Sozialgericht Düsseldorf Urteil, 08. Juli 2015 - S 2 KA 432/13

ECLI:ECLI:DE:SGD:2015:0708.S2KA432.13.00
bei uns veröffentlicht am08.07.2015

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.


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Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 50 Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen


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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 14. November 2012 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Vergütung von Laborleistungen, die die Klägerin, ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) am Universitätsklinikum, auf Überweisung von Hochschulambulanzen des Universitätsklinikums erbracht hat.

2

Das klagende MVZ, das seit dem Quartal II/2005 mit drei angestellten Ärzten - zwei Allgemeinmedizinern und einem Laborarzt - an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, wird in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) geführt. Alleiniger Gesellschafter der GmbH ist das Universitätsklinikum D an der Technischen Universität D Bereits seit dem 1.1.2001 waren die Hochschulambulanzen des genannten Universitätsklinikums gemäß § 117 SGB V zur ambulanten ärztlichen Behandlung gesetzlich Krankenversicherter in dem für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang ermächtigt. Die Vergütung erfolgte in Form von Fallpauschalen bei gleichzeitiger Festlegung von Fallzahlobergrenzen.

3

Mit Honorarbescheid vom 25.10.2005 setzte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) das Honorar der Klägerin für das Quartal II/2005 auf 9552,94 Euro fest. Bei der Berechnung dieses Honorars waren alle Laborleistungen, die die Klägerin auf Überweisung des Universitätsklinikums erbracht hatte (1825 Fälle) von der Honorarforderung abgesetzt worden. Zur Begründung dieser Berichtigung verwies die Beklagte auf einen Beschluss ihres Vorstandes, wonach Eingriffe in die Gesamtvergütung durch Überweisung aus dem Universitätsklinikum an das MVZ unterbunden werden sollten. Es bestehe der Verdacht, dass das MVZ vorrangig mit dem Ziel gegründet worden sei, aufgrund besserer Abrechnungsmöglichkeiten Leistungen in den vertragsärztlichen Bereich zu verschieben. Die Prüfung der Abrechnung des MVZ habe diesen Gestaltungsmissbrauch bestätigt.

4

Dem dagegen eingelegten Widerspruch half die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.5.2006 insoweit ab, als Laborleistungen, die nicht auf Überweisung der nach § 117 Abs 1 SGB V ermächtigten Hochschulambulanzen, sondern auf Überweisung von aus Sicherstellungsgründen ermächtigten Ärzten und Einrichtungen des Universitätsklinikums erbracht worden waren, nachvergütet wurden. Soweit die auf Überweisung der nach § 117 Abs 1 SGB V ermächtigten Hochschulambulanzen erbrachten Leistungen von der Honorarforderung der Klägerin abgesetzt worden waren, wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass die nach § 117 Abs 1 SGB V ermächtigten Hochschulambulanzen nicht befugt seien, Teilleistungen auf vertragsärztliche Leistungserbringer zu verlagern, weil dies Sinn und Zweck des Hochschulambulanzvertrages zuwiderlaufe. Zudem seien Überweisungen durch eine ermächtigte Krankenhausfachambulanz gemäß § 24 Abs 2 Satz 4 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä)/§ 27 Abs 2 Satz 4 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä) unzulässig, wenn die betreffenden Leistungen auch in der Einrichtung selbst oder in verselbstständigten Organisationseinheiten desselben Krankenhauses erbracht werden könnten. Dies sei hier der Fall, weil die Laborleistungen von dem Institut für klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin des Universitätsklinikums erbracht werden könnten. Klage und Berufung der Klägerin waren ohne Erfolg (Urteil des SG vom 28.7.2010, Urteil des LSG vom 14.11.2012). Das LSG hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

5

Gemäß § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä seien Überweisungen durch eine ermächtigte Krankenhausfachambulanz nicht zulässig, wenn die betreffenden Leistungen in dieser Einrichtung oder in Polikliniken und Ambulatorien als verselbstständigte Organisationseinheiten desselben Krankenhauses erbracht werden könnten. Zu den "ermächtigten Krankenhausfachambulanzen" im Sinne dieser Bestimmung gehörten auch die Hochschulambulanzen, die nach § 117 Abs 1 SGB V zur ambulanten ärztlichen Behandlung der Versicherten ermächtigt seien. Bei den Hochschulambulanzen handele es sich um Einrichtungen zur ambulanten Behandlung von Patienten und damit um Ambulanzen. Die Hochschulambulanzen befänden sich an zugelassenen Krankenhäusern und sie seien auch fachspezifisch, nämlich nach medizinischen Fachgebieten gegliedert. Damit wiesen Hochschulambulanzen alle Merkmale einer "Krankenhausfachambulanz" auf. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei der Begriff der ermächtigten Krankenhausfachambulanz nicht untrennbar mit den fortbestehenden Einrichtungen des DDR-Gesundheitswesens nach § 311 Abs 2 SGB V verbunden. Zwar tauche in dieser Vorschrift der Begriff der Fachambulanz neben denjenigen der "Poliklinik" und des "Ambulatoriums" auf. Bei den erwähnten Fachambulanzen handele es sich jedoch nicht um "ermächtigte Krankenhausfachambulanzen" iS des § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 3 EKV-Ä, weil diese Fachambulanzen nicht aufgrund einer Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnähmen, sondern kraft Gesetzes zugelassen seien. Die genannte Regelung des BMV-Ä/EKV-Ä erfasse nach ihrem klaren Wortlaut dagegen nur "ermächtigte" Fachambulanzen an Krankenhäusern. Damit gelte das Überweisungsverbot gerade nicht für die Fachambulanzen iS des § 311 Abs 2 SGB V. Die Bundesmantelverträge differenzierten genau zwischen Ermächtigung und Zulassung. Der 1995 eingeführte § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä ähnele zwar einer für das Beitrittsgebiet geschaffenen Übergangsvorschrift, nach der Überweisungen durch Einrichtungen nach § 311 Abs 2 SGB V nicht zulässig gewesen seien, wenn diese Leistungen in den Einrichtungen erbracht werden konnten. Diese Übergangsvorschrift sei jedoch nicht in die seit 1995 geltende Fassung der Bundesmantelverträge übernommen worden. Lediglich mit der Wendung "Polikliniken und Ambulatorien als verselbstständigte Organisationseinheiten desselben Krankenhauses" nehme § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä auf § 311 Abs 2 SGB V Bezug. Daraus lasse sich jedoch nicht ableiten, dass unter die "ermächtigten Krankenhausfachambulanzen" nur fortbestehende Einrichtungen des DDR-Gesundheitswesens fielen.

6

Selbst wenn die davon abweichende Auffassung der Klägerin zuträfe, würde das zu keinem für sie günstigeren Ergebnis führen, weil sich die Hochschulklinik, die Alleingesellschafterin des klagenden MVZ sei, im Beitrittsgebiet befinde. Nach der Rechtsprechung des BSG seien die von Hochschulen getragenen Fachambulanzen iS des § 311 Abs 2 SGB V Hochschulambulanzen iS des § 117 Abs 1 SGB V. Daraus sei zu folgern, dass umgekehrt auch Hochschulambulanzen Fachambulanzen seien. Auch der erkennbare Zweck der genannten Regelung im BMV-Ä/EKV-Ä spreche für diese Auslegung. Die Einrichtungen sollten dazu angehalten werden, alle bei einem Versicherten im Krankheitsfall erforderlichen diagnostischen und therapeutischen Leistungen, die sie tatsächlich erbringen könnten und rechtlich erbringen dürften, selbst zu erbringen. Das in § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä geregelte Überweisungsverbot sei mit höherrangigem Recht und insbesondere dem Grundrecht aus Art 12 Abs 1 GG vereinbar. Dass die Laborleistungen, die die Klägerin auf Überweisung des Hochschulklinikums erbracht habe, auch durch das Universitätsklinikum selbst, nämlich das Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin hätten erbracht werden können, sei zwischen den Beteiligten unstreitig. Diese Hochschulambulanz sei zur Erbringung der Laborleistungen auch berechtigt gewesen. Die Unzulässigkeit der Überweisungen müsse die Klägerin gegen sich gelten lassen. Die ordnungsgemäße Überweisung sei Grundvoraussetzung für einen Honoraranspruch. Zwar führe nicht jede unzulässige Überweisung dazu, dass der ausführende Arzt bzw die ausführenden Einrichtungen von der Abrechnung einer gleichwohl erbrachten Leistung ausgeschlossen sei. Der ausführende Arzt sei aber jedenfalls verpflichtet, die vertragsärztliche Verordnung auf Vollständigkeit und Plausibilität zu prüfen. Im vorliegenden Fall sei die Unzulässigkeit der Überweisung für die Klägerin aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Beherrschung durch die Trägerin der überweisenden Hochschulambulanz erkennbar gewesen und die Klägerin könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen.

7

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von Bundesrecht. Entgegen der Auffassung des LSG gelte das Überweisungsverbot des § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä nicht für Hochschulambulanzen. Hochschulambulanzen seien keine Krankenhausfachambulanzen im Sinne der genannten Vorschriften der Bundesmantelverträge. Das ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte und Entwicklung des § 311 Abs 2 SGB V. In der Fassung des Jahres 1990 hätten die Bundesmantelverträge kein Überweisungsverbot für ermächtigte Einrichtungen vorgesehen. Im Zuge der Wiedervereinigung sei erstmals eine Einschränkung der Überweisungsbefugnis für Einrichtungen nach § 311 Abs 2 SGB V in die Bundesmantelverträge(§ 6 der Übergangsregelungen) aufgenommen worden. Diese Übergangsregelung sei mit Wirkung zum 1.1.1995 durch § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä abgelöst worden. Anders als die bis zum Ende des Jahres 1994 geltende Übergangsregelung beziehe sich die seit dem 1.1.1995 geltende Vorschrift nicht auf alle von § 311 Abs 2 SGB V erfassten selbstständigen (Polikliniken, Ambulatorien) und unselbstständigen (Krankenhausfachambulanzen) Einrichtungen, sondern nur noch auf die Krankenhausfachambulanzen. Entgegen der Auffassung des LSG folge auch aus der Rechtsprechung des BSG nicht, dass Hochschulambulanzen iS des § 117 SGB V zugleich Fachambulanzen nach § 311 Abs 2 SGB V seien. Selbst wenn mit dem LSG davon auszugehen wäre, dass es sich bei der Hochschulambulanz um eine Krankenhausfachambulanz iS des § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä handeln würde, würde das Überweisungsverbot hier nicht eingreifen, weil weder die ermächtigte Hochschulambulanz noch die in den genannten Vorschriften der Bundesmantelverträge genannten verselbstständigten Einrichtungen (Polikliniken, Ambulatorien) die Laborleistungen erbringen könnten. Zudem sei das Überweisungsverbot in § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä nicht mit höherrangigem Recht vereinbar, weil es an einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigung fehle.

8

Die Absetzung der auf Überweisung der Hochschulambulanzen erbrachten Laborleistungen von der Honorarforderung sei zudem rechtswidrig, weil sie als Empfängerin der Überweisung ein Überweisungsverbot nicht gegen sich gelten lassen müsse. Überweisungen der Hochschulambulanz an Vertragsärzte oder MVZen seien bis zum Jahr 2012 von der Beklagten nicht beanstandet worden. Unter diesen Umständen habe sie nicht damit rechnen müssen, dass die Überweisungen der Hochschulambulanzen von der Beklagten als unzulässig zurückgewiesen würden.

9

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sächsischen LSG vom 14.11.2012 sowie das Urteil des SG Dresden vom 28.7.2010 aufzuheben, den Honorarbescheid vom 25.10.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.5.2006 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, die auf Überweisung der Hochschulambulanzen des Universitätsklinikums erbrachten Laborleistungen zu vergüten.

10

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Sie bezieht sich zur Begründung im Wesentlichen auf den Inhalt des angefochtenen Urteils. Auch die Entstehungsgeschichte des § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä spreche für die Auslegung des LSG. Die zum 1.1.1995 eingeführte bundesmantelvertragliche Regelung beziehe sich auf ermächtigte Einrichtungen. § 311 Abs 2 SGB V sehe jedoch bereits in der seit dem 1.1.1993 geltenden Fassung vor, dass die dort genannten Fachambulanzen kraft Gesetzes zur ambulanten Versorgung zugelassen seien.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin ist in dem Sinne begründet, dass das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache an dieses Gericht zurückzuverweisen ist. Ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die auf Überweisung der nach § 117 Abs 1 SGB V ermächtigten Hochschulambulanzen erbrachten Laborleistungen zu vergüten, kann aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen nicht entschieden werden.

13

1. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung und Rückforderung ist § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V(in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003 , insofern in der Folgezeit unverändert). Danach stellt die KÄV die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots -, erbracht und abgerechnet worden sind (vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 12 RdNr 17; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 11 RdNr 13, zur Veröffentlichung für BSGE vorgesehen, mwN). Gegenstand der Prüfung sind die Abrechnungen der "Vertragsärzte". Über § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V erstreckt sich diese auch auf MVZen.

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2. Entgegen der Auffassung des LSG kann die Honorarabrechnung der Klägerin nicht mit der Begründung als unrichtig angesehen werden, dass die den erbrachten Leistungen zu Grunde liegenden Überweisungen durch die Hochschulambulanzen des Universitätsklinikums gegen Bestimmungen der Bundesmantelverträge verstoßen würden. Inhalt und Voraussetzung von Überweisungen durch Vertragsärzte sind Gegenstand des § 24 BMV-Ä/§ 27 EKV-Ä. In Übereinstimmung mit § 95 Abs 4 Satz 2 SGB V, der die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung auf Ermächtigte erstreckt, regelt § 4 Abs 1 Satz 2 BMV-Ä/§ 8 Abs 3 EKV-Ä in der im Jahr 2005 geltenden Fassung(seit 1.10.2013: § 4 Abs 1 Satz 3 BMV-Ä), dass die in den Bundesmantelverträgen für Ärzte getroffenen Regelungen ua für ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtungen gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist. Danach sind die in § 24 BMV-Ä/§ 27 EKV-Ä getroffenen Regelungen zu Überweisungen auch auf ermächtigte Hochschulambulanzen iS des § 117 Abs 1 Satz 1 SGB V zu beziehen. Daraus folgt einerseits, dass nicht nur zugelassene Vertragsärzte, sondern auch ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtungen einschließlich der ermächtigten Hochschulambulanzen im Jahr 2005 grundsätzlich zur Überweisung berechtigt waren. Andererseits mussten diese die sich aus den vertraglichen Bestimmungen zur ärztlichen Überweisung ergebenden Beschränkungen gegen sich gelten lassen.

15

a. Die in den Bundesmantelverträgen getroffenen Regelungen zu Überweisungen sind entgegen der Auffassung der Klägerin nicht mangels ausreichender Ermächtigungsgrundlage unwirksam. Das LSG hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass sich die gesetzliche Grundlage in § 82 Abs 1 SGB V findet. Danach vereinbart die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KÄBV) mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen (seit der Änderung durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378: mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen) den allgemeinen Inhalt der Gesamtverträge. Der inhaltliche Rahmen dieser Verträge ergibt sich aus dem gesetzlichen Auftrag in § 72 Abs 2 SGB V. Danach ist die vertragsärztliche Versorgung ua durch schriftliche Verträge der KÄVen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, dass eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden. § 82 Abs 1 SGB V kann als gesetzliche Grundlage für Vereinbarungen der Partner der Bundesmantelverträge nicht mit der Begründung in Frage gestellt werden, dass die Regelung nicht hinreichend bestimmt sei und dass es deshalb an der notwendigen demokratischen Legitimation für die Regelung eines Überweisungsvorbehaltes fehlen würde. Die Kriterien des Art 80 Abs 1 Satz 2 GG sind hier nicht anwendbar. Dessen Vorgabe, dass Ermächtigungsgrundlagen nach Inhalt, Zweck und Ausmaß bestimmt sein müssen, betrifft Rechtsverordnungen, aber nicht Vereinbarungen der Partner der Bundesmantelverträge und Regelungen in den Bewertungsmaßstäben. Daher bedarf es für die im SGB V vorgesehene Normsetzung durch Verträge keiner gemäß Art 80 Abs 1 Satz 2 GG eng umrissenen gesetzlichen Grundlage (BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 21 ff). Das steht allerdings einer Anwendung der in Art 80 Abs 1 Satz 2 GG genannten Maßstäbe bei der Bestimmung des Gestaltungsspielraums des untergesetzlichen Normgebers insbesondere bei Regelungen mit intensiverem Bezug zu Grundrechten nicht generell entgegen. Dem entsprechend hat der Senat im Rahmen der Prüfung von auf § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 9 iVm § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V beruhenden Bestimmungen der Bedarfsplanungs-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) die gesetzlichen Ermächtigungen darauf hin untersucht, ob sie Inhalt Zweck und Ausmaß der vom GBA zu treffenden Entscheidungen in ausreichendem Maße vorgeben und die wesentlichen Fragen selbst regeln(BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 11 RdNr 35). Die in dem entschiedenen Fall zu beurteilenden Bestimmungen zur Bedarfsplanung haben einen intensiven Bezug zur grundrechtlich geschützten Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung; ein vergleichbarer Grundrechtsbezug besteht nicht bei den Regelungen des BMV-Ä, die Überweisungen zum Gegenstand haben.

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Grundsätzlich nicht zu beanstanden ist auch § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä in der seit dem 1.10.2013 geltenden Fassung (vgl DÄ 2013, A-1809). Danach sind Überweisungen durch ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtungen und ermächtigte Ärzte nur noch zulässig, soweit die Ermächtigung dies vorsieht; in der Ermächtigung sind die von der Überweisungsbefugnis umfassten Leistungen festzulegen. Auf diese Neufassung des BMV-Ä kommt es indes für die Beurteilung der Frage, ob die streitgegenständlichen Leistungen im Quartal II/2005 im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften erbracht und abgerechnet worden sind, nicht an. Im Übrigen soll die Neuregelung jedenfalls nach Auffassung der KÄBV nur für die ab dem 1.10.2013 neu ermächtigten Ärzte und ärztlich geleiteten Einrichtungen gelten (vgl DÄ 2013, A-2104). In der hier maßgebenden vor dem 1.10.2013 geltenden Fassung enthielt der BMV-Ä/EKV-Ä keine Vorschriften, die einer Überweisung durch die Hochschulambulanz an das klagende MVZ entgegensteht.

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b. Das LSG hat sich zur Begründung seiner davon abweichenden Auffassung, nach der die Überweisungen der Hochschulambulanzen an die Klägerin nicht zulässig gewesen seien, auf § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä in der hier maßgebenden vom 1.1.1995 (BMV-Ä, DÄ 1995 A-625, 632) bzw vom 1.7.1994 (EKV-Ä, DÄ 1994, A-1967, 1975) bis zum 30.9.2013 geltenden Fassung gestützt. Danach sind Überweisungen "durch eine ermächtigte Krankenhausfachambulanz" nicht zulässig, wenn die betreffenden Leistungen "in dieser Einrichtung erbracht werden können oder in Polikliniken und Ambulatorien als verselbstständigte Organisationseinheiten desselben Krankenhauses erbracht werden." Diese Regelung schränkt jedoch nicht die Überweisung durch Hochschulambulanzen, sondern allein die Überweisung durch "Krankenhausfachambulanzen" ein. Hochschulambulanzen werden in § 117 Abs 1 Satz 1 SGB V legal definiert als Ambulanzen, Institute und Abteilungen der Hochschulkliniken, die auf Verlangen von Hochschulen oder Hochschulkliniken zur ambulanten ärztlichen Behandlung der Versicherten und der in § 75 Abs 3 SGB V genannten Personen zu ermächtigen sind. Diese Hochschulambulanzen sind keine Krankenhausfachambulanzen iS des § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä.

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Die Bedeutung des Begriffs der Krankenhausfachambulanz erschließt sich entgegen der Auffassung des LSG nicht aus der isolierten Betrachtung der Wortbestandteile "Krankenhaus", "Fach" bzw "fachspezifisch" und "Ambulanz". Vielmehr kann der Sinngehalt nur dem gesamten Wort "Krankenhausfachambulanz", dem Zusammenhang, in dem es verwendet wird, und dem historischen Kontext, in dem diese Regelung in den BMV-Ä eingefügt wurde, entnommen werden.

19

aa. Während die ambulante Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland vor der Wiedervereinigung überwiegend durch niedergelassene Ärzte sichergestellt wurde, waren dafür in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) überwiegend ärztlich geleitete Einrichtungen insbesondere in Gestalt von Polikliniken und Ambulatorien (vgl DDR-Handbuch, 3. Aufl 1985, Band 1 S 557, 560) daneben aber auch Abteilungen von Krankenhäusern zuständig, die als Krankenhausambulanz, Fachambulanz (BSG SozR 3-2500 § 311 Nr 6 S 44; SozR 4-2500 § 311 Nr 1 RdNr 15, 18, 22; BSGE 75, 226, 230 = SozR 3-2500 § 311 Nr 3 S 21) oder auch als Krankenhausfachambulanz (vgl BSG Urteil vom 5.11.1997 - 6 RKa 94/96 - MedR 1998, 227, 229; vgl Wasem, Vom staatlichen zum kassenärztlichen System: eine Untersuchung des Transformationsprozesses der ambulanten ärztlichen Versorgung in Ostdeutschland, 1997, S 83 ff, 99, 203, 251) bezeichnet wurden. Im Unterschied zu Polikliniken und Ambulatorien, die zwar vielfach mit Krankenhäusern institutionell und organisatorisch verbunden waren, aber selbstständige Organisationseinheiten bildeten, waren die Fachambulanzen bzw Krankenhausfachambulanzen den ehemals staatlichen Krankenhäusern in der DDR unmittelbar angegliedert (vgl BSGE 75, 226, 229 f = SozR 3-2500 § 311 Nr 3 S 20; BSG Urteil vom 5.11.1997 - 6 RKa 94/96 - MedR 1998, 227, 229). Daran anknüpfend sah § 2 Krankenkassen-Vertragsgesetz vom 13.9.1990 (GBl DDR 1990 I S 1533) vor, dass neben Kassen(zahn)ärzten auch "Polikliniken und Ambulatorien mit angestellten Fachärzten" zur "Aufrechterhaltung der ambulanten ärztlichen Versorgung … durch bestehende … Gesundheitseinrichtungen" sowie "Fachambulanzen an Krankenhäusern jeglicher Trägerschaft" die ambulante Versorgung in der DDR sicherstellen. Die Vorschriften des Krankenkassen-Vertragsgesetzes vom 13.9.1990 wurden jedoch nicht mehr umgesetzt, sondern durch die weitere politische Entwicklung mit der Wiedervereinigung überholt. Die Übergangsregelung des § 311 Abs 2 Satz 1 SGB V idF des Einigungsvertrages, die eine Zulassung von Gesundheitseinrichtungen aus den neuen Bundesländern kraft Gesetzes vorsah, erfasste - anders als § 2 Krankenkassen-Vertragsgesetz - zunächst ausschließlich Polikliniken und Ambulatorien, nicht jedoch die als Fachambulanzen oder Krankenhausfachambulanzen bezeichneten unselbstständigen Krankenhausabteilungen, die zwar unter den Bedingungen des Gesundheitswesens der DDR ebenfalls ambulante Behandlungen erbrachten, jedoch in organisatorischer und personeller Hinsicht in den Klinikbetrieb eingebunden waren(vgl BSGE 75, 226, 228 ff = SozR 3-2500 § 311 Nr 3 S 19 ff).

20

Bezogen auf die Einrichtungen nach § 311 Abs 2 SGB V bestimmte § 6 Abs 1 Anhang zum BMV-Ä(DÄ 1991, A-51 f) sowie § 6 Abs 1 Anhang zum EKV-Ä(DÄ 1991, A-138 f) in der ab 1.1.1991 geltenden Fassung, dass Überweisungen nicht zulässig sind, wenn diese Leistungen in diesen Einrichtungen erbracht werden können. Bei den Einrichtungen nach § 311 Abs 2 SGB V handelt es sich nach § 3 Abs 1 Satz 2 des Anhangs um Polikliniken einschließlich ihrer Außenstellen (zB Dispensaire), selbstständige Polikliniken sowie Polikliniken als verselbstständigte Organisationseinheiten in Krankenhäusern (mit eigenem Haushalts- und Stellenplan, hauptamtlichem Leiter, hauptamtlichen Ärzten).

21

Mit der Novellierung durch das Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung - Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) vom 21.12.1992 (BGBl I 2266) wurde der Anwendungsbereich des § 311 Abs 2 SGB V erweitert, indem diabetologische, nephrologische, onkologische und rheumatologische Ambulanzen mit Dispensaireauftrag in die Übergangsregelung einbezogen wurden(zu Fachambulanzen in kirchlicher Trägerschaft vgl BSGE 74, 64 = SozR 3-2500 § 311 Nr 2; SozR 3-2500 § 311 Nr 5). Der Gesetzesänderung waren Diskussionen auch im Bereich der Ärzteschaft vorausgegangen, in denen Bedenken gegen die Einbeziehung dieser Fachambulanzen in die für das Beitrittsgebiet geltende Übergangsregelung des § 311 Abs 2 SGB V und damit deren Zulassung kraft Gesetzes geäußert und die Auffassung vertreten wurde, dass eine bedarfsabhängige Ermächtigung von Krankenhausfachambulanzen in den neuen Bundesländern ausreichend sei. Dabei wurde der Begriff der Krankenhausfachambulanz soweit ersichtlich ausschließlich mit Bezug auf die Fachambulanzen an Krankenhäusern im Beitrittsgebiet verwendet (vgl zB DÄ 1992, A-1206 mit dem Titel "Krankenhausfachambulanzen, Von Wettbewerb kann keine Rede sein" oder DÄ 1992, A-1936: "Krankenhausfachambulanzen, 'Ein Kuckucksei für niedergelassene Ärzte' "; vgl auch Wasem, Vom staatlichen zum kassenärztlichen System: eine Untersuchung des Transformationsprozesses der ambulanten ärztlichen Versorgung in Ostdeutschland, 1997, S 251 mit Hinweis auf ein Schreiben der KBV an das Bundesministerium für Gesundheit vom 1.8.1991, in dem die Position vertreten wird, dass "Krankenhausfachambulanzen jedweder Trägerschaft … vom Anwendungsbereich des § 311 Abs 2 SGB V ausgenommen seien).

22

Mit Wirkung zum 1.7.1994 (EKV-Ä) bzw zum 1.1.1995 (BMV-Ä) wurden die seit dem 1.1.1991 geltenden Bundesmantelverträge einschließlich der jeweils als Anlage 1 vereinbarten Übergangsregelungen für die neuen Bundesländer durch neue Vereinbarungen abgelöst. Bestandteil dieser Neuregelung waren § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä, die die oben dargestellte Überweisungsbeschränkung für "ermächtigte Krankenhausfachambulanzen" zum Gegenstand hatten. Vor dem Hintergrund insbesondere der Diskussion, die um die Änderung des § 311 Abs 2 SGB V durch das GSG geführt worden war, kann der Begriff der Krankenhausfachambulanz in diesem Zusammenhang nur dahin verstanden werden, dass die unselbstständigen "Fachambulanzen" an den ehemals staatlichen Krankenhäusern in den neuen Bundesländern gemeint waren.

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bb. Für dieses Verständnis spricht auch, dass der Begriff der Krankenhausfachambulanz in § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä im Kontext mit "Polikliniken und Ambulatorien als verselbstständigte Organisationseinheiten" verwendet wird. Auch das LSG zieht nicht in Zweifel (S 11 f des Urteils), dass diese Wendung auf einen Zusammenhang mit den Gesundheitseinrichtungen der DDR und der dazu im Zuge der Wiedervereinigung getroffenen Übergangsregelung des § 311 Abs 2 SGB V hinweist, in der - vor der Ergänzung um den Begriff der Arztpraxis durch das GSG - dasselbe Begriffspaar verwendet worden war. Mit der Unterscheidung zwischen den (unselbstständigen) Krankenhausfachambulanzen und "Polikliniken und Ambulatorien als verselbstständigte Organisationseinheiten" bezieht sich die Regelung deutlich erkennbar auf die aus der DDR bekannten Strukturen im Gesundheitswesen. Hinweise dafür, dass mit dem Begriff der "Poliklinik" hier die früher in Westdeutschland so bezeichneten Hochschulambulanzen gemeint gewesen sein könnten, vermag der Senat dagegen nicht zu erkennen. Ferner sind keine Hinweise dafür ersichtlich, dass die Regelung des § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä auf das Urteil vom 28.10.1992 (6 RKa 28/90) reagiert haben könnte, in dem der Senat entschieden hat, dass weder eine gesetzliche noch eine bundesmantelvertragliche Grundlage für eine Einschränkung der Überweisungsbefugnis von Hochschulkliniken (damals: Polikliniken) existiere. Aus Sicht des Senats spricht deshalb alles dafür, dass nicht nur die Begriffe "Polikliniken" und "Ambulatorien", sondern auch der Begriff der "Krankenhausfachambulanz" in § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä allein auf die fortbestehenden Einrichtungen aus dem Gesundheitswesen der DDR zu beziehen sind.

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cc. Auch die Systematik des BMV-Ä/EKV-Ä spricht dagegen, dass der Begriff der Krankenhausfachambulanz im Sinne eines Oberbegriffs verstanden werden könnte, der die Hochschulambulanz nach § 117 SGB V einschließt. Als ein solcher Oberbegriff ist im BMV-Ä/EKV-Ä der Begriff der "ermächtigten ärztlich geleiteten Einrichtung" etabliert (vgl zB § 4 Abs 1 BMV-Ä/§ 8 Abs 1, Abs 3 EKV-Ä). Dieser wird auch in Regelungen verwendet die die Überweisung betreffen (vgl § 24 Abs 1 Satz 1 BMV-Ä/§ 27 Abs 1 Satz 1 EKV-Ä). Dass in § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä ein anderer Begriff - nämlich der der Krankenhausfachambulanz - Verwendung findet, spricht dagegen, dass damit das gleiche gemeint ist. Ebenso wenig spricht dafür, den Begriff der Krankenhausfachambulanz als gleichbedeutend mit dem Begriff der Poliklinik (§ 117 Abs 1 SGB V in der vor dem 1.1.2003 geltenden Fassung) oder der Hochschulambulanz (§ 117 Abs 1 in der Fassung des Gesetzes zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom 23.4.2002, BGBI I 2002, 1412) anzusehen.

25

dd. Zutreffend weist das LSG allerdings darauf hin, dass die Fachambulanzen, auf die sich die Übergangsregelung des § 311 Abs 2 Satz 1 SGB V idF des GSG erstreckt, nicht ermächtigt, sondern seit dem 1.1.1993 kraft Gesetzes zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen waren und dass diese Regelung zum Zeitpunkt der Vereinbarung des BMV-Ä bzw EKV-Ä in der seit 1.1.1995 (BMV-Ä) bzw 1.7.1994 (EKV-Ä) geltenden Fassung bereits in Kraft getreten war. Daraus kann nach Auffassung des Senats jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass in § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä mit der Wendung "ermächtigte Krankenhausfachambulanz" keine ehemaligen Einrichtungen des Gesundheitswesens der DDR gemeint sind. So könnte mit der Formulierung dem Umstand Rechnung getragen worden sein, dass sich die Übergangsregelung des § 311 Abs 2 SGB V in der ab dem 1.1.1993 geltenden Fassung nicht auf alle Fachambulanzen erstreckte, sondern ausschließlich auf die diabetologischen, nephrologischen, onkologischen und rheumatologischen Fachambulanzen mit Dispensaireauftrag sowie solche in kirchlicher Trägerschaft (vgl BSGE 75, 226, 227 = SozR 3-2500 § 311 Nr 3 S 18). Fachambulanzen, die nicht unter die Übergangsregelung des § 311 Abs 2 SGB V fielen, wurden teilweise zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt, wobei die Voraussetzungen umstritten waren(vgl Wasem, Vom staatlichen zum kassenärztlichen System: eine Untersuchung des Transformationsprozesses der ambulanten ärztlichen Versorgung in Ostdeutschland, 1997, S 202 f). Aus Sicht des Senats kann jedoch auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Verwendung des Begriffs der Ermächtigung in der Sache unzutreffend war und dass die Vertragsparteien die zum 1.1.1993 in Kraft getretene Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 311 Abs 2 SGB V auf bestimmte Fachambulanzen an Krankenhäusern in den neuen Bundesländern unberücksichtigt gelassen haben. Im vorliegenden Zusammenhang kommt es darauf nicht an. Jedenfalls kann allein aus dem Umstand, dass § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä/§ 27 Abs 2 Satz 4 EKV-Ä auf ermächtigte und nicht auf zugelassene Krankenhausfachambulanzen abstellt, nicht der Schluss gezogen werden, dass die Regelung für ermächtigte Hochschulambulanzen iS des § 117 Abs 1 SGB V gelten würde.

26

ee. Entgegen der Auffassung des LSG können auch dem Urteil des Senats vom 26.1.2000 (B 6 KA 47/98 R - SozR 3-2500 § 311 Nr 6) keine Hinweise dafür entnommen werden, dass Hochschulambulanzen als Fachambulanzen iS des § 311 Abs 2 Satz 1 SGB V anzusehen wären. Die genannte Entscheidung des Senats hatte die Frage zum Gegenstand, ob sich die Vergütung von Fachambulanzen iS des § 311 Abs 2 SGB V nach den für Hochschulambulanzen geltenden Grundsätzen richtet, wenn Träger einer solchen Fachambulanz eine Hochschule ist. Diese Frage hat der Senat bejaht, damit aber nicht die Aussage verbunden, dass Fachambulanzen iS des § 311 Abs 2 SGB V Hochschulambulanzen seien, sondern dargelegt, dass Hochschulen auch Träger von Einrichtungen nach § 311 Abs 2 SGB V sein können. Dadurch werden diese Einrichtungen jedoch nicht zu Hochschulambulanzen iS des § 117 Satz 1 SGB V. Grundlage der Zulassung von im Beitrittsgebiet bestehenden Fachambulanzen bleibt § 311 Abs 2 SGB V. Erst recht lässt die Entscheidung nicht den vom LSG gezogenen Umkehrschluss zu, dass Hochschulambulanzen damit Fachambulanzen iS des § 311 Abs 2 SGB V sein müssten. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Senat seine Rechtsprechung, nach der sich die Vergütung von Fachambulanzen iS des § 311 Abs 2 SGB V nach den für Hochschulambulanzen (damals: "Polikliniken") geltenden Grundsätzen richtet, nicht auf die - hier maßgebende - seit dem 1.1.2003 geltende Rechtslage übertragen hat (BSG SozR 4-2500 § 311 Nr 1).

27

3. Aus dem Umstand, dass die Bundesmantelverträge in der hier maßgebenden, vor dem 1.10.2013 geltenden Fassung keine Regelung enthalten, die einer Überweisung durch die Hochschulambulanzen des Universitätsklinikums entgegenstehen, folgt indes nicht notwendig, dass die Überweisungen an das klagende MVZ zulässig waren. Vielmehr ist nicht auszuschließen, dass solche Beschränkungen Inhalt von Verträgen nach § 117 Abs 1 Satz 3 SGB V(a.) oder der nach § 117 Abs 1 Satz 1 SGB V erteilten Ermächtigung(b.) der Hochschulambulanz sind. Ferner kann eine im vorliegenden Zusammenhang relevante Einschränkung der Befugnis zur Überweisung aus einer getroffenen Vereinbarung zur Vergütung der Leistungen des Universitätsklinikums D in pauschalierter Form nach § 120 Abs 3 Satz 1 SGB V folgen(c.). Dazu hat das LSG - von seinem Rechtsstandpunkt aus zu Recht - keine Feststellungen getroffen.

28

a. Gemäß § 117 Abs 1 Satz 1 SGB V ist der Zulassungsausschuss auf Verlangen von Hochschulen oder Hochschulkliniken verpflichtet, die Hochschulambulanzen zur ambulanten ärztlichen Behandlung der Versicherten und der in § 75 Abs 3 SGB V genannten Personen zu ermächtigen. Auf die Ermächtigung besteht ein Rechtsanspruch, der nicht von einer Bedarfsprüfung abhängt. Gemäß § 117 Abs 1 Satz 2 SGB V ist die Ermächtigung so zu gestalten, dass die Hochschulambulanzen die Untersuchung und Behandlung in dem für Lehre und Forschung erforderlichen Umfang durchführen können. Nach der Rechtsprechung des Senats ist die inhaltliche Gestaltung der Ermächtigung und die quantitative Begrenzung allein an den Bedürfnissen von Forschung und Lehre und nicht am Ziel der Sicherstellung einer ausreichenden vertragsärztlichen Versorgung auszurichten (vgl BSGE 82, 216, 221 = SozR 3-5520 § 31 Nr 9 S 37 f; BSG SozR 3-5540 § 5 Nr 4 S 17 f; BSG SozR 4-2500 § 117 Nr 1 RdNr 35; Knittel in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand: September 2013, § 117 SGB V RdNr 7). Das Nähere zur Durchführung der Ermächtigung regeln nach § 117 Abs 1 Satz 3 SGB V die KÄVen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen(vor der Änderung durch das GKV-WSG mWv 1.7.2008: Verbänden der Ersatzkassen) gemeinsam und einheitlich durch Vertrag mit den Hochschulen oder Hochschulkliniken.

29

Auch wenn die nach § 117 Abs 1 SGB V ermächtigten Hochschulambulanzen allein im Interesse von Forschung und Lehre ermächtigt werden, wirken sie an der Versorgung der Versicherten mit(vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 18). Die Hochschulen nehmen insoweit Aufgaben der Krankenversorgung wahr (vgl BVerfGE 57, 70, 95 f). Die Leistungen der Hochschulambulanzen stellen auch medizinisch notwendige Behandlungen dar. Bezogen auf den einzelnen Behandlungsfall ist eine Abgrenzung des Forschungs- und Lehranteils nicht möglich (BSG SozR 3-2500 § 120 Nr 8 S 43 f). Die Leistungen der Hochschulambulanzen sind insgesamt Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 20 RdNr 21) und leisten dazu faktisch einen wesentlichen Beitrag (vgl Lauterbach, ua, Bestandsaufnahme der Rolle von Ambulanzen der Hochschulkliniken in Forschung, Lehre und Versorgung an ausgewählten Standorten, Gutachten im Auftrag des BMBF, 2003; Beeretz in: Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im Deutschen Anwaltsverein, 2008, S 283 ff; Empfehlungen des Wissenschaftsrats zur Weiterentwicklung der ambulanten Universitätsmedizin in Deutschland vom 2.7.2010, S 24 f, im Internet abrufbar unter http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/10052-10.pdf). Auch Hochschulambulanzen haben ihre Leistungen im Rahmen und nach den Regeln der vertragsärztlichen Versorgung und unter Beachtung der Regeln der ärztlichen Kunst (vgl § 76 Abs 4 SGB V) zu erbringen.

30

Daraus folgt, dass Hochschulambulanzen die Möglichkeit haben müssen, Patienten zu überweisen, wenn sie zB erforderliche diagnostische Untersuchungen nicht selbst erbringen können oder dürfen. Dies entspricht im Übrigen der berufsrechtlichen Verpflichtung, rechtzeitig andere Ärzte hinzuzuziehen oder ihnen den Patienten zur Fortsetzung der Behandlung zu überweisen, soweit dies für die Diagnostik und Therapie erforderlich ist (vgl Abschnitt C Nr 2 Musterberufsordnung 1997, entsprechend Abschnitt B § 7 Abs 3 Musterberufsordnung 1997 in der Fassung der Beschlüsse des 114. Deutschen Ärztetages 2011). Ferner besteht die Möglichkeit, dass bestimmte Leistungen durch den niedergelassenen Arzt kostengünstiger erbracht werden können. Soweit Labordiagnostik durch einen Arzt für Laboratoriumsmedizin erbracht wird, folgt die Erforderlichkeit einer Überweisung im Übrigen aus dem Umstand, dass ua diese Arztgruppe gemäß § 13 Abs 4 BMV-Ä nur auf Überweisung in Anspruch genommen werden kann.

31

Gleichwohl können Überweisungen von Hochschulambulanzen auch im Hinblick auf die Ausrichtung der Ermächtigung an den Bedürfnissen von Forschung und Lehre Beschränkungen unterworfen werden. So kann in den Verträgen nach § 117 Abs 1 Satz 3 SGB V geregelt werden, dass Leistungen, die intern, also durch die Hochschule bzw deren ermächtigte Hochschulambulanzen erbracht werden können, nicht durch Überweisung auf zugelassene Ärzte oder MVZen verlagert werden dürfen. Soweit der Senat mit Urteil vom 28.10.1992 (6 RKa 28/90) entschieden hat, dass die Befugnis von Hochschulambulanzen (nach damaliger Terminologie: "Polikliniken") zur Überweisung an zugelassene Ärzte durch den Poliklinikvertrag (heute: Hochschulambulanzvertrag nach § 117 Abs 1 Satz 3 SGB V) nicht wirksam beschränkt werden können, hält er daran nicht mehr fest. Die Entscheidung ist zu der Rechtslage unter Geltung der RVO ergangen. Ob die Rechtsprechung auf die Rechtslage unter Geltung des zum 1.1.1989 in Kraft getretenen SGB V übertragen werden kann, hat der Senat in seiner damaligen Entscheidung ausdrücklich offengelassen (aaO, Juris RdNr 27). Auch für die vorliegende Entscheidung kommt es darauf nicht an. Jedenfalls können die in dem Urteil vom 28.10.1992 entwickelten Maßstäbe nicht auf die Rechtslage seit der grundlegenden Neufassung der §§ 117, 120 SGB V mit dem FPG zum 1.1.2003 übertragen werden.

32

Die Leistungen der Hochschulambulanzen werden seit dem 1.1.2003 unmittelbar von den Krankenkassen und nicht mehr von der KÄV aus der Gesamtvergütung bezahlt. Bei Leistungen, die von einer Hochschulambulanz veranlasst werden, hängt die Vergütungspflicht der Krankenkasse davon ab, ob Einrichtungen der Hochschule selbst ("intern") oder ob andere zugelassene oder ermächtigte Ärzte oder Institutionen außerhalb der Hochschule ("extern") beauftragt werden. Der Pauschalierung nach § 120 Abs 3 Satz 1 SGB V können nur die Leistungen unterfallen, die "von den Hochschulambulanzen" erbracht werden, also nur die intern veranlassten Leistungen. Davon können Anreize ausgehen, möglichst viele Leistungen, die in der jeweils behandelnden Ambulanz nicht selbst erbracht werden können, extern zu veranlassen, um die Pauschalen nicht für die Kosten dieser Leistungen "einsetzen" zu müssen. Diese Anreize werden noch stärker, wenn der externe Überweisungsempfänger - wie hier - ein Tochterunternehmen der Hochschule ist, so dass es wirtschaftlich gesehen zu einer Zusatzvergütung - Pauschale und vertragsärztliches Honorar - kommen kann. Darauf durften die Vertragspartner des Hochschulambulanzvertrages nach § 117 Abs 1 Satz 3 SGB V auch schon im Jahr 2005 reagieren und vorgeben, in welchem Umfang Überweisungen an Leistungserbringer außerhalb der Hochschule oder Hochschulklinik zulässig sind. Dabei kommt es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht darauf an, ob die einzelne Laboruntersuchung für Zwecke der Lehre notwendig ist. Dass der Forschungs- und Lehranteil jeder einzelnen Leistung konkret bestimmt werden kann, ist nicht erforderlich. Jedenfalls soweit "banale" Laboruntersuchungen im stationären Bereich der Universitätsklinik nicht in hinreichender Anzahl anfallen, müssen diese durch Hochschulambulanzen erbracht werden können, schon weil die dort studierenden oder weiterzubildenden Personen auch Erfahrungen mit der Durchführung solcher Untersuchungen machen müssen.

33

Zu der Frage, ob die Überweisung der streitgegenständlichen Laboruntersuchungen durch Regelungen des Hochschulambulanzvertrages ausgeschlossen sind, hat das LSG Feststellungen nicht getroffen. Nach dem Vorbringen der Beteiligten besteht allerdings Anlass zu Zweifeln, ob in dem hier maßgebenden Zeitraum überhaupt ein wirksamer Vertrag nach § 117 Abs 1 Satz 3 SGB V bestanden hat. Notwendiger Partner eines solchen Vertrages ist die KÄV. Soweit für den hier maßgebenden Zeitraum lediglich ein Vertrag der Hochschule mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen ohne Beteiligung der KÄV zustande gekommen sein sollte, kann es sich dabei um eine Vergütungsvereinbarung iS des § 120 Abs 2 Satz 2 SGB V, nicht jedoch um eine wirksame Vereinbarung zur Durchführung der nach § 117 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB V erteilten Ermächtigung handeln.

34

b. Indes kann sich eine wirksame Einschränkung der Berechtigung zur Überweisung von Leistungen an externe Leistungserbringer außerhalb des Universitätsklinikums auch aus dem Inhalt der Ermächtigung nach § 117 Abs 1 Satz 1 SGB V selbst ergeben. Für die Zeit seit dem 1.10.2013 folgt dies bereits aus der Neufassung des § 24 Abs 2 Satz 4 BMV-Ä, der die Zulässigkeit von Überweisungen davon abhängig macht, dass die Ermächtigung dies vorsieht. In dem hier maßgebenden Quartal II/2005 war die Überweisung durch ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtungen zwar noch nicht von einer positiven Regelung in der Ermächtigung abhängig. Jedenfalls für Hochschulambulanzen konnten jedoch bereits Einschränkungen der Befugnis zur Überweisung in der Ermächtigung wirksam geregelt werden. Das folgt zum einen aus § 117 Abs 1 Satz 2 SGB V. Danach ist die Ermächtigung so zu gestalten, dass die Hochschulambulanzen die Untersuchung und Behandlung der in § 117 Abs 1 Satz 1 SGB V genannten Personen in dem für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang durchführen können. Zum anderen schreibt § 117 Abs 1 Satz 3 SGB V den Abschluss von Verträgen vor, in denen das Nähere zur Durchführung der Ermächtigung zu regeln ist, ohne einen - der Vorgängerregelung des § 368n Abs 3 Satz 7 RVO in der bis zum 31.12.1988 geltenden Fassung entsprechenden - Konfliktregelungsmechanismus für den Fall vorzusehen, dass der Vertrag nicht zu Stande kommt (Grühn in Eichenhofer/Wenner, SGB V, § 117 RdNr 11; Hencke in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand: September 2008: § 117 RdNr 5). § 89 SGB V bezieht sich nicht auf dreiseitige Verträge wie die Verträge nach § 117 Abs 1 Satz 3 SGB V, an denen Vertragspartner beteiligt sind, die durch die Mitglieder dieser Schiedsstelle nicht repräsentiert werden können(vgl Hencke in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand: September 2008, § 89 RdNr 5). Die Landesschiedsstelle nach § 114 SGB V entscheidet nur in den ihr nach dem SGB V zugewiesenen Aufgaben(§ 114 Abs 1 Satz 2 SGB V) - zu denen die Vereinbarung nach § 117 Abs 1 Satz 3 SGB V - nicht gehört. Daher muss die Möglichkeit bestehen, die erforderlichen Regelungen unmittelbar in die Ermächtigung aufzunehmen. Das LSG wird deshalb auch zu prüfen haben, ob die der Hochschulklinik erteilte Ermächtigung Regelungen enthält, die einer Überweisung von Laborleistungen an die Klägerin entgegengestanden haben.

35

c. Einschränkungen der Berechtigung zur externen Überweisung können sich ferner aus dem Inhalt der Vergütungsvereinbarung nach § 120 Abs 2 Satz 2 SGB V ergeben. Nach § 120 Abs 3 Satz 1 SGB V kann die Vergütung von Leistungen ua der Hochschulambulanzen pauschaliert werden. Von der Möglichkeit der Pauschalierung wird in der Praxis regelmäßig Gebrauch gemacht. Derartige Pauschalierungen können bezogen auf die davon umfassten Leistungen wie ein Überweisungsverbot wirken. Wenn etwa für Laboruntersuchungen, die von der behandelnden Ambulanz zwar nicht selbst, wohl aber hochschulintern erbracht werden können und dürfen, Bestandteil der Pauschale für den Behandlungsfall sind, versteht es sich von selbst, dass die damit verbundene Abgeltungswirkung dieser Pauschale nicht dadurch umgangen werden kann, dass ein Teil der bereits pauschal vergüteten Leistung extern überwiesen wird. Insofern gilt nichts Anderes als für Leistungen, die mit einer Fallpauschale nach dem DRG-Fallpauschalensystem abgegolten sind und die deshalb nicht Gegenstand der Ermächtigung eines Arztes zu einer ambulanten Behandlung sein können (vgl BSG SozR 4-2500 § 116 Nr 9).

36

Soweit die Überweisung von Laborleistungen an das MVZ nicht bereits durch den Hochschulambulanzvertrag oder aufgrund des Inhalts der Ermächtigung der Hochschulambulanzen ausgeschlossen ist, kommt es demnach für die Entscheidung darauf an, ob die an die Klägerin überwiesenen Laborleistungen Gegenstand einer Pauschale waren, die die Hochschulambulanz gegenüber den Krankenkassen abgerechnet hat. Das kann der Senat in dem für eine abschließende Entscheidung erforderlichen Umfang nicht klären. Es steht schon nicht fest, ob der in den Akten enthaltene für die Jahre 2001 und 2002 geschlossene Hochschulambulanzvertrag auch im Jahr 2005 fort galt. Zudem kann nach dem Vorbringen der Beteiligten nicht ausgeschlossen werden, dass der Vertrag einvernehmlich teilweise anders praktiziert worden ist, als es sich nach dem Wortlaut der Regelungen aufdrängt. Das könnte der Fall sein, wenn die Beklagte die externe Überweisung von Laborleistungen, die auch intern hätten erbracht werden können, erst dann beanstandet hat, als klar war, dass diese Überweisungen ausschließlich der Klägerin, also einer Tochter der Hochschulkliniken, zu Gute gekommen sind. Deshalb hält es der Senat hier für tunlich iS des § 170 Abs 2 Satz 2 SGG, den Rechtstreit an das LSG zur Klärung der vertraglichen Lage und gegebenenfalls der tatsächlich einvernehmlich praktizierten Umsetzung des Vertrags an das LSG zurückzuverweisen.

37

4. Der Senat stimmt dem LSG ausdrücklich dahingehend zu, dass der Klägerin kein Vergütungsanspruch zusteht, wenn die Überweisungen für Laborleistungen durch die Hochschulambulanzen nicht rechtmäßig waren. Die rechtliche und wirtschaftliche Verflechtung des Hochschulklinikums und der Klägerin schließt es aus, dass sich die Klägerin darauf berufen könnte, nicht gewusst zu haben, dass die Hochschulambulanzen nicht an sie überweisen durften. Insoweit liegen die Dinge hier deutlich anders als in dem am 28.10.1992 (6 RKa 28/90) vom Senat entschiedenen Fall. Dieses Urteil wird vor allem von der Erwägung getragen, dass die Radiologen, an die die Patienten überwiesen worden waren, keinen Anlass hatten, an der Rechtmäßigkeit der Überweisung zu zweifeln und dass deren Vertrauen deshalb zu schützen ist. Die Situation eines von der Hochschule gegründeten MVZ ist damit nicht vergleichbar.

38

5. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.

(2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 gelten entsprechend.

(2a) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Satz 1 verlangt werden; Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind; § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.

(3) Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.

(4) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten bei Berichtigungen nach § 38 entsprechend.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits auch im Revisionsverfahren.

Tatbestand

1

Streitig sind sachlich-rechnerische Richtigstellungen wegen Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina in den Quartalen I/2006 bis IV/2007.

2

Die Klägerin, ein in E. befindliches Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ), ist zur vertragsärztlichen Tätigkeit in den Fachgebieten Allgemeinmedizin und Innere Medizin zugelassen.

3

Mit Beschluss vom 21.11.2003 ließ der Zulassungsausschuss (ZA) zunächst die praktische Ärztin Dr. S. mit Wirkung vom 1.1.2004 zur vertragsärztlichen Tätigkeit zu und genehmigte ebenfalls mit Wirkung ab dem 1.1.2004 die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit mit dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. R. und der Fachärztin für Innere Medizin Dr. Sch. gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB V iVm § 33 Abs 2 Ärzte-ZV und Nr 23a-h der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (BedarfsplRL) im Rahmen eines Job-Sharing. Mit der Genehmigung war die Festsetzung quartalsbezogener Gesamtpunktzahlen verbunden, die bei der Abrechnung als Leistungsobergrenze maßgeblich sein sollten.

4

Mit Beschluss vom 1.10.2004 gab der ZA dem Antrag auf Zulassung der Klägerin, dem MVZ Dres. R. und Sch., mit Wirkung ab dem 1.10.2004 bzw ab Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides statt. Der Klägerin wurde gemäß § 95 Abs 1 iVm § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB V die Genehmigung zur Beschäftigung von Dr. S. im Rahmen des sog Job-Sharing im Umfang von 40 Wochenstunden ab dem 1.10.2004 bzw ab Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides erteilt. In Analogie zu § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB V wurde die Fortgeltung der in dem Beschluss vom 21.11.2003 festgelegten Gesamtpunktzahlvolumina bestimmt.

5

Die Genehmigung der Klägerin zur Beschäftigung von Dr. S. wurde seitens des Zulassungsausschusses für Ärzte mit Beschluss vom 17.12.2008 zum 31.12.2008 beendet.

6

Mit Honorarbescheid vom 17.7.2006 setzte die Beklagte für das Quartal I/2006 ein Honorar in Höhe von 112 358,41 Euro, mit Honorarbescheid vom 16.10.2006 für das Quartal II/2006 ein Honorar in Höhe von 108 662,73 Euro, mit Honorarbescheid vom 15.1.2007 für das Quartal III/2006 ein Honorar in Höhe von 100 482,95 Euro und für das Quartal IV/2006 mit Honorarbescheid vom 16.4.2007 ein Honorar in Höhe von 127 832,34 Euro fest. Für das Jahr 2007 wurde mit Honorarbescheid vom 16.7.2007 für das erste Quartal ein Honorar in Höhe von 118 908,23 Euro, für das zweite Quartal mit Honorarbescheid vom 15.10.2007 ein Honorar in Höhe von 116 497,95 Euro, für das dritte Quartal mit Honorarbescheid vom 15.1.2008 ein Honorar in Höhe von 103 078,41 Euro und für das vierte Quartal mit Honorarbescheid vom 15.4.2008 ein Honorar in Höhe von 130 572,06 Euro festgesetzt. Eine Berücksichtigung der Gesamtpunktzahlvolumina erfolgte jeweils nicht.

7

Unter dem 10.2.2009 erließ die Beklagte einen Bescheid, mit dem sie wegen Überschreitungen der Gesamtpunktzahlvolumina in den Quartalen I/2006 bis IV/2006 in einem Umfang von insgesamt 3.042.024,5 Punkten einen Betrag in Höhe von insgesamt 113 196,97 Euro zurückforderte. Für die Quartale I/2007 bis IV/2007 wurde mit Bescheid vom 10.3.2009 bei einer Punktzahlüberschreitung von 2.067.732,3 Punkten ein Betrag in Höhe von 84 104,76 Euro zurückgefordert.

8

Die Widersprüche der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 30.11.2009 zurück. Die Einhaltung der Obergrenzen werde aus technischen Gründen stets erst im Nachhinein überprüft. Die Obergrenzen seien aber bekannt gewesen, sodass ein schutzwürdiges Vertrauen nicht entstanden sei.

9

Das SG hat die Klage hiergegen mit Urteil vom 10.11.2011 abgewiesen. Die für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit einer Abrechnung zuständige Beklagte habe zu Recht eine Begrenzung der abrechenbaren Leistungsmenge angenommen. Diese ergebe sich aus dem bestandskräftigen Bescheid vom 1.10.2004, der für die Beteiligten bindend sei. Eine Konstellation, in welcher im Falle einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung eines Honorarbescheides nach der Rechtsprechung des BSG Vertrauensschutz gewährt werden könne, liege nicht vor. Insbesondere sei dadurch, dass die Beklagte über längere Zeit hinweg das Honorar ohne Anwendung der Obergrenzen ausgezahlt habe, keine Situation entstanden, die mit der wissentlichen Duldung einer Leistungserbringung ohne die hierzu erforderliche Abrechnungsgenehmigung vergleichbar sei. Es sei zwar davon auszugehen, dass der Beklagten die für die Ermittlung der Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina notwendigen Zahlen nicht erst bei Erlass der streitgegenständlichen Bescheide bekannt gewesen seien, gleichwohl habe die Klägerin hieraus nicht schließen dürfen, dass die Gesamtpunktzahlvolumina ganz entfallen seien.

10

Mit dem angefochtenen Urteil vom 24.10.2012 hat das LSG die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Aufgrund der Überschreitung der bestandskräftig festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina seien die Honorarbescheide für die Quartale I/2006 bis IV/2007 sachlich-rechnerisch unrichtig und daher von der Beklagten zu berichtigen gewesen. Es sei keine der Fallkonstellationen einschlägig, in denen nach der Rechtsprechung des BSG Vertrauensschutz zu gewähren sei. Die sachlich-rechnerische Richtigstellung könne auch nicht unter dem Gesichtspunkt beanstandet werden, dass sich die Vorläufigkeit von Honorarbescheiden jeweils nur auf begrenzte Teile der Honorarforderung des Vertragsarztes beziehen dürfe. Umfasse die Rückforderung - wie vorliegend - wegen desselben Sachverhaltes mehrere Quartale, sei es nicht zu beanstanden, wenn der gemittelte Umfang der Überschreitung in den betroffenen Quartalen zugrunde gelegt werde; jedenfalls komme die Zugrundelegung eines höheren Toleranzwertes in Betracht. Nach der Rechtsprechung des BSG sei eine Größenordnung von 15 % noch als kleinerer Anteil zu werten, dieser Wert jedoch ausdrücklich nicht als Obergrenze festgelegt, sondern nur die Hälfte des sich aus dem Honorarbescheid ergebenden Betrages als inakzeptabel bezeichnet worden. Die vorliegend zwischen 16,84 % und 35,26 % liegenden Rückforderungen nötigten daher nicht dazu, die Richtigstellung den Anforderungen des § 45 SGB X zu unterwerfen. Die Praktizierung fehlerhafter Honorierung während einer längeren Zeit begründe für sich gesehen keinen Vertrauensschutz; hierfür sei nach der Rechtsprechung des BSG neben der Fallkonstellation, in der die Beklagte ihr Recht zur Richtigstellung bereits verbraucht habe, kein Raum. Selbst wenn eine der vorgenannten Fallgruppen einschlägig sei, könne dies für die Klägerin zu keinem positiven Ergebnis führen, weil den Vertragsärzten des klagenden MVZ jedenfalls die grob fahrlässige Unkenntnis von der Fehlerhaftigkeit der Honorarberechnungen vorzuwerfen sei. Schließlich führe auch ein eventuelles Mitverschulden der Beklagten an den eingetretenen Überzahlungen nicht zu einem Vertrauensschutz des klagenden MVZ.

11

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin. Die angefochtenen Bescheide seien schon formell rechtswidrig, da mangels Anhörung ein Verstoß gegen § 24 Abs 1 SGB X vorliege, der nicht gemäß § 41 SGB X geheilt worden sei. Für eine Nachholung genüge nicht, wenn nur innerhalb des Widerspruchsverfahrens die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt werde; ein Anhörungsschreiben habe sie zu keinem Zeitpunkt erhalten. Die streitgegenständlichen Bescheide seien aber auch materiell rechtswidrig. In der Rechtsprechung des BSG sei anerkannt, dass Vertrauensschutzgesichtspunkte greifen, wenn ein ausschließlich in die Risikosphäre der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) fallendes fehlerhaftes Verhalten vorliege und kein Hinweis auf eine etwaige Problematik erteilt worden sei. Der Beklagten sei aufgrund der Beteiligung an dem Verfahren vor dem ZA bekannt gewesen, dass eine Job-Sharing-Konstellation vorgelegen habe und folglich Gesamtpunktzahlvolumina zu berücksichtigen seien. Sie sei daher nach der Rechtsprechung verpflichtet gewesen, darauf hinzuweisen, dass bei Erlass der Honorarbescheide die Gesamtpunktzahlvolumina keine Anwendung gefunden hätten. Zudem habe die sachlich-rechnerische Berichtigung nur unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X vorgenommen werden können, weil nicht nur ein "kleinerer Anteil" von 15 % der Honorarforderung betroffen gewesen sei. Unter Zugrundelegung der abgerechneten Punkte, nicht der Eurobeträge, seien im Jahr 2006 Anteile zwischen 23,97 % und 35,26 % betroffen gewesen. Gemessen am Gesamthonorar habe die Rückforderung einen Anteil von 25,19 % erfasst. Gleiches gelte im Ergebnis für das Kalenderjahr 2007, in dem zwischen 24,64 % und 16,84 % der abgerechneten Punkte gekürzt worden seien. Bezogen auf das Gesamthonorar habe der Rückforderungsbetrag in Höhe von 84 104,76 Euro einen Anteil von 17,93 % ausgemacht. Es sei damit kein "kleinerer Anteil" mehr betroffen. Zudem sei das LSG im Rahmen seiner Hilfserwägungen zu Unrecht davon ausgegangen, dass sie, die Klägerin, die Rechtswidrigkeit der Honorarbescheide gekannt oder in Folge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Zutreffend sei zwar, dass ihr die Grenzleistungsvolumina bekannt gewesen seien. Jedoch sei ihr nicht bekannt gewesen, dass die Beklagte diese bei Erlass der Honorarbescheide nicht beachtet habe. Dies sei auch nicht ohne Weiteres erkennbar gewesen.

12

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. Oktober 2012 und des Sozialgerichts Stuttgart vom 10. November 2011 sowie die Bescheide der Beklagten vom 10. Februar 2009 und 10. März 2009 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 30. November 2009 aufzuheben.

13

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

14

Sie verteidigt die Urteile des SG und des LSG. Die fehlende Anhörung sei durch Nachholung im Widerspruchsverfahren geheilt worden. Die streitgegenständlichen Bescheide seien auch materiell rechtmäßig. Es sei keine der Fallgruppen einschlägig, in denen nach der Rechtsprechung des BSG im Falle der sachlich-rechnerischen Richtigstellung von Honorarbescheiden Vertrauensschutz gewährt werden könne. Die Berichtigungsbefugnis sei auch nicht deshalb beschränkt gewesen, weil sich die Vorläufigkeit von Honorarbescheiden nur auf "kleinere Anteile" der Honorarforderung beziehen dürfe. Das BSG habe offen gelassen, ob diese Begrenzung überhaupt für alle Fälle sachlich-rechnerischer Richtigstellungen gelte. Jedenfalls habe das LSG zutreffend ausgeführt, dass die Rechtsprechung des BSG nicht auf Fälle übertragbar sei, in denen der Fehler der Sphäre des Vertragsarztes zuzurechnen sei.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Beklagte war berechtigt, die Abrechnungen der Klägerin sachlich-rechnerisch richtig zu stellen, weil sie die für ihre Job-Sharing-Praxis geltenden Gesamtpunktzahlvolumina in den streitbefangenen Quartalen überschritten hat.

16

1. Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Soweit die Klägerin unter Bezugnahme auf ein Urteil des 4. Senats des BSG vom 9.11.2010 (B 4 AS 37/09 R - SozR 4-1300 § 41 Nr 2) das Fehlen der erforderlichen Anhörung rügt, greift dies nicht durch. Zwar ist die Klägerin vor Erlass der Richtigstellungsbescheide nicht angehört worden, die Anhörung ist aber mit dem Widerspruchsverfahrens nachgeholt worden. Eine Heilung des Verfahrensmangels kann nach den mit der Anhörung verfolgten Funktionen noch während des Widerspruchsverfahrens erfolgen, wenn dem Betroffenen während des Vorverfahrens - zB durch Einlegung des Widerspruchs - hinreichende Gelegenheit gegeben worden ist, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (BSG, aaO, RdNr 17 unter Bezugnahme auf BSGE 89, 111, 114 = SozR 3-1300 § 1 Nr 1; BSG SozR 4-1300 § 24 Nr 1). Für die Nachholung der fehlenden Anhörung während eines gerichtlichen Verfahrens hat der 4. Senat in der genannten Entscheidung gefordert, dass sichergestellt wird, dass die Nachholung der Verfahrenshandlung sich in einer dem Anhörungsverfahren möglichst vergleichbaren Situation vollzieht. Die Beklagt hat der Klägerin hier in den Ausgangsbescheiden alle entscheidungserheblichen Haupttatsachen mitgeteilt, sodass sie durch Einlegung des Widerspruchs hinreichend Gelegenheit hatte, sich zu diesen zu äußern.

17

2. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung und Rückforderung ist § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V(in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetztes vom 14.11.2003 , insofern in der Folgezeit unverändert). Danach stellt die KÄV die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots -, erbracht und abgerechnet worden sind. Die Befugnis zu Richtigstellungen besteht auch für bereits erlassene Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung). Sie bedeutet dann im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheids. Die genannten Bestimmungen stellen Sonderregelungen dar, die gemäß § 37 Satz 1 SGB I in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 SGB X verdrängen(stRspr, zB BSGE 89, 62, 66 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 345 f und BSGE 89, 90, 93 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 6 f; BSG SozR 4-5520 § 32 Nr 2 RdNr 10; BSGE 96, 1, 2 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 12). Eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-)Rücknahme des Honorarbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus(BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 3; BSGE 89, 62, 75 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 355; BSGE 96, 1, 3 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 12; aaO, Nr 3 RdNr 18).

18

Die Tatbestandsvoraussetzung für eine nachträgliche sachlich-rechnerische Richtigstellung nach § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V ist vorliegend erfüllt, weil die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina nicht berücksichtigt wurden und daher die Honorarbescheide für die streitbefangenen Quartale rechtswidrig sind. In wessen Verantwortungsbereich die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt, ist unerheblich; einzige tatbestandliche Voraussetzung ist die Rechtswidrigkeit des Honorarbescheides (vgl BSGE 93, 69, 71 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 7 - hierzu Engelhard, jurisPR-SozR 44/2004 Anm 1).

19

Der ZA hat auf der Grundlage von Abschnitt 4a Nr 23a ff BedarfsplRL (idF vom 8.1.1999, BAnz Nr 61 S 5243 vom 30.3.1999; seit der Neufassung vom 15.2.2007 mit Wirkung ab dem 1.4.2007, BAnz Nr 64 S 3491 vom 31.3.2007, §§ 23a ff; zur weiteren BedarfsplRL-Änderung, die am 1.1.2013 in Kraft getreten ist, siehe die Neufassung der BedarfsplRL vom 20.12.2012, BAnz vom 31.12.2012, Bekanntmachung Nr 7, mit Neunummerierung der §§ 23a-23m als §§ 40-47, 58-62)mit Beschluss vom 1.10.2004 die Gesamtpunktzahlvolumina für die Job-Sharing-Praxis festgelegt (vgl zur Berechnung der Leistungsbegrenzung BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 12 RdNr 21 ff). Diesen Beschluss hat die Klägerin nicht angegriffen, sodass Bestandskraft eingetreten ist. Auch die Beklagte, die den Honoraranspruch des Vertragsarztes festsetzt, ist an die bestandskräftige Beschränkung des Leistungsumfangs aufgrund der Genehmigung der Anstellung einer Ärztin in der Praxis der Klägerin unter Job-Sharing-Bedingungen gebunden.

20

Die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina hat die Klägerin in den streitbefangenen Quartalen überschritten. Die Überschreitungen der Gesamtpunktzahlvolumina in Höhe von insgesamt 3 042 024,5 Punkten für das Jahr 2006 und 2.067.732,3 Punkten für das Jahr 2007 wurden in den Honorarbescheiden zunächst nicht berücksichtigt.

21

3. Die Befugnis der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der fehlerhaften Honorarbescheide war auch nicht durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes eingeschränkt.

22

a) Der Vertragsarzt kann nach der Rechtsprechung des Senats auf den Bestand eines vor einer endgültigen Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit erteilten Honorarbescheides grundsätzlich nicht vertrauen (stRspr zB BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 4; BSGE 89, 90, 94 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 7 mwN; zuletzt: BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 24 RdNr 18). Die Auskehrung der Gesamtvergütungsanteile durch die KÄV im Wege der Honorarverteilung ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass diese quartalsmäßig auf die Honoraranforderungen ihrer Vertragsärzte hin Bescheide zu erlassen hat, ohne dass sie - aus rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen - die Rechtmäßigkeit der Honoraranforderungen hinsichtlich ihrer sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Leistungserbringung bereits umfassend überprüfen konnte. Die Berechtigung der KÄV zur Rücknahme rechtswidriger Honorarbescheide ist nicht auf die Berichtigung von Fehlern aus der Sphäre des Vertragsarztes beschränkt, sondern besteht umfassend, unabhängig davon, in wessen Verantwortungsbereich die allein maßgebliche sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt.

23

Die umfassende Berichtigungsbefugnis der KÄV, die den Besonderheiten und Erfordernissen der Honorarverteilung Rechnung trägt, ist daher im Hinblick auf den gebotenen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu begrenzen. Das gilt nach der Rechtsprechung des Senats sowohl für Unrichtigkeiten, die ihre Ursache in der Sphäre des Vertragsarztes finden, wie auch bei anderen Fehlern, etwa der Unwirksamkeit der generellen Grundlagen der Honorarverteilung. Insbesondere im letztgenannten Fall müssen die Interessen des einzelnen Arztes an der Kalkulierbarkeit seiner Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit einerseits und die Angewiesenheit der KÄV auf die Weitergabe nachträglicher Änderungen der rechtlichen Grundlagen der Honorarverteilung an alle Vertragsärzte andererseits zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden (BSGE 93, 69, 72 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 9 mwN). Zur generellen Sicherstellung dieses Interessenausgleichs und damit zur Beurteilung der Frage, in welchen Konstellationen das Vertrauen des Vertragsarztes auf den Bestand eines rechtswidrigen, ihn begünstigenden Verwaltungsaktes schutzwürdig ist, hat der Senat Fallgruppen herausgearbeitet, in denen die Befugnis zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen aus Gründen des Vertrauensschutzes begrenzt ist (zusammenfassend BSGE 96, 1, 4 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 14 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 16; vgl im Einzelnen zu den Fallgruppen Clemens, in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 106a SGB V RdNr 189 ff; Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: April 2012, K § 106a RdNr 33 ff; Harneit, in: Festschrift 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, 2008, 361, 366 ff; Knopp, Die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, 2009, 180 ff).

24

b) Die nachträgliche Korrektur eines Honorarbescheids nach den Vorschriften über die sachlich-rechnerische Richtigstellung ist nicht mehr möglich, wenn die Frist von vier Jahren seit Erlass des betroffenen Honorarbescheids bereits abgelaufen ist (BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16 mwN; vgl jüngst zur Hemmung der vierjährigen Ausschlussfrist BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 35/12 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 10; vgl im Hinblick auf die Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V auch: BSG Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 27/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 19 ff; Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 45/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 16 ff). Eine Rücknahme des Honorarbescheides ist nach Ablauf der Frist nur noch unter Berücksichtigung der Vertrauensausschlusstatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X möglich. Diese Fallgruppe ist vorliegend nicht einschlägig, da ersichtlich die Frist von vier Jahren, die nach der Rechtsprechung des Senats am Tag nach der Bekanntgabe des Honorarbescheides beginnt (vgl BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16; BSG Urteil vom 28.3.2007 - B 6 KA 26/06 R - Juris RdNr 16; BSGE 106, 222, 236 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 60 mwN), nicht abgelaufen ist.

25

c) Weiterhin ist die Befugnis der KÄV zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung aus Vertrauensschutzgesichtspunkten eingeschränkt, soweit die KÄV ihre Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung bereits "verbraucht" hat, indem sie die Honoraranforderung des Vertragsarztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft und vorbehaltlos bestätigt hat (BSGE 89, 90, 98 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 11 f; bekräftigt in BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 19). In diesem Fall ist die jedem Honorarbescheid innewohnende spezifische Vorläufigkeit und damit die Anwendbarkeit der Berichtigungsvorschriften entfallen (vgl BSGE 93, 69, 74 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 15). Auch eine solche Fallkonstellation ist hier nicht gegeben.

26

d) Darüber hinaus ist nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu beachten, wenn die KÄV es unterlassen hatte, bei der Erteilung des Honorarbescheids auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung oder ihrer Auslegung (BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSGE 93, 69, 75 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 16; BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 20) oder auf ein noch nicht abschließend feststehendes Gesamtvergütungsvolumen (BSGE 96, 1, 7 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 20)hinzuweisen und durch einen Vorläufigkeitshinweis zu manifestieren. Der Vorläufigkeitshinweis muss sich dabei nicht ausdrücklich aus dem Honorarbescheid selbst ergeben, es genügt vielmehr, dass sich der Vorbehalt aufgrund bestehender Ungewissheiten ausreichend deutlich aus den Gesamtumständen ergibt (zB BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 20; BSGE 96, 1, 7 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 20; BSGE 98, 169, 177 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 28). Hat die KÄV einen derartigen Hinweis in der notwendigen Form unterlassen, sind die Berichtigungsvorschriften zwar weiterhin anwendbar, wegen des durch das Verhalten der KÄV begründeten Vertrauensschutzes der Vertragsärzte ist für die Aufhebung eines Honorarbescheides aber nur Raum, wenn in entsprechender Anwendung des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X Vertrauensausschlusstatbestände gegeben sind(BSGE 96, 1, 5 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 16). Eine solche Fallkonstellation liegt hier nicht vor. Im Hinblick auf den hier maßgeblichen Grund für die Richtigstellung, die Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina, bestand bei Erlass der Honorarbescheide keine Ungewissheit im genannten Sinn. Weder waren die normativen Grundlagen der Honorarverteilung betroffen, noch Unsicherheiten im Hinblick auf das Gesamtvergütungsvolumen. Die Richtigstellung resultierte vielmehr aus Besonderheiten der Honorarbegrenzung für Job-Sharing-Praxen, über die bei Erlass der Honorarbescheide auch keine Unsicherheit bestand.

27

e) Schließlich ist die Richtigstellungsbefugnis der KÄV begrenzt, wenn die Besonderheiten der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, die in der Rechtsprechung für die Verdrängung der Regelung des § 45 SGB X durch die Vorschriften über die sachlich-rechnerische Richtigstellung angeführt worden sind, nicht konkret tangiert sind(BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 18 ff; BSGE 96, 1, 6 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 26). Diese Fallgruppe erfasst die fehlerhafte Abrechnung im Einzelfall etwa infolge eines Rechenfehlers oder der versehentlichen Verwendung eines falschen Berechnungsfaktors. Auch in einem solchen Fall wird die Honorarberichtigung zwar nach den einschlägigen bundesmantelvertraglichen Regelungen durchgeführt, im Rahmen des Berichtigungsverfahrens sind indes die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs 2 iVm Abs 4 SGB X entsprechend heranzuziehen(vgl BSGE 93, 69, 76 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 18). Ein solcher Sachverhalt gibt keinen Anlass, von den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen abzuweichen, wonach die Behörde vorbehaltlich der besonderen Tatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 SGB X das Risiko dafür trägt, dass sie einen für den Bürger günstigen Verwaltungsakt erlässt, der sich nachträglich als teilweise rechtswidrig erweist(BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 20). Eine Beschränkung der Richtigstellungsbefugnis der Beklagten ergibt sich auch unter diesem Gesichtspunkt nicht. Die Umsetzung der Bescheide der Zulassungsgremien über die Punktzahlobergrenzen nach Zulassungen oder Arztanstellungen unter Job-Sharing-Bedingungen in den Honorarbescheiden der vertragsärztlichen Praxen betrifft spezifische Umstände der Honorierung der vertragsärztlichen Leistungen. Die ursprünglichen Honorarbescheide der Beklagten gegenüber der Klägerin enthielten dementsprechend keinen Rechenfehler oder vergleichbare Defizite, die Beklagte hatte sie vielmehr bewusst - wie bei allen anderen Job-Sharing-Praxen - zunächst ohne Anwendung der Regelungen über die Leistungsgrenzen erstellt. Ob das für diese Vorgehensweise angeführte Argument einer Entlastung der Verwaltung bei der zeitnahen Erstellung der Honorarbescheide das Gewicht hat, das die Beklagte ihm zumisst, kann auf sich beruhen. Jedenfalls vollzog die Richtigstellung mit der Umsetzung der Folgen einer Überschreitung der Abrechnungsgrenzen einen komplexen Berechnungsschritt bei Festsetzung des vertragsärztlichen Honorars nach. Mit den in der Entscheidung des Senats vom 30.6.2004 (BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 20) angesprochenen individuellen Rechtsanwendungsfehlern ohne Bezug zu den Besonderheiten der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen hat das keine Berührungspunkte.

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f) Ob daneben ein allgemeiner Vertrauensschutz weiterhin in Betracht kommt, wenn die KÄV die rechtswidrige Erbringung bestimmter Leistungen in Kenntnis aller Umstände längere Zeit geduldet hat, diese später jedoch insgesamt von einer Vergütung ausschließt, kann offen bleiben (vgl BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 16, hieran anknüpfend: Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: April 2012, K § 106a RdNr 33e; ebenso Harneit, in: Festschrift 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, 2008, 361, 370 ff; Knopp, Die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, 2009, 181). Die bloße fehlerhafte Zahlung über einen längeren Zeitraum ist jedenfalls nicht geeignet, Vertrauensschutz zu begründen (BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 24). Es würde ansonsten die 4jährige Ausschlussfrist, innerhalb der die KÄV fehlerhafte Abrechnungen berichtigen kann, leer laufen. Eine vergleichbare Situation mit der wissentlichen Duldung systematisch fachfremder Tätigkeit oder einer Leistungserbringung ohne die hierzu erforderliche Abrechnungsgenehmigung (vgl BSGE 89, 90, 102 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 14; BSG SozR 3-2500 § 135 Nr 6 S 35) liegt nicht vor. Die Beklagte hat gegenüber allen Job-Sharing-Praxen zunächst Honorarbescheide ohne Berücksichtigung der Obergrenzen erteilt und später eine Neufestsetzung entsprechend der für die einzelne Praxis für das jeweilige Quartal maßgeblichen Punktzahlobergrenzen vorgenommen. Damit konnten für die betroffenen Praxen Unsicherheiten verbunden sein, insbesondere weil den ursprünglichen Honorarbescheiden kein Hinweis beigefügt war, wonach die Umsetzung der Punktzahlobergrenzen einem späteren Bescheid vorbehalten bleibe. Diese Verwaltungspraxis, die die Beklagte bereits seit längerem schon zugunsten einer quartalsgleichen Berücksichtigung der Leistungsgrenzen aufgegeben hat, rechtfertigt für die hier streitbefangenen Quartale jedoch nicht den Vorwurf eines widersprüchlichen Verhaltens. Ein solcher Vorwurf wäre nur gerechtfertigt, wenn die Beklagte zuvor einen Vertrauenstatbestand gesetzt hätte. Daran fehlt es aber. Die Begrenzung der Gesamtpunktzahl erfolgte im Zulassungsverfahren durch den Zulassungsausschuss und nicht die KÄV. Über diese Festsetzung kann die KÄV weder allein noch einvernehmlich mit dem Vertragsarzt disponieren. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die KÄV nach § 23f BedarfsplRL aF(heute § 45 BedarfsplRL) die Anpassungen der Gesamtpunktzahlvolumina vornimmt. Aus der Nichtberücksichtigung der Grenze bei der Honorarberechnung konnte mithin nicht gefolgert werden, dass die Punktzahlbegrenzung von der KÄV aufgehoben worden wäre. Nur dann hätte die KÄV sich mit der Richtigstellung aber zu ihrem früheren Verhalten in Widerspruch gesetzt.

29

g) Es besteht hier auch kein Anlass, über die in der Rechtsprechung des Senats anerkannten Konstellationen hinaus Vertrauensschutz zu gewähren. Ein Schutzbedürfnis der Klägerin, das mit demjenigen in den anerkannten Fallgruppen vergleichbar ist, besteht nicht.

30

4. Die Richtigstellung und Rückforderung kann schließlich nicht unter dem Gesichtspunkt beanstandet werden, dass die Richtigstellung von Honorarbescheiden sich jeweils nur auf kleinere Anteile der Honorarforderung des Vertragsarztes beziehen darf. Der Senat hat in zwei Entscheidungen, in denen ein Vorläufigkeitsvorbehalt zu beurteilen war, mit dem die KÄV unter Berufung auf umstrittene Regelungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen alle Honorarbescheide versehen hatte, ausgeführt, dass sich die Vorläufigkeit des Honorarbescheides ihrem Gegenstand nach nur auf begrenzte Teile des Honorarbescheides bzw - wirtschaftlich betrachtet - kleinere Anteile der Honorarforderung des Vertragsarztes beziehen darf. Eine Vorläufigkeit, die es ermöglichen würde, das vertragsärztliche Honorar für ein bestimmtes Quartal auf die Hälfte des Betrages zu reduzieren, der sich aus dem Honorarbescheid zunächst ergibt, nähme diesem Bescheid den Charakter als Regelung des Honoraranspruchs des Vertragsarztes für ein Kalendervierteljahr, weil dem Arzt in der Sache lediglich eine Abschlagzahlung zugebilligt würde (BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 20). Diese Aussage bezieht sich indes allein auf pauschale Richtigstellungsvorbehalte (vgl BSGE 93, 69, 73 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 13; BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSGE 96, 1, 7 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 21; noch offengelassen im Beschluss vom 3.2.2010 - B 6 KA 22/09 B - Juris RdNr 16; ebenso Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand: November 2011, K § 85 RdNr 153c). Nur in diesem Fall liegt eine allein dem Verantwortungsbereich der Beklagten zuzurechnende Unsicherheit über die Höhe des zu leistenden Honorars vor, die nur in begrenztem Umfang an den Vertragsarzt weitergegeben werden darf. In allen anderen Fällen besteht eine solche Grenze nicht. Es liegt auf der Hand, dass die Beklagte nicht gehindert ist, etwa in Fällen umfangreicher Falschabrechnung die Abrechnung des Vertragsarztes in vollem Umfang und nicht nur hinsichtlich eines prozentualen Anteils richtigzustellen.

31

Ob hier ein "kleinerer Anteil" des Gesamthonorars im Sinne der Rechtsprechung des Senats betroffen war, kann mithin offenbleiben. Es spricht aber viel dafür, dass dies der Fall war. In der Rechtsprechung des Senats ist eine Größenordnung von 15 % noch als "kleinerer Anteil" gewertet worden (vgl BSGE 96, 1, 7 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 21 mwN). Dieser Wert wurde jedoch ausdrücklich nicht als Obergrenze bezeichnet. Die Frage, ab welchem Prozentsatz eine Rückforderung dem Honorarbescheid seinen Regelungscharakter nimmt, entzieht sich nach der Rechtsprechung des Senats vielmehr einer generellen Festlegung, weil insoweit die näheren Umstände in die Beurteilung einzubeziehen sind (BSG Beschluss vom 3.2.2010 - B 6 KA 22/09 B - Juris RdNr 18). Zudem ist es, wenn eine Rückforderung wegen desselben Sachverhalts mehrere Quartale umfasst, nicht zu beanstanden, wenn der Beurteilung nicht die einzelne Überschreitung im Quartal, sondern der gemittelte Umfang der Überschreitung über die betroffenen Quartale hinweg zugrunde gelegt wird. Jedenfalls käme in derartigen Fällen die Zugrundelegung eines höheren Toleranzwertes in Betracht (BSG aaO). Gemessen an den Euro-Beträgen lag der durchschnittliche Anteil der Rückforderung am Honorar im Jahr 2006 bei 25,19 % und im Jahr 2007 bei 17,93 %, bezogen auf den gesamten Zeitraum bei 21,56 %. Diese Werte dürften noch nicht als zu hoch angesehen werden.

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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung des § 154 Abs 2 VwGO. Danach hat die Klägerin auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 26. Februar 2014 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten auch für das Revisionsverfahren.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Richtigkeit der Honorarabrechnungen von Vertragsärzten, soweit diese im Quartal II/2007 für Schwangerschaftsbetreuungen die Nr 01770 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für die ärztlichen Leistungen (EBM-Ä) abgerechnet haben.

2

Mit Schreiben vom 29.11.2007 machte die klagende Krankenkasse gegenüber der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) geltend, dass im Quartal II/2007 die Nr 01770 EBM-Ä in 152 Fällen zu Unrecht abgerechnet worden sei. Der von der Beklagten für das Quartal II/2007 geforderte Gesamtbetrag in Höhe von 11 528 033,77 Euro werde daher um 16 832,48 Euro gekürzt (110,74 Euro <2280 Punkte x 4,857 Cent> x 152); die vorgenannte Leistungsziffer könne je Quartal nur einmal von einem Arzt abgerechnet werden. Dies gelte auch dann, wenn die Schwangere in einem Quartal von mehreren Ärzten betreut worden sei.

3

Die Beklagte folgte dem Begehren der Klägerin in insgesamt sieben Fällen, lehnte aber im Übrigen die Vornahme von Berichtigungen ab. In sieben Fällen seien Gutschriften erfolgt, in den übrigen Fällen sei jedoch keine Berichtigung vorzunehmen. Es sei für die in Anspruch genommenen Gynäkologen nicht erkennbar gewesen, dass weitere Gynäkologen in die Betreuung der Schwangeren eingebunden gewesen seien (Widerspruchsbescheid vom 11.4.2012).

4

Auf die hiergegen erhobene Klage hob das SG die angefochtenen Bescheide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides auf und verurteilte die Beklagte, über die Honorarberichtigungsanträge der Klägerin erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Die Beklagte habe über die Anträge der Klägerin zutreffend durch Verwaltungsakt entschieden; die entsprechende Befugnis ergebe sich aus § 10 des zwischen der Klägerin und der Beklagten am 13.12.1995 geschlossenen Gesamtvertrages. Die Bescheide seien jedoch materiell rechtswidrig. Der Wortlaut der Nr 01770 EBM-Ä sei eindeutig. In Abs 3 Satz 1 Nr 01770 EBM-Ä sei geregelt, dass die Leistungsziffer nur von einem Vertragsarzt im Quartal abgerechnet werden dürfe. Diese Regelung werde durch den nachfolgenden zweiten Satz des Absatzes nicht eingeschränkt, es werde vielmehr klargestellt, dass die Regelung auch in den dort genannten Konstellationen und damit umfassend Anwendung finde. Die Verwendung des Wortes "auch" in diesem zweiten Satz verdeutliche gerade, dass der Abrechnungsausschluss sogar dann gelten solle, wenn eine Betreuung durch mehrere Vertragsärzte stattfinde. Eine Ausnahme von dem Abrechnungsausschluss könne auch nicht aus dem Klammerzusatz zu Satz 2 abgeleitet werden. Die einleitende Formulierung "z. B." in der Klammer gebe zu erkennen, dass es sich um eine nicht abschließende Aufzählung handele, in der der Abrechnungsausschluss "auch" Anwendung finde. Es sei davon auszugehen, dass der Bewertungsausschuss (BewA), sofern er bestimmte Fallkonstellationen von dem Abrechnungsausschluss habe ausnehmen wollen, dies entsprechend formuliert hätte (Urteil vom 26.2.2014).

5

Mit ihrer Revision macht die Beklagte geltend, der Wortlaut der Nr 01770 EBM-Ä sei nicht eindeutig. Durch den zweiten Satz des dritten Absatzes der Leistungsziffer werde eine Einschränkung vorgenommen. Anderenfalls wäre dieser Satz überflüssig, weil der erste Satz des dritten Absatzes für sich genommen klar formuliert sei. Die Wendung "dies gilt auch" beziehe sich zwar auf den ersten Satz des dritten Absatzes, der Klammerzusatz enthalte indes Sachverhalte, die jeweils eine Kenntnis der beteiligten Ärzte von einer Vorbehandlung voraussetzten. Durch die Einleitung mit "z. B." würde aber auch Raum für Konstellationen eröffnet, in denen Ärzte Schwangere betreuten, ohne Kenntnis von der Vorbehandlung zu haben. Sinn und Zweck des Abrechnungsausschlusses sei es, demjenigen Vertragsarzt die Vergütung zukommen zu lassen, der die Schwangere in dem Quartal tatsächlich betreut habe. In diese Zielrichtung füge sich auch die mit Wirkung zum 1.4.2005 vorgenommene Ergänzung des Klammerzusatzes um "im Notfall" ein, da ein solcher wie die Mitbehandlung und die Vertretung keine umfassende Betreuung der Schwangeren darstelle. Es sei damit eindeutig, dass mehrere Ärzte die Nr 01770 EBM-Ä abrechnen dürften, wenn sie den Leistungsinhalt erbracht, also die Schwangere betreut, hätten. Im Ergebnis seien zwei Konstellationen denkbar, in denen ein Arzt - neben dem ursprünglich die Betreuung durchführenden Arzt - die Betreuung mit allen Leistungen im Sinne der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (jetzt: des Gemeinsamen Bundesausschusses ) über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung (Mutterschafts-Richtlinien) durchführe: Dies könne zum einen der Fall sein, wenn die Schwangere im laufenden Quartal den betreuenden Arzt vollständig wechsele. Zum anderen könne dies auch der Fall sein, wenn sich der die Betreuung durchführende Vertragsarzt in Unkenntnis darüber befinde, dass die Schwangere im selben Quartal bereits von einem anderen Arzt betreut worden sei. Diese beiden Fälle von der Abrechnungsmöglichkeit der Nr 01770 EBM-Ä auszuschließen, sei mit der Entstehungsgeschichte der aus der Nr 100 EBM-Ä in der ab dem 1.7.1997 geltenden Fassung hervorgegangenen Leistungsposition nicht vereinbar. Es sei nicht Sinn des Leistungsausschlusses gewesen, die Problematik einer mehrfachen Durchführung der Leistungen in der Weise zu Lasten der Vertragsärzte zu lösen, dass diese ihre Leistungen nicht vergütet bekämen.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG Mainz vom 26.2.2014 aufzuheben und die Klage der Klägerin gegen die Bescheide vom 3.11.2009, vom 25.1.2010 und vom 25.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.4.2012 abzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Die Klägerin hält das Urteil des SG für zutreffend. Der Wortlaut der Nr 01770 EBM-Ä sei eindeutig. Satz 1 des dritten Absatzes dieser Ziffer sehe einen ausnahmslosen Ausschluss der Mehrfachabrechnung vor. Dieser Grundsatz werde durch Satz 2 des dritten Absatzes nur konkretisiert, nicht aber beschränkt. Hätten hier Ausnahmen, etwa für den Fall eines Arztwechsels, vorgesehen werden sollen, hätte es insbesondere angesichts der Rechtsprechung des BSG nahe gelegen, dass diese ausdrücklich aufgeführt worden wären. Entgegen der Ansicht der Beklagten komme es nicht darauf an, ob der "Zweitbehandler" Kenntnis von einer Vorbehandlung gehabt habe. Im Übrigen könne auch der entstehungsgeschichtlichen Auslegung der Beklagten nicht gefolgt werden. Selbst wenn die Begründung der Gebührenordnungskommission zur Auslegung herangezogen werden könnte, ließe sich hieraus nicht ableiten, dass es Ausnahmen von dem Abrechnungsausschluss geben müsse. Vielmehr habe ausweislich der Begründung "unmissverständlich" klargestellt werden sollen, dass die pauschal vergütete Betreuung der Schwangeren nur einmal abgerechnet werden könne. Aus der Ergänzung des Klammerzusatzes um den Notfall werde zudem ersichtlich, dass der BewA keine Kenntnis von der Betreuung durch einen anderen Vertragsarzt habe fordern wollen, da gerade der Notfall eine klassische Fallgestaltung sei, in der eine solche nicht bestehe. Soweit die Beklagte schließlich darauf abstelle, dass maßgeblich sei, ob eine ordnungsgemäße Betreuung entsprechend der Mutterschafts-Richtlinien stattgefunden habe, verkenne sie, dass Nr 01770 EBM-Ä wie jede andere Ziffer des EBM-Ä ohnehin nur dann abrechnungsfähig sei, wenn der in ihr beschriebene Leistungsinhalt komplett erbracht worden sei. Würde die Auffassung der Beklagten zu Grunde gelegt, wäre der Leistungsausschluss insgesamt überflüssig.

9

Die zu 1. beigeladene Kassenärztliche Bundesvereinigung (KÄBV) ist der Auffassung, dass sich bereits aus dem Wortlaut von Satz 2 des dritten Absatzes der Leistungsziffer, namentlich dem Klammerzusatz, ergebe, dass der Abrechnungsausschluss nur dann greife, wenn sich der Vertragsarzt bewusst gewesen sei, dass die Versicherte keinen Anspruch auf eine weitere Betreuung gehabt habe. Bestätigt werde dies durch die Hintergründe des Leistungsausschlusses. Aus der Begründung des Vorschlags der Gebührenordnungskommission ergebe sich, dass die Abrechnung der Leistungsziffer nur möglich sein solle, wenn die Betreuung in ihrer ganzen Bandbreite erfolgt sei. Dies sei in den in dem Klammerzusatz aufgeführten Fällen nicht der Fall. Dass im Falle einer bewussten Zweitbehandlung die Abrechnung der Leistungsziffer nicht möglich sei, ergebe sich bereits daraus, dass die Versicherte keine Zweitbetreuung beanspruchen dürfe. Für den Arzt, der Kenntnis von der vorangehenden Betreuung habe, sei die Erbringung der Leistungen folglich erkennbar unwirtschaftlich. Etwas anderes gelte nur in den beiden von der Beklagten genannten Konstellationen: Im Falle eines gewillkürten Wechsels des Vertragsarztes durch die Versicherte müssten sowohl der "alte" wie aber der "neue" Arzt die Pauschale abrechnen können. In der zweiten Konstellation, dass der Vertragsarzt keine Kenntnis von der Zweitbetreuung habe, handele es sich aus dessen Sicht nicht um eine unwirtschaftliche Leistungserbringung. In beiden Fällen würden Leistungen nach den Vorgaben der Mutterschafts-Richtlinien erbracht. Es sei daher unbillig, wenn die Abrechnung der Nr 01770 EBM-Ä in diesen Fällen nicht erfolgen könne. Im Übrigen sprächen auch verfassungsrechtliche Erwägungen für ihre Auffassung. Das Verständnis des SG zu Grunde gelegt, sei der Abrechnungsausschluss unverhältnismäßig. Zumindest, wenn für den Vertragsarzt nicht ersichtlich sei, dass die Versicherte anderweitig betreut werde, ergebe sich sowohl aus Art 12 GG als auch aus Art 20 GG die Notwendigkeit einer verfassungskonformen Auslegung der Nr 01770 EBM-Ä. Es sei nicht erforderlich, dem Vertragsarzt das Risiko der unberechtigten Inanspruchnahme und damit der Abrechenbarkeit der Leistungsziffer aufzuerlegen. Hier sei die Sanktionierung der Schwangeren als milderes Mittel anzusehen, wenn sie den Vertragsarzt in Unkenntnis darüber lasse, dass sie einen zweiten Arzt zur Betreuung in Anspruch nehme. Zudem sei es unverhältnismäßig im engeren Sinne, wenn die Abrechenbarkeit der Leistungsziffer auch bei unbewusster Mitbetreuung ausscheide.

10

Der zu 2. beigeladene GKV-Spitzenverband erachtet das Urteil des SG als zutreffend. Nr 01770 EBM-Ä sei eindeutig formuliert und damit nach der Rechtsprechung des BSG weder auslegungsbedürftig noch -fähig. Für eine systematische oder entstehungsgeschichtliche Auslegung sei folglich kein Raum. Bei der seitens der Beklagten herangezogenen Begründung der Gebührenordnungskommission habe es sich lediglich um eine solche des die Beschlussfassung im BewA vorbereitenden Arbeitsausschusses gehandelt. Zudem habe danach unmissverständlich klargestellt werden sollen, dass die pauschal vergütete Betreuung einer Schwangeren nur einmal abgerechnet werden könne.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der beklagten KÄV hat keinen Erfolg. Das SG hat die Bescheide der Beklagten über die Verweigerung von Honorarberichtigungen zu Recht aufgehoben und die Beklagte zur neuen Entscheidung über die Berichtigungsanträge der klagenden Krankenkasse verpflichtet.

12

A. Der Senat entscheidet - wie das SG - in der sich aus § 40 Satz 1, § 33 Abs 1 Satz 2 und § 12 Abs 3 Satz 1 SGG ergebenden Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und der Krankenkassen. In der vorliegenden Konstellation ist zwischen einer Krankenkasse und einer KÄV streitig, ob Vertragsärzte eine Leistungsposition des EBM-Ä zutreffend angesetzt haben. Zwar stammen die in diesem Verfahren beklagten Bescheide vom Vorstand der Beklagten, also einem Gremium, das nur mit Vertragsärzten besetzt ist. Daraus ist jedoch nicht zu schließen, in einer solchen Konstellation sei in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte zu entscheiden, weil die Ausgangsentscheidung nur von einem mit Ärzten besetzten Gremium getroffen worden sei. Streitgegenstand ist hier der auf § 106a Abs 4 SGB V sowie den Vorschriften der Bundesmantelverträge beruhende Anspruch der Krankenkasse, dass die beklagte KÄV für die Korrektheit der Abrechnungen der Vertragsärzte sorgt. Dieser Streit wurzelt in den Rechtsbeziehungen zwischen einer Krankenkasse und der KÄV, was zur Folge hat, dass an dem Rechtsstreit zwei ehrenamtliche Richter je aus den Kreisen der Vertragsärzte und der Krankenkasse mitwirken müssen (vgl auch Urteil vom 13.5.1998 - B 6 KA 34/97 R - SozR 3-5555 § 10 Nr 1 und vom 28.4.2004 - B 6 KA 19/03 R - SozR 4-2500 § 87 Nr 5, jeweils zum Vertragszahnarztrecht). Das kann zur Folge haben, dass über die Rechtsmäßigkeit von Honorarberichtigungen in unterschiedlichen Besetzungen der Richterbank iS des § 12 Abs 3 SGG zu entscheiden ist, je nachdem, ob die KÄV einem Berichtigungsantrag der Krankenkasse entspricht oder nicht. Kommt sie dem Antrag nach und erlässt gegenüber dem betroffenen Arzt einen entsprechenden Bescheid, ist über die Klage des Arztes gegen diesen Berichtigungsbescheid in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte zu entscheiden. Die Abhängigkeit der Besetzung der Richterbank vom Streitgegenstand - Rechtsverhältnis der KÄV zur Krankenkasse oder zu ihrem Mitglied - gilt auch dann, wenn die betroffenen Ärzte zum Verfahren der Krankenkasse gegen die KÄV oder die Krankenkasse zum Rechtsstreit des Arztes gegen die KÄV (einfach) beigeladen wurden (dazu B.).

13

B. Die von dem Richtigstellungsbegehren mitbetroffenen Vertragsärzte, die in dem Antrag der Klägerin nicht namentlich benannt worden sind, mussten im Revisionsverfahren nicht beigeladen werden. Ein Fall der - im Revisionsverfahren nach § 168 Satz 2 SGG allein zulässigen - notwendigen Beiladung(§ 75 Abs 2 SGG) liegt nicht vor. Im Hinblick auf die Besonderheit der extrabudgetär nach den Grundsätzen einer echten Einzelleistungsvergütung zu honorierenden Leistung nach Nr 01770 EBM-Ä gehen die Beteiligten davon aus, dass der Berichtigungsanspruch der Klägerin allein davon abhängt, dass diese Leistung zu Unrecht abgerechnet worden ist. Steht das fest, lässt sich ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte beziffern, dessen Durchsetzung nicht von der Bestandskraft eines von der Beklagten gegenüber den einzelnen Vertragsärzten zu erlassenden Berichtigungsbescheids abhängt. Deshalb präjudiziert die hier betroffene Entscheidung im Rechtsverhältnis zwischen Kasse und KÄV nicht die Entscheidung im Rechtsverhältnis zwischen der beklagten KÄV und den Ärzten, die die Position Nr 01770 EBM-Ä abgerechnet haben (vgl zum Vertragszahnarztrecht bei Einzelleistungsvergütung SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 5). Da indessen in beiden Rechtsbeziehungen im Kern über die gleiche Rechtsfrage zu entscheiden ist, kann die einfache Beiladung (§ 75 Abs 1 SGG) der mitbetroffenen Ärzte sinnvoll sein, soweit dies nicht im Hinblick auf die uU große Zahl der Betroffenen untunlich ist.

14

C. Die Klägerin hat im ersten Rechtszug eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erhoben. Das beruht auf dem in § 106a Abs 4 Satz 1 SGB V geregelten Recht der Krankenkassen, bei der KÄV ua Prüfungen der sachlichen Richtigkeit der vertragsärztlichen Abrechnungen iS des § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V zu beantragen. Die Klägerin hat sich hier auf einen Bescheidungsantrag beschränkt, auch weil nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten im Hinblick auf die Vergütung der Leistungen nach Nr 01770 EBM-Ä als Einzelleistung zu festen Punktwerten allein mit der rechtskräftigen Feststellung einer fehlerhaften Abrechnung ein Erstattungsanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten besteht. Wie zu verfahren ist, wenn ein Erstattungsanspruch der Krankenkassen nur begründet ist, wenn die KÄV die Honorarberichtigung und die darauf beruhende Rückforderung überzahlten Honorars gegenüber dem einzelnen Vertragsarzt durchsetzen kann, bedarf hier keiner Entscheidung. Anders als die Durchsetzung des hier in Rede stehenden Rückzahlungsanspruchs der Krankenkasse gegen die KÄV hängt die Rechtmäßigkeit von Honorarberichtigungen im Rechtsverhältnis zwischen KÄV und Vertragsarzt nicht allein von der sachlichen Fehlerhaftigkeit der Abrechnung nach § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V, sondern auch davon ab, dass die hierfür geltende vierjährige Ausschlussfrist noch nicht abgelaufen ist(vgl nur BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 12 RdNr 24 mwN) und Vertrauensschutzgesichtspunkte der Berichtigung nicht entgegenstehen (vgl hierzu jüngst BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 38/13 R - Juris RdNr 20 mwN, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Die Krankenkassen haben ungeachtet dessen jedenfalls im Regelfall ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn sie klären lassen wollen, ob Vertragsärzte die Leistungspositionen des EBM-Ä korrekt angewandt haben (vgl zB LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 16.7.2014 - L 9 KA 12/12 - Juris RdNr 37 = GesR 2014, 691, 693 und SG Marburg Urteil vom 3.9.2014 - S 11 KA 718/11 - Juris RdNr 20, 24).

15

D. Die Beklagte war befugt, den Antrag der Klägerin durch Verwaltungsakt zu bescheiden (1.), diesen Antrag hat die Klägerin fristgerecht gestellt (2.), die Beklagte hat jedoch die Durchführung der sachlich-rechnerischen Berichtigung zu Unrecht abgelehnt (3.).

16

1. Das SG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte befugt war, gegenüber der Klägerin durch Verwaltungsakt zu entscheiden. Es entspricht langjähriger Rechtsprechung des Senats, dass Kassenzahnärztliche Vereinigungen (KZÄV) trotz des prinzipiellen Gleichordnungsverhältnisses zu den Kassen bei der Feststellung von Schadensregressen und der Durchführung von sachlich-rechnerischen Abrechnungsberichtigungen einer antragstellenden Kasse gegenüber durch Verwaltungsakt entscheiden. Maßgeblich ist insoweit, dass die KZÄV nach den bundesmantelvertraglichen Regelungen die allgemeine Vertragsinstanz ist, der (auch) die Feststellung obliegt, ob Vertragszahnärzte ihre vertragszahnärztlichen Pflichten verletzt und dadurch der betroffenen Krankenkasse des Versicherten einen Schaden verursacht haben (BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 1 S 3; BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 2 S 8; BSG SozR 3-5555 § 12 Nr 3 S 13, jeweils im Hinblick auf die Befugnis der KZÄV, Schadensersatzansprüche einer Vertragskasse gegen den Vertragszahnarzt wegen Verletzung von Pflichten aus dem Ersatzkassenvertrag-Zahnärzte durch Verwaltungsakt geltend zu machen). Die entsprechende Handlungsbefugnis der KZÄV bei einem Streit um sachlich-rechnerische Honorarberichtigungen hat der Senat ebenso bejaht (BSG SozR 4-5555 § 21 Nr 2 RdNr 16 ff)wie im Falle von Anträgen der (Ersatz-)Kassen gegenüber der KZÄV auf Erstattung von Gutachterkosten im Rahmen zahnprothetischer Versorgung (BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 46/13 R - Juris RdNr 13, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen und Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 5/14 R - Juris RdNr 15).

17

Für Anträge einer Krankenkasse gegenüber einer KÄV gilt nichts anderes. Der KÄV steht, ebenso wie der KZÄV, nach § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V die Honorarprüfungs- und Berichtigungskompetenz zu. Die Krankenkassen können gemäß § 106a Abs 4 Satz 1 SGB V Prüfungen nach § 106a Abs 2 SGB V bei den KÄVen beantragen. Dementsprechend ist die KÄV auch nach den bundesmantelvertraglichen Regelungen die allgemeine Vertragsinstanz im vorgenannten Sinne und die Krankenkassen haben nur ein Antragsrecht für nachgehende sachlich-rechnerische Berichtigungen (vgl § 45 Abs 4 Satz 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte idF vom 1.10.2013, dieser entspricht § 45 Abs 2 Satz 2 BMV-Ä, Stand: 2.3.2006). Dazu regeln gemäß § 45 Abs 4 Satz 2 BMV-Ä die zwischen den Landesverbänden der Kassen und den KÄVen gemäß § 83 Abs 1 SGB V zu schließenden Gesamtverträge das Nähere. Hier haben die Beteiligten in § 10 des zwischen ihnen geschlossenen Gesamtvertrages eine entsprechende Regelung getroffen und sind dabei erkennbar selbst davon ausgegangen, dass die Beklagte in Fällen der vorliegenden Art gegenüber der Klägerin durch Verwaltungsakt handeln darf. Deutlich wird dies in § 10 Abs 6 Satz 3 des Gesamtvertrages, wonach die Krankenkasse "gegen einen ablehnenden Bescheid" Klage erheben kann. Ebenso wie im vertragszahnärztlichen Bereich ist zwar zu berücksichtigen, dass die Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und KÄV einerseits und KÄV und Vertragsarzt andererseits grundsätzlich getrennt sind. Gleichwohl geht es bei Anträgen der Kassen auf sachlich-rechnerische Richtigstellung und bei den die sachlich-rechnerische Korrektur festsetzenden Bescheiden der KÄV gegenüber dem Vertragsarzt der Sache nach vorrangig um dieselbe Frage, ob die vertragsärztliche Abrechnung Fehler aufweist (vgl im Hinblick auf Berichtigungen im vertragszahnärztlichen Bereich: BSG SozR 4-5555 § 21 Nr 2 RdNr 20). Diese Frage kann in beiden Rechtsbeziehungen nur einheitlich beantwortet werden, und Auslegung und Anwendung der maßgeblichen Vorschriften sind deshalb an dem Zweck auszurichten, eine solche einheitliche Entscheidung zu ermöglichen. Das wird verlässlich und rechtssicher dadurch erreicht, dass die KÄV auf einen Antrag einer Krankenkasse auf sachlich-rechnerische Berichtigung dieser wie gegebenenfalls dem Vertragsarzt gegenüber durch Verwaltungsakt entscheidet.

18

2. Die Klägerin hat den Antrag auf sachlich-rechnerische Korrektur fristgerecht gestellt. Gemäß § 10 Abs 4 des zwischen den Beteiligten geschlossenen Gesamtvertrages sind Berichtigungen binnen drei Monaten, in begründeten Ausnahmefällen binnen sechs Monaten, nach Zugang der Abrechnungsunterlagen geltend zu machen. Die Klägerin hat den Antrag auf sachlich-rechnerische Korrektur für das Quartal II/2007 mit Schreiben vom 29.11.2007 gestellt. Ausweislich der Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ging dieser Antrag am 3.12.2007 bei der Beklagten ein.

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3. Das SG hat zutreffend entschieden, dass die Beklagte die Durchführung der sachlich-rechnerischen Berichtigung zu Unrecht abgelehnt hat.

20

a) Gemäß § 106a Abs 1 SGB V prüfen die KÄVen und die Krankenkassen die Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung. Aufgrund von § 106a Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V ist die Beklagte berechtigt und verpflichtet, die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte festzustellen und diese nötigenfalls richtigzustellen. Die Krankenkassen oder ihre Verbände können, sofern dazu Veranlassung besteht, gezielte Prüfungen durch die KÄV nach Absatz 2 beantragen (§ 106a Abs 4 Satz 1 SGB V). Hier hat die Beklagte die Prüfung der ärztlichen Abrechnungen rechtswidrig abgelehnt. Die Leistung nach Nr 01770 EBM-Ä kann je Schwangerer und Quartal auch dann nur von einem Vertragsarzt abgerechnet werden, wenn mehrere Vertragsärzte - gleich aus welchem Grund - mit der Betreuung befasst sind.

21

b) Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl etwa BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 4 mwN; BSGE 88, 126, 127 = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 146; BSG SozR 4-5540 § 44 Nr 1 RdNr 13; BSG Beschluss vom 12.12.2012 - B 6 KA 31/12 B - Juris RdNr 4; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 11) in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Dies gründet sich zum einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers des EBM-Ä - also des BewA gemäß § 87 Abs 1 SGB V - ist, Unklarheiten zu beseitigen(etwa BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 4; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 11). Zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM-Ä als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse oder Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt (BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 11). Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände ist nur dann, wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es einer Klarstellung bedarf. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht, kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben (etwa BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 4 mwN; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 11 und Nr 10 RdNr 10, jeweils mwN; BSG SozR 4-5540 § 44 Nr 1 RdNr 13; BSG Beschluss vom 12.12.2012 - B 6 KA 31/12 B - Juris RdNr 4; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 RdNr 11).

22

Der Wortlaut der Nr 01770 EBM-Ä ist weder unklar oder mehrdeutig (1), noch rechtfertigen ein Rückgriff auf die Entstehungsgeschichte (2) oder Systematik (3) ein anderes Ergebnis. Es liegt auch kein Fall eines Missbrauchs vor, der eine Ausnahme von den vorgenannten Grundsätzen rechtfertigen könnte (4). Schließlich führt der Abrechnungsausschluss auch nicht dazu, dass erbrachte Leistungen nicht angemessen vergütet würden (5).

23

(1) Der Wortlaut der Nr 01770 EBM-Ä ist weder unklar noch mehrdeutig, sondern lässt deutlich erkennen, dass diese Position nicht von mehreren Ärzten je Quartal für die Betreuung einer Schwangeren abgerechnet werden kann. Für die Auffassung der Beklagten, wonach eine Ausnahme vom Prinzip der (nur) einmaligen Abrechenbarkeit in den Fällen bestehe, in denen die Schwangere während des laufenden Quartals den behandelnden Arzt wechsele, und auch dann, wenn der zweite Vertragsarzt in Unkenntnis der Betreuung durch den ersten Arzt tätig geworden sei, ergibt sich aus dem Wortlaut nichts.

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Nr 01770 EBM-Ä lautete im Quartal II/2007 wie folgt:
Betreuung einer Schwangeren gemäß den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung (Mutterschafts-Richtlinien)
Obligater Leistungsinhalt
- Beratungen und Untersuchungen gemäß den Mutterschafts-Richtlinien,
- Ultraschalluntersuchungen nach Anlage 1a und 1b der Mutterschafts-Richtlinien,
- Bilddokumentation(en),
einmal im Behandlungsfall.
Die Berechnung der Leistung nach der Nr. 01770 setzt eine Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung nach der Ultraschall-Vereinbarung gemäß § 135 Abs. 2 SGB V voraus.
Die Leistung nach der Nr. 01770 kann für die Betreuung einer Schwangeren im Laufe eines Quartals nur von einem Vertragsarzt abgerechnet werden. Dies gilt auch, wenn mehrere Vertragsärzte in die Betreuung der Schwangeren eingebunden sind (z. B. bei Vertretung, im Notfall oder bei Mit- bzw. Weiterbehandlung).
Die Leistung nach der Nr. 01770 ist im Behandlungsfall nicht neben den Leistungen nach den Nrn. 33043 und 33044 berechnungsfähig.

25

Nach dem Wortlaut von Abs 3 Satz 1 der Nr 01770 EBM-Ä kann die Leistungsziffer "nur von einem Vertragsarzt" berechnet werden. Hieraus ergibt sich nicht nur, dass allein "ein Vertragsarzt" die Ziffer je Quartal und Schwangerer abrechnen kann, sondern durch die zusätzliche Verwendung des Wortes "nur" wird diese Beschränkung besonders betont.

26

Unklarheiten werden auch durch Abs 3 Satz 2 der Nr 01770 EBM-Ä nicht hervorgerufen. Satz 2 schränkt die Abrechnungsbeschränkung nach Satz 1 - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht ein. Vielmehr betont Satz 2 die Aussage von Satz 1 und verdeutlicht durch die Verwendung des Wortes "auch", dass die Abrechnungsbeschränkung sogar dann gelten soll, wenn mehrere Vertragsärzte in die Betreuung eingebunden sind. Satz 2 stellt somit eine Konkretisierung von Satz 1 dar. Ergänzend enthält der Klammerzusatz zu Satz 2 eine - wie durch die Verwendung der Formulierung "z. B." zum Ausdruck kommt - nicht abschließende Auflistung von Fällen der Einbindung mehrerer Vertragsärzte in die Betreuung, in denen ausdrücklich dennoch nur eine einmalige Abrechnung der Nr 01770 EBM-Ä je Quartal und schwangerer Frau erfolgen darf. Dies sind neben der Vertretung und dem Notfall namentlich die Fälle der Mit- oder Weiterbehandlung. Hierdurch wird zum Ausdruck gebracht, dass nicht nur die eher punktuelle Einbindung in die Betreuung wie etwa im Falle der Vertretung oder des Notfalls die mehrfache Abrechnung der Nr 01770 EBM-Ä ausschließt, sondern dies auch dann gelten soll, wenn - wie bei der Mit- oder Weiterbehandlung - durch den weiteren Arzt uU längerfristig eine Betreuung der Schwangeren erfolgt.

27

Der EBM-Ä definiert zwar die Begriffe "Mitbehandlung" und "Weiterbehandlung" nicht. Dem Sprachgebrauch nach ist jedoch unter einer "Weiterbehandlung" eine "weitere, die bisherige Behandlung fortsetzende Behandlung" zu verstehen. Nach § 24 Abs 7 Nr 4 BMV-Ä idF vom 1.10.2013 (dieser entspricht § 24 Abs 7 Nr 4 BMV-Ä, Stand: 2.3.2006) wird bei einer Überweisung zur Weiterbehandlung die gesamte diagnostische und therapeutische Tätigkeit dem weiterbehandelnden Vertragsarzt übertragen (§ 24 Abs 7 Nr 4 BMV-Ä). Demgegenüber erfolgt eine Überweisung zur Mitbehandlung nach § 24 Abs 7 Nr 3 BMV-Ä idF vom 1.10.2013 zur gebietsbezogenen Erbringung begleitender oder ergänzender diagnostischer oder therapeutischer Maßnahmen, über deren Art und Umfang der Vertragsarzt entscheidet, an den überwiesen wurde. Im letztgenannten Fall einer Mitbehandlung behandelt der zunächst tätig werdende Arzt den Patienten folglich auch weiterhin, während im Falle einer Weiterbehandlung künftig ausschließlich derjenige Arzt tätig wird, der die weitere Behandlung übernimmt. Durch die ausdrückliche Nennung der Weiterbehandlung kommt zum Ausdruck, dass eine mehrfache Abrechnung von Nr 01770 EBM-Ä auch in den einer Weiterbehandlung vergleichbaren Fällen ausgeschlossen sein soll, in denen die Betreuung der Schwangeren durch mehrere zeitlich nacheinander tätig werdende Vertragsärzte erfolgt.

28

Deutlich wird vor diesem Hintergrund zugleich, dass die Auffassung der Beklagten, der Abrechnungsausschluss gelte nicht für mehrere eigenständige "Betreuungen", nicht in Einklang mit dem Wortlaut der Regelung steht (aA allerdings ohne Begründung Köhler/Hess, Kölner Kommentar zum EBM, Stand: 1.10.2013, zu Nr 01770 S 122; so im Anschluss daran - allerdings ebenfalls ohne nähere Begründung - wohl auch Bayerisches LSG Beschluss vom 30.7.2009 - L 12 B 1074/08 KA ER - Juris RdNr 20). Durch die Beispiele in dem Klammerzusatz zu Satz 2 wird klargestellt, dass auch etwa der Weiterbehandlung vergleichbare Fälle, in denen also nacheinander von mehreren Ärzten der Leistungsinhalt der Nr 01770 EBM-Ä erbracht wird, von dem Abrechnungsausschluss erfasst sein sollen. Dabei handelt es sich indes gerade um "mehrere Betreuungen" im Sinne der Auffassung der Beklagten. Insoweit kann auch aus der Formulierung "eingebunden" in Abs 3 Satz 2 der Regelung nichts anderes abgeleitet werden, da Einbindung nicht meinen kann, dass die Betreuung - verstanden als Erbringung des Leistungsinhalts - durch mehrere Vertragsärzte erfolgen kann. Ein anderes Ergebnis wäre widersprüchlich. Um Nr 01770 EBM-Ä abrechnen zu können, muss, wie bei jeder Leistungsziffer des EBM-Ä, grundsätzlich der vollständige Leistungsinhalt durch den Vertragsarzt erfüllt werden. Der Hinweis in Satz 2 hat somit von vornherein nur Bedeutung, wenn die angesprochenen "mehreren Vertragsärzte" jeweils den gesamten Leistungsinhalt erbracht haben. Insoweit bestehen erhebliche Zweifel, ob dies im Rahmen eines Notfalls oder einer Vertretung möglich ist, da in Nr 01770 EBM-Ä gerade keine Einzelleistung, sondern ein umfassender Leistungskomplex beschrieben wird. Dies führt allerdings nicht dazu, dass die Formulierung "Betreuung" in Satz 1 aufgrund einer Zusammenschau mit Satz 2, insbesondere aufgrund des Klammerzusatzes, so - wie von der Beklagten vorgeschlagen - zu verstehen wäre, dass "mehrere Betreuungen" in einem Quartal die mehrfache Abrechnung der Leistungsziffer auslösen könnten. Dieses Verständnis zu Grunde gelegt, wäre Abs 3 der Nr 01770 EBM-Ä, worauf die Klägerin zutreffend hingewiesen hat, vielmehr insgesamt überflüssig. Ausreichend wäre in diesem Fall der in Abs 1 enthaltene Verweis auf die einmalige Abrechenbarkeit im Behandlungsfall (zur Definition des Behandlungsfalles s § 21 Abs 1 BMV-Ä).

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Entgegen der Ansicht der Beklagten lässt sich dem Wortlaut von Nr 01770 Abs 3 Satz 2 EBM-Ä auch nicht entnehmen, dass Voraussetzung für den Abrechnungsausschluss die Kenntnis des die Behandlung übernehmenden Arztes von der Vorbehandlung sei, mit der Folge, dass dieser nicht greife, wenn der weitere Vertragsarzt hiervon keine Kenntnis habe. Der Leistungslegende ist kein derartiges Wissenselement zu entnehmen. Durch die Verwendung der Formulierung "z. B." in dem Klammerzusatz wird vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass auch andere Formen der Betreuung durch mehrere Vertragsärzte erfasst sein sollen. Hätten solche Betreuungen, die in Unkenntnis der "Vor-" oder Mitbetreuung erfolgen, von dem Abrechnungsverbot ausgenommen werden sollen, hätte es eines entsprechenden Zusatzes bedurft. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der eingangs erläuterten Rechtsprechungsgrundsätze zur Auslegung der Gebührenordnung, die sowohl zum Zeitpunkt der Beschränkung der Abrechenbarkeit der damaligen Nr 100 EBM-Ä (der heutigen Nr 01770 EBM-Ä) zum Quartal III/1996 auf einmal je Behandlungsfall als auch insbesondere zum Zeitpunkt der Formulierung des im Wesentlichen (später wurde mit Wirkung zum Quartal II/2005 nur noch der Klammerzusatz um den "Notfall" ergänzt) heute noch geltenden Abs 3 zum Quartal III/1997 bereits etabliert und den Normgebern des EBM-Ä nach § 87 Abs 1 SGB V folglich bekannt waren(vgl nur bereits BSGE 46, 140, 143 = SozR 5533 Nr 45 Nr 1 S 4 mwN).

30

(2) Unabhängig von dem Umstand, dass in Anwendung der eingangs genannten Grundsätze wegen des eindeutigen Wortlauts kein Raum mehr für eine entstehungsgeschichtliche Auslegung ist, würde eine solche zu keinem anderen Ergebnis führen. Insoweit kann auch offenbleiben, ob die Begründung des Arbeitsausschusses des BewA aus dessen 138. Sitzung vom 18.2.1997 zu der Ergänzung von Nr 100 EBM-Ä um Abs 3 überhaupt im Sinne der eingangs genannten Rechtsprechung des Senats als "Dokument, in dem die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben" angesehen werden und damit zu einer entstehungsgeschichtlichen Auslegung herangezogen werden kann. Vorgenannter Begründung ist zu entnehmen, dass Nr 100 EBM-Ä bei Einführung der Praxisbudgets zum 1.7.1997 als nicht budgetierte Einzelleistung berechnungsfähig blieb. "Deswegen" sollte "unmissverständlich klargestellt werden, dass die pauschal vergütete Betreuung einer Schwangeren jeweils nur von dem die Schwangere betreuenden Arzt abgerechnet werden kann." Bis dato sei es häufig zu Fehlinterpretationen, insbesondere bei Mit- oder Weiterbehandlungen, gekommen.

31

Weil gerade die erwähnten Fehlinterpretationen vermieden werden sollten, wird erkennbar, dass durch den in Abs 3 Satz 2 der Regelung normierten Klammerzusatz gerade keine Einschränkung von Abs 3 Satz 1, sondern vielmehr eine Klarstellung im bereits aufgezeigten Sinn erreicht werden sollte. Unterstützt wird damit die sich aus dem Wortlaut ergebende Auslegung, wonach Satz 2 der Betonung und Verdeutlichung der in Satz 1 genannten Aussage dienen soll. Zudem ergibt sich aus dem ersten Teil der Begründung, wonach "unmissverständlich" die nur einmalige Abrechenbarkeit der damaligen Nr 100 EBM-Ä (aF) klargestellt werden sollte, dass dies ausnahmslos gelten soll. Deutlich wird diese Intention auch durch den Verweis darauf, dass Nr 100 EBM-Ä (aF) bei Einführung der Praxisbudgets als nicht in ein Budget einbezogene Einzelleistung berechnungsfähig bleiben und "deswegen" die Klarstellung erfolgen sollte. Die Privilegierung, die die Leistungen aufgrund der nicht erfolgten Budgetierung erfahren, sollte erkennbar nur einem Vertragsarzt zukommen. Das war und ist im Hinblick auf den Charakter der Leistung nach Nr 01770 EBM-Ä sachgerecht.

32

Zum Leistungsinhalt gehören neben Beratungen und Untersuchungen gemäß den Mutterschafts-Richtlinien, Ultraschalluntersuchungen nach Anlage 1a und 1b der Mutterschafts-Richtlinien sowie Bilddokumentation(en). In Teil A der Mutterschafts-Richtlinien (idF vom 10.12.1985, zuletzt geändert am 24.3.2003, BAnz Nr 126 vom 11.7.2003 S 14906, in Kraft getreten am 12.7.2003) sind die "Untersuchungen und Beratungen" während der Schwangerschaft näher konkretisiert. Insbesondere handelt es sich dabei um eine umfassende Anamnese (Familien-, Eigen-, Schwangerschafts- sowie Arbeits- und Sozialanamnese, Nr 2a), eine Allgemein- und gynäkologische Untersuchung (Nr 2b), Gewichtskontrolle, Blutdruckmessung, Untersuchung des Mittelstrahlurins auf Eiweiß, Zucker und Sediment, Hämoglobinbestimmung (im Regelfall ab dem 6. Monat), Kontrolle des Standes der Gebärmutter, der kindlichen Herzaktion, Feststellung der Lage des Kindes (Nr 4) und ein Ultraschallscreening entsprechend der Anlage 1a (Nr 5). Ergeben sich aus dem Screening auffällige Befunde, insbesondere bei den in Anlage 1b aufgeführten Indikationen, sind diese Kontroll-Untersuchungen auch außerhalb der vorgegebenen Untersuchungszeiträume als Bestandteil des Screenings durchzuführen (ebenfalls Nr 5). Nr 100 EBM-Ä stellte demnach eine Pauschale dar, durch die der standardisierte, in der Regel bei allen Schwangeren zu erbringende "Aufwand" in Form von Untersuchungen und Beratungen, die gesamte Dokumentation sowie die Standardlabordiagnostik (vgl auch Köhler/Hess, Kölner Kommentar zum EBM, Stand: 1.10.2013, zu Nr 01770 S 120) als Leistungen der Prävention insgesamt abgegolten werden soll. Diese ist insoweit aber "privilegiert", als dass sie als nicht budgetierte Leistung und zudem - aufgrund der Erfassung mehrerer Leistungen mit der Komplexvergütung - mit einer verhältnismäßig hohen Punktzahl vergütet werden sollte (zunächst war Nr 100 EBM-Ä mit 1850 Punkten, im streitgegenständlichen Quartal war die Nr 01770 EBM-Ä mit 2280 Punkten bewertet; aktuell sind nur noch 1093 Punkte vorgesehen). Der Umstand, dass "deswegen" die unmissverständliche Klarstellung der nur einmal möglichen Abrechenbarkeit erfolgen sollte, lässt erkennen, dass hier gerade aufgrund der vorgenannten "Privilegierung" eine Fallvermehrung durch Einbindung weiterer Vertragsärzte in die Grundbetreuung der Schwangeren vermieden und über die Vergütung sichergestellt werden sollte, dass die Leistungserbringung allein durch einen Vertragsarzt erfolgt.

33

(3) Auch eine systematische Auslegung würde ebenfalls nicht zu dem Ergebnis führen, dass in bestimmten Konstellationen eine Mehrfachabrechnung der Nr 01770 EBM-Ä möglich ist. Wegen der bereits erwähnten gebotenen Zurückhaltung der Gerichte bei der Auslegung von Gebührenordnungen kann eine systematische Interpretation lediglich im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Gebührenregelungen erfolgen (BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 4 mwN).

34

Die in einem inneren Zusammenhang mit Nr 01770 EBM-Ä stehenden Ziffern des Kapitels 1.7.4 (Mutterschaftsvorsorge) liefern keine Hinweise für eine systematische Auslegung mit dem von der Beklagten für richtig gehaltenen Ergebnis. Die nachfolgenden Nrn 01772 bis 01775 EBM-Ä haben die weiterführenden Sonographien nach Anlagen 1c und 1d der Mutterschafts-Richtlinien zum Gegenstand, die über die von Nr 01770 EBM-Ä erfassten Untersuchungen hinaus zur Abklärung bestimmter fetaler Merkmale oder konkreter pathologischer Befunde notwendig sind und damit nicht mehr dem standardisierten Bereich zugeordnet werden können. Es handelt sich hierbei folglich weder um der Nr 01770 EBM-Ä vergleichbare Komplexvergütungen noch findet sich eine vergleichbare Abrechnungsbeschränkung. Allein verdeutlicht wird, dass Nr 01770 EBM-Ä in einem Komplex diejenigen Leistungen umfasst, die regelhaft bei jeder Schwangerschaft durchzuführen sind, während andere Untersuchungen, wie etwa die nach Nr 01772 EBM-Ä abrechenbare "weiterführende sonographische Diagnostik I", eigenständig abrechenbar sind. Sind aber die "Grundleistungen" in einem nicht aufteilbaren Komplex zusammengefasst und erstreckt sich die Erbringung dieser Leistungen aufgrund der zeitlichen Vorgaben in den Mutterschafts-Richtlinien zwangsläufig über einen längeren Zeitraum, liegt es auf der Hand, dass dieser Komplex von einem Vertragsarzt erbracht werden soll, der diesen entsprechend nur einmal je Quartal abrechnen können soll.

35

(4) Schließlich steht der Auffassung der Beklagten auch der eingangs genannte Grundsatz entgegen, wonach die Gerichte grundsätzlich nicht mit punktuellen Entscheidungen in das Gefüge des EBM-Ä eingreifen dürfen (vgl nur BSG SozR 5530 Allg Nr 1 S 4; BSGE 46, 140, 143 = SozR 5533 Nr 45 Nr 1 S 4; BSGE 58, 35, 37 f = SozR 5557 Nr 1 Nr 1 S 3 f; BSG Urteil vom 5.5.1988 - 6 RKa 13/87 - Juris RdNr 13; BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 5 S 22; BSG Beschluss vom 21.10.1992 - 6 BKa 2/92 - Juris RdNr 6; BSGE 83, 205, 208 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 214). Ausnahmen davon hat der Senat nur für seltene Fälle als denkbar erachtet, in denen die zur Bewertung der ärztlichen Leistungen berufenen Selbstverwaltungsorgane ihren Regelungsspielraum überschritten oder ihre Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgeübt haben (etwa BSG SozR 5530 Allg Nr 1 S 4; BSG SozR 3-5533 Nr 115 Nr 1 S 2 mwN; BSGE 83, 218, 220 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 109 mwN; BSGE 83, 205, 208 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 214 f; BSG Urteil vom 26.1.2000 - B 6 KA 59/98 R - Juris RdNr 18). Dies ist insbesondere der Fall, wenn sich die Selbstverwaltungsorgane bei dem ihnen aufgetragenen Interessenausgleich von sachfremden Erwägungen haben leiten lassen, indem sie etwa eine ärztliche Minderheitsgruppe bei der Honorierung willkürlich benachteiligt haben (BSG SozR 5530 Allg Nr 1 S 4; BSG SozR 3-5533 Nr 115 Nr 1 S 2; BSGE 83, 218, 220 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 109 mwN). Ein solcher Verstoß der Regelung gegen das Gleichbehandlungsgebot nach Art 3 Abs 1 GG würde jedoch nicht die Nichtigkeit der Regelung begründen, sondern nur ihre Unvereinbarkeit mit dem GG. Dem Normgeber wäre zunächst Gelegenheit zu einer Neuregelung zu geben, bevor eine abschließende Entscheidung ergehen könnte (ausführlich BSGE 83, 218, 223 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 113; vgl jüngst auch BSG SozR 4-2500 § 135 Nr 20 RdNr 46 ff, auch für BSGE vorgesehen).

36

Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor. Zwar führt der Abrechnungsausschluss dazu, dass ein Vertragsarzt, der - gleich aus welchen Gründen - in dem maßgeblichen Quartal den vollständigen Leistungsinhalt erbracht hat, diese umfassende Betreuung aber nicht als erster Vertragsarzt durchgeführt hat, die Leistung nach Nr 01770 EBM-Ä nicht abrechnen kann. Es ist jedoch weder ersichtlich, dass sachfremde Erwägungen maßgebend für den Abrechnungsausschluss gewesen wären noch führt dieser zu der Benachteiligung einer bestimmten ärztlichen Gruppe. Vielmehr sprechen sachliche Gründe dafür, die hoch bewertete Leistung als nur einmal berechnungsfähig auszugestalten. Durch die "Zusammenfassung" standardisierter Maßnahmen, die regelmäßig bei allen Schwangeren nach einem bestimmten zeitlichen Schema durchzuführen sind, will der BewA über die Vergütungsebene sicherstellen, dass die Beurteilung eines Schwangerschaftsrisikos gleichsam aus einer Hand erfolgt und eine gewisse Dauerhaftigkeit der ärztlichen Begleitung sichergestellt ist. Da erst nach Erfassung der anamnestischen Daten und Durchführung standardisierter Untersuchungen, wie der Ultraschalluntersuchungen nach Anlage 1a und 1b Mutterschafts-Richtlinien, die Zuordnung etwa zu einer Risikogruppe möglich ist und so die weitere Betreuung organisiert werden kann, erweist sich dieser Gedanke als sachgerecht. Im Übrigen korrespondiert diese Einschränkung auf Vergütungsebene mit dem Rechtsgedanken des § 76 Abs 1 Satz 1, Abs 3 Satz 1 SGB V, wonach Versicherte zwar grundsätzlich unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern frei wählen können, jedoch innerhalb eines Kalendervierteljahres den Arzt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln sollen.

37

Durch den Abrechnungsausschluss wird auch nicht eine Minderheitsgruppe benachteiligt. Gemäß Nr 3 der Präambel zu Nr 1.7 EBM-Ä sind die Leistungen ua des Abschnitts 1.7.4 grundsätzlich nur von Fachärzten für Frauenheilkunde berechnungsfähig; die von diesem Grundsatz vorgesehenen Ausnahmen greifen bezüglich Nr 01770 EBM-Ä nicht. Diese dem Grunde nach zur Berechnung der Nr 01770 EBM-Ä berechtigten Fachärzte sind indes gleichermaßen von der Regelung betroffen, da der Abrechnungsausschluss nicht auf die Zugehörigkeit zu einer ärztlichen Gruppe abstellt. Maßgeblich für den Abrechnungsausschluss ist vielmehr, ob der Vertragsarzt als Erster in dem jeweiligen Quartal die Schwangere betreut und den obligaten Leistungsinhalt der Nr 01770 EBM-Ä in dem jeweiligen Quartal erbracht hat; betroffen sind also alle Ärzte der Gruppe in grundsätzlich gleichem Maße.

38

Zu berücksichtigen ist schließlich, dass sich der Vertragsarzt vor einer Erbringung der Leistungen in Unkenntnis des Umstandes, dass diese schon durch einen anderen Arzt erbracht sind, jedenfalls in gewissem Umfang durch eine Einsichtnahme in den Mutterpass und die Befragung der Versicherten selbst schützen kann. Gemäß Teil H Nr 1 der Mutterschafts-Richtlinien in der hier maßgeblichen Fassung vom 10.12.1985, zuletzt geändert am 24.3.2003, stellt der Arzt nach Feststellung der Schwangerschaft einen Mutterpass aus, sofern die Schwangere einen solchen nicht bereits besitzt. Nach diesem richten sich gemäß Teil H Nr 2 der Mutterschafts-Richtlinien die von dem Arzt vorzunehmenden Eintragungen der Ergebnisse der Untersuchungen im Rahmen der ärztlichen Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung. Durch Einsichtnahme in den Mutterpass kann der Vertragsarzt folglich grundsätzlich erkennen, ob die durch Nr 01770 EBM-Ä erfassten standardisierten Untersuchungen in dem entsprechenden Quartal schon erbracht wurden. Zwar lässt sich auf diese Weise nicht ausschließen, dass im Einzelfall eine Versicherte vorgibt, einen solchen (noch) nicht zu haben. Dieses theoretisch mögliche Fehlverhalten einer Versicherten belegt jedoch nicht, dass der BewA durch den generellen Ausschluss der Doppelabrechnung der Nr 01770 EBM-Ä seinen Bewertungsspielraum überschritten hätte. Kann der Vertragsarzt anhand des Mutterpasses im Regelfall nachvollziehen, dass die von Nr 01770 EBM-Ä umfassten Leistungen in dem entsprechenden Quartal (ganz oder teilweise) bereits erbracht wurden, dürfte die nochmalige Erbringung der Leistung unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebotes (§ 2 Abs 4, § 12 SGB V) zum einen nicht geboten sein, zum anderen kann der Vertragsarzt die Schwangere unter Berücksichtigung des § 76 Abs 3 SGB V in der Regel für das entsprechende Quartal auf den bisher die standardisierte Betreuung durchführenden Arzt verweisen, sofern kein Notfall vorliegt. Die Krankenkassen sind gehalten, diesen Zusammenhang auch ihren Versicherten zu verdeutlichen und sie dahingehend zu informieren, dass diese den Zweitbehandler darüber in Kenntnis setzen sollen, dass eine ärztliche Schwangerschaftsfeststellung schon erfolgt ist, und dass der für die Fortführung der Behandlung ausgewählte Vertragsarzt nicht generell rechtswidrig handelt, wenn er die umfassende Begleitung der Schwangerschaft erst mit Beginn des Folgequartals übernehmen will.

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(5) Schließlich führt der Abrechnungsausschluss auch nicht dazu, dass erbrachte Leistungen nicht angemessen vergütet würden. Im Hinblick auf die vorrangige Funktionszuweisung an den BewA nach § 87 SGB V, den Inhalt der abrechenbaren Leistungen und ihre Punktzahlen zu bestimmen, sowie an die Vertragsparteien der Gesamtverträge, nach Maßgabe des § 85 Abs 3 SGB V aF die Gesamtvergütungen zu bemessen, kann das Niveau von Vergütungen erst dann von den Gerichten beanstandet werden, wenn die Funktionsfähigkeit der Versorgung mangels ausreichenden Anreizes, vertragsärztlich tätig zu werden, gefährdet wäre(vgl BSGE 75, 187, 189 f = SozR 3-2500 § 72 Nr 5 S 6 f; BSGE 78, 191, 199 = SozR 3-2200 § 368i Nr 1 S 10; BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 5 f mwN). Da die Vergütung nicht für jede Leistung kostendeckend sein muss und sich die Frage der Kostendeckung auch nicht auf die bei einem einzelnen Arzt anfallenden Kosten beziehen kann, ergibt sich selbst aus einer etwaigen Kostenunterdeckung bei einzelnen Leistungen kein zwingender Grund für eine bestimmte Auslegung des Gebührentatbestandes (BSG SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 6).

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Der Abrechnungsausschluss in Nr 01770 EBM-Ä hat nicht zur Folge, dass erbrachte Leistungen nicht abgerechnet werden könnten oder nur eine unangemessene Vergütung iS von § 72 Abs 2, § 85 Abs 3 SGB V gewährt würde. In der Präambel zu Nr 1.7.4 EBM-Ä wird klargestellt, dass "Leistungen der Mutterschaftsvorsorge, die bei Vertretung, im Notfall oder bei Mit- bzw. Weiterbehandlung erbracht werden, … nach den kurativen Leistungspositionen berechnungsfähig [sind], wobei die nach Maßgabe der Kassenärztlichen Vereinigung für präventive Leistungen vorgegebene Kennzeichnung zu beachten ist". Unabhängig von dem Umstand, dass dies auch für alle anderen aufgrund des Abrechnungsausschlusses nach Abs 3 von einer weiteren Abrechnung der Leistungsposition ausgeschlossenen Konstellationen dem Grunde nach gelten muss, wird hierdurch zum Ausdruck gebracht, dass in diesen Fällen weitere Abrechnungsmöglichkeiten bestehen. Wie bereits dargelegt, umfasst der obligate Leistungsinhalt der Nr 01770 EBM-Ä neben den allgemeinen Beratungen und Untersuchungen insbesondere Ultraschalluntersuchungen. Die Einzelleistungen der Ultraschalldiagnostik sind nach Kapitel 33 und damit grundsätzlich nach den dort normierten Positionen berechnungsfähig. In Betracht kommen hier insbesondere die Nrn 33043 (Sonographische Untersuchung eines oder mehrerer Uro-Genital-Organe mittels B-Mode-Verfahren, 230 Punkte im Quartal II/2007) und 33044 EBM-Ä (Sonographische Untersuchung eines oder mehrerer weiblicher Genitalorgane, ggf. einschließlich Harnblase, mittels B-Mode-Verfahren, 380 Punkte im Quartal II/2007), die dementsprechend nicht neben Nr 01770 EBM-Ä berechnungsfähig sind. Laborleistungen können grundsätzlich nach den Positionen des Kapitels 32 (Laboratoriumsmedizin, Molekulargenetik und Molekularpathologie) berechnet werden, etwa Nr 32031 EBM-Ä (Mikroskopische Untersuchung des Harns auf morphologische Bestandteile). Vor diesem Hintergrund liegt der seitens der zu 1. beigeladenen KÄBV gerügte Verstoß gegen Art 12 Abs 1 GG und gegen Art 20 GG erkennbar nicht vor.

41

Im Ergebnis ist der Abrechnungsausschluss damit nicht zu beanstanden. Namentlich entspricht es dem in § 76 Abs 3 Satz 1 SGB V zum Ausdruck kommenden Quartalsbindungsgedanken, dass die von Nr 01770 EBM-Ä erfassten Komplexleistungen in einem Quartal von nur einem Vertragsarzt erbracht und entsprechend berechnet werden können. Soweit § 76 Abs 3 Satz 1 SGB V von dieser grundsätzlichen Bindung eine Ausnahme bei Vorliegen eines wichtigen Grundes vorsieht, enthält Nr 01770 EBM-Ä indes kein entsprechendes Korrelat. Insoweit könnte es sachgerecht sein, diesen Gedanken auch auf Nr 01770 EBM-Ä zu übertragen und (bei Vorliegen der Voraussetzungen im Übrigen) eine wiederholte Berechnung von Nr 01770 EBM-Ä ausnahmsweise dann zu erlauben, wenn die Versicherte zwar zunächst von einem - zur Berechnung der Nr 01770 EBM-Ä berechtigten - Vertragsarzt behandelt wird, jedoch aus einem wichtigen Grund iS von § 76 Abs 3 Satz 1 SGB V während des Quartals den betreuenden Arzt wechselt. Ein solcher Grund kann etwa vorliegen, wenn der Versicherten eine weitere Behandlung nicht mehr zumutbar ist (s BSG SozR 4-5555 § 15 Nr 1 RdNr 17), weil etwa das Vertrauensverhältnis zu dem behandelnden Arzt objektiv zerstört ist. Eine solche Ausnahme wäre insbesondere vor dem Hintergrund zu erwägen, dass die standardisierten Leistungen bei Schwangeren nach einem festen zeitlichen Schema zu erfolgen haben, der Schwangeren also nach einer massiven Störung des Vertrauensverhältnisses zum "Erstbehandler" möglicherweise nicht stets zugemutet werden kann, den Beginn des folgenden Quartals abzuwarten und erst dann den behandelnden Arzt zu wechseln. Es ist Sache des BewA, die für und gegen eine derartige Ausnahme von generellen Abrechnungsausschluss sprechenden Gesichtspunkte zu bewerten. In Betracht kommt dabei auch, die punktzahlmäßige Bewertung der Betreuungsleistungen des "Zweitbehandlers" zu vermindern, um von vornherein keine Anreize zu einem arztinduzierten Behandlerwechsel zu geben.

42

E. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO); eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst.

(1) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen vereinbaren mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen durch Bewertungsausschüsse als Bestandteil der Bundesmantelverträge einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die ärztlichen und einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die zahnärztlichen Leistungen, im ärztlichen Bereich einschließlich der Sachkosten. In den Bundesmantelverträgen sind auch die Regelungen, die zur Organisation der vertragsärztlichen Versorgung notwendig sind, insbesondere Vordrucke und Nachweise, zu vereinbaren. Bei der Gestaltung der Arzneiverordnungsblätter ist § 73 Abs. 5 zu beachten. Die Arzneiverordnungsblätter sind so zu gestalten, daß bis zu drei Verordnungen je Verordnungsblatt möglich sind. Dabei ist für jede Verordnung ein Feld für die Auftragung des Kennzeichens nach § 300 Abs. 1 Nr. 1 sowie ein weiteres Feld vorzusehen, in dem der Arzt seine Entscheidung nach § 73 Abs. 5 durch Ankreuzen kenntlich machen kann. Die für eine Verordnung nach § 37 Absatz 8 zu verwendenden Vordrucke und Nachweise sind so zu gestalten, dass sie von den übrigen Verordnungen nach § 37 zu unterscheiden sind. Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen prüfen, inwieweit bislang papiergebundene Verfahren zur Organisation der vertragsärztlichen Versorgung durch elektronische Kommunikationsverfahren ersetzt werden können. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen regeln in dem Bundesmantelvertrag für Zahnärzte bis zum 31. Dezember 2019 das Nähere zu einem elektronischen Beantragungs- und Genehmigungsverfahren für bewilligungspflichtige zahnärztliche Leistungen. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen können die an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer durch Regelungen im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte dazu verpflichten, die für die Beantragung von bewilligungspflichtigen Leistungen notwendigen Angaben an die jeweilige Kassenzahnärztliche Vereinigung und an die jeweilige Krankenkasse im Wege elektronischer Datenübertragung zu übermitteln. Zur Durchführung der elektronischen Antrags- und Genehmigungsverfahren sind die an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer befugt, die hierfür erforderlichen versichertenbezogene Angaben an die jeweilige Kassenzahnärztliche Vereinigung und an die jeweilige Krankenkasse zu übermitteln. Die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung ist befugt, die für die Durchführung der elektronischen Antrags- und Genehmigungsverfahren erforderlichen versicherungsbezogenen übermittelten Angaben zu verarbeiten. Für die Übermittlung digitaler Vordrucke und Nachweise sind die Dienste der Telematikinfrastruktur zu nutzen, sobald diese zur Verfügung stehen. Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen ist mit Wirkung zum 1. Januar 2021 vorzusehen, dass Leistungen nach § 346 Absatz 1 Satz 1 und 3 zur Unterstützung der Versicherten bei der Verarbeitung medizinischer Daten in der elektronischen Patientenakte im aktuellen Behandlungskontext vergütet werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2022 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen vorzusehen, dass Leistungen nach § 346 Absatz 3 zur Unterstützung der Versicherten bei der erstmaligen Befüllung der elektronischen Patientenakte im aktuellen Behandlungskontext vergütet werden. Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen ist vorzusehen, dass Leistungen im aktuellen Behandlungskontext zur Aktualisierung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 sowie Leistungen zur Aktualisierung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 und 7 zusätzlich vergütet werden.

(1a) In dem Bundesmantelvertrag haben die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen festzulegen, dass die Kosten für Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen, soweit die gewählte Versorgung der Regelversorgung nach § 56 Abs. 2 entspricht, gegenüber den Versicherten nach Absatz 2 abzurechnen sind. Darüber hinaus sind im Bundesmantelvertrag folgende Regelungen zu treffen: Der Vertragszahnarzt hat vor Beginn der Behandlung einen kostenfreien Heil- und Kostenplan zu erstellen, der den Befund, die Regelversorgung und die tatsächlich geplante Versorgung auch in den Fällen des § 55 Abs. 4 und 5 nach Art, Umfang und Kosten beinhaltet. Im Heil- und Kostenplan sind Angaben zum Herstellungsort des Zahnersatzes zu machen. Der Heil- und Kostenplan ist von der Krankenkasse vor Beginn der Behandlung insgesamt zu prüfen. Die Krankenkasse kann den Befund, die Versorgungsnotwendigkeit und die geplante Versorgung begutachten lassen. Bei bestehender Versorgungsnotwendigkeit bewilligt die Krankenkasse die Festzuschüsse gemäß § 55 Abs. 1 oder 2 entsprechend dem im Heil- und Kostenplan ausgewiesenen Befund. Nach Abschluss der Behandlung rechnet der Vertragszahnarzt die von der Krankenkasse bewilligten Festzuschüsse mit Ausnahme der Fälle des § 55 Abs. 5 mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung ab. Der Vertragszahnarzt hat bei Rechnungslegung eine Durchschrift der Rechnung des gewerblichen oder des praxiseigenen Labors über zahntechnische Leistungen und die Erklärung nach Anhang XIII Abschnitt 1 der Verordnung (EU) 2017/745 in der jeweils geltenden Fassung beizufügen. Der Bundesmantelvertrag regelt auch das Nähere zur Ausgestaltung des Heil- und Kostenplans, insbesondere muss aus dem Heil- und Kostenplan erkennbar sein, ob die zahntechnischen Leistungen von Zahnärzten erbracht werden oder nicht.

(1b) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren im Bundesmantelvertrag erstmals bis spätestens zum 30. Juni 2016 die Voraussetzungen für eine besonders qualifizierte und koordinierte palliativ-medizinische Versorgung. Im Bundesmantelvertrag sind insbesondere zu vereinbaren:

1.
Inhalte und Ziele der qualifizierten und koordinierten palliativ-medizinischen Versorgung und deren Abgrenzung zu anderen Leistungen,
2.
Anforderungen an die Qualifikation der ärztlichen Leistungserbringer,
3.
Anforderungen an die Koordination und interprofessionelle Strukturierung der Versorgungsabläufe sowie die aktive Kooperation mit den weiteren an der Palliativversorgung beteiligten Leistungserbringern, Einrichtungen und betreuenden Angehörigen,
4.
Maßnahmen zur Sicherung der Versorgungsqualität.
Der Bundesärztekammer und der Bundespsychotherapeutenkammer sowie den in § 92 Absatz 7b genannten Organisationen ist vor Abschluss der Vereinbarung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in den Entscheidungsprozess einzubeziehen. Auf der Grundlage der Vereinbarung hat der Bewertungsausschuss den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen nach Absatz 2 Satz 2 zu überprüfen und innerhalb von sechs Monaten nach dem in Satz 1 genannten Zeitpunkt anzupassen. Der Bewertungsausschuss hat dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre beginnend zum 31. Dezember 2023 über die Entwicklung der abgerechneten palliativ-medizinischen Leistungen auch in Kombination mit anderen vertragsärztlichen Leistungen, über die Zahl und Qualifikation der ärztlichen Leistungserbringer, über die Versorgungsqualität sowie über die Auswirkungen auf die Verordnung der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung zu berichten. Das Bundesministerium für Gesundheit kann das Nähere zum Inhalt des Berichts und zu den dafür erforderlichen Auswertungen bestimmen.

(1c) Die Krankenkassen können in den in § 275 Absatz 1, 2 und 3 geregelten Fällen insbesondere

1.
bei kieferorthopädischen Maßnahmen,
2.
bei der Behandlung von Parodontopathien,
3.
bei der Versorgung von Zahnersatz und Zahnkronen, einschließlich der Prüfung der Gewährleistung nach § 136a Absatz 4 Satz 3,
4.
für implantologische Maßnahmen bei Ausnahmeindikationen gemäß § 28 Absatz 2 Satz 9
abweichend von § 275 Absatz 1, 2 und 3 statt einer gutachterlichen Stellungnahme des Medizinischen Dienstes eine gutachterliche Stellungnahme im Wege des nach Satz 2 im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehene Gutachterverfahrens einholen. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren im Bundesmantelvertrag das Nähere zu einem Gutachterverfahren für Zahnärzte insbesondere zur Bestellung der Gutachter, zur Einleitung des Gutachterverfahrens und zur Begutachtung sowie die Maßnahmen und Behandlungen die Gegenstand des Gutachtenverfahrens sein können. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen sowie für ihren regionalen Zuständigkeitsbereich die Partner der Gesamtverträge können vereinbaren, dass die Krankenkassen einheitlich für die im Bundesmantelvertrag näher bestimmten Maßnahmen und Behandlungen ausschließlich das nach Satz 2 vorgesehene Gutachterverfahren anwenden oder ausschließlich die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst vornehmen lassen. Der behandelnde Vertragszahnarzt ist verpflichtet, dem von der Krankenkasse benannten vertragszahnärztlichen Gutachter die für die gutachterliche Stellungnahme erforderlichen Daten zu übermitteln. Der vertragszahnärztliche Gutachter darf die vom Vertragszahnarzt übermittelten Daten nur zur Erstellung der in Satz 1 genannten gutachterlichen Stellungnahme verarbeiten. Im Übrigen gelten § 275 Absatz 5, § 276 Absatz 1, 2 Satz 2 und Absatz 3 und § 277 Absatz 1 Satz 1 bis 3 für das im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehene Gutachterwesen entsprechend.

(2) Der einheitliche Bewertungsmaßstab bestimmt den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander; soweit möglich, sind die Leistungen mit Angaben für den zur Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand des Vertragsarztes zu versehen; dies gilt nicht für vertragszahnärztliche Leistungen. Die Bewertungsmaßstäbe sind in bestimmten Zeitabständen auch daraufhin zu überprüfen, ob die Leistungsbeschreibungen und ihre Bewertungen noch dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik sowie dem Erfordernis der Rationalisierung im Rahmen wirtschaftlicher Leistungserbringung entsprechen, wobei in die Überprüfung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen auch die Regelung nach § 33 Absatz 9 erstmalig bis spätestens zum 31. Oktober 2012 einzubeziehen ist; bei der Bewertung der Leistungen ist insbesondere der Aspekt der wirtschaftlichen Nutzung der bei der Erbringung von Leistungen eingesetzten medizinisch-technischen Geräte zu berücksichtigen. Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen sind die Bewertung der Leistungen nach Satz 1 und die Überprüfung der wirtschaftlichen Aspekte nach Satz 2, insbesondere bei medizinisch-technischen Geräten, unter Berücksichtigung der Besonderheiten der betroffenen Arztgruppen auf in bestimmten Zeitabständen zu aktualisierender betriebswirtschaftlicher Basis durchzuführen. Grundlage der Aktualisierung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen bilden grundsätzlich die vom Statistischen Bundesamt nach dem Gesetz über die Kostenstrukturstatistik bei Arzt- und Zahnarztpraxen sowie bei Praxen von psychologischen Psychotherapeuten erhobenen Daten der Kostenstruktur; ergänzend können sachgerechte Stichproben bei vertragsärztlichen Leistungserbringern verwendet werden. Der Bewertungsausschuss hat die nächste Überprüfung gemäß Satz 3 und die anschließende Aktualisierung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen spätestens bis zum 29. Februar 2020 mit der Maßgabe durchzuführen, insbesondere die Angemessenheit der Bewertung von Leistungen zu aktualisieren, die einen hohen technischen Leistungsanteil aufweisen. Hierzu legt der Bewertungsausschuss dem Bundesministerium für Gesundheit spätestens bis zum 31. August 2019 ein Konzept vor, wie er die verschiedenen Leistungsbereiche im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen einschließlich der Sachkosten anpassen wird. Dabei soll die Bewertung der Leistungen mit einem hohen technischen Leistungsanteil, die in einem bestimmten Zeitraum erbracht werden, insgesamt so festgelegt werden, dass die Punkte, die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für diese Leistungen vergeben werden, ab einem bestimmten Schwellenwert mit zunehmender Menge sinken. Die Bewertung der Sachkosten kann abweichend von Satz 1 in Eurobeträgen bestimmt werden.

(2a) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen sind entsprechend der in § 73 Abs. 1 festgelegten Gliederung der vertragsärztlichen Versorgung in Leistungen der hausärztlichen und Leistungen der fachärztlichen Versorgung zu gliedern mit der Maßgabe, dass unbeschadet gemeinsam abrechenbarer Leistungen Leistungen der hausärztlichen Versorgung nur von den an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und Leistungen der fachärztlichen Versorgung nur von den an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten abgerechnet werden dürfen; die Leistungen der fachärztlichen Versorgung sind in der Weise zu gliedern, dass den einzelnen Facharztgruppen die von ihnen ausschließlich abrechenbaren Leistungen zugeordnet werden. Bei der Bestimmung der Arztgruppen nach Satz 1 ist der Versorgungsauftrag der jeweiligen Arztgruppe im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zugrunde zu legen. Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen hat eine Regelung zu enthalten, nach der ärztliche Leistungen zur Diagnostik und ambulanten Eradikationstherapie einschließlich elektronischer Dokumentation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) vergütet werden. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung berichtet dem Bundesministerium für Gesundheit quartalsbezogen über Auswertungsergebnisse der Regelung nach Satz 3. Das Bundesministerium für Gesundheit kann das Nähere zum Inhalt des Berichts nach Satz 4 sowie zur Auswertung der anonymisierten Dokumentationen zum Zwecke der Versorgungsforschung und zur Förderung der Qualität bestimmen; es kann auch den Bewertungsausschuss mit der Vorlage des Berichts beauftragen. Im Übrigen gilt die Veröffentlichungspflicht gemäß § 135b Absatz 1 Satz 2. Bei der Überprüfung nach Absatz 2 Satz 2 prüfen der Bewertungsausschuss nach Absatz 3 und der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a jeweils, in welchem Umfang ambulante telemedizinische Leistungen erbracht werden können; auf dieser Grundlage beschließen der Bewertungsausschuss nach Absatz 3 und der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a jeweils, inwieweit der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen anzupassen ist. In die Überprüfung nach Absatz 2 Satz 2 ist auch einzubeziehen, in welchem Umfang die Durchführung von insbesondere telemedizinischen Fallbesprechungen im Rahmen von Kooperationsvereinbarungen zum Kinder- und Jugendschutz nach § 73c angemessen vergütet werden kann; auf dieser Grundlage ist eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen zu beschließen. In die Überprüfung nach Absatz 2 Satz 2 ist auch einzubeziehen, in welchem Umfang delegationsfähige Leistungen durch Personen nach § 28 Absatz 1 Satz 2 qualifiziert erbracht und angemessen vergütet werden können; auf dieser Grundlage ist eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Versorgungsstrukturen bis zum 23. Januar 2016 zu beschließen. Nach Inkrafttreten der Bestimmungen nach § 27b Absatz 2 Satz 2 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen durch den Bewertungsausschuss gemäß Absatz 5a eine Regelung zu treffen, nach der Leistungen und Kosten im Rahmen der Einholung der Zweitmeinungen nach § 27b abgerechnet werden können. Sofern drei Monate nach Inkrafttreten der Bestimmungen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 27b Absatz 2 keine Regelung im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen getroffen wurde, können Versicherte die Leistungen nach § 27b bei den dafür berechtigten Leistungserbringern im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Absatz 1 in Anspruch nehmen. Die Kosten sind von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Absatz 1 endet, sobald die Regelung nach Satz 9 in Kraft getreten ist. Mit Wirkung zum 30. September 2020 ist durch den Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen zu regeln, dass Konsilien in einem weiten Umfang in der vertragsärztlichen und in der sektorenübergreifenden Versorgung als telemedizinische Leistung abgerechnet werden können, wenn bei ihnen sichere elektronische Informations- und Kommunikationstechnologien eingesetzt werden. Die Regelungen erfolgen auf der Grundlage der Vereinbarung nach § 367 Absatz 1. Der Bewertungsausschuss nach Absatz 3 und der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a legen dem Bundesministerium für Gesundheit im Abstand von zwei Jahren, erstmals zum 31. Oktober 2022, einen gemeinsamen Bericht über den Stand der Beratungen und Beschlussfassungen nach Satz 7 sowie zur Erbringung von ambulanten telemedizinischen Leistungen und zu der Teilnahme der Leistungserbringer an der Erbringung von Leistungen im Rahmen der Videosprechstunde vor. Das Bundesministerium für Gesundheit leitet den Bericht an den Deutschen Bundestag weiter. In dem Beschluss nach Satz 7 sind durch den Bewertungsausschuss Regelungen im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen zu treffen, nach denen telemedizinische Leistungen, insbesondere Videosprechstunden, in einem weiten Umfang ermöglicht werden. Die im Hinblick auf Videosprechstunden bisher enthaltene Vorgabe von Krankheitsbildern im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen entfällt. Bei den Regelungen nach Satz 18 sind die Besonderheiten in der Versorgung von Pflegebedürftigen durch Zuschläge und die Besonderheiten in der psychotherapeutischen Versorgung einschließlich der Versorgung mit gruppentherapeutischen Leistungen und Leistungen der psychotherapeutischen Akutbehandlung zu berücksichtigen. Die Regelungen nach Satz 18 erfolgen auf der Grundlage der Vereinbarung nach § 365 Absatz 1 Satz 1. Bis zum 30. Juni 2016 ist mit Wirkung zum 1. Oktober 2016 eine Regelung zu treffen, nach der ärztliche Leistungen nach § 31a vergütet werden. Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen hat eine Regelung über die Vergütung von ärztlichen Leistungen zur Erstellung und Aktualisierung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 und 7 zu enthalten; die Vergütung für die Erstellung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 ist in dem Zeitraum vom 20. Oktober 2020 bis zum 20. Oktober 2021 auf das Zweifache der sich nach dem einheitlichen Bewertungsmaßstab ergebenden Vergütung zu erhöhen; die Vergütungsregelung für die Erstellung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 ist bis zum 1. Januar 2024 zu vereinbaren. Der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a beschließt im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen die nach dem Schweregrad zu differenzierenden Regelungen für die Versorgung im Notfall und im Notdienst sowie bis zum 31. März 2022 Regelungen für die Versorgung im Notdienst mit telemedizinischen Leistungen. Zwei Jahre nach Inkrafttreten dieser Regelungen hat der Bewertungsausschuss nach Absatz 5a die Entwicklung der Leistungen zu evaluieren und hierüber dem Bundesministerium für Gesundheit zu berichten; Absatz 3a gilt entsprechend. Der Bewertungsausschuss überprüft, in welchem Umfang Diagnostika zur schnellen und zur qualitätsgesicherten Antibiotikatherapie eingesetzt werden können, und beschließt auf dieser Grundlage erstmals bis spätestens zum 1. Dezember 2017 entsprechende Anpassungen des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen. Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 6b vom Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a anzupassen. Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist mit Wirkung zum 1. Januar 2021 vorzusehen, dass Leistungen nach § 346 Absatz 1 Satz 1 und 3 zur Unterstützung der Versicherten bei der Verarbeitung medizinischer Daten in der elektronischen Patientenakte im aktuellen Behandlungskontext vergütet werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2022 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen vorzusehen, dass ärztliche Leistungen nach § 346 Absatz 3 zur Unterstützung der Versicherten bei der erstmaligen Befüllung der elektronischen Patientenakte im aktuellen Behandlungskontext vergütet werden. Der Bewertungsausschuss hat im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen die Leistungen, die durch Videosprechstunde erbracht werden, auf 30 Prozent der jeweiligen Leistungen im Quartal des an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers zu begrenzen. Zudem hat der Bewertungsausschuss im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen die Anzahl der Behandlungsfälle im Quartal, in denen ausschließlich Leistungen im Rahmen einer Videosprechstunde erbracht werden, auf 30 Prozent aller Behandlungsfälle des an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers zu begrenzen. Von der Begrenzung auf 30 Prozent nach den Sätzen 30 und 31 kann der Bewertungsausschuss in besonderen Ausnahmesituationen, wie etwa nach Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite, für einen befristeten Zeitraum abweichen. Der Bewertungsausschuss legt bis zum 30. September 2021 fest, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang unter Berücksichtigung der Sätze 30 und 31 die psychotherapeutische Akutbehandlung im Rahmen der Videosprechstunde erbracht werden kann.

(2b) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen der hausärztlichen Versorgung sollen als Versichertenpauschalen abgebildet werden; für Leistungen, die besonders gefördert werden sollen oder nach Absatz 2a Satz 7 und 8 telemedizinisch oder im Wege der Delegation erbracht werden können, sind Einzelleistungen oder Leistungskomplexe vorzusehen. Mit den Pauschalen nach Satz 1 sollen die gesamten im Abrechnungszeitraum regelmäßig oder sehr selten und zugleich mit geringem Aufwand im Rahmen der hausärztlichen Versorgung eines Versicherten erbrachten Leistungen einschließlich der anfallenden Betreuungs-, Koordinations- und Dokumentationsleistungen vergütet werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2023 sind in den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen folgende Zuschläge auf die jeweilige Versichertenpauschale aufzunehmen:

1.
ein Zuschlag in Höhe von bis zu 200 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale für Behandlungen im Akutfall nach § 75 Absatz 1a Satz 3 Nummer 4, wenn die Behandlung spätestens am Folgetag der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle beginnt,
2.
ein Zuschlag in Höhe von 100 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am vierten Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt,
3.
ein Zuschlag in Höhe von 80 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am 14. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt,
4.
ein Zuschlag in Höhe von 40 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am 35. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt, sowie
5.
ein Zuschlag in Höhe von mindestens 15 Euro für die erfolgreiche Vermittlung eines Behandlungstermins nach § 73 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2.
Zudem können Qualitätszuschläge vorgesehen werden, mit denen die in besonderen Behandlungsfällen erforderliche Qualität vergütet wird. Der Bewertungsausschuss beschließt spätestens bis zum 31. Dezember 2021 mit Wirkung zum 1. März 2022 eine Anpassung der im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen der hausärztlichen Versorgung zur Vergütung der regelmäßigen zeitgebundenen ärztlichen Beratung nach § 2 Absatz 1a des Transplantationsgesetzes in der ab dem 1. März 2022 geltenden Fassung über die Organ- und Gewebespende sowie über die Möglichkeit, eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende im Register nach § 2a des Transplantationsgesetzes in der ab dem 1. März 2022 geltenden Fassung abgeben, ändern und widerrufen zu können. Der Vergütungsanspruch besteht je Patient alle zwei Jahre.

(2c) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen der fachärztlichen Versorgung sollen arztgruppenspezifisch und unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen als Grund- und Zusatzpauschalen abgebildet werden; Einzelleistungen sollen vorgesehen werden, soweit dies medizinisch oder auf Grund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung, einschließlich der Möglichkeit telemedizinischer Erbringung gemäß Absatz 2a Satz 7 oder der Erbringung im Wege der Delegation nach Absatz 2a Satz 8, erforderlich ist. Mit den Grundpauschalen nach Satz 1 sollen die regelmäßig oder sehr selten und zugleich mit geringem Aufwand von der Arztgruppe in jedem Behandlungsfall erbrachten Leistungen vergütet werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2023 sind in den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen folgende Zuschläge auf die jeweilige Grundpauschale aufzunehmen:

1.
ein Zuschlag in Höhe von bis zu 200 Prozent der jeweiligen Grundpauschale für Behandlungen im Akutfall nach § 75 Absatz 1a Satz 3 Nummer 4, wenn die Behandlung spätestens am Folgetag der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle beginnt,
2.
ein Zuschlag in Höhe von 100 Prozent der jeweiligen Grundpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am vierten Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt,
3.
ein Zuschlag in Höhe von 80 Prozent der jeweiligen Grundpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am 14. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt, sowie
4.
ein Zuschlag in Höhe von 40 Prozent der jeweiligen Grundpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am 35. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt.
Die in Satz 3 Nummer 2 bis 4 genannten Zuschläge gelten bei der Behandlung aufgrund einer erfolgten Vermittlung nach § 73 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 entsprechend. Mit den Zusatzpauschalen nach Satz 1 wird der besondere Leistungsaufwand vergütet, der sich aus den Leistungs-, Struktur- und Qualitätsmerkmalen des Leistungserbringers und, soweit dazu Veranlassung besteht, in bestimmten Behandlungsfällen ergibt. Abweichend von den Sätzen 1 und 2 kann die Behandlung von Versichertengruppen, die mit einem erheblichen therapeutischen Leistungsaufwand und überproportionalen Kosten verbunden ist, mit arztgruppenspezifischen diagnosebezogenen Fallpauschalen vergütet werden. Für die Versorgung im Rahmen von kooperativen Versorgungsformen sind spezifische Fallpauschalen festzulegen, die dem fallbezogenen Zusammenwirken von Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen in diesen Versorgungsformen Rechnung tragen. Die Bewertungen für psychotherapeutische Leistungen haben eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit zu gewährleisten. Bis zum 29. Februar 2020 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ein Zuschlag in Höhe von 15 Prozent auf diejenigen psychotherapeutischen Leistungen vorzusehen, die im Rahmen des ersten Therapieblocks einer neuen Kurzzeittherapie erbracht werden. Der Zuschlag ist auf die ersten zehn Stunden dieser Leistungen zu begrenzen und für Psychotherapeuten vorzusehen, die für die in § 19a Absatz 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte festgelegten Mindestsprechstunden für gesetzlich Versicherte tatsächlich zur Verfügung stehen.

(2d) Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen sind Regelungen einschließlich Prüfkriterien vorzusehen, die sicherstellen, dass der Leistungsinhalt der in den Absätzen 2a bis 2c genannten Leistungen und Pauschalen jeweils vollständig erbracht wird, die jeweiligen notwendigen Qualitätsstandards eingehalten, die abgerechneten Leistungen auf den medizinisch notwendigen Umfang begrenzt sowie bei Abrechnung der Fallpauschalen nach Absatz 2c die Mindestanforderungen zu der institutionellen Ausgestaltung der Kooperation der beteiligten Ärzte eingehalten werden; dazu kann die Abrechenbarkeit der Leistungen an die Einhaltung der vom Gemeinsamen Bundesausschuss und in den Bundesmantelverträgen beschlossenen Qualifikations- und Qualitätssicherungsanforderungen sowie an die Einhaltung der gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung zu erbringenden Dokumentationsverpflichtungen geknüpft werden. Zudem können Regelungen vorgesehen werden, die darauf abzielen, dass die Abrechnung der Versichertenpauschalen nach Absatz 2b Satz 1 sowie der Grundpauschalen nach Absatz 2c Satz 1 für einen Versicherten nur durch einen Arzt im Abrechnungszeitraum erfolgt, oder es können Regelungen zur Kürzung der Pauschalen für den Fall eines Arztwechsels des Versicherten innerhalb des Abrechnungszeitraums vorgesehen werden.

(2e) Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist jährlich bis zum 31. August ein bundeseinheitlicher Punktwert als Orientierungswert in Euro zur Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen festzulegen.

(2f) (weggefallen)

(2g) Bei der Anpassung des Orientierungswertes nach Absatz 2e sind insbesondere

1.
die Entwicklung der für Arztpraxen relevanten Investitions- und Betriebskosten, soweit diese nicht bereits durch die Weiterentwicklung der Bewertungsrelationen nach Absatz 2 Satz 2 erfasst worden sind,
2.
Möglichkeiten zur Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven, soweit diese nicht bereits durch die Weiterentwicklung der Bewertungsrelationen nach Absatz 2 Satz 2 erfasst worden sind, sowie
3.
die allgemeine Kostendegression bei Fallzahlsteigerungen, soweit diese nicht durch eine Abstaffelungsregelung nach Absatz 2 Satz 3 berücksichtigt worden ist,
4.
(weggefallen)
zu berücksichtigen.

(2h) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen können zu Leistungskomplexen zusammengefasst werden. Die Leistungen sind entsprechend einer ursachengerechten, zahnsubstanzschonenden und präventionsorientierten Versorgung insbesondere nach dem Kriterium der erforderlichen Arbeitszeit gleichgewichtig in und zwischen den Leistungsbereichen für Zahnerhaltung, Prävention, Zahnersatz und Kieferorthopädie zu bewerten. Bei der Festlegung der Bewertungsrelationen ist wissenschaftlicher Sachverstand einzubeziehen.

(2i) Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen ist eine zusätzliche Leistung vorzusehen für das erforderliche Aufsuchen von Versicherten, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind, in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind und die die Zahnarztpraxis aufgrund ihrer Pflegebedürftigkeit, Behinderung oder Einschränkung nicht oder nur mit hohem Aufwand aufsuchen können. § 71 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(2j) Für Leistungen, die im Rahmen eines Vertrages nach § 119b Absatz 1 erbracht werden, ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen eine zusätzliche, in der Bewertung über Absatz 2i Satz 1 hinausgehende Leistung vorzusehen. Voraussetzung für die Abrechnung dieser zusätzlichen Leistung ist die Einhaltung der in der Vereinbarung nach § 119b Absatz 2 festgelegten Anforderungen. Die Leistung nach Absatz 2i Satz 1 ist in diesen Fällen nicht berechnungsfähig. § 71 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(2k) Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen sind Videosprechstundenleistungen vorzusehen für die Untersuchung und Behandlung von den in Absatz 2i genannten Versicherten und von Versicherten, an denen zahnärztliche Leistungen im Rahmen eines Vertrages nach § 119b Absatz 1 erbracht werden. Die Videosprechstundenleistungen nach Satz 1 können auch Fallkonferenzen mit dem Pflegepersonal zum Gegenstand haben. § 71 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Die Anpassung erfolgt auf Grundlage der Vereinbarung nach § 366 Absatz 1 Satz 1.

(2l) Mit Wirkung zum 30. September 2020 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen zu regeln, dass Konsilien in einem weiten Umfang in der vertragszahnärztlichen und in der sektorenübergreifenden Versorgung als telemedizinische Leistungen abgerechnet werden können, wenn bei ihnen sichere elektronische Informations- und Kommunikationstechnologien eingesetzt werden. Die Regelungen erfolgen auf der Grundlage der Vereinbarung nach § 367 Absatz 1. Der Bewertungsausschuss legt dem Bundesministerium für Gesundheit im Abstand von zwei Jahren jeweils einen Bericht über die als telemedizinische Leistungen abrechenbaren Konsilien vor.

(2m) Der Bewertungsausschuss hat den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen einschließlich der Sachkosten daraufhin zu überprüfen, wie der Aufwand, der den verantwortlichen Gesundheitseinrichtungen im Sinne von § 2 Nummer 5 Buchstabe b und d des Implantateregistergesetzes in der vertragsärztlichen Versorgung auf Grund ihrer Verpflichtungen nach den §§ 16, 17 Absatz 1 sowie den §§ 18, 20, 24, 25 und 33 Absatz 1 Nummer 1 des Implantateregistergesetzes entsteht, angemessen abgebildet werden kann. Auf der Grundlage des Ergebnisses der Prüfung hat der Bewertungsausschuss eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen bis zum 30. September 2020 mit Wirkung zum 1. Januar 2021 zu beschließen.

(3) Der Bewertungsausschuß besteht aus drei von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bestellten Vertretern sowie drei vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestellten Vertreter. Den Vorsitz führt abwechselnd ein Vertreter der Ärzte und ein Vertreter der Krankenkassen. Die Beratungen des Bewertungsausschusses einschließlich der Beratungsunterlagen und Niederschriften sind vertraulich. Die Vertraulichkeit gilt auch für die zur Vorbereitung und Durchführung der Beratungen im Bewertungsausschuss dienenden Unterlagen der Trägerorganisationen und des Instituts des Bewertungsausschusses.

(3a) Der Bewertungsausschuss analysiert die Auswirkungen seiner Beschlüsse insbesondere auf die Versorgung der Versicherten mit vertragsärztlichen Leistungen, auf die vertragsärztlichen Honorare sowie auf die Ausgaben der Krankenkassen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann das Nähere zum Inhalt der Analysen bestimmen. Absatz 6 gilt entsprechend.

(3b) Der Bewertungsausschuss wird bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben von einem Institut unterstützt, das gemäß der vom Bewertungsausschuss nach Absatz 3e zu vereinbarenden Geschäftsordnung die Beschlüsse nach den §§ 87, 87a und 116b Absatz 6 sowie die Analysen nach Absatz 3a vorbereitet. Träger des Instituts sind die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Erfüllt das Institut seine Aufgaben nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den geltenden Vorgaben oder wird es aufgelöst, kann das Bundesministerium für Gesundheit eine oder mehrere der in Satz 2 genannten Organisationen oder einen Dritten mit den Aufgaben nach Satz 1 beauftragen. Absatz 6 gilt entsprechend.

(3c) Die Finanzierung des Instituts oder des beauftragten Dritten nach Absatz 3b erfolgt durch die Erhebung eines Zuschlags auf jeden ambulant-kurativen Behandlungsfall in der vertragsärztlichen Versorgung. Der Zuschlag ist von den Krankenkassen außerhalb der Gesamtvergütung nach § 85 oder der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung nach § 87a zu finanzieren. Das Nähere bestimmt der Bewertungsausschuss in seinem Beschluss nach Absatz 3e Satz 1 Nr. 3.

(3d) Über die Ausstattung des Instituts nach Absatz 3b mit den für die Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Sach- und Personalmittel und über die Nutzung der Daten gemäß Absatz 3f durch das Institut entscheidet der Bewertungsausschuss. Die innere Organisation des Instituts ist jeweils so zu gestalten, dass sie den besonderen Anforderungen des Datenschutzes nach den Artikeln 24, 25 und 32 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung gerecht wird. Absatz 6 gilt entsprechend. Über die Ausstattung des beauftragten Dritten nach Absatz 3b Satz 3 mit den für die Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Sach- und Personalmitteln sowie über die Nutzung der Daten gemäß Absatz 3f entscheidet das Bundesministerium für Gesundheit.

(3e) Der Bewertungsausschuss beschließt

1.
bis spätestens zum 31. August 2017 eine Verfahrensordnung, in der er insbesondere die Antragsberechtigten, methodische Anforderungen und Fristen in Bezug auf die Vorbereitung und Durchführung der Beratungen sowie die Beschlussfassung über die Aufnahme in den einheitlichen Bewertungsmaßstab insbesondere solcher neuer Laborleistungen und neuer humangenetischer Leistungen regelt, bei denen es sich jeweils nicht um eine neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode nach § 135 Absatz 1 Satz 1 handelt,
2.
eine Geschäftsordnung, in der er Regelungen zur Arbeitsweise des Bewertungsausschusses und des Instituts gemäß Absatz 3b trifft, insbesondere zur Geschäftsführung und zur Art und Weise der Vorbereitung der in Absatz 3b Satz 1 genannten Beschlüsse, Analysen und Berichte, sowie
3.
eine Finanzierungsregelung, in der er Näheres zur Erhebung des Zuschlags nach Absatz 3c bestimmt.
Die Verfahrensordnung, die Geschäftsordnung und die Finanzierungsregelung bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Verfahrensordnung und die Geschäftsordnung sind im Internet zu veröffentlichen. Der Bewertungsausschuss ist verpflichtet, im Einvernehmen mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss hinsichtlich einer neuen Leistung auf Verlangen Auskunft zu erteilen, ob die Aufnahme der neuen Leistung in den einheitlichen Bewertungsmaßstab in eigener Zuständigkeit des Bewertungsausschusses beraten werden kann oder ob es sich dabei um eine neue Methode handelt, die nach § 135 Absatz 1 Satz 1 zunächst einer Bewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss bedarf. Eine Auskunft können pharmazeutische Unternehmer, Hersteller von Medizinprodukten, Hersteller von Diagnostikleistungen und deren jeweilige Verbände, einschlägige Berufsverbände, medizinische Fachgesellschaften und die für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen auf Bundesebene maßgeblichen Organisationen nach § 140f verlangen. Das Nähere regeln der Bewertungsausschuss und der Gemeinsame Bundesausschuss im gegenseitigen Einvernehmen in ihrer jeweiligen Verfahrensordnung.

(3f) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen erfassen jeweils nach Maßgabe der vom Bewertungsausschuss zu bestimmenden inhaltlichen und verfahrensmäßigen Vorgaben die für die Aufgaben des Bewertungsausschusses nach diesem Gesetz erforderlichen Daten, einschließlich der Daten nach § 73b Absatz 7 Satz 5 und § 140a Absatz 6, arzt- und versichertenbezogen in einheitlicher pseudonymisierter Form. Die Daten nach Satz 1 werden jeweils unentgeltlich von den Kassenärztlichen Vereinigungen an die Kassenärztliche Bundesvereinigung und von den Krankenkassen an den Spitzenverband Bund der Krankenkassen übermittelt, die diese Daten jeweils zusammenführen und sie unentgeltlich dem Institut oder dem beauftragten Dritten gemäß Absatz 3b übermitteln. Soweit erforderlich hat der Bewertungsausschuss darüber hinaus Erhebungen und Auswertungen nicht personenbezogener Daten durchzuführen oder in Auftrag zu geben oder Sachverständigengutachten einzuholen. Für die Verarbeitung der Daten nach den Sätzen 2 und 3 kann der Bewertungsausschuss eine Datenstelle errichten oder eine externe Datenstelle beauftragen; für die Finanzierung der Datenstelle gelten die Absätze 3c und 3e entsprechend. Das Verfahren der Pseudonymisierung nach Satz 1 ist vom Bewertungsausschuss im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zu bestimmen.

(3g) Die Regelungen der Absätze 3a bis 3f gelten nicht für den für zahnärztliche Leistungen zuständigen Bewertungsausschuss.

(4) Kommt im Bewertungsausschuß durch übereinstimmenden Beschluß aller Mitglieder eine Vereinbarung ganz oder teilweise nicht zustande, wird der Bewertungsausschuß auf Verlangen von mindestens zwei Mitgliedern um einen unparteiischen Vorsitzenden und zwei weitere unparteiische Mitglieder erweitert. Für die Benennung des unparteiischen Vorsitzenden gilt § 89 Absatz 6 entsprechend. Von den weiteren unparteiischen Mitgliedern wird ein Mitglied von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sowie ein Mitglied vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen benannt.

(5) Der erweiterte Bewertungsausschuß setzt mit der Mehrheit seiner Mitglieder die Vereinbarung fest. Die Festsetzung hat die Rechtswirkung einer vertraglichen Vereinbarung im Sinne des § 82 Abs. 1. Zur Vorbereitung von Maßnahmen nach Satz 1 für den Bereich der ärztlichen Leistungen hat das Institut oder der beauftragte Dritte nach Absatz 3b dem zuständigen erweiterten Bewertungsausschuss unmittelbar und unverzüglich nach dessen Weisungen zuzuarbeiten. Absatz 3 Satz 3 und 4 gilt entsprechend; auch für die Unterlagen der unparteiischen Mitglieder gilt Vertraulichkeit.

(5a) Bei Beschlüssen zur Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes zur Vergütung der Leistungen der spezialfachärztlichen Versorgung nach § 116b ist der Bewertungsausschuss für ärztliche Leistungen nach Absatz 3 um drei Vertreter der Deutschen Krankenhausgesellschaft zu ergänzen. Kommt durch übereinstimmenden Beschluss aller Mitglieder eine Vereinbarung des ergänzten Bewertungsausschusses nach Satz 1 ganz oder teilweise nicht zustande, wird der ergänzte Bewertungsausschuss auf Verlangen von mindestens zwei Mitgliedern um einen unparteiischen Vorsitzenden und ein weiteres unparteiisches Mitglied erweitert. Die Benennung der beiden unparteiischen Mitglieder durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung, den Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft soll bis spätestens zum 30. Juni 2019 erfolgen; § 89a Absatz 6 gilt entsprechend. Im ergänzten erweiterten Bewertungsausschuss sind nur jeweils zwei Vertreter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft sowie die beiden unparteiischen Mitglieder stimmberechtigt. Der ergänzte erweiterte Bewertungsausschuss setzt den Beschluss mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner stimmberechtigten Mitglieder innerhalb von drei Monaten fest. Wird eine Mehrheit von zwei Dritteln nicht erreicht, setzen die beiden unparteiischen Mitglieder den Beschluss fest. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(5b) Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 in Verbindung mit § 135 Absatz 1 anzupassen. Satz 1 gilt entsprechend für weitere Richtlinienbeschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses, die eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen erforderlich machen. In diesem Zusammenhang notwendige Vereinbarungen nach § 135 Absatz 2 sind zeitgleich zu treffen. Für Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses, die vor dem 23. Juli 2015 in Kraft getreten sind, gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Frist nach Satz 1 mit dem 23. Juli 2015 beginnt. Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist zeitgleich mit dem Beschluss nach § 35a Absatz 3 Satz 1 anzupassen, sofern die Fachinformation des Arzneimittels zu seiner Anwendung eine zwingend erforderliche Leistung vorsieht, die eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen erforderlich macht. Das Nähere zu ihrer Zusammenarbeit regeln der Bewertungsausschuss und der Gemeinsame Bundesausschuss im gegenseitigen Einvernehmen in ihrer jeweiligen Verfahrensordnung. Für Beschlüsse nach § 35a Absatz 3 Satz 1, die vor dem 13. Mai 2017 getroffen worden sind, gilt Satz 5 entsprechend mit der Maßgabe, dass der Bewertungsausschuss spätestens bis 13. November 2017 den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen anzupassen hat.

(5c) Sind digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e Absatz 3 dauerhaft in das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e aufgenommen worden, so sind entweder der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen oder der einheitliche Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen innerhalb von drei Monaten nach der Aufnahme anzupassen, soweit ärztliche Leistungen für die Versorgung mit der jeweiligen digitalen Gesundheitsanwendung erforderlich sind. Sind digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e Absatz 4 vorläufig in das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e aufgenommen worden, so vereinbaren die Partner der Bundesmantelverträge innerhalb von drei Monaten nach der vorläufigen Aufnahme eine Vergütung für ärztliche Leistungen, die während der Erprobungszeit nach Festlegung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte nach § 139e Absatz 4 Satz 3 zur Versorgung mit und zur Erprobung der digitalen Gesundheitsanwendung erforderlich sind; die Vereinbarung berücksichtigt die Nachweispflichten für positive Versorgungseffekte, die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nach § 139e Absatz 4 Satz 3 festgelegt worden sind. Solange keine Entscheidung über eine Anpassung nach Satz 1 getroffen ist, hat der Leistungserbringer Anspruch auf die nach Satz 2 vereinbarte Vergütung. Soweit und solange keine Vereinbarung nach Satz 2 getroffen ist oder sofern eine Aufnahme in das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e ohne Erprobung erfolgt und keine Entscheidung über eine Anpassung nach Satz 1 getroffen ist, können Versicherte die ärztlichen Leistungen, die für die Versorgung mit oder zur Erprobung der digitalen Gesundheitsanwendung erforderlich sind, im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Absatz 1 bei Leistungserbringern in Anspruch nehmen; Absatz 2a Satz 12 gilt entsprechend. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Absatz 1 endet, sobald eine Entscheidung über die Anpassung nach Satz 1 getroffen ist.

(6) Das Bundesministerium für Gesundheit kann an den Sitzungen der Bewertungsausschüsse, des Instituts oder des beauftragten Dritten nach Absatz 3b sowie der von diesen jeweils gebildeten Unterausschüssen und Arbeitsgruppen teilnehmen; ihm sind die Beschlüsse der Bewertungsausschüsse zusammen mit den den Beschlüssen zugrunde liegenden Beratungsunterlagen und den für die Beschlüsse jeweils entscheidungserheblichen Gründen vorzulegen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann die Beschlüsse innerhalb von zwei Monaten beanstanden; es kann im Rahmen der Prüfung eines Beschlusses vom Bewertungsausschuss zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen dazu anfordern; bis zum Eingang der Auskünfte ist der Lauf der Frist unterbrochen. Die Nichtbeanstandung eines Beschlusses kann vom Bundesministerium für Gesundheit mit Auflagen verbunden werden; das Bundesministerium für Gesundheit kann zur Erfüllung einer Auflage eine angemessene Frist setzen. Kommen Beschlüsse der Bewertungsausschüsse ganz oder teilweise nicht oder nicht innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit gesetzten Frist zustande oder werden die Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit nicht innerhalb einer von ihm gesetzten Frist behoben, kann das Bundesministerium für Gesundheit die Vereinbarungen festsetzen; es kann dazu Datenerhebungen in Auftrag geben oder Sachverständigengutachten einholen. Zur Vorbereitung von Maßnahmen nach Satz 4 für den Bereich der ärztlichen Leistungen hat das Institut oder der beauftragte Dritte oder die vom Bundesministerium für Gesundheit beauftragte Organisation gemäß Absatz 3b dem Bundesministerium für Gesundheit unmittelbar und unverzüglich nach dessen Weisungen zuzuarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit kann zur Vorbereitung von Maßnahmen nach Satz 4 bereits vor Fristablauf das Institut nach Satz 5 beauftragen, Datenerhebungen in Auftrag geben oder Sachverständigengutachten einholen, sofern die Bewertungsausschüsse die Beratungen sowie die Beschlussfassungen nicht oder nicht in einem angemessenen Umfang vorbereiten oder durchführen. Die mit den Maßnahmen nach Satz 4 verbundenen Kosten sind von dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung jeweils zur Hälfte zu tragen; das Nähere bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit. Abweichend von Satz 4 kann das Bundesministerium für Gesundheit für den Fall, dass Beschlüsse der Bewertungsausschüsse nicht oder teilweise nicht oder nicht innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit gesetzten Frist zustande kommen, den erweiterten Bewertungsausschuss nach Absatz 4 mit Wirkung für die Vertragspartner anrufen. Der erweiterte Bewertungsausschuss setzt mit der Mehrheit seiner Mitglieder innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit gesetzten Frist die Vereinbarung fest; Satz 1 bis 7 gilt entsprechend. Die Beschlüsse und die entscheidungserheblichen Gründe sind im Deutschen Ärzteblatt oder im Internet bekannt zu machen; falls die Bekanntmachung im Internet erfolgt, muss im Deutschen Ärzteblatt ein Hinweis auf die Fundstelle veröffentlicht werden.

(7) Klagen gegen Maßnahmen des Bundesministeriums für Gesundheit nach Absatz 6 haben keine aufschiebende Wirkung.

(8) bis (9) (weggefallen)

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 12.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Entziehung der Zulassung für ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ).

2

Die Klägerin, ein MVZ in der Rechtsform einer GmbH, über deren Vermögen das Amtsgericht Köln am 25.1.2012 das Insolvenzverfahren eröffnet hat, nimmt seit 2007 unter dem Namen "Medizinisches Versorgungszentrum L. GmbH" an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Die GmbH hatte nach ihrer Gründung durch Gesellschaftsvertrag vom 31.5.2007 und dem Handelsregistereintrag am 1.4.2008 zunächst als "Medizinisches Versorgungszentrum R. GmbH" firmiert, danach als "Medizinisches Versorgungszentrum A. GmbH". Alleingesellschafterin ist die H. GmbH, deren Name früher "R. GmbH" und danach "A. GmbH" war.

3

Die GmbH erhielt - zum 1.4.2008 - eine Zulassung gemäß § 124 SGB V als physiotherapeutische krankengymnastische Praxis und - zum 1.7.2008 - eine Zulassung gemäß § 95 SGB V als MVZ zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Die Zulassung (Beschluss vom 5.3.2008/Bescheid vom 24.4.2008) erfolgte mit der Auflage, mehr als fünftägige Abwesenheiten der im MVZ tätigen Ärzte durch Urlaub, Fortbildung oder Krankheit formlos mitzuteilen und die Vertreter zu benennen. Weiterhin war darin als ärztlicher Leiter der (frühere) Beigeladene zu 8. (Dr. Ka. - inzwischen verstorben) benannt, dem in einer Nebenbestimmung des Zulassungsbescheids auch die Verantwortung für die korrekte Leistungserbringung und -abrechnung der im MVZ tätigen Ärzte zugewiesen war. Zum 18.7.2008 verlegte die Klägerin ihren Standort an die heutige Anschrift in B.

4

Der Beigeladene zu 8. war bis zum 31.12.2008 der ärztliche Leiter des MVZ; am 1.1.2009 löste ihn der Beigeladene zu 9. (Dr. J. Ko.) ab. Zum 1.1.2009 stimmte der Zulassungsausschuss auch weiteren Anstellungen zu, unter anderem der Anstellung der Beigeladenen zu 7. (Gynäkologin Frau G.) (Beschluss des Zulassungsausschusses vom 8.12.2008/Bescheid vom 20.2.2008).

5

           

Im März 2009 beantragte die zu 1. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) beim Zulassungsausschuss, der Klägerin wegen gröblicher Verletzung vertragsärztlicher Pflichten die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen. Die Beigeladene zu 1. stützte diesen Vorwurf im Wesentlichen auf die folgenden Ungereimtheiten, die sie bei der Überprüfung der Abrechnung für das Quartal IV/2008 festgestellt hatte:

        

-       

1023 Leistungen seien drei Arztnummern (lebenslange Arztnummer ) zugeordnet worden, die überhaupt nicht vergeben worden seien (LANR 3453538 66 - 161 Ansätze; LANR 5345451 45 - 201 Ansätze; LANR 6556563 78 - 661 Ansätze).

        

-       

797 Ansätze seien der LANR der Beigeladenen zu 7. - Gynäkologin G. - und 9 Ansätze der LANR der Dermatologin Dr. R. zugeordnet worden, obgleich deren Anstellungen erst zum 1.1.2009 (also mit Wirksamkeit erst für die Zeit nach der Leistungserbringung) genehmigt worden seien.

        

-       

475 Leistungen seien unter der LANR der Allgemeinärztin Dr. Str. in Ansatz gebracht worden, obgleich für sie eine Anstellungsgenehmigung weder beantragt noch erteilt worden sei.

Hierauf stützten sich auch der Zulassungs- und der beklagte Berufungsausschuss bei ihren Bescheiden über die Zulassungsentziehung (Beschluss vom 27.4.2009/Bescheid vom 13.5.2009 sowie Beschluss vom 15.7.2009/Bescheid vom 21.8.2009).

6

Die Klägerin räumte im Klageverfahren - wie auch schon im Verfahren vor dem Zulassungs- und Berufungsausschuss - ein, der Sachverhalt treffe im Wesentlichen zu. Entlastend sei aber zu berücksichtigen, dass sich die Abrechnungsfehler vor allem auf Mängel der Software gründeten, die keine Schutzmechanismen wie zB Warnhinweise bei Eingaben falscher LANR und bei Überschreiben richtiger LANR enthalten habe. So habe jeder Mitarbeiter eine bestehende LANR überschreiben können; auch die LANR überweisender Ärzte seien im System erfasst worden. Die Daten der Beigeladenen zu 7. - Frau G. - und der Frau Dr. R. seien fälschlicherweise schon vor dem 1.1.2009 in die Software eingepflegt und ihnen seien - von übereifrigem Praxispersonal - Leistungen zugeordnet worden; als die Anstellungsgenehmigungen entgegen dem Antrag nicht rückwirkend erteilt worden seien, sei versäumt worden, die Leistungen wieder aus der Abrechnung herauszunehmen. Wie die LANR der - auch gynäkologisch tätigen - Allgemeinärztin Dr. Str. ins System gelangt sei - sie sei an die Stelle der LANR des bis 31.12.2008 tätigen Orthopäden Dr. H. gesetzt worden -, sei unerklärlich, weil sie weder zur Anstellung angestanden habe noch Überweiserin gewesen sei. Die Leistungen als solche seien aber erbracht worden, nämlich von anderen Ärztinnen - Frau Dr. Sto. und Frau Dr. K. -, die noch bis 31.12.2008 im MVZ tätig gewesen seien. Bei allem sei auch zu berücksichtigen, dass ihr Personal durch die organisatorischen Folgen ihrer Standortverlegung im Juli 2008 und durch die Umstellung des Computersystems im September 2008 auf neue Software überfordert gewesen sei.

7

           

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 7.7.2010); das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 23.2.2011 - L 7 KA 62/10 - in Juris dokumentiert). Das SG und das LSG haben die Zulassungsentziehung als rechtmäßig angesehen. Das LSG hat die von der KÄV benannten Vorwürfe zugrunde gelegt und als weiteren festgestellt, dass

        

-       

der Beigeladene zu 9. umfänglich Vertretungstätigkeiten ausgeübt habe, ohne dass dies, wie in § 32 Abs 1 Satz 4 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) bestimmt und als Auflage in der Zulassung(Beschluss vom 5.3.2008/Bescheid vom 24.4.2008) vorgegeben, der KÄV mitgeteilt worden sei.

8

SG und LSG haben ausgeführt, Pflichtverletzungen im MVZ, jedenfalls soweit sie das Abrechnungswesen beträfen, seien dem MVZ (zumindest: auch) selbst anzulasten und nicht etwa nur einzelnen dort tätigen Mitarbeitern. Keine Entlastung ergebe sich daraus, dass die Abrechnungssoftware möglicherweise keinen ausreichenden Schutz gegen Manipulationen geboten habe; dies relativiere nicht die gegen das MVZ zu erhebenden Vorwürfe, alle Mitarbeiter hätten auf die Abrechnungssoftware zugreifen und Manipulationen durch Eingabe von LANR und Überschreiben vornehmen können, und eine Kontrolle bei Abgabe der Abrechnungssammelerklärung sei nicht gewährleistet gewesen. Insgesamt sei ein erschreckender Mangel an Sensibilität für die bei Abrechnungen nötige Sorgfalt sowie eine erschreckende Sorglosigkeit im Umgang mit den durch die Kassenzulassung begründeten Pflichten peinlich genauer Leistungsabrechnung und persönlicher Leistungserbringung festzustellen. Voraussetzung der Entziehung der Zulassung sei nur das Vorliegen einer gröblichen Pflichtverletzung, nicht auch Wiederholungsgefahr, und es gebe auch keinen Vorrang für zB Disziplinarmaßnahmen oder den Widerruf von Anstellungsgenehmigungen. Im Urteil des LSG ist zusätzlich ausgeführt, die Bemühungen der Klägerin um Aufklärung der näheren Umstände der Pflichtverletzungen seien offensichtlich unzureichend gewesen und auch nach zwei Jahren sei ein ernster Wille zur Behebung der Missstände nicht erkennbar. Die Klägerin sei zu einer ausreichend kritischen Einschätzung ihrer Pflichtverletzungen nicht gelangt, bagatellisiere diese vielmehr in besorgniserregender Weise, indem sie sie nur dem kaufmännischen Bereich zuordne und als bloße "Förmeleien" einstufe. Dem Vorwurf gröblicher Pflichtverletzung stehe nicht entgegen, dass Eingaben falscher LANR im Rahmen der Abrechnungsprüfung durch die Beigeladene zu 1. hätten leicht aufgedeckt werden können. Großes Gewicht komme der Richtigkeit der Abrechnungssammelerklärung zu, die im vorliegenden Fall gravierende Fehler aufgewiesen habe. Ungeachtet dessen, dass die Klägerin zwischenzeitlich nicht unerhebliche Anstrengungen unternommen habe, die erkannten Missstände zu beseitigen, und dass in den Folgequartalen keine weiteren Unregelmäßigkeiten bei der Leistungsabrechnung aufgetreten seien, verblieben Zweifel, ob der Eignungsmangel zwischenzeitlich behoben sei. Der Zulassungsentziehung entgegenstehendes sog Wohlverhalten sei nicht feststellbar. Die Entziehung der Zulassung stelle auch keinen unverhältnismäßigen Eingriff dar.

9

Mit ihrer Revision wendet sich die Klägerin gegen die Bewertung ihres Fehlverhaltens als gröbliche Pflichtverletzung. Sie räumt das vom LSG festgestellte Fehlverhalten ein: Sie habe zum einen Leistungen unter bundesweit nicht vergebenen LANR abgerechnet; zum anderen habe sie Leistungen solchen Ärzten zugeordnet, die entweder zu keinem Zeitpunkt bei ihr angestellt waren (Frau Dr. Str.) oder deren Anstellungsgenehmigungen erst zu einem späteren Zeitpunkt Wirkung entfalteten (Beigeladene zu 7. und Frau Dr. R.); ferner habe sie Vertretungstätigkeiten - des Beigeladenen zu 9. - entgegen § 32 Abs 1 Satz 4 Ärzte-ZV und entgegen Nr 12 Satz 1 des Bescheids über ihre Zulassung nicht angezeigt. Bei allen diesen Pflichtverstößen sei aber zu berücksichtigen, dass ihr Personal im Quartal IV/2008 durch die erfolgte Standortverlegung, die Einführung der LANR, die Integration weiterer Arztpraxen und die Neueinstellung von ca 25 Mitarbeitern erheblich belastet gewesen sei; ihr könne weder Absicht noch strafbares Verhalten angelastet werden; zudem seien die Pflichtverstöße auf ein einziges Quartal beschränkt. Es sei kein Schaden verblieben, nachdem 10 000 Euro im Wege sachlich-rechnerischer Richtigstellung ausgeglichen worden seien. Die Negativprognose des LSG sei nicht haltbar. Die Zulassungsentziehung sei, gemessen an Art 12 Abs 1 iVm Art 19 Abs 3 GG, verfassungswidrig und im Übrigen wegen der Existenzvernichtung im Gefolge eines Fehlverhaltens, das nicht bestritten werde, jedenfalls unverhältnismäßig. Die Zulassungsentziehung führe zur Schließung des MVZ und für zahlreiche Patienten zum Verlust der Ärzte ihres Vertrauens sowie für alle Mitarbeiter zum Verlust ihrer Arbeitsplätze, wobei viele der betroffenen Ärzte wegen der Sperren für Neuzulassungen wegen Überversorgung wohl kaum eine (erneute) Kassenzulassung erlangen könnten. Dies sei im Hinblick auf die Aussagen des BVerfG, die dieses in den von ihr geführten vorläufigen Rechtsschutzverfahren gemacht habe, problematisch; hiernach reichten insbesondere generalpräventive Erwägungen für eine Zulassungsentziehung nicht aus.

10

Die Auslegung des Begriffs gröbliche Pflichtverletzung im Sinne des § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V müsse den Besonderheiten eines MVZ und dessen zweistufiger Struktur mit unterschiedlichen Verantwortlichkeiten Rechnung tragen: Die Trägergesellschaft bzw ihre Gesellschafter seien Zulassungsinhaber und Abrechnungsberechtigte; hierher gehöre die Abrechnung, die Teil der kaufmännischen Praxisführung und damit Angelegenheit der Gesellschaft und ihrer Geschäftsführung sei. Demgegenüber obliege die Leistungserbringung im engeren Sinne mit der Behandlung der Patienten den Ärzten, die nur ihre Leistungen tatsächlich, vollständig und persönlich erbringen und dies an die Geschäftsführung bzw Buchhaltung übermitteln müssten; ihnen seien die Fehler der Abrechnung nicht anzulasten. Das Fehlverhalten habe vielmehr im kaufmännischen Bereich gelegen, wofür natürlich die Klägerin die Verantwortung trage, die sich aber vom kaufmännisch verantwortlichen Standortleiter mittlerweile getrennt habe. Dass den Ärzten kein Fehlverhalten und keine Fehlbehandlungen angelastet werden könnten, müsse bei der Bewertung der Pflichtverletzungen berücksichtigt werden, ebenso wie der Umstand, dass es um Fehler nur in einem einzigen Quartal und - wie SG und LSG festgestellt hätten - ohne jeden Ansatz eines kriminellen Verhaltens gehe. Deshalb sei das notwendige Vertrauensverhältnis zwischen den vertragsarztrechtlichen Institutionen und ihr, der Klägerin, nicht irreparabel und auf Dauer zerstört. Bei der Frage der Gröblichkeit von Pflichtverletzungen müssten die individuellen Umstände und Verantwortlichkeiten beachtet werden sowie auch das Maß an subjektiver Vorwerfbarkeit, vergleichbar den Graden von Fahrlässigkeit bis hin zu Vorsatz und strafbarer Absicht. Der Vorhalt des LSG, es stehe "die Möglichkeit eines vorsätzlichen und damit strafbaren Verhaltens eines oder mehrerer Mitarbeiter der Klägerin im Raum", sei ein krasser Fehlgriff; denn bisher seien weder sie - die Klägerin - noch ihre Mitarbeiter strafrechtlich belangt worden; der Vorhalt einer Betrugsabsicht sei abwegig, wie die Art der Fehlabrechnung mit falschen LANR belege, die vom Prüfsystem der KÄV - wie allgemein bekannt - auf Anhieb erkannt würden.

11

Ebenso fehlsam und unsubstantiiert sei der Vorhalt des LSG, sie habe sich nicht ernstlich bemüht, die Fehlerquellen und -ursachen aufzuklären und die Missstände zu beheben; das LSG sage nicht, welche Bemühungen sie über die von ihr unternommenen Maßnahmen hinaus - Einholung eines Gutachtens eines EDV-Sachverständigen, Software-Änderung durch Softwarehersteller, Austausch des Standortleiters, Beauftragung einer externen controlling-Firma; Abrechnungsprüfungen durch Geschäftsführer; Schulungen der Mitarbeiter - noch hätte unternehmen sollen und können. Vor allem sei in die Wertung einzubeziehen, dass sie die entdeckten Fehler umgehend beseitigt habe. Vor diesem Hintergrund dürften ihr nicht unzulängliche Eigeneinschätzung und Uneinsichtigkeit sowie Widersprüchlichkeit und Unglaubhaftigkeit vorgeworfen werden. Indiskutabel sei auch der Vorhalt, sie habe ihren ärztlichen Leiter nur zögerlich von seinen Aufgaben entbunden; denn sie sei aufgrund der vom LSG gestützten sofortigen Vollziehung der Zulassungsentziehung bis zum Beschluss des BVerfG vom 15.3.2010 handlungsunfähig gewesen und habe dann sogleich - zum 31.3.2010 - die Trennung umgesetzt. Die Gesamtwürdigung hätte im Falle eines Einzelarztes wohl nur zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung geführt, eine Zerstörung des Vertrauens der vertragsarztrechtlichen Institutionen wäre wohl kaum angenommen worden; bei einem MVZ könne nichts anderes gelten. Die Qualifizierung als gröbliche Pflichtverletzung sei auch nicht mit dem Schutz der Berufsfreiheit durch Art 12 Abs 1 GG vereinbar, der eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles und eine strikte Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfordere; dabei seien auch die Belange und Grundrechte der im MVZ tätigen Ärzte und Mitarbeiter sowie die Belange der Patienten zu berücksichtigen.

12

Die Annahme von Wiederholungsgefahr und Negativprognose scheitere daran, dass die Abrechnungsfehler nur versehentlich - nicht vorsätzlich - und nur in einem einzigen Quartal erfolgt seien, dass sie nach Entdeckung umgehend abgestellt und dass zahlreiche grundlegende Veränderungen vorgenommen worden seien. Eine Negativprognose könne schließlich auch nicht darauf gestützt werden, dass sie sich gegen die Zulassungsentziehung gewehrt habe; das widerspräche dem verfassungsrechtlich in Art 19 Abs 4 GG verbürgten Anspruch auf Rechtsschutz.

13

Die Zulassungsentziehung sei auch deshalb unverhältnismäßig, weil zahlreiche mildere Mittel zur Verfügung stünden und ausreichten, wie zB eine sachlich-rechnerische Richtigstellung, die bereits erfolgt sei und bei umfassender Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen und den Belangen der Klägerin und bei Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ausreiche. Schließlich könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Software trotz ihrer Unvollkommenheiten von der KÄV geprüft und genehmigt worden sei.

14

Die Klägerin hat im Revisionsverfahren darauf hingewiesen, dass sie vorsorglich im Hinblick auf das Zulassungsentziehungsverfahren die Ausschreibung der MVZ-Zulassung beantragt, die Beigeladene zu 1. dies aber abgelehnt und sie - die Klägerin - mit ihren hiergegen gerichteten Rechtsmitteln noch keinen Erfolg gehabt habe. Sie hat ferner ihre Überlegungen mitgeteilt, das Zulassungsentziehungsverfahren durch Veräußerung des MVZ und/oder der Trägergesellschaft zur Erledigung zu bringen, hat dies aber bisher - soweit ersichtlich - nicht weiterverfolgt.

15

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23.2.2011 und des Sozialgerichts Berlin vom 7.7.2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 21.8.2009 aufzuheben.

16

Der Beklagte und die zu 1. beigeladene KÄV beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

17

Sie verteidigen das Urteil des LSG. Der Beklagte hebt hervor, dass es für die Entziehung der Zulassung nicht auf ein Verschulden ankomme. Maßgebend sei allein das Vorliegen gröblicher Pflichtverletzungen. Für die Frage der Gröblichkeit der Pflichtverletzung sei nur diese selbst und ihre Eigenart relevant, nicht hingegen die Höhe des daraus resultierenden Schadens und die Größe des von der Entziehung betroffenen Personenkreises (MVZ-Mitarbeiter und Patienten). Pflichtverletzungen lägen nicht nur aufgrund der Abrechnungsverstöße durch die Verwendung falscher LANR vor, sondern auch aufgrund der Beschäftigung nicht genehmigter Ärzte, was dem Schutz der Patienten zuwiderlaufe und deshalb schwer wiege. Das Gewicht aller Verstöße zusammen impliziere die Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Leistungserbringer und vertragsarztrechtlichen Institutionen und begründe ohne Weiteres die Gröblichkeit der Pflichtverletzungen. Den von der Klägerin herangezogenen Entscheidungen des BVerfG zur sofortigen Vollziehung komme für die hier vorliegende Problematik nur begrenzte Aussagekraft zu, weil sie nur die Abwägung der Interessen für und wider die Vollziehung vor Bestandskraft beträfen. Im Übrigen dürfe bei der Beurteilung der Gröblichkeit einer Pflichtverletzung auch der Gesichtspunkt der Generalprävention einbezogen werden.

18

Die Beigeladene zu 1. sieht eine gröbliche Verletzung vertragsärztlicher Pflichten ebenfalls als gegeben an. Mit der Beschäftigung von nicht über einen Status verfügenden angestellten Ärzten und der Einreichung einer Abrechnung mit falschen LANR habe die Klägerin gegen Grundpflichten der Teilnahme an der vertragsärztlich-ambulanten Versorgung verstoßen. Die Argumentation der Klägerin, die Pflichtverletzungen beträfen die Ebene der Geschäftsführung, entlaste sie nicht. Für ein MVZ gälten grundsätzlich die gleichen Anforderungen wie für niedergelassene Ärzte. Der Vertragsarzt könne sich seiner Verantwortlichkeit für die peinlich genaue Abrechnung nicht entledigen, wie insbesondere anhand der Pflicht zur Abgabe der sog Abrechnungssammelerklärung deutlich werde. Entsprechendes gelte für das MVZ; hier treffe die Verantwortung für die korrekte Abrechnung immer auch das MVZ als Ganzes.

19

Die Beigeladenen zu 2. bis 12. stellen keine Anträge und äußern sich nicht.

Entscheidungsgründe

20

Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Der Bescheid, mit dem der Beklagte der Klägerin die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung entzog, ist rechtmäßig.

21

1. Der Klagebefugnis und der Aktivlegitimation der Klägerin steht nicht entgegen, dass über ihr Vermögen durch Beschluss des AG Köln vom 25.1.2012 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Wie der Senat wiederholt ausgeführt hat, betrifft der Status der Zulassung eine höchstpersönliche Rechtsposition des Vertragsarztes - bzw hier: des MVZ -, die nicht der Insolvenzmasse zuzuordnen ist. Der Senat hat ausdrücklich entschieden, dass auch das Recht auf Praxisverlegung - als Ausfluss der Zulassung - der höchstpersönlichen Rechtssphäre des Vertragsarztes zuzuordnen ist; deshalb darf er - ohne Mitbestimmung des Insolvenzverwalters - nach eigenem Belieben seinen Praxissitz verlegen (BSG vom 10.5.2000, BSGE 86, 121, 123 iVm 125 f = SozR 3-5520 § 24 Nr 4 S 16 iVm 18 f; hierauf Bezug nehmend auch BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 10 RdNr 7). Auch das Recht zur Drittanfechtung gegen einen Bescheid, mit dem einem Praxispartner die Zulassung entzogen oder die Genehmigung der Gemeinschaftspraxis widerrufen bzw zurückgenommen wird, ist mit dem persönlichen Status der Zulassung so eng verbunden, dass es nicht der Insolvenzmasse zuzuordnen ist (BSG vom 16.7.2008 - B 6 KA 79/07 B - RdNr 9 und - B 6 KA 2/08 B - RdNr 11). Ebenso - erst recht - ist das Recht zur Anfechtung einer Zulassungsentziehung dem persönlichen Status zuzuordnen. Mithin lässt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Klagebefugnis und/oder Aktivlegitimation nicht entfallen.

22

2. Rechtsgrundlage für die Entziehung der Zulassung ist § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V, wonach diese unter anderem dann zu entziehen ist, "wenn … der Vertragsarzt … seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt." Dieser Tatbestand gilt gleichermaßen für alle zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer; er gilt auch für ein MVZ, wie sich generell aus der Verweisung des § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V und speziell aus dem Verhältnis des § 95 Abs 6 zu dessen Abs 1 SGB V ergibt. Die Anwendung des Grundtatbestandes des § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V auf ein MVZ wird nicht durch die Regelungen in § 95 Abs 6 Satz 3 und(seit dem 1.1.2012:) Satz 4 SGB V in Frage gestellt. Diese Bestimmungen normieren nur weitere Zulassungsentziehungstatbestände, die zu dem des Satz 1 noch hinzutreten (Satz 3: "auch dann zu entziehen, wenn"). Die Bewertung, ob eine gröbliche Pflichtverletzung vorliegt, unterliegt uneingeschränkter gerichtlicher Überprüfung; ein den Zulassungsgremien vorbehaltener Beurteilungsspielraum besteht nicht (vgl BSGE 60, 76, 77 = SozR 2200 § 368a Nr 15 S 54; BSG MedR 1987, 254, 255 = USK 86179 S 837 f; s auch BSG SozR 4-2500 § 117 Nr 1 RdNr 29).

23

a) Eine gröbliche Pflichtverletzung liegt nach der Rechtsprechung des Senats vor, wenn die Verletzung ein Ausmaß erreicht, dass das Vertrauen der vertragsärztlichen Institutionen in die ordnungsgemäße Behandlung des Versicherten und/oder in die Richtigkeit der Leistungsabrechnung so stark zerstört ist, dass ihnen eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zugemutet werden kann (vgl hierzu zB BSGE 73, 234, 237 = SozR 3-2500 § 95 Nr 4 S 12 f; BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 12 RdNr 13; BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 37; BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 13). Ein Verschulden des Leistungserbringers hinsichtlich der Vertrauenszerstörung ist nicht Voraussetzung der Zulassungsentziehung (vgl hierzu BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 10; BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 36; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21 RdNr 28 aE). Ist eine Vertrauenszerstörung eingetreten, so wird dies grundsätzlich nicht durch eine spätere gewissenhafte Pflichterfüllung wettgemacht. Eine solche kann grundsätzlich nur die Basis für den Aufbau einer neuen Vertrauensbeziehung bilden und so - im Wege eines neuen Zulassungsantrags und dessen Stattgabe - zur Wiederzulassung führen.

24

b) Diese Grundsätze zur Zulassungsentziehung hat der Senat anhand von Pflichtverstößen von Vertragsärzten und Vertragszahnärzten herausgearbeitet. Sie können auf ein MVZ nur mit gewissen Modifikationen angewandt werden.

25

Die Regelungen, die die Gründung eines MVZ und seiner Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermöglichen, wurden zum 1.1.2004 geschaffen und in das SGB V eingefügt (GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003, BGBl I 2190, siehe insbesondere die Neuregelungen in § 95 Abs 1 bis 3, 6, 7 und in § 103 Abs 4a SGB V). Sie sind zum 1.1.2007 novelliert worden (Vertragsarztrechtsänderungsgesetz vom 22.12.2006, BGBl I 3439). Seitdem sind in größerer Zahl MVZ gegründet worden. Seit 2011 sind der Status und die Betätigung von MVZ auch Gegenstand revisionsgerichtlicher Entscheidungen des erkennenden Senats. Das Schrifttum hat sich bereits früher - alsbald nach Schaffung der Regelungen im GKV-Modernisierungsgesetz - mit den Rechtsfragen befasst, die das MVZ betreffen. Dabei ist auch die Frage behandelt worden, wegen welcher Rechtsverstöße dem MVZ die Zulassung entzogen werden kann und/oder ob nur Maßnahmen gegen Mitarbeiter des MVZ ergriffen werden dürfen (vgl dazu zB Bäune in Bäune/Meschke/Rothfuß, Kommentar zur Zulassungsverordnung für Vertragsärzte und Vertragszahnärzte, 2007, Anhang zu § 18 RdNr 115-118; Wenner, Das Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, 2008, § 31 RdNr 9; Zwingel/Preißler, Ärzte-Kooperationen und Medizinische Versorgungszentren, 2. Aufl 2008, Abschnitt 4.9.2 ; Konerding, Der Vertragsarztsitz im Medizinischen Versorgungszentrum, 2009, S 214; Wigge/Boos/Ossege in Wigge/von Leoprechting, Handbuch Medizinische Versorgungszentren, 2011, Abschnitt 6.9.2 ; Möller/Dahm in Ratzel/Luxenburger, Handbuch Medizinrecht, 2. Aufl 2011, § 9 RdNr 165; Orlowski/Schirmer/Halbe, Medizinische Versorgungszentren in Halbe/Schirmer, Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, Kapitel B 1400, Stand März 2011, RdNr 147, 160, 161; Schallen, Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, Vertragszahnärzte, Medizinische Versorgungszentren, Psychotherapeuten, 8. Aufl 2012, Vorbem zu § 18 RdNr 90 f). Im Schrifttum wird die Verantwortung für Pflichtverstöße differenzierend dem MVZ als solchem, ggf zu Teilen dem Geschäftsführer, dem ärztlichen Leiter, einzelnen Ärzten und/oder weiteren Mitarbeitern zugeordnet. Je nach Ebene und Verantwortungsbereich werden im Falle gröblicher Pflichtverletzungen eine Entziehung der Zulassung des MVZ oder nur der Widerruf von Anstellungsgenehmigungen oder Disziplinarmaßnahmen für rechtlich zulässig gehalten.

26

Die unterschiedlichen Rechtsmeinungen beruhen auf der besonderen Struktur des MVZ. Bei ihm fallen der vertragsärztliche Status und die tatsächliche Durchführung der Behandlungen auseinander; der Status ist dem MVZ zugewiesen, die Behandlungen werden durch die dort tätigen Ärzte durchgeführt. Mit Rücksicht hierauf ist zu differenzieren: Für die organisatorischen Abläufe, insbesondere den Einsatz der Ärzte und für die Korrektheit der Abrechnung, ist das MVZ selbst verantwortlich, während die Verantwortung für die ordnungsgemäße Behandlung der Patienten in medizinischer Hinsicht in erster Linie dem einzelnen behandelnden Arzt obliegt; dieser muss dafür berufs- und haftungsrechtlich einstehen; zusätzlich unterliegt er der Disziplinargewalt der KÄV (§ 95 Abs 3 Satz 2 iVm § 81 Abs 5 SGB V). Status und Behandlungsdurchführung sind indessen nicht in der Weise trennbar, dass das MVZ generell nicht für die Fehler einzelner dort tätiger Ärzte verantwortlich wäre. So ist ein MVZ nicht vor der Pflicht zur Erstattung solchen Honorars geschützt, das es für Leistungen erhalten hat, die ein dort tätiger Arzt - entgegen seinen Angaben gegenüber dem MVZ - tatsächlich nicht erbracht hat. Vielmehr sind die Pflichtenkreise "des" MVZ und derjenigen der dort tätigen Ärzte miteinander verzahnt. Dementsprechend müssen die Anwendungsbereiche der Entziehung der MVZ-Zulassung und vertragsarztrechtlicher Disziplinarmaßnahmen wie auch berufsrechtlicher Sanktionen aufeinander abgestimmt werden. Die Möglichkeit einer Zulassungsentziehung gegenüber einem MVZ muss zielgenau bestimmt werden. Nur wenn klar ist, welche Pflichten spezifisch das MVZ als Träger der Zulassung treffen, lässt sich beurteilen, wann eine Verletzung dieser Pflichten gröblich ist.

27

Das MVZ ist gegenüber den Krankenkassen und der KÄV für Auswahl und Einsatz der Ärzte sowie für die Leistungsabrechnung selbst verantwortlich. Ihm obliegt die Überprüfung, ob für die Ärzte bereits eine Anstellungsgenehmigung vorliegt, die Organisation der Behandlungen und zB auch die Anzeige notwendiger Vertretungen bei Urlaub, Fortbildung und Krankheit, sowie weiterhin die Korrektheit der Leistungsabrechnung und die Wirtschaftlichkeit der Behandlungen und Verordnungen sowie auch die Abgabe einer wahrheitsgemäßen Abrechnungssammelerklärung. Diese Verantwortung ist unteilbar und nicht delegierbar, sodass das MVZ gegenüber den Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung nicht auf ein eventuelles Fehlverhalten der dort tätigen Ärzte verweisen könnte.

28

Der im MVZ tätige Arzt reduziert mit der Entscheidung, seine Tätigkeit im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung in einem MVZ auszuüben, seinen Pflichtenkreis im technisch-administrativen Bereich; dem Arzt diese Möglichkeit zu bieten, war eines der Ziele bei der Schaffung des Rechtsinstituts des MVZ (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 7 RdNr 22; siehe auch BT-Drucks 15/1525 S 108). Er behandelt die Patienten und muss dem MVZ gegenüber deutlich machen, welche Leistungen er wann bei welchem Patienten erbracht hat. Die Erstellung und Kontrolle der Abrechnung gegenüber der KÄV ist hingegen Sache des MVZ, was für den dort tätigen Arzt - im Vergleich mit dem in eigener Praxis tätigen Vertragsarzt - den Vorteil hat, sich mit den administrativen Aufgaben nicht befassen zu müssen. Das hat auf der anderen Seite unvermeidlich die Konsequenz, dass dies dem MVZ obliegt: Der Verminderung der Verantwortung des einzelnen Arztes korrespondiert die volle Verantwortung des MVZ für die korrekte Organisation der Behandlung und für die Leistungsabrechnung. Mit diesen Zuständigkeiten ist der zentrale Verantwortungsbereich des MVZ beschrieben; die Verantwortung für die organisatorischen Abläufe und für die Leistungsabrechnung kennzeichnen den Kern der Aufgaben des MVZ, sie stehen nicht wie beim Vertragsarzt neben der Aufgabe der Patientenbehandlung. Die korrekte Gestaltung der Leistungserbringung und der Leistungsabrechnung sind die bei weitem wichtigste Aufgabe des MVZ; unterlaufen ihm dabei Versäumnisse, so betrifft dies den Kern seiner vertragsarztrechtlichen Pflichten und nicht nur "bürokratische Nebenaufgaben". Daher ist bei der Entscheidung darüber, ob einem MVZ eine gröbliche Pflichtverletzung zur Last fällt, für die Überlegung, ob ihm auch gesundheitliche Gefährdungen von Patienten anzulasten sind, grundsätzlich kein Raum.

29

Das kann zu einer Modifikation der bisherigen Rechtsprechung des Senats zur Zulassungsentziehung in Bezug auf ein MVZ führen, ohne dass der Senat dies hier umfassend für alle denkbaren Fallgestaltungen festlegen könnte. Naheliegend ist die Annahme, dass das Fehlverhalten einzelner Ärzte, das bei diesen zur Zulassungsentziehung führen würde (zB Beleidigung von KÄV-Mitarbeitern , sexuelle Übergriffe auf Patienten und/oder Auszubildende; vgl auch LSG Berlin-Brandenburg vom 9.2.2010 - L 7 KA 169/09 B ER -, ZMGR 2010, 96, 97 f = Juris RdNr 10 mit weiteren Beispielen), nicht zwangsläufig zur Entziehung der Zulassung des MVZ führen muss. Wenn dieses nämlich glaubhaft machen kann, solche Verstöße im Pflichtenkreis des Arztes weder gekannt noch geduldet zu haben, dürfte es in der Regel ausreichen, dass der betroffene Arzt aus seinem Beschäftigungsverhältnis mit dem MVZ-Träger entlassen und seine Anstellung nach § 95 Abs 2 Satz 7 SGB V widerrufen wird. Ist dagegen ein personenbezogener Durchgriff nicht möglich, so kommt auch in Betracht, den Pflichtverstoß der im MVZ tätigen Ärzte auch dem MVZ als solchem zuzurechnen (vgl zu diesem Ansatz bereits Senatsurteil vom 14.12.2011 - B 6 KA 33/10 R - RdNr 20). Eine Entziehung der MVZ-Zulassung liegt von vornherein nahe, wenn Pflichtverstöße in Rede stehen, die den Pflichtenkreis des MVZ als solchen betreffen. Dies gilt zB für Fehlverhalten bei dem Einsatz der Ärzte des MVZ wie auch bei fehlerhaften Abrechnungen. Fehlerhafte Abrechnungen eines MVZ können möglicherweise eher zur Entziehung von dessen Zulassung führen als bei einem Vertragsarzt, schon weil der KÄV insoweit das Instrument der Disziplinargewalt nicht zur Verfügung steht. Weder "das MVZ" noch seine Rechtsträger (Personengesellschaft, eingetragene Genossenschaft oder GmbH gemäß § 95 Abs 1a SGB V) sind Mitglieder der KÄV; deshalb kann die KÄV auf deren Verhalten nicht über § 81 Abs 5 SGB V einwirken. Die Entziehung der MVZ-Zulassung ist daher bei solchen Pflichtverletzungen nicht das letzte, sondern das einzige Mittel, das den Krankenkassen und der KÄV zur Verfügung steht, um ihre Verantwortung für eine korrekte Leistungserbringung und -abrechnung in einem MVZ effektiv wahrzunehmen.

30

Diese Differenzierung ist mit dem grundrechtlichen Schutz durch Art 12 Abs 1 GG vereinbar. Sowohl das Betreiben eines MVZ wie die ärztliche Tätigkeit dort stehen unter dem Schutz dieses Grundrechts; doch können sich das MVZ und der einzelne Arzt jeweils nur auf "ihre eigene" berufliche Tätigkeit berufen. Das MVZ kann sich im Verfahren gegen eine ihm gegenüber erfolgende Zulassungsentziehung gemäß § 95 Abs 6 SGB V nicht auf die Berufsausübungsfreiheit der bei ihm tätigen Ärzte berufen. Hieraus folgt zugleich, dass die einzelnen Ärzte des MVZ grundsätzlich die Möglichkeit haben müssen, nach der Entziehung der Zulassung ihres MVZ weiterhin im bisherigen Planungsbereich vertragsärztlich tätig zu sein. Dies könnte nur anders sein, wenn auch ihnen selbst eine gröbliche Pflichtverletzung zur Last fiele (vgl BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 82 ff, 90 zur umfassenden Wiederzulassungssperre auf sechs Jahre; - zur Fünf-Jahres-Frist siehe BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 12 RdNr 14 und 15). Die Möglichkeit weiterer vertragsärztlicher Tätigkeit ergibt sich für Vertragsärzte im MVZ schon aus ihrem fortbestehenden Zulassungsstatus; bei angestellten Ärzten dürften jedenfalls die zum 1.1.2012 neu geschaffenen Optionen der (Rück-)Umwandlung von Arztanstellungen in Zulassungen (§ 95 Abs 2 Satz 8 iVm Abs 9b, § 103 Abs 4a Satz 4 SGB V) eine Fortsetzung der Mitwirkung an der vertragsärztlichen Versorgung im bisherigen Planungsbereich auch dann ermöglichen, wenn dort Zulassungsbeschränkungen gelten (vgl dazu Bäune/Dahm/Flasbarth, MedR 2012, 77, 81).

31

Aufgrund der Differenzierung zwischen dem MVZ einerseits und den einzelnen bei ihm tätigen Ärzten andererseits kann ohne Verfassungsverstoß im Rahmen von Entscheidungen nach § 95 Abs 6 SGB V über die Entziehung einer MVZ-Zulassung die Schwere des Pflichtverstoßes und Prüfung der Verhältnismäßigkeit allein an dessen Pflichtenkreis und an dessen Grundrechtsschutz ausgerichtet werden. Dem MVZ werden weder unterschiedslos alle Pflichtverletzungen der bei ihm tätigen Ärzte einschließlich der fachlich-ärztlichen und höchstpersönlichen (zB Beleidigungen) zugerechnet, noch kann sich das MVZ auf das Interesse der einzelnen Ärzte an der persönlichen Fortführung der genuin ärztlichen Tätigkeit als abwägungsrelevanten Belang im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung berufen. Maßgeblich ist vielmehr stets eine Gesamtbetrachtung der Pflichtverletzungen, der Reaktion des MVZ darauf und das damit bewirkte Ausmaß der Störung des Vertrauens.

32

           

c) Unter Beachtung dieser Maßstäbe ist die Entscheidung des LSG, die Klägerin habe ihre Pflichten gröblich verletzt, nicht zu beanstanden. Das LSG hat festgestellt - und dies hat die Klägerin ausdrücklich als zutreffend anerkannt -, dass sie bei der Abrechnung ihrer im Quartal IV/2008 erbrachten Leistungen in dreifacher Weise gegen ihre vertragsärztlichen Pflichten verstoßen hat:

        

-       

Zum einen rechnete sie Leistungen von Ärzten ab, die entweder zu keinem Zeitpunkt bei ihr angestellt waren (Frau Dr. Str.) oder deren Anstellungsgenehmigungen erst zu einem späteren Zeitpunkt Wirkung entfalteten (Beigeladene zu 7. und Frau Dr. R.).

        

-       

Zum zweiten rechnete sie Leistungen unter bundesweit nicht vergebenen LANR ab.

        

-       

Schließlich zeigte sie Vertretungstätigkeiten - des Beigeladenen zu 9. - entgegen § 32 Abs 1 Satz 4 Ärzte-ZV und entgegen Nr 12 Satz 1 des Bescheids über ihre Zulassung nicht an.

33

Diese Pflichtverletzungen sind in ihrem Zusammenhang gröblich, weil sie das Vertrauen der KÄV und der Krankenkassen auf eine korrekte Organisation der Leistungserbringung und -abrechnung bei der Klägerin so nachhaltig zerstörten, dass diesen eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit der Klägerin nicht mehr zuzumuten ist. Für die Frage der Gröblichkeit der Pflichtverletzung ist maßgeblich, welchen Stellenwert die verletzte Pflicht hat und wie schwer der Verstoß unter Berücksichtigung seiner Eigenart wiegt (unten aa). Dies führt für die vorliegenden Pflichtverletzungen zur Bewertung als gröblich; dies gilt ungeachtet der Konzentration auf ein Quartal (unten bb). Die Zulassungsentziehung erfordert kein Verschulden (unten 3.). Ein sog Wohlverhalten liegt nicht vor (unten 4.). Eine Negativprognose oder eine umfassende Einbeziehung nachteiliger Folgen der Zulassungsentziehung ist nicht erforderlich (unten 5.). Die Verhältnismäßigkeit ist gewahrt (unten 6.), und Art 3 Abs 1 GG ist nicht verletzt (unten 7.).

34

           

aa) Grundlegend für die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung sind insbesondere

        

-       

die Pflicht, vor Tätigkeitsbeginn einen statusbegründenden Verwaltungsakt der Zulassungsgremien zu erwirken,

        

-       

die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung und

        

-       

die Pflicht zur peinlich genauen Leistungsabrechnung.

Allen diesen Pflichten kommt großes Gewicht zu.

35

Die Pflicht zur stets korrekten Leistungsabrechnung hat nicht nur bei einem MVZ die oben beschriebene große Bedeutung, weil sie bei ihm eine zentrale Aufgabe darstellt. Sie hat vielmehr auch sonst allgemein, wie der Senat in ständiger Rechtsprechung hervorhebt, hohen Stellenwert; denn das Abrechnungs- und Honorierungssystem der vertragsärztlichen Versorgung baut auf Vertrauen auf. Der Honorierung werden die Angaben der Leistungserbringer über die von ihnen erbrachten Leistungen zugrunde gelegt; eine Überprüfung erfolgt nur bei Auffälligkeit oder stichprobenweise (vgl hierzu § 106a Abs 2 und § 106 Abs 2 Satz 1 Nr 2 iVm Satz 2 ff SGB V). Da also bei der Honorierung die Angaben der Leistungserbringer grundsätzlich als zutreffend zugrunde gelegt werden, muss auf deren Richtigkeit vertraut werden können: Dies ist ein Fundament des Systems der vertragsärztlichen Versorgung (sog Pflicht zur peinlich genauen Leistungsabrechnung, vgl dazu ausführlich zB BSGE 73, 234, 237 = SozR 3-2500 § 95 Nr 4 S 12 f; darauf Bezug nehmend zB BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 10).

36

Der Pflicht, vor Tätigkeitsbeginn einen statusbegründenden Verwaltungsakt der Zulassungsgremien zu erwirken, kommt ebenfalls großes Gewicht zu. Im vertragsärztlichen System muss zu jedem Zeitpunkt klar sein, welcher Arzt Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen zu deren Lasten behandeln und Leistungen verordnen darf und ob insoweit ein Anspruch des Arztes besteht, wegen der von ihm erbrachten Leistungen an der Verteilung des Honorars durch die KÄV beteiligt zu werden (vgl zum Ganzen zB BSG SozR 4-5520 § 24 Nr 2 RdNr 14 mwN und RdNr 15; BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 25; BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 16 iVm 22; BSGE 106, 222 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 57; BSG vom 14.12.2011 - B 6 KA 13/11 R - SozR 4-2500 § 103 Nr 9 RdNr 17 mwN, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Zu jedem Zeitpunkt muss ohne verwaltungsmäßigen Aufwand feststehen, ob jemand im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung bestimmte Leistungen erbringen darf (vgl vorgenannte BSG-Angaben). Nur dann kann sich der jeweils behandelte Versicherte darauf verlassen, dass sein Arzt in das vertragsärztliche System eingebunden ist, dass keine Vergütung unmittelbar dem Arzt gegenüber zu zahlen ist und dass die spezifische Fachkunde des Arztes (vgl § 135 Abs 2 Satz 1 SGB V) festgestellt ist.

37

Erhebliche Bedeutung hat ferner die Pflicht des zur Leistungserbringung Berechtigten, seine Leistungen persönlich zu erbringen, soweit nicht ein Ausnahmefall delegierbarer Leistungen vorliegt. Diese Pflicht dient der Sicherung der hohen Qualität der vertragsärztlichen Versorgung. Diese kann nur gewährleistet werden, wenn die Leistungen von demjenigen persönlich erbracht werden, der auf der Grundlage der Regelungen über die Zulassung bzw Ermächtigung oder Anstellung von Leistungserbringern als befähigt angesehen worden ist, qualitätsgerechte Leistungen zu gewährleisten (zur persönlichen Leistungserbringung vgl zB BSGE 107, 56 = SozR 4-5520 § 20 Nr 3, RdNr 27 mwN; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 121 Nr 2 RdNr 29; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 15 RdNr 30 und Nr 24 RdNr 19).

38

Verstöße gegen diese Verpflichtungen sind in der Rechtsprechung des Senats bisher regelmäßig wegen ihrer vertrauenszerstörenden Tendenz als gröblich gewertet worden. Das betrifft wiederholt unkorrekte Abrechnungen, aber auch die Beschäftigung von Assistenten oder Vertretern ohne Genehmigung (BSG-Nachweise und weitere Beispiele bei Schallen, aaO, § 27 RdNr 28 ff; Krauskopf/Clemens in Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl 2010, § 29 RdNr 137, sowie bei Plagemann, Münchener AnwaltsHandbuch Sozialrecht, 3. Aufl 2009, § 20 RdNr 81; Meschke in Bäune/Meschke/Rothfuß, aaO, § 27 RdNr 12 ff). Wegen der Ausrichtung der Gröblichkeit der Pflichtverletzung an einer Gesamtbewertung können auch einmalige Rechtsverstöße oder Pflichtverletzungen in nur einem Quartal für eine Entziehung ausreichen, wenn sie den Eindruck bestätigen, der betroffene Leistungserbringer begegne den Anforderungen der vertragsärztlichen Versorgung nicht mit der gebotenen Sensibilität und Aufmerksamkeit.

39

bb) Nach diesen Maßstäben ist im vorliegenden Fall die vom SG und vom LSG gezogene Schlussfolgerung, es lägen gröbliche Pflichtverletzungen vor, die eine Entziehung der Zulassung rechtfertigen, nicht zu beanstanden. Maßgeblich ist, dass der Klägerin die oben in RdNr 32 ff aufgeführte Vielzahl von Verstößen gegen verschiedene grundlegende Pflichten anzulasten ist.

40

(1) Gravierende Pflichtverletzungen ergeben sich schon aus dem oben angeführten ersten Sachverhalt der Abrechnung von Leistungen von Ärzten, die entweder zu keinem Zeitpunkt bei ihr - der Klägerin - angestellt waren oder deren Anstellungsgenehmigungen erst zu einem späteren Zeitpunkt Wirkung entfalteten.

41

Zu diesem Sachverhalt hat die Klägerin ausgeführt: Die Daten der Beigeladenen zu 7. - Frau G. - und der Frau Dr. R. seien fälschlicherweise schon vor dem 1.1.2009 in die Software eingepflegt und diesen Ärztinnen seien - von übereifrigem Praxispersonal - Leistungen zugeordnet worden; als die Anstellungsgenehmigungen entgegen dem Antrag nicht rückwirkend erteilt worden seien, sei versäumt worden, die Leistungen wieder aus der Abrechnung herauszunehmen. Unerklärlich sei, wie auch die LANR der - auch gynäkologisch tätigen - Allgemeinärztin Dr. Str. ins System gelangt sei, die weder zur Anstellung angestanden habe noch Überweiserin gewesen sei. Dazu führt die Klägerin weiter aus, die Leistungen als solche seien aber erbracht worden, nämlich von anderen Ärztinnen - Frau Dr. Sto. und Frau Dr. K. -, die noch bis 31.12.2008 im MVZ tätig gewesen seien.

42

Mit dieser Darstellung hat die Klägerin unterstrichen, dass sie dem Erfordernis, dass vertragsärztliche Leistungen nur von Personen erbracht werden dürfen, die vor Tätigkeitsbeginn einen statusbegründenden Verwaltungsakt der Zulassungsgremien erlangt haben, keine ausreichende Aufmerksamkeit schenkte. Aus dem Sachverhalt in Verbindung mit ihren Ausführungen ergibt sich weiterhin, dass sie davon ausging, sie könne die bei einem gesetzlich Versicherten nötigen Leistungen von irgendeinem Arzt erbringen lassen und müsse sie lediglich bei der Abrechnung dann einem (anderen) Arzt, dessen Leistungen abzurechnen sie befugt war, zuordnen. In diesem Verhalten liegt eine mehrfache Pflichtverletzung. Sie verstieß erstens gegen die Pflicht, vor Tätigkeitsbeginn einen statusbegründenden Verwaltungsakt der Zulassungsgremien zu erwirken, zweitens gegen die Pflicht der persönlichen Leistungserbringung durch den zur Leistung Berechtigten und schließlich durch die Zuordnung der Leistungen zu einem anderen Arzt bei der Abrechnung auch gegen die Pflicht zur peinlich genauen Leistungsabrechnung.

43

(2) Hinzu kam noch, dass sie zusätzlich mehr als 1000 Leistungen unter bundesweit nicht vergebenen LANR abrechnete. Damit wies ihre Leistungsabrechnung Arztnummern aus, die keinerlei Bezug zu den tatsächlichen Leistungserbringern erkennen lassen. Während bei bloßen Schreibfehlern noch das Ziel erkennbar ist, den tatsächlichen Leistungserbringer anzugeben, und deshalb in einem solchen Fall die Entziehung der Zulassung nicht gerechtfertigt wäre, gab die Klägerin eine irgendwie gegriffene Arztnummer an, die entweder fiktiv oder einem anderen Arzt als dem Leistungserbringer zugeordnet war: Hier fehlt insgesamt die Zielrichtung genauer Leistungsabrechnung; darin liegt grundsätzlich ein schwerwiegender Verstoß gegen die Pflicht zur peinlich genauen Leistungsabrechnung. Das vermittelt den Eindruck, die Klägerin sehe die Vorgaben für die vertragsärztliche Versorgung lediglich als bürokratische Hemmnisse, denen sie kein Gewicht oder jedenfalls kein ausreichendes Gewicht beimisst.

44

(3) Schließlich ließ die Klägerin den Beigeladenen zu 9. als Vertreter für den wiederholt erkrankten bzw beurlaubten Dr. H. tätig werden, ohne dass sie dies der KÄV anzeigte. Hierin liegt ein Verstoß gegen § 32 Abs 1 Satz 4 Ärzte-ZV, wonach Vertretungen, die länger als eine Woche dauern, der KÄV anzuzeigen sind. Damit missachtete sie zugleich die ihr im Bescheid über ihre Zulassung erteilte Auflage, Fälle von Urlaub, Fortbildung oder Krankheit ab einer Abwesenheit von mehr als fünf Tagen bzw bei regelmäßig wiederkehrender Abwesenheit an einzelnen Tagen dem Arztregister formlos mitzuteilen sowie die Vertreter zu benennen (so Nr 12 Satz 1 des Zulassungsbescheides: Beschluss vom 5.3.2008/Bescheid vom 24.4.2008).

45

(4) Von diesen drei Sachverhaltskomplexen waren jedenfalls die beiden erstgenannten, die jeweils Verstöße gegen grundlegende Pflichten betrafen, schon jeder für sich schwerwiegend und begründeten jeweils eine gröbliche Pflichtverletzung: Beide zeigten - wie vom SG ausdrücklich ausgeführt und vom LSG in seinem Urteil (Juris RdNr 45, 47) in Bezug genommen - eine "erschreckende Sorglosigkeit" im Umgang mit den durch die Kassenzulassung begründeten Pflichten und einen "erschreckenden Mangel an Sensibilität" für die bei Abrechnungen nötige Sorgfalt. Diese Wertung der Vorinstanzen ist schlüssig und aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Mithin lagen sowohl aufgrund der Schwere der Pflichtverstöße als auch zusätzlich aufgrund der Art und Weise der Verletzungshandlungen gröbliche Pflichtverletzungen im Sinne des § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V vor.

46

Erst recht kann bei kumulativer Betrachtung aller Pflichtverstöße die Wertung als gröblich nicht beanstandet werden. Das von der Klägerin eingeräumte Fehlverhalten betrifft grundlegende vertragsärztliche Pflichten und zeigt, wie bereits aus den vorinstanzlichen Formulierungen zitiert, eine "erschreckende Sorglosigkeit" und einen "erschreckenden Mangel an Sensibilität" für die mit der Kassenzulassung begründeten Pflichten. Dies trägt die Wertung als gröblich.

47

(5) Die Bewertung der Pflichtverletzungen als gröblich ist ungeachtet der Konzentration der von der Klägerin zu verantwortenden Fehler auf ein Quartal unbedenklich. Die Gesamtbetrachtung der Pflichtverletzungen der Klägerin zwingt zur Folgerung der Verantwortungslosigkeit beim Umgang mit den vertragsärztlichen Pflichten. Wie ausgeführt (zuvor <4>), handelte es sich nicht lediglich um eine einmalige Pflichtverletzung, sondern um eine Vielzahl von Verstößen gegen verschiedene grundlegende Pflichten und dies in einer schwerwiegenden Art, sodass die Bewertung als gröblich, ungeachtet der Konzentration auf ein Quartal, nicht zu beanstanden ist. Aufgrund des erheblichen Gewichts der Pflichtverstöße ergab sich die Folgerung, dass das Vertrauen der vertragsarztrechtlichen Institutionen in die ordnungsgemäße Wahrnehmung und Durchführung der vertragsarztrechtlichen Aufgaben so stark zerstört wurde, dass ihnen eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zugemutet werden konnte.

48

Die Klägerin hätte den Geschehensablauf der Zerstörung des Vertrauens der kassenarztrechtlichen Institutionen allenfalls dadurch aufhalten können, dass sie binnen kürzester Frist die Fehlerursache feststellt und das pflichtwidrige Fehlverhalten abstellt sowie die Fehlerursache und -behebung von sich aus den für die Versorgung verantwortlichen Körperschaften offenlegt. Nur unter dieser Voraussetzung könnte erwogen werden, dass trotz der schwerwiegenden Pflichtverletzungen keine Zerstörung des Vertrauens dieser Körperschaften auf die Rechtmäßigkeit der Abrechnungen des MVZ eingetreten ist.

49

So handelte die Klägerin jedoch nicht. Die Klägerin hat von sich aus der zu 1. beigeladenen KÄV weder bei der Abrechnung einen Hinweis auf mögliche Fehler gegeben noch alsbald danach die Fehlerursachen benannt, um so die Zerstörung des Vertrauens aufzuhalten. Sie hätte schon bei Einreichung der Abrechnung der Leistungen aus dem Quartal IV/2008 deren Richtigkeit überprüfen und erkennen müssen, wie es bei Abgabe einer sog Abrechnungssammelerklärung gefordert wird (vgl hierzu BSG SozR 3-5550 § 35 Nr 1; siehe auch BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 28; BSGE 103, 1 = SozR 4-2500 § 106a Nr 7, RdNr 17). Ihr ist es nach ihren eigenen Angaben auch anschließend nicht gelungen, die Fehlerursache festzustellen und offenzulegen, etwa durch Benennung der Personen, die für die Fehlerhaftigkeit der Abrechnung verantwortlich waren.

50

3. Über die Bewertung einer Pflichtverletzung als gröblich hinaus setzt die Zulassungsentziehung nicht zusätzlich voraus, dass der Pflichtenverstoß verschuldet war. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl zB BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 10, und die weitere oben in RdNr 23 angegebene Rspr).

51

Die Rechtsprechung, dass das Vorliegen eines Verschuldens nicht relevant ist, gründet sich zunächst darauf, dass der Tatbestand des § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V keinen Ansatzpunkt für ein Verschuldenserfordernis bietet. Ein solches Erfordernis wäre auch nicht kompatibel mit dem Ziel der Regelungen des SGB V, die auf eine funktionsfähige vertragsärztliche Versorgung ausgerichtet sind: Ist zB ein Leistungserbringer rauschgiftsüchtig geworden (vgl § 21 Ärzte-ZV), so ist er unabhängig davon, ob ihm dies als verschuldet zugerechnet werden kann oder ob etwa eine Krankheit oder eine medikamentöse Behandlung die Ursache waren, ungeeignet für die Teilnahme an der Versorgung und muss im Interesse von deren Funktionsfähigkeit von der Teilnahme ausgeschlossen werden können.

52

In vergleichbarer Weise wird die Zulassungsentziehung nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Klägerin sich - wie sie geltend macht - infolge der im Juli 2008 erfolgten Verlegung ihres Standortes noch in Organisationsschwierigkeiten befunden habe. Ein Grund, Pflichtverletzungen aufgrund eines Umzugs milder zu bewerten, besteht nicht. Die Klägerin muss jederzeit - auch während eines Umzugs - die ihr obliegenden Pflichten gewissenhaft erfüllen. Zudem ist kein Zusammenhang zwischen dem Umzug und den von ihr begangenen Pflichtverletzungen ersichtlich: Ein Umzug mag dazu führen, dass etwa Unterlagen kurzfristig nicht greifbar sind und Anfragen von Kostenträgern verspätet beantwortet werden. Für den Einsatz von Ärzten ohne Anstellungsgenehmigung und die Verwendung falscher Arztnummern kann ein Umzug dagegen keine Rechtfertigung oder Entschuldigung sein. Die Art und die Vielzahl der Verstöße gegen verschiedene grundlegende Pflichten lassen vielmehr auf schwerwiegende Organisationsdefizite der Klägerin schließen. Dies gilt auch, soweit die Klägerin auf Defizite der EDV verweist. Dass eine andere als die verwendete Software die Auswirkungen der fehlerhaften Eingaben von Daten möglicherweise begrenzt hätte, kann die Klägerin nicht entlasten. Kein Bürger kann sich für fehlerhafte Eingaben in der elektronischen Einkommensteuererklärung mit dem Hinweis entlasten, das "System" habe ihn nicht gewarnt. Für die Dateneingabe ist nicht die Software, sondern der Eingebende verantwortlich; eine Bewertung der Eingabefehler als verzeihlich scheidet im Hinblick auf die Vielzahl der Abrechnungsfehler aus. Im Übrigen obliegt es dem Abrechnenden, schon bei der Auswahl der Software dafür Sorge zu tragen, dass diese den Anforderungen entspricht.

53

4. Die Rechtsprechung des Senats, wonach die Möglichkeit besteht, durch Wohlverhalten im laufenden Zulassungsentziehungsprozess noch die Aufhebung des Bescheids über die Zulassungsentziehung zu erreichen, kann im Fall der Klägerin nicht zur Anwendung kommen.

54

Der Senat hat die Rechtsprechung zum sog Wohlverhalten zuletzt in seinem Urteil vom 19.7.2006 ausführlich dargestellt (BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 12 RdNr 16 ff; vgl dazu auch BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 19). Danach ist bei einer Zulassungsentziehung - jedenfalls im Fall noch nicht sofort vollzogener Entziehung - zu prüfen, ob sich die Sachlage während des Prozesses zu Gunsten des Leistungserbringers in einer Weise geändert hat, dass eine Entziehung nicht mehr als angemessen erscheint. Das stimmt nicht in vollem Umfang mit der Rechtsprechung von BVerwG und BGH in den von ihnen entschiedenen Fällen überein; diese betrafen zB die Zurruhesetzung eines Beamten, den Widerruf bzw die Rücknahme der Zulassung eines Rechtsanwalts, den Widerruf einer zahnärztlichen Approbation oder den Widerruf der Berufserlaubnis eines Logopäden. Diese Gerichte stellen bei ihren Entscheidungen über die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts jeweils auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung ab, sodass der Betroffene für die Geltendmachung erst späterer Verbesserungen der Sachlage darauf verwiesen wird, mit diesen Gesichtspunkten eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis, ein erneutes Verfahren auf Erteilung der Berufserlaubnis oder ein erneutes Approbationsverfahren zu betreiben - womit der Grundsatz gewahrt bleibt, dass bei Anfechtung eines belastenden Verwaltungsakts die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich ist und bleibt - (vgl hierzu zB BVerwGE 105, 267, 269 f; BVerwGE 137, 1 = NJW 2010, 2901, RdNr 11; vgl ferner BVerwG NJW 2011, 1830 = GesR 2011, 244, RdNr 5; weitere Angaben in BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 14 und 15; - diese Rechtsprechung nicht beanstandend BVerfG BVerfGK 6, 156, 161 = NJW 2005, 3057, 3058 = Juris RdNr 18-20). Demgegenüber berücksichtigt der erkennende Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung zu Zulassungsentziehungen gemäß § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V - jedenfalls soweit sie bisher nicht sofort vollzogen worden waren - für den Betroffenen günstige Veränderungen auch noch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht: Bei Zulassungsentziehungen ist - abweichend vom Grundsatz der maßgeblichen Sachlage im Zeitpunkt nach der letzten Verwaltungsentscheidung - zu überprüfen, ob sich die Sachlage während des Prozesses durch ein Wohlverhalten des Leistungserbringers in einer Weise zu seinen Gunsten geändert hat, dass eine Grundlage für eine erneute Vertrauensbasis zwischen dem Betroffenen und den vertragsarztrechtlichen Institutionen wieder aufgebaut worden ist(zu dieser Ausnahme vom sonst maßgeblichen Zeitpunkt vgl zB BSGE 73, 234, 236 = SozR 3-2500 § 95 Nr 4 S 11 f; BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 13, 15 f).

55

Ob bzw inwieweit diese Rechtsprechung einer Ausnahme vom Grundsatz der maßgeblichen Sachlage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung fortzuführen ist oder ob sie zu Gunsten der Grundsätze des BVerwG und des BGH aufzugeben ist - mit der Folge, dass der Betroffene für die Berufung auf sein Wohlverhalten seit der letzten Verwaltungsentscheidung darauf verwiesen wird, erneut die Kassenzulassung zu beantragen -, bedarf im vorliegenden Fall weder näherer Erörterung noch einer Entscheidung. Dies kann hier deshalb unentschieden bleiben, weil im vorliegenden Fall die inhaltlichen Voraussetzungen für ein Wohlverhalten ohnehin nicht erfüllt sind. Dieses setzt nach der Rechtsprechung des Senats eine zweifelsfreie nachhaltige Verhaltensänderung während eines Zeitraums von mehreren Jahren sowie eine zweifelsfreie Prognose künftig rechtmäßigen Verhaltens voraus (vgl BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 19 mwN zum Erfordernis zweifelsfreier Prognose; ebenso BSG vom 27.6.2007 - B 6 KA 20/07 B - Juris RdNr 13; hier in RdNr 13 auch zur Frist: "im Regelfall nach ca fünf Jahren"; ebenso - betr Wiederzulassung - BSG MedR 1987, 254, 255 = USK 86179 S 838: "Bewährungszeit von fünf Jahren"; in Bezug genommen in BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 12 RdNr 14; vgl hier auch RdNr 15 zum Fünf-Jahres-Zeitraum). Für ein Wohlverhalten in diesem Sinne reicht die Zeit von weniger als zwei Jahren, die seit der letzten Verwaltungsentscheidung vom 15.7.2009 bis zur Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz am 23.2.2011 verstrichen ist, nicht aus (zur Bemessung nur bis zur Entscheidung des Berufungsgerichts siehe BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 15 am Ende).

56

5. Eine Zulassungsentziehung erfordert - anders, als die Klägerin geltend macht - keine Negativprognose für das künftige Verhalten des Leistungserbringers im Sinne der Feststellung einer Wiederholungsgefahr. Für ein solches Erfordernis gibt es keinen Ansatzpunkt, weder in § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V noch in der Rechtsprechung des BSG oder des BVerfG.

57

Der Tatbestand des § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V ist nicht auf die Steuerung künftigen Verhaltens ausgerichtet. Zwar mag eine Wirkung auf das künftige Verhalten des Betroffenen und auch auf dasjenige der anderen Leistungserbringer (Generalprävention) ein erwünschter Nebeneffekt einer Zulassungsentziehung sein; hierauf ist die Norm aber nicht ausgerichtet. Sie regelt vielmehr nach ihrem Wortlaut eine nachträgliche Reaktion auf ein in der Vergangenheit liegendes pflichtwidriges Verhalten. Das BSG hat diese Zielrichtung in Abgrenzung zu Disziplinarmaßnahmen herausgestellt (vgl BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 36 f mwN). Mithin sind allein Ausmaß und Schwere der Pflichtverletzungen der Maßstab dafür, ob den Institutionen der vertragsärztlichen Versorgung eine Fortsetzung der Zusammenarbeit zuzumuten ist.

58

Auch aus der von der Klägerin angeführten Rechtsprechung des BVerfG lässt sich nichts Abweichendes herleiten. Der Beschluss vom 31.8.2005 (BVerfG BVerfGK 6, 156 = NJW 2005, 3057) hat zwar einen Beschluss des BGH über eine Amtsenthebung gegenüber einem Notar wegen Verletzung des Art 12 Abs 1 GG aufgehoben, dies aber nicht deshalb, weil es an einer Negativprognose gefehlt habe, sondern deshalb, weil die den Notar entlastenden, noch bis zur letzten Verwaltungsentscheidung eingetretenen Änderungen der Sachlage nicht ausreichend berücksichtigt worden waren (BVerfGK aaO S 161 ff bzw NJW aaO S 3058 . Die Notwendigkeit einer Negativprognose ergibt sich auch nicht aus den weiteren Beschlüssen vom 15.3.2010 und vom 8.11.2010, die auf Anrufung der Klägerin hin ergangen sind (BVerfG - jeweils zum Az 1 BvR 722/10 - SozR 4-2500 § 95 Nr 19 = ZMGR 2010, 100 = GesR 2010, 326, und NZS 2011, 619 = ZMGR 2011, 27, zunächst einstweilige Anordnung auf Aussetzung sofortiger Vollziehung und danach Verfassungsbeschwerde gegen Anordnung sofortiger Vollziehung):

59

In diesen Beschlüssen hat das BVerfG jeweils eine Interessenabwägung und in deren Rahmen auch eine Folgenabschätzung vorgenommen, wie es seiner ständigen Rechtsprechung in Fällen entspricht, in denen eine einstweilige Regelung zu treffen (§ 32 Abs 1 BVerfGG) oder über eine von den Fachgerichten getroffene einstweilige Regelung zu entscheiden ist (§ 80 Abs 5 ff, § 123 Abs 1 VwGO bzw § 86b Abs 1 und 2 SGG). Eine solche Folgenabschätzung erfordert nach der Rechtsprechung des BVerfG jeweils auch die Prüfung der Gefahr künftiger (erneuter) Rechtsverletzungen. Dies betrifft aber nur Fälle, in denen das BVerfG entweder über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 32 Abs 1 BVerfGG oder über eine fachgerichtliche Ablehnung der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes(§ 80 Abs 5 ff, § 123 Abs 1 VwGO bzw § 86b Abs 1 und 2 SGG) zu entscheiden hat. Eine dem vergleichbare Konstellation, die die Anwendung entsprechender Entscheidungsgrundsätze im anhängigen Revisionsverfahren erfordern könnte, liegt hier nicht vor. Das BVerfG hat mit Beschluss vom 28.8.2007 (BVerfGK 12, 72) deutlich gemacht, dass aus dem Erfordernis einer besonderen Gefahrenprognose im Rahmen von Anordnungen der sofortigen Vollziehung nicht gefolgert werden kann, aufgrund des Art 12 Abs 1 GG sei generell eine Negativprognose zu fordern (aaO S 80).

60

Dies ist im vorliegenden Verfahren zu beachten. Hier ist allein über die Rechtmäßigkeit einer Reaktion auf vergangenes Verhalten gemäß § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V zu entscheiden. Zu diesem Tatbestand passt das Erfordernis einer Negativprognose oder Wiederholungsgefahr nicht. Vielmehr wird wie zB auch beim Widerruf der (zahn)ärztlichen Approbation oder der Berufserlaubnis eines Logopäden wegen Pflichtverletzungen und darauf gegründeter Unwürdigkeit keine (Gefahren-)Prognose für die Zukunft vorgenommen, sondern allein an das Fehlverhalten in der Vergangenheit angeknüpft; hierbei sind allerdings die verfassungsrechtlichen Maßstäbe des Art 12 Abs 1 GG und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes anzulegen, sodass zu prüfen ist, ob die Sanktion eine noch angemessene, nicht unverhältnismäßige Reaktion auf die begangenen Pflichtwidrigkeiten darstellt (ebenso zB BVerwG NJW 2011, 1830 = GesR 2011, 244, RdNr 4; modifizierend BVerwGE 137, 1 = NJW 2010, 2901, RdNr 11, 18-20 betr Merkmal der Unzuverlässigkeit; ebenso BVerwG vom 25.2.2008 - 3 B 85/07 - Juris RdNr 16). Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist mit zu berücksichtigen, dass die Entziehung nicht einen lebenslangen Ausschluss bedeuten muss, weil bei erneutem Vorliegen aller Voraussetzungen eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis, eine erneute Berufserlaubnis oder eine erneute Approbation bzw Zulassung mit Aussicht auf Erfolg beantragt werden kann (vgl hierzu BVerwGE 105, 267, 269 f zum Approbationswiderruf wegen Unwürdigkeit; BVerwGE 137, 1 = NJW 2010, 2901, RdNr 11 iVm 21 zum Widerruf der Berufserlaubnis für Logopäden; BVerwG NJW 2011, 1830 = GesR 2011, 244, RdNr 5 zum Approbationswiderruf wegen Unwürdigkeit; - zu den Maßstäben für Wiederzulassungen vgl BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 14 ff; zur Verfassungsmäßigkeit von Wiederzulassungssperren siehe ferner BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 70 ff).

61

6. Die Verhältnismäßigkeit unterliegt auch nicht unter anderen Gesichtspunkten durchgreifenden Bedenken. Die Kriterien Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne sind eingehalten.

62

Die Erforderlichkeit kann nicht unter dem Gesichtspunkt eines weniger belastenden Mittels in Frage gestellt werden. Ein das MVZ weniger belastendes Mittel als die Zulassungsentziehung stellt das Gesetz im Falle von dessen Pflichtverletzungen nicht zur Verfügung (vgl oben RdNr 29 mit Hinweis auf das Fehlen disziplinarischer Möglichkeiten). Die Verweisung darauf, es könnten aber uU Maßnahmen gegen die Mitarbeiter des MVZ ergriffen werden, verkennt, dass die vorliegenden Pflichtverletzungen den Pflichtenkreis speziell des MVZ betreffen (RdNr 24 ff); ohnehin sind individuell-verantwortliche Mitarbeiter gerade nicht von der Klägerin benannt worden (RdNr 48 f).

63

Auch die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, dh die Angemessenheit bei Abwägung des von der Klägerin gesetzten Eingriffsanlasses im Verhältnis zur Eingriffstiefe, ist gewahrt. Wie bereits ausgeführt, verletzte die Klägerin nicht etwa nur Nebenpflichten, sondern die in Rede stehenden Pflichtverstöße betrafen zentrale Pflichten des MVZ (vgl oben RdNr 28 f), und angesichts des dargestellten schwerwiegenden Charakters der Pflichtverletzungen (vgl insbesondere oben RdNr 45 f) ist die Zulassungsentziehung sachangemessen.

64

Die Verhältnismäßigkeit gilt auch bei Würdigung des Umstandes, dass die Klägerin nach Entziehung der Zulassung ihren Gesellschaftszweck nicht weiterverfolgen kann, weil dieser nur auf den Betrieb des konkreten MVZ gerichtet ist. Dies macht die Entziehung nicht im engeren Sinne unverhältnismäßig. Abgesehen davon, dass die Klägerin sich ohnehin im Stadium der Insolvenz befindet, passt der von der Klägerin angeführte Aspekt der schweren Folgen eines dauerhaften Ausschlusses von jeder beruflichen Tätigkeit hier nicht. Einer GmbH steht das Grundrecht aus Art 12 Abs 1 GG zu, weil sie den rechtlichen Rahmen für die berufliche Tätigkeit der hinter ihr stehenden Personen stellt. Die GmbH selbst kann - wenn die Insolvenz als Ergebnis des laufenden Insolvenzverfahrens doch noch abzuwenden sein sollte - später eventuell erneut ihre Zulassung beantragen, wenn sie glaubhaft macht, ausreichende Vorkehrungen gegen künftige Pflichtverstöße getroffen zu haben, allerdings nur nach Maßgabe der Maßstäbe für Wiederzulassungen (vgl hierzu BSG SozR 4-5520 § 21 Nr 1 RdNr 14 ff; zur Verfassungsmäßigkeit von Wiederzulassungssperren siehe ferner BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 70 ff).

65

Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne kann auch nicht im Hinblick auf die Rechtspositionen der im Gefolge der Entziehung der MVZ-Zulassung betroffenen Ärzte in Zweifel gezogen werden. Die im Rahmen des MVZ ihre Berufstätigkeit ausübenden Personen können, wie oben ausgeführt, ihre gewünschten Tätigkeiten auch nach der Liquidation der klagenden GmbH fortsetzen (zu den Ärzten vgl oben RdNr 30); ihre Rechtspositionen aus Art 12 Abs 1 GG sind nicht in die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Zulassungsentziehung gegenüber dem MVZ einzubeziehen (vgl oben RdNr 30, 31).

66

Schließlich führen auch die Auswirkungen, die eine Zulassungsentziehung für die vom MVZ betreuten Patienten und für die weiteren dort tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat, nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Entziehung. Derartige Auswirkungen sind zwingend mit jedem Ausscheiden eines Vertragsarztes aus der Versorgung oder auch mit dem Widerruf der Zulassung von Rechtsanwälten und mit der Schließung von Krankenhäusern zB wegen Fehlens der Zuverlässigkeit des Betreibers verbunden. Alle Vorschriften über die Entziehung oder den Widerruf einer Berufszulassung bzw -erlaubnis werden ungeachtet der Mitbelastung weiterer Betroffener von der Erwägung getragen, dass auf Dauer die Mitwirkung von Personen oder Institutionen, die keine Gewähr für eine korrekte Erfüllung der Berufspflichten bieten, nicht hingenommen werden kann. In diesem Sinne können auch bei Zulassungsentziehungen im Vertragsarztrecht - anders als bei Entscheidungen im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes (vgl oben RdNr 56 ff) - die Schwierigkeiten der Patienten bei der Suche nach neuen Behandlungsmöglichkeiten und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Suche nach neuen Stellen keine Rolle spielen.

67

7. Schließlich ist auch keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art 3 Abs 1 GG ersichtlich. Für das Vorbringen der Klägerin, bei gleichartigen Pflichtverletzungen, wie sie ihr angelastet werden, würde im Falle von Krankenhäusern oder Vertragsärzten keine gröbliche Pflichtverletzung mit der Folge einer Zulassungsentziehung angenommen, hat die Klägerin schon keine konkreten Belege beigebracht.

68

Für Krankenhäuser fehlt es auch an der erforderlichen Vergleichbarkeit, weil für sie andere Rechtsvorschriften gelten. Vertragsärzte unterliegen zwar derselben Sanktionsregelung des § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V; auch hier fehlt es aber an der Vergleichbarkeit, weil ihr Pflichtenkreis anders zugeschnitten ist; so stellt bei ihnen das Abrechnungswesen nur eine Nebentätigkeit dar, und Pflichtverstöße in diesem Bereich können deshalb bei ihnen uU geringer gewichtet werden (vgl oben RdNr 25 ff, 29).

69

Im Übrigen wäre aber bei derart gravierenden Pflichtverletzungen, wie sie hier der Klägerin anzulasten sind, auch im Falle einzelner Vertragsärzte eine gröbliche Pflichtverletzung anzunehmen. Sollte es dennoch einen Fall geben - den die Klägerin freilich nicht konkret benennt -, in dem eine solche Pflichtverletzung bei einem Vertragsarzt nicht als gröblich bewertet wurde, so könnte sich die Klägerin hierauf nicht mit Erfolg unter Anführung von Art 3 Abs 1 GG berufen. Denn wegen der vorrangigen Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Rechtsstaatsprinzip des Art 20 Abs 3 GG) besteht kein Anspruch darauf, dass bei gleicher Sachlage künftig wieder in gleicher Weise falsch entschieden werden müsste. Einen "Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht" kennt die Rechtsordnung nicht (stRspr des BVerfG und des BSG, vgl BSG SozR 4-2500 § 119 Nr 1 RdNr 33 mwN).

70

8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt die Klägerin die Kosten des von ihr erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO), einschließlich der Kosten der Beigeladenen zu 1., die sich am Verfahren beteiligt und auch einen Antrag gestellt hat (§ 162 Abs 3 VwGO). Eine Erstattung von Kosten der übrigen Beigeladenen ist nicht veranlasst; sie haben keine Anträge gestellt (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. September 2012 aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22. September 2011 zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten auch des Berufungs- und Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Streitig sind sachlich-rechnerische Richtigstellungen wegen Überschreitung der für die Job-Sharing-Praxis des Klägers festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina in den Quartalen III/2008 und IV/2008.

2

Der Kläger ist als Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (HNO) zur vertragsärztlichen Versorgung in W. zugelassen. Mit Beschluss vom 30.1.2008 erteilte ihm der Zulassungsausschuss (ZA) eine Genehmigung zur Beschäftigung der HNO-Ärztin Dr. E. im zeitlichen Umfang von 10 Wochenstunden ab dem 1.4.2008 als sog Job-Sharing-Partnerin nach § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V. Mit der Genehmigung war die Festsetzung quartalsbezogener Gesamtpunktzahlen verbunden, die bei der Abrechnung als Leistungsobergrenze maßgeblich sein sollten.

3

Auf einen Antrag des Klägers vom 21.3.2008 setzte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) mit Bescheid vom 28.5.2008 aus Sicherstellungsgründen die Fallzahlzuwachsbegrenzung für das Jahr 2008 aus. Der Kläger hatte angegeben, dass der HNO-Arzt Dr. S.
in V. (Bezirk der KÄV Hessen) mit Wirkung zum 1.10.2007 seine Zulassung zurückgegeben habe und dessen Patienten mangels Nachfolger zum Teil von ihm versorgt werden müssten. Der Praxisnachfolger nahm tatsächlich seine vertragsärztliche Tätigkeit zum Quartal II/2008 auf.

4

Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 12.1.2009 mit, dass bei Job-Sharing-Praxen, die die vom ZA festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina überschreiten, eine quartalsbezogene Rückforderung vorgenommen werden solle. Nach Ablauf von vier Quartalen erfolge ggf eine Saldierung, sodass im Fall einer Unterschreitung eine Rückvergütung erfolge. Er habe im Quartal II/2008 die Punktzahlobergrenze um 49.811,1 Punkte unterschritten. Mit Honorarbescheid vom 15.1.2009 setzte die Beklagte für das Quartal III/2008 ein Honorar in Höhe von insgesamt 47 420,35 Euro fest. Für das Quartal IV/2008 setzte sie mit Bescheid vom 15.4.2009 insgesamt ein Honorar in Höhe von 51 282,37 Euro fest. Dabei berücksichtigte sie jeweils sämtliche der Fallzahlzuwachsbegrenzung unterliegenden Fälle, nicht jedoch die Leistungsbegrenzung durch die Gesamtpunktzahlvolumina.

5

Mit Bescheid vom 25.6.2009 nahm die Beklagte wegen Überschreitungen der Gesamtpunktzahlvolumina in den Quartalen III/2008 und IV/2008 eine sachlich-rechnerische Richtigstellung vor und kürzte das Honorar des Klägers für das Quartal III/2008 um 3455,25 Euro und für das Quartal IV/2008 um 5204,42 Euro. Aufgrund einer Rückvergütung für das Quartal II/2008 in Höhe von 1910,80 Euro werde ein Betrag in Höhe von insgesamt 6748,87 Euro im Rahmen des Honorarbescheides für das Quartal II/2009 verrechnet. Für das Quartal III/2008 wurde dabei eine individuelle Punktzahlobergrenze von 1.211.887,6 Punkten und für das Quartal IV/2008 eine individuelle Punktzahlobergrenze von 1.191.850,5 Punkten zugrunde gelegt. Abgerechnet worden seien im Quartal III/2008 1.308.945,0 Punkte und im Quartal IV/2008 1.327.520,0 Punkte, sodass die Differenz in Höhe von 97.057,4 Punkten (Quartal III/2008) und 135.669,5 Punkten (Quartal IV/2008) abzuziehen sei.

6

Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6.8.2010 zurück. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 22.9.2011 abgewiesen. Aus dem bestandskräftigen Bescheid des ZA vom 7.4.2008 (= Beschluss vom 30.1.2008), der für die Beteiligten und das Gericht bindend sei, ergebe sich eine Begrenzung der abrechenbaren Leistungsmenge. Da dem Kläger die Begrenzung des abrechenbaren Leistungsumfangs bekannt gewesen sei, habe kein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend entstehen können, dass er Leistungen über die Gesamtpunktzahlvolumina hinaus abrechnen könne. Ein solches Vertrauen sei auch nicht durch die Befreiung von der Fallzahlzuwachsbegrenzung entstanden. Aufgrund der unterschiedlichen Regelungsgegenstände und Zuständigkeiten habe der Kläger nicht davon ausgehen können, von der Einhaltung der Punktzahlobergrenzen befreit zu sein. Es habe daher dem Kläger oblegen, für die Zeit ab dem 1.4.2008 bei dem ZA eine Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina zu beantragen.

7

Mit dem angefochtenen Urteil vom 26.9.2012 hat das LSG das Urteil des SG vom 22.9.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 25.6.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.8.2010 aufgehoben. Grundsätzlich seien hier die Voraussetzungen für eine nachträgliche Richtigstellung der Honorarbescheide erfüllt, weil der Kläger die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina überschritten habe. Indes sei Grund hierfür nicht eine dauerhafte Mengenausweitung unter Missachtung der für die Praxis festgesetzten Leistungsbegrenzung, sondern der durch die Rückgabe der Zulassung durch Dr. S. entstandene zeitlich begrenzte zusätzliche Versorgungsbedarf. Die aus diesem Grund erteilte befristete Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung hätte im Falle einer "Normalpraxis" zur Vergütung der zur Sicherstellung der Versorgung erbrachten Mehrleistungen geführt. Im Falle einer Job-Sharing-Praxis müssten indes zusätzlich die Gesamtpunktzahlvolumina für die Übergangszeit angehoben werden. Einen entsprechenden Antrag bei dem ZA hätten jedoch weder die Beklagte noch der Kläger gestellt. Der Kläger habe zwar die statusrechtlichen Voraussetzungen der Leistungserbringung und -abrechnung zu kennen und müsse sich bei Zweifeln ggf informieren, sodass er sich nicht auf Unkenntnis berufen könne. Es liege jedoch ein Sonderfall vor, weil die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (BedarfsplRL) eine Änderung der Gesamtpunktzahlvolumina für den Fall eines zeitlich begrenzten zusätzlichen Versorgungsbedarfs nicht vorsehe und die Notwendigkeit einer vorübergehenden Änderung der Leistungsgrenze bei Job-Sharing im Falle eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs dem ZA und der Beklagten jedenfalls aus Sicht des Klägers habe bekannt sein müssen. Das sich hieraus ergebende Vertrauen des Klägers darauf, die Mehrleistungen auch ohne ausdrücklichen statusrechtlichen Ausnahmebescheid des ZA vergütet zu erhalten, sei ausnahmsweise schutzwürdig.

8

Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten. Das LSG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger sich hier auf Vertrauensschutz berufen könne. Der Beschluss des ZA vom 30.1.2008 habe Bestandskraft erlangt und sei daher für sie und den Kläger bindend. Änderungen und Anpassungen der Gesamtpunktzahlvolumina könne sie zwar beantragen, die Umsetzung sei aber ausschließlich dem ZA vorbehalten. Der Bescheid vom 28.5.2008 habe daher die in dem Bescheid des ZA festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina nicht aufheben können. Er beziehe sich im Übrigen ausdrücklich auch nur auf die Fallzahlzuwachsbegrenzung, die ein völlig anderes Regelungsinstrument als die Gesamtpunktzahlvolumina im Rahmen des Job-Sharing sei. Aufgrund der unterschiedlichen Regelungsbereiche und Zuständigkeiten habe der Kläger nicht ohne Weiteres davon ausgehen dürfen, von der Einhaltung der Job-Sharing-Obergrenze entbunden zu sein. Er habe sich vielmehr, nachdem er den Bescheid über die Aussetzung der Fallzahlbegrenzungsregelung erhalten habe, bei dem ZA oder bei ihr, der Beklagten, nach den Auswirkungen dieser Aussetzung auf die Gesamtpunktzahlvolumina erkundigen und ggf einen entsprechenden Änderungsantrag stellen müssen.

9

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 26. September 2012 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Stuttgart vom 22.9.2011 zurückzuweisen.

10

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend. Es sei bereits keine Unrichtigkeit der Honorarbescheide anzunehmen, da er durch den Bescheid vom 28.5.2008 ausdrücklich damit beauftragt worden sei, den durch die Rückgabe der Zulassung durch Dr. S. vorübergehend entstandenen Versorgungsmangel auszugleichen. Selbst bei Annahme der Rechtswidrigkeit der Honorarbescheide habe die Beklagte durch die zeitlich nach der Festsetzung der Gesamtpunktzahlvolumina erfolgte Aufhebung der Fallzahlzuwachsbegrenzung jedenfalls einen Vertrauenstatbestand geschaffen, der der Honorarkürzung entgegenstehe. Vertrauensschutz scheide nicht deshalb aus, weil es sich bei der Beklagten und dem ZA um zwei unterschiedliche Behörden handele. Diese Betrachtung lasse außer Acht, dass auch die Beklagte regelmäßig Anpassungen der Punktzahlgrenzen vornehme, die durch den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) oder den Honorarverteilungsvertrag bedingt würden. Im Übrigen bestehe der ZA zur Hälfte aus Mitgliedern der Beklagten und werde bei der Beklagten geführt. Es habe der Beklagten oblegen, ihn über sein Antragsrecht auf Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina zu informieren oder den Antrag selbst zu stellen. Sie hätte die Bewilligung der Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzungsregelung auch mit der Bedingung versehen können, dass dennoch die Gesamtpunktzahlvolumina eingehalten werden müssten. Da in den BedarfsplRL eine Ausnahmeregelung für den Fall eines zeitlich begrenzten zusätzlichen Versorgungsbedarfs nicht vorgesehen gewesen sei, könne es nicht zu seinen Lasten gehen, dass er keinen Antrag auf Aussetzung der Gesamtpunktzahlvolumina bei dem ZA gestellt habe.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Beklagte war berechtigt, die Abrechnungen des Klägers sachlich-rechnerisch richtig zu stellen, weil er die für seine Job-Sharing-Praxis geltenden Gesamtpunktzahlvolumina in den streitbefangenen Quartalen überschritten hat.

13

1. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung und Rückforderung ist § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V(idF des Gesetzes zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 , insoweit in der Folgezeit unverändert). Danach stellt die KÄV die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots -, erbracht und abgerechnet worden sind. Die Befugnis zu Richtigstellungen besteht auch für bereits erlassene Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung). Sie bedeutet dann im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheides. Die genannten Bestimmungen stellen Sonderregelungen dar, die gemäß § 37 Satz 1 SGB I in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 SGB X verdrängen(stRspr, zB BSGE 89, 62, 66 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 345 f und BSGE 89, 90, 93 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 6 f; BSG, SozR 4-5520 § 32 Nr 2 RdNr 10; BSGE 96, 1, 2 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11; BSG, SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 12). Eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-)Rücknahme des Honorarbescheides mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus(BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 3; BSGE 89, 62, 75 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 355; BSGE 96, 1, 3 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 12; aaO Nr 3 RdNr 18).

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a) Die Tatbestandsvoraussetzung für eine nachträgliche sachlich-rechnerische Richtigstellung nach § 106a Abs 2 Satz 1 SGB V ist vorliegend erfüllt, weil die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina nicht berücksichtigt wurden und daher die Honorarbescheide vom 15.1.2009 und vom 15.4.2009 rechtswidrig sind. In wessen Verantwortungsbereich die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt, ist unerheblich; einzige tatbestandliche Voraussetzung ist die Rechtswidrigkeit des Honorarbescheides (vgl BSGE 93, 69, 71 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 7 - hierzu Engelhard, jurisPR-SozR 44/2004 Anm 1).

15

Der ZA hat auf der Grundlage von §§ 23 c ff BedarfsplRL(in der Fassung vom 15.2.2007 mit Wirkung ab dem 1.4.2007, Bundesanzeiger Nr 64 S 3491 vom 31.3.2007; zur weiteren BedarfsplRL-Änderung, die am 1.1.2013 in Kraft getreten ist, siehe die Neufassung der BedarfsplRL vom 20.12.2012, BAnz vom 31.12.2012, Bekanntmachung Nr 7, mit Neunummerierung der §§ 23a-23m als §§ 40-47, 58-62) mit Beschluss vom 30.1.2008 die Gesamtpunktzahlvolumina für die Job-Sharing-Praxis festgelegt (vgl zur Berechnung der Leistungsbegrenzung BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 12 RdNr 21 ff). Diesen Beschluss hat der Kläger nicht angegriffen, sodass Bestandskraft eingetreten ist. Auch die Beklagte, die den Honoraranspruch des Vertragsarztes festsetzt, ist an die bestandskräftige Beschränkung des Leistungsumfangs aufgrund der Genehmigung der Anstellung einer Ärztin in der Praxis des Klägers unter Job-Sharing-Bedingungen gebunden.

16

Die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina hat der Kläger in den streitbefangenen Quartalen überschritten. Für die streitbefangenen Quartale hat die hierfür gemäß § 23c Satz 4 BedarfsplRL aF(§ 42 Satz 4 BedarfsplRL nF) zuständige Beklagte ausweislich des Bescheides vom 25.6.2009 eine Anpassung der quartalsbezogenen Punktzahlobergrenzen vorgenommen und eine individuelle Punktzahlobergrenze von 1.211.887,6 Punkten (Quartal III/2008) bzw 1.191.850,5 Punkten (Quartal IV/2008) ermittelt. Die ermittelten Gesamtpunktzahlvolumina hat der Kläger in den streitbefangenen Quartalen um 97.057,4 Punkte (Quartal III/2008) bzw 135.669,5 Punkte (Quartal IV/2008) überschritten. Diese Überschreitungen wurden in den Honorarbescheiden vom 15.1.2009 (Quartal III/2008) und vom 15.4.2009 (Quartal IV/2008) zunächst nicht berücksichtigt.

17

b) Für eine Ausnahme von der Leistungsbegrenzung aufgrund eines befristeten lokalen Versorgungsbedarfs, wie der Kläger ihn hier behauptet hat, wäre eine Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina erforderlich gewesen. Einen entsprechenden Antrag hat der Kläger hier nicht gestellt. Es kann offenbleiben, ob der Widerspruch des Klägers gegen den Richtigstellungsbescheid hier als solcher Antrag hätte aufgefasst werden können (vgl zu den Anforderungen BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 1/12 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 101 Nr 14 vorgesehen -; zur rückwirkenden Antragstellung vgl Urteil des Senats vom heutigen Tag - B 6 KA 36/12 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Die Beklagte wäre dann verpflichtet gewesen, den Antrag an den zuständigen ZA weiterzuleiten. Allein die Zulassungsgremien können eine Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina vornehmen, die grundsätzlich nur unter Beachtung der Voraussetzungen, die in den Tatbeständen des § 23e Satz 2, 3 BedarfsplRL aF(§ 44 Satz 2 und 3 BedarfsplRL nF) normiert sind, zulässig ist (vgl BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 1/12 R - Juris RdNr 27, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 101 Nr 14 vorgesehen). Der Antrag wäre jedenfalls nicht erfolgreich gewesen.

18

Der ZA hätte allerdings die Punktzahlobergrenze der Praxis anheben können, wenn kurzfristig ein regionaler zusätzlicher Versorgungsbedarf bestanden hätte. Nach § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 5 Halbsatz 1 SGB V(eingefügt durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz vom 22.12.2006 mit Wirkung vom 1.1.2007) hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in den BedarfsplRL Regelungen bezüglich einer Ausnahme von der Leistungsbegrenzung zu treffen, soweit und solange dies zur Deckung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs erforderlich ist. Eine solche Ausnahmeregelung hat der G-BA in den §§ 23i ff BedarfsplRL aF(§§ 58 ff BedarfsplRL nF), mit denen der Regelungsauftrag des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V umgesetzt wurde, nicht vorgesehen. Der G-BA hat lediglich mit Beschluss vom 13.3.2008 (BAnz Nr 80, S 1950) gestützt auf § 101 Abs 3a SGB V in § 34a BedarfsplRL aF geregelt, dass der Landesausschuss festlegt, für welche Bezugsregionen innerhalb eines nicht unterversorgten Planungsbereiches er die Feststellung von zusätzlichem lokalem Versorgungsbedarf trifft(§ 34a Abs 2 Satz 1 BedarfsplRL aF). Diese Vorschrift erfasst mithin nur strukturell und damit langfristig bestehende lokale Bedarfe. Der Landesausschuss für Ärzte und Krankenkassen hat hier dementsprechend nur auf der Grundlage von § 103 Abs 1, 3 SGB V das Vorliegen einer Überversorgung geprüft und mit Beschluss vom 20.2.2008 (abrufbar im Internet unter: http://www.kvbawue.de/vertraegerecht/bekanntmachungen/landesausschuss/, letzter Aufruf am 12.7.2013) für den Planungsbereich Rhein-Neckar-Kreis, in dem der Sitz des Klägers liegt, eine Überversorgung mit HNO-Ärzten angenommen und keinen zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf festgestellt. Auch § 23e BedarfsplRL aF(§ 44 BedarfplRL nF), der die Voraussetzungen für die Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina regelt, berücksichtigt den Fall einer erkennbar nur vorübergehenden Steigerung des Leistungsumfangs zur Sicherstellung eines befristeten regionalen Mehrbedarfs nicht. Nach dieser Vorschrift kommt eine Neubestimmung der Abrechnungsobergrenzen nur in Betracht, wenn Änderungen des EBM oder vertragliche Vereinbarungen spürbare Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlagen haben (Satz 2) oder Änderungen der Berechnung der für die Obergrenze maßgeblichen Faktoren eine spürbare Veränderung bewirken und die Beibehaltung der durch den ZA festgestellten Gesamtpunktzahlvolumina im Verhältnis zu den Ärzten der Fachgruppe eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung/Benachteiligung darstellen würde (Satz 3). Fehlt es damit zwar an einer ausdrücklichen normativen Grundlage für die Berücksichtigung eines zeitlich begrenzten zusätzlichen Versorgungsbedarfs, der etwa durch die vorübergehende Schließung einer Praxis entstehen kann, ist eine Erhöhung der Leistungsgrenze in einem solchen Fall gleichwohl nicht ausgeschlossen. Sie kann vielmehr im Interesse der Sicherstellung der Versorgung der Versicherten ausnahmsweise geboten sein. Eine Erhöhung der Gesamtpunktzahlvolumina kann in diesen Fällen unter Rückgriff auf den Rechtsgedanken des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 5 Halbsatz 1 SGB V erfolgen. Das LSG hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Honorierung der zur Sicherstellung eines befristeten zusätzlichen Versorgungsbedarfs erbrachten Mehrleistungen einer Job-Sharing-Praxis nicht nur eine Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung, wie sie hier von der Beklagten erteilt wurde, erfordert, sondern auch eine Erhöhung der Leistungsgrenze.

19

Ohne eine solche zeitlich auf das Bestehen eines begrenzten zusätzlichen Versorgungsbedarfs beschränkte Erhöhung der Leistungsgrenze käme eine Job-Sharing-Praxis für die Deckung des Bedarfs nicht in Betracht. Es müssten dann ggf Ermächtigungen erteilt werden, um die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung auch während der vorübergehenden Vakanz einer Praxis zu gewährleisten, obwohl Vertragsärzte bereit und imstande wären, den Bedarf zu decken. Damit würde der prinzipielle Vorrang der Vertragsärzte (und Medizinischen Versorgungszentren) in der ambulanten Versorgung allein deshalb in Frage gestellt, weil in den BedarfsplRL keine Regelung für eine Erhöhung der Leistungsgrenzen in den hier in Rede stehenden Konstellationen getroffen worden ist. Der G-BA wird daher entsprechende Regelungen zu treffen haben, damit künftig ein unmittelbarer Durchgriff der Zulassungsgremien auf den Rechtsgedanken des § 101 Satz 1 Nr 5 SGB V entbehrlich wird.

20

Eine Möglichkeit der Erhöhung der Leistungsgrenze gebietet in diesen Fällen nicht zuletzt der Grundsatz der Gleichbehandlung der Job-Sharing-Praxen mit den Praxen, für die die Zulassungsgremien keine Gesamtpunktzahlvolumina festgesetzt haben; diesem Grundsatz wird auch in § 23e Satz 3 BedarfsplRL aF(§ 44 Satz 3 BedarfsplRL nF) besondere Bedeutung beigemessen. Den Nicht-Job-Sharing-Praxen würde nämlich, worauf das LSG zu Recht hingewiesen hat, allein die Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung die Vergütung der erbrachten Mehrleistungen sichern.

21

Eine Situation, die kurzfristig eine zeitlich begrenzte Anhebung der Leistungsgrenzen hätte erfordern können, war hier jedoch nicht gegeben. Der seit dem 1.10.2007 vakante Vertragsarztsitz von Dr. S. war schon zu Beginn des Quartals II/2008, als Dr. E. ihre Tätigkeit in der Praxis des Klägers aufnahm, wieder besetzt. Sofern durch die vorübergehende Schließung der Praxis ein besonderer Versorgungsbedarf entstanden war, erstreckte er sich jedenfalls nicht (mehr) auf die streitbefangenen Quartale.

22

2. Die Befugnis der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der fehlerhaften Honorarbescheide war auch nicht durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes eingeschränkt. Vertrauensschutz kann der Kläger insbesondere nicht aus dem Bescheid der Beklagten vom 28.5.2008 herleiten, mit dem ihm - zu Unrecht, weil ein etwaiger Sicherstellungsbedarf schon seit dem 1.4.2008 wieder entfallen war - eine Ausnahme der Fallzahlzuwachsbegrenzung bewilligt wurde.

23

a) Der Vertragsarzt kann nach der Rechtsprechung des Senats auf den Bestand eines vor einer endgültigen Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit erteilten Honorarbescheides grundsätzlich nicht vertrauen (stRspr zB BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 4; BSGE 89, 90, 94 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 7 mwN; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 24 RdNr 18). Die Auskehrung der Gesamtvergütungsanteile durch die KÄV im Wege der Honorarverteilung ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass diese quartalsmäßig auf die Honoraranforderungen ihrer Vertragsärzte hin Bescheide zu erlassen hat, ohne dass sie - aus rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen - die Rechtmäßigkeit der Honoraranforderungen hinsichtlich ihrer sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Leistungserbringung bereits umfassend überprüfen konnte. Die Berechtigung der KÄV zur Rücknahme rechtswidriger Honorarbescheide ist nicht auf die Berichtigung von Fehlern aus der Sphäre des Vertragsarztes beschränkt, sondern besteht umfassend, unabhängig davon, in wessen Verantwortungsbereich die allein maßgebliche sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt.

24

Die umfassende Berichtigungsbefugnis der KÄV, die den Besonderheiten und Erfordernissen der Honorarverteilung Rechnung trägt, ist daher im Hinblick auf den gebotenen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu begrenzen. Das gilt nach der Rechtsprechung des Senats sowohl für Unrichtigkeiten, die ihre Ursache in der Sphäre des Vertragsarztes finden, wie auch bei anderen Fehlern, etwa der Unwirksamkeit der generellen Grundlagen der Honorarverteilung. Insbesondere im letztgenannten Fall müssen die Interessen des einzelnen Arztes an der Kalkulierbarkeit seiner Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit einerseits und die Angewiesenheit der KÄV auf die Weitergabe nachträglicher Änderungen der rechtlichen Grundlagen der Honorarverteilung an alle Vertragsärzte andererseits zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden (vgl BSGE 93, 69, 72 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 9 mwN). Zur generellen Sicherstellung dieses Interessenausgleichs und damit zur Beurteilung der Frage, in welchen Konstellationen das Vertrauen des Vertragsarztes auf den Bestand eines rechtswidrigen, ihn begünstigenden Verwaltungsaktes schutzwürdig ist, hat der Senat Fallgruppen herausgearbeitet, in denen die Befugnis zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen aus Gründen des Vertrauensschutzes begrenzt ist (zusammenfassend BSGE 96, 1, 4 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 14 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 16; vgl im Einzelnen zu den Fallgruppen Clemens, in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 106a SGB V RdNr 189 ff; Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: April 2012, K § 106a RdNr 33 ff; Harneit, in: Festschrift 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, 2008, 361, 366 ff; Knopp, Die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, 2009, 180 ff).

25

b) Die nachträgliche Korrektur eines Honorarbescheides nach den Vorschriften über die sachlich-rechnerisch Richtigstellung ist nicht mehr möglich, wenn die Frist von vier Jahren seit Erlass des betroffenen Honorarbescheides bereits abgelaufen ist (BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16 mwN; vgl jüngst zur Hemmung der vierjährigen Ausschlussfrist BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 35/12 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 10; vgl im Hinblick auf die Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V auch: BSG Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 27/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 19 ff; Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 45/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 16 ff). Eine Rücknahme des Honorarbescheides ist nach Ablauf der Frist nur noch unter Berücksichtigung der Vertrauensausschlusstatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X möglich. Diese Fallgruppe ist vorliegend nicht einschlägig, da ersichtlich die Frist von vier Jahren, die nach der Rechtsprechung des Senats am Tag nach der Bekanntgabe des Honorarbescheides beginnt (vgl BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16; BSG Urteil vom 28.3.2007 - B 6 KA 26/06 R - Juris RdNr 16; BSGE 106, 222, 236 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 60 mwN), nicht abgelaufen ist.

26

c) Weiterhin ist die Befugnis der KÄV zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung aus Vertrauensschutzgesichtspunkten eingeschränkt, soweit die KÄV ihre Befugnis zur sachlich-rechnerische Richtigstellung bereits "verbraucht" hat, indem sie die Honoraranforderung des Vertragsarztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft und vorbehaltlos bestätigt hat (BSGE 89, 90, 98 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 11 f; bekräftigt in BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 19; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 18 ff für den Fall der Rückgängigmachung einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung). In diesem Fall ist die jedem Honorarbescheid innewohnende spezifische Vorläufigkeit und damit die Anwendbarkeit der Berichtigungsvorschriften entfallen (vgl BSGE 93, 69, 74 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 15). Auch eine solche Fallkonstellation ist hier nicht gegeben.

27

d) Darüber hinaus ist nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu beachten, wenn die KÄV es unterlassen hatte, bei der Erteilung des Honorarbescheides auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung oder ihrer Auslegung (BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSGE 93, 69, 75 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 16; BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 20) oder auf ein noch nicht abschließend feststehendes Gesamtvergütungsvolumen (BSGE 96, 1, 7 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 20)hinzuweisen und durch einen Vorläufigkeitshinweis zu manifestieren. Der Vorläufigkeitshinweis muss sich dabei nicht ausdrücklich aus dem Honorarbescheid selbst ergeben, es genügt vielmehr, dass sich der Vorbehalt aufgrund bestehender Ungewissheiten ausreichend deutlich aus den Gesamtumständen ergibt (zB BSGE 89, 62, 72 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 352; BSG Urteil vom 26.6.2002 - B 6 KA 26/01 R - Juris RdNr 20; BSGE 96, 1, 7 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 20; BSGE 98, 169, 177 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 28). Hat die KÄV einen derartigen Hinweis in der notwendigen Form unterlassen, sind die Berichtigungsvorschriften zwar weiterhin anwendbar, wegen des durch das Verhalten der KÄV begründeten Vertrauensschutzes der Vertragsärzte ist für die Aufhebung eines Honorarbescheides aber nur Raum, wenn in entsprechender Anwendung des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 Satz 1 SGB X Vertrauensausschlusstatbestände gegeben sind(BSGE 96, 1, 5 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 16). Eine solche Fallkonstellation liegt hier nicht vor. Im Hinblick auf den hier maßgeblichen Grund für die Richtigstellung, die Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina, bestand bei Erlass der Honorarbescheide vom 15.1.2009 und vom 15.4.2009 keine Ungewissheit im genannten Sinn. Weder waren die normativen Grundlagen der Honorarverteilung betroffen, noch Unsicherheiten im Hinblick auf das Gesamtvergütungsvolumen. Die Richtigstellung resultierte vielmehr aus Besonderheiten bei der Honorarbegrenzung für Job-Sharing-Praxen, über die bei Erlass der Honorarbescheide auch keine Unsicherheit bestand.

28

e) Schließlich ist die Richtigstellungsbefugnis der KÄV begrenzt, wenn die Besonderheiten der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, die in der Rechtsprechung für die Verdrängung der Regelung des § 45 SGB X durch die Vorschriften über die sachlich-rechnerische Richtigstellung angeführt worden sind, nicht konkret tangiert sind(BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 18 ff; BSGE 96, 1, 6 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 26). Diese Fallgruppe erfasst die fehlerhafte Abrechnung im Einzelfall etwa infolge eines Rechenfehlers oder der versehentlichen Verwendung eines falschen Berechnungsfaktors. Auch in einem solchen Fall wird die Honorarberichtigung zwar nach den einschlägigen bundesmantelvertraglichen Regelungen durchgeführt, im Rahmen des Berichtigungsverfahrens sind indes die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs 2 iVm Abs 4 SGB X entsprechend heranzuziehen(vgl BSGE 93, 69, 76 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 18). Ein solcher Sachverhalt gibt keinen Anlass, von den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen abzuweichen, wonach die Behörde vorbehaltlich der besonderen Tatbestände des § 45 Abs 2 Satz 3 iVm Abs 4 SGB X das Risiko dafür trägt, dass sie einen für den Bürger günstigen Verwaltungsakt erlässt, der sich nachträglich als teilweise rechtswidrig erweist(BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 20). Eine Beschränkung der Richtigstellungsbefugnis der Beklagten ergibt sich auch unter diesem Gesichtspunkt nicht. Die Umsetzung der Bescheide der Zulassungsgremien über die Punktzahlobergrenzen nach Zulassungen oder Arztanstellungen unter Job-Sharing-Bedingungen in den Honorarbescheiden der vertragsärztlichen Praxen betrifft spezifische Umstände der Honorierung der vertragsärztlichen Leistungen. Die ursprünglichen Honorarbescheide der Beklagten gegenüber dem Kläger enthielten dementsprechend keinen Rechenfehler oder vergleichbare Defizite, die Beklagte hatte sie vielmehr bewusst - wie bei allen anderen Job-Sharing-Praxen - zunächst ohne Anwendung der Regelungen über die Leistungsgrenzen erstellt. Ob das für diese Vorgehensweise angeführte Argument einer Entlastung der Verwaltung bei der zeitnahen Erstellung der Honorarbescheide das Gewicht hat, das die Beklagte ihm zumisst, kann auf sich beruhen. Jedenfalls vollzog die Richtigstellung einen komplexen Berechnungsschritt bei Festsetzung des vertragsärztlichen Honorars nach. Mit den in der Entscheidung des Senats vom 30.6.2004 (BSGE 93, 69, 76 f = SozR 4-2500 § 85 Nr 11, RdNr 20) angesprochenen individuellen Rechtsanwendungsfehlern ohne Bezug zu den Besonderheiten der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen hat das keine Berührungspunkte.

29

f) Ob daneben ein allgemeiner Vertrauensschutz weiterhin in Betracht kommt, wenn die KÄV die rechtswidrige Erbringung bestimmter Leistungen in Kenntnis aller Umstände längere Zeit geduldet hat, diese später jedoch insgesamt von einer Vergütung ausschließt, kann offenbleiben (vgl BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 1 RdNr 16, hieran anknüpfend: Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: April 2012, K § 106a RdNr 33d; ebenso Harneit, in: Festschrift 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, 2008, 361, 370 ff; Knopp, Die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, 2009, 181). Die Frage bedarf vorliegend keiner Beantwortung, da die Beklagte die Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina nicht längere Zeit geduldet hat.

30

g) Es besteht nach den Besonderheiten des Falles auch kein Anlass, über die in der Rechtsprechung des Senats anerkannten Konstellationen hinaus Vertrauensschutz zu gewähren. Ein Schutzbedürfnis des Klägers, das mit demjenigen in den anerkannten Fallgruppen vergleichbar ist, besteht nicht. Es kann offenbleiben, ob ein rechtswidriger Verwaltungsakt - hier die ungerechtfertigte Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung - überhaupt geeignet sein kann, schutzwürdiges Vertrauen zu begründen. Durch die mit Bescheid vom 28.5.2008 gewährte Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung begründete die Beklagte jedenfalls keinen Vertrauenstatbestand darauf, dass auch die vom ZA festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina nicht mehr gelten sollten. Dieser Bescheid hatte ausschließlich die Fallzahlzuwachsbegrenzung zum Gegenstand und ließ keinen Zusammenhang zu dem Job-Sharing sowie dem hierdurch bedingten Gesamtpunktzahlvolumen erkennen. Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich bei der Fallzahlzuwachsbegrenzung und dem Gesamtpunktzahlvolumen um unterschiedliche Regelungsbereiche handelt. Dies wird bereits aus den unterschiedlichen Zuständigkeiten deutlich. Der Kläger kannte die Festsetzungen des ZA. Die Abgabe einer entsprechenden Verpflichtungserklärung war nach § 101 Abs 1 Nr 5 SGB V Voraussetzung für die Genehmigung des Job-Sharing. Ausweislich des Beschlusses vom 30.1.2008 haben sich der Kläger und Frau Dr. E. schriftlich gegenüber dem ZA damit einverstanden erklärt, den bestehenden Umfang der Praxis nicht wesentlich zu überschreiten. Dem Kläger war also, was auch nicht in Abrede gestellt wird, bewusst, dass die vom ZA festgesetzten Obergrenzen einzuhalten waren. Weder die organisatorische Anbindung der Zulassungsgremien an die KÄV nach § 96 Abs 3 SGB V noch die Besetzung der Gremien (auch) mit von den KÄVen bestellten Vertretern sind geeignet, den Anschein zu begründen, die KÄV könne eine vom ZA getroffene Regelung ändern. Es kann vorausgesetzt werden, dass dem Vertragsarzt die Unterscheidung zwischen ZA und KÄV bekannt ist. Auch der Umstand, dass die Beklagte gemäß § 23c Satz 4 BedarfsplRL aF(§ 42 Satz 4 BedarfsplRL nF) die Berechnung der Anpassung der Gesamtpunktzahlvolumina entsprechend der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts nach § 23f BedarfsplRL aF(§ 45 BedarfsplRL nF) vornimmt, kann kein Vertrauen darauf begründen, dass sie auch für eine Neuberechnung oder Aufhebung der Gesamtpunktzahlvolumina vornehmen kann. Dass es dafür nach § 23e BedarfsplRL aF(§ 44 BedarfsplRL nF) eines besonderen Antrags an den ZA bedarf, darf für die Job-Sharing-Partner als bekannt vorausgesetzt werden.

31

Fallzahlzuwachsbegrenzung und Leistungsbegrenzung durch Gesamtpunktzahlvolumina sind zudem unterschiedliche Regelungsinstrumente mit jeweils eigenständiger Bedeutung. Die Fallzahlzuwachsbegrenzung gemäß § 3 Nr 1 des in den streitbefangenen Quartalen geltenden Vertrages über den Honorarverteilungsmaßstab (HVM-V) iVm Anlage 1 zum HVM-V findet für alle in der Anlage genannten Arztgruppen Anwendung, während die Gesamtpunktzahlvolumina in Anwendung der BedarfsplRL nur in der besonderen Konstellation eines Job-Sharing von Bedeutung sind. Eine Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung kann auch dann Vorteile für den Vertragsarzt mit sich bringen, wenn die Gesamtpunktzahlvolumina - wie vorliegend - nicht an- oder aufgehoben wurden. Dies ergibt sich daraus, dass die Fallzahlzuwachsbegrenzung gemäß § 4 Nr 1 Satz 3 HVM-V für die Berechnung des Punktzahlgrenzvolumens maßgeblich ist. Die über das Punktzahlgrenzvolumen hinausgehende Leistungsmenge wird gemäß § 4 Nr 1 Satz 2 HVM-V mit einem abgestaffelten Punktwert vergütet. Hieraus folgt, dass die ohne Abstaffelung vergütete Leistungsmenge mit der anerkannten Fallzahl wächst. Auch wenn dies im Fall des Job-Sharing nur bis zur Höhe des für die Praxis festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumens gilt, hat die Fallzahlbegrenzung eine eigenständige Bedeutung und kann sich begünstigend auf die Honorarfestsetzung auswirken. Dass erst im Zusammenspiel von Regelungen zur Fallzahlzuwachsbegrenzung und Gesamtpunktzahlvolumina aus einem die Leistungsgrenze übersteigenden Leistungsumfang auch ein entsprechendes Honorar generiert werden, ändert nichts daran, dass es sich um verschiedene Instrumente zur Mengenbegrenzung mit jeweils unterschiedlichem Anwendungsbereich handelt.

32

Es hätte für den Kläger nahe gelegen, mit dem im März 2008 gestellten Antrag auf Ausnahme von der Fallzuwachsbegrenzung mit der Begründung des zusätzlichen Versorgungsbedarfs bei dem ZA ein höheres Gesamtpunktzahlvolumen zu beantragen. Soweit er vorträgt, zu diesem Zeitpunkt sei ihm noch nicht bekannt gewesen, dass er ohne Verletzung der Obergrenzen den Sicherstellungsauftrag nicht habe einhalten können, mag dies vor dem Hintergrund des erstmals im Quartal III/2008 überschrittenen Gesamtpunktzahlvolumens zutreffend sein. Letztlich bedarf dies jedoch keiner Klärung, da der Kläger in Folge des Beschlusses vom 30.1.2008 jedenfalls wissen musste, dass er die Gesamtpunktzahlvolumina einhalten musste. Spätestens nach der Zustellung des Beschlusses des ZA im April 2008 und damit nach seinem Antrag auf Ausnahme von der Fallzahlzuwachsbegrenzung hätte sich die Frage aufdrängen müssen, in welchem Verhältnis die Gesamtpunktzahlvolumina zur Fallzahlzuwachsbegrenzung stehen. Den Honorarbescheiden vom 15.1.2009 und 15.4.2009 war zu entnehmen, dass keine Fallzahlzuwachsbegrenzung zugrunde gelegt und dementsprechend sämtliche in diesem Zusammenhang relevanten Fälle bei der Berechnung der PZGV berücksichtigt worden waren, jedoch die Gesamtpunktzahlvolumina keine Beachtung gefunden hatten. Es hätte damit Anlass bestanden, bei der Beklagten nachzufragen, ob die Gesamtpunktzahlvolumina keine Anwendung finden. Zwar hat die Beklagte den Kläger auch nicht auf die ggf erforderliche Antragstellung beim ZA hingewiesen, indes hat sie allein hierdurch noch keinen Vertrauenstatbestand geschaffen.

33

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung des § 154 Abs 1 und 2 VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten auch des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu tragen.

(1) Die ambulante spezialfachärztliche Versorgung umfasst die Diagnostik und Behandlung komplexer, schwer therapierbarer Krankheiten, die je nach Krankheit eine spezielle Qualifikation, eine interdisziplinäre Zusammenarbeit und besondere Ausstattungen erfordern. Hierzu gehören nach Maßgabe der Absätze 4 und 5 insbesondere folgende Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen, seltene Erkrankungen und Erkrankungszustände mit entsprechend geringen Fallzahlen sowie hochspezialisierte Leistungen:

1.
Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen wie
a)
onkologische Erkrankungen,
b)
rheumatologische Erkrankungen,
c)
HIV/AIDS,
d)
Herzinsuffizienz
(NYHA Stadium 3 – 4),
e)
Multiple Sklerose,
f)
zerebrale Anfallsleiden (Epilepsie),
g)
komplexe Erkrankungen im Rahmen der pädiatrischen Kardiologie,
h)
Folgeschäden bei Frühgeborenen oder
i)
Querschnittslähmung bei Komplikationen, die eine interdisziplinäre Versorgung erforderlich machen;
bei Erkrankungen nach den Buchstaben c bis i umfasst die ambulante spezialfachärztliche Versorgung nur schwere Verlaufsformen der jeweiligen Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen;
2.
seltene Erkrankungen und Erkrankungszustände mit entsprechend geringen Fallzahlen wie
a)
Tuberkulose,
b)
Mukoviszidose,
c)
Hämophilie,
d)
Fehlbildungen, angeborene Skelettsystemfehlbildungen und neuromuskuläre Erkrankungen,
e)
schwerwiegende immunologische Erkrankungen,
f)
biliäre Zirrhose,
g)
primär sklerosierende Cholangitis,
h)
Morbus Wilson,
i)
Transsexualismus,
j)
Versorgung von Kindern mit angeborenen Stoffwechselstörungen,
k)
Marfan-Syndrom,
l)
pulmonale Hypertonie,
m)
Kurzdarmsyndrom oder
n)
Versorgung von Patienten vor oder nach Organtransplantation und von lebenden Spendern sowie
3.
hochspezialisierte Leistungen wie
a)
CT/MRT-gestützte interventionelle schmerztherapeutische Leistungen oder
b)
Brachytherapie.
Untersuchungs- und Behandlungsmethoden können Gegenstand des Leistungsumfangs in der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung sein, soweit der Gemeinsame Bundesausschuss im Rahmen der Beschlüsse nach § 137c für die Krankenhausbehandlung keine ablehnende Entscheidung getroffen hat.

(2) An der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Leistungserbringer und nach § 108 zugelassene Krankenhäuser sind berechtigt, Leistungen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung nach Absatz 1, deren Behandlungsumfang der Gemeinsame Bundesausschuss nach den Absätzen 4 und 5 bestimmt hat, zu erbringen, soweit sie die hierfür jeweils maßgeblichen Anforderungen und Voraussetzungen nach den Absätzen 4 und 5 erfüllen und dies gegenüber dem nach Maßgabe des Absatzes 3 Satz 1 erweiterten Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nach § 90 Absatz 1 unter Beifügung entsprechender Belege anzeigen. Soweit der Abschluss von Vereinbarungen nach Absatz 4 Satz 9 und 10 zwischen den in Satz 1 genannten Leistungserbringern erforderlich ist, sind diese im Rahmen des Anzeigeverfahrens nach Satz 1 ebenfalls vorzulegen. Dies gilt nicht, wenn der Leistungserbringer glaubhaft versichert, dass ihm die Vorlage aus den in Absatz 4 Satz 11 zweiter Halbsatz genannten Gründen nicht möglich ist. Der Leistungserbringer ist nach Ablauf einer Frist von zwei Monaten nach Eingang seiner Anzeige zur Teilnahme an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung berechtigt, es sei denn, der Landesausschuss nach Satz 1 teilt ihm innerhalb dieser Frist mit, dass er die Anforderungen und Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt. Der Landesausschuss nach Satz 1 kann von dem anzeigenden Leistungserbringer zusätzlich erforderliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen anfordern; bis zum Eingang der Auskünfte ist der Lauf der Frist nach Satz 4 unterbrochen. Danach läuft die Frist weiter; der Zeitraum der Unterbrechung wird in die Frist nicht eingerechnet. Nach Satz 4 berechtigte Leistungserbringer haben ihre Teilnahme an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen, der Kassenärztlichen Vereinigung sowie der Landeskrankenhausgesellschaft zu melden und dabei den Erkrankungs- und Leistungsbereich anzugeben, auf den sich die Berechtigung erstreckt. Erfüllt der Leistungserbringer die für ihn nach den Sätzen 1 und 2 maßgeblichen Voraussetzungen für die Berechtigung zur Teilnahme an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung nicht mehr, hat er dies unverzüglich unter Angabe des Zeitpunkts ihres Wegfalls gegenüber dem Landesausschuss nach Satz 1 anzuzeigen sowie den in Satz 7 genannten Stellen zu melden. Der Landesausschuss nach Satz 1 kann einen an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer aus gegebenem Anlass sowie unabhängig davon nach Ablauf von mindestens fünf Jahren seit seiner erstmaligen Teilnahmeanzeige oder der letzten späteren Überprüfung seiner Teilnahmeberechtigung auffordern, ihm gegenüber innerhalb einer Frist von zwei Monaten nachzuweisen, dass er die Voraussetzungen für seine Teilnahme an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung weiterhin erfüllt. Die Sätze 4, 5 und 8 gelten entsprechend.

(3) Für die Wahrnehmung der Aufgaben nach Absatz 2 wird der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nach § 90 Absatz 1 um Vertreter der Krankenhäuser in der gleichen Zahl erweitert, wie sie nach § 90 Absatz 2 jeweils für die Vertreter der Krankenkassen und die Vertreter der Ärzte vorgesehen ist (erweiterter Landesausschuss). Die Vertreter der Krankenhäuser werden von der Landeskrankenhausgesellschaft bestellt. Über den Vorsitzenden des erweiterten Landesausschusses und die zwei weiteren unparteiischen Mitglieder sowie deren Stellvertreter sollen sich die beteiligten Kassenärztlichen Vereinigungen, die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen sowie die Landeskrankenhausgesellschaft einigen. Kommt eine Einigung nicht zustande, werden sie durch die für die Sozialversicherung zuständige oberste Verwaltungsbehörde des Landes im Benehmen mit den beteiligten Kassenärztlichen Vereinigungen, den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen sowie der Landeskrankenhausgesellschaft berufen. Die dem Landesausschuss durch die Wahrnehmung der Aufgaben nach Absatz 2 entstehenden Kosten werden zur Hälfte von den Verbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen sowie zu je einem Viertel von den beteiligten Kassenärztlichen Vereinigungen und der Landeskrankenhausgesellschaft getragen. Der erweiterte Landesausschuss beschließt mit einfacher Mehrheit; bei der Gewichtung der Stimmen zählen die Stimmen der Vertreter der Krankenkassen doppelt. Der erweiterte Landesausschuss kann für die Beschlussfassung über Entscheidungen im Rahmen des Anzeigeverfahrens nach Absatz 2 in seiner Geschäftsordnung abweichend von Satz 1 die Besetzung mit einer kleineren Zahl von Mitgliedern festlegen; die Mitberatungsrechte nach § 90 Absatz 4 Satz 2 sowie § 140f Absatz 3 bleiben unberührt. Er ist befugt, geeignete Dritte ganz oder teilweise mit der Durchführung von Aufgaben nach Absatz 2 zu beauftragen und kann hierfür nähere Vorgaben beschließen.

(4) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in einer Richtlinie bis zum 31. Dezember 2012 das Nähere zur ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung nach Absatz 1. Er konkretisiert die Erkrankungen nach Absatz 1 Satz 2 nach der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der jeweiligen vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebenen deutschen Fassung oder nach weiteren von ihm festzulegenden Merkmalen und bestimmt den Behandlungsumfang. In Bezug auf Krankenhäuser, die an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung teilnehmen, hat der Gemeinsame Bundesausschuss für Leistungen, die sowohl ambulant spezialfachärztlich als auch teilstationär oder stationär erbracht werden können, allgemeine Tatbestände zu bestimmen, bei deren Vorliegen eine ambulante spezialfachärztliche Leistungserbringung ausnahmsweise nicht ausreichend ist und eine teilstationäre oder stationäre Durchführung erforderlich sein kann. Er regelt die sächlichen und personellen Anforderungen an die ambulante spezialfachärztliche Leistungserbringung sowie sonstige Anforderungen an die Qualitätssicherung unter Berücksichtigung der Ergebnisse nach § 137a Absatz 3. Bei Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen setzt die ambulante spezialfachärztliche Versorgung die Überweisung durch einen Vertragsarzt voraus; das Nähere hierzu regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Richtlinie nach Satz 1. Satz 5 gilt nicht bei Zuweisung von Versicherten aus dem stationären Bereich. Für seltene Erkrankungen und Erkrankungszustände mit entsprechend geringen Fallzahlen sowie hochspezialisierte Leistungen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss, in welchen Fällen die ambulante spezialfachärztliche Leistungserbringung die Überweisung durch den behandelnden Arzt voraussetzt. Für die Behandlung von Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1, bei denen es sich nicht zugleich um seltene Erkrankungen oder Erkrankungszustände mit entsprechend geringen Fallzahlen handelt, kann er Empfehlungen als Entscheidungshilfe für den behandelnden Arzt abgeben, in welchen medizinischen Fallkonstellationen bei der jeweiligen Krankheit von einem besonderen Krankheitsverlauf auszugehen ist. Zudem kann er für die Versorgung bei Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen Regelungen zu Vereinbarungen treffen, die eine Kooperation zwischen den beteiligten Leistungserbringern nach Absatz 2 Satz 1 in diesem Versorgungsbereich fördern. Für die Versorgung von Patienten mit onkologischen Erkrankungen hat er Regelungen für solche Vereinbarungen zu treffen. Diese Vereinbarungen nach den Sätzen 9 und 10 sind Voraussetzung für die Teilnahme an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung, es sei denn, dass ein Leistungserbringer eine Vereinbarung nach den Sätzen 9 oder 10 nicht abschließen kann, weil in seinem für die ambulante spezialfachärztliche Versorgung relevanten Einzugsbereich

a)
kein geeigneter Kooperationspartner vorhanden ist oder
b)
er dort trotz ernsthaften Bemühens innerhalb eines Zeitraums von mindestens zwei Monaten keinen zur Kooperation mit ihm bereiten geeigneten Leistungserbringer finden konnte.
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat spätestens jeweils zwei Jahre nach dem Inkrafttreten eines Richtlinienbeschlusses, der für eine Erkrankung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe a oder Buchstabe b getroffen wurde, die Auswirkungen dieses Beschlusses hinsichtlich Qualität, Inanspruchnahme und Wirtschaftlichkeit der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung sowie die Erforderlichkeit einer Anpassung dieses Beschlusses zu prüfen. Über das Ergebnis der Prüfung berichtet der Gemeinsame Bundesausschuss dem Bundesministerium für Gesundheit.

(5) Der Gemeinsame Bundesausschuss ergänzt den Katalog nach Absatz 1 Satz 2 auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Absatz 2 Satz 1, einer Trägerorganisation des Gemeinsamen Bundesausschusses oder der für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen auf Bundesebene maßgeblichen Organisationen nach § 140f nach Maßgabe des Absatzes 1 Satz 1 um weitere Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen, seltene Erkrankungen und Erkrankungszustände mit entsprechend geringen Fallzahlen sowie hochspezialisierte Leistungen. Im Übrigen gilt Absatz 4 entsprechend.

(6) Die Leistungen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung werden unmittelbar von der Krankenkasse vergütet; Leistungserbringer können die Kassenärztliche Vereinigung gegen Aufwendungsersatz mit der Abrechnung von Leistungen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung beauftragen. Für die Vergütung der Leistungen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung vereinbaren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die Kassenärztliche Bundesvereinigung gemeinsam und einheitlich die Kalkulationssystematik, diagnosebezogene Gebührenpositionen in Euro sowie deren jeweilige verbindliche Einführungszeitpunkte nach Inkrafttreten der entsprechenden Richtlinien gemäß den Absätzen 4 und 5. Die Kalkulation erfolgt auf betriebswirtschaftlicher Grundlage ausgehend vom einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen unter ergänzender Berücksichtigung der nichtärztlichen Leistungen, der Sachkosten sowie der spezifischen Investitionsbedingungen. Bei den seltenen Erkrankungen und Erkrankungszuständen mit entsprechend geringen Fallzahlen sollen die Gebührenpositionen für die Diagnostik und die Behandlung getrennt kalkuliert werden. Die Vertragspartner können einen Dritten mit der Kalkulation beauftragen. Die Gebührenpositionen sind in regelmäßigen Zeitabständen daraufhin zu überprüfen, ob sie noch dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik sowie dem Grundsatz der wirtschaftlichen Leistungserbringung entsprechen. Kommt eine Vereinbarung nach Satz 2 ganz oder teilweise nicht zustande, entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a. Bis zum Inkrafttreten einer Vereinbarung nach Satz 2 erfolgt die Vergütung auf der Grundlage der vom Bewertungsausschuss gemäß § 87 Absatz 5a bestimmten abrechnungsfähigen ambulanten spezialfachärztlichen Leistungen des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen mit dem Preis der jeweiligen regionalen Euro-Gebührenordnung. Der Bewertungsausschuss gemäß § 87 Absatz 5a hat den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen bis zum Inkrafttreten einer Vereinbarung nach Satz 2 und jeweils bis spätestens sechs Monate nach Inkrafttreten der Richtlinien gemäß den Absätzen 4 und 5 insbesondere so anzupassen, dass die Leistungen nach Absatz 1 unter Berücksichtigung der Vorgaben nach den Absätzen 4 und 5 angemessen bewertet sind und nur von den an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringern abgerechnet werden können. Die Prüfung der Abrechnung und der Wirtschaftlichkeit sowie der Qualität, soweit der Gemeinsame Bundesausschuss hierzu in der Richtlinie nach Absatz 4 keine abweichende Regelung getroffen hat, erfolgt durch die Krankenkassen, die hiermit eine Arbeitsgemeinschaft oder den Medizinischen Dienst beauftragen können; ihnen sind die für die Prüfungen erforderlichen Belege und Berechtigungsdaten nach Absatz 2 auf Verlangen vorzulegen. Für die Abrechnung gilt § 295 Absatz 1b Satz 1 entsprechend. Das Nähere über Form und Inhalt des Abrechnungsverfahrens sowie über die erforderlichen Vordrucke wird von den Vertragsparteien nach Satz 2 vereinbart; Satz 7 gilt entsprechend. Die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung ist nach Maßgabe der Vorgaben des Bewertungsausschusses nach § 87a Absatz 5 Satz 7 in den Vereinbarungen nach § 87a Absatz 3 um die Leistungen zu bereinigen, die Bestandteil der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung sind. Die Bereinigung darf nicht zulasten des hausärztlichen Vergütungsanteils und der fachärztlichen Grundversorgung gehen. In den Vereinbarungen zur Bereinigung ist auch über notwendige Korrekturverfahren zu entscheiden.

(7) Die ambulante spezialfachärztliche Versorgung nach Absatz 1 schließt die Verordnung von Leistungen nach § 73 Absatz 2 Nummer 5 bis 8 und 12 ein, soweit diese zur Erfüllung des Behandlungsauftrags nach Absatz 2 erforderlich sind; § 73 Absatz 2 Nummer 9 gilt entsprechend. Die Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 gelten entsprechend. Die Vereinbarungen über Vordrucke und Nachweise nach § 87 Absatz 1 Satz 2 sowie die Richtlinien nach § 75 Absatz 7 gelten entsprechend, soweit sie Regelungen zur Verordnung von Leistungen nach Satz 1 betreffen. Verordnungen im Rahmen der Versorgung nach Absatz 1 sind auf den Vordrucken gesondert zu kennzeichnen. Leistungserbringer nach Absatz 2 erhalten ein Kennzeichen nach § 293 Absatz 1 und Absatz 4 Satz 2 Nummer 1, das eine eindeutige Zuordnung im Rahmen der Abrechnung nach den §§ 300 und 302 ermöglicht, und tragen dieses auf die Vordrucke auf. Das Nähere zu Form und Zuweisung der Kennzeichen nach den Sätzen 4 und 5, zur Bereitstellung der Vordrucke sowie zur Auftragung der Kennzeichen auf die Vordrucke ist in der Vereinbarung nach Absatz 6 Satz 12 zu regeln. Für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungen nach Satz 1 gilt § 113 Absatz 4 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Prüfung durch die Prüfungsstellen gegen Kostenersatz durchgeführt wird, soweit die Krankenkasse mit dem Leistungserbringer nach Absatz 2 nichts anderes vereinbart hat.

(8) Bestimmungen, die von einem Land nach § 116b Absatz 2 Satz 1 in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung getroffen wurden, gelten weiter. Bestimmungen nach Satz 1 für eine Erkrankung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder Nummer 2 oder eine hochspezialisierte Leistung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 3, für die der Gemeinsame Bundesausschuss das Nähere zur ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung in der Richtlinie nach Absatz 4 Satz 1 geregelt hat, werden unwirksam, wenn das Krankenhaus zu dieser Erkrankung oder hochspezialisierten Leistung zur Teilnahme an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung berechtigt ist, spätestens jedoch drei Jahre nach Inkrafttreten des entsprechenden Richtlinienbeschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses. Die von zugelassenen Krankenhäusern aufgrund von Bestimmungen nach Satz 1 erbrachten Leistungen werden nach § 116b Absatz 5 in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung vergütet.

(9) Die Auswirkungen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung auf die Kostenträger, die Leistungserbringer sowie auf die Patientenversorgung sind fünf Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes zu bewerten. Gegenstand der Bewertung sind insbesondere der Stand der Versorgungsstruktur, der Qualität sowie der Abrechnung der Leistungen in der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung auch im Hinblick auf die Entwicklung in anderen Versorgungsbereichen. Die Ergebnisse der Bewertung sind dem Bundesministerium für Gesundheit zum 31. März 2017 zuzuleiten. Die Bewertung und die Berichtspflicht obliegen dem Spitzenverband Bund, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft gemeinsam.

(1) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen vereinbaren mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen durch Bewertungsausschüsse als Bestandteil der Bundesmantelverträge einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die ärztlichen und einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die zahnärztlichen Leistungen, im ärztlichen Bereich einschließlich der Sachkosten. In den Bundesmantelverträgen sind auch die Regelungen, die zur Organisation der vertragsärztlichen Versorgung notwendig sind, insbesondere Vordrucke und Nachweise, zu vereinbaren. Bei der Gestaltung der Arzneiverordnungsblätter ist § 73 Abs. 5 zu beachten. Die Arzneiverordnungsblätter sind so zu gestalten, daß bis zu drei Verordnungen je Verordnungsblatt möglich sind. Dabei ist für jede Verordnung ein Feld für die Auftragung des Kennzeichens nach § 300 Abs. 1 Nr. 1 sowie ein weiteres Feld vorzusehen, in dem der Arzt seine Entscheidung nach § 73 Abs. 5 durch Ankreuzen kenntlich machen kann. Die für eine Verordnung nach § 37 Absatz 8 zu verwendenden Vordrucke und Nachweise sind so zu gestalten, dass sie von den übrigen Verordnungen nach § 37 zu unterscheiden sind. Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen prüfen, inwieweit bislang papiergebundene Verfahren zur Organisation der vertragsärztlichen Versorgung durch elektronische Kommunikationsverfahren ersetzt werden können. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen regeln in dem Bundesmantelvertrag für Zahnärzte bis zum 31. Dezember 2019 das Nähere zu einem elektronischen Beantragungs- und Genehmigungsverfahren für bewilligungspflichtige zahnärztliche Leistungen. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen können die an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer durch Regelungen im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte dazu verpflichten, die für die Beantragung von bewilligungspflichtigen Leistungen notwendigen Angaben an die jeweilige Kassenzahnärztliche Vereinigung und an die jeweilige Krankenkasse im Wege elektronischer Datenübertragung zu übermitteln. Zur Durchführung der elektronischen Antrags- und Genehmigungsverfahren sind die an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer befugt, die hierfür erforderlichen versichertenbezogene Angaben an die jeweilige Kassenzahnärztliche Vereinigung und an die jeweilige Krankenkasse zu übermitteln. Die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung ist befugt, die für die Durchführung der elektronischen Antrags- und Genehmigungsverfahren erforderlichen versicherungsbezogenen übermittelten Angaben zu verarbeiten. Für die Übermittlung digitaler Vordrucke und Nachweise sind die Dienste der Telematikinfrastruktur zu nutzen, sobald diese zur Verfügung stehen. Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen ist mit Wirkung zum 1. Januar 2021 vorzusehen, dass Leistungen nach § 346 Absatz 1 Satz 1 und 3 zur Unterstützung der Versicherten bei der Verarbeitung medizinischer Daten in der elektronischen Patientenakte im aktuellen Behandlungskontext vergütet werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2022 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen vorzusehen, dass Leistungen nach § 346 Absatz 3 zur Unterstützung der Versicherten bei der erstmaligen Befüllung der elektronischen Patientenakte im aktuellen Behandlungskontext vergütet werden. Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen ist vorzusehen, dass Leistungen im aktuellen Behandlungskontext zur Aktualisierung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 sowie Leistungen zur Aktualisierung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 und 7 zusätzlich vergütet werden.

(1a) In dem Bundesmantelvertrag haben die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen festzulegen, dass die Kosten für Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen, soweit die gewählte Versorgung der Regelversorgung nach § 56 Abs. 2 entspricht, gegenüber den Versicherten nach Absatz 2 abzurechnen sind. Darüber hinaus sind im Bundesmantelvertrag folgende Regelungen zu treffen: Der Vertragszahnarzt hat vor Beginn der Behandlung einen kostenfreien Heil- und Kostenplan zu erstellen, der den Befund, die Regelversorgung und die tatsächlich geplante Versorgung auch in den Fällen des § 55 Abs. 4 und 5 nach Art, Umfang und Kosten beinhaltet. Im Heil- und Kostenplan sind Angaben zum Herstellungsort des Zahnersatzes zu machen. Der Heil- und Kostenplan ist von der Krankenkasse vor Beginn der Behandlung insgesamt zu prüfen. Die Krankenkasse kann den Befund, die Versorgungsnotwendigkeit und die geplante Versorgung begutachten lassen. Bei bestehender Versorgungsnotwendigkeit bewilligt die Krankenkasse die Festzuschüsse gemäß § 55 Abs. 1 oder 2 entsprechend dem im Heil- und Kostenplan ausgewiesenen Befund. Nach Abschluss der Behandlung rechnet der Vertragszahnarzt die von der Krankenkasse bewilligten Festzuschüsse mit Ausnahme der Fälle des § 55 Abs. 5 mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung ab. Der Vertragszahnarzt hat bei Rechnungslegung eine Durchschrift der Rechnung des gewerblichen oder des praxiseigenen Labors über zahntechnische Leistungen und die Erklärung nach Anhang XIII Abschnitt 1 der Verordnung (EU) 2017/745 in der jeweils geltenden Fassung beizufügen. Der Bundesmantelvertrag regelt auch das Nähere zur Ausgestaltung des Heil- und Kostenplans, insbesondere muss aus dem Heil- und Kostenplan erkennbar sein, ob die zahntechnischen Leistungen von Zahnärzten erbracht werden oder nicht.

(1b) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren im Bundesmantelvertrag erstmals bis spätestens zum 30. Juni 2016 die Voraussetzungen für eine besonders qualifizierte und koordinierte palliativ-medizinische Versorgung. Im Bundesmantelvertrag sind insbesondere zu vereinbaren:

1.
Inhalte und Ziele der qualifizierten und koordinierten palliativ-medizinischen Versorgung und deren Abgrenzung zu anderen Leistungen,
2.
Anforderungen an die Qualifikation der ärztlichen Leistungserbringer,
3.
Anforderungen an die Koordination und interprofessionelle Strukturierung der Versorgungsabläufe sowie die aktive Kooperation mit den weiteren an der Palliativversorgung beteiligten Leistungserbringern, Einrichtungen und betreuenden Angehörigen,
4.
Maßnahmen zur Sicherung der Versorgungsqualität.
Der Bundesärztekammer und der Bundespsychotherapeutenkammer sowie den in § 92 Absatz 7b genannten Organisationen ist vor Abschluss der Vereinbarung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in den Entscheidungsprozess einzubeziehen. Auf der Grundlage der Vereinbarung hat der Bewertungsausschuss den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen nach Absatz 2 Satz 2 zu überprüfen und innerhalb von sechs Monaten nach dem in Satz 1 genannten Zeitpunkt anzupassen. Der Bewertungsausschuss hat dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre beginnend zum 31. Dezember 2023 über die Entwicklung der abgerechneten palliativ-medizinischen Leistungen auch in Kombination mit anderen vertragsärztlichen Leistungen, über die Zahl und Qualifikation der ärztlichen Leistungserbringer, über die Versorgungsqualität sowie über die Auswirkungen auf die Verordnung der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung zu berichten. Das Bundesministerium für Gesundheit kann das Nähere zum Inhalt des Berichts und zu den dafür erforderlichen Auswertungen bestimmen.

(1c) Die Krankenkassen können in den in § 275 Absatz 1, 2 und 3 geregelten Fällen insbesondere

1.
bei kieferorthopädischen Maßnahmen,
2.
bei der Behandlung von Parodontopathien,
3.
bei der Versorgung von Zahnersatz und Zahnkronen, einschließlich der Prüfung der Gewährleistung nach § 136a Absatz 4 Satz 3,
4.
für implantologische Maßnahmen bei Ausnahmeindikationen gemäß § 28 Absatz 2 Satz 9
abweichend von § 275 Absatz 1, 2 und 3 statt einer gutachterlichen Stellungnahme des Medizinischen Dienstes eine gutachterliche Stellungnahme im Wege des nach Satz 2 im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehene Gutachterverfahrens einholen. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren im Bundesmantelvertrag das Nähere zu einem Gutachterverfahren für Zahnärzte insbesondere zur Bestellung der Gutachter, zur Einleitung des Gutachterverfahrens und zur Begutachtung sowie die Maßnahmen und Behandlungen die Gegenstand des Gutachtenverfahrens sein können. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen sowie für ihren regionalen Zuständigkeitsbereich die Partner der Gesamtverträge können vereinbaren, dass die Krankenkassen einheitlich für die im Bundesmantelvertrag näher bestimmten Maßnahmen und Behandlungen ausschließlich das nach Satz 2 vorgesehene Gutachterverfahren anwenden oder ausschließlich die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst vornehmen lassen. Der behandelnde Vertragszahnarzt ist verpflichtet, dem von der Krankenkasse benannten vertragszahnärztlichen Gutachter die für die gutachterliche Stellungnahme erforderlichen Daten zu übermitteln. Der vertragszahnärztliche Gutachter darf die vom Vertragszahnarzt übermittelten Daten nur zur Erstellung der in Satz 1 genannten gutachterlichen Stellungnahme verarbeiten. Im Übrigen gelten § 275 Absatz 5, § 276 Absatz 1, 2 Satz 2 und Absatz 3 und § 277 Absatz 1 Satz 1 bis 3 für das im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehene Gutachterwesen entsprechend.

(2) Der einheitliche Bewertungsmaßstab bestimmt den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander; soweit möglich, sind die Leistungen mit Angaben für den zur Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand des Vertragsarztes zu versehen; dies gilt nicht für vertragszahnärztliche Leistungen. Die Bewertungsmaßstäbe sind in bestimmten Zeitabständen auch daraufhin zu überprüfen, ob die Leistungsbeschreibungen und ihre Bewertungen noch dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik sowie dem Erfordernis der Rationalisierung im Rahmen wirtschaftlicher Leistungserbringung entsprechen, wobei in die Überprüfung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen auch die Regelung nach § 33 Absatz 9 erstmalig bis spätestens zum 31. Oktober 2012 einzubeziehen ist; bei der Bewertung der Leistungen ist insbesondere der Aspekt der wirtschaftlichen Nutzung der bei der Erbringung von Leistungen eingesetzten medizinisch-technischen Geräte zu berücksichtigen. Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen sind die Bewertung der Leistungen nach Satz 1 und die Überprüfung der wirtschaftlichen Aspekte nach Satz 2, insbesondere bei medizinisch-technischen Geräten, unter Berücksichtigung der Besonderheiten der betroffenen Arztgruppen auf in bestimmten Zeitabständen zu aktualisierender betriebswirtschaftlicher Basis durchzuführen. Grundlage der Aktualisierung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen bilden grundsätzlich die vom Statistischen Bundesamt nach dem Gesetz über die Kostenstrukturstatistik bei Arzt- und Zahnarztpraxen sowie bei Praxen von psychologischen Psychotherapeuten erhobenen Daten der Kostenstruktur; ergänzend können sachgerechte Stichproben bei vertragsärztlichen Leistungserbringern verwendet werden. Der Bewertungsausschuss hat die nächste Überprüfung gemäß Satz 3 und die anschließende Aktualisierung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen spätestens bis zum 29. Februar 2020 mit der Maßgabe durchzuführen, insbesondere die Angemessenheit der Bewertung von Leistungen zu aktualisieren, die einen hohen technischen Leistungsanteil aufweisen. Hierzu legt der Bewertungsausschuss dem Bundesministerium für Gesundheit spätestens bis zum 31. August 2019 ein Konzept vor, wie er die verschiedenen Leistungsbereiche im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen einschließlich der Sachkosten anpassen wird. Dabei soll die Bewertung der Leistungen mit einem hohen technischen Leistungsanteil, die in einem bestimmten Zeitraum erbracht werden, insgesamt so festgelegt werden, dass die Punkte, die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für diese Leistungen vergeben werden, ab einem bestimmten Schwellenwert mit zunehmender Menge sinken. Die Bewertung der Sachkosten kann abweichend von Satz 1 in Eurobeträgen bestimmt werden.

(2a) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen sind entsprechend der in § 73 Abs. 1 festgelegten Gliederung der vertragsärztlichen Versorgung in Leistungen der hausärztlichen und Leistungen der fachärztlichen Versorgung zu gliedern mit der Maßgabe, dass unbeschadet gemeinsam abrechenbarer Leistungen Leistungen der hausärztlichen Versorgung nur von den an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und Leistungen der fachärztlichen Versorgung nur von den an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten abgerechnet werden dürfen; die Leistungen der fachärztlichen Versorgung sind in der Weise zu gliedern, dass den einzelnen Facharztgruppen die von ihnen ausschließlich abrechenbaren Leistungen zugeordnet werden. Bei der Bestimmung der Arztgruppen nach Satz 1 ist der Versorgungsauftrag der jeweiligen Arztgruppe im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zugrunde zu legen. Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen hat eine Regelung zu enthalten, nach der ärztliche Leistungen zur Diagnostik und ambulanten Eradikationstherapie einschließlich elektronischer Dokumentation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) vergütet werden. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung berichtet dem Bundesministerium für Gesundheit quartalsbezogen über Auswertungsergebnisse der Regelung nach Satz 3. Das Bundesministerium für Gesundheit kann das Nähere zum Inhalt des Berichts nach Satz 4 sowie zur Auswertung der anonymisierten Dokumentationen zum Zwecke der Versorgungsforschung und zur Förderung der Qualität bestimmen; es kann auch den Bewertungsausschuss mit der Vorlage des Berichts beauftragen. Im Übrigen gilt die Veröffentlichungspflicht gemäß § 135b Absatz 1 Satz 2. Bei der Überprüfung nach Absatz 2 Satz 2 prüfen der Bewertungsausschuss nach Absatz 3 und der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a jeweils, in welchem Umfang ambulante telemedizinische Leistungen erbracht werden können; auf dieser Grundlage beschließen der Bewertungsausschuss nach Absatz 3 und der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a jeweils, inwieweit der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen anzupassen ist. In die Überprüfung nach Absatz 2 Satz 2 ist auch einzubeziehen, in welchem Umfang die Durchführung von insbesondere telemedizinischen Fallbesprechungen im Rahmen von Kooperationsvereinbarungen zum Kinder- und Jugendschutz nach § 73c angemessen vergütet werden kann; auf dieser Grundlage ist eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen zu beschließen. In die Überprüfung nach Absatz 2 Satz 2 ist auch einzubeziehen, in welchem Umfang delegationsfähige Leistungen durch Personen nach § 28 Absatz 1 Satz 2 qualifiziert erbracht und angemessen vergütet werden können; auf dieser Grundlage ist eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Versorgungsstrukturen bis zum 23. Januar 2016 zu beschließen. Nach Inkrafttreten der Bestimmungen nach § 27b Absatz 2 Satz 2 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen durch den Bewertungsausschuss gemäß Absatz 5a eine Regelung zu treffen, nach der Leistungen und Kosten im Rahmen der Einholung der Zweitmeinungen nach § 27b abgerechnet werden können. Sofern drei Monate nach Inkrafttreten der Bestimmungen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 27b Absatz 2 keine Regelung im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen getroffen wurde, können Versicherte die Leistungen nach § 27b bei den dafür berechtigten Leistungserbringern im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Absatz 1 in Anspruch nehmen. Die Kosten sind von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Absatz 1 endet, sobald die Regelung nach Satz 9 in Kraft getreten ist. Mit Wirkung zum 30. September 2020 ist durch den Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen zu regeln, dass Konsilien in einem weiten Umfang in der vertragsärztlichen und in der sektorenübergreifenden Versorgung als telemedizinische Leistung abgerechnet werden können, wenn bei ihnen sichere elektronische Informations- und Kommunikationstechnologien eingesetzt werden. Die Regelungen erfolgen auf der Grundlage der Vereinbarung nach § 367 Absatz 1. Der Bewertungsausschuss nach Absatz 3 und der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a legen dem Bundesministerium für Gesundheit im Abstand von zwei Jahren, erstmals zum 31. Oktober 2022, einen gemeinsamen Bericht über den Stand der Beratungen und Beschlussfassungen nach Satz 7 sowie zur Erbringung von ambulanten telemedizinischen Leistungen und zu der Teilnahme der Leistungserbringer an der Erbringung von Leistungen im Rahmen der Videosprechstunde vor. Das Bundesministerium für Gesundheit leitet den Bericht an den Deutschen Bundestag weiter. In dem Beschluss nach Satz 7 sind durch den Bewertungsausschuss Regelungen im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen zu treffen, nach denen telemedizinische Leistungen, insbesondere Videosprechstunden, in einem weiten Umfang ermöglicht werden. Die im Hinblick auf Videosprechstunden bisher enthaltene Vorgabe von Krankheitsbildern im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen entfällt. Bei den Regelungen nach Satz 18 sind die Besonderheiten in der Versorgung von Pflegebedürftigen durch Zuschläge und die Besonderheiten in der psychotherapeutischen Versorgung einschließlich der Versorgung mit gruppentherapeutischen Leistungen und Leistungen der psychotherapeutischen Akutbehandlung zu berücksichtigen. Die Regelungen nach Satz 18 erfolgen auf der Grundlage der Vereinbarung nach § 365 Absatz 1 Satz 1. Bis zum 30. Juni 2016 ist mit Wirkung zum 1. Oktober 2016 eine Regelung zu treffen, nach der ärztliche Leistungen nach § 31a vergütet werden. Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen hat eine Regelung über die Vergütung von ärztlichen Leistungen zur Erstellung und Aktualisierung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 und 7 zu enthalten; die Vergütung für die Erstellung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 ist in dem Zeitraum vom 20. Oktober 2020 bis zum 20. Oktober 2021 auf das Zweifache der sich nach dem einheitlichen Bewertungsmaßstab ergebenden Vergütung zu erhöhen; die Vergütungsregelung für die Erstellung von Datensätzen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 ist bis zum 1. Januar 2024 zu vereinbaren. Der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a beschließt im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen die nach dem Schweregrad zu differenzierenden Regelungen für die Versorgung im Notfall und im Notdienst sowie bis zum 31. März 2022 Regelungen für die Versorgung im Notdienst mit telemedizinischen Leistungen. Zwei Jahre nach Inkrafttreten dieser Regelungen hat der Bewertungsausschuss nach Absatz 5a die Entwicklung der Leistungen zu evaluieren und hierüber dem Bundesministerium für Gesundheit zu berichten; Absatz 3a gilt entsprechend. Der Bewertungsausschuss überprüft, in welchem Umfang Diagnostika zur schnellen und zur qualitätsgesicherten Antibiotikatherapie eingesetzt werden können, und beschließt auf dieser Grundlage erstmals bis spätestens zum 1. Dezember 2017 entsprechende Anpassungen des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen. Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 6b vom Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a anzupassen. Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist mit Wirkung zum 1. Januar 2021 vorzusehen, dass Leistungen nach § 346 Absatz 1 Satz 1 und 3 zur Unterstützung der Versicherten bei der Verarbeitung medizinischer Daten in der elektronischen Patientenakte im aktuellen Behandlungskontext vergütet werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2022 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen vorzusehen, dass ärztliche Leistungen nach § 346 Absatz 3 zur Unterstützung der Versicherten bei der erstmaligen Befüllung der elektronischen Patientenakte im aktuellen Behandlungskontext vergütet werden. Der Bewertungsausschuss hat im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen die Leistungen, die durch Videosprechstunde erbracht werden, auf 30 Prozent der jeweiligen Leistungen im Quartal des an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers zu begrenzen. Zudem hat der Bewertungsausschuss im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen die Anzahl der Behandlungsfälle im Quartal, in denen ausschließlich Leistungen im Rahmen einer Videosprechstunde erbracht werden, auf 30 Prozent aller Behandlungsfälle des an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers zu begrenzen. Von der Begrenzung auf 30 Prozent nach den Sätzen 30 und 31 kann der Bewertungsausschuss in besonderen Ausnahmesituationen, wie etwa nach Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite, für einen befristeten Zeitraum abweichen. Der Bewertungsausschuss legt bis zum 30. September 2021 fest, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang unter Berücksichtigung der Sätze 30 und 31 die psychotherapeutische Akutbehandlung im Rahmen der Videosprechstunde erbracht werden kann.

(2b) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen der hausärztlichen Versorgung sollen als Versichertenpauschalen abgebildet werden; für Leistungen, die besonders gefördert werden sollen oder nach Absatz 2a Satz 7 und 8 telemedizinisch oder im Wege der Delegation erbracht werden können, sind Einzelleistungen oder Leistungskomplexe vorzusehen. Mit den Pauschalen nach Satz 1 sollen die gesamten im Abrechnungszeitraum regelmäßig oder sehr selten und zugleich mit geringem Aufwand im Rahmen der hausärztlichen Versorgung eines Versicherten erbrachten Leistungen einschließlich der anfallenden Betreuungs-, Koordinations- und Dokumentationsleistungen vergütet werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2023 sind in den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen folgende Zuschläge auf die jeweilige Versichertenpauschale aufzunehmen:

1.
ein Zuschlag in Höhe von bis zu 200 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale für Behandlungen im Akutfall nach § 75 Absatz 1a Satz 3 Nummer 4, wenn die Behandlung spätestens am Folgetag der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle beginnt,
2.
ein Zuschlag in Höhe von 100 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am vierten Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt,
3.
ein Zuschlag in Höhe von 80 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am 14. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt,
4.
ein Zuschlag in Höhe von 40 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am 35. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt, sowie
5.
ein Zuschlag in Höhe von mindestens 15 Euro für die erfolgreiche Vermittlung eines Behandlungstermins nach § 73 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2.
Zudem können Qualitätszuschläge vorgesehen werden, mit denen die in besonderen Behandlungsfällen erforderliche Qualität vergütet wird. Der Bewertungsausschuss beschließt spätestens bis zum 31. Dezember 2021 mit Wirkung zum 1. März 2022 eine Anpassung der im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen der hausärztlichen Versorgung zur Vergütung der regelmäßigen zeitgebundenen ärztlichen Beratung nach § 2 Absatz 1a des Transplantationsgesetzes in der ab dem 1. März 2022 geltenden Fassung über die Organ- und Gewebespende sowie über die Möglichkeit, eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende im Register nach § 2a des Transplantationsgesetzes in der ab dem 1. März 2022 geltenden Fassung abgeben, ändern und widerrufen zu können. Der Vergütungsanspruch besteht je Patient alle zwei Jahre.

(2c) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen der fachärztlichen Versorgung sollen arztgruppenspezifisch und unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen als Grund- und Zusatzpauschalen abgebildet werden; Einzelleistungen sollen vorgesehen werden, soweit dies medizinisch oder auf Grund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung, einschließlich der Möglichkeit telemedizinischer Erbringung gemäß Absatz 2a Satz 7 oder der Erbringung im Wege der Delegation nach Absatz 2a Satz 8, erforderlich ist. Mit den Grundpauschalen nach Satz 1 sollen die regelmäßig oder sehr selten und zugleich mit geringem Aufwand von der Arztgruppe in jedem Behandlungsfall erbrachten Leistungen vergütet werden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2023 sind in den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen folgende Zuschläge auf die jeweilige Grundpauschale aufzunehmen:

1.
ein Zuschlag in Höhe von bis zu 200 Prozent der jeweiligen Grundpauschale für Behandlungen im Akutfall nach § 75 Absatz 1a Satz 3 Nummer 4, wenn die Behandlung spätestens am Folgetag der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle beginnt,
2.
ein Zuschlag in Höhe von 100 Prozent der jeweiligen Grundpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am vierten Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt,
3.
ein Zuschlag in Höhe von 80 Prozent der jeweiligen Grundpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am 14. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt, sowie
4.
ein Zuschlag in Höhe von 40 Prozent der jeweiligen Grundpauschale für den Fall, dass eine Behandlung spätestens am 35. Tag nach der Terminvermittlung durch die Terminservicestelle nach § 75 Absatz 1a Satz 3 beginnt.
Die in Satz 3 Nummer 2 bis 4 genannten Zuschläge gelten bei der Behandlung aufgrund einer erfolgten Vermittlung nach § 73 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 entsprechend. Mit den Zusatzpauschalen nach Satz 1 wird der besondere Leistungsaufwand vergütet, der sich aus den Leistungs-, Struktur- und Qualitätsmerkmalen des Leistungserbringers und, soweit dazu Veranlassung besteht, in bestimmten Behandlungsfällen ergibt. Abweichend von den Sätzen 1 und 2 kann die Behandlung von Versichertengruppen, die mit einem erheblichen therapeutischen Leistungsaufwand und überproportionalen Kosten verbunden ist, mit arztgruppenspezifischen diagnosebezogenen Fallpauschalen vergütet werden. Für die Versorgung im Rahmen von kooperativen Versorgungsformen sind spezifische Fallpauschalen festzulegen, die dem fallbezogenen Zusammenwirken von Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen in diesen Versorgungsformen Rechnung tragen. Die Bewertungen für psychotherapeutische Leistungen haben eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit zu gewährleisten. Bis zum 29. Februar 2020 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ein Zuschlag in Höhe von 15 Prozent auf diejenigen psychotherapeutischen Leistungen vorzusehen, die im Rahmen des ersten Therapieblocks einer neuen Kurzzeittherapie erbracht werden. Der Zuschlag ist auf die ersten zehn Stunden dieser Leistungen zu begrenzen und für Psychotherapeuten vorzusehen, die für die in § 19a Absatz 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte festgelegten Mindestsprechstunden für gesetzlich Versicherte tatsächlich zur Verfügung stehen.

(2d) Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen sind Regelungen einschließlich Prüfkriterien vorzusehen, die sicherstellen, dass der Leistungsinhalt der in den Absätzen 2a bis 2c genannten Leistungen und Pauschalen jeweils vollständig erbracht wird, die jeweiligen notwendigen Qualitätsstandards eingehalten, die abgerechneten Leistungen auf den medizinisch notwendigen Umfang begrenzt sowie bei Abrechnung der Fallpauschalen nach Absatz 2c die Mindestanforderungen zu der institutionellen Ausgestaltung der Kooperation der beteiligten Ärzte eingehalten werden; dazu kann die Abrechenbarkeit der Leistungen an die Einhaltung der vom Gemeinsamen Bundesausschuss und in den Bundesmantelverträgen beschlossenen Qualifikations- und Qualitätssicherungsanforderungen sowie an die Einhaltung der gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung zu erbringenden Dokumentationsverpflichtungen geknüpft werden. Zudem können Regelungen vorgesehen werden, die darauf abzielen, dass die Abrechnung der Versichertenpauschalen nach Absatz 2b Satz 1 sowie der Grundpauschalen nach Absatz 2c Satz 1 für einen Versicherten nur durch einen Arzt im Abrechnungszeitraum erfolgt, oder es können Regelungen zur Kürzung der Pauschalen für den Fall eines Arztwechsels des Versicherten innerhalb des Abrechnungszeitraums vorgesehen werden.

(2e) Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist jährlich bis zum 31. August ein bundeseinheitlicher Punktwert als Orientierungswert in Euro zur Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen festzulegen.

(2f) (weggefallen)

(2g) Bei der Anpassung des Orientierungswertes nach Absatz 2e sind insbesondere

1.
die Entwicklung der für Arztpraxen relevanten Investitions- und Betriebskosten, soweit diese nicht bereits durch die Weiterentwicklung der Bewertungsrelationen nach Absatz 2 Satz 2 erfasst worden sind,
2.
Möglichkeiten zur Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven, soweit diese nicht bereits durch die Weiterentwicklung der Bewertungsrelationen nach Absatz 2 Satz 2 erfasst worden sind, sowie
3.
die allgemeine Kostendegression bei Fallzahlsteigerungen, soweit diese nicht durch eine Abstaffelungsregelung nach Absatz 2 Satz 3 berücksichtigt worden ist,
4.
(weggefallen)
zu berücksichtigen.

(2h) Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen können zu Leistungskomplexen zusammengefasst werden. Die Leistungen sind entsprechend einer ursachengerechten, zahnsubstanzschonenden und präventionsorientierten Versorgung insbesondere nach dem Kriterium der erforderlichen Arbeitszeit gleichgewichtig in und zwischen den Leistungsbereichen für Zahnerhaltung, Prävention, Zahnersatz und Kieferorthopädie zu bewerten. Bei der Festlegung der Bewertungsrelationen ist wissenschaftlicher Sachverstand einzubeziehen.

(2i) Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen ist eine zusätzliche Leistung vorzusehen für das erforderliche Aufsuchen von Versicherten, die einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches zugeordnet sind, in der Eingliederungshilfe nach § 99 des Neunten Buches leistungsberechtigt sind und die die Zahnarztpraxis aufgrund ihrer Pflegebedürftigkeit, Behinderung oder Einschränkung nicht oder nur mit hohem Aufwand aufsuchen können. § 71 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(2j) Für Leistungen, die im Rahmen eines Vertrages nach § 119b Absatz 1 erbracht werden, ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen eine zusätzliche, in der Bewertung über Absatz 2i Satz 1 hinausgehende Leistung vorzusehen. Voraussetzung für die Abrechnung dieser zusätzlichen Leistung ist die Einhaltung der in der Vereinbarung nach § 119b Absatz 2 festgelegten Anforderungen. Die Leistung nach Absatz 2i Satz 1 ist in diesen Fällen nicht berechnungsfähig. § 71 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(2k) Im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen sind Videosprechstundenleistungen vorzusehen für die Untersuchung und Behandlung von den in Absatz 2i genannten Versicherten und von Versicherten, an denen zahnärztliche Leistungen im Rahmen eines Vertrages nach § 119b Absatz 1 erbracht werden. Die Videosprechstundenleistungen nach Satz 1 können auch Fallkonferenzen mit dem Pflegepersonal zum Gegenstand haben. § 71 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Die Anpassung erfolgt auf Grundlage der Vereinbarung nach § 366 Absatz 1 Satz 1.

(2l) Mit Wirkung zum 30. September 2020 ist im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen zu regeln, dass Konsilien in einem weiten Umfang in der vertragszahnärztlichen und in der sektorenübergreifenden Versorgung als telemedizinische Leistungen abgerechnet werden können, wenn bei ihnen sichere elektronische Informations- und Kommunikationstechnologien eingesetzt werden. Die Regelungen erfolgen auf der Grundlage der Vereinbarung nach § 367 Absatz 1. Der Bewertungsausschuss legt dem Bundesministerium für Gesundheit im Abstand von zwei Jahren jeweils einen Bericht über die als telemedizinische Leistungen abrechenbaren Konsilien vor.

(2m) Der Bewertungsausschuss hat den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen einschließlich der Sachkosten daraufhin zu überprüfen, wie der Aufwand, der den verantwortlichen Gesundheitseinrichtungen im Sinne von § 2 Nummer 5 Buchstabe b und d des Implantateregistergesetzes in der vertragsärztlichen Versorgung auf Grund ihrer Verpflichtungen nach den §§ 16, 17 Absatz 1 sowie den §§ 18, 20, 24, 25 und 33 Absatz 1 Nummer 1 des Implantateregistergesetzes entsteht, angemessen abgebildet werden kann. Auf der Grundlage des Ergebnisses der Prüfung hat der Bewertungsausschuss eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen bis zum 30. September 2020 mit Wirkung zum 1. Januar 2021 zu beschließen.

(3) Der Bewertungsausschuß besteht aus drei von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bestellten Vertretern sowie drei vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestellten Vertreter. Den Vorsitz führt abwechselnd ein Vertreter der Ärzte und ein Vertreter der Krankenkassen. Die Beratungen des Bewertungsausschusses einschließlich der Beratungsunterlagen und Niederschriften sind vertraulich. Die Vertraulichkeit gilt auch für die zur Vorbereitung und Durchführung der Beratungen im Bewertungsausschuss dienenden Unterlagen der Trägerorganisationen und des Instituts des Bewertungsausschusses.

(3a) Der Bewertungsausschuss analysiert die Auswirkungen seiner Beschlüsse insbesondere auf die Versorgung der Versicherten mit vertragsärztlichen Leistungen, auf die vertragsärztlichen Honorare sowie auf die Ausgaben der Krankenkassen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann das Nähere zum Inhalt der Analysen bestimmen. Absatz 6 gilt entsprechend.

(3b) Der Bewertungsausschuss wird bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben von einem Institut unterstützt, das gemäß der vom Bewertungsausschuss nach Absatz 3e zu vereinbarenden Geschäftsordnung die Beschlüsse nach den §§ 87, 87a und 116b Absatz 6 sowie die Analysen nach Absatz 3a vorbereitet. Träger des Instituts sind die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Erfüllt das Institut seine Aufgaben nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den geltenden Vorgaben oder wird es aufgelöst, kann das Bundesministerium für Gesundheit eine oder mehrere der in Satz 2 genannten Organisationen oder einen Dritten mit den Aufgaben nach Satz 1 beauftragen. Absatz 6 gilt entsprechend.

(3c) Die Finanzierung des Instituts oder des beauftragten Dritten nach Absatz 3b erfolgt durch die Erhebung eines Zuschlags auf jeden ambulant-kurativen Behandlungsfall in der vertragsärztlichen Versorgung. Der Zuschlag ist von den Krankenkassen außerhalb der Gesamtvergütung nach § 85 oder der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung nach § 87a zu finanzieren. Das Nähere bestimmt der Bewertungsausschuss in seinem Beschluss nach Absatz 3e Satz 1 Nr. 3.

(3d) Über die Ausstattung des Instituts nach Absatz 3b mit den für die Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Sach- und Personalmittel und über die Nutzung der Daten gemäß Absatz 3f durch das Institut entscheidet der Bewertungsausschuss. Die innere Organisation des Instituts ist jeweils so zu gestalten, dass sie den besonderen Anforderungen des Datenschutzes nach den Artikeln 24, 25 und 32 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung gerecht wird. Absatz 6 gilt entsprechend. Über die Ausstattung des beauftragten Dritten nach Absatz 3b Satz 3 mit den für die Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Sach- und Personalmitteln sowie über die Nutzung der Daten gemäß Absatz 3f entscheidet das Bundesministerium für Gesundheit.

(3e) Der Bewertungsausschuss beschließt

1.
bis spätestens zum 31. August 2017 eine Verfahrensordnung, in der er insbesondere die Antragsberechtigten, methodische Anforderungen und Fristen in Bezug auf die Vorbereitung und Durchführung der Beratungen sowie die Beschlussfassung über die Aufnahme in den einheitlichen Bewertungsmaßstab insbesondere solcher neuer Laborleistungen und neuer humangenetischer Leistungen regelt, bei denen es sich jeweils nicht um eine neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode nach § 135 Absatz 1 Satz 1 handelt,
2.
eine Geschäftsordnung, in der er Regelungen zur Arbeitsweise des Bewertungsausschusses und des Instituts gemäß Absatz 3b trifft, insbesondere zur Geschäftsführung und zur Art und Weise der Vorbereitung der in Absatz 3b Satz 1 genannten Beschlüsse, Analysen und Berichte, sowie
3.
eine Finanzierungsregelung, in der er Näheres zur Erhebung des Zuschlags nach Absatz 3c bestimmt.
Die Verfahrensordnung, die Geschäftsordnung und die Finanzierungsregelung bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Verfahrensordnung und die Geschäftsordnung sind im Internet zu veröffentlichen. Der Bewertungsausschuss ist verpflichtet, im Einvernehmen mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss hinsichtlich einer neuen Leistung auf Verlangen Auskunft zu erteilen, ob die Aufnahme der neuen Leistung in den einheitlichen Bewertungsmaßstab in eigener Zuständigkeit des Bewertungsausschusses beraten werden kann oder ob es sich dabei um eine neue Methode handelt, die nach § 135 Absatz 1 Satz 1 zunächst einer Bewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss bedarf. Eine Auskunft können pharmazeutische Unternehmer, Hersteller von Medizinprodukten, Hersteller von Diagnostikleistungen und deren jeweilige Verbände, einschlägige Berufsverbände, medizinische Fachgesellschaften und die für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen auf Bundesebene maßgeblichen Organisationen nach § 140f verlangen. Das Nähere regeln der Bewertungsausschuss und der Gemeinsame Bundesausschuss im gegenseitigen Einvernehmen in ihrer jeweiligen Verfahrensordnung.

(3f) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen erfassen jeweils nach Maßgabe der vom Bewertungsausschuss zu bestimmenden inhaltlichen und verfahrensmäßigen Vorgaben die für die Aufgaben des Bewertungsausschusses nach diesem Gesetz erforderlichen Daten, einschließlich der Daten nach § 73b Absatz 7 Satz 5 und § 140a Absatz 6, arzt- und versichertenbezogen in einheitlicher pseudonymisierter Form. Die Daten nach Satz 1 werden jeweils unentgeltlich von den Kassenärztlichen Vereinigungen an die Kassenärztliche Bundesvereinigung und von den Krankenkassen an den Spitzenverband Bund der Krankenkassen übermittelt, die diese Daten jeweils zusammenführen und sie unentgeltlich dem Institut oder dem beauftragten Dritten gemäß Absatz 3b übermitteln. Soweit erforderlich hat der Bewertungsausschuss darüber hinaus Erhebungen und Auswertungen nicht personenbezogener Daten durchzuführen oder in Auftrag zu geben oder Sachverständigengutachten einzuholen. Für die Verarbeitung der Daten nach den Sätzen 2 und 3 kann der Bewertungsausschuss eine Datenstelle errichten oder eine externe Datenstelle beauftragen; für die Finanzierung der Datenstelle gelten die Absätze 3c und 3e entsprechend. Das Verfahren der Pseudonymisierung nach Satz 1 ist vom Bewertungsausschuss im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zu bestimmen.

(3g) Die Regelungen der Absätze 3a bis 3f gelten nicht für den für zahnärztliche Leistungen zuständigen Bewertungsausschuss.

(4) Kommt im Bewertungsausschuß durch übereinstimmenden Beschluß aller Mitglieder eine Vereinbarung ganz oder teilweise nicht zustande, wird der Bewertungsausschuß auf Verlangen von mindestens zwei Mitgliedern um einen unparteiischen Vorsitzenden und zwei weitere unparteiische Mitglieder erweitert. Für die Benennung des unparteiischen Vorsitzenden gilt § 89 Absatz 6 entsprechend. Von den weiteren unparteiischen Mitgliedern wird ein Mitglied von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sowie ein Mitglied vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen benannt.

(5) Der erweiterte Bewertungsausschuß setzt mit der Mehrheit seiner Mitglieder die Vereinbarung fest. Die Festsetzung hat die Rechtswirkung einer vertraglichen Vereinbarung im Sinne des § 82 Abs. 1. Zur Vorbereitung von Maßnahmen nach Satz 1 für den Bereich der ärztlichen Leistungen hat das Institut oder der beauftragte Dritte nach Absatz 3b dem zuständigen erweiterten Bewertungsausschuss unmittelbar und unverzüglich nach dessen Weisungen zuzuarbeiten. Absatz 3 Satz 3 und 4 gilt entsprechend; auch für die Unterlagen der unparteiischen Mitglieder gilt Vertraulichkeit.

(5a) Bei Beschlüssen zur Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes zur Vergütung der Leistungen der spezialfachärztlichen Versorgung nach § 116b ist der Bewertungsausschuss für ärztliche Leistungen nach Absatz 3 um drei Vertreter der Deutschen Krankenhausgesellschaft zu ergänzen. Kommt durch übereinstimmenden Beschluss aller Mitglieder eine Vereinbarung des ergänzten Bewertungsausschusses nach Satz 1 ganz oder teilweise nicht zustande, wird der ergänzte Bewertungsausschuss auf Verlangen von mindestens zwei Mitgliedern um einen unparteiischen Vorsitzenden und ein weiteres unparteiisches Mitglied erweitert. Die Benennung der beiden unparteiischen Mitglieder durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung, den Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft soll bis spätestens zum 30. Juni 2019 erfolgen; § 89a Absatz 6 gilt entsprechend. Im ergänzten erweiterten Bewertungsausschuss sind nur jeweils zwei Vertreter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft sowie die beiden unparteiischen Mitglieder stimmberechtigt. Der ergänzte erweiterte Bewertungsausschuss setzt den Beschluss mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner stimmberechtigten Mitglieder innerhalb von drei Monaten fest. Wird eine Mehrheit von zwei Dritteln nicht erreicht, setzen die beiden unparteiischen Mitglieder den Beschluss fest. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(5b) Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 in Verbindung mit § 135 Absatz 1 anzupassen. Satz 1 gilt entsprechend für weitere Richtlinienbeschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses, die eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen erforderlich machen. In diesem Zusammenhang notwendige Vereinbarungen nach § 135 Absatz 2 sind zeitgleich zu treffen. Für Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses, die vor dem 23. Juli 2015 in Kraft getreten sind, gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Frist nach Satz 1 mit dem 23. Juli 2015 beginnt. Der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen ist zeitgleich mit dem Beschluss nach § 35a Absatz 3 Satz 1 anzupassen, sofern die Fachinformation des Arzneimittels zu seiner Anwendung eine zwingend erforderliche Leistung vorsieht, die eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen erforderlich macht. Das Nähere zu ihrer Zusammenarbeit regeln der Bewertungsausschuss und der Gemeinsame Bundesausschuss im gegenseitigen Einvernehmen in ihrer jeweiligen Verfahrensordnung. Für Beschlüsse nach § 35a Absatz 3 Satz 1, die vor dem 13. Mai 2017 getroffen worden sind, gilt Satz 5 entsprechend mit der Maßgabe, dass der Bewertungsausschuss spätestens bis 13. November 2017 den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen anzupassen hat.

(5c) Sind digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e Absatz 3 dauerhaft in das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e aufgenommen worden, so sind entweder der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen oder der einheitliche Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen innerhalb von drei Monaten nach der Aufnahme anzupassen, soweit ärztliche Leistungen für die Versorgung mit der jeweiligen digitalen Gesundheitsanwendung erforderlich sind. Sind digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e Absatz 4 vorläufig in das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e aufgenommen worden, so vereinbaren die Partner der Bundesmantelverträge innerhalb von drei Monaten nach der vorläufigen Aufnahme eine Vergütung für ärztliche Leistungen, die während der Erprobungszeit nach Festlegung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte nach § 139e Absatz 4 Satz 3 zur Versorgung mit und zur Erprobung der digitalen Gesundheitsanwendung erforderlich sind; die Vereinbarung berücksichtigt die Nachweispflichten für positive Versorgungseffekte, die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nach § 139e Absatz 4 Satz 3 festgelegt worden sind. Solange keine Entscheidung über eine Anpassung nach Satz 1 getroffen ist, hat der Leistungserbringer Anspruch auf die nach Satz 2 vereinbarte Vergütung. Soweit und solange keine Vereinbarung nach Satz 2 getroffen ist oder sofern eine Aufnahme in das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e ohne Erprobung erfolgt und keine Entscheidung über eine Anpassung nach Satz 1 getroffen ist, können Versicherte die ärztlichen Leistungen, die für die Versorgung mit oder zur Erprobung der digitalen Gesundheitsanwendung erforderlich sind, im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Absatz 1 bei Leistungserbringern in Anspruch nehmen; Absatz 2a Satz 12 gilt entsprechend. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Absatz 1 endet, sobald eine Entscheidung über die Anpassung nach Satz 1 getroffen ist.

(6) Das Bundesministerium für Gesundheit kann an den Sitzungen der Bewertungsausschüsse, des Instituts oder des beauftragten Dritten nach Absatz 3b sowie der von diesen jeweils gebildeten Unterausschüssen und Arbeitsgruppen teilnehmen; ihm sind die Beschlüsse der Bewertungsausschüsse zusammen mit den den Beschlüssen zugrunde liegenden Beratungsunterlagen und den für die Beschlüsse jeweils entscheidungserheblichen Gründen vorzulegen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann die Beschlüsse innerhalb von zwei Monaten beanstanden; es kann im Rahmen der Prüfung eines Beschlusses vom Bewertungsausschuss zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen dazu anfordern; bis zum Eingang der Auskünfte ist der Lauf der Frist unterbrochen. Die Nichtbeanstandung eines Beschlusses kann vom Bundesministerium für Gesundheit mit Auflagen verbunden werden; das Bundesministerium für Gesundheit kann zur Erfüllung einer Auflage eine angemessene Frist setzen. Kommen Beschlüsse der Bewertungsausschüsse ganz oder teilweise nicht oder nicht innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit gesetzten Frist zustande oder werden die Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit nicht innerhalb einer von ihm gesetzten Frist behoben, kann das Bundesministerium für Gesundheit die Vereinbarungen festsetzen; es kann dazu Datenerhebungen in Auftrag geben oder Sachverständigengutachten einholen. Zur Vorbereitung von Maßnahmen nach Satz 4 für den Bereich der ärztlichen Leistungen hat das Institut oder der beauftragte Dritte oder die vom Bundesministerium für Gesundheit beauftragte Organisation gemäß Absatz 3b dem Bundesministerium für Gesundheit unmittelbar und unverzüglich nach dessen Weisungen zuzuarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit kann zur Vorbereitung von Maßnahmen nach Satz 4 bereits vor Fristablauf das Institut nach Satz 5 beauftragen, Datenerhebungen in Auftrag geben oder Sachverständigengutachten einholen, sofern die Bewertungsausschüsse die Beratungen sowie die Beschlussfassungen nicht oder nicht in einem angemessenen Umfang vorbereiten oder durchführen. Die mit den Maßnahmen nach Satz 4 verbundenen Kosten sind von dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung jeweils zur Hälfte zu tragen; das Nähere bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit. Abweichend von Satz 4 kann das Bundesministerium für Gesundheit für den Fall, dass Beschlüsse der Bewertungsausschüsse nicht oder teilweise nicht oder nicht innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit gesetzten Frist zustande kommen, den erweiterten Bewertungsausschuss nach Absatz 4 mit Wirkung für die Vertragspartner anrufen. Der erweiterte Bewertungsausschuss setzt mit der Mehrheit seiner Mitglieder innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit gesetzten Frist die Vereinbarung fest; Satz 1 bis 7 gilt entsprechend. Die Beschlüsse und die entscheidungserheblichen Gründe sind im Deutschen Ärzteblatt oder im Internet bekannt zu machen; falls die Bekanntmachung im Internet erfolgt, muss im Deutschen Ärzteblatt ein Hinweis auf die Fundstelle veröffentlicht werden.

(7) Klagen gegen Maßnahmen des Bundesministeriums für Gesundheit nach Absatz 6 haben keine aufschiebende Wirkung.

(8) bis (9) (weggefallen)

Tenor

Die Revisionen der Klägerin und der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 23. Februar 2011 werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Klägerin 1/10 und die Beklagte 9/10.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Höhe vertragsärztlichen Honorars für das Quartal IV/2005.

2

Die Klägerin nimmt als Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie in D. an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Der Honorarverteilungsmaßstab (HVM) der Beklagten sah ab dem Quartal III/2003 die Zuteilung eines persönlichen Punktmengenvolumens (PMV) vor, das auf der im Bemessungszeitraum vom Quartal III/2001 bis zum Quartal II/2002 abgerechneten und anerkannten Punktmenge beruhte. Ab dem Quartal II/2005 wurden die PMV durch Regelleistungsvolumina (RLV) ersetzt. Grundlage für die Bestimmung der RLV bildeten die zum 31.3.2005 gültigen PMV. Diese wurden mit einem arztgruppenspezifischen Anpassungsfaktor multipliziert und ergaben das neue RLV. Die innerhalb des RLV geltend gemachte Punktmenge wurde mit einem einheitlichen Punktwert von 4 Cent im hausärztlichen und von 3,75 Cent im fachärztlichen Versorgungsbereich vergütet. Die das RLV überschreitende Punktmenge wurde mit dem jeweiligen Restpunktwert vergütet, der bei den Hausärzten und den fachärztlichen Honorargruppen 0,1 Cent nicht übersteigen durfte.

3

Der Klägerin war zum 31.3.2005 ein PMV von 1 245 200,9 Punkten zugewiesen. Die Beklagte setzte mit Honorarbescheid vom 25.4.2006 das Honorar der Klägerin für das Quartal IV/2005 bei einer Gesamtfallzahl von 1136 und einer Gesamtpunktzahl von 1 208 800 Punkten sowie unter Zugrundelegung eines RLV von 876 621,4 Punkten auf 34 079,62 Euro fest. Den Widerspruch hiergegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.7.2006 zurück. Die der Honorarverteilung zugrunde liegenden Regelungen zu den RLV seien mit höherrangigem Recht vereinbar.

4

Das SG hat mit Urteil vom 17.6.2009 die Klage abgewiesen. Die HVM-Regelungen seien von der Öffnungsklausel in Teil III. Nr 2.2 des Beschlusses des Bewertungsausschusses (BewA) vom 29.10.2004 gedeckt. Die zum Quartal II/2005 eingeführten RLV stellten als Modifizierungen der bis zum Quartal I/2005 geltenden PMV die Fortführung eines vorhandenen Steuerungsinstrumentes dar. Beide seien in ihren Auswirkungen auch vergleichbar, weil für die abrechenbare Punktmenge ein fester Punktwert festgelegt worden sei und dieses Punktzahlvolumen aufgrund seiner Berechnung aus dem bis zum Quartal I/2005 geltenden PMV und dem Anpassungsfaktor eine arztgruppenspezifische Komponente enthalte. Der Klägerin stehe auch nicht deshalb höheres Honorar zu, weil die Nummern 16310 bis 16322 des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) 2005 höher hätten bewertet werden müssen.

5

Das LSG hat auf die Berufung der Klägerin das Urteil des SG geändert und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides verpflichtet, über den Honoraranspruch der Klägerin für das Quartal IV/2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Im Übrigen - hinsichtlich der Bewertung der Gebührenordnungspositionen - hat es die Berufung zurückgewiesen. Der im streitigen Zeitraum geltende HVM entspreche nicht dem Beschluss des BewA vom 29.10.2004. Zwar sehe er eine Vergütung der innerhalb des RLV geltend gemachten Punktmenge mit festen Punktwerten vor. Er weiche jedoch bei der Bestimmung des RLV vollständig vom Beschluss des BewA ab, wonach sich die Höhe des RLV aus der Multiplikation der arztgruppenspezifischen Fallpunktzahl und der Fallzahl der Arztpraxis im aktuellen Abrechnungsquartal ergebe. Dagegen bilde die Grundlage für die Bestimmung des RLV nach dem HVM der Beklagten das zum 31.3.2005 gültige PMV, das wiederum auf der in einem Bemessungszeitraum abgerechneten und anerkannten Punktmenge der jeweiligen Praxis beruhe. Nur bei Jungärzten und bei unterdurchschnittlich abrechnenden Altärzten seien die durchschnittlichen RLV von Bedeutung. Die arztgruppenspezifischen Anpassungsfaktoren dienten der Gewährleistung des einheitlichen Regelleistungspunktwertes und spiegelten daher in erster Linie die zuvor bestehenden Punktwertdifferenzen zwischen den einzelnen Honorargruppen wider.

6

Die Beklagte könne sich auch nicht auf die Öffnungsklausel in Teil III. Nr 2.2 des Beschlusses des BewA berufen. Zwar werde im Sinne dieses Beschlusses ein bereits vorhandenes Steuerungsinstrument fortgeführt. Dieses Steuerungsinstrument sei in seinen Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V jedoch nicht vergleichbar. Das BSG habe bereits entschieden, dass Individualbudgets, deren Bestimmung für jede Arztpraxis nach deren individuellen Gegebenheiten festgelegt würden, ein grundlegend anderes Steuerungsinstrument seien als RLV, die das typische Leistungsgeschehen innerhalb einer Arztgruppe zum Maßstab nähmen. Der hier anzuwendende Anpassungsfaktor sei zwar arztgruppenspezifisch, dies sei jedoch nur der Anpassung der Punktwertunterschiede zwischen den Honorargruppen geschuldet. Es genüge auch nicht, dass in dem für die Bestimmung der PMV maßgeblichen Bemessungszeitraum arztgruppenspezifische Festlegungen in Form von Praxisbudgets gegolten hätten, die den gesetzlichen Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V vergleichbar gewesen seien. Der HVM ordne nicht die weitere Anwendung der Regelung über die Praxisbudgets an, sondern ziehe nur die auf ihrer Grundlage in einem vergangenen Zeitraum abgerechneten und vergüteten Punktzahlen zur Bestimmung der PMV und damit der RLV heran. Das durchschnittliche RLV der Vergleichsgruppe habe nur Bedeutung, wenn es um Jungärzte bis zum Erreichen einer Niederlassungsdauer von 16 Quartalen oder um Altärzte mit unterdurchschnittlichem RLV gehe. Die Regelungen könnten auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Anfangs- und Erprobungsregelung Bestand haben, weil sie schon von ihrer Struktur her mit höherrangigen Vorgaben nicht übereinstimmten. Schließlich lasse sich die Honorarverteilungsregelung auch nicht als Vorkehrung gegen existenzbedrohende Honorarminderungen infolge der Umstellung des Vergütungssystems rechtfertigen.

7

Die Einwände der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit der Bewertungsansätze für die Leistungen nach den Nr 16310 bis 16322 EBM-Ä 2005 seien hingegen nicht durchgreifend. Der BewA sei seiner Beobachtungs- und ggf Nachbesserungspflicht nachgekommen. Grundlage der Bewertung der Leistungen nach den Nr 16310 bis 16322 EBM-Ä 2005 sei das Praxisbetriebsmodell Neurologie in der EBM-Praxiskostenstudie 2000 der MediTrust AG vom 30.10.2000 gewesen. Der dagegen geäußerten Kritik sei der BewA nachgegangen. Nachdem mehrere Gutachten die Validität der Daten für die Neurologen in Zweifel gezogen hätten, habe die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KÄBV) eine Datennacherhebung veranlasst, deren Ergebnisse die Prime Networks AG im Oktober 2007 vorgelegt habe. Diese Erhebung habe dazu geführt, dass der BewA die Leistungen nach den Nr 16310 bis 16322 EBM-Ä 2005 zum 1.1.2008 höher bewertet habe. Zu einer rückwirkenden Neubewertung sei der BewA nicht verpflichtet gewesen. Die vom BewA ursprünglich herangezogenen Daten seien zwar von geringer Validität, jedoch nicht unbrauchbar gewesen. Es gelte insofern nichts anderes als für die Festlegung der bundesdurchschnittlichen Praxiskostensätze für die Berechnung der Praxisbudgets, zu denen das BSG entschieden habe, dass die exakte Ermittlung der Kosten bei den verschiedenen Arztgruppen faktisch nicht möglich sei und es sich um Näherungswerte handle, die aufgrund einer Bewertung der zur Verfügung stehenden Daten festgelegt würden. Ausgehend davon seien die mit der geringen Validität der Datenbasis verbundenen Bewertungsunschärfen hinnehmbar, zumal den betroffenen Gebührenordnungspositionen kein erhebliches Gewicht zukomme. Bei der Klägerin hätten die Leistungen im streitigen Quartal nur 3,7 % der Gesamtpunktzahl, nämlich 45 325 von 1 208 800 Punkten ausgemacht.

8

Hiergegen richten sich die Revisionen der Klägerin und der Beklagten. Die Beklagte trägt vor, es handle sich entgegen der Auffassung des LSG bei den streitigen Regelungen des HVM um ein im Sinne des Beschlusses des BewA hinsichtlich der leistungssteuernden Wirkung den RLV vergleichbares Regelungsinstrument. Die Partner des Honorarverteilungsvertrages hätten ein Konzept gewählt, nach dem eine praxisindividuelle Abrechnungsmenge aus einem Referenzzeitraum mit festen arztgruppenspezifischen Anpassungsfaktoren multipliziert werde, um so zu praxisindividuellen Grenzwerten zu gelangen, die unter den Bedingungen eines einheitlichen festen Punktwertes der Begrenztheit in den arztgruppenspezifischen Honorarfonds ebenso Rechnung trage, wie dem Umfang der individuellen Praxisausrichtung anhand des Referenzzeitraums. Die Honorarverteilung enthalte hinreichende arztgruppenspezifische Elemente, deren Auswirkungen mit den Regelungen in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar seien. Auch die Vergütung der das RLV überschreitenden Leistungsmenge mit einem Restleistungspunktwert, der 0,1 Cent nicht übersteigen dürfe, stehe nicht im Widerspruch zu der nach § 85 Abs 4 Satz 8 SGB V vorzusehenden Punktwertabstaffelung.

9

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 23.2.2011 aufzuheben, soweit es der Berufung stattgegeben hat, und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 17.6.2009
sowie die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

10

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 23.2.2011, soweit es die Berufung zurückgewiesen hat, und das Urteil des SG Dresden vom 17.6.2009 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 25.4.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.7.2006 zu verpflichten, ihre Honoraransprüche für das Quartal IV/2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts und unter Berücksichtigung der ab dem 1.1.2008 erfolgten Bewertung der Gebührenordnungsnummern 16310, 16311, 16320, 16321 und 16322 EBM-Ä 2005 neu festzusetzen
sowie die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

11

Sie trägt vor, die Gruppe der Nervenärzte, Neurologen und Psychiater habe im streitigen Quartal einen durchschnittlichen Honorarumsatz von 31 859 Euro erreicht und damit deutlich unter dem durchschnittlichen Honorarumsatz der anderen Facharztgruppen von 51 656 Euro gelegen. Ein nicht unwesentlicher Grund für diese im Verhältnis zu anderen Facharztgruppen niedrige Vergütung sei die unzureichende Vergütung der Gebührenordnungspositionen (GOP) 16310, 16311, 16320, 16321 und 16322 EBM-Ä 2005. Zum 1.1.2008 habe der BewA die Bewertung dieser GOP um 17,4 %, 10,3 %, 16,4 %, 15,5 % und 19,5 % angehoben. Die Leistungen hätten aber schon im streitigen Quartal höher bewertet werden müssen. Für den BewA sei schon vor Erlass des EBM-Ä 2005 erkennbar gewesen, dass nur unzureichendes Datenmaterial für die Bewertung neurologischer Leistungen zur Verfügung gestanden habe. Es hätte sich angesichts des eingeschränkten Datenmaterials aufgedrängt, für die Neurologen Zusatzerhebungen durchzuführen. Das gelte umso mehr, als die Daten unterschiedlich gewichtet worden und gerade den - für Neurologen nicht vorhandenen - Daten des Statistischen Bundesamtes besondere Bedeutung beigemessen worden sei.

Entscheidungsgründe

12

Die Revisionen der Klägerin und der Beklagten sind nicht begründet.

13

1. Das LSG hat die Beklagte zu Recht zur erneuten Entscheidung über den Honoraranspruch der Klägerin für das Quartal IV/2005 verpflichtet. Dem Honorarbescheid fehlt es an einer wirksamen Rechtsgrundlage. Die Honorarverteilungsregelungen, auf deren Grundlage der Honorarbescheid erging, verstoßen gegen höherrangiges Recht. Die "Vereinbarung des HVM" (im Folgenden: HVM) vom 14.4.2005 (angepasst durch die Vereinbarung des HVM vom 19.5.2006) für die Zeit ab dem 1.4.2005 entsprachen nicht den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V. Sie erfüllten auch nicht die Voraussetzungen der Übergangsregelung in Teil III. Nr 2.2 des Beschlusses des BewA vom 29.10.2004 (DÄ 2004, A 3129).

14

a. Die Regelungen des HVM waren nicht mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V(idF des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 ) vereinbar, wie das LSG zutreffend dargelegt hat.

15

aa. Nach § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V aF waren in der Honorarverteilung "insbesondere … arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina)". Kernpunkt dieser Bestimmung waren zwei Vorgaben, nämlich die Festlegung arztgruppenspezifischer Grenzwerte und fester Punktwerte; gemäß § 85 Abs 4 Satz 8 SGB V aF kam hinzu, dass für die darüber hinausgehenden Leistungsmengen abgestaffelte Punktwerte vorzusehen sind(BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 40; BSG Urteil vom 14.12.2011 - B 6 KA 6/11 R - SozR 4-2500 § 85 RdNr 68 RdNr 18).

16

Das Erfordernis der Festlegung fester Punktwerte (anstelle sog floatender Punktwerte) stellte nach der Rechtsprechung des Senats eine zentrale und strikte Vorgabe dar (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 40; Urteil vom 14.12.2011 - B 6 KA 6/11 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 19). Nicht im selben Maße strikt war die Vorgabe der Festlegung "arztgruppenspezifischer Grenzwerte": Dies musste nicht als arztgruppen"einheitliche" Festlegung ausgelegt werden in dem Sinne, dass der gesamten Arztgruppe dieselben RLV zugewiesen werden müssten. Vielmehr konnte dem Erfordernis arztgruppenspezifischer Grenzwerte auch eine Regelung genügen, die eine arztgruppeneinheitliche Festlegung nur bei den Fallpunktzahlen vorgab, dann deren Multiplikation mit den individuellen Behandlungsfallzahlen vorsah und so zu praxisindividuellen Grenzwerten führte (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 15). Die zentrale Bedeutung der Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V aF hatte der Gesetzgeber dadurch zusätzlich deutlich gemacht, dass er die bis dahin bestehenden bloßen Soll- und Kann-Vorschriften (Satz 6: "… soll sicherstellen …" und Satz 7: "Insbesondere kann …" sowie Satz 8: "… kann …") mit Wirkung ab 1.1.2004 zu verbindlichen Regelungen umgestaltet hatte ("… hat … vorzusehen" und "… sind … festzulegen …" sowie "… ist vorzusehen …"). Diese Änderung wurde in den Begründungen zum Gesetzentwurf auch ausdrücklich hervorgehoben (BT-Drucks 15/1170 S 79 und BT-Drucks 15/1525 S 101). Die Formulierung "insbesondere" in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V relativierte die Verbindlichkeit nicht etwa im Sinne eines lediglich möglichen Regelungsinhalts; wie der Kontext ergab, wurde damit vielmehr die Notwendigkeit solcher Festlegungen nochmals hervorgehoben und zugleich klargestellt, dass darüber hinaus auch noch weitere Steuerungsinstrumente vorgesehen werden konnten, die allerdings das System aus RLV und abgestaffelten Punktwerten nicht schwächen, sondern nur ergänzen durften (BSG aaO RdNr 15 aE).

17

bb. Von dem Element des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V aF der arztgruppenspezifischen Grenzwerte (im Sinne eines RLV) wichen die Vereinbarungen zur Honorarverteilung ab, die die Beklagte und die Verbände der Krankenkassen mit Wirkung ab dem 1.4.2005 getroffen hatten.

18

Der HVM sah nach den maßgeblichen Feststellungen des LSG (vgl § 162 SGG und dazu BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 28 RdNr 27 mwN) in § 7 Abs 1(in der bis zum 31.12.2005 geltenden Fassung vom 14.4.2005) für niedergelassene Ärzte, MVZ sowie Ärzte in Einrichtungen nach § 311 Abs 2 SGB V die Zuweisung eines persönlichen RLV vor. Grundlage zur Bestimmung der RLV bildeten nach § 7 Abs 2 HVM die zum 31.3.2005 gültigen Punktmengenvolumen, die aufgrund der Honorarverteilungsmaßstäbe im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) Sachsen ab der Fassung vom 11.6.2003 bis zur Fassung vom 23.12.2004 ermittelt worden waren. Nach § 7 Abs 1 des HVM vom 11.6.2003 bestimmte sich das PMV je Quartal für im Bemessungszeitraum der Praxisbudgetierung unterliegende Ärzte nach 90 %, für nicht der Praxisbudgetierung unterliegende Ärzte nach 75 % der von der jeweiligen Praxis im Quartalsdurchschnitt des Bemessungszeitraums vom Quartal III/2001 bis II/2002 abgerechneten und anerkannten Punktmenge. Diese Regelung galt grundsätzlich für alle der Leistungssteuerung auf der Grundlage von PMV unterliegenden Ärzte, die am 1.7.2001 seit mindestens zwölf Quartalen niedergelassen waren. Ein Zuwachs bis zum durchschnittlichen PMV der Vergleichsgruppe wurde Altärzten mit unterdurchschnittlichem PMV sowie den Ärzten zugebilligt, die im Bereich der Beklagten weniger als zwölf Quartale niedergelassen waren oder sich zwischen dem 1.7.2001 und dem 30.6.2003 niedergelassen hatten. Ähnliche Regelungen finden sich in den für das streitige Quartal geltenden HVM. Auf die nach § 7 Abs 2 HVM ermittelten PMV wurden nach § 7 Abs 3 HVM idF vom 14.4.2005 die in der Anlage 2 (§ 1 Abs 8 HVM vom 19.5.2006: Anlage 2a) zum HVM (Vergleichsgruppenbildung für Fachgruppen der KÄV Sachsen) ausgewiesenen Anpassungsfaktoren, die auf Grundlage der Anlage 4 (Grundzüge der Finanzplanung) unter Berücksichtigung eines Sicherheitsabschlages von 5 vH (nach Anlage 4 Buchst f wegen zu erwartender Mehrausgaben durch Neuzulassungen, Zuwachsmöglichkeiten der RLV, den psychotherapeutischen Leistungsbereich, Interventionsregelungen und finanzielle Schwankungen ua der Gesamtvergütungen) ermittelt wurden, angewandt und ergaben das neue RLV. In der Anlage 2 bzw 2a HVM war das durchschnittliche PMV der Vergleichsgruppe ausgewiesen (für die Fachärzte für Nervenheilkunde sowie Fachärzte für Neurologie und Psychiatrie 1 097 999,3 bzw 1 097 997,8 ), der Transformationsfaktor auf den EBM-Ä 2005 zur Information und der Anpassungsfaktor auf den Punktwert von 4 Cent für den hausärztlichen und 3,75 Cent für den fachärztlichen Bereich einschließlich des Transformationsfaktors und des 5 %igen Sicherheitsabschlags. Für die Fachgruppe der Klägerin ergab sich ein Anpassungsfaktor von 0,6871 (HVM 14.4.2005) bzw 0,7040 (HVM 19.5.2006). Hieraus folgte wiederum ein durchschnittliches RLV der Vergleichsgruppe von 754 435,3 bzw 772 990,5. Die über das RLV hinausgehenden Leistungen wurden nach § 5 Abs 8 Buchst c HVM maximal mit einem Punktwert von 0,1 Cent vergütet.

19

Damit sah der HVM nicht, wie in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V vorgeschrieben, arztgruppenspezifische Grenzwerte vor, sondern RLV, die aus den individuellen PMV früherer Abrechnungszeiträume resultierten. Ob der HVM dieselben Ziele wie die Regelung in § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V verfolgt, ist nicht maßgeblich. Allein eine möglicherweise gleichwertige Zielsetzung kann nicht den Mangel ausgleichen, dass es an den nach dem Wortlaut des § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V erforderlichen Regelungen arztgruppenspezifischer Grenzwerte fehlt(s schon BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 18).

20

b. Die Bestimmungen des HVM können auch nicht aufgrund der Übergangsregelung in Teil III. Nr 2.2 des Beschlusses des BewA zur Festlegung von RLV durch die KÄVen gemäß § 85 Abs 4 SGB V vom 29.10.2004 Geltung beanspruchen. Zwar ist diese Übergangsregelung dem Grunde nach von der Ermächtigung des § 85 Abs 4a Satz 1 iVm Abs 4 Satz 4 bis 8 SGB V gedeckt und somit wirksam(s hierzu BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 20 ff), doch werden die dort festgelegten Voraussetzungen - Fortführung von Steuerungsinstrumenten, die mit der gesetzlichen Regelung in ihren Auswirkungen vergleichbar sind - nicht erfüllt.

21

aa. Das LSG hat zutreffend ausgeführt, dass es allerdings - anders als in dem vom Senat mit Urteil vom 17.3.2010 (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54) entschiedenen Fall - nicht bereits an einer Fortführung bisheriger Steuerungsinstrumente in dem Sinne fehlt, dass etwaige Änderungen nicht von den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V wegführen dürfen(BSG aaO RdNr 22, 25). Nach den Feststellungen des LSG haben die Vertragspartner den bis zum 31.3.2005 geltenden HVM im Grundsatz nicht verändert, sondern lediglich modifiziert bzw nicht systemrelevant ergänzt. Der Senat hat im Urteil vom 14.12.2011 (B 6 KA 6/11 R - SozR 4-2500 § 85 RdNr 68 RdNr 24) entschieden, dass einzelne Änderungen des HVM der Annahme einer "Fortführung" nicht entgegenstehen, sofern die wesentlichen Grundzüge des Steuerungsinstruments unverändert bleiben.

22

bb. Nach dem Inhalt der maßgeblichen Regelungen des HVM ist - wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat - jedoch nicht erkennbar, dass der fortgeführte HVM den Anforderungen der Übergangsregelung entsprach. Nach Teil III. Nr 2.2 Beschluss des BewA vom 29.10.2004 konnten in einer KÄV zum 31.3.2005 bereits vorhandene Steuerungsinstrumente im Einvernehmen mit den Verbänden der Krankenkassen auf Landesebene für eine Übergangszeit fortgeführt werden, wenn sie "in ihren Auswirkungen mit der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar sind". Die Auswirkungen der hier fortgeführten Steuerungsinstrumente waren jedoch nicht mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar.

23

Das in der Übergangsregelung normierte Tatbestandsmerkmal der "vergleichbaren Auswirkungen" bedarf der Auslegung bzw Konkretisierung. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 14.12.2011 (B 6 KA 6/11 R - SozR 4-2500 § 85 RdNr 68 RdNr 28)insofern auf sein Urteil vom 17.3.2010 verwiesen (BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 21): "Welches Maß an Gestaltungsfreiheit dem BewA zukommt, ist nach der Wesensart der Ermächtigungsvorschrift des § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V und der ihr zugrunde liegenden Zielsetzung zu bestimmen. Sinn dieser Ermächtigung war und ist es, dass der BewA den Weg zur Anpassung der Honorarverteilungsregelungen in den verschiedenen KÄV-Bezirken an die Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V vorzeichnet. Bei der Auslegung der Ermächtigung ist zu berücksichtigen, dass es unter dem Gesichtspunkt des Interesses der Ärzte an einer Kontinuität des Honorierungsumfangs und aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität problematisch gewesen wäre, eine sofortige volle Übereinstimmung mit den Vorgaben des § 85 SGB V erreichen zu wollen. Vielmehr ist es bei solchen Anpassungen sachgerecht, eine nur allmähliche Anpassung genügen zu lassen und übergangsweise noch Abweichungen zu tolerieren. Nicht hinnehmbar wäre es indessen, zu gestatten, dass sich eine Honorarverteilungsregelung gegenüber der bisherigen - sei es auch nur vorübergehend - weiter von den Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V entfernt." Der Senat hat in dieser Entscheidung weiter dargelegt, dass die Übergangsvorschrift in Teil III. Nr 2.2 des Beschlusses des BewA vom 29.10.2004 diesen Anforderungen bei ermächtigungskonformer Auslegung gerecht wurde und es nach dem Wortlaut der Ermächtigungsvorschrift gestattet war, dass bisherige Steuerungsinstrumente, deren Auswirkungen mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V aF vergleichbar sind, fortgeführt werden(BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 22).

24

Ausgeschlossen hat der Senat in seiner Entscheidung vom 14.12.2011 eine Auslegung der Übergangsvorschrift, die faktisch zu einer vollständigen Suspendierung der gesetzlichen Vorgaben führen würde (B 6 KA 6/11 R - SozR 4-2500 § 85 RdNr 68 RdNr 29). Bereits der Wortlaut der in § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Teilsatz SGB V getroffenen Regelung ziele, so der Senat weiter, auf eine Inhaltsbestimmung im Sinne einer "Konkretisierung" und nicht einer (auch nicht vorübergehenden) "Suspendierung" der gesetzlichen Vorgaben ab. Dies gelte umso mehr, als dem Wortlaut der in § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V in ihren Grundzügen vorgegebenen Regelungen, deren Inhalt der BewA zu bestimmen habe, nur bei eher weiter Auslegung entnommen werden könne, dass auch die Normierung von Übergangsregelungen vorgesehen sei. Ein dahingehender Wille des Gesetzgebers, dass die nähere Ausgestaltung des Inhalts der Regelungen durch den BewA auch eine großzügige Übergangslösung bis hin zu einer zeitlich nicht klar befristeten vollständigen Suspendierung der gesetzlichen Vorgaben umfassen dürfe, sei nicht erkennbar. Auch der dem BewA zustehende Gestaltungsspielraum (vgl hierzu BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26 ua) berechtigte diesen nicht dazu, gesetzliche Regelungen faktisch weitgehend leerlaufen zu lassen, da ein Gestaltungsspielraum untergesetzlicher Normgeber nur innerhalb der ihnen erteilten Normsetzungsermächtigung bestehe. Nichts anderes gelte schließlich für die Aussage des Senats, dass dem BewA das Recht zuzugestehen ist, eine allmähliche Anpassung an die Vorgaben des § 85 SGB V genügen zu lassen und übergangsweise noch Abweichungen zu tolerieren(vgl BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 21; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 52). Ziel der zulässigen Übergangsregelung sei nämlich die "Annäherung" an die Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V(BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 22). Dies setze entweder voraus, dass die zu prüfende Honorarverteilungsregelung dem gesetzlichen Ziel deutlich näher stehe als die Vorgängerregelung, oder, dass die Regelung bereits - ohne dass es einer Änderung bedurft hätte - eine ausreichende Nähe zu den gesetzlichen Vorgaben besitze.

25

Der Senat ist auch der Auffassung entgegengetreten, vergleichbare Zielsetzungen stünden "vergleichbaren Auswirkungen" gleich (B 6 KA 6/11 R - SozR 4-2500 § 85 RdNr 68 RdNr 31). Zum einen stelle die Übergangsregelung nach ihrem klaren Wortlaut nicht auf vergleichbare Ziele, sondern auf vergleichbare Auswirkungen ab. Zum anderen stehe einer maßgeblichen Berücksichtigung vergleichbarer Zielsetzungen entgegen, dass die Ziele der hier in Rede stehenden gesetzlichen Regelung derart allgemein gefasst seien, dass sie den Intentionen einer Vielzahl anderer Regelungen entsprächen. Durch die Vorgabe von RLV solle erreicht werden, dass die von den (Vertrags-)Ärzten erbrachten Leistungen bis zu einem bestimmten Grenzwert mit festen Punktwerten vergütet würden und den Ärzten insoweit Kalkulationssicherheit hinsichtlich ihrer Praxisumsätze und -einkommen gegeben werde; durch die Vergütung der den Grenzwert überschreitenden Leistungen mit abgestaffelten Punktwerten solle zum einen der Kostendegression bei steigender Leistungsmenge Rechnung getragen und zum anderen der ökonomische Anreiz zur übermäßigen Leistungsausweitung begrenzt werden (vgl Begründung zum Gesetzentwurf GMG, BT-Drucks 15/1525 S 101 zu Art 1 Nr 64 Buchst h Doppelbuchst cc = § 85 Abs 4 Satz 6 bis 8 SGB V; dies entspricht im Wesentlichen der ursprünglichen Begründung bei Einfügung der Norm durch das GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz , vgl Ausschussbericht zum GKV-SolG, BT-Drucks 14/157 S 34 zu Art 1 Nr 13 Buchst b Doppelbuchst cc).

26

Das Ziel, den Vertragsärzten Kalkulationssicherheit zu geben, charakterisiere (und rechtfertige) jedoch unter der Geltung einer Budgetierung der Gesamtvergütungen jegliche Form von Honorarbegrenzungsregelungen (B 6 KA 6/11 R - SozR 4-2500 § 85 RdNr 68 RdNr 32 unter Hinweis auf Rechtsprechung zu Honorarbegrenzungsregelungen, etwa zu Individualbudgets: BSGE 83, 52, 56 = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 205; BSGE 92, 10 = SozR 4-2500 § 85 Nr 5, RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 45 RdNr 29; zu Praxisbudgets: BSGE 86, 16, 17 = SozR 3-2500 § 87 Nr 23 S 116 sowie BSG Urteil vom 8.12.2010 - B 6 KA 42/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 61 RdNr 26; zu Teilbudgets: BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 66 RdNr 20; zu Fallzahlzuwachs-Begrenzungsregelungen: BSGE 89, 173, 182 = SozR 3-2500 § 85 Nr 45 S 378; zu progressiven Honorareinbehalten: BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 28 RdNr 14; zu Richtgrößen und Umsatzregelungen: BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 28 ff; zur Vorgabe gleich hoher Budgets für alle (Zahn-)Ärzte: BSGE 96, 53 = SozR 4-2500 § 85 Nr 23, RdNr 24). Würde man daher (allein) auf eine vergleichbare Zielsetzung abstellen, hätte die vom BewA geschaffene Übergangsregelung eine (nahezu) uneingeschränkte Fortführung vorhandener Steuerungsinstrumente in den Honorarverteilungsregelungen ermöglicht.

27

Die somit allein als Prüfungs- bzw Vergleichsmaßstab heranzuziehenden konkreten "Auswirkungen" der honorarbegrenzenden Regelungen der HVM der Beklagten waren mit den "Aus-wirkungen" der gesetzlichen Regelung in § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V aF nicht vergleichbar. Wesentliche "Auswirkung" der gesetzlichen Regelung war, dass ein arztgruppenspezifisch definiertes RLV gebildet wurde, innerhalb dessen die erbrachten Leistungen mit einem festen Punktwert vergütet wurden. An einer hinreichenden Vergleichbarkeit der "Auswirkungen" fehlt es in Bezug auf den vorliegend maßgeblichen HVM schon deswegen, weil dort der Grenzwert bzw das Vergütungsvolumen nicht anhand arztgruppenspezifischer (Durchschnitts-)Werte bestimmt wird, sondern ihm - im Sinne eines klassischen Individualbudgets - arztindividuelle Werte aus vorangegangenen Vergütungszeiträumen zugrunde lagen. § 85 Abs 4 Satz 7 SGB V aF setzte jedoch ein RLV voraus, das auf arztgruppendurchschnittlichen Werten beruhen musste; diesem strukturell vergleichbare Auswirkungen haben nur Grenzwerte, die ebenfalls auf Durchschnittswerten beruhen. Dies ist eine Mindestvoraussetzung der Vergleichbarkeit; ihr Fehlen führt, wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 14.12.2011 entschieden hat, zur Rechtswidrigkeit einer HVM-Regelung.

28

Der Senat hat ausgeführt (aaO RdNr 36), der Gesetzgeber sei mit der Vorgabe arztgruppenspezifischer Grenzwerte erkennbar von der in den KÄVen weit verbreiteten und von der Rechtsprechung grundsätzlich gebilligten Praxis abgewichen, Honorarbegrenzungsregelungen in Form von Individualbudgets zu normieren. Dass es sich bei der arztgruppenbezogenen Bestimmung des Grenzwerts bzw des Vergütungsvolumens um eine grundlegende Richtungsentscheidung des Gesetzgebers handele, zeige sich zudem daran, dass auch für die vom 1.1.2009 bis 31.12.2011 geltenden RLV die Werte nach Arztgruppen festzulegen waren (§ 87b Abs 3 Satz 1 SGB V). Arztgruppenspezifische Werte lägen weiterhin den Richtgrößen im Arzneimittelbereich (vgl § 84 Abs 6 Satz 1 SGB V) und letztlich auch der Degressionsregelung im vertragszahnärztlichen Bereich (vgl § 85 Abs 4b Satz 1 SGB V) zugrunde.

29

Hinzu komme, dass es für die vom Gesetzgeber mit der Einführung von RLV - neben dem Aspekt der Kalkulationssicherheit - verfolgten Ziele der Berücksichtigung von Kostendegression und Mengenbegrenzung sehr wohl von Bedeutung sei, anhand welcher Kriterien der maßgebliche Grenzwert bzw das "privilegierte" Vergütungsvolumen bestimmt werde. Durch die Vergütung der den Grenzwert überschreitenden Leistungen mit abgestaffelten Punktwerten und damit im Ergebnis schon durch die Bestimmung des hierfür maßgeblichen Grenzwerts solle zum einen der Kostendegression bei steigender Leistungsmenge Rechnung getragen und zum anderen der ökonomische Anreiz zur übermäßigen Leistungsausweitung begrenzt werden (vgl Begründung zum Gesetzentwurf-GMG, BT-Drucks 15/1525 S 101 zu Art 1 Nr 64 Buchst h Doppelbuchst cc = § 85 SGB V). Im Hinblick auf diese Ziele sei es bedeutsam, ob zur Bestimmung des "privilegierten" Vergütungsvolumens arztgruppenspezifische Durchschnittswerte herangezogen werden oder ob diesem das ggf "übermäßige" individuelle Abrechnungsverhalten des Vertragsarztes in der Vergangenheit zugrunde gelegt werde. Es liege auf der Hand, dass sich das Ziel einer Mengenbegrenzung sachgerechter anhand von arztgruppenspezifischen Durchschnittswerten als durch eine Fortschreibung vorhandener Besitzstände erreichen lasse. Zu berücksichtigen sei schließlich, dass Durchschnittswerte den Versorgungsbedarf der Versicherten zuverlässiger widerspiegeln würden als arztindividuelle Werte (aaO RdNr 37).

30

Der Senat hat bereits mit Urteil vom 3.2.2010 eine auf der Grundlage praxisindividueller Punktzahl-Obergrenzen geregelte Honorarverteilung als eine Regelungsstruktur bezeichnet, deren Auswirkungen nicht mit den Vorgaben des § 85 Abs 4 SGB V vergleichbar seien (vgl BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 23). Auch in seinen Urteilen vom 18.8.2010 (SozR 4-2500 § 85 Nr 58 RdNr 39 ua) hat er ausgeführt, dass ohne normative Grundlage die ggf mit der Einführung von RLV für die Vertragsärzte verbundenen Vorteile nicht so begrenzt werden dürften, dass anstelle der RLV faktisch praxisindividuelle Budgets - bezogen auf die von den einzelnen Praxen im Referenzquartal erreichten Vergütungen - zur Anwendung kommen; konkret hat der Senat beanstandet, dass ungeachtet formal bestehender RLV mit festen Punktwerten als Folge einer korrigierenden Ausgleichsregelung die abgerechneten Leistungen in einer Form vergütet wurden, die einem praxisindividuellen Individualbudget weitgehend vergleichbar waren (aaO RdNr 42).

31

An der arztindividuellen Bezogenheit der RLV nach dem HVM der Beklagten ändert auch der Umstand nichts, dass das individuelle RLV durch die Multiplikation mit dem einheitlichen Anpassungsfaktor der Arztgruppe reduziert wurde. Der arztgruppenspezifische Anpassungsfaktor modifizierte lediglich die individuellen RLV, ohne dass dadurch die grundsätzliche Bindung an das individuelle Leistungsvolumen im Referenzzeitraum aufgehoben wurde. Das LSG hat auch zu Recht ausgeführt, dass das in der Anlage 2 bzw 2a des HVM ausgewiesene durchschnittliche RLV der Vergleichsgruppe nur eine Rolle für die Fälle spielte, in denen Zuwachsmöglichkeiten eröffnet werden etwa für "Jungärzte" oder "Altärzte" mit unterdurchschnittlichem PMV oder bei dem Neueintritt eines Arztes in eine Gemeinschaftspraxis. Eine generelle Anbindung an den Vergleichsgruppendurchschnitt bestand nicht. Der Anpassungsfaktor diente vielmehr allein der Anpassung der Leistungsmenge zur Gewährleistung eines einheitlichen Regelleistungspunktwertes, wie dies in der Anlage 4 Buchst e HVM ausdrücklich formuliert ist. Zuzustimmen ist dem LSG auch, dass das Bestehen von Praxisbudgets im Bemessungszeitraum den PMV noch nicht den Charakter einer arztgruppenspezifischen Festlegung gibt.

32

cc. Da bereits die arztindividuelle Bezogenheit des Vergütungsvolumens im HVM einer Vergleichbarkeit der Auswirkungen entgegensteht, bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, ob eine Vergleichbarkeit der Auswirkungen zumindest hinsichtlich der Vorgabe fester Punktwerte gegeben ist. Das ist jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen.

33

Die HVM-Regelung setzte nicht beim Preis, sondern bei der Menge der mit festen Preisen vergüteten Leistungen an, indem sie für einen bestimmten Teil der erbrachten Leistungen des fachärztlichen Versorgungsbereichs einen festen Punktwert von 3,75 Cent garantierte. Zur Bildung des RLV wurde das individuelle PMV allerdings mit dem Anpassungsfaktor multipliziert und damit faktisch reduziert. Der in der Anlage 2 bzw 2a HVM geregelte Anpassungsfaktor entsprach einschließlich dem Transformationsfaktor auf den EBM-Ä 2005 und dem Sicherheitszuschlag von 5 % dem prozentualen Anteil der Leistungen der Fachgruppe, die tatsächlich aus den zur Verfügung stehenden Gesamtvergütungen mit einem Punktwert von 3,75 Cent vergütet werden können. Damit war für den Vertragsarzt kalkulierbar, für welche Leistungsmenge er mit welcher Vergütung rechnen konnte. Zwar ist die Festlegung "absolut" fester Punktwerte unter der Geltung einer gedeckelten Gesamtvergütung von vornherein ausgeschlossen. Bei gedeckelter Gesamtvergütung wird die Vorgabe fester Punktwerte nur dadurch ermöglicht, dass entweder die RLV bzw Grenzwerte so (niedrig) bemessen werden, dass die gezahlten Gesamtvergütungen ausreichen, um alle erfassten Leistungen mit dem vorgesehenen Punktwert zu vergüten, oder dadurch, dass dies zu Lasten der "freien Leistungen" geht. So hat auch der Senat eingeräumt, dass ein gewisses Floaten der Punktwerte nicht zu vermeiden ist, das System der RLV bei begrenzter Gesamtvergütung vielmehr eine Quotierung voraussetze (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 61 RdNr 16). Die Regelungen des HVM der Beklagten gewährleisteten aber in diesem Rahmen für die Leistungen innerhalb des persönlichen RLV weitgehende Kalkulierbarkeit.

34

Ebenfalls keiner Entscheidung bedarf die Frage, ob die Festsetzung des Restleistungspunktwertes mangels einer an der Leistungsmenge orientierten Abstaffelung rechtswidrig war.

35

2. Auch die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht die Bewertung der Nr 16310 bis 16322 EBM-Ä 2005 im streitigen Quartal nicht beanstandet.

36

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats steht dem BewA als Normgeber bei der Erfüllung des ihm in § 87 Abs 1 SGB V übertragenen Auftrags ein Gestaltungsspielraum zu, in den die Rechtsprechung nur in Ausnahmefällen korrigierend eingreifen darf(vgl BSGE 106, 49 = SozR 4-2500 § 87 Nr 21 RdNr 14; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 86, jeweils mwN). Das LSG hat zu Recht die Rechtsprechung des Senats zu den Kostensätzen als Bemessungsfaktoren für die Praxisbudgets herangezogen (BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 14 RdNr 18; BSGE 89, 259 = SozR 3-2500 § 87 Nr 34). Der Senat hat dort der Annahme widersprochen, es handele sich bei der Festsetzung von Kostensätzen um Tatsachenfeststellungen, die gerichtlich voll überprüfbar seien. Dem stehe schon entgegen, dass die exakte Ermittlung der Kosten bei den verschiedenen Arztgruppen faktisch nicht möglich sei. Angesichts der Bewertungen, von denen die Festsetzung abhängt, hat der Senat sie als Normsetzung qualifiziert, für die ein weiter Gestaltungsspielraum besteht. Überprüfbar ist die Festsetzung nach dieser Rechtsprechung darauf, ob sie frei von Willkür ist, dh ob der BewA für alle Arztgruppen nach denselben Maßstäben verfahren ist und ob er sich in sachgerechter Weise an vorliegenden Berechnungen orientiert hat (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 14 RdNr 19).

37

Diese Grundsätze gelten auch für die Festsetzung der Kostensätze für die in den Nr 16310 bis 16322 EBM-Ä 2005 bewerteten Leistungen. Auch insofern waren vom BewA auf der Grundlage verschiedener Erhebungen die Kostensätze wertend zu ermitteln und in eine in sich konsistente komplexe Bewertungsstruktur einzupassen. Das gestaltete sich umso schwieriger, als es sich bei der Gruppe der Nervenärzte, Neurologen und Psychiater um eine in ihrem Leistungsspektrum äußerst inhomogene Gruppe handelt. Der BewA durfte sich zunächst auf die Praxiskostenstudie der MediTrust AG vom 30.10.2000 stützen. Auch die Klägerin stellt nicht in Frage, dass mit den Daten des Statistischen Bundesamtes, des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung, der KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft und der Schweizer Rollenden Kostenstudie (RoKo) grundsätzlich eine ausreichende Basis für die Bewertung von Kostensätzen bestand. Dass für die Gruppe der Nervenärzte nur Daten des Zentralinstituts und teilweise der RoKo vorlagen, hinderte eine Festsetzung durch den BewA nicht. Da auch für die von den Neurologen erbrachten Leistungen Kostensätze festzulegen und keine anderen Erkenntnisquellen vorhanden waren, durfte der BewA auf der unvollständigen Datenbasis entscheiden. Der Senat hat bereits zu den Kostensätzen für die Praxisbudgets entschieden, dass der BewA verfahrensrechtlich befugt ist, auf der Grundlage unvollkommener Erkenntnisse unter Inkaufnahme von Ungewissheiten Entscheidungen zu treffen (BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 82). Im Übrigen waren die Neurologen nicht die einzige Arztgruppe, bei der für die Ausgestaltung des EBM-Ä 2005 nicht auf alle genannten Quellen zurückgegriffen werden konnte. Soweit die Klägerin geltend macht, bei allen anderen Gruppen, bei denen nicht alle 4 Quellen zur Verfügung gestanden hätten, seien Zusatzerhebungen durchgeführt worden, verpflichtete dies den BewA nicht, vor Erlass des EBM-Ä 2005 auch für die Neurologen Zusatzerhebungen anzustellen. Wie sich aus dem Bericht der tns Healthcare GmbH aus Februar 2006 zur Datenvalidierung des EBM-Ä 2005 ergibt, waren die vom BewA für andere Arztgruppen herangezogenen Zusatzerhebungen sämtlich nicht von ihm veranlasst, sondern gingen, wie bei den Anästhesisten und den Pathologen, auf Berufsverbände oder einzelne KÄVen, wie etwa bei den Hausärzten, zurück. Bei den Pathologen waren sie ebenso wie bei den Humangenetikern und den Mammographie-Screening-Einheiten die einzige überhaupt verfügbare Erkenntnisquelle. Im Fall der Nuklearmediziner wurden die Daten der Zusatzerhebung vom BewA letztlich überhaupt nicht berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund hielt sich der BewA noch innerhalb seines Gestaltungsspielraums als Normsetzer, wenn er von der Durchführung einer Zusatzerhebung zunächst absah und lediglich die vorhandenen Daten auswertete. Wie sich aus dem Gutachten der tns Healthcare GmbH aus Februar 2006 (S 122) ergibt, erfolgte bei der Fachgruppe der Klägerin eine Korrektur der Daten des Zentralinstituts über einen Vergleich der Gesamtkosten mit denen des Statistischen Bundesamtes. Hieraus ergab sich auch die von der Klägerin gerügte Abwertung der Daten des Zentralinstituts um 17,11 %, allerdings auch eine Erhöhung der RoKo-Daten um 14,52 %.

38

Der BewA hat auch die nach der Rechtsprechung des Senats bestehende Beobachtungs- und Reaktionspflicht nicht verletzt. Den Zweifeln an der Validität der Daten ist er zeitnah und in erforderlichem Umfang nachgegangen. Nachdem der Berufsverband Deutscher Nervenärzte (BVDN) ein eigenes Gutachten vorgelegt hatte, hat der BewA ein erneutes Gutachten bei der MediTrust AG auf der Grundlage der vom BVDN vorgelegten Zahlen in Auftrag gegeben. Dieses im Mai 2005 vorgelegte Gutachten ("Praxisbetriebsmodell Neurologie NEU") hat eine Abweichung von etwa 45 % gegenüber den bisherigen Annahmen ergeben, aber auch auf die geringe Repräsentativität der vorgelegten Daten hingewiesen (19 rein neurologische und 6 gemischt neurologisch und nervenärztlich tätige Praxen). Die tns Healthcare GmbH hat im Februar 2006 in ihrem Bericht zur Validität der Datengrundlagen des EBM-Ä 2005 bei den Neurologen eine Irrtumswahrscheinlichkeit der dem EBM-Ä 2005 zugrunde liegenden Stichprobengröße von 35 % festgestellt. Dass eine insgesamt unzureichende Datengrundlage für die Kostensätze der Leistungen vorhanden war, war mit einiger Sicherheit erst im Oktober 2006 festgestellt, als die tns Healthcare GmbH in ihrem Gutachten zur Beurteilung der Datenqualität des Praxisbetriebsmodells Neurologie "NEU" zu dem Ergebnis kam, dass weder die Datengrundlage der EBM-Praxiskostenstudie 2000 noch die vom BVDN vorgelegten Daten ausreichend aussagekräftig seien. Der BewA hat hierauf unverzüglich reagiert und eine Datennacherhebung veranlasst, deren Ergebnisse im Oktober 2007 vorlagen und die Grundlage für eine Neubewertung der Leistungen zum 1.1.2008 bildeten.

39

Zu einer rückwirkenden Änderung der Bewertung der streitigen Gebührenordnungspositionen war der BewA nicht verpflichtet. Der Senat hat dem BewA in seiner Entscheidung vom 15.5.2002 (BSGE 89, 259 = SozR 3-2500 § 87 Nr 34) zwei Quartale für eine Überprüfung und zwei weitere Quartale für eine ggf erforderliche Neufestsetzung des Kostensatzes eingeräumt. Gemessen daran, hat der BewA auf die statistischen Erkenntnisse hinreichend zeitnah reagiert. Das SG hat zu Recht ausgeführt, dass selbst dann, wenn man auf das Gutachten der MediTrust AG aus Mai 2005 abstellt, jedenfalls für das hier streitige Quartal noch keine Korrekturverpflichtung bestand.

40

Schließlich hat das LSG auch zu Recht darauf hingewiesen, dass die potentiell unzureichende Kostenfestsetzung in erheblicher Weise nur die geringe Zahl der spezifisch neurologisch ausgerichteten Praxen betraf, zu der die Klägerin nicht gehörte. Zweifel hinsichtlich der Höhe der Kostensätze wurden gerade deshalb geäußert, weil eine Vermengung der Kosten für neurologische und psychiatrische Leistungen vermutet wurde. Dabei wurde vorausgesetzt, dass die Kosten für psychiatrische Leistungen niedriger waren. Da die Klägerin als Neurologin und Psychiaterin an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, wäre sie von der kritisierten "Mischkalkulation" von vornherein nicht negativ betroffen. Sie hat außerdem die streitigen neurologischen Leistungen im Quartal IV/2005 deutlich unterdurchschnittlich und insgesamt nur in marginalem Umfang abgerechnet.

41

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.