Sozialgericht Nürnberg Endurteil, 10. Dez. 2015 - S 11 KR 299/14

bei uns veröffentlicht am10.12.2015

Gericht

Sozialgericht Nürnberg

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 04.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.07.2014 aufgrund der ärztlichen Verordnung vom 30.09.2013 die Kosten für die podologische Fußpflege gemäß der Rechnung vom 13.11.2014 in Höhe von 165,24 € zu erstatten und zukünftig die Kosten für eine podologische Komplexbehandlung zweimal pro Monat nach den aktuell gültigen Vertragssätzen zu übernehmen.

2. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Kostenerstattung bzw. Kostenübernahme für eine medizinische Fußpflege streitig.

Am 18.10.2013 beantragte der bei der Beklagten versicherte Kläger unter Übersendung eines Attests des Arztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. I. vom 30.09.2013 (Diagnose: Schwere axonale sensomotorische Polyneuropathie mit trophischen Störungen) die Kostenübernahme für eine medizinische Fußpflege. Nach Einholung einer Stellungnahme des MDK vom 24.10.2013 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 04.11.2013 insbesondere mit der Begründung ab, dass für die medizinische Fußpflege als Leistung der gesetzlichen Krankenkasse Voraussetzung sei, dass sie aufgrund krankhafter Veränderungen am Fuß infolge von Diabetes mellitus (diabetisches Fußsyndrom) erforderlich werde. Der MDK empfehle die Anleitung des Patienten, der Pflegeperson und der Angehörigen zu adäquater Fußpflege durch den Vertragsarzt.

Mit Widerspruch vom 03.12.2013 hiergegen trug der Kläger unter Übersendung von Fotos seiner Füße von Anfang September 2013 und ärztlicher Unterlagen vor, dass eine Ablehnung nach Aktenlage der bereits vorliegenden Fußschädigung durch eine Polyneuropathie mit Symptomen analog eines diabetischen Fußsyndroms nicht gerecht werde. Regelmäßig und mehrmals im Jahr verliere er Fußnägel und müsse aufgrund der Entzündungen im Zehenbereich mit Cortison behandelt werden. Im August 2013 seien innerhalb von vier Wochen vier Fußnägel verloren gegangen. Es sei zu großflächigen Entzündungen gekommen, die nur mittels Cortisonbehandlung, antibiotischer Creme und wochenlangem Tragen offener Schuhe haben eingedämmt werden können. Diese Entzündungen träten nunmehr im Zuge der fortschreitenden Erkrankung mehrmals im Jahr in unterschiedlicher Massivität auf. Eine professionelle Fußpflege sei erforderlich, da er selbst aufgrund der starken Empfindungsstörungen im gesamten Fuß- und Sockenbereich nicht in der Lage sei, eine fachgerechte Fußpflege ohne Schädigung des Nagelbetts etc. durchzuführen. Verletzungen merke er nicht, diese seien für ihn nur durch entsprechende Blutungen und Entzündungen feststellbar. Unsachgemäße Fußpflege oder nicht abklingende Entzündungen, wie im Sommer dieses Jahres, führten jedoch perspektivisch zu einer weiteren Verschlimmerung des Krankheitszustandes mit der Gefahr von hohen Folgekosten durch Deformationen bis hin zu Amputationen.

Mit Schriftsatz vom 28.01.2014 teilte die Beklagte dem Kläger daraufhin mit, dass der MDK die Fortführung der ärztlichen, symptomatischen Behandlung der Polyneuropathie und die chirurgische Behandlung der Wundheilungsstörungen und Nekrosen an den Füßen empfehle. Eine notstandsähnliche Behandlungssituation sei aus den vorliegenden Unterlagen nicht belegt. Mit Mail vom 24.03.2014 wies der Kläger unter Übersendung von Fotos seiner Füße vom 21.03.2014 darauf hin, dass das verkrustete und angetrocknete Blut auf den Fotos im Laufe des Tages durch die offenen und entzündeten Stellen am Fuß entstehe. Beim Ausziehen der Socken blieben Flusen kleben und reißen allabendlich die Wunden erneut auf. Ein dicker Verband passe nicht in den Schuh, ein Schutzpflaster biete nur unzureichend Schutz und weiche im Tagesverlauf durch. Weiterhin übersandte der Kläger mit Mail vom 01.07.2014 den Arztbrief des Universitätsklinikums E-Stadt vom 04.06.2014 und aktuelle Fotos seiner Zehen. Laut Hautarzt sei die fortschreitende Polyneuropathie Ursache der Durchblutungsstörungen mit einhergehenden Nagelschäden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.07.2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Bei der vom Kläger beantragten medizinischen Fußpflege handele es sich beim Erkrankungsbild des Klägers um ein unkonventionelles Heilmittel, für das der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) noch keine Empfehlung ausgesprochen habe.

Hiergegen hat der Bevollmächtigte des Klägers am 21.07.2014 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben und zur Begründung mit Schriftsatz vom 12.09.2014 unter Übersendung einer Stellungnahme der Praxis für Podologie D. A. vom 15.08.2014, des Attests der Allgemeinärztin K. vom 06.08.2014, der ärztlichen Bescheinigung von Frau Dr. M. vom 08.07.2014, des Arztbriefs des Universitätsklinikums E-Stadt vom 04.06.2014, des Attests des Neurologen Dr. I. vom 30.09.2013 und des Arztbriefs der Orthospine A-Stadt vom 23.09.2013 sowie von Fotos der Füße des Klägers vom 15.09.2014 insbesondere vorgetragen, dass die Beeinträchtigungen des Klägers auf einer seltenen Verlaufsform einer Neuropathie beruhten. Die Durchführung einer medizinischen Fußpflege sei dringend erforderlich, um einer sonst drohenden Amputation wegen Fortschreitens der Entzündungen an den Füßen des Klägers entgegen zu wirken. Daher sei eine medizinische Fußpflege beim Kläger wie bei einem diabetischen Fußsyndrom notwendig. Der Kläger habe eine schwerwiegende Erkrankung, die äußerst selten auftrete. Eine Antragstellung des GBA liege daher fern. Das Fehlen einer positiven Empfehlung des GBA sei in dieser besonderen Situation unbeachtlich.

Das Gericht hat im vorbereitenden Verfahren beigezogen Arztbriefe des Universitätsklinikums D-Stadt (Neurologische Klinik) vom 13.09.2004 und 26.02.2004, des Internisten Prof. Dr. F. vom 31.10.2014, des Zentrums für Humangenetik- und Laboratoriumsmedizin vom 04.02.2013, der MVZ Radiologie und Nuklearmedizin I-Stadt vom 08.03.2013, des Universitätsklinikums D-Stadt vom 07.11.2013 (Humangenetisches Institut), des Universitätsklinikums E-Stadt vom 11.12.2013, 04.06.2014, 13.05.2013 und 04.11.2014 sowie den Befundbericht der Allgemeinärztin K. vom 04.11.2014, Arztbriefe der Hautärzte Dres. K. vom 21.07.2014 und des Neurologen Dr. I. vom 17.07.2014 einschließlich Laborwerte.

Zur weiteren Klagebegründung trägt der Bevollmächtigte des Klägers unter Übersendung der Rechnung der Praxis für Podologie vom 13.11.2014 über 165,24 Euro für sechs Behandlungen insbesondere vor, dass aufgrund der Erkrankung des peripheren Nervensystems des Klägers durch eine Schädigung der Nervenfasern die Steuerung und Kontrolle der Bewegungen des Klägers im Zusammenspiel mit Sinnesrückmeldungen gestört sei. Auch der Ernährungs- und Stoffwechselzustand an Händen und Füßen sei gestört. Folge hieraus sei insbesondere eine Verminderung der Berührungs- und Drucksensibilität der Haut an beiden Füßen (Hypästhesie). Die Schmerz- und Temperaturwahrnehmung sowie die Vibrations- und Lageempfindung seien gestört. Das klinische Bild entspreche dem eines diabetischen Fußsyndroms mit Wundheilungsstörung, Ulzerationen, Nekrosen. Eine eigenständige Versorgung an den Füßen sei daher nicht möglich.

Den besonderen Belangen Behinderter und chronisch kranker Menschen sei zwingend nach § 2 a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) Rechnung zu tragen. Diese Norm sei als Prinzip bei der Auslegung des gesamten Krankenversicherungsrechts von Amts wegen zu beachten (vgl. BSGE 94, 139). Sinn und Zweck der Vorschrift sei, die Interessen einer Minderheit der Versicherten zu wahren, die besonders auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung angewiesen seien und ein Gegengewicht zur Generalisierung und Pauschalierung zu setzen. Alleine unter Beachtung dieser gesetzlichen Vorgaben wäre die Beklagte ausnahmsweise zu einer Übernahme der geltend gemachten Kosten einer medizinischen Fußpflege verpflichtet gewesen. Der Einzelfall des Klägers entziehe sich einer systematischen Betrachtung und ohne systematische Betrachtungsmöglichkeit gebe es keine abstrakt-generelle, verbindliche Entscheidung des GBA.

Die Entscheidungen des BSG vom 19.10.2004 (B 1 KR 27/02 R, Juris Rn. 29), 27.04.2006 (B 1 KR 12/04 R, Juris Rn. 31) und vom 05.05.2009 (NZS 2010, 392/394) zeigten die Grenzen abstrakt-genereller Regelungen der ambulanten ärztlichen Behandlung durch Richtlinien des GBA. Der schwerwiegend gesundheitlich beeinträchtigte Patient habe ein Recht auf Behandlung mit unkonventionellen Methoden auch jenseits der nicht vorhandenen, nicht anwendbaren oder fruchtlos angewandten Standardtherapie, wenn bei ihm das Risiko der Nichtbehandlung das der risikobehafteten Behandlung überwiege und höhere Kosten der Behandlung in einem vernünftigen Verhältnis zu dem so ermittelten Zusatznutzen stünden. Verletzungen am Fuß des Klägers könnten aufgrund der Wundheilungsstörung zur notwendigen Folge einer Amputation führen. Es bestehe somit die Gefahr des Eintretens eines unwiederbringlichen Verlusts wichtiger körperlicher Funktionen. Ein Risiko existiere allein im Falle einer nicht fachgerechten Fußpflege. Die Kosten der medizinischen Fußpflege seien zudem mit 60,00 € pro Monat sehr gering.

Nach Beiziehung eines Befundberichts des Neurologen Dr. I. vom 02.12.2014 hat im Auftrag des Gerichts (Beweisanordnung vom 15.01.2015 i. V. m. dem Beschluss vom 14.08.2005) die Fachärztin für Neurologie Frau Dr. G. (M.) gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 20.02.2015 ein Gutachten erstattet und ist darin insbesondere zur Beurteilung gelangt, dass die vom Kläger beantragte medizinische Fußpflege notwendig sei, um die Verschlimmerung und die Folgen der Polyneuropathie zu verhüten und um Entzündungen der Zehen und im schlimmsten Fall eine Amputation zu vermeiden. Anlässlich der Untersuchung des Klägers durch die gerichtliche Sachverständige M. am 20.02.2015 hat der Kläger den Arztbrief des Dr. S. vom 18.09.2014 sowie die klinische Bilddokumentation vom 17.12.2014 vorgelegt.

Mit Schriftsätzen vom 19.03.2015 und 01.04.2015 nimmt die Beklagte hierzu insbesondere dahingehend Stellung, dass als Anspruchsgrundlage nur § 13 Abs. 3 SGB V i. V. m. der Rechtsprechung des BSG zum Systemfehler infrage komme, da die Erkrankung des Klägers mit dem diabetischen Fußsyndrom in seinen Auswirkungen vergleichbar sei, aber nicht Bestandteil der vertraglichen Versorgung nach der Heilmittel-Richtlinie. Einen solchen dürfe die Beklagte als Verwaltung aber nicht feststellen. Eine notstandsähnliche

Situation im Sinne der BSG-Rechtsprechung zu § 2 Abs. 1a SGB V liege nach Aussage der Gutachterin nicht vor. Der 1. Senat des BSG habe betont, dass kein Anlass bestehe, den Rechtsgedanken einer grundrechtsorientierten Auslegung auf weitläufige Bereiche auszudehnen, in denen der Gesetzgeber aus wohlerwogenen Gründen den Leistungsumfang der GKV bewusst eingeschränkt habe (vgl. insgesamt BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 7).

Hierauf erwidert der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsätzen vom 26.03.2015 und 23.04.2015 insbesondere, dass ohne Anwendung der beantragten Methode (Fußpflege) eine rasche Verschlechterung der Geschwüre eintrete, die mittelfristig, d. h. ca. im Ablauf von Monaten bis wenigen Jahren, zur Notwendigkeit einer Amputation führe. Somit liege eine notstandsähnliche Situation im Sinne der BSG-Rechtsprechung zu § 2 Abs. 1 a SGB V vor (siehe Urteil des SG Leipzigvom 16.09.2008, S 8 KR 395/06). Dies sei ein der lebensbedrohlichen Erkrankung wertungsmäßig gleichstehender Fall, wie er von der BSG-Rechtsprechung im Falle einer drohenden Erblindung angenommen worden sei. Beim Kläger sei zusätzlich ein Traps-Syndrom diagnostiziert worden, d. h. ein seltenes auto-immunologisch vermitteltes Syndrom, das zu abdominellen Beschwerden führe. Es liege somit ein sogenannter Seltenheitsfall vor, weshalb eine Ausnahme von dem Gebot der vorherigen Anerkennung einer Behandlungsmethode durch den GBA anzuerkennen sei.

Auf Nachfrage des Gerichts hat der GBA mit Schreiben vom 24.04.2015 insbesondere die Auffassung vertreten, dass die Begrenzung des zulässigen Heilmitteleinsatzes aus dem besonderen Risikofaktor (Durchblutungsstörungen) bei Diabetes folge (siehe LSG H-Stadt-Brandenburg, Urteil vom 23.07.2014, L 9 KR 54/11). Bisher liege kein entsprechender Antrag zur Erweiterung des Indikationsbereichs im Bereich der podologischen Therapie vor. In Ermangelung eines entsprechenden Antrags könnten Aussagen über fundierte Erkenntnisse oder Daten bezüglich der Wirksamkeit oder der medizinischen Zweckmäßigkeit bzw. Notwendigkeit der Versorgungsform für das Krankheitsbild des Klägers nicht getroffen werden. Schließlich sei es auch nicht ersichtlich, dass den GBA mit Blick auf die Erkrankung des Klägers eine Befassungspflicht treffen würde.

Hierzu entgegnet der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 04.05.2015 insbesondere, dass der Hinweis des GBA auf das aktuelle Urteil des LSG H-Stadt-Brandenburg vom 23.07.2014 (L 9 KR 54/11) die Argumentation dafür enthalte, weshalb in dem hier konkret zur Entscheidung vorliegenden Fall die Kosten für eine podologische Fußpflege als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu erstatten seien. So heiße es in dem Urteil wörtlich:

„Die grundsätzliche Verbindlichkeit der Beschlüsse des GBA für alle an der GKV Beteiligten (Krankenkassen, Versicherte, Leistungserbringer) gemäß § 91 Abs. 6 SGB V ist indes dann aufgehoben, wenn die Richtlinie gegen höherrangiges Recht verstößt.“

Trotz vergleichbarer Gefahrenlage des diabetischen Fußsyndroms und der beim Kläger vorliegenden Polyneuropathie verlange der GBA eine Ungleichbehandlung. Dies verstoße bereits gegen höherrangiges Recht (Art. 3 Grundgesetz - GG). Maßgeblich für die Aufnahme der podologischen Fußpflege in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung bei Diabetes mellitus seien genau die gleichen Risikofaktoren (Wundheilungsstörung, Entzündungen und in der Folge Gefahr eine Amputation) gewesen, wie sie beim Kläger aufgrund seiner Erkrankung bestünden. Es liege ein Fall des Systemversagens vor. Dem Kläger die Kostenerstattung für die podologische Fußpflege zu verweigern, verstoße gegen das verfassungsrechtlich garantierte Gebot der Gleichbehandlung.

In ihrer daraufhin vom Gericht veranlassten ergänzenden Stellungnahme vom 19.08.2015 hat die gerichtliche Sachverständige M. insbesondere ausgeführt, dass die Erkrankung des Klägers als extrem selten einzuschätzen sei. Da zwei Universitätskliniken die Ursache der Polyneuropathie nicht gefunden hätten, sei anzunehmen, dass die beim Kläger vorliegende Erkrankung noch nicht erforscht oder behandelt worden sei. Bei den renommierten Unikliniken sei davon auszugehen, dass auch internationale Erkenntnisse berücksichtigt worden seien.

Demgegenüber verweist die Beklagte in ihrer Stellungnahme vom 31.08.2015 darauf, dass dem Kläger die dermatologische Behandlung seiner Füße durch einen Facharzt als Sachleistung verbleibe. Die Pflege der Füße bleibe im eigenverantwortlichen Bereich des Klägers.

Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt (Niederschrift vom 10.12.2015),

die Beklagte zu verurteilen, unter Aufhebung des Bescheides vom 04.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.07.2014 aufgrund der ärztlichen Verordnung vom 30.09.2013 die Kosten für die podologische Fußpflege gemäß der Rechnung vom 13.11.2014 in Höhe von 165,24 € zu erstatten und zukünftig die Kosten für eine podologische Komplexbehandlung zweimal pro Monat nach den aktuell gültigen Vertragssätzen zu übernehmen.

Der Vertreter der Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakte verwiesen.

Gründe

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist auch im Übrigen zulässig (§§ 51, 54 Abs. 1 Satz 1 1. HS und Abs. 4, 78, 87, 90 SGG).

Die Klage ist auch begründet.

Der angefochtene Bescheid vom 04.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.07.2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Der Kläger hat einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die podologische Fußpflege gemäß der Rechnung vom 13.11.2014 in Höhe von 165,24 € gemäß § 13 Abs. 3 SGB V, weil die Beklagte die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Kläger dadurch für die selbstbeschaffte Leistung die geltend gemachten Kosten entstanden sind. Dem Kläger steht auch ein Anspruch auf Kostenübernahme für eine podologische Komplexbehandlung zweimal pro Monat nach den aktuell gültigen Vertragssätzen im Rahmen der Sachleistungsgewährung gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V i. V. m. § 32 Abs. 1 Satz 1 SGB V in verfassungskonformer Auslegung (Art. 2 Abs. 2 Satz 1, 3 GG) zu.

Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war, § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V.

Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach Satz 2 Nr. 3 dieser Vorschrift umfasst die Krankenbehandlung u. a. die Versorgung mit Heilmitteln. Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Heilmitteln nach Maßgabe des § 32 Abs. 1 Satz 1 SGB V, soweit sie nicht nach § 34 ausgeschlossen sind.

Nach § 92 Abs. 1 Satz 1 SGB V beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung behinderter oder von Behinderungen bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen. Der GBA soll insbesondere u. a. Richtlinien über die Verordnung von Heilmitteln beschließen. Unter „Heilmitteln“ werden vor allem ärztlich verordnete medizinische Dienstleistungen, wie im vorliegenden Fall die medizinische Fußpflege, aber auch Physiotherapie, Ergotherapie u. a. verstanden (zur Abgrenzung von Hilfsmitteln, vgl. BSG SozR 3-2500 § 138 Nr. 2).

Im vorliegenden Fall liegt eine ärztliche Heilmittelverordnung des behandelnden Neurologen Dr. I. vom 30.09.2013 zur medizinischen Fußpflege für den Kläger vor.

In den Heilmittelrichtlinien sind im Einzelnen die Voraussetzungen für die Verordnung von Heilmitteln geregelt. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Heilmittel-Richtlinie (HeilM-RL) in der Fassung vom20. Januar 2011/19. Mai 2011 sind Maßnahmen der podologischen Therapie verordnungsfähige Heilmittel, wenn sie der Behandlung krankhafter Veränderungen am Fuß infolge Diabetes mellitus (diabetisches Fußsyndrom) dienen. Hierzu zählen Schädigungen der Haut und der Zehennägel bei nachweisbaren Gefühls- und/oder Durchblutungsstörungen der Füße (Makro-, Mikroangiopathie Neuropathie, Angioneuropathie). Die podologische Therapie kommt nur in Betracht bei Patienten mit einem diabetischen Fußsyndrom, die ohne diese Behandlung unumkehrbare Folgeschädigungen der Füße, wie Entzündungen und Wundheilungsstörungen erleiden würden, Abs. 2. Die Verordnung der podologischen Therapie beim diabetischen Fußsyndrom ist nur zulässig bei vorliegender Neuro- und/oder Angiopathie ohne Hautdefekt (Wagner-Stadium 0, d. h. ohne Hautulkus), Abs. 3 Satz 1. Als podologische Komplexbehandlung (Hornhautabtragung und Nagelbearbeitung) ist sie nur zulässig, sofern die gleichzeitige Hornhautabtragung und Nagelbearbeitung medizinisch erforderlich sind.

Nach § 4 Abs. 4 Satz 1 der HeilM-RL (a. a. O.) dürfen neue Heilmittel oder zugelassene Heilmittel nach Maßgabe dieser Richtlinie zur Behandlung nicht im Heilmittelkatalog genannter Indikationen nur verordnet oder gewährt werden, wenn der GBA zuvor in dieser Richtlinie den therapeutischen Nutzen anerkannt und Empfehlungen für die Sicherung der Qualität bei der Leistungserbringung abgegeben hat. Das Verfahren richtet sich nach der Verfahrensordnung des GBA (VerfO), Satz 2.

Eine Besserung der Ulzerationsneigung durch regelmäßige Fuß- und Nagelpflege ist in der Literatur dokumentiert (http://www.leitlinien.de/mdb/downloads/nvl/diabetes-mellitus/dm-neuropathie-1aufl-vers2-11r,pdf). Wegen der weitaus größeren Häufigkeit von Ulzerationen bei diabetischem PNP-Syndrom als bei ungeklärtem PNP-Syndrom ist dies bei ersterem beschrieben (http://de.wikipedia.org/wiki/Diabetisches_fußsyndrom) und hat sich in den Leitlinien zur Behandlung der autonomen Polyneuropathie bei Diabetes mellitus niedergeschlagen.

Zwar liegt im vorliegenden Fall unstreitig ein diabetisches Fußsyndrom beim Kläger nicht vor. Daher ist nach den HeilM-RL grundsätzlich eine podologische Komplexbehandlung nicht zulässig. Entgegen der Auffassung der Beklagten sind jedoch Ausnahmeentscheidungen durch die Gerichte nicht ausgeschlossen. Denn Verbindlichkeit entfalten die Richtlinien unmittelbar nur gegenüber der kassenärztlichen Vereinigung bzw. den Verbänden der Krankenkassen, die in ihren Satzungen entsprechende Bestimmungen aufnehmen müssen (siehe BSGE 63, 163 <165>; SG Leipzig, Urteil vom 16.09.2008, S 8 KR 395/06). Nach § 81 Abs. 3 Nr. 2 SGB V müssen die Satzungen der kassenärztlichen Vereinigungen Bestimmungen enthalten, nach denen die Richtlinien u. a. nach § 92 für die kassenärztlichen Vereinigung und ihre Mitglieder verbindlich sind. Die Richtlinien sind für die Gerichte aber dann nicht maßgeblich, wenn sie auf einer unrichtigen Auslegung höherrangigen Rechts beruhen oder ihr Inhalt sachlich unvertretbar ist (ebenso: BSGE 73, 271 ff).

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Die Ablehnung des Antrags auf medizinische Fußpflege ist mit dem Recht des Klägers auf Leben und körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG unvereinbar, weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die Erforderlichkeit der medizinischen Fußpflege feststeht und durch eine „unprofessionelle“ Selbstversorgung durch den Kläger oder eine angelernte Person - nach vertragsärztlicher Anleitung - eine erhebliche Eigengefährdung zu besorgen ist. Es besteht nämlich die unmittelbare und konkrete Gefahr, dass ohne regelmäßige medizinische Fußpflege besondere Folgeschäden beim Kläger auftreten (siehe hierzu auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.03.2004, L 11 KR 4122/03).

Nach den überzeugenden Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen M. in ihrem neurologischen Gutachten vom 20.02.2015 einschließlich ergänzender Stellungnahme vom 19.08.2015 leidet der Kläger an folgenden Gesundheitsstörungen:

- Deutlich beinbetonte, schwere, axonale, sensomotorische Polyneuropathie,

Erstmanifestation 2003, Erstdiagnose 2004

mit autonomer Funktionsstörung und vegetativer Begleitsymptomatik mit Druckulzerationen, akutem Ulkus an der dritten Zehe links und in Abheilung begriffenem Ulkus unter der Großzehe rechts, gestörtem Nagelwachstum, Überwärmung der Haut und trophischen Störungen.

- Traps-Syndrom (TNF-Rezeptor 1 assoziiertes periodisches Syndrom).

- Zustand nach LWK 1-Fraktur 2011.

Nach der zutreffenden Auffassung der gerichtlichen Sachverständigen M. konnte die Ursache für das Polyneuropathiesyndrom des Klägers bisher nicht gesichert werden. Ein Diabetes mellitus wurde ausgeschlossen, ebenso eine erbliche Polyneuropathie im Sinne einer HMSN. Die Einschränkungen durch die Ulzerationen sind ausgeprägt und schwerwiegend. Aufgrund der Wundheilungsstörung sind aufwändige konservative Maßnahmen nötig, wie z. B. regelmäßige Vorstellung beim Chirurgen, Ausschneiden der Verhornungen, Nagelpflege, Fußbäder etc. Die Nagelpflege wird beim Kläger aktuell durch eine Fachkraft durchgeführt, da es bei unsachgemäßer Nagelpflege zu Verletzungen und schlecht heilenden Wunden kommt. Aufgrund der schweren Polyneuropathie kommt es zu Sensibilitätsstörungen mit Gefühllosigkeit der Füße, Störung der Temperaturregulation, Störung des Nagelwachstums und vor allem Neigung zu Druckgeschwüren und Wundheilungsstörungen. Im schlimmsten Fall führt dies dann zu generalisierten Entzündungen mit Amputation oder Sepsis mit Lebensgefahr.

In Übereinstimmung mit der Beurteilung der gerichtlichen Sachverständigen M. steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die vom Kläger beantragte professionelle medizinische Fußpflege notwendig ist, um eine Verschlimmerung der Folgen der Polyneuropathie zu verhüten, d. h. um Entzündungen der Zehen und im schlimmsten Fall auch eine Amputation zu vermeiden. Hierfür ist neben dem Tragen von passendem Schuhwerk, z. B. orthopädischen Schuhen, regelmäßige chirurgische Vorstellung, Antibiotikabehandlung und regelmäßige von einer Fachkraft durchgeführte Nagel- und Fußpflege dringend nötig. Eine Heilung kann hierdurch zwar nicht erreicht werden, jedoch eine Verschlimmerung der sich immer wieder entwickelnden Geschwüre. Diese Behandlungsmethode ist im Hinblick auf die zu erwartenden Nebenwirkungen nicht nur zumutbar und geeignet, sondern auch dringend indiziert. Eine Gegenindikation besteht nicht.

Der Kläger hat die vertraglichen Behandlungsmöglichkeiten bereits ausgeschöpft, er geht regelmäßig zum Chirurgen, um die Ulzerationen behandeln zu lassen und nimmt Antibiotika ein, um ein Ausbreiten der Entzündungen zu verhindern. Ohne Anwendung der beantragten Fußpflege würde eine rasche Verschlechterung der Geschwüre eintreten, die mittelfristig, d. h. ca. im Ablauf von Monaten bis wenigen Jahren zur Notwendigkeit von Amputationen führen würde. Falls es im Rahmen der Entzündungen zu Komplikationen kommen sollte, z. B. mit Keimen, die auf Antibiotikagabe nicht mehr ansprechen (z. B. MRSA) oder sich unkontrolliert im Körper ausbreiten (Sepsis), könnte dies letztendlich zum Tode führen.

Dem Kläger ist es auch nicht möglich, die beantragte Fußpflege gefahrlos selbst durchzuführen (siehe hierzu auch LSG Baden-Württemberg, a. a. O., Juris Rn. 30; SG Leipzig, a. a. O., Rn. 23 f.). Denn bei ihm sind auch die Finger taub im Rahmen des PNP-Syndroms, weshalb er sich selbst zusätzliche Verletzungen bei unsachgemäßem Schneiden der Nägel bzw. Abtragen der Hornhaut zuführen kann. Auch eine angelernte Person ist hierfür - worauf die gerichtliche Sachverständige M. ausdrücklich hinweist - nicht geeignet, da die Abtragung von Hornhaut bei einer Polyneuropathie schwierig ist und ein hohes Verletzungsrisiko bietet. Daher kommt die Realisierung des Vorschlags der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 02.07.2014, es könne eine vertragsärztliche Anleitung zur adäquaten Fußpflege selbst oder durch eine angelernte Person durchgeführt werden, nicht in Betracht.

Zur Überzeugung des Gerichts steht daher fest, dass eine unmittelbare und konkrete Gefahr besteht, dass ohne regelmäßige medizinische Fußpflege gefährliche Folgeschäden beim Kläger auftreten.

Aus den dargelegten Gründen kann die Beklagte sich nicht darauf berufen, dass der GBA noch keine positive Empfehlung über den therapeutischen Nutzen und die Sicherung der Qualität der Leistungserbringung abgegeben hat.

Darüber hinaus ist diese Voraussetzung im vorliegenden Fall auch deshalb entbehrlich, weil die Erkrankung des Klägers im Sinne der obergerichtlichen Rechtsprechung (siehe hierzu z. B. BSG, Urteil vom 19.10.2004, B 1 KR 27/02 R) so selten auftritt, dass ihre systematische Erforschung praktisch ausscheidet. Nach der zutreffenden Auffassung der gerichtlichen Sachverständigen M. ist die Erkrankung des Klägers als extrem selten einzuschätzen. Zu Recht führt sie in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 19.08.2015 insoweit aus, dass beim Kläger eine Polyneuropathie in schwerer Ausprägung vorliegt. Dies ist mehrfach gesichert, aber die Ursache der Polyneuropathie konnte trotz intensiver Suche bisher nicht gefunden werden. Häufige Erkrankungen, die zu einer Polyneuropathie führen, wie z. B. ein Diabetes mellitus oder eine vererbbare Form der Polyneuropathie, wurden beim Kläger nicht gefunden. Die Polyneuropathie gehört nicht zum Krankheitsbild des Traps-Syndroms. Ein möglicher Zusammenhang ist weder national noch international systematisch erforscht. Es bleiben daher nur noch extrem seltene Ursachen der Polyneuropathie übrig. Auch in den Universitätskliniken D-Stadt und E-Stadt konnte eine Ursache für die Erkrankung des Klägers bisher nicht gefunden werden. Bei renommierten Unikliniken ist davon auszugehen, dass auch internationale Erkenntnisse berücksichtigt werden. Somit bleibt festzustellen, dass die beim Kläger vorliegende Erkrankung weder systematisch erforscht noch systematisch behandelt werden kann, weil sich ihre Therapie einer systematischen evidenzbasierten Erforschung entzieht (BSG, Urteil vom 19.10.2004, B 1 KR 27/02 R, Juris Rn. 29).

Zu Recht rügt der Kläger auch eine Verletzung seines Grundrechts auf Gleichbehandlung (Art. 3 GG). Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, unter stetiger Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches entsprechend unterschiedlich zu behandeln (BVerfG NJW 2006, 2175, BVerfGE 115, 381, jeweils m. w. N.; BSG, Urteile vom 17.09.2008, B 6 KA 46/07 R und B 6 KA 47/07 R, beide veröffentlicht in Juris). Art. 3 GG ist dann verletzt, wenn der Normgeber eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (st. Rspr. des BVerfG, vgl. BVerfGE 107, 133, BVerfG SozR 4-1100 Art. 3 Nr. 33, jeweils m. w. N.).

Im vorliegenden Fall liegt ein Verstoß gegen Art. 3 GG vor, weil hier wesentlich gleiche Sachverhalte ohne sachlichen Grund in wesentlicher Hinsicht unterschiedlich behandelt werden. Denn unabhängig von der Ursache für die Polyneuropathie ist das Krankheitsbild beim Kläger identisch mit dem einer diabetischen Polyneuropathie. Der Kläger zeigt neben sensiblen Störungen eine Schädigung der kleinen autonomen Fasern. Hierdurch kommt es zu einer Temperaturregulationsstörung mit überwärmten Füßen, zu einer Störung des Nagelwachstums, zu Wundheilungsstörungen und zu einer Anfälligkeit für eine Geschwürbildung. Diese Geschwürbildung ist ausführlich dokumentiert in der Fotodokumentation und dem Gutachten beigefügt worden. Da für die Aufnahme der podologischen Fußpflege in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung bei Diabetes mellitus genau die gleichen Risikofaktoren maßgeblich gewesen sind, wie sie beim Kläger aufgrund seiner Erkrankung bestehen (Wundheilungsstörung, Entzündungen und in der Folge Gefahr einer Amputation), ist die Ungleichbehandlung zwischen dem diabetischen Fußsyndrom und dem hier vorliegenden Fußsyndrom aufgrund Polyneuropathie unklarer Genese sachlich nicht gerechtfertigt.

Soweit der GBA in seiner Stellungnahme vom 24.04.2015 als Begründung der Beschränkung der medizinischen Fußpflege auf das Urteil des LSG H-Stadt-Brandenburg vom 23.07.2014 (L 9 KR 54/11) verweist, verkennt er, dass der der Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt wesentlich von der hier vorliegenden Fallkonstellation abweicht. Vielmehr hat das LSG H-Stadt-Brandenburg in der o. g. Entscheidung einen Verstoß gegen Art. 3 GG mit der Begründung verneint, dass die Klägerin an Multipler Sklerose leide und diese Erkrankung im Gegensatz zum diabetischen Fußsyndrom nicht mit Durchblutungsstörungen (der Füße) verbunden sei. Der weitere Hinweis des GBA in seiner Auskunft vom 24.04.2015, es liege kein entsprechender Antrag zur Erweiterung des Indikationsbereichs im Bereich der podologischen Therapie vor, neue Heilmittel dürften jedoch nur verordnet werden, wenn der GBA zuvor ihren therapeutischen Nutzen anerkannt habe, vermag die Ungleichbehandlung zwischen dem diabetischen Fußsyndrom und der beim Kläger vorliegenden Polyneuropathie hinsichtlich der medizinischen Fußpflege nicht im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG zu rechtfertigen. Letztlich fehlt in der Auskunft des GBA vom 24.04.2015 auch eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob aufgrund der Seltenheit der Erkrankung des Klägers von dem Erfordernis des Nachweises der Wirksamkeit der medizinischen Fußpflege in einer statistisch relevanten Zahl von Behandlungsfällen aufgrund wissenschaftlich einwandfrei geführter Studien und Statistiken abgewichen werden kann. Aus den dargelegten Gründen ist die Auskunft des GBA vom 24.04.2015 im Hinblick auf die hier streitgegenständlichen Fragen ohne rechtliche Relevanz.

Zusammenfassend ist im vorliegenden Fall das klägerische Begehren nach § 13 Abs. 3 SGB V und § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V i. V. m. § 32 Abs. 1 Satz 1 SGB V im Lichte verfassungskonformer Auslegung (Art. 2 Abs. 2 Satz 1, 3 Abs. 1 GG) begründet. Auf einfach-gesetzlicher Ebene ist in diesem Zusammenhang § 2a SGB V zu beachten. Nach dieser Vorschrift, die bei der Auslegung des gesamten Krankenversicherungsrechts von Amts wegen zu beachten ist (vgl. BSGE 94, 139), ist den besonderen Belangen behinderter und chronisch kranker Menschen Rechnung zu tragen. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist es, die Interessen einer Minderheit der Versicherten zu wahren, die besonders auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung angewiesen sind und ein Gegengewicht zur Generalisierung und Pauschalierung zu setzen. Eine Anerkennung als schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 SGB IX) ist für die Anwendung und Beachtung des in § 2a SGB V verankerten Prinzips nicht erforderlich. Auch diese gesetzlichen Vorgaben sprechen für eine Verpflichtung der Beklagten, die vom Kläger geltend gemachten Kosten einer medizinischen Fußpflege in Höhe von 165,24 Euro zu erstatten bzw. die Kosten für eine podologische Komplexbehandlung zweimal pro Monat nach den aktuell gültigen Vertragssätzen zu übernehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

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Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kos

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 13 Kostenerstattung


(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht. (2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft m

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(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. B

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 92 Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses


(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erforder

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 27 Krankenbehandlung


(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt 1. Ärztliche Behandlung einsc

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 91 Gemeinsamer Bundesausschuss


(1) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bilden einen Gemeinsamen Bundesausschuss. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist rechtsfähig. Er wird durch den Vorsitzenden

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 32 Heilmittel


(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Heilmitteln, soweit sie nicht nach § 34 ausgeschlossen sind. Ein Anspruch besteht auch auf Versorgung mit Heilmitteln, die telemedizinisch erbracht werden. Für nicht nach Satz 1 ausgeschlossene Heilmi

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 81 Satzung


(1) Die Satzung muss insbesondere Bestimmungen enthalten über 1. Namen, Bezirk und Sitz der Vereinigung,2. Zusammensetzung, Wahl und Zahl der Mitglieder der Organe,3. Öffentlichkeit und Art der Beschlussfassung der Vertreterversammlung,4. Rechte und

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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 23. März 2004 - L 11 KR 4122/03

bei uns veröffentlicht am 23.03.2004

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. August 2003 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Tatbestand   1

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(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bilden einen Gemeinsamen Bundesausschuss. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist rechtsfähig. Er wird durch den Vorsitzenden des Beschlussgremiums gerichtlich und außergerichtlich vertreten.

(2) Das Beschlussgremium des Gemeinsamen Bundesausschusses besteht aus einem unparteiischen Vorsitzenden, zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern, einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, jeweils zwei von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft und fünf von dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen benannten Mitgliedern. Für die Berufung des unparteiischen Vorsitzenden und der weiteren unparteiischen Mitglieder sowie jeweils zweier Stellvertreter einigen sich die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 jeweils auf einen Vorschlag und legen diese Vorschläge dem Bundesministerium für Gesundheit spätestens zwölf Monate vor Ablauf der Amtszeit vor. Als unparteiische Mitglieder und deren Stellvertreter können nur Personen benannt werden, die im vorangegangenen Jahr nicht bei den Organisationen nach Absatz 1 Satz 1, bei deren Mitgliedern, bei Verbänden von deren Mitgliedern oder in einem Krankenhaus beschäftigt oder selbst als Vertragsarzt, Vertragszahnarzt oder Vertragspsychotherapeut tätig waren. Das Bundesministerium für Gesundheit übermittelt die Vorschläge an den Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages. Der Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages kann einem Vorschlag nach nichtöffentlicher Anhörung der jeweils vorgeschlagenen Person innerhalb von sechs Wochen mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder durch Beschluss widersprechen, sofern er die Unabhängigkeit oder die Unparteilichkeit der vorgeschlagenen Person als nicht gewährleistet ansieht. Die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 legen innerhalb von sechs Wochen, nachdem das Bundesministerium für Gesundheit den Gemeinsamen Bundesausschuss über einen erfolgten Widerspruch unterrichtet hat, einen neuen Vorschlag vor. Widerspricht der Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages nach Satz 5 auch dem neuen Vorschlag innerhalb von sechs Wochen oder haben die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 keinen neuen Vorschlag vorgelegt, erfolgt die Berufung durch das Bundesministerium für Gesundheit. Die Unparteiischen üben ihre Tätigkeit in der Regel hauptamtlich aus; eine ehrenamtliche Ausübung ist zulässig, soweit die Unparteiischen von ihren Arbeitgebern in dem für die Tätigkeit erforderlichen Umfang freigestellt werden. Die Stellvertreter der Unparteiischen sind ehrenamtlich tätig. Hauptamtliche Unparteiische stehen während ihrer Amtszeit in einem Dienstverhältnis zum Gemeinsamen Bundesausschuss. Zusätzlich zu ihren Aufgaben im Beschlussgremium übernehmen die einzelnen Unparteiischen den Vorsitz der Unterausschüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses. Der Vorsitzende nach Absatz 1 Satz 3 stellt übergreifend die Einhaltung aller dem Gemeinsamen Bundesausschuss auferlegten gesetzlichen Fristen sicher. Zur Erfüllung dieser Aufgabe nimmt er eine zeitliche Steuerungsverantwortung wahr und hat ein Antragsrecht an das Beschlussgremium nach Satz 1, er erstattet auch den nach Absatz 11 jährlich vorzulegenden Bericht. Die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 schließen die Dienstvereinbarungen mit den hauptamtlichen Unparteiischen; § 35a Absatz 6 Satz 2 und Absatz 6a Satz 1 und 2 des Vierten Buches gilt entsprechend. Vergütungserhöhungen sind während der Dauer der Amtszeit der Unparteiischen unzulässig. Zu Beginn einer neuen Amtszeit eines Unparteiischen kann eine über die zuletzt nach § 35a Absatz 6a Satz 1 des Vierten Buches gebilligte Vergütung der letzten Amtsperiode oder des Vorgängers im Amt hinausgehende höhere Vergütung nur durch einen Zuschlag auf die Grundvergütung nach Maßgabe der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes vereinbart werden. Die Aufsichtsbehörde kann zu Beginn einer neuen Amtszeit eines Unparteiischen eine niedrigere Vergütung anordnen. Die Art und die Höhe finanzieller Zuwendungen, die den Unparteiischen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Unparteiische von Dritten gewährt werden, sind den Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 mitzuteilen und auf die Vergütung der Unparteiischen anzurechnen oder an den Gemeinsamen Bundesausschuss abzuführen. Vereinbarungen der Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 für die Zukunftssicherung der Unparteiischen sind nur auf der Grundlage von beitragsorientierten Zusagen zulässig. Die von den Organisationen benannten sonstigen Mitglieder des Beschlussgremiums üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus; sie sind bei den Entscheidungen im Beschlussgremium an Weisungen nicht gebunden. Die Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 benennen für jedes von ihnen benannte Mitglied bis zu drei Stellvertreter. Die Amtszeit im Beschlussgremium beträgt ab der am 1. Juli 2012 beginnenden Amtszeit sechs Jahre.

(2a) Bei Beschlüssen, die allein einen der Leistungssektoren wesentlich betreffen, werden ab dem 1. Februar 2012 alle fünf Stimmen der Leistungserbringerseite anteilig auf diejenigen Mitglieder übertragen, die von der betroffenen Leistungserbringerorganisation nach Absatz 1 Satz 1 benannt worden sind. Bei Beschlüssen, die allein zwei der drei Leistungssektoren wesentlich betreffen, werden ab dem 1. Februar 2012 die Stimmen der von der nicht betroffenen Leistungserbringerorganisation benannten Mitglieder anteilig auf diejenigen Mitglieder übertragen, die von den betroffenen Leistungserbringerorganisationen benannt worden sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in seiner Geschäftsordnung erstmals bis zum 31. Januar 2012 fest, welche Richtlinien und Entscheidungen allein einen oder allein zwei der Leistungssektoren wesentlich betreffen. Bei Beschlüssen zur Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden wird die Stimme des von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung benannten Mitglieds ab dem 1. Januar 2012 anteilig auf die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft benannten Mitglieder übertragen.

(3) Für die Tragung der Kosten des Gemeinsamen Bundesausschusses mit Ausnahme der Kosten der von den Organisationen nach Absatz 1 Satz 1 benannten Mitglieder gilt § 139c entsprechend. Im Übrigen gilt § 90 Abs. 3 Satz 4 entsprechend mit der Maßgabe, dass vor Erlass der Rechtsverordnung außerdem die Deutsche Krankenhausgesellschaft anzuhören ist.

(3a) Verletzen Mitglieder oder deren Stellvertreter, die von den in Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen benannt oder berufen werden, in der ihnen insoweit übertragenen Amtsführung die ihnen einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, gilt § 42 Absatz 1 bis 3 des Vierten Buches mit der Maßgabe entsprechend, dass die Verantwortlichkeit den Gemeinsamen Bundesausschuss, nicht aber die in Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen, trifft. Dies gilt auch im Falle einer Berufung der unparteiischen Mitglieder und deren Stellvertreter durch das Bundesministerium für Gesundheit nach Absatz 2 Satz 7. Soweit von den in Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen für die Vorbereitung von Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses Personen für die nach seiner Geschäftsordnung bestehenden Gremien benannt werden und diese Personen zur Wahrung der Vertraulichkeit der für den Gemeinsamen Bundesausschuss geheimhaltungspflichtigen, ihnen zugänglichen Unterlagen und Informationen verpflichtet werden, gilt Satz 1 entsprechend. Das Gleiche gilt für nach § 140f Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz benannte sachkundige Personen, denen zur Ausübung ihres Mitberatungsrechts für den Gemeinsamen Bundesausschuss geheimhaltungspflichtige Unterlagen und Informationen zugänglich gemacht werden, wenn sie durch den Gemeinsamen Bundesausschuss zur Wahrung der Vertraulichkeit dieser Unterlagen verpflichtet worden sind. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Geschäftsordnung.

(4) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt

1.
eine Verfahrensordnung, in der er insbesondere methodische Anforderungen an die wissenschaftliche sektorenübergreifende Bewertung des Nutzens, einschließlich Bewertungen nach den §§ 35a und 35b, der Notwendigkeit und der Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen als Grundlage für Beschlüsse sowie die Anforderungen an den Nachweis der fachlichen Unabhängigkeit von Sachverständigen und das Verfahren der Anhörung zu den jeweiligen Richtlinien, insbesondere die Feststellung der anzuhörenden Stellen, die Art und Weise der Anhörung und deren Auswertung, regelt,
2.
eine Geschäftsordnung, in der er Regelungen zur Arbeitsweise des Gemeinsamen Bundesausschusses insbesondere zur Geschäftsführung, zur Vorbereitung der Richtlinienbeschlüsse durch Einsetzung von in der Regel sektorenübergreifend gestalteten Unterausschüssen, zum Vorsitz der Unterausschüsse durch die Unparteiischen des Beschlussgremiums sowie zur Zusammenarbeit der Gremien und der Geschäftsstelle des Gemeinsamen Bundesausschusses trifft; in der Geschäftsordnung sind Regelungen zu treffen zur Gewährleistung des Mitberatungsrechts der von den Organisationen nach § 140f Abs. 2 entsandten sachkundigen Personen.
Die Verfahrensordnung und die Geschäftsordnung bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Vorlage des Beschlusses und der tragenden Gründe ganz oder teilweise versagt. Das Bundesministerium für Gesundheit kann im Rahmen der Genehmigungsprüfung vom Gemeinsamen Bundesausschuss zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen anfordern; bis zum Eingang der Auskünfte ist der Lauf der Frist nach Satz 3 unterbrochen. Wird die Genehmigung ganz oder teilweise versagt, so kann das Bundesministerium für Gesundheit insbesondere zur Sicherstellung einer sach- und funktionsgerechten Ausgestaltung der Arbeitsweise und des Bewertungsverfahrens des Gemeinsamen Bundesausschusses erforderliche Änderungen bestimmen und anordnen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb einer bestimmten Frist die erforderlichen Änderungen vornimmt. Kommt der Gemeinsame Bundesausschuss der Anordnung innerhalb der Frist nicht nach, so kann das Bundesministerium für Gesundheit die erforderlichen Änderungen selbst vornehmen. Die Sätze 5 und 6 gelten entsprechend, wenn sich die Erforderlichkeit der Änderung einer bereits genehmigten Regelung der Verfahrensordnung oder der Geschäftsordnung erst nachträglich ergibt. Klagen gegen Anordnungen und Maßnahmen des Bundesministeriums für Gesundheit nach den Sätzen 3 bis 7 haben keine aufschiebende Wirkung.

(5) Bei Beschlüssen, deren Gegenstand die Berufsausübung der Ärzte, Psychotherapeuten oder Zahnärzte berührt, ist der jeweiligen Arbeitsgemeinschaft der Kammern dieser Berufe auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. § 136 Absatz 3 und § 136b Absatz 1 Satz 3 bleiben unberührt.

(5a) Bei Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses, die die Verarbeitung personenbezogener Daten regeln oder voraussetzen, ist dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(6) Die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses mit Ausnahme der Beschlüsse zu Entscheidungen nach § 136d sind für die Träger nach Absatz 1 Satz 1, deren Mitglieder und Mitgliedskassen sowie für die Versicherten und die Leistungserbringer verbindlich.

(7) Das Beschlussgremium des Gemeinsamen Bundesausschusses nach Absatz 2 Satz 1 fasst seine Beschlüsse mit der Mehrheit seiner Mitglieder, sofern die Geschäftsordnung nichts anderes bestimmt. Beschlüsse zur Arzneimittelversorgung und zur Qualitätssicherung sind in der Regel sektorenübergreifend zu fassen. Beschlüsse, die nicht allein einen der Leistungssektoren wesentlich betreffen und die zur Folge haben, dass eine bisher zulasten der Krankenkassen erbringbare Leistung zukünftig nicht mehr zu deren Lasten erbracht werden darf, bedürfen einer Mehrheit von neun Stimmen. Der unparteiische Vorsitzende und die weiteren unparteiischen Mitglieder können dem Beschlussgremium gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag zur Entscheidung vorlegen. Mit der Vorbereitung eines Beschlussvorschlags oder eines Antrags eines Unparteiischen nach § 135 Absatz 1 Satz 1 oder § 137c Absatz 1 Satz 1 können die Unparteiischen oder kann der Unparteiische die Geschäftsführung beauftragen. Die Sitzungen des Beschlussgremiums sind in der Regel öffentlich und werden zeitgleich als Live-Video-Übertragung im Internet angeboten sowie in einer Mediathek zum späteren Abruf verfügbar gehalten. Die nichtöffentlichen Beratungen des Gemeinsamen Bundesausschusses, insbesondere auch die Beratungen in den vorbereitenden Gremien, sind einschließlich der Beratungsunterlagen und Niederschriften vertraulich.

(8) (weggefallen)

(9) Jedem, der berechtigt ist, zu einem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses Stellung zu nehmen und eine schriftliche oder elektronische Stellungnahme abgegeben hat, ist in der Regel auch Gelegenheit zu einer mündlichen Stellungnahme zu geben. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in seiner Verfahrensordnung vorzusehen, dass die Teilnahme jeweils eines Vertreters einer zu einem Beschlussgegenstand stellungnahmeberechtigten Organisation an den Beratungen zu diesem Gegenstand in dem zuständigen Unterausschuss zugelassen werden kann.

(10) Der Gemeinsame Bundesausschuss ermittelt spätestens ab dem 1. September 2012 die infolge seiner Beschlüsse zu erwartenden Bürokratiekosten im Sinne des § 2 Absatz 2 des Gesetzes zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates und stellt diese Kosten in der Begründung des jeweiligen Beschlusses nachvollziehbar dar. Bei der Ermittlung der Bürokratiekosten ist die Methodik nach § 2 Absatz 3 des Gesetzes zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates anzuwenden. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 30. Juni 2012 in seiner Verfahrensordnung.

(11) Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages einmal jährlich zum 31. März über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über die Einhaltung der Fristen nach § 135 Absatz 1 Satz 4 und 5, § 136b Absatz 3 Satz 1, § 137c Absatz 1 Satz 5 und 6 sowie § 137h Absatz 4 Satz 9 vorzulegen, in dem im Falle von Überschreitungen der Fristen nach § 137c Absatz 1 Satz 5 und 6 sowie § 137h Absatz 4 Satz 9 auch die zur Straffung des Verfahrens unternommenen Maßnahmen und die besonderen Schwierigkeiten einer Bewertung, die zu einer Fristüberschreitung geführt haben können, im Einzelnen dargelegt werden müssen. Zudem sind in dem Bericht auch alle anderen Beratungsverfahren über Entscheidungen und Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses darzustellen, die seit förmlicher Einleitung des Beratungsverfahrens länger als drei Jahre andauern und in denen noch keine abschließende Beschlussfassung erfolgt ist.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Heilmitteln, soweit sie nicht nach § 34 ausgeschlossen sind. Ein Anspruch besteht auch auf Versorgung mit Heilmitteln, die telemedizinisch erbracht werden. Für nicht nach Satz 1 ausgeschlossene Heilmittel bleibt § 92 unberührt.

(1a) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 das Nähere zur Heilmittelversorgung von Versicherten mit langfristigem Behandlungsbedarf. Er hat insbesondere zu bestimmen, wann ein langfristiger Heilmittelbedarf vorliegt, und festzulegen, ob und inwieweit ein Genehmigungsverfahren durchzuführen ist. Ist in der Richtlinie ein Genehmigungsverfahren vorgesehen, so ist über die Anträge innerhalb von vier Wochen zu entscheiden; ansonsten gilt die Genehmigung nach Ablauf der Frist als erteilt. Soweit zur Entscheidung ergänzende Informationen des Antragstellers erforderlich sind, ist der Lauf der Frist bis zum Eingang dieser Informationen unterbrochen.

(1b) Verordnungen, die über die in der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in Verbindung mit Absatz 6 Satz 1 Nummer 3 geregelte orientierende Behandlungsmenge hinausgehen, bedürfen keiner Genehmigung durch die Krankenkasse.

(1c) (weggefallen)

(2) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, haben zu den Kosten der Heilmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 3 ergebenden Betrag an die abgebende Stelle zu leisten. Dies gilt auch, wenn Massagen, Bäder und Krankengymnastik als Bestandteil der ärztlichen Behandlung (§ 27 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1) oder bei ambulanter Behandlung in Krankenhäusern, Rehabilitations- oder anderen Einrichtungen abgegeben werden. Die Zuzahlung für die in Satz 2 genannten Heilmittel, die als Bestandteil der ärztlichen Behandlung abgegeben werden, errechnet sich nach den Preisen, die nach § 125 vereinbart oder nach § 125b Absatz 2 festgesetzt worden sind.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Heilmitteln, soweit sie nicht nach § 34 ausgeschlossen sind. Ein Anspruch besteht auch auf Versorgung mit Heilmitteln, die telemedizinisch erbracht werden. Für nicht nach Satz 1 ausgeschlossene Heilmittel bleibt § 92 unberührt.

(1a) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 das Nähere zur Heilmittelversorgung von Versicherten mit langfristigem Behandlungsbedarf. Er hat insbesondere zu bestimmen, wann ein langfristiger Heilmittelbedarf vorliegt, und festzulegen, ob und inwieweit ein Genehmigungsverfahren durchzuführen ist. Ist in der Richtlinie ein Genehmigungsverfahren vorgesehen, so ist über die Anträge innerhalb von vier Wochen zu entscheiden; ansonsten gilt die Genehmigung nach Ablauf der Frist als erteilt. Soweit zur Entscheidung ergänzende Informationen des Antragstellers erforderlich sind, ist der Lauf der Frist bis zum Eingang dieser Informationen unterbrochen.

(1b) Verordnungen, die über die in der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in Verbindung mit Absatz 6 Satz 1 Nummer 3 geregelte orientierende Behandlungsmenge hinausgehen, bedürfen keiner Genehmigung durch die Krankenkasse.

(1c) (weggefallen)

(2) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, haben zu den Kosten der Heilmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 3 ergebenden Betrag an die abgebende Stelle zu leisten. Dies gilt auch, wenn Massagen, Bäder und Krankengymnastik als Bestandteil der ärztlichen Behandlung (§ 27 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1) oder bei ambulanter Behandlung in Krankenhäusern, Rehabilitations- oder anderen Einrichtungen abgegeben werden. Die Zuzahlung für die in Satz 2 genannten Heilmittel, die als Bestandteil der ärztlichen Behandlung abgegeben werden, errechnet sich nach den Preisen, die nach § 125 vereinbart oder nach § 125b Absatz 2 festgesetzt worden sind.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes,
7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches,
8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
9.
Bedarfsplanung,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4,
11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Krankentransporten,
13.
Qualitätssicherung,
14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung,
15.
Schutzimpfungen.

(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:

1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind,
2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind,
3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Absatz 3a gilt entsprechend. In den Therapiehinweisen nach den Sätzen 1 und 7 können Anforderungen an die qualitätsgesicherte Anwendung von Arzneimitteln festgestellt werden, insbesondere bezogen auf die Qualifikation des Arztes oder auf die zu behandelnden Patientengruppen. In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 können auch Therapiehinweise zu Arzneimitteln außerhalb von Zusammenstellungen gegeben werden; die Sätze 3 und 4 sowie Absatz 1 Satz 1 dritter Halbsatz gelten entsprechend. Die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 können Empfehlungen zu den Anteilen einzelner Wirkstoffe an den Verordnungen im Indikationsgebiet vorsehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt die Grundsätze für die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 in seiner Verfahrensordnung. Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse nach Absatz 1 für Arzneimittel beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss gesondert in Richtlinien außerhalb von Therapiehinweisen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 hergestellt werden kann. Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse eines Arzneimittels wegen Unzweckmäßigkeit nach Absatz 1 Satz 1 dürfen den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels nicht widersprechen.

(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.

(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.

(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.

(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln

1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind,
2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.

(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.

(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.

(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln

1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel,
2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen,
3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung,
4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer,
5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie
6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 125 Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.

(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.

(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.

(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln

1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung,
2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus,
3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt,
4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA),
5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Leistungserbringern und zu den Regelungen gemäß Satz 1 Nummer 5 zusätzlich den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.

(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.

(1) Die Satzung muss insbesondere Bestimmungen enthalten über

1.
Namen, Bezirk und Sitz der Vereinigung,
2.
Zusammensetzung, Wahl und Zahl der Mitglieder der Organe,
3.
Öffentlichkeit und Art der Beschlussfassung der Vertreterversammlung,
4.
Rechte und Pflichten der Organe und der Mitglieder,
5.
Aufbringung und Verwaltung der Mittel,
6.
jährliche Prüfung der Betriebs- und Rechnungsprüfung und Abnahme der Jahresrechnung,
7.
Änderung der Satzung,
8.
Entschädigungsregelungen für Organmitglieder einschließlich der Regelungen zur Art und Höhe der Entschädigungen,
9.
Art der Bekanntmachungen,
10.
die vertragsärztlichen Pflichten zur Ausfüllung des Sicherstellungsauftrags.
Die Satzung bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

(2) Sollen Verwaltungs- und Abrechnungsstellen errichtet werden, müssen die Satzungen der Kassenärztlichen Vereinigungen Bestimmungen über Errichtung und Aufgaben dieser Stellen enthalten.

(3) Die Satzungen der Kassenärztlichen Vereinigungen müssen Bestimmungen enthalten, nach denen

1.
die von den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen abzuschließenden Verträge und die dazu gefaßten Beschlüsse sowie die Bestimmungen über die überbezirkliche Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung und den Zahlungsausgleich zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen für die Kassenärztlichen Vereinigungen und ihre Mitglieder verbindlich sind,
2.
die Richtlinien nach § 75 Abs. 7, § 92, § 136 Absatz 1 und § 136a Absatz 4 für die Kassenärztlichen Vereinigungen und ihre Mitglieder verbindlich sind.

(4) Die Satzungen der Kassenärztlichen Vereinigungen müssen Bestimmungen enthalten für die Fortbildung der Ärzte auf dem Gebiet der vertragsärztlichen Tätigkeit, das Nähere über die Art und Weise der Fortbildung sowie die Teilnahmepflicht.

(5) Die Satzungen der Kassenärztlichen Vereinigungen müssen ferner die Voraussetzungen und das Verfahren zur Verhängung von Maßnahmen gegen Mitglieder bestimmen, die ihre vertragsärztlichen Pflichten nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllen. Maßnahmen nach Satz 1 sind je nach der Schwere der Verfehlung Verwarnung, Verweis, Geldbuße oder die Anordnung des Ruhens der Zulassung oder der vertragsärztlichen Beteiligung bis zu zwei Jahren. Das Höchstmaß der Geldbußen kann bis zu fünfzigtausend Euro betragen. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. August 2003 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten darum, ob die Krankenkasse die Kosten für Leistungen der medizinischen Fußpflege zu übernehmen hat.
Der 1939 geborene Kläger ist Mitglied der Beklagten. Er leidet an einer arteriellen Verschlusskrankheit im Stadium II beidseits. Beidseits hat er, zuletzt 1991, bereits mehrere Bypässe an den Beinen erhalten. Er wird marcumarisiert und erhält wegen der prätibialen Ödeme am Unterschenkel wassertreibende Medikamente. Daneben leidet der Kläger unter einer Gonarthrose beidseits und einem Innenmeniskus-Lappenriß links sowie einer degenerativen Innenmeniskusläsion des rechten Kniegelenkes, weshalb im Februar 2000 eine Arthroskopie und Gelenktoilette und im Juni 2001 eine Arthroskopie, Innenmeniskus-Teilresektion und Gelenktoilette links und im Juni 2001 eine Arthroskopie und Innenmeniskus-Resektion rechts durchgeführt wurde. Im Februar 2001 war die Extension/Flexion für das rechte Kniegelenk mit 0/0/120° gemessen worden.
Im Januar 2001 beantragte der Kläger zunächst telefonisch und im Februar 2001 schriftlich unter Bezugnahme auf einen Bericht in der Zeitschrift „Sozialrecht und Praxis, Heft 7/00“, wonach medizinische Fußpflege von der Kasse bezahlt werden müsse, eine Kostenzusage für medizinische Fußpflege. Aufgrund seiner Erkrankung und der Tatsache, dass er Marcumar-Patient sei, sei die Notwendigkeit einer medizinischen Fußpflege bei ihm unbestritten. Die von der Beklagten ihm telefonisch erteilte Begründung, dass die medizinische Fußpflege durch einen Arzt erfolgen müsse, sei für ihn nicht nachvollziehbar. Ärzte, darunter auch sein Hausarzt, würden so etwas nicht machen. Hierfür gebe es entsprechende Fachkräfte.
Nachdem die Beklagte den Kläger unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16.11.1999 - Az: B 1 KR 9/97 R - darauf hingewiesen hatte, sie benötige nähere Angaben dazu, ob beim Kläger aufgrund der bei ihm bestehenden Erkrankung medizinische Fußpflege notwendig sei und sein Arzt diese Leistung nicht vornehmen könne, legte der Kläger ein Attest des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. W., wonach bei ihm die Notwendigkeit der fortlaufenden medizinischen Fußpflege wegen schwerer arterieller Verschlusskrankheit (AVK) beider Beine und Marcumar-Einnahme bestehe, vor.
Mit Bescheid vom 06.04.2001 lehnte die Beklagte die beantragte Kostenzusage für die von einer Fußpflegerin erbrachte medizinische Fußpflege ab. Gemäß § 27 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) hätten Versicherte u.a. Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig sei, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Zur Krankenbehandlung zähle neben der ärztlichen und zahnärztlichen Behandlung auch die Versorgung mit Heilmitteln, denen u.a. krankengymnastische Übungen und die physikalische Therapie zuzuordnen seien. Die ärztliche Behandlung werde von Vertragsärzten erbracht. Diese hätten die Richtlinien der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von Heil- und Hilfsmitteln in der kassenärztlichen Versorgung zu beachten. Dabei sei eine Behandlung durch Fußpflegerinnen nicht vorgesehen. Das BSG habe die medizinische Fußpflege dem Bereich der persönlichen Lebensführung und der Gesunderhaltung zugeordnet. Selbst wenn aufgrund der Erkrankung des Klägers fußpflegerische Maßnahmen nur unter erschwerten Bedingungen durchgeführt werden könnten und er sie bei Vorliegen einer Allgemeinerkrankung nur schwerlich selbst durchführen könne, würden diese Maßnahmen der Körperpflege nicht zu einem Heilmittel, das zu Lasten der Krankenkasse abgerechnet werden könne. Fußpflege gehöre weiterhin zum Eigenverantwortungsbereich des Versicherten. Wenn eine Erkrankung des Fußes vorliege, könne ein Vertragsarzt die Fußpflege unter Beachtung der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von Heil- und Hilfsmitteln in der kassenärztlichen Versorgung durchführen und entsprechende Gebührenziffern abrechnen.
Seinen dagegen erhobenen Widerspruch begründete der Kläger unter Vorlage eines Attestes des Oberarztes Dr. K., Chirurgische Universitätsklinik und Poliklinik, Abteilung für Thorax- und Gefäßchirurgie des Universitätsklinikums Ulm, wonach bei ihm die Notwendigkeit einer medizinischen Fußpflege auf Dauer bei schwerer AVK, Zustand nach multiplen Bypassanlagen an beiden Beinen und daraus resultierender Notwendigkeit einer Marcumar-Behandlung besteht, damit, § 27 SGB V sei als Ablehnungsgrund nicht geeignet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.08.2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach der Entscheidung des BSG vom 16.11.1999 sei die Fußpflege unabhängig von der dadurch abgewendeten Gefahr von Gesundheitsstörungen grundsätzlich der Körperpflege zuzuordnen, weil sie nicht in erster Linie zum Zwecke der Gesundheitsförderung und Gesunderhaltung durchgeführt werde und weil sie - etwa was Form und Häufigkeit betreffe - auf die Lebensart bezogen sei. In Einzelfällen sei eine Kostenübernahme möglich. Dies setze voraus, dass die Diagnose „Diabetes mellitus/diabetischer Fuß“ vorliege. Zudem sei eine ärztliche Verordnung mit Angabe der genannten Diagnose und der Behandlungsfrequenz erforderlich. Eine solche Diagnose bestehe beim Kläger aktuell nicht. Eine Kostenübernahme sei deshalb nicht möglich.
Deswegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) mit der Begründung, nach § 27 Abs. 1 SGB V seien auch die Kosten für die notwendige ärztliche Behandlung zu tragen, wenn ohne regelmäßige medizinische Fußpflege Folgekrankheiten zu erwarten seien, die bei einem gesunden Versicherten nicht auftreten würden. Dies gelte insbesondere, wenn die Krankheit ohne Behandlung (hier medizinische Fußpflege) mit hoher Wahrscheinlichkeit weitere Erkrankungen nach sich ziehe. Dann sei eine solche Behandlung erforderlich, um eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes zu verhindern. Diese Voraussetzung läge bei ihm ebenso, wie ein eindeutiger Bezug zur Krankheit und nicht nur das allgemeine Ziel, Folgekrankheiten zu verhindern, vor. Die medizinische Fußpflege werde von Dr. W. angeordnet und überwacht. Ergänzend legte der Kläger den bereits im Antrag erwähnten Aufsatz in der Zeitschrift „Sozialrecht und Praxis 7/00“, S. 445 f., mit dem Titel „Medizinische Fußpflege muss von der Kasse bezahlt werden“ sowie eine Aufstellung über Behandlungskosten für die medizinische Fußpflege vom 01.08.1996 bis 25.03.2003 vor. Außerdem wies er darauf hin, die Behandlungskosten seien ihm bis einschließlich August 1996 erstattet worden. Nachdem ihm damals von der Kasse mitgeteilt worden sei, dass eine Erstattung der Behandlungskosten nicht mehr möglich sei, habe er auf die weitere Ausstellung von ärztlichen Verordnungen verzichtet.
Das SG hörte Dr. W. als sachverständigen Zeugen. Dr. W. teilte mit, der Kläger habe einen Zustand nach Mehrfachoperation wegen schwerer arterieller Durchblutungsstörungen der Beine. Die Operationen seien in den Jahren 1987 und 1990 sowie 1991 durchgeführt worden. Zwischenzeitlich sei er wegen seiner komplizierten Gefäßsituation insbesondere der Beine wiederholt in der Uni-Klinik U. und zuletzt am 21.11.2002 in der Hochrhein-Klinik in Bad S. gewesen. Im Januar 2003 sei ein stationärer Aufenthalt in der Kreisklinik T. wegen eines Erysipels im Bereich des linken Unterschenkels erfolgt. Die von ihm ausgestellten Rezepte über medizinische Fußpflege seien bei der schwerwiegenden Gefäßsituation (eine Amputation des Beines sei in Erwägung gezogen worden) gerechtfertigt gewesen. Da der Kläger außerdem unter Marcumar-Therapie stehe, hätten bereits kleinere Verletzungen durch die selbständige Fußpflege zu schwerwiegenden Komplikationen, Blutungen oder Infektionen führen können. Wer die medizinische Fußpflege erbracht habe, sei ihm namentlich nicht bekannt.
10 
Prof. Dr. S.-P. und Dr. K. vom Universitätsklinikum U. führten unter Beifügung von Arztbriefen ihrer Abteilung sowie der Unfallchirurgischen Abteilung aus, der Kläger leide unter einer arteriellen Verschlusskrankheit im Stadium II beidseits. Trophische Störungen oder sonstige konkrete krankhafte Befunde an den Füssen lägen zur Zeit nicht vor. Aufgrund der beim Kläger bestehenden arteriellen Verschlusskrankheit mit generalisierter Arteriosklerose sei jedoch sicherlich von einer latent vorliegenden Durchblutungsstörung, insbesondere im Bereich der kleinen Gefäße auszugehen. Die entscheidende Therapie sei die Verhinderung von Verletzungen, Druckstellen o.ä.. Der häufigste Anlass für Entzündungen im Zehenbereich sei hier eindeutig eine fehlerhaft durchgeführte Fußpflege. Die Durchführung einer medizinischen Fußpflege stelle eine prophylaktische Maßnahme dar, um eine unmittelbare konkrete Gesundheitsgefahr zu vermeiden. Die häufig zu verzeichnenden Folgeschäden durch fehlerhaft durchgeführte Fußpflegemaßnahmen seien in der Gefäßchirurgie oft erst in Form von Unterschenkelamputationen zu therapieren. Ähnlich wie beim chronischen Diabetiker sei auch beim chronischen Arteriosklerosepatienten die Veränderung der Schäden, also der prophylaktische Ansatz wichtiger als die äußerst schwere, meist langwierige und oft nicht erfolgreiche Behandlung von Entzündungen und Verletzungen im Bereich der Zehen. Die häufig schwierige Fußpflege beim älteren Menschen könne in der Regel meist nicht von diesem selbst durchgeführt werden. Sollte diese Maßnahme nicht von entsprechend eingewiesenen und geschickten Angehörigen durchführbar sein, bleibe keine andere Möglichkeit als eine professionelle und regelmäßige medizinische Fußpflege als persönliches Heilmittel zu verordnen. Dies sei vor allem dann gegeben, wenn Visusstörungen vorlägen oder wenn orthopädische Einschränkungen bestehen würden. Der Kläger trage eine Brille. Ebenso würden die bei ihm langjährig dokumentierten Kniearthrosen beidseits mit Sicherheit eine einwandfreie Durchführung der notwendigen Fußpflege durch ihn selbst behindern.
11 
Ergänzend berichtete Dr. W. auf erneute Nachfrage, weitere Angaben seien ihm nicht möglich. Er legte eine Bescheinigung des Dr. H., Leitender Oberarzt der Abteilung für Gefäß-, Thorax- und Herzchirurgie, Universität U., vom 20.11.1990, wonach der Arzt insbesondere aufgrund der grenzwertig kompensierten Durchblutungssituation am linken Bein die Fortsetzung einer fachgerechten medizinischen Fußpflege für dringend erforderlich hält, und einen Behandlungsbericht vom April 2003 (Diagnose: Verdacht auf beginnendes Panaritium Großzehe links bei PAVK) vor.
12 
Die Beklagte wies auf Nachfrage darauf hin, dass der Kläger seit Inkrafttreten der geänderten Richtlinien vom 26.02.2002 keinen erneuten Antrag für die Gewährung medizinischer Fußpflege gestellt habe. Nach den geänderten Richtlinien vom 26.02.2002 sei die Maßnahme der podologischen Therapie nur dann ein verordnungsfähiges Heilmittel, wenn sie der Behandlung krankhafter Veränderungen am Fuß infolge Diabetes mellitus (diabetisches Fußsyndrom) dienen würde.
13 
Mit Urteil vom 28.08.2003, der Beklagten zugestellt am 16.09.2003, verurteilte das SG die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 06.04.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 23.08.2001, dem Kläger die Kosten der medizinischen Fußpflege ab Januar 2001 entsprechend seinem Antrag zu erstatten und den Nachzahlungsbetrag gemäß § 44 SGB I zu verzinsen. Das SG führte aus, die Beklagte könne sich für die Zeit vor dem 01.07.2001 auf den Leistungsausschluss in den Heil- und Hilfsmittelrichtlinien nicht berufen, da es für diesen keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage gebe. Gleiches gelte auch für die seit 01.07.2001 eingetretene Rechtsänderung, soweit die vorgenannten Richtlinien außer Kraft getreten und hinsichtlich der Heilmittel durch die Heilmittel-Richtlinien vom 16.10.2000 ersetzt worden seien und für die Heilmittel-Richtlinien vom 26.02.2002 mit Wirkung vom 01.07./01.08.2002. Den Entscheidungsgründen des Urteils des BSG vom 16.11.1999 sei nicht zu entnehmen, dass Maßnahmen der podologischen Therapie nur zur Behandlung krankhafter Veränderungen am Fuß infolge Diabetes mellitus als verordnungsfähiges Heilmittel in Betracht kämen. Nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen und den glaubhaften Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung sei der Kläger wegen seines eingeschränkten Sehvermögens und alters- und krankheitsbedingter eingeschränkter Beweglichkeit nicht in der Lage, die erforderliche Fußpflege selbst durchzuführen und ihm stünden dafür auch keine geeigneten Angehörigen zur Verfügung. Insoweit rechtfertige sein Gesundheitszustand Fußpflege als Verhütungsmaßnahme, weil bei Schwere und Art der Grunderkrankung eine deutlich höhere Gefahr von gravierenden Gesundheitsstörungen an den Füßen als bei einem gesunden Versicherten bestehen würden. Es handele sich dabei auch nicht nur um eine abstrakte, sondern um eine höchst konkrete Gesundheitsgefahr. Dies werde daraus deutlich, dass der Kläger erst Ende Januar 2003 wegen eines Erysipels im Bereich des linken Unterschenkels mehrere Wochen lang habe stationär behandelt werden müssen und Ende April 2003 eine weitere notfallmäßige, mehrwöchige Behandlung wegen einer Entzündung an der linken Großzehe erforderlich gewesen sei. Nachdem der Sachleistungs-Anspruch (und ebenso die Kostenerstattung) bislang unter Berufung auf die Heilmittel-Richtlinien generell abgelehnt worden sei, könne dem Leistungsbegehren des Klägers bislang auch nicht entgegengehalten werden, dass er sich bezüglich der streitigen Fußpflege keine weiteren ärztlichen Verordnungen mehr habe ausstellen lassen. Künftig sei es jedoch geboten bei der Verordnung von Maßnahmen der podologischen Therapie die in den Heilmittel-Richtlinien vom 26.02.2002 festgelegten Kriterien entsprechend zu beachten.
14 
Hiergegen hat die Beklagte am 15.10.2003 Berufung eingelegt mit der Begründung, dass medizinische Fußpflege entsprechend dem Urteil des BSG vom 16.11.1999 grundsätzlich der Körperpflege zuzuordnen sei. Eine Kostenübernahme sei demnach in Einzelfällen nur bei der Diagnose „Diabetes mellitus/diabetischer Fuß“ als Krankenbehandlung möglich. Diese Auffassung bestätige auch der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in seiner Bekanntmachung über die Änderung der Richtlinien über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung vom 26.02.2002. Danach komme die podologische Therapie bei an diabetischem Fußsyndrom leidenden Patienten nur in Betracht, bei denen ohne diese Behandlung unumkehrbare Folgeschäden der Füße, wie Entzündungen und Wundheilungsstörungen, eintreten würden. Die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen seien das maßgebende Beurteilungskriterium entsprechend § 138 i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V. Für die Fußpflege habe es früher keine Anerkennung als Heilmittel gegeben. Insofern sei eine Beurteilung nach den Kriterien des § 138 SGB V vorzunehmen. Darüber hinaus zweifle die Beklagte die Auffassung des SG an, dass die beim Kläger bestehenden Erkrankungen im Falle der unsachgemäßen Fußpflege zu ähnlich schwerwiegenden Erkrankungen an den Füßen führen würden, wie es bei einem diabetischen Fuß der Fall sei.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. August 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
17 
Der Kläger beantragt,
18 
die Berufung zurückzuweisen.
19 
Er weist darauf hin, dass bei ihm aufgrund der Art und Schwere der Grunderkrankungen die konkrete deutlich höhere Gefahr, dass es zu schwerwiegenden Gesundheitsstörungen an den Füßen komme, bestehe. Nach der Entscheidung des BSG vom 16.11.1999 sei der Ausschluss in den Heilmittel-Richtlinien durch die gesetzliche Ermächtigung nicht gedeckt gewesen. Dasselbe gelte auch für die Heilmittel-Richtlinien vom 26.02.2002, soweit dort Maßnahmen der medizinischen Fußpflege nur zur Behandlung krankhafter Veränderungen am Fuß infolge Diabetes mellitus verordnungsfähig seien. Neues Heilmittel im Sinne des § 138 SGB V könne die medizinische Fußpflege schon deshalb nicht sein, weil sie bereits durch die genannte Entscheidung des BSG für bestimmte Erkrankungen als Heilmittel zugelassen worden sei.
20 
Der Senat hat die Augenärztin Dr. St. als sachverständige Zeugin gehört. Diese hat mitgeteilt, bei der im Mai 2001 durchgeführten Untersuchung habe die Sehschärfe für die Ferne ohne Korrektur am rechten wie auch am linken Auge 1,0 und zuletzt im Januar 2004 am rechten Auge 0,8 und am linken Auge 0,9 betragen. Die zuletzt am 08.01.2003 durchgeführte Gesichtsfelduntersuchung habe beidseits einen Normalbefund ergeben. Von der Sehschärfe her sei der Kläger mit entsprechender Nahkorrektur in der Lage feinste Veränderungen an den Zehen zu erkennen. Sein feinmotorisches Geschick und die Kenntnis krankhafter Veränderungen im Zehenbereich einordnen zu können, könne nicht beurteilt werden.
21 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger die Kosten der medizinischen Fußpflege ab Januar 2001 entsprechend seinem Antrag zu erstatten und den Nachzahlungsbetrag zu verzinsen, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten der medizinischen Fußpflege.
23 
Die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruches gemäß § 13 Abs. 3 SGB V, der Krankenbehandlung durch Versorgung mit einem Heilmittel gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 3 SGB V sowie § 32 SGB V und die maßgeblichen Heil- und Hilfsmittel-Richtlinien für die Zeit bis 30.06.2001, vom 01.07.2001 bis 30.06. bzw. 31.07.2002 sowie ab 01.07./01.08.2002 sind im Urteil des SG zutreffend dargestellt. Darauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
24 
Ob die bis 30.06.2001, zwischen 01.07.2001 und 30.06.2002/31.07.2002 sowie ab 01.07.2002/01.08.2002 gültigen Heilmittel-Richtlinien der Verordnungsfähigkeit und Kostenübernahme medizinischer Fußpflege durch ein(e)n Fußpfleger(in) bei einer AVK, entgegenstanden, kann dahingestellt bleiben. Auch wenn entsprechend den Ausführungen des SG für die Richtlinien insoweit jeweils keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage bestanden hätte (so auch für die Zeit bis 30.06.2001, BSG Urteil vom 16.11.1999 - B 1 KR 9/97 R -; bis 30.06.2002/31.07.2002, LSG Berlin Beschluss vom 09.08.2001 - L 9 B 412/01 KR ER), wäre nach den vom BSG in seiner Entscheidung vom 16.11.1999 aufgestellten rechtlichen Kriterien für die Beurteilung medizinischer Fußpflege im Fall des Klägers ein Anspruch auf Kostenübernahme zu verneinen.
25 
Entsprechend den Ausführungen des BSG in seinem Urteil vom 16.11.1999 ist im Rahmen des § 27 Satz 1 SGB V unter dem Gesichtspunkt der Verhütung einer Verschlimmerung der Erkrankung zu überprüfen, ob aufgrund der beim Kläger vorliegenden AVK und ihrer Auswirkungen auf den Gesamtgesundheitszustand eine unmittelbare, konkrete Gefahr besteht, dass ohne regelmäßige medizinische Fußpflege besondere Folgeschäden auftreten, mit denen bei einem gesunden Versicherten nicht zu rechnen ist. Zieht eine Krankheit im unbehandelten Zustand zwangsläufig oder mit hoher Wahrscheinlichkeit weitere Erkrankungen nach sich, so sind medizinische Maßnahmen, die dem entgegenwirken und eine Verschlechterung des Gesamtgesundheitszustandes verhüten sollen, als Behandlung der Grundkrankheit und damit als Krankenbehandlung im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB V aufzufassen.
26 
Für die Gefahr von Fußerkrankungen spricht im Falle des Klägers die bei ihm vorliegende AVK, die mehrere Bypässe erforderlich gemacht hat und die dadurch bedingte Notwendigkeit der Einnahme von Marcumar. Sowohl der behandelnde Hausarzt Dr. W. als auch Oberarzt Dr. K. und bereits in den 90er Jahren Dr. H. haben dargelegt, dass es bei diesem Krankheitsbild entscheidend darauf ankommt, das Auftreten von Verletzungen, Druckstellen oder Entzündungen im Zehenbereich, die häufig Folge einer fehlerhaft durchgeführten Fußpflege seien, zu vermeiden, weil die Behandlung von Entzündungen und Verletzungen im Bereich der Zehen bei diesem Krankheitsbild äußerst schwierig, meist langwierig und nicht selten auch in Form von Unterschenkelamputationen zu therapieren sei.
27 
Auf der anderen Seite ist jedoch zu beachten, dass es sich beim Kläger insoweit zur Zeit nach den Ausführungen von Dr. K. nur um eine latent vorliegende Durchblutungsstörung handelt. Trophische Störungen in Form von Schäden am Weichteilgewebe und der Haut, vorwiegend am Unterschenkel und an den Zehen bedingt durch eine Mangeldurchblutung, liegen nicht vor. Es besteht auch nicht, wie etwa in dem vom BSG entschiedenen Fall vom 16.11.1999, ein verstärktes Hornhautwachstum im Bereich der Zehen und/oder Hautrisse. Eine vermehrte Fußpflege und eine besondere Form der Behandlung im Rahmen der Fußpflege ist beim Kläger nicht erforderlich. Besonderes Gewicht kommt auch der Tatsache zu, dass beim Kläger im Gegensatz zu dem der Entscheidung des BSG zugrundeliegenden Fall eine herabgesetzte Empfindlichkeit im Bereich der Füße und Zehen, die das Risiko unbemerkter Verletzungen in sich bergen würde, nicht beschrieben wird. Der Kläger sieht nach der von Dr. St. erteilten Auskunft auch so gut, dass er in der Lage ist, feinste Veränderungen an den Zehen zu erkennen. Im Zusammenhang mit der nicht gestörten Empfindlichkeit vermag er sofort auf Auffälligkeiten zu reagieren.
28 
Damit besteht bei ihm nicht die notwendige unmittelbare konkrete Gefahr, dass ohne regelmäßige medizinische Fußpflege besondere Folgeschäden auftreten.
29 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter dem Aspekt, dass beim Kläger im Bereich beider Knie eine Gonarthrose und Meniskusschäden vorliegen und sich der Befund insoweit nach dem Vortrag des Klägers verschlechtert hat. Dies ist für die Gewährung medizinischer Fußpflege nicht maßgebend. Fußpflege wird in einem solchen Fall zum Ausgleich einer (teilweisen) Hilflosigkeit bei der Körperpflege benötigt. Damit fällt sie in den Bereich der Körperpflege. Hierfür ist der Versicherte selbst zuständig (vgl. LSG Niedersachsen Urteil vom 08.04.1992 -L 4 KR 151/91-; BSG Urteil vom 21.10.1998 -B 9 V 3/98 R-).
30 
Bei der beim Kläger notwendigen Fußpflege stehen damit nicht gesundheitliche, sondern pflegerische Belange im Vordergrund. Die Fußpflege des Klägers ist unabhängig von der dadurch abgewendeten Gefahr von Gesundheitsstörungen, der Körperpflege zuzuordnen. Zur Erreichung des therapeutischen Zwecks einschließlich einer regelmäßigen sachkundigen Kontrolle auf beginnende schädliche Veränderungen oder im Hinblick auf die Gefahren einer Fehlbehandlung ist es nicht notwendig, die Fußpflege im konkreten Fall qualifiziertem medizinischen Personal vorzubehalten. Zwar ist beim Kläger eine regelmäßige Fußpflege unerlässlich, es bestehen jedoch keine Auffälligkeiten im Bereich der Zehen und Füße und der Kläger ist sowohl von seinem Sehvermögen als auch der Wahrnehmung her in der Lage, die Fußpflege ohne die Gefahr einer Verletzung durchzuführen. Sollte es zu einer Verletzung kommen, was auch - wie aus dem Bericht vom April 2003 hervorgeht - bei medizinischer Fußpflege nicht ausgeschlossen ist, vermag er dies sofort zu sehen und zu spüren und kann ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen.
31 
Die Berufung der Beklagten hat deshalb in der Sache Erfolg.
32 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
33 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
22 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger die Kosten der medizinischen Fußpflege ab Januar 2001 entsprechend seinem Antrag zu erstatten und den Nachzahlungsbetrag zu verzinsen, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten der medizinischen Fußpflege.
23 
Die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruches gemäß § 13 Abs. 3 SGB V, der Krankenbehandlung durch Versorgung mit einem Heilmittel gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 3 SGB V sowie § 32 SGB V und die maßgeblichen Heil- und Hilfsmittel-Richtlinien für die Zeit bis 30.06.2001, vom 01.07.2001 bis 30.06. bzw. 31.07.2002 sowie ab 01.07./01.08.2002 sind im Urteil des SG zutreffend dargestellt. Darauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
24 
Ob die bis 30.06.2001, zwischen 01.07.2001 und 30.06.2002/31.07.2002 sowie ab 01.07.2002/01.08.2002 gültigen Heilmittel-Richtlinien der Verordnungsfähigkeit und Kostenübernahme medizinischer Fußpflege durch ein(e)n Fußpfleger(in) bei einer AVK, entgegenstanden, kann dahingestellt bleiben. Auch wenn entsprechend den Ausführungen des SG für die Richtlinien insoweit jeweils keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage bestanden hätte (so auch für die Zeit bis 30.06.2001, BSG Urteil vom 16.11.1999 - B 1 KR 9/97 R -; bis 30.06.2002/31.07.2002, LSG Berlin Beschluss vom 09.08.2001 - L 9 B 412/01 KR ER), wäre nach den vom BSG in seiner Entscheidung vom 16.11.1999 aufgestellten rechtlichen Kriterien für die Beurteilung medizinischer Fußpflege im Fall des Klägers ein Anspruch auf Kostenübernahme zu verneinen.
25 
Entsprechend den Ausführungen des BSG in seinem Urteil vom 16.11.1999 ist im Rahmen des § 27 Satz 1 SGB V unter dem Gesichtspunkt der Verhütung einer Verschlimmerung der Erkrankung zu überprüfen, ob aufgrund der beim Kläger vorliegenden AVK und ihrer Auswirkungen auf den Gesamtgesundheitszustand eine unmittelbare, konkrete Gefahr besteht, dass ohne regelmäßige medizinische Fußpflege besondere Folgeschäden auftreten, mit denen bei einem gesunden Versicherten nicht zu rechnen ist. Zieht eine Krankheit im unbehandelten Zustand zwangsläufig oder mit hoher Wahrscheinlichkeit weitere Erkrankungen nach sich, so sind medizinische Maßnahmen, die dem entgegenwirken und eine Verschlechterung des Gesamtgesundheitszustandes verhüten sollen, als Behandlung der Grundkrankheit und damit als Krankenbehandlung im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB V aufzufassen.
26 
Für die Gefahr von Fußerkrankungen spricht im Falle des Klägers die bei ihm vorliegende AVK, die mehrere Bypässe erforderlich gemacht hat und die dadurch bedingte Notwendigkeit der Einnahme von Marcumar. Sowohl der behandelnde Hausarzt Dr. W. als auch Oberarzt Dr. K. und bereits in den 90er Jahren Dr. H. haben dargelegt, dass es bei diesem Krankheitsbild entscheidend darauf ankommt, das Auftreten von Verletzungen, Druckstellen oder Entzündungen im Zehenbereich, die häufig Folge einer fehlerhaft durchgeführten Fußpflege seien, zu vermeiden, weil die Behandlung von Entzündungen und Verletzungen im Bereich der Zehen bei diesem Krankheitsbild äußerst schwierig, meist langwierig und nicht selten auch in Form von Unterschenkelamputationen zu therapieren sei.
27 
Auf der anderen Seite ist jedoch zu beachten, dass es sich beim Kläger insoweit zur Zeit nach den Ausführungen von Dr. K. nur um eine latent vorliegende Durchblutungsstörung handelt. Trophische Störungen in Form von Schäden am Weichteilgewebe und der Haut, vorwiegend am Unterschenkel und an den Zehen bedingt durch eine Mangeldurchblutung, liegen nicht vor. Es besteht auch nicht, wie etwa in dem vom BSG entschiedenen Fall vom 16.11.1999, ein verstärktes Hornhautwachstum im Bereich der Zehen und/oder Hautrisse. Eine vermehrte Fußpflege und eine besondere Form der Behandlung im Rahmen der Fußpflege ist beim Kläger nicht erforderlich. Besonderes Gewicht kommt auch der Tatsache zu, dass beim Kläger im Gegensatz zu dem der Entscheidung des BSG zugrundeliegenden Fall eine herabgesetzte Empfindlichkeit im Bereich der Füße und Zehen, die das Risiko unbemerkter Verletzungen in sich bergen würde, nicht beschrieben wird. Der Kläger sieht nach der von Dr. St. erteilten Auskunft auch so gut, dass er in der Lage ist, feinste Veränderungen an den Zehen zu erkennen. Im Zusammenhang mit der nicht gestörten Empfindlichkeit vermag er sofort auf Auffälligkeiten zu reagieren.
28 
Damit besteht bei ihm nicht die notwendige unmittelbare konkrete Gefahr, dass ohne regelmäßige medizinische Fußpflege besondere Folgeschäden auftreten.
29 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter dem Aspekt, dass beim Kläger im Bereich beider Knie eine Gonarthrose und Meniskusschäden vorliegen und sich der Befund insoweit nach dem Vortrag des Klägers verschlechtert hat. Dies ist für die Gewährung medizinischer Fußpflege nicht maßgebend. Fußpflege wird in einem solchen Fall zum Ausgleich einer (teilweisen) Hilflosigkeit bei der Körperpflege benötigt. Damit fällt sie in den Bereich der Körperpflege. Hierfür ist der Versicherte selbst zuständig (vgl. LSG Niedersachsen Urteil vom 08.04.1992 -L 4 KR 151/91-; BSG Urteil vom 21.10.1998 -B 9 V 3/98 R-).
30 
Bei der beim Kläger notwendigen Fußpflege stehen damit nicht gesundheitliche, sondern pflegerische Belange im Vordergrund. Die Fußpflege des Klägers ist unabhängig von der dadurch abgewendeten Gefahr von Gesundheitsstörungen, der Körperpflege zuzuordnen. Zur Erreichung des therapeutischen Zwecks einschließlich einer regelmäßigen sachkundigen Kontrolle auf beginnende schädliche Veränderungen oder im Hinblick auf die Gefahren einer Fehlbehandlung ist es nicht notwendig, die Fußpflege im konkreten Fall qualifiziertem medizinischen Personal vorzubehalten. Zwar ist beim Kläger eine regelmäßige Fußpflege unerlässlich, es bestehen jedoch keine Auffälligkeiten im Bereich der Zehen und Füße und der Kläger ist sowohl von seinem Sehvermögen als auch der Wahrnehmung her in der Lage, die Fußpflege ohne die Gefahr einer Verletzung durchzuführen. Sollte es zu einer Verletzung kommen, was auch - wie aus dem Bericht vom April 2003 hervorgeht - bei medizinischer Fußpflege nicht ausgeschlossen ist, vermag er dies sofort zu sehen und zu spüren und kann ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen.
31 
Die Berufung der Beklagten hat deshalb in der Sache Erfolg.
32 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
33 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Heilmitteln, soweit sie nicht nach § 34 ausgeschlossen sind. Ein Anspruch besteht auch auf Versorgung mit Heilmitteln, die telemedizinisch erbracht werden. Für nicht nach Satz 1 ausgeschlossene Heilmittel bleibt § 92 unberührt.

(1a) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 das Nähere zur Heilmittelversorgung von Versicherten mit langfristigem Behandlungsbedarf. Er hat insbesondere zu bestimmen, wann ein langfristiger Heilmittelbedarf vorliegt, und festzulegen, ob und inwieweit ein Genehmigungsverfahren durchzuführen ist. Ist in der Richtlinie ein Genehmigungsverfahren vorgesehen, so ist über die Anträge innerhalb von vier Wochen zu entscheiden; ansonsten gilt die Genehmigung nach Ablauf der Frist als erteilt. Soweit zur Entscheidung ergänzende Informationen des Antragstellers erforderlich sind, ist der Lauf der Frist bis zum Eingang dieser Informationen unterbrochen.

(1b) Verordnungen, die über die in der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in Verbindung mit Absatz 6 Satz 1 Nummer 3 geregelte orientierende Behandlungsmenge hinausgehen, bedürfen keiner Genehmigung durch die Krankenkasse.

(1c) (weggefallen)

(2) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, haben zu den Kosten der Heilmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 3 ergebenden Betrag an die abgebende Stelle zu leisten. Dies gilt auch, wenn Massagen, Bäder und Krankengymnastik als Bestandteil der ärztlichen Behandlung (§ 27 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1) oder bei ambulanter Behandlung in Krankenhäusern, Rehabilitations- oder anderen Einrichtungen abgegeben werden. Die Zuzahlung für die in Satz 2 genannten Heilmittel, die als Bestandteil der ärztlichen Behandlung abgegeben werden, errechnet sich nach den Preisen, die nach § 125 vereinbart oder nach § 125b Absatz 2 festgesetzt worden sind.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.