Sozialgericht München Gerichtsbescheid, 28. Okt. 2014 - S 9 VJ 1/10

bei uns veröffentlicht am28.10.2014

Tenor

I. Die Klage gegen den Bescheid vom 28.10.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.08.2010 wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten des Rechtstreits sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Die Klägerin, geboren am ... 2001, macht Beschädigtenversorgung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) im Zusammenhang mit der am 27.03.2002 verabreichten Impfung gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Hib, Hepatitis B, Poliomyelitis, mit dem Impfstoff Hexavac, vgl. Auszug aus dem Impfbuch, Blatt 26 IfSG-Akte, geltend. Es erfolgte Antragstellung, bei dem Beklagten eingegangen am 25. Mai 2009.

Die Klägerin wurde im Rahmen der stattgehabten Frühgeburt zunächst vom ...2001 bis ...2002 im Klinikum C-Stadt behandelt. Es erfolgte sodann weitere stationäre Behandlung vom ...2002 bis ...2002. Im Rahmen dieses stationären Aufenthalts erfolgte Aufnahme eines als pathologisch bezeichneten EEG. Im Arztbrief vom 21.05.2002 über Behandlung vom 14.04.2002 bis 03.05.2002 erfolgt Bericht über Trinkschwierigkeiten nach erstem stationären Aufenthalt und jetzt Schilderung von vermehrter Unruhe, unstillbarem Schreien auch außerhalb der Fütterungszeit. Die Impfung wird im Rahmen des geschilderten Impfstatus erwähnt. Im Aufnahmebefund wird unter anderem generalisierte Tonussteigerung beschrieben, Anfälle werden nicht geschildert. Im Bericht des Klinikum C-Stadt vom 17.06.2002 über Behandlung vom 13.06.2002 wird angegeben, dass keine Anfälle objektiv gesehen würden, subtile Anfälle auftreten könnten. Im Arztbericht der D-Klinik vom 06.12.2002 wird geschildert, dass die Klägerin im Mai 2002 wegen Nahrungsverweigerung im Zentralklinikum C-Stadt stationär vorgestellt worden sei. Den Eltern seien bis dahin keine epileptischen Anfälle aufgefallen. Weiter wird u.a. aktuelles Anfallgeschehen geschildert.

Im Bericht des Behandlungszentrums E. vom 12.08.2003 über Behandlung vom 17.06.2003 bis 17.07.2003 wird in der Anamnese berichtet, dass die Klägerin sich 14 Tage nach Impfung erstmalig für die Eltern auffällig gezeigt habe, initial habe sich lediglich eine Blickdeviation nach rechts gezeigt, schließlich mehrfach BNS-artige Anfälle. Die Anfallsanamnese wird sodann beginnend mit Juli 2002 geschildert und auf ein erstes Anfallereignis im Juli 2002 Bezug genommen.

Im Verwaltungsverfahren erfolgte Vorlage des Berichts von Prof. Dr. v. F., Kinderzentrum D-Stadt vom 31.05.2007. Dort berichtet Herr Prof. Dr. v. F., dass den Eltern zunächst mitgeteilt worden sei, ihr Kind werde sich normal entwickeln. Erst mit etwa 5 bis 6 Monaten sei es dann zunehmend zu der Ausbildung des Bildes einer Tetraspastik gekommen. Eine Mehrfachimpfung, die zeitgerecht durchgeführt worden sei, habe Anlass zur Frage gegeben, ob die Entwicklungsstörung auf die Impfung zurückgeführt werden könne. Prof. Dr. v. F. spricht sich gegen einen Zusammenhang dieser Mehrfachimpfung mit der Tetraspastik und der Epilepsie aus.

Im Verwaltungsverfahren wurde weiter von den Eltern der Klägerin eine Stellungnahme des Dr. G., Arzt für Allgemeinmedizin und Naturheilkunde, vorgelegt. Dr. G. verweist auf 18 Tage nach der Impfung erstmals diagnostizierte Befundveränderung im Sinn einer dramatischen Verschlechterung. Trinkschwierigkeiten und Schreiphasen seien von der Mutter beschrieben worden. Weiter verweist er auf eine am 02.02.2002 unter Vollnarkose stattgehabte Operation einer Leistenhernie und Hämangiom. Die Impfung am 27.03.2002 sei zu kurz nach dieser Vollnarkose erfolgt, außerdem sei die Klägerin als Frühgeburt zu früh geimpft worden.

Im vom Beklagten eingeholten Gutachten nach Aktenlage des Prof. Dr. H. vom 22.05.2010 schildert dieser, dass bereits vor der streitgegenständlichen Impfung Gesundheitsstörungen bestanden hätten und verweist auf Nachweis von Leukomalazie, d.h. periventrikulär nachgewiesenem Hirngewebsuntergang. Hypsarrhythmie wie zugehöriges Anfallsleiden, sofern mit einem (nicht dokumentierten) Fieberkrampf zusammenhängend, könnten allenfalls als gelegenheitsursächlich impfverknüpft eingeordnet werden. Hypsarrhythmie sei im April 2002 in der Kinderklinik aufgedeckt worden ausschließlich weil angesichts des gesamten Schadensbildes quasi komplettierend auch ein EEG abgeleitet worden sei. Niemand habe bis dahin Krampfanfälle gesehen, wobei solche Anfälle bei BNS-Leiden anfänglich oft übersehen würden.

Mit Bescheid vom 28.10.2009 und sodann Widerspruchsbescheid vom 16.08.2010 wurde seitens des Beklagten Impfschadensversorgung abgelehnt.

Im hiergegen erhobenen Klageverfahren wurden ergänzend seitens des Gerichts Arztunterlagen eingeholt. Im Bericht der Frau Dr. I. wird geschildert, dass bei der Vorsorgeuntersuchung 4 am 27.03.2002 erstmalig ein deutlich erhöhter Muskeltonus aller vier Extremitäten aufgefallen sei mit vermehrter Streckstellung der Beine. Wegen Verdachts auf eine beginnende zerebrale Bewegungsstörung sei Krankengymnastik verordnet worden. Bei sonst regelrechtem Untersuchungsbefund mit Ausnahme eines kleinen Nabelbruchs sei sodann die 6-fach-Impfung durchgeführt worden.

Mit Schreiben vom 15.12.2011, Erinnerungsschreiben vom 13.06.2012 wurde um Stellungnahme der Klägerseite zur gesundheitlichen Situation der Klägerin im Anschluss an die Impfung vom 27.03.2002 gebeten.

Mit Beweisanordnung vom 08.04.2013 erging Einholung eines Gutachtens nach § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Es wurde Prof. Dr. G. beauftragt. Dieser teilte mit Schreiben vom 11.04.2013 mit, dass die zusätzliche Einholung eines neuroradiologischen Gutachtens erforderlich sei. Es erfolgte entsprechende Erweiterung der Beweisanordnung.

Frau Dr. J. schildert in dem neuroradiologischen Fachgutachten vom 19.12.2013 nach § 106 SGG die Befundung eines MRT vom 09.12.2003. Die Gutachterin weist bezüglich der Vorbefunde darauf hin, dass sich am 09.01.2002 das Bild einer periventrikulären Leukomalazie ergeben habe. Im Arztbrief des Klinikum C-Stadt vom 01.05.2002 sei sodann ein hochpathologisches EEG mit Hypsarrhythmie-ähnlichem Bild beschrieben worden. Die Gutachterin schildert in ihrer abschließenden Beurteilung, dass bei der Klägerin anhand MRT vom 09.12.2003 eine deutliche Schädigung der periventrikulären weißen Substanz vorliege, wie sie nur im noch unreifen Gehirn, also vor der 37. Gestationswoche, auftrete. Dieses Schädigungsmuster werde auch als periventrikuläre Leukomalazie, White Matter Injury of Prematurity, bezeichnet. Das vorgefundene Bild sei sehr gut vereinbar mit der Anamnese der Frühgeburt in der 31. Schwangerschaftswoche. Die Gutachterin schildert weiter, dass sie Residuen von typischen mit einer Impfung assoziierten Schädigungen nicht sehe.

Prof. Dr. G. schildert in seinem aufgrund ambulanter Untersuchung der Klägerin erstellten Gutachten vom 17.01.2014 die Anamneseerhebung. Die Mutter berichte von stattgehabter Frühgeburt mit Entlassung nach Hause zum errechneten Termin am 17.01.2002. Zunächst habe sich unauffällige Entwicklung insbesondere bezüglich Trinkverhalten und Schlafverhalten gezeigt. Bei der routinemäßig durchgeführten Sechsfach- Impfung am 27.03.2002 habe sich am Folgetag deutliche Unruhe, welche sich im Verlauf der folgenden Woche dramatisch gesteigert habe, gezeigt, sodass erneut stationäre Aufnahme mit Fixation und Sedierung im Krankenhaus C-Stadt erfolgt sei, seither werde schwerer Hirnschaden mit den Eltern kommuniziert.

Der Gutachter Prof. Dr. G. schildert im körperlichen Untersuchungsbefund eine spastisch-dyskinetische bilaterale Cerebralparese mit Level IV und gibt als Komorbiditäten unter anderem eine symptomatische aktive Epilepsie an.

Bezüglich der Ursache verweist der Gutachter auf die im Gutachten der Frau Prof. Dr. J. beschriebene periventrikuläre Leukomalazie (PVL), die gesichert im Zeitpunkt vor der Impfung bereits bestanden habe.

Der Gutachter schildert sodann die sich in den Folgemonaten nach Entlassung aus der stationären Betreuung im Januar 2002 sich entwickelnden Gesundheitsstörungen mit entstehender Cerebralparese. Ebenso typisch hätten sich in dieser Zeit die EEG-Veränderungen mit dann zunehmend aktiver Epilepsie (symptomatisches Westsyndrom) und den globalen Entwicklungsstörungen herausgebildet. Es handele sich hier um einen typischen Verlauf für Cerebralparese, Frühgeburtlichkeit und hierzu gehörende Komplikationen. Insbesondere auch die in den ersten Lebensmonaten wenig eindrucksvollen klinischen Veränderungen würden diesem Bild entsprechen.

Es sei in diesem Gutachten zu untersuchen, ob es darüber hinaus noch irgendwelche anderen pathologischen Hirnveränderungen gebe, die mit der Impfung am 27.03.2002 in eine zeitliche oder ursächliche Beziehung gesetzt werden könnten. Unter akribischer Auswertung der zu Verfügung stehenden Unterlagen finde sich hier jedoch keinerlei Hinweis. Es gebe auch keinen Hinweis, dass durch die Impfung der Gesamtverlauf geändert oder die Schwere beeinflusst worden sei. Es sei auf den MRT- Befund zu verweisen. Daraus ergebe sich, dass die Schädigung der periventrikulären Leukomalazie als typische Komplikation der Frühgeburtlichkeit nicht auf einen späteren Schädigungszeitpunkt nach ... 2001 bezogen werden könne.

Im Ergebnis sei ein Zusammenhang der jetzt bestehenden Gesundheitsstörungen mit der am 27.03.2002 verabreichten Impfung abzulehnen.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 20.05.2014 erging Anhörung zum beabsichtigten Erlass eines klageabweisenden Gerichtsbescheides.

Die Klägerbevollmächtigte stellt Antrag aus dem Schriftsatz vom 09.12.2011.

Der Beklagte beantragt Klageabweisung.

Gründe

Die zulässige Klage erweist sich als unbegründet.

Nach § 60 Abs. 1 S. 1 IfSG erhält derjenige, der durch eine öffentlich empfohlene Schutzimpfung eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen des Impfschadens auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Voraussetzung hierfür ist, dass die empfohlene Impfung die Gesundheitsstörungen wahrscheinlich verursacht hat, § 61 S. 1 IfSG. Wahrscheinlich in diesem Sinne ist die Kausalität dann, wenn wenigstens mehr für als gegen sie spricht, d.h. die für den Zusammenhang sprechenden Umstände mindestens deutlich überwiegen. Die Impfung als schädigende Einwirkung, der Impfschaden - das ist ein über die übliche Impfreaktion hinausgehender Gesundheitsschaden - und die Schädigungsfolge (Dauerleiden) müssen nachgewiesen, nicht nur wahrscheinlich sein, vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 19.03.1986, Az.: 9 a RV 2/84 und 26.06.1985, 9 a RVi 3/83 = BSG, SozR 3850 Nr. 9 und 8.

§ 61 S. 2 IfSG sieht die Regelung der sogenannten Kannversorgung vor. Danach kann ein Gesundheitsschaden als Folge einer Schädigung im Sinne des § 60 Abs. 1 S. 1 IfSG anerkannt werden, wenn die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht. Die hierzu in der Rechtssprechung entwickelten Grundsätze, vgl. Bundessozialgericht, Urt. v. 12.12.1995, Az.: 9 RV 17/94, sowie u. a. auch Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urt. vom 19.05.2006, Az. L 8 VJ 2378/04, Hessisches Landessozialgericht, Urt. vom 27.06.2007, L 4 VJ 3/04, Bayerisches Landessozialgericht, Urt. vom 10.07.2007, Az. L 15 VJ 2/04, Urteil vom 28.07.2011, Az. L 15 VJ 8/09, Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urt. vom 16.12.2008, Az. L 6 (7) VJ 15/07, finden sich sowohl in den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit als auch in der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. Dezember 2008, Teil C, 4., wieder. Dort wird zu den medizinischen Voraussetzungen ausgeführt, dass auf der Grundlage einer nicht gesicherten Ätiologie des Leidens die ursächliche Bedeutung von Schädigungstatbeständen oder Schädigungsfolgen für die Entstehung und den Verlauf des Leidens nicht mit Wahrscheinlichkeit beurteilt werden können dürfe. Ein ursächlicher Einfluss der im Einzelfall vorliegenden Umstände müsse jedoch in den wissenschaftlichen Arbeitshypothesen als theoretisch begründet in Erwägung gezogen werden. Zudem sei eine zeitliche Verbindung zwischen der Einwirkung der wissenschaftlichen, in ihrer ursächlichen Bedeutung umstrittenen Umstände und der Manifestation des Leidens zu fordern, die mit den allgemeinen Erfahrungen über biologische Verläufe und den in den wissenschaftlichen Theorien vertretenen Auffassungen über Art und Wesen des Leidens in Einklang stehe. Weiter wird darauf hingewiesen, dass Ungewissheiten im Sachverhalt, die von der Ungewissheit in der medizinischen Wissenschaft über die Ursachen des Leidens unabhängig sind, die Anwendung der Kannvorschrift nicht rechtfertigen.

Die am 27.03.2002 verabreichte Impfung gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Hib, Hepatitis B, Poliomyelitis, mit dem Impfstoff Hexavac ist lt. Impfausweis nachgewiesen. Es handelt sich hierbei um eine öffentlich empfohlene Impfung.

Ein Anspruch auf Beschädigtenversorgung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) besteht jedoch zur Überzeugung des Gerichts nicht. Vorliegend ist aus Sicht des Gerichts ein über die übliche Impfreaktion hinausgehender Gesundheits- (Erst-) Schaden im Gefolge der Impfung vom 27.03.2002 nicht nachgewiesen. Damit scheidet eine Impfschadensanerkennung nach § 60 Abs. 1 S. 1 IfSG aus. Auch eine Kann-Versorgung, § 61 S. 2 IfSG, scheidet aus, weil auch da ein Gesundheits- (Erst-) Schaden nachgewiesen sein muss, es greifen dort lediglich die oben skizzierten Erleichterungen bezüglich Ungewissheit der medizinischen Wissenschaft über die Ursache des festgestellten Leidens.

Prof. Dr. G. hatte unter Bezugnahme auf die Ausführungen der Frau Prof. Dr. J. überzeugend geschildert, dass bei der Klägerin im Zusammenhang mit Frühgeburt eine sogenannte PVL vorliege. Die im MRT vom 09.12.2003 zu erkennenden Veränderungen sind dergestalt, dass sie bereits vor dem Impfzeitpunkt entstanden sein müssen. Frau Prof. Dr. J. hatte insbesondere auch geschildert, dass weitere Residuen, die gegebenenfalls auf eine impfbedingte Enzephalopathie hinweisen würden, nicht festzustellen seien. Bei der Klägerin liegt somit mit der Krankheit PVL eine auch zur Überzeugung des Gerichtes nicht im Impfzusammenhang stehende Erkrankung vor.

Bezüglich des BNS- Anfallsleidens ist ebenfalls ein Impfzusammenhang nicht gegeben. Prof. Dr. G. hatte hier von ebenfalls mit der Erkrankung PVL einhergehenden weiteren Komplikationen gesprochen. Der Gutachter hatte auch eine Verschlimmerung von Leiden durch Auswirkungen der stattgehabten Impfung abgelehnt. Zutreffend auch aus Sicht des Gerichtes hat er in seinem Gutachten untersucht, ob weitere Anhaltspunkte für eine zusätzliche Schädigung der Klägerin vorliegen könnten. Er hatte somit zutreffend untersucht, ob unabhängig von der bereits bestehenden Gesundheitsstörung etwa durch die Impfung weitere Störungen provoziert oder ausgelöst worden waren. In diesem Sinne hatte auch Prof. Dr. H. in seinem im Verwaltungsverfahren erstellten Gutachten im Einzelnen untersucht, ob etwa durch Einwirkungen eines, hier allerdings nicht dokumentierten, Fieberkrampfes hier das bei der Klägerin bestehende BNS- Anfallsleiden ausgelöst oder beeinflusst worden sein könnte.

Im Bereich der Impfschadensversorgung ist nach der sogenannten Theorie der wesentlichen Bedingung zu entscheiden. Danach ist auch Mitursächlichkeit in Betracht zu ziehen. Sämtliche Umstände des Einzelfalls sind zu berücksichtigen. Allein ein zeitlicher Zusammenhang des Auftretens eines BNS- Anfallsleidens mit einer Impfung ist nicht ausreichend, da auch sämtliche anderen exogenen Faktoren zu würdigen sind, die zu dem Anfallsleiden nach wissenschaftlicher Ansicht beitragen, vgl. Urteil des Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen vom 01.02.2011, Az. L 6 (7) VJ 42/03, sowie auch Urteil des Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen vom 28.11.2012, Az. L 10 (6) VJ 18/08, dort auch zu PVL.

Im Urteil des Landessozialgericht Nordrhein- Westfalen vom 24.02.2010, Az. L 10 VJ 15/06, war im Zusammenhang mit BNS-Anfallsleiden Impfschaden befürwortet worden. Ausschlaggebend war dort gewesen, dass bei festgestelltem engen zeitlichen Zusammenhang erster Erscheinungen wie Zuckungen binnen Stunden nach einer Impfung und Fehlens jeglicher anderer differentialdiagnostischer und ätiologischer Hinweise davon ausgegangen wurde, dass ein zwar genetisch bestehender prädisponierender Faktor hier ohne Impfung womöglich nicht zur Auswirkung gekommen wäre. Aus Sicht des hier erkennenden Gerichts kommt bei sehr engem zeitlichem Zusammenhang von Impfreaktionen wie beispielsweise auch schrillem Schreien und Ausbildung erster Anfallsanzeichen binnen Stunden bis wenige Tage nach der Impfung bei fehlenden anderen differentialdiagnostischen und ätiologischen Hinweisen Impfschadensanerkennung in Betracht.

Solche Anhaltspunkte vermag das Gericht jedoch im vorliegenden Fall nicht zu erkennen. Wie auch von Prof. H. herausgearbeitet ist vorliegend im Gefolge der Impfung vom 27.03.2002 keine fieberhafte Reaktion und auch kein Fieberkrampf dokumentiert. Auch für die neuerliche stationäre Aufnahme im Klinikum C-Stadt vom 14.04.2002 bis 03.05.2002 wird im Arztbericht nicht auf solche Reaktionen hingewiesen. Es wird in der aktuellen Anamnese ein problematisches Trinkverhalten berichtet mit zuletzt vermehrter Unruhe und unstillbarem Schreien auch außerhalb der Fütterungszeiten sowie Aufsuchen der Notfallambulanz am 30.04.2002. Nachdem dieses Datum innerhalb des stationären Aufenthalts liegt wird hier von fehlerhafter Übermittlung und Bezug zu Beginn der Behandlung am 14.04.2002 ausgegangen.

Auf Schreiphasen hatte auch Dr. G. in seinem Bericht hingewiesen. Die Mutter der Klägerin hatte bei der Anamneseerhebung durch Prof. Dr. G. deutliche Unruhe am Tag nach der Impfung, welche sich im Verlauf der folgenden Woche dramatisch gesteigert habe, geschildert. Das Gericht vermag bei sodann erst am 14.04.2002 einsetzender Behandlung im Klinikum C-Stadt und auch dort auf das Trinkverhalten bezogener Anamneseschilderungen hier keinen fassbaren Zusammenhang von etwa nach der Impfung auftretendem Unruhezustand im Zusammenhang mit der Impfung und sodann einsetzenden BNS- Anfällen zu erkennen. Ein Anfallsgeschehen wird in diesem Bericht ebenso wie in dem folgenden Bericht des Klinikum C-Stadt vom 17.06.2002 gerade nicht geschildert. Im letztgenannten Bericht wird hierzu ausdrücklich angeführt, dass objektiv keine Anfälle vorlägen, subtile Anfälle könnten auftreten. Erst mit ca. Jahresabstand wird im Bericht des Behandlungszentrums E. vom 12.08.2003 geschildert, dass die Klägerin sich 14 Tage nach Impfung erstmalig für die Eltern auffällig gezeigt habe, initial habe sich lediglich eine Blickdeviation nach rechts gezeigt, schließlich mehrfach BNS-artige Anfälle. Eine im nötigen Vollbeweis nachgewiesene Impfkomplikation im Gefolge der Impfung vom 27.03.2002 liegt nach Auffassung des Gerichts damit nicht vor. Es mangelt zum einen an einer nachgewiesenen Reaktion auf die Impfung, insbesondere hatte auch keine fieberhafte Reaktion vorgelegen. Zum anderen ist auch ein naher zeitlicher Zusammenhang des Anfallsleidens mit dem Impfzeitpunkt nicht belegt. In den am zeitnächsten erstellten Arztberichten des Klinikum C-Stadt vom 21.05.2002 und 17.06.2002 wird explizit kein Anfallsgeschehen aufgeführt. Außerdem liegt bei der Klägerin mit der von Prof. Dr. G. und Prof. Dr. D. beschriebenen Erkrankung einer sogenannten PVL eine schwerwiegende, nachweisbar nicht im Impfzusammenhang stehende Erkrankung vor.

Damit verbleibt es bei der auch für das Gericht nachvollziehbaren Bewertung des Prof. Dr. G., wonach die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen insgesamt nicht in ursächlichem Zusammenhang mit der Impfung vom 27.03.2002 stehen.

Eine Versorgung nach dem Infektionsschutzgesetz wegen Impfschadens ist deshalb abzulehnen.

Die Klage ist nach alledem abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 183


Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kos

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 106


(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlich

Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV | § 2 Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“


Die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien sind in der Anlage zu dieser Verordnung#F1_771649als deren Bestandteil festgelegt.

Infektionsschutzgesetz - IfSG | § 60 Versorgung bei Impfschaden und bei Gesundheitsschäden durch andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe


(1) Wer durch eine Schutzimpfung oder durch eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die1.von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen wurde,1a.gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 aufgrund einer Rech

Infektionsschutzgesetz - IfSG | § 61 Gesundheitsschadensanerkennung


Zur Anerkennung eines Gesundheitsschadens als Folge einer Schädigung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Wenn diese Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des

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Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 28. April 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Tatbestand   1  Streitig ist di

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(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(2) Der Vorsitzende hat bereits vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen.

(3) Zu diesem Zweck kann er insbesondere

1.
um Mitteilung von Urkunden sowie um Übermittlung elektronischer Dokumente ersuchen,
2.
Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Krankengeschichten, Sektions- und Untersuchungsbefunde sowie Röntgenbilder beiziehen,
3.
Auskünfte jeder Art einholen,
4.
Zeugen und Sachverständige in geeigneten Fällen vernehmen oder, auch eidlich, durch den ersuchten Richter vernehmen lassen,
5.
die Einnahme des Augenscheins sowie die Begutachtung durch Sachverständige anordnen und ausführen,
6.
andere beiladen,
7.
einen Termin anberaumen, das persönliche Erscheinen der Beteiligten hierzu anordnen und den Sachverhalt mit diesen erörtern.

(4) Für die Beweisaufnahme gelten die §§ 116, 118 und 119 entsprechend.

(1) Wer durch eine Schutzimpfung oder durch eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die

1.
von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen wurde,
1a.
gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 20i Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe a, auch in Verbindung mit Nummer 2, des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vorgenommen wurde,
2.
auf Grund dieses Gesetzes angeordnet wurde,
3.
gesetzlich vorgeschrieben war oder
4.
auf Grund der Verordnungen zur Ausführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften durchgeführt worden ist,
eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält nach der Schutzimpfung wegen des Impfschadens im Sinne des § 2 Nr. 11 oder in dessen entsprechender Anwendung bei einer anderen Maßnahme wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt. Satz 1 Nr. 4 gilt nur für Personen, die zum Zwecke der Wiedereinreise in den Geltungsbereich dieses Gesetzes geimpft wurden und die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Gebiet haben oder nur vorübergehend aus beruflichen Gründen oder zum Zwecke der Ausbildung aufgegeben haben, sowie deren Angehörige, die mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft leben. Als Angehörige gelten die in § 10 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch genannten Personen.

(2) Versorgung im Sinne des Absatzes 1 erhält auch, wer als Deutscher außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes einen Impfschaden durch eine Impfung erlitten hat, zu der er auf Grund des Impfgesetzes vom 8. April 1874 in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 2126-5, veröffentlichten bereinigten Fassung, bei einem Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes verpflichtet gewesen wäre. Die Versorgung wird nur gewährt, wenn der Geschädigte

1.
nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes geimpft werden konnte,
2.
von einem Arzt geimpft worden ist und
3.
zur Zeit der Impfung in häuslicher Gemeinschaft mit einem Elternteil oder einem Sorgeberechtigten gelebt hat, der sich zur Zeit der Impfung aus beruflichen Gründen oder zur Ausbildung nicht nur vorübergehend außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes aufgehalten hat.

(3) Versorgung im Sinne des Absatzes 1 erhält auch, wer außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes einen Impfschaden erlitten hat infolge einer Pockenimpfung auf Grund des Impfgesetzes oder infolge einer Pockenimpfung, die in den in § 1 Abs. 2 Nr. 3 des Bundesvertriebenengesetzes bezeichneten Gebieten, in der Deutschen Demokratischen Republik oder in Berlin (Ost) gesetzlich vorgeschrieben oder auf Grund eines Gesetzes angeordnet worden ist oder war, soweit nicht auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften Entschädigung gewährt wird. Ansprüche nach Satz 1 kann nur geltend machen, wer

1.
als Deutscher bis zum 8. Mai 1945,
2.
als Berechtigter nach den §§ 1 bis 4 des Bundesvertriebenengesetzes oder des § 1 des Flüchtlingshilfegesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Mai 1971 (BGBl. I S. 681), das zuletzt durch Artikel 24 des Gesetzes vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1014) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung,
3.
als Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes oder
4.
im Wege der Familienzusammenführung gemäß § 94 des Bundesvertriebenengesetzes in der vor dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung
seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes genommen hat oder nimmt.

(4) Die Hinterbliebenen eines Geschädigten im Sinne der Absätze 1 bis 3 erhalten auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft erhalten Leistungen in entsprechender Anwendung der §§ 40, 40a und 41 des Bundesversorgungsgesetzes, sofern ein Partner an den Schädigungsfolgen verstorben ist und der andere unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes ausübt; dieser Anspruch ist auf die ersten drei Lebensjahre des Kindes beschränkt. Satz 2 gilt entsprechend, wenn ein Partner in der Zeit zwischen dem 1. November 1994 und dem 23. Juni 2006 an den Schädigungsfolgen verstorben ist.

(5) Als Impfschaden im Sinne des § 2 Nr. 11 gelten auch die Folgen einer gesundheitlichen Schädigung, die durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Buchstabe e oder f oder des § 8a des Bundesversorgungsgesetzes herbeigeführt worden sind. Einem Impfschaden im Sinne des Satzes 1 steht die Beschädigung eines am Körper getragenen Hilfsmittels, einer Brille, von Kontaktlinsen oder von Zahnersatz infolge eines Impfschadens im Sinne des Absatzes 1 oder eines Unfalls im Sinne des Satzes 1 gleich.

(6) Im Rahmen der Versorgung nach Absatz 1 bis 5 finden die Vorschriften des zweiten Kapitels des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch über den Schutz der Sozialdaten Anwendung.

Zur Anerkennung eines Gesundheitsschadens als Folge einer Schädigung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Wenn diese Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann mit Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde der Gesundheitsschaden als Folge einer Schädigung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 anerkannt werden. Die Zustimmung kann allgemein erteilt werden.

(1) Wer durch eine Schutzimpfung oder durch eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die

1.
von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen wurde,
1a.
gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 20i Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe a, auch in Verbindung mit Nummer 2, des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vorgenommen wurde,
2.
auf Grund dieses Gesetzes angeordnet wurde,
3.
gesetzlich vorgeschrieben war oder
4.
auf Grund der Verordnungen zur Ausführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften durchgeführt worden ist,
eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält nach der Schutzimpfung wegen des Impfschadens im Sinne des § 2 Nr. 11 oder in dessen entsprechender Anwendung bei einer anderen Maßnahme wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt. Satz 1 Nr. 4 gilt nur für Personen, die zum Zwecke der Wiedereinreise in den Geltungsbereich dieses Gesetzes geimpft wurden und die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Gebiet haben oder nur vorübergehend aus beruflichen Gründen oder zum Zwecke der Ausbildung aufgegeben haben, sowie deren Angehörige, die mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft leben. Als Angehörige gelten die in § 10 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch genannten Personen.

(2) Versorgung im Sinne des Absatzes 1 erhält auch, wer als Deutscher außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes einen Impfschaden durch eine Impfung erlitten hat, zu der er auf Grund des Impfgesetzes vom 8. April 1874 in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 2126-5, veröffentlichten bereinigten Fassung, bei einem Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes verpflichtet gewesen wäre. Die Versorgung wird nur gewährt, wenn der Geschädigte

1.
nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes geimpft werden konnte,
2.
von einem Arzt geimpft worden ist und
3.
zur Zeit der Impfung in häuslicher Gemeinschaft mit einem Elternteil oder einem Sorgeberechtigten gelebt hat, der sich zur Zeit der Impfung aus beruflichen Gründen oder zur Ausbildung nicht nur vorübergehend außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes aufgehalten hat.

(3) Versorgung im Sinne des Absatzes 1 erhält auch, wer außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes einen Impfschaden erlitten hat infolge einer Pockenimpfung auf Grund des Impfgesetzes oder infolge einer Pockenimpfung, die in den in § 1 Abs. 2 Nr. 3 des Bundesvertriebenengesetzes bezeichneten Gebieten, in der Deutschen Demokratischen Republik oder in Berlin (Ost) gesetzlich vorgeschrieben oder auf Grund eines Gesetzes angeordnet worden ist oder war, soweit nicht auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften Entschädigung gewährt wird. Ansprüche nach Satz 1 kann nur geltend machen, wer

1.
als Deutscher bis zum 8. Mai 1945,
2.
als Berechtigter nach den §§ 1 bis 4 des Bundesvertriebenengesetzes oder des § 1 des Flüchtlingshilfegesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Mai 1971 (BGBl. I S. 681), das zuletzt durch Artikel 24 des Gesetzes vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1014) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung,
3.
als Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes oder
4.
im Wege der Familienzusammenführung gemäß § 94 des Bundesvertriebenengesetzes in der vor dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung
seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes genommen hat oder nimmt.

(4) Die Hinterbliebenen eines Geschädigten im Sinne der Absätze 1 bis 3 erhalten auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft erhalten Leistungen in entsprechender Anwendung der §§ 40, 40a und 41 des Bundesversorgungsgesetzes, sofern ein Partner an den Schädigungsfolgen verstorben ist und der andere unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes ausübt; dieser Anspruch ist auf die ersten drei Lebensjahre des Kindes beschränkt. Satz 2 gilt entsprechend, wenn ein Partner in der Zeit zwischen dem 1. November 1994 und dem 23. Juni 2006 an den Schädigungsfolgen verstorben ist.

(5) Als Impfschaden im Sinne des § 2 Nr. 11 gelten auch die Folgen einer gesundheitlichen Schädigung, die durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Buchstabe e oder f oder des § 8a des Bundesversorgungsgesetzes herbeigeführt worden sind. Einem Impfschaden im Sinne des Satzes 1 steht die Beschädigung eines am Körper getragenen Hilfsmittels, einer Brille, von Kontaktlinsen oder von Zahnersatz infolge eines Impfschadens im Sinne des Absatzes 1 oder eines Unfalls im Sinne des Satzes 1 gleich.

(6) Im Rahmen der Versorgung nach Absatz 1 bis 5 finden die Vorschriften des zweiten Kapitels des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch über den Schutz der Sozialdaten Anwendung.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 28. April 2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Streitig ist die Anerkennung eines Impfschadens nach einer postexpositionellen Tollwut-Impfung
Die am 1962 geborene Klägerin studierte von 1982 bis 1986 Sozialpädagogik in E. und erlernte später die Gebärdensprache für Gehörlose. Ab 1992 war sie bei einem Trägerverein für Gehörlose als Sozialpädagogin beschäftigt. Während eines Urlaubsaufenthaltes in Indonesien im Mai 1997 wurde sie an einem Tag von zwei Hunden gebissen, und zwar in den linken Unterarm und in den rechten Unterschenkel. Die Bisswunden, die desinfiziert und mit Pflaster versorgt wurden, sind komplikationslos verheilt. Das Gebiet, in dem sich die Klägerin damals aufgehalten hat, ist ihren Angaben zufolge als „extremes Tollwutgebiet“ bekannt gewesen. Die beiden Hunde sind weder in Quarantäne genommen noch untersucht worden. Am 30.05.1997 kehrte die Klägerin aus Indonesien zurück. Bereits in der ersten Woche nach ihrer Rückkehr aus dem Urlaub erkrankte sie an Brechdurchfall, Gliederschmerzen, Schwindel, Kopfschmerzen und Fieber bis 40°C. Sie war deshalb ab 02.06.1997 arbeitsunfähig krank.
Auf Überweisung ihres behandelnden Arztes stellte sich die Klägerin am 09.07.1997 in der Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin der Universität München vor. Dort wurde dann noch am selben Tag mit einer postexpositionellen Tollwutimmunisierung mit dem Arzneimittel Rabipur begonnen. Diese und alle weiteren Impfungen erfolgten mit dem Impfstoff Rabipur der Firma C. B.. Die zweite und dritte Impfung wurden ebenfalls in der Abteilung für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin vorgenommen, und zwar am 11.07.1997 am 16.07.1997. Bei der dritten Impfung erlitt die Klägerin einen Kollaps. Sie wurde deshalb von der Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin in das Städtische Krankenhaus S. eingewiesen.
Dort befand sie sich vom 17.07. bis 01.08.1997 in stationärer Behandlung. Da die Klägerin auch über Koordinationsstörungen, Doppelbilder sowie Schluckstörungen berichtete, erfolgte eine weitergehende neurologische Abklärung. Nach dem Arztbrief der Klinik vom 13.08.1997 (Bl. 71 der LSG-Akte) wurde ein Elektro-Enzephalogramm (EEG; Hirnstrombild) erstellt, das eine grenzwertig leichte Allgemeinveränderung sowie Schwankungen der Vigilität (elektroenzephalographisch registrierbarer Zustand der Wachheit des Organismus) zeigte, im Übrigen aber unauffällig war. Die craniale Computertomographie (CCT) ergab ebenso wenig einen pathologischen Befund wie die klinische neurologische Untersuchung. Das von der Klinik veranlasste neurologische Konsil war unauffällig. Der klinische Befund ergab keine Hinweise auf eine neurogene Störung. Auch ein augenärztliches Konsil ergab keinen krankhaften Befund. Bei den durchgeführten Laboruntersuchungen waren einige Werte außerhalb des Normbereichs: CRP (Eiweiß, das in der Leber gebildet wird und als Entzündungsparameter gilt) >2 mg/nl, Leukozyten (weiße Blutkörperchen) 4,7/nl, Thrombozyten (Blutplättchen) 182/nl. Das Differentialblutbild ergab 7% Eosinophile (Teil der weißen Blutkörperchen), 42% Lymphozyten (die kleinsten weißen Blutkörperchen), 11% Monoyten (die größten weißen Blutkörperchen). Bei der Liquordiagnostik (Verfahren zur Untersuchung der Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit) wurde kein auffälliger Befund festgestellt. Im Stuhl fanden sich vereinzelt Wurmeier, aber keine pathogenen Keime. Das Krankenhaus empfahl eine Vervollständigung des Tollwutimpfschutzes und nahm selbst eine vierte Impfung am 23.07.1997 vor.
Die fünfte Impfung erfolgte am 06.08.1997 in einer ärztlichen Praxis. Dieser Impftermin wurde von der Klägerin genannt; er ist im Impfpass nicht eingetragen.
Die sechste und letzte Impfung wurde am 10.10.1997 in der Klinik Dr. S., Fachkrankenhaus für Psychotherapeutische Medizin, vorgenommen. In dieser Klinik befand sich die Klägerin vom 09.10.1997 bis 30.04.1998 in stationärer Behandlung. Im Entlassungsbericht der Klinik vom 29.06.1998 (Bl. 28/30 der Verwaltungsakte und Bl. 118/125 der SG-Akte), wird in der abschließenden Zusammenfassung u.a. ausgeführt, bei Blutabnahmen und auch bei den Pentoxifyllin-Infusionen (Arzneimittel, das bei arteriellen Durchblutungsstörungen eingesetzt wird), sei es immer wieder dazu gekommen, dass die Klägerin kollabierte und nach kurzer Zeit wieder zu sich kam. Wegen eines chronischen Tinnitus sei die Klägerin HNO-ärztlich untersucht worden, wobei eine Hörminderung rechts diagnostiziert worden sei. Um daraufhin einen Kleinhirnbrückenwinkelprozess auszuschließen, sei am 09.04.1998 ein Magnet-Resonanz-Tomogramm (MRT) des Schädels angefertigt worden. Bei dieser Untersuchung sei im unteren Hirnstamm die 4 mm große, unscharf begrenzte, signalreiche Läsion entdeckt worden. Aus diesem Grund sei die Klägerin am 12.05.1998 in die Neurologische Klinik und Poliklinik der Technischen Universität (TU) M. aufgenommen worden.
Die Behandlung in dieser Klinik dauerte bis zum 27.05.1998. Im Arztbrief vom 05.06.1998 (Bl. 21/22 der Verwaltungsakte) werden folgende Diagnosen gestellt: Verdacht auf Teleangiektasie (Erweiterungen der kleinsten Gefäße bzw. Gefäßfehlbildung) rechts paramedian (neben der Mittellinie verlaufend) im Ponsbereich (Teil des Hirnstamms) und Verdacht auf somatoforme Störung. Ein normales EEG, ein Schlafentzugs-EEG und ein Langzeit-EEG ergaben keinen pathologischen Befund. Unter „Beurteilung und Verlauf“ heißt es, die Klägerin sei aufgrund der seit einem Jahr bestehenden, fluktuierenden Symptomatik mit Gliederschmerzen, Schwindel, Kopfschmerz, Sehstörungen, Sensibilitätsstörungen, Zittern am ganzen Körper, Tinnitus, Herzklopfen und intermittierender körperlicher Schwäche stationär aufgenommen worden. Diese Symptomatik habe sich seit Anfang des Jahres verschlechtert. Die im craniellen Kernspin aufgefallene Teleangiektasie im Bereich des rechten Pons sei als Ursache für die diffuse Symptomatik sicherlich auszuschließen und bestehe mit Sicherheit schon seit langer Zeit. In der sonstigen bildgebenden und neurophysiologischen Zustandsdiagnostik hätten keine organischen Korrelate für die diffusen Beschwerden gefunden werden können. Wegen der rezidivierend auftretenden Zitteranfälle mit fraglichen Bewusstseinsstörungen seien mehrfach EEG auch unter Provokationsbedingungen durchgeführt worden. Jedoch zeigten sich auch hier, auch während solcher Attacken, keine EEG-Veränderungen. Aufgrund der diffusen Beschwerdesymptomatik erscheine eine somatoforme Störung als sehr wahrscheinlich. Dies sei mit der Klägerin besprochen worden, jedoch seien keine weiteren Schritte eingeleitet worden, weil sich die Klägerin bereits in ambulanter Psychotherapie befinde. Außerdem möchte sich die Klägerin noch einmal im Tropeninstitut in H. vorstellen, da sie noch immer von einer Tropeninfektion als Ursache der Beschwerden ausgehe.
In der Zeit vom 08.06.1998 bis 13.07.1998 wurde die Klägerin u.a. von Dr. E., Ärztin für Nervenheilkunde und Psychotherapie, in M. betreut. Diese führte in einem Arztbrief vom 30.07.1998, der an eine andere in M. niedergelassene Ärztin adressiert war, aus, die von der Klägerin geäußerten Beschwerden stünden am ehesten in Zusammenhang mit der Tollwutimpfung. Die im Klinikum rechts der Isar diagnostizierte Optikusneuritis lasse natürlich noch andere Differentialdiagnosen wie z.B. Enzephalomyelitis disseminata (Multiple Sklerose) zu. Alle neurologischen Befunde seien jedoch nach Aussage der Klägerin negativ gewesen. Bei Persistieren der Symptomatik würde sie trotzdem eine Wiederholung der Kernspintomographie empfehlen. Das Nebenwirkungsprofil des Tollwutimpfstoffes weise neurologische Störungen auf.
Der Augenarzt Dr. R., M., teilte in einem Schreiben an Dr. C. vom 24.11.1998 mit, die Klägerin sei im Juni 1998 bei ihm gewesen. Auffällig seien Xanthelasmen (hellgelbe, leicht erhabene, plattenförmige Ablagerungen von Cholesterin im Bereich der Augenlider) im Lidbereich gewesen. Bei der Extremblickrichtung habe sich ein zarter Nystagmus (unkontrollierbare, rhythmische Bewegungen bzw. sog Augenzittern) dargestellt. Die Gesichtsfelduntersuchung habe beidseits eine vergrößerten blinden Fleck ergeben. Er habe die Klägerin deshalb zu einer weiteren Abklärung zu Prof. L. in M. geschickt. Auch dieser habe einen vergrößerten blinden Fleck und geringe relative Defekte im Zentrum ohne genauere Zuordnung finden können.
10 
Mit Schreiben vom 06.12.1998 (Bl. 23/27 der Verwaltungsakte) wandte sich Dr. C. aus F. an die Neurologische Klinik und Poliklinik der TU M. und gab an, er kenne die Klägerin seit vielen Jahren. Leider habe es seit ihrer im Mai 1997 begonnenen Erkrankung bis zu diesem Sommer keinen Kontakt mehr gegeben, so dass er sich erst jetzt in das Geschehen „einmischen“ könne. Anlass seines Schreibens sei seine Bitte, sich nochmals mit der Krankengeschichte und der diagnostischen Bewertung zu befassen. Er habe nämlich den Eindruck gewonnen, dass hierbei nicht mit der wünschenswerten und notwendigen Sorgfalt Anamnese, Beschwerden sowie neurologische und neurologisch-technische Befunde bewertet worden seien. Diagnostische Bewertungen der Klinik hätten verständlicherweise „auch nach außen hin“ ein besonders großes Gewicht. Im Anschluss daran schilderte Dr. C. den bisherigen Verlauf der Krankengeschichte der Klägerin und seine Auffassung über mögliche Diagnosen; hierauf wird verwiesen.
11 
Am 02.02.1999 stellte sich die Klägerin in der ambulanten Sprechstunde der Klinik und Poliklinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation der L.-M.-Universität in M. vor. Im Arztbrief vom 03.02.1999 (Bl. 10 der Verwaltungsakte) führte die Leitende Oberärztin der Klinik Dr. B. aus, die erhobenen Befunde - die im Einzelnen dargelegt werden - deuteten nicht auf eine zentrale Störung, sondern wiesen auf ein peripher gestörtes neuropathisches Krankheitsbild hin, das auch in der Literatur bereits nach Rabiesimpfungen (Tollwutimpfungen) beschreiben worden sei.
12 
Am 22.02.1999 stellte die Klägerin beim Amt für Versorgung und Familienförderung München I (Versorgungsamt) einen Antrag auf Versorgung nach dem (damals geltenden) Bundesseuchengesetz (BSeuchG). Mit ihrem Antrag legte sie verschiedene Arztbriefe und Atteste vor. In einem nervenärztlichen Gutachten des Ärztlichen Dienstes des Versorgungsamts vom 08.07.1999, das auf einer ambulanten Untersuchung der Klägerin beruht, führte der Facharzt für Nervenheilkunde Dr. S. aus, ein Kausalzusammenhang zwischen der Tollwutimpfung und den geltend gemachten Gesundheitsstörungen neurologischer Natur sei zwar nicht ganz auszuschließen, aber doch nicht wahrscheinlich. Ohne spezifische Kenntnisse und Erfahrungen bei der sehr selten durchgeführten Tollwutimpfung könne allerdings nicht entschieden werden, hier sei die Erfahrung des speziellen Prüfarztes entscheidend.
13 
Daraufhin zog das Versorgungsamt zunächst das für die (damalige) Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) erstellte Gutachten des Arztes für Neurologie Dr. H. bei und veranlasste eine Untersuchung und Begutachtung der Klägerin durch den Direktor der Neurologischen Klinik und Poliklinik der L.-M.-Universität M. Prof. Dr. B.. Dieser ließ zunächst die bei der Klägerin angefertigten Kernspintomogramme vom 09.04.1998, 12.05.1998, 25.08.1998 und 12.04.1999 in einem neuroradiologischen Zusatzgutachten vom Leiter der Abteilung für Neuroradiologie am Klinikum G. befunden und bewerten. In diesem Zusatzgutachten (Bl. 94/96 der Verwaltungsakte) führte dieser in der zusammenfassenden Beurteilung aus, in den kernspintomographischen Untersuchungen lasse sich konstant über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr eine hyperintense (signalreiche bzw. helle) Läsion (Schädigung bzw. Störung) paramedian rechts im caudalen Brückenfuß (Teil des Hirnstamms) darstellen. Am wahrscheinlichsten sei, dass es sich hierbei um eine kleine umschriebene kapilläre Teleangiektasie handele. Ein Zusammenhang mit der durchgeführten Impfung gegen Tollwut sei nicht erkennbar.
14 
Im neurologischen Gutachten vom 02.04.2000, das auch auf einer ambulanten Untersuchung der Klägerin beruht und ausführlich die von der Klägerin gemachten Angaben über ihre Beschwerden wiedergibt, führte Prof. Dr. B. aus, die auf neurologischen Fachgebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen könnten zwar wie bisher beschrieben, aber nicht einer sicheren Krankheitsbezeichnung zugeordnet werden. Neurologische, bleibende Schäden infolge der Tollwutimpfung seien nicht mit dem Grad der Wahrscheinlichkeit erkennbar. Weder die Ergebnisse der stationären Untersuchung vom Juli 1997 noch die Ergebnisse der späteren Untersuchungen in den Neurologischen Universitätskliniken rechts der Isar in M. und in F. hätten im Bereich des Gehirns, des Rückenmarks und der Nerven Befunde einer impfbedingten Gewebeschädigung fassen lassen. Der einzig auffällige Befund des Kernspintomogramms, der bildgebenden Untersuchung mit dem besten Auflösungsvermögen, entspreche nach dem übereinstimmenden Urteil aller neuroradiologischer Untersucher einer kleinen Gefäßfehlbildung im Bereich der Brücke, aber nicht einem Herd einer impfbedingten umschriebenen Entzündung oder Schädigung der Hüllen von Nervenfortsätzen. Aber auch eine Auswirkung der Impfung auf die Nerven in Armen und Beinen (Polyneuropathie) sei nie fassbar gewesen. Zudem sei festzustellen, dass die von der Klägerin angegebene über längere Zeit fortschreitende Verschlechterung für eine Impfschädigung des Gehirns so ungewöhnlich sei, dass - von allem anderen abgesehen - deutlich mehr dagegen als dafür spreche.
15 
Vor einer Entscheidung über den Antrag gab das Versorgungsamt der Klägerin Gelegenheit, sich zum bisherigen Beweisergebnis zu äußern. Die Klägerin bat Dr. C., zu den eingeholten Gutachten Stellung zu nehmen. Dieser Bitte kam er mit Schreiben vom 27.05.2000 nach. Er begründete darin seine Kritik ausführlich und trug als seine Hypothese die Ansicht vor, dass die Impfung, die bei dem langen Abstand zu den Hundebissen ohnehin nur sehr fraglich indiziert gewesen sei, wegen des gleichzeitig bestehenden hochfieberhaften Infektes einen pathologischen Prozess in Gang gebracht habe, der zu der jetzt bestehenden Symptomatik geführt habe. Die Herstellerfirma habe in ihrem der Verwaltung vorliegenden Schreiben vom 25.02.1999 (Bl. 43/46 der Verwaltungsakte) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Einfluss der Tollwutimpfung auf eine vorbestehende Symptomatik nicht mit Sicherheit auszuschließen sei. Er habe in den vergangenen Tagen ein Telefonat mit Prof. Dr. D. aus B. geführt, der ihm vom R.-K.-Institut als hochkarätiger Experte für Impfstoffe benannt worden sei. Dieser habe seine Verwunderung über die wenig sachverständigen Äußerungen der Gutachter zum möglichen Impfschaden durch Rabipur zum Ausdruck gebracht. Prof. Dr. D. habe ihm aus einer Computer-Recherche (die beigefügten) Berichte überlassen, dies sich mit gemeldeten neurologischen Schäden nach Tollwutimpfung mit nicht-neutralen Zellgewebsimpfstoffen der so genannten 3. Generation wie Rabipur befassen. Trotz der Seltenheit von gemeldeten Impfschäden werde über folgende neurologische Erkrankungen berichtet: Guillan-Barré-Syndrom, Polyneuropathie, Menigoradiculitis , disseminierte Enzephalomyelitis (Multiple Sklerose), vorübergehende epileptische Anfälle und Augenmuskellähmungen. Er schlage deshalb ein impfmedizinisches Fachgutachten z.B. durch Prof. Dr. D. vor.
16 
Zu diesem Schreiben holte die Versorgungsverwaltung eine Stellungnahme von Dr. S.r, Medizinaldirektorin und Ärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 29.08.2000 ein, die ausführte, dass ihrer Meinung nach keinesfalls Schädigungsfolgen iS des Bundesseuchengesetzes vorliegen.
17 
Mit Bescheid vom 22.09.2000 lehnte das Versorgungsamt den Antrag ab.
18 
Dagegen legte die Klägerin am 20.10.2000 Widerspruch ein, den Dr. C. mit Schreiben vom 18.11.2000 und 02.02.2001 begründete. Er legte einen an ihn gerichteten Arztbrief der Praxis für Nuklearmedizin PD Dr. R. -Dr. W. vor, in dem über das Ergebnis einer bei der Klägerin am 29.01.2001 durchgeführten Teilkörperpositronen -Emissionen-Tomographie des Gehirns berichtet wird. Danach habe sich in bestimmten Arealen des Gehirns eine deutliche Stoffwechselminderung gezeigt, die eindeutig als pathologisch einzustufen sei. Nähere diagnostische Aussagen seien jedoch nicht möglich, da in der Literatur vielfältige Ursachen für dieses Befundmuster beschrieben seien. Nach Einholung einer Stellungnahme bei Medizinaldirektorin Dr. S. wies das Bayerische Landesamt für Versorgung und Familienförderung den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 24.07.2001 als unbegründet zurück.
19 
Am 20.08.2001 hat die Klägerin beim Sozialgericht München Klage erhoben. Dieses Gericht hat sich mit Beschluss vom 13.09.2001 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht Freiburg (SG) verwiesen. Die Klägerin hat u.a. vorgetragen, in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Beginn der Impfserie sei bei ihr eine progrediente neurologische Symptomatik aufgetreten, wobei im Vordergrund der Beschwerden Teillähmungen im motorischen und sensiblen Bereich, Beeinträchtigungen der Feinmotorik (einschließlich Sprache), des Sehens und der Koordination, ständige Gliederschmerzen und als Hauptsyndrom eine massive Beeinträchtigung der allgemeinen Leistungsfähigkeit und Vitalität aufgetreten seien. Die Beschwerden hätten sich in der Folgezeit teilweise noch verschlechtert und im September 1998 dazu geführt, dass sie wegen ihrer seit Krankheitsbeginn bestehenden Arbeitsunfähigkeit ihren Arbeitsplatz verloren habe. Am 28.05.2001 sei durch die Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychosomatik in F. ein neues Gutachten erstellt worden. Dieses gehe aufgrund der Anamnese, des klinischen Befundes und der Vorbefunde, insbesondere der PET-Untersuchung diagnostisch von einer hirnorganischen Ursache der Beschwerden aus und vermute am ehesten ein postenzephalitisches Syndrom nach Tollwutimpfung. Die Diagnose eines postenzephalitischen Syndroms werde auch durch eine weitere Untersuchung der Sektion prächirurgische Epilepsiediagnostik am Neurozentrum der Universität F. und der am 16.07.2001 durchgeführten VEP (Visuell evozierte Potentiale) - Untersuchung bestätigt. Da für die Anerkennung eines Gesundheitsschadens als Folge einer Impfung die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs genüge, sei der von ihr geltend gemachte Anspruch begründet.
20 
Zur Stützung ihres Vorbringens hat die Klägerin verschiedene Arztbriefe sowie einen Auszug aus dem „Handbuch der unerwünschten Arzneimittelwirkungen“ und die Fachinformation des Herstellers C. B. über den Impfstoff Rabipur vorgelegt. Bei dem in der Klagebegründung erwähnten Gutachten vom 28.05.2001 handelt es sich um einen Brief des Klinikums an Dr. C., in dem über einen stationären Aufenthalt der Klägerin in der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie mit Poliklinik in der Zeit vom 28.03. bis 30.03.2001 zur Diagnostik im Schlaflabor berichtet wird. Die vom P.-E.-Institut an Dr. C. übersandten Unterlagen enthalten Literatur zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen des Tollwutimpfstoffs Rabipur mit Daten aus den Jahren 1995 bis 2001 (Bl 48/54 der SG-Akte).
21 
Die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen hat der Beklagte zum Anlass genommen, eine Anfrage an das P.-E.-Institut zu richten. Im Antwortschreiben vom 22.03.2002 (Bl. 59/63 der SG-Akten) werden auf der Grundlage der von der Klägerin und Dr. C. an das Institut gemeldeten Angaben über einen Verdachtsfall unerwünschter Arzneimittelwirkungen des Tollwutimpfstoffs Rabipur Ausführungen zu möglichen Impfreaktionen gemacht und es wird zusammenfassend festgehalten, dass aufgrund des plausiblen zeitlichen Intervalls und dem Fehlen des Nachweises von anderen Ursachen und der positiven Re-Exposition eine Auslösung der Erkrankung durch die Impfung wahrscheinlich erscheine.
22 
Hierzu hat sich die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 06.05.2002 geäußert. Darin wird darauf aufmerksam gemacht, es sei niemals behauptet worden, dass die Klägerin an einer ADME (akute disseminierte Encephalomyelitis) oder an einem Guillan-Barré-Syndrom leide. Sie gehe von einem durch die Impfung ausgelösten Zustand nach immunologisch bedingter Enzephalitis aus. Für gleichwertig halte die Klägerin die nunmehr vom P.-E.-Institut gestellte Verdachtsdiagnose einer unklassifizierbaren, vermutlich entzündlichen Reaktion des zentralen oder peripheren Nervensystems. Zusammen mit diesem Schriftsatz reichte die Klägerin den Arztbrief des Prof. Dr. E. von der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychosomatik F. vom 28.02.2002 zu den Akten (Bl. 73 der SG-Akte). Darin vertritt Prof. Dr. E. die Auffassung, diagnostisch sei bei der komplexen Symptomatik der Klägerin von einer organischen psychischen Störung auszugehen. Ein postenzephalitisches Syndrom sei am wahrscheinlichsten. Im ebenfalls von der Klägerin vorgelegten und an Dr. C. gerichteten Arztbrief der Augenärztin Dr. R. wird ein „nach wie vor unklares Röhrengesichtsfeld rechts“ und eine „unklare Pupillenstörung“ diagnostiziert. Dagegen habe sich das Sehvermögen rechts wieder normalisiert.
23 
Das SG hat eine Auskunft der Gutachtenstelle der Neurologischen Universitätsklinik F. über eine ambulante Vorstellung der Klägerin am 15.11.1999 und einen stationären Aufenthalt in der Zeit vom 06.12. bis 14.12.1999 eingeholt (Bl. 77/81 der SG-Akte). Anschließend hat das SG zunächst versucht, den Leiter der Neurologischen Universitätsklinik F., Prof. Dr. L., mit der Erstellung eines Gutachtens zu beauftragen. Da dieser aufgrund anderer Verpflichtungen sich nicht in der Lage gesehen hat, den Gutachtensauftrag zu erledigen, hat er darum gebeten, den Auftrag an einen seiner Oberärzte zu richten. Hierzu ist es dann aber nicht gekommen, nachdem die Klägerin aufgrund des früheren Aufenthaltes in dieser Klinik Vorbehalte („durchaus auch konflikthafte Verläufe der Behandlung“) gegenüber einer Begutachtung durch diese Klinik geäußert hat. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 04.07.2002 hat sie vielmehr darum gebeten, die Erforderlichkeit des Gutachtens zu prüfen, nachdem auf den vorliegenden Fall bezogen eine klare Aussage des Robert-Koch-Institutes vorliege. Auch könne die Frage nach einem Impfschaden nicht von einem Neurologen beantwortet werden, stattdessen wäre ein immunologisches Gutachten einzuholen. Außerdem sei sie schwanger. In dieser Situation erscheine eine ambulante Untersuchung mit dem Ziel, die Folgen der Tollwutimpfung zu prüfen, kaum möglich.
24 
Das SG hat ferner nach Einholung einer Auskunft der Klinik Dr. Schl. versucht, zunächst bei Prof. Dr. Z., J.-G. Universität M., und anschließend bei Prof. Dr. J., Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene der Universität R., ein Gutachten einzuholen. Diese Sachverständigen haben sich aber außerstande gesehen, den Gutachtensauftrag zu erfüllen. Schließlich hat das SG bei Prof. Dr. E. in F. ein psychiatrisches Gutachten in Auftrag gegeben. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 20.11.2003 (Bl. 142/158) die Ansicht vertreten, die bei der Klägerin festzustellenden Symptome seien aus klinisch-psychiatrischer Sicht am besten mit der Diagnose einer organischen psychischen Störung vereinbar, z. B. einer organischen Persönlichkeitsänderung bzw. Wesensänderung. Bedingung für eine solche Diagnose sei allerdings, dass eine Hirnschädigung angenommen werden könne, z. B. der zur Diskussion stehende Impfschaden. Falls eine Hirnschädigung angenommen werden könne, seien die von ihm erhobenen Befunde nicht mit Wahrscheinlichkeit auf andere Ursachen zurückzuführen, sondern am wahrscheinlichsten Folge dieser Hirnschädigung. Zu diesem Gutachten haben sich sowohl die Klägerin als auch der Beklagte geäußert.
25 
Mit Urteil vom 28.04.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die verwiesen wird, hat es dargelegt, dass und weshalb es einen Zusammenhang zwischen den bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen und der Impfung mit Rabipur im Jahr 1997 nicht für wahrscheinlich hält. Das Urteil ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis am 13.05.2004 zugestellt worden.
26 
Am 11.06.2004 hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie macht im Wesentlichen geltend, das SG habe aufgrund fehlerhafter Beweiswürdigung den Ursachenzusammenhang zwischen der Tollwutimpfung und der bei ihr bestehenden Erkrankung verkannt. Nachdem sie im Juli 1997 sechs Impfungen gegen Tollwut erhalten habe, sei in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Beginn der Impfserie die streitgegenständliche Symptomatik aufgetreten, wobei im Vordergrund der Beschwerden Teillähmungen im motorischen und sensitiven Bereich, Beeinträchtigungen der Feinmotorik einschließlich Sprache, des Sehens und der Koordination, ständige Gliederschmerzen und als Hauptsymptom eine massive Beeinträchtigung der allgemeinen Leistungsfähigkeit und Vitalität aufgetreten seien. Bei ihr bestehe ohnehin eine stark erhöhte Neigung zu Arzneimittelnebenwirkungen. Es bestünden Allergien gegen bestimmte Antibiotika und eine massive Unverträglichkeit bei verschiedenen Antidepressiva. Besonders zu berücksichtigen sei, dass bei ihr eine Tollwutimpfung durchgeführt worden sei, als sie bereits wegen Tollwutsymptomen behandelt worden sei. Die Klägerin legt ausführlich dar, welche Gesichtspunkte aus ihrer Sicht für einen Zusammenhang ihrer Gesundheitsstörungen mit der durchgeführten Impfung sprechen und welche ärztlichen Stellungnahmen und Berichte ihren Standpunkt stützen. Ferner legt die Klägerin dar, dass auch die Voraussetzungen für eine so genannte Kannversorgung erfüllt seien.
27 
Die Klägerin beantragt,
28 
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 28. April 2004 und den Bescheid des Beklagten vom 22. September 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2001 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Gesundheitsstörungen der Klägerin als Impfschaden anzuerkennen und ab 1. Februar 1999 zu entschädigen.
29 
Der Beklagte beantragt,
30 
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
31 
Der Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Eine Anerkennung als Impfschaden scheide im vorliegenden Fall in jeglicher Hinsicht aus. Weder sei ein Zusammenhang der bei der Klägerin bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit der im Jahr 1997 erfolgten Impfung wahrscheinlich zu machen noch lägen die Voraussetzungen einer Kannversorgung iSd § 61 Satz 2 IfSG bzw. § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG vor.
32 
Der Senat hat die noch vorhandenen Unterlagen der Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin der Universität M. und des Krankenhauses M. S. beigezogen und nach einer Bitte um Benennung geeigneter Sachverständiger bei der Ständigen Impfkommission (STIKO) des R.-K.-Institutes mit Gutachtensauftrag vom 29.06.2005 Prof. Dr. D., Facharzt für Innere Medizin sowie Mikrobiologie/Epidemiologie, mit der Erstattung eines Gutachtens nach Aktenlage beauftragt. Prof. Dr. D. war u.a. bis 1999 Leiter der Programme für Infektionskrankheiten und Impfungen, Regionalbüro Europa der Weltgesundheitsorganisation, und von 1992 bis 2004 Mitglied der STIKO.
33 
Die Klägerin hat noch drei an Dr. C. gerichtete Arztbriefe vorgelegt. Im Schreiben vom 26.07.2005 teilt der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. W., F., mit, neurologischerseits stünden bei der Klägerin eine ataktische Gangstörung, Koordinationsstörungen der Extremitäten sowie ein Hemihypästhesie und -hypalgesie im Vordergrund. Der Augenarzt Dr. T. nennt im Schreiben vom 03.08.2005 als Diagnosen: hyperoper. Astigmatismus, zeitweise dekompens . Exophorie mit Problemen beim Lesen und Enzephalitis nach Tollwutimpfung. Prof. Dr. R., Arzt für Nuklearmedizin, beschreibt das Ergebnis eines Hirnperfusions-Spect-Szintigramms. Er führt in seinem Schreiben hierzu aus, es habe sich kein Nachweis umschriebener grober Perfusionsstörungen ergeben. Die leicht inhomogene Perfusion sämtlicher Hirnregionen sei vereinbar mit einem Zustand nach Enzephalitis. Eine typisch dementielle Perfusionsveränderung sei nicht nachweisbar. Insbesondere lasse sich auch die frontale Perfusionsminderung aus dem Jahre 2001 nicht mehr belegen.
34 
In seinem Gutachten vom 24.08.2005 (Bl. 110/150 der LSG-Akte) beschreibt Prof. Dr. D. die Tollwutimpfstoffe und ihre Komplikationen und legt dann dar, dass das Vorliegen einer
ADEM und eines Guillain-Barré-Syndroms eindeutig zu verneinen sei. Die zum Vorhandensein einer Neuritis (Entzündliche Erkrankung des peripheren Nervensystems) von den Ärzten bisher gemachten Angaben seien zum Teil widersprüchlich. Eine diagnostische Sicherung habe allerdings in keinem Fall erfolgen können. Er kommt in seinem Gutachten zu dem Schluss, dass bei der Klägerin keine Gesundheitsstörungen vorliegen, die mit Wahrscheinlichkeit durch die Impfung verursacht worden seien.
35 
Zu diesem Gutachten hat sich die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 02.01.2006 und unter Hinweis auf eine umfangreiche Stellungnahme des Dr. C. ausführlich geäußert (Bl. 165/169 der LSG-Akte).
36 
Ein auf den 17.02.2006 anberaumter Termin zur mündlichen Verhandlung ist auf Antrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf den 28.04.2006 verlegt worden. Auch dieser Termin ist wieder aufgehoben worden, nachdem die Klägerin weitere ärztliche Unterlagen (Schreiben Dr. T. vom 27.10.2005 und Stellungnahme des P.-E.-Instituts vom 10.01.2006) vorgelegt hat. Der Senat hat die ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. D. vom 06.03.2006 eingeholt. Hierzu hat sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 27.04.2006 geäußert.
37 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
38 
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Versorgung wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen eines Impfschadens, weil die im Jahre 1997 durchgeführte postexpositionelle Impfung gegen Tollwut mit dem Impfstoff Rabipur keinen Impfschaden verursacht hat.
39 
Streitgegenstand des Rechtsstreits ist die Gewährung von Entschädigungsleistungen nach § 51 Abs. 1 Bundesseuchengesetz (BSeuchG) bzw. § 60 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Da das IfSG am 1. Januar 2001 in Kraft getreten ist, bei zeitgleichem Außerkrafttreten des BSeuchG ohne Übergangsvorschrift (s Art 5 Abs. 1 Nr. 1 Gesetz zur Neuordnung seuchenrechtlicher Vorschriften vom 20. Juli 2000, BGBl I, 1045), ist im Hinblick auf den Entschädigungsanspruch bis zum Inkrafttreten des IfSG das BSeuchG weiterhin anzuwenden; hier also von der Antragstellung im Februar 1999 bis zum 31. Dezember 2000. Für die Zeit danach sind der Entscheidung die allerdings insoweit im Wesentlichen inhaltsgleichen Vorschriften des IfSG zu Grunde zu legen (BSG 20.07.2005 - B 9a/9 VJ 2/04 - Breith 2006, 140).
40 
Wer durch eine Schutzimpfung, die von einer zuständigen Behörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen worden ist, einen Impfschaden erlitten hat, erhält nach § 51 Abs. 1 BSeuchG und § 60 Abs. 1 IfSG wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Ein Impfschaden ist ein über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehender Gesundheitsschaden (§ 52 Abs. 1 Satz 1 BSeuchG) bzw. die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung (§ 2 Nr. 11 IfSG). Zur Anerkennung eines Gesundheitsschadens als Folge einer Impfung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (§ 52 Abs. 2 Satz 1 BSeuchG/§ 61 Satz 1 IfSG). Wenn diese Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann mit Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde der Gesundheitsschaden als Folge einer Impfung anerkannt werden (§ 52 Abs. 2 Satz 2 BSeuchG/§ 61 Satz 2 IfSG; sog Kannversorgung).
41 
Allerdings müssen die Impfung, die Schädigung durch die Impfung in Form eines über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden Gesundheitsschadens (vgl. § 52 Abs. 1 Satz 1 BSeuchG) bzw. einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung (vgl. § 2 Nr. 11 IfSG) und der verbliebene Schaden (anhaltende Gesundheitsstörung) voll bewiesen sein (BSG 19.03.1986 - 9a RVi 2/84 - SozR 3850 § 51 Nr. 9). Nur für den Ursachenzusammenhang zwischen der Impfung und der Schädigung sowie der Schädigung und dem verbleibenden Gesundheitsschaden genügt der Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit. Wahrscheinlich ist eine Kausalität dann, wenn wenigstens mehr für als gegen sie spricht bzw. wenn die für den Zusammenhang sprechenden Umstände deutlich überwiegen. Es genügt nicht, dass ein Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden kann oder nur möglich ist; auch die „gute Möglichkeit“ genügt nicht (BSG aaO). Der Vollbeweis setzt voraus, dass die Tatbestandsmerkmale mit einer an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, die ernste, vernünftige Zweifel ausschließt, erwiesen sind (BSG 19.03.1986 - 9a RVi 2/84 - SozR 3850 § 51 Nr. 9).
42 
Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der erkennende Senat anschließt, gelten im Impfschadensrecht für die Feststellung von Ursachenzusammenhängen grundsätzlich die gleichen Maßstäbe wie in Fällen des BVG, denn die Aufklärungsschwierigkeiten im Impfschadensrecht entsprechen insoweit typischerweise denen des BVG (BSG SozR 3850 § 52 Nr. 1 mwN). Dies bedeutet: Lässt sich die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhanges nicht ermitteln, wirkt sich dies zu Lasten der Antragstellerin (Klägerin) aus. Das BSG hat ferner entschieden, dass im Impfschadensrecht bei unaufgeklärtem Ursachenzusammenhang zwischen Impfung und dauerndem Gesundheitsschaden keine Beweislastumkehr in Betracht kommt. Nichts anderes gilt für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Impfung und Impfschaden, denn im Impfschadensrecht ist für die Anerkennung eines Impfschadens als anspruchsbegründender Umstand bereits gesetzlich eine Beweiserleichterung geschaffen worden, nämlich dass die Wahrscheinlichkeit für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs zwischen Impfung und Impfschaden sowie der dauernden Gesundheitsstörung genügt (vgl §§ 52 Abs. 2 Satz 1, 51 Abs. 1 Satz 1 BSeuchG iVm § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG ). Bei dieser Sachlage besteht in Fällen eines bereits gesetzlich normierten erleichterten Maßstabs für die Feststellung von Ursachenzusammenhängen jedenfalls in der Regel kein Anlass, aufgrund richterlicher Rechtsfortbildung von dem normierten Maßstab abzugehen (BSG 27.08.1998 - B 9 VJ 2 97 R -).
43 
Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Versorgung sind bei der Klägerin nicht erfüllt. Es steht zwar fest, dass sie in der Zeit vom 09.07.1997 bis 10.10.1997 insgesamt 6-mal mit dem Impfstoff Rabipur gegen Tollwut geimpft worden ist. Es lässt sich aber nicht feststellen, dass die Impfung einen Gesundheitsschaden verursacht hat. Nach dem Ergebnis der vom Senat und vom SG durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten und sonstigen ärztlichen Stellungnahmen, die sich in den Gerichts- und Verwaltungsakten befinden, ist schon fraglich, ob die im Jahre 1997 erfolgte Impfung überhaupt zu einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Beeinträchtigung bei der Klägerin geführt hat. Dies kann nur angenommen werden, wenn hierfür das Auftreten von Beschwerden bzw. das Vorhandensein von Symptomen genügt. Denn organisch fassbare Veränderungen, also gesundheitliche Beeinträchtigungen iS regelwidriger Veränderungen des Körpers, die die von der Klägerin geschilderten Beschwerden erklären könnten, sind im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung nicht nachgewiesen. Darüber hinaus steht aber zur Überzeugung des Senats fest, dass weder die von der Klägerin geschilderten Beschwerden noch die von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsstörungen mit Wahrscheinlichkeit auf die Impfung mit Rabipur zurückgeführt werden können.
44 
In seinem für den Senat erstellten Gutachten vom 24.08.2005 hat Prof. Dr. D. die in der Literatur beschriebenen Komplikationen einer Impfung mit einem Tollwut-Zellkultur-Impfstoff aufgeführt. Es handelt sich dabei um eine akute demyelinisierende Enzephalomyelitis (ADEM; auch als postinfektiöse Enzephalitis bezeichnet), das Guillain-Barré-Syndrom sowie Neuritiden (entzündliche Nervenerkrankungen). Er hat dann ferner dargelegt, dass das Vorliegen einer ADEM und des Guillain-Barré-Syndroms bei der Klägerin eindeutig zu verneinen ist (Seite 32 seines Gutachtens). Insoweit stimmt seine Auffassung mit der Ansicht der Klägerin überein. Auch sie hat darauf hingewiesen, dass sie niemals behauptet habe, an einer ADEM oder einem Guillain-Barré-Syndrom zu leiden (Schriftsatz vom 06.05.2002, Bl. 71 der SG-Akte). Der Senat schließt sich der Auffassung des Sachverständigen an, zumal diese Krankheiten von keinem der im Verlauf des Verfahrens gehörten Ärzte festgestellt worden sind.
45 
Prof. Dr. D. hat darüber hinaus ausgeführt, dass auch Neuritiden, die als mögliche Komplikation bei einer Tollwutimpfung auftreten können, bei der Klägerin nicht nachgewiesen sind. Auch in diesem Punkt folgt der Senat den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen. Die von der Klägerin am Gutachten des Sachverständigen vorgebrachte Kritik ist unbegründet. Der Hinweis der Klägerin, der Sachverständige hätte auf die Frage eingehen müssen, wie das Auftreten der Erstsymptome im direkten zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung mit der Entwicklung gravierender und erstmaliger neurologischer Ausfälle erklärt wird (Schriftsatz vom 02.01.2006, Bl. 155 der LSG-Akte), enthält eine Aussage, die nicht nur unbewiesen, sondern nach Ansicht des Senats sogar widerlegt ist. Die im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung vorgenommenen Untersuchungen haben ergeben, dass neurologisch begründbare Ausfälle gerade nicht vorliegen. So ist die Klägerin noch während des Impfzeitraumes im Juli 1997 im Städtischen Krankenhaus S. aufgrund der von ihr geschilderten Beschwerden - Koordinationsstörungen, Doppelbilder, Schluckstörungen - einer eingehenden neurologischen Untersuchung unterzogen worden. Dabei ergaben sowohl die klinischen als auch die apparativ-technischen Untersuchungen wie EEG und CCT ebenso wenig einen krankhaften Befund wie das augenärztliche Konsil. Damit steht für den Senat fest, dass die im Juli 1997 geäußerten Beschwerden nicht auf einer neurologischen Störung beruhen. Der Sachverständige brauchte neurologische Ausfälle im Zusammenhang mit der erfolgten Impfung nicht zu erklären, weil solche neurologischen Ausfälle gar nicht vorlagen. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 06.03.2006 hat der Sachverständige deshalb nach ausführlicher Darlegung der erhobenen Befunde zu Recht zusammenfassend festgestellt, dass im Zeitraum vom 09.07.1997 bis 01.08.1997 seitens der untersuchenden und behandelnden Ärzte keine organischen Korrelate diagnostiziert worden sind (Bl. 192 der LSG-Akte).
46 
Auch die Frage, wie die direkten Symptomverschlechterungen bei den weiteren Impfungen erklärt werden (Schriftsatz vom 02.01.2006, Bl. 155 der LSG-Akte), enthält eine Aussage, die nicht dem bekannten Sachverhalt entspricht. Zwar hat die Klägerin bei der dritten Impfung am 16.07.1997 einen Kollaps erlitten. Deshalb ist sie auch in das Krankenhaus S. eingewiesen worden. Abgesehen davon, dass dort wie erwähnt keine neurologischen Störungen festgestellt werden konnten, ist die Klägerin während eines Aufenthalts in der Klinik Dr. Schl. sowohl bei Blutabnahmen als auch bei Infusionen immer wieder kollabiert (Arztbrief der Klinik vom 29.06.1998, Bl. 118/125 der SG-Akte). Dies lässt den Schluss zu, dass diese Zusammenbrüche in keinem Zusammenhang mit dem verabreichten Impfstoff stehen. Außerdem sind im unmittelbaren Zusammenhang mit den weiteren Impfungen am 23.07.1997 im Krankenhaus S., am 06.08.1997 in einer ärztlichen Praxis und am 10.10.1997 in der Klinik Dr. Schl. keine Symptomverschlechterungen beschrieben worden. Im Arztbrief der Neurologischen Klinik der TU M. vom 05.06.1998 wird sogar ausgeführt, die von der Klägerin beschriebene Symptomatik habe sich „seit Anfang des Jahres“ verschlechtert. Ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang mit der am 10.10.1997 beendeten Impfserie wäre damit nicht gegeben. Die von der Klägerin behaupteten direkten Symptomverschlechterungen bei den weiteren Impfungen sind gar nicht belegt.
47 
Überdies hat die in der Neurologischen Klinik der TU durchgeführte umfangreiche neurologische Diagnostik wiederum keinen neurologisch fassbaren Befund erbracht. Alle EEG-Untersuchungen (einfaches EEG, Schlafentzugs-EEG, Langzeit-EEG) ergaben keine Hinweise auf krankhafte Veränderungen, sondern regelrechte Befunde. Das am 09.05.1998 angefertigte cranielle Kernspintomogramm deutete lediglich auf eine kleine Gefäßfehlbildung in den kleinsten Blutgefäßen (Kapillaren), die aber nach Ansicht der Klinik als Ursache für die von der Klägerin geschilderte Symptomatik ausscheiden. Aufgrund des unauffälligen Untersuchungsbefundes erschien der Neurologischen Klinik vielmehr eine somatoforme Störung als sehr wahrscheinlich. Nach dem Arztbrief der Klinik vom 05.06.1998 ist die Klägerin damals selbst immer noch von einer Tropeninfektion als Ursache der Beschwerden ausgegangen. Prof. Dr. D. führt daher in der erwähnten ergänzenden Stellungnahme auch insoweit zu Recht aus, dass auch im Zeitraum vom 09.10.1997 bis 27.05.1998 seitens der untersuchenden und behandelnden Ärzte keine organischen Korrelate diagnostiziert worden sind (Bl. 194 der LSG-Akte).
48 
Auf die Frage, wie der Umstand bewertet werde, dass die Impfung im Zustand einer schlechten Abwehrlage bei hoch fieberhaftem Infekt erfolgte, wodurch das Auftreten einer unspezifischen Impfreaktion deutlich wahrscheinlicher geworden sei (Schriftsatz vom 02.01.2006, Bl. 155 der LSG-Akte), ist Prof. Dr. D. in seinem Gutachten vom 24.08.2005 nicht näher eingegangen, weil hierzu kein Anlass bestanden hat. In seiner ergänzenden Stellungnahme hat er dies überzeugend damit erklärt, dass es keinesfalls abzulehnen sei, dass bestimmte Vorschädigungen einen negativen Einfluss ausüben können, obwohl es keine Berichte zu Tollwutimplikationen bei bestimmten Vorschädigungen gebe. Dies könnte aber nur dann Berücksichtigung finden, wenn eine Tollwutimplikation mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen sei. Im Übrigen hat er bestätigt, dass die Impfung im Falle der Klägerin angesichts der Vorgeschichte (Hundebisse in Indonesien), den u. U. sehr langen Inkubationszeiten der Tollwut und der lebensbedrohenden Gefährdung bei einer Tollwutinfizierung indiziert gewesen sei. Im Hinblick auf die von der Klägerin geltend gemachte schlechte Abwehrlage zu Beginn der Impfserie ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Klägerin bereits vor der ersten Impfung am 09.07.1997 einen Monat lang (seit 02.06.1997) krank gewesen ist und über Brechdurchfall, Gliederschmerzen, Schwindel, Kopfschmerzen und hohem Fieber (bis zu 40°C) geklagt hat. All diese Symptome, die bereits vor der Impfung vorhanden waren, können nicht erst durch die Impfung ausgelöst worden sein.
49 
Die Kritik der Klägerin, Prof. Dr. D. habe teilweise fachfremd geurteilt und sei insoweit nicht ausreichend kompetent, geht fehl. Der Sachverständige wurde vom Senat - auf Vorschlag der STIKO - mit der Erstellung des Gutachtens beauftragt, weil er ein national und international anerkannter Impfexperte ist. Er verfügt - was er in seinem Gutachten belegt hat - über umfangreiche Erfahrungen auf dem Gebiet von Impfungen und deren Folgen und ist daher für die hier zu beurteilenden Fragen besonders kompetent. Er hat sich auch nicht deshalb fachfremd betätigt, weil er in seinem Gutachten und seiner ergänzenden Stellungnahme zu den in den Akten vorhandenen Ergebnissen neurologischer Untersuchungen Stellung genommen hat. Er hat dies - wozu er geradezu verpflichtet war - ausschließlich unter dem Gesichtspunkt möglicher Impfkomplikationen getan.
50 
Mit dem vom SG eingeholten psychiatrischen Gutachten des Prof. Dr. E. lässt sich ein Impfschaden ebenfalls nicht begründen. Die Ausführungen von Prof. Dr. E. sprechen sogar eher gegen als für eine Impfschädigung. Denn Prof. Dr. E. führt lediglich aus, dass die vorhandenen Symptome aus klinisch-psychiatrischer Sicht am besten mit der Diagnose einer organischen psychischen Störung (z. B. einer organischen Persönlichkeitsänderung) vereinbar seien. Bedingung für eine solche Diagnose sei aber, dass eine Hirnschädigung angenommen werden könne. Nach diesem Gutachten setzt die Annahme eines Impfschadens voraus, dass überhaupt eine organische Hirnstörung vorhanden ist und, falls dies der Fall ist, dass diese mit Wahrscheinlichkeit kausal auf die Impfung zurückgeführt werden kann.
51 
Unabhängig von der Frage, ob bei der Klägerin überhaupt eine organische Hirnstörung vorliegt oder vorgelegen hat, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass es jedenfalls im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung zu keiner solchen Hirnstörung gekommen ist. Bei der Untersuchung der Klägerin im Krankenhaus S. im Juli 1997 wurde bei der Liquordiagnostik kein auffälliger Befund festgestellt. Auch in der Neurologischen Universitätsklinik F. wurde am 06.12.1999 liquordiagnostisch ein Normalbefund erhoben (Auskunft Prof. Dr. G. Bl. 80 der SG-Akte).
52 
Die zahlreichen kernspintomographischen Untersuchungen des Gehirns ergaben keinerlei Hinweise auf das Vorliegen einer organischen Hirnstörung. In einem vom Leiter der Abteilung für Neuroradiologie am Klinikum G. erstellten neuroradiologischen Zusatzgutachten (Bl. 94/96 der Verwaltungsakte), in dem dieser die bei der Klägerin angefertigten Kernspintomogramme vom 09.04.1998, 12.05.1998, 25.08.1998 und 12.04.1999 ausgewertet hat, wird ausgeführt, in den kernspintomographischen Untersuchungen lasse sich konstant über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr eine hyperintense (signalreiche bzw. helle) Läsion (Schädigung bzw. Störung) paramedian rechts im caudalen Brückenfuß (Teil des Hirnstamms) darstellen. Am wahrscheinlichsten sei, dass es sich hierbei um eine kleine umschriebene kapilläre Teleangiektasie (Gefäßfehlbildung) handele. Ein Zusammenhang mit der durchgeführten Impfung gegen Tollwut sei nicht erkennbar.
53 
Der Senat ist deshalb davon überzeugt, dass bei der Klägerin bis Ende 1999 keine organische Hirnstörung vorgelegen hat bzw. nachgewiesen ist. Da Prof. Dr. E. in seinem Gutachten ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass die Zusammenfassung der Symptome im Rahmen einer organischen psychischen Störung eine organische Hirnstörung voraussetzt, das Auftreten einer solchen Störung im Zusammenhang mit der Impfung aber nicht festzustellen ist und überdies die Annahme einer organischen psychischen Störung auch nach Ansicht von Prof. Dr. E. nicht die einzige mögliche Interpretation ist, sondern sogar ausschließlich psychologische Mechanismen zu den Symptomen führen könnten (Bl. 156 der SG-Akte), spricht das Ergebnis seines Gutachtens nicht für einen Zusammenhang zwischen den von ihm beschriebenen Symptomen und der Impfung.
54 
Die Ausführungen des P.-E.-Institutes über gemeldete Nebenwirkungen zu Rabipur in Bezug auf das neurologische Organsystem (Schreiben des Instituts an Dr. C. vom 10.01.2006) tragen zur Klärung der vorliegenden Problematik nicht entscheidend bei. Prof. Dr. D. hat in seinem für den Senat erstellten Gutachten nicht in Abrede gestellt, dass eine Impfung mit Rabiur zu Komplikationen und bleibenden Schädigungen führen kann. Für die Anerkennung eines Impfschadens genügt aber, wie bereits dargelegt, die bloße Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen Schädigung und Impfung nicht. Entscheidend ist, ob im konkreten Fall ein solcher Zusammenhang wahrscheinlich ist.
55 
Der Auffassung von Dr. H. vom Referat Arzneimittelsicherheit des P.-E.-Instituts, der in seinem Schreiben vom 22.03.2002 an den Beklagten (Bl. 59/63) ausgeführt hat, dass aufgrund des plausiblen zeitlichen Intervalls und dem Fehlen des Nachweises von anderen Ursachen und der positiven Re-Exposition eine Auslösung der Erkrankung durch die Impfung bei dem die Klägerin betreffenden Verdachtsfall (3138-98) wahrscheinlich sei, schließt sich der Senat nicht an. Die Ausführungen von Dr. Hartmann beruhen ersichtlich auf unzutreffenden Annahmen. So schreibt er, im Verlauf des Juli 1997 sei es nach Angaben der Patientin und des behandelnden Neurologen zu einer neurologischen Symptomatik gekommen, die sowohl das zentrale als auch das periphere Nervensystem zu betreffen schien und diagnostisch nicht klar habe eingegrenzt werden können. Bemerkenswert sei die Verstärkung der Symptomatik kurz nach den Impfdosen 3, 4 und 5. Hierzu hat der Senat bereits dargelegt, dass im unmittelbaren Zusammenhang mit den weiteren Impfungen am 23.07.1997 im Krankenhaus S. (vierte Impfung), am 06.08.1997 in einer ärztlichen Praxis (fünfte Impfung) und am 10.10.1997 in der Klinik Dr. Schl. keine Symptomverschlechterungen beschrieben worden sind. Ferner hat der Senat eingehend ausgeführt, dass eine neurologisch erklärbare Störung im Zusammenhang mit der Impfung nicht hat festgestellt werden können. Außerdem litt die Klägerin bereits vor der Impfung zumindest an einem Teil der dem P.-E.-Institut als unerwünschte Nebenwirkungen benannten Beschwerden wie z.B. Schwindel, Schwäche, Durchfall und Erbrechen. Sollte es sich bei dem „behandelnden Neurologen“ um Herrn Dr. C. handeln, muss ergänzend darauf hingewiesen werden, dass dieser die Klägerin nach eigenen Angaben nach deren Rückkehr aus Indonesien erstmals wieder im Sommer 1998 gesehen hat und daher aus eigener Anschauung über irgendwelche Impfreaktionen gar nichts berichten kann.
56 
Die Voraussetzung für eine Kannleistung nach § 52 Abs. 2 Satz 2 BSeuchG und § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG bzw. § 61 Satz 2 IfSG sind schon deshalb nicht erfüllt, weil neurologisch begründbare Störungen bzw. eine organische Erkrankung des Gehirns im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung, d.h. innerhalb der Inkubationszeit, nicht nachgewiesen sind (BSG 19.03.1986 - 9a RVi 2/84 - SozR 3850 § 51 Nr. 9). Mit der Gewährung einer Kannleistung soll außerdem nur dem Umstand Rechnung getragen werden, dass über die Ursache bestimmter Krankheiten in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, nicht aber Schwierigkeiten bei der diagnostischen Einordnung organisch nicht erklärbarer Beschwerden.
57 
Weitere Ermittlungen sind nach Ansicht des Senats nicht mehr erforderlich. Insbesondere bedarf es keines weiteren Gutachtens, um zu klären, ob psychische Ursachen für die Beschwerden der Klägerin auszuschließen sind. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, wäre deshalb ein Zusammenhang der Beschwerden mit der Impfung noch nicht wahrscheinlich. Im Übrigen hat die Begutachtung der Klägerin durch Prof. Dr. E. bereits ergeben, dass sogar eine Vortäuschung der Symptomatik oder eine dissoziative Störung, wonach ausschließlich psychologische Mechanismen zu den Symptomen führen, möglich sei. Auch ein neurologisches Gutachten ist entbehrlich, weil es entscheidend auf die Ergebnisse der in den Jahren 1997 und 1998 durchgeführten Untersuchungen ankommt und im Übrigen der Beklagte bereits ein ausführliches neurologisches Gutachten eingeholt hat, das vom Senat bei der Beweiswürdigung berücksichtigt werden muss.
58 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
59 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
38 
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Versorgung wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen eines Impfschadens, weil die im Jahre 1997 durchgeführte postexpositionelle Impfung gegen Tollwut mit dem Impfstoff Rabipur keinen Impfschaden verursacht hat.
39 
Streitgegenstand des Rechtsstreits ist die Gewährung von Entschädigungsleistungen nach § 51 Abs. 1 Bundesseuchengesetz (BSeuchG) bzw. § 60 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Da das IfSG am 1. Januar 2001 in Kraft getreten ist, bei zeitgleichem Außerkrafttreten des BSeuchG ohne Übergangsvorschrift (s Art 5 Abs. 1 Nr. 1 Gesetz zur Neuordnung seuchenrechtlicher Vorschriften vom 20. Juli 2000, BGBl I, 1045), ist im Hinblick auf den Entschädigungsanspruch bis zum Inkrafttreten des IfSG das BSeuchG weiterhin anzuwenden; hier also von der Antragstellung im Februar 1999 bis zum 31. Dezember 2000. Für die Zeit danach sind der Entscheidung die allerdings insoweit im Wesentlichen inhaltsgleichen Vorschriften des IfSG zu Grunde zu legen (BSG 20.07.2005 - B 9a/9 VJ 2/04 - Breith 2006, 140).
40 
Wer durch eine Schutzimpfung, die von einer zuständigen Behörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen worden ist, einen Impfschaden erlitten hat, erhält nach § 51 Abs. 1 BSeuchG und § 60 Abs. 1 IfSG wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Ein Impfschaden ist ein über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehender Gesundheitsschaden (§ 52 Abs. 1 Satz 1 BSeuchG) bzw. die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung (§ 2 Nr. 11 IfSG). Zur Anerkennung eines Gesundheitsschadens als Folge einer Impfung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (§ 52 Abs. 2 Satz 1 BSeuchG/§ 61 Satz 1 IfSG). Wenn diese Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann mit Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde der Gesundheitsschaden als Folge einer Impfung anerkannt werden (§ 52 Abs. 2 Satz 2 BSeuchG/§ 61 Satz 2 IfSG; sog Kannversorgung).
41 
Allerdings müssen die Impfung, die Schädigung durch die Impfung in Form eines über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden Gesundheitsschadens (vgl. § 52 Abs. 1 Satz 1 BSeuchG) bzw. einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung (vgl. § 2 Nr. 11 IfSG) und der verbliebene Schaden (anhaltende Gesundheitsstörung) voll bewiesen sein (BSG 19.03.1986 - 9a RVi 2/84 - SozR 3850 § 51 Nr. 9). Nur für den Ursachenzusammenhang zwischen der Impfung und der Schädigung sowie der Schädigung und dem verbleibenden Gesundheitsschaden genügt der Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit. Wahrscheinlich ist eine Kausalität dann, wenn wenigstens mehr für als gegen sie spricht bzw. wenn die für den Zusammenhang sprechenden Umstände deutlich überwiegen. Es genügt nicht, dass ein Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden kann oder nur möglich ist; auch die „gute Möglichkeit“ genügt nicht (BSG aaO). Der Vollbeweis setzt voraus, dass die Tatbestandsmerkmale mit einer an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, die ernste, vernünftige Zweifel ausschließt, erwiesen sind (BSG 19.03.1986 - 9a RVi 2/84 - SozR 3850 § 51 Nr. 9).
42 
Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der erkennende Senat anschließt, gelten im Impfschadensrecht für die Feststellung von Ursachenzusammenhängen grundsätzlich die gleichen Maßstäbe wie in Fällen des BVG, denn die Aufklärungsschwierigkeiten im Impfschadensrecht entsprechen insoweit typischerweise denen des BVG (BSG SozR 3850 § 52 Nr. 1 mwN). Dies bedeutet: Lässt sich die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhanges nicht ermitteln, wirkt sich dies zu Lasten der Antragstellerin (Klägerin) aus. Das BSG hat ferner entschieden, dass im Impfschadensrecht bei unaufgeklärtem Ursachenzusammenhang zwischen Impfung und dauerndem Gesundheitsschaden keine Beweislastumkehr in Betracht kommt. Nichts anderes gilt für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Impfung und Impfschaden, denn im Impfschadensrecht ist für die Anerkennung eines Impfschadens als anspruchsbegründender Umstand bereits gesetzlich eine Beweiserleichterung geschaffen worden, nämlich dass die Wahrscheinlichkeit für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs zwischen Impfung und Impfschaden sowie der dauernden Gesundheitsstörung genügt (vgl §§ 52 Abs. 2 Satz 1, 51 Abs. 1 Satz 1 BSeuchG iVm § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG ). Bei dieser Sachlage besteht in Fällen eines bereits gesetzlich normierten erleichterten Maßstabs für die Feststellung von Ursachenzusammenhängen jedenfalls in der Regel kein Anlass, aufgrund richterlicher Rechtsfortbildung von dem normierten Maßstab abzugehen (BSG 27.08.1998 - B 9 VJ 2 97 R -).
43 
Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Versorgung sind bei der Klägerin nicht erfüllt. Es steht zwar fest, dass sie in der Zeit vom 09.07.1997 bis 10.10.1997 insgesamt 6-mal mit dem Impfstoff Rabipur gegen Tollwut geimpft worden ist. Es lässt sich aber nicht feststellen, dass die Impfung einen Gesundheitsschaden verursacht hat. Nach dem Ergebnis der vom Senat und vom SG durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten und sonstigen ärztlichen Stellungnahmen, die sich in den Gerichts- und Verwaltungsakten befinden, ist schon fraglich, ob die im Jahre 1997 erfolgte Impfung überhaupt zu einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Beeinträchtigung bei der Klägerin geführt hat. Dies kann nur angenommen werden, wenn hierfür das Auftreten von Beschwerden bzw. das Vorhandensein von Symptomen genügt. Denn organisch fassbare Veränderungen, also gesundheitliche Beeinträchtigungen iS regelwidriger Veränderungen des Körpers, die die von der Klägerin geschilderten Beschwerden erklären könnten, sind im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung nicht nachgewiesen. Darüber hinaus steht aber zur Überzeugung des Senats fest, dass weder die von der Klägerin geschilderten Beschwerden noch die von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsstörungen mit Wahrscheinlichkeit auf die Impfung mit Rabipur zurückgeführt werden können.
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In seinem für den Senat erstellten Gutachten vom 24.08.2005 hat Prof. Dr. D. die in der Literatur beschriebenen Komplikationen einer Impfung mit einem Tollwut-Zellkultur-Impfstoff aufgeführt. Es handelt sich dabei um eine akute demyelinisierende Enzephalomyelitis (ADEM; auch als postinfektiöse Enzephalitis bezeichnet), das Guillain-Barré-Syndrom sowie Neuritiden (entzündliche Nervenerkrankungen). Er hat dann ferner dargelegt, dass das Vorliegen einer ADEM und des Guillain-Barré-Syndroms bei der Klägerin eindeutig zu verneinen ist (Seite 32 seines Gutachtens). Insoweit stimmt seine Auffassung mit der Ansicht der Klägerin überein. Auch sie hat darauf hingewiesen, dass sie niemals behauptet habe, an einer ADEM oder einem Guillain-Barré-Syndrom zu leiden (Schriftsatz vom 06.05.2002, Bl. 71 der SG-Akte). Der Senat schließt sich der Auffassung des Sachverständigen an, zumal diese Krankheiten von keinem der im Verlauf des Verfahrens gehörten Ärzte festgestellt worden sind.
45 
Prof. Dr. D. hat darüber hinaus ausgeführt, dass auch Neuritiden, die als mögliche Komplikation bei einer Tollwutimpfung auftreten können, bei der Klägerin nicht nachgewiesen sind. Auch in diesem Punkt folgt der Senat den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen. Die von der Klägerin am Gutachten des Sachverständigen vorgebrachte Kritik ist unbegründet. Der Hinweis der Klägerin, der Sachverständige hätte auf die Frage eingehen müssen, wie das Auftreten der Erstsymptome im direkten zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung mit der Entwicklung gravierender und erstmaliger neurologischer Ausfälle erklärt wird (Schriftsatz vom 02.01.2006, Bl. 155 der LSG-Akte), enthält eine Aussage, die nicht nur unbewiesen, sondern nach Ansicht des Senats sogar widerlegt ist. Die im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung vorgenommenen Untersuchungen haben ergeben, dass neurologisch begründbare Ausfälle gerade nicht vorliegen. So ist die Klägerin noch während des Impfzeitraumes im Juli 1997 im Städtischen Krankenhaus S. aufgrund der von ihr geschilderten Beschwerden - Koordinationsstörungen, Doppelbilder, Schluckstörungen - einer eingehenden neurologischen Untersuchung unterzogen worden. Dabei ergaben sowohl die klinischen als auch die apparativ-technischen Untersuchungen wie EEG und CCT ebenso wenig einen krankhaften Befund wie das augenärztliche Konsil. Damit steht für den Senat fest, dass die im Juli 1997 geäußerten Beschwerden nicht auf einer neurologischen Störung beruhen. Der Sachverständige brauchte neurologische Ausfälle im Zusammenhang mit der erfolgten Impfung nicht zu erklären, weil solche neurologischen Ausfälle gar nicht vorlagen. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 06.03.2006 hat der Sachverständige deshalb nach ausführlicher Darlegung der erhobenen Befunde zu Recht zusammenfassend festgestellt, dass im Zeitraum vom 09.07.1997 bis 01.08.1997 seitens der untersuchenden und behandelnden Ärzte keine organischen Korrelate diagnostiziert worden sind (Bl. 192 der LSG-Akte).
46 
Auch die Frage, wie die direkten Symptomverschlechterungen bei den weiteren Impfungen erklärt werden (Schriftsatz vom 02.01.2006, Bl. 155 der LSG-Akte), enthält eine Aussage, die nicht dem bekannten Sachverhalt entspricht. Zwar hat die Klägerin bei der dritten Impfung am 16.07.1997 einen Kollaps erlitten. Deshalb ist sie auch in das Krankenhaus S. eingewiesen worden. Abgesehen davon, dass dort wie erwähnt keine neurologischen Störungen festgestellt werden konnten, ist die Klägerin während eines Aufenthalts in der Klinik Dr. Schl. sowohl bei Blutabnahmen als auch bei Infusionen immer wieder kollabiert (Arztbrief der Klinik vom 29.06.1998, Bl. 118/125 der SG-Akte). Dies lässt den Schluss zu, dass diese Zusammenbrüche in keinem Zusammenhang mit dem verabreichten Impfstoff stehen. Außerdem sind im unmittelbaren Zusammenhang mit den weiteren Impfungen am 23.07.1997 im Krankenhaus S., am 06.08.1997 in einer ärztlichen Praxis und am 10.10.1997 in der Klinik Dr. Schl. keine Symptomverschlechterungen beschrieben worden. Im Arztbrief der Neurologischen Klinik der TU M. vom 05.06.1998 wird sogar ausgeführt, die von der Klägerin beschriebene Symptomatik habe sich „seit Anfang des Jahres“ verschlechtert. Ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang mit der am 10.10.1997 beendeten Impfserie wäre damit nicht gegeben. Die von der Klägerin behaupteten direkten Symptomverschlechterungen bei den weiteren Impfungen sind gar nicht belegt.
47 
Überdies hat die in der Neurologischen Klinik der TU durchgeführte umfangreiche neurologische Diagnostik wiederum keinen neurologisch fassbaren Befund erbracht. Alle EEG-Untersuchungen (einfaches EEG, Schlafentzugs-EEG, Langzeit-EEG) ergaben keine Hinweise auf krankhafte Veränderungen, sondern regelrechte Befunde. Das am 09.05.1998 angefertigte cranielle Kernspintomogramm deutete lediglich auf eine kleine Gefäßfehlbildung in den kleinsten Blutgefäßen (Kapillaren), die aber nach Ansicht der Klinik als Ursache für die von der Klägerin geschilderte Symptomatik ausscheiden. Aufgrund des unauffälligen Untersuchungsbefundes erschien der Neurologischen Klinik vielmehr eine somatoforme Störung als sehr wahrscheinlich. Nach dem Arztbrief der Klinik vom 05.06.1998 ist die Klägerin damals selbst immer noch von einer Tropeninfektion als Ursache der Beschwerden ausgegangen. Prof. Dr. D. führt daher in der erwähnten ergänzenden Stellungnahme auch insoweit zu Recht aus, dass auch im Zeitraum vom 09.10.1997 bis 27.05.1998 seitens der untersuchenden und behandelnden Ärzte keine organischen Korrelate diagnostiziert worden sind (Bl. 194 der LSG-Akte).
48 
Auf die Frage, wie der Umstand bewertet werde, dass die Impfung im Zustand einer schlechten Abwehrlage bei hoch fieberhaftem Infekt erfolgte, wodurch das Auftreten einer unspezifischen Impfreaktion deutlich wahrscheinlicher geworden sei (Schriftsatz vom 02.01.2006, Bl. 155 der LSG-Akte), ist Prof. Dr. D. in seinem Gutachten vom 24.08.2005 nicht näher eingegangen, weil hierzu kein Anlass bestanden hat. In seiner ergänzenden Stellungnahme hat er dies überzeugend damit erklärt, dass es keinesfalls abzulehnen sei, dass bestimmte Vorschädigungen einen negativen Einfluss ausüben können, obwohl es keine Berichte zu Tollwutimplikationen bei bestimmten Vorschädigungen gebe. Dies könnte aber nur dann Berücksichtigung finden, wenn eine Tollwutimplikation mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen sei. Im Übrigen hat er bestätigt, dass die Impfung im Falle der Klägerin angesichts der Vorgeschichte (Hundebisse in Indonesien), den u. U. sehr langen Inkubationszeiten der Tollwut und der lebensbedrohenden Gefährdung bei einer Tollwutinfizierung indiziert gewesen sei. Im Hinblick auf die von der Klägerin geltend gemachte schlechte Abwehrlage zu Beginn der Impfserie ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Klägerin bereits vor der ersten Impfung am 09.07.1997 einen Monat lang (seit 02.06.1997) krank gewesen ist und über Brechdurchfall, Gliederschmerzen, Schwindel, Kopfschmerzen und hohem Fieber (bis zu 40°C) geklagt hat. All diese Symptome, die bereits vor der Impfung vorhanden waren, können nicht erst durch die Impfung ausgelöst worden sein.
49 
Die Kritik der Klägerin, Prof. Dr. D. habe teilweise fachfremd geurteilt und sei insoweit nicht ausreichend kompetent, geht fehl. Der Sachverständige wurde vom Senat - auf Vorschlag der STIKO - mit der Erstellung des Gutachtens beauftragt, weil er ein national und international anerkannter Impfexperte ist. Er verfügt - was er in seinem Gutachten belegt hat - über umfangreiche Erfahrungen auf dem Gebiet von Impfungen und deren Folgen und ist daher für die hier zu beurteilenden Fragen besonders kompetent. Er hat sich auch nicht deshalb fachfremd betätigt, weil er in seinem Gutachten und seiner ergänzenden Stellungnahme zu den in den Akten vorhandenen Ergebnissen neurologischer Untersuchungen Stellung genommen hat. Er hat dies - wozu er geradezu verpflichtet war - ausschließlich unter dem Gesichtspunkt möglicher Impfkomplikationen getan.
50 
Mit dem vom SG eingeholten psychiatrischen Gutachten des Prof. Dr. E. lässt sich ein Impfschaden ebenfalls nicht begründen. Die Ausführungen von Prof. Dr. E. sprechen sogar eher gegen als für eine Impfschädigung. Denn Prof. Dr. E. führt lediglich aus, dass die vorhandenen Symptome aus klinisch-psychiatrischer Sicht am besten mit der Diagnose einer organischen psychischen Störung (z. B. einer organischen Persönlichkeitsänderung) vereinbar seien. Bedingung für eine solche Diagnose sei aber, dass eine Hirnschädigung angenommen werden könne. Nach diesem Gutachten setzt die Annahme eines Impfschadens voraus, dass überhaupt eine organische Hirnstörung vorhanden ist und, falls dies der Fall ist, dass diese mit Wahrscheinlichkeit kausal auf die Impfung zurückgeführt werden kann.
51 
Unabhängig von der Frage, ob bei der Klägerin überhaupt eine organische Hirnstörung vorliegt oder vorgelegen hat, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass es jedenfalls im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung zu keiner solchen Hirnstörung gekommen ist. Bei der Untersuchung der Klägerin im Krankenhaus S. im Juli 1997 wurde bei der Liquordiagnostik kein auffälliger Befund festgestellt. Auch in der Neurologischen Universitätsklinik F. wurde am 06.12.1999 liquordiagnostisch ein Normalbefund erhoben (Auskunft Prof. Dr. G. Bl. 80 der SG-Akte).
52 
Die zahlreichen kernspintomographischen Untersuchungen des Gehirns ergaben keinerlei Hinweise auf das Vorliegen einer organischen Hirnstörung. In einem vom Leiter der Abteilung für Neuroradiologie am Klinikum G. erstellten neuroradiologischen Zusatzgutachten (Bl. 94/96 der Verwaltungsakte), in dem dieser die bei der Klägerin angefertigten Kernspintomogramme vom 09.04.1998, 12.05.1998, 25.08.1998 und 12.04.1999 ausgewertet hat, wird ausgeführt, in den kernspintomographischen Untersuchungen lasse sich konstant über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr eine hyperintense (signalreiche bzw. helle) Läsion (Schädigung bzw. Störung) paramedian rechts im caudalen Brückenfuß (Teil des Hirnstamms) darstellen. Am wahrscheinlichsten sei, dass es sich hierbei um eine kleine umschriebene kapilläre Teleangiektasie (Gefäßfehlbildung) handele. Ein Zusammenhang mit der durchgeführten Impfung gegen Tollwut sei nicht erkennbar.
53 
Der Senat ist deshalb davon überzeugt, dass bei der Klägerin bis Ende 1999 keine organische Hirnstörung vorgelegen hat bzw. nachgewiesen ist. Da Prof. Dr. E. in seinem Gutachten ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass die Zusammenfassung der Symptome im Rahmen einer organischen psychischen Störung eine organische Hirnstörung voraussetzt, das Auftreten einer solchen Störung im Zusammenhang mit der Impfung aber nicht festzustellen ist und überdies die Annahme einer organischen psychischen Störung auch nach Ansicht von Prof. Dr. E. nicht die einzige mögliche Interpretation ist, sondern sogar ausschließlich psychologische Mechanismen zu den Symptomen führen könnten (Bl. 156 der SG-Akte), spricht das Ergebnis seines Gutachtens nicht für einen Zusammenhang zwischen den von ihm beschriebenen Symptomen und der Impfung.
54 
Die Ausführungen des P.-E.-Institutes über gemeldete Nebenwirkungen zu Rabipur in Bezug auf das neurologische Organsystem (Schreiben des Instituts an Dr. C. vom 10.01.2006) tragen zur Klärung der vorliegenden Problematik nicht entscheidend bei. Prof. Dr. D. hat in seinem für den Senat erstellten Gutachten nicht in Abrede gestellt, dass eine Impfung mit Rabiur zu Komplikationen und bleibenden Schädigungen führen kann. Für die Anerkennung eines Impfschadens genügt aber, wie bereits dargelegt, die bloße Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen Schädigung und Impfung nicht. Entscheidend ist, ob im konkreten Fall ein solcher Zusammenhang wahrscheinlich ist.
55 
Der Auffassung von Dr. H. vom Referat Arzneimittelsicherheit des P.-E.-Instituts, der in seinem Schreiben vom 22.03.2002 an den Beklagten (Bl. 59/63) ausgeführt hat, dass aufgrund des plausiblen zeitlichen Intervalls und dem Fehlen des Nachweises von anderen Ursachen und der positiven Re-Exposition eine Auslösung der Erkrankung durch die Impfung bei dem die Klägerin betreffenden Verdachtsfall (3138-98) wahrscheinlich sei, schließt sich der Senat nicht an. Die Ausführungen von Dr. Hartmann beruhen ersichtlich auf unzutreffenden Annahmen. So schreibt er, im Verlauf des Juli 1997 sei es nach Angaben der Patientin und des behandelnden Neurologen zu einer neurologischen Symptomatik gekommen, die sowohl das zentrale als auch das periphere Nervensystem zu betreffen schien und diagnostisch nicht klar habe eingegrenzt werden können. Bemerkenswert sei die Verstärkung der Symptomatik kurz nach den Impfdosen 3, 4 und 5. Hierzu hat der Senat bereits dargelegt, dass im unmittelbaren Zusammenhang mit den weiteren Impfungen am 23.07.1997 im Krankenhaus S. (vierte Impfung), am 06.08.1997 in einer ärztlichen Praxis (fünfte Impfung) und am 10.10.1997 in der Klinik Dr. Schl. keine Symptomverschlechterungen beschrieben worden sind. Ferner hat der Senat eingehend ausgeführt, dass eine neurologisch erklärbare Störung im Zusammenhang mit der Impfung nicht hat festgestellt werden können. Außerdem litt die Klägerin bereits vor der Impfung zumindest an einem Teil der dem P.-E.-Institut als unerwünschte Nebenwirkungen benannten Beschwerden wie z.B. Schwindel, Schwäche, Durchfall und Erbrechen. Sollte es sich bei dem „behandelnden Neurologen“ um Herrn Dr. C. handeln, muss ergänzend darauf hingewiesen werden, dass dieser die Klägerin nach eigenen Angaben nach deren Rückkehr aus Indonesien erstmals wieder im Sommer 1998 gesehen hat und daher aus eigener Anschauung über irgendwelche Impfreaktionen gar nichts berichten kann.
56 
Die Voraussetzung für eine Kannleistung nach § 52 Abs. 2 Satz 2 BSeuchG und § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG bzw. § 61 Satz 2 IfSG sind schon deshalb nicht erfüllt, weil neurologisch begründbare Störungen bzw. eine organische Erkrankung des Gehirns im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung, d.h. innerhalb der Inkubationszeit, nicht nachgewiesen sind (BSG 19.03.1986 - 9a RVi 2/84 - SozR 3850 § 51 Nr. 9). Mit der Gewährung einer Kannleistung soll außerdem nur dem Umstand Rechnung getragen werden, dass über die Ursache bestimmter Krankheiten in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, nicht aber Schwierigkeiten bei der diagnostischen Einordnung organisch nicht erklärbarer Beschwerden.
57 
Weitere Ermittlungen sind nach Ansicht des Senats nicht mehr erforderlich. Insbesondere bedarf es keines weiteren Gutachtens, um zu klären, ob psychische Ursachen für die Beschwerden der Klägerin auszuschließen sind. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, wäre deshalb ein Zusammenhang der Beschwerden mit der Impfung noch nicht wahrscheinlich. Im Übrigen hat die Begutachtung der Klägerin durch Prof. Dr. E. bereits ergeben, dass sogar eine Vortäuschung der Symptomatik oder eine dissoziative Störung, wonach ausschließlich psychologische Mechanismen zu den Symptomen führen, möglich sei. Auch ein neurologisches Gutachten ist entbehrlich, weil es entscheidend auf die Ergebnisse der in den Jahren 1997 und 1998 durchgeführten Untersuchungen ankommt und im Übrigen der Beklagte bereits ein ausführliches neurologisches Gutachten eingeholt hat, das vom Senat bei der Beweiswürdigung berücksichtigt werden muss.
58 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
59 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien sind in der Anlage zu dieser Verordnung*als deren Bestandteil festgelegt.

(1) Wer durch eine Schutzimpfung oder durch eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die

1.
von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen wurde,
1a.
gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 20i Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe a, auch in Verbindung mit Nummer 2, des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vorgenommen wurde,
2.
auf Grund dieses Gesetzes angeordnet wurde,
3.
gesetzlich vorgeschrieben war oder
4.
auf Grund der Verordnungen zur Ausführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften durchgeführt worden ist,
eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält nach der Schutzimpfung wegen des Impfschadens im Sinne des § 2 Nr. 11 oder in dessen entsprechender Anwendung bei einer anderen Maßnahme wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt. Satz 1 Nr. 4 gilt nur für Personen, die zum Zwecke der Wiedereinreise in den Geltungsbereich dieses Gesetzes geimpft wurden und die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Gebiet haben oder nur vorübergehend aus beruflichen Gründen oder zum Zwecke der Ausbildung aufgegeben haben, sowie deren Angehörige, die mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft leben. Als Angehörige gelten die in § 10 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch genannten Personen.

(2) Versorgung im Sinne des Absatzes 1 erhält auch, wer als Deutscher außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes einen Impfschaden durch eine Impfung erlitten hat, zu der er auf Grund des Impfgesetzes vom 8. April 1874 in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 2126-5, veröffentlichten bereinigten Fassung, bei einem Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes verpflichtet gewesen wäre. Die Versorgung wird nur gewährt, wenn der Geschädigte

1.
nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes geimpft werden konnte,
2.
von einem Arzt geimpft worden ist und
3.
zur Zeit der Impfung in häuslicher Gemeinschaft mit einem Elternteil oder einem Sorgeberechtigten gelebt hat, der sich zur Zeit der Impfung aus beruflichen Gründen oder zur Ausbildung nicht nur vorübergehend außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes aufgehalten hat.

(3) Versorgung im Sinne des Absatzes 1 erhält auch, wer außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes einen Impfschaden erlitten hat infolge einer Pockenimpfung auf Grund des Impfgesetzes oder infolge einer Pockenimpfung, die in den in § 1 Abs. 2 Nr. 3 des Bundesvertriebenengesetzes bezeichneten Gebieten, in der Deutschen Demokratischen Republik oder in Berlin (Ost) gesetzlich vorgeschrieben oder auf Grund eines Gesetzes angeordnet worden ist oder war, soweit nicht auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften Entschädigung gewährt wird. Ansprüche nach Satz 1 kann nur geltend machen, wer

1.
als Deutscher bis zum 8. Mai 1945,
2.
als Berechtigter nach den §§ 1 bis 4 des Bundesvertriebenengesetzes oder des § 1 des Flüchtlingshilfegesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Mai 1971 (BGBl. I S. 681), das zuletzt durch Artikel 24 des Gesetzes vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1014) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung,
3.
als Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes oder
4.
im Wege der Familienzusammenführung gemäß § 94 des Bundesvertriebenengesetzes in der vor dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung
seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes genommen hat oder nimmt.

(4) Die Hinterbliebenen eines Geschädigten im Sinne der Absätze 1 bis 3 erhalten auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft erhalten Leistungen in entsprechender Anwendung der §§ 40, 40a und 41 des Bundesversorgungsgesetzes, sofern ein Partner an den Schädigungsfolgen verstorben ist und der andere unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes ausübt; dieser Anspruch ist auf die ersten drei Lebensjahre des Kindes beschränkt. Satz 2 gilt entsprechend, wenn ein Partner in der Zeit zwischen dem 1. November 1994 und dem 23. Juni 2006 an den Schädigungsfolgen verstorben ist.

(5) Als Impfschaden im Sinne des § 2 Nr. 11 gelten auch die Folgen einer gesundheitlichen Schädigung, die durch einen Unfall unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Buchstabe e oder f oder des § 8a des Bundesversorgungsgesetzes herbeigeführt worden sind. Einem Impfschaden im Sinne des Satzes 1 steht die Beschädigung eines am Körper getragenen Hilfsmittels, einer Brille, von Kontaktlinsen oder von Zahnersatz infolge eines Impfschadens im Sinne des Absatzes 1 oder eines Unfalls im Sinne des Satzes 1 gleich.

(6) Im Rahmen der Versorgung nach Absatz 1 bis 5 finden die Vorschriften des zweiten Kapitels des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch über den Schutz der Sozialdaten Anwendung.

Zur Anerkennung eines Gesundheitsschadens als Folge einer Schädigung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Wenn diese Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann mit Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde der Gesundheitsschaden als Folge einer Schädigung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 anerkannt werden. Die Zustimmung kann allgemein erteilt werden.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.