Neugeborenen und Fällen außer Neugeborenen unterschiedliche Verfahren. In Fällen, in denen es sich - wie hier - nicht um Neugeborene handelt, geht der Grouper folgendermaßen vor:

        

●       

1.    

Er identifiziert die Basis-DRG, zu der die Behandlungsepisode gehört, und überprüft, ob die Diagnose bereits Teil der Definition der Basis-DRG ist. Ist dies der Fall, wird sie nicht als CC anerkannt und erhält den CCL-Wert Null.

        

●       

2.    

Der Grouper überprüft, ob die Basis-DRG die Diagnosen Polytrauma (Basis-DRGs W01 - W61) oder HIV (Basis-DRGs S60 - S65) beinhaltet. Da die Diagnose Trauma bereits bei der Zuordnung zu MDC 21 berücksichtigt wurde, wird eine Nebendiagnose Trauma (S00.00 - T14.9, T79.0 - T79.9) nicht als CC anerkannt und erhält den CCL-Wert Null. Ähnlich wird auch bei HIV-Diagnosen (B20 - B24, F02.4) in MDC 18 verfahren.

        

●       

3.    

Der Grouper überprüft, ob der Kode eine Doublette der Hauptdiagnose oder einer bereits vorher verarbeiteten Nebendiagnose ist. Ist dies der Fall, erhält er den CCL-Wert Null.

        

●       

4.    

Der Grouper überprüft, ob der Kode aufgrund seines engen Bezuges zur Hauptdiagnose als CC ausgeschlossen werden soll. Ist dies der Fall, erhält er den CCL-Wert Null.

        

●       

5.    

Der Grouper ermittelt anhand der Nummer der Basis-DRG eine Spaltennummer aus der ADRG-Spaltentabelle. Wenn die Spaltennummer Null ist, erhält der Kode den CCL-Wert Null.

        

●       

6.    

Der Grouper ermittelt nach Berücksichtigung der Faktoren Geschlecht des Patienten und/oder Entlassungsgrund anhand der CC-Zeilentabelle eine Zeilennummer.

        

●       

7.    

Der Grouper ermittelt anhand der CCL-Matrix mit Hilfe der Zeilen- und Spaltennummer den CCL-Wert.

(G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd III, S 595; für die manuelle Bearbeitung der Nr 4 - 7 bedarf es der dem Definitionshandbuch beiliegenden CD-ROM).

40

Dies ergibt für die Diagnosen folgende CCL-Werte:

        

(1)     

Instabile Angina pectoris (ICD 10 I20.0) als Hauptdiagnose: CCL wird nur für Nebendiagnosen vergeben; als Nebendiagnose: CCL 2, gebildet aus Zeile 95 und Spalte 15 der CCL-Matrix.

        

(2)     

Ein-Gefäßerkrankung (ICD 10 I25.11) immer CCL 0, auch als Nebendiagnose, weil die Diagnose bereits Teil der Definition der Basis-DRG ist.

        

(3)     

Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) als Nebendiagnose: CCL 4, gebildet aus Zeile 21 und Spalte 15 der CCL-Matrix.

        

(4)     

Benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00): CCL 0.

Der PCCL ergibt bei einem CCL-Wert von 4 und einem CCL-Wert von 2 einen Wert von 4 (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd III, S 598). Dies ist hier dann der Fall, wenn die instabile Angina pectoris neben der Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung eine Nebendiagnose ist. Der PCCL ergibt bei nur einem CCL-Wert von 4 ohne weitere CCLs einen Wert von 3 (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd III, S 598). Das ist hier der Fall, wenn die instabile Angina pectoris Hauptdiagnose und nur die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung als mit einem CCL-Wert versehene Nebendiagnose übrigbleibt. Letzteres wird im Ergebnis durch die Anwendung der DKR (2006) 0901e bewirkt.

41

Da die DRG F57A eine äußerst schwere CC erfordert, die mit dem PCCL-Wert 4 definiert ist, wäre eine Kodierung der instabilen Angina pectoris als Nebendiagnose erforderlich, um den CCL-Wert der Nebendiagnose Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung zu "stützen" und hierdurch einen PCCL von 4 zu erreichen. Dies verhindert die Anwendung der DKR (2006) 0901e, die lautet:

        

"0901e Ischämische Herzkrankheit
Angina pectoris (I20.-)
Liegt bei einem Patienten eine Angina pectoris vor, ist der entsprechende Kode vor dem Kode der Koronaratherosklerose anzugeben.
Wenn ein Patient mit instabiler Angina pectoris aufgenommen wird und diese sich während des Krankenhausaufenthaltes zu einem Myokardinfarkt entwickelt, ist nur der Kode für einen Myokardinfarkt anzugeben.
Wenn der Patient jedoch eine Postinfarkt-Angina entwickelt, kann I20.0 Instabile Angina pectoris als zusätzlicher Kode angegeben werden."

42

Nach dem Wortlaut der Kodieranweisung wird lediglich eine eindeutige Reihenfolge vorgegeben: Die Angina pectoris ist vor der Koronaratherosklerose zu kodieren. Eine Qualifizierung und Unterteilung in Haupt- und Nebendiagnose erfolgt nicht. Ist aufgrund anderer Kodieranweisungen eine dritte Diagnose als Hauptdiagnose anzugeben, ergibt sich automatisch, dass die instabile Angina pectoris als erste Nebendiagnose und die Koronaratherosklerose als zweite Nebendiagnose zu kodieren ist. Existiert keine weitere Hauptdiagnose neben der instabilen Angina pectoris und der Koronaratherosklerose, ist zwingend die instabile Angina pectoris Hauptdiagnose, weil die in der Eingabemaske des Groupers ersteinzutragende Diagnose immer die Hauptdiagnose ist. Daneben regeln die weiteren Kodieranweisungen einerseits eine Ausnahme von der Kodierfähigkeit der instabilen Angina pectoris und anderseits zu dieser zweiten Kodieranweisung eine Rückausnahme, nämlich dass die Angina pectoris gleichwohl als zweite und damit zwingend als Nebendiagnose zu kodieren ist (unzutreffend daher Zaiß in ders, DRG: Verschlüsseln leicht gemacht, 3. Aufl 2005, S 33, wonach nur die Reihenfolge der Nebendiagnosen festgelegt werde; zutreffend dagegen Metzger in Zaiß, aaO, S 209 - dort noch mit einem Beispiel zur wortgleichen DKR <2005> 0901d). Auch das bei DKR (2006) 0901e wiedergegebene Beispiel zeigt, dass die instabile Angina pectoris zuerst und damit dort als Hauptdiagnose zu kodieren ist. Die von der Beklagten vertretene Auffassung bedeutet gerade die Nichtbeachtung der Kodieranweisung DKR (2006) 0901e, indem entgegen dem eindeutigen Wortlaut die Koronaratherosklerose zuerst kodiert werden soll.

43

Aus DKR (2006) D002d als Teil der Allgemeinen Kodierrichtlinien für Krankheiten folgt nichts Gegenteiliges. DKR (2006) D002d definiert zwar die Hauptdiagnose als die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich ist. Dies trifft hier auf die Koronaratherosklerose zu, die Ursache für die OPS 8-837.k0 war (perkutan-transluminale Gefäßintervention an Herz und Koronargefäßen, Einlegen eines nicht medikamentenfreisetzenden Stents inkl: Bypassgefäß, ein Stent in eine Koronararterie). Die dort gegebene, den Speziellen Kodierrichtlinien vorangestellte (vor die Klammer gezogene) Definition der Hauptdiagnose ist gleichwohl hier unbeachtlich, weil aus normsystematischen Gründen die Speziellen Kodierrichtlinien, die von den Allgemeinen Kodierrichtlinien abweichen, vorrangig sind (lex specialis derogat legi generali). Dies gilt jedenfalls, soweit nicht ausdrücklich etwas Gegenteiliges bestimmt ist. Bestätigt wird dieser allgemeine Grundsatz durch die Ausführungen in der Einleitung zur DKR (2002), wo ausgeführt wird (abgedruckt in der DKR <2006> S V):

        

"Der erste Teil enthält allgemeine Richtlinien zur Kodierung von Diagnosen und Prozeduren. Es werden Begriffe wie Haupt- und Nebendiagnose definiert und Hinweise zur Verschlüsselung von Prozeduren gegeben. In den Speziellen Kodierrichtlinien werden besondere Fallkonstellationen beschrieben, die entweder der konkreten Festlegung dienen oder bei denen aus Gründen der DRG-Logik von den Allgemeinen Kodierrichtlinien abgewichen werden muss."

44

Dies bedeutet, dass zwar nicht die Koronaratherosklerose als Hauptdiagnose vor der Diagnose instabile Angina pectoris kodiert werden darf, weil dies DKR (2006) 0901e ohne Einschränkung anders bestimmt. Nicht ausgeschlossen ist aber, dass eine dritte Diagnose vor der instabilen Angina pectoris als Hauptdiagnose kodiert werden darf. Nach den unangegriffenen und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG steht fest (§ 163 SGG), dass aus medizinischer Sicht die benigne essentielle Hypertonie und die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung bei der Versicherten nur Nebendiagnosen sind. Es gibt somit keine vorrangig als Hauptdiagnose zu kodierende Dritt-Diagnose.

45

Der erkennende Senat sieht sich hierbei im Ergebnis in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des 3. BSG-Senats (BSGE 107, 140, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; kritisch dazu Fiori/Siam/Helling/Bunzemeier/Roeder, KH 20011, 573 ff). Danach sind für die Zuordnung eines Behandlungsfalles zu einer DRG Nebendiagnosen bedeutsam, soweit ihnen die Vertragsbeteiligten zur angemessenen Bewertung von Versorgungsbesonderheiten Abrechnungsrelevanz beigemessen haben. Für Begleiterkrankungen - so der 3. Senat - ist das nach den Kodierrichtlinien nur der Fall, wenn sie einen über die Hauptdiagnose hinausgehenden Versorgungsaufwand bedingen. Insoweit bedarf es hier keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) und die benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00) als Nebendiagnosen überhaupt kodiert werden durften. Auch wenn die beiden Diagnosen gar nicht als Nebendiagnosen kodierfähig waren, ist dies ohne Belang, da sie vorliegend - wie oben ausgeführt - nicht erlöswirksam sind.

46

d) Rechnerisch ergibt sich die Höhe des Erstattungsanspruchs der Klägerin von 1021,13 Euro aus dem unterschiedlichen effektiven Kostengewicht, das der DRG F57A (1,363) und der DRG F57B (1,032) durch die FPV 2006 zugewiesen ist. Multipliziert mit dem für die Beklagte geltenden Basisentgelt von 2981,81 Euro errechnet sich für die vergütete, aber nicht geschuldete DRG F57A ein gerundeter Betrag von 4064,21 Euro und für die zu vergütende DRG F57B ein gerundeter Betrag von 3077,23 Euro, mithin eine Überzahlung von 986,98 Euro. Der insoweit nicht streitige AIP-Zuschlag von 3,46 % verringert sich von gerundet 140,62 Euro (aus 4064,21 Euro) auf gerundet 106,47 Euro (aus 3077,23 Euro), mithin um 34,15 Euro.

47

4. Die Klägerin ist rechtlich nicht gehindert, den Erstattungsbetrag geltend zu machen. Zahlt eine KK vorbehaltlos auf eine Krankenhaus-Rechnung, kann sie mit der Rückforderung - und damit auch mit dem späteren Bestreiten ihrer Zahlungspflicht - ganz ausgeschlossen sein, wenn sie nämlich (positiv) gewusst hat, dass sie zur Leistung nicht verpflichtet war (Rechtsgedanke des § 814 BGB; vgl BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 30). So liegt es hier indes nicht. Denn die Klägerin hat die Rechnung der Beklagten lediglich unter dem Vorbehalt medizinischer Überprüfung bezahlt.

48

Ein Vorbehalt dieser Art lässt die Schuldtilgung in der Schwebe und steht einer Erfüllung iS von § 362 BGB entgegen. Die inhaltlichen Anforderungen an einen solchen Vorbehalt unterscheiden sich danach, ob die KK vertraglich zur Zahlung innerhalb einer kurzen Frist nach Rechnungseingang verpflichtet ist oder nicht. Besteht keine Pflicht der KK, kurzfristig nach Rechnungslegung zu zahlen, sind die Anforderungen an einen Vorbehalt höher: Die KK muss verdeutlichen, dass sie trotz Zahlung noch nicht erfüllen und einen Beweislastwechsel vermeiden will. Ist die KK dagegen vertraglich zur Zahlung kurze Zeit nach Rechnungseingang verpflichtet, genügt es zur Vermeidung eines Beweislastwechsels im Erstattungsstreit, dass die Zahlung der KK lediglich "unter dem Vorbehalt medizinischer Überprüfung" erfolgt (BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 36 f).

49

Das LSG hat zur Zahlungspflicht binnen einer bestimmten Frist keine Feststellungen getroffen. Hierauf kommt es jedoch nicht an, weil die Klägerin in der Anlage zu dem für sie durch die ARGE Krankenhaus der BKK eV erstellten Schreiben vom 18.12.2006 detailliert die unterschiedlichen Vergütungsberechnungen dargelegt hat. Dies genügt selbst den höheren Anforderungen an einen Vorbehalt hinsichtlich einer Zahlungspflicht, die keiner kurzen Frist unterworfen ist.

50

5. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch Anspruch auf die Zahlung von Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz aus dem geltend gemachten Erstattungsbetrag (vgl BSG SozR 4-2500 § 69 Nr 7 RdNr 16 ff). Das zitierte Urteil des erkennenden Senats betrifft einen Sachverhalt im Geltungsbereich desselben Vertrags nach § 112 SGB V, der nach den vom LSG in Bezug genommenen Feststellungen des SG jedenfalls hinsichtlich der Zinsregelung fortgilt. Die Beteiligten haben für die hier betroffene Zeit nichts Abweichendes vorgetragen.

51

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

(1) Die allgemeinen Krankenhausleistungen werden gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit folgenden Entgelten abgerechnet:

1.
Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9),
2.
Zusatzentgelte nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9),
3.
gesonderte Zusatzentgelte nach § 6 Abs. 2a,
4.
Zu- und Abschläge nach § 17b Absatz 1a des Krankenhausfinanzierungsgesetzes und nach diesem Gesetz sowie nach § 33 Absatz 3 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes,
5.
Entgelte für besondere Einrichtungen und für Leistungen, die noch nicht von den auf Bundesebene vereinbarten Fallpauschalen und Zusatzentgelten erfasst werden (§ 6 Abs. 1),
6.
Entgelte für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die noch nicht in die Entgeltkataloge nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 aufgenommen worden sind (§ 6 Abs. 2),
6a.
tagesbezogene Pflegeentgelte zur Abzahlung des Pflegebudgets nach § 6a,
7.
Pflegezuschlag nach § 8 Absatz 10.
Mit diesen Entgelten werden alle für die Versorgung des Patienten erforderlichen allgemeinen Krankenhausleistungen vergütet. Darüber hinaus werden der DRG-Systemzuschlag nach § 17b Abs. 5 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, der Systemzuschlag für den Gemeinsamen Bundesausschuss und das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen nach § 91 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 139c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und der Telematikzuschlag nach § 377 Absatz 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch abgerechnet.

(2) Die Höhe der Entgelte nach Absatz 1 Satz 1 wird wie folgt ermittelt:

1.
Fallpauschalen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1; die sich aus dem bundeseinheitlichen Entgeltkatalog ergebende Bewertungsrelation einschließlich der Regelungen zur Grenzverweildauer und zu Verlegungen (effektive Bewertungsrelation) wird mit dem Landesbasisfallwert multipliziert;
2.
Zusatzentgelte nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2; die bundeseinheitliche Entgelthöhe wird dem Entgeltkatalog entnommen;
3.
Fallpauschalen, Zusatzentgelte und tagesbezogene Entgelte nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5, 6 und 6a; die Entgelte sind in der nach den §§ 6 und 6a krankenhausindividuell vereinbarten Höhe abzurechnen;
4.
Zu- und Abschläge nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 4; die Zu- und Abschläge werden krankenhausindividuell vereinbart.
Die auf der Bundesebene vereinbarten Abrechnungsbestimmungen nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 sind anzuwenden.

(1) Für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen gilt ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem, soweit Absatz 4 keine abweichenden Regelungen enthält. Das Vergütungssystem hat Komplexitäten und Komorbiditäten abzubilden; sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein. Mit den Entgelten nach Satz 1 werden die allgemeinen voll- und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet. Die Fallgruppen und ihre Bewertungsrelationen sind bundeseinheitlich festzulegen. Die Bewertungsrelationen sind als Relativgewichte auf eine Bezugsleistung zu definieren; sie sind für Leistungen, bei denen in erhöhtem Maße wirtschaftlich begründete Fallzahlsteigerungen eingetreten oder zu erwarten sind, gezielt abzusenken oder in Abhängigkeit von der Fallzahl bei diesen Leistungen abgestuft vorzugeben. Um mögliche Fehlanreize durch eine systematische Übervergütung der Sachkostenanteile bei voll- und teilstationären Leistungen jährlich zu analysieren und geeignete Maßnahmen zum Abbau vorhandener Übervergütung zu ergreifen, sind auf der Grundlage eines Konzepts des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus sachgerechte Korrekturen der Bewertungsrelationen der Fallpauschalen zu vereinbaren; die Korrekturen der Bewertungsrelationen sind erstmals für die Weiterentwicklung des Vergütungssystems für das Jahr 2021 ausschließlich innerhalb der Fallpauschalenvergütung durchzuführen. Soweit dies zur Ergänzung der Fallpauschalen in eng begrenzten Ausnahmefällen erforderlich ist, können die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 Zusatzentgelte für Leistungen, Leistungskomplexe oder Arzneimittel vereinbaren, insbesondere für die Behandlung von Blutern mit Blutgerinnungsfaktoren oder für eine Dialyse, wenn die Behandlung des Nierenversagens nicht die Hauptleistung ist. Sie vereinbaren auch die Höhe der Entgelte; diese kann nach Regionen differenziert festgelegt werden. Nach Maßgabe des Krankenhausentgeltgesetzes können Entgelte für Leistungen, die nicht durch die Entgeltkataloge erfasst sind, durch die Vertragsparteien nach § 18 Absatz 2 vereinbart werden. Besondere Einrichtungen, deren Leistungen insbesondere aus medizinischen Gründen, wegen einer Häufung von schwerkranken Patienten oder aus Gründen der Versorgungsstruktur mit den Entgeltkatalogen noch nicht sachgerecht vergütet werden, können zeitlich befristet aus dem Vergütungssystem ausgenommen werden; unabhängig davon, ob die Leistungen mit den Entgeltkatalogen sachgerecht vergütet werden, ist bei Palliativstationen oder -einheiten, die räumlich und organisatorisch abgegrenzt sind und über mindestens fünf Betten verfügen, dafür ein schriftlicher oder elektronischer Antrag des Krankenhauses ausreichend. Entstehen bei Patientinnen oder Patienten mit außerordentlichen Untersuchungs- und Behandlungsabläufen extrem hohe Kostenunterdeckungen, die mit dem pauschalierten Vergütungssystem nicht sachgerecht finanziert werden (Kostenausreißer), sind entsprechende Fälle zur Entwicklung geeigneter Vergütungsformen vertieft zu prüfen. Zur Förderung der palliativmedizinischen Versorgung durch Palliativdienste ist die Kalkulation eines Zusatzentgelts zu ermöglichen; im Einvernehmen mit der betroffenen medizinischen Fachgesellschaft sind die hierfür erforderlichen Kriterien bis zum 29. Februar 2016 zu entwickeln. Zur sachgerechten Abbildung der Kosten von telekonsiliarärztlichen Leistungen haben die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 auf der Grundlage eines Konzepts des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus spätestens bis zum 30. September 2024 Entgelte zu vereinbaren.

(1a) Soweit allgemeine Krankenhausleistungen nicht oder noch nicht in die Entgelte nach Absatz 1 Satz 1 einbezogen werden können, weil der Finanzierungstatbestand nicht in allen Krankenhäusern vorliegt, sind bundeseinheitliche Regelungen für Zu- oder Abschläge zu vereinbaren, insbesondere für

1.
die Notfallversorgung,
2.
die besonderen Aufgaben nach § 2 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 des Krankenhausentgeltgesetzes,
3.
(weggefallen)
4.
die Beteiligung der Krankenhäuser an Maßnahmen zur Qualitätssicherung auf der Grundlage der §§ 136 und 136b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und die Beteiligung ganzer Krankenhäuser oder wesentlicher Teile der Einrichtungen an einrichtungsübergreifenden Fehlermeldesystemen, sofern diese den Festlegungen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 136a Absatz 3 Satz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch entsprechen,
5.
befristete Zuschläge für die Finanzierung von Mehrkosten auf Grund von Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses,
6.
die Finanzierung der Sicherstellung einer für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Vorhaltung von Leistungen,
7.
die Aufnahme von Begleitpersonen nach § 2 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 des Krankenhausentgeltgesetzes und § 2 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 der Bundespflegesatzverordnung,
8.
den Ausbildungszuschlag nach § 17a Absatz 6,
9.
den Aufwand, der den verantwortlichen Gesundheitseinrichtungen im Sinne des § 2 Nummer 5 Buchstabe a des Implantateregistergesetzes auf Grund ihrer Pflichten nach den §§ 16 und 17 Absatz 1 des Implantateregistergesetzes sowie den §§ 18, 20, 24 und 25 des Implantateregistergesetzes und für die zu zahlenden Gebühren nach § 33 Absatz 1 Nummer 1 des Implantateregistergesetzes entsteht.

(2) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren entsprechend den Vorgaben der Absätze 1, 1a und 3 mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft ein Vergütungssystem, das sich an einem international bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage der Diagnosis Related Groups (DRG) orientiert, seine jährliche Weiterentwicklung und Anpassung, insbesondere an medizinische Entwicklungen, Kostenentwicklungen, Verweildauerverkürzungen und Leistungsverlagerungen zu und von anderen Versorgungsbereichen, und die Abrechnungsbestimmungen, soweit diese nicht im Krankenhausentgeltgesetz vorgegeben werden. Sie orientieren sich dabei unter Wahrung der Qualität der Leistungserbringung an wirtschaftlichen Versorgungsstrukturen und Verfahrensweisen; insbesondere wirken sie mit den Abrechnungsbestimmungen darauf hin, dass die Voraussetzungen, unter denen bei Wiederaufnahme von Patientinnen und Patienten eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale vorzunehmen sind, dem Wirtschaftlichkeitsgebot hinreichend Rechnung tragen. Die Prüfungsergebnisse nach § 137c des Fünften Buches Sozialgesetzbuch sind zu beachten. Der Bundesärztekammer ist Gelegenheit zur beratenden Teilnahme an den Sitzungen der Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 zu geben, soweit medizinische Fragen der Entgelte und der zu Grunde liegenden Leistungsabgrenzung betroffen sind; dies gilt entsprechend für einen Vertreter der Berufsorganisationen der Krankenpflegeberufe. Die betroffenen Fachgesellschaften und, soweit deren Belange berührt sind, die Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Industrie und der Industrie für Medizinprodukte erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Für die gemeinsame Beschlussfassung des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen und des Verbandes der privaten Krankenversicherung haben der Spitzenverband Bund der Krankenkassen zwei Stimmen und der Verband der privaten Krankenversicherung eine Stimme. Das Bundesministerium für Gesundheit kann an den Sitzungen der Vertragsparteien teilnehmen und erhält deren fachliche Unterlagen. Die Vertragsparteien veröffentlichen in geeigneter Weise die Ergebnisse der Kostenerhebungen und Kalkulationen; die der Kalkulation zugrunde liegenden Daten einzelner Krankenhäuser sind vertraulich.

(3) Die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 vereinbaren bis zum 30. Juni 2000 die Grundstrukturen des Vergütungssystems und des Verfahrens zur Ermittlung der Bewertungsrelationen auf Bundesebene (Bewertungsverfahren), insbesondere der zu Grunde zu legenden Fallgruppen, sowie die Grundzüge ihres Verfahrens zur laufenden Pflege des Systems auf Bundesebene. Die Vertragsparteien vereinbaren die Bewertungsrelationen und die Bewertung der Zu- und Abschläge nach Absatz 1a. Die Bewertungsrelationen werden auf der Grundlage der Fallkosten einer sachgerechten und repräsentativen Auswahl von Krankenhäusern kalkuliert. Auf der Grundlage eines vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus zu entwickelnden Vorschlags vereinbaren die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 bis spätestens zum 31. Dezember 2016 ein praktikables Konzept für eine repräsentative Kalkulation nach Satz 3; zur Gewährleistung einer repräsentativen Kalkulation der nach Absatz 4 auszugliedernden Pflegepersonalkosten hat das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus das Konzept anzupassen. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus bestimmt auf der Grundlage des Konzepts nach Satz 4, welche Krankenhäuser an der Kalkulation teilnehmen; diese Krankenhäuser sind zur Übermittlung der für die Durchführung der Kalkulation erforderlichen Daten an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus verpflichtet.

(3a) Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus hat für jede nicht erfolgte, nicht vollständige oder nicht fristgerechte Übermittlung der für die Durchführung der Kalkulation nach Absatz 3 Satz 4 erforderlichen Daten einen Abschlag von den pauschalierten Pflegesätzen nach § 17 Absatz 1 je Standort eines Krankenhauses festzulegen. Eine Übermittlung gilt als nicht vollständig, wenn die Daten von weniger als 95 Prozent der für den jeweiligen Standort eines Krankenhauses an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus übermittelten voll- und teilstationären Krankenhausfälle verwertbar sind. Der Abschlag nach Satz 1 ergibt sich aus der Multiplikation der Anzahl der voll- und teilstationären Krankenhausfälle, deren Daten durch das Krankenhaus je Krankenhausstandort nicht übermittelt werden oder zwar übermittelt werden, aber durch das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus nicht verwertbar sind, mit einem fallbezogenen Abschlagswert. Der fallbezogene Abschlagswert beträgt im ersten Jahr der Datenübermittlung, in dem eine Übermittlung nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht erfolgt, 20 Euro je voll- und teilstationären Krankenhausfall, dessen Daten nicht übermittelt werden oder zwar übermittelt werden, aber durch das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus nicht verwertbar sind. Für jedes weitere Jahr der Datenübermittlung, in dem eine Übermittlung nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht erfolgt, erhöht sich der fallbezogene Abschlagswert nach Satz 4 um jeweils 10 Euro. Abweichend von den Sätzen 3 bis 5 beträgt der Abschlag nach Satz 1 mindestens 20 000 Euro und höchstens 500 000 Euro pro Jahr der Datenübermittlung. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus unterrichtet jeweils die Vertragsparteien nach § 18 Absatz 2 über Verstöße und die Höhe des jeweiligen Abschlags nach Satz 1. Die Vertragsparteien nach § 18 Absatz 2 berücksichtigen den Abschlag nach Satz 1 bei der Vereinbarung nach § 11 des Krankenhausentgeltgesetzes und § 11 der Bundespflegesatzverordnung.

(4) Die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 haben auf der Grundlage eines Konzepts des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus die Pflegepersonalkosten für die unmittelbare Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen und in Kreißsälen aus dem Vergütungssystem auszugliedern und eine neue Pflegepersonalkostenvergütung zu entwickeln; ab dem Jahr 2025 haben die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 auf der Grundlage eines angepassten Konzepts des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus die Pflegepersonalkosten für die unmittelbare Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen und in Kreißsälen nach den Vorgaben des Absatzes 4a aus dem Vergütungssystem auszugliedern und die Pflegepersonalkostenvergütung weiterzuentwickeln. Hierfür haben sie insbesondere erstmals bis zum 31. Januar 2019 eine eindeutige, bundeseinheitliche Definition der auszugliedernden Pflegepersonalkosten zu vereinbaren und dabei auch Regelungen für die Zuordnung von Kosten von Pflegepersonal festzulegen, das überwiegend in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen tätig ist. Die Krankenhäuser haben die Vorgaben zur Ausgliederung und zur bundeseinheitlichen Definition nach Satz 1 erster Halbsatz und Satz 2 für die Abgrenzung ihrer Kosten und Leistungen rückwirkend ab dem 1. Januar 2019 anzuwenden; für die Vereinbarungen ab dem Jahr 2025 haben die Krankenhäuser ab dem 1. Januar 2023 die Vorgaben zur Ausgliederung und zur bundeseinheitlichen Definition nach Absatz 4a für die Abgrenzung ihrer Kosten und Leistungen anzuwenden. Die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 haben die Bewertungsrelationen für das DRG-Vergütungssystem erstmals für das Jahr 2020 um die Summe der Bewertungsrelationen der nach Satz 1 auszugliedernden Pflegepersonalkosten und die Zusatzentgelte um die pflegerelevanten Kosten zu vermindern sowie auf dieser Grundlage die Fallpauschalenvereinbarung bis zum 30. September 2019 abzuschließen. Sie haben die nach Satz 1 auszugliedernden Pflegepersonalkosten bis zum 30. September 2019 in einem Katalog mit bundeseinheitlichen Bewertungsrelationen je voll oder teilstationärem Belegungstag auszuweisen und den Katalog jährlich weiterzuentwickeln. Der Katalog ist erstmals für das Jahr 2020 von den Vertragsparteien nach § 18 Absatz 2 für die Abzahlung des Pflegebudgets nach § 6a des Krankenhausentgeltgesetzes anzuwenden. Für die Ausgliederung der Pflegepersonalkosten und die Entwicklung einer neuen Pflegepersonalkostenvergütung nach Satz 1 sowie für die Vereinbarung einer bundeseinheitlichen Definition nach Satz 2 oder Absatz 4a Satz 1 gelten die Regelungen nach Absatz 2 Satz 4 bis 7 zur Einbindung der Berufsorganisationen der Krankenpflegeberufe, zur Beschlussfassung sowie zu den Teilnahme- und Zugangsrechten des Bundesministeriums für Gesundheit entsprechend. Für die Ausweisung der auszugliedernden Pflegepersonalkosten in einem Katalog mit bundeseinheitlichen Bewertungsrelationen und die Weiterentwicklung des Katalogs nach Satz 5 gelten die Veröffentlichungspflichten nach Absatz 2 Satz 8 entsprechend. Die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 berichten dem Bundesministerium für Gesundheit über die Auswirkungen, die die Einführung des Pflegebudgets nach § 6a des Krankenhausentgeltgesetzes auf die Entwicklung der Pflegepersonalstellen und -kosten in den Jahren 2020 bis 2024 hat. Sie haben hierzu zum 31. August 2022 einen Zwischenbericht und zum 31. August 2025 einen abschließenden Bericht vorzulegen.

(4a) Für die Jahre ab 2025 haben die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 erstmals bis zum 31. Dezember 2022 zu vereinbaren, dass in der eindeutigen bundeseinheitlichen Definition der auszugliedernden Pflegepersonalkosten nach Absatz 4 Satz 2 ausschließlich das Pflegepersonal und die Pflegepersonalkosten der folgenden Berufsgruppen zu berücksichtigen sind:

1.
als Pflegefachkräfte Personen, die über die Erlaubnis zum Führen einer Berufsbezeichnung nach § 1 Absatz 1 des Pflegeberufegesetzes oder § 58 Absatz 1 oder Absatz 2 des Pflegeberufegesetzes verfügen oder deren Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung nach dem Krankenpflegegesetz in der am 31. Dezember 2019 geltenden Fassung oder nach dem Altenpflegegesetz in der am 31. Dezember 2019 geltenden Fassung nach § 64 des Pflegeberufegesetzes fortgilt,
2.
als Pflegehilfskräfte
a)
Personen, die erfolgreich eine landesrechtlich geregelte Assistenz- oder Helferausbildung in der Pflege von mindestens einjähriger Dauer abgeschlossen haben, die die von der 89. Arbeits- und Sozialministerkonferenz 2012 und der 86. Gesundheitsministerkonferenz 2013 als Mindestanforderungen beschlossenen Eckpunkte für die in Länderzuständigkeit liegenden Ausbildungen zu Assistenz- und Helferberufen in der Pflege (BAnz AT 17.02.2016 B3) erfüllt,
b)
Personen, die erfolgreich eine landesrechtlich geregelte Ausbildung in der Krankenpflegehilfe oder in der Altenpflegehilfe von mindestens einjähriger Dauer abgeschlossen haben,
c)
Personen, denen auf der Grundlage des Krankenpflegegesetzes in der am 31. Dezember 2003 geltenden Fassung eine Erlaubnis als Krankenpflegehelferin oder Krankenpflegehelfer erteilt worden ist,
d)
Medizinische Fachangestellte, die erfolgreich eine Ausbildung nach der Verordnung über die Berufsausbildung zum Medizinischen Fachangestellten/zur Medizinischen Fachangestellten abgeschlossen haben oder eine Qualifikation vorweisen, die dieser Ausbildung entspricht,
e)
Anästhesietechnische Assistentinnen und Anästhesietechnische Assistenten, die über die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung nach § 1 Absatz 1 des Anästhesietechnische- und Operationstechnische-Assistenten-Gesetzes verfügen, und
f)
Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter, denen die Erlaubnis zum Führen einer Berufsbezeichnung nach § 1 Absatz 1 des Notfallsanitätergesetzes erteilt worden ist, und
3.
als Hebammen Personen mit einer Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung nach § 5 Absatz 1 des Hebammengesetzes, auch in Verbindung mit den §§ 73 und 74 Absatz 1 des Hebammengesetzes.
In der Vereinbarung haben sie auch Regelungen für die Zuordnung von Kosten von Pflegepersonal festzulegen, das überwiegend in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen oder in Kreißsälen tätig ist.

(5) Zur Finanzierung der ihnen übertragenen Aufgaben nach den Absätzen 1 bis 4 sowie § 10 Abs. 2 und § 17d vereinbaren die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1

1.
einen Zuschlag für jeden abzurechnenden Krankenhausfall, mit dem die Entwicklung, Einführung und laufende Pflege des Vergütungssystems finanziert werden (DRG-Systemzuschlag); der Zuschlag dient der Finanzierung insbesondere der Entwicklung der DRG-Klassifikation und der Kodierregeln, der Ermittlung der Bewertungsrelationen, der Bewertung der Zu- und Abschläge, der Ermittlung der Richtwerte nach § 17a Abs. 4b, von pauschalierten Zahlungen für die Teilnahme von Krankenhäusern oder Ausbildungsstätten an der Kalkulation und der Vergabe von Aufträgen, auch soweit die Vertragsparteien die Aufgaben durch das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus wahrnehmen lassen oder das Bundesministerium für Gesundheit nach Absatz 7 anstelle der Vertragsparteien entscheidet,
2.
Maßnahmen, die sicherstellen, dass die durch den Systemzuschlag erhobenen Finanzierungsbeträge ausschließlich zur Umsetzung der in diesem Absatz genannten Aufgaben verwendet werden,
3.
das Nähere zur Weiterleitung der entsprechenden Einnahmen der Krankenhäuser an die Vertragsparteien,
4.
kommt eine Vereinbarung nicht zustande, entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei die Schiedsstelle nach § 18a Abs. 6.
Die Vertragsparteien vereinbaren pauschalierte Zahlungen für die Teilnahme von Krankenhäusern oder Ausbildungsstätten an der Kalkulation, die einen wesentlichen Teil der zusätzlich entstehenden Kosten umfassen sollen; sie sollen als fester Grundbetrag je Krankenhaus und ergänzend als Finanzierung in Abhängigkeit von Anzahl und Qualität der übermittelten Datensätze gezahlt werden. Über die Teilnahme des einzelnen Krankenhauses entscheiden prospektiv die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 auf Grund der Qualität des Rechnungswesens oder der Notwendigkeit der zu erhebenden Daten; ein Anspruch auf Teilnahme besteht nicht. Für die Vereinbarungen gilt Absatz 2 Satz 6 entsprechend. Ein Einsatz der Finanzmittel zur Deckung allgemeiner Haushalte der Vertragsparteien oder zur Finanzierung herkömmlicher Verbandsaufgaben im Zusammenhang mit dem Vergütungssystem ist unzulässig. Die vom Bundesministerium für Gesundheit zur Vorbereitung einer Rechtsverordnung nach Absatz 7 veranlassten Kosten für die Entwicklung, Einführung und laufende Pflege des Vergütungssystems sind von den Selbstverwaltungspartnern unverzüglich aus den Finanzmitteln nach Satz 1 zu begleichen; die Entscheidungen verantwortet das Bundesministerium. Der DRG-Systemzuschlag ist von den Krankenhäusern je voll- und teilstationärem Krankenhausfall dem selbstzahlenden Patienten oder dem jeweiligen Kostenträger zusätzlich zu den tagesgleichen Pflegesätzen oder einer Fallpauschale in Rechnung zu stellen; er ist an die Vertragsparteien oder eine von ihnen benannte Stelle abzuführen. Der Zuschlag unterliegt nicht der Begrenzung der Pflegesätze durch § 10 Absatz 4 des Krankenhausentgeltgesetzes oder § 10 Absatz 3 der Bundespflegesatzverordnung; er geht nicht in den Gesamtbetrag und die Erlösausgleiche nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung ein.

(6) (weggefallen)

(7) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates

1.
Vorschriften über das Vergütungssystem einschließlich Vorschriften über die Pflegepersonalkostenvergütung nach Absatz 4 zu erlassen, soweit eine Einigung der Vertragsparteien nach Absatz 2 ganz oder teilweise nicht zustande gekommen ist und eine der Vertragsparteien insoweit das Scheitern der Verhandlungen erklärt hat; die Vertragsparteien haben zu den strittigen Punkten ihre Auffassungen und die Auffassungen sonstiger Betroffener darzulegen und Lösungsvorschläge zu unterbreiten,
2.
abweichend von Nummer 1 auch ohne Erklärung des Scheiterns durch eine Vertragspartei nach Ablauf vorher vorgegebener Fristen für Arbeitsschritte zu entscheiden, soweit dies erforderlich ist, um die Einführung des Vergütungssystems einschließlich der Pflegepersonalkostenvergütung nach Absatz 4 und die jährliche Weiterentwicklung fristgerecht sicherzustellen,
3.
Leistungen oder besondere Einrichtungen nach Absatz 1 Satz 9 und 10 zu bestimmen, die mit dem DRG-Vergütungssystem noch nicht sachgerecht vergütet werden können; für diese Bereiche können die anzuwendende Art der Vergütung festgelegt sowie Vorschriften zur Ermittlung der Entgelthöhe und zu den vorzulegenden Verhandlungsunterlagen erlassen werden,
4.
unter den Voraussetzungen nach den Nummern 1 und 2 Richtwerte nach § 17a Abs. 4b zur Finanzierung der Ausbildungskosten vorzugeben.
Von Vereinbarungen der Vertragsparteien nach Absatz 2 kann abgewichen werden, soweit dies für Regelungen nach Satz 1 erforderlich ist. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus ist verpflichtet, dem Bundesministerium zur Vorbereitung von Regelungen nach Satz 1 unmittelbar und unverzüglich nach dessen Weisungen zuzuarbeiten. Das Bundesministerium kann sich von unabhängigen Sachverständigen beraten lassen. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus ist auch im Falle einer Vereinbarung durch die Vertragsparteien nach Absatz 2 verpflichtet, auf Anforderung des Bundesministeriums Auskunft insbesondere über den Entwicklungsstand des Vergütungssystems, die Entgelte und deren Veränderungen sowie über Problembereiche und mögliche Alternativen zu erteilen. Kommt eine Vereinbarung nach Absatz 1 Satz 6 oder Absatz 3 Satz 4 nicht zustande, entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei die Schiedsstelle nach § 18a Absatz 6.

(7a) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Unterlagen, die von den Krankenhäusern für die Budgetverhandlungen vorzulegen sind, zu erlassen.

(8) Die Vertragsparteien nach Absatz 2 führen eine Begleitforschung zu den Auswirkungen des neuen Vergütungssystems, insbesondere zur Veränderung der Versorgungsstrukturen und zur Qualität der Versorgung, durch; dabei sind auch die Auswirkungen auf die anderen Versorgungsbereiche sowie die Art und der Umfang von Leistungsverlagerungen zu untersuchen. Sie schreiben dazu Forschungsaufträge aus und beauftragen das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus, insbesondere die Daten nach § 21 des Krankenhausentgeltgesetzes auszuwerten. Die Kosten dieser Begleitforschung werden mit dem DRG-Systemzuschlag nach Absatz 5 finanziert. Die Begleitforschung ist mit dem Bundesministerium für Gesundheit abzustimmen.

(9) (weggefallen)

(10) Über die nach Absatz 1 Satz 11 vorzunehmende vertiefte Prüfung von Kostenausreißern hinausgehend beauftragen die Vertragsparteien nach Absatz 2 bis zum 31. Dezember 2013 das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus mit der Festlegung von Kriterien zur Ermittlung von Kostenausreißern und einer auf dieser Grundlage erfolgenden systematischen Prüfung, in welchem Umfang Krankenhäuser mit Kostenausreißern belastet sind. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus entwickelt ein Regelwerk für Fallprüfungen bei Krankenhäusern, die an der DRG-Kalkulation teilnehmen. Zur sachgerechten Beurteilung der Kostenausreißer hat das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus von den an der Kalkulation teilnehmenden Krankenhäusern über den Kalkulationsdatensatz hinausgehende detaillierte fallbezogene Kosten- und Leistungsdaten zu erheben. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus veröffentlicht die Prüfergebnisse jährlich im Rahmen eines Extremkostenberichts, erstmals bis zum 31. Dezember 2014. In dem Bericht sind auch die Gründe von Kostenausreißerfällen und Belastungsunterschieden zwischen Krankenhäusern darzulegen. Auf der Grundlage des Berichts sind geeignete Regelungen für eine sachgerechte Vergütung von Kostenausreißern im Rahmen des Entgeltsystems zu entwickeln und durch die Vertragsparteien nach Absatz 2 zu vereinbaren.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1021,13 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist die sich nach dem Fallpauschalen-Katalog 2006 bestimmende Höhe des Vergütungsanspruchs für eine stationäre Krankenhausbehandlung.

2

Die bei der klagenden Krankenkasse (KK) versicherte N. (im Folgenden: Versicherte) begab sich wegen einer Angina-pectoris-Symptomatik am 14.11.2006 aufgrund ärztlicher Überweisung in das nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhaus der beklagten Trägerin. Das Krankenhaus dilatierte bei ihr am 16.11.2006 im Zusammenhang mit einer Herzkatheteruntersuchung (Operationen- und Prozedurenschlüssel 1-275.2, Koronarangiographie, Druckmessung und Ventrikulographie im linken Ventrikel) eine dabei festgestellte hochgradige CX-Stenose mit einem Stent (OPS 8-837.k0, perkutan-transluminale Gefäßintervention an Herz und Koronargefäßen, Einlegen eines nicht medikamentenfreisetzenden Stents inkl: Bypassgefäß, ein Stent in eine Koronararterie) und entließ die Klägerin am 17.11.2006. Die Beklagte diagnostizierte bei der Versicherten eine atherosklerotische Herzkrankheit iS der Ein-Gefäßerkrankung (ICD 10 I25.11), eine instabile Angina pectoris (ICD 10 I20.0), eine Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) und eine benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00). Sie berechnete der Klägerin für die Behandlung der Versicherten insgesamt 4312,59 Euro, die die Klägerin vorbehaltlich der Überprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zunächst zahlte. Die Beklagte legte ihrer Berechnung die wegen Komplikationen oder Komorbiditäten (CC) höher bewertete DRG F57A (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention mit äußerst schweren CC) nach dem auf Diagnosis Related Groups (DRGs; diagnosebezogene Fallgruppen) basierenden Fallpauschalen-Katalog der G-DRG-Version 2006 einschließlich weiterer Zuschläge zugrunde. Der MDK vertrat dagegen die Auffassung, die Beklagte habe die Allgemeinen und Speziellen Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren (Deutsche Kodierrichtlinien ) unzutreffend angewandt, indem sie als Hauptdiagnose atherosklerotische Herzkrankheit und als Nebendiagnose Angina pectoris angegeben habe. Genau umgekehrt hätte die Beklagte die erbrachte Leistung kodieren müssen. Die erbrachte Leistung sei daher nach DRG F57B (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention ohne äußerst schwere CC) abzurechnen. Die Klägerin forderte vergeblich die Beklagte zur Rückzahlung von 1021,13 Euro auf. Dagegen ist sie mit ihrer Zahlungsklage vor dem SG erfolgreich gewesen (Urteil vom 28.5.2010). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt, aus dem eindeutigen Wortlaut der DKR 0901e ergebe sich, dass die Angina pectoris vor der atherosklerotischen Herzkrankheit als Hauptdiagnose zu kodieren sei. Als speziellere Regelung verdränge sie die in DKR D002d enthaltene allgemeine Regelung zur Kodierung von Hauptdiagnosen. Hingegen schließe DKR D003d als allgemeine Regelung zur Kodierung von Nebendiagnosen aus, DKR 0901e bloß als spezielle Regelung über die zu beachtende Reihenfolge von Nebendiagnosen zu verstehen (Urteil vom 13.1.2011).

3

Die Beklagte rügt mit der Revision die Verletzung des § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm den auf Bundesebene vereinbarten Kodierregeln DKR D002d und DKR 0901e. Die DKR D002d lege fest, dass sich die Hauptdiagnose, wenn die Krankheit bei Aufnahme bekannt sei oder während des stationären Aufenthalts bekannt werde, aus dieser und nicht aus der Symptomatik ableite. Der sich aus der DKR-Systematik ergebende Vorrang der allgemeinen DKR D002d entfalle nur dann, wenn abweichend von diesen Grundsätzen in speziellen Kodierrichtlinien ausdrücklich eine andere Diagnose als Hauptdiagnose bestimmt werde. Die spezielle DKR 0901e regele hingegen lediglich die Fälle, in denen die Angina pectoris vor der atherosklerotischen Herzkrankheit zu kodieren sei, wenn beide Nebendiagnosen seien, und lasse - nur insoweit von DKR D002d abweichend - die Kodierung eines bloßen Symptoms zu. Eigentlicher Zweck der DKR 0901e sei es, dass die CC-relevante, erlössteigernde instabile Angina pectoris überhaupt als Diagnose kodiert werden könne.

4

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2011 und das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 28. Mai 2010 aufzuheben.

5

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, dass die klagende KK gegen die beklagte Krankenhausträgerin einen Anspruch auf Rückzahlung von 1021,13 Euro nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit hat. Die von der Klägerin erhobene (echte) Leistungsklage ist zulässig (dazu 1.) und begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Erstattung überzahlter Vergütung (dazu 2.). Der Differenzbetrag zwischen der allein abrechenbaren DRG F57B und der zu Unrecht bezahlten DRG F57A beträgt 1021,13 Euro (dazu 3.). Der Beklagten stehen gegen den Anspruch der Klägerin keine Einreden zu (dazu 4.). Die Klägerin hat auch Anspruch auf die von den Vorinstanzen zuerkannten Zinsen (dazu 5.).

8

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin macht zu Recht den Anspruch auf Rückzahlung eines Teils der für die Krankenhausbehandlung der Versicherten gezahlten Vergütung mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG gegen die Beklagte geltend. Die Klage einer KK auf Rückzahlung zu Unrecht erbrachter Vergütung gegen einen Krankenhausträger - wie hier - ist ein sog Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und keine Klagefrist zu beachten ist (zum umgekehrten Fall der Klage eines Krankenhauses gegen die KK: BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10 mwN; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12). Die Klägerin hat den Zahlungsanspruch auch konkret beziffert (vgl zur Notwendigkeit der Bezifferung BSGE 83, 254, 263 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1; BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2, RdNr 6; BSGE 107, 78 = SozR 4-2500 § 140d Nr 2, RdNr 10).

9

2. Rechtsgrundlage des streitgegenständlichen Zahlungsanspruchs ist der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch. Die sich aus der Erbringung von Leistungen für nach dem SGB V Versicherte ergebenden Rechtsbeziehungen zwischen KKn und als Leistungserbringer zugelassenen Krankenhäusern sind öffentlich-rechtlicher Natur (dazu a). Bei derartigen öffentlich-rechtlich geprägten Rechtsbeziehungen tritt an die Stelle des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs nach § 812 BGB der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch(dazu b).

10

a) Dass die Rechtsbeziehungen zwischen KK und Krankenhaus öffentlich-rechtlicher Natur sind, ergibt sich explizit aus § 69 Satz 2 SGB V(idF durch Art 1 Nr 1c Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412). Hiernach sind die Rechtsbeziehungen der KKn und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und ihren Verbänden abschließend im Vierten Kapitel des SGB V, in den §§ 63, 64 SGB V und in dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), dem Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) sowie den hiernach erlassenen Rechtsverordnungen geregelt(zur entsprechenden Rechtslage vor Änderung des § 69 SGB V durch Art 1 Nr 26 Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626 vgl BSGE 97, 125 = SozR 4-1500 § 92 Nr 3, RdNr 9 mwN). Da es sich bei diesen Vorschriften um solche des öffentlichen Rechts handelt, können auch die hierauf beruhenden Rechtsbeziehungen zwischen KKn und Leistungserbringern nur öffentlich-rechtlicher Natur sein (vgl auch BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 10).

11

b) Der im öffentlichen Recht auch ohne ausdrückliche Normierung seit langem anerkannte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (vgl nur BSGE 16, 151, 156 = SozR Nr 1 zu § 28 BVG mwN zur älteren Rspr und Literatur)ist aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung herzuleiten (BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2, RdNr 27). Er setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind (BSGE 16, 151, 156 = SozR Nr 1 zu § 28 BVG; BSGE 69, 158, 160 = SozR 3-1300 § 113 Nr 1; BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 8; BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15). Seine Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen entsprechen zwar, soweit sie nicht spezialgesetzlich geregelt sind, denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs (vgl BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2, RdNr 27 mwN zur Rspr des BVerwG). Es scheidet aber ein Rückgriff auf die zivilrechtlichen Normen aus, soweit der vom öffentlichen Recht selbstständig entwickelte Erstattungsanspruch reicht (vgl BSGE 38, 46, 47 = SozR 2200 § 1409 Nr 1 S 1 f). Dies gilt namentlich für die Nichtanwendbarkeit der bereicherungsrechtlichen Vorschriften, denen öffentlich-rechtliche Wertungszusammenhänge entgegenstehen (vgl zB zur Nichtanwendbarkeit des § 818 Abs 3 BGB bei der Rückforderung von Berufsausbildungsbeihilfe wegen des Vorrangs von § 152 Abs 3 Arbeitsförderungsgesetz aF BSGE 45, 38, 46 f = SozR 4100 § 40 Nr 17 S 54, mwN; vgl auch BVerwGE 71, 85, 88; BVerwGE 112, 351, 353 f).

12

3. Die Klägerin hat der Beklagten 1021,13 Euro Krankenhausvergütung ohne Rechtsgrund gezahlt, weil die Beklagte die zugunsten der Versicherten erbrachten Leistungen in dieser Höhe nicht abrechnen durfte. Die Beklagte hat gegen die Klägerin einen Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung erworben (dazu a). Die geltend gemachte Krankenhausvergütung bemisst sich generell nach vertraglichen Fallpauschalen (dazu b). Die konkrete Anspruchshöhe ergibt sich aus der niedriger vergüteten DRG F57B und nicht aus der von der Beklagten angesetzten höher vergüteten DRG F57A (dazu c). Die rechnerische Differenz zwischen der abgerechneten und - unter Vorbehalt - gezahlten DRG F57A und der allein abrechenbaren DRG F57B beträgt nach den unangegriffenen und damit bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)1021,13 Euro (dazu d). Weitere von der Beklagten abgerechnete und von der Klägerin bezahlte Vergütungsbestandteile sind nicht Gegenstand des Rechtsstreits (allgemein zu weiteren Vergütungsbestandteilen vgl § 7 Satz 1 Nr 2 - 8 KHEntgG idF durch Art 2 Nr 5 Zweites Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften vom 15.12.2004, BGBl I 3429).

13

a) Die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung sind erfüllt. Die Klägerin ist - was sie auch nicht bestreitet - verpflichtet, die stationäre Krankenhausbehandlung ihrer Versicherten im Krankenhaus der Beklagten vom 14. bis 17.11.2006 zu vergüten. Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist(stRspr, vgl BSGE 70, 20, 22 = SozR 3-2500 § 39 Nr 1 S 3; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4 S 19; BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1 S 3; BSGE 90, 1, 2 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 11; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 11). Die Vorinstanzen sind zu Recht hiervon ausgegangen und haben festgestellt, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind.

14

b) Die betroffene Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage (dazu aa). Die vertraglichen Fallpauschalen ergeben sich aus einem Fallpauschalen-Katalog, der Teil einer Vereinbarung ist, und Regelungen zur Ermittlung der jeweiligen Fallpauschale, auf die in dieser Vereinbarung Bezug genommen wird und die ihrerseits durch vertragliche Kodierrichtlinien erst operationabel sind (dazu bb). Besonderheiten dieser Regelungselemente (dazu cc) wirken sich auf die Rechtsanwendung und -kontrolle dahingehend aus, dass nur eingeschränkte Auslegungsmöglichkeiten bestehen und der rechnergestützte Anwendungsprozess des Fallpauschalen-Katalogs nachvollziehbar gemacht werden muss (dazu dd).

15

aa) Die geltend gemachte Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Die Fallpauschalenvergütung für Krankenhausbehandlung Versicherter in zugelassenen Einrichtungen ergibt sich gesetzlich aus § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V (idF durch Art 1 Nr 3 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 KHEntgG (idF durch Art 2 Nr 5 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b KHG (idF durch Art 56 Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407; vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge) konkretisiert. Nach § 1 Abs 1 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 1 Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser vom 17.7.2003, BGBl I 1461) werden die vollstationären und teilstationären Leistungen der Krankenhäuser nach diesem Gesetz und dem KHG vergütet. § 7 Satz 1 Nr 1 KHEntgG bestimmt: "Die allgemeinen Krankenhausleistungen werden gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit folgenden Entgelten abgerechnet: 1. Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9), …." Mit diesen Entgelten werden alle für die Versorgung des Patienten erforderlichen allgemeinen Krankenhausleistungen vergütet (§ 7 Satz 2 KHEntgG). Die Spitzenverbände der KKn (ab 1.7.2008: Spitzenverband Bund der KKn) und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412) mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 8 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 3 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412). Daneben bestimmt § 17b Abs 1 Satz 1 Halbs 1 KHG, dass für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem einzuführen ist. Das Vergütungssystem hat Komplexitäten und Komorbiditäten abzubilden; sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein (§ 17b Abs 1 Satz 2 KHG). Mit den Entgelten nach Satz 1 werden die allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet (§ 17b Abs 1 Satz 3 KHG). Nach § 17b Abs 2 Satz 1 Halbs 1 KHG vereinbaren die Spitzenverbände der KKn und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam entsprechend den Vorgaben der Absätze 1 und 3 des § 17b KHG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als Vertragsparteien auf Bundesebene ein Vergütungssystem, das sich an einem international bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage der DRGs orientiert; nach dieser Vorschrift vereinbaren die Vertragspartner ferner die jährliche Weiterentwicklung und Anpassung des Vergütungssystems, insbesondere an medizinische Entwicklungen, Kostenentwicklungen, Verweildauerverkürzungen und Leistungsverlagerungen zu und von anderen Versorgungsbereichen, und die Abrechnungsbestimmungen, soweit diese nicht im KHEntgG vorgegeben werden. Sie orientieren sich dabei unter Wahrung der Qualität der Leistungserbringung an wirtschaftlichen Versorgungsstrukturen und Verfahrensweisen (§ 17b Abs 2 Satz 2 KHG).

16

Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass Vereinbarungen auf Landesebene zwischen den in § 18 Abs 1 Satz 2 KHG genannten Vertragsparteien mit Wirkung für die ("lokalen") Vertragsparteien nach § 18 Abs 2 KHG(§ 10 KHEntgG idF durch Art 258 Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407), Vereinbarungen zwischen den Krankenhausträgern und den Sozialleistungsträgern für das einzelne Krankenhaus (§§ 3 und 4 KHEntgG, idF durch Art 2 Nr 1 und Nr 2 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429, §§ 5 und 6 KHEntgG, idF durch Art 258 Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407, § 11 KHEntgG)und vertragliche Regelungen nach § 112 SGB V den Vergütungsanspruch ebenfalls konkretisieren können.

17

bb) Die vertraglichen Fallpauschalen ergeben sich daraus, dass die nach den aufgezeigten gesetzlichen Regelungen hierzu berufenen Vertragspartner eine Fallpauschalenvereinbarung (FPV) mit einem Fallpauschalen-Katalog als Teil derselben und Allgemeine und Spezielle Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren (Deutsche Kodierrichtlinien ) vereinbart haben. DKR und FPV bilden den konkreten vertragsrechtlichen Rahmen, aus dem die für eine Behandlung maßgebliche DRG-Position folgt. Nach den aufgezeigten gesetzlichen Vorgaben und der FPV greifen das in der FPV in Bezug genommene DRG-Ermittlungsprogramm (Grouper), der Fallpauschalen-Katalog und die Kodierrichtlinien als vereinbarte Abrechnungsbestimmungen ineinander. Sie sind bei der Anwendung des Katalogs zugrunde zu legen. In Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrages haben nämlich die Parteien gemäß § 17b Abs 2 KHG in Abschnitt 1 § 1 Abs 1 Satz 1 FPV 2006 zur Abrechnung von Fallpauschalen vereinbart: "Die Fallpauschalen werden jeweils von dem die Leistung erbringenden Krankenhaus nach dem am Tag der Aufnahme geltenden Fallpauschalen-Katalog und den dazu gehörenden Abrechnungsregeln abgerechnet." Die Regelung verweist nicht nur auf das Zusammenspiel von Fallpauschalen-Katalog und den dazu gehörenden Abrechnungsregeln, sondern legt zugleich den zeitlichen Anwendungsbereich von DKR und FPV fest. Dementsprechend sind im vorliegenden Fall die am 13.9.2005 getroffene Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2006 (Fallpauschalenvereinbarung 2006 - FPV 2006) einschließlich der Anlagen 1 bis 6 (insbesondere Anlage 1 Teil a) Fallpauschalen-Katalog 2006) und die von den Vertragspartnern auf Bundesebene am 8.9.2005 getroffene Vereinbarung zu den DKR für das Jahr 2006 (Ergänzungsvereinbarung 2006 zur Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien Version 2002 für das G-DRG-System gemäß § 17b KHG, zuletzt geändert durch die Ergänzungsvereinbarung 2005) maßgebend.

18

Die normative Wirkung der FPV 2006 und der DKR 2006 für den einzelnen Kostenträger, im Falle des SGB V die KKn, und die Krankenhausträger beruht auf § 8 Abs 1 Satz 1 Halbs 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412). Danach sind die Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen, wozu namentlich die Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog zählen (§ 7 Satz 1 Nr 1 KHEntgG), für alle Benutzer des Krankenhauses einheitlich zu berechnen. Ergänzend dazu sieht § 8 Abs 2 Satz 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412) vor, dass für die Behandlungsfälle die Fallpauschalen zu berechnen sind, die in dem Fallpauschalen-Katalog nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG bestimmt sind. Dadurch ist sowohl der nach seinem jeweiligen Recht zur Leistungsgewährung und -vergütung verpflichtete Kostenträger - hier die Klägerin nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5, § 39 Abs 1 SGB V gegenüber der Versicherten und nach § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V gegenüber der Beklagten - als auch der zur Leistungserbringung verpflichtete Träger des Krankenhauses - hier die Beklagte nach § 109 Abs 4 Satz 2 SGB V - unmittelbar durch die auf Bundesebene vereinbarten Regelungen gebunden.

19

cc) FPV und DKR weisen Besonderheiten auf, die sich auf die Rechtsanwendung und -kontrolle auswirken. FPV und DKR bilden nämlich nicht ein System von Pauschalen, das nach Art einer Gebührenordnung jeweils schriftlich fixierte, abstrakt umschriebene Behandlungstatbestände mit Abrechnungsvorgaben (zB Geldbeträgen oder Punktwerten) auf der Rechtsfolgenseite verknüpft, sodass der konkrete Behandlungsfall unter den Tatbestand zu subsumieren ist, vergleichbar der Subsumtion unter andere Rechtsnormen. Vielmehr umschreibt der vereinbarte Fallpauschalen-Katalog lediglich mit Buchstaben und Ziffern gekennzeichnete DRG-Positionen, deren zugehörige Bewertungsrelationen und weitere Angaben (zB zur Verweildauer), die für die Abrechnung von stationären Leistungen notwendig sind. Die textliche Bezeichnung beschreibt lediglich die verschlüsselte Position, umreißt aber keinen einer Auslegung als Basis und Ausgangspunkt zugrunde zu legenden subsumtionsfähigen Vergütungstatbestand. Welche DRG-Position - quasi als Folge für die Vergütungshöhe - abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich überhaupt nicht aus einem schriftlich festgelegten abstrakten Tatbestand, sondern aus der Eingabe von im Einzelnen von einem Programm vorgegebenen, abzufragenden Daten in ein automatisches Datenverarbeitungssystem und dessen Anwendung. Nach § 1 Abs 6 Satz 1 FPV 2006 sind in diesem Sinne zur Einstufung des Behandlungsfalls in die jeweils abzurechnende Fallpauschale Programme (Grouper) einzusetzen. Zugelassen sind nur solche Programme, die von der InEK GmbH - Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (im Folgenden DRG-Institut), einer gemeinsamen Einrichtung der in § 17b Abs 2 Satz 1 KHG und § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG genannten Vertragspartner auf Bundesebene, zertifiziert worden sind. Die Zertifizierung erfolgt, wenn die zu zertifizierenden Programme die vom DRG-Institut maßgeblich vorbereitete und von den Vertragsparteien auf Bundesebene in Gestalt eines programmierten Algorithmus vertraglich konsentierte jährliche Weiterentwicklung und Anpassung des DRG-Vergütungssystems nach § 17b Abs 1 Satz 1 KHG umsetzen.

20

Der zertifizierte Grouper führt nach Eingabe der Daten einen automatisierten Subsumtionsvorgang durch. Er bewirkt damit eine rechnergestützte Rechtsanwendung. Die einzugebenden Diagnosen und Prozeduren sowie die sonstigen benötigten Sachverhaltsangaben - etwa das Alter des Patienten - sind als Tatsachen einem gerichtlichen Beweis zugänglich. Die automatisierte Subsumtion ist hingegen eine rechtliche Bewertung des Sachverhalts und als solche nicht einem medizinischen oder informationstechnischen Sachverständigengutachten zugänglich. Das Prozesshafte des Groupierungsvorgangs und seine Grundannahme, dass es für jede Behandlung nur eine richtige Eingabe und DRG-Position gibt, die bereits im zertifizierten Grouper durch den Algorithmus vorgezeichnet ist, bedeutet jedoch, dass die rechtlich verbindlichen Regelungen nicht in "klassischen" Vergütungstatbeständen abgebildet werden, die nach anerkannten Auslegungsmethoden weiter konkretisiert werden. Vielmehr beinhaltet der zertifizierte Grouper eine zwar endliche, in ihrer Differenzierungsstruktur klare, aber in ihrer Komplexität nur schwer überschaubare Vielzahl von derart detaillierten Vergütungstatbeständen, dass Tatbestand und rechtliche Auslegung in jedem Rechenprozess-Schritt bis zum Ergebnis zusammenfallen.

21

Durch das umfangreiche Eingabeprogramm findet eine weitgehende Annäherung des Abstrakt-Generellen an das Konkret-Individuelle statt. Dies bedeutet zwar nicht, dass für jeden Patienten ein eigener Tatbestand geschaffen wird. Lediglich die Patienten mit identischen vergütungsrelevanten Sachverhalten bilden eine tatbestandlich zusammengefasste Gruppe. Die daraus erwachsende Vielzahl der Gruppen hat aber zur Folge, dass die Verfahrensbeteiligten, die sich auf einen bestimmten Programmablauf berufen, dem Gericht diesen Weg - nämlich als detaillierte Tatbestandsdarlegung von dem Gericht nicht unmittelbar zugänglichem untergesetzlichem Recht - in allen Einzelheiten des Rechenprozesses darstellen müssen, wenn sich das Gericht nicht in der Lage sieht, den (prozesshaften) Tatbestand anhand der Definitionshandbücher nachzuverfolgen. Nicht die Definitionshandbücher, sondern allein die zertifizierten Grouper mit ihrem jeweiligen Rechenprogramm sind verbindlich vereinbart und entfalten normative Wirkung.

22

Um effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten (Art 19 Abs 4 GG), muss das Gericht den sachlichen, nicht notwendig detailliert den mathematischen Entscheidungsprozess nachvollziehen können, der nach der Sachverhaltseingabe im Rechnerprogramm abläuft, um zu einer Fallpauschale zu gelangen. Zugleich muss für das Gericht überprüfbar gemacht werden, welche Eingabe zu welchem Ergebnis führt. Das Gericht muss die mit der Eingabe verknüpften wesentlichen Entscheidungen nachvollziehen, denen der Datenverarbeitungsprozess mit Blick auf den Fallpauschalen-Katalog dient. In diesem Sinne muss es in den Entscheidungsgründen verdeutlichen, welche Gabelungen mit welchem Ergebnis der Grouper in dem Entscheidungsbaum "ansteuert", der dem Programm zugrunde liegt.

23

In welcher Art und Weise die Eingaben in das Datensystem zu erfolgen haben, gibt nicht allein der Grouper durch die vorprogrammierten Abfragen mit genormten Antworten vor. Vielmehr regeln die FPV und die DKR konkrete Vorgaben für die Eingaben. So enthält Abschnitt 1 der FPV 2006 Abrechnungsbestimmungen für DRG-Fallpauschalen. Die DKR (2006) regeln Kodieranweisungen. Sie beeinflussen den Weg zur korrekten DRG an vielen verschiedenen Stellen des den Grouper steuernden Algorithmus. Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD 10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD 10) in der jeweiligen vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssel als solche (OPS, hier in der Version 2006 einschließlich Erweiterungskatalog vom 26.10.2005, BAnz Nr 212 vom 10.11.2005, S 15834, in Kraft getreten am 1.1.2006).

24

Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt allein aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind. Die Rezeption der Klassifikationen richtet sich nach den jeweils für die zertifizierten Grouper geltenden Regelungen, hier der FPV 2006, nicht dagegen nach § 301 SGB V. Diese Norm regelt nicht die rechtliche Verbindlichkeit der Klassifikationssysteme für die Ermittlung der DRGs, sondern sieht Informationspflichten der Krankenhäuser, anderer stationärer Einrichtungen und der ermächtigten Krankenhausärzte gegenüber den KKn im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vor. Das DRG-Vergütungssystem ist demgegenüber nicht GKV-spezifisch geregelt, sondern erfasst alle Behandlungsfälle, namentlich auch die Selbstzahler. Es beruht - wie dargelegt - auf der Grundlage des § 17b KHG und des KHEntgG.

25

dd) Folge der aufgezeigten Besonderheiten von Fallpauschalen-Katalog und DKR ist zunächst wie dargelegt, dass der rechnergestützte Anwendungsprozess des Fallpauschalen-Katalogs vom Gericht nachvollziehbar gemacht werden und hierbei der einzugebende Sachverhalt festgestellt sein muss. Im Rahmen der Rechtsanwendungskontrolle bewirkt die vom Programm zugelassene virtuelle Tatbestandsvielfalt, dass für eine Auslegung des DRG-Algorithmus, also der geregelten Prozeduren zur Lösung der definierten Probleme des Fallpauschalen-Katalogs, nach juristischer Methodik kaum ein Anwendungsbereich verbleibt.

26

Der Senat lässt jedoch ausdrücklich offen, ob unter Beachtung des Gebots effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) ausnahmsweise auch eine Auslegung des Algorithmus selbst in Betracht kommen kann. Die FPV bezieht sich auf die zertifizierten Grouper bestimmter Anbieter und damit auf die dahinterstehende Programmierung gemäß den Vorgaben des DRG-Instituts für das entsprechende Systemjahr. Gegenstand der Vereinbarung ist der programmierte DRG-Algorithmus. Die Definitionshandbücher sind - wie bereits dargelegt - insoweit nur ein Hilfsmittel. Aufgrund der Komplexität des DRG-Systems kann bei dessen jährlich vorzunehmender Weiterentwicklung und Anpassung nicht ausgeschlossen werden, dass die Vertragsparteien auf Bundesebene einen DRG-Algorithmus für das jeweilige Systemjahr vereinbart haben, dessen ungewollte Weiterungen sie nicht erkannt haben und uU auch nicht erkennen konnten. Bei widersprüchlichen (perplexen) oder evident sinnwidrigen Regelungen (Rechenschritten), insbesondere bei gravierenden Programmierungsfehlern, kann eine weitergehende normative Auslegung insbesondere eine entstehungsgeschichtliche, in Betracht kommen. Dies setzt aber voraus, dass ansonsten grob unbillige Ergebnisse eintreten, die unter wirtschaftlichen Aspekten auch für die Laufzeit von einem Jahr oder bis zur Fehlerkorrektur nicht mehr hingenommen werden können. Beispielhaft ist an eine existenzielle Bedrohung eines Krankenhausträgers zu denken. Die - nach Auffassung eines Beteiligten - bloße Unterbewertung oder Nichtbewertung eines Leistungsbestandteiles einer Krankenhausbehandlung als solche rechtfertigt demgegenüber kein Abweichen von einer strengen Wortlaut- und ergänzenden systematischen Auslegung.

27

Die Anwendung der DKR und der FPV-Abrechnungsbestimmungen ist nicht automatisiert und unterliegt als Mitsteuerung der prozesshaften Tatbestandsbildung im Zusammenspiel mit den Vorgaben zertifizierter Grouper ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Die DKR sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen (vgl allgemein bereits BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN). Der erkennende Senat sieht sich hierbei in Übereinstimmung mit dem 3. BSG-Senat, nach dessen Rechtsprechung der ausdifferenzierte Algorithmus, mit dem die verschlüsselten Prozeduren und Diagnosen in eine bestimmte DRG "übersetzt" werden, einer wertenden Betrachtung im Einzelfall nicht zugänglich ist. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht. Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiter zu entwickelndes (§ 17b Abs 2 Satz 1 KHG)und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (vgl zum Ganzen BSGE 107, 140 RdNr 18, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 18; zur Bundespflegesatzverordnung: BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 2 S 15; BSG SozR 3-5565 § 15 Nr 1 S 6). Rechtsähnlich verfahren der erkennende 1. und der 6. Senat des BSG bei der Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsregelungen (vgl BSG SozR 4-2500 § 28 Nr 4 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 10 RdNr 13).

28

c) Die Beklagte durfte die erfolgte stationäre Behandlung der Versicherten - ausgehend von den dargelegten generellen Vorgaben - nicht nach der DRG F57A, sondern nur nach der niedriger vergüteten DRG F57B abrechnen. Im Rahmen der schrittweisen Ermittlung der Basis-DRG (dazu aa) führt hier DKR (2006) 0901e zur Maßgeblichkeit der DRG F57B, weil aufgrund der Kodieranweisung Eingaben so vorzunehmen sind, dass der Grouper diese Einzel-DRG ansteuern muss (dazu bb).

29

aa) Nach der DRG-Entscheidungslogik der zertifizierten Grouper, die unstreitig und für das Gericht anhand im Internet zugänglicher Beispielseingaben überprüfbar (zB mit dem Webgrouper der DRG-Research-Group, abrufbar unter http://drg.uni-muenster.de/index.php?option=com_webgrouper&view = webgrouper&Itemid=26) den Darstellungen in den Definitionshandbüchern entspricht, ist vorliegend die Basis-DRG F57 anzusteuern. Im Fallpauschalen-Katalog 2006 sind die DRG F57A (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention mit äußerst schweren CC) und F57B (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention ohne äußerst schwere CC) aufgeführt. Aus Ihrer Bezeichnung geht hervor, dass beide DRGs der Hauptdiagnosegruppe 5 "Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems" (Major Diagnostic Category 5 ) zugeordnet sind. Die MDC-Unterteilungen bauen auf einem Körpersystem oder einer Erkrankungsätiologie auf und werden grundsätzlich über die für die "Behandlungsepisode" (den Krankenhausaufenthalt) maßgebliche Hauptdiagnose bestimmt (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 6 f und S 11). Der Fallpauschalen-Katalog 2006 verfügt über insgesamt eine Prä-MDC und 23 MDCs, zum Teil nochmals unterteilt (MDC 18A, 18B, 21A, 21B). Besonders teure Einzel-DRGs und besondere Situationen, die kostenaufwändig sind (zB HIV , Polytrauma ), sind in der Prä-MDC erfasst. Nach einer vorläufigen Zuordnung zu einer MDC entsprechend der Hauptdiagnose wird geprüft, ob die Behandlungsepisode gleichwohl vorrangig nach Maßgabe der Prä-MDC anders einzuordnen ist. Daneben gibt es, konsequenterweise ohne MDC-Kennzeichnung, eine eigene Gruppe Fehler-DRGs und sonstige, insbesondere nicht anders zuordenbare DRGs (901A, 901B, 901C, 901D, 902Z, 960Z, 961Z, 962Z, 963Z; G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 9 f).

30

Im vorliegenden Fall greift weder eine Prä-MDC ein noch findet eine der vorgenannten besonderen DRGs Anwendung. Die bei der Versicherten gestellten, vorliegenden Diagnosen sind: Atherosklerotische Herzkrankheit im Sinne der Ein-Gefäßerkrankung (ICD 10 I25.11), instabile Angina pectoris (ICD 10 I20.0), Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) und benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00). Sämtliche Diagnosen sind - wenn sie Hauptdiagnosen sind - der MDC 5 zugeordnet (vgl G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 219). An dieser Stelle bedarf es daher noch keiner Unterscheidung, welche Diagnose die Hauptdiagnose ist. Ist eine Behandlungsepisode einer MDC zugeordnet, erfolgt die weitere Zuordnung durch die der jeweiligen MDC vorgegebene, streng hierarchisch strukturierte Entscheidungslogik (Algorithmus), die sich am durchschnittlichen (mittleren) Ressourcenverbrauch orientiert und gewöhnlich mit den DRGs beginnt, die den höchsten Ressourcenverbrauch haben (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 8).

31

Hier hat die Zuordnung nach dem für die MDC 5 maßgeblichen Algorithmus (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 207-218) zu erfolgen. Die Reihenfolge richtet sich dabei nach den signifikanten Prozeduren (dazu sogleich). Der Algorithmus der MDC 5 beginnt mit "Stammzelltransfusion bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems". Bei Bejahung wird direkt die DRG F96Z angesteuert. Der Algorithmus endet mit "Andere Krankheiten des Kreislaufsystems" und steuert dort die Basis-DRG F75 (Adjacent Diagnosis Related Group ) an, die in drei Einzel-DRGs gesplittet ist (F75A, F75B, F75C). Ist danach immer noch keine Zuordnung möglich, wird 960Z (nicht gruppierbar) angesteuert. Die Basis-DRGs richten sich ihrerseits nach den Partitionen (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 3, 7 f), unterteilt in "Operative Partition" (Operating Room ; OR-Prozedur: Nr 01 - 39), "Andere Partition" (Non-Operating Room ; NonOR-Prozedur: 40 - 59) und "Medizinische Partition" (ohne signifikante Prozedur: Nr 60 - 99).

32

Nach den unangegriffenen und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG steht fest (§ 163 SGG), dass aus medizinischer Sicht die benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00) und die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) bei der Versicherten nur Nebendiagnosen ohne damit verbundene OR- oder NonOR-Prozeduren sind. Eine Zuordnung dieser Diagnosen über die Medizinische Partition scheidet von vornherein aus, weil der Algorithmus die vorrangige Prüfung der OR- und der NonOR-Prozeduren gebietet, die hier mit den beiden anderen Diagnosen (Ein-Gefäßerkrankung , instabile Angina pectoris ) inhaltlich verbunden sind. Als signifikante Prozedur führte das Krankenhaus bei der Versicherten eine perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention (DRG F 57 A, DRG F 57 B) durch, die über den OPS 8-837.k0 (perkutan-transluminale Gefäßintervention an Herz und Koronargefäßen, Einlegen eines nicht medikamentenfreisetzenden Stents inkl: Bypassgefäß, ein Stent in eine Koronararterie) definiert wird (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Langversion Bd I, S 603); ferner eine invasive kardiologische Diagnostik außer bei akutem Myokardinfarkt (DRG F 46 Z), die durch den OPS 1-275.2 (Koronarangiographie, Druckmessung und Ventrikulographie im linken Ventrikel - Herzkatheteruntersuchung) definiert wird (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Langversion Bd I, S 585).

33

Hierarchisch zuerst kommt die perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 213) vor der invasiven kardiologischen Diagnostik außer bei akutem Myokardinfarkt (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion, Bd I S 215); damit bleibt letztere für die Ansteuerung der Basis-DRG unberücksichtigt. Die weitere Entscheidungslogik sieht wie folgt aus (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 213):

34
                 
                 

F57A   

ja →   

        

perkutane
Koronarangioplastie
mit komplexer
Intervention

        

 äußerst
schwere CC

        

ja →   

        
                          

nein →

                                   

F57B   

35

bb) DKR (2006) 0901e bestimmt mit Blick auf die erforderlichen Eingaben, dass die Frage nach der äußerst schweren CC (Komplikationen und/oder Komorbiditäten) mit nein zu beantworten und die F57B anzusteuern ist.

36

Ob eine äußerst schwere CC vorliegt, kann nicht unmittelbar aus dem Algorithmus und allein aus der DKR (2006) 0901e abgeleitet werden. Vielmehr bedarf es dazu - wie allgemein bereits oben dargelegt - eines eigenständigen, im Grouper programmierten Subbewertungssystems. Die sich daraus ergebende Bewertung hängt maßgeblich davon ab, wie die Diagnosen zu kodieren sind. Dies bestimmt die DKR (2006) 0901e.

37

DRGs innerhalb einer Basis-DRG unterscheiden sich durch ihren Ressourcenverbrauch und sind anhand der Faktoren patientenbezogener Gesamtschweregrad (Patient Clinical Complexity Level ), Alter, Verweildauer, Beatmung, Entlassungsgrund, Hauptdiagnose und in einigen Fällen Nebendiagnose oder Prozedur unterteilt (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 8). Dabei gibt das vierte Zeichen der DRG-Bezeichnung den Ressourcenverbrauch innerhalb der Basis-DRG an (A = höchster Ressourcenverbrauch, B = zweithöchster Ressourcenverbrauch, usw, ... Z = keine Unterteilung, S 4 aaO). Vorliegend ist für die Zuordnung der Behandlungsepisode zur richtigen DRG entsprechend dem Algorithmus die Beantwortung der Frage nach der äußerst schweren CC entscheidend. Ob eine solche bei der Versicherten anzunehmen ist, richtet sich nach deren PCCL während der Behandlungsepisode.

38

Komplikationen oder Komorbiditäten können die Behandlung von Krankheiten erschweren und verteuern. Deshalb muss die DRG-Klassifikation die unterschiedliche Schwere einer Erkrankung berücksichtigen (vgl auch § 17b Abs 1 Satz 2 KHG). Schweregrade von Komplikationen oder Komorbiditäten (Complication or Comorbidity Level ) sind Schweregrad-Stufen, die für alle Nebendiagnosen, aber auch nur für Nebendiagnosen vergeben werden. Ihr Wert kann zwischen 0 und 4 für operative und neonatologische Behandlungsepisoden und zwischen 0 und 3 für medizinische Behandlungsepisoden variieren und wird aus einer Kombination von medizinischen Bewertungen und statistischen Analysen ermittelt. Die Stufen sind wie folgt definiert:

        

●       

CCL = 0 - Der Kode ist entweder keine Komplikation oder Komorbidität, oder
der Kode ist Teil der Definition der DRG, der diese Behandlungsepisode zugewiesen wurde, oder
der Kode kennzeichnet eine Komplikation oder Komorbidität, die jedoch eng mit der Hauptdiagnose verbunden ist, oder
genau derselbe Kode ist bereits an einer anderen Stelle des Datensatzes enthalten;

        

●       

CCL = 1 - Der Kode kennzeichnet eine leichte CC.

        

●       

CCL = 2 - Der Kode kennzeichnet eine mäßig schwere CC.

        

●       

CCL = 3 - Der Kode kennzeichnet eine schwere CC.

        

●       

CCL = 4 - Der Kode kennzeichnet eine äußerst schwere CC.

Der PCCL wird entsprechend den jeweiligen CCL-Werten in fünf Stufen unterteilt (0 - 4). Er stellt keine einfache Addition der individuell bestehenden CCL-Werte dar, sondern beruht auf einem eigenständigen Berechnungsvorgang, der die logisch möglichen Verknüpfungen miteinander in Beziehung setzt, um einen individuell gewichteten Gesamt-CCL-Wert, den PCCL, zu erhalten. Diese PCCL-Ermittlung verhindert eine ungerechtfertigte Kumulation sich in ihrer Wirkung überschneidender Komplikationen oder Komorbiditäten (vgl zum Ganzen G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 5).

39

Der Grouper ermittelt für jede Diagnose in einem Datensatz automatisch den CCL-Wert, verwendet jedoch bei Neugeborenen und Fällen außer Neugeborenen unterschiedliche Verfahren. In Fällen, in denen es sich - wie hier - nicht um Neugeborene handelt, geht der Grouper folgendermaßen vor:

        

●       

1.    

Er identifiziert die Basis-DRG, zu der die Behandlungsepisode gehört, und überprüft, ob die Diagnose bereits Teil der Definition der Basis-DRG ist. Ist dies der Fall, wird sie nicht als CC anerkannt und erhält den CCL-Wert Null.

        

●       

2.    

Der Grouper überprüft, ob die Basis-DRG die Diagnosen Polytrauma (Basis-DRGs W01 - W61) oder HIV (Basis-DRGs S60 - S65) beinhaltet. Da die Diagnose Trauma bereits bei der Zuordnung zu MDC 21 berücksichtigt wurde, wird eine Nebendiagnose Trauma (S00.00 - T14.9, T79.0 - T79.9) nicht als CC anerkannt und erhält den CCL-Wert Null. Ähnlich wird auch bei HIV-Diagnosen (B20 - B24, F02.4) in MDC 18 verfahren.

        

●       

3.    

Der Grouper überprüft, ob der Kode eine Doublette der Hauptdiagnose oder einer bereits vorher verarbeiteten Nebendiagnose ist. Ist dies der Fall, erhält er den CCL-Wert Null.

        

●       

4.    

Der Grouper überprüft, ob der Kode aufgrund seines engen Bezuges zur Hauptdiagnose als CC ausgeschlossen werden soll. Ist dies der Fall, erhält er den CCL-Wert Null.

        

●       

5.    

Der Grouper ermittelt anhand der Nummer der Basis-DRG eine Spaltennummer aus der ADRG-Spaltentabelle. Wenn die Spaltennummer Null ist, erhält der Kode den CCL-Wert Null.

        

●       

6.    

Der Grouper ermittelt nach Berücksichtigung der Faktoren Geschlecht des Patienten und/oder Entlassungsgrund anhand der CC-Zeilentabelle eine Zeilennummer.

        

●       

7.    

Der Grouper ermittelt anhand der CCL-Matrix mit Hilfe der Zeilen- und Spaltennummer den CCL-Wert.

(G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd III, S 595; für die manuelle Bearbeitung der Nr 4 - 7 bedarf es der dem Definitionshandbuch beiliegenden CD-ROM).

40

Dies ergibt für die Diagnosen folgende CCL-Werte:

        

(1)     

Instabile Angina pectoris (ICD 10 I20.0) als Hauptdiagnose: CCL wird nur für Nebendiagnosen vergeben; als Nebendiagnose: CCL 2, gebildet aus Zeile 95 und Spalte 15 der CCL-Matrix.

        

(2)     

Ein-Gefäßerkrankung (ICD 10 I25.11) immer CCL 0, auch als Nebendiagnose, weil die Diagnose bereits Teil der Definition der Basis-DRG ist.

        

(3)     

Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) als Nebendiagnose: CCL 4, gebildet aus Zeile 21 und Spalte 15 der CCL-Matrix.

        

(4)     

Benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00): CCL 0.

Der PCCL ergibt bei einem CCL-Wert von 4 und einem CCL-Wert von 2 einen Wert von 4 (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd III, S 598). Dies ist hier dann der Fall, wenn die instabile Angina pectoris neben der Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung eine Nebendiagnose ist. Der PCCL ergibt bei nur einem CCL-Wert von 4 ohne weitere CCLs einen Wert von 3 (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd III, S 598). Das ist hier der Fall, wenn die instabile Angina pectoris Hauptdiagnose und nur die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung als mit einem CCL-Wert versehene Nebendiagnose übrigbleibt. Letzteres wird im Ergebnis durch die Anwendung der DKR (2006) 0901e bewirkt.

41

Da die DRG F57A eine äußerst schwere CC erfordert, die mit dem PCCL-Wert 4 definiert ist, wäre eine Kodierung der instabilen Angina pectoris als Nebendiagnose erforderlich, um den CCL-Wert der Nebendiagnose Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung zu "stützen" und hierdurch einen PCCL von 4 zu erreichen. Dies verhindert die Anwendung der DKR (2006) 0901e, die lautet:

        

"0901e Ischämische Herzkrankheit
Angina pectoris (I20.-)
Liegt bei einem Patienten eine Angina pectoris vor, ist der entsprechende Kode vor dem Kode der Koronaratherosklerose anzugeben.
Wenn ein Patient mit instabiler Angina pectoris aufgenommen wird und diese sich während des Krankenhausaufenthaltes zu einem Myokardinfarkt entwickelt, ist nur der Kode für einen Myokardinfarkt anzugeben.
Wenn der Patient jedoch eine Postinfarkt-Angina entwickelt, kann I20.0 Instabile Angina pectoris als zusätzlicher Kode angegeben werden."

42

Nach dem Wortlaut der Kodieranweisung wird lediglich eine eindeutige Reihenfolge vorgegeben: Die Angina pectoris ist vor der Koronaratherosklerose zu kodieren. Eine Qualifizierung und Unterteilung in Haupt- und Nebendiagnose erfolgt nicht. Ist aufgrund anderer Kodieranweisungen eine dritte Diagnose als Hauptdiagnose anzugeben, ergibt sich automatisch, dass die instabile Angina pectoris als erste Nebendiagnose und die Koronaratherosklerose als zweite Nebendiagnose zu kodieren ist. Existiert keine weitere Hauptdiagnose neben der instabilen Angina pectoris und der Koronaratherosklerose, ist zwingend die instabile Angina pectoris Hauptdiagnose, weil die in der Eingabemaske des Groupers ersteinzutragende Diagnose immer die Hauptdiagnose ist. Daneben regeln die weiteren Kodieranweisungen einerseits eine Ausnahme von der Kodierfähigkeit der instabilen Angina pectoris und anderseits zu dieser zweiten Kodieranweisung eine Rückausnahme, nämlich dass die Angina pectoris gleichwohl als zweite und damit zwingend als Nebendiagnose zu kodieren ist (unzutreffend daher Zaiß in ders, DRG: Verschlüsseln leicht gemacht, 3. Aufl 2005, S 33, wonach nur die Reihenfolge der Nebendiagnosen festgelegt werde; zutreffend dagegen Metzger in Zaiß, aaO, S 209 - dort noch mit einem Beispiel zur wortgleichen DKR <2005> 0901d). Auch das bei DKR (2006) 0901e wiedergegebene Beispiel zeigt, dass die instabile Angina pectoris zuerst und damit dort als Hauptdiagnose zu kodieren ist. Die von der Beklagten vertretene Auffassung bedeutet gerade die Nichtbeachtung der Kodieranweisung DKR (2006) 0901e, indem entgegen dem eindeutigen Wortlaut die Koronaratherosklerose zuerst kodiert werden soll.

43

Aus DKR (2006) D002d als Teil der Allgemeinen Kodierrichtlinien für Krankheiten folgt nichts Gegenteiliges. DKR (2006) D002d definiert zwar die Hauptdiagnose als die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich ist. Dies trifft hier auf die Koronaratherosklerose zu, die Ursache für die OPS 8-837.k0 war (perkutan-transluminale Gefäßintervention an Herz und Koronargefäßen, Einlegen eines nicht medikamentenfreisetzenden Stents inkl: Bypassgefäß, ein Stent in eine Koronararterie). Die dort gegebene, den Speziellen Kodierrichtlinien vorangestellte (vor die Klammer gezogene) Definition der Hauptdiagnose ist gleichwohl hier unbeachtlich, weil aus normsystematischen Gründen die Speziellen Kodierrichtlinien, die von den Allgemeinen Kodierrichtlinien abweichen, vorrangig sind (lex specialis derogat legi generali). Dies gilt jedenfalls, soweit nicht ausdrücklich etwas Gegenteiliges bestimmt ist. Bestätigt wird dieser allgemeine Grundsatz durch die Ausführungen in der Einleitung zur DKR (2002), wo ausgeführt wird (abgedruckt in der DKR <2006> S V):

        

"Der erste Teil enthält allgemeine Richtlinien zur Kodierung von Diagnosen und Prozeduren. Es werden Begriffe wie Haupt- und Nebendiagnose definiert und Hinweise zur Verschlüsselung von Prozeduren gegeben. In den Speziellen Kodierrichtlinien werden besondere Fallkonstellationen beschrieben, die entweder der konkreten Festlegung dienen oder bei denen aus Gründen der DRG-Logik von den Allgemeinen Kodierrichtlinien abgewichen werden muss."

44

Dies bedeutet, dass zwar nicht die Koronaratherosklerose als Hauptdiagnose vor der Diagnose instabile Angina pectoris kodiert werden darf, weil dies DKR (2006) 0901e ohne Einschränkung anders bestimmt. Nicht ausgeschlossen ist aber, dass eine dritte Diagnose vor der instabilen Angina pectoris als Hauptdiagnose kodiert werden darf. Nach den unangegriffenen und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG steht fest (§ 163 SGG), dass aus medizinischer Sicht die benigne essentielle Hypertonie und die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung bei der Versicherten nur Nebendiagnosen sind. Es gibt somit keine vorrangig als Hauptdiagnose zu kodierende Dritt-Diagnose.

45

Der erkennende Senat sieht sich hierbei im Ergebnis in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des 3. BSG-Senats (BSGE 107, 140, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; kritisch dazu Fiori/Siam/Helling/Bunzemeier/Roeder, KH 20011, 573 ff). Danach sind für die Zuordnung eines Behandlungsfalles zu einer DRG Nebendiagnosen bedeutsam, soweit ihnen die Vertragsbeteiligten zur angemessenen Bewertung von Versorgungsbesonderheiten Abrechnungsrelevanz beigemessen haben. Für Begleiterkrankungen - so der 3. Senat - ist das nach den Kodierrichtlinien nur der Fall, wenn sie einen über die Hauptdiagnose hinausgehenden Versorgungsaufwand bedingen. Insoweit bedarf es hier keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) und die benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00) als Nebendiagnosen überhaupt kodiert werden durften. Auch wenn die beiden Diagnosen gar nicht als Nebendiagnosen kodierfähig waren, ist dies ohne Belang, da sie vorliegend - wie oben ausgeführt - nicht erlöswirksam sind.

46

d) Rechnerisch ergibt sich die Höhe des Erstattungsanspruchs der Klägerin von 1021,13 Euro aus dem unterschiedlichen effektiven Kostengewicht, das der DRG F57A (1,363) und der DRG F57B (1,032) durch die FPV 2006 zugewiesen ist. Multipliziert mit dem für die Beklagte geltenden Basisentgelt von 2981,81 Euro errechnet sich für die vergütete, aber nicht geschuldete DRG F57A ein gerundeter Betrag von 4064,21 Euro und für die zu vergütende DRG F57B ein gerundeter Betrag von 3077,23 Euro, mithin eine Überzahlung von 986,98 Euro. Der insoweit nicht streitige AIP-Zuschlag von 3,46 % verringert sich von gerundet 140,62 Euro (aus 4064,21 Euro) auf gerundet 106,47 Euro (aus 3077,23 Euro), mithin um 34,15 Euro.

47

4. Die Klägerin ist rechtlich nicht gehindert, den Erstattungsbetrag geltend zu machen. Zahlt eine KK vorbehaltlos auf eine Krankenhaus-Rechnung, kann sie mit der Rückforderung - und damit auch mit dem späteren Bestreiten ihrer Zahlungspflicht - ganz ausgeschlossen sein, wenn sie nämlich (positiv) gewusst hat, dass sie zur Leistung nicht verpflichtet war (Rechtsgedanke des § 814 BGB; vgl BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 30). So liegt es hier indes nicht. Denn die Klägerin hat die Rechnung der Beklagten lediglich unter dem Vorbehalt medizinischer Überprüfung bezahlt.

48

Ein Vorbehalt dieser Art lässt die Schuldtilgung in der Schwebe und steht einer Erfüllung iS von § 362 BGB entgegen. Die inhaltlichen Anforderungen an einen solchen Vorbehalt unterscheiden sich danach, ob die KK vertraglich zur Zahlung innerhalb einer kurzen Frist nach Rechnungseingang verpflichtet ist oder nicht. Besteht keine Pflicht der KK, kurzfristig nach Rechnungslegung zu zahlen, sind die Anforderungen an einen Vorbehalt höher: Die KK muss verdeutlichen, dass sie trotz Zahlung noch nicht erfüllen und einen Beweislastwechsel vermeiden will. Ist die KK dagegen vertraglich zur Zahlung kurze Zeit nach Rechnungseingang verpflichtet, genügt es zur Vermeidung eines Beweislastwechsels im Erstattungsstreit, dass die Zahlung der KK lediglich "unter dem Vorbehalt medizinischer Überprüfung" erfolgt (BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 36 f).

49

Das LSG hat zur Zahlungspflicht binnen einer bestimmten Frist keine Feststellungen getroffen. Hierauf kommt es jedoch nicht an, weil die Klägerin in der Anlage zu dem für sie durch die ARGE Krankenhaus der BKK eV erstellten Schreiben vom 18.12.2006 detailliert die unterschiedlichen Vergütungsberechnungen dargelegt hat. Dies genügt selbst den höheren Anforderungen an einen Vorbehalt hinsichtlich einer Zahlungspflicht, die keiner kurzen Frist unterworfen ist.

50

5. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch Anspruch auf die Zahlung von Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz aus dem geltend gemachten Erstattungsbetrag (vgl BSG SozR 4-2500 § 69 Nr 7 RdNr 16 ff). Das zitierte Urteil des erkennenden Senats betrifft einen Sachverhalt im Geltungsbereich desselben Vertrags nach § 112 SGB V, der nach den vom LSG in Bezug genommenen Feststellungen des SG jedenfalls hinsichtlich der Zinsregelung fortgilt. Die Beteiligten haben für die hier betroffene Zeit nichts Abweichendes vorgetragen.

51

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 30. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 3267,47 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung.

2

Das für die Behandlung Versicherter zugelassene Krankenhaus der klagenden Krankenhausträgerin in G behandelte den 1927 geborenen, bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherten Kurt F. (im Folgenden: Versicherter) vollstationär vom 12.10. bis 2.11.2007 ua wegen Kraftschwäche der rechten Hand und globaler kardialer Dekompensation. Die Klägerin berechnete die Fallpauschale (DRG) F48Z - (geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems; kodiert: Operationen- und Prozeduren-Schlüssel 8-550.1, geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung - mindestens 14 Behandlungstage und 20 Therapieeinheiten; 6338,15 Euro; 7.11.2007). Sie ging von frührehabilitativer Komplexbehandlung ab 17.10.2007 aus, übermittelte der Beklagten aber keine Angaben über durchgeführte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Die Beklagte weigerte sich, zu zahlen: Die Klägerin dürfe nach einem Prüfbericht des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlungen nur abrechnen, falls bei Abwesenheit von Dipl. med. G, die allein die Zusatzbezeichnung "Klinische Geriatrie" führe, adäquater Ersatz zur Verfügung stehe (4.9.2007). Sie habe die Klägerin informiert (9.10.2007), Rechnungen mit OPS 8-550.* nur zu akzeptieren, wenn die Klägerin die strukturellen Voraussetzungen für die Abrechnung nachweise. Daran fehle es. Nach Klageerhebung hat die Beklagte der Klägerin die ohne frührehabilitative Komplexbehandlung anfallende Vergütung von 3009,72 Euro bezahlt (DRG F62C - Herzinsuffizienz und Schock ohne äußerst schwere CC; 24.10.2008). Das SG hat die Klage auf Zahlung weiterer 3267,47 Euro nebst 5 vH Zinsen auf 6338,15 Euro vom 6.12.2007 bis 24.10.2008 und auf 3267,47 Euro ab 25.10.2008 abgewiesen: Die Klägerin habe keine aktivierend-therapeutische Pflege erbracht. Sie habe sich schon mangels Angaben zu den durchgeführten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht auf Verfristung der Prüfanzeige berufen können (Urteil vom 30.7.2013).

3

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 275 Abs 1c und des § 301 Abs 1 S 1 SGB V. Sie habe alle erforderlichen Angaben gemacht, um die Fälligkeit der Abrechnung herbeizuführen. Das SG habe das Beweisverwertungsverbot missachtet, das aus der Beauftragung des MDK erst am 16.11.2012 folge.

4

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 30. Juli 2013 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr weitere 3267,47 Euro nebst 5 vH Zinsen auf 6338,15 Euro vom 6.12.2007 bis 24.10.2008 und auf 3267,47 Euro ab 25.10.2008 zu zahlen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Sprungrevision der klagenden Krankenhausträgerin ist unbegründet. Das SG hat die auf Zahlung weiterer 3267,47 Euro nebst Zinsen gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen weiteren zulässig mittels der echten Leistungsklage (stRspr, vgl zB BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12 mwN)geltend gemachten Vergütungsanspruch für die vollstationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten (dazu 1.) und keinen weiteren Zinsanspruch (dazu 2.).

8

1. Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung und damit korrespondierend die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 102, 181 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 15; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 27 RdNr 9).

9

Die Höhe der Vergütung für die Behandlung Versicherter im Jahr 2007 bemisst sich bei DRG-Krankenhäusern wie jenem der Klägerin nach § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 S 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz( idF durch Art 2 Nr 5 Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz <2. FPÄndG> vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz( idF durch Art 18 Nr 4 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.3.2007, BGBl I 378; vgl entsprechend BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 15 f; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge, Fallpauschalenvereinbarungen ) konkretisiert. Die Spitzenverbände der KKn (ab 1.7.2008: Spitzenverband Bund der KKn) und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG) mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 8 2. FPÄndG) einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den FPV auf der Grundlage des § 9 Abs 1 S 1 Nr 3 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG). Die Klägerin durfte auf dieser Grundlage im Ansatz rechtmäßig für die Behandlung des Versicherten die DRG F62C mit einem Rechnungsbetrag von 3009,72 Euro berechnen, nicht aber 6338,15 Euro für die DRG F48Z (geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems).

10

Zu Recht streiten die Beteiligten nicht darüber, dass die Klägerin im hier betroffenen Zeitraum 2007 entsprechend der Rechtsauffassung des SG die DRG F48Z nur abrechnen durfte, falls sie hier zulässig OPS 8-550.1 kodieren konnte. Daran fehlt es.

11

Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich nicht aus einem schriftlich festgelegten abstrakten Tatbestand, sondern aus der Eingabe von im Einzelnen von einem Programm vorgegebenen, abzufragenden Daten in ein automatisches Datenverarbeitungssystem und dessen Anwendung (zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 19 ff). Nach § 1 Abs 6 S 1 FPV 2007 sind in diesem Sinne zur Einstufung des Behandlungsfalls in die jeweils abzurechnende Fallpauschale Programme (Grouper) einzusetzen. Zugelassen sind nur solche Programme, die von der InEK GmbH - Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus, einer gemeinsamen Einrichtung der in § 17b Abs 2 S 1 KHG und § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG genannten Vertragspartner auf Bundesebene, zertifiziert worden sind.

12

Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung (hier in der Version 2007 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Diagnosenschlüssels vom 1.11.2006, BAnz Nr 212 vom 11.11.2006, S 6919, in Kraft getreten am 1.1.2007 ) sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssels (hier in der Version 2007 einschließlich Erweiterungskatalog vom 25.10.2006 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Operationen- und Prozedurenschlüssels vom 1.11.2006, BAnz Nr 212 vom 11.11.2006, S 6920, in Kraft getreten am 1.1.2007 ). Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt allein aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind (vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 24).

13

Die Anwendung der Deutschen Kodierrichtlinien und der FPV-Abrechnungsbestimmungen einschließlich des ICD-10-GM und des OPS ist nicht automatisiert und unterliegt als Mitsteuerung der prozesshaften Tatbestandsbildung im Zusammenspiel mit den Vorgaben zertifizierter Grouper ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Die Abrechnungsbestimmungen sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27; zur Auslegung von medizinischen Begriffen im OPS vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 12 ff). Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs 2 S 1 KHG)und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27 mwN; s zum Ganzen auch BSG SozR 4-2500 § 301 Nr 1 RdNr 12 ff mwN).

14

Voraussetzung der DRG F48Z ist nach dem klaren Wortlaut, dass eine geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems zu kodieren ist. Dies ist lediglich bei den OPS 8-550 der Fall, denn allein sie betreffen die geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung. Die einzelnen Schlüssel unterscheiden sich insbesondere hinsichtlich Behandlungsdauer und Zahl der Therapieeinheiten (OPS 8-550.0: Mindestens 7 Behandlungstage und 10 Therapieeinheiten; OPS 8-550.1: Mindestens 14 Behandlungstage und 20 Therapieeinheiten; OPS 8-550.2: Mindestens 21 Behandlungstage und 30 Therapieeinheiten). Alle OPS 8-550 setzen nach dem einleitenden Hinweis als eines der Mindestmerkmale ua eine aktivierend-therapeutische Pflege durch besonders geschultes Pflegepersonal voraus (zu den Anforderungen an die Behandlung durch ein geriatrisches Team unter fachärztlicher Behandlungsleitung vgl BSG Urteil vom selben Tag - B 1 KR 25/13 R - Juris ). Daran fehlte es nach den Feststellungen des SG. Der Versicherte hatte weder einen Bedarf nach aktivierend-therapeutischer Pflege, denn er war völlig selbstständig und konnte sich uneingeschränkt selbstständig versorgen, noch ergab die Pflegedokumentation Nachweise einer Leistung aktivierend-therapeutischer Pflege.

15

Das SG durfte die von der Klägerin zur Verfügung gestellten Behandlungsunterlagen verwerten. Denn die Klägerin erfüllte ihre Obliegenheit, die für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung erforderlichen Informationen der Beklagten zu übermitteln (§ 301 SGB V), erst mit der Überlassung der Behandlungsunterlagen an das SG.

16

Die Informationsübermittlung vom Krankenhaus an die KK korrespondiert mit der Prüfberechtigung der KK. KKn sind jederzeit berechtigt, die sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung von Krankenhausvergütung mit Blick auf bestehende Leistungsverweigerungsrechte oder nicht verjährte Erstattungsforderungen zu überprüfen (§ 301 SGB V). Denn das Krankenhaus hat hierzu zutreffend und vollständig alle Angaben zu machen, deren es zur Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung bedarf (§ 301 Abs 1 SGB V; vgl zB 1. Senat des BSG in BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 13, 21; 3. Senat des BSG in BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 18 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 14 mwN, stRspr). Jedenfalls dann, wenn sich dabei auch nur geringste Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Abrechnung nicht sachlich-rechnerisch richtig ist und/oder dass das Krankenhaus seine primären Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten über die Abrechnungsgrundlagen nicht erfüllte, trifft das Krankenhaus spätestens auf Anforderung der KK die Obliegenheit, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere auch die Behandlungsunterlagen an den MDK oder das Gericht herauszugeben. Die gesetzliche Sechs-Wochen-Frist (§ 275 Abs 1c SGB V) erfasst demgegenüber nur die Prüfung aufgrund einer Auffälligkeit (vgl näher BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

17

Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten bestehen etwa in Fällen, in denen die vom Krankenhaus vorgenommene Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften zweifelhaft ist oder sogar bestehender Kodierpraxis widerspricht oder in denen die erforderlichen Angaben unvollständig sind. Es entspricht nicht nur den gesetzlichen Vorgaben (§ 301 Abs 1 SGB V), sondern den eigenen Interessen des Krankenhauses, der KK die entsprechenden Sachverhalte vollständig und nachvollziehbar mitzuteilen, die es zu seiner Auslegung der Abrechnungsvorschriften veranlasst haben. Nur so beugt das Krankenhaus einer Irreführung und darauf beruhender täuschungsbedingter ungerechtfertigter Vermögensverfügung der KK vor, ermöglicht der KK die sachlich-rechnerische Richtigkeitskontrolle und schafft damit die für die Zusammenarbeit unerlässliche Vertrauensbasis.

18

Die Beklagte hatte Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten der Klägerin. Denn die Klägerin machte keine Angaben zu den durchgeführten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 301 Abs 1 S 1 Nr 8 SGB V). Die KKn benötigen die in § 301 Abs 1 SGB V genannten Angaben zur Durchführung ihrer Aufgaben, insbesondere für eine ordnungsgemäße Abrechnung, für die Überprüfung der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung und der Verweildauer sowie für Wirtschaftlichkeitsprüfungen der Krankenhäuser(Didong in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 301 RdNr 7). "Durchgeführte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation" sind solche, die das Krankenhaus bereits erbracht hat. Es liegt auf der Hand, dass diese Angaben nicht nur für die Bewilligung künftiger Leistungen, sondern vor allem auch für die Kontrolle einer ordnungsgemäßen Abrechnung erforderlich sind. Zutreffend weist das SG darauf hin, dass die Angaben auch in Zusammenhang mit der Regelung der Frührehabilitation in § 39 Abs 1 S 3 SGB V zu sehen sind. Die Krankenhausbehandlung umfasst danach im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs 1 SGB V), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Diese Regelung zielt nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Regelungszweck darauf ab, dass die Rehabilitation von Anfang an integraler Bestandteil der medizinischen Versorgung im Krankenhaus sein soll. Ärzteschaft, Pflegepersonal und das spezifische Fachpersonal haben an dieser Aufgabe mitzuwirken. Für die Feststellung des individuellen medizinischen Rehabilitationsbedarfs im Akutkrankenhaus sind Art und Schwere der Erkrankung und die individuellen Voraussetzungen wie zB Lebensalter und Multimorbidität des Patienten zugrunde zu legen. Hierfür sowie für Art und Umfang der medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen im Rahmen der Krankenhausbehandlung sind Kriterien aufzustellen. Vorrangiges Ziel dieser frühen Rehabilitation im Krankenhaus ist die Wiederherstellung der Basisfähigkeiten, wozu neben der Mobilität die weitgehende Unabhängigkeit in den einfachen Aktivitäten des täglichen Lebens gehört sowie die Kommunikation mit und die Orientierung in der Umwelt; hinzu kommen die frühzeitige Auseinandersetzung mit Fähigkeitsstörungen in der Folge von Erkrankungen/Unfällen und der frühzeitige Einstieg in das Erlernen von Bewältigungsstrategien. Soweit medizinisch erforderlich, sind auch fachspezifische Rehabilitationsansätze zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu integrieren. Über die bereits vorhandenen Rehabilitationsansätze im Krankenhaus hinaus sind jedenfalls seit Einführung der Frührehabilitation in § 39 Abs 1 S 3 Halbs 2 SGB V bereits bei Aufnahme in das Akutkrankenhaus der funktionelle Status, das Rehabilitationspotential und der Rehabilitationsbedarf des Patienten in die Diagnosestellung einzubeziehen und ein am individuellen Bedarf ausgerichtetes Rehabilitationskonzept in die Krankenbehandlung zu integrieren(vgl Begründung zum Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eines Sozialgesetzbuchs - Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, BT-Drucks 14/5074 S 117 f Zu Nummer 11 <§ 39 Abs 1>). Die Auffassung der Klägerin, die KKn benötigten die Angaben nach § 301 Abs 1 S 1 Nr 8 SGB V lediglich für Feststellungen im Zusammenhang mit der Genehmigung weiterer Rehabilitationsmaßnahmen, erweist sich demgegenüber als zu eng.

19

2. Zu Recht hat das SG auch einen Zinsanspruch der Klägerin verneint. Mangels vollständiger Angaben war der Anspruch der Klägerin auf Vergütung der Behandlung zur Zeit der von der Beklagten geleisteten Zahlung noch nicht fällig. Für die Folgezeit fehlt es schon an einer zu verzinsenden Hauptforderung.

20

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1021,13 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist die sich nach dem Fallpauschalen-Katalog 2006 bestimmende Höhe des Vergütungsanspruchs für eine stationäre Krankenhausbehandlung.

2

Die bei der klagenden Krankenkasse (KK) versicherte N. (im Folgenden: Versicherte) begab sich wegen einer Angina-pectoris-Symptomatik am 14.11.2006 aufgrund ärztlicher Überweisung in das nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhaus der beklagten Trägerin. Das Krankenhaus dilatierte bei ihr am 16.11.2006 im Zusammenhang mit einer Herzkatheteruntersuchung (Operationen- und Prozedurenschlüssel 1-275.2, Koronarangiographie, Druckmessung und Ventrikulographie im linken Ventrikel) eine dabei festgestellte hochgradige CX-Stenose mit einem Stent (OPS 8-837.k0, perkutan-transluminale Gefäßintervention an Herz und Koronargefäßen, Einlegen eines nicht medikamentenfreisetzenden Stents inkl: Bypassgefäß, ein Stent in eine Koronararterie) und entließ die Klägerin am 17.11.2006. Die Beklagte diagnostizierte bei der Versicherten eine atherosklerotische Herzkrankheit iS der Ein-Gefäßerkrankung (ICD 10 I25.11), eine instabile Angina pectoris (ICD 10 I20.0), eine Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) und eine benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00). Sie berechnete der Klägerin für die Behandlung der Versicherten insgesamt 4312,59 Euro, die die Klägerin vorbehaltlich der Überprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zunächst zahlte. Die Beklagte legte ihrer Berechnung die wegen Komplikationen oder Komorbiditäten (CC) höher bewertete DRG F57A (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention mit äußerst schweren CC) nach dem auf Diagnosis Related Groups (DRGs; diagnosebezogene Fallgruppen) basierenden Fallpauschalen-Katalog der G-DRG-Version 2006 einschließlich weiterer Zuschläge zugrunde. Der MDK vertrat dagegen die Auffassung, die Beklagte habe die Allgemeinen und Speziellen Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren (Deutsche Kodierrichtlinien ) unzutreffend angewandt, indem sie als Hauptdiagnose atherosklerotische Herzkrankheit und als Nebendiagnose Angina pectoris angegeben habe. Genau umgekehrt hätte die Beklagte die erbrachte Leistung kodieren müssen. Die erbrachte Leistung sei daher nach DRG F57B (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention ohne äußerst schwere CC) abzurechnen. Die Klägerin forderte vergeblich die Beklagte zur Rückzahlung von 1021,13 Euro auf. Dagegen ist sie mit ihrer Zahlungsklage vor dem SG erfolgreich gewesen (Urteil vom 28.5.2010). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt, aus dem eindeutigen Wortlaut der DKR 0901e ergebe sich, dass die Angina pectoris vor der atherosklerotischen Herzkrankheit als Hauptdiagnose zu kodieren sei. Als speziellere Regelung verdränge sie die in DKR D002d enthaltene allgemeine Regelung zur Kodierung von Hauptdiagnosen. Hingegen schließe DKR D003d als allgemeine Regelung zur Kodierung von Nebendiagnosen aus, DKR 0901e bloß als spezielle Regelung über die zu beachtende Reihenfolge von Nebendiagnosen zu verstehen (Urteil vom 13.1.2011).

3

Die Beklagte rügt mit der Revision die Verletzung des § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm den auf Bundesebene vereinbarten Kodierregeln DKR D002d und DKR 0901e. Die DKR D002d lege fest, dass sich die Hauptdiagnose, wenn die Krankheit bei Aufnahme bekannt sei oder während des stationären Aufenthalts bekannt werde, aus dieser und nicht aus der Symptomatik ableite. Der sich aus der DKR-Systematik ergebende Vorrang der allgemeinen DKR D002d entfalle nur dann, wenn abweichend von diesen Grundsätzen in speziellen Kodierrichtlinien ausdrücklich eine andere Diagnose als Hauptdiagnose bestimmt werde. Die spezielle DKR 0901e regele hingegen lediglich die Fälle, in denen die Angina pectoris vor der atherosklerotischen Herzkrankheit zu kodieren sei, wenn beide Nebendiagnosen seien, und lasse - nur insoweit von DKR D002d abweichend - die Kodierung eines bloßen Symptoms zu. Eigentlicher Zweck der DKR 0901e sei es, dass die CC-relevante, erlössteigernde instabile Angina pectoris überhaupt als Diagnose kodiert werden könne.

4

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2011 und das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 28. Mai 2010 aufzuheben.

5

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, dass die klagende KK gegen die beklagte Krankenhausträgerin einen Anspruch auf Rückzahlung von 1021,13 Euro nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit hat. Die von der Klägerin erhobene (echte) Leistungsklage ist zulässig (dazu 1.) und begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Erstattung überzahlter Vergütung (dazu 2.). Der Differenzbetrag zwischen der allein abrechenbaren DRG F57B und der zu Unrecht bezahlten DRG F57A beträgt 1021,13 Euro (dazu 3.). Der Beklagten stehen gegen den Anspruch der Klägerin keine Einreden zu (dazu 4.). Die Klägerin hat auch Anspruch auf die von den Vorinstanzen zuerkannten Zinsen (dazu 5.).

8

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin macht zu Recht den Anspruch auf Rückzahlung eines Teils der für die Krankenhausbehandlung der Versicherten gezahlten Vergütung mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG gegen die Beklagte geltend. Die Klage einer KK auf Rückzahlung zu Unrecht erbrachter Vergütung gegen einen Krankenhausträger - wie hier - ist ein sog Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und keine Klagefrist zu beachten ist (zum umgekehrten Fall der Klage eines Krankenhauses gegen die KK: BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10 mwN; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12). Die Klägerin hat den Zahlungsanspruch auch konkret beziffert (vgl zur Notwendigkeit der Bezifferung BSGE 83, 254, 263 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1; BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2, RdNr 6; BSGE 107, 78 = SozR 4-2500 § 140d Nr 2, RdNr 10).

9

2. Rechtsgrundlage des streitgegenständlichen Zahlungsanspruchs ist der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch. Die sich aus der Erbringung von Leistungen für nach dem SGB V Versicherte ergebenden Rechtsbeziehungen zwischen KKn und als Leistungserbringer zugelassenen Krankenhäusern sind öffentlich-rechtlicher Natur (dazu a). Bei derartigen öffentlich-rechtlich geprägten Rechtsbeziehungen tritt an die Stelle des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs nach § 812 BGB der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch(dazu b).

10

a) Dass die Rechtsbeziehungen zwischen KK und Krankenhaus öffentlich-rechtlicher Natur sind, ergibt sich explizit aus § 69 Satz 2 SGB V(idF durch Art 1 Nr 1c Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412). Hiernach sind die Rechtsbeziehungen der KKn und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und ihren Verbänden abschließend im Vierten Kapitel des SGB V, in den §§ 63, 64 SGB V und in dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), dem Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) sowie den hiernach erlassenen Rechtsverordnungen geregelt(zur entsprechenden Rechtslage vor Änderung des § 69 SGB V durch Art 1 Nr 26 Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626 vgl BSGE 97, 125 = SozR 4-1500 § 92 Nr 3, RdNr 9 mwN). Da es sich bei diesen Vorschriften um solche des öffentlichen Rechts handelt, können auch die hierauf beruhenden Rechtsbeziehungen zwischen KKn und Leistungserbringern nur öffentlich-rechtlicher Natur sein (vgl auch BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 10).

11

b) Der im öffentlichen Recht auch ohne ausdrückliche Normierung seit langem anerkannte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (vgl nur BSGE 16, 151, 156 = SozR Nr 1 zu § 28 BVG mwN zur älteren Rspr und Literatur)ist aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung herzuleiten (BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2, RdNr 27). Er setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind (BSGE 16, 151, 156 = SozR Nr 1 zu § 28 BVG; BSGE 69, 158, 160 = SozR 3-1300 § 113 Nr 1; BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 8; BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15). Seine Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen entsprechen zwar, soweit sie nicht spezialgesetzlich geregelt sind, denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs (vgl BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2, RdNr 27 mwN zur Rspr des BVerwG). Es scheidet aber ein Rückgriff auf die zivilrechtlichen Normen aus, soweit der vom öffentlichen Recht selbstständig entwickelte Erstattungsanspruch reicht (vgl BSGE 38, 46, 47 = SozR 2200 § 1409 Nr 1 S 1 f). Dies gilt namentlich für die Nichtanwendbarkeit der bereicherungsrechtlichen Vorschriften, denen öffentlich-rechtliche Wertungszusammenhänge entgegenstehen (vgl zB zur Nichtanwendbarkeit des § 818 Abs 3 BGB bei der Rückforderung von Berufsausbildungsbeihilfe wegen des Vorrangs von § 152 Abs 3 Arbeitsförderungsgesetz aF BSGE 45, 38, 46 f = SozR 4100 § 40 Nr 17 S 54, mwN; vgl auch BVerwGE 71, 85, 88; BVerwGE 112, 351, 353 f).

12

3. Die Klägerin hat der Beklagten 1021,13 Euro Krankenhausvergütung ohne Rechtsgrund gezahlt, weil die Beklagte die zugunsten der Versicherten erbrachten Leistungen in dieser Höhe nicht abrechnen durfte. Die Beklagte hat gegen die Klägerin einen Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung erworben (dazu a). Die geltend gemachte Krankenhausvergütung bemisst sich generell nach vertraglichen Fallpauschalen (dazu b). Die konkrete Anspruchshöhe ergibt sich aus der niedriger vergüteten DRG F57B und nicht aus der von der Beklagten angesetzten höher vergüteten DRG F57A (dazu c). Die rechnerische Differenz zwischen der abgerechneten und - unter Vorbehalt - gezahlten DRG F57A und der allein abrechenbaren DRG F57B beträgt nach den unangegriffenen und damit bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)1021,13 Euro (dazu d). Weitere von der Beklagten abgerechnete und von der Klägerin bezahlte Vergütungsbestandteile sind nicht Gegenstand des Rechtsstreits (allgemein zu weiteren Vergütungsbestandteilen vgl § 7 Satz 1 Nr 2 - 8 KHEntgG idF durch Art 2 Nr 5 Zweites Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften vom 15.12.2004, BGBl I 3429).

13

a) Die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung sind erfüllt. Die Klägerin ist - was sie auch nicht bestreitet - verpflichtet, die stationäre Krankenhausbehandlung ihrer Versicherten im Krankenhaus der Beklagten vom 14. bis 17.11.2006 zu vergüten. Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist(stRspr, vgl BSGE 70, 20, 22 = SozR 3-2500 § 39 Nr 1 S 3; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4 S 19; BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1 S 3; BSGE 90, 1, 2 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 11; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 11). Die Vorinstanzen sind zu Recht hiervon ausgegangen und haben festgestellt, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind.

14

b) Die betroffene Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage (dazu aa). Die vertraglichen Fallpauschalen ergeben sich aus einem Fallpauschalen-Katalog, der Teil einer Vereinbarung ist, und Regelungen zur Ermittlung der jeweiligen Fallpauschale, auf die in dieser Vereinbarung Bezug genommen wird und die ihrerseits durch vertragliche Kodierrichtlinien erst operationabel sind (dazu bb). Besonderheiten dieser Regelungselemente (dazu cc) wirken sich auf die Rechtsanwendung und -kontrolle dahingehend aus, dass nur eingeschränkte Auslegungsmöglichkeiten bestehen und der rechnergestützte Anwendungsprozess des Fallpauschalen-Katalogs nachvollziehbar gemacht werden muss (dazu dd).

15

aa) Die geltend gemachte Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Die Fallpauschalenvergütung für Krankenhausbehandlung Versicherter in zugelassenen Einrichtungen ergibt sich gesetzlich aus § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V (idF durch Art 1 Nr 3 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 KHEntgG (idF durch Art 2 Nr 5 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b KHG (idF durch Art 56 Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407; vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge) konkretisiert. Nach § 1 Abs 1 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 1 Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser vom 17.7.2003, BGBl I 1461) werden die vollstationären und teilstationären Leistungen der Krankenhäuser nach diesem Gesetz und dem KHG vergütet. § 7 Satz 1 Nr 1 KHEntgG bestimmt: "Die allgemeinen Krankenhausleistungen werden gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit folgenden Entgelten abgerechnet: 1. Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9), …." Mit diesen Entgelten werden alle für die Versorgung des Patienten erforderlichen allgemeinen Krankenhausleistungen vergütet (§ 7 Satz 2 KHEntgG). Die Spitzenverbände der KKn (ab 1.7.2008: Spitzenverband Bund der KKn) und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412) mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 8 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 3 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412). Daneben bestimmt § 17b Abs 1 Satz 1 Halbs 1 KHG, dass für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem einzuführen ist. Das Vergütungssystem hat Komplexitäten und Komorbiditäten abzubilden; sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein (§ 17b Abs 1 Satz 2 KHG). Mit den Entgelten nach Satz 1 werden die allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet (§ 17b Abs 1 Satz 3 KHG). Nach § 17b Abs 2 Satz 1 Halbs 1 KHG vereinbaren die Spitzenverbände der KKn und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam entsprechend den Vorgaben der Absätze 1 und 3 des § 17b KHG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als Vertragsparteien auf Bundesebene ein Vergütungssystem, das sich an einem international bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage der DRGs orientiert; nach dieser Vorschrift vereinbaren die Vertragspartner ferner die jährliche Weiterentwicklung und Anpassung des Vergütungssystems, insbesondere an medizinische Entwicklungen, Kostenentwicklungen, Verweildauerverkürzungen und Leistungsverlagerungen zu und von anderen Versorgungsbereichen, und die Abrechnungsbestimmungen, soweit diese nicht im KHEntgG vorgegeben werden. Sie orientieren sich dabei unter Wahrung der Qualität der Leistungserbringung an wirtschaftlichen Versorgungsstrukturen und Verfahrensweisen (§ 17b Abs 2 Satz 2 KHG).

16

Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass Vereinbarungen auf Landesebene zwischen den in § 18 Abs 1 Satz 2 KHG genannten Vertragsparteien mit Wirkung für die ("lokalen") Vertragsparteien nach § 18 Abs 2 KHG(§ 10 KHEntgG idF durch Art 258 Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407), Vereinbarungen zwischen den Krankenhausträgern und den Sozialleistungsträgern für das einzelne Krankenhaus (§§ 3 und 4 KHEntgG, idF durch Art 2 Nr 1 und Nr 2 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429, §§ 5 und 6 KHEntgG, idF durch Art 258 Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407, § 11 KHEntgG)und vertragliche Regelungen nach § 112 SGB V den Vergütungsanspruch ebenfalls konkretisieren können.

17

bb) Die vertraglichen Fallpauschalen ergeben sich daraus, dass die nach den aufgezeigten gesetzlichen Regelungen hierzu berufenen Vertragspartner eine Fallpauschalenvereinbarung (FPV) mit einem Fallpauschalen-Katalog als Teil derselben und Allgemeine und Spezielle Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren (Deutsche Kodierrichtlinien ) vereinbart haben. DKR und FPV bilden den konkreten vertragsrechtlichen Rahmen, aus dem die für eine Behandlung maßgebliche DRG-Position folgt. Nach den aufgezeigten gesetzlichen Vorgaben und der FPV greifen das in der FPV in Bezug genommene DRG-Ermittlungsprogramm (Grouper), der Fallpauschalen-Katalog und die Kodierrichtlinien als vereinbarte Abrechnungsbestimmungen ineinander. Sie sind bei der Anwendung des Katalogs zugrunde zu legen. In Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrages haben nämlich die Parteien gemäß § 17b Abs 2 KHG in Abschnitt 1 § 1 Abs 1 Satz 1 FPV 2006 zur Abrechnung von Fallpauschalen vereinbart: "Die Fallpauschalen werden jeweils von dem die Leistung erbringenden Krankenhaus nach dem am Tag der Aufnahme geltenden Fallpauschalen-Katalog und den dazu gehörenden Abrechnungsregeln abgerechnet." Die Regelung verweist nicht nur auf das Zusammenspiel von Fallpauschalen-Katalog und den dazu gehörenden Abrechnungsregeln, sondern legt zugleich den zeitlichen Anwendungsbereich von DKR und FPV fest. Dementsprechend sind im vorliegenden Fall die am 13.9.2005 getroffene Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2006 (Fallpauschalenvereinbarung 2006 - FPV 2006) einschließlich der Anlagen 1 bis 6 (insbesondere Anlage 1 Teil a) Fallpauschalen-Katalog 2006) und die von den Vertragspartnern auf Bundesebene am 8.9.2005 getroffene Vereinbarung zu den DKR für das Jahr 2006 (Ergänzungsvereinbarung 2006 zur Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien Version 2002 für das G-DRG-System gemäß § 17b KHG, zuletzt geändert durch die Ergänzungsvereinbarung 2005) maßgebend.

18

Die normative Wirkung der FPV 2006 und der DKR 2006 für den einzelnen Kostenträger, im Falle des SGB V die KKn, und die Krankenhausträger beruht auf § 8 Abs 1 Satz 1 Halbs 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412). Danach sind die Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen, wozu namentlich die Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog zählen (§ 7 Satz 1 Nr 1 KHEntgG), für alle Benutzer des Krankenhauses einheitlich zu berechnen. Ergänzend dazu sieht § 8 Abs 2 Satz 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412) vor, dass für die Behandlungsfälle die Fallpauschalen zu berechnen sind, die in dem Fallpauschalen-Katalog nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG bestimmt sind. Dadurch ist sowohl der nach seinem jeweiligen Recht zur Leistungsgewährung und -vergütung verpflichtete Kostenträger - hier die Klägerin nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5, § 39 Abs 1 SGB V gegenüber der Versicherten und nach § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V gegenüber der Beklagten - als auch der zur Leistungserbringung verpflichtete Träger des Krankenhauses - hier die Beklagte nach § 109 Abs 4 Satz 2 SGB V - unmittelbar durch die auf Bundesebene vereinbarten Regelungen gebunden.

19

cc) FPV und DKR weisen Besonderheiten auf, die sich auf die Rechtsanwendung und -kontrolle auswirken. FPV und DKR bilden nämlich nicht ein System von Pauschalen, das nach Art einer Gebührenordnung jeweils schriftlich fixierte, abstrakt umschriebene Behandlungstatbestände mit Abrechnungsvorgaben (zB Geldbeträgen oder Punktwerten) auf der Rechtsfolgenseite verknüpft, sodass der konkrete Behandlungsfall unter den Tatbestand zu subsumieren ist, vergleichbar der Subsumtion unter andere Rechtsnormen. Vielmehr umschreibt der vereinbarte Fallpauschalen-Katalog lediglich mit Buchstaben und Ziffern gekennzeichnete DRG-Positionen, deren zugehörige Bewertungsrelationen und weitere Angaben (zB zur Verweildauer), die für die Abrechnung von stationären Leistungen notwendig sind. Die textliche Bezeichnung beschreibt lediglich die verschlüsselte Position, umreißt aber keinen einer Auslegung als Basis und Ausgangspunkt zugrunde zu legenden subsumtionsfähigen Vergütungstatbestand. Welche DRG-Position - quasi als Folge für die Vergütungshöhe - abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich überhaupt nicht aus einem schriftlich festgelegten abstrakten Tatbestand, sondern aus der Eingabe von im Einzelnen von einem Programm vorgegebenen, abzufragenden Daten in ein automatisches Datenverarbeitungssystem und dessen Anwendung. Nach § 1 Abs 6 Satz 1 FPV 2006 sind in diesem Sinne zur Einstufung des Behandlungsfalls in die jeweils abzurechnende Fallpauschale Programme (Grouper) einzusetzen. Zugelassen sind nur solche Programme, die von der InEK GmbH - Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (im Folgenden DRG-Institut), einer gemeinsamen Einrichtung der in § 17b Abs 2 Satz 1 KHG und § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG genannten Vertragspartner auf Bundesebene, zertifiziert worden sind. Die Zertifizierung erfolgt, wenn die zu zertifizierenden Programme die vom DRG-Institut maßgeblich vorbereitete und von den Vertragsparteien auf Bundesebene in Gestalt eines programmierten Algorithmus vertraglich konsentierte jährliche Weiterentwicklung und Anpassung des DRG-Vergütungssystems nach § 17b Abs 1 Satz 1 KHG umsetzen.

20

Der zertifizierte Grouper führt nach Eingabe der Daten einen automatisierten Subsumtionsvorgang durch. Er bewirkt damit eine rechnergestützte Rechtsanwendung. Die einzugebenden Diagnosen und Prozeduren sowie die sonstigen benötigten Sachverhaltsangaben - etwa das Alter des Patienten - sind als Tatsachen einem gerichtlichen Beweis zugänglich. Die automatisierte Subsumtion ist hingegen eine rechtliche Bewertung des Sachverhalts und als solche nicht einem medizinischen oder informationstechnischen Sachverständigengutachten zugänglich. Das Prozesshafte des Groupierungsvorgangs und seine Grundannahme, dass es für jede Behandlung nur eine richtige Eingabe und DRG-Position gibt, die bereits im zertifizierten Grouper durch den Algorithmus vorgezeichnet ist, bedeutet jedoch, dass die rechtlich verbindlichen Regelungen nicht in "klassischen" Vergütungstatbeständen abgebildet werden, die nach anerkannten Auslegungsmethoden weiter konkretisiert werden. Vielmehr beinhaltet der zertifizierte Grouper eine zwar endliche, in ihrer Differenzierungsstruktur klare, aber in ihrer Komplexität nur schwer überschaubare Vielzahl von derart detaillierten Vergütungstatbeständen, dass Tatbestand und rechtliche Auslegung in jedem Rechenprozess-Schritt bis zum Ergebnis zusammenfallen.

21

Durch das umfangreiche Eingabeprogramm findet eine weitgehende Annäherung des Abstrakt-Generellen an das Konkret-Individuelle statt. Dies bedeutet zwar nicht, dass für jeden Patienten ein eigener Tatbestand geschaffen wird. Lediglich die Patienten mit identischen vergütungsrelevanten Sachverhalten bilden eine tatbestandlich zusammengefasste Gruppe. Die daraus erwachsende Vielzahl der Gruppen hat aber zur Folge, dass die Verfahrensbeteiligten, die sich auf einen bestimmten Programmablauf berufen, dem Gericht diesen Weg - nämlich als detaillierte Tatbestandsdarlegung von dem Gericht nicht unmittelbar zugänglichem untergesetzlichem Recht - in allen Einzelheiten des Rechenprozesses darstellen müssen, wenn sich das Gericht nicht in der Lage sieht, den (prozesshaften) Tatbestand anhand der Definitionshandbücher nachzuverfolgen. Nicht die Definitionshandbücher, sondern allein die zertifizierten Grouper mit ihrem jeweiligen Rechenprogramm sind verbindlich vereinbart und entfalten normative Wirkung.

22

Um effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten (Art 19 Abs 4 GG), muss das Gericht den sachlichen, nicht notwendig detailliert den mathematischen Entscheidungsprozess nachvollziehen können, der nach der Sachverhaltseingabe im Rechnerprogramm abläuft, um zu einer Fallpauschale zu gelangen. Zugleich muss für das Gericht überprüfbar gemacht werden, welche Eingabe zu welchem Ergebnis führt. Das Gericht muss die mit der Eingabe verknüpften wesentlichen Entscheidungen nachvollziehen, denen der Datenverarbeitungsprozess mit Blick auf den Fallpauschalen-Katalog dient. In diesem Sinne muss es in den Entscheidungsgründen verdeutlichen, welche Gabelungen mit welchem Ergebnis der Grouper in dem Entscheidungsbaum "ansteuert", der dem Programm zugrunde liegt.

23

In welcher Art und Weise die Eingaben in das Datensystem zu erfolgen haben, gibt nicht allein der Grouper durch die vorprogrammierten Abfragen mit genormten Antworten vor. Vielmehr regeln die FPV und die DKR konkrete Vorgaben für die Eingaben. So enthält Abschnitt 1 der FPV 2006 Abrechnungsbestimmungen für DRG-Fallpauschalen. Die DKR (2006) regeln Kodieranweisungen. Sie beeinflussen den Weg zur korrekten DRG an vielen verschiedenen Stellen des den Grouper steuernden Algorithmus. Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD 10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD 10) in der jeweiligen vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssel als solche (OPS, hier in der Version 2006 einschließlich Erweiterungskatalog vom 26.10.2005, BAnz Nr 212 vom 10.11.2005, S 15834, in Kraft getreten am 1.1.2006).

24

Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt allein aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind. Die Rezeption der Klassifikationen richtet sich nach den jeweils für die zertifizierten Grouper geltenden Regelungen, hier der FPV 2006, nicht dagegen nach § 301 SGB V. Diese Norm regelt nicht die rechtliche Verbindlichkeit der Klassifikationssysteme für die Ermittlung der DRGs, sondern sieht Informationspflichten der Krankenhäuser, anderer stationärer Einrichtungen und der ermächtigten Krankenhausärzte gegenüber den KKn im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vor. Das DRG-Vergütungssystem ist demgegenüber nicht GKV-spezifisch geregelt, sondern erfasst alle Behandlungsfälle, namentlich auch die Selbstzahler. Es beruht - wie dargelegt - auf der Grundlage des § 17b KHG und des KHEntgG.

25

dd) Folge der aufgezeigten Besonderheiten von Fallpauschalen-Katalog und DKR ist zunächst wie dargelegt, dass der rechnergestützte Anwendungsprozess des Fallpauschalen-Katalogs vom Gericht nachvollziehbar gemacht werden und hierbei der einzugebende Sachverhalt festgestellt sein muss. Im Rahmen der Rechtsanwendungskontrolle bewirkt die vom Programm zugelassene virtuelle Tatbestandsvielfalt, dass für eine Auslegung des DRG-Algorithmus, also der geregelten Prozeduren zur Lösung der definierten Probleme des Fallpauschalen-Katalogs, nach juristischer Methodik kaum ein Anwendungsbereich verbleibt.

26

Der Senat lässt jedoch ausdrücklich offen, ob unter Beachtung des Gebots effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) ausnahmsweise auch eine Auslegung des Algorithmus selbst in Betracht kommen kann. Die FPV bezieht sich auf die zertifizierten Grouper bestimmter Anbieter und damit auf die dahinterstehende Programmierung gemäß den Vorgaben des DRG-Instituts für das entsprechende Systemjahr. Gegenstand der Vereinbarung ist der programmierte DRG-Algorithmus. Die Definitionshandbücher sind - wie bereits dargelegt - insoweit nur ein Hilfsmittel. Aufgrund der Komplexität des DRG-Systems kann bei dessen jährlich vorzunehmender Weiterentwicklung und Anpassung nicht ausgeschlossen werden, dass die Vertragsparteien auf Bundesebene einen DRG-Algorithmus für das jeweilige Systemjahr vereinbart haben, dessen ungewollte Weiterungen sie nicht erkannt haben und uU auch nicht erkennen konnten. Bei widersprüchlichen (perplexen) oder evident sinnwidrigen Regelungen (Rechenschritten), insbesondere bei gravierenden Programmierungsfehlern, kann eine weitergehende normative Auslegung insbesondere eine entstehungsgeschichtliche, in Betracht kommen. Dies setzt aber voraus, dass ansonsten grob unbillige Ergebnisse eintreten, die unter wirtschaftlichen Aspekten auch für die Laufzeit von einem Jahr oder bis zur Fehlerkorrektur nicht mehr hingenommen werden können. Beispielhaft ist an eine existenzielle Bedrohung eines Krankenhausträgers zu denken. Die - nach Auffassung eines Beteiligten - bloße Unterbewertung oder Nichtbewertung eines Leistungsbestandteiles einer Krankenhausbehandlung als solche rechtfertigt demgegenüber kein Abweichen von einer strengen Wortlaut- und ergänzenden systematischen Auslegung.

27

Die Anwendung der DKR und der FPV-Abrechnungsbestimmungen ist nicht automatisiert und unterliegt als Mitsteuerung der prozesshaften Tatbestandsbildung im Zusammenspiel mit den Vorgaben zertifizierter Grouper ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Die DKR sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen (vgl allgemein bereits BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN). Der erkennende Senat sieht sich hierbei in Übereinstimmung mit dem 3. BSG-Senat, nach dessen Rechtsprechung der ausdifferenzierte Algorithmus, mit dem die verschlüsselten Prozeduren und Diagnosen in eine bestimmte DRG "übersetzt" werden, einer wertenden Betrachtung im Einzelfall nicht zugänglich ist. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht. Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiter zu entwickelndes (§ 17b Abs 2 Satz 1 KHG)und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (vgl zum Ganzen BSGE 107, 140 RdNr 18, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 18; zur Bundespflegesatzverordnung: BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 2 S 15; BSG SozR 3-5565 § 15 Nr 1 S 6). Rechtsähnlich verfahren der erkennende 1. und der 6. Senat des BSG bei der Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsregelungen (vgl BSG SozR 4-2500 § 28 Nr 4 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 10 RdNr 13).

28

c) Die Beklagte durfte die erfolgte stationäre Behandlung der Versicherten - ausgehend von den dargelegten generellen Vorgaben - nicht nach der DRG F57A, sondern nur nach der niedriger vergüteten DRG F57B abrechnen. Im Rahmen der schrittweisen Ermittlung der Basis-DRG (dazu aa) führt hier DKR (2006) 0901e zur Maßgeblichkeit der DRG F57B, weil aufgrund der Kodieranweisung Eingaben so vorzunehmen sind, dass der Grouper diese Einzel-DRG ansteuern muss (dazu bb).

29

aa) Nach der DRG-Entscheidungslogik der zertifizierten Grouper, die unstreitig und für das Gericht anhand im Internet zugänglicher Beispielseingaben überprüfbar (zB mit dem Webgrouper der DRG-Research-Group, abrufbar unter http://drg.uni-muenster.de/index.php?option=com_webgrouper&view = webgrouper&Itemid=26) den Darstellungen in den Definitionshandbüchern entspricht, ist vorliegend die Basis-DRG F57 anzusteuern. Im Fallpauschalen-Katalog 2006 sind die DRG F57A (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention mit äußerst schweren CC) und F57B (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention ohne äußerst schwere CC) aufgeführt. Aus Ihrer Bezeichnung geht hervor, dass beide DRGs der Hauptdiagnosegruppe 5 "Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems" (Major Diagnostic Category 5 ) zugeordnet sind. Die MDC-Unterteilungen bauen auf einem Körpersystem oder einer Erkrankungsätiologie auf und werden grundsätzlich über die für die "Behandlungsepisode" (den Krankenhausaufenthalt) maßgebliche Hauptdiagnose bestimmt (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 6 f und S 11). Der Fallpauschalen-Katalog 2006 verfügt über insgesamt eine Prä-MDC und 23 MDCs, zum Teil nochmals unterteilt (MDC 18A, 18B, 21A, 21B). Besonders teure Einzel-DRGs und besondere Situationen, die kostenaufwändig sind (zB HIV , Polytrauma ), sind in der Prä-MDC erfasst. Nach einer vorläufigen Zuordnung zu einer MDC entsprechend der Hauptdiagnose wird geprüft, ob die Behandlungsepisode gleichwohl vorrangig nach Maßgabe der Prä-MDC anders einzuordnen ist. Daneben gibt es, konsequenterweise ohne MDC-Kennzeichnung, eine eigene Gruppe Fehler-DRGs und sonstige, insbesondere nicht anders zuordenbare DRGs (901A, 901B, 901C, 901D, 902Z, 960Z, 961Z, 962Z, 963Z; G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 9 f).

30

Im vorliegenden Fall greift weder eine Prä-MDC ein noch findet eine der vorgenannten besonderen DRGs Anwendung. Die bei der Versicherten gestellten, vorliegenden Diagnosen sind: Atherosklerotische Herzkrankheit im Sinne der Ein-Gefäßerkrankung (ICD 10 I25.11), instabile Angina pectoris (ICD 10 I20.0), Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) und benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00). Sämtliche Diagnosen sind - wenn sie Hauptdiagnosen sind - der MDC 5 zugeordnet (vgl G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 219). An dieser Stelle bedarf es daher noch keiner Unterscheidung, welche Diagnose die Hauptdiagnose ist. Ist eine Behandlungsepisode einer MDC zugeordnet, erfolgt die weitere Zuordnung durch die der jeweiligen MDC vorgegebene, streng hierarchisch strukturierte Entscheidungslogik (Algorithmus), die sich am durchschnittlichen (mittleren) Ressourcenverbrauch orientiert und gewöhnlich mit den DRGs beginnt, die den höchsten Ressourcenverbrauch haben (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 8).

31

Hier hat die Zuordnung nach dem für die MDC 5 maßgeblichen Algorithmus (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 207-218) zu erfolgen. Die Reihenfolge richtet sich dabei nach den signifikanten Prozeduren (dazu sogleich). Der Algorithmus der MDC 5 beginnt mit "Stammzelltransfusion bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems". Bei Bejahung wird direkt die DRG F96Z angesteuert. Der Algorithmus endet mit "Andere Krankheiten des Kreislaufsystems" und steuert dort die Basis-DRG F75 (Adjacent Diagnosis Related Group ) an, die in drei Einzel-DRGs gesplittet ist (F75A, F75B, F75C). Ist danach immer noch keine Zuordnung möglich, wird 960Z (nicht gruppierbar) angesteuert. Die Basis-DRGs richten sich ihrerseits nach den Partitionen (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 3, 7 f), unterteilt in "Operative Partition" (Operating Room ; OR-Prozedur: Nr 01 - 39), "Andere Partition" (Non-Operating Room ; NonOR-Prozedur: 40 - 59) und "Medizinische Partition" (ohne signifikante Prozedur: Nr 60 - 99).

32

Nach den unangegriffenen und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG steht fest (§ 163 SGG), dass aus medizinischer Sicht die benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00) und die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) bei der Versicherten nur Nebendiagnosen ohne damit verbundene OR- oder NonOR-Prozeduren sind. Eine Zuordnung dieser Diagnosen über die Medizinische Partition scheidet von vornherein aus, weil der Algorithmus die vorrangige Prüfung der OR- und der NonOR-Prozeduren gebietet, die hier mit den beiden anderen Diagnosen (Ein-Gefäßerkrankung , instabile Angina pectoris ) inhaltlich verbunden sind. Als signifikante Prozedur führte das Krankenhaus bei der Versicherten eine perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention (DRG F 57 A, DRG F 57 B) durch, die über den OPS 8-837.k0 (perkutan-transluminale Gefäßintervention an Herz und Koronargefäßen, Einlegen eines nicht medikamentenfreisetzenden Stents inkl: Bypassgefäß, ein Stent in eine Koronararterie) definiert wird (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Langversion Bd I, S 603); ferner eine invasive kardiologische Diagnostik außer bei akutem Myokardinfarkt (DRG F 46 Z), die durch den OPS 1-275.2 (Koronarangiographie, Druckmessung und Ventrikulographie im linken Ventrikel - Herzkatheteruntersuchung) definiert wird (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Langversion Bd I, S 585).

33

Hierarchisch zuerst kommt die perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 213) vor der invasiven kardiologischen Diagnostik außer bei akutem Myokardinfarkt (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion, Bd I S 215); damit bleibt letztere für die Ansteuerung der Basis-DRG unberücksichtigt. Die weitere Entscheidungslogik sieht wie folgt aus (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 213):

34
                 
                 

F57A   

ja →   

        

perkutane
Koronarangioplastie
mit komplexer
Intervention

        

 äußerst
schwere CC

        

ja →   

        
                          

nein →

                                   

F57B   

35

bb) DKR (2006) 0901e bestimmt mit Blick auf die erforderlichen Eingaben, dass die Frage nach der äußerst schweren CC (Komplikationen und/oder Komorbiditäten) mit nein zu beantworten und die F57B anzusteuern ist.

36

Ob eine äußerst schwere CC vorliegt, kann nicht unmittelbar aus dem Algorithmus und allein aus der DKR (2006) 0901e abgeleitet werden. Vielmehr bedarf es dazu - wie allgemein bereits oben dargelegt - eines eigenständigen, im Grouper programmierten Subbewertungssystems. Die sich daraus ergebende Bewertung hängt maßgeblich davon ab, wie die Diagnosen zu kodieren sind. Dies bestimmt die DKR (2006) 0901e.

37

DRGs innerhalb einer Basis-DRG unterscheiden sich durch ihren Ressourcenverbrauch und sind anhand der Faktoren patientenbezogener Gesamtschweregrad (Patient Clinical Complexity Level ), Alter, Verweildauer, Beatmung, Entlassungsgrund, Hauptdiagnose und in einigen Fällen Nebendiagnose oder Prozedur unterteilt (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 8). Dabei gibt das vierte Zeichen der DRG-Bezeichnung den Ressourcenverbrauch innerhalb der Basis-DRG an (A = höchster Ressourcenverbrauch, B = zweithöchster Ressourcenverbrauch, usw, ... Z = keine Unterteilung, S 4 aaO). Vorliegend ist für die Zuordnung der Behandlungsepisode zur richtigen DRG entsprechend dem Algorithmus die Beantwortung der Frage nach der äußerst schweren CC entscheidend. Ob eine solche bei der Versicherten anzunehmen ist, richtet sich nach deren PCCL während der Behandlungsepisode.

38

Komplikationen oder Komorbiditäten können die Behandlung von Krankheiten erschweren und verteuern. Deshalb muss die DRG-Klassifikation die unterschiedliche Schwere einer Erkrankung berücksichtigen (vgl auch § 17b Abs 1 Satz 2 KHG). Schweregrade von Komplikationen oder Komorbiditäten (Complication or Comorbidity Level ) sind Schweregrad-Stufen, die für alle Nebendiagnosen, aber auch nur für Nebendiagnosen vergeben werden. Ihr Wert kann zwischen 0 und 4 für operative und neonatologische Behandlungsepisoden und zwischen 0 und 3 für medizinische Behandlungsepisoden variieren und wird aus einer Kombination von medizinischen Bewertungen und statistischen Analysen ermittelt. Die Stufen sind wie folgt definiert:

        

●       

CCL = 0 - Der Kode ist entweder keine Komplikation oder Komorbidität, oder
der Kode ist Teil der Definition der DRG, der diese Behandlungsepisode zugewiesen wurde, oder
der Kode kennzeichnet eine Komplikation oder Komorbidität, die jedoch eng mit der Hauptdiagnose verbunden ist, oder
genau derselbe Kode ist bereits an einer anderen Stelle des Datensatzes enthalten;

        

●       

CCL = 1 - Der Kode kennzeichnet eine leichte CC.

        

●       

CCL = 2 - Der Kode kennzeichnet eine mäßig schwere CC.

        

●       

CCL = 3 - Der Kode kennzeichnet eine schwere CC.

        

●       

CCL = 4 - Der Kode kennzeichnet eine äußerst schwere CC.

Der PCCL wird entsprechend den jeweiligen CCL-Werten in fünf Stufen unterteilt (0 - 4). Er stellt keine einfache Addition der individuell bestehenden CCL-Werte dar, sondern beruht auf einem eigenständigen Berechnungsvorgang, der die logisch möglichen Verknüpfungen miteinander in Beziehung setzt, um einen individuell gewichteten Gesamt-CCL-Wert, den PCCL, zu erhalten. Diese PCCL-Ermittlung verhindert eine ungerechtfertigte Kumulation sich in ihrer Wirkung überschneidender Komplikationen oder Komorbiditäten (vgl zum Ganzen G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 5).

39

Der Grouper ermittelt für jede Diagnose in einem Datensatz automatisch den CCL-Wert, verwendet jedoch bei Neugeborenen und Fällen außer Neugeborenen unterschiedliche Verfahren. In Fällen, in denen es sich - wie hier - nicht um Neugeborene handelt, geht der Grouper folgendermaßen vor:

        

●       

1.    

Er identifiziert die Basis-DRG, zu der die Behandlungsepisode gehört, und überprüft, ob die Diagnose bereits Teil der Definition der Basis-DRG ist. Ist dies der Fall, wird sie nicht als CC anerkannt und erhält den CCL-Wert Null.

        

●       

2.    

Der Grouper überprüft, ob die Basis-DRG die Diagnosen Polytrauma (Basis-DRGs W01 - W61) oder HIV (Basis-DRGs S60 - S65) beinhaltet. Da die Diagnose Trauma bereits bei der Zuordnung zu MDC 21 berücksichtigt wurde, wird eine Nebendiagnose Trauma (S00.00 - T14.9, T79.0 - T79.9) nicht als CC anerkannt und erhält den CCL-Wert Null. Ähnlich wird auch bei HIV-Diagnosen (B20 - B24, F02.4) in MDC 18 verfahren.

        

●       

3.    

Der Grouper überprüft, ob der Kode eine Doublette der Hauptdiagnose oder einer bereits vorher verarbeiteten Nebendiagnose ist. Ist dies der Fall, erhält er den CCL-Wert Null.

        

●       

4.    

Der Grouper überprüft, ob der Kode aufgrund seines engen Bezuges zur Hauptdiagnose als CC ausgeschlossen werden soll. Ist dies der Fall, erhält er den CCL-Wert Null.

        

●       

5.    

Der Grouper ermittelt anhand der Nummer der Basis-DRG eine Spaltennummer aus der ADRG-Spaltentabelle. Wenn die Spaltennummer Null ist, erhält der Kode den CCL-Wert Null.

        

●       

6.    

Der Grouper ermittelt nach Berücksichtigung der Faktoren Geschlecht des Patienten und/oder Entlassungsgrund anhand der CC-Zeilentabelle eine Zeilennummer.

        

●       

7.    

Der Grouper ermittelt anhand der CCL-Matrix mit Hilfe der Zeilen- und Spaltennummer den CCL-Wert.

(G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd III, S 595; für die manuelle Bearbeitung der Nr 4 - 7 bedarf es der dem Definitionshandbuch beiliegenden CD-ROM).

40

Dies ergibt für die Diagnosen folgende CCL-Werte:

        

(1)     

Instabile Angina pectoris (ICD 10 I20.0) als Hauptdiagnose: CCL wird nur für Nebendiagnosen vergeben; als Nebendiagnose: CCL 2, gebildet aus Zeile 95 und Spalte 15 der CCL-Matrix.

        

(2)     

Ein-Gefäßerkrankung (ICD 10 I25.11) immer CCL 0, auch als Nebendiagnose, weil die Diagnose bereits Teil der Definition der Basis-DRG ist.

        

(3)     

Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) als Nebendiagnose: CCL 4, gebildet aus Zeile 21 und Spalte 15 der CCL-Matrix.

        

(4)     

Benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00): CCL 0.

Der PCCL ergibt bei einem CCL-Wert von 4 und einem CCL-Wert von 2 einen Wert von 4 (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd III, S 598). Dies ist hier dann der Fall, wenn die instabile Angina pectoris neben der Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung eine Nebendiagnose ist. Der PCCL ergibt bei nur einem CCL-Wert von 4 ohne weitere CCLs einen Wert von 3 (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd III, S 598). Das ist hier der Fall, wenn die instabile Angina pectoris Hauptdiagnose und nur die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung als mit einem CCL-Wert versehene Nebendiagnose übrigbleibt. Letzteres wird im Ergebnis durch die Anwendung der DKR (2006) 0901e bewirkt.

41

Da die DRG F57A eine äußerst schwere CC erfordert, die mit dem PCCL-Wert 4 definiert ist, wäre eine Kodierung der instabilen Angina pectoris als Nebendiagnose erforderlich, um den CCL-Wert der Nebendiagnose Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung zu "stützen" und hierdurch einen PCCL von 4 zu erreichen. Dies verhindert die Anwendung der DKR (2006) 0901e, die lautet:

        

"0901e Ischämische Herzkrankheit
Angina pectoris (I20.-)
Liegt bei einem Patienten eine Angina pectoris vor, ist der entsprechende Kode vor dem Kode der Koronaratherosklerose anzugeben.
Wenn ein Patient mit instabiler Angina pectoris aufgenommen wird und diese sich während des Krankenhausaufenthaltes zu einem Myokardinfarkt entwickelt, ist nur der Kode für einen Myokardinfarkt anzugeben.
Wenn der Patient jedoch eine Postinfarkt-Angina entwickelt, kann I20.0 Instabile Angina pectoris als zusätzlicher Kode angegeben werden."

42

Nach dem Wortlaut der Kodieranweisung wird lediglich eine eindeutige Reihenfolge vorgegeben: Die Angina pectoris ist vor der Koronaratherosklerose zu kodieren. Eine Qualifizierung und Unterteilung in Haupt- und Nebendiagnose erfolgt nicht. Ist aufgrund anderer Kodieranweisungen eine dritte Diagnose als Hauptdiagnose anzugeben, ergibt sich automatisch, dass die instabile Angina pectoris als erste Nebendiagnose und die Koronaratherosklerose als zweite Nebendiagnose zu kodieren ist. Existiert keine weitere Hauptdiagnose neben der instabilen Angina pectoris und der Koronaratherosklerose, ist zwingend die instabile Angina pectoris Hauptdiagnose, weil die in der Eingabemaske des Groupers ersteinzutragende Diagnose immer die Hauptdiagnose ist. Daneben regeln die weiteren Kodieranweisungen einerseits eine Ausnahme von der Kodierfähigkeit der instabilen Angina pectoris und anderseits zu dieser zweiten Kodieranweisung eine Rückausnahme, nämlich dass die Angina pectoris gleichwohl als zweite und damit zwingend als Nebendiagnose zu kodieren ist (unzutreffend daher Zaiß in ders, DRG: Verschlüsseln leicht gemacht, 3. Aufl 2005, S 33, wonach nur die Reihenfolge der Nebendiagnosen festgelegt werde; zutreffend dagegen Metzger in Zaiß, aaO, S 209 - dort noch mit einem Beispiel zur wortgleichen DKR <2005> 0901d). Auch das bei DKR (2006) 0901e wiedergegebene Beispiel zeigt, dass die instabile Angina pectoris zuerst und damit dort als Hauptdiagnose zu kodieren ist. Die von der Beklagten vertretene Auffassung bedeutet gerade die Nichtbeachtung der Kodieranweisung DKR (2006) 0901e, indem entgegen dem eindeutigen Wortlaut die Koronaratherosklerose zuerst kodiert werden soll.

43

Aus DKR (2006) D002d als Teil der Allgemeinen Kodierrichtlinien für Krankheiten folgt nichts Gegenteiliges. DKR (2006) D002d definiert zwar die Hauptdiagnose als die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich ist. Dies trifft hier auf die Koronaratherosklerose zu, die Ursache für die OPS 8-837.k0 war (perkutan-transluminale Gefäßintervention an Herz und Koronargefäßen, Einlegen eines nicht medikamentenfreisetzenden Stents inkl: Bypassgefäß, ein Stent in eine Koronararterie). Die dort gegebene, den Speziellen Kodierrichtlinien vorangestellte (vor die Klammer gezogene) Definition der Hauptdiagnose ist gleichwohl hier unbeachtlich, weil aus normsystematischen Gründen die Speziellen Kodierrichtlinien, die von den Allgemeinen Kodierrichtlinien abweichen, vorrangig sind (lex specialis derogat legi generali). Dies gilt jedenfalls, soweit nicht ausdrücklich etwas Gegenteiliges bestimmt ist. Bestätigt wird dieser allgemeine Grundsatz durch die Ausführungen in der Einleitung zur DKR (2002), wo ausgeführt wird (abgedruckt in der DKR <2006> S V):

        

"Der erste Teil enthält allgemeine Richtlinien zur Kodierung von Diagnosen und Prozeduren. Es werden Begriffe wie Haupt- und Nebendiagnose definiert und Hinweise zur Verschlüsselung von Prozeduren gegeben. In den Speziellen Kodierrichtlinien werden besondere Fallkonstellationen beschrieben, die entweder der konkreten Festlegung dienen oder bei denen aus Gründen der DRG-Logik von den Allgemeinen Kodierrichtlinien abgewichen werden muss."

44

Dies bedeutet, dass zwar nicht die Koronaratherosklerose als Hauptdiagnose vor der Diagnose instabile Angina pectoris kodiert werden darf, weil dies DKR (2006) 0901e ohne Einschränkung anders bestimmt. Nicht ausgeschlossen ist aber, dass eine dritte Diagnose vor der instabilen Angina pectoris als Hauptdiagnose kodiert werden darf. Nach den unangegriffenen und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG steht fest (§ 163 SGG), dass aus medizinischer Sicht die benigne essentielle Hypertonie und die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung bei der Versicherten nur Nebendiagnosen sind. Es gibt somit keine vorrangig als Hauptdiagnose zu kodierende Dritt-Diagnose.

45

Der erkennende Senat sieht sich hierbei im Ergebnis in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des 3. BSG-Senats (BSGE 107, 140, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; kritisch dazu Fiori/Siam/Helling/Bunzemeier/Roeder, KH 20011, 573 ff). Danach sind für die Zuordnung eines Behandlungsfalles zu einer DRG Nebendiagnosen bedeutsam, soweit ihnen die Vertragsbeteiligten zur angemessenen Bewertung von Versorgungsbesonderheiten Abrechnungsrelevanz beigemessen haben. Für Begleiterkrankungen - so der 3. Senat - ist das nach den Kodierrichtlinien nur der Fall, wenn sie einen über die Hauptdiagnose hinausgehenden Versorgungsaufwand bedingen. Insoweit bedarf es hier keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) und die benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00) als Nebendiagnosen überhaupt kodiert werden durften. Auch wenn die beiden Diagnosen gar nicht als Nebendiagnosen kodierfähig waren, ist dies ohne Belang, da sie vorliegend - wie oben ausgeführt - nicht erlöswirksam sind.

46

d) Rechnerisch ergibt sich die Höhe des Erstattungsanspruchs der Klägerin von 1021,13 Euro aus dem unterschiedlichen effektiven Kostengewicht, das der DRG F57A (1,363) und der DRG F57B (1,032) durch die FPV 2006 zugewiesen ist. Multipliziert mit dem für die Beklagte geltenden Basisentgelt von 2981,81 Euro errechnet sich für die vergütete, aber nicht geschuldete DRG F57A ein gerundeter Betrag von 4064,21 Euro und für die zu vergütende DRG F57B ein gerundeter Betrag von 3077,23 Euro, mithin eine Überzahlung von 986,98 Euro. Der insoweit nicht streitige AIP-Zuschlag von 3,46 % verringert sich von gerundet 140,62 Euro (aus 4064,21 Euro) auf gerundet 106,47 Euro (aus 3077,23 Euro), mithin um 34,15 Euro.

47

4. Die Klägerin ist rechtlich nicht gehindert, den Erstattungsbetrag geltend zu machen. Zahlt eine KK vorbehaltlos auf eine Krankenhaus-Rechnung, kann sie mit der Rückforderung - und damit auch mit dem späteren Bestreiten ihrer Zahlungspflicht - ganz ausgeschlossen sein, wenn sie nämlich (positiv) gewusst hat, dass sie zur Leistung nicht verpflichtet war (Rechtsgedanke des § 814 BGB; vgl BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 30). So liegt es hier indes nicht. Denn die Klägerin hat die Rechnung der Beklagten lediglich unter dem Vorbehalt medizinischer Überprüfung bezahlt.

48

Ein Vorbehalt dieser Art lässt die Schuldtilgung in der Schwebe und steht einer Erfüllung iS von § 362 BGB entgegen. Die inhaltlichen Anforderungen an einen solchen Vorbehalt unterscheiden sich danach, ob die KK vertraglich zur Zahlung innerhalb einer kurzen Frist nach Rechnungseingang verpflichtet ist oder nicht. Besteht keine Pflicht der KK, kurzfristig nach Rechnungslegung zu zahlen, sind die Anforderungen an einen Vorbehalt höher: Die KK muss verdeutlichen, dass sie trotz Zahlung noch nicht erfüllen und einen Beweislastwechsel vermeiden will. Ist die KK dagegen vertraglich zur Zahlung kurze Zeit nach Rechnungseingang verpflichtet, genügt es zur Vermeidung eines Beweislastwechsels im Erstattungsstreit, dass die Zahlung der KK lediglich "unter dem Vorbehalt medizinischer Überprüfung" erfolgt (BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 36 f).

49

Das LSG hat zur Zahlungspflicht binnen einer bestimmten Frist keine Feststellungen getroffen. Hierauf kommt es jedoch nicht an, weil die Klägerin in der Anlage zu dem für sie durch die ARGE Krankenhaus der BKK eV erstellten Schreiben vom 18.12.2006 detailliert die unterschiedlichen Vergütungsberechnungen dargelegt hat. Dies genügt selbst den höheren Anforderungen an einen Vorbehalt hinsichtlich einer Zahlungspflicht, die keiner kurzen Frist unterworfen ist.

50

5. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch Anspruch auf die Zahlung von Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz aus dem geltend gemachten Erstattungsbetrag (vgl BSG SozR 4-2500 § 69 Nr 7 RdNr 16 ff). Das zitierte Urteil des erkennenden Senats betrifft einen Sachverhalt im Geltungsbereich desselben Vertrags nach § 112 SGB V, der nach den vom LSG in Bezug genommenen Feststellungen des SG jedenfalls hinsichtlich der Zinsregelung fortgilt. Die Beteiligten haben für die hier betroffene Zeit nichts Abweichendes vorgetragen.

51

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1714,07 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligen streiten über die Vergütung einer Krankenhausbehandlung.

2

Die Klägerin, Rechtsträgerin des zugelassenen Krankenhauses M., behandelte den bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherten H. B. (im Folgenden: Versicherter) wegen einer Schenkelhalsfraktur vom 26.1. bis 11.2.2008 stationär mit einer Osteosynthese mittels einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube. Die Klägerin kodierte die Operation mit zwei Schlüsselnummern des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS 5-790.8e und 5-790.0e), die die diagnoseorientierte Fallpauschale DRG I08C ansteuern, und berechnete 7087,86 Euro (14.2.2008). Die Beklagte bezahlte lediglich 7030,75 Euro, da sie einen Betrag von 57,11 Euro für die Anschubfinanzierung integrierte Versorgung abzog (§ 140d SGB V). Sie machte aufgrund einer Auskunft des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) geltend, die Operation sei allein mit einer OPS-Nummer zu kodieren (OPS 5-790.9e: Geschlossene Reposition einer Fraktur oder Epiphysenlösung mit Osteosynthese, durch Materialkombinationen, Schenkelhals). Da deshalb die geringer vergütete DRG I08D maßgeblich sei, müsse die Klägerin die Überzahlung erstatten (1.4.2009). Die Klägerin lehnte eine Erstattung ab, da eine Prüfanzeige des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) nicht mehr fristgerecht möglich sei. Daraufhin rechnete die Beklagte mit der nach ihrer Auffassung bestehenden Erstattungsforderung von 1714,07 Euro gegenüber Vergütungsansprüchen der Klägerin für die Behandlung anderer Versicherter auf (15.5.2009). Das SG hat ein Sachverständigengutachten eingeholt und die Klage auf Zahlung von 1714,07 Euro nebst Zinsen von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.5.2009 abgewiesen (Urteil vom 19.7.2011). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die Klägerin habe nur Anspruch auf Vergütung nach der geringer dotierten DRG I08D. Die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube an der gleichen Lokalisation über denselben Zugang sei mit OPS 5-790.9e zu kodieren. Die Beklagte sei mit ihren Einwendungen und der Verwendung der Daten nach § 301 SGB V nicht ausgeschlossen. Es bedürfe keines Rückgriffs auf das Gerichtsgutachten und die von der Klägerin vorgelegten Behandlungsunterlagen, deren Auswertung § 275 Abs 1c S 2 SGB V verbiete(Urteil vom 8.8.2013).

3

Die Klägerin hat dagegen Revision eingelegt. Sie hat das Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen, 57,11 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.5.2009 zu schulden. Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 275 Abs 1c S 2 SGB V. Die Beklagte habe die dort geregelte, abgelaufene Frist ohne Einleitung eines MDK-Prüfverfahrens verstreichen lassen. Dies schließe Ermittlungen dazu aus, dass die Voraussetzungen der OPS 5-790.9e erfüllt seien, nämlich dass der Eingriff für das Osteosyntheseverfahren nur über einen Zugang erfolgte.

4

Die Klägerin beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 und des Sozialgerichts Koblenz vom 19. Juli 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, 1656,96 Euro nebst Zinsen von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Mai 2009 zu zahlen,

hilfsweise

        

das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2013 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis zutreffend entschieden, dass das klagende Krankenhaus gegen die beklagte KK keinen Anspruch auf Zahlung weiterer, jetzt noch streitiger 1656,96 Euro für die anderen Versicherten erbrachte Krankenhausbehandlung hat. Die von der Klägerin im Gleichordnungsverhältnis erhobene (echte) Leistungsklage ist zulässig (vgl BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10 mwN; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12), aber unbegründet. Der ursprünglich entstandene Anspruch der Klägerin auf Vergütung für die Krankenhausbehandlung anderer Versicherter (dazu 1.) erlosch dadurch in Höhe von 1656,96 Euro, dass die Beklagte wirksam mit ihrem in dieser Höhe bestehenden Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten aufrechnete (dazu 2.). Die Klägerin erhielt hierfür nämlich 7030,75 Euro, obwohl sie lediglich höchstens Anspruch auf Zahlung von 5373,79 Euro für die Behandlung des Versicherten hatte (dazu 3.). Die dagegen von der Klägerin vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch (dazu 4.).

8

1. Zu Recht ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass der Klägerin aufgrund der Behandlung anderer Versicherter zunächst Anspruch auf die dort abgerechnete Vergütung zustand; eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl zur Zulässigkeit dieses Vorgehens zB BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 7 RdNr 10; SozR 4-2500 § 130 Nr 2 RdNr 15).

9

2. Der Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung anderer Versicherter erlosch durch Aufrechnung in Höhe von 1656,96 Euro. Die Beklagte erklärte wirksam, mit ihrem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten analog § 387 BGB aufzurechnen(zur entsprechenden Anwendung auf überzahlte Krankenhausvergütung vgl zB BSG SozR 4-7610 § 204 Nr 2 RdNr 9 ff mwN, stRspr). Der Vergütungsanspruch der Klägerin und der von der Beklagten aufgerechnete öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (dazu 3.) waren gegenseitig und gleichartig (vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 16), der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch war fällig und der Vergütungsanspruch der Klägerin erfüllbar.

10

3. Die Beklagte konnte aus öffentlich-rechtlicher Erstattung Zahlung in Höhe von 1656,96 Euro beanspruchen. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt ua voraus, dass der Berechtigte Leistungen im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses ohne rechtlichen Grund erbrachte (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15, stRspr). So lag es hier. Die Klägerin hatte gegen die Beklagte einen Vergütungsanspruch für die Behandlung des Versicherten (dazu a). Dessen Höhe betrug maximal 5373,79 Euro, während ihr die Beklagte 7030,75 Euro zahlte (dazu b).

11

a) Die Klägerin erfüllte die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung, indem sie den Versicherten vom 26.1. bis 11.2.2008 stationär behandelte. Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich ist(stRspr, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 11; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 11; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13, alle mwN). Diese Voraussetzungen waren nach den unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) erfüllt.

12

b) Der Vergütungsanspruch der Klägerin belief sich auf höchstens 5373,79 Euro. Die Klägerin durfte lediglich die niedriger vergütete DRG I08D abrechnen (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur, ohne Mehrfacheingriff, ohne komplexe Prozedur, ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst schwere CC), nicht die tatsächlich in Rechnung gestellte DRG I08C (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur mit Mehrfacheingriff, komplexer Prozedur, komplexer Diagnose oder äußerst schweren CC). Dies wirkt sich auch auf die Vergütungsbestandteile aus, deren Höhe von der zu vergütenden DRG abhängt (§ 4 Abs 13 KHEntgG idF durch Art 15 Nr 2 Buchst b Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190, § 4 Abs 14 KHEntgG idF durch Art 2 Nr 2 Buchst k Zweites Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften vom 15.12.2004, BGBl I 3429; § 8 Abs 9 KHEntgG idF durch Art 19 Nr 2 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378).

13

Die von der Klägerin zu beanspruchende Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Rechtsgrundlage sind § 109 Abs 4 S 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 5 Buchst a 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz(KHG; idF durch Art 18 Nr 4 GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378; vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15), die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2008 (Fallpauschalenvereinbarung 2008 - FPV 2008 einschließlich der Anlagen 1 bis 6) und die von den Vertragspartnern auf Bundesebene getroffene Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) für das Jahr 2008 (Ergänzungsvereinbarung 2008 zur Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien Version 2002 für das G-DRG-System gemäß § 17b KHG, zuletzt geändert durch die Ergänzungsvereinbarung 2007; zu deren normativer Wirkung vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 18).

14

Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich aus der Eingabe und Verarbeitung von Daten in einem automatischen Datenverarbeitungssystem, das auf einem zertifizierten Programm basiert (vgl § 1 Abs 6 S 1 FPV 2008; zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 19 ff). Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom DIMDI im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung (hier in der Version 2008 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Diagnosenschlüssels vom 25.10.2007, BAnz Nr 207 vom 7.11.2007, S 7937, in Kraft getreten am 1.1.2008 ) sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssels (hier in der Version 2008 idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V zur Anwendung des Operationen- und Prozedurenschlüssels vom 25.10.2007, BAnz Nr 207 vom 7.11.2007, S 7917, in Kraft getreten am 1.1.2008 ; zur Grundlage der Rechtsbindung vgl BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 24).

15

Die Anwendung der DKR und der FPV-Abrechnungsbestimmungen einschließlich des ICD-10-GM und des OPS erfolgt eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27; zur Auslegung von medizinischen Begriffen im OPS vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 12 ff, stRspr).

16

Die Klägerin durfte nur die niedriger vergütete DRG I08D abrechnen. Die Behandlung des Versicherten erfüllte nämlich nur die Voraussetzungen der OPS 2008 Nr 5-790.9e. Diese OPS-Nr ist zu kodieren bei einer geschlossenen Reposition einer Fraktur oder Epiphysenlösung mit Osteosynthese des Schenkelhalses durch Materialkombinationen. Erforderlich ist eine Verbindung einer Mehrheit von Verfahren bei einer Osteosynthese, denn es bedarf der "Materialkombinationen". Dies erfasst eine Osteosynthese mittels zweier, sich im Sinne von Haupt- und Hilfsverfahren ergänzender Osteosyntheseverfahren, etwa durch dynamische Kompressionsschraube mit Antirotationsschraube, wie sie hier in Rede steht, wenn es lediglich eines operativen Zugangs bedarf. Denn eine Materialkombination liegt nach dem Regelungssystem nicht schon dann vor, wenn das verwendete Implantat aus mehreren Teilen besteht. So setzt sich zum Beispiel die dynamische Kompressionschraube nicht nur aus einer einzelnen Schraube zusammen, sondern aus einer Schenkelhalsschraube, einem Plattenzylinder und weiteren Schrauben zur Fixierung der Platte am Oberschenkelknochen (vgl entsprechend zB OPS 2008 5-79: "Eine Schraubenosteosynthese ist eine Osteosynthese, die nur mit Schrauben, ggf. mit zusätzlicher Unterlegscheibe, erfolgt"; "Eine Plattenosteosynthese ist eine Osteosynthese, die mit Platten und den dazugehörigen Schrauben, ggf. mit zusätzlichen Schrauben neben der Platte, erfolgt"). Auch ist Materialkombination nicht mit Werkstoffkombination gleichzusetzen. Ansonsten hätte es des Hinweises in OPS 2008 5-79 nicht bedurft, dass eine Verbundosteosynthese (bestehend aus Metall und Zement) als Materialkombination zu kodieren ist (vgl auch die Differenzliste zum OPS 2008, wonach zunächst in der Vorab-Version vorgesehen war, die Verwendung des Zements zusätzlich zu kodieren). Zusätzlich dürfen nicht mehrere Zugänge erforderlich sein. Denn OPS 2008 5-79 ordnet ausdrücklich an, dass die Durchführung einer zweiten Osteosynthese, zB bei einer Zweietagen-Fraktur, gesondert zu kodieren ist (so DIMDI, MDK und Berufsverband Deutscher Chirurgen, vgl Gerichtsgutachten vom 5.7.2010). Nach den Feststellungen des LSG ermöglichte ein einziger Zugang beim Versicherten die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube.

17

Nach der Groupierungslogik steuert die Diagnose Schenkelhalsfraktur, intrakapsulär (ICD-10-GM 2008 S72.01), die MC (Major Category) 8 (Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe) an (vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 447). Dort führt die OPS 2008 5-790.9e in der operativen Partition zur ADRG I08 (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur oder Ersatz des Hüftgelenkes mit Eingriff an oberer Extremität oder Wirbelsäule; vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 471) und von dort zur DRG I08D (Andere Eingriffe an Hüftgelenk und Femur, ohne Mehrfacheingriff, ohne komplexe Prozedur, ohne komplexe Diagnose, ohne äußerst schwere CC; vgl G-DRG Version 2008, Definitionshandbuch Kompaktversion, Band 1, S 435).

18

4. Die von der Klägerin geltend gemachten Einwendungen gegen die Feststellungen des LSG (dazu a) und den Erstattungsanspruch im Übrigen (dazu b) greifen nicht durch.

19

a) Das LSG durfte das vom SG eingeholte Gutachten unter Auswertung der von der Klägerin zur Verfügung gestellten Behandlungsunterlagen verwerten, um widerspruchsfrei zu der angegriffenen Feststellung zu gelangen, dass ein Zugang beim Versicherten die Osteosynthese mit einer dynamischen Hüftschraube und einer Antirotationsschraube ermöglichte. Denn die Klägerin erfüllte ihre Obliegenheit, die für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung erforderlichen Informationen der Beklagten zu übermitteln (§ 301 SGB V), erst mit der Überlassung der Behandlungsunterlagen an das SG.

20

Die Informationsübermittlung vom Krankenhaus an die KK korrespondiert mit der Prüfberechtigung der KK. KKn sind jederzeit berechtigt, die sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung von Krankenhausvergütung mit Blick auf Leistungsverweigerungsrechte oder nicht verjährte Erstattungsforderungen zu überprüfen (§ 301 SGB V). Denn das Krankenhaus hat hierzu zutreffend und vollständig alle Angaben zu machen, deren es zur Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung bedarf (§ 301 Abs 1 SGB V; vgl zB 1. Senat des BSG in BSGE 106, 214 = SozR 4-2500 § 275 Nr 3, RdNr 13, 21; 3. Senat des BSG in BSGE 111, 58 = SozR 4-2500 § 109 Nr 24, RdNr 18 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 5 RdNr 14 mwN, stRspr). Jedenfalls dann, wenn sich dabei auch nur geringste Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Abrechnung nicht sachlich-rechnerisch richtig ist und/oder dass das Krankenhaus seine primären Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten über die Abrechnungsgrundlagen nicht erfüllte, trifft das Krankenhaus spätestens auf Anforderung der KK die Obliegenheit, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere auch die Behandlungsunterlagen an den MDK oder das Gericht herauszugeben. Die gesetzliche Sechs-Wochen-Frist (§ 275 Abs 1c SGB V) erfasst demgegenüber nur die Prüfung aufgrund einer Auffälligkeit (vgl näher BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

21

Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten bestehen etwa in Fällen, in denen die vom Krankenhaus vorgenommene Auslegung und Anwendung von Abrechnungsvorschriften zweifelhaft ist oder sogar bestehender Kodierpraxis widerspricht. Es entspricht nicht nur den gesetzlichen Vorgaben (§ 301 Abs 1 SGB V), sondern den eigenen Interessen des Krankenhauses, der KK die entsprechenden Sachverhalte vollständig und nachvollziehbar mitzuteilen, die es zu seiner Auslegung der Abrechnungsvorschriften veranlasst haben. Nur so beugt das Krankenhaus einer Irreführung und darauf beruhender Vermögensverfügung der KK vor, ermöglicht der KK die sachlich-rechnerische Richtigkeitskontrolle und schafft damit die für die Zusammenarbeit unerlässliche Vertrauensbasis. Dies gilt auch dann, wenn das Krankenhaus von einer Auslegungspraxis abweichen will, die im Übrigen - wie hier - auf Leistungserbringer- und KKn-Seite übereinstimmt. So lag es hier.

22

Die Beklagte hatte Anhaltspunkte für die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Abrechnung oder zumindest für die Verletzung der Informationsobliegenheiten der Klägerin. Die Osteosynthese über einen Zugang mittels dynamischer Kompressionsschraube mit Antirotationsschraube war nämlich nach ganz herrschender Auffassung zur richtigen Kodierpraxis im Jahr 2008 nach OPS 2008 5-790.9e zu kodieren. Dies entsprach den Einschätzungen des MDK, des Berufsverbandes Deutscher Chirurgen, des DIMDI, des vom SG gehörten Sachverständigen und weiteren professionellen Äußerungen aus dem Jahr 2007 (vgl zB die Beiträge des ärztlichen Leiters Stabsstelle Medizincontrolling, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau sowie des Medizincontrollers der Main-Kinzig-Kliniken in "Versorgung einer Osteosynthese durch Schraube oder Materialkombination", beginnend am 27.7.2007 bei myDRG-Forum/DRG-System in Deutschland /Fragen zu praktischen Kodierproblemen, abrufbar unter www.mydrg.de/forum/index.php?page=Thread&threadID=9092,%20recherchiert%20am%2018.6.2014 ). Die übliche Kodierpraxis hätte die Klägerin dazu veranlassen müssen, von sich aus gegenüber der Beklagten den Sachverhalt - und die eigene abweichende Meinung - deutlich hervorzuheben. Ohne diese notwendige Zusatzinformation musste die Beklagte die Angaben der Klägerin - unzutreffend - einerseits so verstehen, die Klägerin habe den Versicherten mittels zweier Osteosyntheseverfahren mit unterschiedlichen Zugängen behandelt. Aufgrund der mitgeteilten Entlassungsdiagnose ICD-10-GM S72.01 (Fraktur des Femurs, Schenkelhalsfraktur, Intrakapsulär) durfte die Beklagte andererseits Zweifel haben, dass die Kodierung der OPS-Nummern zutreffend das Behandlungsgeschehen wiedergab.

23

b) Der Erstattungsanspruch der Beklagten war entgegen der Ansicht der Klägerin nicht dadurch verwirkt (vgl BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 36 ff), dass die Beklagte ihn erst 13,5 Monate nach Rechnungslegung geltend machte. Das Rechtsinstitut der Verwirkung passt als ergänzende Regelung innerhalb der kurzen vierjährigen Verjährungsfrist grundsätzlich nicht. Es findet nur in besonderen, engen Ausnahmekonstellationen Anwendung (vgl BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 4 RdNr 15; BSGE 112, 141 = SozR 4-2500 § 275 Nr 8, RdNr 37 mwN). Ein solcher Fall liegt nicht vor. Insoweit fehlt es schon an dem für die Annahme der Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment eines Verwirkungsverhaltens des Berechtigten - hier der Beklagten (vgl dazu und zur mangelnden Tragfähigkeit des Gesichtspunkts der "Waffengleichheit" im materiellen Recht ausführlich zuletzt BSG Urteil vom 1.7.2014 - B 1 KR 48/12 R - Juris RdNr 19 f mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 155 Abs 1 S 3 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 und 2 GKG.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1021,13 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist die sich nach dem Fallpauschalen-Katalog 2006 bestimmende Höhe des Vergütungsanspruchs für eine stationäre Krankenhausbehandlung.

2

Die bei der klagenden Krankenkasse (KK) versicherte N. (im Folgenden: Versicherte) begab sich wegen einer Angina-pectoris-Symptomatik am 14.11.2006 aufgrund ärztlicher Überweisung in das nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhaus der beklagten Trägerin. Das Krankenhaus dilatierte bei ihr am 16.11.2006 im Zusammenhang mit einer Herzkatheteruntersuchung (Operationen- und Prozedurenschlüssel 1-275.2, Koronarangiographie, Druckmessung und Ventrikulographie im linken Ventrikel) eine dabei festgestellte hochgradige CX-Stenose mit einem Stent (OPS 8-837.k0, perkutan-transluminale Gefäßintervention an Herz und Koronargefäßen, Einlegen eines nicht medikamentenfreisetzenden Stents inkl: Bypassgefäß, ein Stent in eine Koronararterie) und entließ die Klägerin am 17.11.2006. Die Beklagte diagnostizierte bei der Versicherten eine atherosklerotische Herzkrankheit iS der Ein-Gefäßerkrankung (ICD 10 I25.11), eine instabile Angina pectoris (ICD 10 I20.0), eine Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) und eine benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00). Sie berechnete der Klägerin für die Behandlung der Versicherten insgesamt 4312,59 Euro, die die Klägerin vorbehaltlich der Überprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zunächst zahlte. Die Beklagte legte ihrer Berechnung die wegen Komplikationen oder Komorbiditäten (CC) höher bewertete DRG F57A (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention mit äußerst schweren CC) nach dem auf Diagnosis Related Groups (DRGs; diagnosebezogene Fallgruppen) basierenden Fallpauschalen-Katalog der G-DRG-Version 2006 einschließlich weiterer Zuschläge zugrunde. Der MDK vertrat dagegen die Auffassung, die Beklagte habe die Allgemeinen und Speziellen Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren (Deutsche Kodierrichtlinien ) unzutreffend angewandt, indem sie als Hauptdiagnose atherosklerotische Herzkrankheit und als Nebendiagnose Angina pectoris angegeben habe. Genau umgekehrt hätte die Beklagte die erbrachte Leistung kodieren müssen. Die erbrachte Leistung sei daher nach DRG F57B (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention ohne äußerst schwere CC) abzurechnen. Die Klägerin forderte vergeblich die Beklagte zur Rückzahlung von 1021,13 Euro auf. Dagegen ist sie mit ihrer Zahlungsklage vor dem SG erfolgreich gewesen (Urteil vom 28.5.2010). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt, aus dem eindeutigen Wortlaut der DKR 0901e ergebe sich, dass die Angina pectoris vor der atherosklerotischen Herzkrankheit als Hauptdiagnose zu kodieren sei. Als speziellere Regelung verdränge sie die in DKR D002d enthaltene allgemeine Regelung zur Kodierung von Hauptdiagnosen. Hingegen schließe DKR D003d als allgemeine Regelung zur Kodierung von Nebendiagnosen aus, DKR 0901e bloß als spezielle Regelung über die zu beachtende Reihenfolge von Nebendiagnosen zu verstehen (Urteil vom 13.1.2011).

3

Die Beklagte rügt mit der Revision die Verletzung des § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm den auf Bundesebene vereinbarten Kodierregeln DKR D002d und DKR 0901e. Die DKR D002d lege fest, dass sich die Hauptdiagnose, wenn die Krankheit bei Aufnahme bekannt sei oder während des stationären Aufenthalts bekannt werde, aus dieser und nicht aus der Symptomatik ableite. Der sich aus der DKR-Systematik ergebende Vorrang der allgemeinen DKR D002d entfalle nur dann, wenn abweichend von diesen Grundsätzen in speziellen Kodierrichtlinien ausdrücklich eine andere Diagnose als Hauptdiagnose bestimmt werde. Die spezielle DKR 0901e regele hingegen lediglich die Fälle, in denen die Angina pectoris vor der atherosklerotischen Herzkrankheit zu kodieren sei, wenn beide Nebendiagnosen seien, und lasse - nur insoweit von DKR D002d abweichend - die Kodierung eines bloßen Symptoms zu. Eigentlicher Zweck der DKR 0901e sei es, dass die CC-relevante, erlössteigernde instabile Angina pectoris überhaupt als Diagnose kodiert werden könne.

4

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2011 und das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 28. Mai 2010 aufzuheben.

5

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, dass die klagende KK gegen die beklagte Krankenhausträgerin einen Anspruch auf Rückzahlung von 1021,13 Euro nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit hat. Die von der Klägerin erhobene (echte) Leistungsklage ist zulässig (dazu 1.) und begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Erstattung überzahlter Vergütung (dazu 2.). Der Differenzbetrag zwischen der allein abrechenbaren DRG F57B und der zu Unrecht bezahlten DRG F57A beträgt 1021,13 Euro (dazu 3.). Der Beklagten stehen gegen den Anspruch der Klägerin keine Einreden zu (dazu 4.). Die Klägerin hat auch Anspruch auf die von den Vorinstanzen zuerkannten Zinsen (dazu 5.).

8

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin macht zu Recht den Anspruch auf Rückzahlung eines Teils der für die Krankenhausbehandlung der Versicherten gezahlten Vergütung mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG gegen die Beklagte geltend. Die Klage einer KK auf Rückzahlung zu Unrecht erbrachter Vergütung gegen einen Krankenhausträger - wie hier - ist ein sog Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und keine Klagefrist zu beachten ist (zum umgekehrten Fall der Klage eines Krankenhauses gegen die KK: BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr 12, RdNr 10 mwN; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 9 mwN; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12). Die Klägerin hat den Zahlungsanspruch auch konkret beziffert (vgl zur Notwendigkeit der Bezifferung BSGE 83, 254, 263 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1; BSGE 92, 300 = SozR 4-2500 § 39 Nr 2, RdNr 6; BSGE 107, 78 = SozR 4-2500 § 140d Nr 2, RdNr 10).

9

2. Rechtsgrundlage des streitgegenständlichen Zahlungsanspruchs ist der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch. Die sich aus der Erbringung von Leistungen für nach dem SGB V Versicherte ergebenden Rechtsbeziehungen zwischen KKn und als Leistungserbringer zugelassenen Krankenhäusern sind öffentlich-rechtlicher Natur (dazu a). Bei derartigen öffentlich-rechtlich geprägten Rechtsbeziehungen tritt an die Stelle des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs nach § 812 BGB der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch(dazu b).

10

a) Dass die Rechtsbeziehungen zwischen KK und Krankenhaus öffentlich-rechtlicher Natur sind, ergibt sich explizit aus § 69 Satz 2 SGB V(idF durch Art 1 Nr 1c Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBl I 1412). Hiernach sind die Rechtsbeziehungen der KKn und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und ihren Verbänden abschließend im Vierten Kapitel des SGB V, in den §§ 63, 64 SGB V und in dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), dem Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) sowie den hiernach erlassenen Rechtsverordnungen geregelt(zur entsprechenden Rechtslage vor Änderung des § 69 SGB V durch Art 1 Nr 26 Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626 vgl BSGE 97, 125 = SozR 4-1500 § 92 Nr 3, RdNr 9 mwN). Da es sich bei diesen Vorschriften um solche des öffentlichen Rechts handelt, können auch die hierauf beruhenden Rechtsbeziehungen zwischen KKn und Leistungserbringern nur öffentlich-rechtlicher Natur sein (vgl auch BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 10).

11

b) Der im öffentlichen Recht auch ohne ausdrückliche Normierung seit langem anerkannte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (vgl nur BSGE 16, 151, 156 = SozR Nr 1 zu § 28 BVG mwN zur älteren Rspr und Literatur)ist aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung herzuleiten (BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2, RdNr 27). Er setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind (BSGE 16, 151, 156 = SozR Nr 1 zu § 28 BVG; BSGE 69, 158, 160 = SozR 3-1300 § 113 Nr 1; BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2, RdNr 8; BSG SozR 4-2500 § 264 Nr 3 RdNr 15). Seine Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen entsprechen zwar, soweit sie nicht spezialgesetzlich geregelt sind, denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs (vgl BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2, RdNr 27 mwN zur Rspr des BVerwG). Es scheidet aber ein Rückgriff auf die zivilrechtlichen Normen aus, soweit der vom öffentlichen Recht selbstständig entwickelte Erstattungsanspruch reicht (vgl BSGE 38, 46, 47 = SozR 2200 § 1409 Nr 1 S 1 f). Dies gilt namentlich für die Nichtanwendbarkeit der bereicherungsrechtlichen Vorschriften, denen öffentlich-rechtliche Wertungszusammenhänge entgegenstehen (vgl zB zur Nichtanwendbarkeit des § 818 Abs 3 BGB bei der Rückforderung von Berufsausbildungsbeihilfe wegen des Vorrangs von § 152 Abs 3 Arbeitsförderungsgesetz aF BSGE 45, 38, 46 f = SozR 4100 § 40 Nr 17 S 54, mwN; vgl auch BVerwGE 71, 85, 88; BVerwGE 112, 351, 353 f).

12

3. Die Klägerin hat der Beklagten 1021,13 Euro Krankenhausvergütung ohne Rechtsgrund gezahlt, weil die Beklagte die zugunsten der Versicherten erbrachten Leistungen in dieser Höhe nicht abrechnen durfte. Die Beklagte hat gegen die Klägerin einen Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung erworben (dazu a). Die geltend gemachte Krankenhausvergütung bemisst sich generell nach vertraglichen Fallpauschalen (dazu b). Die konkrete Anspruchshöhe ergibt sich aus der niedriger vergüteten DRG F57B und nicht aus der von der Beklagten angesetzten höher vergüteten DRG F57A (dazu c). Die rechnerische Differenz zwischen der abgerechneten und - unter Vorbehalt - gezahlten DRG F57A und der allein abrechenbaren DRG F57B beträgt nach den unangegriffenen und damit bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)1021,13 Euro (dazu d). Weitere von der Beklagten abgerechnete und von der Klägerin bezahlte Vergütungsbestandteile sind nicht Gegenstand des Rechtsstreits (allgemein zu weiteren Vergütungsbestandteilen vgl § 7 Satz 1 Nr 2 - 8 KHEntgG idF durch Art 2 Nr 5 Zweites Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften vom 15.12.2004, BGBl I 3429).

13

a) Die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung sind erfüllt. Die Klägerin ist - was sie auch nicht bestreitet - verpflichtet, die stationäre Krankenhausbehandlung ihrer Versicherten im Krankenhaus der Beklagten vom 14. bis 17.11.2006 zu vergüten. Die Zahlungsverpflichtung einer KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist(stRspr, vgl BSGE 70, 20, 22 = SozR 3-2500 § 39 Nr 1 S 3; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4 S 19; BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1 S 3; BSGE 90, 1, 2 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3 S 20; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 11; BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 11; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 11). Die Vorinstanzen sind zu Recht hiervon ausgegangen und haben festgestellt, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind.

14

b) Die betroffene Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage (dazu aa). Die vertraglichen Fallpauschalen ergeben sich aus einem Fallpauschalen-Katalog, der Teil einer Vereinbarung ist, und Regelungen zur Ermittlung der jeweiligen Fallpauschale, auf die in dieser Vereinbarung Bezug genommen wird und die ihrerseits durch vertragliche Kodierrichtlinien erst operationabel sind (dazu bb). Besonderheiten dieser Regelungselemente (dazu cc) wirken sich auf die Rechtsanwendung und -kontrolle dahingehend aus, dass nur eingeschränkte Auslegungsmöglichkeiten bestehen und der rechnergestützte Anwendungsprozess des Fallpauschalen-Katalogs nachvollziehbar gemacht werden muss (dazu dd).

15

aa) Die geltend gemachte Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Die Fallpauschalenvergütung für Krankenhausbehandlung Versicherter in zugelassenen Einrichtungen ergibt sich gesetzlich aus § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V (idF durch Art 1 Nr 3 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412) iVm § 7 KHEntgG (idF durch Art 2 Nr 5 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) und § 17b KHG (idF durch Art 56 Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407; vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 14 RdNr 15). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge) konkretisiert. Nach § 1 Abs 1 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 1 Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser vom 17.7.2003, BGBl I 1461) werden die vollstationären und teilstationären Leistungen der Krankenhäuser nach diesem Gesetz und dem KHG vergütet. § 7 Satz 1 Nr 1 KHEntgG bestimmt: "Die allgemeinen Krankenhausleistungen werden gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit folgenden Entgelten abgerechnet: 1. Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9), …." Mit diesen Entgelten werden alle für die Versorgung des Patienten erforderlichen allgemeinen Krankenhausleistungen vergütet (§ 7 Satz 2 KHEntgG). Die Spitzenverbände der KKn (ab 1.7.2008: Spitzenverband Bund der KKn) und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412) mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG(idF durch Art 2 Nr 8 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429) einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 3 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412). Daneben bestimmt § 17b Abs 1 Satz 1 Halbs 1 KHG, dass für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem einzuführen ist. Das Vergütungssystem hat Komplexitäten und Komorbiditäten abzubilden; sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein (§ 17b Abs 1 Satz 2 KHG). Mit den Entgelten nach Satz 1 werden die allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet (§ 17b Abs 1 Satz 3 KHG). Nach § 17b Abs 2 Satz 1 Halbs 1 KHG vereinbaren die Spitzenverbände der KKn und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam entsprechend den Vorgaben der Absätze 1 und 3 des § 17b KHG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als Vertragsparteien auf Bundesebene ein Vergütungssystem, das sich an einem international bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage der DRGs orientiert; nach dieser Vorschrift vereinbaren die Vertragspartner ferner die jährliche Weiterentwicklung und Anpassung des Vergütungssystems, insbesondere an medizinische Entwicklungen, Kostenentwicklungen, Verweildauerverkürzungen und Leistungsverlagerungen zu und von anderen Versorgungsbereichen, und die Abrechnungsbestimmungen, soweit diese nicht im KHEntgG vorgegeben werden. Sie orientieren sich dabei unter Wahrung der Qualität der Leistungserbringung an wirtschaftlichen Versorgungsstrukturen und Verfahrensweisen (§ 17b Abs 2 Satz 2 KHG).

16

Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass Vereinbarungen auf Landesebene zwischen den in § 18 Abs 1 Satz 2 KHG genannten Vertragsparteien mit Wirkung für die ("lokalen") Vertragsparteien nach § 18 Abs 2 KHG(§ 10 KHEntgG idF durch Art 258 Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407), Vereinbarungen zwischen den Krankenhausträgern und den Sozialleistungsträgern für das einzelne Krankenhaus (§§ 3 und 4 KHEntgG, idF durch Art 2 Nr 1 und Nr 2 2. FPÄndG vom 15.12.2004, BGBl I 3429, §§ 5 und 6 KHEntgG, idF durch Art 258 Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006, BGBl I 2407, § 11 KHEntgG)und vertragliche Regelungen nach § 112 SGB V den Vergütungsanspruch ebenfalls konkretisieren können.

17

bb) Die vertraglichen Fallpauschalen ergeben sich daraus, dass die nach den aufgezeigten gesetzlichen Regelungen hierzu berufenen Vertragspartner eine Fallpauschalenvereinbarung (FPV) mit einem Fallpauschalen-Katalog als Teil derselben und Allgemeine und Spezielle Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren (Deutsche Kodierrichtlinien ) vereinbart haben. DKR und FPV bilden den konkreten vertragsrechtlichen Rahmen, aus dem die für eine Behandlung maßgebliche DRG-Position folgt. Nach den aufgezeigten gesetzlichen Vorgaben und der FPV greifen das in der FPV in Bezug genommene DRG-Ermittlungsprogramm (Grouper), der Fallpauschalen-Katalog und die Kodierrichtlinien als vereinbarte Abrechnungsbestimmungen ineinander. Sie sind bei der Anwendung des Katalogs zugrunde zu legen. In Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrages haben nämlich die Parteien gemäß § 17b Abs 2 KHG in Abschnitt 1 § 1 Abs 1 Satz 1 FPV 2006 zur Abrechnung von Fallpauschalen vereinbart: "Die Fallpauschalen werden jeweils von dem die Leistung erbringenden Krankenhaus nach dem am Tag der Aufnahme geltenden Fallpauschalen-Katalog und den dazu gehörenden Abrechnungsregeln abgerechnet." Die Regelung verweist nicht nur auf das Zusammenspiel von Fallpauschalen-Katalog und den dazu gehörenden Abrechnungsregeln, sondern legt zugleich den zeitlichen Anwendungsbereich von DKR und FPV fest. Dementsprechend sind im vorliegenden Fall die am 13.9.2005 getroffene Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2006 (Fallpauschalenvereinbarung 2006 - FPV 2006) einschließlich der Anlagen 1 bis 6 (insbesondere Anlage 1 Teil a) Fallpauschalen-Katalog 2006) und die von den Vertragspartnern auf Bundesebene am 8.9.2005 getroffene Vereinbarung zu den DKR für das Jahr 2006 (Ergänzungsvereinbarung 2006 zur Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien Version 2002 für das G-DRG-System gemäß § 17b KHG, zuletzt geändert durch die Ergänzungsvereinbarung 2005) maßgebend.

18

Die normative Wirkung der FPV 2006 und der DKR 2006 für den einzelnen Kostenträger, im Falle des SGB V die KKn, und die Krankenhausträger beruht auf § 8 Abs 1 Satz 1 Halbs 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412). Danach sind die Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen, wozu namentlich die Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog zählen (§ 7 Satz 1 Nr 1 KHEntgG), für alle Benutzer des Krankenhauses einheitlich zu berechnen. Ergänzend dazu sieht § 8 Abs 2 Satz 1 KHEntgG(idF durch Art 5 FPG vom 23.4.2002, BGBl I 1412) vor, dass für die Behandlungsfälle die Fallpauschalen zu berechnen sind, die in dem Fallpauschalen-Katalog nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG bestimmt sind. Dadurch ist sowohl der nach seinem jeweiligen Recht zur Leistungsgewährung und -vergütung verpflichtete Kostenträger - hier die Klägerin nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5, § 39 Abs 1 SGB V gegenüber der Versicherten und nach § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V gegenüber der Beklagten - als auch der zur Leistungserbringung verpflichtete Träger des Krankenhauses - hier die Beklagte nach § 109 Abs 4 Satz 2 SGB V - unmittelbar durch die auf Bundesebene vereinbarten Regelungen gebunden.

19

cc) FPV und DKR weisen Besonderheiten auf, die sich auf die Rechtsanwendung und -kontrolle auswirken. FPV und DKR bilden nämlich nicht ein System von Pauschalen, das nach Art einer Gebührenordnung jeweils schriftlich fixierte, abstrakt umschriebene Behandlungstatbestände mit Abrechnungsvorgaben (zB Geldbeträgen oder Punktwerten) auf der Rechtsfolgenseite verknüpft, sodass der konkrete Behandlungsfall unter den Tatbestand zu subsumieren ist, vergleichbar der Subsumtion unter andere Rechtsnormen. Vielmehr umschreibt der vereinbarte Fallpauschalen-Katalog lediglich mit Buchstaben und Ziffern gekennzeichnete DRG-Positionen, deren zugehörige Bewertungsrelationen und weitere Angaben (zB zur Verweildauer), die für die Abrechnung von stationären Leistungen notwendig sind. Die textliche Bezeichnung beschreibt lediglich die verschlüsselte Position, umreißt aber keinen einer Auslegung als Basis und Ausgangspunkt zugrunde zu legenden subsumtionsfähigen Vergütungstatbestand. Welche DRG-Position - quasi als Folge für die Vergütungshöhe - abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich überhaupt nicht aus einem schriftlich festgelegten abstrakten Tatbestand, sondern aus der Eingabe von im Einzelnen von einem Programm vorgegebenen, abzufragenden Daten in ein automatisches Datenverarbeitungssystem und dessen Anwendung. Nach § 1 Abs 6 Satz 1 FPV 2006 sind in diesem Sinne zur Einstufung des Behandlungsfalls in die jeweils abzurechnende Fallpauschale Programme (Grouper) einzusetzen. Zugelassen sind nur solche Programme, die von der InEK GmbH - Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (im Folgenden DRG-Institut), einer gemeinsamen Einrichtung der in § 17b Abs 2 Satz 1 KHG und § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG genannten Vertragspartner auf Bundesebene, zertifiziert worden sind. Die Zertifizierung erfolgt, wenn die zu zertifizierenden Programme die vom DRG-Institut maßgeblich vorbereitete und von den Vertragsparteien auf Bundesebene in Gestalt eines programmierten Algorithmus vertraglich konsentierte jährliche Weiterentwicklung und Anpassung des DRG-Vergütungssystems nach § 17b Abs 1 Satz 1 KHG umsetzen.

20

Der zertifizierte Grouper führt nach Eingabe der Daten einen automatisierten Subsumtionsvorgang durch. Er bewirkt damit eine rechnergestützte Rechtsanwendung. Die einzugebenden Diagnosen und Prozeduren sowie die sonstigen benötigten Sachverhaltsangaben - etwa das Alter des Patienten - sind als Tatsachen einem gerichtlichen Beweis zugänglich. Die automatisierte Subsumtion ist hingegen eine rechtliche Bewertung des Sachverhalts und als solche nicht einem medizinischen oder informationstechnischen Sachverständigengutachten zugänglich. Das Prozesshafte des Groupierungsvorgangs und seine Grundannahme, dass es für jede Behandlung nur eine richtige Eingabe und DRG-Position gibt, die bereits im zertifizierten Grouper durch den Algorithmus vorgezeichnet ist, bedeutet jedoch, dass die rechtlich verbindlichen Regelungen nicht in "klassischen" Vergütungstatbeständen abgebildet werden, die nach anerkannten Auslegungsmethoden weiter konkretisiert werden. Vielmehr beinhaltet der zertifizierte Grouper eine zwar endliche, in ihrer Differenzierungsstruktur klare, aber in ihrer Komplexität nur schwer überschaubare Vielzahl von derart detaillierten Vergütungstatbeständen, dass Tatbestand und rechtliche Auslegung in jedem Rechenprozess-Schritt bis zum Ergebnis zusammenfallen.

21

Durch das umfangreiche Eingabeprogramm findet eine weitgehende Annäherung des Abstrakt-Generellen an das Konkret-Individuelle statt. Dies bedeutet zwar nicht, dass für jeden Patienten ein eigener Tatbestand geschaffen wird. Lediglich die Patienten mit identischen vergütungsrelevanten Sachverhalten bilden eine tatbestandlich zusammengefasste Gruppe. Die daraus erwachsende Vielzahl der Gruppen hat aber zur Folge, dass die Verfahrensbeteiligten, die sich auf einen bestimmten Programmablauf berufen, dem Gericht diesen Weg - nämlich als detaillierte Tatbestandsdarlegung von dem Gericht nicht unmittelbar zugänglichem untergesetzlichem Recht - in allen Einzelheiten des Rechenprozesses darstellen müssen, wenn sich das Gericht nicht in der Lage sieht, den (prozesshaften) Tatbestand anhand der Definitionshandbücher nachzuverfolgen. Nicht die Definitionshandbücher, sondern allein die zertifizierten Grouper mit ihrem jeweiligen Rechenprogramm sind verbindlich vereinbart und entfalten normative Wirkung.

22

Um effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten (Art 19 Abs 4 GG), muss das Gericht den sachlichen, nicht notwendig detailliert den mathematischen Entscheidungsprozess nachvollziehen können, der nach der Sachverhaltseingabe im Rechnerprogramm abläuft, um zu einer Fallpauschale zu gelangen. Zugleich muss für das Gericht überprüfbar gemacht werden, welche Eingabe zu welchem Ergebnis führt. Das Gericht muss die mit der Eingabe verknüpften wesentlichen Entscheidungen nachvollziehen, denen der Datenverarbeitungsprozess mit Blick auf den Fallpauschalen-Katalog dient. In diesem Sinne muss es in den Entscheidungsgründen verdeutlichen, welche Gabelungen mit welchem Ergebnis der Grouper in dem Entscheidungsbaum "ansteuert", der dem Programm zugrunde liegt.

23

In welcher Art und Weise die Eingaben in das Datensystem zu erfolgen haben, gibt nicht allein der Grouper durch die vorprogrammierten Abfragen mit genormten Antworten vor. Vielmehr regeln die FPV und die DKR konkrete Vorgaben für die Eingaben. So enthält Abschnitt 1 der FPV 2006 Abrechnungsbestimmungen für DRG-Fallpauschalen. Die DKR (2006) regeln Kodieranweisungen. Sie beeinflussen den Weg zur korrekten DRG an vielen verschiedenen Stellen des den Grouper steuernden Algorithmus. Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (zB die Zuordnung von ICD 10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD 10) in der jeweiligen vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung sowie die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssel als solche (OPS, hier in der Version 2006 einschließlich Erweiterungskatalog vom 26.10.2005, BAnz Nr 212 vom 10.11.2005, S 15834, in Kraft getreten am 1.1.2006).

24

Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt allein aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind. Die Rezeption der Klassifikationen richtet sich nach den jeweils für die zertifizierten Grouper geltenden Regelungen, hier der FPV 2006, nicht dagegen nach § 301 SGB V. Diese Norm regelt nicht die rechtliche Verbindlichkeit der Klassifikationssysteme für die Ermittlung der DRGs, sondern sieht Informationspflichten der Krankenhäuser, anderer stationärer Einrichtungen und der ermächtigten Krankenhausärzte gegenüber den KKn im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vor. Das DRG-Vergütungssystem ist demgegenüber nicht GKV-spezifisch geregelt, sondern erfasst alle Behandlungsfälle, namentlich auch die Selbstzahler. Es beruht - wie dargelegt - auf der Grundlage des § 17b KHG und des KHEntgG.

25

dd) Folge der aufgezeigten Besonderheiten von Fallpauschalen-Katalog und DKR ist zunächst wie dargelegt, dass der rechnergestützte Anwendungsprozess des Fallpauschalen-Katalogs vom Gericht nachvollziehbar gemacht werden und hierbei der einzugebende Sachverhalt festgestellt sein muss. Im Rahmen der Rechtsanwendungskontrolle bewirkt die vom Programm zugelassene virtuelle Tatbestandsvielfalt, dass für eine Auslegung des DRG-Algorithmus, also der geregelten Prozeduren zur Lösung der definierten Probleme des Fallpauschalen-Katalogs, nach juristischer Methodik kaum ein Anwendungsbereich verbleibt.

26

Der Senat lässt jedoch ausdrücklich offen, ob unter Beachtung des Gebots effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) ausnahmsweise auch eine Auslegung des Algorithmus selbst in Betracht kommen kann. Die FPV bezieht sich auf die zertifizierten Grouper bestimmter Anbieter und damit auf die dahinterstehende Programmierung gemäß den Vorgaben des DRG-Instituts für das entsprechende Systemjahr. Gegenstand der Vereinbarung ist der programmierte DRG-Algorithmus. Die Definitionshandbücher sind - wie bereits dargelegt - insoweit nur ein Hilfsmittel. Aufgrund der Komplexität des DRG-Systems kann bei dessen jährlich vorzunehmender Weiterentwicklung und Anpassung nicht ausgeschlossen werden, dass die Vertragsparteien auf Bundesebene einen DRG-Algorithmus für das jeweilige Systemjahr vereinbart haben, dessen ungewollte Weiterungen sie nicht erkannt haben und uU auch nicht erkennen konnten. Bei widersprüchlichen (perplexen) oder evident sinnwidrigen Regelungen (Rechenschritten), insbesondere bei gravierenden Programmierungsfehlern, kann eine weitergehende normative Auslegung insbesondere eine entstehungsgeschichtliche, in Betracht kommen. Dies setzt aber voraus, dass ansonsten grob unbillige Ergebnisse eintreten, die unter wirtschaftlichen Aspekten auch für die Laufzeit von einem Jahr oder bis zur Fehlerkorrektur nicht mehr hingenommen werden können. Beispielhaft ist an eine existenzielle Bedrohung eines Krankenhausträgers zu denken. Die - nach Auffassung eines Beteiligten - bloße Unterbewertung oder Nichtbewertung eines Leistungsbestandteiles einer Krankenhausbehandlung als solche rechtfertigt demgegenüber kein Abweichen von einer strengen Wortlaut- und ergänzenden systematischen Auslegung.

27

Die Anwendung der DKR und der FPV-Abrechnungsbestimmungen ist nicht automatisiert und unterliegt als Mitsteuerung der prozesshaften Tatbestandsbildung im Zusammenspiel mit den Vorgaben zertifizierter Grouper ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Die DKR sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen (vgl allgemein bereits BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17 mwN). Der erkennende Senat sieht sich hierbei in Übereinstimmung mit dem 3. BSG-Senat, nach dessen Rechtsprechung der ausdifferenzierte Algorithmus, mit dem die verschlüsselten Prozeduren und Diagnosen in eine bestimmte DRG "übersetzt" werden, einer wertenden Betrachtung im Einzelfall nicht zugänglich ist. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht. Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiter zu entwickelndes (§ 17b Abs 2 Satz 1 KHG)und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (vgl zum Ganzen BSGE 107, 140 RdNr 18, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 18; zur Bundespflegesatzverordnung: BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 2 S 15; BSG SozR 3-5565 § 15 Nr 1 S 6). Rechtsähnlich verfahren der erkennende 1. und der 6. Senat des BSG bei der Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsregelungen (vgl BSG SozR 4-2500 § 28 Nr 4 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 10 RdNr 13).

28

c) Die Beklagte durfte die erfolgte stationäre Behandlung der Versicherten - ausgehend von den dargelegten generellen Vorgaben - nicht nach der DRG F57A, sondern nur nach der niedriger vergüteten DRG F57B abrechnen. Im Rahmen der schrittweisen Ermittlung der Basis-DRG (dazu aa) führt hier DKR (2006) 0901e zur Maßgeblichkeit der DRG F57B, weil aufgrund der Kodieranweisung Eingaben so vorzunehmen sind, dass der Grouper diese Einzel-DRG ansteuern muss (dazu bb).

29

aa) Nach der DRG-Entscheidungslogik der zertifizierten Grouper, die unstreitig und für das Gericht anhand im Internet zugänglicher Beispielseingaben überprüfbar (zB mit dem Webgrouper der DRG-Research-Group, abrufbar unter http://drg.uni-muenster.de/index.php?option=com_webgrouper&view = webgrouper&Itemid=26) den Darstellungen in den Definitionshandbüchern entspricht, ist vorliegend die Basis-DRG F57 anzusteuern. Im Fallpauschalen-Katalog 2006 sind die DRG F57A (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention mit äußerst schweren CC) und F57B (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention ohne äußerst schwere CC) aufgeführt. Aus Ihrer Bezeichnung geht hervor, dass beide DRGs der Hauptdiagnosegruppe 5 "Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems" (Major Diagnostic Category 5 ) zugeordnet sind. Die MDC-Unterteilungen bauen auf einem Körpersystem oder einer Erkrankungsätiologie auf und werden grundsätzlich über die für die "Behandlungsepisode" (den Krankenhausaufenthalt) maßgebliche Hauptdiagnose bestimmt (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 6 f und S 11). Der Fallpauschalen-Katalog 2006 verfügt über insgesamt eine Prä-MDC und 23 MDCs, zum Teil nochmals unterteilt (MDC 18A, 18B, 21A, 21B). Besonders teure Einzel-DRGs und besondere Situationen, die kostenaufwändig sind (zB HIV , Polytrauma ), sind in der Prä-MDC erfasst. Nach einer vorläufigen Zuordnung zu einer MDC entsprechend der Hauptdiagnose wird geprüft, ob die Behandlungsepisode gleichwohl vorrangig nach Maßgabe der Prä-MDC anders einzuordnen ist. Daneben gibt es, konsequenterweise ohne MDC-Kennzeichnung, eine eigene Gruppe Fehler-DRGs und sonstige, insbesondere nicht anders zuordenbare DRGs (901A, 901B, 901C, 901D, 902Z, 960Z, 961Z, 962Z, 963Z; G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 9 f).

30

Im vorliegenden Fall greift weder eine Prä-MDC ein noch findet eine der vorgenannten besonderen DRGs Anwendung. Die bei der Versicherten gestellten, vorliegenden Diagnosen sind: Atherosklerotische Herzkrankheit im Sinne der Ein-Gefäßerkrankung (ICD 10 I25.11), instabile Angina pectoris (ICD 10 I20.0), Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) und benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00). Sämtliche Diagnosen sind - wenn sie Hauptdiagnosen sind - der MDC 5 zugeordnet (vgl G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 219). An dieser Stelle bedarf es daher noch keiner Unterscheidung, welche Diagnose die Hauptdiagnose ist. Ist eine Behandlungsepisode einer MDC zugeordnet, erfolgt die weitere Zuordnung durch die der jeweiligen MDC vorgegebene, streng hierarchisch strukturierte Entscheidungslogik (Algorithmus), die sich am durchschnittlichen (mittleren) Ressourcenverbrauch orientiert und gewöhnlich mit den DRGs beginnt, die den höchsten Ressourcenverbrauch haben (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 8).

31

Hier hat die Zuordnung nach dem für die MDC 5 maßgeblichen Algorithmus (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 207-218) zu erfolgen. Die Reihenfolge richtet sich dabei nach den signifikanten Prozeduren (dazu sogleich). Der Algorithmus der MDC 5 beginnt mit "Stammzelltransfusion bei Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems". Bei Bejahung wird direkt die DRG F96Z angesteuert. Der Algorithmus endet mit "Andere Krankheiten des Kreislaufsystems" und steuert dort die Basis-DRG F75 (Adjacent Diagnosis Related Group ) an, die in drei Einzel-DRGs gesplittet ist (F75A, F75B, F75C). Ist danach immer noch keine Zuordnung möglich, wird 960Z (nicht gruppierbar) angesteuert. Die Basis-DRGs richten sich ihrerseits nach den Partitionen (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 3, 7 f), unterteilt in "Operative Partition" (Operating Room ; OR-Prozedur: Nr 01 - 39), "Andere Partition" (Non-Operating Room ; NonOR-Prozedur: 40 - 59) und "Medizinische Partition" (ohne signifikante Prozedur: Nr 60 - 99).

32

Nach den unangegriffenen und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG steht fest (§ 163 SGG), dass aus medizinischer Sicht die benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00) und die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) bei der Versicherten nur Nebendiagnosen ohne damit verbundene OR- oder NonOR-Prozeduren sind. Eine Zuordnung dieser Diagnosen über die Medizinische Partition scheidet von vornherein aus, weil der Algorithmus die vorrangige Prüfung der OR- und der NonOR-Prozeduren gebietet, die hier mit den beiden anderen Diagnosen (Ein-Gefäßerkrankung , instabile Angina pectoris ) inhaltlich verbunden sind. Als signifikante Prozedur führte das Krankenhaus bei der Versicherten eine perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention (DRG F 57 A, DRG F 57 B) durch, die über den OPS 8-837.k0 (perkutan-transluminale Gefäßintervention an Herz und Koronargefäßen, Einlegen eines nicht medikamentenfreisetzenden Stents inkl: Bypassgefäß, ein Stent in eine Koronararterie) definiert wird (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Langversion Bd I, S 603); ferner eine invasive kardiologische Diagnostik außer bei akutem Myokardinfarkt (DRG F 46 Z), die durch den OPS 1-275.2 (Koronarangiographie, Druckmessung und Ventrikulographie im linken Ventrikel - Herzkatheteruntersuchung) definiert wird (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Langversion Bd I, S 585).

33

Hierarchisch zuerst kommt die perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 213) vor der invasiven kardiologischen Diagnostik außer bei akutem Myokardinfarkt (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion, Bd I S 215); damit bleibt letztere für die Ansteuerung der Basis-DRG unberücksichtigt. Die weitere Entscheidungslogik sieht wie folgt aus (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 213):

34
                 
                 

F57A   

ja →   

        

perkutane
Koronarangioplastie
mit komplexer
Intervention

        

 äußerst
schwere CC

        

ja →   

        
                          

nein →

                                   

F57B   

35

bb) DKR (2006) 0901e bestimmt mit Blick auf die erforderlichen Eingaben, dass die Frage nach der äußerst schweren CC (Komplikationen und/oder Komorbiditäten) mit nein zu beantworten und die F57B anzusteuern ist.

36

Ob eine äußerst schwere CC vorliegt, kann nicht unmittelbar aus dem Algorithmus und allein aus der DKR (2006) 0901e abgeleitet werden. Vielmehr bedarf es dazu - wie allgemein bereits oben dargelegt - eines eigenständigen, im Grouper programmierten Subbewertungssystems. Die sich daraus ergebende Bewertung hängt maßgeblich davon ab, wie die Diagnosen zu kodieren sind. Dies bestimmt die DKR (2006) 0901e.

37

DRGs innerhalb einer Basis-DRG unterscheiden sich durch ihren Ressourcenverbrauch und sind anhand der Faktoren patientenbezogener Gesamtschweregrad (Patient Clinical Complexity Level ), Alter, Verweildauer, Beatmung, Entlassungsgrund, Hauptdiagnose und in einigen Fällen Nebendiagnose oder Prozedur unterteilt (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 8). Dabei gibt das vierte Zeichen der DRG-Bezeichnung den Ressourcenverbrauch innerhalb der Basis-DRG an (A = höchster Ressourcenverbrauch, B = zweithöchster Ressourcenverbrauch, usw, ... Z = keine Unterteilung, S 4 aaO). Vorliegend ist für die Zuordnung der Behandlungsepisode zur richtigen DRG entsprechend dem Algorithmus die Beantwortung der Frage nach der äußerst schweren CC entscheidend. Ob eine solche bei der Versicherten anzunehmen ist, richtet sich nach deren PCCL während der Behandlungsepisode.

38

Komplikationen oder Komorbiditäten können die Behandlung von Krankheiten erschweren und verteuern. Deshalb muss die DRG-Klassifikation die unterschiedliche Schwere einer Erkrankung berücksichtigen (vgl auch § 17b Abs 1 Satz 2 KHG). Schweregrade von Komplikationen oder Komorbiditäten (Complication or Comorbidity Level ) sind Schweregrad-Stufen, die für alle Nebendiagnosen, aber auch nur für Nebendiagnosen vergeben werden. Ihr Wert kann zwischen 0 und 4 für operative und neonatologische Behandlungsepisoden und zwischen 0 und 3 für medizinische Behandlungsepisoden variieren und wird aus einer Kombination von medizinischen Bewertungen und statistischen Analysen ermittelt. Die Stufen sind wie folgt definiert:

        

●       

CCL = 0 - Der Kode ist entweder keine Komplikation oder Komorbidität, oder
der Kode ist Teil der Definition der DRG, der diese Behandlungsepisode zugewiesen wurde, oder
der Kode kennzeichnet eine Komplikation oder Komorbidität, die jedoch eng mit der Hauptdiagnose verbunden ist, oder
genau derselbe Kode ist bereits an einer anderen Stelle des Datensatzes enthalten;

        

●       

CCL = 1 - Der Kode kennzeichnet eine leichte CC.

        

●       

CCL = 2 - Der Kode kennzeichnet eine mäßig schwere CC.

        

●       

CCL = 3 - Der Kode kennzeichnet eine schwere CC.

        

●       

CCL = 4 - Der Kode kennzeichnet eine äußerst schwere CC.

Der PCCL wird entsprechend den jeweiligen CCL-Werten in fünf Stufen unterteilt (0 - 4). Er stellt keine einfache Addition der individuell bestehenden CCL-Werte dar, sondern beruht auf einem eigenständigen Berechnungsvorgang, der die logisch möglichen Verknüpfungen miteinander in Beziehung setzt, um einen individuell gewichteten Gesamt-CCL-Wert, den PCCL, zu erhalten. Diese PCCL-Ermittlung verhindert eine ungerechtfertigte Kumulation sich in ihrer Wirkung überschneidender Komplikationen oder Komorbiditäten (vgl zum Ganzen G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd I, S 5).

39

Der Grouper ermittelt für jede Diagnose in einem Datensatz automatisch den CCL-Wert, verwendet jedoch bei Neugeborenen und Fällen außer Neugeborenen unterschiedliche Verfahren. In Fällen, in denen es sich - wie hier - nicht um Neugeborene handelt, geht der Grouper folgendermaßen vor:

        

●       

1.    

Er identifiziert die Basis-DRG, zu der die Behandlungsepisode gehört, und überprüft, ob die Diagnose bereits Teil der Definition der Basis-DRG ist. Ist dies der Fall, wird sie nicht als CC anerkannt und erhält den CCL-Wert Null.

        

●       

2.    

Der Grouper überprüft, ob die Basis-DRG die Diagnosen Polytrauma (Basis-DRGs W01 - W61) oder HIV (Basis-DRGs S60 - S65) beinhaltet. Da die Diagnose Trauma bereits bei der Zuordnung zu MDC 21 berücksichtigt wurde, wird eine Nebendiagnose Trauma (S00.00 - T14.9, T79.0 - T79.9) nicht als CC anerkannt und erhält den CCL-Wert Null. Ähnlich wird auch bei HIV-Diagnosen (B20 - B24, F02.4) in MDC 18 verfahren.

        

●       

3.    

Der Grouper überprüft, ob der Kode eine Doublette der Hauptdiagnose oder einer bereits vorher verarbeiteten Nebendiagnose ist. Ist dies der Fall, erhält er den CCL-Wert Null.

        

●       

4.    

Der Grouper überprüft, ob der Kode aufgrund seines engen Bezuges zur Hauptdiagnose als CC ausgeschlossen werden soll. Ist dies der Fall, erhält er den CCL-Wert Null.

        

●       

5.    

Der Grouper ermittelt anhand der Nummer der Basis-DRG eine Spaltennummer aus der ADRG-Spaltentabelle. Wenn die Spaltennummer Null ist, erhält der Kode den CCL-Wert Null.

        

●       

6.    

Der Grouper ermittelt nach Berücksichtigung der Faktoren Geschlecht des Patienten und/oder Entlassungsgrund anhand der CC-Zeilentabelle eine Zeilennummer.

        

●       

7.    

Der Grouper ermittelt anhand der CCL-Matrix mit Hilfe der Zeilen- und Spaltennummer den CCL-Wert.

(G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd III, S 595; für die manuelle Bearbeitung der Nr 4 - 7 bedarf es der dem Definitionshandbuch beiliegenden CD-ROM).

40

Dies ergibt für die Diagnosen folgende CCL-Werte:

        

(1)     

Instabile Angina pectoris (ICD 10 I20.0) als Hauptdiagnose: CCL wird nur für Nebendiagnosen vergeben; als Nebendiagnose: CCL 2, gebildet aus Zeile 95 und Spalte 15 der CCL-Matrix.

        

(2)     

Ein-Gefäßerkrankung (ICD 10 I25.11) immer CCL 0, auch als Nebendiagnose, weil die Diagnose bereits Teil der Definition der Basis-DRG ist.

        

(3)     

Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) als Nebendiagnose: CCL 4, gebildet aus Zeile 21 und Spalte 15 der CCL-Matrix.

        

(4)     

Benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00): CCL 0.

Der PCCL ergibt bei einem CCL-Wert von 4 und einem CCL-Wert von 2 einen Wert von 4 (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd III, S 598). Dies ist hier dann der Fall, wenn die instabile Angina pectoris neben der Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung eine Nebendiagnose ist. Der PCCL ergibt bei nur einem CCL-Wert von 4 ohne weitere CCLs einen Wert von 3 (G-DRG-Version 2006 Definitionshandbuch, Kompaktversion Bd III, S 598). Das ist hier der Fall, wenn die instabile Angina pectoris Hauptdiagnose und nur die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung als mit einem CCL-Wert versehene Nebendiagnose übrigbleibt. Letzteres wird im Ergebnis durch die Anwendung der DKR (2006) 0901e bewirkt.

41

Da die DRG F57A eine äußerst schwere CC erfordert, die mit dem PCCL-Wert 4 definiert ist, wäre eine Kodierung der instabilen Angina pectoris als Nebendiagnose erforderlich, um den CCL-Wert der Nebendiagnose Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung zu "stützen" und hierdurch einen PCCL von 4 zu erreichen. Dies verhindert die Anwendung der DKR (2006) 0901e, die lautet:

        

"0901e Ischämische Herzkrankheit
Angina pectoris (I20.-)
Liegt bei einem Patienten eine Angina pectoris vor, ist der entsprechende Kode vor dem Kode der Koronaratherosklerose anzugeben.
Wenn ein Patient mit instabiler Angina pectoris aufgenommen wird und diese sich während des Krankenhausaufenthaltes zu einem Myokardinfarkt entwickelt, ist nur der Kode für einen Myokardinfarkt anzugeben.
Wenn der Patient jedoch eine Postinfarkt-Angina entwickelt, kann I20.0 Instabile Angina pectoris als zusätzlicher Kode angegeben werden."

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Nach dem Wortlaut der Kodieranweisung wird lediglich eine eindeutige Reihenfolge vorgegeben: Die Angina pectoris ist vor der Koronaratherosklerose zu kodieren. Eine Qualifizierung und Unterteilung in Haupt- und Nebendiagnose erfolgt nicht. Ist aufgrund anderer Kodieranweisungen eine dritte Diagnose als Hauptdiagnose anzugeben, ergibt sich automatisch, dass die instabile Angina pectoris als erste Nebendiagnose und die Koronaratherosklerose als zweite Nebendiagnose zu kodieren ist. Existiert keine weitere Hauptdiagnose neben der instabilen Angina pectoris und der Koronaratherosklerose, ist zwingend die instabile Angina pectoris Hauptdiagnose, weil die in der Eingabemaske des Groupers ersteinzutragende Diagnose immer die Hauptdiagnose ist. Daneben regeln die weiteren Kodieranweisungen einerseits eine Ausnahme von der Kodierfähigkeit der instabilen Angina pectoris und anderseits zu dieser zweiten Kodieranweisung eine Rückausnahme, nämlich dass die Angina pectoris gleichwohl als zweite und damit zwingend als Nebendiagnose zu kodieren ist (unzutreffend daher Zaiß in ders, DRG: Verschlüsseln leicht gemacht, 3. Aufl 2005, S 33, wonach nur die Reihenfolge der Nebendiagnosen festgelegt werde; zutreffend dagegen Metzger in Zaiß, aaO, S 209 - dort noch mit einem Beispiel zur wortgleichen DKR <2005> 0901d). Auch das bei DKR (2006) 0901e wiedergegebene Beispiel zeigt, dass die instabile Angina pectoris zuerst und damit dort als Hauptdiagnose zu kodieren ist. Die von der Beklagten vertretene Auffassung bedeutet gerade die Nichtbeachtung der Kodieranweisung DKR (2006) 0901e, indem entgegen dem eindeutigen Wortlaut die Koronaratherosklerose zuerst kodiert werden soll.

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Aus DKR (2006) D002d als Teil der Allgemeinen Kodierrichtlinien für Krankheiten folgt nichts Gegenteiliges. DKR (2006) D002d definiert zwar die Hauptdiagnose als die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich ist. Dies trifft hier auf die Koronaratherosklerose zu, die Ursache für die OPS 8-837.k0 war (perkutan-transluminale Gefäßintervention an Herz und Koronargefäßen, Einlegen eines nicht medikamentenfreisetzenden Stents inkl: Bypassgefäß, ein Stent in eine Koronararterie). Die dort gegebene, den Speziellen Kodierrichtlinien vorangestellte (vor die Klammer gezogene) Definition der Hauptdiagnose ist gleichwohl hier unbeachtlich, weil aus normsystematischen Gründen die Speziellen Kodierrichtlinien, die von den Allgemeinen Kodierrichtlinien abweichen, vorrangig sind (lex specialis derogat legi generali). Dies gilt jedenfalls, soweit nicht ausdrücklich etwas Gegenteiliges bestimmt ist. Bestätigt wird dieser allgemeine Grundsatz durch die Ausführungen in der Einleitung zur DKR (2002), wo ausgeführt wird (abgedruckt in der DKR <2006> S V):

        

"Der erste Teil enthält allgemeine Richtlinien zur Kodierung von Diagnosen und Prozeduren. Es werden Begriffe wie Haupt- und Nebendiagnose definiert und Hinweise zur Verschlüsselung von Prozeduren gegeben. In den Speziellen Kodierrichtlinien werden besondere Fallkonstellationen beschrieben, die entweder der konkreten Festlegung dienen oder bei denen aus Gründen der DRG-Logik von den Allgemeinen Kodierrichtlinien abgewichen werden muss."

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Dies bedeutet, dass zwar nicht die Koronaratherosklerose als Hauptdiagnose vor der Diagnose instabile Angina pectoris kodiert werden darf, weil dies DKR (2006) 0901e ohne Einschränkung anders bestimmt. Nicht ausgeschlossen ist aber, dass eine dritte Diagnose vor der instabilen Angina pectoris als Hauptdiagnose kodiert werden darf. Nach den unangegriffenen und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG steht fest (§ 163 SGG), dass aus medizinischer Sicht die benigne essentielle Hypertonie und die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung bei der Versicherten nur Nebendiagnosen sind. Es gibt somit keine vorrangig als Hauptdiagnose zu kodierende Dritt-Diagnose.

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Der erkennende Senat sieht sich hierbei im Ergebnis in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des 3. BSG-Senats (BSGE 107, 140, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; kritisch dazu Fiori/Siam/Helling/Bunzemeier/Roeder, KH 20011, 573 ff). Danach sind für die Zuordnung eines Behandlungsfalles zu einer DRG Nebendiagnosen bedeutsam, soweit ihnen die Vertragsbeteiligten zur angemessenen Bewertung von Versorgungsbesonderheiten Abrechnungsrelevanz beigemessen haben. Für Begleiterkrankungen - so der 3. Senat - ist das nach den Kodierrichtlinien nur der Fall, wenn sie einen über die Hauptdiagnose hinausgehenden Versorgungsaufwand bedingen. Insoweit bedarf es hier keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob die Linksherzinsuffizienz mit Beschwerden bei leichter Belastung (ICD 10 I50.13) und die benigne essentielle Hypertonie (ICD 10 I10.00) als Nebendiagnosen überhaupt kodiert werden durften. Auch wenn die beiden Diagnosen gar nicht als Nebendiagnosen kodierfähig waren, ist dies ohne Belang, da sie vorliegend - wie oben ausgeführt - nicht erlöswirksam sind.

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d) Rechnerisch ergibt sich die Höhe des Erstattungsanspruchs der Klägerin von 1021,13 Euro aus dem unterschiedlichen effektiven Kostengewicht, das der DRG F57A (1,363) und der DRG F57B (1,032) durch die FPV 2006 zugewiesen ist. Multipliziert mit dem für die Beklagte geltenden Basisentgelt von 2981,81 Euro errechnet sich für die vergütete, aber nicht geschuldete DRG F57A ein gerundeter Betrag von 4064,21 Euro und für die zu vergütende DRG F57B ein gerundeter Betrag von 3077,23 Euro, mithin eine Überzahlung von 986,98 Euro. Der insoweit nicht streitige AIP-Zuschlag von 3,46 % verringert sich von gerundet 140,62 Euro (aus 4064,21 Euro) auf gerundet 106,47 Euro (aus 3077,23 Euro), mithin um 34,15 Euro.

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4. Die Klägerin ist rechtlich nicht gehindert, den Erstattungsbetrag geltend zu machen. Zahlt eine KK vorbehaltlos auf eine Krankenhaus-Rechnung, kann sie mit der Rückforderung - und damit auch mit dem späteren Bestreiten ihrer Zahlungspflicht - ganz ausgeschlossen sein, wenn sie nämlich (positiv) gewusst hat, dass sie zur Leistung nicht verpflichtet war (Rechtsgedanke des § 814 BGB; vgl BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 30). So liegt es hier indes nicht. Denn die Klägerin hat die Rechnung der Beklagten lediglich unter dem Vorbehalt medizinischer Überprüfung bezahlt.

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Ein Vorbehalt dieser Art lässt die Schuldtilgung in der Schwebe und steht einer Erfüllung iS von § 362 BGB entgegen. Die inhaltlichen Anforderungen an einen solchen Vorbehalt unterscheiden sich danach, ob die KK vertraglich zur Zahlung innerhalb einer kurzen Frist nach Rechnungseingang verpflichtet ist oder nicht. Besteht keine Pflicht der KK, kurzfristig nach Rechnungslegung zu zahlen, sind die Anforderungen an einen Vorbehalt höher: Die KK muss verdeutlichen, dass sie trotz Zahlung noch nicht erfüllen und einen Beweislastwechsel vermeiden will. Ist die KK dagegen vertraglich zur Zahlung kurze Zeit nach Rechnungseingang verpflichtet, genügt es zur Vermeidung eines Beweislastwechsels im Erstattungsstreit, dass die Zahlung der KK lediglich "unter dem Vorbehalt medizinischer Überprüfung" erfolgt (BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 36 f).

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Das LSG hat zur Zahlungspflicht binnen einer bestimmten Frist keine Feststellungen getroffen. Hierauf kommt es jedoch nicht an, weil die Klägerin in der Anlage zu dem für sie durch die ARGE Krankenhaus der BKK eV erstellten Schreiben vom 18.12.2006 detailliert die unterschiedlichen Vergütungsberechnungen dargelegt hat. Dies genügt selbst den höheren Anforderungen an einen Vorbehalt hinsichtlich einer Zahlungspflicht, die keiner kurzen Frist unterworfen ist.

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5. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch Anspruch auf die Zahlung von Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz aus dem geltend gemachten Erstattungsbetrag (vgl BSG SozR 4-2500 § 69 Nr 7 RdNr 16 ff). Das zitierte Urteil des erkennenden Senats betrifft einen Sachverhalt im Geltungsbereich desselben Vertrags nach § 112 SGB V, der nach den vom LSG in Bezug genommenen Feststellungen des SG jedenfalls hinsichtlich der Zinsregelung fortgilt. Die Beteiligten haben für die hier betroffene Zeit nichts Abweichendes vorgetragen.

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6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO, diejenige über den Streitwert aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.