Sozialgericht München Endurteil, 06. Feb. 2018 - S 28 KA 15/17

bei uns veröffentlicht am06.02.2018

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist das Ende der hälftigen Zulassung des Klägers für einen Praxissitz in C-Stadt streitig, wo er bereits eine Zweigpraxis betreibt.

Der Kläger ist seit 1985 als Urologe zur vertragsärztlichen Versorgung in A-Stadt in der Oberpfalz mit vollem Versorgungsauftrag zugelassen. Er betreibt zwei Zweigpraxen in D-Stadt sowie in C-Stadt (Planungsbereich Landkreis E.).

Mit Beschluss vom 10.03.2013 stellte der Landesausschuss fest, dass im Planungsbereich Landkreis E. die Zulassung eines Urologen mit dem Anrechnungsfaktor 0,5 möglich sei.

Mit Beschluss des Beklagten vom 29.04.2014 (Bescheid vom 10.06.2014) wurde der Kläger für den Vertragsarztsitz C-Straße in C-Stadt mit einem hälftigen Versorgungsauftrag zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Die Zulassung erfolgte unter der Bedingung, dass der Kläger auf die Hälfte seines vollen Versorgungsauftrages am Vertragsarztsitz in A-Stadt bestandskräftig verzichtet habe. Zudem hieß es in dem Beschluss, dass die vertragsärztliche Tätigkeit ende, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten ab Unanfechtbarkeit des Bescheides aufgenommen werde, § 19 Abs. 2 Ärzte-ZV. In den Gründen führte der Beklagte aus, dass die Tatsache, dass der Kläger in A-Stadt über eine volle Zulassung verfüge, der Zulassungserteilung nicht entgegen stehe, da er im Falle eines Erfolgs seiner Bewerbung auf einen halben Versorgungsauftrag in A-Stadt verzichten werde. Der Beklage habe dies für die hälftige Zulassung zur Bedingung gemacht. Die hiergegen von dem Konkurrenten des Klägers erhobene Klage wies das Sozialgericht München mit Urteil vom 23.07.2015 ab (Az. S 43 KA 1115/14). Das Urteil wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 02.11.2015 zugestellt; Berufung wurde hiergegen nicht eingelegt.

Am 02.03.2016 (22.32 Uhr) übersandte der Kläger dem Zulassungsausschuss per Telefax die Erklärung zur Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit zum 02.03.2016 in C-Stadt. Den Verzicht auf die Hälfte seines vollen Versorgungsauftrags in A-Stadt erklärte er nicht.

Der Zulassungsausschuss Ärzte Bayern stellte mit Beschluss vom 01.06.2016 (Bescheid vom 01.06.2016) fest, dass die Zulassung des Klägers mit hälftigem Versorgungsauftrag für den Vertragsarztsitz C-Stadt, C-Straße, Planungsbereich Landkreis E. gem. § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV am 03.02.2016 wegen Nichtaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit geendet habe.

Zur Begründung führte der Zulassungsausschuss aus, dass es verschiedene Telefonate der Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses mit dem Klägerbevollmächtigten zu Beginn des Jahres gegeben habe. Der Kläger habe die Teilverzichtserklärung für eine Zulassung in A-Stadt nicht abgeben wollen und können. Eine entsprechende Verzichtserklärung sei nicht erfolgt. Spätestens am 2. Februar 2016, 24 Uhr, hätte die Aufnahmeerklärung wirksam erfolgen müssen. Einen Tag zuvor hätte die Verzichtserklärung für den hälftigen Versorgungsauftrag in A-Stadt vorliegen müssen, da ein Vertragsarzt nur insgesamt einen vollen Versorgungsauftrag in seiner Person ausüben könne. Die Verzichtserklärung sei nicht erfolgt, ebenso wenig eine Aufnahmeerklärung abgegeben.

Der Klägerbevollmächtigte legte mit Schreiben vom 19.07.2016 Widerspruch ein. Der Kläger habe innerhalb der Dreimonatsfrist seine Tätigkeit in C-Stadt aufgenommen.

Der Beklagte wies den Widerspruch gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses Ärzte Oberbayern vom 01.06.2016 mit Beschluss vom 17.11.2016 (Bescheid vom 12.12.2016) zurück. Die hälftige Zulassung in C-Stadt habe geendet, weil sie nicht innerhalb von drei Monaten ab Unanfechtbarkeit des Urteils des Sozialgerichts München vom 23.07.2015 wirksam aufgenommen worden sei. Der Kläger hätte - kumulativ - spätestens am 02.03.2016 seine Tätigkeit in C-Stadt aufnehmen und zugleich auf die hälftige Zulassung in A-Stadt verzichten müssen. Denn aus rechtlichen Gründen sei es nicht möglich, dass der Kläger eine vertragsärztliche Zulassung über eine volle Zulassung = 1,0 hinaus rechtlich innehalten könne. Der Bescheid vom 29.04.2014 stelle die hälftige Zulassung für C-Stadt völlig eindeutig unter die aufschiebende Bedingung des hälftigen Verzichts auf die Zulassung in A-Stadt. Es könne dahinstehen, ob die Aufnahme-Erklärung in den späten Abendstunden des 02.03.2016 beim Zulassungsausschuss eingegangen sei. Eine Aufnahme spätestens am 02.03.2016 in C-Stadt setze auch den Verzicht auf die halbe Zulassung in A-Stadt spätestens am 02.03.2016 voraus. Zu diesem Verzicht sei es nicht gekommen.

Der Kläger hat am 13.01.2017 Klage zum Sozialgericht München erhoben. Er ist u.a. der Auffassung, dass die Rechtsprechung des BSG, ein Vertragsarzt könne neben einem vollen Versorgungsauftrag keinen weiteren Versorgungsauftrag innehaben, nicht mit Art. 12 Abs. 1 GG sowie Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist. Er verweist hierzu auf ein ausführliches verfassungsrechtliches Gutachten.

Der Kläger beantragt,

  • 1.den Bescheid des Beklagten vom 12.12.2016 aufzuheben, insoweit als der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen worden ist,

  • 2.festzustellen, dass dem Vollzug des Bescheides vom 12.12.2016, soweit darin das Ende der Zulassung des Klägers mit hälftigem Versorgungsauftrag in C-Stadt zum 03.03.2016 festgestellt wurde, die aufschiebende Wirkung des Rechtsstreits entgegensteht.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte vertritt die Auffassung, dass ein Vertragsarzt nur maximal eine Zulassung haben könne. Eine umfassendere Statuszuweisung könne es, auch vorübergehend, nicht geben.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten und des Zulassungsausschusses Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 12.12.2016 (Beschluss vom 17.11.2016) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die hälftige Zulassung des Klägers in C-Stadt hat am 03.03.2016 geendet. Auch der Feststellungsantrag ist unbegründet.

Der Beklagte hat den Kläger mit - bestandskräftigem - Bescheid vom 10.06.2014 (Beschluss vom 29.04.2014) unter der Bedingung, dass er auf die Hälfte seines vollen Versorgungsauftrages am Vertragsarztsitz Aa-Straße, A-Stadt bestandskräftig verzichtet hat, für den Vertragsarztsitz C-Straße, C-Stadt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

Es handelt sich um eine aufschiebende Bedingung im Sinne des § 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X mit der Folge, dass der Hauptverwaltungsakt zwar wirksam wird, dass die bedingte Rechtswirkung jedoch bis zum Eintritt der Bedingung in der Schwebe gehalten wird (BSG, Urteil vom 05.02.2003, Az. B 6 KA 22/02 R, Rn. 23 m.w.N.).

Der Kläger hat bis zum heutigen Tage nicht den Verzicht auf die Hälfte seines vollen Versorgungsauftrages am Vertragsarztsitz Aa-Straße, A-Stadt erklärt.

Er hat daher die Bedingung nicht erfüllt. Somit ist die Zulassung nicht wirksam geworden (vgl. BSG, ebenda, Rn. 21).

Die Zulassungsgremien sind infolgedessen berechtigt gewesen, das Ende seiner Zulassung festzustellen (BSG, ebenda, Rn. 25).

Zutreffend hat der Beklagte auch das Ende der streitgegenständlichen Zulassung zum 03.03.2016 festgestellt. Der Bescheid des Beklagten vom 10.06.2014 (Beschluss vom 29.04.2014) war nach Zustellung des Urteils des Sozialgerichts München vom 23.07.2015, Az. S 43 KA 1115/14, an den Klägerbevollmächtigten am 02.11.2015 nach Ablauf der Berufungsfrist am 02.12.2015, 24 Uhr bestandskräftig geworden. Die Dreimonatsfrist entsprechend der Nebenbestimmung des Bescheids vom 10.06.2014 (Beschluss vom 29.04.2014), wonach die vertragsärztliche Tätigkeit endete, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten ab Unanfechtbarkeit des Bescheides aufgenommen werde, lief demnach bis zum 02.03.2016, 24 Uhr.

Zwar übersandte der Kläger noch am 02.03.2016 dem Zulassungsausschuss per Telefax die Erklärung zur Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit zum 02.03.2016 in C-Stadt. Da er jedoch nicht zugleich den Verzicht auf die Hälfte seines vollen Versorgungsauftrages am Vertragsarztsitz Aa-Straße, A-Stadt erklärt hatte, hatte er nicht wirksam und fristgemäß seine Tätigkeit als Vertragsarzt in C-Stadt begonnen.

Die hälftige Zulassung des Klägers zur vertragsärztlichen Versorgung in C-Stadt hat daher am 03.03.2016 geendet.

Auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Begrenzung des Versorgungsauftrages von Kassenärzten auf einen Faktor von 1,0, zu der der Kläger ein ausführliches Gutachten vorgelegt hat, kommt es vorliegend nicht an. Denn Grund für die vom Beklagten zutreffend festgestellte Beendigung der hälftigen Zulassung des Klägers in C-Stadt am 03.03.2016 ist, dass der Kläger nicht entsprechend den - unangefochtenen - Nebenbestimmungen des Bescheids des Beklagten vom 10.06.2014 (Beschluss vom 29.04.2014) bis spätestens 02.03.2016, 24 Uhr seinen Verzicht auf die Hälfte seines vollen A-Städter Versorgungsauftrages erklärt und zugleich seine vertragsärztliche Tätigkeit in C-Stadt aufgenommen hatte.

Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit dieser Nebenbestimmungen bestehen nicht. Angesichts der nachvollziehbaren Rechtsprechung des BSG zur Beschränkung der vertragsärztlichen Tätigkeit auf einen vollen Versorgungsauftrag (BSG, Urteil vom 28.09.2016, Az. B 6 KA 32/15 R, Rn. 32) liegt ein offensichtlicher, besonders schwerwiegender Fehler im Sinne des § 40 Abs. 1 SGB X nicht vor. Ebenso wenig kommt es aufgrund § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG auf die Nichtigerklärung des § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV durch das BVerfG an (Beschluss vom 26.09.2016, Az. 1 BvR 1326/15).

Auch der in der mündlichen Verhandlung erstmalig gestellte Antrag des Klägers, feststellenzulassen, dass dem Vollzug des Bescheides vom 12.12.2016, soweit darin das Ende der Zulassung des Klägers mit hälftigem Versorgungsauftrag in C-Stadt zum 03.03.2016 festgestellt wurde, die aufschiebende Wirkung des Rechtsstreits entgegensteht, ist unbegründet.

Für diesen Erweiterungsantrag im Sinne des § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG nimmt das Gericht zu Gunsten des Klägers ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 55 Abs. 1 SGG wegen des behaupteten Leistungsvolumens in der (Filial-)Praxis in C-Stadt an.

Eine zu Gunsten des Klägers eingetretene aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs bzw. seiner Klage gegen das festgestellte Ende seiner Zulassung in C-Stadt besteht jedoch nicht. Bei der streitgegenständlichen Feststellung des Beklagten handelt es sich lediglich um eine deklaratorische Entscheidung über das Ende der hälftigen Zulassung des Klägers (BSG, ebenda, Rn. 25). Der Adressat eines begünstigenden Verwaltungsaktes, der von der ihm verliehenen Befugnis vor Eintritt der aufschiebenden Bedingung Gebrauch macht, handelt ohne Erlaubnis (BSG, ebenda, Rn. 23 m.w.N.). Hieran kann die aufschiebende Wirkung eines Rechtsmittels nichts ändern.

Die Kostenentscheidung basiert auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.

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Sozialgericht München Endurteil, 06. Feb. 2018 - S 28 KA 15/17 zitiert 10 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 99


(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. (2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änd

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 55


(1) Mit der Klage kann begehrt werden 1. die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,2. die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,3. die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörun

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(1) Gegen ein rechtskräftiges Strafurteil, das auf einer mit dem Grundgesetz für unvereinbar oder nach § 78 für nichtig erklärten Norm oder auf der Auslegung einer Norm beruht, die vom Bundesverfassungsgericht für unvereinbar mit dem Grundgesetz erkl

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 40 Nichtigkeit des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. (2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen d

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 32 Nebenbestimmungen zum Verwaltungsakt


(1) Ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, darf mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfü

Zulassungsverordnung für Vertragsärzte - ZO-Ärzte | § 19


(1) Über den Antrag befindet der Zulassungsausschuß durch Beschluß. Wegen Zulassungsbeschränkungen kann ein Antrag nur dann abgelehnt werden, wenn diese bereits bei Antragstellung angeordnet waren. (2) Wird der Arzt zugelassen, so ist in dem Beschlu

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Bundessozialgericht Urteil, 28. Sept. 2016 - B 6 KA 32/15 R

bei uns veröffentlicht am 28.09.2016

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 16. Juni 2015 wird zurückgewiesen.
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Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 10. Okt. 2018 - L 12 KA 10/18

bei uns veröffentlicht am 10.10.2018

Tenor I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 6. Februar 2018 wird zurückgewiesen. II. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der

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(1) Über den Antrag befindet der Zulassungsausschuß durch Beschluß. Wegen Zulassungsbeschränkungen kann ein Antrag nur dann abgelehnt werden, wenn diese bereits bei Antragstellung angeordnet waren.

(2) Wird der Arzt zugelassen, so ist in dem Beschluß der Zeitpunkt festzusetzen, bis zu dem die vertragsärztliche Tätigkeit aufzunehmen ist. Liegen wichtige Gründe vor, so kann der Zulassungsausschuß auf Antrag des Arztes nachträglich einen späteren Zeitpunkt festsetzen.

(3) (weggefallen)

(4) In einem Planungsbereich ohne Zulassungsbeschränkungen mit einem allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad ab 100 Prozent kann der Zulassungsausschuss die Zulassung befristen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, darf mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden.

(2) Unbeschadet des Absatzes 1 darf ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen erlassen werden mit

1.
einer Bestimmung, nach der eine Vergünstigung oder Belastung zu einem bestimmten Zeitpunkt beginnt, endet oder für einen bestimmten Zeitraum gilt (Befristung),
2.
einer Bestimmung, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung oder einer Belastung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt (Bedingung),
3.
einem Vorbehalt des Widerrufs
oder verbunden werden mit
4.
einer Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (Auflage),
5.
einem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage.

(3) Eine Nebenbestimmung darf dem Zweck des Verwaltungsaktes nicht zuwiderlaufen.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 16. Juni 2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Ausschreibung eines Vertragsarztsitzes.

2

Der 1942 geborene Kläger wurde 1978 im Bezirk der zu 6. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) als Arzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen, 1996 zusätzlich als Arzt für Anästhesiologie. Mit Wirkung vom 3.1.2010 verzichtete er auf seine Zulassung als Facharzt für Gynäkologie zugunsten des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) "R.". Dieses MVZ wurde mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 28.1.2010 (aus der Sitzung vom 2.12.2009) mit Wirkung ab 3.1.2010 zugelassen; zugleich wurde ihm die Genehmigung erteilt, den Kläger als ganztags angestellten Facharzt anzustellen (gemäß § 6 des Dienstvertrages war eine Tätigkeit im Umfang von mindestens 31 Stunden und ab 1.1.2011 von 20 Stunden wöchentlich vereinbart und ein Ausscheiden des Klägers nach vier Jahren vorgesehen).

3

Am 28.4.2010 beantragte der Kläger bei der beklagten KÄV die Ausschreibung seines Vertragsarztsitzes für Anästhesiologie als volle Arztstelle. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30.6.2010 und mit der Begründung ab, mit seinem Verzicht vom 3.1.2010 habe seine Zulassung geendet. Er sei in der Bedarfsplanung für jedes der beiden Fachgebiete mit dem Faktor 0,5 geführt worden. Vertragsärzte mit zwei Zulassungen müssten sich für die Ausschreibung eines Fachgebiets entscheiden; allenfalls seien zwei hälftige Ausschreibungen möglich.

4

Gegen die zwischenzeitlich ergangenen Feststellungen der Zulassungsgremien, dass die Zulassung des Klägers auch als Facharzt für Anästhesiologie durch den Verzicht zugunsten einer Anstellung im MVZ beendet worden sei (Bescheid Zulassungsausschuss vom 1.2.2011 aus der Sitzung vom 24.11.2010; Bescheid des Berufungsausschusses vom 28.6.2011 aus der Sitzung vom 21.4.2011) hat der Kläger erfolglos Klage erhoben (Gerichtsbescheid des SG vom 21.8.2013); auch die Berufung ist erfolglos geblieben (Urteil des LSG vom 16.6.2015). Dies ist

5

Gegenstand des unter dem Aktenzeichen B 6 KA 1/16 R geführten Revisionsverfahrens (siehe hierzu das Urteil des Senats vom 28.9.2016).

6

Der gegen die Ablehnung der Ausschreibung erhobene Widerspruch des Klägers ist ebenso ohne Erfolg geblieben wie die nachfolgende Klage (Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 28.9.2010, Gerichtsbescheid des SG vom 21.8.2013). Das LSG hat auch die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 16.6.2015). Zur Begründung hat es ausgeführt, nach Wortlaut, Sinn und Zweck des § 103 Abs 4 Satz 1 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung sei Voraussetzung für die Ausschreibung, dass der Vertragsarzt einen Vertragsarztsitz innehabe, auf den er verzichte. Erfolge der Verzicht zu dem Zweck, dass der Vertragsarzt in einem MVZ tätig werden wolle, sei gemäß § 103 Abs 4a Satz 1 Halbsatz 2 SGB V eine Fortführung der Praxis bzw eine Ausschreibung nicht möglich. Aufgrund des vom Kläger erklärten Verzichts fehle es an einem Substrat als Grundlage für die Ausschreibung eines Vertragsarztsitzes. Rechtlich unerheblich sei, dass sich der Verzicht nicht auf seine Zulassung als Anästhesiologe bezogen habe. Er sei nicht mit zwei Vertragsarztsitzen zugelassen gewesen und habe nicht zwei volle Versorgungsaufträge erhalten. Der Kläger habe seine Zulassung bzw einen vollen Versorgungsauftrag ohne die jeweils hälftige Begrenzung für die beiden Facharztgebiete erhalten, die bei Erteilung der Zulassungen rechtlich noch nicht möglich gewesen sei.

7

Ein Arzt habe - vorbehaltlich der Regelungen des § 95 Abs 3 Satz 1 SGB V bei einer hälftigen Zulassung - nur einen Vertragsarztsitz und einen Versorgungsauftrag; kein Arzt könne zwei Zulassungen mit einem vollen Versorgungsauftrag erhalten. Die doppelte Zulassung eines Arztes für mehrere Fachgebiete bewirke folglich nicht, dass der Arzt damit einen zweiten Vertragsarztsitz und einen zweiten Versorgungsauftrag erhalte, sondern lediglich, dass er berechtigt sei, auch Leistungen des anderen - zweiten - Fachgebiets abzurechnen. Die weitere Zulassung bewirke daher keine quantitative Ausweitung der Tätigkeit, sondern lediglich eine qualitative Ausweitung der Abrechnungsbefugnis.

8

Der Kläger habe eindeutig auf seine Zulassung verzichtet; unerheblich sei, dass er seine Erklärung auf die Eigenschaft als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe beschränkt habe. Die Voraussetzungen einer Anfechtung dieser Erklärung nach §§ 119, 120 BGB lägen nicht vor. Schließlich habe der Kläger weder eine Erklärung nach § 19a Abs 2 Satz 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) abgegeben noch läge eine daraus folgende Beschränkung auf zwei hälftige Versorgungsaufträge in seinem Sinne, weil er dann jeweils lediglich einen halben Vertragsarztsitz hätte in das MVZ einbringen und ausschreiben lassen können.

9

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Die Zulassung konkretisiere als Statusregelung die Berufsfreiheit nach Art 12 Abs 1 GG. Daher müsse einer zweiten Zulassung mehr an statusbegründender Wirkung zukommen als die Befugnis, auch Leistungen des zweiten Fachgebiets abrechnen zu können; andernfalls hätte sie keine statusbegründende Wirkung. Die enge Verknüpfung von Zulassung und Vertragsarztsitz besage nichts für die Frage, welchen statusrechtlichen Inhalt eine weitere Zulassung habe. Wenn eine Zulassung entfalle, könne in Bezug auf eine weitere Zulassung kein "Nichts" verbleiben, weil nach dem Gesetz jede Zulassung eigenständig den vollen Status für sich selbst, also gleichsam "ideell", vermittele.

10

Beide Zulassungen seien untrennbar mit dem Vertragsarztsitz verbunden, deshalb wohne jeder einzelnen Zulassung auch der volle Versorgungsauftrag auf diesem Gebiet inne. Das Gesetz unterscheide nicht zwischen einer ersten Zulassung, die statusbegründende Wirkung habe und einer zweiten, die nur noch einen Ausschnitt aus der statusbegründenden Wirkung hinzufüge bzw den Rahmen quantitativ erweitere. Die Statusfrage regele stets das "Ob", nicht das "Wie". Dass der Zulassungsinhaber an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen dürfe, werde mit jeder Zulassung neu geregelt. Andernfalls könnte der Arzt nicht auf die erste Zulassung verzichten, weil ihm die verbleibende zweite Zulassung nur ein Mehr an Abrechnungsbefugnis einräumte, die aber ohne die mit der ersten Zulassung erteilten öffentlich-rechtlichen Berechtigung bedeutungslos wäre.

11

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 16.6.2015, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kiel vom 21.8.2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30.6.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.9.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, seine Arztstelle als Facharzt für Anästhesiologie auszuschreiben.

12

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

13

Ein für mehrere Fachgebiete zugelassener Vertragsarzt dürfe in diesen Fachgebieten seine vertragsärztliche Tätigkeit ausüben und abrechnen; es bestehe aber insgesamt nur ein Versorgungsauftrag. Die sich aus § 95 Abs 3 Satz 1 SGB V ergebende Berechtigung und Verpflichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung sei im Zusammenhang mit § 20 Abs 1 Ärzte-ZV zu betrachten. Die dort bestimmte fehlende Eignung für den Fall, dass der Arzt wegen eines Beschäftigungsverhältnisses ua nicht im erforderlichen Maß für die Versorgung zur Verfügung stehe, verdeutliche, dass ein Arzt jeweils nur eine Vollzulassung erhalten könne. Eine Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Aufteilung in zwei volle Versorgungsaufträge und je einen Vertragsarztsitz sei nicht ersichtlich. Nach dem Verzicht zugunsten der Anstellung im MVZ verbleibe kein ausschreibungsfähiger Vertragsarztsitz mehr.

14

Die Beigeladenen haben weder Anträge gestellt noch sich sonst geäußert.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben zu Recht die Entscheidung der Beklagten, die Ausschreibung eines Vertragsarztsitzes abzulehnen, als rechtmäßig beurteilt. Durch den vom Kläger erklärten Verzicht auf seine Zulassung als Frauenarzt zugunsten einer Anstellung im MVZ ist auch seine Zulassung als Facharzt für Anästhesiologie - und damit seine Zulassung als Vertragsarzt insgesamt - beendet worden. Folglich kann die KÄV nicht verpflichtet werden, einen Vertragsarztsitz des Klägers auszuschreiben, weil ein solcher nicht mehr besteht.

16

1. Nach § 103 Abs 4 Satz 1 SGB V(in der im Jahre 2010 maßgeblichen Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21.12.1992) hatte die KÄV auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben "diesen Vertragsarztsitz" in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben, wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Erreichen der Altersgrenze, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger fortgeführt werden soll. Nach neuem Recht ist zudem erforderlich, dass der Zulassungsausschuss einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen hat (§ 103 Abs 4 Satz 1 iVm Abs 3a SGB V nF).

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Voraussetzung für eine Ausschreibung ist somit kumulativ die Beendigung der Zulassung als Vertragsarzt in einem zulassungsbeschränkten Planungsbereich sowie die beabsichtigte Fortführung der Praxis durch einen Nachfolger. Unabhängig davon setzt eine Ausschreibung eines Vertragsarztsitzes voraus, dass ein solcher (noch) besteht. Dabei ist der Begriff "Vertragsarztsitz" iS des § 103 Abs 4 Satz 1 SGB V nicht allein im "örtlichen" Sinne, also als "Ort der Niederlassung als Arzt"(siehe § 95 Abs 1 Satz 5 SGB V)zu verstehen. Da die Ausschreibung (allein) zum Zwecke der Nachbesetzung des "Vertragsarztsitzes" erfolgt, kommt sie nur in Betracht, wenn überhaupt eine Nachbesetzung möglich ist. Eine Nachbesetzung ginge jedoch ins Leere, wenn es an einer mit einem Versorgungsauftrag unterlegten Zulassung mangelt, weil erst eine solche eine Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermöglichte. Ein Arzt, der nicht mehr zugelassen ist, kann keinen Vertragsarztsitz zur Nachbesetzung ausschreiben lassen.

18

Vorliegend fehlt es an einer Zulassung des Klägers (siehe hierzu auch das Senatsurteil vom 28.9.2016, B 6 KA 1/16 R), sodass die Ausschreibung eines Vertragsarztsitzes schon aus diesem Grund nicht in Betracht kam. Daher kann offenbleiben, ob es damit gleichzeitig an einer fortführungsfähigen Praxis im Sinne der Rechtsprechung des Senats (BSGE 85, 1, 5 und 7 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 31 f und 34; BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 19; BSGE 110, 43 = SozR 4-2500 § 103 Nr 9, RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 30; BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 33; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 16 RdNr 50)fehlt.

19

2. Nach § 95 Abs 7 Satz 1 SGB V endet die Zulassung ua mit dem Wirksamwerden eines Verzichts. Ein Verzicht kann jederzeit vom Vertragsarzt erklärt werden und stellt eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung iS des § 130 Abs 1 Satz 1 BGB dar(Meschke in Bäune/Meschke/Rothfuß, Ärzte-ZV, Kommentar 2008, § 28 RdNr 4), die rechtsgestaltende Wirkung hat (BSGE 110, 43 = SozR 4-2500 § 103 Nr 9, RdNr 14; zum Wirksamwerden des Verzichts siehe § 28 Ärzte-ZV).

20

Das Zulassungsende tritt als gesetzliche Rechtsfolge ein (ganz hM, vgl BVerfG Beschluss vom 26.9.2016, 1 BvR 1326/15 RdNr 33 - Juris, mwN; Pawlita in jurisPK-SGB V, § 95 RdNr 555; Hannes in Hauck/Noftz, SGB V, § 95 RdNr 207). Eines konstitutiven Verwaltungsaktes bedarf es daher nicht (Pawlita aaO). Der Senat billigt jedoch in ständiger Rechtsprechung den Zulassungsgremien das Recht zu, deklaratorische Entscheidungen über das Ende der Zulassung zu treffen, um Rechtssicherheit herzustellen und für alle an der vertragsärztlichen Versorgung Beteiligten Klarheit darüber zu schaffen, ob ein Arzt (noch) berechtigt ist, vertragsärztlich tätig zu werden (BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 2 RdNr 12; speziell zum Zulassungsverzicht BSGE 78, 175, 183 = SozR 3-5407 Art 33 § 3a Nr 1 S 10).

21

3. Der vom Kläger im Jahr 2010 erklärte Verzicht auf seine Zulassung als Frauenarzt hat seine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung (§ 95 Abs 1 Satz 1, Abs 3 Satz 1 SGB V) insgesamt beendet, weil der Verzicht zugunsten einer Tätigkeit des Klägers als angestellter Arzt im MVZ im Umfang einer vollen Stelle (vgl hierzu § 51 Abs 1 Satz 1, 4 und § 58 Abs 2 Satz 1, 4 Bedarfsplanungs-Richtlinie)erfolgte und damit kein Versorgungsauftrag verblieben ist, der im Rahmen einer Zulassung als Arzt für Anästhesiologie noch erfüllt werden könnte. Ein für zwei Fachgebiete zugelassener Arzt kann seinen Zulassungsverzicht nicht so gestalten, dass er zugunsten einer vollzeitigen Angestelltentätigkeit auf die Zulassung für ein Fachgebiet verzichtet und dennoch weiterhin in dem anderen Fachgebiet zugelassen bleibt, mit der vom Kläger gewünschten Folge, dass auch der Sitz in dem vom ursprünglichen Verzicht nicht erfassten Fachgebiet nach einem Verzicht noch nachbesetzt werden könnte. Eine solche doppelte Verwertung des Sitzes eines für zwei Fachgebiete zugelassenen Arztes lässt das Gesetz nicht zu.

22

a. Der Kläger hat in seinem Formular-Schreiben vom 3.11.2009 gegenüber dem Zulassungsausschuss angegeben, er verzichte zugunsten einer Anstellung am MVZ R. auf seine Zulassung "als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe". Erklärt ein Vertragsarzt, der über eine Zulassung für zwei Fachgebiete verfügt, er verzichte auf die Zulassung für eines dieser Fachgebiete, um sodann eine vollzeitige Tätigkeit als angestellter Arzt in einem MVZ aufzunehmen, kommt es in Bezug auf die rechtlichen (Aus-)Wirkungen dieser Erklärung nicht allein auf die mit der Erklärung verfolgte Intention an, sondern es ist gleichermaßen in den Blick zu nehmen, über welche rechtlich zulässigen Gestaltungsoptionen der Arzt angesichts seines zugunsten des MVZs ausgesprochenen Verzichts überhaupt verfügt hat.

23

In Bezug auf den von ihm im Jahr 2010 erklärten Verzicht beschränkten sich die zulässigen Gestaltungsoptionen des Klägers auf drei Möglichkeiten: Neben einem vollständigen Verzicht auf seine Zulassung als Vertragsarzt insgesamt hätte er gemäß § 19a Abs 2 Ärzte-ZV den Verzicht vom Umfang her auf einen hälftigen Versorgungsauftrag beschränken können (aa.); zudem konnte er aufgrund des Umstands, dass er für zwei Fachgebiete zugelassen war, seine vertragsärztliche Tätigkeit - im Sinne einer "verzichtsähnlichen Erklärung" - auf ein Fachgebiet beschränken, diese jedoch als Vollzeittätigkeit beibehalten (bb.).

24

aa. Der Gesetzgeber hat durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz ( vom 22.12.2006, BGBl I 3439, 3441) ua § 95 Abs 3 Satz 1 SGB V mit Wirkung zum 1.1.2007 dahingehend geändert, dass die Zulassung bewirkt, dass der Vertrags(zahn)arzt zur Teilnahme an der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden zeitlich vollen oder hälftigen Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet ist. Nach § 98 Abs 2 Nr 10 SGB V iVm § 19a Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV ist der Vertragsarzt berechtigt, durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Zulassungsausschuss seinen Versorgungsauftrag auf die Hälfte des (grundsätzlich vollzeitigen) Versorgungsauftrags zu beschränken. Die Beschränkung des Versorgungsauftrags ist entweder bereits im Beschluss über die Zulassung nach § 19 Abs 1 Ärzte-ZV oder durch gesonderten Beschluss festzustellen(§ 19a Abs 2 Satz 2 Ärzte-ZV). Auch wenn nach dem Wortlaut nur eine Beschränkung des "Versorgungsauftrags" erfolgt, erfasst diese Regelung gleichermaßen die Zulassung: Eine Zulassung mit hälftigem Versorgungsauftrag steht einer "hälftigen" Zulassung gleich (vgl BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 29 RdNr 20). Eine nachträgliche Beschränkung des Versorgungsauftrags beinhaltet entsprechend einen hälftigen Zulassungsverzicht.

25

bb. Eine weitere - vom Regelfall abweichende - Gestaltungsoption ergab sich für den Kläger daraus, dass er für zwei Fachgebiete zugelassen ist.

26

(1) Nach dem Zulassungsrecht ist es Ärzten gestattet, die Zulassung für mehrere Fachgebiete zu erlangen (BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 25 RdNr 26). Im Falle einer Zulassung für mehrere Fachgebiete kommt jedem der einzelnen Tätigkeitsfelder eigenständige Bedeutung zu (BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 25 RdNr 28). Entsprechend muss es einem Arzt, der in mehreren Fachgebieten die Zulassung erlangt hat, auch möglich sein, in allen diesen Fachgebieten seine vertragsärztliche Tätigkeit auszuüben (BSG aaO RdNr 26; ebenso schon BSG SozR 3-2500 § 95 Nr 22 S 94; vgl auch BSG Urteil vom 4.5.2016, B 6 KA 16/15 R, RdNr 34 f, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) und bei seiner Abrechnung die Leistungstatbestände jedes einzelnen dieser Fachgebiete in Ansatz zu bringen (BSG aaO RdNr 28). Der Facharzt mit einer Zulassung für zwei Fachgebiete ist nicht durch berufsrechtliche oder zulassungsrechtliche Vorgaben auf eine bestimmte, typische Ausgestaltung seiner Praxis festgelegt (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 20 S 104). Es ist Teil seiner durch Art 12 Abs 1 GG geschützten Berufsausübungsfreiheit, seine Tätigkeit schwerpunktmäßig auf ein Fachgebiet auszurichten und im anderen Fachgebiet nur gelegentlich tätig zu werden (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 20 S 105; ebenso nachfolgend BSG SozR 3-2500 § 95 Nr 22 S 96). Ihm steht es nach Maßgabe des landesrechtlichen Berufs- und Weiterbildungsrechts grundsätzlich frei, in welchem Umfang er auf den beiden Fachgebieten tätig werden will (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 20 S 104 f; BSG SozR 3-2500 § 95 Nr 22 S 96).

27

(2) Entgegen der Auffassung des Klägers führt der Umstand, dass ihm 1996 auch eine Zulassung für das Fachgebiet der Anästhesiologie erteilt wurde, nicht dazu, dass der aus einer Zulassung resultierende Status und die sich aus diesem ergebenden Rechtsfolgen - die Verpflichtung und Berechtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang eines vollen Versorgungsauftrags - erneut und eigenständig begründet wurden. Denn der Kläger verfügte bereits über einen uneingeschränkten Status als Vertragsarzt, der ihn berechtigte, in "Vollzeit", also im Umfang eines vollen Versorgungsauftrags an der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen. Diese - "quantitativ" nicht begrenzte - Berechtigung war lediglich - "qualitativ" - durch die Grenzen des Fachgebiets eingeschränkt.

28

Dementsprechend verändert die Erstreckung der Zulassung auf ein weiteres Fachgebiet allein den Inhalt der Zulassung in qualitativer Hinsicht, indem sie die Leistungserbringungsmöglichkeiten des Vertragsarztes erweitert (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 20 S 105; BSG SozR 3-2500 § 95 Nr 22 S 96). Sie führt hingegen nicht dazu, dass der Vertragsarzt über Zulassungen für zwei Fachgebiete verfügt; vielmehr wird ihm nur eine Zulassung erteilt, die sich auf zwei Fachgebiete bezieht. Dabei ist es rechtlich ohne Bedeutung, dass dem Kläger die auf zwei Fachgebiete bezogene Zulassung nicht in einem Akt erteilt wurde, sondern die bereits bestehende Zulassung als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe 1996 auf ein weiteres Fachgebiet - das der Anästhesiologie - erstreckt wurde. Einem Vertragsarzt ist auch bei einer erlaubten Tätigkeit in zwei Fachgebieten stets insgesamt nur eine Zulassung zugeordnet.

29

(a) Die Zulassung nach § 95 Abs 1 Satz 1 SGB V ist die rechtliche Grundlage für eine Teilnahme des Arztes an der vertragsärztlichen Versorgung. Gemäß § 95 Abs 3 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V bewirkt sie, dass der Vertragsarzt "zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung … berechtigt und verpflichtet ist." Sie begründet damit den rechtlichen Status des Vertragsarztes (stRspr, vgl BSGE 83, 135, 137 = SozR 3-2500 § 95 Nr 18 S 65; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 14 RdNr 14; siehe auch BSGE 110, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 24, RdNr 36).

30

Die Zulassung beinhaltet die Zuerkennung einer öffentlich-rechtlichen Berechtigung durch Stellen staatlicher Verwaltung (BSGE 86, 121, 123 = SozR 3-5520 § 24 Nr 4 S 16; BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 29 RdNr 34). Mit ihr wird dem Berechtigten die Befugnis übertragen, im System der gesetzlichen Krankenversicherung die Versicherten gesetzlicher Krankenkassen mit Wirkung für diese zu behandeln (BSG aaO). Die Zulassung ist untrennbar mit der Person des Berechtigten verbunden (BSGE 86, 121, 123 = SozR 3-5520 § 24 Nr 4 S 16) und stellt damit eine höchstpersönliche Rechtsposition des Vertragsarztes dar (BVerfG Beschluss vom 22.3.2013, 1 BvR 791/12, Juris RdNr 10 = BVerfGK 20, 270; BSGE 110, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 24, RdNr 21; BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 29 RdNr 34).

31

Von Sonderfällen - wie den zwei hälftigen Zulassungen sowie der Doppelzulassung als Zahnarzt und als Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (siehe hierzu BSGE 85, 145 = SozR 3-5525 § 20 Nr 1) -abgesehen gibt es im Rechtssinne nur "die Zulassung", nicht hingegen eine Mehrzahl derselben. Soweit der Senat in seinem Urteil vom 11.2.2015 (BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 29 - zur zweiten Teilzulassung) ausgeführt hat, dass die Begriffe "Zulassung" sowie "Vertragsarztsitz" nicht in dem Sinne zu verstehen seien, dass sie nur einmal einer Person (bzw einer Kooperation) zugeordnet werden können (aaO RdNr 34), betrafen diese Ausführungen allein den (Ausnahme-)Fall, dass ein Vertrags(zahn)arzt nach dem ab dem 1.1.2007 geltenden Recht anstelle einer vollen Zulassung über zwei hälftige Zulassungen verfügt. Diese begründen jeweils einen eigenständigen, gesonderten Status, der vom jeweils anderen unabhängig ist.

32

(b) Das Ergebnis, dass es - von den angesprochenen Ausnahmekonstellationen abgesehen - nur eine Zulassung im Rechtssinne gibt, folgt nicht allein aus dem höchstpersönlichen Charakter der Zulassung, sondern auch aus dem Umstand, dass mit der Zulassung ein Versorgungsauftrag verbunden ist und kein Vertragsarzt mehr als einen Versorgungsauftrag ausüben kann.

33

Der Versorgungsauftrag bestimmt den Umfang der Teilnahmeverpflichtung und -berechtigung: Nach § 95 Abs 3 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V wird der Vertragsarzt "im Umfang seines aus der Zulassung folgenden zeitlich vollen oder hälftigen Versorgungsauftrags" berechtigt und verpflichtet. Zulassung und Versorgungsauftrag sind - nicht anders als Zulassung und Vertragsarztsitz (stRspr, BSGE 86, 121, 124 = SozR 3-5520 § 24 Nr 4 S 18; BSGE 119, 79 = SozR 4-5520 § 19 Nr 3, RdNr 34)- untrennbar miteinander verbunden. Es gibt keine Zulassung ohne Versorgungsauftrag und umgekehrt keinen Versorgungsauftrag ohne Zulassung. Der Versorgungsauftrag "folgt" aus der Zulassung (so ausdrücklich § 95 Abs 3 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V: "seines aus der Zulassung folgenden … Versorgungsauftrags"; siehe auch § 98 Abs 2 Nr 10 SGB V: "nähere Bestimmung des zeitlichen Umfangs des Versorgungsauftrags aus der Zulassung"). Die aus Sicht des Klägers verbliebene "zweite Zulassung" würde ohne (verbliebenen) Versorgungsauftrag rechtlich eine "leere Hülle" darstellen und nicht (mehr) zur Teilnahme an der Versorgung berechtigen oder verpflichten, weil diese Wirkungen nur "im Umfang eines … Versorgungsauftrags" bestehen könnte.

34

Die Zulassung umfasst auch bei einer zugelassenen Tätigkeit in zwei Fachgebieten stets insgesamt nur einen vollen Versorgungsauftrag - ggf auch in Form zweier hälftiger Versorgungsaufträge (BSG Beschluss vom 9.2.2011, B 6 KA 44/10 B, RdNr 10 - Juris; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 25 RdNr 23; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 29 RdNr 38 sowie BSG Urteile vom 16.12.2015, B 6 KA 19/15 R, RdNr 35 - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-5520 § 20 Nr 4 vorgesehen - und B 6 KA 5/15 R = MedR 2016, 823 ff); dies entspricht der Systematik des Zulassungsrechts (BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 25 RdNr 23). Dieser aus dem SGB V und der Ärzte-ZV abgeleitete Grundsatz liegt dem Ordnungssystem des Vertragsarztrechts mit der Bedarfsplanung und der Honorarverteilung als wesentlichen Elementen zugrunde (BSG Beschluss vom 9.2.2011 aaO RdNr 18). Der Annahme, dass ein für mehrere Fachgebiete zugelassener Arzt über mehr als einen Versorgungsauftrag verfügt, stehen außer der bereits umfassenden Inpflichtnahme durch einen vollen Versorgungsauftrag insbesondere Gesichtspunkte der Bedarfsplanung und der vertragsärztlichen Honorarverteilung entgegen (vgl BSG Beschluss vom 3.12.2010, B 6 KA 39/10 B, RdNr 4; siehe auch BSG Beschluss vom 9.2.2011, B 6 KA 44/10 B, RdNr 14 - Juris). Die darin liegende Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit steht mit Art 12 Abs 1 GG im Einklang. An diesem Grundsatz hat sich auch durch die Flexibilisierungsoptionen des VÄndG nichts geändert (so ausdrücklich BSG Beschluss vom 9.2.2011, B 6 KA 44/10 B, RdNr 11 - Juris).

35

Dem tragen die Regelungen des Bedarfsplanungsrechts Rechnung: In § 17 Abs 1 der Bedarfsplanungs-Richtlinie in der im Jahre 2010 geltenden Fassung (ebenso § 21 Abs 1 Satz 1 nF) wird bestimmt, dass Ärzte, welche als Vertragsarzt für zwei Gebiete (nF: "im Sinne der (M-)WBO") zugelassen sind, bei Feststellungen zum lokalen Versorgungsbedarf der jeweiligen Arztgruppe mit dem Faktor 0,5 zugeordnet werden. Dies gilt unabhängig davon, wie sich das Behandlungsspektrum des Vertragsarztes tatsächlich darstellt.

36

(c) Im Falle einer Zulassung für zwei Fachgebiete - nicht hingegen bei zwei Teilzulassungen iS des § 103 Abs 3 Satz 1 SGB V(siehe hierzu BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 29) - führt ein Verzicht, der ausdrücklich auf eines der beiden Fachgebiete beschränkt ist, nicht automatisch dazu, dass "die Zulassung" iS des § 95 Abs 7 Satz 1 SGB V insgesamt endet. Im Gegenteil ist regelmäßig davon auszugehen, dass der Arzt dann, wenn er den "Verzicht" ausdrücklich auf eines der beiden Fachgebiete beschränkt, er in Bezug auf das verbliebene Fachgebiet seine vertragsärztliche Tätigkeit fortsetzen und daher seine Zulassung aufrechterhalten will. Dem entsprechend hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 26.1.2000 (BSG SozR 3-2500 § 95 Nr 22 S 94) entschieden, dass in einer derartigen Erklärung ein bloßer "verzichtsähnlicher Akt" im Rahmen der bestehen gebliebenen generellen Berechtigung, in bestimmter Weise als Vertragsarzt tätig sein zu dürfen, liegen kann. In dem entschiedenen Fall eines als Chirurg und Orthopäde zugelassenen Arztes hat der Senat verneint, dass dessen Erklärung, er verzichte auf die Fachgebietsbezeichnung Chirurgie, als Erklärung des Verzichts auf seinen Status als zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Facharzt (insgesamt) zu werten sei, denn er wolle gerade weiterhin in vollem Umfang als Vertragsarzt tätig sein. Die Erklärung des betroffenen Arztes habe nicht bewirken sollen, dass sich der Gegenstand seiner Vertragsarztpraxis gemessen am zulässigen Tätigkeitsbereich nach dem ursprünglichen Inhalt seiner Zulassung nunmehr auf ein gänzlich anderes Fachgebiet ("Aliud") bezogen habe, sondern habe bei gleichbleibendem Rahmen (= Volltags-Tätigkeit) ein "Minus" zur Folge, indem er auf einem der beiden, nicht untrennbar miteinander verknüpften Fachgebiete nicht mehr habe praktizieren wollen; gegen eine solche rechtliche Gestaltung bestünden keine Bedenken (BSG aaO).

37

Da - wie dargestellt - die Erstreckung einer Zulassung auf ein weiteres Fachgebiet keine eigenständige statusrechtliche Bedeutung hat, kann die Beschränkung auf eines der Fachgebiete folgerichtig nicht als "Verzicht" auf eine Zulassung gewertet werden, sondern es kann insoweit nur von einem "verzichtsähnlichen Akt" gesprochen werden.

38

b. Von diesen drei Gestaltungsoptionen kommt angesichts des Umstandes, dass der Kläger im unmittelbaren Zusammenhang mit seiner Verzichtserklärung eine Tätigkeit als vollbeschäftigter angestellter Frauenarzt im MVZ R. aufgenommen hat, nur ein vollständiger Verzicht auf die Zulassung als Vertragsarzt insgesamt in Betracht. Der Kläger hat weder eine "verzichtsähnliche" Erklärung abgegeben noch einen lediglich "hälftigen" Verzicht erklärt:

39

aa. Der Annahme eines "hälftigen" Verzichts steht neben dem Umstand, dass ein entsprechender Wille des Klägers nicht erkennbar ist, schon die im Umfang von 31 Stunden aufgenommene Angestelltentätigkeit im MVZ entgegen. Es steht außer Zweifel, dass der Kläger seine volle Zulassung als Frauenarzt in das MVZ "einbringen" wollte und dies auch musste, um dort vollzeitig als angestellter Arzt tätig werden zu können.

40

Ausgeschlossen ist vorliegend auch die Annahme einer lediglich "verzichtsähnlichen Erklärung". Zwar sollte nach der Intention des Klägers der Verzicht auf seine Zulassung als Frauenarzt ohne Einfluss auf die vertragsärztliche Tätigkeit als Anästhesiologe sein. Tatsächlich wollte der Kläger jedoch seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht auf das Fachgebiet der Anästhesiologie beschränken, sondern weiterhin seine Tätigkeit als Frauenarzt innerhalb des Systems der vertragsärztlichen Versorgung und nur mit einem anderen Status - dem des Angestellten - fortführen (siehe hierzu BSG Urteil vom 4.5.2016, B 6 KA 21/15 R, RdNr 24). Sein Zulassungsverzicht war Voraussetzung dafür, dass dem MVZ R. in einem überversorgten Planungsbereich die Genehmigung erteilt werden konnte, ihn als angestellten (Frauen-)Arzt im MVZ in Vollzeit zu beschäftigen. Ein Verzicht zugunsten einer Tätigkeit im MVZ kommt nur in der Form in Betracht, dass der Arzt in dem vorgesehenen Tätigkeitsumfang - vorliegend also in vollem Umfang - auf seine Zulassung als Vertragsarzt verzichtet. Anders als bei einer "verzichtsähnlichen Erklärung" vorausgesetzt, wollte der Kläger seine vertragsärztliche Tätigkeit mithin gerade nicht auf ein Fachgebiet beschränken und hätte dies angesichts der beabsichtigten Vollzeittätigkeit im MVZ auch gar nicht können (siehe hierzu auch BSG Urteile vom 16.12.2015, B 6 KA 19/15 R, RdNr 35 - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-5520 § 20 Nr 4 vorgesehen - und B 6 KA 5/15 R, RdNr 36 = MedR 2016, 823 ff).

41

bb. Der vollständige Verzicht auf die - für eines von mehreren Fachgebieten erteilte - Zulassung unter gleichzeitiger "Übernahme" des Versorgungsauftrags durch ein MVZ lässt keinen Raum für das Fortbestehen einer zweiten "Zulassung" - von der der Kläger meint, dass er noch über sie verfügt - und einen damit verbundenen Versorgungsauftrag:

42

Zwar führt der Verzicht eines Vertragsarztes auf seine Zulassung zu dem Zweck, fortan als Angestellter im MVZ tätig zu werden, nach der Rechtsprechung des Senats nicht dazu, dass die Zulassung auf das MVZ "übertragen" wird (siehe BSG Urteil vom 4.5.2016, B 6 KA 21/15 R RdNr 17 - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Auch nimmt der in das MVZ wechselnde Arzt seine Zulassung "nicht mit", wenngleich der Gesetzgeber selbst in der Gesetzesbegründung zum GKV-Modernisierungsgesetz (BT-Drucks 15/1525 S 112) - wenn auch in Anführungszeichen gesetzt - diese Formulierung verwendet (BSG aaO RdNr 19). § 103 Abs 4a Satz 1 SGB V regelt nach seinem eindeutigen Wortlaut nicht die Übertragung der Zulassung, sondern die Erteilung einer Anstellungsgenehmigung unter der Voraussetzung des Zulassungsverzichts(BSG aaO). Der bisher dem Vertragsarzt mit der Zulassung übertragene Versorgungsauftrag wird jedoch nunmehr durch das MVZ erfüllt, welches sich dazu angestellter Ärzte bedient. Es besteht ein untrennbarer Zusammenhang zwischen dem Verzicht auf die Zulassung und der Erteilung der Anstellungsgenehmigung im MVZ (BSG Urteil vom 4.5.2016, B 6 KA 21/15 R, RdNr 18 - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Der Arzt, dessen Anstellung genehmigt wird, verliert seine Zulassung durch den erklärten Verzicht (BSG aaO RdNr 19).

43

cc. Dass die - vom Kläger intendierte - Fortführung der selbständigen vertragsärztlichen Tätigkeit neben einer (vollzeitigen) Angestelltentätigkeit im MVZ rechtlich ausgeschlossen ist, wird durch § 103 Abs 4a Satz 1 Halbsatz 2 SGB V bestätigt: Danach ist eine Fortführung der Praxis nach § 103 Abs 4 SGB V nicht möglich, wenn ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung verzichtet, um in einem MVZ tätig zu werden. Diese Regelung korrespondiert mit derjenigen des § 103 Abs 4a Satz 1 SGB V aF, wonach dem MVZ die Genehmigung für die Anstellung des Arztes, der auf seine Zulassung verzichtet, zu erteilen ist(BSG Urteil vom 4.5.2016 - B 6 KA 21/15 R - RdNr 24, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

44

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst.

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt,
2.
der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt,
3.
den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann,
4.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht,
5.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind,
2.
eine nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat,
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war,
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsaktes, ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Behörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

(1) Gegen ein rechtskräftiges Strafurteil, das auf einer mit dem Grundgesetz für unvereinbar oder nach § 78 für nichtig erklärten Norm oder auf der Auslegung einer Norm beruht, die vom Bundesverfassungsgericht für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist, ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung zulässig.

(2) Im übrigen bleiben vorbehaltlich der Vorschrift des § 95 Abs. 2 oder einer besonderen gesetzlichen Regelung die nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen, die auf einer gemäß § 78 für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt. Die Vollstreckung aus einer solchen Entscheidung ist unzulässig. Soweit die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung durchzuführen ist, gilt die Vorschrift des § 767 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung sind ausgeschlossen.

(1) Über den Antrag befindet der Zulassungsausschuß durch Beschluß. Wegen Zulassungsbeschränkungen kann ein Antrag nur dann abgelehnt werden, wenn diese bereits bei Antragstellung angeordnet waren.

(2) Wird der Arzt zugelassen, so ist in dem Beschluß der Zeitpunkt festzusetzen, bis zu dem die vertragsärztliche Tätigkeit aufzunehmen ist. Liegen wichtige Gründe vor, so kann der Zulassungsausschuß auf Antrag des Arztes nachträglich einen späteren Zeitpunkt festsetzen.

(3) (weggefallen)

(4) In einem Planungsbereich ohne Zulassungsbeschränkungen mit einem allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad ab 100 Prozent kann der Zulassungsausschuss die Zulassung befristen.

(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben.

(3) Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden,
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird,
3.
statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.

(4) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, ist unanfechtbar.

(1) Mit der Klage kann begehrt werden

1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,
3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist,
4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.

(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.