Sozialgericht Stuttgart Beschluss, 23. Dez. 2009 - S 6 SB 2031/09 KE

bei uns veröffentlicht am23.12.2009

Tenor

Auf die Erinnerung des Klägers hin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin vom 9. März 2009 mit der Maßgabe abgeändert, dass die von der Beklagten zu erstattenden außergerichtlichen Kosten gemäß § 197 Abs. 1 SGG auf 457,37 EUR zzgl. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 11. Dezember 2008 festgesetzt wird.

Gründe

 
1. Das Ausgangsstreitverfahren betraf die Bewertung der Höhe der bei dem Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen im Rahmen der Durchführung des Behindertenrechts nach dem SGB IX. Auf einen entsprechenden Erstantrag des im Jahr 1975 geborenen Klägers vom 1. April 2006 hatte die Beklagte im Rahmen der anlassgebotenen Sachaufklärung ärztliche Befund-angaben erhoben und gelangte nach entsprechender versorgungsärztlicher Stellungnahme zunächst zu einer Feststellung des Gesamtgrads der Behinderung (GdB) mit einem Betrag in Höhe von 30. Auf den Widerspruch des Klägers hin und nach nachfolgender zweifacher versorgungsärztlicher Sachbefassung bestätigte die Beklagte mit dem im Ausgangsverfahren zugleich angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2007 den vorangegangenen ersten Feststellungsbescheid vom 7. August 2006 in vollem Umfang.
2. Der seinerzeit noch nicht anwaltlich vertretene Kläger erhob hiergegen form- und fristgerecht Klage zu dem Sozialgericht Stuttgart und kündigte eine Mandatierung seines Rechtsanwalts an für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Dieser beantragte nach erfolgter Akteneinsicht alsdann förmlich auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Neben Sachausführungen legte er dem Bericht auch die erforderlichen Nachweise über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers vor, einschließlich Kopie eines Leistungsbescheids über den Bezug von Arbeitslosengeld in Höhe von 153,68 EUR monatlich. Mit entsprechendem Beschluss des Kammervorsitzenden wurde dem Kläger in der Folge auch Prozesskostenhilfe ohne Anordnung von Ratenzahlungen unter Beiordnung des erinnerungsführenden Rechtsanwalts bewilligt. Im Rahmen der gerichtlich veranlassten Sachaufklärung und unter sinngemäßer Umsetzung entsprechender Beweisanregungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers holte das Gericht drei sachverständige ärztliche Zeugenauskünfte ein und veranlasste in der weiteren Folge zur Abklärung der von dem Kläger behaupteten Darstellung, die Beklagte habe seine Funktionsbeeinträchtigungen deutlich zu niedrig bewertet die Einholung eines gezielten neurologisch/psychiatrischen Fachgutachtens durch Dr. P./Plochingen als einem gerichtsbekannter Maßen langjährig mit den maßgeblichen Ausgangsproblematiken vertrauten Facharzt. Nach gewissen Schwierigkeiten ließ sich die erforderliche Untersuchung des Klägers realisieren. Dr. P. erstellte unter dem 13. August 2008 sein Zustandsgutachten mit dem Vorschlag einer Bewertung des Gesamt-GdB in Höhe von 50. Nachfolgend bezeichnete Versorgungsärztin Frau Dr. K. diesen gutachterlichen Vorschlag als nicht stichhaltig widerlegbar und schlug die Erklärung eines entsprechenden Anerkenntnisses vor. Mit Schriftsatz vom 12. November 2008 setzte das die Sachbearbeitung der Beklagten in Gestalt eines Vergleichsangebots auf der Basis eines GdB in Höhe von 50 ab 31. März 2006 um und erklärte sich zugleich zur Erstattung der Hälfte der außergerichtlichen Kosten bereit. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hielt hierwegen zunächst Rücksprache mit dem Kläger, worauf in der Folge mit außergerichtlichem Vergleich vom 12. November 2008/2. Dezember 2008 der Rechtsstreit seine Erledigung fand.
3. Soweit für das vorliegende Kostenerinnerungsverfahren maßgeblich stellte dann der Prozessbevollmächtigte des Klägers neben den üblichen Zusatzposten eine Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3102 VV in Höhe von 300,00 EUR, eine Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV in Höhe von 240,00 EUR sowie eine Einigungsgebühr gemäß Nr. 1000, 1005 und 1006 VV in Höhe von 228,00 EUR als Grundlage des hälftigen Kostenerstattungsanspruchs in Rechnung. Hiergegen machte die Beklagte Gegenvorstellungen bezüglich der Verfahrensgebühr und der Erledi-gungsgebühr geltend (jeweils 250,00 EUR bzw. 190,00 EUR als aus ihrer Sicht angemessen) und bezeichnete zugleich die geltend gemachte Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV als nicht anwendbar. – Mit dem zu Grunde liegenden Kostenfestsetzungsbeschluss der Kostenbeamtin vom 9. März 2009 übernahm diese in vollem Umfang die Darstellungen der Beklagten.
4. Der Erinnerung des Klägers war großenteils und in der tenorierten Höhe zu entsprechen.
5. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt im Fall von Rahmengebühren vorliegender Art im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, die Gebühr nach billigem Ermessen, wobei nach Satz 3 der Vorschrift ein Haftungsrisiko zu berücksichtigen ist. Ist im Übrigen die Gebühr von einem Dritten vorliegend (in erster Linie von der Beklagten) zu ersetzen, so ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4 der Vorschrift). – Eine derartige Unbilligkeit ist vorliegend jedoch nicht zu erkennen. Für den Kläger war der Rechtsstreit von einiger Bedeutung, da eine Anerkennung als Schwerbehinderter mit dem GdB-Schwellwert von 50 im sozialen Alltag von deutlich äußerem Gewicht ist, als das ansonsten der Fall wäre, wenn „nur“ eine höhere oder niedrigere graduelle Bewertung der Leistungsbeeinträchtigungen streitbefangen wäre. Ein mehr oder minder schematischer Ansatz einer sog. „Mittelgebühr“ erscheint deshalb keineswegs immer als sachgerecht. Soweit die Beklagte im Übrigen sich auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 26. Februar 1992 (Az.: 9a RVs 3/90) bezieht, so betrifft diese Entscheidung (nach altem Recht in Gestalt von § 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGebO) lediglich das Spannungsverhältnis von Mittelgebühr und Toleranzrahmen für Durchschnittsfälle, gibt indessen keine Ermessensrichtlinien dafür wider, wann von einem derartigen Durchschnittsfall gesprochen werden kann und beschränkt sich ausweislich der Überschrift vor den beiden Leitsätzen vom Wortlaut her auch nur für das Verwaltungsvorverfahren und damit nicht ohne Weiteres auch für nachfolgende gerichtliche Streitverfahren. Für das vorliegende Streitverfahren gilt ferner, dass das Prozess-kostenhilfeverfahren im frühen Stadium des gerichtlichen Streitverfahrens notwendigerweise auch für den Prozessbevollmächtigten des Klägers mit zusätzlichem Aufwand verbunden war. Im Übrigen folgt aus der Notwendigkeit dieser ergänzenden Antragstellung auch, dass die von der Kostenbeamtin als durchschnittlich bezeichneten Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers hier auf einem offenkundigen Missverständnis beruhen. Auch vor dem Hintergrund des von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers sorgfältig dargestellten Aufwands anwaltlicher Sachbefassung insgesamt, der im Übrigen von der Beklagten auch nicht bestritten wird, ist die Schlussfolgerung zu ziehen, dass es sich hier um kein sog. „Durchschnittsverfahren“ handelte, weshalb der geltend gemachte Gebührenansatz als noch vertretbar und mithin nicht unbillig erscheint.
6. Hauptstreitpunkt des Kostenerinnerungsverfahrens ist im Kern die Klärung der Frage, ob die Einigungsgebühr nach Nr. 1006 VV in Ansatz gebracht werden kann. Entsprechend der Kostenrechtsprechung der erkennenden Kammer (vgl. zuletzt Beschluss vom 20. August 2009 [Az.: S 6 SB 3986/09 KE]) ist das der Fall. Im Ergebnis gleichlautend haben sich hier bereits auch die Sozialgerichte Karlsruhe (Az.: S 10 SB 3025/05 KO-A vom 25. Oktober 2006) und Mannheim (Az.: S 11 R 526/08 vom 22. September 2008) geäußert. Hierbei überzeugt insbesondere auch der Hinweis auf ein gesetzgeberisches Redaktionsversehen. Soweit in diesem Zusammenhang z.B. das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in seinem Beschluss vom 29. August 2007 (Az.: L 2 B 13/06 KN) insbesondere in Nr. 12 des Begründungsteils aus einem Schreiben des Gesetzgebers Rückschlüsse ziehen will, so überzeugt seine Darstellung nicht. Insbesondere berücksichtigt sie nicht, dass der Gesetzgeber in einer – rechtstechnisch neuen Darstellungsweise – mit der Vorbemerkung 3 Abs. 3 von Teil 3 der Anlage 1 zu dem RVG seinen Willen auch in dem Sinne zum Ausdruck gebracht hat, dass objektiv überflüssige Termine zur Protokollierung eines bereits getroffenen Konsenses alleine zur Schaffung eines Kostentatbestands ohne sonstige Not nicht verfügt werden sollen (s.a. BT-Drucks. 15/1971, S. 209) und sich hierdurch keine gebührenmäßigen Nachteile einstellen soll. Dem steht auch nicht der Beschluss der 3. Kammer des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 19. Dezember 2006 (Az.: 1 BvR 2091/06) entgegen, zumal Beschlüsse vorliegender Art ohnedies gemäß § 30 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG keine Gesetzeskraft haben und der konkrete Beschluss zum einen die geltende Regelung des sog. „einfachen Rechts“ unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht beanstandet und zum anderen sich im Kern auch lediglich zu einer streitwertbezogenen Sondervorschrift niedrigeren Anwaltshonorars nach § 49 RVG äußert, die vorliegend für Fälle von Betragsrahmengebühren ohnedies nicht einschlägig ist.
7. Der Erinnerung war lediglich insoweit nicht stattzugeben, wie die Kostenbeamtin bei der Ermittlung der Gebühr nach Nr. 1006 VV den Ansatz auf 190,00 EUR in Anschluss an die Beklagte beschränkt hat. Hier erscheint nämlich die entsprechende konkrete Vergleichsgebühr als durchaus angemessen und ausreichend.
8. Insgesamt ergeben sich folgende Wertansätze: Nr. 3102 VV mit 300,00 EUR, Nr. 3106 VV mit 240,00 EUR und Nr. 1006 VV mit 190,00 EUR, den Nebenposten für Auslagenpauschale und Fotokopien mit 20,00 EUR bzw. 17,00 EUR zzgl. 19 % MWSt hieraus und der Summe aus 767,00 EUR zzgl. 145,73 EUR in Form von 912,73 EUR und die von der Beklagten zu erstattenden Hälfte, was den Gesamtbetrag von 456,37 EUR ergibt.
9. Gegen diesen Beschluss findet ein Rechtsmittel nicht statt (§ 197 Abs. 2 SGG). – Bei dieser für das sozialgerichtliche Verfahren geltenden Vorschrift handelt es sich um ein lex spezialis, das § 33 Abs. 3 Sätze 2 und 3 sowie Abs. 4 Satz 4 RVG verdrängt (Anschluss an LSG für das Saarland, Beschluss vom 29. Januar 2009 [Az.: L 1 B 16/08 R]).

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Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 33 Wertfestsetzung für die Rechtsanwaltsgebühren


(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf An

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 14 Rahmengebühren


(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermöge

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197


(1) Auf Antrag der Beteiligten oder ihrer Bevollmächtigten setzt der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszugs den Betrag der zu erstattenden Kosten fest. § 104 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 der Zivilprozeßordnung findet entsprechende Anwendung.

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 49 Wertgebühren aus der Staatskasse


Bestimmen sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert, werden bei einem Gegenstandswert von mehr als 4 000 Euro anstelle der Gebühr nach § 13 Absatz 1 folgende Gebühren vergütet: Gegenstands- wert bis ... EuroGebühr ... EuroGegenstands- wert bis ... E

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 30


(1) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet in geheimer Beratung nach seiner freien, aus dem Inhalt der Verhandlung und dem Ergebnis der Beweisaufnahme geschöpften Überzeugung. Die Entscheidung ist schriftlich abzufassen, zu begründen und von den Ri

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Landessozialgericht für das Saarland Beschluss, 29. Jan. 2009 - L 1 B 16/08 R

bei uns veröffentlicht am 29.01.2009

Tenor Die Beschwerde der Beklagten vom 04.11.2008 gegen den Beschluss des Sozialgerichts für das Saarland (SG) vom 17.10.2008 wird als unzulässig verworfen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Sozialgericht Stuttgart Beschluss, 23. Dez. 2009 - S 6 SB 2031/09 KE.

Sozialgericht Stuttgart Beschluss, 14. Jan. 2011 - S 20 SF 7180/10 E

bei uns veröffentlicht am 14.01.2011

Tenor Die Erinnerung gegen die Kostenfestsetzungsverfügung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Stuttgart vom 7.9.2010 wird zurückgewiesen. Gründe   I. 1 Der Erinnerungsführer begehrt die Festsetzung einer Terminsge

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(1) Auf Antrag der Beteiligten oder ihrer Bevollmächtigten setzt der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszugs den Betrag der zu erstattenden Kosten fest. § 104 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 der Zivilprozeßordnung findet entsprechende Anwendung.

(2) Gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

(1) Das Bundesverfassungsgericht entscheidet in geheimer Beratung nach seiner freien, aus dem Inhalt der Verhandlung und dem Ergebnis der Beweisaufnahme geschöpften Überzeugung. Die Entscheidung ist schriftlich abzufassen, zu begründen und von den Richtern, die bei ihr mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Sie ist sodann, wenn eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, unter Mitteilung der wesentlichen Entscheidungsgründe öffentlich zu verkünden. Der Termin zur Verkündung einer Entscheidung kann in der mündlichen Verhandlung bekanntgegeben oder nach Abschluß der Beratungen festgelegt werden; in diesem Fall ist er den Beteiligten unverzüglich mitzuteilen. Zwischen dem Abschluß der mündlichen Verhandlung und der Verkündung der Entscheidung sollen nicht mehr als drei Monate liegen. Der Termin kann durch Beschluß des Bundesverfassungsgerichts verlegt werden.

(2) Ein Richter kann seine in der Beratung vertretene abweichende Meinung zu der Entscheidung oder zu deren Begründung in einem Sondervotum niederlegen; das Sondervotum ist der Entscheidung anzuschließen. Die Senate können in ihren Entscheidungen das Stimmenverhältnis mitteilen. Das Nähere regelt die Geschäftsordnung.

(3) Alle Entscheidungen sind den Beteiligten bekanntzugeben.

Bestimmen sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert, werden bei einem Gegenstandswert von mehr als 4 000 Euro anstelle der Gebühr nach § 13 Absatz 1 folgende Gebühren vergütet:

Gegenstands-
wert
bis ... Euro
Gebühr
... Euro
Gegenstands-
wert
bis ... Euro
Gebühr
... Euro
5 00028422 000399
6 00029525 000414
7 00030630 000453
8 00031735 000492
9 00032840 000531
10 00033945 000570
13 00035450 000609
16 000369über
50 000

659
19 000384

(1) Auf Antrag der Beteiligten oder ihrer Bevollmächtigten setzt der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszugs den Betrag der zu erstattenden Kosten fest. § 104 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 der Zivilprozeßordnung findet entsprechende Anwendung.

(2) Gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.

(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten vom 04.11.2008 gegen den Beschluss des Sozialgerichts für das Saarland (SG) vom 17.10.2008 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Mit der vorliegenden Beschwerde wendet sich die Beklagte gegen den Beschluss des SG vom 17.10.2008, mit dem die Erinnerung der Beklagten vom 12.09.2008 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des SG vom 02.09.2008 zurückge-wiesen wurde.

Der zugrunde liegende Rechtsstreit betraf die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, in dem dem Kläger Prozesskostenhilfe (PKH) gewährt und ihm die im Rubrum aufgeführte Prozessbevollmächtigte beigeordnet wurde. Der Rechtsstreit fand durch Annahme eines Angebots der Beklagten seine Erledigung.

Nachdem das SG sodann auf Grundlage des § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit Beschluss vom 24.04.2008 die Beklagte zur Kostentragung verpflichtet hatte, hat der Kläger Kostenfestsetzung gegen die Beklagte beantragt. Gegen die sodann eingereichte Kostenrechnung hat sich die Beklagte gewandt und u.a. vorgetragen, eine Terminsgebühr könne nicht geltend gemacht werden, da das Verfahren durch einen schriftlichen Vergleich beendet worden sei.

Mit Beschluss vom 02.09.2008 setzte sodann der zuständige Urkundsbeamte des Sozialgerichts die von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten auf 911,54 EUR nebst Zinsen fest. Die hiergegen am 19.09.2008 eingelegte Erinnerung hat das SG mit Beschluss vom 17.10.2008 unter Verweis auf den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss zurückgewiesen und ausgeführt, die Entscheidung sei gemäß § 193 Abs. 2 (wohl: § 197 Abs. 2) SGG endgültig.

Hiergegen hat die Beklagte am 04.11.2008 Beschwerde eingelegt und unter Berufung auf § 59 Abs. 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) iVm § 66 Gerichtskostengesetz (GKG) u.a. die Auffassung vertreten, die Beschwerde sei statthaft. Darüber hinaus sei die streitige Gebühr unbillig.

II.

Die Beschwerde der Beklagten vom 04.11.2008 gegen den Beschluss des Sozialgerichts für das Saarland vom 17.10.2008 ist bereits unzulässig.

Nach § 172 Abs. 1 SGG findet die Beschwerde an das Landessozialgericht gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. Eine „andere“ Bestimmung ergibt sich dabei vorliegend aus § 197 Abs. 2 SGG, wonach das SG über Entscheidungen des Urkundsbeamten endgültig entscheidet. Dies entspricht der Systematik des SGG, das auch in weiteren Vorschriften (vgl. §§ 178 Satz 1 und 189 Abs. 2 SGG) vorsieht, dass gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten lediglich das Sozialgericht angerufen werden kann, das dann über die Erinnerung entscheidet, ohne dass hiergegen eine Beschwerde möglich ist.

Nachdem es vorliegend nicht um die Festsetzung von PKH-Gebühren gegen die Staatskasse geht, ist hier § 197 Abs. 2 SGG auch einschlägig (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 197 Rndnrn 3 und 5). Die von der Beklagten angeführte Regelung in § 59 Abs. 2 RVG iVm § 66 GKG betrifft dagegen die Geltendmachung eines Vergütungsanspruchs der Staatskasse aufgrund eines in § 59 Abs. 1 RVG angeordneten gesetzlichen Forderungsübergangs, wenn zuvor eine Befriedigung des im Wege der PKH beigeordneten Rechtsanwalts durch die Staatskasse erfolgt ist. Die Voraussetzungen des § 197 Abs. 2 SGG sind auch gegeben. Der Urkundsbeamte des SG hat auf Grundlage des Kostenbeschlusses des SG vom 24.04.2008 auf Antrag der Klägervertreterin am 02.09.2008 einen Kostenfestsetzungsbeschluss erlassen und darin die von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten auf 911,54 EUR nebst Zinsen festgesetzt. Gegen diese Entscheidung hat die Beklagte am 19.09.2008 das Sozialgericht angerufen, welches mit Beschluss vom 17.10.2008 die Erinnerung zurückgewiesen und damit „endgültig“ iSd § 197 Abs. 2 SGG entschieden hat. Somit ist die vorliegende Beschwerde unzulässig (vgl. auch LSG Berlin, Beschlüsse vom 14. Oktober 2003 - L 5 B 14/02 RJ und vom 28.02.2005 - L 9 B 166/02 KR; LSG für das Saarland, Beschluss vom 11.09.2007 - L 8 B 5/07 AL).

Dieser Beschluss ergeht gebührenfrei, Kosten sind nicht zu erstatten (§ 56 Abs. 2 RVG).

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).