Gericht

Sozialgericht München

Tenor

I.

Es wird unter Aufhebung des Bescheids vom 26.10.2005 sowie des Widerspruchsbescheids vom 22.06.2006 festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist dem Kläger wegen eines im Zusammenhang mit der Impfung vom 28.06.2001 erlittenen Impfschadens in Gestalt eines Anfallleidens Beschädigtenversorgung nach dem IfSG ab 01.12.2003 zu gewähren.

II.

Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits des Klägers.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Beschädigtenversorgung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG).

Der am ...2000 geborene Kläger erhielt am 11.04.2001 und 28.06.2001 jeweils eine Impfung mit dem Impfstoff Infanrix hexa, Chargennummer vgl. Bl. 6 IfSG- Akte, gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Hib, Hepatitis B, Polyomyelitis. Angeschuldigt wurde mit Antrag vom 19.12.2003 die Impfung vom 28.06.2001. Nach Einholung von ärztlichen Unterlagen sowie einer Stellungnahme des D- Institutes zu gemeldeten Impffolgen im Zusammenhang mit dem Impfstoff Infanrix hexa erstellte der Beklagte versorgungsärztliches Gutachten vom 14.06.2005. Dort wurde im Rahmen einer ambulanten Untersuchung von der Mutter geschildert, dass die erste Impfung im April 2001 komplikationslos vertragen worden sei, nach der Impfung am 28.06.2001, die vormittags verabreicht wurde, sei es nachmittags zu hohem Fieber (40 Grad) und schrillem Schreien gekommen. Der Kläger sei ab 30.06.2001 wieder unauffällig gewesen. Am 12.07.2001 sei ein erstes Kopfnicken aufgetreten, ab 14.07.2001 habe Behandlung in der Kinderklinik E-Stadt stattgefunden. Es habe sich ein therapieresistentes Anfallsleiden herausgebildet. Bezüglich des erhöhten Bilirubinwerts, behandelt im Krankenhaus I-Stadt am 04./05. 01.2001 wird familiäres gehäuftes Aufkommen dieses Ikterus geschildert.

Der Beklagte holte Sachverständigengutachten von Prof. Dr. F. vom 06.09.2005 ein. Der Gutachter geht davon aus, dass bei dem Kläger ein BNS- Anfallsleiden besteht und verneint im Ergebnis einen Kausalzusammenhang mit der Impfung vom 28.06.2001. Er verweist insbesondere auf den fehlenden Nachweis einer gesicherten postvakzinalen Encephalopathie. Der Gutachter weist darauf hin, dass die Diagnose eines West-Syndroms (BNS- Anfallleiden) im EEG anhand der beweisenden Hypsarrhythmie getroffen worden sei. Die BNS- Anfallsleiden würden überwiegend im Säuglingsalter zwischen dem zweiten und achten Lebensmonat, bei Knaben sehr viel häufiger als bei Mädchen, auftreten. Ätiologisch kämen alle Störungen bzw. Schädigungen in Betracht, die das Gehirn in Schwangerschaft, bei Geburt oder in der frühen Säuglingszeit betreffen könnten, so Fehlbildungen, exogene Schädigungen, neurometabolische oder degenerative Erkrankungen. Genetische Faktoren würden allenfalls in 30% der Fälle eine Rolle spielen. Es werde hier ab Ende 2001 eine Thetaaktivität erwähnt, die wie bekannt verdächtig in Richtung genetischer Anfallsdetermination gelte, diese hier jedoch nicht auffällig dominierend. Zur Frage einer cerebralen Vorschädigung verweist der Gutachter auf das Kernspintomogram vom 24.07.2001, also ca. 4 Wochen nach der zweiten Impfung. Der Befund sei als unauffällig berichtet, es zeige sich eine Arachnoidalzyste. Sie könne bedeutungslos sein, jedoch auch ein Hinweis auf mögliche andere Vorschädigungen bzw. Fehlbildungen. Die Hyperbilirubinanämie, die mit einem Maximalwert von 18,8 Milligramm pro Deziliter im Krankenhaus I-Stadt beschrieben werde, jedoch möglicherweise einen höheren Maximalwert habe, könne einen Hirnschaden zurückgelassen haben. Vorliegend würden keine klinischen Akutsymptome für Kernikterus beschrieben, immerhin fehle aber bei der Vorsorgeuntersuchung U3 der akustische Blinzelreflex. Die Vorsorgeuntersuchungen U 4 und U 5 würden als unbedenklich bescheinigt. Die große Mehrzahl der Fälle von BNS- Anfallsleiden zeige schon vor dem Auftreten bzw. Bemerken der ersten Anfälle pathologische neurologische Symptome bzw. Anzeichen von Entwicklungsretardierung, es sei am Aufnahmetag in der Kinderklinik E-Stadt eine motorische Retardierung festgestellt worden. Aus den von den Eltern beobachteten Beschwerden am 28. und. 29.06.2001 lasse sich lediglich eine selten zu beobachtende passagere und daher letztlich hinzunehmende Nebenwirkung im Sinne der folgenlosen sogenannten Impfkrankheit ableiten. Der zeitliche Zusammenhang zwischen Impfung und ersten Anfällen sei zwangsläufig häufig gegeben bei typischerweise in eben diesem Altersabschnitt sich manifestierenden Anfallsleiden. Der Gutachter führt weiter aus, dass es keinen vernünftigen Zweifel gebe, dass im Gefolge der Sechsfach-Impfung es zu tödlichen Anaphylaxien (Hirnschwellungen) gekommen sei. In der roten Liste 2005 Nr. 75083 werde unter Nebenwirkungen für Infanrix hexa dies auch angedeutet wenn es dort heiße: „Sehr selten allergische Reaktionen, anaphylaktische Reaktionen, Krampfanfälle, Kollaps oder schockähnlicher Zustand“. Für ein Konkurrenzpräparat liege eine detaillierte Studie vor. Ein anaphylaktisches Ereignis liege bei dem Kläger aber nicht vor. Dies ergebe sich aus Neurostatus, Liquor, Kernspintomogram aus der Kinderklinik E-Stadt. Von einigen Komponenten des Sechsfachimpfstoffes Infanrix hexa sei kinderklinisch, kinderneurologisch zuverlässig belegt, dass impfbedingte postvakzinale Encephalopahtien auftreten könnten, zum Teil auch mit anschließenden neurologischen Dauerschäden und bzw. oder Krampfleiden. Dies gelte zuverlässig für Diphtherie bzw. Diphtherie- Tetanusimpfstoff sowie für Pertussisimpfstoff, wenn auch bei modernem azellulärem Impfstoff erheblich seltener als bei seinem Vorgänger. Die akzeptierte Spanne postvakzinaler Inkubationszeit für zentralnervöse Schäden nach azellulärem Pertussis-Impfstoff reiche vom 1. Bis zum 3. (ausnahmsweise 7.) postvakzinalen Tag. Der Gutachter Prof. Dr. F. schildert sodann die Studie von Bellmann et al, in der geschildert werde, dass die Erstmanifestation von Erstanfallsleiden zwar innerhalb der ersten Woche nach Keuchhustenimpfung übernormal gehäuft auftrete, in den anschließenden drei Wochen jedoch unter normal selten sei und insgesamt innerhalb der ersten vier postvakzinalen Wochen statistisch nicht häufiger auftrete als ohne Impfung. Dies bedeute, dass die Impfung zwar in der Lage sei, einen Teil der innerhalb der nächsten ca. 4 Wochen nach Impfung eo ipso (aus sich heraus) zur Manifestation anstehenden vorgeschädigten BNS- Anfallsleiden gelegenheitsursächlich vorzeitig bereits in der ersten postvakzialen Woche zu Manifestation zu bringen (zu triggern) sie sei aber nicht im Stande, in statistisch nachweisbarem Umfang BNS- Anfallsleiden ursächlich oder mitursächlich zu erzeugen. Der Gutachter führt weiter aus, dass wolle man ein Westsyndrom vollursächlich oder gleichgewichtig mitursächlich auf Impfung zurückführen dies insbesondere spezifisch durch Encephalopathie beweisbedürftig wäre. Mangels einer Encephalopathie könne ein solcher Sonderfall für den Kläger nicht in Betracht gezogen werden.

Der Beklagte lehnte auf der Grundlage dieses Gutachtens mit Bescheid vom 26.10.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.06.2006 Impfschadensversorgung ab.

Im hiergegen angestrengten Klageverfahren wurde mit Klagebegründung vom 22.09.2006 vorgebracht, dass die Impfung am 28.06.2001 vormittags verabreicht worden sei, am Nachmittag sei die Temperatur auf 40 Grad Celsius gestiegen der Kläger habe schrill geschrien und sei unruhig gewesen. Am nächsten Tag habe die Temperatur immer noch 38,5 Grad Celsius betragen der Kläger sei noch zwei Tage schlaff, apathisch und im Allgemeinzustand reduziert gewesen. Am 12.07.2001 sei erstmals ein Kopfnicken beobachtet worden und nach erneutem Auftreten ab 14.07.2001 Einweisung in die Kinderklinik E-Stadt erfolgt. Im Abschlussbericht der Kinderklinik E-Stadt vom 19.12.2001 werde das Einsetzen der Symptomatik bereits mit dem 10.07.2001 datiert. Eine am 20.07.2001 stattgefundene Liquor- Untersuchung sei ohne pathogenen Befund geblieben. Die bildgebende Darstellung des Gehirns vom 18.07.2001 sei ebenfalls bis auf die Arachnoidalzyste links temporal sonographisch unauffällig. Es sei bei dem Kläger eine akute toxisch allergische Encephalopathie aufgetreten. Dabei komme es zu einer vermehrten Durchlässigkeit der cerebralen Blutgefäße, im weiteren Verlauf schwelle ein Teil des Gehirns an und es bilde sich ein Hirnödem, welches zu einer Schädigung der Nervenzellen führe. Zum Zeitpunkt der Kernspintomographie vom 24.07.2001 sei dieses massive Hirnödem nicht mehr nachweisbar gewesen. In den ersten Tagen postvakzinal wäre hingegen von einem gelingenden Nachweis des Ödems auszugehen. Die postvakzinale toxisch allergische Encephalopathie führe typischerweise auch nicht zu Veränderungen im Liquor, ebenfalls fänden sich keine Demyelinisierungsprozesse. Das schrille Schreien nach der Impfung sei als Ausdruck der Erkrankung des Gehirns anzusehen. Nach der Impfung sei es zu einem deutlichen Entwicklungsknick gekommen. Fähigkeiten wie Umdrehen, Hochsitzen mit gehaltenem Oberkörper, Greifen, Lächeln, Augenkontakt seien ganz verloren gegangen. Es sei weiter darauf hinzuweisen, dass auch der Gutachter Prof. Dr. F. eine genetische Disposition für eher unwahrscheinlich halte und auch die Familienanamnese mit einem Großonkel mit unklarer Behinderung nicht aussagekräftig sei. Es werde weiter im Übrigen bestritten, dass die Werte der Hyperbilirubinanämie pathogen gewesen seien.

Zu der von der Klägerbevollmächtigten vorgelegten Literatur erging versorgungsärztliches Gutachten nach Aktenlage vom 23.01.2007; dort wird ausgeführt, dass bezüglich der von Klägerseite angenommenen akuten toxischen Encephalopathie sich dann auch kleine ischämische neuronale Schäden in der Kernspintomographie finden sollten. Diese sei jedoch abgesehen von einer Arachnoidalzyste unauffällig befundet.

Mit Stellungnahme des Prof. Dr. F. vom 22.03.2007 führte dieser aus, dass aus den Symptomen, die am 28. und 29.06.2001 aufgetreten seien, nicht auf eine Encephalopathie zu schließen sei. Der Gutachter führt weiter aus, dass bei einer toxisch allergischen Encephalopathie ein Hirnödem tatsächlich bis zum Kernspin vom 24.07.2001 wieder hätte schwinden können. Allerdings wäre dann zu erwarten gewesen, dass in der Hirnsubstanz entstandene Folgeschäden des Ödems sich dargestellt hätten. Weiter führte der Gutachter aus, dass nicht alle postvakzinalen Encephalopathien einen pathologischen Liquorbefund haben müssten, im Falle eines Hirnödems ein abklingender Restbefund aber auch noch am 20.07.2001 bei der Liquor-Untersuchung in der Kinderklinik E-Stadt mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen wäre. Weiter habe auch kein postvakzinaler bzw. postencephalopathischer Entwickelungsknick stattgefunden bei unauffälligen Zuständen vom 30.06.2001 bis 10. bzw. 12.07.2001. Der bei stationärer Aufnahme am 18.07.2001 in E-Stadt festgestellte Entwicklungsrückstand bedeute somit, dass er schon vor der Impfung vorhanden gewesen sein müsse. Bei BNS- Anfallsleiden sei es ungemein typisch, dass psychomotorische Entwicklungsverluste auftreten würden. Der Gutachter Prof. Dr. F. kommt zusammenfassend zu der Ansicht, dass bei dem Kläger keine postvakzinale Encephalopathie und auch keine blande Encephalopathie bestanden habe. Nach Pathogenese und Befunden seien mehrere Formen postvakzinaler cerebraler Erkrankungen zu unterscheiden. Im Akutstadium hätten fast alle einen pathologischen Kernspinbefund. Bei Kernspintomographie erst mehrere Wochen nach Erkrankung fände sich bei einigen Form obligatorisch ein pathologischer Befund, bei anderen mindestens fakulativ. Das Kernspintomogramm des Klägers Ende Juli 2001 sei unauffällig. Auch der Liquorwert sei unauffällig.

Nach umfangreicher Unterlageneinholung wurden die Eltern des Klägers in nichtöffentlicher Sitzung vom 28.04.2009 befragt. Bezüglich des bei der Untersuchung U3 am 07.02.2001 festgestellten Fehlens des akustischen Blinzelreflexes auf Händeklatschen schilderte die Mutter, dass bereits auf ein zweites Händeklatschen mit Blinzelreflex reagiert worden sei. In den ersten Lebensmonaten hätten sich keine Auffälligkeiten in der Entwicklung gezeigt. Aufgrund des 16 Monate älteren Bruders habe man Erfahrung gehabt. Der erhöhte Bilirubinwert sei auch bei dem älteren Bruder und auch bei den Kindern der Schwester aufgetreten. Der Kläger habe sich zum Zeitpunkt der Impfung bereits vom Rücken auf den Bauch und auch wieder auf den Rücken gedreht, nach Erinnerung auf beide Seiten. Er habe beim Hochsitz mitgehalten außerdem nach Erinnerung mit Abstützung Sitzen können. Es habe normaler Blickkontakt mit ihm bestanden und man habe mit ihm scherzen können. Die Impfung vom 28.06.2001 sei vormittags verabreicht worden. Nachmittags habe der Kläger anhaltend schrill geschrien, nach Angabe der Mutter ein gellendes Schreien, das sie so zuvor nicht gekannt habe. Nach Rücksprache mit Herrn Dr. L. habe sie ein Paracetamol-Zäpfchen gegeben. Zu diesem Zeitpunkt hätte 40 Grad Fieber bestanden, es sei dann auf 38,5 Grad herunter gegangen. Der Kläger sei erschöpft und wie ruhig gestellt gewesen. Am nächsten Tag sei er noch etwas benommen und erschöpft gewesen und habe sich dann am 30.06.2001 wieder erholt. Am 10.07.2001 sei der Mutter ein auffälliges Kopfnicken aufgefallen, sie könne sich an das Datum genau erinnern, da es das Geburtstagsfest der Tochter ihrer Schwester gewesen sei. Auch der Vater des Klägers gibt an, dass am gleichen Nachmittag ihm ein Kopfnicken aufgefallen sei, wobei der Kläger mit dem Kopf auf sein Schlüsselbein geschlagen sei. Die Mutter gibt weiter an, dass ihr bereits vier oder fünf Tage vor dem 10.07.2001 ein solches Kopfnicken aufgefallen sei, als sie Vinzenz auf dem Arm gehalten habe. Es sei also dann zur Behandlung im Krankenhaus E-Stadt gekommen. Vorgelegt werden Bilder des Klägers vor der streitgegenständlichen Impfung.

Seitens des Gerichts erfolgte Einholung weiterer ärztlicher Unterlagen. Im Bericht des Dr. G. vom 03.12.2009 wurde Behandlung einmalig am 30.11.2004 und als Diagnose idiopathisches bzw. kryptogenes West-Syndrom berichtet. Dr. G. merkte an, dass sollte es wirklich so sein, dass ein erster Anfall weniger als vier Tage nach einer Impfung aufgetreten sei man aus seiner Sicht einen Zusammenhang zu einer möglichen SCN1A-Mutation noch einmal hinterfragen müsse. Zu diesem Thema werde aktuell eine Publikation eingereicht.

Der vom Gericht nach § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beauftragte Sachverständige Herr Dr. N., Sozialpädriatisches Zentrum N-Stadt, Zentrum für Kinder und Jugendmedizin, Akademisches Lehrkrankenhaus der Ludwig- Maximilian- Universität D-Stadt, schilderte mit neuropädriatischem Gutachten vom 27.09.2010 zunächst den Untersuchungsbefund unter Hinweis auf Grad der Behinderung von 100, Merkzeichen G, aG, H und B. Nach Angabe der Eltern gebe es bessere und schlechtere Tage, selbstständiges Trinken sei beispielsweise bei besserer Motorik möglich, es bestehe ständiger Betreuungsbedarf. Der Kläger besuche eine Förderschule für geistig und körperlich Behinderte in D-Stadt (Helfende Hände).

Bezüglich der Beantwortung der Beweisfragen schildert der Gutachter Dr. N. Forschungen bezüglich der erst kürzlich entdeckten Neumutation des SCN1A-Gens. Kinder hätten nach einer Impfung (besonders mit einer Pertussiskomponente) eine Encephalopathie mit cerebralen Krampfanfällen und Entwicklungsretardierung erlitten. Die Ergebnisse der Studie würden von den Neuropädiatern dahingehend interpretiert, dass als Ursache für die therapieschwierige Epilepsie nicht alleine die Impfung anzusehen sei sondern die Genmutation. Die Kinder hätten also unter medizinischen Gesichtspunkten eine SMEI- Erkrankung oder auch Dravet- Syndrom, ausgelöst durch eine genetische Disposition. Der Gutachter zitierte weiter eine Studie mit über sechshunderttausend Kindern, die keinen Zusammenhang zwischen der Auslösung einer Epilepsie durch Impfung finden konnte. Genmutation in SCN1A könnten in bis zu 80% der Kinder mit einem klassischen Dravet-Syndrom nachgewiesen werden. Anfälle in Verbindung mit Fieber seien ein charakteristisches Merkmal des Dravet-Syndroms. Neben gewöhnlichen fieberhaften Infekten könnten auch Impfungen kurze Fieberepisoden auslösen. Typischer Verlauf sei das Einsetzen der Anfälle im Alter von sechs Monaten und somit überlappend mit dem Zeitpunkt, zu dem Kinder häufig geimpft würden. Daher könne Fieber ausgelöst durch Impfungen eine Koinzidenz mit den ersten Krampfanfällen bei Kindern mit Dravet-Syndrom darstellen. In der retrospektiven Studie mit 70 Patienten sei bei 54% eine SCN1A-Mutation nachgewiesen worden. Die Kinder reagierten bei Impfungen mit Fieber und anschließender therapieschwieriger Epilepsie (Dravet-Syndrom). Bei dem Kläger sei aufgrund der Anamnese auf ein solches Dravet-Syndrom zu schließen. Hierzu passe der Verlauf sowie die Therapieresistenz. Die Ursache sei somit nicht die Impfung sondern eine zugrundeliegende genetische Disposition. Dr. G. aus O-Stadt habe bereits in seinem Arztbrief vom 03.12.2009 darauf hingewiesen. Weiter könne auch ein sogenanntes idiopathisches West-Syndrom vorliegen, auch kämen symptomatische Ursachen für cerebrale Anfälle wie von Prof. F. genannt in Frage. Der klinische Verlauf mit zwei Tage Fieber nach der zweiten Impfung, danach symptomfreies Intervall ohne neurologische Auffälligkeiten und erst 16 Tage nach der Impfung erste cerebrale Krampfanfälle würde einen Impfschaden sehr unwahrscheinlich machen.

Im nach § 109 SGG eingeholten Gutachten des Prof. Dr. G. auf internistischem Fachgebiet vom 25.06.2012 wird nach umfassender Darstellung der Aktenlage ein im Wesentlichen übereinstimmender Untersuchungsbefund des Klägers wie von Dr. N. beschrieben. Es wird sodann das Ergebnis einer Zusatzbegutachtung der Frau Dr. H., Fachärztin für Neurologie, beschrieben. Auf der Grundlage von bei der Mutter vorhandener Amalgamfüllungen und unter Zugrundelegung der Verabreichung von Thiomersal (quecksilberhaltig) mit den Impfungen wird von massiver neurotoxischer Reaktion mit Neurodegeneration und Leukodystrophie ausgegangen. Prof. Dr. G. weist in seiner weiteren Begutachtung darauf hin, dass bei dem Kläger als Diagnosen bestünden schwere körperliche und geistige Behinderung mit hoher Wahrscheinlichkeit postvakzinal, frühkindlicher Autismus, ataktische Cerebralparese. Nach der zweiten Impfung am 28.06.2001 sei es zu einem deutlichen Entwickelungsknick gekommen. Bis zu dieser Impfung sei altersentsprechende Entwicklung gewesen. Schwere Fälle von zentralnervösen Komplikationen nach Schutzimpfung gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis (Keuchhusten) seien fachlich unumstritten. Der Gutachter verweist auf Literatur zu diesen zentralnervösen Komplikationen u. a. auf eine Publikation von Ehrengut 1990 mit dortigem Hinweis, dass solche auch nach Reexposition mit dem Impfantigen einsetzende Krampfanfälle nach den Erfahrungen mit der Keuchhustenschutzimpfung beweisend für einen Kausalzusammenhang zwischen Impfung und dem zugeführten Impfstoff seien, vorausgesetzt natürlich, dass der Impfling vor der Impfung nie unter Krampfanfällen gelitten habe. Ein Impfschaden sei im Ergebnis zu bejahen. Im Zusatzgutachten der Frau Dr. H. wird auf epidemiologische Untersuchung hingewiesen mit Korrelation zwischen der Einführung quecksilber- (Thiomersal) und aluminiumhydroxidhaltiger Impfstoffe und der Zunahme von Autismus in den USA. Mit Stellungnahme des D- Institutes vom 14.08.2012 wurden die Inhaltsstoffe der verwendeten Chargen des Impfstoffes Infanrix hexa mitgeteilt. Das Konservierungsmittel Thiomersal sei nicht enthalten, Aluminiumhydroxid sei enthalten.

Der Beklagte wies mit versorgungsärztlicher Stellungnahme nach Aktenlage vom 24.08.2012 darauf hin, dass die Diagnose eines frühkindlichen Autismus nicht gesichert sei. Weiter sei darauf hinzuweisen, dass bei der Kausalitätsbeurteilung im sozialen Entschädigungsrecht ein kausaler Zusammenhang im Sinne der wesentlichen Bedingung nachzuweisen sei. Es genüge nicht, einen Zusammenhang zu postulieren und dann die Widerlegung zu fordern. Neurodegeneration und Leukodystrophie seien mit Kernspintomographie des Gehirns ausgeschlossen worden.

Im Folgenden erfolgten schriftsätzlicher Austausch sowie ergänzende Stellungnahmen des Dr. N. in Bezug auf das Dravet-Syndrom. Mit Stellungnahme vom 06.06.2013 führte Herr Dr. N. aus, dass gerade zu Beginn der Erkrankung es nicht möglich sei, die Diagnose mit letzter Sicherheit zu stellen, erst der Verlauf der Epilepsie und die Kombination aus klinischen Befunden, EEG- Befunden und Genetik könne eine Diagnose mit ausreichender Sicherheit sichern.

In der mündlichen Verhandlung vom 08.11.2013 wurde Dr. N. als Sachverständiger gehört. Er verwies auf nunmehr fortgeschrittene wissenschaftliche Erkenntnisse zur Epilepsiebehandlung im Vergleich zum Jahre 2001, es sei nun auch besser möglich, genetische Ursachen zu erforschen. Es erging Vertagung im Hinblick auf die Einholung eines Gutachtens zu der Kernspinaufnahme vom 24.07.2001.

In dem kernspintomografischen Zusatzgutachten der Frau Prof. Dr. I. vom 16.04.2014, das nach § 106 SGG eingeholt wurde und dem Filmfolienausdrucke zugrunde lagen, wird im Ergebnis ein altersentsprechend unauffälliger Zustand beschrieben. Eine kleine Arachnoidalzyste links temporopolar sei lediglich als Normvariation zu bewerten, es bestehe insgesamt kein Hinweis auf eine floride oder abgelaufene akute disseminierte Encephalomyelitis (ADEM), da weder Ödemzonen noch Gliosezonen nachzuweisen seien. Auch bestehe kein Hinweis auf eine Kontrastmittelaufnahme bzw. Blut-Hirn-Schrankenstörung. Auch ein Hinweis auf eine Hirnschwellung bestehe nicht. Sodann schildert die Gutachterin, dass bezüglich der gestellten Frage nach einer möglichen toxisch- allergischen Encephalopathie es in der Literatur nur sehr wenig Informationen gebe. Eine Literaturstelle, wonach innerhalb eines Monats eine komplette magnetresonanztomografische Befundremission beschrieben werde, liege nicht vor, wobei dies natürlich nicht ausschließe, dass ein solcher Verlauf potentiell möglich sei. Ob die Symptomatik beim Kläger auf die Impfung zurückzuführen sei oder eine andere Ursache habe lasse sich bildmorphologisch- radiologisch nicht abschließend klären.

Mit Beweisanordnung vom 09.07.2014 wurde ein weiteres Gutachten nach § 106 SGG von Herrn Prof. Dr. E. eingeholt.

Herr Prof. E., ehemals Direktor der neuropädiatrischen Klinik der Universität K-Stadt und Leiter des norddeutschen Epilepsiezentrums, weist zunächst auf Erforderlichkeit speziellen Eingehens insbesondere auf EEG- Befunde zur Diagnosefindung bei einer epileptischen Erkrankung hin.

Bezüglich der Krankengeschichte des Klägers referiert er nochmals die Aktenlage. Er bezieht sich auf die für den 10.07.2001 dokumentierten Kopfnickanfälle. Er nimmt Bezug auf Angaben der Mutter, wonach solche Beugeanfälle wahrscheinlich schon fünf bis sechs Tage früher, also sieben bis sechs Tage nach der Impfung gesehen worden seien und bezieht sich auf die neuerlichen schriftlichen Angaben. Die Mutter des Klägers hatte in einem Schreiben an das Gericht vom 19.07.2014 beschrieben, dass es auch schon Tage vor dem 10.07.2001 ein Kopfnicken von A. gegeben habe, welches sie als Eltern mit einem heftigen Aufstoßen begründet hätten. Der Gutachter Prof. E. bezeichnet die Angaben der Mutter als plausibel, sie würden den geläufigen Erfahrungen erfahrener Neuropädiater und Kinderepileptologen entsprechen. Wegen neuerlicher Anfälle sei dann am 18.07.2001 Einweisung in die Kinderklinik E-Stadt erfolgt. Dort sei am Einweisungstag eine eingehende Untersuchung des Jungen mit EEG- Ableitung erfolgt, die eine kontinuierliche Hypsarrhythmie (kontinuierliche generalisierte Kampfaktivität) zeige. Dieser Befund habe sich bei sieben EEG- Kontrollen bestätigt. Bemerkenswert sei, dass der Kläger am 18.07.2001 bei der stationären Aufnahme etwa zeitgleich mit der Hypsarrhyhtmie im EEG bei der klinischen Untersuchung bis auf mangelndes freies Sitzen einen fast normalen neurologischen Befund geboten habe. Diese Beobachtungen würden deutlich machen, dass beim West-Syndrom die Korrelation zwischen EEG- Befund und klinischem Bild sehr locker sein könne, d. h. im Frühstadium bei schwer verändertem EEG (Hypsarrhythmie) Anfälle und andere auch für den Laien erkennbare pathologische Symptome fehlen könnten. Der klinisch unübersehbare Anfall sei also ein unzuverlässiger Parameter für die zeitliche Bestimmung des Epilepsiebeginnes. Es sei sodann Therapie mit verschiedenen Antikonvulsiva und ACTH erfolgt. Im EEG hätte weiter mit kurzen Pausen, z. B. im Oktober 2001, ein Hypsarrhythmie bestanden. Der Gutachter geht sodann auf die vorliegenden Gutachten ein. Er referiert die Angaben der Mutter anlässlich des nervenärztlichen Gutachtens des Beklagten vom 14.06.2005, dort sei angegeben, dass sich A. vor der zweiten Impfung schon umgedreht habe. Zum Zeitpunkt der Impfung sei er völlig gesund gewesen. Der versorgungsärztlich aufgenommene Untersuchungsbefund aus 2005 zeige dann eine ausgeprägte Entwicklungsretardierung mit offenbar ineffektiver Antikonvulsivatherapie und weiterhin täglichen Anfällen. Der Gutachter Prof. E. geht sodann auf das im Gutachten des Prof. Dr. F. angesprochene, bei der U3 genannte Fehlen des akustischen Blinzelreflexes ein. Er weist darauf hin, dass in der Folgezeit bei Wiederholungen dieser positiv gewesen sei und auch ansonsten bei den Vorsorgeuntersuchungen U3, U4 und U5 Unbedenklichkeit notiert worden sei. Bei Untersuchung des akustischen Blinzelreflexes sei immer die Vigilanz des Kindes mit zu berücksichtigen, hier das Liegen auf einem Tisch unter einem Mobile. Bezüglich der postnatalen Hyperbilirubinanämie sei darauf hinzuweisen, dass ein Kernikterus sich nicht finde. Nach seiner, des Gutachters, vieljähriger Erfahrung, gehöre eine Hyperbilirubinanämie mit den genannten Werten nicht zum ätiologischen Spektrum des West-Syndroms. Auch sei auf die normale Entwicklung der Kinder der Schwester der Mutter sowie des älteren Bruders bei ebenfalls verstärkter neonataler Gelbsucht hinzuweisen. Weitere, zur Klärung der Ätiologie des Anfallleidens durchgeführte Untersuchungen hätten keinen pathologischen Befund mit Ausnahme der kleinen Arachnoidalzyste ergeben. In der Familienanamnese führt der Gutachter aus, für einen Großonkel mütterlicherseits würden nicht näher bezeichnete Anfälle und geistige Behinderung dokumentiert, dieser sei im KZ zu Tode gekommen. In der Familie seien sonst keine besonderen Erkrankungen bekannt, der Gutachter führt aus, dass die Angaben bezüglich des Großonkels, also weiterer Verwandtschaft, hier keine Hilfe bei der Entscheidungsfindung darstellen würden.

Prof. E. schildert, dass wenngleich in längeren Passagen volle Übereinstimmung mit Prof. F. bestehe sich in einigen wichtigen, insbesondere epileptologischen Überlegungen Divergenzen ergeben würden. Es sei von der hochfieberhaften Krise mit schrillem Schreien und allgemeiner Unruhe am Impftag auszugehen und sodann den am 10.07.2001 beobachteten Nick- und Beugeanfällen. Ob dieses Datum der ersten Anfälle ganz korrekt sei erscheine sehr zweifelhaft. Es sei auf spätere Äußerungen der Mutter zu verweisen, es könnte auch fünf bis sechs Tage früher gewesen sein. Sicher sei jedenfalls, dass der Kläger erst am 18.07.2001 in die Kinderklinik E-Stadt gebracht worden sei, wo noch am gleichen Tag ein EEG abgeleitet worden sei mit dem Befund einer kontinuierlichen Hypsarrhythmie. Das EEG habe sich auch bei sieben Kontrollen bis zum 31.08.2001 als konstant schwerst verändert erwiesen. Bemerkenswert sei wie ausgeführt dabei der laut Arztbrief am 18.07.2001 erhobene Aufnahmebefund. Der Junge sei trotz der am gleichen Tag festgestellten Hypsarrhythmie freundlich, habe einen guten Blickkontakt, seitengleiche Spontanmotorik, Muskeltonus normal gezeigt. Es finde sich also trotzt schwer verändertem EEG ein fast normaler neurologischer Befund (bis auf freies Sitzen), wie dies auch auf den Fotografien zum Ausdruck komme. Dieser Befund belege die ausgeprägte Divergenz, die zwischen klinischen und elektroenzephalografischen Befunden möglich sei. Bei der Beurteilung von Impfkomplikationen sei die Inkubationszeit, d. h. die zeitliche Latenz zwischen der Impfung und dem Beginn der Krankheitserscheinungen bedeutsam, hier werde allgemein von drei Tagen, also zweiundsiebzig Stunden (in seltenen Ausnahmen länger) ausgegangen, d. h. in diesem schmalen postvakzinalen Zeitfenster werde die eindeutige Häufung der pathologischen Reaktionen und dies in Kombination mit charakteristischen klinischen Symptomen (hier z. B. schrilles Schreien, persisting screaming) gefordert. Hier würden sich spezifische Schwierigkeiten bei dem West-Syndrom ergeben. Der Gutachter führt aus, dass zwischen primär generalisierter Epilepsie und sekundär generalisierter Epilepsie (Beispiel: West-Syndrom) zu unterscheiden sei. Ein generalisierter tonischklonischer Anfall bei primär generalisierter Epilepsie sei unübersehbar. Bei sekundär generalisierten Epilepsien wie z. B. dem West-Syndrom finde man ganz andere Verhältnisse. Die Anfälle würden von mehreren epileptogenen Herden im Gehirn ausgehen, erst sekundär käme es dann zur Ausbreitung und zu einer epileptischen Erregung des ganzen Gehirns (Hypsarrhythmie). Das bedeute, dass auch bei schweren diffusen EEG- Veränderungen (Hypsarrhythmie) Anfälle fehlen oder so minimal ausgeprägt sein könnten, dass sie nur schwer oder nur mittels des EEGs erkennbar seien. Schon in der Vorphase der sichtbaren BNS-Anfälle könne eine Hypsarrhythmie bestehen, man spreche dann von bioelektrischem Status, der bereits das Gehirn schädigen könne. So erkläre sich, dass zunächst normal entwickelte Kinder nach der Impfung schon vor den ersten erkennbaren Anfällen dann keine Entwicklungsfortschritte mehr machten. Beim West-Syndrom könne mithin die resultierende Inkubationszeit verlängert sein und auch die Grenze von zweiundsiebzig Stunden wesentlich überschreiten. Es sei nochmals auf die lockere Verbindung zwischen bereits vorliegender Hypsarrhythmie und noch gutem klinischem Allgemeinzustand hinzuweisen. In einer Studie von Walter et al würden aufgrund sorgfältiger Langzeitobservationen die möglichen Frühsymptome des West-Syndroms beschrieben. Diese würden den Eltern oft über längere Zeit entgehen bevor dann die ersten eindeutigen Anfälle auftreten, die dann den Anlass für eine erste EEG- Untersuchung bilden würden. Es sei absolut unsicher, d. h. unwahrscheinlich, dass der 10.07.2001 der tatsächliche Beginn des Westsyndroms sei. Viel wahrscheinlicher sei es aus epileptologischer Sicht, dass die Entstehung der Hypsarrhythmie mindestens einige Tage in Anspruch nahm und die Aktivierung dieser Entwicklung durch eine hochfieberhafte Krise nach der Impfung erfolgte. Man begegne wie im vorliegenden Fall der Erfahrung, dass auch die Eltern ganz unsicher seien, wann der erste eindeutige Anfall beobachtet worden sei und z. B. die ersten Anfälle als ein harmloses kleines Erschrecken oder heftiges Aufstoßen gedeutet würden. Dieser verständliche Beobachtungsfehler werde dann Ursache einer viel zu späten Epilepsiediagnose. Dies sei umso schwerwiegender, als die Hypsarrhythmie auch ohne sichere Anfälle zu irreparablen Gehirnschäden führen könne. Vorliegend sei man auf eine geradezu penible Anamnese angewiesen. Es sei hier das sehr auffällige schrille Schreien des Kindes vom Impftag, das von vielen Autoren richtig als cerebrales Reiz- und Enthemmungsphänomen gedeutet werde, besonders zu erwähnen. Dieses Symptom sei in zahlreichen kontrollierten Feldstudien der neueren Zeit immer wieder erwähnt und es sei Gegenstand systematischer Erhebungen gewesen, als es um die Verträglichkeit des azellulären Impfstoffes gegangen sei. Im Zusammenhang mit diesem persisting screaming sei beispielsweise auch eine laufende Studie (verschiedene Impfstoffe) unterbrochen worden. Dieser besonders schrille, verfremdet klingende Charakter des Schreiens sei von der Mutter des Klägers überzeugend geschildert worden. Er, der Gutachter, könne Prof. F. keinesfalls zustimmen, dass es sich hier um passagere folgenlose Beschwerden gehandelt habe. Es bestehe für ihn kein Zweifel, dass es sich beim persisting screaming um ein cerebrales Reizsyndrom gehandelt habe. Es ergebe sich damit folgendes Bild: am Tag der Impfung sei es zu einer cerebralen Reiz- und Enthemmungssymptomatik unter dem Bild einer Hyperpyrexie (überhöhtes Fieber) mit Unruhe und anhaltendem schrillen Schreien gekommen. Die bei der ersten EEG- Untersuchung festgestellte Hypsarrhythmie könne sich nicht von heute auf morgen schlagartig entwickeln, sie habe spätestens bei den ersten dokumentierten BNS- Krämpfen am 10.07.2001 oder früher vorhanden gewesen sein müssen. Die verbleibende zeitliche Distanz, also retrograd zur Impfung, sei zwanglos für die Entwicklungsphase der Hypsarrhythmie in Rechnung zu stellen, es sei hier auf die epileptologische Studie von Walter et al zu verweisen. Beim West-Syndrom sei der kleine Anfall ein unsicherer Parameter für die zeitliche Bestimmung des Krankheitsbeginns. Es dürfe also sicherlich der Zeitpunkt der Erkennung des ersten Anfalles nicht mit dem Zeitpunkt des Krankheitsbeginns gleichgesetzt werden. Wichtig für die Bewertung des Verlaufes sei darüber hinaus die Tatsache, dass für die Entstehung der schweren Schäden nicht einzelne kurze Anfälle, sondern die schweren kontinuierlichen EEG- Veränderungen verantwortlich seien. Die weiteren Ausführungen des Prof. F. zu einer Enzephalopathie würden leichte Formen einer Enzephalopathie außer Betracht lassen. Prof. E. führt aus, dass hier nach seiner Auffassung eine leichte impfbedingte hyperpyretische „neurotoxische“ Enzephalopathie vorliege; bei der geschilderten akuten Symptomatik mit hohem Fieber und schrillem Schreien seien cerebrale Faktoren auf jeden Fall maßgeblich beteiligt. Der unauffällige Liquor- Befund und auch der normale kernspintomografische Befund würden dem nicht widersprechen, da hier kein schweres Krankheitsbild einer Enzephalopathie mit strukturellen Gehirnveränderungen vorgelegen habe. Der Gutachter führt weiter aus, dass bei der Untersuchung am 18.07.2001 eine leichte motorische Entwicklungsverzögerung festgestellt worden sei mit Fehlen des Drehens um die Körperachse. Nach Angaben der Mutter habe der Kläger sich aber vor der zweiten Impfung am 28.06.2001 schon umgedreht und auch beim Hochziehen mitgehalten. Diese Daten würden dafür sprechen, dass die Entwicklung des Jungen in den ersten drei Wochen zwischen Impfung und Krankenhausuntersuchung leicht regredient gewesen sei. Von Herrn Prof. F. würden diese Entwicklungsdefizite auf die Zeit vor der Impfung datiert, dies sei nicht nachvollziehbar. Das Gutachten des Dr. N. basiere auf der nicht zutreffenden Diagnose eines Dravet-Syndroms.

Prof. E. führt in Beantwortung der Beweisfragen aus, dass der Kläger am Tag der Sechsfachimpfung am 28.06.2001 Gesundheitsstörungen geboten habe, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf die zweite Sechsfachimpfung zurückzuführen seien, Temperatur von 40 Grad, Unruhe, schrilles Schreien. Es handele sich um eine bei Pertussis-Impfung mit azellulärer Vakzine über das übliche Maß hinaus gehende Impfreaktion. Sie sei bei der früher üblichen, heute verlassenen Impfung mit Ganzkeim-Vakzine eine gut bekannte und oft Besorgnis erregende Symptomatik gewesen. Nach Einführung des neuen Impfstoffes sei diese Symptomatik wesentlich seltener und vor allem auch in geringerer Ausprägung beobachtet worden. Darin werde die ursächliche Beziehung zwischen Art des Impfstoffes einerseits und der Häufigkeit und Ausprägung der unerwünschten Wirkungen andererseits deutlich. In den Augen erfahrener Kinderärzte spreche die besonders charakteristische Symptomatik (vor allem das verfremdet klingende schrille Schreien) für eine cerebrale Prägung. Es sei hier von einer leichten Enzephalopathie auszugehen. Es spreche eindeutig mehr dafür als dagegen, dass diese Störung wesentlich ursächlich durch die vorangegangene Impfung bedingt sei. Der ursächliche Zusammenhang zwischen Impfung und nachfolgendem West-Syndrom sei hier als überwiegend wahrscheinlich einzuordnen. Es liege nun eine schwere Behinderung des Klägers vor. Zur sogenannten Gelegenheitsursache sei auszuführen, dass nur eine geringe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass der Gesundheitsschaden auch ohne die angeschuldigte Impfung eingetreten wäre. Zur Kann- Versorgung sei auszuführen, dass in der medizinischen Wissenschaft bezüglich des Westsyndroms keine Ungewissheit in diesem Sinne bestehe. Es sei gesichert, dass bei dem West-Syndrom die über das ganze Gehirn ausgebreitete (generalisierte) epileptische, Tage und Wochen anhaltende Erregung - im EEG erkennbar als Hypsarrhythmie - den irreparablen Schaden verursache. Dieser Zusammenhang sei hier durch die in den Vorgutachten nicht genügend gewürdigten EEG- Befunde eindeutig und entspreche etablierter Lehrmeinung.

In der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Beklagten vom 13.10.2014 wurde ausgeführt, dass das von Prof. E. genannte schrille Schreien keinen Hirnschaden belege. Die Ablehnung des Dravet-Syndroms sei aus hiesiger Sicht spekulativ, da eine humangenetische Untersuchung noch nicht erfolgt sei. Es werde eine diesbezügliche Klärung empfohlen, da bei bis zu 80% eines Dravet-Syndroms eine Mutation im SCN1A-Gen gefunden werde und somit dieser Punkt leicht zu klären sei.

Nach Einholung entsprechender Einverständniserklärungen der Eltern des Klägers erfolgte Einholung eines humangenetischen Gutachtens nach § 106 SGG von Frau Prof. D ... Diese schilderte in ihrem Gutachten vom 28.10.2015 die molekulargenetische Untersuchung und Befundung unter besondere Beachtung des SCN1A-Gens. Es habe kein Nachweis einer Mutation im untersuchten SCN1A-Gen erbracht werden können. Dies lasse nicht den Schluss zu, dass damit eine genetische Ursache der klinischen Symptome beim Patienten ausgeschlossen oder unwahrscheinlicher geworden sei. Zwar würde das Vorliegen eines Dravet-Syndroms unwahrscheinlicher. Eine umfassende genetische Abklärung sei möglich, allerdings sei grundsätzlich auch bei Einsatz solcher Methoden bei einem großen Teil der Patienten mit frühkindlichen Epilepsien/psychomotorischen Behinderungen es heute noch nicht möglich die tatsächlichen Ursachen festzustellen. Dies liege zum einen daran, dass sicherlich noch nicht alle beteiligten Gene bekannt seien, zum anderen werde davon ausgegangen, dass bei vielen Patienten nicht eine einzelne Ursache zugrunde liege, sondern die Erkrankung vielmehr durch das Zusammentreffen vieler verschiedener äußerer Einflüsse und genetischer Faktoren ausgelöst werde. Die Gutachterin geht in ihrem Gutachten weiter auch noch auf die Einteilung von Epilepsien nach Ursachen ein unter besonderer Berücksichtigung der individuellen Krampfschwelle, die vermutlich vorwiegend durch die kombinierte Wirkung schwachwirkender genetischer Varianten bestimmt werde, von welchen jeder Mensch eine sehr große Anzahl im Erbgut trage und nennt hier als anschauliches Beispiel die Alkoholvergiftung. Weiter nennt sie häufig stattfindende Neumutationen, die sich bei Vererbungen erst beim Kind bilden würden. Weiter geht die Gutachterin auf die Bedeutung von Fieberkrämpfen ein.

Die Klägerbevollmächtigte verwies im Schriftsatz vom 18.11.2015 nochmals auf das Urteil des LSG Saarbrücken vom 27.05.2008, Az. L 5 VJ 10/04. Eine 100%ige Abklärung in genetischer Hinsicht gebe es nicht. Auch bei genetischer Veranlagung trete der exogene Faktor Impfung hier hinzu. Die Argumentation gehe fehl, wonach es früher oder später sowieso zu einem Ausbruch der Epilepsie gekommen wäre.

Mit weiterer versorgungsärztlicher Stellungnahme vom 19.11.2015 wurde darauf hingewiesen, dass mit der auf das SCN1A-Gen begrenzten Untersuchung sich keine Aussagen über weitere anlagebedingte Anfallsleiden machen ließen. Bei den zusätzlichen äußeren Faktoren handele es sich um Gelegenheitsursachen. Zu dem angegebenen schrillen Schreien nach der Impfung sei anzumerken, dass dies nach den Anhaltspunkten Nr. 57 bei einer Pertussis-Schutzimpfung auf eine Enzephalopathie hinweisen könne.

In der mündlichen Verhandlung vom 03.12.2015 wurde nochmals der Sach- und Streitstand anhand der eingeholten Gutachten und erhobenen Befragungen der Eltern des Klägers eingehend erörtert.

Die Klägerbevollmächtigte stellt Antrag, dass unter Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide festgestellt wird, dass der Beklagte verpflichtet ist dem Kläger Beschädigtenversorgung im Zusammenhang mit einem Impfschaden, Impfung vom 28.06.2001, Anfallsleiden, zu gewähren.

Die Beklagtenvertreterin beantragt, die Klageabweisung.

Gründe

Die zulässige Klage erweist sich als begründet. Mit der Klage wird Feststellung einer zustehenden Beschädigtenversorgung im Zusammenhang mit der Impfung vom 28.06.2001, Anfallleiden, begehrt. Die Klage ist als Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG zulässig und erweist sich auch als begründet.

Der Kläger hat zur Überzeugung des Gerichtes im Zusammenhang mit der Impfung vom 28.06.2001 einen Impfschaden, § 60 Abs. 1 S. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG), erlitten. Beschädigtenversorgung nach dem IfSG i. V. m. dem BVG steht dem Kläger damit ab dem Antragsmonat Dezember 2003 zu. Die Impfung hatte bereits im Geltungszeitraum des am 01.01.2001 in Kraft getretenen Infektionsschutzgesetzes stattgefunden.

Nach § 60 Abs. 1 S. 1 IfSG erhält derjenige, der durch eine öffentlich empfohlene Schutzimpfung eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen des Impfschadens auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Voraussetzung hierfür ist, dass die empfohlene Impfung die Gesundheitsstörungen wahrscheinlich verursacht hat, § 61 S. 1 IfSG. Wahrscheinlich in diesem Sinne ist die Kausalität dann, wenn wenigstens mehr für als gegen sie spricht, d. h. die für den Zusammenhang sprechenden Umstände mindestens deutlich überwiegen. Die Impfung als schädigende Einwirkung, der Impfschaden - das ist ein über die übliche Impfreaktion hinausgehender Gesundheitsschaden - und die Schädigungsfolge (Dauerleiden) müssen nachgewiesen, nicht nur wahrscheinlich sein, vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 19.03.1986, Az.: 9 a RV 2/84 und 26.06.1985, 9 a RVi 3/83 = BSG, SozR 3850 Nr. 9 und 8. § 61 S. 2 IfSG sieht die Regelung der sogenannten Kannversorgung vor. Danach kann ein Gesundheitsschaden als Folge einer Schädigung im Sinne des § 60 Abs. 1 S. 1 IfSG anerkannt werden, wenn die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht. Die hierzu in der Rechtssprechung entwickelten Grundsätze, vgl. Bundessozialgericht, Urt. v. 12.12.1995, Az.: 9 RV 17/94, sowie u. a. auch Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urt. vom 19.05.2006, Az. L 8 VJ 2378/04, Hessisches Landessozialgericht, Urt. vom 27.06.2007, L 4 VJ 3/04, Bayerisches Landessozialgericht, Urt. vom 10.07.2007, Az. L 15 VJ 2/04, Urteil vom 28.07.2011, Az. L 15 VJ 8/09, Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urt. vom 16.12.2008, Az. L 6 (7) VJ 15/07, finden sich sowohl in den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit als auch in der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. Dezember 2008, Teil C, 4., wieder. Dort wird zu den medizinischen Voraussetzungen ausgeführt, dass auf der Grundlage einer nicht gesicherten Ätiologie des Leidens die ursächliche Bedeutung von Schädigungstatbeständen oder Schädigungsfolgen für die Entstehung und den Verlauf des Leidens nicht mit Wahrscheinlichkeit beurteilt werden können dürfe. Ein ursächlicher Einfluss der im Einzelfall vorliegenden Umstände müsse jedoch in den wissenschaftlichen Arbeitshypothesen als theoretisch begründet in Erwägung gezogen werden. Zudem sei eine zeitliche Verbindung zwischen der Einwirkung der wissenschaftlichen, in ihrer ursächlichen Bedeutung umstrittenen Umstände und der Manifestation des Leidens zu fordern, die mit den allgemeinen Erfahrungen über biologische Verläufe und den in den wissenschaftlichen Theorien vertretenen Auffassungen über Art und Wesen des Leidens in Einklang stehe. Weiter wird darauf hingewiesen, dass Ungewissheiten im Sachverhalt, die von der Ungewissheit in der medizinischen Wissenschaft über die Ursachen des Leidens unabhängig sind, die Anwendung der Kannvorschrift nicht rechtfertigen.

Bei der am 28.06.2001 bei dem Kläger durchgeführten Impfung handelt es sich um eine von der zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlene und in ihrem Bereich vorgenommene Impfung mit dem Impfstoff Infanrix hexa.

Auch ein Impfschaden in Form eines über die übliche Impfreaktion hinausgehenden Gesundheitsschadens ist vorliegend zur Überzeugung des Gerichts mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen. Als solche Impfreaktion sind hier das hohe Fieber am Impftag (40 Grad) sowie das schrille Schreien des Klägers zu nennen. Bereits im Bericht des Staatlichen Gesundheitsamst W-Stadt vom 24.03.2004 und sodann bei Erstellung des versorgungsärztlichen Gutachtens vom 14.06.2005 waren die Angaben der Mutter des Klägers über dieses hohe Fieber und schrille Schreien am Impftag aufgeführt gewesen. Auch im weiteren Verlauf erfolgten hier konstante Angaben, insbesondere auch in der Befragung durch das Gericht am 28.04.2009. Auch die Beklagtenseite hatte hier die Glaubwürdigkeit der elterlichen Angaben zu keinem Zeitpunkt infrage gestellt. Wie von Prof. E. überzeugend ausgeführt handelt es sich hierbei nicht um eine lediglich passagere folgenlose Impfreaktion. Prof. E. hatte vielmehr aus seiner jahrzehntelangen epileptologischen Praxis und nach Literaturrecherche hier ausgeführt, dass insbesondere dieses schrille, zuvor nicht gekannte Schreien ein cerebrales Reizsignal setzte. Er hatte hier von einer leichten Enzephalopathie gesprochen. Dabei sind auch für das Gericht nachvollziehbar nicht wie bei einer schweren Enzephalopathie kernspintomografische Veränderungen zu erwarten. Im Übrigen hatte auch die Gutachterin Frau Prof. Dr. J. in ihrem neuroradiologischen Gutachten darauf hingewiesen, dass ein Abklingen von Nachweisen bis zum Zeitpunkt der ca. vier Wochen nach der Impfung am 24.07.2001 erfolgten Kernspintomografie nicht ausgeschlossen werden könne. Prof. Dr. E. hatte überdies darauf hingewiesen, dass spezifisch dieses schrille Schreien bei dem früheren Ganzkeimvakzin der Pertussis- Impfung und nun in weniger starker Ausprägung bei dem azelullären Pertussis- Impfstoff anzutreffen sei. Dementsprechend hatte auch der Beklagte mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 19.11.2015 darauf hingewiesen, dass schrilles Schreien nach der Impfung nach den bis 2005 geltenden Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und Schwerbehindertenrecht (AHP), Nr. 57, bei einer Pertussis- Schutzimpfung als Hinweis auf eine Enzephalopathie dienen könne. Auch in den Arbeitsergebnissen der STIKO ist in dem Epidemiologischen Bulletin, Nr. 25/2007, wiederum schrilles Schreien, Fieberkrämpfe genannt. Prof. F. hatte überdies darauf hingewiesen, dass von einigen Komponenten des 6fach Impfstoffs Infanrix hexa bekannt sei, dass impfbedingte postvakzinale Enzephalopathien auftreten könnten. Das Gericht folgt damit im Ergebnis den Ausführungen des Prof. E. und ist von dem Vorliegen einer Impfkrankheit überzeugt. Der im Gutachten von Prof. G. angeführte Inhaltsstoff Aluminiumhydroxid ist nach Überzeugung des Gerichts hier nicht ausschlaggebend, vgl. hierzu Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 14.02.2012, Az. L 15 VJ 3/08, und vom 28.07.2011, Az. L 15 VJ 8/09.

Das Gericht folgt weiter dem Gutachter Prof. E. darin, dass das sodann beim Kläger ausgebildete BNS- Anfallsleiden (West-Syndrom) ursächlich auf diese Impfkrankheit zurückzuführen ist. Prof. E. hatte aus Sicht des Gerichtes zweifelsfrei anhand der Auswertung insbesondere der EEG- Befunde von Juli bis August 2001 ein solches BNS- Anfallsleiden diagnostiziert. Er hatte ausdrücklich der Diagnose eines Dravet- Syndroms widersprochen. Ein solches Dravet- Syndrom hatte sich auch nicht durch Veränderung im SCN1A-Gen verifizieren lassen, vgl. humangenetisches Gutachten der Frau Prof. D ... Prof. E. hatte auf die üblicherweise heranzuziehende Inkubationszeit von 72 Stunden hingewiesen, vgl. hierzu AHP 2005, Ziff 57.11a, auch zitiert im Urteil des LSG Nordrhein Westfalen vom 24.02.2010, Az. L 10 VJ 15/06. Prof. F. hatte in Ausnahmefällen von einer Inkubationszeit bis zu 7 Tage gesprochen. Zweifelsfrei ist ein deutlicher Kopfnickanfall bei dem Kläger für den 10.07.2001 belegt. Zu den weiteren Angaben der Mutter des Klägers, wonach ihr auch schon einige Tage davor entsprechende Zuckungen aufgefallen seien, führt der Gutachter Prof. E. nachvollziehbar aus, dass es sich hierbei um die üblichen ersten Unsicherheiten bei der Feststellung von den bei West-Syndrom vorliegenden kleinen Anfällen handelt. Erschwert sei das Erkennen solcher kleinen Anfälle auch dadurch, dass der Allgemeinzustand des Kindes in diesem Stadium noch quasi unauffällig sei. Entscheidend für das Gericht sind die Ausführungen des Gutachters Prof. E. zu der zweifelsfrei am 18.07.2001 festgestellten generalisierten Hypsarrhythmie. Der Gutachter hatte hier überzeugend dargelegt, dass eine solche Hypsarrhythmie, die im erstmals abgeleiteten EEG vom 18.07.2001 nachgewiesen worden war, sich nicht schlagartig entwickle, sondern über zumindest mehrere Tage hinweg. Spätestens zum Zeitpunkt des ersten deutlich gesehenen Nickanfalles am 10.07.2001 müsse sie vorgelegen haben. Das Gericht geht damit mit Prof. E. davon aus, dass die EEG-Veränderung ihren Anfang einige Tage vor dem 10.07.2001 genommen hat und somit zeitgleich mit den berichteten ersten verdächtigen Zuckungen einige Tage vor dem 10.07.2001. Damit liegt aus Sicht des Gerichtes ein zeitlicher Zusammenhang der Entstehung des BNS- Krampfleidens mit dem Impfzeitpunkt vom 28.06.2001 vor, der wie von Prof. E. befürwortet unter Berücksichtigung der oben geschilderten Impfkrankheit einen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bestehenden ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung begründet. Hinzuweisen ist darauf, dass konkurrierende Ursachen hier nicht ersichtlich sind. Eine genetische Auffälligkeit ist nicht belegt. Eine familiäre Vorbelastung lässt sich nicht begründen. Im Übrigen ist auf das humangenetische Gutachten der Frau Prof. D. hinzuweisen, wonach auch bei umfassender genetischer Untersuchung in vielen Fällen sich keine genetische Ursache für ein Krampfleiden eingrenzen lässt. Auch hatte Frau Prof. D. darauf hingewiesen, dass vielfach von der Entstehung eines Krampfleidens im Sinne des Zusammenwirkens von genetischer Disposition und anderer äußerer Faktoren ausgegangen wird. Als solche Faktoren nennt Frau Prof. D. ausdrücklich den Fieberkrampf und macht hier Ausführungen zu den in der Bevölkerung anzutreffenden unterschiedlichen Krampfschwellen. Das Gericht geht damit davon aus, dass auch eine möglicherweise vorhandene genetische Disposition die Anerkennung eines Impfschadens nicht ausschließt, da eine genetische Disposition nicht zwangsläufig zum Ausbruch der Krankheit führt, vgl. auch LSG Nordrhein Westfalen, Urteil vom 24.02.2010, a. a. O., und LSG Saarbrücken, Urteil vom 27.05.2008, a. a. O., dort ebenfalls zur genetischen Anfallsdetermination, die sich lediglich bei einem Teil der Betroffenen überhaupt realisiere. Es ist somit in jedem Einzelfall zu bestimmen, welche Bedeutung den genetischen Umständen zukommt. Vorliegend ist aus Sicht des Gerichts entscheidend, dass eine Impfkrankheit wie oben geschildert in Form eines cerebralen Reizsyndroms beim Kläger am Impftag vorgelegen hat und dies als entscheidender Auslöser des dann entstandenen Krampfleidens anzusehen ist. Von einer gelegenheitsursächlichen Auslösung kann bei Vorliegen einer solchen Impfkrankheit mit cerebraler Auswirkung nicht ausgegangen werden. Auch Prof. F. hatte bei Vorliegen einer Enzephalopathie in seinem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten einen ursächlichen Zusammenhang eines West-Syndroms mit einer Impfung als seltenen Einzelfall benannt, vgl. im Übrigen auch LSG Nordrhein Westfalen, Urteil vom 28.11.2012, Az. L 10 (6) VJ 18/08, dort war sodann mangels einer solchen Impfkomplikation ein Kausalzusammenhang abgelehnt worden.

Auch auf andere mögliche konkurrierende Ursachen war der Gutachter Prof. E. ausdrücklich eingegangen. Zu der von Prof. F. bereits auf den Impfzeitpunkt bezogenen leichten Entwicklungsverzögerung mit Fehlen des freien Sitzens hatte Prof. E. nachvollziehbar geschildert, dass diese leichte Entwicklungsverzögerung erst am 18.07.2001, mithin gleichzeitig mit dem Vorliegen der schweren Hypsarrhythmie, festgestellt worden sei, es bestehe also kein Anlass diese leichte statomotorische Retardierung bereits auf den Impfzeitpunkt zu verlegen. Das Gericht folgt hier auch den überzeugenden Angaben der Eltern des Klägers, die von unauffälliger Entwicklung bis zum Impfzeitpunkt berichtet hatten, ein im Februar 2001 bei einem Kinderarzt einmal nicht vorhandener Blinzelreflex sei sodann vorhanden gewesen; Prof. E. und Prof. F. haben in ihren Gutachten im Übrigen auch auf unbedenkliche Untersuchungsergebnisse der weiteren, bis zum Impfzeitpunkt 28.06.2001 durchgeführten U 4, U 5 hingewiesen. Der Kläger hat sich nach Angaben der Eltern, so bereits festgehalten im nervenärzlichen Gutachten des Beklagten vom 14.06.2005 und dann auch bei der gerichtlichen Befragung vom 28.04.2009, zum Impfzeitpunkt zu beiden Seiten umdrehen können und beim Hochsitz auch mitgehalten. Auch die vorgelegten Bilder, die vor der Impfung angefertigt wurden, zeigen ein völlig unauffälliges Verhalten des Klägers. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass auch die am 18.07.2001 festgestellten klinischen Auffälligkeiten sich noch in geringen Grenzen bewegten, jedoch wie von Prof. E. berichtet eine gewisse regrediente Entwicklung zu verzeichnen war. Dies wird insbesondere deutlich im Bericht der P. über die neurologischen Untersuchungen am Aufnahmetag, dem 18.07.2001, und dabei festgestellter leichter motorischer Entwicklungsverzögerung mit nun Angabe des Fehlens des Drehens um die Körperachse. Der Gutachter Prof. E. hatte darauf hingewiesen, dass es einen sogenannten lockeren Zusammenhang zwischen bereits bestehender schwerer Hypsarrhythmie im EEG und noch sehr gutem Allgemeinzustand geben kann. Es wird für diesen Zeitpunkt am 18.07.2001 trotzt bereits bestehender Hypsarrhythmie ein im Wesentlichen noch unauffälliger Säugling mit auch normalem Blickkontakt und Verhalten, seitengleicher Spontanmotorik, geschildert mit eben der Beschreibung einer leichten motorischen Retardierung, u. a. Fehlen des - wie oben ausgeführt zum Impfzeitpunkt vorhandenen - Drehens um die Körperachse, Fehlen des freien Sitzen. Gerade diese leicht regrediente Entwicklung im Zeitraum zwischen Impfung und Aufnahme in der Kinderklinik am 18.07.2001 eines bis zum Impfzeitpunkt unauffällig entwickelten Säuglings untermauert vorliegend unter Berücksichtigung der stattgehabten Impfkrankheit aus Sicht des Gerichts den Kausalzusammenhang und sichert den von Prof. E. im Zeitraum nach der Impfung vom 28.06.2001 in einem Intervall bis zu sieben Tagen angenommenen Beginn des BNS-Anfallleidens. Weiter hatten sowohl Prof. F. als auch Prof. E. zu dem Hyperbilirubinwert, festgestellt im Klinikum I-Stadt am 04./05.01.2001, also kurz nach der Geburt des Klägers, Stellung genommen. Beide Gutachter hatten übereinstimmend Symptome eines Kernikterus ausgeschlossen. Zur Überzeugung des Gerichtes liegen keine Anhaltspunkte vor, dass diese Bilirubinwerte einen Zusammenhang mit dem später aufgetretenen West-Syndrom haben. Der Gutachter Prof. E. hatte dies aufgrund seiner langen Erfahrung ausdrücklich ausgeschlossen. Prof. F. hatte lediglich allgemein davon gesprochen, dass bei Hyperbilirubinanämie es zu Hirnschäden kommen kann. Für das Auftreten von Hirnschäden gab es jedoch bis zum Impfzeitpunkt keinerlei Anhaltspunkte. Es ist davon auszugehen, dass den Eltern, die noch frische Erinnerungen an die Entwicklungsstadien aufgrund des 16 Monate älteren Bruders des Klägers hatten, hier solche Auffälligkeiten nicht entgangen wären.

Wie Prof. E. beschreibt, führte die anhaltende Hypsarrhythmie - nicht die kleinen Anfälle an sich - letztlich zu dem sich dann einstellenden schweren Hirnschaden mit schwerer Behinderung des Klägers. Der Einwand der Beklagtenseite, dass von einer wie von Prof. E. genannten leichten Enzephalopathie kein so schwerer Schaden zu erwarten sei, ist aus Sicht des Gerichtes deshalb nicht zutreffend. Wie Prof. E. geschildert hatte wird durch die leichte impfbedingte hyperpyretische „neurotoxische“ Enzephalopathie quasi ein Geschehen angestoßen, das dann zur Entstehung einer Hypsarrhythmie führt. Da diese - beim West-Syndrom verständlich durch die schwierige Erkennung der Erstsymptomatik anhand der Mini-Anfälle - regelmäßig nicht sofort erkannt wird und damit auch nicht sofort behandelt werden kann, wirkt sich diese als Dauerreiz auf das Gehirn einwirkende Hypsarrhythmie sodann in der Entstehung eines Hirnschadens aus. Für das Gericht nachvollziehbar, kann somit eine sogenannte leichte Enzephalopathie ein so schweres Geschehen anstoßen. Es ist hier auch nochmals auf die sich verschiedentlich und auch in den AHP Nr. 57.11a findenden Hinweise auf schrilles Schreien nach Pertussis- Impfung Bezug zu nehmen vgl. obige Ausführungen m.w.N ... Im vorliegenden Fall bedarf also wie von Prof. E. anschaulich dargelegt die Entstehung eines schweren Gesundheitsschadens nicht zwingend einer vorangegangenen ausgeprägten Enzephalopathie, die sich sodann im MRT nachweisen lassen würde.

Zur Überzeugung des Gerichts liegt nach alledem beim Kläger ein Impfschaden im Sinne des § 60 IfSG zu vor. Das beim Kläger vorliegende Anfallleiden ist damit auf das Impfgeschehen zurückzuführen.

Als Beginn der Beschädigtenversorgung ist aufgrund der Antragstellung am 19.12.2003 gemäß § 60 Abs. 1 S. 1 BVG der Antragsmonat Dezember 2003 zu nennen.

Die Klage erweist sich nach alledem als begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.

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Die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien sind in der Anlage zu dieser Verordnung#F1_771649als deren Bestandteil festgelegt.

Infektionsschutzgesetz - IfSG | § 60 Versorgung bei Impfschaden und bei Gesundheitsschäden durch andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe


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(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(2) Der Vorsitzende hat bereits vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen.

(3) Zu diesem Zweck kann er insbesondere

1.
um Mitteilung von Urkunden sowie um Übermittlung elektronischer Dokumente ersuchen,
2.
Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Krankengeschichten, Sektions- und Untersuchungsbefunde sowie Röntgenbilder beiziehen,
3.
Auskünfte jeder Art einholen,
4.
Zeugen und Sachverständige in geeigneten Fällen vernehmen oder, auch eidlich, durch den ersuchten Richter vernehmen lassen,
5.
die Einnahme des Augenscheins sowie die Begutachtung durch Sachverständige anordnen und ausführen,
6.
andere beiladen,
7.
einen Termin anberaumen, das persönliche Erscheinen der Beteiligten hierzu anordnen und den Sachverhalt mit diesen erörtern.

(4) Für die Beweisaufnahme gelten die §§ 116, 118 und 119 entsprechend.

(1) Mit der Klage kann begehrt werden

1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,
3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist,
4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.

(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

(1) Wer durch eine Schutzimpfung oder durch eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die

1.
von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen wurde,
1a.
gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 20i Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe a, auch in Verbindung mit Nummer 2, des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vorgenommen wurde,
2.
auf Grund dieses Gesetzes angeordnet wurde,
3.
gesetzlich vorgeschrieben war oder
4.
auf Grund der Verordnungen zur Ausführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften durchgeführt worden ist,
eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält nach der Schutzimpfung wegen des Impfschadens im Sinne des § 2 Nr. 11 oder in dessen entsprechender Anwendung bei einer anderen Maßnahme wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt. Satz 1 Nr. 4 gilt nur für Personen, die zum Zwecke der Wiedereinreise in den Geltungsbereich dieses Gesetzes geimpft wurden und die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Gebiet haben oder nur vorübergehend aus beruflichen Gründen oder zum Zwecke der Ausbildung aufgegeben haben, sowie deren Angehörige, die mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft leben. Als Angehörige gelten die in § 10 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch genannten Personen.

(2) Versorgung im Sinne des Absatzes 1 erhält auch, wer als Deutscher außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes einen Impfschaden durch eine Impfung erlitten hat, zu der er auf Grund des Impfgesetzes vom 8. April 1874 in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 2126-5, veröffentlichten bereinigten Fassung, bei einem Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes verpflichtet gewesen wäre. Die Versorgung wird nur gewährt, wenn der Geschädigte

1.
nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes geimpft werden konnte,
2.
von einem Arzt geimpft worden ist und
3.
zur Zeit der Impfung in häuslicher Gemeinschaft mit einem Elternteil oder einem Sorgeberechtigten gelebt hat, der sich zur Zeit der Impfung aus beruflichen Gründen oder zur Ausbildung nicht nur vorübergehend außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes aufgehalten hat.

(3) Versorgung im Sinne des Absatzes 1 erhält auch, wer außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes einen Impfschaden erlitten hat infolge einer Pockenimpfung auf Grund des Impfgesetzes oder infolge einer Pockenimpfung, die in den in § 1 Abs. 2 Nr. 3 des Bundesvertriebenengesetzes bezeichneten Gebieten, in der Deutschen Demokratischen Republik oder in Berlin (Ost) gesetzlich vorgeschrieben oder auf Grund eines Gesetzes angeordnet worden ist oder war, soweit nicht auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften Entschädigung gewährt wird. Ansprüche nach Satz 1 kann nur geltend machen, wer

1.
als Deutscher bis zum 8. Mai 1945,
2.
als Berechtigter nach den §§ 1 bis 4 des Bundesvertriebenengesetzes oder des § 1 des Flüchtlingshilfegesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Mai 1971 (BGBl. I S. 681), das zuletzt durch Artikel 24 des Gesetzes vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1014) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung,
3.
als Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes oder
4.
im Wege der Familienzusammenführung gemäß § 94 des Bundesvertriebenengesetzes in der vor dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung
seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes genommen hat oder nimmt.

(4) Die Hinterbliebenen eines Geschädigten im Sinne der Absätze 1 bis 3 erhalten auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft erhalten Leistungen in entsprechender Anwendung der §§ 40, 40a und 41 des Bundesversorgungsgesetzes, sofern ein Partner an den Schädigungsfolgen verstorben ist und der andere unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes ausübt; dieser Anspruch ist auf die ersten drei Lebensjahre des Kindes beschränkt. Satz 2 gilt entsprechend, wenn ein Partner in der Zeit zwischen dem 1. November 1994 und dem 23. Juni 2006 an den Schädigungsfolgen verstorben ist.

(5) Als Impfschaden im Sinne des § 2 Nr. 11 gelten auch die Folgen einer gesundheitlichen Schädigung, die durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Buchstabe e oder f oder des § 8a des Bundesversorgungsgesetzes herbeigeführt worden sind. Einem Impfschaden im Sinne des Satzes 1 steht die Beschädigung eines am Körper getragenen Hilfsmittels, einer Brille, von Kontaktlinsen oder von Zahnersatz infolge eines Impfschadens im Sinne des Absatzes 1 oder eines Unfalls im Sinne des Satzes 1 gleich.

(6) Im Rahmen der Versorgung nach Absatz 1 bis 5 finden die Vorschriften des zweiten Kapitels des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch über den Schutz der Sozialdaten Anwendung.

Zur Anerkennung eines Gesundheitsschadens als Folge einer Schädigung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Wenn diese Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann mit Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde der Gesundheitsschaden als Folge einer Schädigung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 anerkannt werden. Die Zustimmung kann allgemein erteilt werden.

(1) Wer durch eine Schutzimpfung oder durch eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die

1.
von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen wurde,
1a.
gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 20i Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe a, auch in Verbindung mit Nummer 2, des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vorgenommen wurde,
2.
auf Grund dieses Gesetzes angeordnet wurde,
3.
gesetzlich vorgeschrieben war oder
4.
auf Grund der Verordnungen zur Ausführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften durchgeführt worden ist,
eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält nach der Schutzimpfung wegen des Impfschadens im Sinne des § 2 Nr. 11 oder in dessen entsprechender Anwendung bei einer anderen Maßnahme wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt. Satz 1 Nr. 4 gilt nur für Personen, die zum Zwecke der Wiedereinreise in den Geltungsbereich dieses Gesetzes geimpft wurden und die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Gebiet haben oder nur vorübergehend aus beruflichen Gründen oder zum Zwecke der Ausbildung aufgegeben haben, sowie deren Angehörige, die mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft leben. Als Angehörige gelten die in § 10 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch genannten Personen.

(2) Versorgung im Sinne des Absatzes 1 erhält auch, wer als Deutscher außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes einen Impfschaden durch eine Impfung erlitten hat, zu der er auf Grund des Impfgesetzes vom 8. April 1874 in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 2126-5, veröffentlichten bereinigten Fassung, bei einem Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes verpflichtet gewesen wäre. Die Versorgung wird nur gewährt, wenn der Geschädigte

1.
nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes geimpft werden konnte,
2.
von einem Arzt geimpft worden ist und
3.
zur Zeit der Impfung in häuslicher Gemeinschaft mit einem Elternteil oder einem Sorgeberechtigten gelebt hat, der sich zur Zeit der Impfung aus beruflichen Gründen oder zur Ausbildung nicht nur vorübergehend außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes aufgehalten hat.

(3) Versorgung im Sinne des Absatzes 1 erhält auch, wer außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes einen Impfschaden erlitten hat infolge einer Pockenimpfung auf Grund des Impfgesetzes oder infolge einer Pockenimpfung, die in den in § 1 Abs. 2 Nr. 3 des Bundesvertriebenengesetzes bezeichneten Gebieten, in der Deutschen Demokratischen Republik oder in Berlin (Ost) gesetzlich vorgeschrieben oder auf Grund eines Gesetzes angeordnet worden ist oder war, soweit nicht auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften Entschädigung gewährt wird. Ansprüche nach Satz 1 kann nur geltend machen, wer

1.
als Deutscher bis zum 8. Mai 1945,
2.
als Berechtigter nach den §§ 1 bis 4 des Bundesvertriebenengesetzes oder des § 1 des Flüchtlingshilfegesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Mai 1971 (BGBl. I S. 681), das zuletzt durch Artikel 24 des Gesetzes vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1014) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung,
3.
als Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes oder
4.
im Wege der Familienzusammenführung gemäß § 94 des Bundesvertriebenengesetzes in der vor dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung
seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes genommen hat oder nimmt.

(4) Die Hinterbliebenen eines Geschädigten im Sinne der Absätze 1 bis 3 erhalten auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft erhalten Leistungen in entsprechender Anwendung der §§ 40, 40a und 41 des Bundesversorgungsgesetzes, sofern ein Partner an den Schädigungsfolgen verstorben ist und der andere unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes ausübt; dieser Anspruch ist auf die ersten drei Lebensjahre des Kindes beschränkt. Satz 2 gilt entsprechend, wenn ein Partner in der Zeit zwischen dem 1. November 1994 und dem 23. Juni 2006 an den Schädigungsfolgen verstorben ist.

(5) Als Impfschaden im Sinne des § 2 Nr. 11 gelten auch die Folgen einer gesundheitlichen Schädigung, die durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Buchstabe e oder f oder des § 8a des Bundesversorgungsgesetzes herbeigeführt worden sind. Einem Impfschaden im Sinne des Satzes 1 steht die Beschädigung eines am Körper getragenen Hilfsmittels, einer Brille, von Kontaktlinsen oder von Zahnersatz infolge eines Impfschadens im Sinne des Absatzes 1 oder eines Unfalls im Sinne des Satzes 1 gleich.

(6) Im Rahmen der Versorgung nach Absatz 1 bis 5 finden die Vorschriften des zweiten Kapitels des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch über den Schutz der Sozialdaten Anwendung.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 28. April 2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Streitig ist die Anerkennung eines Impfschadens nach einer postexpositionellen Tollwut-Impfung
Die am 1962 geborene Klägerin studierte von 1982 bis 1986 Sozialpädagogik in E. und erlernte später die Gebärdensprache für Gehörlose. Ab 1992 war sie bei einem Trägerverein für Gehörlose als Sozialpädagogin beschäftigt. Während eines Urlaubsaufenthaltes in Indonesien im Mai 1997 wurde sie an einem Tag von zwei Hunden gebissen, und zwar in den linken Unterarm und in den rechten Unterschenkel. Die Bisswunden, die desinfiziert und mit Pflaster versorgt wurden, sind komplikationslos verheilt. Das Gebiet, in dem sich die Klägerin damals aufgehalten hat, ist ihren Angaben zufolge als „extremes Tollwutgebiet“ bekannt gewesen. Die beiden Hunde sind weder in Quarantäne genommen noch untersucht worden. Am 30.05.1997 kehrte die Klägerin aus Indonesien zurück. Bereits in der ersten Woche nach ihrer Rückkehr aus dem Urlaub erkrankte sie an Brechdurchfall, Gliederschmerzen, Schwindel, Kopfschmerzen und Fieber bis 40°C. Sie war deshalb ab 02.06.1997 arbeitsunfähig krank.
Auf Überweisung ihres behandelnden Arztes stellte sich die Klägerin am 09.07.1997 in der Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin der Universität München vor. Dort wurde dann noch am selben Tag mit einer postexpositionellen Tollwutimmunisierung mit dem Arzneimittel Rabipur begonnen. Diese und alle weiteren Impfungen erfolgten mit dem Impfstoff Rabipur der Firma C. B.. Die zweite und dritte Impfung wurden ebenfalls in der Abteilung für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin vorgenommen, und zwar am 11.07.1997 am 16.07.1997. Bei der dritten Impfung erlitt die Klägerin einen Kollaps. Sie wurde deshalb von der Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin in das Städtische Krankenhaus S. eingewiesen.
Dort befand sie sich vom 17.07. bis 01.08.1997 in stationärer Behandlung. Da die Klägerin auch über Koordinationsstörungen, Doppelbilder sowie Schluckstörungen berichtete, erfolgte eine weitergehende neurologische Abklärung. Nach dem Arztbrief der Klinik vom 13.08.1997 (Bl. 71 der LSG-Akte) wurde ein Elektro-Enzephalogramm (EEG; Hirnstrombild) erstellt, das eine grenzwertig leichte Allgemeinveränderung sowie Schwankungen der Vigilität (elektroenzephalographisch registrierbarer Zustand der Wachheit des Organismus) zeigte, im Übrigen aber unauffällig war. Die craniale Computertomographie (CCT) ergab ebenso wenig einen pathologischen Befund wie die klinische neurologische Untersuchung. Das von der Klinik veranlasste neurologische Konsil war unauffällig. Der klinische Befund ergab keine Hinweise auf eine neurogene Störung. Auch ein augenärztliches Konsil ergab keinen krankhaften Befund. Bei den durchgeführten Laboruntersuchungen waren einige Werte außerhalb des Normbereichs: CRP (Eiweiß, das in der Leber gebildet wird und als Entzündungsparameter gilt) >2 mg/nl, Leukozyten (weiße Blutkörperchen) 4,7/nl, Thrombozyten (Blutplättchen) 182/nl. Das Differentialblutbild ergab 7% Eosinophile (Teil der weißen Blutkörperchen), 42% Lymphozyten (die kleinsten weißen Blutkörperchen), 11% Monoyten (die größten weißen Blutkörperchen). Bei der Liquordiagnostik (Verfahren zur Untersuchung der Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit) wurde kein auffälliger Befund festgestellt. Im Stuhl fanden sich vereinzelt Wurmeier, aber keine pathogenen Keime. Das Krankenhaus empfahl eine Vervollständigung des Tollwutimpfschutzes und nahm selbst eine vierte Impfung am 23.07.1997 vor.
Die fünfte Impfung erfolgte am 06.08.1997 in einer ärztlichen Praxis. Dieser Impftermin wurde von der Klägerin genannt; er ist im Impfpass nicht eingetragen.
Die sechste und letzte Impfung wurde am 10.10.1997 in der Klinik Dr. S., Fachkrankenhaus für Psychotherapeutische Medizin, vorgenommen. In dieser Klinik befand sich die Klägerin vom 09.10.1997 bis 30.04.1998 in stationärer Behandlung. Im Entlassungsbericht der Klinik vom 29.06.1998 (Bl. 28/30 der Verwaltungsakte und Bl. 118/125 der SG-Akte), wird in der abschließenden Zusammenfassung u.a. ausgeführt, bei Blutabnahmen und auch bei den Pentoxifyllin-Infusionen (Arzneimittel, das bei arteriellen Durchblutungsstörungen eingesetzt wird), sei es immer wieder dazu gekommen, dass die Klägerin kollabierte und nach kurzer Zeit wieder zu sich kam. Wegen eines chronischen Tinnitus sei die Klägerin HNO-ärztlich untersucht worden, wobei eine Hörminderung rechts diagnostiziert worden sei. Um daraufhin einen Kleinhirnbrückenwinkelprozess auszuschließen, sei am 09.04.1998 ein Magnet-Resonanz-Tomogramm (MRT) des Schädels angefertigt worden. Bei dieser Untersuchung sei im unteren Hirnstamm die 4 mm große, unscharf begrenzte, signalreiche Läsion entdeckt worden. Aus diesem Grund sei die Klägerin am 12.05.1998 in die Neurologische Klinik und Poliklinik der Technischen Universität (TU) M. aufgenommen worden.
Die Behandlung in dieser Klinik dauerte bis zum 27.05.1998. Im Arztbrief vom 05.06.1998 (Bl. 21/22 der Verwaltungsakte) werden folgende Diagnosen gestellt: Verdacht auf Teleangiektasie (Erweiterungen der kleinsten Gefäße bzw. Gefäßfehlbildung) rechts paramedian (neben der Mittellinie verlaufend) im Ponsbereich (Teil des Hirnstamms) und Verdacht auf somatoforme Störung. Ein normales EEG, ein Schlafentzugs-EEG und ein Langzeit-EEG ergaben keinen pathologischen Befund. Unter „Beurteilung und Verlauf“ heißt es, die Klägerin sei aufgrund der seit einem Jahr bestehenden, fluktuierenden Symptomatik mit Gliederschmerzen, Schwindel, Kopfschmerz, Sehstörungen, Sensibilitätsstörungen, Zittern am ganzen Körper, Tinnitus, Herzklopfen und intermittierender körperlicher Schwäche stationär aufgenommen worden. Diese Symptomatik habe sich seit Anfang des Jahres verschlechtert. Die im craniellen Kernspin aufgefallene Teleangiektasie im Bereich des rechten Pons sei als Ursache für die diffuse Symptomatik sicherlich auszuschließen und bestehe mit Sicherheit schon seit langer Zeit. In der sonstigen bildgebenden und neurophysiologischen Zustandsdiagnostik hätten keine organischen Korrelate für die diffusen Beschwerden gefunden werden können. Wegen der rezidivierend auftretenden Zitteranfälle mit fraglichen Bewusstseinsstörungen seien mehrfach EEG auch unter Provokationsbedingungen durchgeführt worden. Jedoch zeigten sich auch hier, auch während solcher Attacken, keine EEG-Veränderungen. Aufgrund der diffusen Beschwerdesymptomatik erscheine eine somatoforme Störung als sehr wahrscheinlich. Dies sei mit der Klägerin besprochen worden, jedoch seien keine weiteren Schritte eingeleitet worden, weil sich die Klägerin bereits in ambulanter Psychotherapie befinde. Außerdem möchte sich die Klägerin noch einmal im Tropeninstitut in H. vorstellen, da sie noch immer von einer Tropeninfektion als Ursache der Beschwerden ausgehe.
In der Zeit vom 08.06.1998 bis 13.07.1998 wurde die Klägerin u.a. von Dr. E., Ärztin für Nervenheilkunde und Psychotherapie, in M. betreut. Diese führte in einem Arztbrief vom 30.07.1998, der an eine andere in M. niedergelassene Ärztin adressiert war, aus, die von der Klägerin geäußerten Beschwerden stünden am ehesten in Zusammenhang mit der Tollwutimpfung. Die im Klinikum rechts der Isar diagnostizierte Optikusneuritis lasse natürlich noch andere Differentialdiagnosen wie z.B. Enzephalomyelitis disseminata (Multiple Sklerose) zu. Alle neurologischen Befunde seien jedoch nach Aussage der Klägerin negativ gewesen. Bei Persistieren der Symptomatik würde sie trotzdem eine Wiederholung der Kernspintomographie empfehlen. Das Nebenwirkungsprofil des Tollwutimpfstoffes weise neurologische Störungen auf.
Der Augenarzt Dr. R., M., teilte in einem Schreiben an Dr. C. vom 24.11.1998 mit, die Klägerin sei im Juni 1998 bei ihm gewesen. Auffällig seien Xanthelasmen (hellgelbe, leicht erhabene, plattenförmige Ablagerungen von Cholesterin im Bereich der Augenlider) im Lidbereich gewesen. Bei der Extremblickrichtung habe sich ein zarter Nystagmus (unkontrollierbare, rhythmische Bewegungen bzw. sog Augenzittern) dargestellt. Die Gesichtsfelduntersuchung habe beidseits eine vergrößerten blinden Fleck ergeben. Er habe die Klägerin deshalb zu einer weiteren Abklärung zu Prof. L. in M. geschickt. Auch dieser habe einen vergrößerten blinden Fleck und geringe relative Defekte im Zentrum ohne genauere Zuordnung finden können.
10 
Mit Schreiben vom 06.12.1998 (Bl. 23/27 der Verwaltungsakte) wandte sich Dr. C. aus F. an die Neurologische Klinik und Poliklinik der TU M. und gab an, er kenne die Klägerin seit vielen Jahren. Leider habe es seit ihrer im Mai 1997 begonnenen Erkrankung bis zu diesem Sommer keinen Kontakt mehr gegeben, so dass er sich erst jetzt in das Geschehen „einmischen“ könne. Anlass seines Schreibens sei seine Bitte, sich nochmals mit der Krankengeschichte und der diagnostischen Bewertung zu befassen. Er habe nämlich den Eindruck gewonnen, dass hierbei nicht mit der wünschenswerten und notwendigen Sorgfalt Anamnese, Beschwerden sowie neurologische und neurologisch-technische Befunde bewertet worden seien. Diagnostische Bewertungen der Klinik hätten verständlicherweise „auch nach außen hin“ ein besonders großes Gewicht. Im Anschluss daran schilderte Dr. C. den bisherigen Verlauf der Krankengeschichte der Klägerin und seine Auffassung über mögliche Diagnosen; hierauf wird verwiesen.
11 
Am 02.02.1999 stellte sich die Klägerin in der ambulanten Sprechstunde der Klinik und Poliklinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation der L.-M.-Universität in M. vor. Im Arztbrief vom 03.02.1999 (Bl. 10 der Verwaltungsakte) führte die Leitende Oberärztin der Klinik Dr. B. aus, die erhobenen Befunde - die im Einzelnen dargelegt werden - deuteten nicht auf eine zentrale Störung, sondern wiesen auf ein peripher gestörtes neuropathisches Krankheitsbild hin, das auch in der Literatur bereits nach Rabiesimpfungen (Tollwutimpfungen) beschreiben worden sei.
12 
Am 22.02.1999 stellte die Klägerin beim Amt für Versorgung und Familienförderung München I (Versorgungsamt) einen Antrag auf Versorgung nach dem (damals geltenden) Bundesseuchengesetz (BSeuchG). Mit ihrem Antrag legte sie verschiedene Arztbriefe und Atteste vor. In einem nervenärztlichen Gutachten des Ärztlichen Dienstes des Versorgungsamts vom 08.07.1999, das auf einer ambulanten Untersuchung der Klägerin beruht, führte der Facharzt für Nervenheilkunde Dr. S. aus, ein Kausalzusammenhang zwischen der Tollwutimpfung und den geltend gemachten Gesundheitsstörungen neurologischer Natur sei zwar nicht ganz auszuschließen, aber doch nicht wahrscheinlich. Ohne spezifische Kenntnisse und Erfahrungen bei der sehr selten durchgeführten Tollwutimpfung könne allerdings nicht entschieden werden, hier sei die Erfahrung des speziellen Prüfarztes entscheidend.
13 
Daraufhin zog das Versorgungsamt zunächst das für die (damalige) Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) erstellte Gutachten des Arztes für Neurologie Dr. H. bei und veranlasste eine Untersuchung und Begutachtung der Klägerin durch den Direktor der Neurologischen Klinik und Poliklinik der L.-M.-Universität M. Prof. Dr. B.. Dieser ließ zunächst die bei der Klägerin angefertigten Kernspintomogramme vom 09.04.1998, 12.05.1998, 25.08.1998 und 12.04.1999 in einem neuroradiologischen Zusatzgutachten vom Leiter der Abteilung für Neuroradiologie am Klinikum G. befunden und bewerten. In diesem Zusatzgutachten (Bl. 94/96 der Verwaltungsakte) führte dieser in der zusammenfassenden Beurteilung aus, in den kernspintomographischen Untersuchungen lasse sich konstant über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr eine hyperintense (signalreiche bzw. helle) Läsion (Schädigung bzw. Störung) paramedian rechts im caudalen Brückenfuß (Teil des Hirnstamms) darstellen. Am wahrscheinlichsten sei, dass es sich hierbei um eine kleine umschriebene kapilläre Teleangiektasie handele. Ein Zusammenhang mit der durchgeführten Impfung gegen Tollwut sei nicht erkennbar.
14 
Im neurologischen Gutachten vom 02.04.2000, das auch auf einer ambulanten Untersuchung der Klägerin beruht und ausführlich die von der Klägerin gemachten Angaben über ihre Beschwerden wiedergibt, führte Prof. Dr. B. aus, die auf neurologischen Fachgebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen könnten zwar wie bisher beschrieben, aber nicht einer sicheren Krankheitsbezeichnung zugeordnet werden. Neurologische, bleibende Schäden infolge der Tollwutimpfung seien nicht mit dem Grad der Wahrscheinlichkeit erkennbar. Weder die Ergebnisse der stationären Untersuchung vom Juli 1997 noch die Ergebnisse der späteren Untersuchungen in den Neurologischen Universitätskliniken rechts der Isar in M. und in F. hätten im Bereich des Gehirns, des Rückenmarks und der Nerven Befunde einer impfbedingten Gewebeschädigung fassen lassen. Der einzig auffällige Befund des Kernspintomogramms, der bildgebenden Untersuchung mit dem besten Auflösungsvermögen, entspreche nach dem übereinstimmenden Urteil aller neuroradiologischer Untersucher einer kleinen Gefäßfehlbildung im Bereich der Brücke, aber nicht einem Herd einer impfbedingten umschriebenen Entzündung oder Schädigung der Hüllen von Nervenfortsätzen. Aber auch eine Auswirkung der Impfung auf die Nerven in Armen und Beinen (Polyneuropathie) sei nie fassbar gewesen. Zudem sei festzustellen, dass die von der Klägerin angegebene über längere Zeit fortschreitende Verschlechterung für eine Impfschädigung des Gehirns so ungewöhnlich sei, dass - von allem anderen abgesehen - deutlich mehr dagegen als dafür spreche.
15 
Vor einer Entscheidung über den Antrag gab das Versorgungsamt der Klägerin Gelegenheit, sich zum bisherigen Beweisergebnis zu äußern. Die Klägerin bat Dr. C., zu den eingeholten Gutachten Stellung zu nehmen. Dieser Bitte kam er mit Schreiben vom 27.05.2000 nach. Er begründete darin seine Kritik ausführlich und trug als seine Hypothese die Ansicht vor, dass die Impfung, die bei dem langen Abstand zu den Hundebissen ohnehin nur sehr fraglich indiziert gewesen sei, wegen des gleichzeitig bestehenden hochfieberhaften Infektes einen pathologischen Prozess in Gang gebracht habe, der zu der jetzt bestehenden Symptomatik geführt habe. Die Herstellerfirma habe in ihrem der Verwaltung vorliegenden Schreiben vom 25.02.1999 (Bl. 43/46 der Verwaltungsakte) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Einfluss der Tollwutimpfung auf eine vorbestehende Symptomatik nicht mit Sicherheit auszuschließen sei. Er habe in den vergangenen Tagen ein Telefonat mit Prof. Dr. D. aus B. geführt, der ihm vom R.-K.-Institut als hochkarätiger Experte für Impfstoffe benannt worden sei. Dieser habe seine Verwunderung über die wenig sachverständigen Äußerungen der Gutachter zum möglichen Impfschaden durch Rabipur zum Ausdruck gebracht. Prof. Dr. D. habe ihm aus einer Computer-Recherche (die beigefügten) Berichte überlassen, dies sich mit gemeldeten neurologischen Schäden nach Tollwutimpfung mit nicht-neutralen Zellgewebsimpfstoffen der so genannten 3. Generation wie Rabipur befassen. Trotz der Seltenheit von gemeldeten Impfschäden werde über folgende neurologische Erkrankungen berichtet: Guillan-Barré-Syndrom, Polyneuropathie, Menigoradiculitis , disseminierte Enzephalomyelitis (Multiple Sklerose), vorübergehende epileptische Anfälle und Augenmuskellähmungen. Er schlage deshalb ein impfmedizinisches Fachgutachten z.B. durch Prof. Dr. D. vor.
16 
Zu diesem Schreiben holte die Versorgungsverwaltung eine Stellungnahme von Dr. S.r, Medizinaldirektorin und Ärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 29.08.2000 ein, die ausführte, dass ihrer Meinung nach keinesfalls Schädigungsfolgen iS des Bundesseuchengesetzes vorliegen.
17 
Mit Bescheid vom 22.09.2000 lehnte das Versorgungsamt den Antrag ab.
18 
Dagegen legte die Klägerin am 20.10.2000 Widerspruch ein, den Dr. C. mit Schreiben vom 18.11.2000 und 02.02.2001 begründete. Er legte einen an ihn gerichteten Arztbrief der Praxis für Nuklearmedizin PD Dr. R. -Dr. W. vor, in dem über das Ergebnis einer bei der Klägerin am 29.01.2001 durchgeführten Teilkörperpositronen -Emissionen-Tomographie des Gehirns berichtet wird. Danach habe sich in bestimmten Arealen des Gehirns eine deutliche Stoffwechselminderung gezeigt, die eindeutig als pathologisch einzustufen sei. Nähere diagnostische Aussagen seien jedoch nicht möglich, da in der Literatur vielfältige Ursachen für dieses Befundmuster beschrieben seien. Nach Einholung einer Stellungnahme bei Medizinaldirektorin Dr. S. wies das Bayerische Landesamt für Versorgung und Familienförderung den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 24.07.2001 als unbegründet zurück.
19 
Am 20.08.2001 hat die Klägerin beim Sozialgericht München Klage erhoben. Dieses Gericht hat sich mit Beschluss vom 13.09.2001 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht Freiburg (SG) verwiesen. Die Klägerin hat u.a. vorgetragen, in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Beginn der Impfserie sei bei ihr eine progrediente neurologische Symptomatik aufgetreten, wobei im Vordergrund der Beschwerden Teillähmungen im motorischen und sensiblen Bereich, Beeinträchtigungen der Feinmotorik (einschließlich Sprache), des Sehens und der Koordination, ständige Gliederschmerzen und als Hauptsyndrom eine massive Beeinträchtigung der allgemeinen Leistungsfähigkeit und Vitalität aufgetreten seien. Die Beschwerden hätten sich in der Folgezeit teilweise noch verschlechtert und im September 1998 dazu geführt, dass sie wegen ihrer seit Krankheitsbeginn bestehenden Arbeitsunfähigkeit ihren Arbeitsplatz verloren habe. Am 28.05.2001 sei durch die Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychosomatik in F. ein neues Gutachten erstellt worden. Dieses gehe aufgrund der Anamnese, des klinischen Befundes und der Vorbefunde, insbesondere der PET-Untersuchung diagnostisch von einer hirnorganischen Ursache der Beschwerden aus und vermute am ehesten ein postenzephalitisches Syndrom nach Tollwutimpfung. Die Diagnose eines postenzephalitischen Syndroms werde auch durch eine weitere Untersuchung der Sektion prächirurgische Epilepsiediagnostik am Neurozentrum der Universität F. und der am 16.07.2001 durchgeführten VEP (Visuell evozierte Potentiale) - Untersuchung bestätigt. Da für die Anerkennung eines Gesundheitsschadens als Folge einer Impfung die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs genüge, sei der von ihr geltend gemachte Anspruch begründet.
20 
Zur Stützung ihres Vorbringens hat die Klägerin verschiedene Arztbriefe sowie einen Auszug aus dem „Handbuch der unerwünschten Arzneimittelwirkungen“ und die Fachinformation des Herstellers C. B. über den Impfstoff Rabipur vorgelegt. Bei dem in der Klagebegründung erwähnten Gutachten vom 28.05.2001 handelt es sich um einen Brief des Klinikums an Dr. C., in dem über einen stationären Aufenthalt der Klägerin in der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie mit Poliklinik in der Zeit vom 28.03. bis 30.03.2001 zur Diagnostik im Schlaflabor berichtet wird. Die vom P.-E.-Institut an Dr. C. übersandten Unterlagen enthalten Literatur zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen des Tollwutimpfstoffs Rabipur mit Daten aus den Jahren 1995 bis 2001 (Bl 48/54 der SG-Akte).
21 
Die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen hat der Beklagte zum Anlass genommen, eine Anfrage an das P.-E.-Institut zu richten. Im Antwortschreiben vom 22.03.2002 (Bl. 59/63 der SG-Akten) werden auf der Grundlage der von der Klägerin und Dr. C. an das Institut gemeldeten Angaben über einen Verdachtsfall unerwünschter Arzneimittelwirkungen des Tollwutimpfstoffs Rabipur Ausführungen zu möglichen Impfreaktionen gemacht und es wird zusammenfassend festgehalten, dass aufgrund des plausiblen zeitlichen Intervalls und dem Fehlen des Nachweises von anderen Ursachen und der positiven Re-Exposition eine Auslösung der Erkrankung durch die Impfung wahrscheinlich erscheine.
22 
Hierzu hat sich die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 06.05.2002 geäußert. Darin wird darauf aufmerksam gemacht, es sei niemals behauptet worden, dass die Klägerin an einer ADME (akute disseminierte Encephalomyelitis) oder an einem Guillan-Barré-Syndrom leide. Sie gehe von einem durch die Impfung ausgelösten Zustand nach immunologisch bedingter Enzephalitis aus. Für gleichwertig halte die Klägerin die nunmehr vom P.-E.-Institut gestellte Verdachtsdiagnose einer unklassifizierbaren, vermutlich entzündlichen Reaktion des zentralen oder peripheren Nervensystems. Zusammen mit diesem Schriftsatz reichte die Klägerin den Arztbrief des Prof. Dr. E. von der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychosomatik F. vom 28.02.2002 zu den Akten (Bl. 73 der SG-Akte). Darin vertritt Prof. Dr. E. die Auffassung, diagnostisch sei bei der komplexen Symptomatik der Klägerin von einer organischen psychischen Störung auszugehen. Ein postenzephalitisches Syndrom sei am wahrscheinlichsten. Im ebenfalls von der Klägerin vorgelegten und an Dr. C. gerichteten Arztbrief der Augenärztin Dr. R. wird ein „nach wie vor unklares Röhrengesichtsfeld rechts“ und eine „unklare Pupillenstörung“ diagnostiziert. Dagegen habe sich das Sehvermögen rechts wieder normalisiert.
23 
Das SG hat eine Auskunft der Gutachtenstelle der Neurologischen Universitätsklinik F. über eine ambulante Vorstellung der Klägerin am 15.11.1999 und einen stationären Aufenthalt in der Zeit vom 06.12. bis 14.12.1999 eingeholt (Bl. 77/81 der SG-Akte). Anschließend hat das SG zunächst versucht, den Leiter der Neurologischen Universitätsklinik F., Prof. Dr. L., mit der Erstellung eines Gutachtens zu beauftragen. Da dieser aufgrund anderer Verpflichtungen sich nicht in der Lage gesehen hat, den Gutachtensauftrag zu erledigen, hat er darum gebeten, den Auftrag an einen seiner Oberärzte zu richten. Hierzu ist es dann aber nicht gekommen, nachdem die Klägerin aufgrund des früheren Aufenthaltes in dieser Klinik Vorbehalte („durchaus auch konflikthafte Verläufe der Behandlung“) gegenüber einer Begutachtung durch diese Klinik geäußert hat. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 04.07.2002 hat sie vielmehr darum gebeten, die Erforderlichkeit des Gutachtens zu prüfen, nachdem auf den vorliegenden Fall bezogen eine klare Aussage des Robert-Koch-Institutes vorliege. Auch könne die Frage nach einem Impfschaden nicht von einem Neurologen beantwortet werden, stattdessen wäre ein immunologisches Gutachten einzuholen. Außerdem sei sie schwanger. In dieser Situation erscheine eine ambulante Untersuchung mit dem Ziel, die Folgen der Tollwutimpfung zu prüfen, kaum möglich.
24 
Das SG hat ferner nach Einholung einer Auskunft der Klinik Dr. Schl. versucht, zunächst bei Prof. Dr. Z., J.-G. Universität M., und anschließend bei Prof. Dr. J., Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene der Universität R., ein Gutachten einzuholen. Diese Sachverständigen haben sich aber außerstande gesehen, den Gutachtensauftrag zu erfüllen. Schließlich hat das SG bei Prof. Dr. E. in F. ein psychiatrisches Gutachten in Auftrag gegeben. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 20.11.2003 (Bl. 142/158) die Ansicht vertreten, die bei der Klägerin festzustellenden Symptome seien aus klinisch-psychiatrischer Sicht am besten mit der Diagnose einer organischen psychischen Störung vereinbar, z. B. einer organischen Persönlichkeitsänderung bzw. Wesensänderung. Bedingung für eine solche Diagnose sei allerdings, dass eine Hirnschädigung angenommen werden könne, z. B. der zur Diskussion stehende Impfschaden. Falls eine Hirnschädigung angenommen werden könne, seien die von ihm erhobenen Befunde nicht mit Wahrscheinlichkeit auf andere Ursachen zurückzuführen, sondern am wahrscheinlichsten Folge dieser Hirnschädigung. Zu diesem Gutachten haben sich sowohl die Klägerin als auch der Beklagte geäußert.
25 
Mit Urteil vom 28.04.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die verwiesen wird, hat es dargelegt, dass und weshalb es einen Zusammenhang zwischen den bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen und der Impfung mit Rabipur im Jahr 1997 nicht für wahrscheinlich hält. Das Urteil ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis am 13.05.2004 zugestellt worden.
26 
Am 11.06.2004 hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie macht im Wesentlichen geltend, das SG habe aufgrund fehlerhafter Beweiswürdigung den Ursachenzusammenhang zwischen der Tollwutimpfung und der bei ihr bestehenden Erkrankung verkannt. Nachdem sie im Juli 1997 sechs Impfungen gegen Tollwut erhalten habe, sei in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Beginn der Impfserie die streitgegenständliche Symptomatik aufgetreten, wobei im Vordergrund der Beschwerden Teillähmungen im motorischen und sensitiven Bereich, Beeinträchtigungen der Feinmotorik einschließlich Sprache, des Sehens und der Koordination, ständige Gliederschmerzen und als Hauptsymptom eine massive Beeinträchtigung der allgemeinen Leistungsfähigkeit und Vitalität aufgetreten seien. Bei ihr bestehe ohnehin eine stark erhöhte Neigung zu Arzneimittelnebenwirkungen. Es bestünden Allergien gegen bestimmte Antibiotika und eine massive Unverträglichkeit bei verschiedenen Antidepressiva. Besonders zu berücksichtigen sei, dass bei ihr eine Tollwutimpfung durchgeführt worden sei, als sie bereits wegen Tollwutsymptomen behandelt worden sei. Die Klägerin legt ausführlich dar, welche Gesichtspunkte aus ihrer Sicht für einen Zusammenhang ihrer Gesundheitsstörungen mit der durchgeführten Impfung sprechen und welche ärztlichen Stellungnahmen und Berichte ihren Standpunkt stützen. Ferner legt die Klägerin dar, dass auch die Voraussetzungen für eine so genannte Kannversorgung erfüllt seien.
27 
Die Klägerin beantragt,
28 
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 28. April 2004 und den Bescheid des Beklagten vom 22. September 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2001 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Gesundheitsstörungen der Klägerin als Impfschaden anzuerkennen und ab 1. Februar 1999 zu entschädigen.
29 
Der Beklagte beantragt,
30 
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
31 
Der Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Eine Anerkennung als Impfschaden scheide im vorliegenden Fall in jeglicher Hinsicht aus. Weder sei ein Zusammenhang der bei der Klägerin bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit der im Jahr 1997 erfolgten Impfung wahrscheinlich zu machen noch lägen die Voraussetzungen einer Kannversorgung iSd § 61 Satz 2 IfSG bzw. § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG vor.
32 
Der Senat hat die noch vorhandenen Unterlagen der Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin der Universität M. und des Krankenhauses M. S. beigezogen und nach einer Bitte um Benennung geeigneter Sachverständiger bei der Ständigen Impfkommission (STIKO) des R.-K.-Institutes mit Gutachtensauftrag vom 29.06.2005 Prof. Dr. D., Facharzt für Innere Medizin sowie Mikrobiologie/Epidemiologie, mit der Erstattung eines Gutachtens nach Aktenlage beauftragt. Prof. Dr. D. war u.a. bis 1999 Leiter der Programme für Infektionskrankheiten und Impfungen, Regionalbüro Europa der Weltgesundheitsorganisation, und von 1992 bis 2004 Mitglied der STIKO.
33 
Die Klägerin hat noch drei an Dr. C. gerichtete Arztbriefe vorgelegt. Im Schreiben vom 26.07.2005 teilt der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. W., F., mit, neurologischerseits stünden bei der Klägerin eine ataktische Gangstörung, Koordinationsstörungen der Extremitäten sowie ein Hemihypästhesie und -hypalgesie im Vordergrund. Der Augenarzt Dr. T. nennt im Schreiben vom 03.08.2005 als Diagnosen: hyperoper. Astigmatismus, zeitweise dekompens . Exophorie mit Problemen beim Lesen und Enzephalitis nach Tollwutimpfung. Prof. Dr. R., Arzt für Nuklearmedizin, beschreibt das Ergebnis eines Hirnperfusions-Spect-Szintigramms. Er führt in seinem Schreiben hierzu aus, es habe sich kein Nachweis umschriebener grober Perfusionsstörungen ergeben. Die leicht inhomogene Perfusion sämtlicher Hirnregionen sei vereinbar mit einem Zustand nach Enzephalitis. Eine typisch dementielle Perfusionsveränderung sei nicht nachweisbar. Insbesondere lasse sich auch die frontale Perfusionsminderung aus dem Jahre 2001 nicht mehr belegen.
34 
In seinem Gutachten vom 24.08.2005 (Bl. 110/150 der LSG-Akte) beschreibt Prof. Dr. D. die Tollwutimpfstoffe und ihre Komplikationen und legt dann dar, dass das Vorliegen einer
ADEM und eines Guillain-Barré-Syndroms eindeutig zu verneinen sei. Die zum Vorhandensein einer Neuritis (Entzündliche Erkrankung des peripheren Nervensystems) von den Ärzten bisher gemachten Angaben seien zum Teil widersprüchlich. Eine diagnostische Sicherung habe allerdings in keinem Fall erfolgen können. Er kommt in seinem Gutachten zu dem Schluss, dass bei der Klägerin keine Gesundheitsstörungen vorliegen, die mit Wahrscheinlichkeit durch die Impfung verursacht worden seien.
35 
Zu diesem Gutachten hat sich die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 02.01.2006 und unter Hinweis auf eine umfangreiche Stellungnahme des Dr. C. ausführlich geäußert (Bl. 165/169 der LSG-Akte).
36 
Ein auf den 17.02.2006 anberaumter Termin zur mündlichen Verhandlung ist auf Antrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf den 28.04.2006 verlegt worden. Auch dieser Termin ist wieder aufgehoben worden, nachdem die Klägerin weitere ärztliche Unterlagen (Schreiben Dr. T. vom 27.10.2005 und Stellungnahme des P.-E.-Instituts vom 10.01.2006) vorgelegt hat. Der Senat hat die ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. D. vom 06.03.2006 eingeholt. Hierzu hat sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 27.04.2006 geäußert.
37 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
38 
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Versorgung wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen eines Impfschadens, weil die im Jahre 1997 durchgeführte postexpositionelle Impfung gegen Tollwut mit dem Impfstoff Rabipur keinen Impfschaden verursacht hat.
39 
Streitgegenstand des Rechtsstreits ist die Gewährung von Entschädigungsleistungen nach § 51 Abs. 1 Bundesseuchengesetz (BSeuchG) bzw. § 60 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Da das IfSG am 1. Januar 2001 in Kraft getreten ist, bei zeitgleichem Außerkrafttreten des BSeuchG ohne Übergangsvorschrift (s Art 5 Abs. 1 Nr. 1 Gesetz zur Neuordnung seuchenrechtlicher Vorschriften vom 20. Juli 2000, BGBl I, 1045), ist im Hinblick auf den Entschädigungsanspruch bis zum Inkrafttreten des IfSG das BSeuchG weiterhin anzuwenden; hier also von der Antragstellung im Februar 1999 bis zum 31. Dezember 2000. Für die Zeit danach sind der Entscheidung die allerdings insoweit im Wesentlichen inhaltsgleichen Vorschriften des IfSG zu Grunde zu legen (BSG 20.07.2005 - B 9a/9 VJ 2/04 - Breith 2006, 140).
40 
Wer durch eine Schutzimpfung, die von einer zuständigen Behörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen worden ist, einen Impfschaden erlitten hat, erhält nach § 51 Abs. 1 BSeuchG und § 60 Abs. 1 IfSG wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Ein Impfschaden ist ein über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehender Gesundheitsschaden (§ 52 Abs. 1 Satz 1 BSeuchG) bzw. die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung (§ 2 Nr. 11 IfSG). Zur Anerkennung eines Gesundheitsschadens als Folge einer Impfung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (§ 52 Abs. 2 Satz 1 BSeuchG/§ 61 Satz 1 IfSG). Wenn diese Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann mit Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde der Gesundheitsschaden als Folge einer Impfung anerkannt werden (§ 52 Abs. 2 Satz 2 BSeuchG/§ 61 Satz 2 IfSG; sog Kannversorgung).
41 
Allerdings müssen die Impfung, die Schädigung durch die Impfung in Form eines über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden Gesundheitsschadens (vgl. § 52 Abs. 1 Satz 1 BSeuchG) bzw. einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung (vgl. § 2 Nr. 11 IfSG) und der verbliebene Schaden (anhaltende Gesundheitsstörung) voll bewiesen sein (BSG 19.03.1986 - 9a RVi 2/84 - SozR 3850 § 51 Nr. 9). Nur für den Ursachenzusammenhang zwischen der Impfung und der Schädigung sowie der Schädigung und dem verbleibenden Gesundheitsschaden genügt der Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit. Wahrscheinlich ist eine Kausalität dann, wenn wenigstens mehr für als gegen sie spricht bzw. wenn die für den Zusammenhang sprechenden Umstände deutlich überwiegen. Es genügt nicht, dass ein Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden kann oder nur möglich ist; auch die „gute Möglichkeit“ genügt nicht (BSG aaO). Der Vollbeweis setzt voraus, dass die Tatbestandsmerkmale mit einer an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, die ernste, vernünftige Zweifel ausschließt, erwiesen sind (BSG 19.03.1986 - 9a RVi 2/84 - SozR 3850 § 51 Nr. 9).
42 
Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der erkennende Senat anschließt, gelten im Impfschadensrecht für die Feststellung von Ursachenzusammenhängen grundsätzlich die gleichen Maßstäbe wie in Fällen des BVG, denn die Aufklärungsschwierigkeiten im Impfschadensrecht entsprechen insoweit typischerweise denen des BVG (BSG SozR 3850 § 52 Nr. 1 mwN). Dies bedeutet: Lässt sich die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhanges nicht ermitteln, wirkt sich dies zu Lasten der Antragstellerin (Klägerin) aus. Das BSG hat ferner entschieden, dass im Impfschadensrecht bei unaufgeklärtem Ursachenzusammenhang zwischen Impfung und dauerndem Gesundheitsschaden keine Beweislastumkehr in Betracht kommt. Nichts anderes gilt für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Impfung und Impfschaden, denn im Impfschadensrecht ist für die Anerkennung eines Impfschadens als anspruchsbegründender Umstand bereits gesetzlich eine Beweiserleichterung geschaffen worden, nämlich dass die Wahrscheinlichkeit für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs zwischen Impfung und Impfschaden sowie der dauernden Gesundheitsstörung genügt (vgl §§ 52 Abs. 2 Satz 1, 51 Abs. 1 Satz 1 BSeuchG iVm § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG ). Bei dieser Sachlage besteht in Fällen eines bereits gesetzlich normierten erleichterten Maßstabs für die Feststellung von Ursachenzusammenhängen jedenfalls in der Regel kein Anlass, aufgrund richterlicher Rechtsfortbildung von dem normierten Maßstab abzugehen (BSG 27.08.1998 - B 9 VJ 2 97 R -).
43 
Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Versorgung sind bei der Klägerin nicht erfüllt. Es steht zwar fest, dass sie in der Zeit vom 09.07.1997 bis 10.10.1997 insgesamt 6-mal mit dem Impfstoff Rabipur gegen Tollwut geimpft worden ist. Es lässt sich aber nicht feststellen, dass die Impfung einen Gesundheitsschaden verursacht hat. Nach dem Ergebnis der vom Senat und vom SG durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten und sonstigen ärztlichen Stellungnahmen, die sich in den Gerichts- und Verwaltungsakten befinden, ist schon fraglich, ob die im Jahre 1997 erfolgte Impfung überhaupt zu einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Beeinträchtigung bei der Klägerin geführt hat. Dies kann nur angenommen werden, wenn hierfür das Auftreten von Beschwerden bzw. das Vorhandensein von Symptomen genügt. Denn organisch fassbare Veränderungen, also gesundheitliche Beeinträchtigungen iS regelwidriger Veränderungen des Körpers, die die von der Klägerin geschilderten Beschwerden erklären könnten, sind im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung nicht nachgewiesen. Darüber hinaus steht aber zur Überzeugung des Senats fest, dass weder die von der Klägerin geschilderten Beschwerden noch die von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsstörungen mit Wahrscheinlichkeit auf die Impfung mit Rabipur zurückgeführt werden können.
44 
In seinem für den Senat erstellten Gutachten vom 24.08.2005 hat Prof. Dr. D. die in der Literatur beschriebenen Komplikationen einer Impfung mit einem Tollwut-Zellkultur-Impfstoff aufgeführt. Es handelt sich dabei um eine akute demyelinisierende Enzephalomyelitis (ADEM; auch als postinfektiöse Enzephalitis bezeichnet), das Guillain-Barré-Syndrom sowie Neuritiden (entzündliche Nervenerkrankungen). Er hat dann ferner dargelegt, dass das Vorliegen einer ADEM und des Guillain-Barré-Syndroms bei der Klägerin eindeutig zu verneinen ist (Seite 32 seines Gutachtens). Insoweit stimmt seine Auffassung mit der Ansicht der Klägerin überein. Auch sie hat darauf hingewiesen, dass sie niemals behauptet habe, an einer ADEM oder einem Guillain-Barré-Syndrom zu leiden (Schriftsatz vom 06.05.2002, Bl. 71 der SG-Akte). Der Senat schließt sich der Auffassung des Sachverständigen an, zumal diese Krankheiten von keinem der im Verlauf des Verfahrens gehörten Ärzte festgestellt worden sind.
45 
Prof. Dr. D. hat darüber hinaus ausgeführt, dass auch Neuritiden, die als mögliche Komplikation bei einer Tollwutimpfung auftreten können, bei der Klägerin nicht nachgewiesen sind. Auch in diesem Punkt folgt der Senat den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen. Die von der Klägerin am Gutachten des Sachverständigen vorgebrachte Kritik ist unbegründet. Der Hinweis der Klägerin, der Sachverständige hätte auf die Frage eingehen müssen, wie das Auftreten der Erstsymptome im direkten zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung mit der Entwicklung gravierender und erstmaliger neurologischer Ausfälle erklärt wird (Schriftsatz vom 02.01.2006, Bl. 155 der LSG-Akte), enthält eine Aussage, die nicht nur unbewiesen, sondern nach Ansicht des Senats sogar widerlegt ist. Die im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung vorgenommenen Untersuchungen haben ergeben, dass neurologisch begründbare Ausfälle gerade nicht vorliegen. So ist die Klägerin noch während des Impfzeitraumes im Juli 1997 im Städtischen Krankenhaus S. aufgrund der von ihr geschilderten Beschwerden - Koordinationsstörungen, Doppelbilder, Schluckstörungen - einer eingehenden neurologischen Untersuchung unterzogen worden. Dabei ergaben sowohl die klinischen als auch die apparativ-technischen Untersuchungen wie EEG und CCT ebenso wenig einen krankhaften Befund wie das augenärztliche Konsil. Damit steht für den Senat fest, dass die im Juli 1997 geäußerten Beschwerden nicht auf einer neurologischen Störung beruhen. Der Sachverständige brauchte neurologische Ausfälle im Zusammenhang mit der erfolgten Impfung nicht zu erklären, weil solche neurologischen Ausfälle gar nicht vorlagen. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 06.03.2006 hat der Sachverständige deshalb nach ausführlicher Darlegung der erhobenen Befunde zu Recht zusammenfassend festgestellt, dass im Zeitraum vom 09.07.1997 bis 01.08.1997 seitens der untersuchenden und behandelnden Ärzte keine organischen Korrelate diagnostiziert worden sind (Bl. 192 der LSG-Akte).
46 
Auch die Frage, wie die direkten Symptomverschlechterungen bei den weiteren Impfungen erklärt werden (Schriftsatz vom 02.01.2006, Bl. 155 der LSG-Akte), enthält eine Aussage, die nicht dem bekannten Sachverhalt entspricht. Zwar hat die Klägerin bei der dritten Impfung am 16.07.1997 einen Kollaps erlitten. Deshalb ist sie auch in das Krankenhaus S. eingewiesen worden. Abgesehen davon, dass dort wie erwähnt keine neurologischen Störungen festgestellt werden konnten, ist die Klägerin während eines Aufenthalts in der Klinik Dr. Schl. sowohl bei Blutabnahmen als auch bei Infusionen immer wieder kollabiert (Arztbrief der Klinik vom 29.06.1998, Bl. 118/125 der SG-Akte). Dies lässt den Schluss zu, dass diese Zusammenbrüche in keinem Zusammenhang mit dem verabreichten Impfstoff stehen. Außerdem sind im unmittelbaren Zusammenhang mit den weiteren Impfungen am 23.07.1997 im Krankenhaus S., am 06.08.1997 in einer ärztlichen Praxis und am 10.10.1997 in der Klinik Dr. Schl. keine Symptomverschlechterungen beschrieben worden. Im Arztbrief der Neurologischen Klinik der TU M. vom 05.06.1998 wird sogar ausgeführt, die von der Klägerin beschriebene Symptomatik habe sich „seit Anfang des Jahres“ verschlechtert. Ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang mit der am 10.10.1997 beendeten Impfserie wäre damit nicht gegeben. Die von der Klägerin behaupteten direkten Symptomverschlechterungen bei den weiteren Impfungen sind gar nicht belegt.
47 
Überdies hat die in der Neurologischen Klinik der TU durchgeführte umfangreiche neurologische Diagnostik wiederum keinen neurologisch fassbaren Befund erbracht. Alle EEG-Untersuchungen (einfaches EEG, Schlafentzugs-EEG, Langzeit-EEG) ergaben keine Hinweise auf krankhafte Veränderungen, sondern regelrechte Befunde. Das am 09.05.1998 angefertigte cranielle Kernspintomogramm deutete lediglich auf eine kleine Gefäßfehlbildung in den kleinsten Blutgefäßen (Kapillaren), die aber nach Ansicht der Klinik als Ursache für die von der Klägerin geschilderte Symptomatik ausscheiden. Aufgrund des unauffälligen Untersuchungsbefundes erschien der Neurologischen Klinik vielmehr eine somatoforme Störung als sehr wahrscheinlich. Nach dem Arztbrief der Klinik vom 05.06.1998 ist die Klägerin damals selbst immer noch von einer Tropeninfektion als Ursache der Beschwerden ausgegangen. Prof. Dr. D. führt daher in der erwähnten ergänzenden Stellungnahme auch insoweit zu Recht aus, dass auch im Zeitraum vom 09.10.1997 bis 27.05.1998 seitens der untersuchenden und behandelnden Ärzte keine organischen Korrelate diagnostiziert worden sind (Bl. 194 der LSG-Akte).
48 
Auf die Frage, wie der Umstand bewertet werde, dass die Impfung im Zustand einer schlechten Abwehrlage bei hoch fieberhaftem Infekt erfolgte, wodurch das Auftreten einer unspezifischen Impfreaktion deutlich wahrscheinlicher geworden sei (Schriftsatz vom 02.01.2006, Bl. 155 der LSG-Akte), ist Prof. Dr. D. in seinem Gutachten vom 24.08.2005 nicht näher eingegangen, weil hierzu kein Anlass bestanden hat. In seiner ergänzenden Stellungnahme hat er dies überzeugend damit erklärt, dass es keinesfalls abzulehnen sei, dass bestimmte Vorschädigungen einen negativen Einfluss ausüben können, obwohl es keine Berichte zu Tollwutimplikationen bei bestimmten Vorschädigungen gebe. Dies könnte aber nur dann Berücksichtigung finden, wenn eine Tollwutimplikation mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen sei. Im Übrigen hat er bestätigt, dass die Impfung im Falle der Klägerin angesichts der Vorgeschichte (Hundebisse in Indonesien), den u. U. sehr langen Inkubationszeiten der Tollwut und der lebensbedrohenden Gefährdung bei einer Tollwutinfizierung indiziert gewesen sei. Im Hinblick auf die von der Klägerin geltend gemachte schlechte Abwehrlage zu Beginn der Impfserie ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Klägerin bereits vor der ersten Impfung am 09.07.1997 einen Monat lang (seit 02.06.1997) krank gewesen ist und über Brechdurchfall, Gliederschmerzen, Schwindel, Kopfschmerzen und hohem Fieber (bis zu 40°C) geklagt hat. All diese Symptome, die bereits vor der Impfung vorhanden waren, können nicht erst durch die Impfung ausgelöst worden sein.
49 
Die Kritik der Klägerin, Prof. Dr. D. habe teilweise fachfremd geurteilt und sei insoweit nicht ausreichend kompetent, geht fehl. Der Sachverständige wurde vom Senat - auf Vorschlag der STIKO - mit der Erstellung des Gutachtens beauftragt, weil er ein national und international anerkannter Impfexperte ist. Er verfügt - was er in seinem Gutachten belegt hat - über umfangreiche Erfahrungen auf dem Gebiet von Impfungen und deren Folgen und ist daher für die hier zu beurteilenden Fragen besonders kompetent. Er hat sich auch nicht deshalb fachfremd betätigt, weil er in seinem Gutachten und seiner ergänzenden Stellungnahme zu den in den Akten vorhandenen Ergebnissen neurologischer Untersuchungen Stellung genommen hat. Er hat dies - wozu er geradezu verpflichtet war - ausschließlich unter dem Gesichtspunkt möglicher Impfkomplikationen getan.
50 
Mit dem vom SG eingeholten psychiatrischen Gutachten des Prof. Dr. E. lässt sich ein Impfschaden ebenfalls nicht begründen. Die Ausführungen von Prof. Dr. E. sprechen sogar eher gegen als für eine Impfschädigung. Denn Prof. Dr. E. führt lediglich aus, dass die vorhandenen Symptome aus klinisch-psychiatrischer Sicht am besten mit der Diagnose einer organischen psychischen Störung (z. B. einer organischen Persönlichkeitsänderung) vereinbar seien. Bedingung für eine solche Diagnose sei aber, dass eine Hirnschädigung angenommen werden könne. Nach diesem Gutachten setzt die Annahme eines Impfschadens voraus, dass überhaupt eine organische Hirnstörung vorhanden ist und, falls dies der Fall ist, dass diese mit Wahrscheinlichkeit kausal auf die Impfung zurückgeführt werden kann.
51 
Unabhängig von der Frage, ob bei der Klägerin überhaupt eine organische Hirnstörung vorliegt oder vorgelegen hat, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass es jedenfalls im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung zu keiner solchen Hirnstörung gekommen ist. Bei der Untersuchung der Klägerin im Krankenhaus S. im Juli 1997 wurde bei der Liquordiagnostik kein auffälliger Befund festgestellt. Auch in der Neurologischen Universitätsklinik F. wurde am 06.12.1999 liquordiagnostisch ein Normalbefund erhoben (Auskunft Prof. Dr. G. Bl. 80 der SG-Akte).
52 
Die zahlreichen kernspintomographischen Untersuchungen des Gehirns ergaben keinerlei Hinweise auf das Vorliegen einer organischen Hirnstörung. In einem vom Leiter der Abteilung für Neuroradiologie am Klinikum G. erstellten neuroradiologischen Zusatzgutachten (Bl. 94/96 der Verwaltungsakte), in dem dieser die bei der Klägerin angefertigten Kernspintomogramme vom 09.04.1998, 12.05.1998, 25.08.1998 und 12.04.1999 ausgewertet hat, wird ausgeführt, in den kernspintomographischen Untersuchungen lasse sich konstant über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr eine hyperintense (signalreiche bzw. helle) Läsion (Schädigung bzw. Störung) paramedian rechts im caudalen Brückenfuß (Teil des Hirnstamms) darstellen. Am wahrscheinlichsten sei, dass es sich hierbei um eine kleine umschriebene kapilläre Teleangiektasie (Gefäßfehlbildung) handele. Ein Zusammenhang mit der durchgeführten Impfung gegen Tollwut sei nicht erkennbar.
53 
Der Senat ist deshalb davon überzeugt, dass bei der Klägerin bis Ende 1999 keine organische Hirnstörung vorgelegen hat bzw. nachgewiesen ist. Da Prof. Dr. E. in seinem Gutachten ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass die Zusammenfassung der Symptome im Rahmen einer organischen psychischen Störung eine organische Hirnstörung voraussetzt, das Auftreten einer solchen Störung im Zusammenhang mit der Impfung aber nicht festzustellen ist und überdies die Annahme einer organischen psychischen Störung auch nach Ansicht von Prof. Dr. E. nicht die einzige mögliche Interpretation ist, sondern sogar ausschließlich psychologische Mechanismen zu den Symptomen führen könnten (Bl. 156 der SG-Akte), spricht das Ergebnis seines Gutachtens nicht für einen Zusammenhang zwischen den von ihm beschriebenen Symptomen und der Impfung.
54 
Die Ausführungen des P.-E.-Institutes über gemeldete Nebenwirkungen zu Rabipur in Bezug auf das neurologische Organsystem (Schreiben des Instituts an Dr. C. vom 10.01.2006) tragen zur Klärung der vorliegenden Problematik nicht entscheidend bei. Prof. Dr. D. hat in seinem für den Senat erstellten Gutachten nicht in Abrede gestellt, dass eine Impfung mit Rabiur zu Komplikationen und bleibenden Schädigungen führen kann. Für die Anerkennung eines Impfschadens genügt aber, wie bereits dargelegt, die bloße Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen Schädigung und Impfung nicht. Entscheidend ist, ob im konkreten Fall ein solcher Zusammenhang wahrscheinlich ist.
55 
Der Auffassung von Dr. H. vom Referat Arzneimittelsicherheit des P.-E.-Instituts, der in seinem Schreiben vom 22.03.2002 an den Beklagten (Bl. 59/63) ausgeführt hat, dass aufgrund des plausiblen zeitlichen Intervalls und dem Fehlen des Nachweises von anderen Ursachen und der positiven Re-Exposition eine Auslösung der Erkrankung durch die Impfung bei dem die Klägerin betreffenden Verdachtsfall (3138-98) wahrscheinlich sei, schließt sich der Senat nicht an. Die Ausführungen von Dr. Hartmann beruhen ersichtlich auf unzutreffenden Annahmen. So schreibt er, im Verlauf des Juli 1997 sei es nach Angaben der Patientin und des behandelnden Neurologen zu einer neurologischen Symptomatik gekommen, die sowohl das zentrale als auch das periphere Nervensystem zu betreffen schien und diagnostisch nicht klar habe eingegrenzt werden können. Bemerkenswert sei die Verstärkung der Symptomatik kurz nach den Impfdosen 3, 4 und 5. Hierzu hat der Senat bereits dargelegt, dass im unmittelbaren Zusammenhang mit den weiteren Impfungen am 23.07.1997 im Krankenhaus S. (vierte Impfung), am 06.08.1997 in einer ärztlichen Praxis (fünfte Impfung) und am 10.10.1997 in der Klinik Dr. Schl. keine Symptomverschlechterungen beschrieben worden sind. Ferner hat der Senat eingehend ausgeführt, dass eine neurologisch erklärbare Störung im Zusammenhang mit der Impfung nicht hat festgestellt werden können. Außerdem litt die Klägerin bereits vor der Impfung zumindest an einem Teil der dem P.-E.-Institut als unerwünschte Nebenwirkungen benannten Beschwerden wie z.B. Schwindel, Schwäche, Durchfall und Erbrechen. Sollte es sich bei dem „behandelnden Neurologen“ um Herrn Dr. C. handeln, muss ergänzend darauf hingewiesen werden, dass dieser die Klägerin nach eigenen Angaben nach deren Rückkehr aus Indonesien erstmals wieder im Sommer 1998 gesehen hat und daher aus eigener Anschauung über irgendwelche Impfreaktionen gar nichts berichten kann.
56 
Die Voraussetzung für eine Kannleistung nach § 52 Abs. 2 Satz 2 BSeuchG und § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG bzw. § 61 Satz 2 IfSG sind schon deshalb nicht erfüllt, weil neurologisch begründbare Störungen bzw. eine organische Erkrankung des Gehirns im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung, d.h. innerhalb der Inkubationszeit, nicht nachgewiesen sind (BSG 19.03.1986 - 9a RVi 2/84 - SozR 3850 § 51 Nr. 9). Mit der Gewährung einer Kannleistung soll außerdem nur dem Umstand Rechnung getragen werden, dass über die Ursache bestimmter Krankheiten in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, nicht aber Schwierigkeiten bei der diagnostischen Einordnung organisch nicht erklärbarer Beschwerden.
57 
Weitere Ermittlungen sind nach Ansicht des Senats nicht mehr erforderlich. Insbesondere bedarf es keines weiteren Gutachtens, um zu klären, ob psychische Ursachen für die Beschwerden der Klägerin auszuschließen sind. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, wäre deshalb ein Zusammenhang der Beschwerden mit der Impfung noch nicht wahrscheinlich. Im Übrigen hat die Begutachtung der Klägerin durch Prof. Dr. E. bereits ergeben, dass sogar eine Vortäuschung der Symptomatik oder eine dissoziative Störung, wonach ausschließlich psychologische Mechanismen zu den Symptomen führen, möglich sei. Auch ein neurologisches Gutachten ist entbehrlich, weil es entscheidend auf die Ergebnisse der in den Jahren 1997 und 1998 durchgeführten Untersuchungen ankommt und im Übrigen der Beklagte bereits ein ausführliches neurologisches Gutachten eingeholt hat, das vom Senat bei der Beweiswürdigung berücksichtigt werden muss.
58 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
59 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
38 
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Versorgung wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen eines Impfschadens, weil die im Jahre 1997 durchgeführte postexpositionelle Impfung gegen Tollwut mit dem Impfstoff Rabipur keinen Impfschaden verursacht hat.
39 
Streitgegenstand des Rechtsstreits ist die Gewährung von Entschädigungsleistungen nach § 51 Abs. 1 Bundesseuchengesetz (BSeuchG) bzw. § 60 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Da das IfSG am 1. Januar 2001 in Kraft getreten ist, bei zeitgleichem Außerkrafttreten des BSeuchG ohne Übergangsvorschrift (s Art 5 Abs. 1 Nr. 1 Gesetz zur Neuordnung seuchenrechtlicher Vorschriften vom 20. Juli 2000, BGBl I, 1045), ist im Hinblick auf den Entschädigungsanspruch bis zum Inkrafttreten des IfSG das BSeuchG weiterhin anzuwenden; hier also von der Antragstellung im Februar 1999 bis zum 31. Dezember 2000. Für die Zeit danach sind der Entscheidung die allerdings insoweit im Wesentlichen inhaltsgleichen Vorschriften des IfSG zu Grunde zu legen (BSG 20.07.2005 - B 9a/9 VJ 2/04 - Breith 2006, 140).
40 
Wer durch eine Schutzimpfung, die von einer zuständigen Behörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen worden ist, einen Impfschaden erlitten hat, erhält nach § 51 Abs. 1 BSeuchG und § 60 Abs. 1 IfSG wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Ein Impfschaden ist ein über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehender Gesundheitsschaden (§ 52 Abs. 1 Satz 1 BSeuchG) bzw. die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung (§ 2 Nr. 11 IfSG). Zur Anerkennung eines Gesundheitsschadens als Folge einer Impfung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (§ 52 Abs. 2 Satz 1 BSeuchG/§ 61 Satz 1 IfSG). Wenn diese Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann mit Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde der Gesundheitsschaden als Folge einer Impfung anerkannt werden (§ 52 Abs. 2 Satz 2 BSeuchG/§ 61 Satz 2 IfSG; sog Kannversorgung).
41 
Allerdings müssen die Impfung, die Schädigung durch die Impfung in Form eines über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden Gesundheitsschadens (vgl. § 52 Abs. 1 Satz 1 BSeuchG) bzw. einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung (vgl. § 2 Nr. 11 IfSG) und der verbliebene Schaden (anhaltende Gesundheitsstörung) voll bewiesen sein (BSG 19.03.1986 - 9a RVi 2/84 - SozR 3850 § 51 Nr. 9). Nur für den Ursachenzusammenhang zwischen der Impfung und der Schädigung sowie der Schädigung und dem verbleibenden Gesundheitsschaden genügt der Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit. Wahrscheinlich ist eine Kausalität dann, wenn wenigstens mehr für als gegen sie spricht bzw. wenn die für den Zusammenhang sprechenden Umstände deutlich überwiegen. Es genügt nicht, dass ein Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden kann oder nur möglich ist; auch die „gute Möglichkeit“ genügt nicht (BSG aaO). Der Vollbeweis setzt voraus, dass die Tatbestandsmerkmale mit einer an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, die ernste, vernünftige Zweifel ausschließt, erwiesen sind (BSG 19.03.1986 - 9a RVi 2/84 - SozR 3850 § 51 Nr. 9).
42 
Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der erkennende Senat anschließt, gelten im Impfschadensrecht für die Feststellung von Ursachenzusammenhängen grundsätzlich die gleichen Maßstäbe wie in Fällen des BVG, denn die Aufklärungsschwierigkeiten im Impfschadensrecht entsprechen insoweit typischerweise denen des BVG (BSG SozR 3850 § 52 Nr. 1 mwN). Dies bedeutet: Lässt sich die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhanges nicht ermitteln, wirkt sich dies zu Lasten der Antragstellerin (Klägerin) aus. Das BSG hat ferner entschieden, dass im Impfschadensrecht bei unaufgeklärtem Ursachenzusammenhang zwischen Impfung und dauerndem Gesundheitsschaden keine Beweislastumkehr in Betracht kommt. Nichts anderes gilt für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Impfung und Impfschaden, denn im Impfschadensrecht ist für die Anerkennung eines Impfschadens als anspruchsbegründender Umstand bereits gesetzlich eine Beweiserleichterung geschaffen worden, nämlich dass die Wahrscheinlichkeit für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs zwischen Impfung und Impfschaden sowie der dauernden Gesundheitsstörung genügt (vgl §§ 52 Abs. 2 Satz 1, 51 Abs. 1 Satz 1 BSeuchG iVm § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG ). Bei dieser Sachlage besteht in Fällen eines bereits gesetzlich normierten erleichterten Maßstabs für die Feststellung von Ursachenzusammenhängen jedenfalls in der Regel kein Anlass, aufgrund richterlicher Rechtsfortbildung von dem normierten Maßstab abzugehen (BSG 27.08.1998 - B 9 VJ 2 97 R -).
43 
Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Versorgung sind bei der Klägerin nicht erfüllt. Es steht zwar fest, dass sie in der Zeit vom 09.07.1997 bis 10.10.1997 insgesamt 6-mal mit dem Impfstoff Rabipur gegen Tollwut geimpft worden ist. Es lässt sich aber nicht feststellen, dass die Impfung einen Gesundheitsschaden verursacht hat. Nach dem Ergebnis der vom Senat und vom SG durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten und sonstigen ärztlichen Stellungnahmen, die sich in den Gerichts- und Verwaltungsakten befinden, ist schon fraglich, ob die im Jahre 1997 erfolgte Impfung überhaupt zu einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Beeinträchtigung bei der Klägerin geführt hat. Dies kann nur angenommen werden, wenn hierfür das Auftreten von Beschwerden bzw. das Vorhandensein von Symptomen genügt. Denn organisch fassbare Veränderungen, also gesundheitliche Beeinträchtigungen iS regelwidriger Veränderungen des Körpers, die die von der Klägerin geschilderten Beschwerden erklären könnten, sind im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung nicht nachgewiesen. Darüber hinaus steht aber zur Überzeugung des Senats fest, dass weder die von der Klägerin geschilderten Beschwerden noch die von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsstörungen mit Wahrscheinlichkeit auf die Impfung mit Rabipur zurückgeführt werden können.
44 
In seinem für den Senat erstellten Gutachten vom 24.08.2005 hat Prof. Dr. D. die in der Literatur beschriebenen Komplikationen einer Impfung mit einem Tollwut-Zellkultur-Impfstoff aufgeführt. Es handelt sich dabei um eine akute demyelinisierende Enzephalomyelitis (ADEM; auch als postinfektiöse Enzephalitis bezeichnet), das Guillain-Barré-Syndrom sowie Neuritiden (entzündliche Nervenerkrankungen). Er hat dann ferner dargelegt, dass das Vorliegen einer ADEM und des Guillain-Barré-Syndroms bei der Klägerin eindeutig zu verneinen ist (Seite 32 seines Gutachtens). Insoweit stimmt seine Auffassung mit der Ansicht der Klägerin überein. Auch sie hat darauf hingewiesen, dass sie niemals behauptet habe, an einer ADEM oder einem Guillain-Barré-Syndrom zu leiden (Schriftsatz vom 06.05.2002, Bl. 71 der SG-Akte). Der Senat schließt sich der Auffassung des Sachverständigen an, zumal diese Krankheiten von keinem der im Verlauf des Verfahrens gehörten Ärzte festgestellt worden sind.
45 
Prof. Dr. D. hat darüber hinaus ausgeführt, dass auch Neuritiden, die als mögliche Komplikation bei einer Tollwutimpfung auftreten können, bei der Klägerin nicht nachgewiesen sind. Auch in diesem Punkt folgt der Senat den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen. Die von der Klägerin am Gutachten des Sachverständigen vorgebrachte Kritik ist unbegründet. Der Hinweis der Klägerin, der Sachverständige hätte auf die Frage eingehen müssen, wie das Auftreten der Erstsymptome im direkten zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung mit der Entwicklung gravierender und erstmaliger neurologischer Ausfälle erklärt wird (Schriftsatz vom 02.01.2006, Bl. 155 der LSG-Akte), enthält eine Aussage, die nicht nur unbewiesen, sondern nach Ansicht des Senats sogar widerlegt ist. Die im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung vorgenommenen Untersuchungen haben ergeben, dass neurologisch begründbare Ausfälle gerade nicht vorliegen. So ist die Klägerin noch während des Impfzeitraumes im Juli 1997 im Städtischen Krankenhaus S. aufgrund der von ihr geschilderten Beschwerden - Koordinationsstörungen, Doppelbilder, Schluckstörungen - einer eingehenden neurologischen Untersuchung unterzogen worden. Dabei ergaben sowohl die klinischen als auch die apparativ-technischen Untersuchungen wie EEG und CCT ebenso wenig einen krankhaften Befund wie das augenärztliche Konsil. Damit steht für den Senat fest, dass die im Juli 1997 geäußerten Beschwerden nicht auf einer neurologischen Störung beruhen. Der Sachverständige brauchte neurologische Ausfälle im Zusammenhang mit der erfolgten Impfung nicht zu erklären, weil solche neurologischen Ausfälle gar nicht vorlagen. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 06.03.2006 hat der Sachverständige deshalb nach ausführlicher Darlegung der erhobenen Befunde zu Recht zusammenfassend festgestellt, dass im Zeitraum vom 09.07.1997 bis 01.08.1997 seitens der untersuchenden und behandelnden Ärzte keine organischen Korrelate diagnostiziert worden sind (Bl. 192 der LSG-Akte).
46 
Auch die Frage, wie die direkten Symptomverschlechterungen bei den weiteren Impfungen erklärt werden (Schriftsatz vom 02.01.2006, Bl. 155 der LSG-Akte), enthält eine Aussage, die nicht dem bekannten Sachverhalt entspricht. Zwar hat die Klägerin bei der dritten Impfung am 16.07.1997 einen Kollaps erlitten. Deshalb ist sie auch in das Krankenhaus S. eingewiesen worden. Abgesehen davon, dass dort wie erwähnt keine neurologischen Störungen festgestellt werden konnten, ist die Klägerin während eines Aufenthalts in der Klinik Dr. Schl. sowohl bei Blutabnahmen als auch bei Infusionen immer wieder kollabiert (Arztbrief der Klinik vom 29.06.1998, Bl. 118/125 der SG-Akte). Dies lässt den Schluss zu, dass diese Zusammenbrüche in keinem Zusammenhang mit dem verabreichten Impfstoff stehen. Außerdem sind im unmittelbaren Zusammenhang mit den weiteren Impfungen am 23.07.1997 im Krankenhaus S., am 06.08.1997 in einer ärztlichen Praxis und am 10.10.1997 in der Klinik Dr. Schl. keine Symptomverschlechterungen beschrieben worden. Im Arztbrief der Neurologischen Klinik der TU M. vom 05.06.1998 wird sogar ausgeführt, die von der Klägerin beschriebene Symptomatik habe sich „seit Anfang des Jahres“ verschlechtert. Ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang mit der am 10.10.1997 beendeten Impfserie wäre damit nicht gegeben. Die von der Klägerin behaupteten direkten Symptomverschlechterungen bei den weiteren Impfungen sind gar nicht belegt.
47 
Überdies hat die in der Neurologischen Klinik der TU durchgeführte umfangreiche neurologische Diagnostik wiederum keinen neurologisch fassbaren Befund erbracht. Alle EEG-Untersuchungen (einfaches EEG, Schlafentzugs-EEG, Langzeit-EEG) ergaben keine Hinweise auf krankhafte Veränderungen, sondern regelrechte Befunde. Das am 09.05.1998 angefertigte cranielle Kernspintomogramm deutete lediglich auf eine kleine Gefäßfehlbildung in den kleinsten Blutgefäßen (Kapillaren), die aber nach Ansicht der Klinik als Ursache für die von der Klägerin geschilderte Symptomatik ausscheiden. Aufgrund des unauffälligen Untersuchungsbefundes erschien der Neurologischen Klinik vielmehr eine somatoforme Störung als sehr wahrscheinlich. Nach dem Arztbrief der Klinik vom 05.06.1998 ist die Klägerin damals selbst immer noch von einer Tropeninfektion als Ursache der Beschwerden ausgegangen. Prof. Dr. D. führt daher in der erwähnten ergänzenden Stellungnahme auch insoweit zu Recht aus, dass auch im Zeitraum vom 09.10.1997 bis 27.05.1998 seitens der untersuchenden und behandelnden Ärzte keine organischen Korrelate diagnostiziert worden sind (Bl. 194 der LSG-Akte).
48 
Auf die Frage, wie der Umstand bewertet werde, dass die Impfung im Zustand einer schlechten Abwehrlage bei hoch fieberhaftem Infekt erfolgte, wodurch das Auftreten einer unspezifischen Impfreaktion deutlich wahrscheinlicher geworden sei (Schriftsatz vom 02.01.2006, Bl. 155 der LSG-Akte), ist Prof. Dr. D. in seinem Gutachten vom 24.08.2005 nicht näher eingegangen, weil hierzu kein Anlass bestanden hat. In seiner ergänzenden Stellungnahme hat er dies überzeugend damit erklärt, dass es keinesfalls abzulehnen sei, dass bestimmte Vorschädigungen einen negativen Einfluss ausüben können, obwohl es keine Berichte zu Tollwutimplikationen bei bestimmten Vorschädigungen gebe. Dies könnte aber nur dann Berücksichtigung finden, wenn eine Tollwutimplikation mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen sei. Im Übrigen hat er bestätigt, dass die Impfung im Falle der Klägerin angesichts der Vorgeschichte (Hundebisse in Indonesien), den u. U. sehr langen Inkubationszeiten der Tollwut und der lebensbedrohenden Gefährdung bei einer Tollwutinfizierung indiziert gewesen sei. Im Hinblick auf die von der Klägerin geltend gemachte schlechte Abwehrlage zu Beginn der Impfserie ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Klägerin bereits vor der ersten Impfung am 09.07.1997 einen Monat lang (seit 02.06.1997) krank gewesen ist und über Brechdurchfall, Gliederschmerzen, Schwindel, Kopfschmerzen und hohem Fieber (bis zu 40°C) geklagt hat. All diese Symptome, die bereits vor der Impfung vorhanden waren, können nicht erst durch die Impfung ausgelöst worden sein.
49 
Die Kritik der Klägerin, Prof. Dr. D. habe teilweise fachfremd geurteilt und sei insoweit nicht ausreichend kompetent, geht fehl. Der Sachverständige wurde vom Senat - auf Vorschlag der STIKO - mit der Erstellung des Gutachtens beauftragt, weil er ein national und international anerkannter Impfexperte ist. Er verfügt - was er in seinem Gutachten belegt hat - über umfangreiche Erfahrungen auf dem Gebiet von Impfungen und deren Folgen und ist daher für die hier zu beurteilenden Fragen besonders kompetent. Er hat sich auch nicht deshalb fachfremd betätigt, weil er in seinem Gutachten und seiner ergänzenden Stellungnahme zu den in den Akten vorhandenen Ergebnissen neurologischer Untersuchungen Stellung genommen hat. Er hat dies - wozu er geradezu verpflichtet war - ausschließlich unter dem Gesichtspunkt möglicher Impfkomplikationen getan.
50 
Mit dem vom SG eingeholten psychiatrischen Gutachten des Prof. Dr. E. lässt sich ein Impfschaden ebenfalls nicht begründen. Die Ausführungen von Prof. Dr. E. sprechen sogar eher gegen als für eine Impfschädigung. Denn Prof. Dr. E. führt lediglich aus, dass die vorhandenen Symptome aus klinisch-psychiatrischer Sicht am besten mit der Diagnose einer organischen psychischen Störung (z. B. einer organischen Persönlichkeitsänderung) vereinbar seien. Bedingung für eine solche Diagnose sei aber, dass eine Hirnschädigung angenommen werden könne. Nach diesem Gutachten setzt die Annahme eines Impfschadens voraus, dass überhaupt eine organische Hirnstörung vorhanden ist und, falls dies der Fall ist, dass diese mit Wahrscheinlichkeit kausal auf die Impfung zurückgeführt werden kann.
51 
Unabhängig von der Frage, ob bei der Klägerin überhaupt eine organische Hirnstörung vorliegt oder vorgelegen hat, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass es jedenfalls im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung zu keiner solchen Hirnstörung gekommen ist. Bei der Untersuchung der Klägerin im Krankenhaus S. im Juli 1997 wurde bei der Liquordiagnostik kein auffälliger Befund festgestellt. Auch in der Neurologischen Universitätsklinik F. wurde am 06.12.1999 liquordiagnostisch ein Normalbefund erhoben (Auskunft Prof. Dr. G. Bl. 80 der SG-Akte).
52 
Die zahlreichen kernspintomographischen Untersuchungen des Gehirns ergaben keinerlei Hinweise auf das Vorliegen einer organischen Hirnstörung. In einem vom Leiter der Abteilung für Neuroradiologie am Klinikum G. erstellten neuroradiologischen Zusatzgutachten (Bl. 94/96 der Verwaltungsakte), in dem dieser die bei der Klägerin angefertigten Kernspintomogramme vom 09.04.1998, 12.05.1998, 25.08.1998 und 12.04.1999 ausgewertet hat, wird ausgeführt, in den kernspintomographischen Untersuchungen lasse sich konstant über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr eine hyperintense (signalreiche bzw. helle) Läsion (Schädigung bzw. Störung) paramedian rechts im caudalen Brückenfuß (Teil des Hirnstamms) darstellen. Am wahrscheinlichsten sei, dass es sich hierbei um eine kleine umschriebene kapilläre Teleangiektasie (Gefäßfehlbildung) handele. Ein Zusammenhang mit der durchgeführten Impfung gegen Tollwut sei nicht erkennbar.
53 
Der Senat ist deshalb davon überzeugt, dass bei der Klägerin bis Ende 1999 keine organische Hirnstörung vorgelegen hat bzw. nachgewiesen ist. Da Prof. Dr. E. in seinem Gutachten ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass die Zusammenfassung der Symptome im Rahmen einer organischen psychischen Störung eine organische Hirnstörung voraussetzt, das Auftreten einer solchen Störung im Zusammenhang mit der Impfung aber nicht festzustellen ist und überdies die Annahme einer organischen psychischen Störung auch nach Ansicht von Prof. Dr. E. nicht die einzige mögliche Interpretation ist, sondern sogar ausschließlich psychologische Mechanismen zu den Symptomen führen könnten (Bl. 156 der SG-Akte), spricht das Ergebnis seines Gutachtens nicht für einen Zusammenhang zwischen den von ihm beschriebenen Symptomen und der Impfung.
54 
Die Ausführungen des P.-E.-Institutes über gemeldete Nebenwirkungen zu Rabipur in Bezug auf das neurologische Organsystem (Schreiben des Instituts an Dr. C. vom 10.01.2006) tragen zur Klärung der vorliegenden Problematik nicht entscheidend bei. Prof. Dr. D. hat in seinem für den Senat erstellten Gutachten nicht in Abrede gestellt, dass eine Impfung mit Rabiur zu Komplikationen und bleibenden Schädigungen führen kann. Für die Anerkennung eines Impfschadens genügt aber, wie bereits dargelegt, die bloße Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen Schädigung und Impfung nicht. Entscheidend ist, ob im konkreten Fall ein solcher Zusammenhang wahrscheinlich ist.
55 
Der Auffassung von Dr. H. vom Referat Arzneimittelsicherheit des P.-E.-Instituts, der in seinem Schreiben vom 22.03.2002 an den Beklagten (Bl. 59/63) ausgeführt hat, dass aufgrund des plausiblen zeitlichen Intervalls und dem Fehlen des Nachweises von anderen Ursachen und der positiven Re-Exposition eine Auslösung der Erkrankung durch die Impfung bei dem die Klägerin betreffenden Verdachtsfall (3138-98) wahrscheinlich sei, schließt sich der Senat nicht an. Die Ausführungen von Dr. Hartmann beruhen ersichtlich auf unzutreffenden Annahmen. So schreibt er, im Verlauf des Juli 1997 sei es nach Angaben der Patientin und des behandelnden Neurologen zu einer neurologischen Symptomatik gekommen, die sowohl das zentrale als auch das periphere Nervensystem zu betreffen schien und diagnostisch nicht klar habe eingegrenzt werden können. Bemerkenswert sei die Verstärkung der Symptomatik kurz nach den Impfdosen 3, 4 und 5. Hierzu hat der Senat bereits dargelegt, dass im unmittelbaren Zusammenhang mit den weiteren Impfungen am 23.07.1997 im Krankenhaus S. (vierte Impfung), am 06.08.1997 in einer ärztlichen Praxis (fünfte Impfung) und am 10.10.1997 in der Klinik Dr. Schl. keine Symptomverschlechterungen beschrieben worden sind. Ferner hat der Senat eingehend ausgeführt, dass eine neurologisch erklärbare Störung im Zusammenhang mit der Impfung nicht hat festgestellt werden können. Außerdem litt die Klägerin bereits vor der Impfung zumindest an einem Teil der dem P.-E.-Institut als unerwünschte Nebenwirkungen benannten Beschwerden wie z.B. Schwindel, Schwäche, Durchfall und Erbrechen. Sollte es sich bei dem „behandelnden Neurologen“ um Herrn Dr. C. handeln, muss ergänzend darauf hingewiesen werden, dass dieser die Klägerin nach eigenen Angaben nach deren Rückkehr aus Indonesien erstmals wieder im Sommer 1998 gesehen hat und daher aus eigener Anschauung über irgendwelche Impfreaktionen gar nichts berichten kann.
56 
Die Voraussetzung für eine Kannleistung nach § 52 Abs. 2 Satz 2 BSeuchG und § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG bzw. § 61 Satz 2 IfSG sind schon deshalb nicht erfüllt, weil neurologisch begründbare Störungen bzw. eine organische Erkrankung des Gehirns im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung, d.h. innerhalb der Inkubationszeit, nicht nachgewiesen sind (BSG 19.03.1986 - 9a RVi 2/84 - SozR 3850 § 51 Nr. 9). Mit der Gewährung einer Kannleistung soll außerdem nur dem Umstand Rechnung getragen werden, dass über die Ursache bestimmter Krankheiten in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, nicht aber Schwierigkeiten bei der diagnostischen Einordnung organisch nicht erklärbarer Beschwerden.
57 
Weitere Ermittlungen sind nach Ansicht des Senats nicht mehr erforderlich. Insbesondere bedarf es keines weiteren Gutachtens, um zu klären, ob psychische Ursachen für die Beschwerden der Klägerin auszuschließen sind. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, wäre deshalb ein Zusammenhang der Beschwerden mit der Impfung noch nicht wahrscheinlich. Im Übrigen hat die Begutachtung der Klägerin durch Prof. Dr. E. bereits ergeben, dass sogar eine Vortäuschung der Symptomatik oder eine dissoziative Störung, wonach ausschließlich psychologische Mechanismen zu den Symptomen führen, möglich sei. Auch ein neurologisches Gutachten ist entbehrlich, weil es entscheidend auf die Ergebnisse der in den Jahren 1997 und 1998 durchgeführten Untersuchungen ankommt und im Übrigen der Beklagte bereits ein ausführliches neurologisches Gutachten eingeholt hat, das vom Senat bei der Beweiswürdigung berücksichtigt werden muss.
58 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
59 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien sind in der Anlage zu dieser Verordnung*als deren Bestandteil festgelegt.

(1) Wer durch eine Schutzimpfung oder durch eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die

1.
von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen wurde,
1a.
gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 20i Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe a, auch in Verbindung mit Nummer 2, des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vorgenommen wurde,
2.
auf Grund dieses Gesetzes angeordnet wurde,
3.
gesetzlich vorgeschrieben war oder
4.
auf Grund der Verordnungen zur Ausführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften durchgeführt worden ist,
eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält nach der Schutzimpfung wegen des Impfschadens im Sinne des § 2 Nr. 11 oder in dessen entsprechender Anwendung bei einer anderen Maßnahme wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt. Satz 1 Nr. 4 gilt nur für Personen, die zum Zwecke der Wiedereinreise in den Geltungsbereich dieses Gesetzes geimpft wurden und die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Gebiet haben oder nur vorübergehend aus beruflichen Gründen oder zum Zwecke der Ausbildung aufgegeben haben, sowie deren Angehörige, die mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft leben. Als Angehörige gelten die in § 10 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch genannten Personen.

(2) Versorgung im Sinne des Absatzes 1 erhält auch, wer als Deutscher außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes einen Impfschaden durch eine Impfung erlitten hat, zu der er auf Grund des Impfgesetzes vom 8. April 1874 in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 2126-5, veröffentlichten bereinigten Fassung, bei einem Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes verpflichtet gewesen wäre. Die Versorgung wird nur gewährt, wenn der Geschädigte

1.
nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes geimpft werden konnte,
2.
von einem Arzt geimpft worden ist und
3.
zur Zeit der Impfung in häuslicher Gemeinschaft mit einem Elternteil oder einem Sorgeberechtigten gelebt hat, der sich zur Zeit der Impfung aus beruflichen Gründen oder zur Ausbildung nicht nur vorübergehend außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes aufgehalten hat.

(3) Versorgung im Sinne des Absatzes 1 erhält auch, wer außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes einen Impfschaden erlitten hat infolge einer Pockenimpfung auf Grund des Impfgesetzes oder infolge einer Pockenimpfung, die in den in § 1 Abs. 2 Nr. 3 des Bundesvertriebenengesetzes bezeichneten Gebieten, in der Deutschen Demokratischen Republik oder in Berlin (Ost) gesetzlich vorgeschrieben oder auf Grund eines Gesetzes angeordnet worden ist oder war, soweit nicht auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften Entschädigung gewährt wird. Ansprüche nach Satz 1 kann nur geltend machen, wer

1.
als Deutscher bis zum 8. Mai 1945,
2.
als Berechtigter nach den §§ 1 bis 4 des Bundesvertriebenengesetzes oder des § 1 des Flüchtlingshilfegesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Mai 1971 (BGBl. I S. 681), das zuletzt durch Artikel 24 des Gesetzes vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1014) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung,
3.
als Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes oder
4.
im Wege der Familienzusammenführung gemäß § 94 des Bundesvertriebenengesetzes in der vor dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung
seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes genommen hat oder nimmt.

(4) Die Hinterbliebenen eines Geschädigten im Sinne der Absätze 1 bis 3 erhalten auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft erhalten Leistungen in entsprechender Anwendung der §§ 40, 40a und 41 des Bundesversorgungsgesetzes, sofern ein Partner an den Schädigungsfolgen verstorben ist und der andere unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes ausübt; dieser Anspruch ist auf die ersten drei Lebensjahre des Kindes beschränkt. Satz 2 gilt entsprechend, wenn ein Partner in der Zeit zwischen dem 1. November 1994 und dem 23. Juni 2006 an den Schädigungsfolgen verstorben ist.

(5) Als Impfschaden im Sinne des § 2 Nr. 11 gelten auch die Folgen einer gesundheitlichen Schädigung, die durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Buchstabe e oder f oder des § 8a des Bundesversorgungsgesetzes herbeigeführt worden sind. Einem Impfschaden im Sinne des Satzes 1 steht die Beschädigung eines am Körper getragenen Hilfsmittels, einer Brille, von Kontaktlinsen oder von Zahnersatz infolge eines Impfschadens im Sinne des Absatzes 1 oder eines Unfalls im Sinne des Satzes 1 gleich.

(6) Im Rahmen der Versorgung nach Absatz 1 bis 5 finden die Vorschriften des zweiten Kapitels des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch über den Schutz der Sozialdaten Anwendung.

(1) Die Beschädigtenversorgung beginnt mit dem Monat, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens mit dem Antragsmonat. Die Versorgung ist auch für Zeiträume vor der Antragstellung zu leisten, wenn der Antrag innerhalb eines Jahres nach Eintritt der Schädigung gestellt wird. War der Beschädigte ohne sein Verschulden an der Antragstellung verhindert, so verlängert sich diese Frist um den Zeitraum der Verhinderung. Für Zeiträume vor dem Monat der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft oder aus ausländischem Gewahrsam steht keine Versorgung zu.

(2) Absatz 1 Satz 1 gilt entsprechend, wenn eine höhere Leistung beantragt wird; war der Beschädigte jedoch ohne sein Verschulden an der Antragstellung verhindert, so beginnt die höhere Leistung mit dem Monat, von dem an die Verhinderung nachgewiesen ist, wenn der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrunds gestellt wird. Die höhere Leistung beginnt jedoch wegen einer Minderung des Einkommens oder wegen einer Erhöhung der schädigungsbedingten Aufwendungen unabhängig vom Antragsmonat mit dem Monat, in dem die Voraussetzungen erfüllt sind, wenn der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach Eintritt der Änderung oder nach Zugang der Mitteilung über die Änderung gestellt wird. Der Zeitpunkt des Zugangs ist vom Antragsteller nachzuweisen. Entsteht ein Anspruch auf Berufsschadensausgleich (§ 30 Abs. 3 oder 6) infolge Erhöhung des Vergleichseinkommens im Sinne des § 30 Abs. 5, so gilt Satz 2 entsprechend, wenn der Antrag innerhalb von sechs Monaten gestellt wird.

(3) Wird die höhere Leistung von Amts wegen festgestellt, beginnt sie mit dem Monat, in dem die anspruchsbegründenden Tatsachen einer Dienststelle der Kriegsopferversorgung bekanntgeworden sind. Ist die höhere Leistung durch eine Änderung des Familienstands, der Zahl zu berücksichtigender Kinder oder das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze bedingt, so beginnt sie mit dem Monat, in dem das Ereignis eingetreten ist; das gilt auch, wenn ein höherer Berufsschadensausgleich (§ 30 Abs. 3 oder 6) auf einer Änderung des Vergleichseinkommens im Sinne des § 30 Abs. 5 beruht.

(4) Eine Minderung oder Entziehung der Leistungen tritt mit Ablauf des Monats ein, in dem die Voraussetzungen für ihre Gewährung weggefallen sind. Eine durch Besserung des Gesundheitszustands bedingte Minderung oder Entziehung der Leistungen tritt mit Ablauf des Monats ein, der auf die Bekanntgabe des die Änderung aussprechenden Bescheides folgt. Beruht die Minderung oder Entziehung von Leistungen, deren Höhe vom Einkommen beeinflußt wird, auf einer Erhöhung dieses Einkommens, so tritt die Minderung oder Entziehung mit dem Monat ein, in dem das Einkommen sich erhöht hat.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.